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Full text of "Centralblatt Für Bakteriologie, Parasitenkunde Und Infektionskrankheiten. 1. Abt. ORIGINALE. Band 87.1922"

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12. (fcENTRALBLATT 

^- fflr 

Bakteriologie, Parasitenkunde 
und Infektionskrankheiten 


In Verbindung mit 

Prof. Dr. R. Abel, Prof. Dr. R. Pfeiffer 

Oeh. Obenned.-Rat in Jena Oeh. Med.-Rat in Breslau 

Prof. Dr. M. Braun, Prof. Dr. E. Gildemeister, 

Oeh. Reg.-Rat in Konigsberg Ober-Reg.-Rat, Berlin-Lichterfelde-W. 

herausgegeben von 

Prof. Dr. O. Uhlworm und President Dr. A. Weber 


Oeh. Reg.-Rat in Bamberg 


in Dresden 


Brste Abteilung. 87. Band 

Medizinisch-hygienische Bakteriologie 
und tierische Parasitenkunde 

Originate 

Mit 128 Abbildungen im Text und 4 Tafeln 



Jena 

Verlag von Gustav Fischer . 
1922 

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CtntralH. f. Bab. etc. I. JUit Originals. Bd. 87. Heft I. 

Ausgegeben am 1. September 1921. 


Nachdruck verboten. 

Beitrage zur Systematic der Mikroorganismen. 

Zur Systematik der Bacteria bipolaria. 

Bakterien der HSmorrhagischen Septikamie im weiteren Sinne. 

[Aus dem staatlichen Serotherapeutischen Institut in Wien (Vorstand: 
Hofrat Prof. Dr. Paltanf) nnd der KrAlschen Sammlnng (Vorstand: 

Prof. Dr. E. Pribram).] 

Von Dr. med. vet. S. Plasq] (Zagreb), und Prof. Dr. med. E. Pribram 

(Wien). 

Mit 1 Tafel. 


I. Zur Morphologle der Bacteria mnltoseptica (Bakterien der 
h&morrhaglschen Septikftmie im engeren Sinne). 

(Von Dr. S. Plasaj, Zagreb.) 

AnlABlich der systematischen Untersuchung der Eulturen der KrAl- 
schen Sammlung fiel es auf, daB viele der als Bakterien der hAmor- 
rhagischen SeptikAmie eingesendeten StArnme Eigenbewegung zeigten. 
Es kamen im ganzen 20 StAmme in Betracht, von welchen 7 beweglich, 
13 nnbeweglicb waren. Dies gab AnlaB zu einer system atischen Unter¬ 
suchung alter StAmme mit Hilfe der Zettnowschen Geifieldarstellung. 
Kleiner technischer Vorteile wegen wurde die angewendete Methode in 
einer eigenen Mitteilung ausftihrlicher wiedergegeben, so daB bier der 
Hinweis auf diese Mitteilung genflgen moge. Ueber die Herkunft der 
Eulturen, ihre sonstigen sp&ter zu besprechenden Eigenschafteu, ihre 
Eigenbewegung, die Art der BegeiBelung, gibt eine Tabelle AufschluB, 
die an spAterer Stelle Platz finden soli. Wie aus derselben hervorgeht, 
zeigte es sich, daB nur bei 6 untersuchten Eulturen keine Geifieln ge- 
funden werden konnten, wAhrend von den tlbrigen StAmmen 7, trotzdem 
sie keine Eigenbewegung zeigten, doch einzelne Individuen enthielten, 
die GeiBeln trugen, ebenso die 7 StSmme mit Eigenbewegung. Diese 
zu der gelAufigen Annahme, daB die Bakterien dieser Gruppe un- 
begeifielt seien, ganz im Widerspruch stehende Tatsache forderte zu 
einem eingehenden Studium der kulturellen Eigenschaften der unter¬ 
suchten StAmme, gleichzeitig auch zu einem sorgfAltigen Studium der 
Literatur auf. 

Hueppe 1 ) hat zuerst (1886) die Bakterien der hSmorrhagischen 
SeptikAmie zn einer Gruppe zusammengefaBt; nach ihm haben sich 


1) Hueppe, F., Ueber die Wildseuche und ihre Bedeutung fiir die National- 
okouomie una Hygiene. (Berlin, klin. Wochensc.hr. 1886. Nov.) 


Ente Abt. Ori*. Bd. 87. Heft 1. 

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Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originals. Bd. 87. Heft 1. 


Davaine 1 ), Pasteur 1 ), Koch 1 ), Gaffky 1 ), Perroncito 2 3 ) Tous- 
saint 1 ), Ki11*), Loeffler 1 ), Schtitz 1 ) and Bollinger 1 ) mit den 
Erregern der Kaninchenseptikfimie, Geflfigelcholera, Schweine- und 
Rinderseuche befafit, dann haben besonders Ligniferes 1 ) und Voges 1 ) 
sich mit diesen Bakterien beschfiftigt. In den meisten Lehr- und Hand- 
bflchern wird die Unbeweglichkeit und die Geifiellosigkeit der in Rede 
stehenden Mikroorganismen als ein Kriterium angegeben. Vorsichtige 
Autoren vermeiden aber jede allgemeine Angabe fiber das Vorhanden- 
sein oder Fehlen von Geifieln bei der Charakterisierung der Gruppe und 
sprechen nur von fehlender Eigenbewegung, so Hutyra (Handb. von 
Kolle u. Wassermann, 2. Aufl. Bd. 6. 1913. S. 64; Lehmann, 
Bakteriologische Diagnostik, 5. Aufl. 1912. S. 277 u. 360), wohl deshalb, 
weil in der Literatur nur selten eine Angabe darfiber vorliegt, dafi GeiBel- 
prfiparate angefertigt worden seien [Kar Iinski 8 ), Pfaff 4 )|. Uebrigens 
fehlt es in der Literatur auch nicht an Angaben fiber bewegliche Formen 
der Gruppe, so daB Lehmann, 1. c., unter dem Schlagworte „Eigen- 
bewegung 14 ausdrficklich erwfihnt: „ ... fehlt allermeist. Es sind aber 
auch bewegliche, polar begeifielte Stfimme von einzelnen Forschern be- 
schrieben. 44 Hier sei nur erwfihnt: das B. phasianidarum mobile 
Enders 5 ) (keine Angaben fiber GeiBeldarstellung), der bewegliche Erreger 
einer Kanarienvogelseuche von Rieck 6 ) und insbesondere das Bakterium 
einer Lammseuche (Lammziekte) von Spreull 7 ), das in alien anderen 
Eigenschaften mit den fibrigen Bakterien dieser Gruppe fibereinstimmte, 
aber deutlich Beweglichkeit zeigte. (Im Ref. keine Angabe fiber Geifiel- 
darstellung.) 

Bei 8 Kulturen der Sammlung fanden sich, obwohl sie meist (mit 
Ausnahme der Kanarienvogelseuche von ZeiB und dem B. pneumo¬ 
niae caviarum Strada und Traina) bei der Beobachtung im hohlen 
Objekttrfiger unbeweglich zu sein schienen, einzelne Bakterien mit deut¬ 
lich entwickelter GeiBel. Diese GeiBel ist stets extrapolar, aber doch 
nahe dem Pol, also peripolar angesetzt, was von Wichtigkeit scheint, da 
bisher nur polar begeifielte, 1-geifielige Bakterien bekannt sind. Wie 
oben erwfihnt, fanden wir in Lehmanns Bakteriologischer Diagnostik 
die allgemeine Angabe, es seien auch bewegliche, polar begeifielte 
Stfimme von einzelnen Forschern beschrieben worden; da wir nicht fest- 
stellen konnten, auf welche Arbeiten sich diese Angabe bezieht, lfifit 
sich nicht sagen, inwiefern diese Befunde mit unseren fibereinstimmen. 
Es sei noch besonders darauf aufmerksam gemacht, dafi stets die weit- 
aus grdfite Zahl der Bakterien in einem Gesichtsfelde unbegeifielt ist, 
und nur einzelne geifieltragende zu sehen sind. Unter den hier er- 
wfihnten Kulturen ist, wie nicht unerwfihnt bleiben soil, auch ein Er¬ 
reger einer Kanarienvogelseuche, den Pfaff, wenn die Kultur mit der 
von ihm beschriebenen identisch ist, unbeweglich und geifiellos gefunden 
hat. Allerdings erwfihnt Lehmann, 1. c., einen beweglichen Erreger 


1) Zit. bei Hutyra, F., Septicaemia haemorrhagica. (Ibid. Bd. 6. S. 64.) 

2) Zit. bei Kitt, Th. Septikamie der Vogel (Huhnercho 1 era). (Handb. d. pathog. 
Mikroorg. 2. Aufl. Bd. 6. 1913. 8. 37.) 

3) Kar Iinski, Centralbl. f. Bakt. Bd. 7. 1890. 8. 335; Zeitschr. f. Hyg. Bd. 38. 
1898. S. 373. 

4) Pfaff, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 38. 1905. 8. 28t. 

5) Enders, Berlin, tierarztl. Wochenschr. 1902. Nr. 23; Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 
Ref. Bd. 34. 1902. 8. 384. 

6) Rieck, Deutsche Zeitschr. f. Tiermed. Bd. 18. 1889. S. 69. 

7) Spreull, Journ. of compar. Pathol, and Ther. Vol. 21. 1908. No. 43. 


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Plasaj u. Pribram, Beitrage zur Bystematik der Mikroorganiamen. 


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einer Kanarienvogelseuche von Pfaff, zitiert aber die Arbeit, in welcher 
der geiBellose Erreger beschrieben ist. — 3 der untersuchten Kultnren 
zeigten aufier 1-geifieligen auch einzelne 2-, sogar 3-geiBelige Bakterien, 
bei 2 Stfimmen konnten sogar bis zn 6 GeiBeln gezahlt werden. Diese 
Kultnren mit 1 bis 3 und 1 bis 5 GeiBeln zeigten durcbweg deutliche 
Beweglichkeit einzelner Individuen im hohlen Objekttrager. Eine der 
untersuchten Kulturen, welche lebhafte Eigenbewegung zeigte und poly- 
trich begeiBelt war (B. bubalisepticura Aujeszky) wurde aus- 
geschieden, weil sie auch sonst offenbar nicht hierher gehdrte — sie ist 
oben nicht mitgezahlt. Durch Zwischenschaltung von Kontrollen mit 
geiBeltragenden Kulturen wurde die Handhabung der Geifieldarstellung 
immer wieder flberprflft. Untersucht wurden folgende Stamme, das Er- 
gebnis der Untersuchung wird nebenstehend angefOhrt: 


1) Bakterien aus Vogelseuchen: 

B. gallin arum Klein 1 2 ) 

„ e. Kanarienvogelnekrose Binder 3 ) 

„ phasianicida Klein 3 ) 

„ e. Truthahnseuche Magnusson 4 5 ) 

. e. Kanarienvogelseuche Pfaff 6 ) 

, * e. „ Zeifl*) 

„ cholerae gallinarum Ficker 
n „ Piorkowaki 

„ avicida (Coccobakt.) „ 

„ cholerae gallinarum Wurzburg 

2) Bakterien aus Bchweineseuchen: 

B. sui septic urn Sanfelice 
» * Wurzburg 

Aujeszky 


2) Bakterien aus Kaninchen- und Meerschweinchenseuchen 


unbegeiBelt 


1 GeiBel 
dgl. 

1—3 GeiBeln 
dgl. 

1-5 „ 

unbegeiBelt 
1 GeiBel 
dgl. 


B. cuniculicida Aujeszky 
„ septicaem. haemorrh. aus einem 
K&ninchenabszeB Zei6 fi ) 

* pneumoniae caviarum Strada- 
et Trains 7 ) 

„ cavisepticum Busson 8 9 ) 

4) Bakterien aus Pferden: 

B. equisepticum Aujeszky 
[„ pneumoniae equi Poels®)] 

5) Bakterien aus Rinderseuchen: 

B. e. Rinderseuche Billings 10 ) 

(„ bu balisepticum Aujeszky) 


1 Geifiel 

1—3 GeiBeln 

1 GeiBel 
1—3 GeiBeln 

1 GeiBel 
unbegeiBelt 

1—5 GeiBeln 
zahlr. Geifi. 


geziichtet in: 
London 
Wien 
London 
Malm5 
Prag 
Giefien 
Berlin 


Wurzburg 

Modena 

Wurzburg 

Budapest 

Budapest 

GieBen 

Pavia 

Wien 

Budapest 

Rotterdam 

Nebraska 

Budapest 


(Die in Klammern stehenden Kulturen haben sich als nicht zur 
Gruppe der Bakterien der hSmorrhagischen Septikamie gehbrig erwiesen, 


1) Klein, E., Centralbl. f. Bakt. Bd. 5. 1899. 8. 689; Journ. of Pathol, and 
Bacterid. Vol. 2. 1893. p. 214; Centralbl. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 16. 1894. S. 839. 

2) Binder, L., Ueber die infektiose Nekrose der Kanarienvogel. (Wien, tierarztl. 
Monatsschr. Bd. 1. 1914. 8. 337. 

3) Klein, E., Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 34. 1902. 8. 76. 

4) Magnnsson, Laut Mitteilung wahrscheinlich identisch mit dem B. e. Kanarien- 
seache von n wick. (Zeitschr. f. Infektionskrankh. d. Haustiere. Bd. 55. 1908. 8. 33.) 

5) Pfaff, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 38. 1905. S. 275. 

6) ZeiB, Arch. f. Hyg. Bd. 82. 1914. H. 1. 

7) Stradaet Trains, Lo periment. Vol. 54. 1900; Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 
Orig. Bd. 28. 1900. 8. 635. 

8) Busson, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 86. 1921. S. 101. 

9) Poels , Transl. of Rep. ou pleuro-pn. of calves. London 1890. 

10) Billings, From D. Salmons latest Hog cholera and swine-plague two 
distinct diseases. (The Nebraska Farm. 1897; zit. bei Karlin ski, Zeitschr. f. Hyg. 1- e. 
— Preiss, Aetiologische Studien iiber Schweinopest und Schweineseptikamie. Buda¬ 
pest 1897. 


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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Origin&le. Bd. 87. Heft 1. 


was spfiter begrflndet werden soli.) Die Mikrophotographien zeigen die 
Verteilung der GeiBeln und ihre Stellung. 

Was bedeutet dieser Befund von geiBeltragenden Bakterien? Sind 
es Anpassnngserscheinungen bei lange Zeit fortgezflchteten Kulturen, 
sind es in gewissen Eutwicklungsstadien auftretende Formen, sind sie 
konstant Oder inkonstant? In der Literatur linden wir wohl eine An- 
gabe von Zierler (zit. bei Lehmann) fiber den B. implex us Zimmer- 
mann, welcher nach Lehmanns Aussage 1895 sicher nnbeweglich ge- 
wesen war, wfihrend 1912 Beweglichkeit festgestellt werden konnte. 
Leider fehlt jede Angabe darflber, ob GeiBeln gesucht und gefnnden 
wurden; das erscheint nach unseren Befunden um so wichtiger, als 
scheinbar ganz unbewegliche Kulturen auch geiBeltragende Individuen 
beherbergen kfinnen. Spreull gibt ausdrficklich an, daB die von ihm 
gezfichteten Stamme, unmittelbar aus dem Tierkdrper entnommen, be- 
weglich waren. Es kann auf Grund der fibrigen von Spreull an- 
gegebenen Eigenschaften keinem Zweifel unterliegen, daB seine Kulturen 
in die Grnppe der Bacteria multoseptica gehdren, mit denen sie 
in alien anderen Eigenschaften gut fibereinstimmen. Noch wichtiger 
erscheint in dieser Frage eine Arbeit von Karlin ski, welcher eigens 
hierauf gerichtete Untersuchungen angestellt hat. Dieser Autor gibt an, 
in 3-jfihriger Untersuchung mehrerer hundert Kulturen von B. sui- 
septicum (geifiellos) und B. suipestiferum (geiBeltragend) niemals 
GeiBelbildung bei einem frfiher unbegeifielten Stamme gesehen zu haben 
und nie Verlust der GeiBeln beweglicher Stfimme, auch dann nicht, 
wenn die Kulturen ihre Virulenz vollkommen verloren hatten. Der Autor 
spricht sich ffir die absolute Konstanz dieser Eigenschaften aus. Die 
GeiBelprfiparate wurden von Karlitiski mit Hilfe der Loefflerschen 
Methode ausgefflhrt, ein Umstand, der erwfihnt werden mag, nicht, weil 
dadurch seine Befunde irgendwie beeintrfichtigt werden kfinnten, wohl 
aber deshalb, weil es immerhin moglich wfire, daB die Darstellung ein- 
zelner, sehr schwer darstellbarer GeiBeln, wie sie in unseren Prfiparaten 
zu sehen sind, vielleicht doch nur mit der zweifellos schfirferen Zett- 
nowschen Methode gelingt. Czaplewski hat sich in der Diskussion 
fiber unseren Vortrag auf der Tagung der Freien Vereinigung Ifir Mikro- 
biologie dahin gefiuBert, daB der von uns erhobene Befund vielleicht in- 
sofern von prinzipieller Wichtigkeit sein konne, als es sich hier um 
die Darstellung von geiBeltragenden Schwirmformen der Bakterien 
handeln dfirfte. Die Frage ist nicht von der Hand zu weisen, weil doch 
die Zahl der geiBeltragenden Bakterien einer Kultur auffallend gering 
ist und die Darstellung meist nur in (sehr) jungen Kulturen gelingt — 
was freilich von der GeiBeldarstellung fiberhaupt gilt. Die Deutung ist 
zunfichst eine Hypothese. 

II. Zur Biologie der Bacteria multoseptica. 

A. Serologische Untersuchungen (Komplementbind;ung). 

(Von Dr. S. Plasaj.) 

Nach der morphologischen Untersuchung, die eine Mehrzahl der in 
Untersuchung genommenen Stamme als begeiBelt ergeben hat, war es 
angezeigt, zu ermitteln, ob eine artspeziiische, serologische Beziehung 
zwischen den geifiellosen und begeifielten Stammen besteht, wodurch ein 
Beweis erbracht werden kdnnte fiber die Zugehfirigkeit Oder Nicht- 

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Plasaj u. Pribram, Beitrage zur Systematik der Mikroorganiamen. 


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zugehorigkeit der einen zu den anderen, besonders der morphologisch 
sebr weit voneinander stehenden St&mme, der geifiellosen zu den poly- 
trichen StSmmen. Da bei Bact. septicaemiae haemorrhagicae 
die komplementbindenden AntikOrper als artspezifisch nachgewiesen 
wurden, so habe ich dazu den Komplementbindungsversuch verwendet. 

Als Grundlage filr die Ausfflhrung der Untersuchnngen dienten mir 
die Versuchsergebnisse Matsudas 1 ), der fflr die St&mme der Geflflgel- 
cholera, der Kaninchenseptik&mie, der K&lberpnenmonie und der Schweine- 
seuche die komplementbindenden Substanzen in mit w&sserigen Ex- 
trakten prSpariertem Kaninchenserum nachwies. Matsuda zeigte, daB 
eine Unterscbeidung dieser Angehorigen der Art untereinander, wenn 
man mit schwach wirksamem Serum arbeitet, mdglicb ist, denn jedes 
Serum der genannten Stamme gab mit dem Extrakte, mit Hilfe dessen 
es erzeugt wurde, eine weitergehende Komplementbindung als mit den 
heterologen Extrakten. Solche schwach wirksame Sera wurden durch 
nur 2malige intravenOse Injektion von 0,5 ccm Extrakt gewonnen, w&hrend 
stirkere Sera nach 3 oder 4 Injektionen zu starke, die Resultate trfibende 
Gruppenreaktionen gaben. Die einzelnen Stamme ein und derselben 
Varietat zeigten untereinander fast keine Unterschiede, also z. B. ein 
Serum, durch den Extrakt des Stammes Schweineseuche A erzeugt, 
gibt auch mit dem Extrakte des Stammes Schweineseuche B beinahe 
dasselbe Resultat wie mit dem Extrakte Schweineseuche A und um- 
gekehrt. 

Zu diesen Versuchen Matsudas wurden die Bakterienextrakte in 
folgender Weise hergestellt: 

Massenkulturen von Bakterien auf Kolleschen Schalen werden nach 24 Std. mit 
destill. Wasser abgeschwemmt. Je nach der Wachstamsstarke der Kolturen wurden 
10—12 ccm Wasaer pro Schale verwendet. Man erhalt auf diese Weise eine triibe, 
milchige Aufschwemmung, die man, gut gegen Licht gescbiitzt, bei Zimmertemperatur 
in einem Schiittelapparat 2 Tage lang schiitteln lfiBt. Hierauf karbolisiert man die 
Aufschwemmung (0,5 Proz.), zentrifugiert bis zur Klarung und sterilisiert 3 Std. bei 
44° C. 

Das hamolysierende Serum wurde von Kaninchen, die mit Hammelblutkdrperchen 
vorbehandelt wurden, gewonnen. 

Beim Versuch wurde 0,1 ccm Extrakt mit einer bestimmten Menge Serum in 
Glasrbhrchen gemischt und als Komplement frisches Meerschweinchenserum in einer 
Verdunnung von 1:10 zugesetzt. Dann wurden alle Rohrchen fur 1 Std. in den Brut- 
schrank gestellt. Hierauf wurde hamolysierendes Serum in der doppelt komplett 
ldsenden Dosis sowie 1 ccm einer 5-proz. Hammelblutkbrperchenaufscnwemmung zu- 
geeetzt. Jedes Beagens betrug 1 ccm an Volumen, so dafi jedes Rohrchen 5 ccm 
enthielt. 

Nach dieser Methode stellte ich auch fur meine Versuche die wasserigen Ex¬ 
trakte 2 3 * * * * — 8 ) her, doch mit dem Unterschiede, daB ich nicht die Kolleschen Schalen, 
sondern Flaschen beniitzte und sie nicht mit einer Oeee, sondern mit Bouillonauf- 
schwemmung beimpfte, und zwar so, daB ich eine Agar rohrchen kultur mit 2—3 ccm 


1) Matsuda, T., Studien uber das Komplementbindungsph&nomen bei hSmor- 
rhagischer Septik&mie. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. bo. p. 383.) 

2) Wassermann, A., und Citron, J., Zur Frage der Bildung der bakteriellen 
Angriffsstoffe im lebenden Organismus. (Dtsch. med. Wochenschr. 1905. S. 1101.) — 

3) Citron, J., Die Immunisierung gegen Schweineseuche mit Hilfe von Bakterien- 

extrakten. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 52. 1906. S. 238.) — 4) Citron, J., und Piitz, R., 
Ueber die Immunisierung gegen Hiihnercholera, Wild- und Schweineseuche mit Bak- 

terienextrakten. (Ibid. Bd. 56. 1907. S. 144.) — 5) Citron, J., Ueber die Immuni- 

sierung mit Exsudaten und Bakterienextrakten. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. 
Bd. 40. 1906. S. 153.) — 6) Ders., Die Methoden der Immunodiagnostik und Immun- 

therapie. 3. Aufl. Leipzig. — 7) Kraus-Levaditi, Technik und Methodik der Im- 

munitatsarbeit. — 8) Kolle-Wassermann, Handb. d. pathog. Mikroorganiamen. 
2. AufL 1913. 


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und Infektionskrankheiten 

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Medizinisch-hygienische Bakteriologie 
und tierische Parasitenkunde 

Originate 

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Ciitnlbl. f. Bah ate. I. Ml Ofigiiali. Bd. 87. Heft I. 

Ausgegeben am 1. September 1921. 


Naohdmak verboten. 

Beitrage zur Systematik der Mikroorganismen. 

Zur Systematik der Bacteria bipolaria. 

Bakterien der HSmorrhagischen Septikamie 1m weiteren Sinne. 

[Aus dem staatlichen Serotherapeutischen Institut in Wien (Vorstand: 
Hofrat Prof. Dr. Paltauf) und der Krfilschen Sammlang (Vorstand: 

Prof. Dr. E. P fib ram).] 

Von Dr. med. vet. S. Plasaj (Zagreb), und Prof. Dr. med. E. Pftbram 

(Wien). 

Mit 1 TafeL 

I. Zur Morphologic der Bacteria multoseptlca (Bakterien der 
hSmorrhagischen Septlk&mie lm engeren Sinne). 

(Von Dr. S. Plasaj, Zagreb.) 

Anlfifilich der systematischen Untersuchung der Eulturen der Krfil- 
schen Sammlung fiel es auf, dafi viele der als Bakterien der hfimor- 
rhagischen Septikfimie eingesendeten Stfimme Eigenbewegung zeigten. 
Es kamen im ganzen 20 Stfimme in Betracht, von welchen 7 beweglich, 
13 unbeweglich waren. Dies gab Anlafi zu einer systematischen Unter¬ 
suchung alter Stfimme mit Hilfe der Zettnowschen GeiBeldarstellung. 
Kleiner technischer Vorteile wegen wurde die angewendete Methode in 
einer eigenen Mitteilung ausfiihrlicher wiedergegeben, so dafi hier der 
Hinweis auf diese Mitteilung genflgen moge. Ueber dio Herkunft der 
Eulturen, ihre sonstigen spfiter zu besprechenden Eigenschaften, ihre 
Eigenbewegung, die Art der Begeifielung, gibt eine Tabelle Aufschlufi, 
die an spfiterer Stelle Platz finden soli. Wie aus derselben hervorgeht, 
zeigte es sich, dafi nur bei 6 untersuchten Eulturen keine Geifieln ge- 
funden werden konnten, wfihrend von den tibrigen Stfimmen 7, trotzdem 
sie keine Eigenbewegung zeigten, doch einzelne Individuen enthielten, 
die Geifieln trugen, ebenso die 7 Stfimme mit Eigenbewegung. Diese 
zu der gel&ufigen Annahme, dafi die Bakterien dieser Gruppe un- 
begeifielt seien, ganz im Widerspruch stehende Tatsache forderte zu 
einem eingehenden Studium der kulturellen Eigenschaften der unter¬ 
suchten Stfimme, gleicbzeitig auch zu einem sorgffiltigen Studium der 
Literatur auf. 

Hueppe 1 ) hat zuerst (1886) die Bakterien der hfimorrhagischen 
Septikfimie zu einer Gruppe zusammengefafit; nach ihm haben sich 


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F., Ueber die Wildseuche und ihre Bedeutung fur die Nutional- 


ygiene. 
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(Berlin, klin. Wochenschr. 1886. Nov.) 

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Davaine 1 ), Pasteur 1 ), Koch 1 ), Gaffky 1 ), Perroncito 2 ) Tous- 
saint 1 ), Kitt 2 ), Loeffler 1 ), Schtitz 1 ) und Bollinger 1 ) mit den 
Erregern der Kaninchenseptikfimie, Geflfigelcholera, Schweine- und 
Rinderseuche befafit, dann haben besonders Ligni&res 1 ) und Voges 1 ) 
sich mit diesen Bakterien beschfiftigt. In den meisten Lehr- und Hand- 
bttchern wird die Unbeweglichkeit und die GeiBellosigkeit der in Rede 
stehenden Mikroorganismen als ein Kriterium angegeben. Vorsichtige 
Autoren vermeiden aber jede allgemeine Angabe iiber das Vorhanden- 
sein Oder Fehlen von GeiBeln bei der Charakterisierung der Gruppe und 
sprechen nur von fehlender Eigenbewegung, so Hutyra (Handb. von 
Kolle u. Wasserraann, 2. Aufl. Bd. 6. 1913. S. 64; Lehmann, 
Bakteriologische Diagnostik, 5. Aufl. 1912. S. 277 u. 360), wohl deshalb, 
weil in der Literatur nur selten eine Angabe darfiber vorliegt, daB Geifiel- 
prfiparate angefertigt worden seien [Karlinski 8 ), Pfaff 4 )). Debrigens 
fehlt es in der Literatur auch nicht an Angaben Aber bewegliche Formen 
der Gruppe, so daB Lehmann, 1. c., unter dem Schlagworte „Eigen- 
bewegung u ausdrficklich erwfihnt: „ ... fehlt allermeist. Es sind aber 
auch bewegliche, polar begeiBelte Stfimme von einzelnen Forschern be- 
schrieben. tt Hier sei nur erwfihnt: das B. phasianidarum mobile 
Enders 5 ) (keine Angaben fiber GeiBeldarstellung), der bewegliche Erreger 
einer Kanarienvogelseuche von Rieck 6 ) und insbesondere das Bakterium 
einer Lammseuche (Lammziekte) von Spreull 7 ), das in alien anderen 
Eigenschaften mit den Qbrigen Bakterien dieser Gruppe fibereinstimmte, 
aber deutlich Beweglichkeit zeigte. (Im Ref. keine Angabe fiber GeiBel¬ 
darstellung.) 

Bei 8 Kulturen der Sammlung fanden sich, obwohl sie meist (mit 
Ausnahme der Kanarienvogelseuche von ZeiB und dem B. pneumo¬ 
niae caviarum Strada und Traina) bei der Beobachtung im hohlen 
Objekttrfiger unbeweglich zu sein schienen, einzelne Bakterien mit deut¬ 
lich entwickelter GeiBel. Diese GeiBel ist stets extrapolar, aber doch 
nahe dem Pol, also peripolar angesetzt, was von Wichtigkeit scheint, da 
bisher nur polar begeiBelte, 1-geiBelige Bakterien bekannt sind. Wie 
oben erwfihnt, fanden wir in Lehmanns Bakteriologischer Diagnostik 
die allgemeine Angabe, es seien auch bewegliche, polar begeiBelte 
Stfimme von einzelnen Forschern beschrieben worden; da wir nicht fest- 
stellen konnten, auf welche Arbeiten sich diese Angabe bezieht, lfiBt 
sich nicht sagen, inwiefern diese Befunde mit unseren fibereinstimmen. 
Es sei noch besonders darauf aufmerksam gemacht, daB stets die weit- 
aus groBte Zahl der Bakterien in einem Gesichtsfelde unbegeiBelt ist, 
und nur einzelne geiBeltragende zu sehen sind. Unter den hier er- 
wfihnten Kulturen ist, wie nicht unerwfihnt bleiben soli, auch ein Er¬ 
reger einer Kanarienvogelseuche, den Pfaff, wenn die Kultur mit der 
von ihm beschriebenen identisch ist, unbeweglich und geifiellos gefunden 
hat. Allerdings erwfihnt Lehmann, 1. c., einen beweglichen Erreger 


1) Zit. bei Hutyra, F., Septicaemia haemorrhagica. (Ibid. Bd. 6. S. 64.) 

2) Zit. bei Kitt, Th. Septikamie der Vogel (Huhnercholera). (Haudb. d. pathog. 
Mikroorg. 2. Aufl. Bd. 6. 1913. 8. 37.) 

3) Karlinski, Centralbl. f. Bakt. Bd. 7. 1890. S. 335; Zeitschr. f. Hyg. Bd. 3S. 
1898. S. 373. 

4) Pfaff, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 38. 1905. S. 281. 

5) Enders, Berlin, tierarztl. Wochenschr. 1902. Nr. 23; Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 
Ref. Bd. 34. 1902. S. 384. 

6) Rieck, Deutsche Zeitschr. f. Tiermed. Bd. 18. 1889. S. 69. 

7) Spreull, Journ. of compar. Pathol, and Ther. Vol. 21. 1908. No. 43. 


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* • ^UNIVERSIT 



Plasaj a. Pribram, Beitrage zur Syetematik der Mikroorganismeo. 


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einer Kanarienvogelseuche von Pfaff, zitiert aber die Arbeit, in welcher 
der geifiellose Erreger beschrieben ist. — 3 der nntersnchten Kulturen 
zeigten aufier 1-geiBeligen auch einzelne 2-, sogar 3-geiBelige Bakterien, 
bei 2 St&mmen konnten sogar bis zu 6 Geifieln gez&hlt werden. Diese 
Kulturen mit 1 bis 3 und 1 bis 5 Geifieln zeigten durcbweg deutliche 
Beweglichkeit einzelner Individuen im hohlen Objekttr&ger. Eine der 
untersuchten Kulturen, welche lebhafte Eigenbewegung zeigte und poly- 
trich begeifielt war (B. bubalisepticum Aujeszky) wurde aus- 
geschieden, weil sie auch sonst offenbar nicht hierher gehdrte — sie ist 
oben nicht mitgez&hlt. Durch Zwischenschaltung von Kontrollen mit 
geifieltragenden Kulturen wurde die Handhabung der Geifieldarstellung 
immer wieder QberprQft. Untersucht wurden folgende Stfimme, das Er- 
gebnis der Untersuchung wird nebenstehend angeffihrt: 


1) Bakterien aas Vogelseuchen: 

B. gal tin arum Klein 1 ) unbegeiflelt 

„ e. Kanarienvogelnekrose Binder 2 ) „ 

„ phasianicida Klein 3 ) * 

„ e. Truthahnseuche Magnusson 4 ) „ 

„ e. Kanarienvogelseuche Pfaff 6 ) 1 Geifiel 

p ‘ e. „ Zeifi 6 ) dgl. 

„ cholerae gallinarum Ficker „ 

„ „ „ Piorkowski 1—3 Geifieln 

„ avicida (Coccobakt.) „ dgl. 

w cholerae gallinarum Wurzburg 1—5 „ 

2) Bakterien aus Bchweineseuchen: 

B. suisepticum Hanfelice unbegeifielt 

„ „ Wurzburg 1 Geifiel 

„ * Aujeszky dgl. 

2) Bakterien aus Kaninchen- und Meerschweinchenseuchen: 

B. cuniculicida Aujeszky 1 Geifiel 

„'septic&em. haemorrh. aus einem 

Kaninchenabszefi Zeifi 6 ) 1—3 Geifieln 

9 pneumoniae caviarum 8trada- 

et Trains 7 ) 1 Geifiel 

9 cavisepticum Busson 8 ) 1—3 Geifieln 

4) Bakterien aus Pferden: 

B. equisepticum Aujeszky 1 Geifiel 

[„ pneumoniae equi Poels 9 )] unbegeifielt 

5) Bakterien aus Binderseuchen: 

B. e. Rinderseuche Billings 10 ) 1—5 Geifieln 

(p bubalisepticum Aujeszky) zahlr. Geifi. 


gezuchtet in: 
London 
Wien 
London 
Malmb 

Prag 

GieUen 

Berlin 


Wurzburg 

Modena 

Wurzburg 

Budapest 

Budapest 

Giefien 

Pavia 

Wien 

Budapest 

Rotterdam 

Nebraska 

Budapest 


(Die in Klammern stehenden Kulturen haben sich als nicht zur 
Grnppe der Bakterien der hSmorrhagischen Septik&mie gehfirig erwiesen, 


1) Klein, E., Centralbl. f. Bakt. Bd. 5. 1899. 8. 689; Journ. of Pathol, and 
Bacteriol. VoL 2. 1893. p. 214; Centralbl. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 16. 1894. S. 839. 

2) Binder, L., Ueber die infektiose Nekrose der Kanarienvogel. (Wien, tierarztl. 
Monatsscbr. Bd. 1. 1914. 8. 337. 

3) Klein, E., Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 34. 1902. 8. 76. 

4) Magnusson, Laut Mitteilung wahrscheinlich identisch mit dem B. e. Kanarien- 
b eache von Zwick. (Zeitschr. f. Infektionskrankh. d. Haustiere. Bd. 55. 1908. 8. 33.) 

5) Pfaff, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 38. 1905. 8. 275. 

6) Zeifi, Arch. f. Hyg. Bd. 82. 1914. H. 1. 

7) Btrada et Trains, Lo periment. Vol. 54. 1900; Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 
Orig. Bd. 28. 1900. 8. 635. 

8) Busson, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 86. 1921. 8. 101. 

9) Poels , Transl. of Rep. on pleuro-pn. of calves. London 1890. 

10) Billings, From D. Salmons latest Hog cholera and swine-plague two 
distinct diseases. (The Nebraska Farm. 1897; zit. bei Karlinski, Zeitschr. f. Hyg. 1. c. 
— Pr eisB, Aetiologische Studien iiber Schweinepest und Schweineseptikamie. Buda¬ 
pest 1897. 


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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


was spfiter begrtlndet warden soil.) Die Mikrophotographien zeigen die 
Verteilung der Geifieln und ibre Stellung. 

Was bedeutet dieser Befund von geifieltragenden Bakterien? Sind 
es Anpassungserscheinungen bei lange Zeit fortgezflchteten Kultnren, 
sind es in gewissen Eutwicklungsstadien anftretende Formen, sind sie 
konstant Oder inkonstant? In der Literatur finden wir wohl eine An- 
gabe von Z i e r 1 e r (zit. bei L e h m a n n) fiber den B. i m p 1 e x u s Zimmer- 
mann, welcher nach Lehmanns Aussage 1895 sicber unbeweglich ge- 
wesen war, wfihrend 1912 Beweglichkeit festgestellt werden konnte. 
Leider fehlt jede Angabe darfiber, ob Geifieln gesucht und gefunden 
wurden; das erscheint nach unseren Befunden um so wichtiger, als 
scbeinbar ganz unbewegliche Kulturen auch geifieltragende Individuen 
beherbergen kfinnen. Spreull gibt ausdrficklich an, dafi die von ihm 
gezfichteten Stfimme, unmittelbar aus dem Tierk5rper entnommen, be- 
weglich waren. Es kann auf Grund der fibrigen von Spreull an- 
gegebenen Eigenschaften keinem Zweifel unterliegen, dafi seine Kulturen 
in die Gruppe der Bacteria multoseptica gehoren, mit denen sie 
in alien anderen Eigenschaften gut fibereinstimmen. Noch wichtiger 
erscheint in dieser Frage eine Arbeit von Karlitiski, welcher eigens 
hierauf gerichtete Untersuchungen angestellt hat. Dieser Autor gibt an, 
in 3-jfihriger Untersuchung mehrerer hundert Kulturen von B. sui- 
septicum (geifiellos) und B. suipestiferum (geifieltragend) niemals 
Geifielbildung bei einem frfiher unbegeifielten Stamme gesehen zu haben 
und nie Verlust der Geifieln beweglicher Stfimme, auch dann nicht, 
wenn die Kulturen ihre Virulenz vollkommen verloren hatten. Der Autor 
spricht sich ffir die absolute Konstanz dieser Eigenschaften aus. Die 
Geifielprfiparate wurden von Karlifiski mit Hilfe der Loefflerschen 
Methode ausgeffihrt, ein Umstand, der erwahnt werden mag, nicht, weil 
dadurch seine Befunde irgendwie beeintrfichtigt werden kfinnten, wohl 
aber deshalb, weil es immerhin moglich wfire, dafi die Darstellung ein- 
zelner, sehr schwer darstellbarer Geifieln, wie sie in unseren Prfiparaten 
zu sehen sind, vielleicht doch nur mit der zweifellos schfirferen Zett- 
nowschen Methode gelingt. Czaplewski hat sich in der Diskussion 
fiber unseren Vortrag auf der Tagung der Freien Vereinigung ffir Mikro- 
biologie dahin gefiufiert, dafi der von uns erhobene Befund vielleicht in- 
sofern von prinzipieller Wichtigkeit sein konne, als es sich hier um 
die Darstellung von geifieltragenden Schwfirmformen der Bakterien 
handeln dfirfte. Die Frage ist nicht von der Hand zu weisen, weil doch 
die Zahl der geifieltragenden Bakterien einer Kultur auffallend gering 
ist und die Darstellung meist nur in (sehr) jungen Kulturen gelingt — 
was freilich von der Geifieldarstellung tiberhaupt gilt. Die Deutung ist 
zunfichst eine Hypothese. 

II. Zur Biologle der Bacteria multoseptica. 

A. Serologische Untersuchungen (Komplementbindiung). 

(Von Dr. S. Plasaj.) 

Nach der morphologischen Untersuchung, die eine Mehrzahl der in 
Untersuchung genommenen Stfimme als begeifielt ergeben hat, war es 
angezeigt, zu ermitteln, ob eine artspezifische, serologische Beziehung 
zwischen den geifiellosen und begeifielten Stfimmen besteht, wodurch ein 
Beweis erbracht werden konnte fiber die Zugehfirigkeit Oder Nicht- 

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Plasaj u. Pribram, Beitr&ge zur Systematik der Mikroorganismen. 


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zugehSrigkeit der einen zu den anderen, besonders der morphologisch 
sebr weit voneinander stehenden Stfimrae, der geiBellosen zu den poly- 
trichen StSmmen. Da bei Bact. septicaeraiae haemorrbagicae 
die komplementbindenden AntikOrper als artspezifisch nachgewiesen 
wurden, so habe ich dazu den Komplementbindungsversuch verwendet. 

Als Grundlage fflr die Ausfflhrung der Untersuchungen dienten mir 
die Versnchsergebnisse Matsudas 1 ), der fdr die Stamme der Geflflgel- 
cholera, der KaninchenseptikSmie, der Kaiberpneumonie und der Schweine- 
seuche die komplementbindenden Substanzen in mit wfisserigen Ex- 
trakten prapariertem Kaninchenserum nachwies. Matsu da zeigte, daB 
eine Unterscheidung dieser AngehSrigen der Art untereinander, wenn 
man mit schwacb wirksamem Serum arbeitet, mOglich ist t denn jedes 
Serum der genannten Stamme gab mit dem Extrakte, mit Hilfe dessen 
es erzeugt wurde, eine weitergehende Komplementbindung als mit den 
heterologen Extrakten. Solche schwach wirksame Sera wurden durch 
nur 2malige intravendse Injektion von 0,5 ccm Extrakt gewonnen, wahrend 
stirkere Sera nach 3 oder 4 Injektionen zu starke, die Resultate trflbende 
Oruppenreaktionen gaben. Die einzelnen Stamme ein und derselben 
Varietat zeigten untereinander fast keine Unterschiede, also z. B. ein 
Serum, durch den Extrakt des Stammes Schweineseuche A erzeugt, 
gibt auch mit dem Extrakte des Stammes Schweineseuche B beinahe 
dasselbe Resultat wie mit dem Extrakte Schweineseuche A und um- 
gekehrt. 

Zu diesen Versuchen Matsudas wurden die Bakterienextrakte in 
folgender Weise hergestellt: 

Maseenkulturen von Bakterien auf Kolleschen Schalen werden nach 24 Std. mit 
destill. Wasser abgeschwemmt. Je nach der Wachstumsstarke der Kulturen wurden 
10—12 ccm Wasser pro Schale verwendet. Man erhalt auf diese Weise eine triibe, 
milchige Aufschwemmung, die man, gut gegen Licht geschiitzt, bei Zimmertemperatur 
in einem Schuttelapparat 2 Tage lang schiitteln lafit. Hierauf karbolisiert man die 
Anfschwemmung (0,5 Proz.), zentrifugiert bis zur Klarung und sterilisiert 3 Std. bei 
44° C. 

Das hamolysierende Serum wurde von Eaninchen, die mit Hammelblutkdrperchen 
vorbehandelt wurden, gewonnen. 

Beim Versuch wurde 0,1 ccm Extrakt mit einer bestimmten Menge Serum in 
Glasr5hrchen gemischt und als Komplement frisches Meerschweinchenserum in einer 
Verdunnung von 1:10 zugesetzt. Dann wurden alle Rohrchen fur 1 Std. in den Brut- 
schrank gestellt. Hierauf wurde hamolysierendes Serum in der doppelt komplett 
Idsenden Doeis sowie 1 ccm einer 5-proz. Hammelblutkbrperchenaufschwemmung zu¬ 
gesetzt. Jedes Beagens betrug 1 ccm an Volumen, so daB jedes Rohrchen 5 ccm 
enthielt. 

Nach dieser Methods stellte ich auch fur meine Versuche die wasserigen Ex¬ 
trakte 2 3 * * * * — 8 ) her, doch mit dem Unterschiede, daB ich nicht die Kolleschen Schalen, 
Modern Flaschen benutzte und sie nicht mit einer Oeee, sondern mit Bouillonauf- 
Bchwemmung beimpfte, und zwar so, daB ich eine Agarrohrchenkultur mit 2—3 ccm 


1) Matsuda, T., Studien iiber das Komplementbindungsphanomen bei hamor- 
rhagischer Septikamie. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. do. p. 383.) 

2) Wassermann, A., und Citron, J., Zur Frage der Bildung der bakteriellen 
Aognffsstoffe im lebenden Organismus. (Dtsch. med. Wochenschr. 1905. S. 1101.) — 

3) Citron, J., Die Immunisierung gegen Schweineseuche mit Hilfe von Bakterien- 

extrakten. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 52. 1906. S. 238.) — 4) Citron, J., und Piitz, R., 
Ueber die Immunisierung gegen Hiihnercholera, Wild- und Schweineseuche mit Bak- 

terienextrakten. (Ibid. Ed. 56. 1907. S. 144.) — 5) Citron, J., Ueber die Immuni¬ 

sierung mit Exsudaten und Bakterienextrakten. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. 
Bd. 40. 1906. 8. 153.) — 6) Ders., Die Methoden der Immunodiagnostik und Immun- 
therapie. 3. Aufl. Leipzig. — 7) Kraus-Levaditi, Technik una Methodik der Im- 

munitatsarbeit. — 8) Kolle-WaBsermann, Handb. d. pathog. Mikroorganismen. 

2. AufL 1913. 


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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 87. Heft 1. 


Bouillon aufBchwemmte und dann mit dieeer Bouillonaufschwemmung die 11 X28 cm 
grofte Agaroberflache in flachen Agarfiaschen beimpfte. Die 24-stund. Agarkulturen 
wurden mit destill. Wasser (20 ccm pro Flasche) abgeschwemmt, die Abschwemmungen 
in die Flascbchen abpipettiert, auf 2 Tage mit notwendigen Unterbrechungen in einen 
schnell arbeitenden Schiittelapparat gestellt und zentrifugiert Die gelben Extrakte 
wurden dann noch in gewohnlicher Weise durch 3 Std. bei 44° C erwarmt, mit 0,5-proz. 
Karboleaure versetztr und zum Schlusse die ISterilitat auf Agar und in Bouillon ge- 
pruft, wobei sich zeigte, daB nach 48 Std. in alien Extrakten die zuriickgebliebeneu 
Bakterien nicht abgetotet wurden. Als dann die Extrakte noch einmal durch 3 Std. 
bei 44° C erwarmt wurden, jetzt also bei Anwesenheit des Phenols, waren die Probe- 
rohrchen (Beobachtung: 5 Tage bei 37°) steril. 

Zuerst wurden 5 Kaninchen immunisiert. 

Kaninchen 1 mit Extrakt des B. einer Kan arien vogeleeuche Pfaff. 
4. und 16. Aug. 1919 je 0,5 ccm Extrakt. Das Befinden des Tieres war nach den In- 
jektionen normal. 

Kaninchen 2 mit Extrakt des B. bubalisepticum (von Aujeszky): 
4. Aug. 1919 0.5 ccm Extrakt, 5. Aug. tot. 

Sektionsbefund: Triibung der Brusthdhlenflussigkeit, Injektion der Mesenterial- 
gefafle. Keine Tracheitis! 

Mikroskopisch wurden im Blute keine Bakterien gefunden. Ein mit Herzblut 
beimpfter Agar blieb steril. Eine mit Herzblut geimpfte Maus blieb am Leben. Hdchst- 
wahrscheinlich ist die Todesursache der Toxin wirkung des Extraktes zuzuschreiben. 
Das Kaninchen war iiberhaupt sehr schwach und mager. 

Kaninchen 3 mit Extrakt des B. cavisepticum (Busson): 16. Aug. 0,5 ccm 
Extrakt. Nach 12 Std. Futteraufnahme vermindert, der Blick traurig, Cornea trub, 
das Tier etwas somnolent. Ohrmuscheln kalt. Nach 2 Tag. hat sich aer Zustand ge- 
bessert, nach 3 Tag. wurde das Tier wieder normal. — 23. Aug. 0,5 ccm Extrakt. 

Kaninchen 4 mit Extrakt des B. bubalisepticum (von Aujeszky): 16. Aug. 
1919 0,5 ccm Extrakt. — Am nachsten Morgen war das Tier sehr somnolent, mit fast 
vollig sistierter Futteraufnahme. Blick traurig; Cornea glanzlos, Ohrmuscheln kalt. 
Es lag wie im Halbschlummer mit sehr eingesunkenem Bauch und abduzierten 
Knien. Durchfall. Nach 2 Tag. Zustand etwas besser, nach 3 gut, bis auf die Futter¬ 
aufnahme. Am 20. Aug. schon fast normal. — 23. Aug. 0,5 ccm Extrakt. 

Kaninchen 5 mit Extrakt des B. cholerae gallinarum (aus Wurzburg). 
16. Aug. 1919 0,5 ccm Extrakt — Der Zustand nach aer Injektion beinahe wie beim 
Kaninchen 4, nur ohne abduzierte Kniestellung und ohne Durchfall. Am 20. Aug. 
schon fast normal. — 23. Aug. 1919 0,5 ccm Extrakt. 

Kaninchen 6 mit Extrakt des B. suicida (aus Wurzburg). 16. Aug. 1919 
0,5 ccm Extrakt. Zustand nach der Injektion wie bei Kaninchen 3, etwas besser. Am 
19. Aug. schon fast ganz normal, am 20. Aug. ganz normal. 23. Aug. 1919 0,5 ccm 
Extrakt. — JO Tage nach der 2. Injektion wurde dem Kaninchen ca. 8 ccm Blut ent- 
nommen. Mit jedem einzelnen der aus dem Blute gewonnenen Sera wurden die ersten 
Komplementbindungsversuche angestellt, und zwar nach der von Matsuda angegebenen 
Methode, aber mit kleinerer Gesamtmenge der Reagentien. Es wurden von jedem Rea- 
gens nur die Halfte (0,5 ccm) genommen, so dafi die Gesamtmenge 2,5 ccm betrug. 

Die Ergebnisse der Vorversuche zeigten, dafi, falls wir mit dem in 
Matsudas Versuchen verwendeten hfimolytischen System operieren 
wollen, wir unsere Antigene wegen der Antigenhemmung erst in einer 
Verdtinnung von 1:160, bzw., weil ftlr gewohnlich halbe unterhemmende 
als Gebrauchsdosis empfohlen wird, in einer Verdtinnung von 1:320 
verwenden konnen. 

Es wurden deshalb weitere Versuche mit ausgewerteten Antigenen 
vorgenommen, wobei sich zeigte, dafi es zu einer Komplementbindung 
weder zwischen dem homologen noch anderen Antigenen kam. 

Als Ursache, dafi keine Komplementbindung nachzuweisen war, 
wurde die zu geringe Wirksamkeit der Sera angenommen und die Ka¬ 
ninchen wurden weiter injiziert. Jedes Kaninchen erhielt in Intervallen 
von 3—4 Tag. weitere 5 Injektionen 0,5 ccm Extrakt intravenbs. Diese 
Injektionen vertrugen alle Kaninchen gut, ohne sichtbare Reaktion. 
Zugleich wurden noch 4 Kaninchen immunisiert, und zwar: 

Kaninchen 7 mit Extrakt des B. cholerae gallinarum (von Ficker): 
2. Okt. 1919 1,0 ccm Extrakt. Am nachsten Tage die Futteraufnahme vermindert. 

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Pl&sftj u. Pribram, Beitriige zur Systematik der Mikroorganiemen. 7 

Hauttemperatur herabgeeetzt (Ohren kalt). 9. Okt. 1919 1,0 ccm Extrakt. 15. Okt. 
1,0 ccm Extrakt. 

Kaninchen 8 mit Extrakt einer Kanarien vogelnekrose, Binder. Wie 
bei Kaninchen 7. 

Kaninchen 9 mit Extrakt der Pastenrella pneumoniae equi (aue Rotter¬ 
dam). Wie bei Kaninchen 7. 

Kaninchen 10 mit Extrakt dee B. gallinarum, Klein. Wie bei Kanin¬ 
chen 7. 

10 Tage nach der letzten Injektion wurden von alien 9 Kaninchen 
Sera steril gewonnen und karbolfrei im Eisschrank aufbewahrt. Diese 
Sera dienten zu den weiteren Versuchen. Die Ergebnisse des ersten 
Versuches, Snicida-Serum mit eigenem, homologem Antigen, bzw. mit 
Antigenen, mit welchen die iibrigen 8 Kaninchen pr&pariert wurden, 
zeigten, dafi das Serum mit homologem Antigen eine Komplementbindung 
gibt, aber auf ganz eigenttimliche Weise, indem es zu einer kompletten 
Bindung erst in der VerdQnnung 1:40 kam, wShrend die ROhrchen mit 
mehr Serum nur inkomplette, bzw. keine Bindung aufwiesen. In &hn- 
licher Weise bestand eine schwache Bindung auch im analogen ROhr¬ 
chen der Antigenreihen B. cholerae gallinarum (Wurzburg) und 
B. gallinarum, Klein. Interessantes zeigte auch die Serumkontrolle 
ohne Antigen und ohne Immunb&molysin, die nicht, wie erwartet wurde, 
nngeldst blieb, sondern H&molyse zeigte. Das Ergebnis dieser Kontrolle 
beweist, dafi das Serum H&molysine enth&lt, und es wurde angenommen, 
dafi die Erscheinung der inkompletten bzw. fehlenden Bindung in den 
VerdQnnungen 1:10 und 1:20 einer h&molysierenden Komponente des 
Serums zuzuschreiben ist, und dafi man mit einem Serum mit solchem 
h&molytischen System, in welchem nur der Blutambozeptor ausgewertet 
wird, nicht arbeiten kann. 

Wie sich die anderen Sera im Komplementbindnngsversuche unter 
solchen Bedingungen verhielten, zeigte uns ein Versuch, in welchem 
jedes Serum mit homologem Antigen zusammengebracht wurde. 

3 Sera: B. einer Kanarienvogelseuche, Pfaff; B. cavisepticum 
und Pastenrella pneumoniae equi mit ihren Antigenen zusam¬ 
mengebracht, riefen fiberhaupt keine (sichtbare) Komplementbindung 
hervor, w&hrend sich bei anderen Seren dieselbe h&molysierende Wir- 
kung manifestiert hat wie beim Suicida-Serum. Die betreffenden 
Serum-Komplement-Kontrollen wurden auch ohne hfimolysierendes Im- 
munserum gelOst. 

Um zu erfahren, wie grofi ungeffihr diese hfimolytische Komponente 
der Sera sei, wurde ein Versuch angestellt, jedes Serum auf seine h&mo¬ 
lysierende Wirkung in fallenden Men gen mit Komplement und Blut 
zusammenzubringen. In den Versuch wurde zugleich ein Normalserum 
aufgenommen. Alle Sera riefen in der VerdQnnung von 1:4 und 2 Sera 
(WQrzburger GeflQgelcbolera und Schweineseuche) sogar in der Ver¬ 
dQnnung von 1:16 eine vollst&ndige H&molyse hervor, bei 2 davon 
(Cavisepticum und WQrzburger GeflGgelcholera) war noch eine Ver¬ 
dQnnung von 1:128 von Einflufi. Das Normalserum zeigte keine ab- 
weichende Stellung, was beweist, dafi die Annahme, die H&molysine seien 
heterogenetiscb, etwa durch Extraktinjektionen entstanden, nicht berech- 
tigt ist. Dieser Versuch beweist, dafi die im Serum enthaltenen H&mo¬ 
lysine das verwendete h&molytische System zu beeinflussen imstande 
sind, und dafi sie die eigentfimlichen Resultate im Hauptversuche mit 
Schweineseucheserum und anderen verursacht haben. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


Durch eine Anzahl von Versuchen suchte ich dieser hamolysierenden 
Wirkung der Sera auszuweichen, aber keiner ftthrte zum gewQnschten 
Ziele, solange ich mit 2-facher (oder kleinerer) komplett ISsender Menge 
des Blutambozeptors arbeitete. Die Resultate worden gOnstiger, als ich 
mich entschloB, ein hamolysierendes System zu verwenden, in welchem 
der Ambozeptor in starkem Ueberschusse vorhanden war, so daB die 
Hamolysine der Kaninchensera Qberhaupt nicht in Betracht kommen 
kdnnen. Das Bestreben war also, den Ambozeptor im Ueberschusse 
nnd vom Aktivserum (Komplement) die kleinste zur Hamolyse not- 
wendige Menge zu nehmen. Die Grundlage fiir die nach diesem Prin- 
zipe fortgesetzten Untersuchungen boten mir die Arbeiten Kaups 1 ), 
der die Beziehungen zwischen Komplement und Ambozeptor einer ein- 
gehenden Kritik experimentell and mathematisch • theoretisch unter- 
zogen hat. 

(Vom Komplementbedarf bei gleicher Erythrozv ton menge und steigenden Ambo- 
zeptormengen heifit ea bei Kaup, daB fiir die vollstandige Losung derselben Erythro¬ 
zy ten menge [0,5 ccm einer 5-proz. Blutkorperchenaufschwemmung] der Komplement¬ 
bedarf bei Verwendung der einrachen Ambozeptormenge wesentlich noher ist ale bei Ver- 
wendung der 2- und 3-fachen Menge. GroBere Ambozeptoriiberschiisse von der 4-fachen 
bis zur 20-fachen Menge vermindern den Komplementbedarf nicht merklich. Die Ge- 
schwindigkeit der Lyse wachst mit steigenden Ambozeptoriiberschussen, bedeutendere 
Unterschiede treten jedoch nur bis zur 4- bis 6-fachen Menge hervor.) 

Es wurde also ein hochwertiger Ambozeptor (mit einem Titer yon 
1:5000 bei 10 Proz. Aktivserum) verwendet. Zur Komplementaus- 
wertung und zu alien anderen Versuchen wurde dieser Ambozeptor in 
der Verdfinnnng 1:1000 verwendet. 

Die Komplementauswertung gelang in Anwesenheit aller Antigene 
nach Vz Std. mit 3,0 Proz. Diese Komplementmenge wurde zu einem 
Versuche, in welchem alle 9 Sera auf die komplementbindenden Anti- 
kSrper geprfift wurden, verwendet. Der Versuch zeigte, daB bei 7 Sera 
die Komplementbindung eingetreten ist, wahrend die Reiben des B. einer 
Kanarienvogelseuche Pfaff und der Pasteurella pneumoniae 
equi keine Komplementbindung zeigen. Die Bindung ist gleich im 
1. Rdhrchen (Verdfinnung 1:10) ganz ausgepragt, die hamolysierende 
Wirkung der Sera ist nicht zum Ausdruck gekommen, weil die ganze 
prazis abgemessene kleinste Komplementmenge beim Zusammentreten 
des AntikOrpers mit dem Antigen verbraucht wurde 2 ). 

Die Sera, welche keine Komplementbindung gegeben haben, wurden 
nicht weiter verwendet, wahrend jedes von den anderen 7, positive Re- 
aktion zeigenden Sera far die Komplementbindungsversuche auch mit 
anderen Antigenen verwendet wurde. 

Die serologischen Ergebnisse waren folgende: Bubalisepticum- 
Serum mit homologem (Bubalisepticum-) Extrakt gab Komplement¬ 
bindung, wahrend die Reaktion mit 6 heterologen Extrakten negativ 
ausfiel. Auch die 6 anderen untersuchten Sera, und zwar Cavisepti- 
cum, Wttrzburger GeflQgelcholera und Suisepticum, GeflQgelcholera 
Stamm Ficker, Kanarienvogelseuche Binder und B. gallinarum 
Klein gaben eine Komplementbindung nur mit eigenen, homologen 


1) Kaup, J., Kritik der Methodik der Wassermannschen Reaktion und neue 
Vorschlage fiir die quantitative Messung der Komplementbindung. Munchen u. Berlin 

2 ) Mit Rucksicht auf die derzeitigen Einscbrankungen wurde auf die tabellarische 
Wiedergabe der Vereuchsanordnung verzichtet. 


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Plasaj a. Pribram, Beitrage zur Systematik der Mikroorganismen. 9 

Extrakten, wahrend sie sich zu deu heterologen Extrakten negativ ver- 
hielten. 

Die serologischen Ergebnisse mit Komplementbindungsversuchen 
bestfitigen die Versuchsergebnisse Matsudas, der in den Geflflgel- 
cholera- und Schweineseuchenseren die komplementbindenden AntikQrper 
nacbwies. Abweichend von Matsudas Resultaten sind die meinen 
insofern, als ich eine Gruppenreaktion, obzwar die Sera von mehrmals 
injizierten Kaninchen stammten, nicht bekommen konnte. 

Wegen des Ausbleibens einer Gruppenreaktion konnte ich nicht 
zeigen, ob die zur Untersuchung ausgewahlten Stfimme serologisch eine 
Verwandtschaft haben, speziell aber konnte ich serologische Unter- 
suchungen mit der Komplementbindungsmethode im Hinblick auf die 
Begeifielung nicht aufnehmen, denn keines der Sera hatte aufier stamm- 
spezifisch mit eigenem Extrakt irgendwie mit anderen Extrakten reagiert. 
Es ist also auf diesem Wege nicht gelungen, zu zeigen, ob 
zwischen den „GeiBellosen“ n&here Beziehungen bestehen, 
als zwischen ihnen und den Geifieltragenden. Aus dem 
serologischen Verhalten (Komplementbindung) konnen wir vorderhand 
nnr schliefien, dafi z. B. die untersuchten Geflttgelcholera- 
st&mme auch serologisch nicht identisch sind. 


B. Biochemische Untersuchungen. 
Von Dr. S. Plasaj und Prof. Dr. E. Pribram. 


Die biochemische Untersuchung der B. multoseptica erstreckte 
sich auf Gasbildung aus Zucker, Indolbildung und Milchgerinnung. Die 
Angaben in der Literatur gehen derart durcheinander, dafi es von Vorteil 
sein wird, zuerst die Literatur angaben zu verzeichnen. urn sie dann mit 
unseren Resultaten zu vergleichen. Fflr unsere systematische Unter¬ 
suchung kam es vor allem darauf an, zu sehen, inwieweit die einzelnen 
biochemischen Eigenschaften untereinander und inwieweit sie mit dem 
Befunde von Geifieln parallel gin gen. 

1 ) Gasbildung aus Kohlehydraten. Die Baurebildung aus Traubeuzucker und 
Milchzucker wird in der Regel als sehr stark angegeben, Gasbildung fand Karlin ski 1 ) 
in einigen Kulturen. Bei unseren systematischen Untersuchungen (vgl. Tab.), fallt es 
auf, daB von den unbegeiBelten Kulturen nur eine einzige, B. suisepticum Sanfelice, 
aus Zucker Gas zu bilden imstande war, wahrend von aen 1-geiBeligen 5 Gas bildeten, 
3 kein Gas, von den mehr als 1-geiBeligen Stammen bildeten 5 Gas, 1 nicht. Hier 
scheint also der gleichzeitige Mangel an GeiBeln und Fermentbildung einigermaBen 
parallel zu gehen. DaB die hier untersuchten IStamme von Schweineseuchen alle 3 Gas- 
bildner waren, ist wohl ein Zufall, in der Literatur finden wir Angaben iiber Schweine- 
seuchekulturen, welche kein Gas aus Zucker zu bilden imstande waren (vg. beispiels- 
weise Lehmann, 1. c. 8. 278). 

2) Indolbildung. In der Regel finden wir in der Literatur die Angabe, daB die 
hierher gehorigen Bakterien kraftige Indolbildner seien, Karlinski 1 ) fand keine In¬ 
dolbildung, Ligniferes 8 ) fand sie bei der Hiihnercholera, nicht aber bei Wild- und 
Rinderseuchen. Wir fanden unter den unbegeiBelten Btammen 2 Indolbildner (B. pneu¬ 
moniae equi Poels, das aus spater zu besprechenden Griinden nicht recht in diese 
Gruppe hineinpafit, und das auch gasbildende B. suisepticum Sanfelice). Von den 
1 -geiBeligen Stammen bilden nur 2 von 8 Kulturen kein Indol, bei beiden fehlt auch 
die Gasbildung aus Traubenzucker (B. e. Kanarienvogelseuche Pfaff und B. pneu¬ 
moniae caviarum Strada et Trains), von den mehrgeiBeligen Kulturen bildeten 
3 kein Indol, die eine, B. cholerae gallinarum, auch kein Gas, die anderen wiirden 




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Centraibl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


eher mit Ligniferes Angabe ubereinstimmen. Wir finden also hier im aJIgemeinen 
unter den Angeh5rigen der Gruppe die nicht Indoi bildenden Stamme auffallend haufig 
unter den unbegeiSelten; alle nicht Indoi bildenden St&mme, mit Ausnahme zweier, 
B. cavisepticum und B. einer Rinderseuche, bilden auch kein Gas aus Trauben¬ 
zucker, immerhin ein weitgehender Parallel is mu s, der darauf hindeutet, dafi in dieser 
Gruppe bei begeiflelten Stammen der fermentative Eiweiflabbau bis zum Indoi fast 
ebenso leicht erfolgt als der fermentative Kohlehydratabbau bis zur Kohlensaure. Von 
der Provenienz der Kulturen ist die Indolbildung augenscheinlich unabhangig (nicht 
Indoi bildender Huhnercholerastamm) im Gegeosatz zu Ligniferes Angabe. 

3) Milchgerinnung: Die Angaben in der Literatur sind verschieden; Ligni&res 1 ) 
negiert die Mflchkoagulation, Wunschheim 2 3 ) findet sie ebenso wie Gaftky 8 ) und 
Lehmann 8 ). Bei unseren unbegeifielten Stammen war wiederum nur bei einem ein- 
zigen Milchgerinnung vorhanden, und zwar beim B. suisepticum Sanfelice, das, wie 
erwahnt, auch Gas aus Traubenzucker und Indoi bildete, also in seinen fermentativen 
und biochemischeo Eigenschaften einen anderen Charakter zeigt, als nach Analogic der 
ubrigen atrichen Stamme zu erwarten ware. Unter den 1-geifieligen Stammen finden 
wir 4mal keine Milchgerinnung, 2 dieser Stamme bilden auch kein Gas und kein Indoi 
(B. der Kanarienvogelseuche Pfaff und B. pneumoniae caviarum), verhalten rich 
also darin so wie die atrichen, von den 2 anderen bildet der eine auch kein Gas. Von 
den mehrgeifleligen bringt einer die Milch nicht zur Gerinnung, er bildet auch kein 
Indoi (B. cavUept. Busson). Wir sehen also auch hier eine gewisse Uebereinstim- 
mung mit anderen fermentativen Eigenschaften. Hier sei erwahnt, dafi die Angabe, 
das B. suisepticum koaguliere die Milch nicht, fur keinen unserer Stamme, die alle 
Milch zur Gerinnung bringen, zutrifft. Uebrigens erwahnt Lehmann (1. c. S. 278) 
2 frisch geziichtete Stamme von Schweineseuche, welche beide Milch koagulierten, und 
einen von Frank el eingesendeten, der ebenfalls Milch koagulierte, dagegen 1 Stamm 
der Wiirzburger Sammlung und einen anderen von Loeffler (Berlin), die Milch 
alkalisch machten. Auch 1 Stamm von Honl (Prag) verhielt sich ebenso. 

Lehmann gibt auf S. 360 seiner Bakteriologischen Diagnostik. 
5. Aufl. 1912. eine Nebeneinanderstellung der Eigenschaften von B. cho- 
lerae snum and B. saicida: der erstere soil kein Gas bilden, der 
letztere wohl, weder der eine noch der andere soli Milch zur Gerinnnng 
bringen, nur das B. chol. suum soil Traubenzucker bis zur Gasbil- 
dung vergSren, das B. chol. suum ist peritrich begeifielt, das B. sui- 
cida nicht beweglich. Wenn wir diese Nebeneinanderstellung mit 
unserer Literaturebersicht und unseren Untersuchungen vergleichen, 
konnen wir keine rechte Uebereinstimmung finden, nicht einmal mit den 
Angaben Lehmanns selbst fiber die von ihm untersuchten Kulturen. 
Wir kfinnen eine so scharfe Einteilung nicht gelten lassen und dfirfen 
unsere Diagnose nicht auf eine einzelne mehr oder weniger charakte- 
ristische Eigenschaft stfitzen, sondern mfissen vielmehr unser System 
etwas elastischer gestalten, unsere Nomenklatur etwas freier wfihlen. 
Dies soil das nfichste Kapitel behandeln. 

III. Stellang der Bacteria mnltoseptica lm System der Bak- 
terien and ihre Einteilung; Stellung der Bacteria bipolarla 

im System und Nomenklatur. 

Von Prof. Dr. E. Pribram und Dr. S. Plasaj. 

Die Resultate der voranstehenden Untersuchungen wurden in neben- 
stehender tabellarischer Uebersicht zusammengefafit, aus der wir auf 
den ersten Blick erkennen konnen, daB die untersuchten Kulturen eine 
kontinuierliche Reihe bilden, in welcher von geiBellosen, unbeweglichen, 


1) 1. c. 

2) Zit. nach Lehmann, Atlafi u. GruDdriB d. Bakteriol. Milnchen. 1912. S. 282. 

3) Gaffky, Mitt. d. Kais. Ges.-Amts. I. 1881. 50. 


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Piasaj u. Pribram, Beitrage zur Systematik der Mikroorganismen. 


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keine fermentativen Eigenschaften aufweisenden St&mmen bis za den 
mehrgeifieligen mit Gasbildung aus Zucker, Indolbildung aus Eiweifi 
und Milchkoagulation aufweisenden alle mdglicben Ueberg&nge vertreten 
sind. Bei einer grOBeren Zahl untersuchter Kulturen wtirden sich 
zweifellos noch andere Typen finden, durch welche sich die Reihe noch 
vervollstandigen lieBe. Es fragt sich nun, inwieweit wir berechtigt sind, 
diese untersuchten Kulturen zu einer Gruppe zusammenzufassen und 
in welcher Weise wir den den extremen Vertretern zukommenden Ver- 
schiedenheiten dabei Rechnung tragen mflssen. Dabei dflrfen wir nicht 
fibersehen, daB auch die untereinander gleiche Eigenschaften aufweisen¬ 
den Kulturen (etwa die ersten 4 der Reihe) durchaus nicht miteinander 
identisch sind, etwa in der Weise, wie dies bei aus verschiedenen Ty- 
phusepidemien geziicbteten Erregern der Fall ist, daB sie vielmehr, wie 
aus den Untersnchungen mit der Komplementbindungsmethode hervor- 
geht, untereinander keine Artspezifitat erkennen lassen. Da andere 
Antoren mit Hilfe der genannten Methode bei den von ihnen unter¬ 
suchten Kulturen eine solche feststellen konnten, mflssen wir diese 
Differenz darauf zurfickfflhren, daB die von jenen gezflchteten Stamme, 
die aus einer Epidemic stammten, Oder doch wenigstens aus zu ver¬ 
schiedenen zeitlich und r&umlich nicht sehr voneinander entfernten Epi- 
demien, untereinander identisch waren im Gegensatz zu unseren Kul¬ 
turen, die zu verschiedenen Zeiten, es dflrfte sich urn Zeitdifferenzen 
von 10—20 Jahren, vielleicht noch mehr, handeln, und in den verschie- 
densten Gegenden der Welt (vgl. die Tabelle) gezflchtet worden sind. 
Da es aber zweckmSBig erscheint, durch einen gemeinsamen Namen die 
ganze Gruppe zusammenzufassen, haben wir in Anlehnung an die bis- 
herige Namengebnng (Bacterium multocida) den Namen Bacteria 
multoseptica gew&hlt. Zu dieser Gruppe gehdren demnach kleine, 
ovoide, bipolar f&rbbare Kurzstabchen, welche als Erreger hBmorrhagi- 
seber Septikamien bei den verschiedensten Tierarten auftreten, unbe- 
geiBelt (atrich) Oder 1-geiBelig (monotrich) Oder sparlich begeifielt (1—3, 
selten bis 5 GeiBeln) (oligotrich) sind, wobei die Zahl der begeiBelten 
Individuen einer Kultur meist sehr gering ist, die GeiBeln, wenn vor- 
handen, extrapolar angesetzt sind. Wir kdnnen 3 Typen der B. multo¬ 
septica unterscheiden: 

1) Typus a. Bisher keine GeiBeln nachgewiesen, keine Gasbildung 
aus Tranbenzucker, keine Milchgerinnung, keine Indolbildung (4 der 
untersuchten Stamme, die vielleicht zutallig, alle aus Vogelseuchen 
stammen: Hflhner-, Kanarienvogel-, Fasan-, Truthahnseuchen). 

2) Typus /?. Einzelne Individuen einer Kultur (Reinkultur) tragen 
1 GeiBel (peripolar), andere 1—3 GeiBeln. Keine Milchgerinnung. Diese 
Gruppe zeigt alle Uebergange vom Typus a zum nachstfolgenden. Durch 
den Mangel an Milchgerinnung und die immerhin vorhandene Fahigkeit, 
GeiBeln zu bilden, nahert sich dieser Typus der Gruppe des B. para¬ 
typhi B mit seinen nahe verwandten Vertretern B. cholerae suum, 
B. typhi murium, Rattenbakterium Danysz. Eine der in die Tabelle 
aufgenommenen Kulturen, B. cavisepticum, das der Autor, Bus- 
son 1 ), mit Recht ebensogut in die Gruppe des B. paratyphi B als 
in die Gruppe der hier beschriebenen Bakterien einzureihen geneigt ist, 
ist ein typisches Uebergangsglied, das in der GeiBelbildung (1—3) den 
anderen zweifellos hberlegen, durch die Fahigkeit der Gasbildung ans 


1) Erscheint demnachst im Centralbl. f. Bakt. 

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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


Traubenzacker, den Mangel an Indolbildnug und Milchgerinnung kaum 
mehr von einem Vertreter der Paratypbusgruppe zu unterscheiden ist, 
und doch durch seine Herkunft aus einer Meerschweinchenseuche, seiner 
bipolaren F&rbbarkeit — auf diesen Punkt wollen wir spater noch zu- 
rflckkommen — sowie seine verhaitnismafiig sparliche BegeiBelung den 
B. multoseptica auch recht nahe steht. Wir finden in dieser Pceihe 
eine Kultur, B. einer Kanarienvogelseuche, welche sich einzig und allein 
durch das Vorbandensein einer GeiBel — nicht einmal durch Beweglich- 
keit — vom Typus o unterscheidet, eine andere, die eiugeifielig ist und 
Indol bildet, eine 3. die eingeiBelig, aber ganz unbeweglich ist und so- 
wohl Gas aus Zucker als Indol bildet. 

3) Typus t- Einzelne Individuen einer Kultur tragen 1, andere 
Kuituren 1—3, einige sogar bis 5 GeiBeln. Milchgerinnung. Durch 
diese Eigenschaften nahern sich die Vertreter dieses Typus der Gruppe 
des B. coli. Auch in dieser wurden wiederholt tierpathogene Stamme 
beschrieben, so das B. mustelicida Heim 1 ), das B. der Marseiller 
Schweineseuche von Jobert und Richet 2 ) ein Bakterium einer spon- 
tanen Kaninchenseptikamie von Ebertb und Mandry 3 ). Wir kSnnten 
die Kuituren mit Milchgerinnung, Gasbildung aus Traubenzucker, Indol- 
bildung dieses Typus ebensogut in die Coligruppe einreihen, wenn nicht 
der Mangel an Beweglichkeit, die auBerordentlich sparliche GeiBelbildung, 
die bipolare Farbbarkeit, vor allem aber die Herkunft aus Tierseuchen 
doch eine Beziehung zu der in Rede stehenden Gruppe herstellen wfirde. 
Wir fanden sogar bei einer der hierher gehorigen Kuituren, B. sui- 
septicum Sanfelice trotz wiederholter Untersuchung keine GeiBeln — 
sollen wir es deshalb von den nahestehenden eingeifieligen B. equi- 
septicum Auj., B. chol. gall. Ficker, B. suicida Lehmann, B. sui- 
septicum Auj. trennen? Es ware ebensowenig berechtigt, jedem 
dieser untereinander recht nahe stehenden Typen einen eigenen Namen 
geben zu wollen (ein Verfahren, das Castellani 4 5 ) in der Coli-Gruppe 
durchgefiihrt hat), als wie dies bisher von den meisten Autoren gescbah, 
achtlos an den zweifellos doch recht bedeutenden Unterschieden der 
extremen Vertreter der Gruppe vorbeizugehen. Die Grenzen sind nicht 
scharf, darauf muB die Nomenklatur Rflcksicht nehmen. Wir kSnnten 
etwa, dem Rechnung tragend, den Typus /?: Typus paratyphi-simi- 
lis, den Typus y: Typus coli-similis nennen. Die Analogie geht 
noch weiter. Epstein 6 ) hat namlich in einer Arbeit aniafilich des 
Auftretons von bipolar farbbaren Stabchen bei Grippe (Spengler) 6 ) 
zeigen kOnnen, daB die (von Epstein gefundenen) Stabchen aus ver- 
schiedenen Zuckerarten Gas bildeten und daB sie Milch koagulierten. 
Diese Polstabchen wtirden also unserem Typus y (coli-similis) ent- 
sprechen. Epstein fand nun auch bei geeigneter Vorbehandlung Pol- 
farbung bei B. coli, B. typhi, B. paratyphi B, B. dysenteriae, 
also bei einer groBen Zahl gramnegativer Bakterien. Dadurch nahert 
sich die Gruppe der B. multoseptica auch in diesem Punkte der 


1) Frosch, in Zeitschr. f. Hyg. Bd. 9. S. 74. 

2) Jobert und Richet, Centralbl. f. Bakt. Abt I. Bd. 4. 1888. S. 270 Ref.; 
Compt. reDd. de l’Acad. d. sc. de Paris. T. 106. 1888. p. 1096. 

3) Eberth und Mandry, Fortschr. d. Med. 1890. Nr. 14. 

4) Castellani et Chalmers, Ann. de l’Inst. Pasteur. T. 35. 1920. p. 600. 

5) Epstein, Ueber den Spenglerschen Colistabchenbefund bei Grippe. (Wien, 
med. Wocnenschr. 1919. Nr. 37.) 

6) Spengler, Mitt. a. d. Inst. Dr. C. Spenglers in Davos. Bd. 1. 1919. H. 1. 


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Plasaj u. Pribram, Beitrage zur Systematik der Mikroorganismen. 13 


Grappe des B. coli, ebenso wie der des B. paratyphi B mehr, als 
dies bisher der Fall gewesen war. 

Wir haben bisher die den Gruppen des B. paratyphi B and 
B. coli nahestehenden monotrichen and oligotrichen Vertreter der Grappe 
B. multoseptica besprochen and ihre Stellung im System gekenn- 
zeichnet, wir mdssen nun auch die Stellung der ganzen Gruppe, ins- 
besondere mit Beriicksichtigung der atrichen Vertreter, des Typus a 
charakterisieren, Ein atricher, bipolar fSrbbarer Erreger einer hamor- 
rhagischen Septikamie, ohne Gasbildung aus Zucker, ohne Indolbildung 
and ohne Milchgerinnang ist das menschenpathogene B. pestis. Es 
steht also dem Typus unserer Gruppe auBerordentlich nahe, unterscheidet 
sich von ihm (abgesehen von der Pathogenitat fflr Menschen) durch sein 
typisches Wachstum bei 30°, die typische Art der Kolonienbildang auf 
festen NahrbSden. Dem B. pestis noch naherstehend als die B. multo¬ 
septica (Typus o) ist das B. pseudotuberculosis rodentium, 
nach Albrecht 1 ) besser B. pseudopestis genannt. Es ist morpho- 
logisch und kulturell vom B. pestis oft nur schwer zu unterscheiden 
and wie dieses * auch pathogen fflr Ratten und Mause. Es steht in 
mancher Beziehung dem B. multosepticum noch naher, wie Plasaj 2 ) 
gezeigt hat, vor allem durch die bei manchen Stammen vorkommende 
monotriche GeiBelbildung, durch die zuweilen vorkommende Indolbildung 
usf. Wir verweisen in dieser Hinsicht auf Plasajs gleichzeitig er- 
scheinende Arbeit. Dieses Bakterium verursacht, wie Albrecht ge¬ 
zeigt hat, bei Versuchstieren (Meerschweinchen, Mausen, Kaninchen, 
Ratten und Katzen) eine typische, pathologisch histologisch der Pest, 
nicht der Tuberkulose, vergleichbare Septikamie. Wegen der ahnlichen 
Eigenschaften des B. pestis, der B. pseudopestis und der B. multo¬ 
septica fassen wir diese Gruppen zweckmaBig zu einer hbheren Ord- 
nung zusammen, die wir mit RQcksicht auf die eigenartigen Krankheiten, 
als deren Erreger sie auftreten, Bacteria haemorrhagica nennen 
wollen (oder mit RQcksicht auf die bipolare Farbbarkeit, Bacteria 
bipolaria), Bakterien der hamorrhagischen Septikamie im weiteren 
Sinne. 

Wir haben eingangs 2 Kulturen Erwahnung getan, die wir in die 
Tabelle der Bacteria multoseptica nicht aufgenommen haben, weil 
sie wohl in andere Gruppen gehdren. Die eine dieser Kulturen, ein 
als B. bubalisepticum bezeichnetes, polytrich begeiBeltes Bakterium 
ist zweifellos wegen der dichten BegeiBelung in eine andere Gruppe zu 
verweisen; die andere, das B. pneumoniae equi, vom Autor Pa¬ 
steur el la genannt, ein geifielloses Bakterium, das wohl Indol, aber 
kein Gas bildet, und Milch nicht zur Gerinnung bringt, mufi trotz dieser 
Uebereinstimmung mit den Bacteria multoseptica, mit denen es 
auch die bipolare Farbbarkeit und die Fahigkeit, im TierkQrper hQmor- 
rhagisch-septische Erscheinungen hervorzurufen, gemeinsam hat, aus 
einem anderen Grunde aus dieser Gruppe ausgeschieden werden. Es 
wachst namlich nur kflmmerlich auf eiweiBfreien Nahrbdden, auf eiweiB- 
haltigen Qppiger, aber mit zartem Rasen, Qhnlich wie Streptokokken. 
Es gehflrt in eine Gruppe mit der von Fiocca 3 ) als Strepto¬ 
coccus einer Katzenseuche beschriebenen Kultur, die ebenfalls weder 


1) Albrecht, Wien. klin. Wochenechr. 1910. S. 27. 

2) Plasaj, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 86. 1921. 8. 468. 

3) Fiocca, Centralbl. f. Bakt. Bd. 11. 1892. 8. 406. 


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14 CentralbL f. B&kt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 



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UeberaichtBtabelle der Bacteria multoseptica. 




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Centralblatt fur Bakteriologie Abt. I. Chig. Bd. 87. 

S. Plasaj u. E. Pribram , Hiimorrhagische Septikiimit. 




Fig. 3. 



Fig. 4. Fig. 5. 

- Or i g i na l from --- 

Verlag von Gustav Fischer in .leijittJl VERSITY OF CALIFORNIA 


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Plaaaj u. Pribram, Beitrage ear Systematik dear Mikroorganiemen. 15 


Milch koaguliert noch Zucker verg&rt, bipolar f&rbbar ist, bei Injektion 
in den Tierkdrper die Erscheinungen der h&morrhagischen Septikflmie 
hervorrnft Ungezwungen reihen sich an diese 2 Vertreter tierpatho- 
gener Senchenerreger die in neuester Zeit bei Grippepneumonien von 
Cori und Trawinski 1 ) (1918), von Coronini und Pries el 2 ) (1918) 
nnd von Hundeshagen 3 ) 1919) gezfichteten influenzaShnlichen, nicht 
hamoglobinophilen, aber albuminopbilen Kurzstabchen mit Streptokokken- 
charakter. Sie sind, wie ans der Literatur hervorgeht, Erreger hSmor- 
rhagischer Pneumonien (Tierversuch), zeigen keine Gasbildung in Trauben- 
zucker. Wir schlagen fflr diese ganze Gruppe den Namen Bacteria 
albuminophila vor. 


Zusammenfassung. 

Wir nnterscbeiden: 


Tr Eo 


Ordnung: Bacteria haemorrhagica (s. bipolaria). 

Gruppen: B. pestie, 

B. pseudopestis (pseudotub. rodentium), 

B. parapestis Fornet, 

B. multoseptica: Typus a (keine Geifieln, keine Gasbildung aus Trauben- 
zucker, keine Indolbildung, keine Milchkoagulation). 

Typus p (1 Geifiel oder auch 1—3 Geifieln, keine Milchgerinnung, bei einigen 
Stammen kommen Gasbildung auB Zucker, bei anderen Indolbildung vor. 
pus y (1 Geifiel, unbegeifielt oder auch 1—3 oder 1—5 Geifieln, Milch- 
coagulation, meist auch Gasbildung aus Traubenzucker und Indolbildung). 

Typus p leitet hiniiber zu den aer polvtrich begeifielten Gruppe B. para¬ 
typhi B angehorigen Kulturen: B. cholerae suum, B. typni murium, 
Battenb. Danyez , zu welchen auch das in der Tabelle verzeicnnete B. cavi- 
septicum Busson gerechnet werden kann. — Typus y leitet hiniiber zu den 
der peritrich begeifielten Gruppe B. coli angehdrenden Kulturen: B. muste- 
licida Heim, B. der Marseiller 8chweineseuche Jobert et Bietsch, und 
*B. der 6pontanen Kaninchenseptikamie Eberth und Mandry. 

Ordnung: B. albuminophila. 

Gruppen: B. felis (Strept. der Katzenseuche Fiocca), B. pneumoniae equi 
(Fasteurella pn. equi Poels). 

Bakterien aus Grippepneumonien („ gramnegative Streptokokken* Cori und 
Trawinski, Coronini und Priesel, Hundeshagen). 

Ordnung: B. haemoglobinophila. 

Gruppen: B. influenzae Pfeiffer, 

B. tuBsis convulsivae Bordet, 

B. aegyptiacum Lehmann u. Neumann (Koch-Weeks). 

Die nebenstehende Uebersichtstabelle erlfiutert den Zusammenhang 
der einzelnen Gruppen der Bacteria haemorrhagica. 


Erklarung der mikrophotographiBchen Tafeln: 

Fig. 1. B. equisepticum Aujeszky, eine peripolare Geifiel. 

Fig. 2. B. cholerae gallinarum Ficker, eine Geifiel. 

Fig. 3. B. Buicida Wurzburg, eine Geifiel, an einer Stelle vielleicht zwei Geifieln. 
Fig. 4. B. 8uisepticum Aujeszky, eine Geifiel. 

Fig. 5. B. (Coccobacterium) avicida Piorkowaki, ein Individuum mit zwei 
Geifieln. 

(Zeifi-Apochromat, Oelimmersion NA. 1,30, Brennweite 2 mm; Vergr. ca. 1000-fach.) 


1) Cori und Trawinski, Wien. klin. Wochenschr. 1918. Nr. 47. 

2) Coronini und Priesel, Wien. med. Wochenschr. 1919. Nr. 35. 

3) Hundeshagen, Med. Klinik. 1919. Nr. 41. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 1. 


Naehdruck verboten. 

Ueber die Analyse der Agglutination bei Typhuskranken. 

[Aus dem Hygienischen Institut der deutschen Universit&t in Prag.] 

Von Prof. Dr. Hans Rotky. 

Die serologiscben Untersuchungen von Krankenseren bewegten sich 
bisher fast ausschliefilich in der Richtung, dafi nur auf die Titerhdhe 
Riicksicht genommen wurde, und zwar in dem Sinne, dafi man fflr jeden 
Bakterienstamm, der als Infektionserreger in Betracht kam, die Normal- 
agglutinine des Menschenserums feststellte und jenen Wert, der die 
Titerwerte der Normalagglutinine betr&chtlich Qberstieg, als spezifisch 
angesehen hat. So ist uns bekannt, dafi zur Zeit der Entdeckung der 
Gruberschen Reaktion fflr Typhus bereits den Werten von 1:20 eine 
spezifische Bedeutnng beigemessen wurde, bis man durch weitere Unter¬ 
suchungen schliefilicb zu immer hflheren Werten gelangte (heute 1:75). 

Erst das Studium der Flecktyphusreaktion brachte einen Wandel, da- 
hingehend, dafi sich die Notwendigkeit ergab, auch dem Aussehen der Ag¬ 
glutinine eine Bedeutung beizumessen. Es zeigte sich hier n&mlich, 
dafi Kaninchenimmunsera X 19 sich ganz anders verhalten wie mensch- 
liche Fleckfiebersera. Bei ersteren erfolgte die Agglutination in lockeren, 
groben Flocken, die, rasch an dem Boden der Eprouvette abgesetzt, 
leicht zerschflttelt werden konnten. Bei den Fleckfieberseren hingegen 
trat dieselbe in feinsten FlOckchen, die sich langsam zu Boden setzten, 
in Erscheinung. 

Es gelang nun E. Weil und A. Felix, durch ihre Versuche diesen 
beiden verschiedenartigen Agglutinationsformen 2 verschiedenartige Ag¬ 
glutinine im Serum sowie 2 verschiedenartige Agglutinogene bei den 
X-St&mmen zugrunde zu legen (0- und H-Agglutinine). In weiteren 
Untersuchungen konnten sie fernerhin nachweisen, das genau die n&m- 
lichen Erscheinungen in der Typhus- und Paratyphusgruppe zutage treten. 

Auch dort fanden sich in den Bakterien 2 verschiedenartige Re- 
zeptoren und korrespondierend in den Immunseren 2 verschiedenartige 
Agglutinine. Nach den charakteristischen Eigenschaften der beiden Re- 
zeptoren, die sich darin fiufiern, dafi die einen Temperaturen von 100° 
nicht widerstehen, die anderen hingegen kochbestflndig sind, warden die 
ersteren als labile, die letzteren als stabile Rezeptoren bezeichnet. Die 
den stabilen Rezeptoren entsprechenden Agglutinine, welche die Bak¬ 
terien in kleinen Flocken ausf&llen, wurden als kleinflockende, die den 
labilen Rezeptoren entsprechenden als grofiflockende Agglutinine be¬ 
zeichnet. 

Die genaue Analyse dieses Doppeltypus der Rezeptoren und Ag¬ 
glutinine bei der Typhus-Paratyphusgruppe wurde von E. Weil und 
A. Felix 1 ) an kiinstlich erzielten Immunseren vorgenommen. Dort 
findet sich auch die Frage aufgeworfen, ob analoge Verhfiltnisse, wie 
hier, auch bei den Immunseren, die bei natflrlicher lnfektion entstehen, 
vorhanden sind. Es wfirde insbesondere die in dieser Hinsicht vor-. 
genommene serologische Untersuchung der Paratyphusgruppe zu einem 


1) Weil, E., u. Felix, A., Zeitsehr. f. Imraunitatef. Bd. 29. 1920. H. 1/2. 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Rotky, Ueber die Analyse der Agglutination bei Typhuskranken. 


17 


praktisch verwertbaren Ergebnis ffihren, da es, falls die bei ktinstlich 
erzielten Immunseren feststehenden Tatsachen auch bei der nattirlichen 
Infektion Gflltigkeit haben, gelingen mflBte, die Hauptagglutinine, die, 
wie gesagt, sich grobflockig charakterisieren, von den kleinflockigen Mit- 
agglutininen zn unterscheiden. 

Leider standen uns Paratyphen in genligender Zahl nicht zur Ver- 
fflgung und wir haben deshalb zun&chst an einer groBeren Serie von 
Typhusfallen diese Frage einer genaueren Untersuchung unterzogen. 

Die Einzelheiten der Versuche gestalteten. sich in folgender Weise: 
H. Sachs hat gezeigt, daB dnrch Erhitzen auf 80° die H-Rezeptoren 
der X-Stfimrae zerstbrt werden, wShrend die O-Rezeptoren erhalten 
bleiben. Weil ond Felix haben durch Erhitzen auf 100° eine voll- 
st&ndige Zerstbrung der H-Rezeptoren bei vollkommenem Intaktbleiben 
der O-Rezeptoren erzielen kbnnen und, wie eingangs erwShnt, konnten 
analoge Verb&ltnisse auch fQr die Typhus-Paratyphusgruppe konstatiert 
werden. 

Es war uns nun die Moglichkeit geboten, durch Erhitzen der Typhus- 
kulturen auf 100° die Wirkung der labilen Rezeptoren auszuschalten, 
so daB auf diesem Wege die reine Wirkung der kleinflockenden Agglu- 
tinine des Typhusserums hatte nachgewiesen werden kbnnen. Da jedoch 
bei den Typhusbazillen die Erhitzung den Eintritt der Agglutination 
verzbgert, so wurde ein anderer Weg eingeschlagen. Bien und Sonn- 
tag war es gelungen, das erste brauchbare Fleckfieberdiagnostikum her- 
zustellen, und zwar auf dem Wege, daB die X-St&mme mit Alkohol be- 
handelt wurden. Weil und Felix konnten nun den Nachweis er- 
bringen, daB durch den Alkohol einerseits die H-Rezeptoren zerstbrt, 
die O-Rezeptoren anderseits konserviert werden. Dieses Verfahren der 
Alkoholbehandlung von Bien und Sonntag wurde mit gleichem Effekte 
wie beim Fleckfieber auch bei der Typhusgruppe angewendet, so daB 
in den mit Alkohol behandelten Typhusbazillen nur die stabilen Rezep¬ 
toren in Wirkung traten. Wir haben nun statt der Erhitzung die mit 
Alkohol behandelten Typhusbazillen zu unseren Versuchen verwendet. 

Zu diesem Behufe wurde je eine friscbe Typhuskultur in 5 ccm 
Alkohol aufgeschwemmt, diese Emulsion nach 24-stiind. Stehen bei 
Zimmertemperatur zentrifugiert und das Bazillensediment nach vor- 
sichtigem Entfernen des Alkohols in l 1 /* ccm physiol. Kochsalzlbsung 
anfgenommen. 

Durch Untersuchungen von Weil und Felix wurde weiterhin 
klargelegt, daB serologisch Typhusbazillen von dem typischen Gfirtner- 
Stamm ausschlieBlich durch die Verschiedenheit der labilen Rezeptoren 
differenzierbar sind, daB jedoch die stabilen Hauptrezeptoren von Typhus- 
und GSrtner-Bazillen vollkommen identisch sind. Dadurch war uns 
der Weg gezeigt, zum Nachweis der kleinflockenden Agglutinine des 
Typhusserums den GUrtner heranzuziehen. Durch Versuche von 
Gruschka wurde weiter festgestellt, daB der Hiihnertyphus, dessen 
serologische Verwandtschaft mit dem Typhus schon frflher erwiesen war, 
sich durch eine Gemeinsamkeit der stabilen Hauptrezeptoren mit Typhus 
und Gartner auszeichnet, wShrend labile Rezeptoren diesen St&mmen 
flberhaupt fehlen. Dadurch war uns ein weiteres Testobjekt zur Priifung 
der kleinflockenden Agglutinine des Typhusserums in die Hand gegeben. 

Unsere Versuchsanordnung gestaltete sich nun so, daB wir eine An- 
zahl von Typhusseren gleichzeitig mit Typhus, Alkoholtyphus (Alkohol- 
bakterien), Hflhnertyphus und GSrtner untersuchten. Wir wollten 


Erst* Abt^Orig. Bd. ^7. 

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AfU. o I . 

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Heft 1. 


2 

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18 


CentralbL f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 1 


nun zunkchst prflfen, wie sich nichttyphose Menschen gegenflber Typhus, 
Alkoholtyphus, Hfihnertyphus und Gartner verhielten, und haben 
10 Faile, die in folgender Tabelle zusammengestellt sind, nach dieser 
Richtung hin untersucht. 


Tabelle I. 


Fall 

Typhus 

TyphuB- 

Ancohol 

Gartner 

Huhnertyphus 

I. 

1:25 

+ + 

1:25 

+ + + 

1:25 

_ 

1:25 

_ 

Pneumonie (Fieber) 

1:50 

+ 

1:50 

+ + 

1:50 

— 

1:50 

— 

1:100 

_ 

1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 


1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

— 

II. 

1:25 

_ 

1:25 

_ 

1:25 

— 

1:25 

— 

Grippe (Fieber) 

1:50 

— 

1:50 

— 

1:50 

— 

1:50 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 


1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

— 

III. 

1:25 

_ 

1:25 

+ 

1:25 

— 

1:25 

— 

Grippe (Fieber) 

1:50 

— 

1:50 


1:60 

— 

1:50 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 


1:200 


1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

— 

IV. 

1:25 


1:25 

... 

1:25 

+ 

1:25 

+ 

Normal 

1:50 

— 

1:50 

— 

1:50 


1:50 



1:100 

_ 

1:100 

— 

1:100 

-’ 

1:100 

— 


1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

— 

V. 

1:25 

+ + 

1:25 

+ + 

1:25 

— 

1:25 

— 

Normal 

1:50 


1:50 

— 

1:50 

— 

1:50 

— 


1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 


1:200 

— 

1:200 


1:200 

— 

1:200 

— 

VI. 

1:25 

_ 

1:25 

_ 

1:25 

— 

1:25 

— 

Normal 

1:60 

— 

1:50 

— 

1:50 

— 

1:50 

— 


1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 


1:200 

— 

1:200 


1:200 

— 

1:200 

— 

VII. 

1:25 

+ + 

1:25 

+ 

1:25 

+ + 

1:25 

— 

Normal 

1:50 


1:50 


1:50 

— 

1:50 

— 


1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 


1:200 


1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

— 

VIII. 

1:25 

+ 

1:25 

+ 

1:25 

_ 

1:25 

_ 

Normal 

1:50 


1:50 


1:50 

— 

1:50 

— 


1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 


1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

— 

1:300 

— 

IX. 

1:25 

+ + 

1:25 

+ 

1:25 

+ + 

1:25 

+ + 

Normal 

1:50 

— 

1:50 

— 

1:50 

— 

1:50 

— 


1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 


1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 


1:200 

— 

X. 

1:25 

+ 

1:25 

+ + 

1:25 

_ 

1:25 

— 

Normal 

1:50 


1:50 


1:50 

— 

1:50 

— 


1:100 

— 

1: 100 

— 

1:100 

— 

1:100 

— 


1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

— 


Wir entnehmen daraus zunachst die bekannte Tatsache, dafi Nicht- 
typhuskranke Normalagglutinine gegen Typhusbazillen in niedrigen Kon- 
zentrationen, wie z. B. 1:25, aufweisen und sehen das unter den von 
uns untersuchten 10 Fallen 6mal auftreten. Bei einer Konzentration 
von 1:50 sind mit einer Ausnahme, wo bei einer Pneumonie eine 
schwacbe Reaktion bei 1:50 auftritt, samtliche negativ. Alkoholtyphus 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Rotky, Ueber die Analyse der Agglutination bei Typhuskranken. 


19 


Tabelle II. 


Fall 


i 

Typhus- 

Alkohol 

Hflhnertyphus 

Gartner 

I. 5. Woche 

1:25 

_ 

1:25 

+ + 

1:25 


1:25 

+ + + 


1:50 

+ + + 

1:50 

— 

1:50 

— 

1:50 

+ +jb 


1:100 

+ + 

1:100 

— 

1:100 

— 

1:100 



1:200 

+ + 

1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

___ 


1:500 

+ + 

1:500 

— 

1:500 

— 

1:500 

_ 


1:1000 

+ + 

1:1000 

— 

1:1000 

— 

1:1000 



1:2000 

+ 

1:2000 

— 

1:2000 

_ 

1:2000 

_ 


1:5000 


1:5000 

— 

1:5000 

_ 

1:5000 

_ 


1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

II. 6. Woche 

1:25 

— 

1:25 

+ + + 

1:25 

+ + + 

1:25 

+++ 


1:50 

+ + 

1:50 


1:50 

+ 

1:50 

+ + ± 


1:100 

+ + 

1:100 

— 

1:100 


1:100 



1:200 

+ + 

1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

_ 


1:500 

+ 

1:500 

— 

1:500 

_ 

1:500 

__ 


1:1000 


1:1000 

— 

1:1000 

_ 

1:1000 

- 


1:2000 

— 

1:2000 

— 

1:2000 

_ 

1:2000 

- 


1:5000 

— 

1:5000 

— 

1:5000 

— 

1:5000 

_ 


1 : 10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

III. 6. Woche 

1:25 

— 

1:25 

_ 

1:25 

+ + + 

1:25 

++± 


1:50 

+ + 

1:50 

— 

1:50 

+ + 

1:50 

+ 


1:100 

+ + 

1:100 

— 

1:100 


1:100 



1:200 

+ 

1:200 

_ 

1:200 

_ 

1:200 



1:500 


1:500 

— 

1:500 

— 

1:500 

_ 


1:1000 

— 

1:1000 

— 

1:1000 

_ 

1:1000 

_ 


1:2000 

— 

1:2000 

— 

1:2000 

_ 

1:2000 

_ 


1:5000 

— 

1:5000 

— 

1:5000 

_ 

1:5000 

- 


1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

IV. 14 Tage 

1:25 

— 

1:25 

_ 

1:25 

± 

1:25 

+ 


1:50 

+ + 

1:50 

— 

1:50 


1:50 



1:100 

+ + 

1: 100 

— 

1:100 

— 

1:100 

_ 


1:200 

+ 

1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

_ 


1:500 

+ 

1:500 

— 

1:500 

— 

1:500 

_ 


1:1000 

— 

1:1000 

— 

1:1000 

_ 

1:1000 

_ 


1:2000 

— 

1:2000 

— 

1:2000 

— 

1:2000 

___ 


1:5000 

— 

1:5000 

— 

1:6000 

— 

1:5000 

_ 


1 :10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

V. 12 Tage 

1:25 

— 

1:25 

_ 

1:25 

+ + + 

1:25 

+++ 


1:50 

+ + 

1:50 

— 

1:50 

+ + ± 

1:50 

+++ 


1:100 

+ + 

1:100 

— 

1:100 

+ + 

1:100 

+ 


1:200 

+ + 

1:200 

— 

1:200 


1:200 



1:500 

+ + 

1:500 

— 

1:500 

— 

1:500 

_ 


1:1000 

+ + 

1:1000 

— 

1:1000 

— 

1:1000 

_ 


1:2000 

+ + 

1:2000 

— 

1:2000 

— 

1:2000 

— 


1:5000 

+ + 

1:5000 

— 

1:5000 

— 

1:5000 

_ 


1:10000 

+ 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

VI. 14 Tage 

1:25 

— 

1:25 

+ 

1:25 

+ + + 

1:25 

+++ 


1:50 

+ + 

1:50 

— 

l: 50 

+ + 

1:50 

+++ 


1:100 

+ 

1:100 

— 

1:100 

+ 

1:100 

++ 


1:200 

+ 

1:200 

— 

1:200 


1:200 



1 r 500 

— 

1 : 600 

— 

1:500 

_ 

1:500 

_ 


1 :1000 

— 

1:1000 

— 

1:1000 

_ 

1:1000 

_ 


1:2000 

— 

1:2000 

— 

1:2000 

_ 

1:2000 

. 


1:5000 

— 

1:5000 

— 

1:5000 

_ 

1:5000 

_ 


1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 


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2 * 

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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 





20 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Origin ale. Bd. 87. Heft 1. 


Fall 


Typhus- 

AJkohol 

HGhnertyphuB 

Gartner 

Vn. 13 Tage 

1:25 

_ 

1:25 4” 

1:25 

4“ 4- 

1:25 

+ + + 


1:50 

+ + 

1:50 — 

1:50 

++ 

1:50 

4-4-4- 


1:100 

+ + 

1:100 — 

1 :100 

+± 

1:100 

+ 


1:200 

+ + 

1:200 — 

1:200 

— 

1:200 

— 


1:500 

+ + 

1:500 — 

1 :500 

— 

1:500 

— 


1:1000 

+ + 

1:1000 — 

1 :1000 

— 

1:1000 

— 


1:2000 


1:2000 — 

1:2000 

— 

1:2000 

— 


1:5000 

— 

1:5000 — 

1:5000 

— 

1:5000 

— 


1:10000 

— 

1:10000 — 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

IX. 22 Tage 

1:25 

+ + + 

1:25 — 

1:25 

+ 

1:25 

+ 


1:50 

4-4-4* 

1:50 — 

1:50 

— 

1:50 

± 


1:100 

+++ 

1:100 — 

1:100 

— 

1:100 

— 


1:200 

4" 4” 

1:200 — 

1:200 

— 

1:200 

— 


1:500 

+ 

1:500 — 

1:500 

— 

1:500 

— 


1:1000 

4- 

1:1000 — 

1:1000 

— 

1:1000 

— 


1:2000 

+ 

1:2000 — 

1:2000 

— 

1:2000 

— 


1 :5000 

dt 

1:5000 — 

1:5000 

— 

1:5000 

— 


1:10000 


1:10000 — 

1:10000 

■ 

1:10000 

— 

XHI. 14 Tage 

1:25 

++ 

1:25 — 

1:25 

+++ 

1:25 

++ 


1:50 

++ 

1:50 — 

1:50 

++ 

1:50 

+ 


1:100 

++ 

1:100 — 

1: 100 

— 

1:100 

— 


1:200 

+ 

1:200 — 

1:200 

— 

1:200 

— 


1:500 

± 

1:500 — 

1:500 

— 

1:500 

— 


1:1000 


1:1000 — 

1:1000 

— 

1:1000 

— 


1:2000 

— 

1:2000 — 

1:2000 

— 

1:2000 

— 


1:5000 

_ 

1:5000 — 

1:5000 

— 

1:5000 

— 


1:10000 

— 

1:10000 — 

1:10000 

— 

1 :10000 

— 

XV. 3. Woehe 

1:25 

+++ 

1:25 — 

1:25 

4-4- 

1:25 

_ 


1:50 

++ 

1:50 — 

1:50 

4- 

1:50 

— 


1:100 

++ 

1:100 — 

1:100 

— 

1:100 

— 


1:200 

++ 

1:200 — 

1:200 

— 

1:200 

— 


1:500 

+ 

1:600 — 

1:500 

— 

1:500 

— 


1:1000 


1:1000 — 

1:1000 

— 

1:1000 

— 


1:2000 

_ 

1:2000 — 

1:2000 

— 

1:2000 

— 


1:5000 

— 

1:5000 — 

1:5000 

— 

1:5000 

— 


1:10000 

— 

1:10000 - 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

XVII. 14 Tage 

1:25 

+ 4* 4- 

1:25 — 

1:25 

+ 

1:25 

4-4- 


1:50 

+++ 

1:50 — 

1:50 

— 

1:50 

— 


1:100 

++ 

1:100 — 

1:100 

— 

1:100 

— 


1:200 


1:200 — 

1:200 

— 

1:200 

— 


1:500 

— 

1:500 — 

1:500 

— 

1:500 

— 


1:1000 

— 

1:1000 — 

1:1000 

— 

1:1000 

— 


1:2000 

— 

1:2000 — 

1:2000 

— 

1:2000 

— 


1:5000 

— 

1:5000 — 

1:5000 

— 

1:5000 

— 


1:10000 

— 

1;10000 — 

1:10000 

— 

1:10000 

— 


verhalt sich genau so wie der unveranderte Typhus, was darauf hinweist, 
dafi die normalen Agglutinine gegen Typhusbazillen wohl in den aller- 
meisten Fallen zu den kleinfiockenden Agglutininen gehOren. Auch 
Gartner und Hflhnertyphus weisen vereinzelt in der Verdflnnung von 
1:25 Agglutination auf, die jedoch schwacher und nicht so haufig auf- 
tritt, was besagt, dafi diese beiden Stamme den Normalagglutininen 
gegentiber geringere Empfindlichkeit besitzen. — Nach diesen Unter- 
suchungen kann wohl mit grofier Wahrscheinlichkeit behauptet werden. 


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Rotky, Ueber die Analyse der Agglutination bei Typhuskranken. 21 

dafi eine im Verlaufe eines Typhus auftretende deutliche Reaktion von 
1:50 eiue spezifische Bedeutung besitzt. 

Die nun zur Untersuchung gelangten 20 Typhen stammten aus ver- 
schiedenen Zeitabschnitten der Erkrankung und einige konnten mehr- 
mals untersucht werden. Die untersuchten F&lle lassen sich in 3 Gruppen 
zusammenfassen, und zwar: 

Gruppe 1 mit niedrigem, kleinflockendem Titer, Gruppe 2 mit hdher 
kleinflockendem Titer, Gruppe 3 die mehrmals untersuchten FSlle. Zur 
Gruppe 1 gehbren 11 F&lle, die anbei wiedergegeben sind. 

Bei diesen F&llen treten einige raerkwQrdige Erscheinungen zutage. 
Zun&chst zeigen 3 F&lle (Fall 3, 5, 9) mit dem unver&nderten Typhus 
hohe Agglutinationswerte, w&hrend dieselben mit dem Alkoholtyphus 
entweder gar keine oder mit dem Hflhnertyphus und G&rtner nur 
eine geringe Reaktion aufweisen, was darauf hinweist, dafi die hohe 
Agglutination des Typhus auf die grobflockenden Agglutinine zurflck- 
zuffihren ist. Eine Erklfiruug fflr die fehlende Agglutination des Al- 


Tabelle III. 


Fall 


Typhus- 

Alkohol 

Hiihnertyphus 

Gartner 

VIII. 3 Wochen 

1:25 

_ 

1:25 


1:25 

+ + 

1:25 

+ + + 


1:50 

+ + 

1:50 

— 

1:50 

+ 

1:50 

+ + + 


1:100 

+ + 

1:100 

— 

1:100 

+ 

1:100 

+ + + 


1:200 

+ + 

1:200 

— 

1:200 

— 

1:200 

+ 


1:500 

+ + 

1:500 

— 

1:500 

— 

1:500 

+ 


1:1000 

+ + 

1:1000 

— 

1:1000 

— 

1:1000 



1:2000 

+ 

1:2000 

— 

1:2000 

— 

1:2000 

_ 


1:5000 


1:5000 

— 

1:5000 

— 

1:5000 

_ 


1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— ; 

1:10000 

— 

XU. 4 Wochen 

1:25 

+ + + 

1:25 

+ 

1:25 

++ 

1:25 

+ + + 


1:50 

+ + + 

1:50 

+ 

1:50 

++ 

1:50 

+ + + 


1:100 

+ + + 

1:100 

+ 

1:100 

+ 

1:100 

+ 


1:200 

+ + + 

1:200 

+ 

1:200 


1:200 


1 

1:500 

+ + 

1:500 

+ 

1:500 

— 

1:500 

— 

1 

1:1000 

+ 

1:1000 

+ 

1:1000 

— 

1:1000 

— 


1:2000 


1:2000 

— 

1:2000 

— 

1:2000 

— 


1:5000 

— 

1:5000 

— 

1:5000 

— 

1:5000 

— 


1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

XIV. 3 Wochen 

1:25 

+ + + 

1:25 

+ + 

1:25 

++ 

1:25 

+ + + 


1:50 

+++ 

1:50 

+ + 

1:50 

+++ 

1:50 

+++ 


1:100 

+ + + 

1:100 

+ + 

1:100 

+++ 

1:100 

+ + + 


1:200 

+ + 

1:200 

+ 

1:200 

++ 

1:200 

+ + + 


1:500 

+ 

1:500 

+ 

1:500 

+ 

1:500 

+ + 


1:1000 

+ 

1:1000 


1:1000 


1:1000 

+ 


1:2000 

± 

1:2000 


1:2000 

— 

1:2000 



1:5000 


1:5000 

— 

1:5000 

— 

1:5000 

_ 


1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 

XVI. 3 Wochen 

1: 25 

+ 

1:25 

dt 

1:25 

+ 

1:25 

+ + 


1:50 

+ + 

1:50 

± 

1:50 

++ 

1:60 

+ + 


1:100 

+ + + 

1:100 

± 

1:100 

+ + 

1:100 

+ + 


1:200 

+ + + 

1:200 

— 

1:200 


1:200 



1:500 

+ + + 

1:500 

— 

1:500 

— 

1:500 

— 


1 :1000 

+ + + 

1:1000 

— 

1:1000 

— 

1:1000 

— 


1:2000 

+ 

1:2000 

— 

1:2000 

— 

1:2000 

— 


1:5000 

+ 

1:5000 

— 

1:5000 

— 

1:5000 

— 


1:10000 


1:10000 

— 

1:10000 

— 

1:10000 

— 


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22 


Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Origin ale. Bd. 87. Heft 1. 


koholtyphus ist wohl damit zu geben, daB Alkohol docb schadigend auf 
die Agglutination einzuwirken scbeint. Die kleinflockenden Agglutinine 
reichen in 2 dieser Falle bis auf 50 bzw. 100. Bei den flbrigen Fallen 
ist, wie aus der Tabelle hervorgeht, der Typhustiter niedrig, Hflhner- 
typhus und Gartner weisen jedenfalls keine hoben Werte auf, reichen 
aber zumeist doch in den Bereicb der Spezifitat. 

Die Gruppe 2 umfaBt 4 Falle (Tabelle III), bei denen durchweg 
der Typhustiter ein hoher ist und bei denen wir auch ein starkes, bzw. 
starkeres Auftreten der kleinflockenden Agglutination wahrnebmen. Be- 
merkenswert ist, daB samtliche dieser Falle einem spateren Zeitpunkt 
der Typhuserkrankung angehdren. 


Tabelle IV. 


Fall XI 

. Beginn 


Hohe 

Rekonvaleszenz 

Titer 

Typhus 

(901) 

Typhus- 

Alkohol 

Hiihner- 

typhus 

<D 

a 

In 

toe 

__o_ 

CD 

S3 -7 

jTyphus- 
| Alkohol , 

Huhner- 
j typhus 

© 

P 

-♦-» 

u 

toe 

O 

Typhus 

(901) 

Typhus- 

Alkohol 

Hflhner- 

typhus 

GSrtner 

1:25 

+ 

_ 

_ 

_ 

+ 

— 

+++\ 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

!+++ 

1:50 

+ 

— 

— 

— 

+ + 

± 

+ + ! 

+ + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

! + + + 

1:100 


* 

— 

— 

+ + 


± 

+ 

+ + + 

+ + 

+ + + 

++ 

1:200 

— 


— 

— 

+ 


— 

— 

+ + + 

+ + 

+ + 

+ 

1:500 

— 

— 

— 

— 

+ 

— 

— 

— 

+ + + 

— 

— 

— 

1:1000 

— 

— 

— 

— 


— 

— 

— 

+ + + I 

— 

— 

— 

1:2000 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

+ + + 

— 

— 

— 

1:5000 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

+ + 

— 

— 

— 

1:10000 

— 

— 

— 


— 

— 

— 

— 

++ 


— 

— 


Fall XVIII. 2. Woche 

6. Woche 

Titer 

Typhus 

(901) 

Typhus- 

Alkohol 

Hiihner- 

typhus 

Gartner 

Tvphus 

(901) 

Typhus- 

Alkohol 

Hiihner- 

typhus 

Gartner 

1:25 

_ 

_ 

++ 

++ 

+ + + 

+++ 

+++ 

+++ 

1:50 

± 

— 

++ 

++ 

+ + + 

+++ 

4*4-4- 

+++ 

1:100 


+ 

++ 


+ + ± 

+++ 

4- 

+ 

1:200 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ + 

4- 

— 

— 

1:500 

— 

— 

+ 

— 

+ 


— 

— 

1:1000 

— 

— 

— 

— 


— 

— 

— 

1:2000 

— 

— 

— 

— 

j 

— 

— 

— 

1:5000 


—r 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1:10000 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


Fall XIX. 3. Woche 


6. Woche 


Titer 

Typhus 

( 901 ) 

Typhus-; 

Alkohol 

■ 

Hiihner- 

typhus 

G artner 

Typhus 

( 901 ) 

Typhu8- 

AlKohol 

Hiihner- 

typhus 

Gartner 

1:25 

+ + + 

+ + + 

_ 

+++ 

+ + + 

+++ 

+++ 

+++ 

1:50 

4- 4* 4* 

4* 4* 4* 

4-4*4- 

+++ 

+ + + 

+++ 

+++ 

4-4*4- 

1:100 

+++ 

++ 

+ 4- 

+++ 

+ + + 

+++ 

+++ 

4*dt 

1:200 

+++ 

— 

+ 

++ 

+ + + 

++ 

++ 

+± 

1:600 

+++ 

— 

— 

— 

+ + + 

4- 4- 

4 * 

— 

1 : 1 OO 0 

++ 

— 

— 

— 

+ + + 


— 

— 

1 : 2000 

+ 

— 

— 

— 

+ + + 

— 

— 

— 

1 : 5 O 00 

— 

— 

— 

— 

+ + 

— 

— 

— 

1:10000 

— 

— 

— 

— 

+ 

— 

— 

— 


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Bernblum, Vergleiehende Untersuchungen der von Ziehl-Neelsen etc. 23 


Von den scbliefilich der 3. Gruppe angehfirigen, also Afters unter- 
suchten FSllen (Tabelle IV) ist besonders bei Fall XI ein deutliches 
Ansteigen nicht nur der grobflockenden, sondern auch der kleinflockenden 
Agglutinine ersichtlich. Die restlichen F&lle weisen in spSteren Krank- 
heitsterminen ein stfirkeres Auftreten der kleinflockenden Agglutinine auf. 

Zusammenfassung. 

Es ergibt sich mithin aus diesen Untersuchungen, daB es, ebenso 
wie bei den kflnstlich erzeugten Immunseren, auch bei der natflrlichen 
Infektion der Typhus zu einem Auftreten von groB- und kleinflockenden 
Agglutininen kommt, daB in voller Uebereinstimmung mit ersteren auch 
hier die kleinflockenden Agglutinine meist in einer wesentlich niedrigeren 
Konzentration auftreten als die grobflockenden, und es hat den Anschein, 
daB erstere sich im weiteren Verlaufe der Erkrankung in stSrkerem 
MaBe ausbilden. Praktische Vorteile aus dieser Methode werden sich 
ergeben, bis wir die MSglichkeit haben werden, Paratyphus nach dieser 
Richtung hin zu untersuchen, denn es steht anzunehmen, worauf auch 
schon Weil und Felix hingewiesen haben, daB aus dem Aussehen der 
Agglutination bei den Paratyphen die Hauptagglutinine von den Mit- 
agglutininen zu trennen sein werden, was in diagnostischer Hinsicht 
dann wertvoll sein wird, wenn sich die Erkrankung in einem vor- 
geschrittenen Stadium befindet, in welchem wir die Erreger nicht mehr 
zuchten kAnnen. 


Nachdruck verboien. 

Yergleichende Untersnclmngen der von Ziehl-Neelsen, 
Gasis-Telemann, Kronberger, Unna-Pappenheim 
nnd Konrich angegehenen Farbemethoden zum Nach- 
weis von Tuberkelbazillen. 

[Aus der III. medizin. Klinik der Universit&t Berlin (Direktor: 
Geheimrat Prof. Goldscheider).] 

Von Dr. Wilhelm Bernblum. 

Trotzdem eine grABere Anzahl von Methoden zur Darstellung des 
Tuberkelbazillus angegeben ist, hat bisher nur die altbew&hrte Methode 
nach Ziehl-Neelsen die erste Stelle eingenommen. Ich habe es auf 
Anregung des Herrn Dr. Herzfeld im folgenden unternommen, eine 
Reihe von Methoden, die zum Teil neueren Ursprungs sind, mit der 
Zieh 1-Neel sen schen F&rbung auf ihre praktische Verwertbarkeit hin 
zu vergleichen. 

Diese Methoden sind: 

1) Die nach Gasis mit der Modifikation von Telemann, 2) die 

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24 


Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1, 


nach Eronberger, 3) die nach Unna und Pappenheim und 4) die 
Methode nach Eon rich. 

Die Ausffihrung dieser Methoden ist folgende: 

1) Die Farbung nach Ziehl-Neeleen: 

Man farbt mit unverdiinntem Karbolfuchsin fiber der Flamme bis zur Dampf- 
entwicklung, entfarbt in 3-proz. Salzsaure&lkohol und farbt mit 1-proz. wasseriger Me- 
thylenblauidsung nach. Wasserspfilung. 

2) Farbung nach Gasis-Telemann: 

Man farbt mit unverdiinntem Karbolfuchsin uber der Flamme bis zur Dampf- 
entwicklung, entf&rbt mit einem Aikali-Alkoholgemisch (1 Teil 30-proz. Kalilauge, 3 Teile 
60-proz. Alkohol). Nachfarbung 2—3 Sek. mit einer Methylenblaulosung, die foigender- 
maflen hergestellt wird: 1 g kristallis. Methylenbiau, 10 ccm absol. Alkohol) l / 2 ccm 
Salzsaure, §0 ccm Aqua destillata. Wasserspulung. 

3) Farbung nach Kronberger: 

Man farbt mit unverdiinntem Karbolfuchsin gelinde fiber der Flamme bis zur 
ersten schwacheu Dampfbildung. Entfarbung durch 15-proz. Salpetersaure. Abspfiien 
mit 60-proz. Alkohol. Aufgiefien von offiz. Jodtinktur, aie mit dem 4-fachen Volumen 
60-proz. Alkohol verdfinnt ist. Starker Wasserstrahl. 

4) Farbung nach Unna-Pappenheim: 

Farbung in bis zum Sieden erhitzten Karbolfuchsin. Ablaufenlassen des fiber- 
schussigen Karbolfuchsins. Ohne Abwaschung Entfarbung und Gegenfarbung durch 
3—5mmiges Eintauchen und langsames Abfliefienlassen der Farblosung, die auf folgende 
Weise bereitet wird: In 100 Teiten absol. Alkohols wird 1 Teil Korallin und dann mit 
Methylenbiau bis zur vollstandigen Sattigung hinzugefugt; diese Losung wird mit 
20 Teilen Glyzerin versetzt. Kurze Wasserspiuung. 

5) Farbung nach Konrich: 

Farben */, bis 2 Min. in heiOem Karbolfuchsin. Kraftig Abspfiien mit Wasser. 
Entfarben mit 10-proz. Natriumsulfitlosung bis zur volligen Entfarbung. Abspfiien mit 
Wasser. Nachfarben l /< bis X L Min. mit wasseriger Malachitgrfinlosung (gesattigte 
wasserige Malachitgrfinlosung 50 + 100 Wasser). 


Als phthisisches Material ist menschliches Sputum verwandt worden. 
Zu den Untersuchungen wurden fiber 400 Prfiparate angefertigt und 
durchgesehen. In der am SchluB befindlichen Tabelle sind 15 Sputa 
ausgewfihlt worden, die zur Demonstration der Untersuchungsergebnisse 
beitragen sollen; sie decken sich vollkommen mit den bei den fibrigen 
Sputa gefundenen Ergebnissen. 

Von den ffir die Tabelle ausgewahlten Sputa sind ffir jede der 5 Fftrbe- 
methoden 2 Prfiparate angefertigt worden. 

Bei jedem Prfiparat wurden 25 Gesichtsfelder durchgesehen und die 
darin befindlichen Tuberkelbazillen ausgezfihlt. 

Auf Grund dieser Untersuchungen soil festgestellt werden, welche 
dieser 5 Methoden ffir den Arzt am bequemsten, einfachsten und schnell- 
sten ausffihrbar ist und zu den besten Resultaten fflhrt. 

Was die Technik der Farbung nach Ziehl-Neelsen anbetrifft, 
so ist sie einfach und kann in wenigen Minuten ausgeffihrt werden. 

Das mikroskopische Bild in den nach Ziehl-Neelsen geffirbten 
Prfiparaten ist ein sehr klares: die rotgeffirbten Tuberkelbazillen heben 
sich deutlich von dem blauen Untergrund und den Mischbakterien ab. 

Es kann zusammenfassend gesagt werden, daB die Ziehl-Neelsen- 
Ffirbung nicht mit Unrecht die Methode zur Darstellung der Tuberkel¬ 
bazillen ist, die bisher allenthalben angewandt wird. Es mfiBte daher 
eine andere Methode deutliche Vorteile bieten gegenfiber der von Ziehl- 
Neelsen, wollte sie letztere verdrfingen. 


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Beroblum, Vergleichende Untereuchungen der von Ziehl-Neelsen etc. 25 


Farbung nach Gasis-Telemann: 

Mit dieser Farbemethode kann man recbt klare Bilder erhalten: die 
rotgef&rbten Stabchen heben sich gut von dem grflnlich-blauen Unter- 
grunde ab, in den Fallen von Mischinfektion ist eine Verwechslung aus- 
geschlossen. Es stimmt also in diesem Punkte die Ziehl-Neelsen- 
sche Methode mit der von Gasis-Telemann empfohlenen (lberein. 
Es ist jedoch nicht zn leugnen, daB die Gasis-Telemannsche F9.r- 
bung gewisse Schwierigkeiten in der Ausfiihrung bietet, and daB sicb 
sich infolgedessen Fehler einstellen kOnnen, die einen Verlust von Tu¬ 
berkelbazillen bedingen: Zur Entfarbnng bedarf man eines zusammen- 
gestellten Alkali-Alkoholgemisches, das haufiger ernenert werden muB, 
um seinen Zweck zu erftillen. Wahrend man bei der Ziehl-Neel sen- 
scben Methode mit der iiblichen MethylenblaulSsung nachffirbt, benStigt 
man hier eines zusammengesetzten Farbstoffes. Bei meinen Vergleichs- 
praparaten habe ich niemals beobachten kbnnen, daB in den Fallen, wo 
Ziehl-Neelsen negativ war, die Gasis-Telemannsche Farbung 
Bazillen sichtbar machte. 

Farbung nach Kronberger: 

Diese scheint mir in ihrer Brauchbarkeit am wenigsten von alien 
hier in Frage stehenden Methoden imstande zu sein, der Methode Ziehl- 
Neelsen auch nur an die Seite gestellt zu werden. Die Tabelle zeigt 
uns, daB in einigen Praparaten (1 und 12), wo nach den anderen Me¬ 
thoden Tuberkelbazillen gefunden wurden, nach Kronberger keine 
nachgewiesen werden konnten. Anch in fast alien anderen Praparaten 
bleibt die Zahl der gefundenen Tuberkelbazillen nach Kronberger 
hinter der nach den anderen Farbemethoden vorhandenen wesentlich 
zur tick. 

Die Technik ist ebenfalls weniger vorteilhaft als nach Ziehl-Neel¬ 
sen, da eine doppelte Entfarbung, zuerst in 15-proz. Salpetersaure, 
dann in 60-proz. Alkohol vorgenommen wird. 

Im mikroskopischen Bilde vermissen wir bei Kronberger jeden 
Kontrast: Tuberkelbazillen rot, die Umgebung gelb-rbtlich. Es ist ohne 
weiteres klar, daB das Auffinden der Tuberkelbazillen hierdurch sehr 
erschwert ist. 

Farbung nach Unna-Pappenheim: 

Das mikroskopische Bild zeigt einen guten Kontrast der rot ge- 
farbten Tuberkelbazillen gegen die blaue Umgebung. Ein Blick auf die 
Tabelle zeigt uns jedoch, daB die Zahl der nach Unna-Pappenheim 
gefundenen Bazillen bei alien Praparaten, mit Ausnahme des Prkpa- 
rates 2, zum Teil sogar wesentlich hinter der nach Ziehl-Neelsen 
gefundenen Bazillen zurttckbleibt. Dieser Grund dflrfte allein schon 
genilgen, nicht die altbewahrte Methode Ziehl-Neelsen zugunsten 
der Farbung nach Unna-Pappenheim zu verlassen. 

Nun kommen wir zu der Methode, die es durchaus wagen darf, mit 
der Methode Ziehl-Neelsen den Kampf um den Vorrang aufzunehmen, 
zur Methode Konrich. 

K on rich selbst sagt, daB seine Methode aus dem Wunsche ent- 
standen ist, den Alkohol moglichst auszuschalten, wegen seines hohen 
Preises und um ihn an anderer Stelle, wo notwendiger, zu verwerten. 

Der Methode Konrich und Ziehl-Neelsen gemeinsara ist die 
erste Farbung mit Karbolfuchsin. 

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26 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


Die Entf&rbung vollzieht sich bei K on rich (lurch Reduktion des 
Fuchsins vermittels einer 10-proz. NatriumsulfitlSsung. Diese Entfkrbung 
hat auBer der Ersparnis des Alkohols noch den Vorteil, daB das Natrium- 
sulfit auch bei sehr langer Einwirkung, selbst von 24 Std. an die Tu- 
berkelbazillen nicht herankommt. 

Ein kleiner Nachteil der Entfarbung ist der, daB die Natriumsulfit- 
ldsung durch Aufnahme von 0 aus der Luft in einigen Tagen in Sulfat 
fibergeht und so an reduzierender Kraft verliert; die EntfSrbungskraft 
der 10-proz. Losung dauert 8—10 Tage. Es ist jedoch eine sehr geringe 
Mtthe, besonders bei der leichten Loslichkeit des Salzes, sich die Losung 
hfiufiger frisch herzustellen. Das Gelingen der Praparate wird fibrigens 
nicht beeinfluBt, wenn zur EntfSrbung st&rkere Losungen verwandt 
werden. 

Zur Nachffirbung mit Malachitgriin an Stelle des Methylenblau sagt 
Konrich: „Dies geschieht aus 2 Griinden, einmal weil unser Auge 
den Farbengegensatz rot-griin am besten und leichtesten sieht, und 
zweitens, weil das Malachitgriin zur Darstellung von Bakterien vermfige 
seiner geringen Ffirbekraft weniger geeignet und deswegen bisher dazu 
auch nicht verwendet worden ist. Denn es farbt durchgehends zu 
schwach. Das ist aber in Auswurfspr&paraten gerade nfltzlich, weil 
aufier den dunkelgefarbten, ganz scharf umgrenzten Tuberkelbazillen 
alles andere, auch die fibrigen Bakterien, nur leicht, gewissermaBen ver- 
waschen grfln gefarbt sein sollen.“ 

Die Durchsicht von fiber 400 Prfiparaten IfiBt mich die von Kon¬ 
rich selbst erwfihnten Vorzfige seiner Methode durchaus bestatigen. 
Das Auge empfindet es direkt als eine Erholung. wenn es aus dem 
Kontrast rot-blau heraus in das rot-grfine mikroskopische Bild schaut. 
Der Farbengegensatz rot-grfin strengt das Auge selbst bei kfinstlicher 
Beleuchtung fast gar nicht an. Dieser Vorteil muB unseres Erachtens 
sehr hoch bewertet werden. Haben wir z. B. ein Prfiparat vor uns mit 
sehr vereinzelten Bazillen, die nicht gleich in den ersten Gesichtsfeldern 
gefunden werden, so tritt bei dem Kontrast rot-blau eine schnellere Er- 


Tabelle. 


Sputum 

Nr. 

Ziehl- 
N eelsen 

Gasis- 

Telemann 

Kron- 
* berger 

Unna-Pappen- 

heim 

Konrich 

Praparat 

Praparat 

Praparat 

Praparat 

Praparat 


i 

ii 

i 

II 

i 

ii 

i 

ii 

i 

H 

1 

1 

7 

io ! 


_ 



4 

2 

19 

2 

4 

7 

15 ! 

1 17 

— 

14 

16 

17 

10 

32 

3 

A 

9 

— 

— 

6 

— 

— 

2 

— 

27 

18 

4 

5 

24 

25 

32 

4 

28 

2 

17 

22 

_ 

43 

6 

17 

12 

32 

23 

36 

9 

15 

13 

42 

34 

7 

96 

88 

92 

82 

90 

— 

26 

— 

— 

102 

8 

55 

70 

— 

— 

36 

50 

44 

56 

140 

162 

9 

47 

102 

92 

76 

82 

— 

36 

42 

199 

186 

10 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

11 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

12 

42 

4 

1 

— 

2 

5 

3 

— 

7 

9 

13 

— 

27 

— 

37 

— 

— 

12 

7 

16 

41 

14 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

15 

— 

21 

1 ” 

1 " 

16 

i 

— 

11 

9 

19 

36 


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Fieiifer u. Robitschek, Neues Tuberkelbazillenanreicherungsverfahren etc. 27 


mfldung des Auges auf Kosten des genaaen Ergebnisses der Unter- 
suchung ein. 

Unter den Prfiparaten befinden sich solche, die in geradezu be- 
stechender Weise ftlr die Methode Konrich sprechen. Derartige Prfl- 
parate erleichtern durch den doppelten Gegensatz, den der Farbe: 
Tuberkelbazillen rot, alles flbrige grfln, und zweitens den des Umrisses: 
Tuberkelbazillen scharf umgrenzt, alles flbrige verwaschen, das Durch- 
mnstern der PrSparate und das Herausfinden besonders vereinzelter 
Bazillen ganz wesentlich. 

Die Tabelle zeigt, daB nach der Methode Konrich bei fast alien 
Prflparaten mehr Tuberkelbazillen gefunden wurden als nach den anderen 
Methoden. 

Aus diesen Vorteilen der Methode Konrich heraus verdient sie es 
wohl, der Methode Ziehl-Neelsen ebenbflrtig an die Seite gestellt, 
wenn nicht ihr vorgezogen zu werden. 


Nachdruck verboten. 

Ein neues TuberkelbazillenanreiclieningsYerfaliren mit 

Mastkemulsion, 

[Aus der I. medizinischen Abteilung des Krankenhauses Wieden, in 
Wien (Vorstand: Primfirarzt, Regierungsrat Prof. Dr. M. Sternberg).] 

Von Dr. Robert Pfeiffer, unter Mitarbeit von Dr. Walter Robitschek. 

Der Methoden zum Anreichern von Tuberkelbazillen gibt es bis 
heute eine Menge, von denen aber keine so recht das gehalten hat, was 
sie versprach. Die Mehrzahl der Methoden ist uuverlflBlich, d. h. sie 
fflrdert in vielen Fallen, bei denen man Tuberkelbazillen in Se- und 
Exkreten gem&B der klinischen Beobachtung des Falles erwarten wflrde, 
nicht eher Oder h&ufiger Bazillenbefunde zutage als die gewohnliche Aus- 
strichmethode, Oder aber es ist die Methode umstflndlich und bedarf 
einer eigenen Apparatur, so daB sie diese Begleitmomente hinderten, 
allgemein angewandt zu werden. Drittens, und nicht zuletzt, sind in der 
Jetztzeit viele Reagenzien so teuer oder schlecht, daB bei manchen der 
Erfolg der Methode aus diesen Grflnden zweifelhaft wird. Das letztere 
gilt z. B. von der bis vor wenigen Jahren flberall Qblichen Antiformin- 
methode, die vor dem Krieg auch fast immer gute Resultate lieferte, 
jetzt aber infolge minderer Qualitat des Pr&parates, das einem h&ufig 
zur Verfflgung steht, und infolge Verbrauchs von Alkohol ziemlich 
teuer und unverl&Blich wurde. Deshalb suchten wir nach einer Methode, 
die erstens in jedem kleineren Handlaboratorium ausgefflhrt werden 
kann, die relativ wenig umstandlich ist und die, wie wir glauben, gute, 
nach unserer unten angefflhrten Uebersicht die bisher besten Werte in 
bezug auf Anreicherung darbietet. 

Wenn wir vorernt die bisher gebrauchlichsten und geiibten Methoden der An¬ 
reicherung von Tuberkelbazillen kurz erwiihnen und zugleich nach ihrer Wertigkeit 
kritiach beleuchten wollen, so verdienen die Methoden der AntiforminaufschlieOung von 
Uhlenhuth und Xylander und die Fallungsmethode mit Eisenchlorid von 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. BcL 87. Heft 1. 


I) it thorn und Schultz nach unseren Erfahrungen vorden vielen anderen Methoden 
bei weitem den Vorzug. 

Als 2. bei uns immer mitvergiichene Methode heben wir die Eisenchloridfaliungs- 
methode nach Ditthorn und Schultz hervor, die wir, da die Originalmethode 
zwecke raacheren Ableitena eigene Metallsiebplatten, Quarzfilter und Saugpumpen vor- 
schreibt, fiir unsere Zwecke etwas modifizierten. 

Von anderen Methoden seien kurz erwahnt die von Eller man n und Erlandsen, 
die das durch Autolyse homogenisierte Sputum mit Natronlauge kochen, zentrifugieren 
und im Zentrifugat nach Bazillen suchen. Diese Methode bedient eich gleichzeitig 
mehrerer Kunstgriffe, die zur moglichsten Ausbeute an Tuberkeibazillen fiihrt: 1) ver- 
wendet sie das Digestions- rasp. Autolysationsverfahren, das vorwiegend von Spengler, 
Jousset, Philipp, Jochmann inauguriert wurde, mit Hilfe dessen die orga¬ 
nischen Substanzen durch fermentative Vorgange aufgelost und der Homogenisierung 
des Sputums leichte Bahnen gewiesen werden; 2) werden durch das Kochen mit Laugen 
die Fette verseift und gelost und auch dadurch einfachere physikalisch-chemische Be- 
dingungen fiir die Apposition der Tuberkeibazillen geschaffen, und 3) wirkt das Kochen 
an sich als Homogen isierungsprozeB, welche Methode vorwiegend von Dahmeu und 
von Hem pel ausgefuhrt wird. 

Als Fallungs-, resp. Appositionsmethode ware auch der von Lange und 
Nitzsche Erwahnung zu tun, die sich des Ligroins als fettldsenden Mittels bedient. 
Ebenso bedient sich Bernhardt des Ligroins. In die gleiche Gruppe diirfte die 
Methode von Hammerl und von Loeffler gehoren, der ebenfalls erst durch Anti- 
formin und Kochen aufschliefit, dann durch Ohloroformzusatz das fallende Moment er- 
reichen will. 

Diese Methoden, deren Aufzahlang keineswegs den Anspruch auf Vollstandigkeit 
erhebt, lassen sich im grofien und ganzen auf 3 Methoden reduzieren, die alle wieder 
darauf hinauslaufen, die organischen Substanzen, die weniger widerstandsfahig sind 
als der Tuberkelbazillus, zu vernichten, ohne den Bazillus selbst soweit zu schadigen, 
dafi er gar zu viel von seiner spezifischen, distinkten Farbbarkeit einbuBt. Das ge- 
schieht 1) durch Warmemethode; 2) durch Laugen- resp. Alkalimethoden und 3) durch 
fermentative Einwirkung auf organische Substanzen, wo die Tuberkeibazillen als 
die relativ meistresistente Masse am wenigston geschadigt sind. Endlich zeigen die 
Methoden Kombinationen der verschiedenen Vertahren. Was nun die kritische Unter- 
orduung der verschiedenen Methoden unter den hier in Frage stehenden Punkt der 
Veruichtung alles Organischen bei relativ gutem Bewahren des Tuberkelbazillus an- 
langt, so ist wohl der Autolysatmethode der Vorrang zu geben. Aber der Nachteil 
der Methode ist der, dafi es 1) sehr lange dauert, bis wirklich die ganze Masse des 
Untersuchungsmateriales geniigend gut homogenisiert ist, und daB man 2) gezwungen 
ist, mit widerlich faulen oder stinkendem Zeug zu arbeiten. 

Die Methode des Aufschliefiens durch Alkalien hat den Nachteil, daB die 
Tuberkeibazillen, sofern die Lauge nur etwas konzentrierter ist und langer einwirkt 
— und die raeisten Methoden brauchen Zeit — an ihrer Farbbarkeit groBe EinbuBe 
erleiden. Man sieht dann haufig in solchen Praparaten stabchenformige Gebilde, die 
infolge der geringen Tinktion unscharf begrenzt sind und nicht als Bazillen anerkannt 
werden konnen. Diesem Uebelstand sucht z. B. Miihlhauser durch eine Modifi- 
kation der Methode Eller man n und Erlandsen zu begegnen, indem er nur 
schwache Lauge nimmt (0,2 Proz.), nur kurze Zeit dieselbe einwirken laBt und rasch 
mit Essigsaure neutralisiert. 

Die realtiv beste Methode ist somit die Warmemethode, die wir 
auch zur Homogenisierung bei unserer Mastixmethode anwandten. Um 
nun zu unserer Methode zu kommen, sei vorerst das Technische der- 
selben erwahnt. 

Wir homogenisieren durch Erwarmen und Verdflnnen bloB mit 
Wasser. Dabei ist als kleiner Kunstgriff folgendes von Bedeutung: Die 
meisten Autoren geben an, daB man das Sputum mit einem Glasstab 
ofters umrflhren muB. Dies geniigt offensichtlich nicht. Wir gehen 
dabei so vor, daB wir das Sputum, das mit der 3-fachen Menge Wassers 
verdunnt ist, in einen Erlenmeyer-Kolben bringen, am Wasserbad 
erhitzen und wiederholt fest umschiitteln. Dadurch braucht man nicht 
so lange zu kochen, zerstort daher die Tuberkeibazillen immerhin weniger 
und bekommt viel eher eine gleichformige, milckigweifie, homogene 
Flussigkeit, als beim bloBen Umruhren. Als Fallungs-, resp. Apposi- 

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Pfeiffer u. Robitschek, Neues Tuberkelbazillenaareicherungsverfahren etc. 29 


tioosmittel verwenden wir eine verdflnnte, in Wasser eingeblasene Mastix- 
losung, wie sie bei Kolloidreaktionen, beispielsweise des Liquors cerebro- 
spinalis, gebraucht wird. Diese Losung wird, flhnlich den Vorschriften 
Emanuels (Berlin, klin. Wochenschr. 1915. Nr. 30) hergestellt, wobei 
es keineswegs auf die feinen Unterschiede des rascheren Einblasens der 
Mastixlbsung ins Wasser, oder des tropfenweisens Eintragens derselben 
ins Wasser, wie die ausschlaggebenden Versuche Sachs (Berlin, klin. 
Wochenschr. 1916. Nr. 25) fflr die Ausflockung von kolloidalen Korpern 
durch Salzlosungen zeigten, ankommt, sondern wir setzen Mastixlosung 
zu, am einen ganz fein verteilten gleichmaBig in die homogenisierte 
Flttssigkeit sich ausbreitenden, flockenformigen Niederschlag zu erzeugen, 
an dessen Partikelchen die Bazillen sich apponieren sollen, um dann 
beim Ausschleudern in der Bodenschicht aufgefunden werden zu konnen. 
Die Mastixstam m lb sun g ist eine 10-proz., in absolutem oder stark 
konzentriertem Alkohol hergestellte Losung, die einige Stunden nach der 
Auflosung filtritrt wird und unbegrenzt haltbar ist. Die Mastixge- 
brauchsldsung wird hergestellt, indem man 0,5 ccm StammlSsung 
mit 4,5 ccm absol. Alkohol verdtinnt und in 20 ccm destill. Wasser 
einbl&st. Es ist am vorteilhaftesten, das Einblasen aus einer mafiig- 
weiten Pipette in einen kleinen Kochkolben, in dem die 20 ccm H s O 
sich befinden, unter gleichmSBigem ZuflieBen zu vollfflhren, doch sind 
keineswegs, wie bereits erwflhnt, besondere VorsichtsmaBregeln einzu- 
halten. Auch ist diese rfltlich-milchigweiBe Flflssigkeit ohne weiteres 
2—3 Wochen haltbar und braucht nicht jedesmal frisch hergestellt zu 
werden. Dies ist die ganze Vorbereitung und das einzige Reagenz 
unserer Methode. Dieselbe gestaltet sich also folgenderweise: 

Wir uehmen ca. 50 ccm Sputum, verreiben es mit der 3-fachen 
Menge destill. Wassers, setzen dieses Gemisch in einem Erlenmeyer- 
Eolben auf Wasserbad und erhitzen es unter fortwflhrendem Schfltteln 
und Umrflhren bis fast zur vollstflndigen Homogenisierung. Dies braucht 
ungefflhr V* Std. Dann nehmen wir 8 ccm Sputum wassergemisch, 
setzen 2 ccm unserer Mastixgebrauchsldsung zu, und zwar machen wir 
dies in einer graduierten Sedimentiereprouvette, stellen dieselbe flber den 
Tag in den Brutschrank und lassen langsam absetzen. Nach ungef&hr 
24 Std. zentrifugieren wir. Aus dem Zentrifugatbodensatz streichen wir 
gewohnlich 3 Objekttrflger, und zwar einen aus der obersten Trennungs- 
schicht, die zwischen dem flflssigen Anteil des Eprouvetteninhaltes und 
der festen Schicht besteht. Der Niederschlag bildet namlich eine weiBe, 
krumelige Masse, in der die Bakterien zu finden sind. Manchmal sind 
sie ganz zu oberst an der Sedimentierschicht, manchmal ganz am 
Boden. Zuweilen, jedoch sehr selten, in den mittleren Anteilen der 
festen Masse. Deshalb machen wir auch aus den verschiedenen Tiefen 
des Sedimentrflckstandes verschiedene Pr&parate. Gewbhnlich findet 
man am leichtesten und sichersten im tiefsten Bodensatz die Bazillen, wes- 
halb wir auch immer zuerst dieses PrSparat durchmustern. Woran es 
liegt, daB die Apposition der Tuberkelbazillen sich so verschieden verhalt, 
konnten wir nicht eindeutig erklaren, gehQrt auch gar nicht zum Thema 
unserer Abhandlung. 

Die Methode ist, was frflher erw&hnt wurde, sowohl hinsichtlich der 
Behelfe, deren sie sich bedient, wie der Manipulationen, die sie not- 
wendig hat, und zuletzt bezflglich der Reagentien, die man aufzuwenden 
hat, recht einfach. Zeitraubend insofern, als sie nicht gleich, in Fallen, 
wo man ein Resultat erwartet, dasselbe zutage fordert. Aber bei 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


Tuberkulose, einer eminent cbronischen Erkrankung, kommt es ja in 
den seltensten Fallen vor, dad man das Ergebnis einer bakteriologischen 
Untersuchung sofort notig hat. Man kann das Verfahren zwar auch 
abklirzen, indem man nach Zusatz von Mastixlosung zu dem homogeni- 
sierten Sputum das Gemisch langsam in der Zentrifuge durch 1 / t bis 
s / 4 Std. ausschleudert. Jedoch scheinen uns die Resultate nicht so sicher 
und ergebnisreich, wie bei der „natOrlichen tt Sedimentierung. Das scheint 
mit ein Grund, vielleicht der Hauptgrund, zu sein, warum unsere Me- 
thode uns bessere Resultate ergeben hat, als die anderen FSllungs- 
raethoden. Die Bazillen haben augenscheinlich bessere Gelegenheit, an 
diese kleinsten korpuskularen Elemente sich anzugliedern, eine Art 
Agglutination um dieses Partikelchen von Mastix zu bilden, das wahr- 
scheinlich eine Art Attraktionszentrum fflr die Bazillen ist. Dadurch 
wird bei dem nachtrSglichen Zentrifugieren die Ausbeute an positivem 
Bodensatz reicher und leichter auffindbar, wie unsere unten dargestellten 
Vergleichswerte dies zeigen. Wenn wir aber gleich nach Zusatz von 
Mastixlosung zentrifugieren, so werden die Bazillen mit den der Zentri- 
fugalkraft folgenden korpuskularen Elementen einfach dort, wo sie in 
die Flugbahn solch feinster Teilchen hineingeraten, an das spitze Ende 
der Eprouvette getrieben und linden lange nicht so leicht und reichlich 
den Weg an den Bodensatz der Eprouvette. Ein Zweites, warum der 
Ertrag der Ausfailung durch MastixlSsung reicher ist, als bei den 
tlbrigen FSllungsverfahrungen liegt vielleicht an der Mastixldsung selbst. 
Sie ist ja eine so fein verteilte, dafi es vielleicht daran gelegen sein 
mag, dafi sie eher die Bazillen zur Ffillung und Anreicherung bringen 
kann. 

Etwas, was wir noch zugunsten unserer Methode anfQbren wollen 
und was man hauptsfichlich bei der Antiforminmethode als Uebelstand 
kennen zu lernen Gelegenheit hat, ist, dafi der Aufstrich des PrSparates 
beira FSrben und EntfSrben absolut hfi.lt. Durch Verdunsten des Alko- 
hols beim Trocknen des Ausstriches klebt das PrSparat durch Mastix 
fest, welches Mastix, wenn es im Ueberschufi vorhanden ist, beim Ent¬ 
fSrben mit Alkohol gSnzlich entfernt wird. Man hat es keineswegs n&tig, 
wie etwa beim Antiformin, oft jedoch auch beim gewbhnlich mit Wasser 
homogenisiertem Serum Klebemittel auf den ObjekttrSger zu streichen, 
die die FSrbbarkeit des PrSparates nur beeintr&chtigen. 

Wir geben nun in tabellarischer Uebersicht Vergleichsresultate 
unserer Methode mit anderen Anreicherungsverfahren und gewdhnlichen 
AusstrichprSparaten kurz wieder. Wir haben bei unseren Durchmuste- 
rungen der PrSparate in jedem einzelnen ausgezShlten PrSparat 100 Ge- 
sichtsfelder genauest durchgemustert, haben uns das Ergebnis Shnlich 
wie es Czaplewski getan hat, als einen Bruch aufnotiert, in dessen 
Zahler 2 Zahlen sind, von denen die eine die kleinste gefundene Zahl 
an Bakterien, die andere die Maximalzahl der Bazillen in einem Ge- 
sichtsfeld ausdriickt. So bedeutet 0—5, dafi in einem Gesichtsfeld des 
PrSparates von 100 durchmusterten Gesichtsfeldern als grofite Zahl der 
in einem Gesichtsfeld gefundenen Bazillen 5, jedoch Gesichtsfelder ohne 
jeglichen Bazillus sich ebenfalls vorfanden. Das besagt die Zahl 0. Das 
Zeichen 00 heifit, dafi wir in einem solchen PrSparate maximal in einem 
Gesichtsfelde so viele Bazillen vorfanden, dafi wir sie nicht zShlen 
konnten. Der Nenner zeigt die Anzahl der Gesichtsfelder. In der 
2. Teilkolonne unserer Tabelle linden wir wieder Bruche, in denen der 
Zahler die Summe der in 100 genau ausgezahlten Gesichtsfeldern auf- 

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Pfeiffer a. Robitschek, NeueeTaberkelbazilienanreicherangsverfahren etc. 31 


gefundenen Bazillen anzeigt, der Nenner wieder die Zahl der Gesichts¬ 
felder. Die 3. Teilkolonne zeigt eine einfache Zahl, den Index der 
negativen Gesichtsfelder. Und darauf legen wir eigentlich unser Haupt- 
angenmerk. 

Es ist klar, dafi der Wert einer Methode zur Anffindung von Ba¬ 
zillen nm so hdher anzuschlagen ist, je weniger Gesichtsfelder sich 
finden, in denen tiberhaupt keine Bazillen zu finden sind. Denn nicht 
darauf kommt es an, ob im Gesichtsfeld 5 Oder 8 Oder mehr Bazillen 
sind, sondern der Fall wird zu einem bazillenpositiven durch die An- 


Tabelle I. 


Name 

Ausstrich 

| Mastix 

i 

Geaichte- 

feld 

100 

Geeichts- 
f elder 

negativ 

Gesichts- 

feld 

100 

Gesichta- 

felder 

negativ 

Nr. 

H. J. 

0 

0 

100 

0—5 

66 

60 

1 


1 

100 


1 

100 



E. Z. 

0-16 

103 

41 

6—16 

301 

9 

2 


1 

100 


1 

100 



8. G. 

0-1 

4 

96 

0—3 

13 

93 

3 


1 

100 


1 

100 



A. J. 

0 

0 

100 

0-1 

3 

97 

4 


1 

100 


1 

Ioo 



E. K. 

0-8 

70 

76 

0—14 

203 

26 

5 


1 

100 


1 

100 



J. 8. 

0-1 

1 

99 

0-8 

27 

91 

6 


1 

100 


1 

100 



R. M. 

0 

0 

100 

0-5 

30 

84 

7 


1 

100 


1 

100 



E. F. 

0—14 

513 

5 

0 

0 

100 

8 


1 

100 


1 

100 



B. V. 

0—14 

521 

3 

2-46 

1265 

0 

9 


1 

100 


1 

100 



0. R. 

0—11 

227 

14 

4—oo 

oo 

0 

10 


1 

100 


i 

loo 



T. 8. 

0-20 

145 

63 

0-32 

114 

68 

11 


1 

100 


1 

100 



P. F. 

0-7 

83 

63 

0-11 

172 

26 

12 


1 

100 


1 

100 



T. S. 

0—22 

510 

9 

0-13 

345 

8 

13 


1 

10O 


1 

100 



0. M. 

0—3 

140 

40 

11—50 

2610 

0 

14 


nr 

100 


1 

100 



8. R. 

0—7 

43 

72 

0-3 

24 

81 

15 


1 

100 


1 

100 



K. Z. 

0—9 

56 

67 

0-16 

492 

2 

16 


1 

100 


1 

100 



T. B. 

0-7 

135 

53 

0-10 

145 

27 

17 


1 

100 


1 

ioo 




Vergleichsergebnisse zwiechen gewohnlichem Ausstrich und Anreicherung mit 
Mas til. 

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32 


Centr&lbl. L Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


wesenheit anch nur eines sicheren und eindeutigen St&bchens gekenn- 
zeichnet; und wenn wir nun unter 10 durcbsuchten Gesichtsfeldern bei 
der einen Metbode 3 positive Gesichtsfelder mit zusammen 25 Bazillen 
haben, bei der anderen Methode jedoch 5 positive Gesichtsfelder mit 
vielleicht nur 15—20 Bazillen, so gebtthrt der 2. Methode entschieden 
der Vorrang. Denn es wird viel weniger oft ein PrSparat als negativ 
aus der Hand gelegt werden, bei dem weniger negative Gesichtsfelder 
zu linden sind. Man durchmustert bei einem Praparat einige Gesichts¬ 
felder, wenn man gerade nicht besonders sorgfaltig sucht, und legt es, 
sofern sich keine Bazillen gefunden haben, als negativ beiseite. Sind 
also bei einem Ausstrich 20 Proz. positive Gesichtsfelder, so heifit das, 
daB man unter 5 durchsuchten lmal auf einen positiven Befund kommt. 

Die Tabelle (S. 31) zeigt nun vorstehende Gegenflberstellung. 

Aus Raumersparnisgrtinden kfinnen die urspriinglich geplanten 
6 Tabellen nicht wiedergegeben werden, aus denen die Ueberlegenheit 
der Mastixfailmethode gegeniiber der Eisenchlorid- und sonstigen Homo- 
genisierungsverfahren hervorgehobeu wflrde. Als zusammenfassender 
Beweis seien folgende Zahlen noch kurz angefiihrt. Bei 3000 genauest 
durchmusterten Gesichtsfeldern ergab der Ausstrich 978 (32,6 Proz.) 
positive, das Mastix 1618 (53,9 Proz.) positive. Noch weit Qberlegener 
zeigen sich aber die negativen Resultate. Da stehen 2022 (67,4 Proz.) 
negative Gesichtsfelder des gewohnlichen Ausstriches 1382 (46,1 Proz.) 
negative bei der Mastixmethode gegeniiber. 


Zusammenfassend ergibt sich also, daB unsere Methode der An- 
reicherung durch Hitzehomogenisierung und darauf folgende F&llung 
durch Mastixlosung bessere Resultate ergibt als die bisher gebrauch- 
lichen. Sie ist relativ einfach, bedarf keiner speziellen Apparatur und 
arbeitet mit billigen nnd derzeit ttberall erh&ltlichen Reagentien. 


Literatiur. 

Bernhardt, Deutach. med. Wochenschr. 1909. 8. 1428. — Dahmen, Munchen. 
med. Wochenschr. 1891. H. 42. — Ditthorn u. Schultz, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 
Orig. Bd. 79. S. 166. — Eller man n u. Er land sen, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 61. S. 219. 
— Hammerl, Munchen. med. Wochenschr. 1909. S. 1955. — Haserodt, Hyg. 
Rundsch. 1909. S. 699. — Hempl, Inaug.-Dissert. Leipzig 1902. Ref. — Koslow, 
Berlin, klin. Wochenschr. 1910. S. 1181. — Lange u. Nitsche, Deutsch. med. Wochen- 
schrift. 1909. S. 435. — Loeffler, Ebenda. 1910. S. 1987. — Lorenz, Berlin, klin. 
Wochenschr. 1911. S. 118. — Uhlenhuth u. Xylander, Arb. a. d. Kais. Gesh.* 
Amt. Bd. 32. 1909. S. 158; Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Beil. Bd. 42. S. 62. 


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Feinmann, Die Flecktyphusepidemie in Riga in den Jahren 1918—1920. 33 


Nachdruck verboten. 


Die Flecktyphusepidemie in Riga in den Jahren 1918—1920. 

[Aq 8 der Infektions-Abteilung des I. Stadtkrankenhauses zo Riga 
in Lettland (Oberarzt Dr. E. Rosenthal).] 

Von Dr. S. Feinmann. 


Die Flecktyphusepidemie wurde nach Riga aus Rufiland eingeschleppt, 
nahm daselbst recht groBe Dimensionen an, und ungef&hr 12,5 Proz. der 
gesamten BevOlkerung (25000 Personen) waren Opfer dieser Krankheit. 
Aus dieser Zahl waren 2329 Personen Patienten unserer Abteilung. 
Unsere ersten Pat. waren FlQchtlinge aus RuBland. Bald aber hatten 
sich bei uns neue Epidemieherde gebildet, z. B. die Quarantine selbst, 
dann die Gefingnisse, die wihrend der Bolschevikenherrschaft uberfiillt 
waren; ferner die Armenbauser, Konzentrationslager fflr Kriegsgefangene. 
Ein Teil der BevOlkerung hatte mehr als die andeien von der Epidemie 
zu leiden, so z. B. Aerzte, Schwestern, W&rterinnen und alle, die mit 
Kranken in engere Berflhrung kommen muBten. Unter unseren 2329 
Fallen hatten wir 9 Aerzte (f 2), 24 Schwestern (f 2), 86 W&rterinnen 
und Knechte (f 10); also 5 Proz. der gesammten Krankenzahl. 

Die Jahreszeit hatte verhiltnismiBig wenig EinfluB auf die Dimen¬ 
sionen der Epidemie, dagegen viel mehr die Bolschevikenherrschaft, 
wihrend der die Krankenzahl besonders hoch war, und zwar scheinbar 
unabhingig von der Jahreszeit und dem Geschlecht. Unter unseren 
Pat. war die Zahl der Manner nur wenig grfiBer als die der Fr&uen 
(1210: 1119). 

Dagegen hatte das Alter scheinbar gewissen EinfluB, indem die 
Seuche unter 15—30-jihr. Leuten besonders stark auftrat, wogegen die 
Zahl der fleckfieberkranken Kinder, besonders vor ihrem 5. Lebens- 
jahre, verhaltnismiBig klein war; jedoch blieb kein Lebensalter ganz 
von der Krankheit verschont. In 3 Fallen baben wir Wiederholung der 
Krankheit beobachtet: 


Der 1. Fall betraf eine 41 Jahre alte Frau, die 1889 fleckfieberkrank gewesen 
war. (1m Archive wurde ihre Krankengeschichte vorgef unden.) Die 2 n ache ten Fa lie 
betrafeu Personen, die vor 1 resp. l*/ s Jahren Flecktyphus durchgemacht hatten und 
jetzt zum 2. Mai daran erkrankten. 


Diese F&lle verliefen verhaitnismaBig leicht, ohne jegliche Kom 
plikationen. 


In 3 Fallen konnten wir eine Dauer des Inkubationsstadiums von 12 Tagen fest- 
stellen. 

Die Krankheit begann gewohnlich mit Kopf-, VVaden-, Gliederschmerzen, Appetit- 
losigkeit, Temperaturerhohung und Schlaflowigkeit. Der Zustand verschlimmerte sich 
allmahlich una am 3.-4. Tage suchten die Pat. gewohnlich das Bett auf. Am 5. Tage 
begann gewbhnlich die Eruption, mit deren Eracheinung die quiilenden Kopfachmerzen 
meiat achwanden. Spater kam oft grode Somnolenz oder Bewulitloaigkeit, Delirium 
hinzn. Die Temperatur blieb die gunze Zeit erhoht. der Puls beschleunigt, spater 
weich; Zunge trocken, belegt, die Conjunctivae injiziert. Mitte oder Ende der 2. Woche 
begann eine beechleunigte Lysis — und in 2—3 Tagen wurde die Temperatur normal, 
die Rekonvaleezenz trat ein. 


£nt« Abt. Orig. Bd. 87. 

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Heft 1. 


3 

Qrifinal frem 

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34 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 1. 


Die typische Temperaturkurve war ahnlich der Abdominaliskurve unter Wegbleiben 
des amphibolen Stadiums. Die Temperatur etieg alimahlich, aber schnell, und schon 
im Laufe der ersteo 3 Tage erreichte sie ihre Kulmination. Dann begann eine Continua, 
die kiirzer als beim Abdominalis war und mit einer schnellen Lysis von 2—3 Tagen 
eudete. Selten (nur in 2 Proz.) war eine Kurve, die in den Lehrbuchern als typisch 
beschrieben wird, d. b. einen Anfang mit Scbiittelfrost und plotzlichem Temperatur- 
anstieg und Ende mit einem kritischen Abfail und Scbweifl hatte. In typiscben Fallen 
(1431) steilte sicb eine erhdhte Temperatur fur 13—17 Tage ein; in 5D2 Fallen fur 
13 Tage, 109 14 Tage, 133 15 Tage, 69 16 Tage und in 428 Fallen fur 17 Tage. In 
einigen, meist leichteren Fallen, wurde die Temperatur oft normal schon vor 13 Tagen; 
in 2 Fallen am 7. Tage, 5 am 8., 15 am 9., 33 am 10., 56 am 11., 36 am 12. Tage. 
In einzelnen Fallen wurde sie aucb etwas spater normal, nach dem 17. Tage; in 72 Fallen 
am 18. Tage, 52 am 19., 28 am 20. Tage. Nicht immer war die Temperatur so typisch. 
In 6 Fallen saben wir am 6.-7. Tage und einmal auch am 4. Tage einen plbtzlichen 
Temperaturabfall, dann stieg die Temperatur alimahlich wiederan, wurde eine Continua 
und fing dann wieder an langsam abzufallen. Oft sahen wir ein betrachtliches Tem- 
peraturansteigen kurz vor dem Tode. Wahrend der Rekonvaleszenz, besonders in den 
ersten Tagen, war die Temperatur oft subnormal, 35—36°. Oft dauerte dieser Zustand 
7—8 Tage. Spater beobachteten wir aucb geringe Temperaturanstiege, 37,2—37,5 °. Das 
Exanthem pflegte zwischen dem 4, und 6., meist am 5. Krankheitstage zu erscheinen. 
Sehr sparlich am Anfang, wurde es reicblicb wahrend der nachsten 24—48 Std., be- 
deckte oft den ganzen Korper, beginnend an Brust und Abdomen, mit Ausnahme der 
Handflacbe und Sohlen, die immer frei von jeglicber Eruption blieben. In einzelnen 
Fallen war das Exanthem recht sparlich und blaflte bald ab, in anderen reichlich und 
war wahrend der ganzen Fieberperiode sichtbar. Einzelne der Roseolae wandelten 
sich spater in Petechiae um. In einzelnen schweren, meist todlich endenden Fallen 
waren die Petechiae sehr zahlreich und bedeckten den ganzen Kbrper (7 Proz.). Mehrere 
Fleckfieberfalle verliefen ohne Exanthem. Wir konnten vom Anfang an die Krankheit 
von 2 Pflegerinnen aus der Flecktyphusabteilung beobachten, deren Blut in beiden 
Fallen eine positive Weil-Felix-Keaktion gab. Die Krankeit dauerte 13 Tage und 
verlief ohne Exanthem. Zweifellos handelte es sich um Falle von Typhus exanthematic. 
sine exanthemate. Abschuppung der Haut wahrend der Rekonvaleszenz war sehr oft 
zu beobachten. Das Nervensystem hatte immer mehr oder weniger unter den Wir- 
kungen der Fleckfiebertoxine zu leiden: in 80 Proz. der Autopsien wurde Encephalitis 
festgestellt (Dr. Adelheim). Der Beginn der Krankheit wurde gekennzeichnet durch 
Schwache, starke Kopfschmerzen, deren Intensitat bis zur Eruption anstieg, dann aber 
meist abnahm oder ganzlich verschwand; durch Wadenschmerzen (in 25 Proz.). Unter 
den Initialsymptomen war die 3—4 Nachte andauernde Schlaflosigkeit eins der qual- 
vollsten. In der 2. Woche der Krankheit trat oft in den giinstig verlaufenden Fallen 
ausgesprochene Apathie und Somnolenz, die bis zum Abliebern dauerte, ein. Auch 
in schweren Fallen war das Bewufltsein wahrend des Anfangs der Krankheit klar 9 
spater, in der 2. Woche, meist getriibt. Vdllige Besinnungslosigkeit beobachteten wir 
in 20 Proz. unserer Falle. Oft waren die Pat. sehr unruhig und phantasierten. Be¬ 
sonders stark war das Delirium bei Alkoholikern, bei denen ausgesprochene Anfalle 
von Delirium tremens, besonders in der Nacht, vorkamen. Wahrend der Rekonvaleszenz 
klagten die Pat. oft uber vollige Amnesie betreffs der Vorkommnisse der letzten Krank- 
heitszeit. Voriibergehende Gedachtnisschwache wahrend der Genesung war bei vielen 
Pat. zu beobachten; desgleichen neuralgische Schmerzen an den Beinen, Fufien, Fingern. 
Eine Pat. wurde nach dem Fleckfieber blind infolge Atrophie der Nn. optici. In 
2 Fallen traten echte Psychosen nach der Krankeit auf. In vielen Fallen wurde bald 
wieder verschwindende Schwerhorigkeit beobachtet, und zwar seltener im Beginn der 
Krankheit, haufiger aber wahrend der Rekonvaleszenz. Otitis med. acuta mit Perforation 
des Trommelfelles wurde registriert in 1,5 Proz. der Falle. Conjunctivitis palpebrarum 
et bulbi oculi wurde in der Mehrzahl der Falle (75 Proz.) beobachtet. 

In den ersten Tagen der Krankheit war der Puls meist beschleunigt, entsprechend 
der Temperaturhohe. Unverhaltnismafiige Beschleunigung des Pulses gegeniiber der 
Fieberhohe (Kreuzung der Puls- und Temperaturkurve) in schweren Fallen war ein 
Zeichen der Verschlimmerung des Zustandes und war auch meist vor dem Tode zu 
beobachten, seltener auch kurz vor der ganzlichen Abfieberung. In vielen F&llen be¬ 
obachteten wir einen unverhaltnismafiig langsamen Puls bei hoher Temperatur. In der 
2. Woche wurde der Puls meist kleiner und schwacher, in schweren Fallen arhythmisch, 
kaum zahlbar; auch trat Herzschwache mit Cyanose des Gesichtes und der Extremi- 
taten ein. Oft blieb der Puls auch in den ersten Tagen der Rekonvaleszenz sehr labil, 
und die geringste Anstrengung oder Aufregung rief Pulsbeschleunigung hervor; in 
anderen Fallen dagegen war eine Bradykarcfie (40—56 in der Minute) zu beobachten. 


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Feinmann, Die Flecktyphusepidemie in Riga in den Jahren 1918—1920. 35 


Venenthrombose (besonders der Cruralvenen) war eine haufige Komplikation, Endo¬ 
carditis eine eehr seltene (0,5 Proz.). 

Palpatorische Milzvergrbflerung beobachteten wir in 25 Proz., und zwar meist in 
der 1. Woche. 

Vor der Abfieberung trat zuweilen Nasenblutung ein ; sie war in einzelnen Fallen 
recht intensiv. Bronchitis trat in 4 Proz. auf. Pneumonia, Bronchopneumonia, meist 
in den unteren Lappen, war eine seltene Komplikation (2,9 Proz.). Sie trat in der 
2. Woche der Krankneit auf, ofters aber wahrend der Rekonvaleezenz. Noch seltener 
war Pleuritis exsudativa (0,5 Proz.). Tuberkulose nach dem Flecklieber erschien meist 
wohl als Resultat vorher latent verlaufener tuberkuloser Prozesse. Lippen, Gaumen 
waren trocken, Zunge trocken, belegt (85 Proz.). In schweren Fallen machte es den 
Pat. Muhe, die Zunge zu zeigen, una gel an g es ihnen, so zitterte sie. Verstopfung war 
Regel; Erbrechen (14 Proz.) selten am Anfang der Krankbeit, meist in den ersten Tagen 
der Genesung. 

In vielen Fallen war vorubergehende Albuminurie zu beobachten; in 7 Fallen 
Nephritis, an der der grdfite Teil aieser Pat. (6) einging. In einigen Fallen wurde 
auch eine positive Diazoreaktion beobachtet. Vorubergehende Retentio urinae (1,5 Proz.) 
fand sich ofters bei Frauen als bei Mannern. Die Menses kamen oft friiher, waren 
reichlicher als gewohnlich. Die Graviditat verlief meist ohne Komplikationen, nur in 
4 Fallen (von 21) kam es zu Abort, und in 4 anderen zu fruhzeitiger Geburt. Re- 
zidive wurden nie beobachtet. Ternperaturansteigen in der Rekonvaleezenz wurde 
irnmer hervorgerufen durch irgendeine Komplikation. Abortive Falle von 7—8—9— 
10—11—12 Tagen waren meist leichtere Falle, doch fiel die kurzere Dauer und geringe 
Bchwere der Krankheit nicht immer zusammen. Abortive Falle — meist bei Kindern 
beobachtet — betrngen 6 Proz. unserer Falle. Ambulatorische Fleck fieberfalle sind 
hdchst wahrscheinlich. In einzelnen Fallen beobachteten wir T. exanthem at. gleich- 
zeitig mit anderen Krankheiten: in 10 Fallen mit Febris recurrens, wahrend des 
Sommers in 6 Fallen gleichzeitig mit Dysenteric; in 1 Falle Variolois gleich nach dem 
Fleckfieber, in 2 Fallen Scarlatina. 

Durchschnittsdauer der Krankheit war 13—17 Tage, worauf die Konvaleszenz 
begann, die in Fallen ohne Komplikationen recht schnell verlief. 5—7 Tage nach dem 
Abfiebern konnten die Pat. das Bett verlassen und 10—14 Tage spater auch das Kranken- 
haus. Oft aber wurde die Konvaleszenz in die Lange gezogen durch verschiedene 
Komplikationen, und zwar meist der Atmungsorgane: Bronchitis in 92, Pneumonia, 
Bronchopneumonia in 72, Pleuritis exsudativa in 14 Fallen; seltener des GefaBsvstems 
(Endocarditis und Venenthrombose) und noch seltener der Harnorgane (Nephritis). 
Decubitus war verhaltnismafiig selten (42 Falle), und nur in schweren Fallen, wo eine 
tiefe Nekrose der Gewebe im Gebiete des Os sacrum, Trochanterum femoris (lmal auch 
der Ohrmuschel und Scapulae) zustande kam. In 15 Fallen hatten wir Erysipelas in 
der Konvaleszenz, in 48 Entziindung der Speicheldrusen, meist einseitige, seltener 
doppelseitige Parotitis, lmal Entziindung der Gland, sublingualis. Die Komplikationen 
waren oft (in 20 Proz. der Todesfalle) auch Drsache des fatalen Ausganges der Krank¬ 
heit, besonderB bei jiingeren Personen. In fatalen Fallen ohne Komplikationen wurde 
der Tod durch Herzschwache hervorgerufen (in 80 Proz. der Todesfalle). Wahrend 
der g&nzen Epidemie hatten wir 309 Todesfalle, 13,26 Proz. der gesamten K ran ken zahl. 
Anzunehmen 1 st, dafl die Mortalitat wahrend der Epidemie in der Stadt etwas geringer 
gewesen ist und nur schwere Falle in unsere Hande gelangten, die natiirlich ofters 
einen uuglucklichen Ausgang hatten. Der Hauptausbruch der Epidemie erfolgte wahrend 
der Bolschevikenherrschaft, wahrend welcher, wie erwahnt, die Lebensbedingungen sehr 
schlechte waren, trotzdem war die Epidemie keine besonders bosartige. Das Geschlechfc 
war ohne EinfluB auf die Mortalitatshaufigkeit; die Zahl der fatalen Falle war bei 
beiden Geschlechtern ungefiihr gleich (160 : 149). Dagegen hatte das Alter einen ge- 
wissen EinfluB. Der groBte Teil unserer Todesfalle betraf Pat. iiber die 40er Jahre, 
67 Proz. der gesamten Zahl. Die Mortalitat bis zum 10. Lebensjahre war 0, stieg dann 
allmah lich und erreichte 70 Proz. iiber die 60er Jahre. Reichsdeutsche schienen schwerer 
als die hiesige Bevolkerung and die Juden weniger als andere Nationalitaten durch 
die Krankheit zu leiden. In Fallen ohne Komplikationen trat der Tod zwischen dem 
10. und 17. Tage ein (in 64 Proz.). Friihes Erncheinen schwerer IStorungen seitens des 
Nerven- und Zirkulationssystems machte die Prognose sehr bedenklich, doch gab es 
Ausnahmen, wo der Puls mehrere Tage kaum zu fiihlen war und doch spater Genesung 
eintrat. Friihes und schnelles Verwandeln der Roseola in eine reichliche petechiale 
Eruption war ein boses Zeichen fur die Prognose, desgleichen das Erscheinen von 
Komplikationen, besonders Nephritis, Pneumonie, Pleuritis. 

In zweifelhaften Fallen kiarte die Weil-Felixsche Reaktion oft 
die Diagnose. Sie war meist nur in der 2. Krankheitswoche positiv, 

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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Origin ale. Bd. 87. Heft 1. 


dann und wann auch am Ende der 1., aber dann nor bei schwacher 
Konzentration (1:50—1:100), bei erneuter Untersuchung auch bei stfir- 
kerer (1:200—1:400). In einzelnen Fallen blieb die Reaktion wahrend 
der ganzen Krankheit positiv nur bei Serum in schwacher Verdflnnung 
(1:100 — 1:200); sie blieb aber negativ bei 1: 400—1 :1000. Eine posi¬ 
tive W eil-Felix-Reaktion bei Verdflnnung von 1:100 gait als ge- 
nflgend, um die Diagnose sicherzustellen. Das positive Resnltat bei 
Verdflnnung 1:50 war ungenflgend, da sie auch bei anderen Krank- 
heiten positiv ausfallen kann. Die Agglutination trat meist schon in 
den ersten 30 Min. ein; war das in der Zeit nicht der Fall, so gait sie 
als negativ. In Fallen mit undeutlicher Eruption versuchten wir oft 
die Biersche Stauung des Armes, bei der nach 15 Min. oft ein.deut- 
liches petechiales Exanthem, besonders in der Cnbitalgegend, auftrat. 
Diese Hilfsmethode ist aber nicht zuverlassig. da sie positive Resultate 
anch bei anderen Krankheiten, wie Scarlatina nnd anderen, gibt. Unsere 
Therapie war eine rein symptomatische. Einige Male versuchten wir 
Neosalvarsan (0,75), erzielten aber keine Wirkung auf den weiteren 
Verlauf der Krankheit. Sorgfaltige Pflege und Darreichung von Cardiaca 
waren die Hauptanfgaben der Behandlung. Unsere Aufgabe bestand 
auch im Kampfe mit den L&usen, durch die die Krankheit Qbertragen 
wird. Die materielle Lage der Bevolkerung hatte auch einen groBen 
EinfluB auf die Krankheitsverbreitung. W&hrend der Bolscheviken- 
herrschaft, wo die Bevolkerung mit ganz geringen Ausnahmen nnter 
Hunger und Not stark zn leiden hatte, nahmen die Dimensionen der 
Epidemic rapid zn. Nach der Befreiung von den Kommunisten jedoch, 
als unsere Nahrung nnd Lebensbedingungen sich besserten, nahm die 
Epidemic rapid ab, und in den letzten Zeiten waren fast alle unsere 
Pat. Fldchtlinge aus Rufiland, wo die Epidemic auch jetzt noch auBer- 
ordentlich verbreitet ist. 


Naohdruok verboten. 

Ueber die Mnkultur des Pockenerregers. 

6. Mitteilung. 

Von W. Fornet, Saarbrflcken. 

Mit 1 Abbildung im Text. 

Die mit einem Vortrage auf dem XVII. Internat. Medizin. Kongrefi 
zu London 1913 begonnenen Mitteilungen fiber die Reinkultur des 
Pockenerregers sollen durch nachstehende Veroffentlichung zu einem 
vorlfiufigen AbschluB gebracht werden, da es mir zunfichst nicht mfig- 
lich sein wird, diese Untersuchungen fortzuffihren. Aus meinen bisher 
veroffentlichten (1—5) Versuchen batten sich folgende Schlfisse ergeben: 

1) Durch Behandlung von Rohlymphe mit Aether gelingt es, die zahlreichen Be- 
gleitbakterien des Pockenerregers abzutbten, ohne dabei die Lebensfahigkeit desselben 
und damit seine Brauchbarkeit zur Pockenschutzimpfung zu vernichten. 

2) Unter geeigneten Kulturbedingungen kann der rockenerreger zur Vermehrung 
gebracht werden. 


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For net, Ueber die Reinkultur dee Pockenerregers. 


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3) Ee gelingt mit den nach unaeren bieherigen bakteriologischen Begriffen vQIiig 
aterilen Keinaulturen dee Pockenerregers, bei alien geeigneten Versuchstieren typiache 
Pocken zn erzeugen. 

4 ) In den Reinkulturen treten kleinate Gebilde anf, die ala die Pockenerreger 
anznsenen aind und die von mir die Bezeicbnnug Microaoma variolae erhielten. 

5) Die ana Material von echten Pockenkranken erzielten Reinkulturen dea Pocken- 
erregers unterechieden sich in nichta von aolchen, die aus gewdbnlicher Rohlymphe 
angelegt waren. 

Diese Mitteilungen sind schon verscbiedentlich nachgepriift, aber 
bisber nur teilweise best&tigt worden. Es sollen daher im folgenden 
technische Einzelheiten hinzugefflgt warden, die eine eingehendere Nach- 
prfifung meiner Versuche gestatten: 

Ueber die Entkeimung von Rohlymphe unter 
Erhaltung ibrer spezifischen Wirksamkeit war 
bisber nur mitgeteilt worden, dafi sie gelingt, 
wenn man Rohlympbe 24—100 Std. lang mit 
Aether schfittelt. Das Ergebnis dieser Behand- 
lung war nicht immer gleichmaBig und hing, wie 
sich erst sp&ter herausstellte, von der jeweils im 
Laboratorium herrschenden Temperatur ab. Um 
diesen Faktor auszuschalten und die Einbaltung 
einer bestimmten Temperatur nach Mbglichkeit 
bei alien Versuchen automatisch sicherzustellen, 
wurde der flflssige Aether durch den Aether- 
dampf ersetzt. 

Hierzu bediente icb mich des nebenstehend 
abgebildeten Apparates. Aus dem halb mit Aether 
gefflllten GeffiB A gelangen die Aetherdfimpfe 
durch den Vorraum V und durch die Steig- 
rbhren St in den Innenraum J, in dem sich 
die zu behandelnde Rohlymphe befindet. Die 
Aetherd&mpfe versetzen die Rohlymphe in 
starke Wallung, steigen empor, kondensieren 
sich an der OberflSche des Kilhlers K und der 
fl&ssige Aether tropft durch das Trichterrohr 2 
in das Ausgangsgef&B A zurlick, um von dort 
aus wieder seinen Kreislauf zu beginnen. Der 

ganze Apparat ist aus Glas hergestellt, steht j«j„ 1# Fornetscher 
in einem Wasserbade von 42° und kann nach Aetherdampfapparat D.R.P. 
einer freundlichen Mitteilung. die ich Herrn Pro- Nr - 334670. 
fessor Plaut-Hamburg verdanke, ohne Schaden 

im strbmenden Dampf sterilisiert werden. Im iibrigen sterilisiert sich 
der Apparat selbst durch den Aetherdampf, wenn man den Apparat 
vor Gebrauch l&ngere Zeit leer laufen lafit. 

Bei Verwendung des Aetherdampfes an Stelle von flilssigem Aether 
ergab sich nun die bemerkenswerte Tatsache, daB zur Erzielung der 
gleichen Wirkung nur etwa der hundertste Teil der bis dahin notwen- 
digen Behandlungszeit erforderlich ist. In der Regel werden die Be- 
gleitbakterien durch den Aetherdampf bereits nach 5—10 Min. ab- 
getStet, wfihrend sich der Pockenerreger dann noch lebensfflhig er- 
weist. 

Bei der vielfachen Wiederholung dieses Versuches hat sich nun 
herausgestellt, daB in der vom Kalbe gewonnenen Rohlymphe nicht all- 
zu selten Begleitbakterien vorkommen, die eine erheblich grdBere Wider- 

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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


standsfahigkeit gegen den Aetherdampf besitzen und durch ihn erst 
nacb 30 Min. abgetdtet werden. In solchen Fallen handelte es sich 
moistens um Kokken. Auch Sporenbildner bieten fflr die Entkeimung 
von Rohlymphe durch Aetherdampf ein Hindernis, das aber durch be- 
sonders strenge Stallhygiene (Holzwolle als Streu etc.) von vornherein 
ausgeschaltet werden kann. 

Die besten Ergebnisse erzielt man, wenn die Rohlymphe noch lebens- 
warm in einer sterileu Lymphmiihle mit der 10- fachen Menge ange- 
wkrmter physiol. Kochsalzlosung verrieben und sofort anschliefiend daran 
atherisiert wird. Nach dieser Behandlung muB der Aether zur Ver- 
meidung einer schadigenden Nachwirkung sofort unter hohem Vakuurn 
entfernt werden. 

Bei Prflfung der so von den Begleitbakterien befreiten Rohlymphe 
auf „Sterilitat“ ist es notwendig, mindestens y, ccm davon in ein 
Erlenmey er-K5lbchen mit 100 ccm Bouillon zu geben, diese 5 bis 
6 Tage lang bei 37° zu bebrflten und hiervon je 1 ccm auf mehrere 
SchrSgagarrflhrchen zu iibertrageD. Andernfalls besteht die Gefahr, daB 
die wachstumshemmende Nachwirkung des Aetherdampfs Sterilitat vor- 
tauscht, obwohl sich in der Lymphe noch vereinzelte fremde Keime 
lebensfahig erhalten haben. An Stelle von Aether konnen auch Petrol- 
ather, Benzol, Schwefelkohlenstoff, Trichlorathylen und andere leicht 
siedende Flflssigkeiten verwendet werden, gegebenenfalls unter Anwen- 
dung eines Vakuums bei L am Kflhler K. 

Die Prflfung der so als „steril“ befundenen Lymphe auf ihre spezi- 
fische Wirksamkeit geschieht durch den Paulschen Kornealversuch und 
durch intrakutane Injektionen von Lymphverdflnnungen am enthaarten 
Kaninchen. Zum Vergleich werden Verdflnnungen von nicht atherisierter 
Rohlymphe Oder von kauflicher Glyzerinlymphe dem Kaninchen auf der 
anderen Seite des Rtickens ebenfalls intrakutan eingespritzt. Bei diesem 
Vergleich ist zu berflcksichtigen, daB die Aetherlymphe bereits vor der 
Aetherisierung auf das 10-fache verdflnnt worden ist. Eine 5—7 Min. 
lang atherisierte, „sterile tt Lymphe erwies sich meist noch in einer Ver- 
diinnung von 1 :100 als wirksam. 

In der angegebenen Weise „sterilisierte“ und als spezifisch wirksam 
befundene Lymphe bildet nun das geeignete Ausgangsmaterial fflr Kultur- 
versuche. Als Kulturflflssigkeit dient, wie schon frflher mitgeteilt, eine 
Traubenzucker-Serum-Bouillon unter anaeroben Bedingungen. Bringt 
man 1 ccm atherisierter, also von vornherein auf 1:10 verdflnnter Roh¬ 
lymphe in einen Pasteurschen Kolben mit 100 ccm dieser Kultur- 
bouillon, so erweist sich diese Mischung zunflchst sowohl im Paulschen 
Kornealversuch, als auch bei der Intrakutanprobe am Kaninchen als 
vollig unfahig, eine fflr Pocken spezifische VerAnderung hervorzurufen. 
Wiederholt man aber dieselben Versuche, nachdem die KOlbchen 7 bis 
10 Tage bei 30° gestanden haben, so beobachtet man in beiden Ver- 
suchsanordnungen die bekannten typischen Pockenverflnderungen. 

Da der Kolbeninhalt nach bakteriologischen Begriffen steril ge- 
blieben ist und da er die Fahigkeit, typische Pockenveranderungen zu 
erzeugen, erst im Laufe der Bebriitung erworben hat, ist hierin ein 
Beweis fflr die Kultur, und zwar fflr die Reinkultur des Pockenerregers 
zu erblicken. 

Eine andere Versuchsanordnung, durch die das Wachstum des 
Pockenerregers veranschaulicht werden kann, bildet die Kultur in 
Kapillarrohrchen nach Vincent, wobei eine 1-proz. Traubenzucker- 


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Neumark u. Heck, Ueber Ratten vertilgungsmittel. 


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Glyzeringelatine mit Indigozusatz zur Verwendung gelangt. Die an- 
fangs blauen Kapillaren nehmen nach mehrtagiger BebrQtung bei 30° 
einen grdnlichen und schliefilich einen kanariengelben Farbton an. Da 
der Inhalt der Kapillaren bakteriologisch „steril u ist, kann diese in den 
unbeimpften KontrollrQhrchen ausbleibende VerSnderung des Indigos 
nur durch den gleichzeitig eingebrachten Pockenerreger hervorgerufen 
sein. Diese LebensauBerung des Pockenerregers muB aber mit einer 
Vermehrnng desselben einbergeben. 

Die Vermehrung des Pockenerregers l&Bt sich endlich auch un- 
mittelbar mikroskopiscb, enter Verwendung geeigneter FSrbemethoden, 
veranschaulichen. Am besten eignet sich hierzu die von Paschen 
angegebene Metbode mit Loeffler-Beize und Karbolfuchsin. Man 
findet dann in den als wirksam befundenen Kulturfldssigkeiten die frtther 
von inir beschriebenen und pbotographisch wiedergegebenen, als Micro¬ 
soma variolae bezeichneten Gebilde. 

Literatux. 

1. Dtech. med. Wochenschr. Bd. 39. 1913. S. 1813. — 2. Berlin, klin. Wochenscbr. 
1913. Nr. 40. — 3. Hyg. Rundsch. 1913. Nr. 23/24 u. Wien. med. Wochenechr. 1913. 
Nr. 41. — 4. Rev. intern, de la Vaccine, Sept.-Okt. 1913. — 5. Berlin, klin. Wochen- 
echri/t 1913. Nr. 50. 


Naehdruek verboien. 

Ueber Rattenvertilgungsmittel ‘). 

[Aus dem Hauptgesundbeitsamt der Stadtgemeinde Berlin. (Hygienisch- 

bakteriologiscbes Institut).] 

Von Dr. Eugen Neumark und Dr. Heinrich Heck. 

Infolge der Kriegsverhaitnisse hat in Deutschland, das frtther un- 
bestritten als eines der reinlichsten Lander gait, eine Starke Zunahme 
von Ungeziefer der verschiedensten Art stattgefunden. Verlausung von 
Menscben und Wohnst&tten, Verwanzung der Hauser, besonders in 
groBeren Stadten, usw. sind Erscheinungen, die alienthalben aufiraten 
und auch heute noch in gegen die Friedenszeit stark erhohtem Mafie 
bestehen. Eine andere Art von Ungezieferplage ist die erhebliche Zu¬ 
nahme von Mausen und besonders Ratten. Auch in diesem Falle ist 
die Hauptursache in dem Rttckgang der allgemeinen Reinlichkeit zu 
seheii. Wahrend des Krieges waren besonders der Mangel an Arbeits- 
kraften, die unzweckmBBige Lagerung riesiger Mengen Lebensmittel, die 
Verschlechterung der Schutt- und Mflllaufbewahrung und -abfuhr, das 
Halten von Kleinvieh in menschlichen Behausungen Oder deren un- 
mittelbarer Nahe Umstande, die zur Verbreitung und Vermehrung der 
lAstigen Nagetiere beitrugen. Wenn auch die Ratten als UebertrBger 
menschlicher Krankheiten (Trichinose, ansteckender Gelbsucht, Pest) in 
Frage kommen kOnnen, so spielt, wenigstens bei uns, ihre wirtschaft- 
liche Bedeutung die Hauptrolle. Enorme Mengen Nahrungsmittel fallen 
ihrer GefraBigkeit zum Opfer. Nicht nur Deutschland ist von der 


1) Nach einem Vortrag in der Berliner Mikrobiologischen Gesellschaft, gehalten 
am 25. April 1921. 


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40 Centralbi. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 

Rattenplage befallen, auch andere europfiische Lander haben darnnter 
zu leiden. In England hat man sogar ein besonderes Gesetz zur Ver- 
tilgung der Ratten erlassen.. Nach Dewberry 1 ) wird der in GroB- 
britannien und Irian d durch Ratten jahrlich verursachte Schaden anf 
mindestens 15 Mill. Pfund geschfitzt, nach anderen Angaben sind es 
sogar 40 Mill. Pfnnd. Nach Mitteilung der frauzosischen Tagespresse 
herrscht anch in Paris und anderen Stadten eine Starke Rattenplage. 

In Berlin sind besonders in den letzten beiden Jahren aus den 
Kreisen der verschiedensten Verwaltungsstellen stfidtischer und staat- 
licher Art sowie aus Hausbesitzer* und Mieterkreisen Klagen fiber die 
Zunahme der Ratten lautgeworden, so dafi beinahe von einer allge- 
meinen Rattenplage gesprochen werden kann. Einzelne Vororte von 
Berlin haben sich veranlaBt gesehen, von Gemeinde wegen dagegen vor- 
zugehen. Bisher mit wenig befriedigendem Erfolg. Auch in anderen 
Stfidten und Gemeinden des Reiches herrschen fihnliche Verhaitnisse. 

Hier in Berlin, wo allerdings die Verhaitnisse besonders ungfinstig 
liegen, hat man die alte Erfahrung bestatigen mfissen, dafi der einzelne 
Haus- und Grundstficksbesitzer auf die Datier allein wenig gegen die 
Ratten ausrichten kann. Man ist sich vollstfindig im klaren, dafi eine 
wirksame Bekfimpfung von behfirdlicher Seite im Einvernehmen mit den 
Grundbesitzer- und Mieterverbfinden nach einheitlicbem Plan energisch 
und moglichst gleichzeitig in die Wege geleitet werden mufi. Die Be- 
kampfung der Rattenplage hat in der Abstellung ihrer Ursachen und in 
der Vernichtung der Ratten selbst zu bestehen. 

Mit der Zunahme der Ratten nahm auch die Zahl der von den ver¬ 
schiedensten Seiten angepriesenen Mittel zu ihrer Vernichtung zu. Eine 
grfifiere Anzahl der auf dem Markt erschienenen Praparate wurde von 
uns auf ihre Wirksamkeit geprfift. 

Es handelt sich zunfichst um 2 Gruppen von Rattenvertilgungs- 
mitteln: 

1) Bakterienpr&parate und 2) Giftpraparate. 

1 . 

Von Mitteln, deren wirksames Prinzip rattentfitende Bakterien sein 
sollen, untersuchten wir folgende: Rattoleum.Rattenfort, Pogrom, 
Pestigen, Ratin, Terror, Rattapan, Rattagallin, Maura- 
bazillin, aufierdem einen eingesandten Stamm von Danyszschen 
Rattenpestbazillen. Im folgenden mfigen die damit angestellten Ver- 
suche kurz besprochen sein. 

Das „Rattoleum u ist laut Begleitschreiben „ein in einem Berliner 
Laboratorium aus eigener Bakterienzucht, auf Grund jahrelanger Ver- 
suche und Erfahrungen hergestelltes und mit Witterung versehenes 
Prfiparat“, das ffir Federvieh und andere Haustiere unschfidlich sein soil. 
In einem beigegebenen Prospekt wird das Mittel auch als unschfidlich 
ffir den Menschen bezeichnet, in einem anderen Prospekt bzw. Merk- 
blatt wird dagegen betont, dafi es bei sehr empfindlichen Menschen 
Darmstfirungen verursachen kann, wenn etwas davon in den Mund 
gelangt. 

Das Prfiparat wird in Form von Agarkulturrohrchen, die gleich¬ 
zeitig auch ein geeignetes Lockmittel enthalten sollen, in den Handel 


1) Dewberry, The prevention and destruction of rats. (Journ. of the Roy, 
med. Corps. Vol. 34. 1920. p. 335 u. 409. 


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Neumark u. Heck, Ueber Ratten vertilgungsmittel. 


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gebracht. Zur Prflfung auf seine Wirksamkeit wurden 2 eingefangene 
graue Ratten mit einer ganzen, abgeschwemmten Kultur gefflttert.- Beide 
Ratten erschienen zwar nach 5 Tagen leicht krank, erholten sich jedoch 
wieder and blieben am Leben. Das Pr&parat lieB also die versprochene 
Wirkung vollstflndig vermissen. Bei der bakteriologiscben Prflfung 
fanden sich keine als Rattensch&dlinge anzusehenden Bakterien. 

Ein weiteres, von Uns untersuchtes, bakterielles Rattenv^rtilgungs- 
mittel ist das „Rattapan“. Es wird ebenfalls in Berlin hergestellt. 
Dies Pr&parat wurde zum 1. Mai von uns 1918 untersncht. Damals 
warden 2 verschiedene Packungen geprtlft: 1) Rattapan fflr Mfiuse 
and Wflhlmfiuse and 2) Rattapan fflr Ratten und Hamster. 
Der Vollst&ndigkeit halber seien auch die Untersuchungsergebnisse fflr 
das „M&use-Rattapan“ mitangefflhrt. 

Bei Verimpfung von „M&use-Rattapan“, das Loefflersche 
M&usetyphusbazillen enthalten sollte, entwickelten sich auf Drigalski- 
C onradi-Agar hauptsSchlich rote Kolonien, die sich bei weiterer Prfl¬ 
fung als B. coli erwiesen; die wenigen kulturell Paratyphusbazillen 
gleichenden Keime versagten bei der Agglatinationsprflfung, waren also 
keine typiscben M&usetyphusbazillen. Das Rattenpr&parat sollte 
den Danyszschen Rattenpestbazillns enthalten. Trotzdem wird in einem 
Prospekt betont, das „Rattapan u sei das einzige Bazillenpr&parat, das 
nicht enter die ministerielle Verordnung vom 23. Juli 1917 falle, laut 
welcher gewisse VorsichtsmaBregeln und Vorschriften betreffs der Aus- 
legung za beachten sind. Durch das Kulturverfahren gelang es nicht, 
den spezifischen Bazillus nachzuweisen, vielmehr wuchsen auch hier 
grdfltenteils nur C o 1 i - Bakterien und in geringerer Anzahl solche Bak¬ 
terien, die kulturell dem Paratyphusbazillus entsprachen, serologisch sich 
jedoch von ihm unterschieden. Auch durch den Tierversuch an weifien 
und grauen M&usen — Ratten standen damals nicht zur Verfflgung — 
konnten pathogene Bakterien nicht nachgewiesen werden. 

1920 wurden von uns weitere Proben von „Rattapan“ fflr Ratten 
untersucht. Das Pr&parat, in Pappkarton verpackt, stellt ein grobes, 
braunes Pulver dar, das zahlreiche Splitter von Holz oder Stroh ent- 
hd.lt. Ein besonderer Geruch ist nicht wahrzunehmen. Nach dem Auf- 
druck wird es als „Bester Ratten- und Hamsterbazillus (z. Pat. angem.) u 
und weiterhin als „Epochemachende Erfindung aus dem bekannten 
Laboratorium Dr. Piorkowski-Berlin“ bezeichnet. Bei der bakterio- 
logischen Untersuchung konnten auch diesmal keine Bakterien aus der 
Paratyphusgruppe nachgewiesen werden. Lediglich B. coli und Kokken 
kamen zur Entwicklung. Zunfichst wurden 3 graue Ratten fortlaufend 
gefflttert. Am 5. Tage zeigten 2 davon leichte Krankheitserscheinungen. 
Nach 14 Tagen lebten jedoch noch alle geffltterten Tiere. Mit einer 
zweiten Probe, die doppelte Starke haben sollte, wurden 2 weitere 
Ratten 11 Tage lang gefflttert, ohne daB es gelang, sie krank zu 
machen. 

„Rattapan“ erwies sich also nach unseren Versuchen als vflllig 
ungeeignet zur Rattenvertilgung. Zu den gleichen Resultaten kamen 
auch Raebiger und Baumeier 1 )- 

Das n&chste Pr&parat „Rattenfort“, kommt als Agarschragkultur 
in den Handel. Auch hier soil der N&hrboden gleichzeitig die Witte- 


1) Raebiger u. Baumeier, Ber. iiber die Tatigk. dea Bakt. Inat. der Landw.- 
Kammer f. d. Prov. Sachsen f. 1918/19. 1920. S. 25. 

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Ccntralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


rung enthalten. 2 eingefangene graue Ratten warden mit dem Inhalt 
eines Rohrchens gefiittert. Beide Tiere blieben am Leben, ohne Krank- 
heitserscheinungen zu zeigen. Eine Ratte bekam sogar wShrend der 
Versuchszeit Jungo. Eine bakteriologische Untersuchnng der 1. Probe 
land leider nicht statt. Uebrigens hat Uhlenhuth 1 ) dieses Praparat 
neuerdings auch untersucht. Er kam bezflglich der Wirksamkeit zu 
demselben negativen Ergebnis. Bei der bakteriologischen Untersuchung 
konnte Uhlenhuth feststellen, daft es sich um eine Mischkultur von 
Kokken, Proteus und Sporenbildnern handelte. Nur in 2 von 7 ge- 
prflften Proben fand er auch paratyphus&hnliche Bakterien, die durch 
GSrtner- bzw. Danysz-Serum jedoch nicht agglutiniert warden. 
Neuerdings, d. h. nach Erscheinen der Uhlenhuthschen Arbeit, haben 
wir nochmals „Rattenfort“ untersucht, das wir direkt von dem Her- 
steller bezogen. Diesmal war es eine Reinkultur von Stabchen, die sich 
kulturell wie Paratyphus verhielt und von Gartner-Serum agglu- 
tiniert wurde. Eine rattenpathogene Wirkung war auch diesmal nicht 
festzustellen. 

Also auch das Praparat „Rattenfort“ erwies sich in unseren 
Versuchen wie in denen Uhlenhnths als wirkungslos. 

Das folgende Praparat „Pogrom u wird ebenfalls in Form von 
Agarkulturrohrchen abgegeben. Dem Praparat sind Drucksachen (Pro- 
spekt und Merkblatt) beigegeben, die beide bis auf den Kopf nach Form 
und Inhalt vollstandig mit den Drucksachen betr. das bereits erwahnte 
Bakterienmittel „Rattoleum“ Qbereinstimmen. Die beiden Praparate 
scheinen demnach aus derselben Quelle zu stammen. 

Die von der betr. Firma erbetene Rultur erwies sich bei mikro- 
skopischer und kultureller Untersuchung vor alien Dingen als keine 
einheitliche Art von Bakterien. Es fanden sich hauptskchlich knrze, 
plumpe, gramnegative Stabchen, teilweise mit Scheinfadenbildung, da- 
neben reichlich grampositive, groBe Diplokokken. Auf. Drigalski- 
Conradi-Agar wuchsen grQfiere und kleinere rote Kolonien, sowie 
kleinere weiBlicbe. Das Praparat bestand aus einer Mischkultur von 
Bacterium coli und Kokken. Bakterien der Paratyphusgruppe lieBen 
sich nicht nachweisen. Ffltterungsversuche an einer Anzahl grauer 
Ratten fielen trotz Verabreichung groBer Mengen Kultur vOllig negativ 
aus. Die Ratten blieben am Leben und wurden nicht einmal krank. 

Wir haben es also auch hier wieder mit einem Praparat zu tun, 
das vollstandig wirkungslos ist, und es nach seiner Zusammensetzung, 
wie sie von uns festgestellt wurde, auch sein muB. Eine grofie Ber¬ 
liner Vorortgeraeinde, Steglitz, hat mit diesem Praparat eine „Ratten- 
woche“ veranstaltet. Ein befriedigender Erfolg wurde nicht erzielt. 

„P e s t i g e n“, ebenfalls in Form von Agarkulturen im Handel, wies 
bei der bakteriologischen Untersuchung nur verschiedene Kokkenarten 
und Subtilis-ahnliche Stabchen auf. Paratyphusahnliche Bakterien 
fehlten. Eine rattentbtende Wirkung war nicht festzustellen. 

„Rattagallin“ ist eine mit Bakterien durchsetzte und mit K8der 
versehene Gallertmasse, die in Tuben gefiillt in den Handel gebracht 
wird. Nach der Gebrauchsanweisung ist die Masse in teelOffelgroBen 
Portionen auf kleine StQckchen Zeitungspapier auszudrflcken, diese sind 
zusammenzufalten und an entsprechenden Stellen auszulegen. Das wirk- 


1) Uhlenhuth, Gutachten iiber einige Handelspraparate von Batten- und Mause- 
vertilgungsmitteln. (Central!)!, f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 85. 1 ICO. 8. 186.) 


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Neumark a. Heck, Ueber Rattenvertilgungsmittel. 


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same Prinzip sollen Danysz-Bazillen sein. Die Verpackung io Tuben 
erscheint recht praktisch and wSre geeignet, eine bequeme Anwendang 
des Pr&parates zu gew&hrleisten. Das „Rattagallin“ wtirde also 
einen Fortschritt bedeuten, wenn mit ihm eine nennenswerte Wirkung 
erzielt werden kQnnte. Unsere nach dieser Richtung hin angestellten 
Versuche baben folgendes ergeben: 

Bei der kultarellen Untersuchung, ZQchtung auf Drigalski, lieBen 
sich Bakterien aus der Paratyphusgruppe nicht nachweisen, lediglich 
rotwachsende Kolonien, die sich bei weiterer Prflfung als B. coli er- 
wiesen, kamen znr Entwicklnng. FQtterungsversuche an einer Anzahl 
grauer Ratten (5 Tiere) verliefen vollst&ndig negativ. Die Tiere er- 
krankten nicht. Also anch bei diesem Pr&parat wieder vdllige Wirkungs- 
losigkeit. 

Ein ahnliches PrSparat wie „Rattagallin“ ist das „Maurabazillin“. 
Es stellt eine feste, gallertige, agar&hnliche Masse dar, die in WeiB- 
blechdosen zum Versand kommt. Nach Angabe der Hersteller soli das 
Pr&parat aus dem N&hrboden, in dem die Bakterien geztlchtet wurden, 
also aus Agar und Bouillon, bestehen. Hierdurch soil erreicht werden, 
daB sich die Bakterien nicht nur am besten lebensf&hig erhalten, sondern 
sich sogar weiterentwickeln kbnnen, indem sie nach Art einer Anagroben- 
kultur den ganzen NShrboden durchwuchern. Dadurch soil die Zahl 
der wirksamen Bakterien gegenflber anderen Bakterien pr&paraten eine 
weit grQBere sein. Der N&hrboden als solcher ist gleichzeitig als Nah- 
mngsmittel fflr die zu vertilgenden Nager gedacht; zur Anlockung ist 
noch ein Kflderstoff beigegeben. 

Von diesem Pr&parat untersuchten wir einige Proben zun&cbst kul- 
turell auf ihren Bakteriengehalt. In einer Bflchse fanden wir nur coli- 
fthnliche Bakterien und Kokken. In einer anderen Probe lieBen sich 
mittels Drigalski-Platte Bakterien nachweisen, die sich kulturell wie 
Paratyphaceen verhielten, agglutinatorisch mit verschiedenen Paratyphus- 
nnd G&rtner- Seren nicht reagierten. Typische Rattenscb&dlinge waren 
also nicht vorhanden. 

Znr Prflfung auf seine rattent&tende Wirkung wurde der Inhalt 
yerschiedener Bflchsen des Pr&parates an 10 graue Ratten verftlttert. 
Es starben 2, eine nach 2 Tagen, die andere nach 15 Tagen. Bei der 
1. war der Zerlegungsbefund vbllig negativ. Aus Blut und Organen 
lieBen sich keine Bakterien der Paratyphusgruppe ztichten. Bei der 
anderen, die nach 15 Tagen starb, bestand starke Injektion der Darm- 
gef&Be, Leber- und Milzschwellung. Aus Blut und Organen wurden die 
oben erw&hnten Bakterien isoliert, die sich kulturell wie Paratyphus 
verhielten, agglutinatorisch im wesentlichen jedoch versagten, nur eine 
ans der Milz gewonnene Kultur reagierte schwach (1 :400) mit G&rtner- 
Serum. Die ttbrigen geftitterten Ratten blieben am Leben. 

Eine weitere Probe des Mittels, die laut Aufschrift einen Zusatz 
von Meerzwiebelextrakt enthalten sollte, erwies sich bei einem Ftitte- 
rnngsversuch an 2 Ratten als wirkungslos. 

Nach diesen Ergebnissen besitzen wir auch im „Maurabazillin“ 
kein Mittel, das in der Praxis fflr die Rattenvertilgung in Frage 
kommen kann. 

Das in Deutschland wohl am meisten angewandte Bakterien pr&parat 
„Ratin“ wurde von uns bereits 1912 auf seine Wirksarakeit geprtift 1 ). 

1) Neumark, Ueber die Bedeutung von Bakterienpraparaten ala Rattenver- 
tilgungamittel. (Geaundheitaingen. 1913. S. C>69.) 


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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heit 1. 


Es handelte sicb damals darum, die Rattenplage im Friedrichshain zu 
beseitigen. Mit Rflcksicht darauf, daB maoche Rattenrassen sich gegen- 
flber den Ratin-Bazillen immun erweisen sollten, wurde zun&chst 
ein Filtterungsversuch im Laboratorium an einer Anzahl dort einge- 
fangener Ratten angestellt. Es ergab sich damals, dafi die Ratten am 
Leben blieben. Selbst einer'subkutanen Verimpfung widerstanden sie. 

Im Sommer 1920 wurden die Versuche mit „Ratin“ wieder auf- 
genommen. Zunachst wnrde eine flussige Kultur, die von der Ratin- 
gesellschaft in Berlin frisch bezogen war, an eine grdBere Anzahl Ratten, 
die samtlich aus Berlin stammten, verfflttert. Die Ratten blieben alle 
am Leben, ohne irgendwelche Krankheitserscheinnngen zu zeigen. Kul- 
turell entsprachen die benutzten Bakterien dem Paratyphus B- bzw. 
Gartner-Bazillus. Agglutinatorisch wurden sie von Gartner-Serum 
beeinflufit. Bei subkutaner und intraperitonealer Impfung gingen dies- 
mal die Ratten innerhalb 1—2 Tagen ein. In den Organen fanden sich 
Bakterien, die der Ausgangskultur entsprachen. 

Weiterhin fanden Infektionsversuche mit einer Ratinkultur statt, 
die uns direkt von dem Ratinlaboratorium in Eopenhagen zuging. Auch 
mit dieser Kultur gelang es nicht, Ratten auf dem Wege der Ffltterung 
zu tflten, wahrend subkutane Impfung zum Tode fflhrte. Bei der Zer- 
legung zeigten diese Tiere Oedem der Impfstelle, Milzschwellung und 
Enteritis. Aus den Organen lieBen sich die verimpften Bakterien zflchten. 
Aber auch nach dieser Passage waren sie nicht imstande, Ratten auf 
dem Wege der Ffltterung zu toten. 

Auf Grund dieser Versuche kdnnen wir auch das „Ratin“, wenigstens 
wie es zurzeit abgegeben wird, nicht als geeignet ansprechen, als Ratten- 
vertilgungsmittel zu gelten. 

SchlieBlich untersuchten wir auf Antrag von dritter Seite noch eine 
Kultur, die angeblich als Danysz-Kultur frisch von der Krdlschen 
Sammlung in Wien bezogen war. Diese Bakterien zeigten ein Wachs- 
tum wie B. coli. Eine geffltterte Ratte blieb am Leben. 

Ein Bakterienpr&parat „Terror“, das frflher mit groBer Reklame 
angepriesen wurde, scheint nicht mehr hergestellt zu werden. Wenigstens 
konnten wir eine Probe davon nicht mehr erhalten. Vor einigen Jahren 
haben wir auch dieses Pr&parat untersucht. Bakteriologisch handelte 
es sich urn eine Mischkultur, die auch vereinzelt Gflrtn er-Bazillen 
enthielt. Tierversuche wurden nicht angestellt. 

Unsere Erfahrungen, die wir mit einer Anzahl von bakterienhaltigen 
Rattenbek&mpfungsmitteln in Laboratoriumsversuchen gemacht haben, 
mflchten wir kurz, wie folgt, zusammenfassen. 

Von den erw&hnten Bakterien pr Spar ate n enthielt nur das „Ratin“ 
und eine von mehreren untersuchten Proben „Rattenfort“, die 
deklarierten Bakterien in Reinkultur. Die ubrigen bestanden aus Misch- 
kulturen verschiedener Bakterien, meist B. coli und Kokken. Nur 
„Maurabazillin“ wies auBerdem noch Bakterien auf, die sich kul- 
turell wie Paratyphusbazillen verhielten, agglutinatorisch jedoch nicht 
zu identifizieren waren. In dem Prflparat „Terror“ konnten vereinzelte 
Gflrtner-Bazillen nachgewiesen werden. 

Bei der Mehrzahl der untersuchten Mittel war somit schon die 
bakteriologische Beschaffenheit nicht einwandfrei. Wer einen gewissen 
Einblick in die Entstehungsgeschichte derartiger Prflparate gewonnen 
hat, wird sich diese mangelhafte Qualitat leicht erklflren kflnnen. Wenn 
z. B. eine Firma ein bakterielles Rattenprflparat herstellen und ver- 


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Neumark u. Heck, Ueber Rattenvertilgungsmittel. 


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treiben will, so glaubt sie, nur nfitig zu haben, von einer anderen Firma 
eine passende Kultur zu beziehen, die sie nun im eigenen Betriebe 
recbt und scblecbt weiterimpfen lfifit. Was dabei herauskommt, lebren 
unsere Versuche. In anderen Fallen begnugen sicb die Firmen damit, 
von irgendeinem „bakteriologischen Institut** die fertigen Kulturrohrchcn 
zu beziehen, die dann unter verscbiedener Bezeicbnung in den Verkehr 
kommen. Auch bei dieser Methode ist, wie unsere Erfahrungen zeigen, 
das Produkt kein besseres. 

Es ist scbon aus der Art der Zusammensetzung vorerwahnter Prfi- 
parate ohne weiteres klar, dafi von ihnen eine wesentliche rattentQtende 
Wirkung nicht erwartet werden kann. Dem entsprechen auch unsere 
im Laboratorium angestellten Ffitterungsversuche. Wenn bierbei fQr 
jedes einzelne der untersucbten Pr8parate nur eine verhfiltnismfifiig 
geringe Anzahl von Versuchstieren zur VerfGgung stand, so gibt doch 
die Gesamtheit der Versuche ein ausreicbendes Bild von der Wirksam- 
keit bzw. Unwirksamkeit derartiger Mittel. Von alien geffitterten Ratten 
— es waren im ganzen fiber 40 — starben nur 2. Beide waren mit 
Maurabazillin gefflttert. Wie erwahnt, war bei der einen der Tod 
nicht auf das Mittel zurfickzuffihren. Bei der anderen lag zwar ein 
charakteristischer Zerlegungsbefund vor, auch fanden sich in den Organen 
Bakterien der Paratyphusgruppe. Trotzdem ist damit nicht sicher die 
Wirksamkeit des Mittels bewiesen, denn einerseits kommen derartige 
Bakterien sehr hfiufig bei Ratten als Saprophyten vor und konnen ge- 
legentlich virulent werden, und andererseits ist zu bedenken, dafi 11 
andere mit dem gleichen Prfiparate behandelte Ratten nicht starben. 
Von samtlichen mit Bakterienpraparaten per os iniizierten Ratten starb 
also gfinstigstenfalls nur 1. Auch das „Ratin“ und die eine Probe 
„Rattenfort“, die doch die Bakterien in Reinkultur erhielten, erwiesen 
sich bei der Ffitterung als wirkungslos. 

Wir mfissen also sagen, dafi alle von uns geprOften bakteriellen 
Rattenvertilgungsmittel im Laboratoriumsversuch vfillig versagten. Dafi 
dies bei den Prfiparaten, die sich schon bakteriologisch als nicht ein- 
wandfrei erwiesen, beobachtet wurde, ist nicht weiter verwunderlich. 
Aber auch die wenigstens biologisch typischen Bakterien waren fQr 
Ratten nicht virulent, wenn sie per os gegeben wurden. 

Es kfinnte nun hier der Ein wand gemacht werden, die Labora- 
toriumsversuche liefien sich nicht ohne weiteres auf die Verhfiltnisse 
der Praxis flbertragen. Demgegenfiber mochten wir nur auf eine Arbeit 
von Messerschmidt 1 ) verweisen, der bei einer umfangreichen Be- 
k&mpfungsaktion gegen Feldmfiuse im Elsafi Mfiusetyphuskulturen ver- 
wandte. Im Laboratorium erwiesen sich die Bakterien als hochvirulent. 
In der Praxis versagten sie jedoch vollkommen. Wenn hieraus eine 
Schlufifolgerung ffir die dem Mfiusetyphusbazillus sehr nahestehenden 
rattenschfidigenden Bakterien erlaubt ist, werden also derartige Bak¬ 
terien in der Praxis erst recht nicht wirken, wenn sie schon im Labora¬ 
toriumsversuch versagen. 

Wir kfinnen also mit vollem Recht dieAnwendung der 
von uns geprfiften Bakterienprfiparate als zwecklos be- 
zeichnen, wenn auch einzelne Benutzer eine gewisse 
Wirkung beobachtet haben wollen. Mit einer weiteren 

1) Messerechmidt, Die Bekampfung der Manseplage im Elsafi mit Mause- 
typhusbazillen. (Zeitschr. f. Immunitatsr. Ong. Bd. 31. 1921. S. 137.) 

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4 fj C^trml&L L b*k\~ eu^ I. Abi. Onginjue. B>i- ST. Heft L 

Anzahl ah n lie her ilittel wird es sich nicht ander* ver- 
halten. 


2 . 

Weiterhin haben wir uns damit beschaftigt, eine Anzahl von Gif:- 
priparaten auf ihre Wirksamkeit geeenuber Ratten zu prufen. 

L'nter der Bezeiehnnng .Rattengift* ist eine gaDze Reihe verseiie- 
dener Stoffe bekannt, und es gibt eine groSe Anzahl von Rattenver- 
tiigungsmitteln, die solche als wirksame Substanz enthalten. In der 
Praxis mud es sich hierbei im wesentlicben nm Giftstoffe handeln. die 
den Ratten mit der Xahrung beigebracht werden. Die Anwendung 
giftiger Gase kommt nnr fur ganz besondere Verhaltnisse in Betracht. 
Bei der Auswahl der Gifte ist Vorsicht am Platze, damit nicht stark 
wirkende Gifte Menschen oder Haustiere schadigen. Diese Gefabr ist 
deshalb grofi, weil die ausgelegten Gifte bzw. die vergifteten Nahrungs- 
mittel von den Ratten verschleppt werden. Gegenuber stark hervor- 
tretenden Geschmacks- und Geruchseigenschaften der Giftstoffe scheinen 
die Ratten, so sensibel sie sonst auf Witterung reagieren, nicht beson- 
ders empfindlich zu sein. Gerade die Gifte, die bei der Rattenvertilgung 
am meisten angewandt werden, zeichnen sich durch besonders hervor- 
stechenden widerlichen Geschmack bzw. Gernch aus nnd werden trotz- 
dem, wie die Erfahrung lehrt, meist anstandslos genommen. 

Die Mehrzahl der bekannten Rattengifte entstammt dem Pflanzen- 
reiche, nnd zwar handelt es sich fast ausnahmslos nm tropische Gift- 
pflanzen. Es sind znm Teil volkstOmliche Mittel, deren Anwendnng in 
der Regel nur in den Gegenden beliebt ist, in denen die betreffende 
Pflanze heimisch ist. Von solchen seien z. B. genannt die Samen des 
in Mittelamerika heimischen Stranches Gliricidia maculata, dessen 
wirksamer Bestandteil, das Alkaloid Gliricidin ist, oder die Samen des 
ostindischen Strauches Trichosantesamara; als Rattengift gebrSnch* 
lich sind auch die Blatter und Stengel der brasilianischen Standen 
Palicourea rigida nnd Psychotria noxia. Zuverlassige Angaben 
Ober die Brauchbarkeit dieser bei uns bereits zu den obsoleten Drogen 
gehdrenden Mittel liegen nicht vor. Eine bei uns heimische Droge, das 
Secale cornutum, ist in einem Pr&parat, das aus Frankreich unter 
dem Namen „Tord-Tripl“ vertrieben wird, enthalten. Aus bitteren Man- 
deln wird das „Sculein* benannte Prfiparat hergestellt. Die als Ratten¬ 
gift am h&ufigsten angewandte und in zahlreichen Zubereitungen ent- 
haltene Droge ist die als Meerzwiebel bekannte Zwiebel der in den 
Mittelmeeriandern heimischen Liliacee Urginea maritima. 

Von tierischen Produkten werden aus spanischem Fliegenpulver ver- 
fertigte Boli empfohlen. 

Aus der Reihe der anorganischen Gifte ist in 1. Linie der weifie 
Phosphor zu nennen, der in 2—5-proz. Beimengung in sogenannten 
Phosphorlatwergen verschiedenster Zubereitungsweise als bew&hrtes 
Rattenmittel gilt. Das Arsen und fertige PrSparate mit Arsengehalt 
sowie Strychnin sind weniger beliebt wegen der Gef&hrlichkeit ftir Men¬ 
schen und Haustiere. Auch Baryt, in einer aus Mehl, Zucker und 
Wasser bereiteten Paste, ist als Rattengift bekannt. 

Von alien den genannten Rattengiften haben die Meerzwiebel und 
der Phosphor die verbreitetste Anwendung gefunden. Beide Stoffe 
werden deshalb alien anderen Giften vorgezogen, weil sie als sehr wirk- 
sam gegen Ratten gelten und besonders deshalb, weil sie wegen ihrer 

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Neumark u. Heck, Ueber Rattenvertilgungsmittel. 


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widerlichen Geschmacks- und Geruchseigenschaften selten zu Vergif- 
tongen von Menschen and Haustieren geftihrt haben, und desbalb auch 
fast unter alien Verh&ltnissen ausgelegt werden kbnnen. Wahrend 
Phosphor immerhin auch ftir Menschen und Haustiere ein starkes Gift 
ist, enthalt die Meerzwiebel nur Giftkbrper, die ftir Menschen und Haus¬ 
tiere relativ harmlos sind; tftdlich verlaufene Vergiftungen beim Men¬ 
schen sind in der Literatur nur als seltene Falle bekannt; wegen ihres 
ekelhaften, bitteren, schleimigen Geschmackes werden daraus hergestellte 
Praparate in schadlich wirkenden Mengen nicht aufgenommen. Somit 
hat auch die Bezeichnung „Giftfreies Ratten gift u ftir die Scilla-Pra- 
parate eine gewisse Berechtigung. Verwendet werden frische Zwiebeln. 

Die Zwiebel ist birnformig und bis kopfgrofi. Die BuBeren Schalen 
sind trockenhautig, die mittleren tleischig und die inneren schleimig. 
Die Zwiebelscbalen sind weiB oder rotbraun. Deshalb unterscheidet man 
eine weifie und rote Sorte. Die rote Scilla soli reicher an wirksamen 
Bestandteilen sein. Die aufieren trockenen Schalen sowie die innersten 
weichen enthalten am wenigsten Giftstoffe. Die wirksamen Bestandteile, 
soweit man sie bis jetzt kennt, sind Scillitoxin, Scillipikrin, Scillin, das 
Glykosid Scillaln, ein Kohlehydrat Sinistrin, ein hbelriechendes Oel, 
ferner oxalsaurer Kalk, Zucl er und Schleim. Weichen von diesen Be¬ 
standteilen die Hauptwirkung zuzuschreiben ist, ist nicht naher bekannt. 
Als Haupterscheinung ruft Scilla Diurese hervor; ob dies mehr eine 
Herzwirkung ist oder mehr auf Nierenreizung zurflckzuftihren ist, steht 
nicht fest. AuBerdem treten gastroenteritische Veranderungen auf. 

Die in der pharmazeutischen Praxis gebrauchlichste Darstellung zu 
Rattengift geschieht in der Weise, daB die frischen Meerzwiebeln in 
einer Fleischhackmaschine zerkleinert und mit Wurst oder Hack- 
fleisch und Mehl zu einem Teig verarbeitet werden, den man mit Fett 
wie Pfannkuchen backen laBt. Zahlreich sind die im Handel befindlichen 
Rattengiftmittel, die aus der Meerzwiebel hergestellt sind, fast alle die 
angepriesenen sogenannten giftfreien Rattengifte sind Meerzwiebel- 
priparate. 

Wie erwahnt, kommen Arsen und Strychnin wenig in Frage, 
weil sie in der tddlich wirkenden Dosis weder im Geschmack noch Ge- 
ruch wahrnehmbar sind und leicht zu unabsichtlicher Vergiftung von 
Menschen und Haustieren fiihren konnen. Der Phosphor dagegen 
ist durch seinen Geruch derart leicht kenntlich, daB Vergiftungen aus 
Unachtsamkeit zu den Seltenheiten gehfiren. Die Nager scheinen sich 
an seinen Geruch und Geschmack nicht zu stofien. Seine Zubereitung 
zur Latwerge geschieht in der Weise, daB abgewogene Mengen weiBen 
Phosphors in einer vorerwfirmten Reibschale in heiBem Wasser verrieben 
und geschmolzen werden; nach dem Erkalten wird Fett oder Oel und 
Mehl zugesetzt, bis eine breiige Konsistenz erreicht ist. Auch Zucker 
kann beigefflgt werden. Die fertigen Latwergen enthalten etwa 2—5 Proz. 
Phosphor. Die Wirksamkeit dieser Latwerge hangt weniger vom Gehalt 
an Phosphor ab als davon, daB der Phosphor moglichst fein verteilt 
oder noch besser, gelost ist, was durch den Zusatz von Oel oder Fett 
erreicht wird. Grdfiere Phosphorstuckchen konnen unter Umst&nden 
den Darmkanal passieren, ohne schwerere Erscheinungen hervorzurufen, 
wahrend fein suspendierter oder gelbster Phosphor bereits in sehr ge- 
ringer Menge tfldlich wirkt. Die Phosphorlatwerge verliert mit dem 
Alter an Wirksamkeit, haltbarer ist solche mit Fettzusatz. 

Die beiden Hauptgifte ftir Ratten, Phosphor und Meerzwiebel, prflften 


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Centralbl. L Bakt etc. 1. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 1. 


wir nun bei nnseren Untersuchungen auf ihre Wirksamkeit Teils be- 
nutzten wir von uns selbst nach den Vorschriften der pharmazeutischen 
Praxis hergestellte PrSparate, teils fertige HandelsprSparate. 

1. Yersnche mlt Phosphor. 

Die Herstellung der Latwerge geschah in der ublichen Wdise. 4 g 
weiBer Phosphor wurde in erwarmter Reibschale in 40 ccm heiBem 
Wasser verrieben, bis der Phosphor geschmolzen war, dann wurden 
40 ccm Rflb61 zugesetzt; diese Emulsion wurde rait 100 g Brotmehl zu 
einem Brei verrQhrt. Die fertige Latwerge gab an der Luft deutliche 
Pbosphordampfe ab. 5 g der Latwerge vermengten wir mit 50 g weicher 
Wurst. Damit geffltterte Ratten starben nach 2—4 Tagen. 

Das Sektionsbild bot die typiscben Erschein ungen der Phosphorvergiftung dar: 
Blutige Magendarmentzundung und schwere fettige Entartung der Leber. Nach 10 Tagen 
mit aieser Latwerge gefiitterte Ratten starben ebenfalls unter denselben Erscheinungen 
innerhalb 2—4 Tagen. Das Mittel wirkte also prompt. 

Ferner priiften wir ein Praparat, daB unter der Bezeichnung „Phosphor brei 4< 
von einer chemischen Fabrik in Ems hergestellt wird. Das Mittel, das in Blechbuchsen 
verpackt in den Handel kommt, stellfc eine graue, pastenartige, stark nach Phosphor 
riechende und Phosphordampfe verbreitende Masse dar. 

Zum Zwecke der Verfiitterung wurde die Masse nTit zerkleinerter Dauerwurst ver- 
mengt und an eine Anzahl grauer Ratten sowie eine weiBe Ratte verabfolgt. Alle 
Ratten starben, am schnellsten die weiBe, die schon in 24 Std. dem Gifte erlag. Eine 
graue Ratte starb erst nach 6 Tagen. Der Zerlegungsbefund war bei alien Tieren 
typisch: blutige Magendarmentzundung, fettige Entartung der Leber. 

Das Mittel erscheint deshalb als brauchbar zur Rattenbekampfung. 
2. Versuch© mit Meerzwiebel. 

Auch hierbei sei zunachst das von uns selbet hergestellte Praparat angefiihrt 
Kleingehackte Stuckchen frisch bezogener Meerzwiebel wurden mit 60-proz. Alkohol im 
Verhaltnis von 1:56 Tage lang extrahiert und dann durch ein Koliertuch gepreBt. 
Mit diesem gelbrot aussehenden, diinnfliissigen Auszug wurden kleine Brotstiickchen 
durchtrankt und an graue Ratten verfiittert. Schon im Verlaufe von 10 Std. trat die 
Giftwirkung ein. Die Ratten zeigten heftige Zuckungen, blutige Diurese. Am 2. Tage 
waren beide Ratten eingegangen. Die serosen Haute wiesen Hamorrhagien auf. AuB^*- 
dem bestand ham. Nephritis und Enteritis. 

Unter dem Namen „giftfreie Rattenbrocken 44 wird von einer chemischen 
Fabrik in Landsberg a. W. ein Mittel hergestellt, das als wirksame Substanz Be ilia 
enthalten soli, daneben aber noch andere Btoffe als Witterung und zur Anregung der 
FreBluat. Diese Brocken — in Pappkartons verpackt — sind von schmutzig-grauer 
Farbe und von Form und GroBe kleiner Kakes. Nach der beiliegenden Gebrauchs- 
anweisung soli gleichzeitig den Ratten reichlich Trinkwasser gegeben werden. 

Zunachst wurden 3 Ratten mit diesem Praparat gefuttert. Sie blieben am Leben. 
Erwabnt sei jedoch, daB verabsaumt wurde, fiir Trinkwasser zu sorgen. Von 4 weiteren 
unter Zugabe von Trinkwasser mit demselben Material gefiitterten Ratten starben 3, 
eine jedoch erst nach 16 Tagen. Eine blieb am Leben. Das Mittel wirkte also nicht 

1 turner. 

Eine 2. Sendung des Praparates erwies sich ineofern als wirksamer, als alle ge- 
futterten Ratten — es waren allerdings mu* 2 — in 1 bzw. 2 Tagen starben. 

In letzter Zeit wurden nochmals Futterungsversuche angestellt mit einer weiteren 
Bendung dieses Praparates, das jetzt so weit verstarkt sein sollte, daB die Ratten schon 
innerhalb weniger Btunden sterben. In der ublichen Weise futterten wir 3 Ratten, 

2 graue und 1 weifie. Eine von den grauen Ratten war nach 24 Btd. schwer krank, 
zeigte heftige Krampfe und war am 2. Tage tot. Der Zerlegungsbefund bot keine Be- 
sonderheiten dar. Die andere graue Ratte starb nach 4 Tagen. Die weiBe Ratte blieb 
am Leben, ohne irgendwelche Krankheitserscheinungen zu zeigen. Hierzu moebten wir 
bemerken, daB diese Ratte 3 Wochen vorher eine Probe des Praparates, einer friiheren 
Sendung entstammend, erhalten hatte und infolgedessen unter schwersten klonisch* 
tonischen Kr&mpfen erkrankt war, von denen das Tier sich jedoch nach 3 Tagen vOllig 


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Neumark a. Heck, Ueber Rattenvertilgungemittel. 


49 


erholt hatte, Vieileicht rfihrte hiervon eine gewisse Giftfeatigkeit gegeniiber der er- 
neaten Gabe her. 

Em wei teres hier zu nennendes Pr&parat ist das „Rodro 11“ („Ro- 
dro 1“ soil ein Bakterienpr&parat sein). 

Ueber die Zusarnmensetzung des „Rodro 11“ wird in dem Proepekt nichts ge- 
Bagt. Nach seiner Wirkungsweise durfte es sich um ein Meerzwiebelpraparat bandeln. 
Wir steliten nur mit „Rodro 11“ Vereuche an. Es ist eine pastenahnliche, ranzig 
riechende Masse von graubraaner Farbe und enth&lt einen parfumahn lichen Stoff, wolu 
als Lockmittel fur die Ratten. Die bakteriologiscbe Untersuchung dieses Mittels ergab 
nichts Besonderes. Ratten, die damit gefiittert wurden, erkrankten unter schwersten 
klonisch-tonischen Krampfen, die nach 3—4 Tagen prompt znm Tode fuhrten. Der 
Zerlegungsbefund zeigte nichts Besonderes. 

Eine Wiener Firma vertreibt ein Mittel, das sie „Virusyl“ nennt. 

Es sind dies graubraune Brocken von 20—30 g Gewicht. Der Grundstoff soli 
Meerzwiebel sein. Wir konnten in Futterungsverauchen an grauen Ratten die in den 
Prospekten versprochene Wirkung nicht beobachten. Die Tiere blieben am Leben. 

Das „Ratinin“, das bei dem sogenannten Ratio system dazu dienen 
soil, die Ratten, bei denen die Ratinbaklerien versagt haben, zu tOten, 
ist ebenfalls, wie die herstellende Firma jetzt selbst an gib t, im wesent- 
lichen ein Meerzwiebelextrakt 

In mehreren Versnchsreihen gingen Ratten, die wir mit Ratinin einmalig fiitterten, 
stets prompt in 1—2 Tagen ein. Die Krankbeitserscheinungen wie die Obduktions- 
befunde sprachen fur B c i 11 a - Vergiftung. Eine vorherige Gabe von Bakterien war 
dorchane nicht erforderlich. 

Fflr die Bewertung der gebrftucblichsten von uns geprflften Ratten- 
gifte geht aus nnseren Versuchen hervor, daB sowohl der weiBe krystal- 
linische Phosphor wie auch die Meerzwiebel geeignet sind, Ratten 
sicher zu tQten, daB fernerhin beide Giftarten in geeigneter Form an- 
scheinend von den Ratten nicht ungern genommen werden. Die Wirkung 
des Phosphors ist in solcher Latwerge intensiver, die reichlich Fett und 
damit den Phosphor mSglichst gelOst enth&lt. Aufierdem ist fetthaltige 
Phosphorlatwerge haltbarer. 

Die Wirksamkeit der Meerzwiebel ist in solchen Zubereitungen eine 
prompte, die die Bestandteile in fltlssigen Medien enthalten, wie z. B. 
die Versuche mit „Ratinin“ und dem von uns selbst hergestellten Aus- 
zng beweisen. Die festen Scillapr&parate scheinen in ihrer Wirkung 
nicht so sicher. 

Jedenfalls haben wir in Laboratoriumsversuchen mit den genannten 
Giftpr&paraten ganz andere Ergebnisse erzielen konnen, als mit den 
nntersuchten Bakterienpr&paraten, von denen wir keinem einzigen eine 
Ratten totende Wirkung zuschreiben konnten. 

Wie verhalten sich nun die verschiedenen Rattenvertilgungsmittel 
in der Praxis? 

Der Magistrat von Alt-Berlin hat im vorigen Jahre versucht, auf 
dem Wege der Belehrung und Aufkl&rung der Grundbesitzer durch ein 
Merkblatt eine gleichm&Big einsetzende, allgemeine Rattenbek&mpfung 
ins Werk zu setzen. Hierbei sollte die Auswahl der Mittel dem ein- 
zelnen flberlassen bleiben. Wie eigentlich nicht anders zu erwarten war, 
ist tats&chlich nur von sehr wenigen Grundbesitzern $twas veranlafit 
worden, und zwar war es besonders die Kostenfrage, die hindernd im 
Wege stand. Eine zielbewufite Rattenbek&mpfung kann eben nur ent- 
weder mit polizeilichem Zwange oder dadurch bewerkstelligt werden, 
daB die Behdrde die erforderliche MaBnahme einschlieBlich der Kosten 
selbst Qbernimmt. Ein derartiges Vorgehen ist neuerdings von Dresden 

Erste Abt. Orig. Bd. 87. ' Heft 1. 4 

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50 CentralbL f. B&kt, etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 

» 

und NeukOlln bekannt geworden. In beiden Orten wird Phosphor* 
latwerge verwandt. Wenn also in Berlin, wie man ruhig sagen kann, 
die Rattenbekampfung auf den PrivatgrundstQcken noch sehr im Argen 
liegt, so sind doch durch die erwahnte Aktion anf stadtischen Grund- 
stQcken recht gute Erfolge erzielt worden. Ohne auf die Einzelheitcn 
naher eingehen zn konnen, wollen wir nnr so viel sagen, dafi auch hier 
mit Giften, besonders mit Phosphorlatwerge, die besten Resultate beob- 
achtet wurden. 

FQr allgemeine Rattenbekampfungsaktionen dOrfte also nach den 
bisherigen Erfahrungen die Phosphorlatwerge die Hauptrolle zu 
spielen baben. 


Nochdruck verbolen. 

Ueber Selenomonas palpitans n. sp. 

Von Dr. phil. nat. Hellmuth Simons, DQsseldorf. 

In meiner Arbeit tiber „Eine saprophytische Oscillarie im Darm des 
Meerschweinchens“ (Diese Zeitschr. Abt. II. Bd. 50. 1920. S. 356) er¬ 
wahnte ich (S. 364) eine nebenher beobachtete neue Selenomonas-Spe- 
zies aus dem Blinddarm des gleichen Wirtes. Die Gattung Selenomonas 
war seinerzeit durch v. Prowazek (Diese Zeitschr. Abt. I. Orig. 
Bd. 70. S. 1913) fQr Mikroorganismen aus dem Darminhalt von Giraffen, 
Gazellen und Schirrantilopen aufgestellt worden. Wegen ihrer eigen- 
tQmlichen Bewegungen benenne ich diese neue Spezies Selenomonas 
palpitans. Mein SchQler, Erwin Boskamp (DQsseldorf), wird an 
dieser Stelle deranachst Qber Bau, Lebensweise und systematische Stel- 
lung dieses hochst interessanten Mikroorganismus ausfQhrlich berichten. 

DQsseldorf, Juni 1921. 


Nqchdruck verbolen . 

Studien tiber den Komplementgehalt des menscblicben 

Blutes. 

[Aus der Inneren Abteilung des Krankenhauses zu St. Georg Leipzig: 

(Prof. Dr. W a n d e 1).J 

Von Dr. Brinkmann, 

Assistenzarzt der Abteilung, z. Zt. Assistenzarzt an der Med. Universitatsklinik Jena. 

Anfang vorigen Jahres veroffentlichte Hintze die von ihm ge- 
machte Beobachtung, daB das Komplement anscheinend vollkommen ge- 
sunder Meerschweinchen, die aber doch mit beginnender Pseudotuber- 
kulose behaftet waren, im hamolytischen Vorversuch zur Wasser- 
mannschen Reaktion auffallend schnell und hoch loste, dagegen im 


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Brink in an n, Studien fiber den Komplementgehait dee meuschl. Blutee. 51 

Hauptversuch erheblich mehr Heramungen verschiedenen Grades her- 
vorrief als das Komplement wirklich gesunder Tiere. Die gleicbe Erfah- 
rang macbten auch wir in unserem Laboratorium. Das gab ffir mich auf 
Herrn Prof. Hintzes Anregung hin den AnlaB, der Frage des Kom¬ 
plementgehaltes unter verschiedenen Verhfiltnissen nochmals nfiher zu 
treten. Aufgabe'war, an einer mdglichst umfangreicben Anzahl von 
Blutseren mit einer mOglichst einfachen, sich stets gleich bleibenden 
Methode etwaige Schwankungen des Komplementgebaltes zn studieren. 
So bin ich seit Januar 1920 bis Ende des Jahres mit fiber 1000 Einzel- 
untersuchungen dem Wechsel des Komplementgehaltes bei nahezu 500 
menschlichen Seren nacbgegangen. 

Untersuchungen fiber den Komplementgehait dee menechlichen Blutes unter 
pathologischen Verhaltnissen liegen scnon in einer ganzen Reihe vor. Bie stammen 
zameist aue frfiheren Jahren und eind gewfihnlich au einer nur beschrankten Anzahl 
?on Seren angestellt. Die ersten waren Neifier und Doring, die bereits 190L 
20 Falle untersuchten. Ihnen folgte Laqueur mit 3, Hedinger mit nicht genau 
angegebener ZahJ, von denen 8 eingehend analyeiert wurden, Trommedorff mit 25, 
Kreibich mit 26, Kentzler mit 51 Fallen. Eingehender behandelte die Frage spater 
Moro an fiber 200, Lfidtke an 80 Seren. Weniger zurfiek liegt eine Arbeit von Cori 
and Radnitz mit 52 Fallen. Die alteren Untereuchungen arbeiteten mit einem hochst 
einfachen System: 5-proz. Biutkorperchenaufschwemmungen mit abgeetuften Serum- 
gaben. Das kritisierte spater Moro, weil jja bei dieser Methode auf die Normalambo- 
zeptoren des menechlichen Blutes keine Rucksicht genommen und also nicht so sehr 
das Komplement als solches, als vielmehr der ^hamolytische Blankwert u bestilnmt 
wird, wie sich Moro ausdruckt. Man kann die Mitwirkung der Normalambozeptoren 
aoaschalten, indem man die Blutkorperchen mit Immunambozeptoren beladt. Hierauf 
hat Moro seine Arbeitsmethode aufgebaut, indem er als Zwischenkorper quantitativ 
ausgewertetes Hammelblutimmunserum vom Kaninchen benutzte (Methode A). Er 
mufite sich aber selbst davon uberzeugen, dafl die Versuchsbedingungen selbst solcher- 
weise nicht ganz einwandfrei wurden, da sich die komplettierende Eigenschaft des 
frischen menschlichen Serums auf die Normal- wie auf die Immunambozeptoren be- 
ziehen kann, und da die Kaninchenambozeptoren sich fur die Aktivierung durch 
menschliche Seren fiberhaupt nicht besonders eignen. Deshalb arbeitete Moro spater 
auch eine weitere Methode B aus, bei der er als Zwischenkorper die eines inaktivierten 
menschlichen Serums von beknnntem Ambozeptorengehalt verwendete. Die Schwierig- 
keit bestand nun aber in der Beschaffung ernes solchen ambozeptorreichen mensch¬ 
lichen Serums. Lfidtke stellte deshalb spater auch Verauche an, bei denen er Affen- 
immunserum als Zwischenkorper benutzte. Schliefilich mufite Moro aber unter dem 
Eindruck seiner praktischen Ergebnisse zugeben, daB der Komplementgehait des Serums 
and die Udhe des hamolytischen Blankwertes einander entsprechen, und diesem doch 
,eine erhdhte Bedeutung* einraumen. 

BewuBt habe ich bei meinen Untersuchungen von der Einschaltung 
eines besonderen fremden Ambozeptors abgesehen. Es lag mir daran, mit 
einem moglichst einfachen System zu arbeiten, indem ich mir sagte, daB 
bei alien derart gerichteten biologischen Reaktionen jeder neu in das System 
gebrachte K6rper die Vorgfinge beira Ablauf der Reaktion weitgehend 
verschwierigt. Fenyvessy leugnet fiberhaupt, daB wir eine Methode 
zor Bestimmung des wahren Komplementgehaltes hatten. Neuere Unter¬ 
suchungen von Leschly zeigen, daB die Ambozeptormenge an sich 
fiberhaupt nur geringe Bedeutung hat, insofern nur eine ausreichende 
Menge vorhanden ist, urn fiberhaupt Hfimolyse zu erzeugen. So ist 
denn die von mir angewendete Arbeitsweise aufierordentlich ein- 
fach gewesen. Zur Verwendung kamen 0,5 ccm 3-proz. Aufschwemmung 
von Hammelblutkorperchen und abgestufte Gaben der zu untersuchen- 
den Seren. Ein beliebig herausgegriffenes Versuchsprotokoll (Nr. 645) 
eines normalen Falles mag das statt vieler Worte erliiutern. 


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4 * 

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52 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


Name 

Ablesung nach 

30* 

| 60- 

| 120' 

1 24k i 

Bemerkungen 

Du Ch. 9 

Hbl. 0,5 





6 btd. n. E, 

20 Jahre 

Kompl. 0,01 

+ + + 

+ 

— 

’ _ | 



„ 0,06 

+ + 

T 

— 

1 

Geaund 


„ 0,08 

T 

— 

— 

— 


2. Nov. 1920 

„ 0,1 

T 

— 

— 

1 - 

WaR. neg. 


Die Aufzeichnung folgt dabei der bei der Wassermannschen 
Reaktion allgemein Oblichen. indem g&nzliche Hemmung mit +++; die 
fibrigen Stufen mit ++, +, ±, +, Sp. und vollstfindige Ldsung mit — 
bezeichnet werden. 

Besonders betonen mOchte ich, dafi die Blutkorperchen 
w&hrend der ganzen Untersuchungen von ein and demseiben 
Tiere stammten, so dafi ungewollten Schwankungen durch diesen an- 
bedingt erforderlichen Bestandteil des h&molytischen Systems im vorn- 
herein vorgebengt warde. Trommsdorff hatte schon Entsprechen- 
des gefordert, and Morgenroth and Sachs hatten auf die Ver- 
schiedenheit der Rezeptoren der roten Blutkdrperchen hingewiesen. 
Das Hammelblat warde gewdhnlich am Tage der Untersuchang Oder 
am vorhergehenden gewonnen. In diesem Falle warde es ausgewaschen, 
also' vom eigenen Serum grflndlichst gereinigt und als zusammenge- 
schleuderte feste rote Masse mit nur wenig darflber stehender physiol 
Kochsalzldsung aufbewahrt. Bekanntlich hat Leschly darauf aufmerk- 
sam gemacht, dafi die Widerstandskraft der roten Blutkdrperchen beim 
Aufbewabren abnimmt, und zwar schneller in 5-proz. Aufschwemmung 
als in Breiform. Ebenso fand Biot die Ldslichkeit der roten Blut- 
kdrperchen beim Aufbewahren gegenfiber filteren Seren ungleich ver- 
schoben. Das entspricht durchaus meinen eigenen experimentellen 
Erfahrungen mit aufgehobenen und aufgeschwemmten Hammelblut- 
kdrperchen. Statt vieler dazu nur ein Versuchsprotokoll (Nr. 92). 


Name 

Ableeung nach 

30' 

60' 

120' 

24 h 

Bemerkungen 

Lannicke 9 
32 Jahre 

Hbl. 0,6 
Kompl. 0,1 

T 

T 

T 


Gallensteinleiden 


„ 0,2 

T 

T 

T 

— 

9 Std. n. E. 

4. Febr. 1920 

„ 0,3 

T 

T 

T 


WaR. neg. 


Name 

i 

Ablesung nach 

30' 

60' 

120' 

| 24 ““ 

Bemerkungen 

Lannicke 9 
32 Jahre 

5. Febr. 1920 

Hbl. 0,5 
Kompl. 0,1 
,, 0,2 
,, 0,3 


1 



Hammelblut 

1 Tag ge&tanden 

30 Std. n. E. 


Da wir an unserer Inneren Abteilung bei jedem neu aufgenommenen 
Falle grundsatzlich die Wassermannsche Reaktion anstellen, hatte 
ich nur notig, unter den zu diesem Behufe mir ins Laboratorium zuge- 
schickten Blutproben die ffir meine Zwecke geeigneten Seren auszu- 
wahlen. Gfinstig fiir meine Untersuchungen war, dafi wir gerade im 


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Brin km an n, Studien iiber den Komplementgeh&lt des menscbl. Blutes. 53 


Verlaafe des vorigen Jahres eine gr&Bere Grippe- und Ruhrepidemie 
durchmachten, so daB mir gerade von den in diesem Zusammenhange 
ganz besonders interessanten Infektionskrankheiten reichlich Seren zur 
VerfQgung s tan den. Nebenher warde in jedera Falle die Wasser- 
mannsche Reaktion und bei den einschiagigen Fallen Widal und die 
entsprecbenden anderen serologischen Untersuchungen angestellt, freilich 
ohne far die Frage des Komplementgehaltes irgendwie Bedeutung zu 
gewinnen. Das Patientenblut wurde jeweils morgens zwischen 8 und 
10 Ubr entnommen, urn Einflflsse durch die Verdauungsvorgange nach 
Moglichkeit auszuschlieBen. Moro z. B. verm'utet auch einen innigen 
Zusammenhang der hamolytischen Serumwirkung mit den durch physio- 
logische Einflusse herbeigefQhrten Aenderungen des StoffWechsels. Das 
steril durch Punktion der Armvene gewonnene Blut wurde sofort be- 
arbeitet, sobald sich das Serum von selbst abgesetzt hatte, also im 
Durchscbnitt meist innerhalb der ersten 5—8 Std. Mandelbaum, 
der bei jedem Menschen gleichen Komplementgehalt des stromenden 
Blutes annimmt und den Komplementschwund auf Vorgange im Prttf- 
glas zurQckfflhrt, zentrifugiert unmittelbar nach der Blutentnahme. Das 
Zentrifugieren kann aber sicher nicht bedeutungslos sein, kennen wir 
doch den weitgehenden EinfluB des SchQttelns auf das Komplement. Fttr 
die Reaktionen selbst wurden nur Glaser aus Jenaer Glas genommen, 
am auch nach dieser Richtung hin vor unwagbaren EinflUssen sicher 
zu sein. Die mit Blutkdrperchenaiifschwemmung und Serumgaben be- 
schickten Prufglaser kamen in den Brutschrank und wurden jeweils, 
wie oben das Versuchsprotokoll schon zeigt, nach 30, 60, 120 Min. zum 
Ablesen herausgenommen und dann bis 24 Std. nach Anstellung der 
Reaktion bei Zimmertemperatur stehen gelassen, um dann noch einmal 
abgelesen zu werden. 

Zufailigerweise entstammen weitaus die meisten Serumproben 
Frauen. Gay und Ayer wollten fOr diese durchschnittlicb geringeren 
Komplomentwert gefunden haben. Das kann ich nach meinen Auf- 
zeichnungen aber durchaus nicht bestatigen. 

Vollkommen gesunder Personen Serum konnte ich aus 
naheliegenden GrOnden nur in verhaitnismaBig geringer Zahl unter- 
suchen. Denn das durch die Revolution hindurchgegangene groB- 
stSdtische Personal dQrfte nur schwer zur Hergabe von Blutproben zu 
bewegen sein. Ich verfOge Qber 12 solcher Falle, bei denen in weit 
flberwiegender Zahl bei 0,1 Serum nach durchschnittlich 120 Min. voll- 
stindige Hamolyse auftrat. 1 Fall fiel freilich ganz aus dem Rahmen, 
insofern er noch nach 24 Std. bei 0,1 jede Losung vermissen lieB. 
Eine genauere Analyse der obwaltenden Verhaltnisse soil spater er- 
folgen. 

Aus der geringen Zahl wQrde sich nur schwer ein Urteil gewinnen 
lassen. Aber ich habe da noch 4 Falle von Scabies, bei welcher Er- 
krankung man wohl einen tiefergehenden EinfluB auf den Gesamtorga- 
nismus ausschliefien darf. Auch deren Seren 15sten bei einem Zusatz 
von 0,1 ccm. 

Den Gesunden am nachsten stehen Kranke mit leichteren 
chirurgischen Erkrankungen wie Bruchen, Quetschungen, Her- 
nien, bei denen man einen EinfluB von Trauma und etwaiger Operation 
auf die humoralen Schutzkrafte zur Not annehmen kbnnte. Es sind 
ihrer 26 Falle. Weitaus die Mehrzahl loste bei 0,1 ccm nach durch¬ 
schnittlich 60 Min. 

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54 


Centfalbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 1, 


Den KomplementgehaltbeiGraviden konnte ich an 27 Fallen 
stndieren. Auch hier wieder Hamolyse flberwiegend bei 0,1 ccm nach 
30—60 ‘Min. Das wflrde mit Lfldtkes Befunden tlbereinstimmen, der 
den Koraplementgehalt bei graviden Versuchstieren feststellte und im 
Gegensatz zu Staubli keine irgendwie ins Gewicht fallende Steigerung 
des Titerwertes finden konnte. 

Von Erkrankungen der weiblichen Genitalorgane ira 
Sinne von Dysmenorrhoe, Parametritis, Salpiftgitis und anderen wurden 
31 Faile untersucht. Urn nur einmal eine Verhaltniszahl zu nennen, 
losten 25 davon bei 0,1 nach 30—60 Min. 

Folgen nervfise Erkrankungen wie Neurasthenic, Hysterie, 
Epilepsie usw*., 23 an der Zahl. Auch hier wieder L6sung bei 0,1 inner- 
halb von 30—60 Min. Dabei konnte eine ganze Reihe davon mit gutem 
Gewissen auch den kfirperlich Gesunden eingeordnet werden. Tabes 
und wassermann positive Faile mit Verschleierungsdiagnose wie 
Depression oder Aehnliches werde ich unter Lues aufffihren. 

Herz- und Lungenkrankheiten mit Ausschlufi der Tuber- 
kulose sind 52 Faile aufgefiihrt. Im groBen und ganzen das gleiche 
Bild. Immerhin sind es 7 Faile, die bei 0,1 jicm Serum selbst nach 
24 Std. noch keine ganz vollkommene Lfisung (+) aufweisen. 2 weitere 
fallen wieder vollkommen aus dem Rahmen, da sie selbst bei 0,3 und 
0,5 ccm noch nach 24 Std. vollstandige Hemmung zeigen. Ihre gemein- 
sarae Analyse folgt entsprechend der des obigen Falles spater. 

Von Anamie. so interessant sie in diesem Belange ware, habe 
ich leider nur 1 Fall, mit vollstandiger Losung bei 0,1 ccm nach 
60 Min. Uebrigens konnte ich genau wie andere aus der Analyse der 
Blutbilder nichts von Bedeutung fflr die Frage der Komplemente und 
ihrer Entstehung herauslesen. Kommen dazu 3 Faile von Ik ter us und 
1 von Hamatoporphyrinurie mit normalem Lfisungsvermfigen. 
Kiinstlich hervorgerufener Ikterus stofit im Tierexperiment auf unend- 
liche Schwierigkeiten. Jedenfalls fanden Stadelmann und Lildtke 
in ihren dahin zielenden Versuchen keine Veranderungen des Komple* 
mentes. 

In das entsprechende Fach gehfiren auch die Vergiftungen, 
3 an der Zahl: Gasvergiftung und Bleienteritis ohne veranderten Hamo- 
lysewert. Bei sehr starken Vergiftungen mit Phosphorlfisung haben 
andererseits Ehrlich und Morgenroth beim Kaninchen Komple- 
mentschwund gefunden. 

Es folgen 6 Nierenfalle, die ebenfalls ganz regelrechten Titer 
aufweisen. Leider fehlt Urdmie vollstandig darunter. Bekanntlich haben 
Neifier und Dfiring den Komplementgehalt gerade bei dieser Er- 
krankung eingehend studiert. Sie fanden bei Zusatz von inaktiviertem 
Uramieserum eine Hemmung, wdhrend doch zuvor 0,1 ccm des frischen 
Serums noch eben gelost hatte, und fiihrten den Vorgang auf anzu- 
nehmende Antilysine zuriick. Laqueur bestatigte diesen Befund, 
wahrend Hedinger in drei weiteren Fallen auch beim unveranderten 
Serum schon Hemmung fand. Von anderer Seite konnten diese Be* 
funde nicht ausschlieBlich bestatigt werden. Mich el is und andere 
fanden entsprechende Erscheinungen auch bei anderen Erkrankungen. 
Experimeutelle Nachprufung konnte die Losung der Frage nicht ffirdern. 
Jedenfalls kommt der Erscheinung keine diagnostische Bedeutung zu. 

Gelenkrheumatismus mit 10 Fallen leitet schon zu den In- 
fektionshranklieiten hiniiber. 


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Go^ 'gle 


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Brinkmann, Studien iiber den Komplementgehalt des menschl. Blutes. 55 

Deren Reihe wird von der Grippe rait 67 Fallen eroffnet. Reich- 
lich die Haifte 15st mit 0,1 ccm im Durchschnitt innerhalb 60—120 Min. 
Wenn bei anderen Fallen Ldsung mit 0,2 zu einer urn Weniges frtiheren 
Zeit aufgezeichnet ist, so besagt das nicbts fiir eine Veranderung des 
Komplementgehaltes, und das gilt selbstverstandlich auch filr die ent- 
sprechenden Befunde bei alien anderen Erkrankungen; vielmehr mflssen 
wir dann die raschere Losung auf Rechnung der Konzentration setzen, 
wie wir denn aus Fenyvessys und Leschlys Untersuchungen lernen, 
dafi die Komplementwirkung, nach dem Endergebnis gemessen, im Wider- 
spruch zu den Angaben Schellers im wesentlichen von der absoluten 
Menge, nicht von der Konzentration abhangig, dad die Konzentration 
dagegen von EinfluB auf die Geschwindigkeit der Hamolyse ist. 

Bei 22 Fallen von Typhus linden wir die Hamolyse durchschnitt- 
lich bei 0,08-0,1 ccm. 2 Faile stehen unter den anderen alien ausge- 
zeichnet nach der Regel Itfsenden ganz vereinzelt da mit ihren selbst 
nach 24 Std. mehr weniger starken Hemmungen. 

Von Ruhr sind es 52 Faile, ebenfalls mit Hamolyse bei 0,08 bis 
0,1 ccm. Auch hier linden sich 6 Faile darunter mit Hemmungen noch 
nach 24 Std. 

Die gleichen Werte zeigen auch die iibrigen Infektionskrankheiten 
akuter Art, wie Diphtherie, Masern, Scharlach usw., 38 an der 
Zahl. 

Im groBen nnd ganzen kann ich M o r o s Ergebnisse nicht bestatigen, 
der mit der Schwere der klinischen Erscheinungen ansteigenden Kom¬ 
plementgehalt fand. M o r o glaubte, aus seinen Befunden prognostische 
Schltisse ziehen zu diirfen und sprach von guten und schlechten Kom- 
plementbildnern. Er befand sich aber schon seinerzeit im Widerspruch zu 
den meisten anderen Autoren. Meine Ergebnisse stimmen unter anderen 
mit denen von Cori und Radnitz aus jilngster Zeit flberein. Sie 
fanden librigens als den am hauligsten erhobenen Komplementwert den 
von 0,06, wie es ja auch Mandelbaum tut. Wenn wir in Rechnung 
setzen, dafi sie Kaninchenambozeptoren einschoben, wflrde das meinen 
eigenen Werten nahezu vollkommen entsprechen. Das Gleiche gilt 
fibrigens auch von dem Ltidtkeschen Werte von 0,04. NeiBer und 
DSring, die wie ich ohne zugesetzte Ambozeptoren arbeiteten, fanden 
dementsprechend denn auch ebenfalls 0,1 ccm als Durchschnittswert. 

Von den chronischen Infektionskrankheiten sei in erster 
Linie die Tuberkulose mit 36 Fallen genannt. In Uebereinstimmung 
mit Kentzler fand ich die gewohnten Werte. 3 Faile freilich fallen 
wieder mit ihren ungewobnlichen Hemmungen selbst nach 24 Std. noch 
anf. Nebenbei sind selbstverstandlich Faile aller Stadien untersucht 
worden, einzelne wiederholt, wie ich das Oberhaupt haufiger, namentlich 
auch bei akuten Infektionskrankheiten getan habe. Der immer gleich- 
mlBig erhobene Hamolysewert gewinnt so gerade nachhaltigere Be- 
deutung. 

Die Lues und die metaluetischen Erkrankungen sind mit 
38 Fallen vertreten. Auch hier wieder der gewbbnliche Titer und nur 
1 der allgemeinen Regel widersprechender Fall. Mandelbaum fand, 
wenn er das aus der Armvene entnommene Blut 24 Std. im Eisschrank 
hielt, bei pathologischen Seren haufig Konipleraentschwund, und zwar 
fiberwiegend bei Luesfailen, allerdings auch bei chronischer Tuberkulose, 
chronischen Eiterungen, Scharlachrekonvaleszenten. Das bestatigen 
Eicke nnd Mascher, die den gleichen Refund bei alten namentlich, 


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:jt‘) f. ev:. L &:sl ue. Bd. -7. Hen 1. 

gar nicht Oder doch an genu gen d behanie'iten Luesfillen erboben and 
in ihirn eir.en Hiuwcis auf etwaige zerebrale AiTektion sehen wollten. 
Schon Kafka und Haas widersprechen oem. Ich Laos nun. ganz ab- 
ge-.eben von den sons*;gen vieiiacben Wiederholnngen der UntersncLung 
ein and desseif>en Biutes. in 177 f aiien das Seram 5—6 S:d. naeh Ent- 
nahrne und dann nocb einmal naeh 24 Sid. untersuebt. Leicbtere 
Sehwankangen kainen scbon vor. aber derartig ausgesprocbener Kompie- 
mentseijwand. wie ihn Mandelbaum. Eicke und Mascher sahen. 
fand ich nur 2rnal. 1 Fail betraf allerdings eine nnbehandeite Lues 
init zweifeihaftern Ausfail der W a s ser m a n n sehen Reaktion >bei An¬ 
tigen a bei b —). Der andere ging unter der Diagnose Grippe. 
Der Washerman n war ebenfalls fraghch (bei a —•. bei o 77 1 . Dabei 
wind unter den 177 zweitagig untersuchten Fallen alle oben aufgefuhrten 
'18 Lueslalle. die meisten latenter Natur, und nauientlicb aueh reeht 
zahlreiehe metaluetiseher Erkrankung. Paralyse und Tabes, und keiner 
zeigte einen irgendwie auffalligen Korupleinentsehwund. 

Von Karzinomkranken habe ich t> Fiille untersucht. die in der 
Mehrzahl sehr weit fortgeschritten waren und eine weitgehende Kaehexie 
hervorgerufen batten. Sie zeigen eiue vielleieht etwas hinausgezogerte 
Lbhliehkeit. wurde das die Liidtkeschen Befunde verminderten 

Komplementgehaltes andeuten. 

Diesen mbehte ich noch einen Fall von akutester Erschopfung 
anschlieBen. Es bandelte sich um eine Frau, die mit einem schweren 
Sack Kartoffeln einen weiten Marsch uber Land gemacht, dann wahrend 
einer langen Ilahnfahrt in kaltem Wagen gestanden batte und schlieC- 
iich auf einem der hiesigen Bahnhofe nachtens zusammenbrach. Das 
Blut wurde eofort an dem der nachtlichen Aufnahme unmittelbar fol- 
genden Morgen entnommen und der Komplementgehalt in normalem 
Werte gefunden, wfthrend die Ergebnisse zahlreicher Tierversuche einen 
Komplementschwund hatten erwarten lassen. Die Experimente arbeiten 
alle mit verhiiltnismkBig groben Schadigungen, Hnngernlasseu, Wasser- 
entziehung, Erhohung oder Herabsetzung der Temperatur, st£rkste 
Uebermtidung, wie denn jflngst erst wieder Vincent die Abnahme der 
Widerstandskraft des Kdrpers durch Uebermfldung auf Komplement- 
schwund zurlickfdhrte. Insofern hatten alle Voraussetzungen des Ver- 
suches auf diesen einen Fall gestimmt. Aber die Tierexperimente arbeiten 
alle mit viel zu kurzen Zeitraumen, wie sie bei dem pathologischen Ge- 
schehen beim Menschen ganz gewiB nie und nie stattbaben, so daB der 
menschliche K6rper immer wieder Zeit findet, seinen Komplementgehalt 
wieder auf die Ubliche Gleichgewichtslage zu brmgen. Das gilt z. B. 
auch von Sachs’ berfihmtem Versuch intravenoser Blutinjektionen und 
ihnen folgender Prtifung des Serums auf Komplementgehalt in kurzen 
Zwisehenriiumen. Sachs fand solcherweise erst ein Siukeu, dann 
eine Steigerung und schlieBlich Riickkebr des Komplementgehaltes zur 
Norm. So etwas liiBt sich wohl im Tierversuch, nie aber bei den lang* 
Hitmen Vorgiingen pathologischen Geschehens ira Menschenkbrper fest- 
stellen. So batte z. B. ein junges Madcben mit einer sehr schweren 
Ruhr, der sie schlieBlich auch erlag, bis kurz vor ihrem Tode gleich- 
hleihondcn guten Titcrwert (Nr. Die Tierversuche konnen also in der 

Frage des Komplementgehaltes von nur sehr eingeschrSnkter Bedeutung 
sein. Wenn ich fur das menschliche Serum auch bei pathologischen 
VerliiUtnissen einen — selbstverstandlich in miiBigen Grenzen.schwanken- 
den, ini allgemeinen sich aber immer gleichbleibenden Komplement- 


Got igle 


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Brinkmann, Studien iiber den Komplementgehalt des menscbl. Blutes. 57 

gehalt in Anspruch nehme, befinde ich mich ubrigens in Ueberein- 
stimmung mit der weitaus grdBten Mehrzahl der Untersucher. 

Leichtere Schwankungen fallen in die Breite immerhin moglicher 
Fehler der reinen Technik. Es bleiben dann aber doch noch die schon 
aufgezahlten 16 Ffille iibrig, die unter den vielen Hunderten regelrecht 
ISsender Falle durch ihre selbst 24 Std. fiberdauernden starken 
Hemmungen ohne weiteres auffallen. Um sie noch einmal besser 
znsammenzustellen, fand ich darunter 

1 Fall bei organiech vollkommen Gesunden, 

2 „ „ Pneumonia, 

2 „ „ Typhus abdom., 

6 „ „ Ruhr, 

3 „ „ Tuberkulose, 

1 „ „ Lues 

1 „ „ Karzinom 

Jedenfalls macht es zun&cbst einmal den Eindrnck, daB derartig auf- 
fallender Komplementmangel Qberwiegend bei Infektionen akuter wie 
chronischer Art vorkomme. DaB es sich aber tatsfichlich nm Komple- 
men tmangel bandelt, konnte bei einigen Fallen durch schlichteste Analyse 
klargestellt werden, indem ich die Seren einfach mit hdheren Serum- 
gaben fiber die gewtfbnlichen hinaus austitrierte. Als Beispiel diene 
folgender Fall (Nr. 607): 


Name 

Ablesung nach 

30 1 | 

60' j 

120' | 

24“ 

Bemerkungen 

Koch g 

Hbl. 0,5 
Kompl. 0,4 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

Herzfehler 


„ 0,06 

+ + + 

+ + + 

+ + 

+ + 

7 Std. n. E. 


,. 0,08 

+ + 

+ + 

I + 

+ 



„ 0,1 

+ + 

+ + 

1 + 

+ 



» 0,2 

8p. 

— 

| - 

— 



„ 0,3 

Sp. 

— 

— 

— 


15. Sept. 1920 

„ 0,4 

Sp. | 

— 


— 



Ein Gegenstuck dazu bilden andere Versnche, bei denen ich mich 
bemflhte, durch zugesetzten Ambozeptor L6sung zu erzielen. Und zwar 
benutzte ich als Ambozeptor Seren, die am vorhergehenden Tage pflnkt- 
lich gelfist batten, nnd die ich nun bei 56° inaktivierte. Protokoll 54 
mag das nfiher erlfiutern: 


Name 

Ablesung nach j 

30' j 60' 

120' | 

24“ ! 

Bemerkungen 

Mufigang 9 

27 Jahre 

19. Jan. 1020 

Hbl. 0,5 
Kompl. 0,1 
„ 0,2 j 

1 

I +-I-+ T 

i ++ — 

+ — 

— 

; 

Gesund 

5 Tage n. E. 

WaR. neg. 

Name 

j Ableeung nach | 

30' | 60' 1 

120- | 

24“ | 

Bemerkungen 

Frenkel $ 

Hbl. 0,5 

1 

1 



leichte Grippe 


Kompl. 0,1 

+++ +++ 

+++ 

+ + + 

3 Tage n. E. 


„ 0,2 

+ + + + + + 

+++ 

+ + 


23. Jan. 1920 

0,3 

+ + + 1 + + + 

+++ 

1 + 

WaR. neg. 


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58 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


Name 

Ableaung nach 

30* 

60' | 

120' 

24“ 

Bemerkungen 

Frenkel Q 

23. Jan. 1920 

Hbl. 0.5 I 
Amboz. 0,1 
Kompl. 0,1 
„ 0,2 

0,3 

+ + + 
+ + + 
+ + + 

+ + + 
+ + + 
+ + + 

+ + + 

+ + + 1 

+ + + 

• 

+ + + 
+ + + 
+ + + 

Amboz. = inakt. 
Serum Muflgang 


In winder anderen Versuchen, in denen ich an sich hohe Dosen 
Seram verwendet hatte, ging ich so vor, dafi ich dazu noch weitere 
Gaben neuen Komplementes setzte. Dies neue Komplement gewann 
ich mit dem typischen Ehrlichschen K&ltetrennungsversuche, indem 
ich ein gut lOsendes Serum mit auszentrifugierten roten Blutkdrperchen 
in fiberschiefienden Gaben, damit nur ja alle etwa vorhandenen Ambo- 
zeptoren von deren Rezeptoren aufgenommen wfirden, bei 0° ansetzte 
und fiber Nacht stehen lieB. Nach Ausschleuderung und Abhebung 
des Serums setzte ich dieses erst einmal in einem Vorversuch an, urn 
nur ja etwa noch vorhandene Ldslichkeit auszuschlieBen. Dazu Pro- 
tokoll 533: 


Name 

Ableeung nach 

30' 

60' 

| 

| 120' 

24“ 

Bemerkungen 

Biniak Q 

Hbl. 0,5 
Kompl. 0,1 

+ + + 

+ + + 

! 

+++ 

l . 

+ + + 

Gesund 

56 Std. n. E. 


a o 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 


„ 0,3 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 


26. Aug. 1920 

„ 0,4 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

WaR. neg. 


Name 

Ableaung nach 

30' 

60' j 

120' 

| 24“ 

Bemerkungen 

Mielert Q 1 

Hbl. 0,5 
Kompl. 0,04 

+ + 

i 

+ 

i 

+ 

1 

Ruhr 

32 Std. n. E. 

26. Aug. 1920 

ooo 

Sp. 

Sp. 

Sp. 

— 

WaR. neg. ^ 


Name 

Able8ung nach 

30' j 

60' | 

120' ; 

24“ 

| Bemerkungen 

Komplement — 
Serum 
Mielert 

28. Aug. 1920 

Hbl. 0,5 
Kompl. 0,06 

+ + + 

+ + + 

! i 

+ 4* + 

i 

1 ~~ 

+ + 

Seram 24 Std. bei 
0° + 0,1 100 •/, 
Hanunelblutkor- 
perchen. 


Name 

Ableaung nach 

30' ; 60' | 

120' 

24“ 

Bemerkungen 

Biniak Q 

Hbl. 0,5 



. 

Kompl. = Serum 

Serum 0,1 + Ko. 0,05 

+ 1 ± 

Sp. 

— 

Mielert nach Kal- 


„ 0.2+ „ 0,04 
,, 0,3 + ,, 0,03 

± ± 

± ± 


! — ; 

tetrennungsvera. 

28. Aug. 1920 

» 0,4 + „ 0,02 

.+ j ± 

j - 


i 


Gewinnt man aus den VersHchen den iiberzeugenden Eindruck, daB 
die Analyse der einschlfigigen Ffille doch immer wieder auf einen mehr 
weniger groBen Komplementmangel herauskommt, so verfflge ich auch 


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Brinkmanu, Studien fiber den Komplementgehalt dee menacbl. Blutes. 59 


fiber Protokolle anderer Versuche, bei denen ich nicht ohne einen Zu- 
satz von Ambozeptor auskam. Als Beispiel diene Nr. 101: 


Name 

Ableeung nach 

30' 

60' 

120' 

24“ 

Bemerkungen 

Moechineki Q 
18 Jahre 

Hbl. 0,5 
Kompl. 0,1 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

Lungenentzfindung 

1 

» 0,2 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

+ + + 

9 Std. n. E. 

4. Febr. 1920 

I 

0,3 

+ + + ! 

! 

i 

+ + + 

+ + + 

1 

+ + + 

WaR. 


Seram Stock ldet am 4. Febr. 1920 mit 0,1 ccm nach 30' 

„ Schmidt „ „ 24. Jan. 1920 „ 0,1 „ „ 60' 


Name 

Ableeung nach 

30' | 

60' 

120' 

24 h 

Bemerkungen 

Komplement = 
Serum Stock 
each Kalte- 
trennungsvers. 

6. Febr. 1920 

| Hbl. 0,5 
Kompl. 0,1 
„ 0,2 
0,3 

+ + + 
+ + + 
+ + + 

+ + + 
+ + + 
+ + + 

+ + + 
+ + + 
+ + + 

+ + + 
+ + + 
+ + + 

Seram 24 Std. bei 
0° mit 100 % 
HammelblutkOr- 
perchen. 


Name 

Ableeung nach 

1 

Is 

o 

00 

120' 

24 h 

Bemerkungen 

Ambozeptor- 
inaktiv. Serum 
Schmidt 

6. Febr. 1920 

Hbl. 0,5 

Amboz. 0,1 

„ 0,2 

„ 0,3 

1 

+++!++ + 
+++ +++ 
+++ +++ 

+ + + ; 
+ + + 
+++ 

+ + + 
+ + + 
4- + + 

Serum x /» 8td. in- 
aktiv. bei 56°. 


Name 

Ableeung nach 

30' 

60' 

120' 

24- 

Bemerkungen 

Moechinski Q 

Hbl. 0,5 
8erum 0,2 
Kompl. 0,2 

+ + + 

+ + 

i 

++ 

+ + 

Kompl. = Serum 
Stock nach Kalte- 
trennungeversnch 


6 . Febr. 1920 

0,3 

+ + 

+ 

+ 

+ 

» 0,4 

+ + 

+ 

+ 

+ 



Name 

Ableeung nach 

30' 

60' | 120' 

24 h ’ 

Bemerkungen 

Moachinski 9 

6. Febr. 1920 

Hbl. 0,5 

Serum 0,2 
Amboz. 0,2 
„ 0,4 

» 0,6 

+ + + 
+ + + ; 

+ + + 1 

I 

•+++ +++ 
+++ +++ 
+ + + + + + 

+ + + " 

I + + + 

i 

Amboz. = inakt. 
Serum Schmidt 


Name 

Ableeung nach 


30' 

60' | 

120' 

24 b 

Bemerkungen 

Moechinski J 

Hbl. 0,5 

Serum 0,2 



• 


! 

Kompl. — Serum 
i Stock nach K&lte- 


Kompl. 0,2, Amb. 

0,2 

+ 

1 + 

T 

T 

trennungsvers. 

6. Febr. 1920 

0,4, „ 

0,4 

T 

T 

— 

— 

Amboz. = inakt. 

>> 0,6, ,, 

0,6 

T 

' T 

— 

1 

Serum Schmidt. 

I 


Im grofien und ganzen habe ich aber doch den Eindruck, daB der 
Komplementmangel weitaus das Ueberwiegende sei. Auch Eicke und 
Mascher halten einen isolierten Schwund des Ambozeptors fiir fiuBerst 

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60 


Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. 87 . Heft 1. 


selten und nehmeu als Ursache der von ihnen beobachteten Hemmungen 
ein Zugrundegehen von Komplement und Normalambozeptor an. Worauf 
aber dieser in seltenen Fallen ausgesprochene Kompleraentschwund letzten 
Endes beruht, ob er wirklich, wie Mandelbaum,Eicke und Mascher 
annehmen, nur durch Vorglnge im Prfifglas bedingt ist, miissen erst 
uocb weitere Untersuchungen klarstellen. 

Bei den fiber Monate ausgedehnten Untersuchungen war es mir 
mfiglich, einzelne Seren in kilrzeren und lingeren, oft Monate umfassenden 
Zwischenraumen zu studieren, um so Einblick in etwaige Komplement- 
schwankungen bei ein und derselben Person zu gewinnen. Und da 
stellte sich denn nun eine auBerordentliche Beharrlichkeit des bestehenden 
Komplementwertes heraus. Ich will nur einzelne Beispiele anffihren — 
auf das Serum Schrfidter wurde schon oben hingewiesen — und 
notiere unter dem jeweiligen Datum die Komplementgabe, bei der am 
friihesten vollstSndige Losung auftrat, unter gleichzeitiger Angabe der 
in Frage kommenden Zeit. 


15. Jan. 1920 

Jentzsch $. Graviditat, Lues 0,1 (60') 

28. Jan. 1920 

Nagel $. Lues, Cystitis 0,1 (300 

26. Aug. 1920 

Fasel J. Ruhr 0,1 + + (24 h ) 

1. Juli 1920 

Cicinska 9- Tuberkulose 0,1 + + + (24 b ) 


3. Marz 1920 
0,1 (600 

24. Marz 1920 
0,1 (300 

1. Sept. 1920 
0,1 ++ (24 h ) 

27. Okt. 1920 
0,1 ++ (24-) 


17. Marz 1920 
0,1 (600 

28. April 1920 
0,1 (30') 


Wir sehen also den Kompiemen tgehalt bei ein und der¬ 
selben Person ungemein fest, gleichviel ob er nun in H8he 
des allgemeinen Durchschnitts liegt Oder darflber. Selbstverst&ndlich habe 
ich auch Protokolle mit leichten Schwankungen etwa wie dies: 

4. Juni 1920 9. Juni 1920 17. Juni 1920 30. Juni 1920 
Hoyer 9- Hamatoporphyrinurie 0,08 (300 0,1 (600 0,06 (1200 0,1 (600 

Aber ich kann mich nicbt dem Eindrucke verschlieBen, als ob alle der- 
artigen Schwankungen mehr oder weniger in der Breite technischer Un- 
zullnglichkeiten l&gen. Aus der eigenartigen Beharrlichkeit des Kom¬ 
plementwertes, unabhSngig davon, in welcher H6he er sich befindet, ge- 
winnt man leicht die Vorstellung, daB der Komplementgehalt Qberhaupt 
nur durch unw&gbare konstitutionelle Eigentiimlichkeit bedingt sein 
mSchte. 

In entsprechender Weise bin ich auch bei dem einmal entnommenen 
Serum durch systematische Nachuntersuchungen der Frage seiner 
Lebensdauer nachgegangen und fand, selbstverst&ndlich keimfreies 
Gewinnen und keimfreies Aufbewahren vorausgesetzt, recht betr&cht- 
liche Dauer. 

Walter 9- Pneumonie 48 Std. n. E. 6 Tage n. E. 10 Tage n. E. 15 Tage n. E. 

0,1 (120) 0,1 (1200 0,2 (600 0,2 T (600 

Richter 9- Endo- 24 Std. n. E. 5Tagen.E. 9 Tage n. E. 14Tage n. E. 24Tage □. E. 
metritis 0,1 (600 0,1(600 0,3(60') 0,2(120') 0,3 + + + (24 k ) 


Die Seren wurden im Eisschrank aufbewahrt. Dabei machte es 
nicht den geringsten Unterschied, ob sie abgegossen wurden, oder ob 
ich sie liber dem Blutkuchen stehen lieB zum Studium etwaiger biolo- 
gisch-chemischer Vorgange zwischen Blutkuchen und Serum. Das be- 


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Brinkmaun, Studien tiber deu Komplementgehalt des men.-chl. Blutea. 61 


statigt aucb Mandelbaum, der andererseits die Beobachtung macbte, 
daB das Komplement verschwindet, wenn man das abgeheberte Serum 
allein bei 37° in den Brutschrank bringt, daB es dagegen erhalten 
bleibt, wenn man das Serum iiber dem Blutkuchen steben lafit und so 
in den Brutofen stellt. Er scbliefit bieraus auf besondere Krftfte im 
Blutkuchen, die er Socine nennt. Hinsichtlicb der Lebensdauer des 
aufgebobenen Komplementes drtickt sich Mandelbaum flbrigens sebr 
vorsichtig aus. Bis 4 Tage, meint er, kfinnten Normalseren die H6he 
ihrer Komplementwirkung fast ungeschwacht bei Eisschranktemperatur 
erhalten. Nun, meine Versuche lassen weit fiber 4 Tage, ja fiber 14 Tage 
hinaus recht ansehnliche Komplementwerte feststellen. Sobald freilich 
Keime in das aufbewahrte Serum dringen, ist es aus mit seiner kom- 
plettierenden Kraft. Leschly stellte dazu fest, daB das Komplement 
unter dem EinfluB des Aufbewahrens in weit hoherem MaBe vom Ambo- 
zeptor abbangig wird, als es die frischen Komplemente tun, wie wir 
schon vorhin betonten. 

Leider konnte ich bei den schier unerscbwinglichen Preisen der 
Versuchstiere nacb Komplementen des menschlichen Serums gegen 
noch and ere als Hammelblutkdrperchen nur in geringerem 
Umfange fahnden. Meerscbweinchen- und Kaninchenblut- 
kfirperchen wurden entschieden ebenso kraftig gelost wie die sonst 
fur hfiraolytische Systeme allgemein verwendeten Hammelblutkorperchen. 
Aus der Zahl der Versuche greife ich ein paar Beispiele heraus: 

Miiller Q Hammelblutkorperchen Meerschweinchenblutkdrperchen 

0,1 ( 120 -) 0,1 ( 120 ') 

Mordau Q Hammelblutkorperchen Kaninchenblutkorperchen 

0,1 ( 120 ') 0,1 (1200 

Gegen Katzenblutkorpercben hatte ich einmal versuchsweise 
10-fach verdfinntes Serum verwendet und bekam damit natfirlich ebenso 
wenig Hamolyse, wie ich auch keine bei Verwendung von Hammelblut- 
khrperchen und 10-fach verdflnnten Serums hatte erreichen kfinnen. 
Meine Befunde stehen in einem gewissen Gegensatz zu denen von Kolm er 
und Casselman, die gegen Kaninchen- und Meerschweinchenblut- 
korperchen nur wenig Hamolysine fanden. Hierher gehfirt auch die 
Frage der Auflfisung menschlicher roter Blutkfirperchen 
durch menschliches Serum. Ich habe auch hierzu Versuche an- 
gestellt und auBerdem bei den zahlreichen Bluttransfusionen, die an 
unserer Abteilung gemacht wurden, die vorher nfitigen klinischen Proben 
auf Hamolyse und Hamagglutination gemacht. Allein in den letzten 
o Mon. sind 13 solcher Untersuchungen ausgefflhrt worden. Hamolyse 
sah ich kein einziges Mai, genau so wenig wie bei meinen lfinger zuriick- 
liegenden Experimenten, dagegen 4mal Hamagglutination, entsprechend 
den Grfitzschen Befunden. Kfirzlich wohnte ich zufallig einer Trans¬ 
fusion bei, die nicht an unserer Abteilung vorgenoramen wurde. Anderen 
Tages bekam die Patientin eine schwere Hamaturie. Ich wurde um nach- 
trlgliche Untersuchung gebeten und konnte den MiBerfolg dahin auf- 
klfiren, daB das Serum des Spenders, in diesem Falle des leiblichen 
Bruders, das der Empfangerin, der Schwester mit anderen Worteu, 
auBerordentlich stark agglutinierte. 

Zusammenfassung. 

Der Komplementgehalt menschlicher Seren ist auch unter patho- 
logischen Verhaitnissen ein weitgehend gleichmaBiger. Im Mittel liegt 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87 . Heft 1 . 


er bei der verwendeten Versuchsanordnung bei 0,08—0,1 ccm. Es gibt 
aber einzelne Seren, die im vornherein Komplement-, zuweilen Korn- 
plement- und Normalambozeptorenmangel aufweisen. Da dieser Mangel 
auch bei organisch ganz gesunden Leuten vorkommt, und da der 
Komplementgehalt bei den einzelnen Menschen ein aufierordentlich be- 
harrlicher iet, scheint er konstitutionell bedingt zn sein. 

Der Komplementgehalt des Serums ist auch im Prflfglas hervor- 
ragend beharrlich. 

Komplementschwund Innerhalb der ersten 48 Std. ist selten und 
diagnostisch ohne Wert. 

Es gibt verschiedene Komplemente in ein und demselben Serum 
(PluralitSt). 

Eine Auflflsung menschlicher roter BlutkOrperchen durch mensch- 
liches Serum ist selten, h&ufiger die Hamagglutination. Auf alle F§lle 
mull vor jeder Transfusion auf H&molyse und Hamagglutination unbe- 
dingt untersucht werden. 


Iiiteratur. 

Birt, Compt. rend. Soc. de Biol. T. 78. 1915. p. 185. — Cori u. Radnitz, 
Zeitschr. f. Immunf. Bd. 29. 1920. — Courmont, Compt. rend. Soc. de Biol. T. 74. 
1913. — v. Dungern, Munchen. med. Wochenschr. 1900. — Elias berg, Berl. klin. 
Wochenschr. 1911. — Eicke u. Mascher, Zeitschr. f. Immunf. Bd. 26. 1917. — 
v. Fenyvessy, Ebenda. Orig. Bd. 18. 1913. — v. Fenyvessy u. Freund, Ebenda. 
Bd. 18. 1913. — Frankel, Ebenda. 1914. — Gay u. Ayer, Journ. of med. Res. 
Vol. 12. 1907. — Georgi, Zeitschr. f. Immunf. Bd. 29. 1920. — Griitz, Berl. klin. 
Wochenschr. 1921. Nr. 3. — Hedinger, Dtsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 74. 1902. — 
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Klin. 1916. S. 1312. — Kentzier, Berl. klin. Wochenschr. 1915. Nr. 11. — Kolmer 
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Leschly, Zeitschr. f. Immunf. Ba. 24 u. 25. 1916. — Liefmann, Ebenda. Bd. 16. 
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baum Munchen. med. Wochenschr. 1916. Nr. 29. — Morgenroth u. Sachs, Berlin, 
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Kinde. Wiesbaden (Bergmann) 1908. — Moro u. Potpeschnigg, Wien. med. 
Wochenschr. 1908. Nr. 1—3. — Nathan, Zeitschr. f. Immunf. 1914, — Neifler u. 
Ddring, Berlin, klin. Wochenschr. 1901. — Rodet, Compt. rend. Soc. de Biol. 
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Klin. 1911. Nr. 31. 


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Jungeblut, Zum Nachweis des Bacterium coli ini Wasser etc. 


63 


Nachdruck verboten. 

Zum Nachweis des Bacterium coli im Wasser mittels 

der Bulirschen Prohe. 

[Aus dem Institut zur Erforschung der Infektionskrankheiten in Bern 
(Direktor: Prof. Dr. G. Sobernheim).] 

Von Dr. Clans W. Jungeblnt. 

Dem Nachweis des B. coli im Wasser kommt sicherlich eine hohe 
Bedeutung zu. Wenn er auch nicht die alleinige und absolute Ent- 
scheidung fiber die Gflte eines Wassers zu liefern vermag, so spielt er 
doch eine wichtige Rolle als wertvolle Hilfsmethodd in der bakteriologi- 
schen Wasseruntersuchung und hygienischen Prophylaxe. 

Bei der Wichtigkeit des Nachweises des B. coli im Wasser ist es begreiflich, daft 
mao sich schon seit langem damit beschaftigt hat, Methoden zum Auffinden dieser 
Bakterienart in Wasserproben auszuarbeiten. Ist es doch der Vorteil der Coli-Proben, 
daft wir iiber das qualitative Verhalten der ins Wasser gel an gten Keime unterrichtet 
werden, wahrend wir bei der gewohnlichen Keimzahlung auf Gelatineplatten ja nur 
iiber die quantitative bakterielle Verunreinigung des Wassers Aufschlufi erhalten. 
Hierdurch werden jedenfalls die Schliisse auf die Gefahrlichkeit und Infektiositat des 
betreffenden Wassers erleichtert. 

Die Methoden zum Nachweis des B. coli, anfanglich meist nur qualitativ ver- 
wendet (Vincent, Lignifcres und andere franzosiscne Autoren) gestatten zumeist 
auch eine quantitative Verwertung, indem fallende Wassermengen der Prfifung unter- 
worfen werden. So gelingt es fiir eine bestimmte Wasserprobe nicht nur den Coli- 
Nachweis zu erbringen, sondern zugleich auch den jjColi-Titer* 4 festzustellen, d. h. die 
Ermittlung der kleinsten Waasermenge, in der noch B. coli nachgewiesen werden kann 
(Parietti, Houston, Petruschkj und Pusch); erwahnt seien ferner die Arbeiten 
von Partis, Hesse und Marmann, die auf verschiedenen Wegen ebenfalls die 
quantitative Bestimmung des B. coli im Wasser zum Ziele haben. 

Einen groflen Fortschritt stellte die Veroffentlichung der Eijkmanschen Probe 
dar, die das B. coli aus der Vergarung des Traubenzuckers und dem thermophilen 
Wadistum bei 46° diagnostizieren liefi. Es schien hierdurch 1. die Ueberwucherung 
durch gewohnliche Wasserbakterien bei der hohen Temperatur verhindert und 2. eine 
elektiv gute Anreicherungsfliissigkeit geschaffen, die das B. coli aus einem seiner bio- 
logischen Hauptmerkmale mit ninreichender Eindeutigkeit erkennen liefi. Die rein 
makroskopische Betrachtung der Wasserproben sollte hier schon iiber die Anwesenheit 
von B. coli unterrichten. 

Eine Verbesserung der Eijkmanschen Probe suchte dann Bulfr 
einznfflhren, indem er noch die Eigentfimlichkeit des B. coli, Neutralrot 
zu rednzieren, ausnutzte; um die Reduktion des Neutralrots zu ermbg- 
lichen, ersetzte er den Traubenzucker durch Mannit Das Bulfrsche 
Verfahren besteht im wesentlichen in folgendem: 1 kg gehacktes Fleisch 
wird wShrend 24 Std. mit 2 1 Wasser mazeriert; der ausgepreBte Fleisch- 
saft (Fleischextrakt ist nicht zu verwenden) wird versetzt mit 2,5 Proz. 
Pepton, 1,5 Proz. Kochsalz, 3 Proz. Mannit. Das Ganze wird 1V 2 Std. 
fiber der freien Flamme gekocht, mit Sodaliisung neutralisiert, tiltriert 
nnd 2 Std. im stromenden Dampf sterilisiert. Das zu untersuehende 
Wasser wird zur HSlfte seines Volumens mit der besproclienen Mannit- 
houillon versetzt, der Mischung 2 Proz. einer sterilisierteu Ldsung von 


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64 Oentraibl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 

0,1 g Neutralrot auf 100 ccm Wasser zugesetzt, das Ganze in ein GSr- 
rOhrchen gegeben und 24 Std. bei 46° gehalten. Innerhalb dieser Zeit 
soli dann das B. coli Neutralrot reduziert, sowie Gas und Saure ge- 
bildet haben. Die Flttssigkeit erscheint zugleich diffus getriibt, ihre 
frflher rote Farbe in eine gelbliche, grim fluoreszierende verwandelt. 
Fehlt die eine oder andere dieser Reaktionen (Gasbildung, Skurebildung, 
Triibung, Entfarbung), „so handelt es sich um das echte B. coli gauz 
gewifi nicht tt . 

Diese Probe arbeitet in gewissem Sinne auch quantitativ, da 
sie nach Bulfrs Vorschrift das Vorkomraen des B. coli in 100 ccm 
als einheitliche untere Grenze bestimmt. Man konnte, wie es in ver- 
schiedenen Untersuchungsstellen geschieht, sie auch mit groBeren und 
kleineren Wassermengen vornehmen, und damit den Coli-Gehalt „aus- 
titrieren“. 

Die beschriebenen Vorteile der Eijkmanschen Probe und der 
Bulfrschen Modifikation haben dazu gefflhrt, daB diese beiden Ver- 
fahren heute wohl in den bakteriologischen Untersuchungs&mtern die 
am mristen angewendeten sind. Die Erfahrungen mit dem Bulfrschen 
Verfahren scheinen giinstige zu sein. Wenigstens liegen keine gegen- 
teiligen Beobachtungen dariiber in der Literatur vor. Aber gerade 
wegen dieses Mangels an systematischen Untersuchungen habe ich mir 
die Aufgabe gestellt, an Hand einer grbBeren Anzahl von Versuchen 
festzustellen, inwieweit die Bulfrsche Modifikation der Eijkman¬ 
schen Probe den Anspruch auf ZuverlfLssigkeit erheben darf. Es kam 
also darauf an zu untersuchen, ob die Bulfrschen Forderungen fur 
den positiven Ausfall seiner Probe fflr alle typischen Coli-St&mme, 
insbesondere Warmblttter-Coli-St&mme, zutreffen, und ferner ob event, 
andere Bakterien auch ein positives Verhalten der Bulfrschen Probe 
bedingen kbnnen. 

Ich ging bei meinen Versuchen so vor, daB ich die Frage nach 
2 Richtungen hin prtifte. Einmal wurden eine groBere Anzahl Wasser- 
proben nach dem Bulfrschen Verfahren behandelt, und ferner wurden 
aus menschlichen und tierischen Fazes Coli-Bakterien reingeztichtet, 
in Wasser ausgesat und schlieBlich mit der Bulfrschen Probe unter- 
sucht. 


I. Tell. 

Untersuchung von Wasserproben. 

Zur Verfiigung standen mir die der Untersuchungsabteilung des 
hiesigen Instituts zugehenden Wasserproben verschiedener Art. Sie 
wurden an Ort und Stelle von sachverstandiger Seite unter alien Vor- 
sichtsmaBregeln entnommen und in sterilen Flaschen dem Laboratorium 
iibermittelt. 

Die Wasserproben wurden dann in der Menge von je 100 ccm in 
U-formig gebogene Glasrohren, die ca. 150 ccm Fliissigkeit fassen, ein- 
gefiillt, mit 50 ccm Mannitbouillon, die nach Bulfrs Angaben herge- 
stellt war, und 3 ccm einer 0,1-proz. sterilen Neutralrotlosung vermischt 
und im Brutschrank bei 46° bebriitet. Es wurde abgewichen von dem 
Vorschlage Bulfrs, die Gesamtmenge von 150 ccm auf mehrere kleinere 
Garungsrohrchen zu verteilen, weil sich durch einige Stichproben her- 
ausstellte, daB diese Versuchsanordnung, ganz abgesehen von ihrer 
Kompliziertheit, keine Vorteile vor der hier angegebenen bot. Die 


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Jungeblut, Zum Nachweis des Bacterium coJi im Wasser etc. 65 

Temperatur des Brutschranks war ziemlich genau eingestellt, so daB 
Abweichangen bloB nach unten als kleine Sckwankungen von Vs—1° 
vorkamen. Die Beobachtung der Kulturen und Registrierung der Re- 
sultate erfolgte im allgemeinen nach 24 Std. und nach 48 Std., da es 
im Laufe der Untersuchung auffiel, daB sich die Ergebnisse von 24 Std. 
nach weiterem 24-stQnd. Aufenthalt im Brutschrank ver&ndern konnten. 
Geachtet wurde speziell auf TrUbung, Saurebildung, Gasbildung und 
Entfarbung des zugesetzten Neutralrotes unter Fluoreszenz. Aus jeder 
Probe wurden dann, unabhangig von dem makroskopischen Ausfall der 
Bulirschen Probe, mehrere 'Oesen FlQssigkeit nach vorherigem Um- 
schfitteln auf Endo- und Drigalski-Platten ausgestrichen und auf 
Wachstum von Coli-Kolonien, nach 24 stGnd. Verweilen im Thermo- 
staten bei 37°, kontrolliert. Verd&chtig aussehende Kolonien wurden auf 
eine neue Platte einzeln abgeimpft und von dieser durch Ueberimpfung 
isolierter Kolonien auf Schr&gagar Reinkulturen gewonnen. Die erhal- 
tenen Reinkulturen wurden auBer dem charakteristischen Wachstum auf 
Endo- und Drigalski-Agar auf ihre Coli-Natur noch hinsichtlich 
folgender biologischer Artmerkmale geprGft: 

1) Keine VerflOssigung der Nfihrgelatine (ZQchtung bei 
20°), auch nicht bei l&ngerer Beobachtung. 2) Verg&rung des 
Traubenzuckers unter Gasbildung (Zuckeragar). 3) EntfQr- 
bungund Gasbildung im Rothbergerschen Neutralrotagar. 
4) Gerinnung der Milch, eventuell nach mehreren Tagen. 5) Rot- 
farbung und TrQbung der Lackmusmolke durch Saurebildung. 6) In- 
dolbildnng in Bouillon. 

Diese Eigenschaften, die als charakteristisch gelten fQr das typische 
B. coli, sind bei meinen als B. coli angesprocbenen Stammen stets 
vorhanden gewesen, mit Ausnahme der Entfarbung des Neutralrotagars 
and der Indolbildung in Bouillon, die ich in der Mehrzahl der 
Faile vermiBte 1 )* Ich habe daher auch eine Bakterienart kulturell 
als B. coli bezeichnet, wenn Entfarbung des Neutralrots und Indol¬ 
bildung fehlten. 

Der Indolnachweis wurde mit einer Modifikation der gewbhnlichen 
Probe angestellt, die sich mir als sebr brauchbar. erwiesen hat. Die 
BouillonflQssigkeit wurde mit etwa 1 ccm konz. H 2 S0 4 auf 10 cctn 
Bouillon unterschichtet und dann einige Tropfen einer 0,02-proz. Na- 
triumnitritlQsung zugesetzt. An der BerQhrungsstelle der beiden spe- 
zifisch verschieden schweren FlQssigkeiten Oder in unmittelbarer Nahe 
trat dann bei indolartigen Abbauprodukten des Peptons nach kurzer 
Zeit ein schoner roter Ring auf. Die Rotfarbung war so viel deutlicher 
zu beobachten als die diffus schwache Farbung bei dera gewohnlichen 
Mischen der Reagentien. 

Mikroskopisch muBte sich der fragliche Bazillus als ein kleines 
bis ovoides, plumpes, gramnegatives Stabchen mit geringer Eigen- 
bewegung bei wechselnder Molekularbewegung erweisen. Das so aus 
Wasser reingezQchtete B. coli wurde dann noch als ErgQnzung der 
Untersuchung zur Anstellung einer „Kontroll - B u 1 i: - Probe 44 ver- 
wendet, um zu sehen, inwieweit dieser Versuch den Hauptversuch 
bestatigte. 


1) Das gleiehe VerhaJten wurde auch bei Coli-Stammen beobtchtet, die ich direkt 
aus Fazes isolierte (cf. Abschnitt II). 


Ente Abt. Orig. Bd. 87. Heft 1. 

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66 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 

Dieser Kontrollversuch wurde in kleinen G&rungsrShrchen von etwa 
15 ccm Inhalt angestellt, indem 5 ccm Mannitbouillon mit 10 ccm 
sterilem Leitungswasser vermischt in die Rohrchen unter entsprechendem 
Zusatz von Nentralrot eingefiillt wurden; diese RShrchen wurden mit 
einer PlatinSse Reinkultur beimpft und 24 Std. bei 46° gebalten und 
dann beobachtet. 

So wurden im ganzen von mir 107 Wasserproben untersucht. 
In 79 Proben konnte B. coli nachgewiesen werden, in 28 fehlte es. 
Es ergaben sich also 2 Serien. 

Serle I. 79 Wasserproben, die B. coli enthielten. 


Von diesen 79 Proben zeigten: 

1) Entfarbung 21 

Keine Entfarbung 40 

Zweifelhafte Entfarbung IS 

2) Gasbildung 1 ) nach 24 Std. 65 

Keine Gasbildung Dach 24 Std. 12 

Spuren von Gasbildung nach 24 Std. 2 


Von den 12 Fallen ohne Gasbildung nach 24 Std. bildeten 6 noch nach 2mal 
24 Std. Gas, wahrend die anderen 6 unverandert blieben. 

3) Triibung und Saurebildung trat in alien Fallen ein. 

Das Verhaltnis zwischen Gasbildung und Entfarbung bei den einzelnen Proben 
Btellte sich so dar, dafi von den 65 Fallen mit Gasbildung nach 24 Std. 19 entfarbt 
waren, 28 nicht entfarbt waren, 18 zweifelhaft entfarbt waren. 

Von den 12 Fallen ohne Gasbildung nach 24 Std. waren 2 entfarbt, 10 nicht 
entfarbt. 

Die beiden Falle edit zweifelhafter Gasbildung nach 24 Std. waren beide 
nicht entf&rbt. 

Die 12 F&lle ohne Gasbildung nach 24 Std., sowohl die 6, die noch 
verzogerte Gasbildung nachtr&glich zeigten, als auch die 6, die weiter- 
hin ohne Gas blieben, zeigten bei der Kontroll-Bui if-Probe s&mtlich 
nach 24 Std. prompte Gasbildung, bis auf 1 Fall, der blofi bei 37 0 Gas¬ 
bildung aufwies. Nach den Resultaten, die ich im 2. Teil der Arbeit 
gefunden babe, mochte ich annehmen, dafi bier ein Kaltblfiter-Cpli vor- 
lag. In alien diesen F&llen handelte es sich um das typische B. coli, 
allerdings teilweise, ohne Indolbildung und Neutralrotentffirbung im 
Rothbergerschen Agar. 

Serle II. 28 W asserproben ohne B. coli. 

Von diesen 28 Proben zeigten: 

1) 3 Entfarbung, 

1 zweifelhafte Entfarbung, 

24 keine Entfarbung. 

2) Gasbildung war in keinem Falle einwandfrei vorhanden, bis auf 1, wo eine 
kleine Gaskuppe bei gleichzeitiger Entfarbung notiert wurde. Die iibrigen 27 Falle 
zeigten durchweg keine Spur von Gasbildung. 

3) Triibung x:nd saure Reaktion habe ich gelegentlieh hier und da beobachtet. 

Die meisten Proben, die kein B. coli enthielten, waren, wenigstens 
so weit Bakterien in Betracht kommen, die auf dem Endoschen und 
Drigalskiscken Nahrboden wachsen, steril. 


1) Die Gasbilcung war in den meisten Fallen, wenn vorhanden, eine reichliche t 
die gut i L — bo der einen Schenk el liinge des Garungsrolires einnahm. Es sind immer- 
hin aber 2 Falle als zweifelhaft registriert, in denen nur Spuren von Gas in der Kuppe 
zu beobachten warer. 


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Jungeblut, Zum Nachweit* des Bacterium cola im W&s9er etc. 


67 


In den Journalen liber Wasseruntersuchungen der Untersuchungs- 
abteilnng des Institnts habe icb unter ungefahr 450 Fallen wfihrend 
2 Jahren 5 Falle gefunden, in denen Gasbildung und 2mal gleichzeitige 
Entfarbung registriert waren, obne dafi es gelang, aus den betreffenden 
Proben B. coli zu isolieren. Es wfire hiernach also anzunehmen, dafi 
nnter Umst&nden einmal anuere Bakterien die Fahigkeit baben, eine 
positive B u 1 i r-Probe zu geben. Doch wurde hierbei, da es ja nur auf 
den Nachweis des B. coli ankam, auf andere Bakterienarten nicht weiter 
gefabndet. Zu berficksichtigen ware ferner noch, dafi bei den laufenden 
Wasseruntersuchungen nur einige Flflssigkeitstropfen aus dem GSrungs- 
rohr auf einem Sektor einer E n d o -Platte ausgestrichen werden. so dafi 
sich einige vereinzelte Coli-Keime aus diesera Grunde sebr wobl dem 
Nachweise entziehen konnten. Im Gegensatz dazu kamen bei meinen 
Untersnchungen stets ganze Platten mit grbfieren Fliissigkeitsmengen 
zur Anwendung. 


Ergebnisse. 

Aus diesen beiden Versuchsreiben geht hervor, dafi die Angaben 
B u 1 i r s im allgemeinen nicht zutreffen. In weitaus der Mehrzabl der 
Falle zeigten die Wasserproben, die B. coli enthielten, nach dem Bu- 
lifschen Verfabren bei 46° behandelt, zwar eine deutliche Gasbildung, 
aber das gleichzeitige Zusammentreffen von Gasbildung 
und Entfarbung blieb beinahe in der Haifte der Falle aus. 

Betracbten wir zunfichst einmal Gasbildung und Entf&rbung ge- 
trennt, so mufi man sagen, dafi die Gasbildung in Mannitbouillon 
bei 46° sich als eine ziemlich konstante Eigentttmlichkeit des B. coli 
erwiesen hat. 

Unter 79 c o 1 i-haltigen Wasserproben zeigten blofi 6 keine Gas¬ 
bildung nach 48 Std. Von den ilbrigen 73 Proben bildeten 65 einwand- 
frei Gas nach 24 Std., bei 2 waren zuerst nur Spuren von Gas vor- 
handen, die sich im Laufe der nachsten 12 Std. zu einer deutlich 
mefibaren Gasmenge vermehrten. Der Rest von 6 blieb zwar nach 
24 Std. zuerst ohne Gas; dagegen war dann nach weiteren 24 Std. eine 
deutliche Gasbildung eingetreten. Es bleiben so blofi 6 Falle tibrig, die 
ganz aus dem Rahmen fallen. Wodurch dieses Verhalten bedingt war, 
ist schwer zu erklfiren. Vielleicht waren in den 6 Fallen mit verzogerter 
Gasbildung zu wenig Keirae vorhanden, als dafi ihre Anzahl schon nach 
24 Std. genfigt hfitte, um Gasbildung hervorzurufen, die dann nach 
weiterer Anreicherung noch nachtraglich eintrat. Bei den 6 absolut 
refraktaren Fallen bleibt wohl nur die Annahme flbrig, dafi das betref- 
fende B. coli durch seinen Aufenthalt im Wasser, als einem verhfiltnis- 
mSBig ungflnstigen Medium, einen Teil seiner biologischen Artmerkmale 
eingebufit hatte, die es dann durch ZUchtung auf zusagenden kiinstlichen 
Laboratoriumsnfihrboden wiedergewann. In diesem Zusammenbang 
mSchte ich eine Arbeit von Henningson erwahnen, der auf Grund 
ausfflhrlicher Versuche die Annahme vertritt, es konne durch aufiere 
schadliche Einwirkungen sogar eine konstante anaerogene Varietat des 
B. coli entstehen; andererseits kommt Grijns zu der Ansicht, B. coli 
erwerbe erst im Darm des Warmblflters die Fahigkeit, Traubenzucker 
bei 46° zu vergaren. Vielleicht waren in diesen Fallen die Coli-Keime 
auch schon vor verhaltnismafiig langer Zeit ins Wasser ubergetreten, so 
dafi sie durch den langen Aufenthalt darin eine Abschwachung ihrer 
Lebensfahigkeit erfahren batten. 

5* 

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68 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 

Die coli*negativen Proben ergaben einen Fall mit zweifel- 
bafter Gasbildung, die aber nachtrfiglich durch eioe mit etwas Flussig- 
keitsmaterial angestellte Kontroll-B u Ifr-Probe *) sichergestellt und be- 
statigt werden konnte. Hier gelang es mir in der Wasserprobe nur 
einen Sporenbildner aus der Gruppe der Heubazillen nachzuweisen, der 
sehr iippig auf Endo- und Drigalski-Platten wuchs. Von B. coli 
konnte keine Spur entdeckt werden. Vielleicht trug aber eben dieses 
tippige Wachstum die Schuld an einem Ueberwuchern eventuell vor- 
handener Coli-Keime auf den Platten. DaB, nebenbei bemerkt, es 
Bakterien gibt auBer B. coli, die in Dextrosebouillon Gasbildung her- 
vorrufen, gibt Eijkman bereits selbst an. Er spricbt in diesem Zu- 
sammenhang von Buttersaurebakterien und gewissen Bakterienarten, die 
sich im Kompost und Humus vorfknden. Doch wurde auch davon in 
diesem Falle nichts entdeckt. 

In den iibrigen 27 Wasserproben, die kein B. coli enthielten, 
konnte, wie erw&hnt, niemals Gasbildung festgestellt werden. Diese Tat- 
sache macht es unwahrscheinlich, daB andere in Mannitbouillon gas- 
bildende Bakterieu in der Praxis der bakteriologischen Wasserunter- 
suchung eine groBe Rolle spielen konnten, und kann in Uebereinstimuiung 
mit den positiven Ergebnissen der coli-haltigen Proben als weiterer 
Beweis der Spezifitat der Gasbildung im Bu 1 ff-Versuch fur B. coli 
gelten. 

Welche Erkl&rung die aus den Wasserjournalen zusammengestellten 
5 Falle von Gasbildung ohne Anwesenheit von B. coli bean- 
spruchen konnen, habe ich oben schon naher besprochen. 

Was die Entf&rbung anbelangt, so konnten hierbei leider nicht 
so gQnstige Ergebnisse erzielt werden. Unter 79 Wasserproben, die 
B. coli enthielten, zeigten bloB ungefahr ein Viertel, namlich 21, ein- 
wandfrei Entfarbung. wahrend der Rest teils nicht entf&rbt, teils zweifel- 
haft entfarbt war. Diese Resultate wurden durch die Kontroll-B u 1 ff- 
Proben bestatigt, und ein ahnliches Verhalten wurde auch im Neutral- 
rotagar beobachtet, der ebenfalls nur ungefahr in der Halfte der Falle 
deutlich entfarbt wurde. Die Zusammensetzung des Neutralrotagars hielt 
sich dabei streng an die Vorschrift von Rothberger. Worauf diese 
mangelhafte Entfarbung zuriickzufflhren war, konnte ich nur vermuten. 
Das verwendete Neutralrot war einwandfrei, da ich ein Prkparat von 
GrAbler aus Friedenszeit zur Verfugung hatte. Hingegen lieB sich 
vielleicht der Verdacht rechtfertigen, daB die verwendeten Zuckerarten 
heute nicht mehr in der gleichen Qualitat wie fruher vorhanden waren; 
auch konnte die Zusammensetzung des verwendeten Peptons eine Rolle 
spielen. 

In diesem Zusammenhange mochte ich noch auf eine Arbeit von 
Moore und Re vis hinweisen. Die Autoren fanden namlich, daB erstens 
die Neutralrotreduktion unter alien Zuckerarten am besten bei Gegen- 
wart von Laktose von statten geht, und zweitens, daB eine erhebliche 
Saurebildung die Reaktion hemmt. Einige orientierende Versuche, in 
denen bei sonst gleicher Zusammensetzung der Bulfrschen Bouillon 
Milchzucker statt Mannit genonunen wurde, konnten diese Angaben be- 
statigen. Auch war die hierbei gebildete Sauremenge eine geringere. 


1) Es wurde rent steriler Pipette 1 com Flussi<rkeii aus dem betreffenden Garrohr 
entnoinmen und dainit auf schon beschriebene Weise die Kontroll-B ul&r-Probe an- 
gestellt. 


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Jungeblut, Zum Nachweis ties Bacterium coli im Waseer etc. 


69 


als bei der Vergarung von Mannit, wie sich durch Titrierung mit der 
von Bulfr angegebenen Lackmustinktur ergab (100 ccm Lackmustinktur 
Kahlbaura-f-2 ccm Normalnatronlauge). 

Die 3—4 Faile von Entfhrbung in Wasserproben, die kein 
B. coli enthielten, sind leicht erkiart. In alien diesen’ Fallen gelang 
es mir aus der betreffenden Probe einen Sporenbildner aus der Gruppe 
der Heubazillen herauszuzfichten, der, wie aus dem nachtraglichen Kon- 
trollversuch mit Reinkultur hervorging, hierfilr verantwortlich zu 
machen war. 

Es ist dieses Verbalten ein weiterer Beitrag zu der Feststellung, 
daB die Neutralrotreduktion keine fflr B. coli streng spezifische Re- 
aktion, sondern auch anderen Bakterienarten eigentiimlich ist. (Vgl. 
Rochaix und Dufourt, die fanden, daB die Neutralrotreduktion eine 
konstante Eigentflmlichkeit der Mikroben der ammoniakalischen Ga- 
rung ist.) 

Es blieb noch eine Moglichkeit der Erkiarung ffir das hinsicbtlicb 
Gasbildung negative Verhalten der erwahnten 6—12 Ffille flbrig. Es 
konnte namlich das Wachstum des B. coli in diesen Fallen durch das 
gleichzditige Vorhandensein und den hemmenden EinduB anderer Wasser- 
bakterien unterdruckt worden sein, und von dieser Erwfigung ausgehend, 
babe ich noch eine andere Versuchsanordnung aufgestellt: 

I. Reihe. Zunachst wurden die 12 Kulturen in Mischkultur mit dem Heubazillus, 
den ieh ofters im Wasser aDtraf, in den fruher erwahnten kleinen Garungarohrchen 
nach Bulif behandelt. In alien Fallen zeigte sich einwandfreie Gasbildung. Auch 
die Entfarbung trat, wie in diesem Falle vorauszusehen war, prompt ein. 

II. Reihe. In der zweiten Versuchsreihe wurden zur Mischkultur die gewbhn* 
lichen Wasserbakterien verwandt; der Gang der Untersuchung war iolgender: 

Gewohnliches Leitungswasser, das vorher auf die Abwcsenheit von B. coli nach 
Bnlir geprflft war, wurde in sterilcn Kolben aufgefangen. Es wurde dann von den 
12 Coli-8tammen je eine Aufschwemmung einer Oese m 10 ccm 0,9-proz. NaCl-L6su^ig 
hergestellt. Von diesen Aufschweramungen wurden einmal 0,5 ccm und einmal 1 ccm 
zu einem Gemisch von 5 ccm ManDitneutralrotbouillon und 10 ccm des erwahnten 
Leitungswassers zugesetzt und das Ganze in Garungsrohrchen bei 46° bebrutet. In 
beiden Versuchsserien zeigte sich bei alien Fallen jedesmal Gasbildung. 

Es geht aus diesen Versuchen hervor, daB die Anwesenheit von 
Begleitbakterien des Wassers das B. coli in seiner Gasbildung nicht 
hemmen konnte, soweit keine anaeroben Bakterien in Betracht kommen, 
sondern daB das abweichende Verhalten der betrefffenden Coli- 
Stfimme eher in den eingangs erwahnten GrOnden zu suchen ist. 
SchlieBlich wbre noch zu erwagen, ob die Temperatur von 46° fflr das 
Wachstum des B. coli nicht etwa zu hoch ist und es dadurch in der 
Manifestation seiner Eigentllmlichkeiten, so wie fiber haupt seines Wachs- 
tnms gehemmt werden konnte, wie von manchen Autoren angenommen 
wird. 

Ein Ueberblick flber die Literatur zeigt, daB andere Autoren mit 
der Eijkmanscben Probe schon ahnliche Erfahrungen gemacht haben. 
Da Untersuchungen fiber die Bulirsche Modifikation anscheinend fehlen, 
kann ich bloB die Nachprfifungen desEijkman erwahnen. Es ist aber 
nicht anzunehmen, daB die Verhaltnisse hinsichtlich Gasbildung beim 
B. coli in Traubenzucker- und Mannitbouillon so fundamental verschie- 
dene seien, daB die Ergebnisse des einen Verfahrens fiir das andere 
nnzutreffend whren. Die Forscher, die die Eijkmansche Probe naher 
nntersucht haben, teilen sich in 2 Gruppen: Die einen (Hilgermann, 
Thomann) halten die Methode fQr zuverlassig, die anderen (Konrich, 


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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


Kruse, Nowack) bezweifeln ihre Leistungsfahigkeit praktisch in hohem 
MaBe. Einen mehr vermittelnden Standpunkt nehmen From me und 
Federolf ein, obwohl der letzte Autor auch einen Fall angibt, wo bei 
Eijkman keine Garung eintrat, obwohl das Wasser im Liter 2614 
Coli-Keime enthielt. Wichtig ist ferner eine Arbeit von Mar gar ethe 
Sachse, die feststellen konnte, daB durch Anreicherung des negativen 
Eijkman mit Filter in 16 Proz. doch Coli nachgewiesen werden 
konnte; in 7 Fallen sei ferner der Eijkman nach Anreicherung noch 
negativ gewesen, obwohl auf der Drigalski-Platte Coli-Kolonien fest- 
gestellt werden konnten. A us alien Arbeiten scheint als gemeinsames 
Resultat hervorzugehen, daB die Anzahl der Coli-Keime nicht unter 
ein gewisses Minimum heruntergehen darf, wenn man noch mit einiger 
Sicherheit Gasbildung erwarten will, und daB ferner die Temperatur von 
46° so weit jenseits des Temperaturoptimums fflr B. coli liegt, daB es 
dadurch in seinen biologischen Eigenschaften geschadigt wird. 

Es ist nun bedauerlich, daB, wie aus meinen Versuchen hervorgeht, 
die Bulfrsche Modifikation keine erheblichen Vorteile vor der alten 
Eijkmanschen Probe bringt, da die Reduktion des Neutralrots in so 
vielen Fallen versagte, so daB Gartner wohl recht hat, wenn er meint: 

„Die vorher fflr die Eijkmansche Methode geltend gemachten Be- \ 

denken bestehen auch fflr die Bulfrsche Modifikation/ Im besonderen ( 

laBt sich wohl die kategorische Behauptung Bulffs, daB jedes typische ' 

B. coli die 4 Merkmale seiner Probe gebe, in dieser Form nicht aufrecht j 

erhalten. j 

Als praktische Konsequenz meiner Versuche lieBe sich hflchstens > 
die Beobachtung verwerten, daB es gelingt, in einem gewissen Prozent- j 
satz von Fallen durch langeres Verweilen im Brutschrank von anfangs 
negativen Proben einen positiven Ausfall zu gewinnen. Man wird also 
gut tun, negative Proben lieber noch jnehrere Tage bei 46° zu beob- 
achten, bevor man von der Abwesenheit von B. coli flberzeugt ist. 

II. Tell. 

Versuche mit Reinkulturen von B. coli aus menschlichen 

und tierischen Fazes. 

Die Ergebnisse der Wasseruntersuchungen, die, so weit sie das 
prinzipiell Neue der Bulfrschen Probe betreffen, namlich das vom 
Autor mit besonderem Nachdruck postulierte gleichzeitige Zusam- 
mentreffen von Neutralrotreduktion upd Mannitvergarung, eigentlich 
recht ungleichmaBige Resultate lieferten, lieBen es wflnschenswert er- 
scheinen, an Hand einer Anzahl frisch gewonnener Reinkulturen zu 
untersuchen, wie weit es wirklich ein Charakteristikum des typischen 
B. coli ist, die Bulfrsche Probe positiv ausfallen zu lassen. Man 
konnte so eine Menge unkontrollierbarer Nebenfaktoren ausschliefien. 

Zu diesem Zwecke wurden von mir aus 55 menschlichen Stubl- 
proben, aus 16 tierischen Warmbltiterfazes und 6 Kalt- 
blttterfazes Reinkulturen von B. coli geziichtet. 

Diese Reinkulturen wurden mit dem Bulfrschen Verfahren geprfift 
auf folgende Weise: 100 ccm steriles Leitungswasser wurden mit 50 ccm 
Bulffs Mannitbouillon und einem Zusatz von 3 ccm einer 0,1-proz. 
wasserigen sterilisierten Neutralrotlosung vermischt, und die ganze Flflssig- 
keitsmenge auf 10 Garungsrohrchen von je 15 ccm Inhalt verteilt; jedes 
Rohrchen wurde dann mit je einer Oese Reinkultur verschiedener Coli- 


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Jungeblut, Zum Nachweis des Bacterium coli im Wasser etc. 71 

st&mme beimpft. , Eine solche Serie von 10 Rohrchen wurde in den 
Brutschrank gebracht, der auf 46° eingestellt war, und dort zunftchst 
24 Std. belassen. Die Beobachtungen wurden dann hinsichtlich Gas- 
bildnng, Entfarbung, Saurebildung und Trflbung vorgenomraen. Eine 
zweite Registrierung geschah nach nochmaligem 24-stQnd. Verweilen der 
Rohrchen im Brntschrank. Diese Metbode wnrde gewahlt, weil ein an- 
flnglicher Versuch mit Reagenzglasern, in die ein kleines, an einem 
Ende zngeschmolzenes Rohrchen mit. der Oeffnung nach unten herein- 
gebracht war, zu unsichere Resultate lieferte. Sowohl die Gasbildung 
im kleinen RShrchen wie die Entfarbung des zentralen Teiles konnte 
nur nngenau beobachtet werden. Wir wollen die Ergebnisse fflr die 
Coli Stamme von Menschen, tierischen Warmblfltern und Kaltblfltern 
getrennt betrachten und erhalten so 3 Serien. 

I. Serie. 

55 Coli-Reinkulturen, aus menschlichen Fazes geztichtet. 

Von diesen 55 Bulif-Versuchen zeigten eine glatte Reduktion 
des Neutralrots nur 12 Falle; 6 waren zweifelhaft entfarbt, d. h. es 
lag wohl ein Stich ins Gelbliche vor, aber die Farbennuance war mehr 
rfitlich und ohne deutliche Fluoreszenz; bei 37 zeigte sich Qberhaupt 
keine Farbenveranderung; hflchstens dafi der Farbenton von dem Rosarot 
mehr ins Kirschrot flbergegangen war. Die Resultate anderten sich 
nach langerem Verweilen im Brutschrank betreffs Entfarbung nicht 
wesentlich. Einige Male ging die Entfarbung nach 48 Std. wieder 
zurflck und einige Male wurde eine anfanglich zweifelhafte Fluoreszenz 
noch zur vollstfindigen Entfarbung. Uebrigens war die Entfarbung in 
alien Fallen, auch den rein positiven, immer nur in dem geschlossenen, 
mit der Luft nicht in Verbindung stehenden Schenkel des RShrchens 
sichtbar. 

Die Trflbung und Saurebildung trat in alien Fallen einwand- 
frei ein. 

Was die Gasbildung anbelangt, so sind hier im allgemeinen die 
Resultate durchaus gflnstige. Von den 55 Fallen war eine deutliche 
Gasbildung in 53 Fallen zu beobachten; die zwei abweichenden Resultate 
verteilen sich, wie folgt: 

Einmal war bei einem Stamm, der sich sonst durchaifs typisch ver- 
hielt, eine Gasbildung bei 46° durchaus nicht zu erreichen; dagegen trat 
prompt Gasbildung mit gleichzeitiger Entfarbung bei 37 0 ein, und zwar 
war dies Verhalten dauernd zu beobachten, auch bei mehrfacher Wieder- 
holung des Versuches. 

Das andere Mai verhielt sich ein Coli-Stamm hinsichtlich Gas¬ 
bildung absolut negativ, und wurde nach mehreren erfolglosen Ver¬ 
suchen bei 46° und 37° zunflchst nicht weiter geprflft. Auch dieser 
Stamm war kulturell und mikroskopisch absolut typisch. Nach 4-w6chigem 
Aufbewahren der Kultur wurde abermals ein Versuch damit angestellt, 
der diesmal flberraschenderweise eine einwandfreie Gasbildung zeigte, 
und zwar auch bei 46°. 

Urn die Frage einer vielleicht vorhandenen biologischen Labilitat oder 
abnormen Variationsfahigkeit bei den 2 im Bulirschen Versuch hin¬ 
sichtlich Gasbildung atypisch sich verhaltenden Coli-Stammen zu prtifen, 
wurden diese Stamme auf event, auftretende Mutationen beim Waehs- 
tum auf gewflhnlichem Agar, Endoschem Fuchsinagar und Drigalski- 


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72 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 

Agar Ifingere Zeit beobachtet. Es konnte aber weder in der Verfinde- 
rung des Nfihrbodens noch in der Form der Kolonien etwas Aufffilliges 
festgestellt werden. Es bleibt somit nur 1 Stamm, der im Bulir- 
Versuch bei 46° keine Gasbildung zeigte. 

II. Serie. 

Die 2. Serie beschSftigt sich mit 16 Reinkulturen von B. coli, 
gewonnen aus den Fazes der verschiedensten Tiere. Durch Zu- 
fall kam ich in den Besitz von Kot einiger seltener Tiere, wie L5we, 
Elefant, Kamel, Affe, aus dem des Interesses halber auch Coli* 
Stfimme reingeziichtet und nach Bulir geprflft wurden; auBerdem er- 
streckt sich die Untersuchung auf Coli-Stfimme einiger einheimischer 
Tiere (Pferd, Kalb, Hund, Katze, Huhn, Kaninchen, Meerschweinchen, 
Maus, Sperling). Die untersuchten Coli-Stfimme zeigten ohne Aus- 
nahme das bekannte kulturelle und mikroskopische Verhalten und unter* 
schieden sich, mit den gewdhnlichen diagnostischen Proben untersucht, 
in nichts von dem B. coli des Menschen. Ich erhielt ungeffihr fihn- 
liche Resultate. Von 16 Ffillen war die Entf fir bung im Bulir- 
Versuch bloB einmal glatt vorhanden und 3mal zweifelhaft. Dem stehen 
gegeniiber 12 Ffille mit dem Fehlen jeglicher Farbenverfinderung. Tru- 
bung und Sfiurebildung war stets vorhanden, ebenso die Gas¬ 
bildung bis auf einen Coli-Stamm, der allerdings schon 1 Jahr auf- 
bewahrt worden war. Dieser Stamm war aus dem Herzblut eines Kalbes 
gezflchtet, das an Enteritis und konsekutiver Septikfimie eingegangen 
war. Der Versuch fiel anfangs sowohl bei 46° wie 37°durchaus negativ 
aus. Als ich ihn nach 4-wochigem Weiterziichten des Stammes auf 
Endo-PIatten wiederholte, zeigte sich deutliche Gasbildung, allerdings 
ohne daB diese von gleichzeitiger Entffirbung begleitet gewesen wfire. 

In einem letzten Fall schlieBlich trat die Gasbildung bei einem 
Coli-Stamm, der vom Huhn stammte, erst nach 48 Std. ein, wfihrend 
derselbe Stamm, bei 37° nach Bulir behandelt, sofort ohne diese Ver- 
zbgerung Gas bildete. 

ITT. Serie. 

Zum ScMusse wurden vergleichshalber noch einige (6) Coli-Stfimme 
von Kaltbliitern herangezogen. Ich entnahm mit steriler Oese aus 
dem Rektum frisch getbteter Frosehe etwas Darminhalt und gewami 
daraus Reinkulturen von B. coli. Diese verhielten sich kulturell voll- 
kommen typisch und zeigten bloB mikroskopisch hier und da kleine 
Abweichungen. Die Stfibchen waren im allgemeinen sehr klein, teil- 
weise fast kokkenartig. Einmal wurde eine Andeutung von Kapsel- 
bildung beobachtet und ein anderes Mai wieder erschienen die Enden 
eines sonst durchaus typischen Stfibchens etwas intensiver geffirbt bei 
der Ffirbung mit Karbolfuchsin, so daB beinahe eine Art Polffirbung 
zustande kam. Diese Coli-Stfimme wurden nun zum Anstellen des 
Bulir-Versuchs bei 37° und 46° verwendet. Es ergab sich, daB die 
Gasbildung bei 46° unter 6 untersuchten Stfimmen 5mal nur in 
Spuren vorhanden war, die eine minimale Kuppe bildeten, und lmal gar 
nicht eintrat. Die Neutralrotreduktion war lmal zweifelhaft und 
5mal nicht vorhanden. Dagegen trat bei 37° stets einwandfrei Gas¬ 
bildung und Entffirbung ein. Trfibung und Sfiurebildung boten 


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JuDgeblut, Zum Nachweis des Bacterium coli im Waaser etc. 


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nicbts Bemerkenswertes. Dieses Verhalten des Kaltblfltercoli ist schon 
bekannt and bestatigt die Angaben der Literatur, daft er bei 37 0 Zucker- 
arten vergaren kann, wahrend diese Eigenschaft bei 46° nicht vorliegt 
oder zweifelhaft ist. 


Zusammenfassung. 

1) Bei Anwesenheit des B. coli lassen Wasserproben, die 
oach dem Bulirschen Verfahren verarbeitet werden, in den meisten 
Fallen Gasbildung auftreten. Die Gasbildung ist in der Regel sehr 
reichlich, kann aber auch ausnahmsweise in geringen Mengen erfolgen. 

2) Die Gasbildnng ist in der Regel nach 24 Std. nachweisbar, mit- 
unter erfolgt Gasbildung erst nach 48 Std. 

3) In einigen Fallen (6 unter 79 Proben) kann Gasbildung auch 
bei Anwesenheit von B. coli vollig ausbleiben. Die aus solchen 
Fallen reingezflchteten Coli-Stararae geben bei Aussaat in Wasser und 
Anstellung der BuIff-Probe vollkommene Gasbildung. 

4) Die Entfarbung desNeutralrotes trittin Coli-haltigen Wasser¬ 
proben sehr ungleichmaiiig ein; unter 79 zeigten nur 21 eine typische, 
18 eine schwach angedeutete Reduktion des Farbstoffs. Die iibrigen 40 
veranderten die Farbe des Nahrbodens flberhaupt nicht. 

5) Trflbung und Saurebildung waren bei Anwesenheit von 
B. coli stets nachweisbar. 

6) Wasserproben, die frei von B. coli sind, geben nach unseren 
Beobachtungen niemals Gasbildung; wohl aber kann Entfarbung des 
Neutralrots eintreten, eine Veranderung, die z. B der Heubazillus hervor- 
zurufen vermag. 

7) Die von Bulif geforderten fcriterien: Gasbildung, Entfarbung 
des Neutralrots, Saurebildung und Trflbung des Nahrbodens wurden 
gleichzeitig nur in ganz wenigen Fallen von Coli-haltigen 
Wasserproben beobachtet. Ausschlaggebend ist nach unseren Befunden 
in der Hauptsache die Gasbildung, wodurch das Bulirsche Verfahren 
vor der Eijkmanschen Methode keine wesentlichen Vorteile mehr 
besitzt. 

8) Versuche an Reinkultureu von Coli-Stammen ergaben ahn- 
liche Resultate. 

Die von uns geprflften Kulturen aus menschlichen Fazes (55) 
reagierten bei dem Bu Mr-Verfahren in 53 Fallen mit Gasbildung; ein 
Stamm erwarb seine Fahigkeit erst nach langerer Fortzflchtung im 
Laboratorium, ein anderer bildete lediglich bei 37 °, nicht aber 46 0 Gas. 

9) Die menschlichen Coli-Stamme verhalten sich bezflglich der 
Veranderung des Farbstoffs sehr inkonstant. Trflbung und 
Saurebildung sind stets vorhamlen. 

10) Coli-Stamme, aus den Fazes warmblutiger Tiere ge- 
wonnen, verhalten sich nach ineinen Beobachtungen in Reinkulturen 

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74 Uentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 

ganz wie menschliche Coli-St&mme. Dies bezieht sich auf die mor- 
phologischen und kulturellen Eigenschaften der St&mme im allgemeinen, 
ganz besonders auch auf die Reaktion bei der Bulfr-Probe. 

11) Ct)li-St&mme von Kaltbliitern (Frbschen), von denen 6 
verschiedepe Kulturen geprflft wurden, bilden bei 46° hdchstens in 
Spuren Gas. Auch die Neutralrotreduktion bleibt in der Regel aus. 
Wohl aber erfolgt bei 37° einwandfreie Gasbildung und Entf&rbung. 

12) Das Bulfrsche Verfahren gibt bei Wasserproben, die mit 
Reinkulturen von B. coli kfinstlich infiziert werden, gflnstigere 
Resultate als bei den uatflrlichen Coli-WSssern. Es ist 
mbglich, daB das B. coli durch lSugeren Aufenthalt im Wasser in seinen 
biologiscben Eigenschaften beeinfluBt wird. Die Zahl der Coli-Keime 
konnte auch eine Rolle spielen, dagegen scheint die Anwesenheit anderer 
Bakterienarten far den Ausfall der Bu Hr-Probe weniger von Bedeu- 
tung zu sein. 

13) Die unregelmSBige und unvollkommene Reduktion des Neutral- 
rots ist mbglicherweise dadurch bedingt, daB das Mannit im Gegensatz 
zu den Angaben Bulfrs sich nicht besonders eignet. Der Zusatz von 
Milchzucker scheint vorteilhafter zu sein. 

14) Aus der makroskopischen Beschaffenheit der Bulif- 
Proben lSBt sich ein sicheres Urteil-fiber die Anwesenheit von Coli- 
Bakterien nicht abgeben. Gasbildung spricht for einen posi- 
tiven Befund. Dagegen sind gasfreie Proben noch weiter- 
hinzuprUfen. Zu diesem Zweck ist es nbtig, nicht zu geringe 
Wasserraengen beim Ausstreichen auf Platten (Endo- und Dri- 
galski-Agar) zu verwenden. 


Literatnr. 

Bullr, Arch. f. Hyg. Bd. 62. 1907. — Eijkman, Centralbl. f. Bakt- Abt 1. 
Grig. Bd. 37. 1904. — Federolf, Arch. f. Hyg. Bd. 70. 1909. — 'Fromme, Ibid. 
Bd. 65. 1908. — Gartner, Hygiene des Wassers. Braunschweig 1915. — Grijns, Cen¬ 
tralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 86. 1921. — Henningson, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 74. 
1913. — Hesse, Dtsch. Mil.*Aerztl. Zeitschr. 1912. — Hilgermann, Klin. Jahrb. 
Bd. 22. 1909. — Houston, Journ. of Pathol, a. Bact. Voi. 9. 1904. — Konrich, 
Klin. Jahrb. Bd. 23. 1910. S. 1. — Kruse, Weyls Handb. d. Hyg. Bd. 1. 1919. — 
Lignifcres, Ref. a. Handb. d. path. Mikroorg. v. Kolle-Wassermann. Bd. 2. 

402. — Marin ann, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 50. 1909. — Moore a. 
Revis, Journ. of Pathol, a. Bact. Vol. 10. 1905. — Partis, Arch. f. Hyg. Bd. 79. 
1913. — Parietti, Riv. d’ig. e sanit. pubbl. 1890. — Petruschky u. Pusch, 
Z(‘itschr. f. Hyg. Bd. 43. 1903. — Kochaix et Dufourt, Ann. de rlnst. Pasteur. 
Vol. 9. 1911. p. 156. — Sachse, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 81. 1916. — Thomann, 
Hyg. Rundseh. 1907. — Vincent, Soc. de Biol. 1 Fovr. 1890. 


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Gildemeister, Ersatz der Nutrose in Bakteriendifferentialnahrboden. 75 


Naohdruck verbolen. 

Ueber Ersatz der Nutrose in Bakteriendifferentialnahrboden. 

[Aus der bakteriologischen Abteilung des Reichsgesundheitsarats in 

Berlin (Direktor: Geh. Regierungsrat Prof. Dr. L. Haendel).] 

Von Prof. Dr. E. Gildemeister. 

In Nr. 51 der D. m. W. 1920 berichtete I. Leucbs fiber erfolgreiche 
Versuche, die Nutrose in den Differentialnfibrboden nach Barsiekow 
dorch ein nach den Angaben von Klein dargestelltes Serumalkalialbu- 
minat zu ersetzen. Da Nutrose zurzeit kaum Oder nur zu recht hohen 
Preisen erhaltlich ist, so war die Mitteilung von Leuchs besonders zu 
begrfiBen, da nunmehr wieder die Mfiglichkeit gegeben war, die be- 
wlhrten NShrbfiden auf billige Weise herzustellen. 

Die Herstellung der Barsiekow-Nahrbfiden nach I. Leuchs er- 
folgt in der Weise, daB nach der Vorschrift von Klein (D. ra. W. 1920. 
S. 297) 9 Teile Serum — vom Pferde oder Rinde — mit 1 Teil offi- 
zineller (also 15-proz.) Natronlauge gemischt werden. Die Mischung wird 
2 Tage lang im Brutschrank von 37 0 gehalten und dann mit 25-proz. 
Salzsaure bis zu schwach alkalisoher Reaktion fflr Lackmus versetzt. 
Alsdann wird 1 Teil Serum mit 4 Teilen Wasser verdfinnt, die Ver- 
dfinnung nach Zusatz von 0,5 Proz. Kochsalz im Dampf sterilisiert und 
nach AbkfihlUng filtriert. Der weitere Hersteflungsgang vollzieht sich 
entsprechend der Bereitung der Original-Bar si eko w-N&hrboden. 

Auf Grund eigener Untersuchungen kann ich bestfitigen, daB die 
Leuchs schen Serumalkalialbuminat-B a r s i e k o w -Nfihrboden tatsfichlich 
ein vollwertiger Ersatz der OriginalnShrboden sind. Die Reaktionen 
erfolgen auf den Leuchsschen Nahrboden genau in derselben schonen 
Weise wie auf den OriginalnShrbfiden. 

Die Herstellung der Leuchsschen Nfihrbfiden ist einfach, nur ist 
darauf zu achten, daB die ffir den Aufenthalt des Serumalkaligemisches 
im Brutschrank vorgeschriebene Zeit genau innegehalten wird; anderen- 
falls tritt beim Kochen nach der Neutraljsierung doch noch eine Ge- 
rinnung des Serums ein. Dieser Umstand und die Verzogerung in der 
Herstellung des Nfihrbodens durch die 2-tfigige Einwirkungsdauer des 
Alkalis auf das Serum veranlaBten mich, Versuche in der Richtung an- 
zustellen, ob nicht eine Verwepdung von Serum ohne Alkalibehandlung 
moglich ist. Die Versuche haben zu einem vollen Erfolge gefuhrt; da 
das von mir gefundene Verfahren an Einfachheit und Billigkeit wohl 
kaum zu fibertreffen sein dflrfte, mochte ich hier kurz daruber berichten: 

Verdfinnt man Rinderserum im Verhaltnis 1:10 oder 1:20 mit 
physiol. Kochsalzlosung, so tritt beim Erhitzen auf 100° zwar keine 
Oerinnung, aber eine Starke milchige Trubung ein. Verdfinnt man 
Rinderserum in dem gleichen Verhaltnis wie vorher mit destill. Wasser 
ond erhitzt auf 100°, so bleibt das Gemisch bei Durchsicht vollig oder 
nahezu vdllig klar, wfihrend es bei Aufsicht leicht opalesziert. Setzt 
man dem destill. Wasser 0,02—0,03 Proz. Natrium citricum hinzu, so 

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76 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 1. 


bleiben meist auch solche Sera, die beim Kochen mit destill. Wasser eine 
leichte Triibung gaben, nahezu klar. Auch nach dem Erkalten treten 
keinerlei Trflbungen in deni Serumwasser auf. Eselserum, das ein 
anderes Verhalten wie Rinderserum zeigt, gibt mit destill. Wasser in 
der K&lte eine starke milchige Triibung, die beim Erhitzen etwas 
zuruckgeht. 

Das mit destill. Wasser verdfinnte und erhitzte Riuderserum erwies 
sich bei meinen weiteren Versuchen als ein in jeder Hinsicht gleich- 
wertiger Ersatz der NutroselSsungen nach Barsiekow und des Serum- 
alkalialbuminats nach Leuchs. Die Herstellung der Serumwasser- 
Barsieko w-Nahrboden geschieht in folgender Weise: 

5—10 ccm Rinderserum werden mit 90 — 95 ccm destill. Wasser 
gemischt und 1 Std. lang im Dampftopf sterilisiert. Der weitere Gang 
der Herstellung ist alsdann derselbe wie bei den B a r s i e k o w-Original- 
nfihrbbden: 1 g Traubenzucker, Milchzucker Oder Mannit werden in 5 ccm 
Kubel - Tiemannscher Lackmuslbsung im Wasserbade zur Losung 
gebracht. Nach Zusatz der Lackmuszuckerlosung zum Serumwasser er- 
folgt Abfiillen auf Rflhrchen in der flblichen Weise und Sterilisation der 
RShrchen an 3 aufeinanderfolgenden Tagen fttr 15—20 Min. 

Die Serumwasser-Barsiekow-Nfihrboden zeigen das gleiche Aus- 
seheu wie die Originaln&hrbSden; sie sind vollig durehsichtig und vou 
schdner blauer Farbe. Die Ausfallung des Serumeiweifi ist iu den 
10-proz. Serurawasserlosungen ebenso voluminbs, zuweilen noch starker 
als in <len Nutroselosungen, weshalb es zweckmafiig ist, bei Losungen, 
denen Garun gsrohrchen zugesetzt werden, nur 5-proz. Serumwasser zu 
verwenden, damit die etwa entstehenden Gasblasen ungehindert in dem 
GarungsrQhrchen emporsteigen konnen. Der Farbenumschlag erfolgt in 
den Serumwassernahrbbden ebenso prompt und charakteristisch wie in 
den Originalnahrbdden; nicht selten geht die R6tung in Entfarbung 
iiber, wie dies auch des ofteren bei den Originalnahrboden zu gescheben 
pflegt. 

Auf Grund meiner Versuche kann daher dag Serumwasser bei Ver- 
wendung in der von mir angegebenen Weise als ein sehr einfacher, sehr 
billiger und vollig gleich wertiger Ersatz der Nutroselosungen in den 
Differentialnahrboden nach Barsiekow bezeichnet werden. 


Nachdruck verboten. 

Dunkelfelduntersuchungen und Azimutfehler. 

[Aus der Dermatologischen Klinik der .Universitat Leipzig (Direktor: 

Obermedizinalrat Prof. Rill e).J 

Von Dr. med. et phil. F. W. Oelze. 

Mit 6 Abbildungen im Text. 

Die Untersuchung im Dunkelfeld hat bis jetzt ihre ausgedehnteste 
Anwendung zur Erkenntfug der Mikroorganismen, insbesondere der 
lebenden Spirochaten, gefunden. Doch auch Trockenausstriche, ob gefarbt 
oder ungefarbt, wurden im Dunkelfeld untersuclit, z. B. von Arning(l) 
1907, Gas to u (2) widmete 1912 der Untersuchung gefarbter Objekte 


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Oelze, Dunkelfeldunterduchungen und Azirautfehler. 77 

in seinem Buche eine besondere Besprechung. Ich selbst empfahl fflr 
die Untersuchung lebender gefarbter Spirochaten einen amikroskopisch 
dispersen Farbstoff (Chinablau), der zugleich Beleuchtungskontraste aus- 
gleicht. Andere Objekte, insbesondere Harnsedimente, sind eingehend 
von Posner (3) untersucht worden. Nach diesen Arbeiten hat E. Hoff¬ 
mann (4) die Untersuchung gefarbter Objekte im Dunkelfeld als 
„Leuchtbildmethode tt beschrieben. Der Initiative Hoffmanns wird es 
vielleicht zu danken sein, wenn das Dunkelfeld mehr als bisher eine 
der Hellfeldbetrachtung gleichwertige und diese gegenseitig ergdnzende 
Stelle in der mikroskopischen Technik einnehmeu wird. Es ist ein 
gflnstiges Zusammentreffen, dafi der neue von Siedentopf schon 1914 
beschriebene Hell-Dunkelfeldkondensor, der den Uebergang von der 



Fig. 1. Fig. 2. 

Fig. 1. Richtige Dunkelfeldbeleuchtung. Original. 

Fig. 2. Fehlerhafte Dunkelfeldbeleuchtung. Original. 

einen zur anderen Betrachtungsweise mit groBter Leichtigkeit ermbg- 
licht [Naheres s. (7)], jetzt vom Zeisswerk im GroBen hergestellt wird. 

Eine gesteigerte Benutzung des Dunkelfeldes wird aber nur dann 
von Nutzen sein, wenn die eigentumlichen moglichen Fehlerquellen 
dieser Beleuchtungsart auch ej-kannt und vermieden werden; auf den 
haupts&chlichsten und auch ofters in der Literatur zu findenden, den 
Azimutfehler mochte ich hier naher eingehen. 

Bekanntlich entsteht Dunkelfeld bei schrdger seitlicher Beleuchtung 
des Objektes; der Dunkelfeldkondensor ist in seinem zentralen Teile 
durch eine Blendenscheibe unduichsichtig gemacht, das Licht (Fig. 1) 
kann nur in einem peripheren kreisformigen Saum eintreten. erleidet in 
dem hier als Beispiel angenommenen Zeissschen Paraboloidkondensor 
eine Spiegelung und tritt in Form eines Hohlkegels aus dem Kon- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


densor aus, die Kegelspitze, der Schnittpunkt der beleuchtenden Strahlen, 
bezeichnet zugleich den Ort, in deni das Objekt ein fur alleraal liegen 
muB. Bei fehlerfreier Beleuchtung erhalt also das Objekt Licht von 
alien Seiten. 1st jedoch die Beleuchtung fehlerhaft, so ist es moglich, 
daB die Objekte nur von einer Seite beleuchtet werden. 

Auf Fig. 1 habe ich den richtigen Strahlengang in einem Dunkel- 
feldkondensor moglichst verstandniserleichternd darzustellen versucht. 
Als Beispiel wurde der Paraboloidkondensor von Zeiss gewahlt, itn 
Prinzip gilt jedoch die Darstellung fur alle gebr&uchlichen Kondensoren. 
Das durch eine Linse gesaramelte Licht einer hellen Lichtquelle falle 
parallel auf den Mikroskopspiegel, es fiillt diesen vollig aus und wird 
als Lichtzylinder auf die ganze Unterfl&che des Kondensors geworfen. 
Die Unterfl&che des Kondensors ist in ihrem zentralen Teil (durch Ver- 
silberung) abgeblendet, so daB das Licht nur ringformig am auBeren 
Rande eintreten kann. Der Lichtring erfahrt an der parabolischen 
Fiache des Kondensors eine Spiegelung, durch die die Lichtstrahlen 
eine starke Neigung zur optischen Achse des Mikroskopes erfahren. Es 



Fig. 3. 

Fig. 3. Schlitzblende zur ex- 
perimentellen Hervorrufung von Azi- 
mutfehlern nach biedentopf. 

Fig. 4. Spirochaeta pal¬ 
lida, gefiirbt mit Fuchsii richtige 
und gewollt fehlerhafle Abbildung 
j nach biedentopf 1908. 



Fig. 4. 


tritt also aus dem Kondensor ein Hohlkegel von Licht aus, seine 
Spitze stellt den oben erwahnten Strahlenschnittpunkt dar, in dem das 
Praparat liegen muB. Dieses erhalt also von alien Seiten schrag auf- 
fallendes, helles Licht. Das beleuchtende Licht setzt seinen Weg fort, 
es verlauft auBerhalb des Objektives. In das Objektiv gelangt nur vom 
Praparat abgebeugtes Licht, daher erscheint das Praparat hell (bzw. 
wenn gefarbt, mit komplementarfarbig leuchtendem Saume) auf dunkelm 
Grunde. 

Fiillt dagegen das beleuchtende Licht den Planspiegel des Mikro¬ 
skopes nicht voll aus, so erhalten wir den in Fig. 2 veranschaulichten 
Strahlengang. Das Objekt wird nicht von alien Seiten'beleuchtet, sondern 
von einem gewissen Teile der Kondensoroberflache gehen keine beleuchten¬ 
den Strahlen aus. Die Folgen fiir das entstehende mikroskopische Bild 
sind schwerwiegende. Experimentell hat Siedentopf (5) solche Azimut- 
fehler dadurch hervorgerufen, daB er die in Fig. 3 abgebildete Blende 
drehbar unter dem Dunkelfeldkpndensor anbrachte. Solche Beleuch- 
tungsfehler kdnnen auch im Hellfeld entstehen, jedoch sind sie dort da¬ 
durch sofort augenfallig, daB ein Teil des hellen Gesichtsfeldes dunkel 
bleibt, das fallt sofort auf, wahrend dieser Fehler im Dunkelfeld un- 


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Oelze, Dunkelfelduntersuchungen und Azimutfebler. 


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bemerkt bleiben kann, und nun dasselbe Objekt scheinbar ganz ver- 
schiedene Formen zeigt. 

Bei jeder Dunkelfeldbeobachtung muB man besonders auf Azimut- 
fehler achten, sie entstehen sehr haufig. Arbeitet man mit Bogenlicht, 
so genilgt es z. B. schon, wenu die negative Kohle den Lichtkrater der 
positiven teilweise verdeckt, um das Bild fehlerhaft zu machen. Ein 
gutes Objekt zur Untersuchung auf Azimutfehler sind Erythrozyten, ihr 
Rand mufi gleichm&Big hell erscheinen. Kleinste punktfflrmige Objekte 
erlauben keine Beurteilung auf Azimutfehler, wohl dagegen dunne lange 
Objekte, wie Spirochaten etc. Benutzt man einen drehbaren Objekt- 
tisch, so darf das Bild einer Spirochate sich nicht dndern, vor alien 
Dingen darf die Spirochate nicht in Punkte aufgelost erscheinen. 

Siedentopf (5) hat 


1908 die fflr die bakterio- 
logische Untersuchung so 
wichtige Frage der Azimut¬ 
fehler experimentell geklart 
und festgestellt, daB schon 
bei 10°—20°Aenderung des 
relativen Azimutes ein Ab- 
sinken der Intensitat des 
abgebeugten Lichtes fast bis 
auf Null eintritt Daher er- 
klaren sich die auffalligen 
Befunde, die er an einer 
mitFuchsin gefarbten 
Spirochaeta pallida 
erhielt. Siedentopf stellte 
sich die Spirochate im Para- 
boloidkondensor ein, er er¬ 
hielt das Bild Fig. 4 a, der 
daneben stehende Kreis 




Fig* 6. 

Fig. 5. Asterio- 
nella, richtig und 
mit gewolltem Azi¬ 
mutfehler abgebil- 
det, Original. 

Fig. 6. Spirocha- 
teu im Dunkelfeld 
naeb Kasai und 


deutet an, daB Licht von _ Kobayaahi 1919 

alien Seiteu auf die Spiro- Fl * 5 - (Azimutfehler). 

chate fiel. Nun schaltete er unterhalb des Kondensors seine Schlitz- 


blende (Fig. 3) ein, die Lage des Schlitzes geben die Striche rechts 
neben Fig. 4, b—d an. Man sieht, wie auBerordentlich verschieden 
die erhaltenen Bilder von derselben Spirochate sind. Die Fig. 4 stellt 
eine Reproduktion aus der Abhandlung von Siedentopf dar; es handelt 
sich nicht um ein Schema, sondern um genaue Nachzeichnung des Be- 
obachteten. Man sieht, daB bei einem beschrdnkten Azimut nur diejenigen 
Teile der gewundenen Spirochate sichtbar werden, die annahernd senk- 
recht zu dem gerade vorhandenen Azimut liegen. Besteht kein Azimut¬ 
fehler, erhait mit anderen Worten die Spirochate Licht von alien Seitea, 
so konnen auch alle Teile der Spirochate Licht abbeugen und wir er- 
halten eine ununterbrochene, geschlossene Abbildung. 

Die Natur liefert uns Organismen, die wegen ihrer geometrischen 
Bauart sich besonders gut zur Demonstration der Azimutfehler eignen. 
In Fig. 5, oben, habe ich die bekannte Planktonalge Asterionella im 
Dunkelfeld bei guter Beleuchtung abgebildet. Darunter sieht man die- 
selbe Asterionella, wie sie bei einem (kiinstlich hervorgerufenen) 
Azimutfehler erscheint. 


Das Studium der Literatur zeigt, daB durch unbeabsichtigte Azimut- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 1. 


fehler eine auBerordentliche Verwirrung, namentlich auf dem Gebiet der 
. SpirochStenkunde hervorgerufen ist. 

Gas to u (2) beschreibt in seinem 1912 erscbienenen Buche in dem Kapitel 
„Adspekt der Spirochaeta (pallida) im Ultramikroskop" verschiedene Formen, sie 
erscheine namlicb 1) als Sene -glanzender Punkte, 2) ale Serie paralleler scbiefer 
Stabchen, 3) als Korkzieber oder gewellter Faden, 4) als ans nebeneinander gereihten 
Knopfen bestehender Faden, 5) als Evolutionsformen. Wie man sieht, hat Gaston 
ungefahr alle mdgltchen Azimutfehler praktisch erprobt. 

Kasai nnd Kobayashi (6) veroffentlichen 1919 eine Arbeit uber „Spirochaten 
im Magen von Saugetieren“. Es heifit darin: „The spirochete in the dark-field illu¬ 
mination shows a fair distinction (Fig. 4 reproduziert als Fig. 6 dieser Arbeit). The 
consecutive turns seem almost to touch, and accordingly the whole body presents the 
appearance of a coil, the transverse section of which was clearly proved by the rota¬ 
tory movement of the organism to be an ellipse. The dark-neld microscopic view 
also shows that each of the two extremities of this spirochete is tapered into a fine 
terminal flagellum 11 . ^ 

Betrachten wir die hier genau wiedergegebene Figur 6, so sehen 
wir, dafi Kasai und Kobayashi eine fehlerfreie Abbildung der Spiro- 
chfite flberhaupt nicht wiedergegeben haben, alle 8 Formen zeigen alle 
mdglichen Azimutfehler recht objektiv dargestellt Nur in einem Punkte 
ist das fehlerhafte Bild auch fehlerhaft. beobachtet. Nach den Autoren 
trftgt die Spiroch&te an jedem Ende eine Geifiel, diese ist auf alien 
Bildern gezeichnet; sie konnte selbstverstfindlich nur bei einem zufSJlig 
geeigneten Azimutfehler gesehen werden, keinesfalls also z. B. auf den 
Bildern 3 und 7 (von oben). Ob flberhaupt diese Spirochfiten eine 
Geifiel haben, erscheiut mir unwahrscheinlich, feststellen liefie es sich 
natflrlich nur mit fehlerfreier Methodik. Wie man Azimutfehler im 
praktischen Gebrauch des Dunkelfeldes vermeidet, habe ich in meinem 
Buche (7) in ex ten so dargestellt. 

Uteratnr. 

1) Arning, Ed., Neue Anwendungweise der von Sieden topf angegebenen Dunkel- 
feldbeleuchtUDg. (Dtsch. med. Wochenschr. 1907. IS. 2118). — 2) Gastou, P., L’ultra- 
microscope, dans le diagnostic clinique etc. Paris 1912. — 3) Posner, zahlreiche 
Arbeiten in der Berlin, klin. WochenBchr. 1907—1918. — 4) Hoffmann, E, Geber 
die Verwendung des Dunkelfeldes zur Auffindung von Spir. in fixierten und gefarbten 
Ausstricb- und Schnittpraparaten. (Dtsch. med. Wochenschr. 1921. S. (55). — 
5) Siedentopf, H., Die Sichtbarmachung von Kanten im mikroskopischen Bilde. 
(Zeitschr. f. wiss. Mikrosk. 1908. S. 424). — 6) Kasai, K., und Kobayashi, R., 
The stomach spirochete occurring in mammals. (The Journ. of Parasitol. 1919. p. 1). 
— 7) Oelze. F. W., Untersuchungsmethoden qnd Diagnose der Erreger der Ge- 
echlechtskrankheiten. Muncben 1921. 


Inhalt. 


Bernblnm, Wilhelm, Vergleichende Unter- 
suchungen der von Ziehl-Neelsen, 
Gasis - Telemann, Kronberger, 
Unna-Pappenheim und Konrich 
angegebenen Farbemethoden zum Nach- 
•weis von Tuberkelbazillen, S. 23. 

Brinkmann, Studien fiber den Komple- 
mentgehalt des menschiichen Blutes, S. 50. 

Feinmann, S., Die Flecktvphusepidemie 
in Riga in den Jahren 191S—1920, S. 33. 

Fornet, W., Ueber die Reinkultur des 
Pockenerregers. 6. Mitteilung. Mit 1 Ab¬ 
bildung im Text, S. 36. 

Gildemeister, £Ueber Ersatz der Nutrose 
in Bakteriendifferentialnahrboden, S. 75. 

Jungeblnt, Claus W., Zum Nachweis des 
Bacterium coli im Wasser mittels 
der Bulirschen Probe, S. 63. 


Heumark, Eugen, u. Heck, Heinrich, 

Ueber Rattenvertilgungsmittel, 8. 39. 
Oelse, F. W. f Dunkelfelduntersuchungen 
und Azimutfehler. Mit 6 Abbildungen 
im Text, S. 76. 

Pfeiffer, Robert, u. Robitschek, Walter, 

Ein neuesTuberkelbazillenanreicherungs- 
verfahren mit Mastixemulsion, S. 27. 
Flasaj, S., u. Pribram, £., Beitrage zur 
Systematik der Mikroorganismen. Zur 
Systematik der Bacteria bipolaria. 
Bakterien der hamorrhagischen Septi- 
kamie im weiteren Sinne. Mit 1 Tafel,S. 1. 
Rotky, Hans, Ueber die Analyse der Ag¬ 
glutination bei Typhuskranken, S. 16. 
Simons, Hellmuth, Ueber Selenomo- 
nas palpitans n. sp., 8. 50. 


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Frommannsche Bucbdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. 


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Centnlbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate, fid. 87. Heft 2. 

Ausgegeben am 15. Oktober 1921. 


Nachdruck verboten. 

Beitrag zur Kenntnis der Fluorescens-Grappe. 

[Aus der Biologischen Versuchsanstalt, Mflnchen.] 


Von Dr. Kurt Lantzsch. 


Mit 1 Abbildung im Text. 


Bodenbakteriologische Untersuchungen forderten eine Reihe von 
Fluorescens-St&mme zutage, die einer vergleichenden Uebersicht 
bezflglich ihrer Abweichungen unterworfen werden sollen. Die Stamme 
verschiedenster Herkunft wurden fortlaufend numeriert mit FI. 1, FI. 2 
nsw. bis FI. 22.. 

Aus Parkland (Gartenerde) stammten: 

FI. 2, FI. 3, FI. 4, FI. 16, FI. 17, aus Alpenhumue (1700 m Meeresh.) wurden 
isoliert: FI. 5, FI. 7, FI. 11, FI. 19, FI. 22, auf Kalksteinen aus ca. 2900 m Hohe 
fan den sich: FI. 6, FI. 8, FI. 10, FI. 11, FI. 14, auf Moospolster der gleichen Hohe 
FI. 12; in sumpfigen, stehenden Gewassern der Ebene kamen vor FI. 1, FI. 18; aus 
Luft riihrt FI. 20, aus Jauche FI. 9, aus Hochmoor FI. 21, aus Pferdemist FI. 15 her. 


Der Standort der angefflhrten Stamme ist also ein sehr verschie- 
dener, and die Vielseitigkeit der Herkunft liefie sich noch besser ver- 
deutlichen, kflnnten hier die Angaben der Literatur liber das Vorkommen 
in Sputum, Sauglingsstuhl, Flaschenbier, Leitungswasser, Bfldern usw. 
verzeichnet werden. Alle diese Stamme haben das eine Merkmal, einen 
gelbgrfinen Farbstoff, das Bakteriofluoreszin zu bilden, gemeinsam. 

AuBer den angefflhrten wurden noch 3 Stamme in die Untersuchung 
einbezogen, die mir Herr Prof. Sflpfle, Hygien. Institut Mflnchen, flber- 
lieB. Meinen ergebensten Dank fflr diese freundliche Unterstfltzung! 
In dieser Arbeit sind diese Stamme bezeichnet als: Pyocyaueus 1 
und 2 = P y o c. 1 und 2 und P u t i d u m = Put. 

Die von mir beobachteten Stamme wurden bei Zimmertemperatur 
auf Uschinsky-Agar gezflchtet. d. i. Nahrlosung nach Uschinsky 
mit 2 Proz. Agar. Wachstum und Farbstotfbildung waren gut bis auf 
FI. 21, FI. 22, die rasch Degenerationserscheinungeu zeigten und nicht 
mehr zu retten waren. Es wurden Kartoffel- und Pepton-Agarkulturen 
dazwischengeschaltet, die Farbstoffbildung durch Zusatz von Na-Humat 
wrieder regeneriert, als sich Abnahme zeigte. Von einer 2-proz. NaOH- 
Erdabkochung wurde 1 ccm zu 10 ccm Nahragar gesetzt. Wachstum 
und Farbstoffbildung waren nach dieser Auffrischung vorziiglich, eine 
Erscheinung, die von Azotobacter, Amylobacter und den Nitri- 
fikationsbakterien ebenfalls berichtet wird. 

Die Untersuchung erstreckte sich auf die morphologischen Merk- 
male, Zuckervergflrung, Nitratreduktion, Denitritikation, Indolbildung, 
Gelatineverflflssigung und serologisclie Daten. I^s wurde versucht, das 
Gemeinsame, Bindende und das Trennende dieser Gruppe mog- 
licbst herauszuarbeiten. 


Ente AM. Png. Bd. 87. Heft 2. 

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82 


Ceotraibl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 2. 


Auf Zuckervergflrung wurde untersncht: 

In 1-proz. Dextrose-Laralose-Mannitbouillon, Nitratreduktion wurde festgestellt in 
der eiweiflfreien Losung nach Massen: 

H.O 1000 Na,HPO. 0,5 g 

KNO, (0,5-) 1,5 g NaCl 0,5 „ 

Glyzerin 20 g Na,CO, 0,5 » 

Apfelsaure 7 g mit Soda neutralisiert MgS0 4 0,1 „ 

Es warde zagleich aaf Ammoaiak geprOft, da ich Afters bei Erd- 
stflmmen Redaktioa des Nitrats bis zu Amraoniak, das einwandfrei dnrch 
Destination nachgewiesen warde, beobachtete. Zam Nitratnachweis warde 
die KulturlAsung mit 5 Proz. — H 2 S0 4 angesauert und mit Jodzinkstarke 
versetzt. Es tritt Blaafarbnng ein bei Vorhandensein von Nitrit. Fflr 
NH g wurde Nesslers Reagens verwendet. Selbstverstandlich warden 
Kontrollproben mit anbeimpften Robrchen ausgefflhrt, denn nach l&ngeretn 
Stehen bildet sich in der Massenlosung Nitrit, and NH 8 kann ans der 
Loft aufgenommen werden. 

Fflr den Indolnachweis wurde Peptonboaillon in der flblichen Form 
benatzt, die Reaktion mit H,S0 4 and Nitrit auBerdem nach den Ehr- 
lich-B6hme-Vorschriften durchgefflhrt 

Fflr die Gelatineverflflssigung wurde Uschinsky-LAsung mit 10 Proz. 
Gelatine verwandt. 

GeiBelf&rbung warde versacht nach Loeffler, Peppier and Tri- 
bondeau (1). Wo die GeiBelzahl angefflhrt ist, liegen Beobachtnngen 
von 2—3 Prflparaten ans verschiedener Zeit vor. In der Prflfung der 
Einschlflsse richtete ich mich nach A. Meyer (2). Die Tingierung mit 
Methylenblau 1:10 warde im h an gen den Tropfen und im Ausstrichprfi* 
parate, fixiert mit 36-proz. Formalin, durchgefflhrt, auf Volutin durch 
Entfflrben mit 1 Proz. H 2 S0 4 des Ausstriches und Nachbehandlnng mit 
Jodjodkali geprflft. Volutin tritt als runde, schwarze Kflrperchen in der 
Bakterienzelle auf. 

Die Einordnung der Fluoreszentenstamme ist eine willkflrliche. Da 
ein Prinzip herausgegriffen werden muBte, ordnete ich nach einem aufier- 
!ich sichtbaren Merkmale, der Intensitat des Wachstums auf Schragagar. 
Besonders glflcklich ist diese Einreihung nicht, da sich eine Variability 
geltend machte, die durch Temperatur, Zflchtungsdauer des Stammes 
und andere Ursachen bedingt sein mochte; es zeigen sich Unterschiede, 
die sich schwer in Worte fassen lassen. Die Aufstellung erfolgte nach 
folgender Beobachtung: Von einem flieBenden, weiBlich-schleimigen Be- 
lag mit Fettglanz, starkem Absatz im Kondenswasser, ahnlich Pneu- 
monie, ist ein Uebergang zu beobachten zu nicht flieBenden Typen mit 
weniger glanzender, glatter Oberflache, endlich mit Mattglanz und leicht 
runzliger bis glatter Strichoberflache. Belag ist im allgemeinen wie das 
Substrat mit einem grflnlich-gelben Tone gefflrbt, bisweilen auch weiB- 
lich, besonders bei den flieBenden Typen. Es kdnnen nur Kultnren 
gleichen Datums verglichen werden. 

FI. 1, flieflend, schleiraig, Fettglanz, Belag gelblichgriin, starker Absatz im Kon¬ 
denswasser. Durch das FlieOen entstehen Anhaufungen mit weidem Bchimmer. — FI. 2, 
d^gleichen, nur Belag weiBlich. — FI. 3, nicht fliefiend, stumpfer Glanz, Oberflache 
runzlig, narbig. Belag weittlieh bis grunlich. — FI. 4, nicht flielaend, Fettglanz. Ober¬ 
flache glatt, Belag weifi. — FI. 5 wie FI. 4, FI. b wie FI. 4, nur Oberflache weniger 
glatt. Fl. 7 wie FI. 4, FI. 8 wie FI. 6, alter© Kulturen bisweilen mit leicht eince- 
senkten Grubchen, FI. 9 wie Fl. 4, Fl. 10 wie Fl. 8, Fl. 11, Fl. 12 wie Fl. 4, nur Belag 
nicht so stark, weniger erhabeu. Fl. 13, Fl. 14 runzlige bis glatte Oberflache, Fettglanz. 
Fl. 15, Fl. 16, Fl. 17, Fl. 18 wie Fl. 13, Fl. 14; nur weisfc Fl. 16 weifien Belag auf, 
nicht von Farbstoff durchtrankt. Fl. 19 wie die vorhergehenden; FL 20 dunner Be¬ 
lag, Fettglanz. Fl. 21 dunner, kaum sichtbarer Belag, eingegangen wie Fl. 22. 

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Lantzsch, Beitrag zur Kenntnis der F1 uorescens-Gruppe. 83 

# 1 

Die morphologischen Bilder sind recht iibereinstiimnende. Es scheiden 
aus der Reihe aus: FI. 3, FI. 4, FI. 22. FI. 3 zeigt in Slteren Kul- 
turen stark lichtbrechende Korner, 2—3 im Individuum, die sich im 
mit Methylenblau 1:10 behandelten Ausstrich als belle, ungef&rbte 
H5fe hervorhoben; Fettfiirbung ergab keine Sicherheit, Glykogenfar- 
bung mit Jodjodkali war negativ, Plasma farbte sich gelb, Membran 
wnrde sichtbar. In 96 proz. Alkohol, in Chloralhydrat (5 g auf 2 g 
H»0), in Eisessig schwinden diese Granula; Osmiumsaure ergab keine 
Reaktion. Es mflssen diese Gebilde also als Vakuolen angesprochen 
werden Daneben treten 1 — 2 Volutinkugeln auf. Ein Uebergang 
von dieser Form zu den anderen bildet vielleicht FI. 5, die im mit 
Methylenblau behandelten Pr&parate sehr kleine, vereinzelte Vakuolen 



Pyoc. I. FI. 20. FI. 11. FI. 1. FI. 18. FI. 4. 

Fig. 1. Figur der vorhandenen Verfliissigungsintensitaten. Kulturen vom 26. Nov., 
photographiert 9. Dez. 1920. Zu beachten sind die verschiedenen Horizonte der Ver- 
flussigung. Von links nach recbts: 1) Pyoc. I, 2) FI. 20 intensive Verfliissigung, 
3) FI. 11 rasche Verfliissigung, 4) FI. 1 langsame Verfliissigung, 5) FI. 18 Erweicnung, 
6) FI 4 ohne Verfliissigung. 


und Volutin aufweist, sich jedoch durch GeiBelzahl von FI. 3 unter- 
scheidet und in der Fadenbildung sich wiederura den Hauptformen 
nahert. Ferner fallt FI. 4 durch die Gallerthulle auf, die besonders bei 
Ketten deutlich ist. Im Gallertfaden liegen die gefSrbten Einzelzellen 
in deutlichen, ungefarbten Zwischenraumen nebeneinander. Gallerthulle 
0.15—0.2 n dick, auBerdem weicht diese Form von den iibrigen durch 
die GroBenverhaltnisse ab. 

FI. 22 ist morphologisch wie physiologisch ein atypischer Fluoreszent. 
tritt als dickes Kurzstiibchen oder als Kokkus auf. Leider konnte 
diese Form nicht weiterziichten. 

Die iibrigen Formen treten als bewegliche Stabchen auf, die nicht 
unter 1,5 /u Lange, lebend gemessen, heruntergehen, auBer FI. 5, bis 

flip 1 6* Original from 

VjAJ v UNIVERSITY OF CALIFORNIA 


Es 

ich 


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Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originale. Bd. 87. Heft 2. 


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1,2 fx. Es sind alle Uebergange vorhanden von dieser Gr8Be bis zu 20 
bis 80 u langen Faden. Meist bowegt sich die Hauptmasse der Indi- 
viduen um eine GroBenordnung von 1.5—2 — 4//, Breite schwankt 
zwischen 0,6—0,8 //, geht bis 0,9 // bei FI. 6, sinkt bis 0,5-0.6 // bei 
FI. 9, Pyoc. 1, 2, Put. Ketten- und Fadenbildung ist fast bei alien aus- 
geprSgt. 

Die StSmme, im hSngenden Tropfen betrachtet, weisen alle Ueber¬ 
gange auf von geraden bis leickt gekriimmten Stabchen init rotie- 
rendem Vorderende, dem Vibriotyp, und weiter bis zum Spirillentyp. 

Vibriotyp fehlt bei: FI. 5, FI. 6, FI. 9, FI. 12, FI. 13, Pyoc. 1, 2; 
ist wenig ausgebildet bei FI. 7. FI. 10, FI. 14, FI. 15, FI. 18, FI. 19, 
Put., vorhanden bei FI. 1, FI. 2, FI. 8, FI. 11, ausgepragt bei FI. 16, 
wo Exemplare mit 1—1 */ 4 - Umgkngen beobachtet wurden neben geraden, 
gestreckten Individuen. 

Der hangende Tropfen zeigt alle Abstufungen nebeneinander. Die 
Einreihung ist naturgemaB keine straffe, denn wo der Vibriotyp als 
fehlend augegeben wurde, mogen immerhin einige Exemplare mit be- 
ginnender Kriimmung vorhanden sein. „Wenig ausgepragt“ soli die be- 
ginnende Krtiimnung bezeichnen; „vorhanden*, daB der Vibriocharakter 
deutlich wahrnehmbar ist, besonders in der Bewegung. 

Die GeiBelfarbung bietet unvollstandige Augaben, da sie nicht bei 
alien Formen gelang. Wo Beobachtungen vorliegen, stammen diese rain- 
destens von 2 Praparaten. 1—2 GeiBeln finden sich bei: FI. 1?, FI. 5, 

FI. 11, FI. 12, die als monotrich bezeichnet werden kbnnen; es findet 
sich auch die lophotriche Anordnung von mehreren GeiBeln, 3—6. Bei * 
FI. 16 zeigten sich auch bipolar begeiflelte Teilungsstadien. Die Be- i 
funde Burckhardts (3) kann ich aus meinen Beobachtungen nicht 
bestatigen: „Das Bacterium pyocyaneum besitzt anscheinend 
immer nur eine GeiBel, das B. fluorescens (liquefaciens) meist 
2—5, das B. putidum meist ein Biischel von 6—12 GeiBeln.“ 

Dieser Satz wird durchbrochen durch obige Angabe, auch besteht 
keine Parallelitat zwischen BegeiBelung und Gelatineverflttssigung nach 
meinen Befunden; ich muB auch ablehnend dieser Behauptung gegen- 
iiberstehcn, da ich das Vermpgen, peptische Fermente auszuscheiden, 
als Speziesmerkmal aus spater zu erorternden Griinden nicht anerkennen 
kann. Klimenko (5) findet als GeiBelzahl fiir den Fluoreszenten 2 
bis 4—5. ; 

Volutin wird gebildet von den Siammen FI. 3, 1— 3 Granula in der Zelle. auch 
on.st abweichend, FI. "> vereinzelte Voltiunkugeln, FI. 6 Volutin in j unger Zelle spar- 
lich, in Fiiden rosenkranzartig, FI. 11 wie Fl. 5, FI. 12 weist 1-4 Volutinkorper im 
Exemplar auf, Fl. 13, FI. 17, FI. 20 zablreiche Volutinkorper, die rosenkranzartig an- ' 
georduet sind. 

Aus diesen Daten laBt sich fur die Fluoreszenten folgende morpho- 
logische Grundlage gewinneu: 

Die Fluoreszenten sind bewegliche Stabchen mit be- 
gei Bel tern Ende. monotrich bis lophotrich. Lange, lebend 
gem essen. um ein MaB von 1,5—6#/ sich bewegend, seltener darunter. 
Ketten und Fadcn bildend; Fiiden bis 40—80 u lang, Breite 0,5 
bis 0,8 fi. Die Staimnc weisen alle Uebergiin ge von gestreckten, 
geraden Stiibchen bis zu leiclit gekriimmten und weiter zu Stam- 
men mit mehr als einem Umgange auf. V olutinbildung kann 
auftreten von vereinzelte n Ivor perch on bis zu dichter Rosen- 
kranzanordnung. 

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Lantzsch, Beitrag zur Kenntnis der Fluorescen8-Gruppe. 


85 


Lehmann-Neumann gehen in ibrer „Bakteriologischen Diagnostic* fur B. pyo- 
cyaneum (Geaa. Fluegge) L. und N. 1,4—6:0,4 fiir B. putidum (B. fluo- 
rescens non liquefaciena) 1,9—5:0,4— 0,8 ju an. Migula verzeichnet im Sy¬ 
stem der Bakterien" fur Pseudomonas aeruginosa = B. pyocyan. 2—3:0,6 p 
(nach Messungen an 8 verschiedenen Stammen), zuweilen langer, selten kiirzer, fiir 
Pseudomonas f luorescens — B. fluor. 1,17—1,86: 0,68/i, fiir Pseudomonas 
putida = B. floor, non liquef. keine Mafie. In Fluegge, „Mikroorganismen u , 
nnden sieh fiir das B. pyoeyaneum mehrere Angaben verschiedener Autoren: nach 
Fluegge: 1—2:0,3^, nach Ernst 2—6 :0,5—0,7//, nachCharlin 1:0,6 /*; fur den 
Bacillus tluorescens 1—2:0,3- 0,5 

Gemeinsam alien diesen St&mmen ist die Farbstoffproduktion, Bil- 
dung des gelbgrQnen Bakteriofluoreszins und die Unf&higkeit, Zucker- 
arten, Dextrose, L&vulose, Mannit unter Auftreten von gasformigen 
Produkten zu zerlegen; ebenso'fehlt die Sporenbildung. 

FI. 16, das sich am starksten dem Spirillentyp nShert, hatte das 
Vermdgen, Galaktose zu verg&ren; aber bereits nach der 2. Abimpfung 
schwand diese F&higkeit. Ferner machte FI. 22 eine Ausnahme; dieser 
Stamm vergor Zucker unter Gasbildung; er zeigte sich als atypischer 
Fluoreszent und gibt zugleich einen Hinweis, daB unter dem gemein- 
samen Namen „Fluoreszenten“ sicherlich St&mme vereinigt werden. die 
keine verwandtschaftliche Beziehungen aufzuweisen haben, und daB die 
Farbstoffproduktion, wenn auch ein sehr augenfalliges Merkmal, ebenso- 
wenig zur Speziesaufstellung ausreicht wie etwa die Gelatineverfliissigung 
ohne genaue Priifung anderer Qualitaten. 

Ueber das Wachstum auf Kartoflfel ist wenig zu berichten. Eine 
gewisse Variabilitat besteht, die auf die Diflferenz der Stamme, wie auf 
das Kartoffelsubstrat geschoben werden kann. Es zeigt sich das Bild, 
wie es Lehmann-Neumann ausreichend beschrieben haben. Auch 
die Oberflachenkolonien auf Agar bei 120-facher VergroBerung konnten 
als identische bezeichnet werden: braunliche Kolonie, peripher ver- 
blassend, Zentrum fein gekornt, scharfrandig; nur Pyoc.’1, 2 weisen 
eine lappige VergroBerung des Randes auf, sonst aber gleich. 

Die Farbstoffbildung auf U schinsky-Agar beginnt mit einem 
zarten Blaugriln, das fibersehen werden kann. Nur im Vergleich mit 
Ilteren Kulturen lafit sich diese Beimischung sehen. Es geht in helles 
MoosgrQn fiber, dem noch Blau beigemischt ist, und mit der Intensi- 
vierung des Grflns in dunklere Tdne beginnt auch die Braun- oder Gelb- 
fSxbnng des Substrates Diese Verfarbung, welche bis Tiefbraun gehen 
kann, riihrt von der Umwandlung des Bakterioduoreszins her. 

Jordan (6) sagt, daS durch langsame Einwirkung von Licht und Luft, sowie 
apwisaen Reagentien der fluoreszierende Farbstoff in ein gelbes, das Pyozyanin in gleicher 
Weise in ein schwarzes Pigment umgewandelt wird. Dan Geib mancher Stamme fasse 
ich als ein abgeschwachtes Braun auf, je nach der Quantitiit des gebildeten Farbstoffes. 
Auch Thumm (7) machte die Beobachtung, daft alte Kulturen ein orangerotes Aus- 
sehen und eine dunkelgriine Fluoreszenz besitzen, ebenso berichtet Ruzicka (8) von 
Braunfarbung beim Fluorescens, wenn auch in geringerem Mafte als beim Pyo- 
cy&neu m. 

Eine Intensivierung des Farbstoffes durch KC10 s -Zusatz habe ich 
auf Uschinsky-Agar niclit beobachten konnen. 

Von den gelben bis braunen, diffundierenden Farbstolfen anderer 
Bakterienspezies, wie ich an einem Bact. pneumoniae und sonstigen 
StUmmen sah, unterscheidet sich das Fluoreszentenbraun durch Bei- 
mischung von schwach grtinen bis diinkelgriinen Nuancen. 

Eine Tabelle liber Farbstoflanderuug atizufiihren, unterlasse ich, da 
diese Qualitaten nicht exakt zu erfassen sind. Gelb bis leiclit braun 
erschienen nach 3—4 Woclien: FI. 2 Ins FI. S, FI. 10, FI. 11, FI. 13, 


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86 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 

FI. 16 bis FI. 20. In Braun bis Dunkelbraun finderten abl FI. 1, FI. 9, 
FI. 12, FI. 15. Es zeigte sich in' der Quantity der Farbstoffproduktion 
ein FluB, UebergBnge von Viel bis Wenig, weiter bis zum Aufhoren der 
Bildung im Laufe der Zflchtung. Als festes, konstantes Merkmal kann 
diese Eigenschaft nicht angesehen werden. Stettenheimer (9) fflhrt 
ahnliche Beobachtungen an: „Stamme, die eine Zeitlang farblos ge- 
wachsen sind, kflnnen nach lSngerer Ruhepause zu flnoreszieren an- 
fangen. tt 

Thumm (7) fflhrt die verschiedenen Nuancen von Blaugrfln zu 
Dunkelgrfln des Farbstoffes auf wechselnde Alkalibildung der Stamme 
zurflck. Dazu kdnnen einige kleine Belege angefflhrt werden. FI. 9 
bildjete einen schmutzig-blaugrflnen Farbstoff; Extrahieren mit Chloroform 
gelang nicht, ebeusowenig konnte Pyozyanin nach Sullivanschem (10) 
Rezept erzeugt werden. UebergieBen. der Platte mit einer 5-proz. NH S - 
Lflsung ergab einen Umschlag in Gelbgrfln, das sich durch nichts von 
den anderen unterschied. 

Die Stamme wurden in eine Uschin sky-Losung geimpft, die mit 
HC1 neutralisiert wurde; Methylorange als Indikator. Der Indikator 
befand sich nicht in der Nahrlflsung, sondern es wurde ein Bruchteil 
neutralisiert, auf die Gesamtmenge verrechnet und einige Probetiter 
durchgefflhrt. 

Nach 10 Tagen geringe Entwicklung, schwache Trflbung wahrnehm- 
bar bei FI. 9, FI. 12, FI. 14, FI. 15, FI. 19, FI. 20; aUe Kulturen ohne 
Fluoreszenz, mit Ausnahme von FI. 15. Die FlflssigkeitssSule stand 
in den Rflhrchen 7 cm hoch, so daB an ungflnstige 0 2 -Verhaltnisse zu 
denken war. Eine Zucker-Peptonlflsung stand 8 cm und hober in den 
Rflhrchen, und die Entwicklung vollzog sich tadellos. 

AuBer Alkaligehalt ist hier zweifellos die Anwesenheit von Kolloiden 
ausschlaggebend, wie ich an anderer Stelle nachweisen mflchte. Es 
wurden deshalb nochmals Stichproben ^ngesetzt mit Stamm FI. 1 bis 
FI. 5, die folgende Abstufung der Alkalitat zeigten: 

1) Us chin sky Losung neutral, 2) mit 1 ccm */ J0 nKOH auf 100 ccm der Losung. 
8) mit 2 ccm, 4) mit 3 ccm, 5) mit 4 ccm */. 0 nKOH auf 100 ccm Nahrlosung. Dio 
Fliissigkeitssaule stand 3 cm hoch in den Rohrchen. % 


Nach 2 Tagen ergab sich folgendes Resultat: 



neutral 

i 1 ccm 

f 

2 ccm j 

3 ccm j 

4 ccm V l0 nKOH 
auf lOo ccm 

FI. 1 

I 

leichte Trii- j 
bung 

leichte Trii- 
bung 

' leichte Trii- 
1 bung 

leichte Trii- 
. hung 

zart blaugriin 

9 1 

» ~ | 

dgi. 

dgi. 

, dgl. 

dgl. 

dgi. 

„ 3 | 

- 

ohne Tru- 
bung 

ohne Trii- 
* bung 

blaugrune 
i Kahmhaut 

! blaugrune Kahm 
| haut 

” 4 

j ohne Trii- 
‘ bung 

dgl. 

getriibt 

| dgl. 

f dgl. 

| 

i, 5 

dgl. 

1 

1 n 

i 

| ohne Trii- 
1 bung 

* getriibt 

1 ' 

i 

i 

l 


Es ist also der Alkaliuitsgehalt 3 ccm V^uKOH auf 100 ccm neutraler .Nahr¬ 
losung als untcre Gren/.e liir die Farbstoffhildung zu bctrachten. Thumm versetzte 
seine neutrale Nahrlosung mit f> ccm ^uKOH auf das Liter, das sind 5 ccm V 10 nKOH 
auf das 100. 


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Lantzsch, Beitrag zur Kenntnie der Fluorescens-Gruppe. 


87 


Die Us chin sky- Lbsung, die ich ffir den Agar benutzte, zeigte 
einen Alkalit&tsgehalt von 1,5 ccm l /i n KOH == 15 ccm Vio d KOH auf 
das 100. Es darf also der Alkalit&tsgehalt innerhalb weiter Grenzen 
schwanken. FI. 3 behielt bei vorstehendem Versuch seinen blaugriinen 
Farbstoff bei, wbhrend die flbrigen 4 Stamrae mehr Oder minder in Gelb- 
grfln ubergingen. Zusatz von 10-proz. NH 8 -L6sung gab einen Umschlag 
ins Gelbgrfln der anderen Kulturen, was ebenfalls fur T h u m m spricht. 
Durch Chloroform war der blaugrline Farbstoff nicht extrahierbar. Auch 
kann ich dessen Angaben fiber das Fehlen des Farbstoffes in Trauben- 
zuckerkulturen bestatigen. Das Pigment ist nach Thumm und Sulli¬ 
van an das Vorhandensein von Phosphaten und Sulfaten neben geeig- 
neten C- und N-Quellen gebunden, setzt zur Bildung einen Alkalit&ts- 
gehalt von mindestens 3 ccm y 10 nKOH auf 100 ccm voraus. 

Das blaue, durch Chloroform extrahierbare Pigment, das Pyozyanin, 
bat Thumm hbersehen. Er ISBt es vielmehr als Bakteriofluoreszin in 
geringerer Alkalilosung gelten.' DaB dem nicht so ist, beweisen die fol- 
genden Zahlen, ferner die Beobachtung, daB Pyoc. 1, 2 bei Zimmer- 
temperatur zuerst fluoreszierendes Pigment entwickeln, das nach einigen 
Tagen durch das sattblaue Pyozyanin iiberdeckt wird. 


Rohrchen mit 8 ccm U Bch in b k y-Losung, neutralieiert und mit 4 ccm ’/touKOH 
auf 100 ccm versetzt, wurden beimpft und nach 14 Tagen mit 1 / 1 ' 0 r »H.Cl auetitriert. 
Verdunstung betrug in dieser Zeit 0,6—0,8 ccm. Es werden die gefundenen Werte 
ohue Rucksicht auf Verdunstung und auf den Alkalitatsgehalt der Ausgangslosung 
angegeben. Dieser betrug fur jedes Rohrchen (4 - */ 10 n) • ®/. 04 = 0,31 ccm l /. 0 uKOa. 
Doch kann der Neutralpunkt der geimpften Losung nicht besonders genau festgelegt 
werden. Es verbrauchten zur Neutralisation 


FI. 


7) 
V 

Jt 

Ti 

71 


7) 


1 

3 

4 
6 

9 

11 

12 

13 

“{ 


3,7 ccm ‘/,o-nKOH 

3,0 , 

4,0 „ 

3,6 

4 » „ 


4,0 

3,8 

3,7 

4.5 

3.5 


n 
v 
n 
n 
in 


FI. 15 
» 

” 

v 20 

Pyoc. 1 
Pvoc. 2 


S un 
rblos 
grim 
farblos 


3,6 ccm 

V.p-hKOH 

4,o „ 

7) 

3,8 , 

n 

4,1 * 

» 

3,4 „ 

D 

2,7 , 

V 

4,2 n 

7i 

2,8 , 

V 


Die fehlenden StSmme waren nicht angegangen. Der AlkalitStsgrad, 
der in diesen 8 ccm Nahrlosung, Verdunstung ungerechnet, entwickelt 
wird, ist ein recht bedeutender; doch miissen wir bedenken, daB diese 
Zahlen als gewisse Endzahlen anzusehen sind, als das Hdchstmafi, das 
jeder Stamm aus dem gebotenen Medium entwickeln kann. Thumms 
Vermutung besteht nicht zu Recht: Die Pyocyaneum-St&mme, die 
verilflssigenden und die nicht verfliissigenden, zeigen keine durchgreifen- 
den Unterschiede in der Alkalitatsbildung. Eine Parallelitat mit anderen 
Eigenschaften, z. B. Pigmentbildung, habe ich nicht herauslesen kbnnen. 

Als Gemeinsames weist die Fluoreszentengruppe bis jetzt auf: die 
morphologischen Verhaitnisse der Zelle, nicht frei von Variabilit&t und 
zum Vibriotyp und Spirillentyp fiberleitend, den Mangel an Sporenbil- 
dung, die UnfShigkeit, Zucker zu vergaren, und die Pigmentbildung. 
Die Farbstoffproduktion zeigt eine Abstufung, die nicht von der Inten¬ 
sity des Wachstums abhangig ist, sondern von der Ziichtungsdauer und 
anderen unbekannten Faktoren beeinfluBt wird. Es gait, ein diagnosti- 
scbes Merkmal zu finden, in dem sich die einzelnen Stamme unter- 
schieden. Und dieses schien gefunden zu sein im Verhalten gegen 
Salpeter. Denitrifikation, Salpeterreduktion, Indifferenz gegen dieses 


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Centr&lbl. f. Baku etc. 1. Abt. Origin ale. Bd. 87. Heft 2. 


Salz schienen eine Klassifikation zu ermoglichen. Docb zeigte eingehen- 
dere Prilfung ein durchaus wechselndes Verhalten. FI. 9 denitrifizierte 
anfangs mit Schaumbildung, dann ohne diese Erscheinung, erwies sich 
zuletzt als nitratreduzierend. Bei dea anderen Formen konnte bald 
Nitrit nachgewiesen warden, bald nicht. Hier lagen Schwankungen vor, 
die zu kiaren waren: 

Nach einer sondierenden Probe mit FI. 1 und FI. 7 wurden die Stamme, in je 
3 Rohrchen mit a «= 2 ccm, ,b = 6 ccm, c = 10 com Maasenldsung geimpft, nach 
7 Tagen auf Nitrit and Nitrat untersucht. Nitrit wurde nachgewiesen durch Ansauern 
mit 5 Proz. H.SO, und Versetzen mit Jodzinketarke. Blieb die Nitritreaktion a as, so 
wurde mit H,SO, konz. und Diphenylamin auf Nitrat gepruft. Folgende Tabelle gibt 
Uebersicht uber die Stamme: 

a = 2 ccm, b = 6 ccm, c = 10 ccm Massenlosung. 



! 

NO, 

^0, 


; NOw“ 

NO, 


( » 

2 b 

u 

_ 

_ 


f a 



FI. 

+ 

. 

Fl. 

15f b 

schwach 

tiefblau 


+ 



U 

>> 

V 


( a 

3 b 

U 

— 

— 


1 a 
16 b 

1 c 


— 

FI. 

— 

Spur 

FI. 

schwach 



+ 



• 

FI. 

( a 

4 b 

U 

_ 

Spur 

Fl. 

nib 

+ 




— 


|c 

f a 

18 b 
lc 

+ 

• 

FI. 


+ 


Fl. 

__ 




+ 

. 


— 

— 


( a 


Spur 


fa 

— 

— 

FI. 

6 b 

lc 



Fl. 

1W b 

— 

— 



— 


lc 

i 

schwach 

FI. 

1 a 
8) b 

(c 



Fl. 

1 a 

20 b 

U 

l a 

■h 

! Z 

_ 


nichtangegangen 

nicht angegaugen 


+ Spur 

Spur 

FI. 

9 I b 

_ 

— 

Pyoc. 

_ 

_ 


lc 

— 

• 


+ 

• 


1 a 

_ 

_ 



_ j 

_ 

FI. 

10 b 
lc 

— 

Spur 

Pyoc. 

— 

— 

FI. 

12-jb 

— 

— 

Put. 

1 a 
b 

1 C 

— 

— 


lc 

schwach 

. 


+ 



\ a 

13 b 

1 c 

14 nicl 

_ 

— 

Kon- 


no.- 

m 

FI. 

— 

— 

trolle 

no; + 

1 

FI. 

tit angegangen. 





1 


DaB bisweilen von Nitrat eine Spur gefunden wurde, wenn Nitrit 
nicht vorhanden war, hat seinen Grund darin, daB die Diphenylamin- 
probe doppelt so enipfindlich ist als die Jodzinkstarkereaktion. 

Schaum trat nicht auf, nur bei FI. 1-3, FI. 15 und Pyoc. 1 waren 
sehr feine Gasblasen unter der Oberflache. Das Resultat in Worten: 
denitrifizierend erweisen sich alle Stamme, wenn kleine 
Mengen von Nitrat zur Verfiigung stehen; diese werden 
bew&ltigt. Als schwiichste denitrifizierende Formen miissen ange- 
sehen werden: FI. 1, FI. 2, FI. 5, FI. 15, FI. 17. Bei diesen wurde im 


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Lantzsch, Beitrag zur Kenntnis der Fluorescens-Gruppe. 


89 


b-R6hrchen = 6 ccm und im c-Rohrchen = 10 ccm Nitrit noch nach 
7 Tagen gefunden, sie sind auch eventuell als nitratreduzierend zu be- 
trachten. Als n&chste Gruppe haben die Formen zu gelten, die im c- 
Rohrchen Nitrit aufweisen, im- a- und b-Rohrchen fehlt Nitrat und Ni¬ 
trit. Das sind: FI. 3, FI. 12, FI. 19, FI. 20, Pyoc. 1, Put. Der Rest 
der Starome hat in dieser Zeit Nitrat und Nitrit vollstSndig zersetzt. 

Wir haben also eine langsame bis relativ rascheSalpeter- 
zersetzung. Die ersten Vertreter kbnaen vielleicht auch als nitrat- 
reduzierende in Anspruch genommen werden. Nur die Lange der 
Gntwicklung und die Quantitat des verfflgbaren Nitrat- 
salzes sind ausschlaggebend fflr die Raschheit der Zerstdrung. 
Es liegt ein Uebergang von sehr langsamer Denitrifiktltion, 
resp. Nitratreduktion vor bis zur stiirmischen Salpeter- 
zerstorung unter Schaumbildung manchor Pyocyaneum - 
Stamme, wie auch FI. 9 im Anfang der Zilchtung. Zu Shnlichen Er- 
gebnissen kommt auch Trommsdorf (11): 

„In der K u n tze-LosuDg denitrifizierten samtliche 27 Pyocy a n e u a-Stamme, 
aber auch ein groBer Teil der Fluorescens-Stamme (die Mehrzabl der Putidum- 
Slamme'denitrifizierte ebenfalls)“. Und Stetten heimer (9) berichtet: „Bei zahlrdchen 
Fluoreszenten (3) und Punktaten (0) fiel der Denitrifikationsnachweis positiv aus, doch 
war die Reaktion meist schwach.“ Und „verschiedene Abirapfungen eines Stamm eg 
denitrifizierten bald, bald nicht. Die Farbstoffbildung ist davon ganz unabhiingig.“ 
Nur Klimenko (5) kommt zu anderem Resultat; die«cr Autor gondert eine Fluo- 
regeeng-Gruppe aus der dee Bact. alcaligenes aus: r Die Griinde hierfiir sind 
fuleende: eine fortwabrende Bildung von Pigment, die Fahigkeit, eine ziemlicb groBe 
Mt-nge von Kohlenwasserstoffen zu spalton, die Unfiibigkeit der Mehrzabl, mit Aus- 
nahtue von Petruschkv (3), salpetersaure Salze in salpetrige zu verwandeln.“ Leider 
1st nicht gegngt, ob auf Salpeter gepriift wurde; denn eg kann hier ebenso eine Deni- 
trifikation obne Scbaumbildung vorliegen, und dag iet dag Wahrscheinlicbe. 

Fur die Fluorescens-Gruppe ergibt sich'aus obiger Erdrterung, 
daB Nitratreduktion und Denitrifika tion als differential- 
diagnostische Hilfsmittel versagen, da alle Abstufungen ver- 
treten sind. Einerseits ergeben sich alle Uebergange innerhalb der 
Gruppe, andererseits Schwankungen und Ab&nderungen wkhrend der 
Zuchtungsdauer. Das Verhaltcn dem Salpeter gegentiber gibt nicht die 
Mdglichkeit zur Speziesaufstellung (12). 

Wie wir uns den Mechanismus der Nitratreduktion vorzustellen 
haben, darflber geben vefschiedene Arbeiten neuesten Datums Anhalts- 
punkte: Cl. Cohen (13), C. Neuberg, Nord, Wolff (14), Kosty- 
tschew (15) wiesen die zentrale Stellung des Azetaldehyds bei Zucker- 
zersetzung nach. Das reaktionsf&liige Azetaldehyd vermag sicherlich 
eine Reduktion der Nitrate zu Nitriten zu vollziehen, indem es sich selbst 
zu S§ure oxydiert. Die weitere Spaltung der Nitrite zu elementaren 
N* miissen wir uns als einen GarungsprozeB vorstellen zur 0 2 -Gewin- 
nung. Aus der Indolbildung liell sich ebenfalls keine Sicherheit 
gewinnen zur Aufstellung von Spezies. Indol wurde nicht oder nur 
spurenweise gebildet. Zu gleichem Resultat kam auch Trommsdorf 
(11): B Indol konnte bei einer ganzen Reilie uuserer Pyocyaneum- 
Stamme nachgewiesen werden. Die Fluorescens- und Putidum- 
StSmme bildeteri s&mtlich, zum Teil allerdings spurenweise, Indol. u 

Das VermOgen, Gelatine zu verfliissigen, und das Felilen 
solcher peptischer Fermentwirkung fuhrte in der Fluoreszenten- 
gruppe zur Aufstellung der beiden Spezies liquefaciens und non 
liqoefaciens, von Lehmann - Neumann als B. fluorescens 
(Fluegge) L. et N. und B. p u t id u m (Fluegge) L. et N. bezeic-hnet. 


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Central bL t. Balct. etc. L Abe. Or finale. B-L 87. Heft 2. 


: m) 

Nach verschieJen longer ZuektungsJouer von 7 4 bis l 1 /* Jahr wurden 
fiie S tarn me systematisch zusammengefaftt. Vor der Prflfung auf Ver- 
riassigung warden alle Stamrne omal uber Piotten geschickt and noch- 
maks oaf Reinheit gepruft. 

Die Vertiassigang begann mit einem longen. sehlanken Trichter, der 
oben meist eine Luftblase festhielt. Je nach der Vertiussignngsintensitlt 
erweitert sieh der Trichter oben. die Luftblase sehwindet. Die Ver- 
rldssigung schreitet weiter nach unten fort, so dab wir einen Zylinder 
mit Trichter bekommen, und schlieftlich erfclgt der Uebergang in den 
Zylinder ohne Trichter. Die gesamte oder fast gesamte Gelatine ist 
vertiii.ssigt. 

Enter Erweichung ist zu verstehen. daft der Stichkanal sieh allm&h- 
lich von oben her erweitert, daft eine Spar der Gelatine gelost und 
verbraucht wird. ohne daft eiue eigentliehe Verdiissigung stattfindet. 

Es lassen sieh mehrere abgestufte Grade von Verdussigungsintensitat 
heraaslesen. Ich mochte sie in 5 Stafen einteilen: 

1 r Intensive Verflussi^ung: nach S—10 Tageu (Zimmertemperatur) ist die 
Gelatine ganz oder bis auf eerin±re Keste verfUissigt. d. FL 9, FI. 14, FI. 19, FI. 20 
i*. Fifef. 1. S. 83). 

2) Rasche Vert 1 us si gun g: nach S—10 Tagen bleibeo 1—2 cm Gelatines&ule 
ubrig. icurzer Zylinder mit Trichter: FI. IF FI. 1"> Fig. 1, S. 83). 

?j) Lantriame Verfiussigung: FI. F FI. 2. FL 12 is. Fig. 1, S. 83). Nach 
9 Wochen zeigte FL 17 Verfiussigung. vorher unter Stute 4 eingereiht. 

4; Erweichung und sofortiger Verbrauch: FL 7, FL IS, FL 13 zeigt 
nach 6 Wochen Erweichung mit einer 8pur von Verfiussigung, FL 17 war bereiu 
unter 3 aufgefuhrt. 

h\ Keine Verfiussigung , Einstich umwailt oder Nagelwuchs (FL 6): FL 3, 
FL 4. EL 5, EL 6, FL S, Put. In einer Photographic sind aile Uebergiinge zusammen- 
gectellt (s. Fig. 1, S3). Wie Fi. 10, FL 13. FL 17 einzurtuhen sind, kann man im 

Zweifel *e;n. Grad 3. 4, 5 sind eben durch Uebergiinge verbunden, 1 und 2 zeigen nur 
grad u die Unterschiede. 

Intensive Verfiussigung undNichtverflussigung stellen 
also nur die Extreme einer Reihe dar, die durch Zwischen- 
glieder luckenlos miteinander verbunden sind. Es sind 
die Fluoreszenten: liquefaciens und non liquefaciens durch 
Uebergiinge innerhalb der Stammreihe aneinander geschlossen; aber auch 
wiihrend der Ziichtungsdauer traten Aenderungen ein: FI. 1, FI. 2 ver- 
loren stark an Intensitat der Vertiiissigung, ebenso ging FI. 7, das erst 
langsarn verfliissigte, zur Erweichung liber, das gilt auch fur FI. 18. 
FI. 8, das anfanglich vertiiissigte. verlor dieses Yermogen ganz. Gleiches 
sagt. auch Stettenheiiner (9): „Es kaun zufallig ein Stamm seine 
Fahigkcit, zu verfliissigen, verliereir. und Matz uschita (16) berichtet 
ebenfalls von einer Verwandlung des B. fluorescens in B. putidum. 

Auch liier hei diesem Merkmal, das immerhin noch kr&ftig genug 
gait, liir Speziesaufstellung, finden wir Uebergiinge, die die Lflcke zwischen 
beidon Gruppen B. fluorescens und putidum schlieBen. Wir 
miissen die beiden Spezies als Varietiiten einer Form auffassen, 
wie dies schon Lehmann und Neumann vorschlagen. Beide VarietSten 
a liquefaciens und ,i non liquefaciens sollen liier zusammen- 
genommen als B. fluorescens weitergefiihrt werden. 

Es eilieht sieh nun die Frage nach dem Verhiiltnis des B. fluore- 
scens zum B. pyocyaneum. Nochmals mochte ich das Geraeinsame 
(h r heiden Gruppen hervorhehen: die morphologische Gleichheit, soweit 

mit unseren I lilfsmitteln beurteilen kunnen, Bildung von Bakterio- 
zin, (lessen l’roduktion verschieden stark sein und bis 0 abfallen 


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Lantzsch, Beitrag zur Kcnntnis^der Fluorescens-Gruppe. 

kann. Beide Formenreihen bilden keine Sporen, verg&ren Zucker nicht. 
Ebenfalls ist das Verhalten gegen Salpetersalze eine gemeinsame Eigen- 
scliaft, die nicht zur Unterscheidung herangezogen werden kann. Auch 
ist die Alkaliproduktiou von gleicher H8he in der Uschinsky-NShr- 
losung. 

Pathogenitfit besitzen B. pyocyaneum wie B. fluorescens, 
letzteres nur in geringerem MaBe. Es gelang Ruzicka (17), durch 
Infektion mit B. fluorescens bei Meerschweinchen Eiterentwicklung 
zu veranlassen. Klimenko (5) erregte eitrige Bauchfellentziindung 
darch das gleicbe Bakterium bei Ratten mit todlichem Ausgang. 

Nach eigenen Beobachtungen ist B. fluorescens wie pyocya- 
nenm fflr Frosche, also fflr Kaltbliiter, weder in der Kalte noch in der 
Wanne pathogen. Eitrige Bildung babe ich nie beobachten konnen, 
weder an der Einstichstelle noch im Qbrigen Organismus. Bei ungefahr 
50 Proz. der geimpften Tiere trat starker Hydrops auf. 

Es bliebe als unterscheidendes Merkmal flbrig die Bildung eines 
blauen Farbstoffes, des Pyozyanins, Warmetoleranz und ein spezi- 
fischer Geruchsstoff nach Lindenbliiten; in diesen Eigenschaften unter- 
scheidet sich das B. pyocyaneum von dem B. fluorescens. 

Nach Jordan (6) existieren 4 Gruppen von Pyocyaneum-Stammen: ' 

l) die gewohnliche, Pyozyanin und fluoreszierenden Farbstoff erzeugende, 2) die 
nur Pyozyanin bildende, 3) eine nicht seltene, die dem B. fluorescens liquefaciens 
verwandt ist und nur fiuoreszierenden Farbstoff erzeugt, 4) eine nichlchromogene. 

Sullivan (10) kommt zum gleichen Resultat, auBerdem konnte er 
an einem Stamme die Erscheinuugen unter 1 — 3 hervorrufen durch 
Mediumwechsel, Lehmann und Neumann vertreten in ihrer „Bak- 
teriologischen Diagnostic dhnliche Auffassung: denn, so sagen sie, 
,2) haben wir und andere Autoren Pyozyaninstdmme besessen, die keine 
Spur von Pyozyanin mehr bildeten, und hat Ruzicka in geliifteten 
Pyocyaneum-Kulturen eine starke Abnahme der Pyozyaninbildung 
beobachtet (ob nur Umwandlung in Pyoxanthose?).“ Wir haben also 
anch bei den Pyocy an e um-Stammen zwei Extreme zu verzeichnen, 
Stamme mit voller Produktion des blauen Pigments, Stamme ohne 
diese Eigenschaft. Und hier schieben sich die Beobachtungen Stetten- 
heimers (9) ein: An 5 seiner Stamme, die sich bis dahin als Fluore- 
szenten erwiesen hatten, begann die Pyozyaninbildung nach 16 Tagen, 
einwandfrei festgestellt durch Extraktion mittels Chloroforms. Bei 3 der 
Stamme ging die Pyozyaninbildung wieder zuriick, bei 2 blieb sie bc- 
stehen. 

Also auch fur die Pyozyaninproduktion kommen wir zu den gleichen 
Auffassungen wie fflr die Gelatineverflussigung. Es bestehen Ueber- 
gange von 0 bis zur vollen Intensitat der Produktion. Und doch liegen 
bier die Verhaltnisse nicht so klar und so einfach wie bei der an- 
gefflhrten Eigenschaft: Alle Pyocyaneu m-Stamme sind warmetolerant, 
and zugleich ist in der mir bekannten Literatur kein Fall eines nicht 
verllussigenden Pyocyaneu ms verzeichnet. auch verbindet sich mit 
dem blauen Farbstoffe ein spezitischer Geruchsstotf. Es liegt hier zweifel- 
los eine Eigenschaftskoppelung vor: Pyozyanin, Warmetoleranz, Gelatine- 
verflfissigung und Riechstotf. 

Es kann aber zweifellos Pyozyaninbildung ausfallen, ohne dad zu¬ 
gleich Warmetoleranz und Gelatineverdussigung sclnvinden. Es liegt 
demnach eine Qualit&tenkoppelung vor, die sich nur in einer Rich- 
tung betatigt, beim Auftreten, amlererseits mud mit dem Authoren der 


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Centralbi. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 


Gelatineverflflssigang auch die Pyozyaninproduktion schwinden, sonst 
miiBten alle FSlle bekannt sein eincs Pyocyaneums ohne Verflussi- 
gung. Es liegt hier Mechanismus vor, der noch experimenteller Prflfung 
bedarf. 

Gestiitzt. werden diese Angaben durch Bedbachtungen Stetten- 
heimers. Dieser schreibt: 

„Es ist nuu hochst interessant, daft die Abkonimlinge des Stammes I, welche 
Pyozyanin bilden, auch thermotolerant, geworden bind — man konnte v.on einer {Cor¬ 
relation beider Eigenschaften sprechen. Das Bacteriu-m pyocyaneum ist thermo- 
tolerant, wahrend Bacterium fluorescent) psychrophil ist." 

Auch die letzte Angabe wird durchbrochen. Ruzicka gibt Ge* 
w5linung der Fluoreszenten an W&rme an. Die eigenen St&nnne FI. 3, 
FI. 4, Fl. 16 wuchsen bei 37 u , waren allerdiugs nicht so raschwucbsig 
wie Pyoc. 1 u. 2. Eigeuartig ist zugleich, daB die 3 genannten St&mme 
Gelatine nicht verfliissigen. In Zimmertemperatur gebracht, entwickelten 
sich nach der Wachstumsheramung weiter Fl. 2. Fl. 5, in 2 Parallel- 
kulturen, Fl. 11, Fl. 12, Fl. 13, Fl. 15, Fl. 16, Fl. 18. 

Es wurde der Versuch gemaclit, die Fluoreszentepstamme durch 
Warmebehandlung an hohere Temperaturen zu gewohnen. Sie wurden 
1 Monat lang bei 33 °— 37 0 gezflehtet, alle 4 Tage umgeimpft. Es blieben 
iibrig: Fl. 2, Fl. 3, Fl. 4. Fl. 5. Fl. 6, Fl. 8, Fl. 9, Fl. 10, Fl. 11, Fl. 12, 
Fl. 13, Fl. 16, Fl. 18, Fl. 19, |T. 20. Wachstum war im allgemeinen 
diinn, auBer bei Fl. 5. Farbstoffproduktion goring bis 0, ein leichtes, 
blasses Hellgelb. Auf Gelatine iibergeimpft, zeigen obige Formen ge* 
ringes, unscheinbares Wachstum, Farbstoffproduktion war geschwunden 
bis auf Fl. 3 und Fl. 11, beobachtet nach 8 Tagen. Verfliissigung war 
noch vorhanden bei Fl. 11. Dieses Vermogen haben eingebiifit Fl. 9, 
Fl. 12, Fl. 19, Fl. 20. Ein allgemeines Nachlassen der Lebenst&tigkeit 
durch die Warme von 33°—37° bei den psychrophilen Formen ist das 
Resultat: Farbstoffproduktion, Ausscheidung tryptischer Fermente, Wachs* 
tumsintensitat haben nachgelassen Oder sind ganz geschwunden. Keinerlei 
Annaherung an die warmetoleranten Pyocyanea hat sich in dieser Zeit 
beobachten lassen ‘j. 

Wie haben wir die warmetoleranten Fluoreszenten aufzufassen ? 
Sind es Pyocyanea mit Verlust der Pigmentbildung, sind es Fluore¬ 
szenten mit neuer Eigenschaft? Haben nach Stettenheimer Fluore¬ 
szenten Eigenschaften des B. pyocyaneum angenommen, so bleiben 
sie auf langere Zeit hinaus konstant. Jedenfalls ist der Zusammenhang 
zwischen Fluoreszenten und Pyocyaneum-Stannnen geschaffeu, und 
falls sich Stettenheimers Angaben bestatigen, ist der Beweis ge- 
liefert fiir korrelative Aenderung mclirerer Eigenschaften zugleich. 

Der Versuch, aus dem serologischen Yerhalten der Fluoreszenten- 
gruppe Riickschliisse auf die Verwandtschaftsgrade zu ziehen, ist mehr- 
mals gemaclit worden. Die uns interessierenden Arbeiten sind die von 
Pribram und Pulay(lS), ferner Trommsdorf (11). Welches syste- 
matische Gewicht diirfen wir der Gruppenagglutination zuerteilen? Der 
positive Ausfall der Gruppenreaktion berechtigt uns zum SchluB auf 
Verwamitschaft, der negative lalit den SchluB auf das Fehlen verwandt- 
schaftlicher Beziehungen nicht zu. 


1) Zusatz bei der Korrelctur: Alle Fluoreszenten b lift I on in der Hitze period e dieses 
•Tib res die Fahigkeit, Bakteriofluorescin zu bilden ein, Pyoc. I. II eingeschlossen. 
’-e produzierten nur noch Pyocyanin. 


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Lantzsch, Beitrag zur Kenntnis der FI u ore seen 8 - Gruppe. 


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Paltauf (19) sagt wonlirh: „Auffallencl let es ferner, daB sich solche Gruppen- 
agglutination auch nicht dort lindet, wo wir wirklich Grund haben, von Gruppen im 
sjstematiscli-natarwissenschaltlirhen Sinne zu sprechen, z. B. bei den Choleraviorionen. 
Kolle und Gotachlich sagon diesbeziiglich: Die Gruppenreaktiouen, welehe bei 
Typhus und Coli vorhanden sein sollen, treten bei den Vibnonen nicht zutage. Kolle 
konnte solche bei seinen zahlreichen fiber 1000 verschiedenen quantitativen Bestim- 
muugen mit Choleraserura ebensowenig nachweisen wie bei der Pest.-* 

Auf Grund meiner Untersuchungen kam ich zu der Anschauung, 
daB innerhalb der Fluoreszentengruppe ein gewisser FluB nachweis- 
bar ist, eine Variabilit&t, die sich nicht nur dadurch geltend macht, daB 
zwischen den beiden Extremen einer Reihe Ueberg&nge existieren, 
sondern daB auch der einzelne Stamm im Laufe der Ziichtung Schwan- 
kungen unterworfen ist. Wenn dem so ist, konnen wir von der Gruppen- 
reaktion fflr die Fluoreszenten erwarten, daB wir einen positiven Ausfall 
bekommen bei der auBerordentlichen Empfindlichkeit and SpezifizitSt 
dieser Reaktion? 

So mbchte ich die Ergebnisse Tromrasdorfs ausdeuten. Dieser 
Autor fand weder zwischen dem Pyocyaneum (27 Stdinme), Fluore- 
scens(17 StSmme) und Putidum (11 St&mme) gegenseitige verwandt- 
schaftliche Beziehungen. AuBerdem zerfielen die 3 systematischen Spezies 
wiederum in mehrere agglutinativ abzutrennende Arten. Wenn schon 
innerhalb der anerkannten systematischen Gruppe, z. B. bei Pyocya¬ 
neum ergaben sich 5 Untergruppen, verwandtschaftliche Diflerenzen 
sich erweisen, dtirfen wir es noch weniger von Formen erwarten, die, 
wie liqnefaciens und non liquefaciens, die entgegengesetzten 
SchluBglieder einer Reihe bilden. 

Leugnet Trommsdorf auf Grund seiner serologischen Ergebnisse 
Verwandtschaft der 3 Gruppen, so miiBte er auch innerhalb der einzelnen 
Gruppen Beziehungen ausschlieBen. Seinen Versuch, die agglutinativ 
erraittelten Gruppen durch Verhalten verschiedenen C-Quellen gegenilber 
zu differenzieren, halte ich fur unzulfinglich, da hier nur eine der Eigen- 
schaften herausgegriffen wurde, und, wie es scheint, gerade eine der 
konstantesten. 

Es wurden Versuche angestellt mit Kaltblfltern, mit Frdschen, .die 
mit FI. 1 und Pyoc. 1-Aufschwemmungen geimpft wurden. Die Do- 
sierung war eine recht starke: je 1 ccm einer Suspension, die eine Oese 
Bakterienkultur auf 10 ccm physiol. Kochsalzlosung enthielt. Nach 8 
bis 10 Tagen Neuimpfung von 1 ccm einer Suspension, die 2 Oeseu auf 
10ccm enthielt; nach 6 Tagen Wiederholung in gleieher St&rke. Impfung 
geschah intramuskuliir in den rechten Hinterschenkel. Ueberstanden 
die Frdsche die Prozedur, so schienen sie nicht in ihrem Wohlbefinden 
gestort. Trotz der starken Dosierung zeigten sich besonders die warm- 
gehaltenen Frosche sehr ungebiirdig, waren nervos, begannen die Copula. 

Weder an der Einstichstelle noch im Organismus zeigte sich eine 
Eiterung. Die Einstichstelle war blutig infiltriert, doch wurden die 
Wunden rasch ausgeheilt. Einige Exemplare starben nach der 2. Impfung, 
sie zeigten einen allgemeinen Iivdrops. Beim Anschueiden der Bauch- 
wand floB eine klare, gelbliche Fliissigkeit, die fast keine gefornien Ele- 
mente und nur wenig Bakterien enthielt. Eine Entscheidung, ob diese 
Wassersucht primar durch die Impfung verursacht oder ob sie sekundar 
ausgelost wurde, ist mir unmbgiich. Jedenfalls driingte sich mir der 
Eindruck auf, daB weder Pyocyaneum noch FI. 1 irgendwelchc direkt 
pathogene Wirkung auf Frosche auszuiiben vermogen. Weder das Serum 
noch die Hydrops fl iissigkeit ha lien eine agglutinierende 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 2. 


Wirkung ausgeubt. Der Versuch verlief negativ. Andere 
Agglutinationsversuche wurden nicht angesetzt. 

Zusam menfassun g. 

Zusammenfassend mQchte ich sagen: Die Fluoreszenten im engeren 
Sinne, unter AusschluB der Pyocyanea, zeigen in ihrem Verbalten 
einen FluB, eine VariabilitSt, welche sich erstreckt auf Farbstoftbildung, 
Denitrifikation, Nitratreduktion nnd GelatineverflQssigung. Es lassen 
sich UebergQnge innerhalb der Gruppe nachweisen, die beide Extreme, 
vollste Ausbildung einer Eigenschaft bis zum Fehlen, lOckenlos durch 
Uebergange verbinden, aber auch am einzelnen Vertreter ist dieser FluB 
nachweisbar, 

Gemeinsam ist den Fluoreszenten wie den Pyocyanea Bakterio- 
fluoreszinproduktion, UnvermQgen, Zucker zu vergSren, Sporen zu bilden, 
morphologische Beschaffenheit, PathogenitQt fGr WarmblQtler. 

Fassen wir die Pyocyanea in diese Gruppe mit ein. so sind wir 
gezwungen, eine Qualitatenkoppelung anzunehmen, die sich in Warme- 
toleranz, Gelatineverfitissigung, Bildung von Pyozyanin und einem Ge- 
ruchsstoffe auBert. Dabei scheint sich diese Koppelung nur in einer 
Richtung, beim Auftreten, zu betatigen, wahrend Pyozyaiiinbildung aus- 
fallen kann, ohne die GelatineverflQssigung und Warmetoleranz zu be- 
einflnssen. Finden Stettenheimers Angaben Bestatigung, dann ware 
die LQcke geschlossen: wir hatten eine Gruppe vor uns! Bei voller 
Ausbildung aller Eigenschaften ware die Gruppe zu charakterisieren: 
GroBe bewegt sich um 1,5—6/t : 0,5-0,8 Ketten und Faden bildend, 
alle Uebergange von geraden Stabchen bis Spirillentyp vorhanden, Yo- 
lutinbildung auftretend oder fehlend, BegeiBelung mono- bis lophotrich. 
Pyozyanin- und Bakteriofluoreszinbildung, die wechselseitig oder beide 
fehlen kQnnen. Uebergange von Nitratreduktion bis Denitrifikation, von 
GelatineverflQssigung bis Fehlen, Betatigung der angefQhrten Qualitaten¬ 
koppelung. 


Literatnr verz eichni s. 

1) Tribondeau, L., Fichet, M., et Dubreuil, I., Methodes de coloration 
dcs cils iuicrobiens. (Compt. rend. Soe. de Biol. T. 79. 1916; Ref. Centralbl. f. Bakt Abt. I. 
Ref. Bd. 69. 1920. 8. 13-1.) — 2) Meyer, A., Die Xclle der Bakterien. Jena 1912. — 
3) Burekhardt, Die BegeiBelung a'ls differentialdingnostisches Merkmal in der Fluo- 
rescensgruppe. (Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. 79. 1917.) — 4) DerB., Ueber 
Veramlerlichkeit der Bewegung und BegeiBelung. (Arch. f. Hyg. Bd. 82. 1914. S. 23a.) 

— 5) Klimenko, Die Gruppe dcs Bac. faeealis alcaligenes. (Centralbl. f. Bakt. 
Abt. 1. Orig. Bd. 13. 19U7.) — 6) Jordan, Hyg. Rundsch. Bd. 10. 1900. S. 930. — 
7) Thumni, Beitnige zur Biologic der iluoreszierenden Bakterien. (Arb. a. d. Bakt. 
I net. Karlsruhe. I. 1897.) — 8i Ruzicka, 8t., Vergleichende 8tudien liber deu Bac. 
pyoeyaneus und den Bac. fluoresce ns. (Arch. f. Hyg. Bd.34. 1899.) — 9) Stetten- 
neimer, Variationsstudien in der Gruppe der Fluorescentes. (Verhandl. d. Plivs.-med. 
Ges. Wurzburg. N. F. Bd. 42. 1913. Nr. 6.) — 10) Sullivan, M. X., Die pyozyanin- 
und fluoreszenzbildende Kraft der Bakterien. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 33. 
1 903. S. 277.) — 11 ) T r o m m s d o r f, Zur K en n tn is des B a c t . p v o c y a n eu tn und 
seiner Beziehung zu den Iluoreszierenden Bakterien. (Ibid. Abt. I. Orig. Bd. 78. 1916.) 

— 12) K u n n e m aim, Bacillus fluorescent 1 i q u e f a c i e n s als Denitrifikator. 


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Hausherr, Zur Frage der pbysiolog. Agglutination von Y-Ruhrbazillen. 95 

(Landwirtach. Versuchsstat. Bd. 50. S. 65.) — 13) Cohen, CL, Ueber die BHdung von 
Acetaldehyd bei den UmRetzungen von Zucker durch Pilze. (Biochem. Zeitschr. Bd. 112. 
1920.) — 14) Neuberg, C., u. Nord, Wolff, Acetaldehyd als Zwischenprodukt bei 
der Vergarung durch B. lactis aerogenes. (Ibid. Bd. 112. 1920.) — 15) Kosty- 
tschew, Ueber Alkoholgarung. (Hoppe-Seylers Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 111. 
1920.) — 16) Matzuschita, T., Ueber die Veranderlichkeit der Eigenscbaft des 
Bacillus anthracis, Gelatine zu verfliissigen. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd. 28. 
1900. 8. 303.) — 17) Ruzicka, St., Vergleichende Studien fiber den Bac. pyo- 
cyaoeus und Bac. fluorescens liquefaciens. (Arch. f. Hyg. Bd. 37. 1900.) 

- 18) Pribram u. Pulay, Beitrage zur Systematik der Mikroorganismen. I. Die 
Gruppe des Bact. fluorescens. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 76. 8. 321.) 

— 19) P a 11 a u f, Die Agglutination. (Kolle-Waseermann, Handb. d. path. Mikroorg. 
Bd. 4.) 


Naohdruck verboten. 

Beitrag zur Frage der physiologischen Agglutination von 

Y-Ruhrbazillen. 

[Ans dem Institut zur Erforschung der Infektionskrankheiten in Bern 
(Direktor: Prof. Dr. G. Sobernheim).] 

Von Dr. Otto Hausherr. 

Im allgemeinen enthSlt das Blutserum des Menschen noch in - 
hoheren Verdflnnungen (V 50 —V 100 ) wirksame Agglutinine gegen Krank- 
heitserreger nur dann, wenn eine Aufnahme der betreffenden Mikro¬ 
organismen und .eine Reaktion des Korpers gegen sie vorangegangen 
ist; solche Agglutinationsreaktionen sind dann also spezifisch. Es 
gibt freilich auch unspezifische Bakterienagglutinationen, nicht nur die 
Ausflockungen von Bakterien durch weniger stark verdttnutes Serum, 
sondern auch solche in hbheren Verdfinnungen. Das bekannteste und 
praktisch wichtigste Beispiel hierfiir ist die Agglutination banaler, aus 
dem Korper Fleckfieberkranker herausgeziichteter Bakterien, Proteus 
and Pyocyaneus, durch Fleckfieberserum,. die so regelm&Big auftritt, 
daB sie mit einem der Proteus-StUmme, x 19, als Weil-Felix sche 
Reaktion diagnostisch verwertet wird. Weiterhin mochte ich auf die 
durch mehrfache Literaturangaben bestatigte Tatsache binweisen, daR 
der Micrococcus melitensis auch in hohen Verdtinnungen durch 
das Serum von Menschen agglutiniert wird, die nie an Maltafieber ge- 
litten batten, und daB in diesem Falle die spezifischen und die unspe- 
zifischen Agglutinine sich durch die Hitzebestandigkeit nur der ersteren 
nnterscheiden lassen sollen. 

Es rouB also erst fflr jede einzelne Art von Infektionserregern 
durch Erfahrungen und Untersuchungen Auflarung gewonnen werden, 
ob und inwieweit gegen sie gerichtete Agglutinine spezifisch sind. Wie 
liegen nun die VerhSltnisse bei den. Ruhrbazil len? Ich mochte mich 
nor auf 2 Autorit&ten auf dem Gebiete der Ruhrforschung berufen, 
deren Anschauungen' durch zahlreiche AeuBerungen in der Literatur 
leicht zu stfitzen waren. 

Lentz sagt 1909: 

„Dae Blutserum von Dysenteriekranken und Rekonvaleszenten enthiilt die spezi- 
bschen Agglutinine und gestattet durch ihren Nachweis einen indirekten bzw. retro- 
'•pektiven Schlufl auf den der Krankheit zugrunde liegenden Erreger. 4 * „Als beweiscnd 
iiir das Vorliegen einer bazillaren Dysenteric kann bei verdiichtigen Krankheitserschei- 
nuDgen .... die Agglutination des 8higa-K r use-Bazillus in der Serumverdunnung 


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96 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 2. 

V #0 , die dee Flexner- und Y-Bazillus ... in der Berumverdiinnung 1 / 100 angesehen 
werden.“ 

Kruse dagegen, der Entdecker der Ruhrbazillen in Europa, fafit 1915 seine Ao- 
sicht in folgenden Worten zusammen: „Wird der Dysenteriebazillus mindestens bei 
50-facher Verdlinnung des Krankenserums verklebt, so' handelt es sich wabrscheialich 
um echte Dysenterie, wird er auf die Dauer nicht verklebt, um Pseudodysenterie. Die 
Agglutination von Pseudodysenteriebazillen im Krankenserum hat dagegen im einzelnen 
Fall nur recht bedingten Wert, da schon das Blut Gesunder, geschweige denn das 
echter Ruhr- oder Typhuskranker nicht selten Pseudodysenteriebazillen in hoher Ver- 
diinnung verklebt." ' 

Gehen die Anscbauungeo dieser beiden berufenen Ruhrforscher abo 
schon in der Bewertung der Agglutination der Shiga-Kruse-Bazillen 
deutlich auseinander, so scheinen die Gegensfitze in der Frage der 
Agglutination der giftarmen Typen vollends unfiberbrfickbar. 

Berilcksichtigen wir die Jahre, aus denen diese AeuBerungeu 
stammen, 1909 und 1915, so gewinnen wir schon einen Anhaltspunkt 
zur Erklfirung der Gegensfitze: zwischen ihnen lag der Beginn und das 
1. Jahr des Weltkrieges mit seiner Ffllle von Erfahrungen auf deni Gebiete 
der Infektionskrankheiten; und eine der wichtigsten Kriegsseuchen ist 
von je her die Ruhr gewesen. Wfihrend des Krieges tauchten denn die 
zahlreichen Zweifel an der Bedeutung der Ruliragglutination auf; hier- 
hin gehoren die Befunde, daB das Serum gegen Typhus oder Cholera 
schutzgeimpfter Leute Ruhrbazillen, auch die des Typus Shiga-Kruse, 
hoch agglutiniere (Kutscber, Schmidt, Schiemann u. a.), zahl- 
reiche Beobachtungen fiber Ruhragglutinationen bei nicht Ruhrkranken, 
die Forderung besonders grobtlockiger Agglutination (Dfinner, Friede- 
mann und Steinbock) oder wesentlicher Heraufsetzung des Ver- 
dttnnungsgrades, von dem an eiuer Agglutinationsreaktion Bedeutung 
beizumessen sei (Sonne, Utnnus u. a.). Alle diese Zweifel und Forde- 
rungen waren auf den Befund zurflckzufuhren, daB auch das Serum von 
Personen, bei denen eine Ruhrinfektion nicht nachweisbar war, Ruhr¬ 
bazillen agglutinierte, und so ist es wohl verstfindlich, daB die Hfiufung 
solcher Beobachtungen die Spezifizitfit der Agglutination von Ruhr¬ 
bazillen uberhaupt fraglich erscheinen lieB. Den entgegengsetzten SchluB 
zog Loewenthal; er erblickte in diesem Verhalten geradezu einen 
Beweis fflr die Spezifizitfit der Ruhragglutination. Er argumentierte: 
vor dem Kriege ging, wie sich statistisch nachweisen lfiBt, die Haufig- 
keit der Sera, die in hoherer Verdtinnung Ruhrbazillen agglutinieren, 
der Verbreitung der Ruhr parallel; wfihrend des Krieges hat die Ver- 
breitung der Ruhr stark zugenommen, die Mehrzahl aller Kriegsteil- 
nehmer ist der Ruhrinfektion ausgesetzt gewesen, also waren in der Mehr¬ 
zahl ihrer Sera Ruhragglutinine zu erwarten und ihr Fehlen nur wfirde 
die Spezifizitfit in Zweifel stellen konnen. 

Diese Argumentation erscheint durchaus einleuchtend, und sie lfiBt 
sich durch einige weitere Ueberlegungen noch sttitzen. 1) Die Ruhr 
ist sicherlich nicht an alien Teilen der Kriegsschauplfitze und zu alien 
Zeiten gleich verbreitet gewesen, und es ist daher zu erwarten, daB 
auBer den schon angefiihrten Erfahrungen (Ruhragglutination bei der 
Mehrzahl der Nicht-Ruhrkranken) auch das entgegengetzte Verhalten, 
namlich Seltenheit der Ruhragglutinine bei nicht nachweisbarer Ruhr- 
infektiou, beobachtet worden sei; das ist denn auch tatsfichlich der Fall. 
AuBer den Beispielen, die Loewenthal erwahnt, mochte ich vor 
alletn auf die Uutersuchungen von Goldzieher verweisen, der zu dem 
SchluB kommt, das Auftreten von Agglutinineu bei Nichtdysenterischen 


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Hausherr, Zur Frage der physiolog. Agglutination von Y-Ruhrbazilleu. 97 


oder Gesandeu sei an ortliche Verh&ltuisse gebunden und wohl auf 
voraugegangcne und nicht erkannte Dysenterieinfektionen zu beziehen. 
Er hat bei 27 Gesunden, bei wiederholter Untersuchuug, 5mal, bei 53 
rneist fieberhaften Kranken obne Darmsymptome nur 2mal Agglutination 
von Ruhrbazillen in der Verdunnung V 60 gefunden, nieraals in hfiherer 
Verdunnung; unter 390 klinisch Ruhrkranken dagegen 42mal, und nach 
Abzug der in der ersten Krankheitswoche Untersuchten unter 275 Fallen 
206mal = 75 Proz. positive Reaktionen. Welchen Typus der Ruhr- 
bazillen er benutzt hat, gibt Goldzieher nicht an. Goldzieher 
zitiert auch die mir nicht zuganglichen Befunde von Dienes, der unter 
313 Nichtruhrkranken nur 7mal Agglutination in Verdflnnung von fiber 
3 ' 50 beobachtete. Auch die Veroffentlichung von Hennis ist erwahnens- 
wert, der im Ruhrkohlengebiet wahrend der Ruhrepideraie 1917 aus 
einigen Bezirken kautn positive Blutuntersuchungen hatte, aus anderen 
dagegen zahlreiche. Wahrend des Epidemiejahres ergaben von 2279 Blut- 
proben 1009 = fast 44 Proz. bei 24 Std. Beobachtung Agglutination 
von Ruhrbazillen in der Verdunnung von '/ion oder hoher. 1m darauf 
folgenden Jahre, zu ruhrfreier Zeit, ergab die Untersuchung von 100 
Blutproben von Nichtruhrkranken „nur in einigen wenigen Fallen 44 
eine Agglutination mit Ruhrbazillen; sie stieg mit Kruse- Bazillen 
iiie hoher als 3 / 50 und erreichte mit Flexner- und Y-Bazlllen nur 
selten 3 /ioo- 

2) Die verminderte Einschatzung der Ruhragglutination wahrend 
des Krieges betraf nicht nur die giitarmeu Typen, sondern auch den 
Typus Shiga-Kruse, also Bakterien. deren Agglutination durch 
Patientenserum als so sicher spezifisch gegolten hatte, daB die Reaktion 
ichon mit nur 50-fach verdunntem Serum als positiv, als beweisend ffir 
eine stattgehabte Ruhrinfektion angesehen worden war. W 7 ie eingangs 
zitiert, bezeichnet 1915 Kruse selbst bei einer Agglutinationsreaktion in 
dieser Verdflnnung eine Dysenterieinfektion nur noch als „wahrschein- 
lich“, die Anerkennung nur der grobflockigen Agglutination als spe¬ 
zifisch beziehen Friedemaun und Steinbock gerade auf Shiga- 
Kruse-Bazillen, ebenso Umnus u. v. a. die Forderung einer Agglu¬ 
tination in hflheren Vcrdunnungen. 

Wfihrend des Krieges hatte eben auch die Shiga-Kruse-Ruhr 
eine erhebliohe Verbreitung, und daB auch diese Infektiou ebenso leicht 
und unbemerkt verlaufen kann, wie die Infektiou mit den giftarmen 
Typen, ist eine Kenntnis. die durch die Ivriegserfahrungen in grofiem 
Umfang bestatigt worden ist. 

3) Man braucht nicht anzunelunen, daB eine vorangegangene Ruhr¬ 
infektion, die eine positive Agglutinationsreaktion bei Untersuchuug 
Nichtruhrkranker verursachen soli, nur kurze Zeit zuriickliegen konne 
und daher in der Erinnerung noch haften und bei genauer Befragung 
uoch feststellbar sein mulite. Wjeder <ien Kriegserfahrungeu verdanken 
wir die Kenntnis, daB eine spezifische, z. B. durch Ty-Erkrankung oder 
-Schutzimpfung hervorgertifene Agglutininbildung nach ilirem Abklingen 
durch fremde Reize, also durch andersartige Infektionen oder Fieber von 
neuem angefacht werden kann. Insbesondere hat Marck beobachtet, 
daB bei Personen, die Ruhr fiberstandcn batten, die bereits negativ ge- 
wordene Ruhragglutination nach Ausfiihrung der Ty-Schutzimpfung wieder 
positiv wurde. Con rad i und Biel in g haben diese Vorgiinge im Tier- 
versuch bestatigt und fiir die bei Einwirkung eines neuen Reizes er- 
folgende Reaktivierung von Agglutininen, die auf Immunisierungsvor- 

Abt. Orig. Bd. 87. Hell 2. 7 


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98 


CentralbL t. Bakt, etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 


gange in der Vergangenheit hinweisen, die Bezeichnung „anamnestische., 
Serumreaktion gepragt. Die anamnestiscbe Serumreaktion also, die die 
Infektionen eines groBeren Zeitabschnittes noch zur Geltung kommen 
laSt, trkgt auch dazn bei, die Haufigkeit der Ruhragglutination bei 
Personen, die zur Zeit der Untersuchung nicht an Ruhr litten, zu er- 
kiaren. 

Es erscheint nacb alledem nicht nur als gerechtfertigt, sondern als 
geboten, die Agglutination von Ruhrbazillen durch menschliches Serum 
nach wie vor als spezifisch anzuerkennen. Eine ganz andere Frage 
ist es, ob diese Reaktion, selbst wenn sie spezifisch ist, diagnostiscb, 
zur Aufklarung eines vorliegenden Krankheitsfalles, verwertbar ist. Das 
wird von den zeitlichen und brtlichen Verhaitnissen abhangen. Zu Zeiten 
und in Gegenden, wo Ruhrinfektionen und dementsprechend die Rubr- 
agglutination auch bei Nichtruhrkranken weit verbreitet sind, wird der 
positive Ausfall im einzelnen Krankbeitsfall zur Sicherung der Diagnose 
nicht viel beitragen konnen, wahrend unter anderen Umstanden, wie sie 
z. B. bei Goldziehers Material vorlagen, die Agglutinationsreaktion 
auch diagnostisch verwertbar sein wird (mit den Einschrankungen, die 
sich aus dem meist schnellen Krankheitsverlauf und dem spaten Auf- 
treten der Agglutinine ergeben, und unter Berucksichtigung der Eigen- 
schaften der benutzten Kulturen und der Beobachtungsdauer). Ganz 
ahnlich liegt es ja mit der Gruber-Widalschen Reaktion fiir Typhus, 
deren Spezifizitat nicht zweifelhaft ist und die ein sicheres Hilfsmittel 
ftlr die Ty-Diagnose darstellte: sobald durch umfangreiche und wieder- 
holte Typhusimpfungen bei den Heeresangehorigen Ty-Agglutinine er- 
zeugt waren, hatte die Reaktion bei den Schutzgeimpften ihren dia- 
gnostischen Wert verloren. 

Physiologische Agglutination. 

I. Fremde Untersuchungen. 

Wenngleich nach dem oben Ausgefuhrten die Agglutination von 
Ruhrbazillen durch menschliches Serum spezifisch ist, so scheint doch 
eine Ausnahme zu bestehen, eine Agglutination von Ruhrbazillen, die 
nicht mit einer vorausgegangenen Infektion, sondern mit dem physio- 
logischen Zustand des untersuchten Menschen in Zusammenhang ge- 
bracht und deshalb von den ersten Beobachtern dieses Phanomens als 
physiologische Agglutination bezeichnet worden ist. Loewen- 
thal und Bertkau teilen namlich mit, daB vor dem Kriege in Berlin, 
wo 1911 nur 5 Ruhrfalle zur polizeilichen Meldung gelangten und von 
103 durch Privatarzte eingesandten Blutproben nur 10 = 9,7 Proz. in 
der Verdflnnung von x /ioo Y-Ruhrbazillen agglutinierten, von 82 Sera 
von Ammen aus den stadtischen Waisenhausern 26 = 31,7 Proz. mit 
Y-Ruhrbazillen positive Agglutinationsreaktion gaben. Da der Aggluti- 
nationstiter mit der Dauer des Stillens abnahm, glaubten sie nicht, dad 
die Laktation das ausschlaggebende Moment sei, was denn auch durch 
Untersuchungen an KreiBenden bestatigt wurde. Hier fanden die Autoren, 
soweit die Geburt am normalen Ende der Schwangerschaft erfolgte, in 
Berlin unter 241 Sera 93mal = 38,58 Proz. und in Konigsberg i. Pr. 
unter 73 Sera 24mal = 32,9 Proz. Agglutination von Y-Ruhrbazillen; 
es schien, daB die h8heren Titerwerte etwa vom 6. Schwangerschafts- 
monat an zahlreicher werden. Da auch eine besondere Kontrolle an 
freilich nur kleinem Material zeigte, daB das Serum nichtschwangerer 


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Hausherr, Zur Frage der physiolog. Agglutination von Y-Ruhrbazillen. 99 


Frauen aus derselben Klinik in Berlin nur in 12,5 Proz. der F&lle Y-Ruhr- 
bazillen hoch agglutinierte, schlosseu die Autoren, dafi tatsachlich nur die 
Schwangerschaft die Ursache dieser „physiologischen“ Agglutination sei. 

Nach AbschluB meiner Untersucbungen ist in jiingster Zeit eine 
Veroffentlichung von Vorschiitz erschienen, der in Kiel die Sera von 
39 Schwangeren bzw. KreiBenden untersucht hat. Er best&tigt und er- 
weitert die Angaben der genannten Autoren; 18 Sera agglutinierten 
Y, Flexner-, Coli-Bazillen und Choleravibrionen mindestens in der 
Verdiinnung Vxoo* Aeltere, in anderera Zusammenhang, n&mlich zur Fest- 
stellung der biologischen Verschiedenheit des mQtterlichen und kind- 
lichen Blutes vorgenommene Agglutinationspriifungen von Schwangeren- 
sera durch v. Fellenberg und D611 bieten ebenfalls Vergleichsdaten. 

II. Eigene Versuche. 

Die Befunde von Loewentbal und Bertkau stutzten sich auf 
Material aus Berlin und Konigsberg; Nachuntersuchungen liegen bisher 
nur aus Kiel vor. Deshalb folgte ich gern der Anregung des Herrn 
Prof. Sobernheim, zu priifen, ob die Befunde auch fiir Bern zutreffen, 
wodurch sie dann als allgemeingUltig angesprocben werden konnten. Ich 
werde weiter unten darlegen, inwiefern gerade bier ausgefflhrte Unter- 
suchungen fflr die Frage entscheidend sein konnten. Herr Prof. Guggis- 
berg, der sich lebhaft dafOr interessierte, hatte die Freundlichkeit, aus 
der hiesigen Univ.-Frauenklinik Blutproben von KreiBenden zur Ver- 
fflgung zu stellen. 

Entsprechend dem Vorgehen von Loewenthal und Bertkau 
wurde zur Untersuchung Retroplazentarblut benutzt, von dem ein Teil 
wahrend der AusstoBung der Plazenta in einem Glaschen aufgefangen 
wurde. Nach der Gerinnung wurden die Sera klar zentrifugiert und 
daraus mit physiolog. NaCl-Losung die Verdiinnungen 7 60 , Vioo unc l V 2 co 
hergestellt. Die Agglutinationspriifung erstreckte sich auf eine Reihe 
verschiedener Bakterienarten und -Stamme, und zwar gelangten zur Ver- 
wendung: 3 Stamme Y-Ruhrbazillen („Bern u , „Bflrgi u , „Frank- 
furt tt ), je ein Stamm Flexner („Bern“), Shiga-Kruse („Otto IP') 
und Typhusbazillen, sowie 1 Cholerastamm. 

Der Rasen junger, hbchstens 24-std. Agarkulturen wurde in 2,5 ccm 
physiol. KochsalzlSsung aufgeschwemmt. Ein Tropfen dieser Aufschwem- 
mung wurde zu je 1 ccm der Serumverdiinnung hinzugefiigt. Hierauf 
kamen die Proben fiir 2 Std. in den Brutschrank (37 °). Dann wurden die 
Resultate protokolliert, die Agglutinationsproben weiterhin bei Zimmer- 
temperatur belassen und nach 24 Std. nochmals kontrolliert. Die Be- 
obachtung der Agglutination erfolgte mit Hilfe einer Lupe, nach starkem 
Aufschtitteln. 

Parallel zu den Agglutinationspriifungen der Schwangerensera wurden 
die erforderlichen Kochsalzkontrollen angesetzt. 


A. Agglutin atio nspr umng mit Buhrbazillen. • 
1. Y-Ruhrbazillen. 


Meinen Untersuchungen iiber die Wirkung der Schwangerensera 
schickte ich eine Agglutinationspriifung mit einem hochwertigen Ka- 
ninchenserum Y-Berp ypraus,.,um- die Eiguung der fhr die Agglu¬ 
tination zu verwenderideii .Y-Stamme ffcstzustellen und ihre individuellen 
Versehiedenheiten kenneri zii lernen. 


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100 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 


Diese Prfifung ergab folgende Resultate: 



1:500 l: 1000 

1:2000 

1:4000 1:8000 l 

: 16 OOOjl: 32000] 1:64(X,K) 

NaCl 

Y-Bern ■ 

( 2 h 

+ + + 

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f 2 h 

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— 

i 

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Die Tabelle zeigt, daB Y-Bern noch in einer Verdiinnung von 
Visooo nach 2 Std. eine vollstSndige Agglutination ergibt, wahrend 
Y-Biirgi und Y-Frankfurt nur einen viel geringeren Agglutinationstiter 
erreichen. Auch der Befund nach 24 Std. zeigt ebenso deutlich, wio 
individuell verschieden diese 3 St&mme auf das Kaninchenserum Y-Bern 
reagieren. 

Zu einem Teil spricht dabei sicherlich der Umstand mit, daB der 
Stamm „Y-Bern“ mit dem homologen Serum geprfift worden ist, doch 
ging aus anderen Versuchen, die gleichzeitig im Institut ausgefflhrt 
wurden, hervor, daB der Stamm „Y-Frankfurt“ im allgemeinen von 
Y-Sera nicbt voll beeinfluBt wurde und daB Y-Bern durchaus nicht in 
auff&lligem MaBe unspezifisch reagierte. Der Stamm „Y-BQrgi“ nimmt 
eine Mittelstellung zwischen beiden ein. Es erschien ganz besonders 
wichtig und interessant, zur Agglutinationsprufung der Sera von KreiBen- 
den gerade 3 so individuell verschiedene Y-Stamme zu benutzen. 

Zur Untersuchung gelangten 100 Sera von KreiBenden aus dem 
hiesigen Frauenspital, bei denen die Geburt in 1 Fall im 9. und bei 
den iibrigen am Ende des 10. Schwangerschaftsmonats erfolgte. Als 
vollstandig wurde eine Agglutination angesehen, wenn die Bakterien auch 
nach starkerem Aufschutteln so stark zusammengeballt waren, daB die 
Zwischentlussigkeit bei Lupenbetrachtung klar erschien. Ein Unterschied 
zwischen fein- und grobflockiger Agglutination wurde fur die Beurteilung 
nicht gemacht, da die FlockengroBe, wie sich erwies, in hohem MaBe 
von der Starke des Aufschiittelns beeintluBt wird, und weiterhin jede 
kraftigere Agglutination von Ruhrbazillen zum mindesten in den niederen 
Verdiinnungen grobflockig ist, uin in den hoheren feiner zu werden. 
Wollte man daraus Schliisse auf die Spezifizitiit ziehen, so k&me man 
zu dem unwahrscheinlichen Resultat, die Sera enthielten spezifische 
Agglutinine, die z. B. bis zur Verdiinnung Vr,o wirksam seien, und da- 
neben noch unspezifische, die bis zur Verdiinnung ’/-mo reichen, wahrend 
doch im allgemeinen das Umgekehrte zutritl’t, uamlich Ausschaltung un- 
spezifischer Reaktionen gerade (lurch hohcre Verdiinnung. 

Von den gepriiften 100 Sera betrug die hbchste Verdiinnung, in der 
eine vollstandige Agglutination eintrat: 


mit Stamm 


/V> 0 

/ 100 

i/ 

IQ 00 

Y-Bern 

f 2 h 
\ 24 h 

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7 

26 

23 

11 

67 


f 2 h 

22 

2 

o 

Y-Burgi 

\24 h 

24 

41 

16 

Y-Frankfurt 

/ 2 h 
\ 24 s 

12 

23 

3 

38 

2 

15 


• i . * • * , 

Ildhere Verdiin-puijgen als Vsuo* wurden r’i,.dit gepruft. Es trat also 
<■''■!e vollstiindige Agglutination mihde'stens in' der Verdiinnung Vioo (d. i. 


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Haneherr, Zur Frage der physiolog. Agglutination von Y-Ruhrbazillen. JQl 


also die VerdQnnung, die nach den Vorkriegserfahrungen als beweisend 
fflr eine stattgehabte Infektion gait) in 2 Std. mit Stamm Y-Bern in 
37 Proz. der F&lle ein, mit Y-Frankfurt nur in 5 Proz. und Y-Biirgi 
in 2 Proz. Bei 24-sttind. Beobachtung gleichen sich die Unterschiede 
etwas aus, insbesondere der Stamm Y-Biirgi holt das Versaumte nach; 
die Zahlen betragen nun fOr Y-Bern 90 Proz., Y-Bilrgi 57 Proz. und 
Y-Frankfurt 53 Proz. 

Es wird also hiermit die bekannte Tatsache best&tigt, dafi die Agglu¬ 
tination von Ruhrbazillen nach 2 Std. noch nicht beendigt ist, so daB 
bei langerer Beobachtung bedeutend hohere Werte erreicht werden. 
Immerhin sei aber betont, dafi nach 24-stiind. Beobachtung selbst fur 
die Stamme Y-Biirgi und Y-Frankfurt die Zahlen recht hoch erscheinen; 
leider liegen umfangreichere Vergleichszahlen ftlr ldngere Beobachtungs- 
dauer nicht vor, denn dicjeDigen Autoren, die das groBte Kontrollmaterial 
untersucht haben, geben entweder die Beobachtungsdauer nicht an 
(Sonne, Liefmann und Nieter, Dresel und Marc hand u. a.) 
oder nur die Resultate nach 2 Std. (Loewenthal). Doch kann zum 
Vergleich die kleine Zahlenrcihe vonUmnus dienen, der bei 20-stflnd. 
Beobachtung, wiihrend des Krieges, bei Untersuchung der Sera von 26 
Nichtruhrkranken nur 4mal, das waren 15,4 Proz., Agglutination von 
Y-Ruhrbazillen in der Verdunnung von 1:100 oder holier feststellte *). 
Ziehen wir aber nur die nach 2-stiind. Bebriitung sich ergebenden Werte 
in Betracht, so gehen die Resultate der 3 benutzten Y-St&mme sebr 
weit auseinander und wiinlen fiir Y-Biirgi und Y-Frankfurt uichts Auf- 
falliges bieten, wiihrend die Zahl der Sera, die den Stamm Y-Bern agglu- 
tinieren, 37 Proz., sehr hoch ist und merkwiirdig genau mit den Zahlen 
iibereinstimmt, die die Voruntersucher bei Kreiliemlen in Berlin und 
Konigsberg gefunden haben. Es ist nun das Bedenken naheliegend, 
Y-Bern sei ein so leicht agglutinabler Stamm, daB er vielleicht auch mit 
anderen Normalsera einen iilinlich hohen Prozentsatz positiver Agglu- 
tinationsreaktioneu ergeben wiinle. Das ist jedoch nicht der Fall, gerade 
fiir diesen Stamm Y-Beru liegt ein grofies Vergleichsmaterial vor. Frau 
Dr. A bei in hat im hiesigeu Institut die Agglutinationsverhaltnisse der 
zur Wassermannsehen lleaktion eingesandten Blutproben untersucht 2 ); 
derselbe Stamm Y-Bern wurde bei 525 untersuchten Sera nur 2-lmal 
= 4,6 Proz. in 2 Std. in der Verdiinnung 1 :100 oder holier vollstiindig 
agglutiniert. Es ist damit also auch fiir Bern erwiesen, dad Y- 
Ruhrbazillen durch Serum von K r ei 11 enden in einem auBer- 
ordentlich hohen Prozentsatz der F;'i 11 e agglutiniert wer- 
den. Bei deni einen der 3 benutzten Stamme war das schon nach 
2-stiind. Beobachtung (ieutlich, bei den beideu anderen erst nach 24 Std. 
Die physiologische Agglutination kommt also nicht bei alien Stammen 
von Y-Ruhrbazillen in gleichem Malic zur Geltung. 

Die Ergebnisse mbgen im Zusammenhange gewiirdigt und zuniichst 
die Resultate der Agglutinationsversuche mit anderen Bakterienarten 
mitgeteilt werden. 

2. F1 e x n e r - B a z i 11 c n. 

Der von mir verweudete F1 exner-Stamm (Flexner-Bern) envies 
sich bei Prufung mit einem liomologen F lex ner-Serum als gut agglu- 

1) Noch seltener hat an.-cheinend Hermis bei Nichtruhrkranken nach 24-Htiind. 
Beobachtung Ruhragglutinati<>n gesehen. 

2) Noch nicht"veroffentiicht. 

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J 02 OntraibL f. B&kt, etc. L Abu Or: tie ale. Bd. ST. Heft 2. 

tinubeL Von den untersuchten K/> Schwanaerensera betrug die hochste 
Yeruunnung, in der der Stamm Flexner-Bern vollstandig agglutiniert 
nTjrde. 

1 : y< 1 : 100 ] ; 2 » 

2 Sid. 4 — - 

24 „ 23 19 3 

Wie sich zei"t, ergaben meine Untersuchuneen mit F1 exner-Bazillen 
each der 2-sturid. Beobachtungsdauer nur 4mal eine Agglutination in 
der Verdiinnung 1:50; etwas hbhere Agglatinationswerte konnten nach 
24-stiind. beobarhtung festgestellt werden, namlich 22 Proz. in der Ver- 
durinung 1 :100 oder libber. Ziehen wir wieder zum Vergleiche die 
Zalilen von Umnus heran, der zur Ruhrzeit unter 26 Sera von Nicht- 
ruhrkranken firrial = 2d Proz. nach 20 Std. Agglutination in dieser Hohe 
fand, und benieksichtigen wir, daft in Bern keine Ruhr herrschte, so 
erscheinen meine Werte auch fur die Agglutination vonFIexner- 
Bazillen durch Sera von Kreifienden sehr hoch. Doch ist 
mit diesem Stamme die Agglutination nicht so haufig wie mit den Y- 
Si&mmen; es ist ja eine bekannte Tatsache, daB nicht alle Y- und 
F1 e x n e r -Stamme agglutinatorisch miteinander ubereinstimmen. Immer- 
liiri zeigt sich aus meinen Protokollen, daB Flexner-Bern dort hbhere 
Agglutinationswerte aufweist, wo dies die 3 Y-Stamme in besonders 
hohein Grade tun. Zur Erlauterung dessen mogen einige derartige Er- 
gebnisse angeflihrt werden: 





ST-Korn 



T -B u r e i 

i 

Y-l 

r rankfurt 

PM ex ner 

i 



1:50 | 

1:100 | 

1:200 

1 :50 

j 1 : 100 

1:200 

1 : 50 

1 : 10U 

1:200 

1:50 

1: 1O0.1 

1 

1 

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4 

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4 

— 

-H-H 

4 

x i 

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3. Shiga-Kruse-Bazillen. 

Auch flir die Agglutinationsprufung mit Shiga-Kruse-Bazillen 
wurde ein gut geeigneter Shiga-Kruse-Stamm („011o II U ) verwendet. 
Von den untersuchten 100 Schwangerensera betrug die hochste Ver- 
dtlnnung, in der vollsUindige Agglutination eintrat: 

1:50 1:100 1:200 

2 Std. 0 3 — 

21 „ 19 3 - 

Shiga erreicht also nach 2 Std. hbhere Agglutinationswerte alsFlexner- 
Bern. Ein anderes Bild zeigt sich uach 24 Std. Wahrend Flexner- 

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Hausherr, Zur Frage der physiolog. Agglutination von Y-Ruhrbazillen. 103 


Bern zwischen den 2-stiind. und 24-stfind. Resultaten eine bedeutende 
Divergenz anfweist, fallt letztere bei Shiga-Kruse viel geringer aus. 
Zieht man in Betracht, daB eine vollst&ndige Agglutination in der Serum- 
verdflnnnng 1:50 fttr Shiga- K r u s e-Bazillen allgemein als positive 
Reaktion gait, und meine Untersuchungen nach 2 Std. 9 solche positive 
Reaktionen aufweisen, so scheint es, daB Schwangerenserum in 
relativ hohem Prozentsatze auch Shiga-Kruse-Bazillen 
agglutiniert. Ziehen wir auch die Ablesung nach 24 Std. in Be¬ 
tracht, so ergibt sich in 19 Proz. Agglutination in der Verdiinnung 1:50, 
in 3 Proz. 1:100, zusammen also 22 Proz. Umnns hat in Ruhrmilieu 
fur 20 Std. hShere Werte gefunden, n&mlich bei 26 Untersuchungen Nicht- 
ruhrkranker 10 = 38,4 Proz. derartige Reaktionen. Mangels gentigender 
Vergleichszahlen laBt es sich also nicht mit vOlliger Sicherheit ent- 
scbeiden, ob der allgemeine Eindruck, daB auch der von mir benutzte 
Shiga-Kruse-Stamm durch Sera von KreiBenden in besonders hohem 
Malle agglutiniert wird, zu Recht besteht. 

Es ist noch der wichtige Umstand hervorzuheben, daB der Stamm 
Otto II in seinem Verhalten demjenigen der Y- und Flexner-Ba- 
zillen nicht immer genau parallel geht, d. h. Stamm Otto II reagiert 
mit 2 Schwangerensera positiv, mit denen Y-Bern keine positive Re¬ 
aktion ergibt, wahrend die tibrigen positiven Reaktionen von Shiga- 
Otto II mit Y-Bern (ibereinstimmen, wie die folgende Tabelle zeigt: 


; 

1 Y-Bern 

Y-B ii rgi 

Y-FraDkfurt | 

Shiga*Otto II 

1 

1:50 

1:100 | 

1:200 

1:50 [ 

1:100 

1:200 

1:50 

1 : 100 jl :200 

1:50; 

1 : 1001:200 

8*331 2 > 

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24 / 2 h 

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B. Typhusbazillen. 

Auch fflr die Agglutiuationspriifung mit Typhusbazillen wurde eiu 
gut agglutinabler Typhusstannn (Typhus I) verwendet. Von den unter- 
suchten 100 Schwangerensera betrug die hochste Verdtinnung, in der 
der St. Typhus I vollstandig agglutiniert wurde, 

1 : 50 1 :100 1 : 200 

2 Std. Id 3 2 

24 „ 20 14 2 

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104 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 


Nach allem, was wir wissen, ist der Typhns-Widal spezifisch, and eine 
vollst&ndige Agglutination in der Serumverdunnung 1:100 nacb 2 Std. 
gilt als beweisend fflr eine stattgehabte Typhusinfektion. In diesern 
Sinne ware die Ileaktion in 5 Proz. der von mir untersuchten Sera 
positiv. Da Typhus in der Schweiz von Zeit zu Zeit hSufiger auftritt, 
insbesonderc auch im Kt. Bern selbst in einigen Orten wiederholt 
Typbusepidemien beobachtet worden sind, deuten die 5 von mir er- 
hobenen positiven Agglutinationen wohl auf vorangegangeue Typhus- 
erkrankungen bin. Ganz bestimmte anamnestische Feststellungen lielien 
sich in den betreffenden Fallen leider nicht machen. 

Auch fiir Typhus I lafit sich nachweisen, daB sein Verhalten dem- 
jenigen von Y-Bern nicht genau parallel geht. Unter den 5 positiven 
Typhusreaktionen sind 3 Falle, bei denen Y-Bern mit deraselben Serum 
keine positive Reaktion ergibt, wahrend die beiden iibrigen Falle mit 
Y-Bern libereinstimmen. In Anbetracht nieiner geringen positiven Be- 
funde mit Typhusbazillen scheint dieSchwangerschaft keine Stei- 
gerung der Agglutination von Typhusbazillen zur Folge 
zu haben. Iinmerhin ist es auffallend. daii bei 24-stund. Beobachtung 
in einetn relativ hohen Prozentsatz der Proben (10) noch vollsiiiudige 
Agglutination der Typhusbazillen eintrat. 

C. Cholerabakterien. 

Jedes der 100 Sera von KreiBeuden wurde scldieBlich nocli mit 
Choleravibrionen gepriift; 10 der Sera agglutinierteu in 2 Std. in dei 
Verdiinnung 1 : 1(X) in ziemlich vollstandiger Weise. Auch die Mehrzahl 
der iibrigen Sera zeigte eine BecinHussung der Choleravibrionen, doch 
haudelte es sich durchweg nicht uni eine typische Agglutination: Bildung 
von grdberen Flockeu uiid Kdrnchen innerhalb einer noch vieie freie 
Bakterien enthaltenden mid daher nicht gekh'irten Fliissigkeit, anniihernd 
gleicher Grad der Beeindnssung in alien 3 Verdiinnungen, mehr oder 
weniger starke Andeutung davon auch in der NaCl-Kontrolle. Diese 
etwas unsicheren Befuude gestatten nicht den SchluB. daB Cholera¬ 
vibrionen durch das Serum KreiBeuder in hoherein MaBe agglutiniert 
werden. 


D. Untersuchung extrahierter Sera. 

Zur Erklarung der erhohten Y-Ruhragglutination durch Schwangeren- 
sermn hatte Loeweuthal die sclion niehrl'ach festgestellte Tatsache 
herangezogen, daB wahrend der Graviditiit der Clio 1 esterin gehalt des 
Serums ansteigt mul gegen Ende derselben seinen Hohepunkt erreicl.t. 
Da sich auch zeigte, daB Zusatz von Cholesterin zu einem aggluti- 
nierenden lvaninchenserum sowie auch intravenose Cholestenuinjektion 
beim rulirimmunisierten Kaninchen zmn rnindesten niauchmal die Ag- 
glutinationskraft stark erhohen kaun (in anderen Yersuchen hatte der 
Cholesterinzusatz k einer lei EintiuB). so naiim er an, die auch sonst 
in gleicher llautigkeit vorhandenen Nornialagglutinine konnten durch 
deu orhohten Cholesteringehalt des Gravidensorums so weit in ilirer Wir- 
kung gesteigert werden. daB auch in der 10t>-fachen Serumverdunnung 
eine vollstamlige Agglutination tier Rulirbazilleii eintritt. Wenn dieser 
Erki:iniiigsversucli richtig war, dann niiiiite eine kiinstliche Vermin- 
derung des Gehaltes des Gravidenserums an Cholesterin oder iiber- 
haupt an Iapouleu zu einer llerabsetzmig seiner agglutinierenden Kraft 
fiihreu. Deun es konnten neben deni Cholesterin noch andere Lipoitie 


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Hausherr, Zur Frage der physiolog. Agglutination too Y-Ruhrbazillen. 105 


bei der Beeinfiussung der Agglutination in Betracht kommen, und es 
ist ja von Stuber sogar die Behauptung aufgestellt worden, die Ag- 
glutinine selbst hatten nicht EiweiBcharakter, sondern seien Lipoide. 

Dies hat mich veranlafit, experimentell festzustellen, ob die Ver- 
minderung des Gehaltes des Serums an Lipoidstoffen das Zustande- 
kommen der Agglutination verhindern oder tiberhaupt beeinflussen ktinne. 
Zu diesem Zwecke habe ich bei meinen Untersuchungen der Schwangeren- 
sera Parallelversuche gemacht und den EinfluB der Extraktion durch 
Aether geprtift, indem ich das unbehandelte und das extrahierte Serum 
miteinander verglich. Dabei ging ich folgendermaBen vor: Von der 
Serumverdflnnung 1:50 habe ich von vornherein eine groBere Menge 
hergestellt; einen Teil davon habe ich zur gewohnlichen Agglutinations- 
prufung verwendet, den anderen Teil im Scheidetrichter mit Aether 2mal 
ausgeschuttelt. Nachdem der an der Oberflache der Fliissigkeit an- 
gesammelte Aether mit der Pipette nach Moglichkeit abgehoben war, 
wurde das extrahierte Serum ohne die Grenzschicht unten abgelassen 
und in dflnner Schicht in eine Petriscliale gebracht, deren Deckel zur 
Verdunstung des Aethers V* Std. often gelassen wurde. Dieses extra¬ 
hierte Serum gelangte dann am darauf folgenden Tage, als sich kein 
Aethergeruch mehr nachweisen lieB, zur Agglutinationspriifuug. Auf 
diese Weise habe ich 40 meiner Sera extrahiert und daraufhin mit den 
Stammen Y-Bern und Typhus I geprtift. 

Ein EinfluB der Aetherextraktion auf die agglutinierende Kraft der 
Sera lieB sich nicht nachweisen, im a 11 gem einen erwiesen sich 
die extrahierten und nicht extrahierten Sera als tiberein- 
stimmend. Kleine, zurneist ganz unwesentliche Abweichuugen kamen 
freilich vor und zwar hauftger im Siune einer Verstarkung der Agglu¬ 
tination durch die Extraktiou als im Sinne einer Abschwiichung. Es 
mag dies wohl damit zusammenhangen, daB zugleich mit deni Aether 
auch Wasser verdunsten konnte und so die Serumverdtinnung konzen- 
trierter wurde. Jedenfalls flndet die Annahme der Bedeutung des er- 
hohten Cholesteringehaltes der Sell wan geren sera ftir die Ruhraggluti- 
nation durch meine Versuche keine Sttitze; sie sprechen fernerhin auch 
gegeu die Lipoidnatur der Agglutinine. 

III. Vergleichung und Dcutung der Befiinde. 

Vergleiche ich nun meine Befunde mit den in der Literatur bereits 
niedergelegten und suehe ich sie zu deuten, so ergibt sich zunachst.: 
Die Tatsache, daB Y-Ruhrbazillen (lurch Schwangerensera in stark 
erhohteni MaBe agglutiniert werden, die bisher nur ftir Norddeutschland 
(Berlin. Konigsberg, Kiel) bekannt war, wild auch itir Bern bestiitigt 
und dahin erganzt, daB dies Phanomen nicht bei alien benntzten Y-Ruhr- 
stammen in gleicher Weise hervortritt. Unter den von mir herangezogenen 
Y-Sttiinmen zeigten die beiden Stiimme Btirgi und Frankfurt es erst nach 
24-sttind. Beobachtung, wahrend Loeweuthal und Bertkau wohl 
zufiillig mit zwei ubereinstimmend agglutinalden Stiimmen gearbeitet 
hatten. Die Agglutination von Flexner- Ruhrbazillen haben Loewen- 
thal und Bertkau mit Gravidonsera uiclit besonders geprtift, da ihr 
Stamm sich in vorangegangonen Untersuchungen als mit ihren Y-Stammen 
parallel gehend erwiesen liatte. Yorschtitz hat bei IvreiBenden den- 
selben Prozentsatz Agglutination ftir f’lexner- wie ftir Y-Bazillen ge- 
funden. Der von mir benutzte Stamm Flexuer Bern dagegen ging nicht mit 

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106 Centralbi f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 

meinen Y-Stfiramen fiberein; aber wenn auch selbst nach 24-sttind. Be- 
obachtung bei weitem nicht so hohe Werte erreicht warden wie bei der 
Y-Agglutination, so konnen sie doch immerbin den Befund von Vor- 
schiltz ftir Bern bestatigen, daB auch Flexner-Bazillen in erhfihtem 
MaBe durch Sera von KreiBenden beeinflufit werden. In bezug auf 
Shiga-Kruse-Bazillen liegen auBer meinen eigenen Befunden nur die 
von Vorschfitz vor. Nach Vorschfitz werden diese Bakterien in 
der Serumverdunnung 1:100 nicht ansgeflockt (Beobachtungszeit ist nicht 
angegeben), wahrend dies nach meinen Versuchen doch in 3 Proz. der 
Fall war und Berticksichtigung der 50-fachen Verdtinnung und Ab- 
lesung nach 24 Std. eine verst&rkte Agglutinierbarkeit zu ergeben scheint. 
Moglicherweise spielen dabei Stammesdifferenzen und die geringe Gr5Be 
von Vorschfitz’ Material eine Rolle. 

Ffir Ty-Bazillen stimmen meine Befundemit denen von Loewen- 
thal und Bertkau, v. Fellenberg und Dfill sowie von Vor¬ 
schfitz fiberein: eine erhohte Agglutination durch Gravidensera ist nicht 
nachweisbar. Das Gleiche gilt fur Pa-B-Bazillen, deren Verhalten 
von den 3 genannten Autorengruppen geprfift wurde, und fur Pa-A- und 
Gaertner-Bazillen, mit denen nur Vorschfitz gearbeitet hat und 
die ich nicht in meine Versuche einbezogen hatte. 

Weniger klar liegen die Verhfiltnisse fur Choleravibrionen: 
hier fandeu v. Fellenberg und D511 bei 26 untersuchten Sera nur 
3mal eine Agglutination 1:50, niemals h6her, Vorschfitz bei 39 Sera 
18mal = 46 Proz. Agglutination miudestens 1:100, und ich beobachtete in 
der Mehrzahl der Sera nur atypische Agglutination. Inwieweit hier 
Stammesdifferenzen Oder andere Umstfinde in Frage kornmen, entzieht 
sich meiner Beurteilung. 

Ferner haben v. Fellenberg und D811 sowie Vorschfitz Bac¬ 
terium coli mitherangezogen; nach Vorschfitz erwies sich B. coli 
als ebenso agglutinabel wie Y, Flexner und Cholera, wahrend bei den 
Versuchen der erstgenannten Autoren nur 6mal auf 26 Sera eine Coli- 
Agglutiuation in der Verdunnung 1 :100 oder hoher gefunden wurde. 
Fur B. coli ist es nun ja eine bekannte Tatsache, daB in agglutina- 
torischer Hinsicht fast jeder Stamm eine Sonderstellung einnimint, und 
das wird wohl auch ffir die Agglutination durch Gravidenserum gelten 
konnen. v. Fellenberg und D811 haben bei einem Teil ihrer Ver¬ 
suche 2 Coli-Stamme nebeneinander benutzt, und sie erwiesen sich als 
weitgehend verschieden beeinfluBbar. 

Auf Staphylokokken schlieBlich haben nur v. Fellenberg 
und D811 ihre Untersuchungen ausgedehnt und diese als am hochsten 
und regelmaBigsten agglutinabel gefunden. Von den 26 untersuchten 
Gravidensera wirkten 25 auf Staphylokokken, nur je 4mal betrug die 
hochste wirksame Verdfinnung 1 :100 bzw. 1 :200, bei den flbrigen Sera 
war der Endtiter noch hoher und betrug in 2 Fallen sogar 1 :2000. 

Zusammenfassend lafit sich also sagen: EineAnzahl Bakterien- 
arten werden durch menschliches Gravidenserum in er- 
hohtem MaBe agglutiniert, andere nicht; ftir den Grad 
der Agglutination kommen neben der Art der Bakterien 
auch noch individuelle Verschiedenheiten der benutzten 
Bakterienstamme in Betracht. Die umfangreichsten positiven 
Agglutinationsbefunde nebst den entsprechenden Kontrolluntersuchungen 
piegen ffir Y-Ruhrbazillen vor, bei denen auch die iudividuelle Eignung 
ler Kulturen weit verbreitet zu sein scheint (von 6 verschiedenen Stammen 


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Hauefierr, Zur Frage der phyaiolog. Agglutination von Y-Ruhrbazillen. 107 

zeigten 4 das Phfinomen deutlich, 2 weniger gut); Dicht ganz in gleichem 
MaBe gilt dasselbe fur Flexner-Ruhrbazillen. Soweit die einzige vor- 
handene kleine Versucbsreihe ein Urteil gestattet, sind auch Staph ylo- 
kokken der Agglutination durch Schwangerensera auBerordentlich zu- 
ginglich. Weniger klar liegen die Verhaltnisse fiir Choleravibrionen 
und Bact. coli, bei denen Stammesdifferenzen eine hervorragende Rolle 
zu spielen scheinen und die offenbar nur bei geeigneter Wahl der Kultur 
der physiologischen Agglutination unterliegen. Eine erhfihte BeeinfluB- 
barkeit von Shiga-Kruse-Bazillen ist wolil uicht vorhanden Oder 
zum mindesten noch nicht sichergestellt. Durch Schwangerenserum 
nicht erhdht agglutinabel sind nach den bisherigen Untersuchungs- 
ergebnissen Typhus-, Paratyphus- (B und A) und Gaertner- 
Bazillen. 

Die Frage, ob dieselben Schwangerensera, die eine Baklerienart 
agglutinieren, auch auf andere Arten einwirken, oder ob die verschie- 
denen Bakterien auch in verschiedenen Sera ihr Agglutinationsoptimum 
haben, ist noch nicht geklfirt. Bei Vorschiitz reagierten die 18 Sera, 
mit denen er ein positives Ergebnis hatte, mit alien 4 Bakterienstfimmen, 
die sich ihm fiberhaupt als agglutinabel erwiesen haben. In demselben 
Sinne sprechen filtere Untersuchungen von E. Btirgi, der eiue groBere 
Reihe von Tiersera auf Normalagglutinine gegen viele verschiedene Bak- 
terienarten prfifte und fand, daB die einzelnen Bakterienarten zwar an 
sich verschieden stark agglutinabel sind, dafi aber die Tiersera, nach 
ihrer agglutinierenden Kraft geordnet, eine fur alle gepriiften Bakterien 
fibereinstimmende Reihenfolge ergeben. Aus den Tabellen, die v. Fellen- 
berg und D611 ihrer Arbeit beigeben, laBt sich etwas derartiges nicht 
entnehmen, und daB das auch in meinen eigenen Versuchen nicht inimer 
der Fall war, habe ich ira Vorangehenden wiederholt erwalmt. 

DaB es sich hier nicht um eine spezifische, durch vorangegangene 
Infektion mit den betreffenden Krankheitserregern hervorgerufene Ag¬ 
glutination handeln kann, ist klar. Es ware absurd, zu glauben, daB in 
Kiel von 39 Frauen 18 Cholera und Ruhr durchgemacht haben sollten. 
Und selbst wenn wir die Cholera beiseite lassen und uns auf die Y-Ruhr 
beschr&nken, spricht doch alles gegen die Annahme einer spezitischen 
Reaktion bis auf die hohen Zahlen von VorschUtz. Schon die ersten 
Beobachter des Phfiuomens hatten die zahlenm&Bigen Verhaltnisse, ge- 
ringeren Prozentsatz von Ruhragglutinationen in Konigsberg als in 
Berlin, als Gegengrund gegen die spezifische Bedeutung der Aggluti¬ 
nation durch Schwangerenserum geltend gemacht. Hat nun Vorschiitz 
statt der 32 Proz. bzw. 38 Proz. positiver Befunde von Loewenthal 
und Bertkau vor dem Kriege, jetzt in Kiel fiber 46 Proz. der Sera 
positiv reagiereud gefunden, so konnte man das mit dor Tatsache in 
Zusammenhang bringen, daB wahrend des Krieges in Deutschland Ruhr 
auch in der Zivilbevolkerung weit verbreitet war. Das mag ja auch 
mitsprechen, daneben aber ist zu berficksichtigen, daB Vorschiitz nur 
ein sehr kleines Material hatte und sich auf die Ergebnisse nur eines 
Y-Stammes stiitzte, wahrend die ersten Untersucher eine Reaktion erst 
als positiv gezahlt hatten, wenn sie fibereinstimmend mit 2 Stammen 
erzielt worden war. Ausschlaggebend aber sind meine 37 Proz. posi¬ 
tiver Befunde mit dem Stamm Y-Bern hier in Bern. Diese Zahl ist in 
derselben GroBenordnung wie die in Berlin, Konigsberg und Kiel ge- 
fundenen, obwohl in der Schweiz und insbesondere ira Kt. Bern die 
Ruhr gar keine Rolle spielt. Die eidgenossische Statistik ffihrt ffir das 

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108 


(Jentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 


Jahr 1918 fiir die ganze Schweiz 49 gemeldete Ruhrf&lle an, davon far 
den Kt. Bern mit seinen 600000 Einwohnern nur 2. Nun geben 
freilich die Meldungen bekanntermafien die wirklich vorgekommenen 
Erkrankungen hOchst nnvollstandig wieder, namentlich bei einer Krank- 
heit wie Ruhr, die h&ufig so leicht verlSuft, daB sie nicht diagnostiziert 
wird Oder uberhanpt Zuziehung eines Arztes nicht ndtig macht. Aber 
die schon erw&hnte agglutinatorische Priifung der zur Wassermann- 
schen Reaktion eingesandten Sera im hiesigen Institut bestatigt, daB 
der Kt. Bern tatsfichlich sehr ruhrarm ist. Der trotzdem so hohe Prozent- 
satz ruhragglutinierender Schwangerensera erweist also, daB diese Re¬ 
aktion unabh&ngig ist vom Vorkommen der Ruhr. 

Diese ZahlenverhSltnisse zeigen aber ferner, daB auch nicht Vor- 
gSnge nach Art der anamnestischen Serumreaktion in Betracht 
kommen konnen. An sich ware wohl die Mdglichkeit zu erwagen, daB 
auch der Reiz der Gravidit&t eine weiter zurtickliegende spezifische Ag- 
glutininbildung neubeleben konnte, denn nach den Untersuchungen von 
Fleckseder sind dazu nicht nur sekundare Infektionen, sondern auch 
uuspezifische Reize (Deuteroalbumose u. a.) imstande; gerade in diesein 
Sinne sprechen Stfiublis Beobachtungen, daB bei Ty-imraunisierten 
Meerschweiuchen der Agglutinationstiter zur Zeit des Werfens hhutig 
ansteigt, Beobachtungen, die freilich Loewenthal am ruhrini- 
munisierten Kaninchen nicht hat bestatigen konnen, und auch die 
Befunde von de Landro und Tore Hi iiber verminderte Autikorper- 
bildung beim kastrierten Tier kounten herangezogen werden. Dann 
iniifite jedoch die Haufigkeit der Ruhragglutinatiou bei Gravideu mit der 
vorangegangenen Gelegenheit zur Aufnahme von Ruhrbazillen einiger- 
maBen parallel gehen, und da das nach den angefiihrten Zahlen nicht 
der P’all ist, ist iiberhaupt jeder Zusammenhang der Reaktion mit einer 
Infektion auszuschlieBen, sie ist also nicht spezifisch. 

Es kanu sich duller nur darum handeln, daB die normalen aggluti- 
nierenden Krafte des Serums durch die Schwangerschaft in ihrer Wir- 
samkeit gesteigert werden. DaB dies nicht durch Aenderungen im Kalk-, 
Kieselsiiure- oder Lipoidstoffwechsel bedingt ist, haben Versuche von 
Loewenthal und fiir den Lipoidgehalt auch meine eigenen Unter- 
suchungen extrahierter Sera dargetan. Loewenthal hat dann die 
Schwangerenagglutiuation von Bakterien mit der Agglutination der 
roten Blutkorperclien im Gravidenplasma in Parallele gestellt, die nach 
Fiihraeus auf einer Verminderung der negativen elektrischen Ladung 
beruht. Weitere Untersuchungen fiber (lie Hiimagglutination hat 
Linzenmeier angestellt und gefunden, daB die Senkungsgeschwindig- 
keit bei menschlichem Blut ansteigt in der Reihenfolge Nabelschnurblut, 
Blut von Mannern, Frauen, Graviden, bis zum Blut bei fieberhaften 
exsudativen Prozessen. Grad und Geschwindigkeit der Agglutination 
hiiugen aber nach Linzenmeier nicht nur von den Eigenschaften 
der Blutdiissigkeit ab, sondern auch von der Agulutinierbarkeit der ver- 
schiedenen roten Blutkbrperchcn, wie schon friiher Hirschfeld in 
Parallele zu Biirgis Untersuchungen fiber Normalagglutination von 
Bakterien fiir eine grfiBere Reihe von Tieren gezeigt hatte und auch 
Linzenmeier wieder bestatigt. Die Entladung der roten Blutkorper- 
chen erfolgt. gleicherweise in Graviden- wie im Tierplasma, nach Linzen- 
meier durch eine relativ elektropositive Substanz, wie sich durch die 
verschiedenartige Wirkung der Ausschfittelnng des Plasmas mit Ad- 
sorbentien fiir positive oder negative Teilchen und- durch Kataphorese- 


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Hauaherr, Zur Frage dcr phyaiolog. Agglutination von Y-Ruhrbazillen. 109 


versuche erweisen laBt. Vorschutz schliefilich hat gezeigt, daB all 
die fur Blutkorperchen gefundenen Tatsachen auch fttr Bakterien zu- 
treffen. 

Damit ist denn die deni Arzt und insbesondere dem Hygieniker 
auffallige und zunSchst isoliert erscheineude Tatsache, dafi pathogene 
Bakterien hSufig bei dem physiologischen Zustand der Sell wan gerschaft 
in ungewbhnlichem Grade agglutiniert werden, anderen biophysikalischen 
Erscheinungen eingereiht und in ihren Grundlagen erkl&rt. 

Zusammenfassung. 

Die Tatsache, daB Y-Ruhrbazillen durch Blutserum kreiBender Frauen 
in hohem MaBe agglutiniert werden konnen, wird auch ftir Bern be- 
statigt. Der Grad der Agglutinabilit&t ist ftir die einzelnen Y-Stamme 
verschieden; der eine der benutzten Y-St&mme wurde durch 37 Proz. 
der untersuchten Sera in 2 Std. in der Serumverdunnung 1:100 oder 
holier vollsthndig agglutiniert. Diese Zahl stimmt mit den in verschie- 
denen Orten Norddeutschlands erhobenen Befunden uberein. Die er- 
hohte Agglutination ist auch ftir Flexner-Ruhrbazillen nachweisbar, 
fur Shiga-Kruse-Bazillen und Choleravibrionen zweifelhaft; Typhus- 
bazillen werden nicht in erhbhtem MaBe agglutiniert. 

Die Agglutination ist von dem Lipoidgehalt der Sera unabhangig. 
Die Agglutination von Ruhrbazillen durch Sera von KreiBenden ist 
nicht spezifisch, denn es bestehen keine Beziehungen zwischen ilirer 
Haufigkeit und dem Vorkommen von Ruhr. 

Die physiol. Bakterienagglutination beruht auf denselben biophysi¬ 
kalischen VorgUngen, wie die unter gleichen Yerhaltnissen bcobachtete 
Agglutination der roten Blutkorperchen. 

Literatnr. 

Bieling, Zeitsehr. f. Immunitiitsf. Bd. 28. 1919. — Biirgi, Arch. f. Hyg. 
Bd. 62. 1907. — Con rail i u. Biding, Dtsch. med. Woehenschr. 1910. Nr. 12. — 
Dienes, Feldarztl. Blatt. 19i6 (zit. nach Goldzieher). — Dresel u. March mid, 
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— Fahraeus, Biochem. Zeitsehr. Bd. 89. 1918.— v. Fdienberg u. Doll, Zeitsehr. 
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bock, ibid. 19J6. Nr. 8. — Go Id zit* her, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ong. Bd. 82. 
1919. — Hennis, Zeitsehr. f. Hyg. Bd. 87. 1919. — Hir.xehfeld, Arch. t. Hyg. 
Bd. 68. 1907. — Kruse. Dtsch. med. Woehenschr. 1915. Nr. 86. — Kutscher, 
Miinchen. med. Woehenschr. 1915. Nr. 36. — do Landro u. Torelli, Rif. med. 
1512. No. 9. — Lentz, in Ko 1 le-Wasser m an ns Hand!). 1. Anil. Krg.-Bd. 2. 1909. 

— Liefmann u. Nieter, Miinchen. mod. Woehenschr. 1906. Nr. 43. — Linzen- 
nieier, Pfliig. Arch. Bd. 181! 1920, u. Bd. 186. 1921. — Loewenthal, Zeitsehr. f. 
Hyg. Bd. 72. 1912. — Ders., Zeitsehr. f. ImimuiiUitsf. Bd. 30. 1920. — Ders. u. 
Bertkau, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Grig. Bd. 83. 109. — Marek, Wien. klin. 
Woehenschr. 1915. Nr. 26. — Schi email n , Zeitsehr. f. Hyg. Bd.82. 1916. — Sch m id t, 
ibid. Bd. 81. 1916. — Sonne, Centralbl. f. Bakt. Bd. 76. 1915. — Stiiubli, Inaug.- 
Diss. Zurich. 1904. — Stuber, Miinchen. mod. Woehenschr. 1915. Nr. 35. u. Bioch. 
Zeitsehr. Bd. 77. 1916. — Uni nus, Zeitsehr. f. Imniunitatsf. Bd. 26. 1917. — Vor- 
schufcz, Pfliig. Arch. Bd. 186. 1921. 


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110 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 


NachdrUck verboten. 

Die aussere Gestalt der Pferdebandwiinner. 

[Aus dem Zoologischen Institut der Landesuniversitat Giefien.] 

Von Dr. Rudolf Becker in Uelzen. 

Mit 6 Abbildungen im Text. 

Alle drei Bandwurmarten, welche im Darmkanal der Equiden vor- 
kommen, sind seit l&ngerer Zeit in ihrem anatomischen Aufbau erforscht 
worden. 

An 1. Stelle waren zu nennen die Arbeiten von Kahane (1880) fiber Anoplo- 
cephala perfoliata, von Zschokke (1888) fiber A. mammillana sowie von 
Scheibel (1895) fiber A. magna. Weiterhin hat besonders die feinere Untersuchung 
von A. perfoliata vielfach fiber allgemeine Fragen Aufechlufl geben kbnnen. Ich 
erwiihne Lfihes (1894) Abhandlung fiber die Morphologie des Tanienskolex, diejenige 
von L. Cohn (1899) fiber das Nervensystem der Cestoden, w&hrend Bald (1908) die 
Entwicklung der Geschlechtsgiinge bei A. magna schildert. 

Es fehlte bislang eine umfassende, sicb gleicbm&Big auf alle Arten 
erstreckende Darstellung, die um so berechtigter erscheint, als diese 
der einen Gattung Anoplocephala angehoren, welch letztere inner- 
halb der Familie der Taeniidae einen besondereu Typus bildet. Schon 
Stiles (1896, S. 151, FuBnote) fordert zu einer Nachuntersuchung mit 
Korrektur der Artnamen auf. Hierzu kain der ganzliche Mangel an 
einwandfreien Abbildungen — von A. magna fehlten solche fast ganz, 
von den beiden anderen Arten waren zum Teil nur Skizzen vorhanden, 
die keinen Anspruch auf Genauigkeit erheben konnten. Inzwischen hat 
Fiebiger (1912) in seinem Parasitenwerk einige schone, diagnostisch 
wertvolle Bilder gebracht. 

Mein Wunsch war es, diese Cestodengruppe in monographischer 
Form zu bearbeiten. Eine Verdifentlichung meiner langj&hrigen Unter- 
suchungen in diesem Sinne gestatten leider die heutigen Verhaitnisse 
nicht. Parzellierung und Beschr&nkung des Textes sowie der Figuren- 
zahl muBten eintreten. Auf Materialquellen und technische Hilfsmittel 
habe ich an anderer Stelle (d, 1921) hingewiesen. 

Anoplocephala magna (Abildgaard). 

Als die gr6Bte der PferdetSnien stellt Anoplocephala magna 
zugleich auch den breitesten unter den Bandwfirmern unserer einheimi- 
schen SSugetiere flberhaupt dar. Die LSnge des Tieres kann weiten 
Schwankungen unterliegen, die sich eiuerseits nach der Entwicklungsstufe 
desselben, andererseits, wie bei alien Sammlungsobjekten, nach der Be- 
schaffenheit des Konservierungsmediums richtet, weil ja fast alle Rea- 
gentien eine mehr Oder weniger starke Kontraktion des ganzen Tieres 
herbeifiihren und sp&ter noch durch Wasserentziehung Schrumpfungs- 
erscheinungen bedingen. Die einwandfreiesten Messungen lassen sich 
naturlich nur an frischen, allenfalls in allmahlich ansteigendem Alkohol 
konservierten Exemplaren anstellen, vor allem an solchen, welche ziem- 
lich spitz nach hinten zu auslaufen, als Anzeichen dafflr, daB die Ab- 
stoBung der Proglottiden noch nicht vorgeschritten ist und auch nicht 


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Becker, Die aufiere Gestalt der Pferdebandwurmer. HI 

nachtrfiglich durch Unvorsichtigkeit u. dgl. kfinstlich herbeigeffihrt wurde. 
An solcben Exemplaren lassen sich die Angaben Scheibels bestatigen, 
welcher als Lange bis zu 500 mm, als Maximalbreite 20 mm angibt, 
jedoch kommen in der Literatur noch hfibere Zahlen vor. Abildgaard, 
der ein lanzettformiges Exemplar beschreibt, findet 650—750 mm als 
LAnge and Breiten von 15—30 mm; ZOrn sogar 1 m als langstes MaB. 
Neomann (Trait6 des maladies parasitaires, 1892) scbreibt dagegen der 
Art nur 15—80 mm Lange zu. 

Die Anzahl der Glieder betragt durchweg fiber 500 und reicht 
bei den lfingsten Exemplaren sicber an 1000 heran. Von diesen hat 
jedes bis zu 3 mm Lange im Maximum, so 
daB sich an jedem Gliede Lange zu Breite wie 
1:7 verbalten, was ffir den ganzen mittleren 
Teil der Gliederkette gilt, wo die Gliediange 
etwa 2 mm, die Breite 12—16 mm betragt. 

AuBer zablreichen ausgewachsenen Exemplaren 
stand mir ein noch jugendliches in Formol 
konserviertes Tier mit unentwickeltem Ge- 
schlechtsapparat zur Verffigung. Hier betrug 
das LangenmaB 40 mm, die Maximalbreite 
3,3 mm, die Gliedzahl ungefahr 140 (Fig. 1). 

Der Skolex dieser Tfinie zeicbnet sich 
durch seine stattliche Grofie aus. Er miBt bei 
groBen Exemplaren an Lange 4 mm, an Breite 
5 mm, im Tiefendurchmesser etwa 4,5 mm, 
bei Tieren von mittlerer Gr6Be ist das Ver- 
haitnis ungefahr 2,5: 3,5:3,0. S ch e i b e 1 hat 
seinerzeit die Abbildungen bei Abildgaard, 

Pallas und Bremser nachgemessen und 
hiermit fibereinstimmende Zahlen gefunden. 

Wir haben also nicht die Gestalt eines an den 
Kanten abgerundeten Wttrfels vor uns, wie 
manche aitere Autoren meinen; nachSchei- 
bel gleicht der Kopf vielmehr einer abge- 
stutzten Pyramide mit abgerundeten Ecken 
und Kanten, die am Scheitel je einen Saug- 
napf tragen, wahrend Rostellum und Haken- 
kranz ganzlich fehlen. Auf der Scheitelflache Fig. 1. Anoplocephala 
selbst sind zwei konstan-te, zueinander senk- magna. Jugendform. Ver- 
rechte Furchen sehr deutlich erkennbar, welche grdBerung 7:1. 
zwischen den Saugnfipfen einschneiden, indem 

sie das Zentrum des Scheitels in einer ziemlich groBen, rhombischen, 
aber nur fiachen Delle kreuzen und so das Gebiet der einzelnen Saug- 
napfe gegeneinander abgrenzen. 

Richtung, GrfiBe und Gestalt der Saugorgane sind wechselnd 
und lassen sich aus dem jeweiligen Kontraktionszustand der Skolex- 
muskulatur ableiten. Wahrend die aiteren Autoren, soweit sie sich damit 
beschaftigt haben, samt und sonders die Richtung der Achsen nach 
vorn annahmen (Neumanns Abbildung zeigt dies noch deutlich), hat 
Scheibel konstatiert, daB die Neigung der Saugnapfachsen gegen die 
Skolexachse einen Winkel von etwa 45° ausmacht, indem je zwei Saug- 
nlpfe der Dorsal- und der Ventralflache des Tieres zugekehrt liegen. 
Letzteres gilt nur ffir langsam abgetotete Tiere, wahrend die aitere An- 

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112 


CentralbL f. Bakt, etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 


gabe fflr stark kontrahierte Tiere richtig ist. Die mebr oder weniger 
kreisruude OeffnuDg der Saugnapfe hat im Mittel etwa 1,0—1.2 mm 
Innendurchmesser und ist durchweg 0.8—1,1 mm tief. Sie wird auch 
in nicht kontrahiertem Zustande von 6 oder 7 konzentrischen, in gleichen 
Abstflnden von etwa 0,4 ram angeordneten Furchen umgeben, von deneu 
die auBersten gegenseitig verschmelzen und so den Grund aller Saug- 
organe rings umkreisen. Von da ab kommen nacli aufien zu weitere 
4 oder 5 Ringfurchen hinzu, so daB sich im ganzen etwa 30 Ringwfllste 
ergeben, welche offenbar reichliche Muskulatur zur Grundlage haben 
und zu einer gleichm&Big starken Kontraktion aller Teile des Skolex 
beitragen mogen. 

Auf die Ringwfllste folgt an der Basis des Kopfes ein mehr als 
0,8 mm, also doppelt so breiter und holier, kragenartiger Wulst, 
welche sich fiber den folgenden Abschnitt, den kurzen, noch unge- 
gegliederten Hals hertiberschiebt und ilm nebst den ersten deutlich er- 
kennbaren Proglottiden ganz vcrdeckt. so daB dieser Teil nur bei seit- 
licher Betrachtung sichtbar wird. Das ebengenannte Verhalten des 
Kragenwulstes hat Zeder zu der Benennung „plicatus“ bewogen. 

Der als „Hals“ bezeichnete Korperabschnitt nimmt nach hinten 
allmahlich an Breite zu, er iniBt dicht hinter dem Skolex 2,0—2,8 mm. 
noch weiter nach hinten 2,4—3,2 mm; die Lange betragt im Mittel 
2 mm, die Dicke 0,2—0,8 mm. 

An die Halszone schlieBt sich ohne scharfe Abgrenzung die Kette 
der Glieder. Zunachst ist die Unterscheidung der einzelnen Glieder 
ohne optische Hilfsmittel nicht moglich, bald aber nimmt die minimale 
Lange zu, wahrend die Breite in rascherem Tempo eiue grofiere wird. 
Im allgemeiuen wird die grflBte Breite der Proglottiden fast schon in 
der Mitte der Strobila oder wenig dahinter erreicht, dann bleibt sie 
entweder erhalten oder nimmt gegen das Hinterende zu wieder ab, so 
daB sich dieser Abschnitt inehr zuspitzt, ja bei ganz jungen Tieren fast 
lanzettlich angetroffen wird. So war es bei dem oben genannten Exem¬ 
plar meiner Sammlung (Fig. 1), so wird es auch von Abildgaard 
abgebildet. In der Literatur wird bei A. perfoliata mehrfach daranf 
hingewiesen, daB es sich dann um junge Tiere handelt, welche ihr 
steriles Endstuck noch nicht abgeworfen haben. Allerdings sind von 
maucher Seite einige Zweifel dagegen erhoben, so neuerdings wieder 
von Schaefer (15)13, S. 588). Lurch Zerlegung des genannten lanzett- 
fdrmigen Tieres in Serienschnitte halie ich mich davon flberzeugen 
konnen, daB die Geschlechtsorgane dieser A. magna nur in den letzten 
aeht Proglottiden ganzlich fehlten, diese verrieten sich schon durch ihre 
lan gore Gestalt (Lange: Breite = 4:1), im iibrigen aber noch nirgends 
vollstandig entwickelt waren. Die mittlercn Glieder zeigten Stadien. 
welche sonst in den ersten mit bloBem Auge deutlichen Proglottiden aus- 
gewachsener Exemplare vorkommcn, wo das Endstuck in der Regcl 
langst abgeworten ist. 

Ein gemeinsames Merkmal aller Pferdctanien ist die Kflrze ihrer 
Glieder, die bei dem ersten kaum wahrnchmbar, in der Mitte ausge- 
wachsener Tiere etwa 0.5—1 nun, am Ende gar 2—3 (nach Scheibel 
bis 5) mm betragt. Das ist, wie schon erwahnt, der 6. bis 10. Teil der 
Breite; bei reifen Glicdern linden wir demnach die liingsten MaBe. 

Die einzelnen Glieder sind trapezformig, ihre Riinder scharf, nur 
wenig gewellt. Ids legt sich iinnier der hintere Band einer Proglottis 
etwa manschettenartig fiber den vorderen Rand des folgenden Gliedes 


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Becker, Die auSere Gestalt der Pferdebandwiirmer. ' 113 


herflber, so daB am Rande ein scharfer, zackiger Vorsprung sichtbar 
wird und der ganze bandformige Wurm gewisse Aehnlichkeit mit einem 
doppelseitig gezahnten Sfigenblatt bekommt. Die „Zacken“ haben in der 
Mitte ungef&hr ein L&ngenverhaltnis von 2,5:1,0 min. Auf dem Quer- 
schnitt erscheint jede Proglottis langlich-elliptisch und verschieden dick, 
jc nach der Reife der Geschlechisprodukte, es lafit sich dabei eine 
liellere durchscheinende AuBenzone von einem dunkleren Innenfelde 
deutlich unterscheiden, in welchem die inneren Organe gelegen sind. 
Die Dicke betragt bei mittelgroBen Exemplaren ganz vorn hinter dem 
Hals 0,7 mm, in der Mitte etwa 1,0 —1,5 mm, nach hinten zu 1,6—2,2 mm. 

Als ein weiteres Merkzeichen der Gattung Anoplocephala 
rreffen wir hier die einseitige Lage derGeschlechtsoffnungen 
an. Besonders an mittleren Gliedern sieht man bei Lupenbetrachtung 
und geeigneter Unterlage an dem einen Seitenrande, den man als 
.,Genitalrand“ bezeichnet, ein Undeutlicherwerden der sonst so scharfen 
Zabnelung der Proglottiden. Indem sich die Geschlechtsoffnungen in 
die Korperoberflache einsenken, wird am Rande ein Zug sowohl nach 
vorn als nach hinten ausgeubt, die Konturen runden sich ab. Dazu 
kommt noch die groBere Dicke dieses Randes wegen der M&chtigkeit 
des Cirrusapparates, so daB hier sogar ein mehr „gekerbter“ als ge- 
sagter Rand anzutreffen ist. Die Genitalseite wird allgemein als die 
linke angesprochen, wenn man die von Leuckart festgelegte Norm 
beriicksichtigt, welcher die uberwiegend von den mannlichen Organen 
eingenommene Gliedhaifte als die dor'sale bezeichnet. 

Nur bei eben geschlechtsreifen Gliedern sind die Geschlechtsoff¬ 
nungen offen und lassen feine F&den, die Cirri Oder Penes, hervor- 
ragen. Nach mehrfach bei geeigneter Beleuchtung vorgenommenen 
Zahlungen beginnt dieser Vorgang etwa am 40. bis 70. Gliede und er- 
streckt sich bis zum 100. bzw. 120. Gliede. An den nun folgenden 
Gliedern sieht man die oben geschilderten Abrundungen am Rande immer 
mehr verschwinden, so daB sich dieser Rand von dem agenitalen in 
seiner Form kaum noch unterscheidet. Es bleibt aber bis an das Ende 
der Kette, vom 60. Gliede ungefahr beginnend, ein heller Parallel- 
streifen von 1,0—2,0 mm Breite deutlich sichtbar, welcher vom Genital- 
rande nur halb so weit entfernt liegt als vom entgegengesetzten. Bei 
naherer Untersuchung im durchfallenden Lichte gewahrt man eine fort- 
laufende Kette aus lauter ovalen Blaschen, in jedem Gliede eines. Es 
sind die mit Sperma gefflllten Receptacula seminis, welche auch in den 
letzten, sonst nur noch Embryonen enthaltenden Gliedern erhalten ge- 
blieben sind. 

Diese letzten, prall mit Eiern gefullten Proglottiden losen sich sehr 
leicht von den iibrigen ab, da die befestigenden Wiilste nicht mehr so 
weit flbereinander greifen als bei den iibrigen Gliedern. Dazu kommt 
die zunehraende innere Spanuung. Nicht selten sind 50—60 solcher 
ablosungs„reifer“ Glieder vorhanden, deren Verbindung mit dein Mutter- 
boden sich zu lockern beginnt, so daB sich gewohnlich ganze Serien 
gleichzeitig losstoBen. 

Sehr selten findet. man noch das „sterile Endstiick u erhalten. 
Dieses beginnt mit einer lanzettlich zulaufenden Uebergangsstelle und 
setzt sich aus einer Anzahl quadratischer, ziemlich glcichgroBer Glieder 
zosammen, welche sich durch ihr geringes spezifisches Gewicht — sie 
schwimmen in Fliissigkeit oben — und durch starkere Faltenbildung 
vor den mit Embryonen gefullten Gliedern auszeichnen. 


Erste Abt. Orig. Bd. 87. Heft 2. 

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CentraibL.f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 2. 


MiBgestaltete Proglottiden kommea an fast jedem Exem- 
piare, oft sogar mehrmals vor; so viel sei hier erw&hnt, daB sie sich in 
alien Fallen auf zwei Ursachen zurvickfuhren lassen: einmal kann der 
hintere Proglottidenrand mangelhaft ausgebildet bzw. stellenweise unter- 
brochen sein, obne daB die innere Struktur der Glieder sich geSndert hat, 
oder es handelt sich um eingeschaltete, unvollstandige („interkalierte“) 
Glieder mit gleichfalls unvollkommenen Genitalien. Eine ausfuhrliche 
Uebersicht sowie einige Figuren finden sich in meinen „Teratologischen 
Studien“ (b. 1920). 

Anoplocephala perfoliata (Goeze). 

Diese haufigste und am langsten bekannte Art besitzt in ausge- 
wachsenem Zustande eine DurchschnittslSnge von 60 mm, doch 
kommen auch Exemplare bis zu 80 mm Lange vor; jflngere Tiere sind 
erheblich kleiner, ich habe welche von 12 mm, einmal sogar solche von 

nur 4—7 mm angetroffen (Fig. 2 n. 3). 
Diese waren 2—3 mm breit und liefen 
hinten lanzettformig au§. Im Gegensatz 
zu den gleichzeitig vorhandenen Exem- 
plaren von A. in am iliana waren sie 
von gelbbrauner Farbe. Die Breite aus- 
gewachsener Tiere, welche schon das 
Endstuck eingebfiBt* haben, betragt am 
Hraterende ungefahr 8 —15 ram, im 
Durclischnitt 10 mm. Die Anzahl der 
Glieder schwankt zwischen 70 und 150. 
Die Lange der einzelnen Proglottiden 
raiBt am hinteren Ende etwa0,8—1,2 mm, 
falls diese Embryonen enthalten; ist 
dieses nicht der Fall, so sind sie be- 
deutend kttrzer. Man findet die sterilen 
Endglieder oftmals in grofier Zahl, manch- 
mal stellen sie sogar die Mehrzahl aller 
Glieder dar. Schon auBerlich fallen sie 
durch ihre Kleinheit, durch sehr starke 
Faltelung, durch blendend weiBe Farbe 
und das geringe spezifische Gewicht ins 
Auge, indem sie auf Alkohol fast schwimmen. Bei den allerkleinsten 
Exemplaren fand ich die letzte Proglottis von abweichender Form, mehr 
lang als breit, so daB sich die voraufgehenden Glieder mit bogenfSrmig 
nach hinten gerichteten Seitenlinien um diese herumlegten, ahnlich wie 
man es am Skolex bzw. den ersten Gliedern antrifft. 

Der Skolex hat eine Lange von 1,3 2,8 mm, eine Breite von 1,6 
bis 3,0 mm und eine Tiefe von ca. 2,0 mm, er ist also hier gleichfalls 
recht groB, nicht „assez petite“ (Dujardin). Die Gestalt Shnelt der 
von A. magna, ist aber mehr wiirfelformig mit abgerundeten Ecken, 
an denen die durchschnittlich 0,8 mm AuBendurchmesser habenden Saug- 
niipfe auffallen. Auch hier sind sie nicht direkt nach vorn gerichtet, 
sondern etwas seitlich; ferner findet sicli in der Mitte des Scheitels die 
kleine Delle, dort. wo sich die beiden Kreuzfurchcn schneiden. Hingegen 
fehlen regelmaBige Furchen und Falten um die SaugnSpfe und den bin- 
teren Skolexabschnitt hier giinzlich, einige inkonstante Falten kommen 
wohl bei ganz jungen Tieren vor. 



/'V 

> ■ 




Fig. 3. 


Fig. 2. A. perfoliata. Jugend- 
form, 7 mm Jang. 10:1. 

Fig. 3. A. per f olia ta. Jugeufl- 
form, 4 mm laDg. 10:1. 


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Becker, Die auBere Gestalt der Fferdebandwurmer. 


115 



Ein sehr wichtiges Merkmal, welches alien anderen Bandwurmarten 
in dieser Form fehlt— von der vielleicht identischen A. zebrae natiir- 
lich abgesehen —, und somit eine sofortige und sichere Artdiagnose 
gestattet, ist das Vorhandenseii\ sogenannter „Fleisch- oder Kopf- 
lappen a . Es sind dies groBe zipfelartige VerlAngerungen an den vier 
Ecken des hinteren, etwas spitzer zulaufenden Kopfes von etwa 0,8 bis 
1,0 mm LSnge und ebensolciier Breite, die aui Ende bogig abgerundet, 
in der Mitte oft etwas kugelig aufgebiaht erscheinen. Kahane hat nur 
0,22 bzw. 0,11 mm gemessen, gibt aber die Mbglichkeit einer Schrum- 
pfung selbst zu. Er erkiart sich die Entstehung dieser Gebilde durch 
das Vorhandensein wachstumshemmender Momente fiir die freie Ent- 
wicklung eines Halses. Dann miiBte man mit demselben Rechte fragen: 

Warum fehlen diese Lappen bei A. m ami liana? Ihr Verlauf ist bei 
A. perfoliata zunkchst parallel der Richtung der L&ngsachse nach 
hinten, dann wenden sie sich unter einer 
leichten Umrollung und Abrnndung nach 
auBen, an der Wurzel stehen sie (lurch einen 
schmalen, vielfach undeutlichen Querwulst in 
gewissem Zusammenhang. Bei ganz jungen 
Tieren sind Kopflappen kaum entwickelt, 
sondern nur durch mediane Einkerbungen 
des hinteren Skolexrandes und stSrkere Fal- 
tenbildung an den Seitenteilen desselben 
angedeutet (Fig. 2 u. 3). 

Der hintereTeil desSkolex ist in 
die ersten 6- 8 Glieder tief eingesenkt und 
zurflckgezogen, so daB diese ihn von den 
Seiten halbkreisformig umgreifen, ein Ver- 
halten, welches wir auch bei A. mamil- 
lana antreffen werden. Vergeblich suchen 
wir nach einer ungegliederten Uebergangs- 
zone, einem „Hals“ zwischen Skolex und 
Proglottidenreihe. Wenn man bei weniger 
kontrahierten Wfirmern einmal einen nicht 
eingesenkten Skolex antriftt, wo also ein 
schmaler, sich allmShlich verbreitender Kbr- 
per auf den Kopf folgt, so ist dieser doch 
sofort gegliedert. Bei einem Exemplar (Fig. 4) 
war wohl eine Gliederung in der Mitte sichtbar, aber die Zahnelung des 
Proglottidenrandes begann erst hinter einer Stelle, wo die Verschmale- 
rung der ersten Proglottiden aufhdrte. Dies Tier war 27:5 mm groB 
und, wie sich spAter herausstellte, vollkommen steril. 

Am Vorderteil des Korpers nelimen die Proglottiden von 
beiden Seiten her gleichmilBig rasch an Breite zu, dann werden sie im 
groBen und ganzen nur noch wenig breiter, bzw. verschmiilern sich bei 
lanzettlichen Exemplaren wieder. Bei einem Material von etwa 250 
Exemplaren aus 14 verschiedenen Bcfunden traf ich im ganzen 4 ver- 
schiedene Formen an: noch unent.wickelte, lanzettliche von geringer 
GroBe, ahnliche, aber liingere ohne jede Spur von Geschlechtsorganen, 
weiterhin ziemlich breite, mit lanzettlicher Spitze, und schlieBlich ganz 
breite, denen offenbar das Endstiick schon fehlte. Sehon Kahane 
stellte zwei Hauptformen fest: eine jugendliche, lanzettfbrmige, und eine 
altere, abgestutzte. Neuerdings hat Fillers (1011) eine grOBere An- 

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Fip. 4. A. perfoliata. 
Exemplar mit au^estrecktem 
Skolex und sterilen (vliedern. 
7 : 1. 


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116 


Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 2 . 


zahl von Typen aufgez&hlt (vgl. meine Zusammenstellung b. 1920). Ent- 
gegen Schaefers Bedenken scblieBe ich mich der Ansicht Kahanes 
an, denn man wird annehmen miissen, dafi die Entwicklung des Ge- 
schlechtsapparates erst in einem spSteren Alter, vielleicht ganz unregel- 
mafiig, einsetzt, nicht etwa immer in gleichem Abstande von dem stets 
sterilen Hinterende, und daB sogar sterile Glieder auch spSter noch 
eingeschaltet werden oder.der ganze Bandwurm unter Umstfinden steril 
bleibt (Fig. 4). 

Die Proglottidenr&nder sind bei dieser Art nicht sageartig, sondern 
liegen infolge der breiten freien Proglottidenwiilste mehr ubereinander 
wie die Blatter eines Buches. Ihre Genitalseite ist nur dort deutlich 
unterscheidbar, wo dio Cirri als feine Fadec ilber den Rand hervorragen. 
An einigen Exemplaren habe ich sie am 10.—21., an anderen am 15. bis 
27. Gliede erkennen kSnnen. 

Die ffir die Anopiocephaliden typische K urzgliedrigkeit hat 
sich hier am starksten ausgepragt. Mittlere Glieder sind kiirzer als 
2 mm, meist 0,5—1,0 mm lang, hingegen 10 mm breit, nur die End- 
glieder pflegen langer zu sein. Im einzelnen sind sie, von der Fiache 
betrachtet, schmal trapezfijrmig, ihre Rander sind verdflnnt, daher durch* 
scheinend und stark facherartig gefaltet; am ausgepragtesten ist dies 
wieder bei sterilen Gliedern der Fall. Hier bildet der hintere Glieder- 
rand eine einzige geschwungene Wellenlinie; die Lage zur Achse des 
Korpers ist verschieden nach dem Kontraktionszustande, entweder igt 
sie nach hinten gerichtet oder senkrecht, d. h. unter rechtem Winkel 
abstehend. Im Querschnitt erscheint jedes Glied langlich oval, kflrbis- 
kernahnlich, mit deutlicher Mittel- und Rindenschicht. Man kann als 
mittleren Dickendurchmesser etwa 1,0—1,2 mm konstatieren. 

Im ganzen habe ich in meinem reichlichen Material nur 3 Falle von 
MiBbildungen an Proglottiden angetroffen, die den bei A. magna ge- 
tundenen entsprechen. Neumann (1890) hat einmal sogar einen 3- 
kantigen Skolex mit 6 Saugnapfen gefunden (vgl. meine Untersuchungen 
b. 1920). 


Anoplocephala mamillana (M e h 1 i s ). 

Die kleinste Pferdet&nie, A. mamillana, stellt einen mehr weill- 
lich-bldulich durchscheinenden Bandwurm dar von durchschnittlich 25 mm 
LSnge und 4—6 mm Maximalbreite. In der Literatur linden wir An- 
gaben iiber 6—50 mm lange Exemplare. Die Anzahl der Proglottiden 
an vollstandigen Tieren belauft sich auf 30 bis hochstens 50. 

Der Skolex ist klein und unscheinbar und miBt 0,7—0,8 (Lange): 
0.4 (Breite): 0,4—0,6 (Tiefe), bei einem Exemplar fand ich sogar ein 
Verhaltnis von 0,8:1,0: 1,2. Stets ist der Kopf unbewaffnet und bat 
das Aussehen eines kurzen Zapfens, der nach hinten zu allmhlich schin§ler 
wird und sich mit diesera Teil in die ersten 12 Proglottiden einsenkt, 
welche im Bogen urn seine Basis kreisen, ein Verhalten, das sich auch 
bei A. perfoliata fiudet. Die Scheitelflache ist jedoch nicht eben, 
man lindet dort, wo bei den beiden anderen Arten in der Regel eine 
Hache Delle zu sehen ist, eine halbkugelige Vorwolbung. Da sich nun 
die an den abgerundeten Kanten liegcnden Saugnapfe mit ihren musku- 
losen Randern etwas vorwolben, so entstehen auf dem Scheitel je zwei 
parallele Furchen, welche sich seitlich vor der eben erwahnten Vor¬ 
wolbung kreuzen. 


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Becker, Die auQere Gestalt der Pferdebandwurmer. 


117 


folgen, im 
Es ist mir 


A 


A l 


Die Saugnapfe liegen inehr lateral als apikal, sie stellen in der 
Regel ovale, bisweilen dreieckige oder langlich spaltformige, median 
bogig gewolbte Vertiefungen von ungefahr 0,4 mm LSngendufchmesser 
vor, w&hrend ihr Qnerdurchmesser etwa die Hiilfte ausmacht. Die Tiefe 
ist verhSltnismBBig gering, iiberhaupt erscheinen die Saugorgane nicht 
sehr krSftig ausgebildet im Vergleich mit diesen Organen bei anderen 
Arten. 

Faltungen bestehen am Skolex hochstens in der L&ngsrichtung, aber 
niemals in querer Lage, vielleicht sind sie nur Kunstprodukte. In 
manchen Fallen sielit man eine tiefe, enge Einstillpung in der Scheitel- 
mitte, von welcher auf der dorsalen und ventralen Seitenflache je eine 
mediane Fnrche an die Basis des Skolex zieht. 

Wie schon erwahnt, besitzt A. mamillana gewohnlich keinen Hals, 
jedoch kommen manchmal Abweichungen vor, indem der Kopf lang 
ansgestreckt ist und nun 5—6 schmale, gerade Proglottiden 
ubrigen ist der Korper von normaler Form (vgl. Fig. 5). 
gelungen, nachzuweisep, daft es sich um 
keine neue Art Oder Varietat handelt, son- 
dern nur um einen verAnderten Kontrak- 
tionszustand der Muskulatur, so daB damit 
der Name „mamillana* 4 seine Bedeutung 
als Kennmal der Art verliert. 

Die Proglottiden haben in der Mitte 
eine Lange von ca. 1,2 mm, am Ende sogar 
von 2,2 mm, wahrend die ersten deutlich 
sichtbaren nur 0,4 mm lang sind. Die rnaxi- 
male Breite liegt etwas vor deni Hinterende, 
denn die letzten 4-6 Glieder sind betracht- 
lich in die Lange gezogen, mehr abgerundet 
und prall mit Eiern geKillt. Es konimt auch 
vor, daB sich das Hinterende etwas verjungt. 

Dies beobachtete ich bei 2 Exemplaren, 
welche 1 bzw. 2 sterile Endglieder bcsaBen. 

Es waren offenkuudig Jugendformen, der 
ganze Habitus und die geringere GroBe deu- 
teten darauf, daB sic noch in Entwicklung 
begriffen waren (Fig. 5 u. 6). 

Die einzelnen mehr breiten als langen Glieder des Baniiwurmcs 
gleichen in der Gestalt einem Trapez, sie legen sich anfangs nur wenig 
ubereinander, so daB die Ziihnelung des Randes scharfer hervortritt: 
erst bei den mittleren Gliedern werden die Wiilste der Glicdcnden 
breiter, aber nicht „blattartig“ wie bei A. perfoliata, sondern nur 
leicht faltig. Die Querschnitte erscheinen l&nglich-elliptisch und je nach 
der Dicke der Glieder, die zwischen 0,4 und 0,8 mm, schwankt, lassen 
sich Rinden- und Markschicht mehr oder weniger gut unterscheiden. 

Sehr charakteristisch fiir A. mamillana ist die am 6. Gliede etwa 
beginnende Hervorwblbung des Cirrusbeutels in Gestalt eines 
konischen oder zylindrischen Zapfens, welcher etwa 1,5 nun lang, 0,6 mm 
breit und meist nach hinten gekriimmt ist. Dadurch erhiilt die Genital- 
seite ihr geradezu typisches Aussehen: sie erscheint in diesetn Ahschnitt 
stark vorgebaucht, nnsymmetrisch zu der Gegenseite. Vom 21. Gliede 
an ist die Geschlechts])apille wieiler eingezogen, nur eine kleine Ein- 
kerbung macht ihren Sitz noch deutlich erkennbar. Diese eigentiimliche 





Fig. r>. Fig. 6. 

Fig. f>. A. mamillana. 
Jugendform mit ausgestrccktcm 
Skolex. 5:1. 

Fie. t). A. mamillana. 
Jugemilorm mit MiBhildung. 
a Alternation. 5:1. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 


Erscheinung steht im Zusammenhang mit dem Modus der Begattung, 
welche derart vor sich geht, daB jede Proglottis durch ihre Vorg&ngerin 
befruchtet wird (vgl. meine Mitteilung c. 1920). 

Unter mehreren hundert Exemplaren dieser T£uie habe ich nur 
eine MiBbildung angetroffen bei einem jugendlichen Tier mit zwei 
sterilen Endgliedern (Fig. 6). Hier lag der Cirrus des viertletzten 
Gliedes auf der rechten Seite (Alternation). Durch Muskelwirkung 
veranderte Formzustande sind dagegen haufiger zu finden (vgl. b. 1920). 

SchluBbemerkungen. i 

In obiger Beschreibung der auBeren Formverbaitnisse bei den 
Anoplocephala-Arten wurde zum ersten Male mehr Gewicht auf 
die Angabe von MaBzahlen fur die Schwankungen der Gestalt und 
Gr6Be gelegt, als es bisher iiblich war, wo man sich mehr oder weniger 
mit mittleren DurchschnittsgrbBen und Normalforraen beschaftigte. Nur 
durch Studium eines moglichst gr'oBen Materiales, welches zu 
verschiedenen Jahreszeiten und in verschiedenen Gegenden gesammelt 
wiirde (vgl. a 1920), konnte man zur vollstandigen'Beherrschung 
aller Formgestaltungen vom vollentwickelten bis zum aller- 
kleinsten Exemplare gelangen. Auf diesem Wege, so glaube ich, wurde 
sich auch unser Auge mehr und mehr scharfen ftir das eine noch in 
unsicherer Feme schwebende Ziel: die Klarstellung der Entwick- 
lungsgeschichte dieser Parasiten. 

Liter atar. 

Becker B., (a) Ucber das Vorkommen von Bandwurmern beim Pferde. (Berlin. 
Tieriirztl. Wochenschr. 1920. Nr. 20.) — Ders., (b) Teratolog. Studien an Pferdeband- 
wiirmern. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 84. 1920. 8. 435—440.) — Ders., 

(c) Ueber die Art der Begattung bei Pferdeb. (Ebenda. 8. 537—539.) — Ders., 

(d) Beitriige zur Kenntnis des Nervensystems der Pferdeb. (Zool. Jahrb. Bd. 43. Anat. 
1921.) — Braun, Al. f Cestodes (Bronns Klass. u. Ordn. d. Tierreichd. Bd. 4. 1894 bis 
1900) [enthalt samtl. altere Literatur.] — Kahane, 8., Anatomic von Taenia per- 
foliata Goeze. (Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 34. 1880.) — Schaefer, R., Die Ent- 
wicklung der Geschlechtsausfiihrwege bei einigen Cestoden. (Zool. Jahrb. Bd. 35. 
Anat. 1913.) — Scheibel, A., Der Bau der Taenia magna Abildgaard [Diss.J 
Giefien 1895. — Stiles, Ch. W., (Proceed. U. S. Nat. *Mus. Vol. 19. 189t>.) — 
Zschokke, F., Recherches sur la structure anat. et histol. des Cestodes. Geneve 1S8S. 


Nachdruck verboten. 

Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung und die bio- 
logiscke Wirkung der Farbung auf die Keime. 

[Aus dem Patliologischen Institut zu Heidelberg (Direktor: Geheimrat 

Paul Ernst).] 

Von Dr. Fr. Keichert, Assistent. 

Mit 11 Abbildungeu im Text. 

Die Vitalf;irbung der Einzelligen, bei der allgeinein biologische Fragen 
im Vordergrund stelien, hat fiir die Bakteriologie im engeren Sinne nur 


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Reichert, Ueber deu Ablauf vitaler Bakterienffirbung etc. 


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bedingtes Interesse, da durcbgreifendc neue morphologische Ergebnisse 
an Bakterien damit kaum zu gewinnen sind und die Erkenntnis der 
biologischen Leistungen der Keime auch andere Wege erfordert. Die 
Wertschatzung. dieser Abhandlungen durch die Bakteriologen dilrfte aber 
durch die Einsicht steigen, dab bei der Anwendung von bakteriologischen 
Methoden und Objekten auf die Erforschung von Aufgaben allgemein 
biologischer Art Aufschliisse gefordert werden kdnnen, die an Metazoeu 
mit gleicher Klarheit kaum zu gewinnen sind. Ueberdies ist nicht zu 
verkennen, daB auch fflr die eigentliche Bakteriologie bei der Erforschung 
vorliegender Fragen einige wertvolle Aufschlflsse abfallen. 

Die Physiologie, normale und pathologische Anatomie bemuhen sich, 
durch farberische Darstellung der lebenden Zellen einen Einblick in ihren 
unveranderten Aufbau zu gewinnen. Liefert doch die Untersuchung des 
abgestorbenen und fixierten Materials nur Ergebnisse, die Nissl als 
„Aequivalentbilder u bezeichnet, und Rossle (Aschoff) spricht von 
,h6chstens Shnlichen Uebei;resten der lebenden ’Zellen und Gewebe“. 
Will die V.F. eine Ahnliche Kritik vermeiden, so muB sie als ersten 
Beweis den erbringen, dafi ihre Mittel keine ZellschSdigungen und Ver- 
anderungen setzen. Es gilt zu belegen, daB eine F&rbung der lebenden 
Zellen ohne Giftwirkung moglich ist. DaB diese Gefahr auBerordentlich 
naheliegt, geht aus gelauligen physiologischen Ueberlegungen hervor. 
Normalerweise nimmt jede Zelle aus der Zahl der angebotenen Sub- 
stanzen nur die auf, die sie assimilieren kann, indem sie sie in der ihr 
streng spezifischen chemischen und morphologischen Zusammensetzung 
ablagert. Dringen aber infolge von Wirkungen, die die Zelle nicht auf- 
beben kann, Stoffe ein, die von der Konstitution der normalerweise eiu- 
verleibten abweichen, so resultieren daraus Storungen ihres Aufbaues. 
Alle diese unphysiologischen Zustiinde sind nur insofern nicht gleich 
zu bewerten, als eine Reaktion der Fremdkdrper entweder mit der 
lebendigen Substanz Oder mit solchen Zellbestandteilen, die nicht im 
engeren Sinne dazu gehdren, wie paraplastischen Substanzen, Reserve- 
stoffen, Stoffwechselprodukten und Sekreten erfolgen kann. Hat auch 
eine Konstitutionsanderung von Zellkorpern der zweiten Art nicht die 
gleiche Bedeutung fur die Erhaltung des Zellebens wie StSrungen in 
der erstgenannten Richtung, so ist das doch nur eine graduelle, aber 
keine prinzipielle Differenz. In beiden Fallen haben wir krankhafte Zu- 
stAnde vor uns. Wird solch ein Y r organg dadurch, daB als wirksames 
Agens ein Farbstoff verwandt wird, morphologisch dargestellt, so er- 
halten wir Zustandsbilder eines pathologischen Geschehens aber keinen 
Einblick in den unveranderten Zellbau. 

Gottlieb faBt diese Zusamineuhange bei Bakterien in folgemle 
Worte: 

„Im besonderen wird das Protoplasma durch eine Vertinderung dor Kolloide Oder 
Lipoide geschiidigt; deshalb mud nine jede Fremdsubstanz als Bakteriengift wirkon, 
*enn sie in die Bakterienzelle eindringt und mit oinem >einer lebenswichtigen Bestaml- 
teile in chemische oder physikalisch-chcmische Reaktion tritt.“ Diese Worte kbnnen 
wohl ohne weiteros auf die Boziehungen der Metazoenzolb* zu Fremdsubstanzen iibor- 
tragen werden. Aehnliche Gedanken finden sich auch hoi Schulemann. Kr er- 
klitrt die Entstehung einer Anzahl der bei V.F. naeliweisbaren Granula fulgendcrmaden: 
Zuerst bilden sich durch die Einfiiisse des Farbstoftes Vakuolen ini Protoplasma. Durch 
Polymerisation der Farbstoffmolekiile entstehen alliniihlich Kdrnchen, die die Vakuolon 
ausfullen. Evans. Bowman, W intern itz (zit. 8 G 1 uleman n) hobon hervor, dad 
bei chronischer V.F. bei in Kaninchen allmahlieh die gleichen Veriinderungen entstehen 
wie bei der Rindertuberkulose. Schu Ionian n schliedt sich dieser AuffasMing an. — 
Bei vielen Untersuchungen iiber die V.F. seheinen aber diese Verhaltnis^e nicht immer 


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120 Centralb). f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 

geniigend bewertet zu sein. Darauf weist allein die grofic Menge der verschieden- 
artigsten Farbkorper hin (Ernst, „ Pathologic der Zelle* 4 ), die verwandt wurden 
Anderseits kann nach Kossle (zft. Aschoff) schon durch physiol. NaCi-Losung bei 
Nierenepithelien eine Protoplasmaschadigung eintreten, die zur Ausfallung in Tropfeu- 
form fuhrt. 

Aus diesen Ueberlegungen diirfte hervorgehen, daB es a priori 
theoretisch unwahrscheinlich ist, eine lebende Zelle ohne jede Sch&digung 
xiiit Farbstoff impr&gnieren zu kbuuen. Diese Fragp muB daher auf ex- 
perimentellem Wege entschieden werden. Da nun mbglichst einfache 
Versuchsbedinguugen am ehesten eindeutige Resultate liefern, ist es 
wohl nicht unzweckmaBig, dahin gerichtete Untersuchuugen an der ein- 
fachst organisierten Zelle, die wir kennen, der Bakterienzelle, anzustellen. 

Weil Raummangel das EinfOgen einer Literaturubersicht nicht ge : 
stattet, konnen hier die Ergebnisse der friiheren Arbeiten (sie sind in 
dem am SchluB stehenden Verzeichnis genanut) nur in aller Kiirze sum- 
marisch wiedergegeben werden: Ist eine gichtbare Farbaufnahme bei 
Behandlung lebender Keime mit Farbstoffen nachgewiesen, so mangelt 
es an einer einwandfreien Kontrolle ihrer Lebensfahigkeit und am Nach- 
weis, daB dieser Vorgang ein vitaler war. Wurde aber nur die Gift- 
wirkung der Farben durch Nahrbodeuzusatz untersucht, so horen wir 
nio, daB es bis zu einer Anfarbung kam. Aus diesem letzten Umstande 
aber zu schlieBen. daB schon optisch nicht nachweisbare minimale Spuren 
aufgenommenen Farbstoffs abtoten, und daB damit ja die Frage gelost 
sei, ist man nicht berechtigt. denu einmal schlieBen Vermehrungshem- 
iii ungen noch keine Totung des Individuums oder Aufhebung aller an- 
deren Funktionen in sich, und dann kann diese Aufhebung der Keira- 
fiihigkeit eine Folge der Veranderung des Nahrbodens durch den Farb- 
stoft sein, der dadurch fiir die Zelle unangreifbar wird. Das braucht 
dann mit Eindringen und AnfSrben gar nichts zu tun zu haben. Es 
bleibt daher zur Klftrung nichts weiter iibrig, als mit neuen Methoden 
die LebensiiuBerungen nachweislich gefarbter Keime zu prflfen. 

Bei den ersten orientierenden Versuchen muBte besonders auf die 
Deutlichkeit der Farbung Wert gelegt werdeu, um damit die Auswahl 
einwandfrei aniarbender Farbkorper zu sichern. Bei Farbgleichheit von 
Losung und Zelle kdnnte es sich nur um ein Durchscheinen der Farbe 
durch den feinen Zelleib handeln. Ebenso wichtig ist die Anfarbungs- 
zeit. Ist namlich eine sehr lange Einwirkungsdauer bis zur Imprag- 
nierung nbtig, so kann man eiuwenden, daB die Bakterien erst infolgc 
von nicht ausschlieBlich auf die Farbwirkung zuriickzufflhrenden Ein- 
fliissen absterben und sich schlieBlich postmortal anfarben. 

Um Farbstoffe, die diesen Bedingungen gerecht Werden, zu finden, 
wurden folgende 53 Farbkorper untersucht, die den verschiedensten 
chemischen Gruppen angehoren: Gentianaviolett, Methylviolett, Neutral- 
violett, Magentarot, Anilinviolett, Dahliablau, Pyoktanin,' Viktoriablau. 
Methylenblau, Neutralrot, Lichtgriin, indigschwefelsaures Natron, Diamin- 
blau, Trypanblau, Chrysoidin, Bismarckbraun, Vesuvin, Kresylviolett. 
Thionin, Anilinblau, Karmin, Brillantgrun, Malachitgriin, Neutralviolett, 
Methylgriin, Nilblau, Kongorot, Brillantkresylblau, Brillantdianilblau. 
Anilingelb, Alizarin, Berlinerblau, Indigkarmin, Indigo, Anilinschwarz, 
Erythrosin, Jodanilingriin, Jodeosin. Pyrolblau 2 R., Phloxinrot, pri- 
krinsaures Ammon, Rosolsaure, Orange G, Wasserblau, Tropaolin, 
Uranin, Eosin, Chromogen, Ilamalaun, Fluorescin, Orcein, Magdalarot 
Als Farbungsobjekte dienten Typhus und Anthrax. In einigen FSllen 


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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbuog etc. 


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kam auch Hefe dazu. Der Typhus scheint seiner lebhaften Beweg- 
lichkeit und der groBen Anspruche wegen, die er an sein NShr- 
medium stellt, geeignet. Bekanntlich hemmt schon ein Reaktionsfehler 
des N&hrsubstrates sein Wachstum. Man ist daber zu dem Schlusse 
berechtigt, dafi schon geringe Sch&digungen in verlangsarater Beweglich- 
keit und herabgesetztem Wachstum sich manifestieren werden. Diese 
Eigenschaften machen ihn zu einem feinen Indikator auch fur Farb- 
wirkungen., Der Anthrax zeichnet sich durch Eigenheiten aus, die ganz 
andere experimentelle Mbglichkeiten bieten. Fiir die Farbwirkung und 
ihre Beobachtung schatfen gewiB sein grampositives Verhalten, der enorme 
GroBenunterschied gegenfiber dem Typhus und die Sporenbildung ganz 
andere Bedingungen. 

Zur Priifung auf Anfftrbbarkeit wurden Emulsionen beider St&mme 
durch Abschwemmung einer SchrSgagarkultur mit 2 ccm physiol. NaCl- 
Ldsung hergestellt. Die FSrbung erfolgte durch Vermischen von 1 bis 
3 Oesen dieser Emulsionen mit 1—3 Oesen des Farbstoffes auf dem 
Objekttrager, so dafi Mengenverh&ltnisse von 1:1—1:2—1:3—2 :1—3:2 
und 3:1 zwischen Farbldsung und Emulsionen auf diese Art herstellbar 
waren. Im Falle der Farbung wurde das Bild, das sich bei der geringsten 
noch farbenden Farbstoffkonzentration, die so hergestellt werden konnte, 
bot, zur Grundlage der weiteren Beobachtungen gemacht. Der Erfolg 
der Farbwirkung wurde nach Bedecken des Gemisches mit einem Deck- 
glas durch Untersuchung mit der Oelimmersion festgestellt. Alle an- 
gewandten Farbldsungen waren 2-proz. wSBrig und in der WSrme geldst. 
Soweit keine vSllige Ldsung in Wasser eintrat, wurde die heiBges&ttigte, 
wieder abgektihlte, w&Brige L8sung verwandt. Als vitalfarbend wurden, 
wie schon hervorgehoben, nur solche Farblosungen angesehen, in denen 
sich alle Bakterien sofort durch intensiveren Farbton vom Farbmedium 
abhoben. — Die hohe Konzentration der Farbstoffe bei dieser Versuchs- 
anordnung kann deshalb als kein Fehler gelten, weil hier nur zu ent- 
scheiden war, ob die Farbe augenblicklich eindringt oder nicht. Bei 
den spateren Feststellungen flber den schadigenden EinfluB der vital 
aufgenommenen Farbkorper kam dann nur die niedrigste Verdiinnung 
zur Anwendung, die noch der Forderung der momentanen AnfSrbung 
entsprach. 

Durch die eingangs beschriebene Methode wurden als anfSrbend 
folgende FarbkSrper ermittelt: 

1) Malachitgriin, BrillantgrOn und Chrysoidin. die in Typhus und 
Milzbrand augenblicklich eindringen. 

2) Gentianaviolett, Magentarot, Methylviolett, Anilinviolett, Dahlia- 
blau, Pyoktanin und Viktoriablau. Mit ihnen war nur beim Anthrax 
augenblickliche Anferbung zu erzielen. Diese letzte Gruppe sei 
unter dem Namen „Violette u zusaramengefaBt. 

Die geringste, den Anthrax noch augenblicklich intensiv anfarbende 
Konzentration dieser Farbstoffe war bei einer Mischung von 3 Teilen 
Bakterienaufschwemmung und 1 Teil Farblosung folgende: Malachitgriin 
0,2 Proz., Brillantgriin 1 Proz., Chrysoidin 0,3 Proz., Gentianaviolett 
0,25 Proz., Magentarot 1 Proz., Methylviolett 0,2 Proz., Anilinviolett 
0,7 Proz., Dahliablau 0,15 Proz., Viktoriablau 0,08 Proz., Pyoktanin 
0,12 Proz. 

Diese Konzentfationen wurden bei alien nunmehr folgentlen Unter- 
suchungen verwandt. 

Die erste Frage nach dieser Feststellung bezog sich verstiiudlicher- 


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122 Centralbl. f, Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 

weise auf den chetnischen Charakter dieser als brauchbar gefundenen 
Farbstoffe. Ihre cbemische Zusaramensetzung ist folgende: 

1) Malachitgriin — Rosanilin. 2) Brillantgriin — Rosanilin. 3) Chrysoidin — Azo- 
farbe. 4) Gentianaviolett — Rosanilin. 5) Dahliablau — Rosanilin. 6) Methylviolett — 
Para-Rosanilin. 7) Pyoktanin — Base des Methylvioletts. 8) Magentarot — Rosanilin 
+ Para-Rosanilin. 9) Anilinviolett — Saffranin. 10) Viktoriablau — Diphcnylnaphthyl- 
methan. 

Gehbren diese Farben nun im Gegensatz zu den nicht aniSrbenden 
bestimmten chemischen Gruppen an, und lassen sich so Beziebungen 
zwischen ihrer Konstitution und dem Anf&rbungsvermogen erkennen? 
Wenn aucb der grOBte Teil der Anfarbungstflchtigen zu den Rosanilinen 
oder Para-Rosanilinen gehbrt, so z&hlen doch andere ebenfalls gut brauch- 
bare zu ganz entfernten Gruppen, w£hrend anderseits wieder zahlreiche 
Rosaniline nicht die geringste Anffirbungsfhhigkeit besitzen, so z. B. Jod- 
grfln, Methylgrttn, Fuchsin. Unter den Azofarben, die im Chrysoidin auch 
einen brauchbaren Vertreter stellen, sind dagegen unbrauchbar das Diamin- 
blau, Vesuvin oder Bismarckbraun. Eine Regel l&Bt sich aus diesem Ver- 
halten sicher nicht ableiten, und die Beziehungen zwischen chemischer Zu¬ 
saramensetzung und vitalf&rberischer Kraft Bakterien gegenflber mtissen als 
ungekl&rt betrachtet werden. Die Anf&rbungsfahigkeit kann von Fall zu 
Fall nur empirisch festgestellt werden. — Zu einer Erprobung der 
Wirkung dieser Farbkorper auf den LebensprozeB der Zelle hatte man nun 
mit Ausnahme der „Violette u iibergehen kbnnen. Diese waren wohl auch 
bef&higt, den lebenden Anthrax anzufarbcn; aber sie warfen durch mannig- 
faltige, in ihrer Ausdeutbarkeit ganz unsichere Nebenbefunde eine Reihe 
bedeutsamer Vorfragen auf, die erst gelost werden muBten. 

Die betrefienden Beobachtungen seien kurz hervorgehoben: Bei den 
„Violetten“ tanzen in ganz verschieden groBen Mengen feinere und grdbere 
gefSrbte Flocken, grSBere und kleinere Tropfchen und Haufen aus beiden 
im Gesichtsfeld. Die Bakterien tragen die gleichen Gebilde und sind oft mit 
ihnen in Klumpen geballt. Ja, sie kbnnen derart mit diesen Produkten 
behaftet sein, daB besonders beira Typhus der Eindruck entsteht, eine 
augefarbte Zelle vor sich zu haben, wdhrend es sich bei n&herem Zusehen 
nur um einen dichten Mantel aus diesen Korpern handelt. Oft sitzen 
kugelige Gebilde nur an den Enden oder mehr zentral, so daB man an 
strukturelle Einzelheiten glauben kann. Das Verwirrendste aber ist, daB 
es nicht gelingt, auch nur 2mal qualitativ und quantitativ gleiche Bilder 
zu erzeugen. Alles wechselt tS.glich. Aus diesem Grunde verbot es 
sich, diese Gebilde irgendwie als Bestaudteile des Bakterienleibes zu 
deuten. Ihre Provenienz als Produkte dauernd variierender Kompo- 
nenten wurde immer deutlicher, und die Unmoglichkeit, aus solchen Re- 
sultaten einwandfreie Schltisse zu ziehen, immer klarer. Die Notwendig- 
keit, experimentell mit absoluter Sicherheit ein stets gleiches, leicht 
deutbares mikroskopisches Bild zu erhalten, wurde immer zwingender, 
falls nicht alles auf eine unlosbare Gleichung mit unzahligen Unbekannten 
hinauslaufen sollte. Dazu war das Aufspuren der Ursachen dieses ewigen 
Wechsels das erste Gebot. Die Annahme, hier Farbniederschlagen 
gegenfiberzustehen, lag auf der Hand. Es war auch nicht zweifelhaft, 
daB sich die Farben in kolloidaler Lbsung — wahrscheinlich als Suspen- 
sionskolloide — befanden. Diese konnen besonders leicht durch Elektro- 
lyten aber auch durch andere Kolloide in ihrera Gleichgewicht gestOrt 
werden. Beide Fallungsmittel betinden sich in der Bakterienaufschwena- 
mung namlich NaCl und Spuren gelbsten Agars. Wenn auch die Menge 


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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler B&kterienfarbung etc. 


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des Elektrolyten nicht variiert, so ist doch die zufailig mitabgesptllte 
Agarmenge den grdfiten Schwankungen unterworfen. Der Wechsel des 
Farbungsresultates konnte mithin auf diesen unberechenbaren Zusatz 
wohl zurdckgefflhrt werden, falls diese beiden Komponenten die Schuld traf. 

Folgende Versuchsanordnung muBte Klarheit bringen. Die Farben 
wurden mit physiol. NaCl-L6sung, einer sehr schwachen Losung von Agar 
in Aqna dest. and einer ebenso konzentrierten von Agar in physiol. NaCl- 
Lbsung unter den gleichen Bedingungen vcrsetzt und untersncht wie 
die Bakterienemulsionen. Die meisten fielen schon bei der Berfihrung 
mit NaCl oder Agar in Aqua dest. stark aus. Die gleichen Flocken, 
Kugelchen und Trbpfchen wimmelten im Gesichtsfeld und wurden teil- 
weise als grobe Haufen schon makroskopisch sichtbar. Die starkste 
Ausfallung aber entstand bei der Anwesenheit beider Fallungsmittel. 
Die Herkunft dieser stdrenden Gebilde als ausgeflockte Kolloide war 
damit klar, ihr Anbaften an den Bakterien als Adsorptionsvorgang nicht 
zweifelhaft, und die Mbglichkeit ihrer Ausschaltuug jetzt gegeben. 

Es sei hinzugefiigt, daB bei der Farbmischung mit Bouillon die 
gleichen Gebilde entstehen. Man kann je nach Art der Farbe und ihrer 
Konzentration grbBere Oder kleinere, zahlreiche Oder sp&rliche Tropfen, 
Kornchen, Kugelchen und Flocken erzeugen. Sie befinden sich in leb- 
hafter molekularer Bewegung, und die grbBeren heben sich oft durch 
einen belleren, lichtbrechenden Rand hervor. Es dr&ngt sich bei der 
Betrachtung dieser Gebilde der Gedanke auf, daB manche der bisher fflr 
ultravisibel gehaltenen Erreger, die man jetzt als kbrnchenartige Gebilde 
beschreibt, solche Farbf&llungen sein konnten. 

Diese Erfahrungen der Farbflockung durch NaCl und Kolloide lieBen 
sich am einfachsten dadurch auf die Bakterienfarbung libertfagen, daB 
die Zellen mit Aqua dest. abgeschwemmt, durch Zentrifugieren und Wieder- 
aufffillen von Aqua dest. von noch anhaftendem NaCl und Agar befreit 
(Waschen) und so mit dem Farbstoff vermischt wurden. Der Erfolg war 
der erwartete. Der Anthrax stellte sich bei der Behandlung mit den 
„Violetten“ als ein intensiv homogen, mit dem jeweils benutzten Farb¬ 
stoff impragniertes Stabchen dar. Alle kugeligen oder flockigen Gebilde, 
die ihm frflher anhafteten, fehlten, und auch die umgebende Farblosung 
war frei von alien Niederschlagen. 

Trotz dieser im farberischen Sinne brauchbaren Resultate konnte 
diese Versuchsanordnung wegen des schweren Vorwurfs, daB die Zellen 
in Aqua dest. geschadigt wiirden, nicht beibehalten werden. Man 
mufite verlangen, daB sie in einer isotonischen Umgebung blieben. Doch 
durfte kein Elektrolyt dabei im Spiel sein. Im Traubenzucker lieB 
sich schnell ein Korper finden, der diesen Anforderungen genugte. Seine 
2,5-proz. L6sung ist ziemlich isotonisch mit 0,8-proz. NaCl und iallt, 
wie dahin gerichtete Versuche erwiesen, in keiner Weise die so emp- 
tindlichen n Violette u . 

Nunmehr wurden Anthraxkulturen mit 2,5-proz. Traubenzucker- 
Idsung abgeschwemmt, darin gewaschen (d. h. Abspulung mit Trauben- 
zuckerlosung, Abzentrifugieren, das Zentrifugat erneut mit Trauben- 
zuckerlosung auffQllen) und mit den zu untersuchenden Farben ver¬ 
mischt. Das mikroskopische Bild entsprach in alien Stucken dem 
bei Anwendung von Aqua dest. 

Unter Berflcksichtigung der vorher erwalinten Beobachtungeu der 
an Intensitat auBerst wechselnden Farbflockung beim Vermischen der 
Farbstoffe mit Bouillon, war es geboten, das Eiudringungsvermogen der 


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124 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©- Bd. 87. Heft 2. 

Farbkfirper in den Milzbrandbazillus auch in Bouillon zu prflfen. Es 
wurden hierzu Bouillonaufschwellungen (16 Std. alt) des Anthrax mitden 
Farben in den auf S. 121 genannten Starken versetzt und mikroskopisch 
in der Qblichen Weise untersucht. Die nachstehende Tabelle gibt fiber 
die Resultate Auskunft (siehe Tab. Nr. 1). 


Tabelle Nr. 1. 


Farbe 

1 Bakterienemulsion in Bouillon 
+ Farblosung 

Farbe 

1 Bakterienemulsion in Bouillon 
+ Farblosung 

Magentarot 

Vieie schwach 
rot, Rest farb- 
los 

A. + + + 
Ad. + + + 
Ag. + + + 

Pyoktanin 

Alle schwach 
violett 

! A. + + 

! Ad. + + 

; A g- + + 

Viktoriablau 

Alle farblos 

A. + + + 

' Ad. + + + 
Ag. + + + 

Anilinviolett 

Alle farblos 

[ A. + + 

■ Ad. + + 
Ag. + + 

Gentiana- 

violett 

Alle violett 

A. + + 

- Ad. + + 
Ag. + + 

Malachit- 

griin 

Allekraftiggrun 

A. i 
Ad. i 
Ag. ± ' 

Methylviolett 

Alle violett 

A. + + 
Ad. + + 
Ag. + + 

Chrysoidin 

Alle kraftig gelb 

, A. + T 
Ad. + 
Ag. + 

Dahliablau 

Alle schwach 
blau 

A. + 

Ad. + + 
Ag. + + 

Brillantgriin 

| 

Alle deutlich 
griin 

A. Jt 
Ad. ± 
Ag. ± 


Zeicbenerklarung siehe am SchluC von Tabelle Nr. 2. 

Wir sehen hier, dafi die Anffirbung beim Anilinviolett ausbleibt and 
beim Magentarot, Dahliablau und Pyoktanin stark berabgesetzt ist. Ein 
das Farbpermeieren hemmender EinfluB von Bouillonbestandteilen hob 
sich hiermit deutlich hervor. 

Die Benutzung der Traubenzuckerlfisung gestattete, wie vorher er- 
wfihnt, den Farbungsvorgang deutlich in einem klaren Bilde zn ver- 
folgen. Es gait nunmehr, nach der Orientierung fiber das ffirberische 
Verhalten des Anthrax die Eigentfimlichkeiten des gramnegativen Ty¬ 
phus beim Anffirbungsprozefi zu erforschen. Zur Erzielung brauch- 
barer Resultate wurden genaue Vergleichsuntersuchungen in 3 ver- 
schiedenen Aufschwemmungsflfissigkeiten, d. h. Traubenzuckerlosung, 
NaCl und Bouillon mit den Violetfen angestellt. Die Versuchsanord- 
nung gestaltete sich folgendermaBen: 16-stund. Typhuskulturen wurden 
mit 2,5 - proz. Traubenzuckerlosung, NaCl und Bouillon abgespfilt. 
Die Reaktion der Flfissigkeit war bei der TraubenzuckerlSsung neu¬ 
tral, bei NaCl und Bouillon ganz schwach alkalisch. Nach Filtration 
der Emulsionen wurden die Traubenzuckeraufschwemmungen abzen- 
trifugiert und das Zentrifugat von neuem mit Traubenzuckerlosung 
aufgeffillt. Die beiden anderen Abschwemmungen wurden nur filtriert. 
Die Dichtigkeit der Bakteriencmulsionen wurde dann jeweils so fest 
gelegt, dad sie beim Einfullen in ein etwa 1 cm breites Reagenz- 
glas die Durchsichtigkeit von etwa zu ’/ 3 mit VVasser verdflnnter Milch 
bei gleicher Schichtdicke batten. Zu je 1 ccm Bakterienemulsion kamen 
dann 0,5—1 ccm Farblbsung (die Konzentrationen der Farben und die 
Men gen sind jeweils in der nachstehenden Tabelle verzeichnet). Das 
Bakterienl'arbgeniisch wurde dann in ein Wasserbad von 17 bis 19° ge- 
stellt. Nach verschiedenen Zeiten kamen nunmehr kleine Mengen des 


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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung etc. 


125 


Gemisches zur mikroskopischen Untersuchung. Etwa 1 NormalQse voll 
wurde auf eioen gut gereinigten Objekttrdger gebracht und sofort mit 
einem Deckglas bedeckt. Nur ein ganz feiner, kapillarer Spalt darf mit 
Lfisung erfQllt sein, da jede grofiere Schichtdicke eine genaue Be- 
obachtung ausschlieBt. — Die mit dieser Methode gewonnenen Ergeb- 
nisse sin d in nachstehender Tabelle verzeichnet (Tab. Nr. 2). 

% 

Tabelle Nr. 2. 


Gentianaviolett 0,25 Proz. 1,0 ccm Emulsion 4- 0,5 ccm Farbe. 

Zeit in Min. 

18 

41 

61 


Tr, 

f. 40—50 Proz. 
A. 

Ad. — 

Ag. — 

f. 95 Proz. 
A. — 

Ad. — 

Ag. — 

t. alle 

A. - 
Ad. — 

Ag. - 


Zeit in Min. 

5 | 29 ! 50 

Na, 

f. keine 

Ad. + + 

Ag. + + 

A. + 4- 

last alle 
Ad. ± 

Ag. ± 

A. ± 

f. alle I, 

Ad. — 

. Ag. — 1 

1 

Zeit in Min. 1 6 j 27 53 j 110 

B - 

f. keine 

A. + + + 

Ad. - 
Ag. — 

Ebenso Ebenso 

1 

Ebenso 


Dahliablau 0,15 Proz. 1,0 ccm Emulsion 4- 0,5 ccm Farbe. 


Zeit in Min. j 
Tr, 

1 ' 1 
L _ 1 . . . J 

f. fast keine 

A, — 

Ad. - 
Ag. — 

f. faf*t alle 

1 A. - 
! Ad. — 

Ag. — 

| J 

f. alle 

A. — 

Ad. - 
Ag. - 

1 

Zeit in Min. 

1 1 

i 11 

| 22 

31 

Na, 

f. keine 

f. 50 Proz. 

1 f. 70 Proz. 

i f. alle 


A. +4- 

A. ± 

A. ± 

! A. i 


Ad. 4-4-4- 

i Ad. ± 

Ad. 4: 

1 Ad. ± 


, Ag. + + + 

Ag. - 

| Ag. — 

Atr. — 

Zeit in Min. 

1 ... • _J 

45 | 

103 


B, 

f. keine 

1 Ebenso 

Ebenso 



A. +4-4* | 


Pyoktanin 0,12 Proz, 1,0 ccm Emulsion 4- 0,5 ccm Farbe. 


Zeit in Min. 

1 | 

^ | 


Tr i ! 

f. 30 Proz. 

f. alle 1 


A. — 

A. - i 



Ag. ± 

Ag. ± | 



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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 










126 


CentralbL f, Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 


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Zeit in Min. i 

1 

15 



Na, 

1 

f. keine 

A. + + 

Ad. + + + 

Ag. + + 

f. alle 

A. — 

Ag. ± 



Zeit in Min. 

16 

60 i ■ 


®i 

f. keine 

A. + 4-4- 
Ad. — 

Ag- — 

f. keine 

A. + + + 
Ad. + 

Ag. + 



Methylviolett 0,2 Proz. 

1,0 ccm Emulsion + 0,5 ccm Farbe. 

Zeit in Min. 

1 

4 

17 


Tr, 

f. keine 

A. — 

Ad. — 

Ag. — 

! f. 50 Proz. 
A. 

Ad. - 
Ag. - 

f. alle 

A. — 

Ad. — 

Ag. — 


Zeit in Min. 

19 

21 



Na, 

f. 50 Proz. 

A. + 

Ad. + + 

Ag. + + 

f. alle 

A. - 
Ad. ± 

Ag. + 



Zeit in Min. 

5 

42 

68 



f. keine 

A. + + + 
Ad. — 

Ag. — 

Ebenso 

Ebenso 



Viktoriablau (frisch) 0,08 Proz. 1 ccm Emulsion + 1 ccm Farbe. 


Zeit in Min. 

i ! 

2 



Tr, 

f. 40 Proz. 

f. alle 




A. - 

A. - 




Ad.— 

Ad. — 




Ag. - 

Ag. — | 

1 



Zeit in Min. 

7 

110 



Na, 

f. keine 

A. + + 

Ad. + + + 

Ag. + + + 

f. vereinzelte 
‘A. + + 

Ad. + + + 
Ag. + + + 




Zeit in Min. | 

13 

86 



B* 

f. keine 

A. 4- + 

Ad. + + -f- 
Ag. + + + 

Ebenso 

1 



Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 




127 


Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienf&rbung etc. 


Magentarot (frisch) 1 Proz. 

1,0 ccm Emulsion + 0,5 

ccm Farbe. 

Zeit in Min. 

2 

13 



Tr, 

f. fast keine 

A. — 

Ad. — 

Ag- ~ 

f. alle 

A. — 

Ad. — 

Ag. — 



Zeit in Min. 

I 10 

90 



Na, 

f. keine 

A. + + + 
Ad. + + + 
Ag. + + + 

Ebepso 



Zeit in Min. 

12 

91 



B, 

f. keine 

A. + + + 
Ad. 

Ag. + + + 

Ebenso 

j 

| 



Viktoriablau (alt) 0,08 Proz. 1 ccm Emulsion + 1 ccm Farbe. 


Zeit in Min. 

5 1 

22 

44 

50 


f. keine 

A. — 

Ad. — 

Ag. + + 

1 Ebenso 

i 

Ebenso 

Ebenso 


Zeit in Min. 

12 

29 

56 


Na, 

f. keine 

A. 4- 

Ad. + + + 
Ag. + + + 

Ebenso 

1 

: 

i 

1 

Ebenso 



Zeit in Min. 

16 

44 

59 


B, 

f. keine 

A. + 

Ad. + + + 
Ag. + + + 

Ebenso 

Ebenso 

i 

i 



Magentarot (alt) 1,0 Proz. 1,0 ccm Emulsion 4- 0,5 ccm Farbe. 


Zeit in Min. 

2 1 

15 

40 

57 

Tr, 

f. keine 

A. — 

Ad. — 

Ag. + 

f. keine 

A. 4* 

Ad. 4" 

Ag. 4- 

Ebenso 

j 

Ebenso 

Zeit in Min. 

7 

23 

62 


Na, 

f. keine 

A. + 

Ad. + + + 
Ag. + + + 

Ebenso 

! Ebenso 

] 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 






128 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2 . 


Zeit in Min. 

I 14 

~ 35 

! 65 

B, 

Anilin vi< 

f. keine 

A. + 

Ad. + + + 

Ag. + + + 

Aett 0,7 Proz. 

Ebenso i Ebenso 1 

i 

! i 

J 

1,0 ccm Emulsion + 0,5 ccm Farbe. 

Zeit in Min. 

4 

15 

1 50 

D, 

f. keine 

A. + + 

Ad. 4* 

Ag- + 

Ebenso 

Ebenso 

| 

I 

Zeit in Min. 

7 j 

25 

51 

Na, 

f. keine 

A. + + 

Ad. + + + 

Ag. + + + 

Ebenso 

Ebenso 

i 

1 i 

■ 

Zeit in Min. 

11 

27 

53 i 

B, ; 

f. keine 

A. 4-4- 
Ad. 4-4-4- 1 

Ag. +4-4- 

Ebenso 

Ebenso 


Zeiehenerklarung: 

Zeit = Zeit in Minuten der Einwirkungsdauer des Farbstoffes. 

Tr, = Tvphu.sstamm 1 in Traubenzuekerlosung. 

Na, = Typhusstamm 1 in NaCl-Losuug. 

B, = Typhusstamm 1 in Bouillon. 

f — angefiirbt. 

A = Ausfiillung der Farbe in Kiigelchen oder Flocken, soweit sie nicbt adsor- 
biert ist. 

Ag. = Agglutination der Bakterien ± sehr gering, + goring, + + mafiig, + + + stark. 

Ad. = Adsorption der Farbfallungsprodukte an die Bakterien + sehr gering, 
+ gering, + + miibig, + + + stark. 

Erganzen wir nun kurz die in der Tabelle aufgezeichneten Be- 
funde durch moglichst gesonderte Besprechungen jeder Farbe. — Beim 
Gentiana V. sieht man in Traubenzuckerlosung die farblosen St&b- 
chen, die gelegentlich etwas verklumpt sind, langsam dunkler werden, 
wobei dieser ProzeB bei den einzelnen Individuen ganz verschieden 
schnell einsetzt und ablauft. Nur vereinzelte — offenbar geschfidigte 
— sind schon nach wenigen Sekunden farbdurchtrankt. Nach etwa 
5 Min. hebt sich eine groBere Zahl der Zellen aus der Menge der durch- 
sclieinenden, hellen durch ilircn Farbton hervor, sei es nun, daB das 
Stabchen :rst leicht verfurbt ist, Oder daB es schon in kraftiger Weise 
den Farbstoff aufgenomincn hat. Im Augenblick leichtester AnfSrbung 
alter hdrt jede Eigenbewegung auf und nur noch niolekulares Zittern 
bleibt iibrig. So vermehrt sich fast unmerklich die Zahl der Farb- 
tragenden, bis nach etwa 1 Std. samtliche Individuen dunkelviolett er- 
scheinen. 

In NaCl-Losung spielt sich ein in vielen Einzelheiten andersartiger 
Vorgang ah: Die anfangs samtlich farblosen Zellen sind mit einem 
dichten Mantel von feinsten Kbrnchen besetzt und meist in verschieden 
groBe Haufen aneinandergeballt, welche langsam an Umfang zunehmen. 

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Reichert, Ueber den Ablauf vit&ler B&kterieufarbung etc. 


129 


Allmihlich aber, ctwa in den gleichen Zeitrfiumen wie bei der Trauben- 
zackerldsung, vollzieht sich nacheinander eine Anfarbung der Zellen. 
Sobald die Mehrzahl der Stabchen dunkelviolett sind, bemerkt man eine 
erheblicbe Abnahme der Farbkornchen, und bei volliger Anfarbung aller 
Zellen nacb etwa 1 Std. sind die Kiigelchen ganzlich verschwunden, 
und die Bakterienbaufen haben sich fast restlos aufgelfist. Die Stabchen 
schwimmen, distinkt angefSrbt, in klarer L5sung, so daB dies Endbild dem 
bei der Traubenzuckerlosung fast gleicht. Darauf hingewiesen sei jedoch, 
dal! solch klare Bilder nur bei Vermeidung von Farbuberschilssen zu 
erzielen sind. Denn sonst sind die Zellen naturgemaB nicht imstande, 
samtliche Farbe aufzunehmen, und das Bild bleibt durch Farbtlocken 
gestort. — Wir konnten demndch bier neben deni Anf&rbungsvorgang 
3 andere Erscheinungen beobachten, d. h. Farbenausfallung zu feinsten 
Kornchen durch den Elektrolyten, Adsorption der Farbflockung durch 
die Zellen und Agglutination. 

Ein wiederum ganzlich neues Bild Qberrascht uns beim Zusatz von 
Gentianaviolett zur Aufschwemmung des Typhus in Bouillon. Die Stab¬ 
chen sind alle farblos und in lebhaftester Bewegung. Der Farbstoff 
tanzt in Form feinster Kiigelchen, die sich nicht im geringsten an die 
Zellen anlagern, im Gesichtsfeld. Es ist, als seien Stabchen und Korn¬ 
chen ohne jeden EinfluS aufeinander. Selbst jede Agglutination fehlt. 
Dies Bild andert sich abgesehen von allmahlicher Verlangsamung der 
F.igenbewegung der Bakterien infolge Abkliblung auch nach 2 Std. in 
keiner VVeise. Die Unterschiede zwischen diesem Vorgang und den Er¬ 
scheinungen in Traubenzuckerlosung und NaCl sind in die Augen springend. 
In Bouillon erfolgt keine Anfarbung, der stark ausgeflockte Farbstoff wird 
nicht adsorbiert und jede Agglutination fehlt. Die auffallende Hemmung 
der Anfarbung, Adsorption und Agglutination kann nur eine Folge der 
Bouillonkolloide sein, die als Schutzkolloide vielleicht die Farbflocken oder 
<lie Stabchen einhQllen und damit die obengenannten Reaktionen hindern. 

Dahliablau, Pyoktanin und Methylviolett lassen sich zusammen be- 
•sprechen. Das Anfangsbild in Traubenzuckerlosung entspricht durchaus 
item beim Gentianaviolett geschilderten. Der AnfarbungsprozeB vollzieht 
sich hier aber bedeutend schneller, ja beim Pyoktanin sind nach wenigen 
Sekunden schon ca. 40 Proz. der Zellen kraftig blau. Nach 4—20 Min. 
■•rscheinen bei alien 3 Farben samtliche Individuen angefarbt. Aus- 
tallnng der Farbe, Adsorption und Agglutination fehlen ebenfalls. — Eine 
gleiche Uebereinstimmung des Ablaufes der Anfarbung mit dem beim 
Gentianaviolett besteht beim NaCl-Versuch. Es tritt starke Farbflockung 
in Form feinster Kiigelchen auf, die den Stabchen anhaften, uud ebenso 
starke Haufenbildung der Zellen. Nach 15—30 Min. ist dann die An¬ 
farbung vollzogen, die KOrnchen verschwinden und die Klumpenbildung 
ist groBtenteils gel8st. Der FarbungsprozeB lauft in NaCl-Losung also 
offenbar etwas langsamer ab als Traubenzuckerlosung. — Auch die Vor- 
gange in Bouillon sind bei diesen 3 Farben die gleichen wie beim 
Gentianaviolett. Farblosigkeit der Zellen besteht bei starker kugeliger 
Farbflockung und fehlender Adsorption und Agglutination. Die Schutz- 
kolloidwirkung ist also wieder deutlich. Auch nach 1 — P/ 2 Std. sind 
VerJnderungen nicht feststellbar. 

Das Viktoriablau bietet in Traubenzuckerlosung auch nichts wesent- 
lich Neues 1 ). In der klaren, mikroskopisch fast farblos anmutenden 

1) Ea sei hervorgehoben, dafl hier das Alter der Farbldsung und die Temperatur 
erheblich mit?rirkt. Schon nach wenigen Tagen Stehen verringert sich der Dispersitiits- 

Er*t« Abt. Orig. Bd. 87. Heft 2. 9 

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130 CentraibL t. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 

Lbsung sind nach wenigen Augenblicken etwa 40 Proz. der Bakterien 
krSftig blau gef&rbt. Ziemlich schnell folgen die anderen nach, so daB 
nach 2—3 Min. die vbllige Anfarbung vollzogen ist. Jede Zusammen- 
ballung und Farbflocknng fehlt. — In NaCl-L5sung und Bouillon er- 
halten wir diesmal die gleichen Bilder. Alle Bakterien sind farblos 
und mit einem Mantel feinster Farbflockchen besetzt. Es entstehen 
kleine Bakterienhaufen, die sich durch Aneinanderlagerung schnell ver- 
grbBern, so daB sie bald makroskopisch sichtbar werden. Die groBen 
Klumpen erscheinen mikroskopisch in toto blau. Wie aus einem dichten 
Farbschleier sieht man oft durchscheinende, helle Stabchen sich abheben. 
Es besteht beim Anblick dieser Haufen kein Zweifel, daB sie nicht aus 
angefdrbten Zellen bestehen, sondern daB farblose Bakterien zwischen 
Farbwolken liegen. Dies wird um so eindrucksvoller, wenn sich nach 
etwa l 8 /* Std. eine kleine Anzahl von Stabchen anfarbt und sich nun 
scharf von den alle Einzelheiten nur in undeutlicher Form durch- 
schimmern lassenden Klumpen abhebt. Ueberdies bleiben die wenigen 
einzelnen, nicht verklumpten Zellen auch nach l 3 / 4 Std. noch fast restlos 
farblos, was deutlich gegen die Annahme einer Anfarbung der ver¬ 
klumpten Bakterien spricht. Das Neue ist mithin hier die Adsorption 
des ausgefallten Farbstoffes auch in Bouillon bei gleichzeitiger Agglu¬ 
tination, d. h. das Fehlen der Schutzkolloidwirkung. Dazu koramt das 
Ausbleiben der Anfarbung in NaCl. 

Magentarot gehort zum gleichen Typus wie Viktoriablau. Die An¬ 
farbung aller Individuen in Traubenzuckerlbsung erfolgt beim frischen 
Farbstoff in etwa 15 Min., wobei die FarblSsung ganz klar ist und 
Agglutination fehlt. Auch hier stimmt das Verhalten in NaCl mit dem 
in Bouillon iiberein. Beidemal entstehen augenblicklich groBe, makro¬ 
skopisch sichtbare Haufen aus groben Farbklumpen und Bakterien, die 
wie in Farbnebel gehiillt erscheinen. Undeutlich schimmern meist an 
den Randern der Komplexe farblose Zellen hervor, zum Beweis, dafi 
ein Eindringen des Farbstoffes in die. Stabchen in wesentlichen Mengen 
nicht stattgefunden hat, sondern nur eine Verklebung der Bakterien 
durch Farbschichten. Die wenigen nicht verklumpten Individuen sind 
hell und durchsichtig. So bleibt das Bild noch nach l 1 /* Std. unver- 
andert. Starke Farbausfallung verbindet sich hier mit grober Agglutina¬ 
tion und kraftiger Adsorption beim ganzlichem Fehlen der Farbimprag- 
nation. Auch hier vermogen die Bouillonkolloide die Adsorption und 
Agglutination nicht aufzuheben. 

Wesentlich abweichend von den frischen Losungen der beiden zu- 
letzt besprochenen Farben verhalten sich solche, die mehrere Wochen 
alt sind. Es findet namlich beim Stehen eine langsame Ausflockung 
der Farblosungen statt, die beim Viktoriablau bis zu Fallungsprodukten 
von makroskopisch sichtbarer GroBe ftihrt. Ob diese Verringerung der 
Dispersitat nun eine Folge von Elektrolytspuren ist, die sich von der 
Glaswand ablosen, oder ob andere Grunde vorliegen, bleibe dahin ge- 
stellt. Jedenfalls erweisen sich diese ausgeflockten Farben auch in 
Traubenzuckerlosung ganzlich unfahig, den Typhus anzufarben. Noch 
nach 1 Std. sind alle Zellen farblos. Dagegen tritt starke Adsorption 
der Farbteilchen an die Stabchen und Agglutination auf. In NaCl und 
Bouillon entstehen die gleichen Bilder wie bei der frischen Farblbsung. 


grad des Viktoriablaus. Folgende Angaben beziehen sich auf eine 1 Tag alte Losung 
und 17° Temp. 


Gck igle 


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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung etc. 


131 


Das Anilinviolett erweist sich in alien Aufschwemraungsflttssigkeiten 
unf&hig znr Anfarbung. Bezeichnend ffir diese Farbe ist auBerdem die 
schon in Traubenzuckerlftsung niederige Dispersitat bei starker Bak- 
terienverklumpung. In NaCl und Bouillon sind Farbf&llung, Adsorp¬ 
tion und Agglutination noch erbeblich gesteigert. 

Wie schon anfangs erwShnt, gelingt die Anfarbung des Typhus mit 
3 Farben in NaCl schon bei Zimmertemperatur augenblicklich. Das 
sind Malachitgrlin, Brillantgriin und Chrysoidin. Doch auch hier tritt 
der EinfluB der Aufschwemmungsflflssigkeiten zutage. Malachitgrun und 
Brillantgrun Sndern ihre Dispersitat in NaCl und Bouillon in nachweis- 
barer Form nicht. Die Anfarbung der Keime ist fiberall deutlich. 
Chrysoidin flockt in NaCl und Bouillon aus. Im ersteren besteht schwache 
F&rbung und in Bouillon Farblosigkeit (siehe Tab. Nr. 3). 


Tabelle Nr. 3. Zeichenerklarung siehe Tabelle Nr. 2. 


Farbe 

Traubenzuckerlosung 

NaCl-Losung 

Bouillon 

Malachitgrfin 

Deutlich grun 

Kraftig grun | 

Deutlich griin 

05 Proz. 

A.- Ag.- 

A. - Ag. — 

A. ± Ag. ± 

Chrysoidin 

Kraftig gelb 

Leicht gelb 

Farblos 

0,3 Proz. 

A. — 

A. + 

A. + + 

1 

Ag. ± 

Ag. ± 

Ag. — 

Brillantgrun 
1,— Proz. 

Deutlich griin 

A. — 

Kraftig griin 

Deutlich griin 

A. — 


Ag-n: 

Ag. 4- 

! Ag. + + 


Bakterieuaufschwemmung _ 

Farblosung 

Weitere, unsere Kenntnisse des Anfarbungsvorganges mehrende Be- 
obachtungen lieBen sich aus der Untersuchung des farberischen Ver- 
haltens der Zellen bei hoheren Temperaturen im Augenblick des 
Farbzusatzes gewinnen. Leichte Erwarmungen des Wasserbades bei den 
soeben besprochenen Versuchen hatten auf eine starke Beschleunigung 
des Prozesses durch Warmewirkung hingewiesen. Aber nur durch eine 
exakte Bestimmung war eine brauchbare Auskunft fiber den Temperatur- 
einfluB zu erwarten. Dazu muBte zuerst die Frage genau prazisiert 
nnd die Methode einwandfrei gestaltet werden. Es gait zu ermitteln, 
welche Temperatur geniigt, um bei Anwendung einer bestiramten Farbe 
von bestimmter Konzentration in einem bestimmten Aufschwemmungs- 
medium die augenblickliche Anfarbung samtlicher Zellen herbeizu- 
ffihren. Diese Temperatur sei kurz „minimale Anfarbungstemperatur“ ge- 
nannt. Als zweckmaBigste Versuchsanordnung erwies sich nach einigen 
MiBerfolgen nachstehende: Es wurden zunachst Bakterienemulsionen in 
Traubenzucker, NaCl und Bouillon ebenso hergestellt wie auf S. 124 
geschildert, und je 6 Tropfen in ein Reagenzglas abgefullt. Diese Auf- 
schwemmungsmenge kam dann gleichzeitig mit der betreffenden Farb- 
lbsung in ein genau auf eine bestimmte Temperatur eingestelltes Wasser- 
bad und wurde dort 3 Min. erwarmt. Danach wurden, wahrend die 
Emulsion im Wasserbad blieb, 3—4 Tropfen der erwarmten Farblosung 
zugesetzt und anschlieBend nach 3 Sek. langer neuer Erwarinung 1 Oese 
des Gemisches auf einen sauber gereinigten Objekttrager zur mikro- 
skopischen Untersuchung gebracht. Erst weun alle Keime ausnahms- 
los sich als intensiv angefarbt erwiesen, wurde die gefuudene Tempe¬ 
ratur als „minimale Anfarbungstemperatur u notiert. 


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9* 

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132 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 2 . 


Streng genommen handelt es sich ja nan hei der mikroskopischen 
Untersnchung des erwUrmten Bakterienfarbgemisches gar nicht um eine 
Beobachtung des Zastandes, der bei der ira Moment der Mischung vor- 
liegenden Temperatur eintritt, sondern um die Feststellung eines Be- 
fundes, wie er nach erfolgter Abkiihlung des vorher erwfirmten Ge- 
misches sich ausbildet. Dieser Umstand miifite bei schnell reversiblen 
Vorgangen die hier gewonnenen Resultate unbrauchbar machen. Dafi 
wir es hier aber nicht mit schnell sich umkehrenden Erscheinungen zu 
tun haben, beweist die Verschiedenheit der zur Beobachtung gelangen- 
den Bilder, die sich bei steigender Temperatur in sinnvoller Progression 
verfindern. Sich bei der Abkiihlung sofort umkehrende Zustande mtlBten 
aber auch stets wieder die gleichen Bilder bei der gleichen Abkflhlungs- 
temperatur ergeben ganz unabhangig davon, ob das betreffende Bak- 
terienfarbgemisch im Moment der Mischung einer Temperatur von z. B. 20° 
oder 40° ausgesetzt war. Da dies aber in keiner Weise eintritt, sondern 
jedem Temperaturgrad eine ganz bestimmte Veranderung entspricht, 


Tab ell e Nr. 4. Zeichenerklarung siehe Tabelle Nr. 2. 
Geutianaviolett 6 Tropfen Emulsion + 3 Tropfen Farbe. 


Temp. 0 

Traubenzuckerlosung 

| NaCl-Losung 

Bouillon 

20 

• 

f. fast keine 

Ad. “p A. -f- 
Ag.+ + 

• 

30 



f. keine 

A. + 4* + 

Ad. - 
Ag. — 

35 

f. 50 Proz. 

Ag. 4- 

f. keine 

Ad. + 

Ag. + 

* 

40 

f. 75 Proz. 

f. 50 Proz. 

f. keine 


Ag. 4- 

Ad. + 

Ag. + 

A. + + + 

Ad. — 

Ag. — 

42 

f. fast alle 

Ag. + 


• 

43 

. 


. 

44 

f. alle 

Ag. + + 

* i 

1 

| 

• 

45 

• 

f. fast alle 

Ad. -I ■ 

Ag. + 

• 

48 

• 

f. alle 

Ad. — 

f. fast alle hellviolett 
A. + + 



Ag. - 

> 
C JQ PL 

1 1 

55 



f. fast alle 

A. + + 

Ad. + 

Ag- ± 

57 


: 

f. alle 

A. + + 

Ad. — 

Ag- — 


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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung etc. 


133 


miisseD wir annehmen, daB der in der WS.rme erzeugte Zustand kurz 
nach der Abkiihlung keine wesentlichen Veranderungen erf&hrt. 

Die so gewonnenen Ergebnisse seien nun zunfichst kurz tabellarisch 
mitgeteilt. Die Angaben beziehen sich auf den Typhusstamm Nr. 1. 
Natflrlich zeigen andere Stamme wie bei jeder biologischen Reaktion 
hiervon kleine Abweichungen.(Tab. Nr. 4). 


Pyoktan in 6 Tropfen Emulsion + 3 Tropfen Farbe. 


Temp. 0 

j Traubenzuckerlosung 

NaCl-Ldsung 

Bouillon 

21 1 

i 

i 

i 

f. fast keine 

Ad. + + 

Ag. + + 

• 

28 


f. groSt.Teilschwachblau 
Ad. + + 

Ag. + + 

f. keine 

A. + + 

Ad. — 

Ag. — 

30 

• 

f. fast alle echwach blau 
Ad. + + 

Ag. + + 


31 

f. 80-90 Proz. 

Ag-— 

i 

• 

34 

. j 

■ 

! 

f. 95 Proz. 

1 Ad. + 

Ag. + 

* 

35 

f. fast alle 

A. — 

Ad.— 

Ag. — 

1 

i 

f. fast keine 

A. + + 

Ad. — 

Ag. — 

38 

1 

' 

f. fast alle 

Ad.— 

Ag.— 

f. wenige 

A. + 

Ad. - 
Ag. - 

40 | 

1 

I 

f. fast alle 

Ad.— 

Ag.- 


41 

f. alle 

A. — 

Ad.- 

Ag.- 



42 


f. alle 

Ad.— 

Ag. — 

• 

50 


| 

f.fastalleschwach blau 
A. + + 

Ad. - 
Ag- — 

55 


l 

f. alle 

A. + + 

Ad. - 
Ag. — 


Dahliablau 6 Tropfen Emulsion + 3 Tropfen Farbe. 


Temp. 0 

TraubenzuckerHteung 

NaCl-Losung 1 

Bouillon 

20 

f. fast keine | 

f. fast keine 

f. keine 


A. — ! 

Ad. ± 

A. + 


Ag. — 

Ag. ± 

Ad. - 


• 

i 


Ag. — 


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Go gle 


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134 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. 87. Heft 2. 


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Temp. 0 

Traubenzuckerlosung 

NaCl-Losung 

Bouillon 

30 

f. 30 Proz. 

f. wenige 

f. keine 


A. — 

Ad. ± 

A. + + 


Ag. — 

Ag. ± 

Ad. - 
Ag. — 

35 

f. 50 — 60 Proz. 

f. 20 Proz. 

f. keine 


Ag. — 

Ad. ± 

Ag. db 

A. + + 

Ad. - 



Ag- — 

40 

f. 90 Proz. 

f. 50 Proz. 

f. keine 


Ag- — 

Ad.— 

A. 4 4 


Ag. - 

Ad. - 
Ag- — 


45 

f. fast alle 

{. 80—90 Proz. 

f. ganz vereinzelte 


A. — 

Ad. — 

A. + + 


Ag. — 

Ag. — 

Ad. - 
Ag. - 

47 

f. alle 

A. — 

Ag. — 

1 

* 

50 

. 

f. 95 Proz. 

f. 30 Proz. hellblau 



I Ad. - 

1 Ag. — 

! A. + + 

i Ad. — 



Ag. — 

53 


f. alle 

! f. fast alle hellblau 



Ad. — A. — 

1 A. + 



Ag.- 

1 1 

« 

55 

. 


. 

00 



f. alle 




A. + 

Ad. — 




Ag- - 


Methyl violett 


30 

f. 90 Proz. 
Ad. — 

Ag. - 

37 

. 

38 

f. 90 Proz. 
Ad. — A. — 
Ag. - 

40 

• 

41 

f. fast alle 
Ad. - 
Ag. — 

44 

f. fast alle 
Ad. — 

Ag. — 

45 



6 Tropfen Emulsion 4 


f. fast alle 
Ad. 4 4 
Ag. +4 


Tropfen Farbe. 

i 

! 


f. ca. 10 Proz. 
A. 4 4 4 
Ad. - 
Ag. - 


f. 50 Proz 
A. 4 4 
Ad. — 

A g* - 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 





Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung etc. 


135 


Temp. 0 

j Traubenzuckerlosung 

NaCl-Ldsung | 

Bouillon 

46 

' f. alle 

Ad. - 
Ag- — 

i 

• 

47 

• 

f. alle 

Ad. + 

Ag. + 

. 

48 

. 

. 

. 

50 

l 



f. 90 Proz. 

A. + + 

Ad. — 

Ag. — 

55 


i 

f. fast alle 

A. + + 

Ad. i 

Ag. ± 

57 

i 


i 

f. fast alle 

A. + + 

Ad. ± 

Ag. ± 

60 


1 

Ebenso 

63 

1 

! 

. 

i 

1 

| 

f. alle 

A. + + 

Ad. + 

Ag. ± 

66 

1 • 

i 

. 


Farbe. 


20 

f. keine 

f.? 

f.? 


A. + + 

Ad. + + + 

Ad. + + + 


Ad. - 
Ag. — 

Ag. + + + 

Ag. + + + 

30 

. 

• 


31 

f. keine 

A. + + 

Ad. - 

Ag- — 



33 

. 

. 

Ebenso 

35 

f. keine 

A. + + 

Ad. — 

Ag. - 

i t 1 


40 

f. 10 Proz. hellviolett 

{.? 

f. keine 


A. -f + 

Ad. + + + 

Ad. + + 


Ad. — 

Ag. — 

Ag. + + + 

Ag. + + 

45 

f. fast alle hellviolett 
A. + + 

Ad. — 

Ag. — 

f. viele hellviolett 

Ad. + + 

Ag. + + 

i 

50 

f. alle 

A. + 

Ad. — 

Ag. — 

| Eoenso 

f. wenig 
A. + + 
Ad. + 
Ag. + 

60 

V'—V 1 

f. alle 

Ad. + + 

Ag. + + 

f. alle 

A. + + + 
Ad. + 
Ag. + 


Digitized b) 


Gougle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



136 


CentralbL f. B&kt. etc. 1. Abt Originate. Bd. 87. Heft 2. 


Digitized by 


Viktoriablau (frisch) 6 Tropfen Emulsion + 4 Tropfen Farbe. 


Temp. 0 

Traubenzuckerldsung 

NaCl-Losung 

Bouillon 

17 

f. 10—20 Proz. 

A. — 

Ad. — 

Ag. — 

• 

• 

21 

f. fast alle 

A. — 

Ad. - 
Ag-- 



25 

Ebenso 

. . 

. 

27 

Ebenso 

. 

. 

30 

f. alle 

A. — 

Ad. - 
Ag. — 


f. keine 

Ad. + + 

Ag- + + 

31 


f. keine 

A. + + 

Ad. + + 

Ag. + + 


35 

• 


f. wenige 

Ad. + 

Ag. + 

40 

• 

f. wenige 

Ad. + + + 

Ag. + + + 

f. wenige 

Ad. ± 

Ag. ± 

50 

* 

f. etwa 10 Proz. 

Ad. + 

Ag. + 

• 

54 



f. 20 Proz. 

A. + 

Ad. — 

Ag. — 

55 

* 

f. 10 Proz. 

Ad. — 

Ag. — 

* 

60 


f. 20 Proz. 

A. + 

Ad. - 
Ag. — 

f. 90 Proz. 

A. + 

Ad. — 

Ag. — 

65 

• 

. 

Ebeneo 

70 


f. alle 

Ad. — 

Ag. — 

f. alle 

A. + 

Ad. — 

Ag. — 


Viktoriablau (alt) 6 Tropfen Emulsion + 4 Tropfen Farbe. 


44 

f. keine 


Ad. + + 


Ag. + + 

50 

f. keine 


Ad. -j- 


Ag. + + 

55 

Ebenso 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 




Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung etc. 


137 


Temp. 0 

Traubenzuckerlosung 

NaCl-Losung j 

Bouillon 

57 

j 

i 

f. keine 

Ad. + + + 

Ag. + + + 

• 

60 

i 

1 

■ 

f. keine 

Ad. 4-4-4- 
Ag. + + 4- 

65 

f. keine 

Ad. -f- 4~ 

Ag. + 4- 

• 


70 

Ebenso 

Ebenso 

Ebenso 

1 

a 

dagentarot (frisch) 6 Tropfen Emulsion + 3 Tropfen Farbe. 

19 

f. keine ! 

A. — 

Ag. + + 

• 

f.? 

Ad. 4-4-4- 
Ag. +4-4- 

29 

f. 95 Proz. 

A. — 

Ag. + + 

• 

• 

30 



f.? 

Ad. + + 

Ag. + + 

31 

• 

f.? 

Ad. + + + 

Ag. + + + 

• 

32 

f. alle 

A. — 

Ag. + + 

Ebenso 


36 

. 

Ebenso 

. 

40 


f.? 

A. + 

Ad. + + 

Ag. + + 

f. wenige 

A. 4- 
Ad. 4- 
Ag. + 

43 

• 

f. alle 

Ad. + 

Ag. 4- 

• 

45 

• 

• 

• 

50 



f. wenige 

A. + 

Ad. + 

Ag. + 

60 



t. alle 

A. + + 

Ad. ± 

Ag. ± 


Magentarot (alt) 6 Tropfen Emulsion + 3 Tropfen Farbe. 

20 

f. keine 

f.? 

f.? 


A. + 

Ad. + + -b 

Ad. + + + 


Ad. ± 

Ag. ± 

Ag. 4-4-4- 

Ag. 4- 4- 4* 

30 

f. wenige 

Ad. + + 

Ag. + + 

* 

• 

34 

. 

Ebenso 

• 

35 

Ebenso 

* 

i 

iigitized b', 

Google 


Origins 

UNIVERSITY OF 




138 


CeDtralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 


Temp. 0 

Traubenzuckerlosung 

NaCl-Losung 

Bouillon 

40 

f. wenige 

. 

f. keine 


Ad. + + 


A. + + 


Ag. + + 


Ad. + 




Ag. + 

45 

Ebenso 

f. keine 

# 



Ad. + 




Ag. + 


50 

f. fast alle hellrot 


f. z&hlreiche 


Ad. + + 


A. + + 


Ag. + + + 


Ad. ± 



Ag. i 

55 

f. alle 

f. alle 

Ebenso 


Ad. + + 

A. - 



Ag. + + + 

Ad. ± 



Ag. ± 



Zeichenerklfirung siehe Tabelle Nr. 2. 


Auch hier ist wohl eine kurze Zusammenfassung der tabellarischen 
Ergebnisse zweckm&Big. — Beim Gentianaviolett erfolgt die augen- 
blickliche Anf&rbung sSmtlicher Zellen in Traubenzuckerlosung bei etwa 
45—47° und bei etwa gleicher Temperatur (48°) in NaCl, w&hrend in 
Bouillon 57° erforderlich sind. So tritt auch hier die Schutzkolloid- 
wirkung zutage. — Beim Pyoktanin, Dahliablau und Methylviolett 
liegen die Verh&ltnisse ganz ahnlich; die „minimale Anfarbungstemperatur* 
in Traubenzucker und NaCl liegen ziemlich dicht nebeneinander, doch 
so, daB die des NaCl stets etwas hbher ist. Bis zur FSrbung in Bouillon 
wird aber noch ein erheblicher Sprung von meist 10° nbtig. In NaCl 
beobachten wir aufierdem hier stets ein Verschwinden der Flockungs- 
produkte beim Eintritt der FSrbung und ein fast gfinzliches Aufhbren 
der vorher ziemlich kr&ftig entwickelten Agglutination. Das Unsichtbar- 
werden der dispersen Phase ist wohl die Folge der Farbaufnahme durch 
die Bakterien, die zu einer starken Verminderung des Farbgehaltes der 
LSsung fiihrt. Doch laBt sich eine Erhohung des Dispersitfitsgrades 
durch die W&rmezufuhr, was auch zu einem Verschwinden der Farb- 
flocken ftihren wiirde, nicht mit Sicherheit ausschlieBen, ist aber aus 
sp&ter zu erbrternden Griinden hSchst unwahrscheinlich. 

Das schon in Traubenzucker ausfallende Anilinviolett braucht 50° 
in diesem Medium zur AnfSrbung und 60° bei NaCl und Bouillon. Die 
starke Verklurapung in Bouillon bei 20° schwindet mit zunehmender 
Temperatur schnell, so daB sie bei 60° fast g&nzlich fehlt, w&hrend da- 
bei oft die Farbflocken frei in der Losung schwimmen, ohne den Zellen 
anzuhaften. In Traubenzucker beobachten wir bei Temperaturerhdhung 
mit nachfolgender AnfSrbung wohl eine Abnahme der Zahl, aber nicht 
der GroBe der Farbflocken. 

Ganz anders verhait sich frisches Viktoriablau. Einer Anf&rbungs- 
temperatur von 30° in Traubenzucker steht eine solche von 70° in NaCl 
gegeniiber. Hier kann man wohl kaum noch von einer „vitalen F&r- 
bung“ einer gesunden Zelle sprechen, da diese Temperatur allein schon 
eine Schadigung zur Folge hat. In Bouillon ist der gleiche W&rmegrad 
wie in NaCl orforderlich. In beiden elektrolythaltigen Medien sehen wir 
auBerdem parallel mit der Anfarbung ein Verschwinden der Farbflocken 
und Zerfallen der Bakterienhaufen einhergehen. — Ist der Farbstoff 


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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung etc. 


139 


eioige Wochen alt, so wird er selbst in Traubenzucker auch bei einer 
Temperatur von 70° noch nicht anfArbungsfAhig. Starke Adsorption 
feinster Kdrnchen verbindet sich hier mit Farblosigkeit und grofiflockiger 
Agglutination. Schon bei der Farblosung a lie in lABt sich eine zunehmend 
starke Ausfallung mit der Temperaturerhdhung und erneute Steigerung 
der DispersitAt bei der Abkilhlung makroskopisch einwandfrei beob- 
achten. 

Magentarot (frisch) bewahrt auch bei dieser Versuchsanordnung eine ge- 
visse Aehnlichkeit mit dem Verhalten des Viktoriablau. Einer AnfArbungs- 
temperatur von 32° in Traubenzucker steht eine solche von 43° in NaCl 
gegenuber, wAhrend in Bouillon der starken Agglutination wegen eine 
sichere Beobachtung des fArberischen Prozesses gar nicht mOglich ist. 
Die AgglutinationsfAhigkeit dieses FarbkOrpers scheint besonders hoch, 
da schon in Traubenzucker starke Zusammenballung eintritt, was aber 
nicht hindert, daB die Verklumpung in NaCl und Bouillon beim Steigen 
der Temperatur stark nachlABt. Bei der alten LSsung des Magentarot 
macht sich bei der verringerten DispersitAt wieder das herabgesetzte 
AnfSrbungsvermdgen geltend. In Traubenzucker und NaCl sind 55° 
erforderlich, wAhrend bei gleicher Temperatur in Bouillon noch fast jede 
Farbeaufnahme fehlt. Abnahme der Agglutination bei steigender WArme- 
zufuhr ist in NaCl und Bouillon auch hier deutlich. 

Das Wesentliche dieser letztgenannten Versuchsergebnisse ist mithin 
die nicht anzweifelbare Tatsache, daB sich bei entsprechender ErhShung 
der Temperatur eine augenblickliche AnfArbung sAmtlicher Keime 
bei alien untersuchten Farben erreichen laBt. Dabei zeigt sich, daB der 
erforderliche Warmegrad bei jeder Farbe ein anderer ist und iiberdies 
noch von der Zusammensetzung der Fliissigkeit, in welcher die An¬ 
fArbung vorgenommen wird, abhAngt. VVorin soli nun diese WArme- 
wirkung, die alle scheinbar sonst dem Eindringen der Farbkorper ent- 
gegenstehende Faktoren aufzuheben vermag, bestehen ? Nach van Ryss 
(zit. Hdber) wird durch Temperatursteigerung die Permeabilitat der 
Pflanzenzelle fflr geloste Stoffe bedeutend gesteigert. Wir sind daher 
wohl berechtigt, das von uns bei Bakterien beobachtete PhAnomen eben- 
falls als PermeabilitAtssteigerung zu deuten. Leider muB dieser Begrilf 
als inhaltlich nicht mit Sicherheit geklArt betrachtet werden. Es ist 
durchaus zweifelhaft, ob wir uns darunter die zunehmende VergroBerung 
hypothetischer Zellmembranporen vorzustellen haben, indem die Plasma- 
haut, wie Hober sagt, als „Molekiilsieb“ wirkt, oder ob wir an die 
Steigerung des LSslichkeitsvermogens der ZellauBenscliicht denken sollen 
im Sinne von Overton und Nernst (zit. Hdber). Es kommt aber 
fflr die Tatsache der erleichterten und beschleunigten Farbaufnahme bei 
WArmewirkung noch eine andere Erklarungsmoglicbkeit in Betracht, so- 
bald wir der Annahme einer Siebwirkung der Zellhaut Raum geben. 
Durch die Temperaturerhohung konnte der Dispersitatsgrad der Farbe 
zunehmen und damit sein Permeieren moglich werden, ohne daB sich 
dabei die Beschaffenheit dor Plasmahaut za Andern braucht. Gesetz- 
lichkeiten hinsichtlich des Einflusses von WArmewirkungen auf die Dis- 
persitAt von kolloidalen Losungen sind bisher nicht bekannt. Zsig¬ 
mondy ftihrt nur einige Beispiele an. So koagulieren beim Erwarmen 
Goldsolen nach Faraday, Platinhydrosolen nach Bredig und kolloi- 
dales Silber. UnverAndert bleiben Goldsolen nach Zsigmondy und 
Grahams Tonerde. Die Koagulation des EiweiBes ist allgemein be¬ 
kannt. Nur Gelatine wird feiner dispers. Wir kdnnen dieseu Angaben 

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140 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 2. 


nor die eine eigene Beobachtung binzufflgen, daB alte Viktoriablaulosung 
und Magentarot in Bouillon beini Erwiirmen ihren Dispersitatsgrad ver- 
ringern. Die Annahme also, daB eine Erhohung der Dispersitat der 
Farbstoffe der Grund dieser scheinbaren Permeabilitatssteigerung sei, 
ist recht unwahrscheinlich. Inimerliin muB man sich dessen bewuflt 
bleiben, daB Zustandsanderungen der dispersen Phase bei Temperatur- 
steigerung mitspielen konnen. 

Die gesamten hier beschriebenen Yersuche uber die Anfarbungszeit 
bei Temperaturen von 17 — 19° und fiber die „minimale Anfarbungs- 
temperatur“ haben nun gelehrt, daB bei der Yermischung einer Bakterien- 
emulsion mit einem der erwahnten Farbstoffe eine Reihe von Erschei- 
nungen in wechselnder Starke scheinbar in engster Abhangigkeit von- 
einander sichtbar werden so: die Anfarbung der Zellen, eine Aen* 
derung der Dispersitat der Farbe, die Adsorption des 
Farbstoffes an die Zellen und eine Yerklumpung von Bak- 
terien und Farbe. In groBter Mannigfaltigkeit abhangig vom Elektro- 
lyt- und Kolloidgehalt der Losung, von der Temperatur, 
der chemischen Struktur der Farbe und der Dauer der 
Einwirkung scheinen alle diese Prozesse fast regellos durcheinander 
zu spielen und andererseits sich gegenseitig aufs Eingreifendste zu be- 
dingen. Versuchen wir, um das Unbefriedigende, das solche scheinbare 
Willkurlichkeit hinterlSBt, zu beheben, irgendwelche Gesetzmafiigkeiten 
aufzudecken, so scheint mir dies nur auf die Art moglich, daB wir die 
einzelnen oben herausgestellten Erscheinungsgruppen moglichst getrennt 
betrachten und die einzelnen Faktoren, die auf sie EinliuB zu gewinnen 
scheinen, zu isolieren versuchen. — Am einfachsten liegt dies wohl bei 
der Aenderung der Dispersitat der Farbe. Als Kolloid erfahrt der 
Farbkorper durch Elektrolyten und entgegengesetzt geladene Kolloide eine 
Zustandsanderung im Sinne einer Ausdockung der im Losungsmedium be- 
findlichen Farbteilchen. In NaCl, Bouillon und Agar finden sich diese 
ausfailenden Korper. AuBerdem kann die Dispersitat des Farbstoffes 
durch Warme verandert werden, wie wir das bei der starken Ausflockung 
von altem Viktoriablau bei Teraperaturerhohung sahen. Auch frisches 
Magentarot, das in Bouillon bei 20° in kaum sichtbaren Kugelchen aus- 
fallt, zeigt bei 60° im gleichen Medium groBe, grobe Tropfen. — Wenden 
wir uns nun dem Farbungsprozesse zu, so scheint seine BeeinfluBbar- 
keit durch den Dispersitatsgrad der Farbe ganz zweifelsfrei. Die 
Yerzogerung des Anfarbungsvorganges durch Farbflockung geht eindeutig 
aus der bedeutend langeren Zeit und hoheren Temperatur hervor, die zum 
EindriDgen der ausgefallten Farben erforderlich sind. Das alte, aus- 
geflockte Viktoriablau und Magentarot vermag auch in Traubenzucker keine 
Anfarbung hervorzurufen, walirend bei den frischen Farben mit hoher 
Dispersitat in 3 resp. 13 Min. die Anfarbung aller Keime eintritt. Ferner 
farben Dahliablau, Pyoktanin und Viktoriablau (frisch) den Typhus in 
Traubenzuckerlfisung erheblich friiher als in NaCl. Das schon in Trauben¬ 
zucker stark flockige Anilinviolett braucht in diesem Medium 50° zur 
Anfarbung. wahrend bei den tibrigen, feiner dispersen Farben nur 30° 
bis hochstens 48° notig sind. Die starke Erhohung der Anfarbungs* 
temperatur in NaCl verglichen mit der in Traubenzuckerlosung, ist auch 
beim Viktoriablau und Magentarot (frisch), Anilinviolett und Dahlia¬ 
blau deutlich. Auch die Gegenfiberstellung von altem und frischem 
Magentarot in Traubenzucker kann hier angefuhrt werden. Ersteres 
braucht 55°, letzteres nur 32° zur Anfarbung. Ein nicht zu den Vio- 


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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung etc. 


141 


letten z&hlender Farbkflrper, das Chrysoidin, erlautert auch unsere Be- 
hauptung. Chrysoidin wird in NaCl leicht, in Bouillon st&rker und Trauben- 
zuckerlbsung gar nicht ausgeflockt. Es f&rbt deraentsprechend bei 17—19 0 
den Typhus in Traabenzucker krSftig, in NaCl schwach und in Bouillon gar 
nicht an. Mit diesen Beispielen ist wohl die Wirksamkeit der Dispersit&t 
anf den Anffirbungsvorgang genflgend dargetan. — Der in die Augen spriu- 
gende EinfluB der Temperaturerhohung, auf den Anf&rbungsprozeB den 
wir uns berechtigterweise als PermeabilitStssteigerung der ZellauBenschicht 
denken dflrfen, braucht kaum durch einzelne Daten belegt zu werden. 
Es genflgt darauf hinzuweisen, daB eine augenblickliche Anf&rbung aller 
Keime mit fast jeder Farbe in fast jedem Medium bei entsprechender 
Warmezufuhr erreichbar ist selbst da, wo sie bei Temperaturen von 17 
bis 19° erst nach stundenlanger Farbeinwirkung mbglich wird. — Als 
3. die Anf&rbung entscheidend beeinflussender Faktor mfissen die Bouil- 
lonkolloide angefflhrt werden. NaCl-Losung und Bouillon unterscheiden 
sich nur durch den Gehalt der letzteren an kolloidalen EiweiBkSrpern 
voneinander. In Bouillon ist nun das Eindringen der FarbkSrper, ver- 
glichen mit NaCl, zeitlich stark verzogert und auBerdem sind betr&cht- 
lich hohere Temperaturen dazu erforderlich. Die Bouillonkolloide 
scheinen hier ahnlich wie Schutzkolloide zu wirken, insofern. sie den 
Farbstoff vom Eindringen in den Zellkbrper abhalten, vielleicht indem 
sie, wie einhfillende Mantel wirkend, ihn davor schiitzen. Als besonders 
aberzeugende Beispiele fiir dieses Faktum seien Dahliablau, Pyoktanin 
und Methylviolett genannt, bei denen in NaCl in 10—25 Min. vbllige 
Anf&rbung bei 17—19° erzielt wird, wahrend in Bouillon bei gleicherTem- 
peratur noch nach mehr als 1 Std. jedes Farbeindringen fehlt. Ebenso 
einleuchtend sind die Daten der Anf&rbungstemperatur in NaCl und Bouil¬ 
lon bei Dahliablau, Gentian a violett, Pyoktanin und Methylviolett. 
Das Mittel liegt in NaCl, hier bei 48°, in Bouillon aber erst bei 59°. 
- Zuletzt sei nicht vergessen, auf die Wichtigkeit der chemischen 
Znsammensetzung der Farbe fflr den AnfarbungsprozeB hinzu¬ 
weisen. FrQher war fiber diesen Punkt ausgefflhrt, daB bestimmte Ge- 
setzm&Bigkeiten hinsichtlich der chemischen Strukturen der brauchbaren 
FarbkOrper nicht aufzuzeigen sind, sondern daB die Anwendbarkeit je- 
weils rein empirisch festgestellt werden muB. 

Wir kommen nun zur ErOrterung des 3. Erscheinungskom- 
plexes, der sich bei den obigen Versuchen vor uns abspielt. Das ist 
die Agglutination. Die tritt so oft und in so wechselnder Starke 
auf, daB die Aufdeckung bestimmter Beziehungen zu anderen Vorgangen 
hier besondere Schwierigkeiten bereitet, insofern sie mit alien anderen 
Prozessen in der mannigfaltigsten Form verbunden zu sein scheint. Unter- 
suchen wir zunSchst ihr Verhaltnis zum Elektrolytgehalt der 
LSsung, so ergibt sich eindeutig, daB das Auftreten der Verklumpung 
nicht an die Gegenwart eines Elektrolyten gebunden ist. In altem aus- 
geflockten Viktoriablau bei 17 — 19° und ebenso in frischem Magentarot 
meist ab 19°, bei Anilinviolett bei 17—19° und bei Gen tiana violett von 
35° an tritt in Traubenzuckerlosung starke Zusammenballung der Keime 
ein; bei altem Magentarot wird sie schon bei 30° kr&ftig. In dieser 
Unabhangigkeit von NaCl scheint mir ein wesentlicher Unterschied 
zwischen dieser Farbagglutination und der spezitischen Serumaggluti- 
nation zu liegen. Andererseits ist nicht zu leugnen, daB durch Elektro- 
lytznsatz die Keimausflockung erheblich verstarkt wird, da ihre Zunahme 
in NaCl verglichen mit Traubenzuckerlosung, sich bei fast alien Farben 


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142 


Centr&lbL f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 


nachweisen lfiBt. Wir kSnnen uns demnach die Farbagglutination wohl 
nicht als einen AusflockungsprozeB durcb einen Elektrolyten, wie bei den 
sich fihnlich wie ein Suspensionskolloid verhaltenden Bakterienemulsionen 
— eine Vorstellung, die filr die Serumagglutination sicherlich ihre Be- 
rechtigung hat — denken. Es mfissen andere Vorstellungsweisen d. h. 
Vergleiche mit anderen Naturvorgfingen herangezogen werden. Stellen 
wir uns vor, daB eine Anzabl der gleichen Farbflocken durch die gleichen 
Bakterien adsorbiert wird, so mfissen diese Keime durch die ihnen an- 
haftenden Farbteile wie durch ein Bindemittel zusammengehalten werden. 
Es ist Agglutination eingetreten. Den verstfirkenden EinfluB des Elektro¬ 
lyten aber konnen wir uns so der Begreifbarkeit nfiher bringen, daB wir 
ihn in Zusammenhang mit der Zunahme der Gr5Be der Farbflockungspro- 
dukte bei NaCl-Gegenwart bringen. Bei groBerer Oberflfiche und damit 
einem grfiBeren Durchmesser, der schon dem Querdurchmesser der Bak¬ 
terien nahe kommt oder ihn Obertrifft, kfinnen sich naturgem&B an ein 
Farbteilchen me hr Keime anlagern als bei geringerer K5ruchengr6Be, 
wobei durch Verbindung solch groBerer „Bakterienbfindel“ auch grobere 
Flocken entstehen mfissen. Wem diese Anschauungsweise zu „grob- 
mechanisch u ist, der kann wohl mit der gleichen Berechtigung annehmen, 
daB durch den Elektrolyten Umladungen der Farbflocken oder Bakterien 
eintreten, wodurch vorher der Adsorption entgegenstehende Krfifte auf- 
gehoben werden und so mit fosterer Bindung grSBere Haufenbildungen 
eintreten kfinnen. 

Schon bei diesen Ausffihrungen ist das enge Verhfiltnis von Ag¬ 
glutination und Adsorption zum Ausdruck gekommen. Die folgenden 
Beispiele werden ihre zwangslfiuflge Abhfingigkeit voneinander dartun, 
auf die ein strikter Parallelismus zwischen beiden Erscheinungen schlieBen 
lfiBt. Krfifte, die den einen Vorgang verfindern, haben eine gleichsinnige 
Schwankung des anderen zur Folge. Zunahme oder Abnahme der Ad¬ 
sorption wird mit einer gleichgerichteten Kurve der Agglutination be- 
antwortet. Am auffalligsten tritt dieses gleichsinnige Verhalten bei 
dem Vergleich der Vorgfinge in Bouillon bei Gentianaviolett, Methyl- 
violett, Pyoktanin und Dahliablau mit denen der gleichen Farben in 
NaCl-L5sung hervor. Hier erfolgt starkste Adsorption und Agglutination, 
in Bouillon aber fehlt beides gfinzlich. Als Grund fflr das Ausbleiben 
beider Erscheinungen in Bouillon sind zweifellos wiederum die Bouillon- 
kolloide heranzuziehen. Wir lernen hiermit die 2. Wirkung der Schutz- 
kolloide kennen in Form der Verhinderung der Adsorption und 
damit ihrer Folge- oder Parallelerscheinung der Agglutination. Wie 
hier die Kolloide imstande sind, Adsorption und Zusammenballung ganz 
zu verhindern, so zeigt sich in anderen Ffillen, wo die Bakterienflockung 
trotz Anwesenheit der EiweiBkorper eingetreten ist, eine Herabsetzung der 
Festigkeit der Bakterienverklumpung bei gleichzeitiger StQrung der Ad¬ 
sorption. So findet sich beim Anilinviolett starke Adsorption und Aggluti¬ 
nation inNaCl noch bei 60°, wfihrend bei der gleichen Temperatur in Bouil¬ 
lon nur noch minimale Bakterienverklumpung eintritt. Dabei herrschten 
bei 20° in beiden Medien ganz entsprechende Zustfinde st&rkster 
Bakterienffillung. Analoge Vorgange entwickeln sich bei Magentarot 
(alt) und Viktoriablau (frisch). Beide Male verschwinden Adsorption 
und Agglutination in Bouillon bei erheblich niedrigerer Temperatur als 
in NaCl. DaB aber auch die Temperatursteigerung allein, unabh&ngig 
von der Anwesenheit eines Kolloides, beide Vorgfinge zu findern ver- 
mag, lehren die Beobachtungen bei Wfirmeerhfihung beim Viktoriablau 


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Reichert, Ueber den Abiauf vitaler Bakterienfarbung etc. 143 

(frisch) und Pyoktanin in NaCl. Wahrend beim Viktoriablau bei 31° 
and beim Pyoktanin bei 34° in dieser Fliissigkeit scarke Agglutination 
and Adsorption anftritt, sind sie beim ersteren bei 55 0 und beim letzteren 
bei 42° verschwunden. 

Ich fasse nunmehr die zuletzt gewonnenen Ergebnisse zusammen: 
Die Dispersitat der Farblbsung hangt ab vom chemischen Charakter 
der Farbe, dem Elektrolyt* und Kolloidgehalt der Aufschwemmungs- 
flussigkeit und der Temperatur. — Die Anfarbung wird bestimmt 
vom Dispersitatsgrade des Farbstoffes, seiner chemischen Konstitution, 
der Permeabilitat der Zelle (beeinflufibar durch die Temperatur) und 
der Anwesenheit von Schutzkolloiden. Die Farbagglutination tritt 
auch ohne Gegenwart eines Elektrolyten anf. Sie wird aber verstarkt 
durch die Anwesenheit von Elektrolyten und verandert durch Schutz- 
kolloide und Temperaturandernngen. Die Agglutination und Ad¬ 
sorption sind Parallel vorgange, worans auf einen kausalen Zusammen- 
hang zwischen beiden geschlossen werden muB. Die Agglutination ist 
wahrscheinlich eine Folge der Adsorption. 

Wenn sich durch diese hier mit den uns geiaufigen Begriffsbildungen 
wie Agglutination, Adsorption, Dispersitat usw. vorgenommene Analyse 
der beobachteten Vorgange auch keine restlose Aufdeckung der Wechsel- 
wirkungen dieser komplizierten, dauernd ineinander spielenden Zustands- 
anderungen geglQckt ist, so haben sich doch sicherlich einige brauchbare 
Richtlinien ftir weiteres Forschen auf diesem Gebiet ergeben. 

Anschliefiend seien noch gleichgerichtete Farbeversuche an einer 
Hefesorte, die aus Milch isoliert wurde, erwahnt. An diesem Objekt 
lafit sich das verschieden schnelle Eindringen der feineren oder grOberen 
dispersen Phase der „Violette“ in die gleiche Zelle besonders gut de- 
monstrieren. In NaCl-L6sung farben diese Farbstoffe, abgesehen von 
Dahliablau und Pyoktanin, die hier augenblicklich in samtliche In- 
dividnen eindringen, die Hefe nur zu einem .Teil sofort an, der Rest 
leistet der Impragnierung mehrere Min. Widerstand. Die Zeiten, die 
bis zur restlosen Anfarbung verstreichen, schwanken nur innerhalb ge- 
ringer Grenzen und sind fiir die einzelnen Farben charakteristisch. Man 
kann deutlich eine allmahliche Steigerung des Farbtones beobachten. 
In den meisten Fallen geht der vollen Farbaufnahme ein Stadium un- 
vollstandiger Anfarbung, bei dem sich ein ovoider zentraler Teil (Kern ?) 
von einem dunklen, peripheren Mantel abhebt, voran. Dies Verhalten 
in NaCl entspricht mitbin durchaus den Eigenschaften des grampositiven 
Anthrax unter gleichen Bedingungen bei verlangsamtem Abiauf. 

Farbt man die Hefe aber in Traubenzucker, so sind bei alien Violet- 
ten samtliche Zellen augenblicklich von Farbe durchtrankt. Die 
Geschwindigkeitssteigerung des Permeierens bewirkt, daB bei den vorher 
nor langsam eindringenden Farben die Anfarbungszeit von mehreren 
Min. auf fast 0 herabgesetzt ist. Beim Viktoriablau, das in NaCl selbst 
nach 10 Min. nur in ganz wenige Zellen eindringt (wahrscheinlich ab- 
gestorbene), tritt im gleichen Zeitraum eine Anfarbung aller Zellen ein. 

Vergleichen wir nun kurz die Einfldsse, die bei der Anfarbung von 
nnseren wich tigs ten Untersuchungsobjekten, dem Anthrax und Typhus, 
als ausschlaggebend erkannt wurden, so zeigt sich, daB das Eindringen 


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144 Ontralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 

des Farbstoffes beim Typhus von der chemischen Eonstitution der Farbe, 
seiner Dispersitat (bestimmt durch Elektrolyt- und Kolloidgehalt der 
L5sung), der Temperatur (als Zellpermeabilitat veranderndes Moment) 
und der Anwesenheit von Schutzkolloiden abhangt. Beim Anthrax aber 
wird die Anfarbung fast ausschlieBlich durch den chemischen Charakter 
der Farbe bestimmt, wahrend sie von den anderen beim Typhus wirk- 
samen Faktoren weitgehend unabhangig ist. Nur durch Bouillonkolloide 
kann sie in einzelnen Fallen verhindert werden. 

Nachdem so die Grundlage fflr eine V. F. der Bakterien ge- 
schaffen war, konnte an die Untersuchung der Wirkung dieser 
Farben auf den LebensprozeB der Keime herangetreten 
werden. Die Klarstellung der biologischen Wirkung der „Violette“ auf 
den Anthrax bot erhebliche und unerwartete Schwierigkeiten. Einige orien- 
tierende Versuche ergaben, daB der Anthrax von 18 Std. das Gentiana- 
violett in einer Konzentration, die alle Stabchen sofort intensiv anfarbt 
(0,051 Proz.), 24 Std. mit nur geringer Schadigung der Keimfabigkeit er- 
trdgt. Magentarot konnte sogar in Starke von 0,25 Proz. 48 Std. zur 
Einwirkung gebracht werden, ohne daft sich eine nachtragliche Wirkung 
beobachten lieB. Diese Versuche wurden so durchgefiihrt, daB 1,5 ccm 
einer Anthraxemulsion mit 0,5 ccm Gentiana violett von 0,25 Proz. 
Starke resp. mit 0,5 ccm Magentarot von 1 Proz. Starke vermischt, und 
dann nach verschiedenen Zeiten 1 Tropfen dieses Gemisches auf eine 
Agarplatte mit dem Spatel ausgestrichen wurden. Das gleiche Ergebnis 
hatten 24-sttind., bei gleicher Versuchsanordnung vorgenommene Behand- 
lungen mit Methylviolett (0,2 Proz.), Anilinviolett (0,7 Proz.), Dahlia* 
blau (0,15 Proz.) und Pyoktanin (0,12 Proz.). Die hier erprobten Farb- 
konzentrationen sind, wie anfangs gesagt, die niedrigsten, die den An¬ 
thrax augenblicklich in physiolog. NaCl-Losung anfarben. — Eine starke 
Resistonz steht hier einer groBen Empfindlichkeit gegenflber, wie spatere 
Ergebnisse beim Zusatz der gleichen Farben zum Nahrboden zeigten. 
Hier gentlgt ein Farbgehalt des Nahrsubstrates von ca. 0,000625 Proz n 
rnn jedes Wachstum auszuschlieBen. Dies paradoxe Verhalten lieB sich 
durch Heranziehung der Beobachtung, daB die Sporen bei der Vital- 
farbung scheinbar farblos bleiben, einer Erklarung naher bringen. Es 
war zu vermuten, daB nur die vegetative Form vom Farbstoff abgetdtet 
wurde, wfthreud die farblosen Sporen ungeschadigt blieben. Sie keimen 
daher bei Aussaat auf normalen Nahrboden aus. 1st aber der Farbkorper 
dem Niihrsubstrat zugesetzt, so kann er, sobald die Sporen in die 
Stiibohonform iibergehen, seine Giftwirkung entfalten and sie entweder 
abtbten oder doch eine weitere Teilung verhindern. Die experimentelle 
Richtigkeit dieser Erklarungsmoglichkeit war jetzt die nachstliegende 
Forderung. Die dahin gerichteten Versuche konnten 2 W T ege ein- 
schlagen: Einmal lieB sich durch einen AnalogieschluB wahrscheinlich 
machen, daB die Spore der farbresistente Bestandteil ist, indem gram¬ 
positive sporenfreie Mikroorganismen der gleichen Behandlungausgesetzt 
wurden wie vorhor der Anthrax. Oder es konnte direkt durch ge- 
sonderte Beobachtung beider Lebensformen des Milzbrands der Beweis 
erbracht werden. Beide Wege wurden experimentell durchgefiihrt. 

Friihere rntersuchungen hatten das vitalfarberische ahnliche Ver¬ 
halten der Hefe und des Anthrax beleuchtet. Die Eignung dieses 
Saecharomyzeten zum Testobjekt in dieser Frage war hiermit gegeben. 


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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung etc. 


145 


Auf Grand dieser Geraeinsamkeit kam folgende Versuchsreihe zur Aus- 
fflhrung. 18-sttind. Hefekulturen wurden mit Traubenzuckerlosung vora 
Agarrdhrchen abgeschwemmt, dann lraal abzentrifugiert, von neuem mit 
Traubenzuckerlosung aufgefiillt, mit den „Violetten“ (in gleicher Starke 
vie sie vorher beim Anthrax zur Anwendung kamen) versetzt und 
1 Tropfen des Geraisckes auf eine Agarplatte mit dem Spatel ausge- 
strichen. Die Anfarbung muBte in elektrolytfreier L6sung ausgefiihrt 
werden, da, wie erinnerlich, nur hier ein augen b lick liebes gleich- 
maBiges Eindringen der Farbstolfe in alle Zellen eintritt. 

Das auf diese Art erzielte Ergebnis konnte als recht eindeutig be- 
zeichnet werden. Schon nach 1 Min. Farbwirkung tritt hier vollige 
Aufhebung der Keimfahigkeit ein. Sehr bezeichnend ist die weniger 
eingreifende Wirkung allein des Anilinvioletts, das — wie fruher ge- 
zeigt — auch in elektrolytfreier Lbsung einen ziemlich groben Dis- 
persitatsgrad aufweist. Hierdurch ist seine Eindringungsgeschwindigkeit 
und parallel damit seine Hemmungswirkung beeintrachtigt. Es totet 
namlich erst nach 30 Min. alle Hefezellen. Es bestand somit kein 
Zweifel, daB ein sporenfreier, dem Anthrax in vitalfarberischer Beziehung 
nahestehender Mikroorganismus fast augenblich durch die Violette aufs 
schwerste geschadigt wird; und der SchluB, daB die Sporen des Anthrax 
die farbfeste Komponente sind, war erheblich gestutzt. 

Der 2. oben angeftihrte Beweisweg bot groBe experimentelle 
Schwierigkeiten. Eine getrennte Beobachtung von Stabchen und Sporen 
WQrde anfangs dadurch versucht, daB 5-stUnd. Anthraxkulturen, von denen 
eine vollstandige Sporenfreiheit angenommen werden konnte, in gleicher 
Weise wie vorher die 18-stOnd. Milzbrandkulturen den „Violetten u zur 
Einwirkung ausgesetzt wurden uud dann auf Platten zur Aussaat kamen. 
Eine Hemmungswirkung der Farben war auch in Form einer deutlichen 
Kolonienverminderung der mit vorbehandelten Keimen besaten Platten 
verglichen mit den Kontrollen nicht zu verkennen. Doch blieb die er- 
wartete und nur eindeutig beweisende Sterilitat der mit farbbehandelten 
Keimen beschickten Platten aus. Die zu losende Frage hatte sich damit 
Bogar kompliziert. Denn es stand nunmehr zur ErwSgung: 

1) wird nur ein Teil der Stabchen geschadigt? 

2) sind die in Bildung begriffenen Sporen auch schon farb- 
resistent? 

3) enthalten die jungen 5-st(ind. Milzbrandkulturen noch alte, unaus- 
gekeimte Oder schon frisch entwickelte Sporen, die sich als farbfest erweisen ? 

Mit der unter 2) genannten Moglichkeit muBte unter Berucksichtigung 
der Untersuchungsergebnisse von Wauschkuhn (Centralbl. f. Bakt. 
Abt. I. Orig. Bd. 84. 1920. S. 31) besonders gerechnet werden. Der Autor 
hatte festgestellt, daB schon in 5-stund. Milzbrandkulturen die ersten 
Zeichen der Sporulation in Form von feinen, lichtbrechenden Kbrnchen 
erscheinen. DaB diese erste zu Sporenmaterial umgebildete Protoplasma- 
stelle, die sich farberisch ebenso verhalt wie die ausgereifte Spore, auch 
die gleiche Kesistenz gegen die Giftwirkung der Farbe besitzt, lieB sich 
nicht von der Hand weisen. Sehen wir doch in der Umwandlung des Milz- 
brand in die resistente Dauerform die Antwort des Stabchens^uf Schadlich- 
keiten. Die nach Uebertragung des gefarbten Kulturmaterials auf den 
neuen Nahrboden v6llig ausreifenden Sporen wurden dann den Aus- 
gangspunkt fur eine Kolonie, die uns keimfahige vegetative Formen 
vortauscht, bilden. — In ahnlicher Weise konnte die 3. der oben ge¬ 
nannten MSglichkeiten AnlaB zu Fehlschliissen geben. Wir besitzen 
fc.r*te Abt. Orig. Bd. 87 . Heft 2. 10 

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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 2. 


keine genauen Kenntnisse darflber, bis wann alle alten, zur Aussaat ge- 
brachten Sporen ausgekeimt sind. DaB sich Each 4—5 Std. noch unver- 
anderte Dauerformen finden, wage ich nicht auszuschlieBen; auBerdem 
aber kann solch juDgo Kultur auch ganz frisch entwickelte Sporen ent- 
halten. Dies tritt dann ein, wenn das Aossaatmaterial Stabchen mit 
beginnender Sporulation enthait. In der 5-stflud. Bebrfitungszeit voll- 
zieht sich dann die Ausreifung der Sporen und die junge Kultur ent¬ 
hait damit ausgereifte Dauerformen. Daraus geht hervor, daB es nicht 
moglich ist, ein Kulturmaterial zu erhalten, in dem sich mit Sicherheit 
nur vegetative Formen befinden. Wir konnen durch verschieden 
lange Brutzeiten nur erreichen, daB die eine oder andere Formflberwiegt. 
— Nach diesen kritischen Erwagungen und den obigen Erfahrungen 
muBte die ganze Methode als unbrauchbar zur Losung der aufgeworfenen 
Frage fallen gelassen werden. 

Es war damit klar geworden, daB eindeutige Ergebnisse nur durch 
ein Versuchsverfahren, das die direkte und getrennte Beobachtung der 
einzelnen Bakterienzellen oder Sporen wahrend des Wachstums zu- 
lieG, erreichbar sein konnten. Die einfachste, diesen Ansprfichen gerecht 
werdende Versuchsanordnung bot sich in Form des h&ngenden Agar- 
tropfens. Zu seiner Herstellung wurde in flflssigem Agar von 45—50® 
Milzbrandmaterial ausgesflt, gut umgeschflttelt, 1 Tropfen davon auf ein 
Deckglaschen gebracht und dieses wie ein hangender Bouillontropfen 
auf einem hohl geschliffenen Objekttrager mit Vaseline befestigt. Nacb 
Einstellung einer Zelle mit der Oelimmersion und genauer Aufzeichnung 
des Bildes kam das Mikroskop mit dem festgeklemmten Objekttrager 
in den Brutschrank. Bei stoBfreiem Transport der ganzen Anordnung 
laBt sich auch die geringste Verschiebuug des eingestellten Objektes ver- 
meiden und die Neubeobachtung ist jederzeit mflglich. Mit dieser Methode 
wurde zunachst eine erhebliche Anzahl von Untersuchungen an nicht 
mitFarben vorbehandeltem Anthrax gemacht. Die zahlreichen, 
so gewonnenen Resultate gestatteten die Feststellung einer weitgehen- 
den Uebereinstimmung des formalen Entwicklungsmodus der Milz- 
brandzellen. Das GesetzmaBige sei hier kurz als Grundlage fflr die 
Ausdeutung der spateren Versuche wiedergegeben: Einzelne, nicht mehr 
mit anderen zu Faden verbundene Stabchen erweisen sich fast stets 
nicht mehr als teilungsfiihig. Das beste Beobachtungsobjekt ist ein aus 
mehreren Einzelzellen bestehender Faden von gauzlich homogener, gut 
lichtbrechender Beschaffenheit, ohne daB eine Gliederung an ihm kennt- 
lich sein darf. Segmentierung, Kornchen- und Tropfenbildungen sind 
Zeichen der Degeneration. Faden oder Zellen mit diesen Merkmalen 
sind nicht mehr entwicklungsfahig. Oft beobachtet man an den FSden 
nur eine feine, fast staubformige Trflbung oder die Andeutung einer 
Trennungslinie in einzelne Glieder. Im Verlauf weniger Std. werden die 
feinen Kornchen bei Brutschranktemperatur groBer und zahlreicher, und 
bald ist ein scholliges Stadium erreicht. Bei weiterer Verfolgung des 
Vorganges verlieren sich die Konturen der Zelle immer starker, bis eine 
scheinbare Auflosung das Objekt der weiteren Wahrnehmung entzieht. 
In selteneren Fallen treten anfangs trotz leichter Trflbung die Zeichen 
der Zellvermehrung auf, dann aber setzt der oben geschilderte Zerfalls- 
prozeB ein. Die Wachstumserscheinungen des unversehrten Stabchens 
beginnen in der Schlaugelung des anfangs mehr gestreckt, nur in Bacben 
Bogenformen verlaufenden Fadens. Schon nach 1 Std. kann diese Ver- 
flnderung deutlich werden. Es folgt in den michsten 6 Std. eine an 


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Reichert, Ueber den Bblaaf vitaler Bakterienfarbung etc. 


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Zahl and AusmaB zunehmende Schleifenbildung, die in meist viel- 
fach verschlungene Knauelbildungen ttbergeht (Fig. Nr. 1—3). Eine 
Segmentierung in Einzelglieder wird aber auch jetzt niemals sichtbar. 
In anderen Fallen wieder kommt es zur Bildung mehr langer, glatter 
Schleifen in ziemlich paralleler Anordnung (Fig. Nr. 4). Diese Form- 
bildnng kann wohl als das Ausgangsstadinm der Zopffiguren angesehen 
werden, die in spateren Etappen vora Rand der Kolonien ausstrahlen 
and ein Charakteristikum der Milzbrandkolonie darstellen. Im einzelnen 


wire dieser Vorgang so zu denken, dafi sich eine ziemlich parallele 


Schlingenbildung mit der Langs- 
richtung senkrecht zur Achse des 
Ursprungsfadens entwickelt. Diese 
SchlSngelungen erhalten im wei- 
teren Verlauf der Entwicklung neue 
Faltungen, die mit ihrer Langs- 
achse wieder mit dem Ausgangs- 
faden parallel laufen und sich in 
gleicbgerichtetem Zuge in dichten 
Windungen aneinander schmiegen 
(Fig. Nr. 5). — Der Grund fflr die 
alle diese Entwicklungsstadien be- 
herrschenden,sichimmerweiterkom- 
plizierenden Schlingenbildungen ist 



scheinbar ein mechanischer. Jedes Fig. l. l unbebrflteter Faden, 2 nach 
Gued des Fadens teilt sich und 3 1 j. Std. Brutzeit, 3 nach 5 Std. Brutzeit. 


nimmt damit an Lange zu. Jedoch 


nur die endstandigen kdnnen unbehindert vorrUcken, die mittleren mtissen 
seitlich ausweichen. Da aber nie die Kontinuitat des Fadens durch- 


brochen wird, springen die Teilungsprodukte nicht als Baikchen hervor 
sondern fflhren zur Entstehung von Schleifen. 



Fig. 2. 1 unbebrUteter Faden, 2 nach 2 1 /, Std. Brutzeit, 3 nach 6 Std. Brutzeit. 


Wesentlich verschieden von diesen hier geschilderten Prozessen 
gestaltet sich die Sporenauskeimung. Nach 1—2 Std. Brutzeit fallt die 
stark verminderte Erkennbarkeit des die Spore umgebenden Protoplas¬ 
mas auf. GrSBe und Glanz der Sporen nimmt dagegen fortschreitend 
zn. Allmahlich wird ein Stadium erreicht, in dem die Spore eine langs- 
ovale Gestalt angenomraen hat, die flieBend unter Abnahme ihres Licht- 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 


brechungsvermogens durch Langswachstum wieder in eine Stabchenform 
Qbergeht. Die jungen, vegetativen Formen scheinen a Langen ihre Ur- 
sprungsstabchen zu iibertreffen, denn sie 
haben in dem durch Auflbsungder „Mutter- 
zelle“ entstandenen Abschnitt nicht aus- 
reichend Platz, sie verschieben sich „dach- 
ziegelartig u gegeneinander (Fig. Nr. 6-8). 





Fig. 3. 1 unbebriiteter Faden, 

2 nach 3 ‘/ t Std. Brutzeit. 







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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung etc. 


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An die Auskeimung schliefit sich unaufhaltsam die weitere Teilung an, 
wodurch spitzwinklige und Parallellagerungen der neu entstandenen Faden 
sich ausbilden (Fig. Nr. 7—8). Das Bild einer solchen 6-stflnd., aus aus- 
gekeimten Sporen hervorgegangenen Neubildung ist grundverschieden von 
dem, das sich nach 6-stflnd. Bebrfltung eines fortpflanzungsfahigen Fadens 
ergibt. Beide sind auf den ersten Blick unterscheidbar (vgl. Fig. 2 u. 8). 



Fig. 8. 

Fig. 6 u. 7. 1 unbcbruteter Faden mit noch nicht voli entwickelten Sporen. 2 nach 

2 Std. Brutzeit. Bei c in Auskeimung begriffene Spore. Bei d leichte Abknickung. 

3 nach 6 Std. Brutzeit. Bei a, b und e Sporen ohne Zeichen der Auskeimung. Alle 
anderen Sporen sind zu Stiibchen entwickelt. 4 nach 7 Std. Brutzeit. Sporen bei a 
and b kleiner als vorher, bei c verschwunden. Alle Stiibchen sind erheblich langer und 
haben sich bei e und d schon geteilt. 5 nach 8 Std. Brutzeit. Sporen bei a und b 
*ind weiter unentwickelt. Stiibchen bei d und e haben sich verdreifacht, andere ver- 
doppelt. Es ist Parallellagerung eingetreten. 

Fig. 8. 1 unbebriiteter Faden mit voll entwickelten Sporen, 2 F'aden nach 3'/, Std. 

Sporen sind ausgekeimt; 3 nach 6 Std. Starke Vermehrung der frisch entwickelten 
Stiibchen. 


Nachdem somit das morphologisch Erkennbare des normalen Fort- 
pflanzungsprozesses der Milzbrandzelle festgestellt war, kormte von einer 
ffesicherten Grundlage aus an die Beobachtung der duroh Farbwirkung 
beeinfluBten Keime gegangen werden. Doch stellten sich schon bei 


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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt Originate. Bd. 87. Heft 2. 


den ersten Versucben Schwierigkeiten herans, die znr Anfgabe oder doch 
wenigstens zur weitgehenden Abanderung auch dieser Methode notigten. 
Die der Farblbsung ausgesetzt gewesenen Bakterien adsorbieren nSm- 
lich an ihrer Oberflache eine derartige Menge des Farbstoffes, daB da- 
durch der Nahrboden, sobald die Keime ihm in ftir die Beobachtung 
ausreichenden Mengen zugesetzt werden, deutlicb angefarbt wird. Bei 
der frtlher festgestellten groBen Empfindlichkeit des Anthrax gegen 
minimalen Farbzusatz zum Nahrsubstrat konnte aber an ein einwand* 
freies Rcsultat unter solchen Umstanden nicht gedacht werden. Die 
Befreiung der Keime von den Farbresten muBte unter alien Umstanden 
erreicht werden, wenn die Methode arbeitsfabig bleiben sollte. Znr Er- 
reichung dieses Zieles wurden folgende V T ersuchsanordnungen durchprobiert. 

1) Dem Farbstoffbakteriengemisch wurde zur Adsorption der Farbe 
Tierkohle zugesetzt und anschlieBend die Abfiltrierung der Keime durch 
FlieBpapier versucht. Das miBlang, da auch die Zellen durch die Tier* 
kohle zuriickgehalten wurden. Sie werden offenbar selber adsorbiert, 
wie das ja bei Typhus und Coli von Michaelis beobachtet worden ist. 

2) Die Trennung der zum Farbstoff-Bakteriengemisch zugesetzten 
Kohle von den Keimen wurde durch kurzdauerndes Zentrifugieren bei 
geringer Tourenzahl versucht in der Hoffnung, daB die viel groBeren 
Kohleteilchen sich erheblich schneller absetzen wflrden als die kleineren 
Bakterien. Auch hier trat ein MiBerfolg ein, da die Kohleteilchen die 
Bakterien, deren Ausschleuderung sonst erst bei groBer Geschwindigkeit 
gelingt, schnell mit zu Boden rissen. 

3) wurde der Versuch gemacht, durch fortgesetztes Ueberspfllen 
der Keime mit Wasser in einem fur die Zellen undurchlassigen Filter 
die Reinigung von der Farbe zu erreichen. Starkeres Pergamentpapier 
erwies sich als undurchlassig fur den Milzbrand. Wasser aber konnte 
durch Druck hindurchgepreBt werden. Das Farbstoffbakteriengemisch 
wurde nunmehr in einen mit Pergamentpapier armierten Glastrichter 
gegossen, dessen AbtluBrohr in eine Flasche fflhrt, in der durch die 
Wirkung einer Wasserstrahlpumpe ein Vakuum hergestellt wurde. Die 
Absaugung der Farblosung gelang auch anfanglich, doch wurde das 
Papier vor volliger Auswaschung der Farbe infolge Verstopfnng durch 
Farbstoffteilchen undurchlassig. Der erwiinschte Erfolg lieB sich ant 
diesem Wege mithin auch nicht erreichen. 

4) wurde fortgesetztes Abzentrifugieren aus immer von nenem hin- 
zugesetzter physiol. NaCl-Losung versucht. Eine ausreichende Ent- 
fernung der Farbe gelang hiermit aber erst nach 10—12maligem Aus- 
schleudern. Nach diesen schweren mechanischen Insulten waren jedoch 
alle Faden in Einzelglieder zerrissen. Diese eignen sich nach dem Vor- 
hergesagten nicht zur Beobachtung, da einzelne Keime sich als nicht 
melir entwicklungsfahig erwiesen hatten. Es konnten nunmehr solche, 
die infolge eines primSr degenerativen Zustandes aus dem Verbande 
gelost waren, von solchen, die mechanisch zerrissen waren, nicht unter- 
schieden werden. Es mufite dem Zufall iiberlassen werden, ob man ein farb- 
behandeltesund nur mechanisch herausgerisseneslndividuum vor sichhatte 
oder ein primar degeneriertes. Die Entscheidung, ob bei der betreffenden 
Zelle beim Ausbleiben des Wachstums eine Farbschfidigung vorlag, konnte 
mithin niemals mit Sicherheit getroffen werden. Damit muBte auch von 
dieser Versuchsanordnung als unbrauchbar Abstand genommen werden. 

Der nachstliegende Ausweg schien mithin der, die Verh&ltnisse der 
gewbhnlichen Agarplatte, auf der ja ein Wachstum gef&rbter Bakterien 

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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bukterienfarbung etc. 


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nachgewiesen war, in solch kleinen Dimensionen nachzubilden, dafi eine 
fortlaufende mikroskopische Beobachtung einer eintnal eingestellten Zelle 
moglich wurde. Die diesen Forderungen geniigende Apparatur wurde 
folgendermaBen ausgefflhrt: Auf eiuen ObjekttrBger wurden 4 Tropfen 
flflssigen Agars gebracbt und mit der Platinose zu einer etwa 1 mm 
dicken Schicht ausgestrichen. Nach dem Erstarren wurden die Rander 
mit dem Messer entfernt, so daB eine quadratische, scharfrandige Agar- 
scheibe zurGckblieb, die sich mit einem Deckglaschen 18 X 18 mm be- 
decken liefi. Auf diese Agarplatte wurde das Bakterienmaterial in mini- 
maler Menge mit einer feinsten Platinnadel ausgestrichen. Das danach 
darflber gelegte Deckgl&schen erhielt durch UmgieBen der Rander mit 
flfissigem Wachs seine Fixation, und die Agarschicht war gleichzeitig 
vor Austrocknung geschfitzt. Diese Versuchsanordnung sei kurz „Wachs- 
platte“ genannt. Die auf diese Weise vorgenommenen Beobachtungen 
von normalem Milzbrand, wobei wie beim hangenden Agartropfen das 
eingestellte Mikroskop in den Brutschrank gesetzt wurde, zeigten die 
gleichen gaten Ergebnisse wie die zuerst verwandte Agartropfenmethode. 
Faden und Sporen lieBen gleich gutes Wachstum erkennen. Bei der 
Verwendung geffirbten Materials, wobei zuerst 5-sttind. Kulturen zur 
Beobachtung der vegetativen Formen verwandt wurden, ergaben die Ver- 
snche aber Qbereinstimmend das Ausbleiben jeder Wachstums- 
erscheinung. (Die Farbkonzentration der Violette waren die gleichen 
wie bei den zuerst bescbriebenen Kulturversuchen auf S. 144, doch 
waren die verwandten Mengen geringer. Zu 0,5 Bakterienemulsion 
wurde 0,17 ccm Farbe gefiigt und das Gemisch nach 5 Min. bis auf 
10 ccm mit physiol. NaCl-Losung aufgefiillt. Die hierbei eintretende 
VerdOnnung der Farbe auf das ca. 60-fache konnte wolil einer Auf- 
hebung der Farbwirkung gleichgesetzt werden. Nach erneutem Aus- 
schleudern wurde eine Nadelspitze Material auf die Agarschicht aus- 
gesSt.) Der Ablauf des Vorganges war folgender: Nach 3—4 Std. stellte 
sich Verblassen der Konturen und Kornerbildung ein. In diesem Zu- 
stande blieb das Objekt Oder wurde nach etwa 10 Std. unsichtbar. 
Nichts stand dem im Wege, diese Feststellungen als FarbstotfschSdi- 
gnngen durch die AnfSrbung zu deuteu und nicht als Hemmung durch 
Farbeverunreinigung des N&hrbodens, zumal sich bei Verwendung dieser 
minimalen Mengen von Aussaatmaterial nie auch nur eine spurenweise 
Verffirbung des Nahrbodens bemerkbar gemacht hatte. Die Verbaltnisse 
schienen mithin denen bei den gebrfiuchlichen Kulturplatten durchaus 
analog. Im AnschluB daran kamen 20-sttind. Milzbrandkulturen nach 
gleicher Anf&rbung, wie eben genannt, zur Beobachtung, um das Verhalten 
der Sporen zu studieren. Wiederum war das Resultat flberraschend. 
Anch hier konnte k einer lei Wachstumsvorgang erkannt werden. 
Die Sporen blieben regungslos. Die einzige Veranderung bestand in 
dem allm&hlichen Verblassen des eingestellten Fadens. Dieses Ergebnis 
widersprach den Erfahrungen, die auf der gewbhnlichen Platte gewonnen 
waren, wo trotz langsttindiger Farbwirkung dichte Kolonien aufschossen, 
aufs scharfste. Von Stabchen oder Sporen muBte doch das auf der 
Platte beobachtete Wachstum. ausgegangen sein. Eine von beiden 
Formen blieb mithin trotz der Farbwirkung sicher vermehrungsfahig! 
Daran konnte nicht gezweifelt werden. Hier aber schienen beide 
keimungsunfahig. Der Grund fur dies fast unerklarliche Verhalten 
konnte nur in Verschiedenheiten der Lebensbedingungen auf der Wachs- 
platte und der gewbhnlichen Platte gesucht werden. Der einzig fest- 

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152 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Origiuale. Bd. 87. Heft 2. 


stellbare Unterschied bei beiden Zuchtungsverfahren lag in derMenge 
des zur Keimung zur Verfugung stehenden Sauerstoffes. Bei der 
Wachsplatte lageu beinahe anaerobe Verhaltnisse vor. Der Anthrax aber ist 
ein obligater Aerobier. Andererseits hatten nun die Kulturversuche mit 
unvorbehandeltem Milzbrand auf der Wachsplatte ein einwandfreies 
Wacbstum seiner beiden Lebensformen ergeben. Fiir das nicht ange- 
f&rbte Bakterium muBte also der Sauerstoffgehalt der Wachsplatte aus- 
reichen. Da man nun berechtigt ist, die Spore als die gegen Schadi- 
gungen aller Art resistentere Form des Milzbrandes anzusehen, und da 
die Versuche mit 5-sttind. Kulturen, die nach Anf&rbung auf gewdhn- 
lichen Platten ausgesat wurden, eine ScMdigung der St&bchenform fflr 
wahrscheinlich gemacht hatte, so schien der richtige SchluB aus diesen 
Erfahrungen der, daB die angefarbte Spore bei ausreichendem 
Sauerstoffgehalt noch auskeimt, wahrend sie bei einem relativen Sauer- 
stoffmangel, der von der nicht angeiarbten gut ertragen wird, dazu 
nicht mehr imstande ist. 

Eine Verbesserung der Sauerstoffzufuhr aber lieB sich auf der 
Wachsplatte technisch nicht durchfiihren. Damit war auch die Un- 
brauchbarkeit dieser Versuchsanordnung erwiesen. Denn es gait nicht 
zu zeigen, daB unter gewissen Umst&nden weder die angef&rbten Stfib- 
chen noch die farbbehandelten Sporen mehr wachsen, sondern es muBte 
entschieden werden, welche Lebensform sich unter optimalen Bedingungen 
farbresistent verh&lt. Die Forderung einer Neuanordnung der Versuchs- 
bedingungen, die alle bisherigen Mangel vermied, war damit zwingend 
geworden. Folgenden Ansprflchen gait es nunmehr zu geniigen: 

1) Die Menge des verwandten Aussaatmaterials muBte so gering 
sein oder so weit von Farbe gereinigt sein, daB keine schfidigenden 
Farbbeimischungen zum Nahrboden entstehen. 

2) Das zu beobachtende Objekt muBte moglichst nahe an der Front- 
linse liegen, damit eine Betrachtung mit starken Objektiven moglich war. 

3) Es muBte ausreichend Sauerstolf vorhauden sein. 

4) Eine Eintrocknung der Agarschicht durch ungehinderten Luft- 
zutritt durfte nicht entstehen. 

Nach langeren Versuchen glQckto es, ein Zuchtungsverfahren aus- 
zuarbeiten, das mit Ausnahme einer der oben aufgestellten Postulate 
den erforderlichen Anspriichen geniigte. Es gelang unter Beruck- 
sichtigung aller anderen Bedingungen nicht, dem Punkt 2 obiger For¬ 
derung gerecht zu werden. Die Beobachtung litt daher von vornherein 
schwer unter dem Nachteil, daB nur mit schwachen Objektiven gearbeitet 
werden konnte, und die erforderliehe VergrdBerung durch die Anwen- 
dung starker Okulare erreicht werden muBte. Es ist leicht einzusehen, 
daB darunter die Erkennbarkeit zarter, farbloser Objekte — denn die 
Bakterien erscheinen trotz ihrer vorherigen Anf&rbung im Agar vollig 
ungefarbt — leiden muBte. Die jetzige Methode bestand in der Ver- 
wendung einer kleinen Glasschale von etwa 2 cm Durchmesser und etwa 
0,5 cm Hohe, in die eine Agarschicht von 2—3 mm Dicke gegossen 
wurde. Diese wurde mit der Platinnadel beimpft, auf einen Objekttr&ger 
gesttilpt und durch UmgieBen eines Wachsrandes befestigt (Fig. 9). Die 
Ziichtung und Beobachtung von Stabchen gelang auch wohl auf diese 
Art, doch war die Deutlichkeit der Sporen bei Verwendung von ZeiB- 
Objektiv A und Okular 5 oder Kompensationsokular 18 so beeiDtr&ch- 
tigt, daB von weiteren Versuchen dieser Anordnung Abstand genommen 
wurde. 

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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung etc. • 153 

Der Forderung des Punktes 2 konnte endlich durch folgende Aende- 
rung genflgt werden: Das Schaichen wurde in aufrechter Stellnng init 
Wachsauf dem ObjekttrSger befestigt und sein Boden mit Wasser bedeckt. 
Als Nahrboden diente 1 Tropfen Agar, der auf einera Deckglaschen (20: 
28 mm) mit der Platinbse zur Dflnne eines Papierblattes ausgestrichen 
nnd dann beimpft wurde. Das Wasser im Boden des Scbaichens verhin- 
derte seine Austrocknung. Nach Bestreichen des SchSlchenrandes mit Vase¬ 
line wurde das Deckglaschen aufgedriickt. Diese Apparatur lieB wieder 
das Arbeiten mit der Oelimmersion zu (Fig. 10). Alle Schwierigkeiten 
waren hiermit aber auch nicbt Uberwunden. Die ZQchtung und Beob- 
achtung der Stabchen gelang wohl eiuwandfrei, doch schienen die frei- 
gewordenen Sporen im Gesichtsfeld uraherzugleiten und keimten nicht 
zn vegetativen Formen aus. Es handelte sich hier wohl um ein Schwimmen 
in einer feinen Wasserschicht, die sich durch Verdunstung des Wassers 
im Boden des Schaichens auf der AgaroberflSche niederschlug. Die Aus- 
keimung aber blieb aus, weil der Nahrstoffgehalt dieser Wasserschicht 
offenbar zu gering war. Zur Ausschaltung dieses Fehlers mufite die 
zur Aussaat verwandte Bakterienmasse auf dem Nahrboden fixiert wer¬ 
den. Dies lieB sich nach einigen verfehlten Versuchen am einfachsten 
dadurch erreichen, dafi das Kulturmaterial mit dem auszustreichenden 



Afl Ag Wa 

Fig. 9. Fig. 10. 

Fig. 9 u. 10. A Objekti v, D Deckglas, Ag Agarschicht, 

W Wachsrand, Wa Wasser, 6' Schaichen, 0 Objekttrager. 

Agartropfen vermischt wurde. Eine Verminderung der Sauerstoffzufuhr 
war bei der minimalen Dicke der Agarschicht nicht zu beffirchten. Die 
Versuchsergebnisse waren jetzt befriedigend. Die Sporen verAnderten 
nicht mehr ihren Ort und keimten zu Faden aus. Doch schien das 
Wachstum nicht so tippig wie bei der Anwendung des h&ngenden Agar- 
tropfens und der Wachsplatte. Der Grund hierfiir dflrfte wohl mit 
Recht in einer Quellung der Agarschicht durch aufgenommenes Kon- 
denswasser gesucht werden, wodurch die N&hrstoffkonzentration nicht 
unwesentlich herabgesetzt wurde. Es gait also, diesen N&hrstoffmangel 
auszugleichen, was durch Zusatz von 2,5 Proz. Traubenzucker zum Agar 
geschah. Die Untersuchungsergebnisse waren nunmehr einwandfrei. 
Ein krAftiges Wachstum von Stabchen und Sporen lieB sich beobachten. 
Hiermit war endlich eine alien Forderungen genugende Untersuchungs- 
methode hergestellt l ). 


1) Zusammenhangende Beschreibung der Methode: Ein Glasschalehen von etwa 
2 cm Durchmesser una etwa 0,5 cm Hohe wird durch Wachs auf einen Objekttniger 
befestigt, sein Boden mit Wasser bedeckt und der Rand dick mit Vaseline bestrichen. 
Das zu untersuchende Kulturmaterial wird in miuimalcr Menge, d. h. etwa V ?0 Oese 
mit 3 ccm 2,5 Proz. Traubenzuckeragar vermischt und vom Gemisch 1 Tropfen auf 
einem Deckglaschen zu Papierdiinne ausgestrichen. Das Deckglas wird dann auf den 
Rand des tichalchens aufgedriickt, so dafi es iiberall luftdicht abschliefit. Bei Ver- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originate. Bd. 87. Heft 2. 


Die Versuche mit farbbehandeltem Milzbrand fielen jetzt ebenfalls 
ganz eindeutig aus. Es wurden die Violette in der gleichen Starke wie 
auf S. 144 genannt, und auBerdero Malachitgrun 0,2 Proz., Brillantgrun 
0,1 Proz., Chrysoidin 0,3 Proz. bei 5 Min. dauernder Einwirkung gepruft. 
StSbchen aus 4—5-stiind. Kulturen liefien jedes Wachstum vermissen. 
Nach einigen Stunden Brutzeit traten nur die bekannten Degenerations- 
erscheinungen in Form kbrnigen Zerfalles hervor. DiePrflfungder Sporen 
wurde an 20 Std. altem Kulturmaterial vorgenommen, das reichlich intra- 
zellul&re Sporen aufwies. Hier lieB sich ubereinstimmend fast in alien 
Fallen eine Auskeimung in gleicher Ueppigkeit wie bei den nicht mit 
Farbe vorbehandelten Keimen feststellen. Die reicblichen, im Verlauf von 

24 Std. emporgesproBten Kolonien wiesen jedoch 
den merkwftrdigen Befund auf, daB die FSden, 
aus denen sie bestanden, niemals Sporen 
trugen, sondern ausnahmslos in schwerster 
Form kbrnig degeneriert waren. Einige cha- 
rakteristische Besonderheiten der einzelnen Farb- 
kbrper diirfen aber nicht tibergangen werden: 
Wahrend die in wasseriger XSsung angefarbten 
Stabchen in Agar bei alien flbrigen Farben 
stets farblos erscheinen, behalten die Keime bei 
Behandlung mit Viktoriablau auch in Agar ihre 
Farbe und werden als deutlich blaue Gebilde 
sichtbar. Nach 1—2 Std. sind sie aber ver- 
blaBt. Dieses starke Festhalten dieses Farbkorpers 
riihrt wohl von der auBerst hohen Aviditat des 


A 

w 


L^ H 

Bakterien 


ii 


\J 

„ 

Bakterien 


Fig. ll. A Objektiv, Anthrax zum Viktoriablau her. Die Keime 

D Deckglaa, tfhangender scheinen aus wasserigen Losungen die gesamte 

Tropfen, Ag feine Agar- Farbe in sich aufzunehmen, so daB man bei 

schicht. dichten Bakterienemulsionen oft neben tief- 

blauen Individuen ganz farblose sieht, fflr 
deren Anf&rbung offenbar die Menge des Farbstoffes nicht mehr aus- 
gereicht hat. Erscheinen sie doch bei Zusatz einer grSBeren Farb- 
menge alle in blauer Farbe. Auch bei der Einwirkung auf die Sporen- 
auskeimung wies das Viktoriablau Besonderheiten auf. Es kam bei 


wendung gefarbten Bakterienmaterials wird, wie auf 8. 151 ausgeffihrt, verfahren, ehees 
dera Agar beigemischt wird Die Farbbeimischungen zum Nahrboden eiud jetzt wegen 
der auSerordentlich geringen Menge des zugefugteu Materials und wegen einer gewissen 
Befreiung desselben von Farbstoffreeten so gering, daB sie das Wachstum nicht mehr 
beeinflussen. Bei Anwendung des hangendcn Agartropfens ist die Verwendung so ge- 
ringer Mengen von Aussaatmaterial nicnt moglich, weil hier die Anzahl der Keime in 
der der Beobachtung zugiinglichen Agarschicht so gering ist, daB die Auffindung eines 
geeigneten Fadens auf die groBten 8chwierigkciten stoBt. Ein Schema (Fig. 11) ver- 
anschaulicht dieses. I = Mikroskop, eingestellt auf hangenden Tropfen, II = Mikroskop, 
eingestellt auf feine Agarschicht. 

Nehmen wir an, daB von den 6 oben gezeichnetcn Keimen nur 1 zur Beobach- 
tung geeignet ist, so miiBten beim hangenden Tropfen, unter der Voraussetzung, daB 
jedesmal tat^achlich 1 in den Bereich der Beobachtungstiefe des Objektivs komint, 
durchschniulich 6 Tropfen hergestellt werden, bis der gcsuchte crkennbar wird. Es ist 
aber durchaus moglich, daB noch viel mehr Tropfen hergestellt werden miissen, bis der 
1 geeignete in die oberste Agarschicht zu liegen kommt. Beim Ausstreichen des Tropfens 
zu einer dunnen Schicht sind dagegen sofort samtliche Keime mit der Oeliramersion 
erreichbar. AuBerdem wurden in der dem Deckglase zunachst liegenden Schicht des 
Agartropfens wieder Storungen der Sauerstoffzufuhr eintreten, die sich bei friiheren 
Versuchsanordnungen als aufs schwerste hinderlich erwiesen hatten. 


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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung etc. 


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seiner Anwendung scheinbar wohl zu einer Auskeimung der Sporen, 
aber eine weitere Teilung und damit Vermehrung der jungen Stllbchen 
blieb aus. Ebenso verhielten sich bei der Sporenkeimung Malachitgrfln 
und Brillantgrttn. Trotzdem waren nach 24 — 48 Std. Brutzeit auch 
bei Anwendung dieser 3 Farben oft einige Kolonien gewachsen. 
Hire Entstehung konnte mithin nur auf die Auskeimung extrazellu- 
larer, freier Sporen zurflckgeftthrt werden. Waren doch freie Sporen 
des optischen Verhaltens dieser Kttrper wegen im Agar nicht auffindbar, 
so daB stets die Einstellung von sporentragenden St&bchen vor- 
genommen werden muBte. Dieser Befund weist darauf bin, daB die 
freien Sporen gegen gewisse chemische Einfliisse noch resistenter sind 
als die intrazellularen. Im ttbrigen war durch diese Ergebnisse ein- 
wandfrei klargestellt, daB, abgesehen von den 3 zuletzt genannten Farben, 
durch eine Farbeinwirkung, die die vegetativen Formen vermehrungs- 
unfahig macht, die Keimfahigkeit der Sporen bei geniigender Sauerstoff- 
zufuhr in keiner Weise behindert wird, und daB bei keiner Farbe das 
Wachstum der Stabchen durch die doch immerhin noch vorhandene, 
spurenweise Farbbeimischung des Nahrbodens gehemmt wurde. 

Problematisch blieb nur die Genese der Sporenlosigkeit und die 
Ursache der Absterbungserscheinungen bei den neu entstandenen Kolo¬ 
nien. Der Gedanke, daB diese Unfahigkeit zur Sporenbildung eine Nach- 
oder Spatwirkung der Farbbehandlung war, liefi sich a priori nicht von 
der Hand weisen. In 2. Linie muBte aber auch an mbgliche Folgen 
einer Schadigung durch die Farbspuren des Nahrsubstrats gedacht 
werden. Es war nun nicht schwierig, die Richtigkeit der einen Oder 
anderen MSglichkeit auf experimentellem Wege darzutun. Hierfflr wurde 
2,5 Proz. Traubenzuckeragar, mit minimalen Mengen der „Violette tt ver- 
mischt, als Schragagar abgefttllt und mit gut sporulierendem Anthrax 
beimpft. Zu 5 ccm Traubenzuckeragar kam l / t Tropfen Farblosung, so 
daB die Farbkonzentration im Agar folgende St&rken hatte: 

Gentianaviolett 0,00019 Proz. Dahliablau 0,00019 Proz. 

Methylviolet 0,00029 „ Mngentarot 0,00125 „ 

Pyoktanin 0,00015 „ Anilinviolett 0,0009, „ 

Das Untersuchungsergebnis nach 20-stiind. Brutzeit bestand im Be¬ 
fund ganzlich sporenfreier, stark kdrnig degenerierten Faden in alien 
Fallen. Die minimale Farbmenge des Nahrbodens war also doch nicht 
wirkungslos, sondern hatte die Sporulationsfahigkeit des Anthrax auf- 
gehoben. Hierdurch war die merkwiirdige Tatsache erkannt, daB nicht 
der AuskeimungsprozeB der Sporen, nicht das Wachstum des Stabchens, 
sondern der Sporulationsvorgang der gegen gewisse Einfliisse 
empfindlichste Teil des Lebensprozesses des Anthrax ist. 

Der EinfluB der sogenannten Violette und der ttbrigen Farben auf 
die lebende Milzbrandzelle konnte nach AbschluB dieser Versuche als in 
geniigender Weise gekiart angesehen werden und die Untersuchungen 
der Wirkungen dieser Farben beim Typhus beginnen. Es sei am 
Anfang dieser Besprechungen darauf hingewiesen, daB der 1. Teil der 
Arbeit die Abhangigkeit der Anfarbbarkeit des Typhus vom Aufschwera- 
mungsmedium erwiesen hatte. Die Aufgabe der jetzigen Versuche war 
es daher aufzuweisen, inwiefern sich die Wirkungen der betreffenden 
Farben bei den verschiedenen Aufschwemmungsfliissigkeit. voneinander 
unterscheidet, und ob der Typhus eine Anfarbung mit den „Violetten u 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Origin ale. Bd. 87. Heft 2. 


oder mit den anderen Farben schadlos ertrftgt oder nicht. Die Versuchs- 
anordnung bestand in der Abschwemmung 18-stflnd. Typhuskultnren 
mit Bouillon, mit NaCl und dann mit 2,5 Proz. Traubenzucker- 
ldsung. Die Aufschwemmung des Typhus in Tranbenzuckerlosung 
wurde wie frflher vor dem Farbzusatz abzentrifugiert und von neuem 
mit Traubenzuckerlosung aufgefflllt, urn jede Spur von NaCl oder Agar 
zu entfernen. Zu je 1 ccm Bakterienemulsion wurden dann die „Vio- 
lette tt in den stets beim Anthrax verwandten und auf S. 144 genanntes 
Konzentrationen hinzugefilgt. 1 Tropfen des Bakterienfarbgemisehes 
wurde dann auf Drigalski-Agar in Platten von 18 cm Durchmesser 
mit dem Spatel ausgestrichen. Bei einer Einwirkungszeit der Farben 
von 5—10 und 30 Min. waren keine deutlichen Hemmungen des 
Wachstums feststellbar. Erst bei 1-stand. Farbwirkung trat eine 
deutliche Herabsetzung der Wachstumsfflhigkeit der in Trauben- 
zuckerlOsung oderNaCl angefflrbten Typhusbakterien hervor. Bei 
einer F&rbezeit von 90 Min. war das Resultat eindeutig. Eine Tabelle 
gebe genaueren AufschluB. 


Tabelle Nr. 5. 

Farbwirkung 90 Minuten. 


1,5 ccm Typhus- 
emulsion + 0,5 ccm 
Farbe 

Kontrolle 

Traubenzucker¬ 

losung 

NaCl-L5sung 

Bouillon 

Geotianaviolett 

0,25 Proz. 

Dichter Rasen 

Herabsetzung auf 
etwa "/so ^ er Kolo- 
nienzahl 

Kolonienzahl 
etwa ‘/so von 
Kontrolle 

Ebenso wie Kon¬ 
trolle 

Magentarot (frisch) 
1 Proz. 

dgl. 

dgl. 

Etwa 1 /* vonKon- 
trolle 

dgl. 

Methylviolett 

0,2 rroz. 


11 

1 

| 

Etwa 1 /jo von 
Kontrolle 


Anilinviolett 

0,7 Proz. 



dgl. 

Herabsetzung 
auf etwa l / 3 o der 
Kolonienzaiil 

Dahliablau 

0,15 Proz. 

' I 

>» 

11 


Ebenso wie Kon¬ 
trolle 

Pyoktanin 

0,12 Proz. 

)> 

eteril 

11 

dgL 

Viktoriablau (frisch) 
0,08 Proz. 

11 

Herabsetzung auf 
etwa X L 0 der Kolo- 
nienzanl 

EbeDso wie Kon- 
trolle 

11 


Wir konnen aus dieser Aufstellung leicht erkennen, daB der Typhus 
die Anfarbung mit den Violetten im allgemeinen erheblich lflnger ertrfigt 
als der Milzbrand. Nach einer Anfarbungszeit von 90 Min. wachsen von den 
E b e r t h schen Stabchen in Traubenzucker und NaCl noch etwa 3,3 Proz. 
der Keime, trotzdem, wie frflher gezeigt, bei Zimmertemperatur nach 
5—60 Min. beim Gentian a violett, Dahliablau, Pyoktanin und Me- 
thylviolett die Anfarbung aller Keime vollzogen ist. Lfifit auch das 
mikroskopische Bild bei Anilinviolett und Magentarot in NaCl selbst 
nach 1—IV 2 Std. keine deutliche Farbung erkennen, so beweisen diese 
Resultate bier, daB schon geringe, optisch nicht nachweisbare Spuren 
eines Farbkorpers zur Abtotung der Zelle fiihren kflnnen. Nur Vik- 
toriablau bleibt in NaCl-Losung wirkungslos, ebenso wie es dort keine 


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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung etc. 


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sicbtbare Anfarbung erzeugen kann. Der EinfluB der Schutzkolloide 
in Bouillon tritt bei diesen Versuchen stark zutage, da abgeseben 
vom Anilinviolett die Gegenwart der Farben in der Bouillon ganz ein- 
fluBlos ist. Die in den anderen Aufschwemmungsmedien stark giftigen 
Farben sind in Bouillon wirkungslos. 

Feine Unterschiede in der Farbwirkung auf die einzelnen Lebens- 
iunktionen der Typhusbakterien lieBen sich bei der Prflfung von Malacliit- 
grfin, Brillantgrfln und Chrysoidin erkennen. Dieser Einblick in eine die 
einzelnen Lebensprozesse nacheinander aufhebende Farbwirkung wurde 
durch plStzliche Entfernung der iro Zelleib aufgespeicherten Farbe er- 
reicht, wodurch ihre Wirkungsdauer genau begrenzt wurde. Versetzt 
man eine Typhusaufschwemmung, die mit einer der 3 eben genannten 
Farben behandelt ist, mit Tierkohle, so wird der gesamte Farbstoff von 
der Kohle adsorbiert, so daB auch die Stabchen augenblicklich als 
farblose Gebilde in farbloser Flflssigkeit erscheinen. Die 
technische Anordnung bei diesem Verfahren war folgende: 

1) 1 ccm Bakterienaufschwemmung 0,33 ccm Farbe. 

2) Dazu nacb der gewiinschten Zeit eine Aufschwemmung aus 
0.25 g carbo anim. Merk in 9 ccm physiolog. NaCl-Losung. 

3) 1 Min. bei mittlerer Tourenzahl zentrifugieren. 

4) Die fiberstehende, leicht trtibe FlQssigkeit abgieBen. Sie enthalt 
in groBen Mengen den Typhus, wahrend fast die gesamte Kohle am 
Boden des Giaschens ist. 

5) Von der flberstehenden FlGssigkeit 1 Oese auf eine Platte von 
18 cm Durchmesser mit Lackmus-Laktose-Agar ausstreichen. 

Die nunmebr aufsprossenden Kolonien zeigen, daB beim Malachit- 
?rfin die wieder farbfreien Stabchen teilweise noch nach 20. Min. Farb¬ 
wirkung auskeimen, wahrend bei den nicht farbbefreiten nach 
5 Min. fast vollige Sterilitat eingetreten ist (in nachstehender 
Tab. sind die farbbefreiten, „gewaschen“ genannt und die nicht wieder 
entflrbten „ungewaschen“). 


Tabelle Nr. 6. 










5 Min. i 

10 Min. 

20 Min. , 

Kontrolle 

Malachit- , 

gewaechen 

Ehenso wie Kon- 

Etwa ! / a der Ko- 

Etwa f / 4 der Ko-| 

Diehter 

spun 1 


trolle 

Ionienzahl von 

Ionienzahl von 

Kasen 


ungewaschen 

10 Kolonien 

Kontrollc 

nteril 

Kontrolle 

steril 

dgl. 

Briilant- 

gewaschen 

EtwaV l0 ^ er Ko- 

?> 

1 

>« 

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ungewaachen 

ionienzahl von 
Kon trolle 

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din 

gewaschen ■ 

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i » 

it 

n 

ii 


jungewaschen 

tt 

it 

i 

' it 1 

li 


Aus diesen und schon frflher beim Malachitgrfln gewonnenen Resultaten 
ergibt sich, daB sofort nach dem Farbzusatz die Beweglichkeit der Typhus¬ 
bakterien aufhdrt, dafi.dann eine StOrung der Keimfahigkeit eintritt, wahrend 
das Leben noch erhaiten bleibt. Erst nach 5 Min. Farbwirkung beginnt 


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158 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 2. 

langsam die Abtotung derart, daB nach 20 Min. noch etwa 1 / i der 
Keime lebensfahig ist. Die Schadigung ergreift mithin zeitlich deut- 
lich voneinander abgrenzbar nacheinander die einzelnen Lebenstatig- 
keiten der Zelle. Es wird hier deutlich, daB das Ausbleiben des 
Wachstums nicht mit der Abtotung gleichzusetzen ist. Beim Chry- 
soidin und Brillantgriin vollzieht sich der ganze ProzeB schon inner- 
halb von 5 Min., so daB eine Trennung der einzelnen Stadien kanm 
moglich ist. 

Verglichen mit den „Violetten tt scheinen diese 3 Farbstoffe also erheb- 
lich giftiger fflr den Typhus zu sein. Alle Versuche aber zeigen aufs 
deutlichste, daB das Eindringen von Farbe in die Zelle 
selbst kurze Zeit schadlos nicht ertragen wird, sondern 
dafi nach mehr Oder weniger ausgedehnter Wirkungsdauer 
stets der Tod eintritt. * 

Ein kurzer zusammenfassender Rtickblick auf diese Versuche, die 
die Wirkung der Anfarbung auf die Lebenvorgange von Anthrax and 
Typhus zum Gegenstande hatten, lehrt uns folgendes: 

1) Die vegetative Form des Anthrax wird durch 5 Min. dauernde 
Einwirkung der Farben, die sofort in ihn eindringen, in alien Fallen 
abgetotet. 

2) Die Dauerform ist resistenter. Unter optimalen Wachstums- 
bedingungen keimt sie, trotz einer Farbbehandlung, die die Stabchen 
abtbtet, noch aus. Doch auch die Sporen sind durch die Farbwirkung 
von 5 Min. geschadigt. Ein relativer Sauerstoffmangel, der auf die Aus- 
keimung unbehandelter Sporen wirkungslos ist, hindert die vorher farb- 
behandelten an der Auskeimung. 

3) Minimale Farbstoffzusatze zum Nahrboden, die weder die Tei- 
lung der Stabchen noch die Auskeimung der Dauerform nachteilig beein- 
flussen, heben den Sporulationsvorgang auf und fuhren zu frOhzeitiger 
Degeneration der Bakterien. 

4) Auch Hefezellen werden durch kurze Farbwirkung stets ab¬ 
getotet. 

5) Die Typhusbakterien scheinen die Einwirkung der gleichen Farb¬ 
stoffe etwas langer zu ertragen als der Anthrax. Doch auch sie werden 
in alien Fallen nach kurzer Zeit abgetotet, wo nicht ihre Anfarbung durcb 
hemmende Einfliisse verhindert wird. Durch letztere (Schutzkolloide) 
kann die Giftigkeit der Farben ganzlich aufgehoben werden. 

6) Es gelingt, das Malachitgriin und einige andere Farben wieder 
aus den Typhusbakterien zu entfernen. Durch genaue zeitliche Ab- 
stufung der Wirkung dieser Farbkorper lassen sich die einzelnen Lebens- 
funktionen der Bakterien getrennt voneinander aufheben. 

Diese Ergebnisse sind wohl eine eindeutige Antwort auf unsere 
anfangs gestellte Frage nach der Schadlichkeit des Eindringens von 
Farbstoffen in die Bakterienzelle. Sehen wir doch, dafi die Keime eine 
optisch nachweisbare Anfarbung nie langer als wenige Min. ertragen. 
Die deletare Wirkung des entgegen den physiologisch chemischen 
Eigenheiten der Zelle eingedrungenen Fremdkorpers ist unbestreitbar. 
Der Fremdkorper ist ein Gift! Sollten sich nun Metazoenzellen anders 


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Reichert, Ueber den Ablauf vitaler Bakterienfarbung etc. 


159 


verhalten? Solllen sie, die wir als spezialisierter und damit wahrschein- 
lich noch enger auf einen bestimmten Stott'wechsel eingestellt kennen, 
diese Insulte aushalten, die fiir die primitivere (ira Sinne der Differenzie- 
rung) Bakterienzelle todlich sindV ErtrSgt doch nicht einmal die in 
jeder Richtung auBerordentlich resistente Rlilzbrandspore solche Ein- 
griffe schadlos! Das muB zum mindesten als auBerst unwahrscheinlich 
bezeichDet werden. Wer gesehen hat, wie eine minimale Elektrolyt- 
menge die Dispersitat einer kolloidalen Farblosung ganzlich Sndert, 
kann nicht glauben, daB eine lebende Zelle, deren chemische, physika- 
lisch-chemische und morphologische Konstitution aufs feinste abgestimmt 
ist, das Eindringen eines chemischen Fremdkorpers reaktionslos ertrdgt. 
Es ist wohl moglich, daB es Farbstoffe gibt. die sich nur an para- 
plastische Substanzen oder ahnliche Zellbestandteile von sekunddrer 
Lebenswichtigkeit anlagern, oder die in ihrem Aufbau den physiolo- 
gischerweise durch die Zelle aufgenommeuen Stoffen ahneln, woraus 
eine geringere Schiidigung des Zellchemismus resultieren konnte. Zell- 
fremd aber bleiben auch diese Substanzen auf alle F&lle und damit, 
wie oben gezeigt, giftig! Der Nachweis einer Schddigung der Meta- 
zoenzelle ist aber deshalb erschwert, weil meist fiir eine erkrankte so- 
fort eine gesunde kompensierend eintritt, und somit feinere Storungen 
weniger Zellen eines Organs sich dem Nachweis entziehen mflssen. 
Dartiber konnen auch die genauesten chemischen Untersuchungen von 
Se- und Exkreten nicht hinwegtauschen, die normale Befunde ergeben. 
Man kann nur behaupten, daB eine funktionelle Schadigung des ganzen 
Organes oder groBerer Abschnitte desselben nicht eingetreten ist. Ein 
Resultat, das, wie gesagt, die Folge der ausgleichenden Wirkung der fUr 
die geschadigten Zellen aushelfend eintretenden gesunden ist. — Fiir 
den Morphologen aber ergibt sich hieraus die Folgerung, daB auch 
die VitalfSrbung allein nichts iiber den normalen Bau der lebenden 
Zelle aussagen kann. Sie macht uns nur die Struktur einer irgend wie 
chemisch und damit sicherlich auch morphologisch gestbrten Zelle sicht- 
bar. Hiermit soli nicht die Moglichkeit in Abrede gestellt werden, daB 
auch einmal in der lebenden Zelle praformierte Gebilde durch Farb- 
stoffanlagerung ohne wesentliche morphologische Aenderungen durch 
vitale Farbimpragnation sichtbar gemacht werden konnten. Umgekehrt 
aber dflrfen nach obigen Erfahrungen nur durch V. F. dargestellte Einzel- 
heiten einer Zelle nicht als normale Struktureigentiimlichkeiten derselben 
bezeichnet werden, solange nicht durch andere unschadliche Mittel ihr 
Vorhandensein in der nicht chemisch oder sonstwie beeiutluBten Zelle 
einwandfrei dargetan ist. Die nur vitalfarberisch nachgewiesenen Bildei 
mQssen als Aequivalentbilder im Sinne Nissl gelten gerade so wie 
die, die durch das Fixationsverfahren mit anschlieBender Farbung bei 
toten Geweben gewonnen werden. 


Liter aturverseichnis. 

1) Aschoff, Patholog. Anat. Bd. 1. — 2) Birch- H i rschf eld, Centralbl. f. 
Bakt 1888. Bd. 3. S. 569. — 3) Buchner, Ebenda. B. 7. 1S90. 8. 733. — 4) Cohn, 
Zeit^chr. f. Hyg. Bd. 2. S. 386. — 5) Risen berg, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Grig. 
Bd. 71. 1913. 8. 420. — 6) Ernst, Pathologie d. Zelle. (Centralbl. f. Bakt. Abt. IT. Bd. 8. 
1902. — 7) Krehl-M archan d, Allg. Bath. Bd. 3. I9lf>; Kicker, Centralbl. f. Bakt. 
Abt. I. Ref. Bd. 32. 1903. 8. 723. — 8) Class ner, Ebenda. Abt. I. Orig. Bd. 83. 1919. 
S. 301. — 9) Gottlieb, Experiment. Pharmakolog. 1911. 8. 4f>0. — 10) Gutfeld, 
Centralbl f. Bakt. Abt.I. Orig. Bd. 8.1 1919. 8. 102. — 11) Ho her, Bhysikal. Chemie d. 
Zelle.—12) Jasinski, Ebenda Abt. I. Bd. 9. 1891. 8. 387. — 13) Jaenicke, Ebenda, 


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160 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 2. 


Abt. I. Bd. 8. 1890. S. 598. — 14) Kayser, Ebenda. Abt. I. Ref. Bd. 53. 1912. S. 53. 
— 15) Kitasato u. Weyl, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 8. S. 41. — 16) Krumwiede, 
Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Ref. Bd. 59. 1914. 8. 589. — 17) Liebreich, Ebenda. 
Abt. I. Bd. 9. 1891. 8. 136. — 18) Mandelbaum, Ebenda. Abt. I. Ref. Bd. 47. 1910. 
S. 42. — 19) Muller, Ebenda. Abt. I. Bd. 26. 1899. S. 801. — 20) Marzi- 
nowski, Ebenda. Abt. I. Ref. Bd. 57. 1913. S. 46. — 21) Nakanishi, Ebenda. 
Abt. I. Bd. 27. 1900. 8. 547. — 22) Nietzki, Chemie d. org. Farbstoffe. — 23) Noeg- 
gerath, Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Bd. 3. 1888. S. 481. — 24) Plato, Ebenda. 
Abt. I. Ref. Bd. 30. 1902. 8. 190; Bd. 27. 1900. S. 286. — 25) Roszahegyi, 
Ebenda. Abt 1. Bd. 2. 1887. S. 418. — 26) Rothberger, Ebenda. Bd. 24. 1898. 
8. 513. — 27) Spina, Ebenda. Bd. 2. 1887. S. 71. — 28) Stoic, Ebenda. Abt. I. 
Ref. Bd. 32. 1903. S. 276. — 29) Schulemann, Biochem. Zeitschr. Bd. 80. H. 1 u. 2. 
30) Sommaruga, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 12. S. 271. — 31) Schroder, Centralbl. f. 
Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 53. 1912. S. 471. — 32) Stilling, Ebenda. Abt. I. Bd. 8. 
1890. S. 155. — 33) Trainbusti u. Galeotti, Ebenda. Abt. I. Bd. 11. 1892. 
S. 717. — 34) Unna, Ebenda. Abt. 1. Ref. Bd. 45. 1910. 8. 552. — 35) Winter- 
nitz u. Hirschfelder, Ebenda. Abt. I. Ref. Bd. 59. 1914. 8.* 98. — 36) Zsig- 
rnondi, Lehrb. d. Kolloidchem. 


Drackfehlerbeiichtigung. 

In der Arbeit Bender ,,Zur Technik de8 Nachweises der Tuberkelbazillen im 
8putum“ (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 86. H. 6. S. 467) mufi es in der Zu- 
sammenfassung 8atz 3 heifien: Proz. positive Originalausstriche anstatt 193 posi¬ 

tive Originalausstriche. 


An die Herren Mitarbeiter 

Die jetzigen abnorraen Verhaltnisse zwingen uns leider, mit dem ver- 
t'iigbaren Raum so sparsam wie mbglich unizugehen. Wir sehen uns daher 
genotigt, in Zukunft Arbeiten, welche den Umfang Ton 2V 2 bis 3 Drock- 
bogen (einschlieBlich Tafeln, Figuren, Tabellen, Kurven etc.) Ober- 
sehretten, Ton der Annahme auszusclillefien und bitten daher die Herren 
Mitarbeiter, in den einzuliefernden Manuskripten sich raoglichst kurz 
fassen zu wollen, Tabellen, Kurven, geschichtliche Ein- 
1 eitungen usw. aber zu vermeiden, oder aber die Herstellungskosteo 
des obengenannte Bogenzabl ttberstelgenden Textes nnd die der 
Tafeln, Figuren, Tabellen, KurTcn u. dgl. sclber zu tragen. Ffir 
Manuskripte, welche zum Zwecke der Kiirzung etc. zuriickverlangt werden, 
ist das znr Riicksendung ntitige Porto an die Redaktton einzu- 
senden. In der Hoffnung, daB bald wieder normalere Verhaltnisse die 
jetzigen Einschrankungen unnotig machen, zeichnen 

Rcdaktlon und Verlag 

des Centralblatt fttr Raktcriologie, Parasitenkunde 
und Infektionskrankheiten. 


Inhalt 

Becker, Rudolf, Die auBere Gestalt der 
Pferdebandwiirmer. Mit 6 Abbildungen 
im Text, S. 110. 

Haasherr, Otto, Beitrag zur Frage der 
physiologischen Agglutination von Y- 
Ruhrbazillen, S. 95. 

Iiantssch, Kurt, Beitrag zur Kenntnis 


der Fluorescens-Gruppe. Mit 1 Ab 
bildung im Text, 8. 81. 

Reichert, Fr., Ueber den Ablauf vitaler 
Bakterienfarbung und die biologische 
Wirkung der Earbung auf die Keime. 
Mit 11 Abbildungen im Text, S. 118. 


Frommannsche Buchdruekerei (Hermann Pohle) in Jena. 


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Ceitralhl. i. Bah. etc. I. Hit Ori|imle. 1187. left 3. 

Ausgegeben am 4. November 1921. 


NaoMruck verboten. 

Weitere Untersiichungen zur Paratyphusfrage, insonderheit 
zor pr^ktischen Brauchbarkeit des Absattigungsverfabrens 

fiir die Typentrennung. 

[Aus der bakteriologischen Abteilung des Reichsgesnndheitsamts 
(Direktor: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. L. Haendel).] 


Von P. Manteufel und H. Beger. 


Frflhere Untersuchungen von uns (1) hatten ergeben, daB die in 
verschiedenen Gegenden Europas bei menschlichen Paratyphusepidemien 
gefundenen sogenannten Paratyphus /^-Kulturen auf Grund der Agglu- 
tinationsreaktion als Pestifer-Bazillen bezeichnet werden mQssen, und 
damit eine Vermutung bestatigt, die bereits Pfeiler (2) geSuBert hatte. 
Bernhard, GeiBler, Neukirch, Weil und Schiff (3), die der- 
artige FSlle festgestellt und beschrieben haben, bezeichneten die Kulturen 
als Pestifer-Bazillen vom Typus Voldagsen, eine Ansicht, die insofern 
mit der unserigen flbereinstimmt, als der Typus Voldagsen nach unseren 
friiheren Untersuchungen nichts anderes als eine VarietSt des Typus 
Pestifer ist. Weiterhin hatte sich dann an der Hand von umfang- 
reichen Agglutinationsreaktionen herausgestellt, daB durchgfingig eine 
serologische Differenzierung der Paratyphus 6- und Pestifer-Bazillen 
moglich ist, indem nS.mlich monovalente Paratyphus B-Sera vom Kanin- 
chen im aligemeinen die Pestifer-Kulturen unserer Sammlung wenig 
oder gar nicht beeinfluBten und Pestifer-Sera von den zahlreichen 
menschlichen SammlungsstEmmen des Gesundheitsamts nur die oben- 
erwahnten Paratyphus /?-Kulturen spezifisch agglutinierten, die wir auf 
Grand ihrer biochemischen und serologischen Merkmale als identisch 
mit dem Typus Pestifer erkannt hatten. 

Es steht also fest, daB bei menschlichen Erkrankungen aufier den 
lusher anerkannten 3 Vertretern der Paratyphaceenfamilie, n&mlich Para¬ 
typhus A, Paratyphus B und Enteritis Gartner noch eine 4. sero- 
logisch abgrenzbare Untergruppe vorkommt, fttr die der jetzt eigentlich 
gegenstandslose Name Suipestifer eingebflrgert ist. Die letztge- 
nannten Bazillen sind bei Untersuchung von menschlichem Krankheits- 
material anscheinend bisher hhufig verkannt worden, weil man sie ent- 
weder als inagglutinable paratyphusahnliche oder als Paratyphus C-Ba- 
zillen angesprochen hat. 

Da bei den auf Pestifer-Infektion beruhenden menschlichen Er¬ 
krankungen eine Nahrungsmittelvergiftung durch Schweinefleisch zum 
Teil von den Autoren als ausgeschlossen bezeichnet wurde, ist der Aus- 
gangspunkt dieser menschlichen Erkrankungen noch unklar, und wir 
bezeichneten es deshalb als wiinschenswert, auf das Vorkommen von 
Pestifer-Staramen bei anderen Tieren zu fahnden, die zu der Nah- 
ningsmittelversorgung des Menschen Beziehung haben. Pfeiler gibt 
bereits an, daB er Pestifer-Bazillen nicht nur beim Schwein, sondern 


&tte Abt. Orlf. Bd. 87. 

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Heft a 


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Centnlbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 

auch beim Rind gefunden habe, andererseits sind bekanntlich bei Rindern 
und Schweinen auch bereits Gartner-Stamme festgestellt worden. 

Wir haben zunachst 8 Kalberruhrstamme mittels aller fflr die frflheren 
Untersucbungen benutzten monovalenten Kaninchenimmunsera einer aus- 
giebigen serologischen Prflfung unterzogen 1 ). G&rtner-Bazillen, die 
yon anderer Seite als Erreger der „Kalberruhr“ ja bereits festgestellt 
sind, befanden sich nicbt darunter, dagegen reagierten alle 8 auf Para- 
typhus B-, nicht aber auf Pestifer-Sera. Auch unter den weiterhin 
untersuchten Stammen von Stutenabort (9 Stamme), Kaninchen paratyphus 
(3 Stamme), Meerschweinparatyphus (3 Stamme) sowie Maui, phos (3 
Stamme) baben wir keine auf Pestifer-Sera ansprechenden kulturen 
gefunden; in alien Fallen liefi sich serologisch die Zugehflrigkeit zum 
Paratyphus B-Typus erweisen. Mit dieser geringen Anzahl von 
Untersuchungen ist natfirlich nicht bewiesen, daB'Pesti- 
fer-Bazillen bei anderen Haustieren als beim Schwein 
nicht vorkommen, wir sehen aber in dem serologischen 
Verhalten dieser Stamme tierischer Herkunft eine Be- 
statigung unserer Annahme, daB auch bei den tierischen 
Stammen die serologische Differenzierung in einenP&ra- 
typhus B- und Pestifer-Typus in die Erscheinung tritt 

Im Verlaufe der Untersuchungen ergab sich eine weitere Bestati- 
gung dieser Auffassung darin, daB sich bei der serologischen Prflfung 
von Stammen, die dem Gesundheitsamt von auBerhalb mit der Diagnose 
„Pestifer u zugegangen waren, einige von Schweinen stammende Kul- 
turen fanden, die auf unsere Pestifer-Sera nicht ansprachen, wobl 
aber auf die Immunsera aus der Paratyphus B-Gruppe. Wir ziehen 
daraus denSchluB, daB nicht alle „Schweinestamme tt ohne 
weiteres zur Pestifer-Gruppe gerechnet werden dflrfen, 
sondern daB es vorher einer Prflfung bedarf, ob man es 
mit einem Vertreter des Typus Pestifer, des Typus Para¬ 
typhus B oder des Gartner-Typus zu tun hat. Hierin 
scheint uns auch der Schlflssel fflr dieErkiarung derlat- 
sache zu liegen, daB die meisten Untersucher bisher zu 
keiner einwandfreien Differenzierung der ParatyphusB- 
und Pestifer-Bazillen gelangen konnten: Die ohne weitere 
Untersuchung als Pestifer-Bazillen angesprochenen Kulturen vom 
Schwein waren eben teilweise keine Pestifer-Bazillen, sondern Para¬ 
typhus B- und Gartner-Kulturen, und dementsprechend haben aoch 
die mit solchen verschiedenartigen Stammen hergestellten Immunsera 
verschiedenartige Reaktionen gegeben und zu einer Verwirrung der 
Sachlage Veranlassung geboten. Tatsflchlich also zeigen die Paratyphus 
B- und Pestifer-Bazillen untereinander erheblich grQBere serologische 
Differenzen wie die Paratyphus B- und Gartner-Stamme. Das zeigte 
sich im Verlaufe der Untersuchungen zuerst bei der Durchprufung der 
samtlichen Sammlungskulturen von Paratyphus B, Gartner und 
Schweinepest — 99 Nummern — mit 15 monovalenten Kaninchenseren. 
Dabei wurden die Pestifer-Stamme und deren Varietaten von den 
Paratyphus B- und Gar tner- Seren nicht agglutiniert, ebensowenig 
von einem Paratyphus B- und einem Giirtner-Eselserum, die wechsel- 
seitig auf die zugehorigen Gruppen stark iibergriffen. Dieser Weg der 


1) Auf die Wicdenrabe der sehr zahlreichen Aerglutinationstabellen haben wir aas 
Sparsanikeitsgriinden verzichten zu miissen geglaubt. 


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Manteufel u. Beger, Weitere Untereuchungen znr Paratyphusfrage etc. 163 


Difierenzierang ist ersichtlich fiir die Untersuchungspraxis aber zu urn- 
stSndlich, denn das Arbeiten mit einer grSBeren Anzabl von Immun- 
seren erfordert viel Zeit. Wir haben daher auf eine einfachere Weise 
zu einer Differentialdiagnose zu gelangen versucht. 

Auf dem von Bitter (4) vorgeschlagenen kulturellen Wege ist uns, 
wie wir bereits in der frflheren Mitteilung berichteten, weder zwischen 
Paratypbus B und Gartner, noch zwischen diesen beiden und dem 
Pestifer-Typus eine Abgrenzung gelungen. Bitter macht bekannt- 
lich gar'’! bestimmte Angaben, daB man auf diese einfache Weise die 
„echten .aratyphus B-Stflmme von den viel haufigeren „Fleischver- 
giftern“ v i.ogrenzen kSnne, allerdings nur dann, wenn es sich um frisch 
aus dem K dr per geztichtete Kulturen handelt. Das letztere ist 
nan bei unseren Sammlungskulturen nicht der Fall. Es gelang uns indes 
anch nicht mit den 15 Teststammen, die uns Herr Bitter 1 ) freundlichst 
uberlassen hat; deshalb will es nichts beweisen, daft die verschiedenen Ty- 
pen unserer Sammlung keine diagnostisch verwertbaren Unterschiede 
zeigten, insonderheit dafi wir nach diesem Verfahren nicht bestimmen 
konnten, ob man die Pestifer-Bazillen zu den „Fleischvergiftern u zu 
rechnen hat, was doch wahrscheinlich anzunehmen ist. Wir fanden z. B. 
unter den Mflusetyphen einen starken Schleimwallbildner und vermiflten 
diese Fahigkeit bei echten Paratyphen, wir fanden unter denPestifer- 
Kulturen solche, die auf Raffinoseagar Knopfe bildeten, und unter den 
echten Paratyphen solche, die es nicht taten. OfFen lassen mflssen wir 
die Frage, ob vielleicht die Verftltterung an Mause konstante Unter¬ 
schiede zwischen den Typen Paratyphus B und den Fleischvergiftern 
anch bei Verwendung von alten Sammlungskulturen ergibt, wie es 
Bitter bei frischen St Seamen so einheitlich gesehen hat. 

In der frflheren Mitteilung haben wir bereits auf die verschiedene 
Benrteilung hingewiesen, die dem Castellanischen Versuch bezflglich 
seiner Brauchbarkeit fflr die Differentialdiagnose innerhalb der Para- 
typhusfamilie zuteil geworden ist, und stellten angesichts der von 
Kruse und seinen Schfllern nachgewiesenen Brauchbarkeit dieses Ver- 
fahrens fflr differentialdiagnostische Zwecke innerhalb der Dysenterie- 
familie eigene Untersuchungen in Aussicht. 

Diese Versuche wurden zuerst unter Benutzung der hier mehrfach 
erw&bnten monovalenten Kaninchensera angestellt. Die Ergebnisse waren, 
im ganzen beurteilt, unbefriedigend. Einzelne Sera lieBen sich durch 
den homologen Stamm ilberhaupt schwer absattigen, bei anderen gelang 
es das eine Mai gut, das andere Mai gar nicht. Dementsprechend war 
anch das Ergebnis der Differenzierung schwankend. Bis in die letzte 
Zeit dieser bis flber 1 Jahr hindurch betriebenen Absat- 
tignngsversuche, die im Laufe der Zeit zu einer ganz 
homogenen Technik geftihrt haben, ist es uns nicht ge¬ 
lungen, mit einem beliebig heravisgegriffenen, aggluti- 
nierenden Kaninchenserum einheitliche Resultate zu er- 
zielen und die Ursache dieser unregel >n a Bigen Ergebnisse 
aufzudecken. 

Spater haben wir dann in der Erwagung, daB Eselsera sich wegen 
der grSBeren von jeder Operationsnummer zur Verfiigung stehenden 
Menge und ihrer nachweislich umfassenderen Agglutinationsbreite fiir 


1) Fur die UeberlassunK dioser Stamme dan ken wir Horrn Prof. Hitter anch an 
dieser Stelle ferner sind wir Herrn J'rof. Kaebitrer in Halle und Herrn Re^.-Rat 
Zell er in Dahlem fiir die Ueberlassung ihrer Stamme zu grotiem Danke verpflichtet. 


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164 


CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 3. 

Absflttigungs versuche in groBeren Reiben besser eignen mttBten, die in 
der Abteilung zwecks Abgabe an andere Dienststellen,vorrStig gehaltenen 
diagnostischen Eselsera fflr Paratyphus B und Gartner znm Castel¬ 
lan ischen Versnch herangezogen, um auf breiterer Grnndlage ein 
sicheres Urteil flber die praktische Brauchbarkeit dieser Versuchs- 
anordnung zu gewinnen. Diese letzteren Versuche haben in 
auffallendem Gegensatz zu den Versuchen mit Kaninchen- 
serum hei vielfacher Wiederholung der einzelnen Ver¬ 
suche durchaus gleichm&Bige Ergebnisse geliefert. Wir 
sehen auf Grund dieser Beobachtung die Ursache fflr die 
widerspruchsvolle Beurteilung dieses Verfahrens in erster 
Linie darin, daB sich bei weitem nicht alle .Immunsera 
fflr dergleichen Absflttigungsversuche eignen, vielmehr 
mflssen sie auf ihre Brauchbarkeit fflr diesen besonderen 
Zweck erst ausgewertet werden. Vielleicht ist es dabei nur 
ein Zufall, daB sich die Eselsera in unserem Falle brauchbarer erwiesen 
haben. Allerdings hat auch ein Paratyphus B-Pferdeserum, das wir 
versucht haben, sich als ungeeignet gezeigt. 

Das vorerwahnte Eselserum fflr Paratyphus B ist mit einem Samm- 
lungsstamm hergestellt, der als Erreger einer „echten u Paratyphus B- 
Infektion angesehen werden kann. Es hat einen homologen Titer von gut 
10000 bei Lupenkontrolle und agglutiniert auBer den zahlreichen, umer 
Paratyphus B gefflhrten St&mmen, deren genaue Herkunft meist nicht 
mehr zu ermitteln ist, auch die Gftrtner-Stamme unseref Sammlung. 
Dagegen beeinfluBt es die Pestifer-Stamme, die aus den frflheren 
Untersuchungen des Gesundheitsamts ttber Schweinepest herrflhren, ferner 
2 von Pfeiler stammende Stamme „Pestifer Kunzendorf“ und schlieB- 
lich auch die Voldagsen-Glasser- und Ferkeltyphusst8mme, die wir 
als Varietaten des Typus Pestifer ansehen, fast gar nicht. Auch die 
sogenannten Paratyphus /3-Kulturen, deren Identitat mit dem Typus 
Pestifer wir in der frflheren Arbeit nachgewiesen zu haben glauben, 
gehen bei der Agglutination mit diesem Serum nicht mit. 

Die Technik der Absattigung wurde im Laufe der Zeit auf folgende 
einfache Formel gebracht: Je eine Schragagarkultur der benutzten Bak- 
terien wird mit 1 ccm physiol. Kochsalzlosung abgeschwemmt (je eine 
Petri-Schale der OberMchenaussaat mit 5 ccm physiol. Rochsalz- 
Iflsung), gewaschen und mittels elektrischer Zentrifuge ausgeschleudert. 
Nach Entfernung der Waschflflssigkeit wird der Bodensatz mit der 
gleichen Menge (1 ccm auf eine Kultur) des auf J / 100 verdflnnten Im- 
munserums flberschichtet, darin fein verteilt und 1 Std. bei 37 0 gehalten. 
Alsdann wird abermals scharf zentrifugiert und der AbguB zur Aggluti- 
nationsprflfung verwendet. 

Zunachst wurden Versuche mit den obenerwahnten Bitterschen Test- 
stammen angesetzt, weil deren Herkunft genau bekannt ist, und weil sie 
nach den Bitterschen Gesichtspunkten in Kiel als ^Paratyphus B“, 
^Enteritis Breslau 11 und ^Enteritis Gartner 44 bestimmt waren. Durch 
Absattigung mit einem Stamm der „Paratyphus B-Gruppe 44 wurden aus 
dem Paratyphus-Eselserum die Agglutinine fflr alle 3 Typen herans- 
genommen, nach Absattigung mit einem Stamm der nBreslaugruppe* 
blieben nur die Agglutinine fflr ^Paratyphus B 44 im Serum nachweisbar, 
und bei Absattigung mit einem ^Gartner-Stamm 44 blieben die Agglu¬ 
tinine fflr Paratyphus und Breslau erhalten. Diese Ergebnisse erwiesen 
sich bei vielfacher Wiederholung als konstant. Es hat danach den 

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Manteufel u. Beger, Weitere Untersuchungen zur Paratyphuefrage etc. 165 

Anschein, daB den von Bitter auf kulturellem Wege dif- 
ferenzierten Typen aucb kennzeichnende Verschieden- 
heiten am Rezeptorenbau zukommen. Das Verfahren wurde 
nunmehr bei sAmt lichen Sammlungskulturen mit dem gleichen ganz ein- 
dentigen Ergebnis dnrcbprobiert: Absattigung unseres Testserums 
mit einem Stamm der „Pestifer-Gruppe“, die von dem Serum nur 
in den stArksten Konzentrationen mitagglutiniert wird, laBt die Agglu- 
tinine fGr Paratyphus B, Enteritis Breslau und Enteritis Gartner un- 
beeinfluBt. Absattigung mit einem Stamm der „Gartner-Gruppe tt 
Mt nur die Agglutinine filr Paratyphus B und Breslau im Serum, und 
nach Abbindung mit einem Stamm der „Breslaugruppe u agglutiniert das 
Serum nur einige wenige unserer unter Paratyphus B gefilhrten Samm- 
lung8stamme, darunter den homologen Stamm, den wir als Erreger eines 
echten Paratyphus B kennen. Wenn man dieser Differenzierung durch 
Absattigung maBgebliche Bedeutung beilegt, dann muB man also schlieBen, 
dafi die groBe Mehrheit unserer Sammlungsparatyphen Breslaustamme, 
d. h. Fleischvergifter im Bitterschen Sinne sind und nicht Erreger 
von Paratyphus B-Erkrankungen. 

Abgesehen von dieser durch den Absattigungsversuch zutage 
tretenden Unterschiedlichkeit der Breslau- und Paratyphus B-Stamme, 
fillt die Bestimmung der einzelnen Kulturen nach dem Absattigungs- 
verfahren zusammen mit den Ergebnissen, die man mit der Aggluti- 
nationsreaktion durch monovalente Kaninchensera erhait. 

Durch den Castellanischen Versuch erhait man also 
auBer den anerkannten Untergruppen 2 weitere in der 
Paratyphus B-Familie, die noch nicht allgemeine Aner- 
kennung genieBen, namlich die Typen Pestifer und Breslau. 

Was die Abgrenzung des Pestifer-Typus anlangt, so linden wir 
eine Berechtigung dazu darin, daB die Agglutinationsreaktion mit mono- 
valenten Kaninchenseren in dem gleichen Sinne spricht. Allerdings be- 
steben in dieser Hinsicht, wie wir bereits in unserer frflheren Mitteilung 
betonten, zwischen unseren Ergebnissen und denen anderer Autoren 
Widersprflchej die nur durch eine NachprQfung der Befunde von dritter 
Seite aufzuklaren sind. Wir glauben den Grund dieser Widersprflche 
jetzt darin gefunden zu baben, daB wir bei Schweinen verschiedene von 
pestkranken Schweinen stammende Kulturen ermittelt haben, die nicht 
auf Pestifer-Sera, wohl aber auf Paratyphus B- und Gartner-Sera 
re&gierten. Diese Starame haben auch beim Castellanischen Versuch 
einen unzweifelhaften Paratyphus-Charakter gezeigt und jede Verwandt- 
schaft mit dem Pestifer-Typus abgelehnt Es ist mithin sicher, daB 
ein Angehdriger der Paratyphaceenfamilie durchaus nicht ein Bacillus 
suipestifer zu sein braucht, weil er aus einem pestkranken Schweine 
herstammt, vielmehr muB man, wie bereits bekannt, mit dem Vorkommen 
von Gartner-Stgmmen rechnen und, wie wir gezeigt haben, auch mit 
Vertretern der Paratyphusgruppe. Hierbei sind sicher oft Verwechslungen 
vorgekommen, und man hat Kulturen von ganz verschiedenem antigenem 
Charakter zusammengeworfen. Dementsprechend haben dann auch die mit 
diesen Stammen hergestellten Immunsera ganz verschiedene Reaktionen 
gegeben und die serologischen Unterschiede zwischen Paratyphus B- und 
Pestifer-Stammen verschleiert. Unter solchen Voraussetzungen muB 
natQrlich auch der Absattigungsversuch unrichtige Resultate liefern. So 
erkiaren wir uns in der Tat z. B. die Ergebnisse von Bock (5), der 
im Castellanischen Versuch zwar Differenzen zwischen „echten tt 

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166 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt Originate. Bd. 87. Heft 3. 


Paratyphus B- und Fleischvergifterkulturen erhalten hat, aber keine 
Unterschiede zwischen den ietzteren und Schweinepestbazillen. Der 
verwendete Pestifer-Stamm rflhrte offenbar zwar von einem pest- 
kranken Schwein her, gehdrte aber zur Paratyphus B- und nicht znr 
Pestifer-Gruppe. 

Weun auch fflr das Kraukheitsbild der Schweinepest jetzt das filtrier- 
bare Virus ziemlich allgemein als Ursache anerkannt ist, bleibt doch 
immer noch die Frage offen, ob die Pestifer-Bazillen an sich nicht 
ebenfalls als Erreger seuchenhafter Erkrankungen bei diesen Tieren an- 
zusehen sind, namentlich bei jungen Schweinen. Wir wissen jetzt, daB 
die Pestifer-Bazillen beim Menschen seuchenhafte und tddlich ver- 
laufende Krankheiten vernrsachen, daB die verschiedenen Typen bei 
Mensch und Vieh zwar auch dann im Organismus zu linden sind, wean 
keine Krankheitserscheinungen vorliegen, daB sie aber auch sicherlich 
ortliche krankhafte Erscheinungen und septische Prozesse hervorrufen. 
Deshalb ist der Gedanke nicht von der Hand zu weisen, daB gesunde 
Schweine, die im Darm Pestifer-Bazillen beherbergen, als Dauer- 
ausscheider anzusehen sind, deren Ungefahrlichkeit ffir die menschliche 
und tierische Umgebung nicht auf der mangelnden Pathogenitat der 
ausgeschiedenen Bazillen beruht, sondern auf einer endemiscben Dnrch- 
seuchung, die eine gewisse Widerstandsfahigkeit gegen akute Erkran¬ 
kungen mit sich bringt. Vielleicht ist die Hauhgkeit der Pestifer- 
Infektionen beim Menschen in ISndlichen Bezirken weit groBer, als man 
es gegenwSrtig annimmt, und bisher teilweise deswegen unaufgekl&rt 
geblieben, weil man immer im Banne der Identitat von Pestifer- nnd 
Paratyphus B-Bazillen untersucbt hat. Zun&chst handelt es sich hier 
allerdings lediglich um eine Arbeitshypothese. 

Wir kommen nun zu der Bewertung der zwischen den „echten 
Paratyphuserregern u und den „Fleischvergiftern tt gefundenen Unter¬ 
schiede. Wfthrend frflhere Untersucher hier weder kulturell und bio- 
chemisch noch serologisch durchgreifende Unterschiede feststellen konnten, 
mehren sich neuerdings die gegenteiligen Ansichten. In Deutschland 
ist namentlich Bitter in letzter Zeit fiir diese Ansicht eingetreten, und 
ihm hat sich aus klinischen GrQnden' Sc hit ten helm (6) angeschlossen. 
Bitter findet bekanntlich bei frisch aus dem menschlichen Korper iso- 
lierten Stammen dieser beiden Krankheitsformen folgende Unterschiede: 
Die Erreger des Paratyphus B (und die Gartner-Stamme) bilden auf 
den flblichen NahrbSden Schleimwalle und auf Raffinoseagar zahlreiche 
Knfipfe, was die Bazillen der NahrungsmittelvergiftUng nicht tun. Letztere 
zerfallen in den Typus Gartner und den Typus Breslau (Flfigge-Kaen- 
sche), die wiederum dadurch zu unterscheiden sind, daB die Gartner- 
Stamme sich durch Agglutination mit monovalenten Kaninchenseren von 
den Paratyphus B-Stammen trennen lassen, wahrend das zwischen den 
Typen Paratyphus B und Breslau nicht einwandfrei gelingt. Ferner sollen 
die „Fleischvergifter a nach Bitter bei Mausen per os tOdliche Infektionen 
hervorbringen, was bei den Erregern des Paratyphus B nicht der Fall ist. 
Da wir mit alten Sammlungskulturen gearbeitet haben, haben wir die kul- 
turellen Unterschiede nicht mehr feststellen kOnnen, sie allerdings auch 
bei den von Bitter zur Verfiigung gestellten Kulturen vermiBt, aber 
das beweist wohl nichts gegen die Richtigkeit der Bitterschen Fest- 
stellungen. Serologisch konnten wir nur mit einem unserer Kaninchen- 
sera Differenzen bekommen, namlich mit dem Immunserum unseres 
Sammlungsstammes Hellwig, der nur eine kleine Sondergruppe unserer 


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Manteufel u. Beger, Weitere Untersuchungen zur Paratyphusfrage etc. 167 

Paratyphus B-Knlturen agglutinierte, die wir aos spater zu erorternden 
{Jrfinden ffir echte Paratyphus-Erreger halten. Die (ibrigen Sera beein- 
flnCten beide Gruppen ziemlich gleichmfiBig, auch ein Gfirtn er-Esei- 
sernm griff auf beide Typen gleichmfiBig fiber. Es muB mithin zunfichst 
weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben, ob man durch bessere 
Answahl der Stfimme Immunsera bei Kaninchen erzielen kann, die nur 
auf Paratyphen und nicht anf Fleischvergifter wirken, Oder ob das Er- 
gebnis mit, unserem Kaninchenserum Hell wig ein blofier Zufalls- 
befund ist. 

Im Gegensatz zu diesen unsicheren Ergebnissen hat, wie bereits 
oben angegeben, das Absfittigungsverfahren mit einem Paratyphus B- 
Eselserum ganz klare Resultate geliefert, indem namlich bei der Ab- 
bindung mit einem von Bitter nach seinen Angaben als Breslau 
diagnostizierten Stamme die Agglutinine fflr die meisten unserer so- 
genannten Paratyphus B-Kulturen ausgeloscht wurden, dagegen fflr eine 
Heine Sondergruppe erhalten blieben, zu der auBer den Bitterschen 
,echten Paratyphen" auch die vereinzelten Sammlungsstamme gehfiren, 
die durch die Agglutination mit unserem Serum Hell wig als zusammen- 
gehSrig aufgefallen waren. Es hat also nach den bisberigen , 
Untersuchungen tatsfichlich den Anschein, daB den von ' 
Bitter zusammengefaBten Unterscheidungsmerkmalen ge- 
wisse serologische Differenzierungsmfiglichkeiten ent- 
sprechen. Immerhin sind wir nicht der Ansicht, daB ein 
gflltiger Beweis daffir bereits erbracht ist und halten 
eine weitere Bearbeitung dieser Frage fflr notwendig. 

Es lag nahe, die Brauchbarkeit des Absfittigungsverfahrens auch 
gegenfiber Stfimmen tierischer Herkunft zu erproben. Uns standen 
auBer den bereits besprochenen Stfimmen von Schweinen, die ihre Zu- 
gehorigkeit zum Pestifer und Gfirtner erwiesen hatten, die oben 
erwfihnten Paratyphus B-Eulturen aus Schweinen, ferner eine Anzahl 
Kfilberruhr-, Pferdeabortus-, Kaninchen- und Meerschweinchenparatyphus- 
8tfimme zur Verffigung. Alle diese Paratyphus B-Stfimme 
tierischer Herkunft verhielten sich gegenfiber unserem 
Paratyphus B-Eselserum wie die Breslaustfimme mensch- 
licher Herkunft. 

Wenn wir auch nicht verkennen, daB die vorliegenden Unter- 
snchungen nach mancher Richtung der Ergfinzung bedflrfen, so wollen 
wir doch darauf aufmerksam machen, daB fflr die Prflfung der angeschnit- 
tenen Fragen 164 Kulturen und 18 Immunsera Verwendung gefunden 
haben und etwa 3000 Agglutinationsreihen durchgeprflft worden sind. 
Eine gewisse Beweiskraft kfinnen die Untersuchungen mithin beanspruchen. 

Die Fehlerquellen, die nach unserer Meinung die 
Brauchbarkeit des Castellanischen Versuches beein- 
trfichtigen kfinnen, liegen weniger in der an sich ein- 
fachen Technik, als in der richtigen Auswahl der Sera 
und Stfimme. Man kann nicht erwarten, daB jedes hoch- 
wertige agglutinierende Serum sich fflr den Absattigungs- 
versuch eignet, sondern man muB das „Testserum“ vor- 
ber daraufhin auswerten. Ebenso wichtig ist es anderer- 
seits, daB die „Teststfimme u , mit denen man die einzelnen 
Oruppenagglutinine absfittigen will, in bezug auf ihre 
Herkunft und Eignung genau geprfift sind. Unter den 
obigen Vorau ssetzungen dtirfte indes die umfangreiche 


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168 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Akt Originale. Bd. 87. fieft 3. 


Verwertung des Absattigungsversuches sicherlich keiners 
Schwierigkeiten begegnen und zur Beseitigung der gegen* 
wftrtigen Unsicherheit in der Paratyphusfrage beitragen.. 

Nicht minder kbnnte die Verstandigung (lurch Beseitigung gewisser 
Unzweckmafiigkeiten in der Nomenklatur gefbrdert werden. Beispiels- 
weise kann man die Abtrennung der Voldagsen-Glfisser- und Ferkel- 
typhusbazillen in eine besondere Untergruppe wohl fallen lassen, da sie 
nichts anderes als inkonstante Variet&ten des Bacillus pestifer sind. 
Auch diese letztgenannte Benennung ist allmfihlich gegenstandslos ge- 
worden, denn der Bacillus suipestifer ist weder ein ausschlieB- 
licher Schweineparasjt noch der Erreger der Schweinepest. Er kommt 
auch beim Menschen und wahrscheinlich ebenso bei anderen Haustieren 
vor und ist ebenso wie der Bazillus Gartner und Paratyphus B der 
Erreger einer septischen Infektion, die mit den krankhaften Ver&nde- 
rungen der Schweinepest nichts zu tun hat. Schliefilich muB man unseres 
Erachtens die Abzweigung einer „Fleischvergiftergruppe“ als irrefflhrend 
bezeichnen, denn das Wesen dieser Krankheitserreger besteht doch mehr 
in einer Infektion als in einer Intoxikation, wenn der Kraukheitsbeginn 
auch manchmal durch die in den Nahrungsmitteln vorgebildeten Gifte 
beeinfluBt wjrd. Und dieses Krankheitsbild wird nicht von einer be- 
stimmten Gruppe der Paratyphaceen hervorgerufen, sondern mindestens 
von einer Mehrzahl, wenn nicht von alien, da sie alle anscheinend durch 
Vermittlung infizierter Nahrungsmittel zu „Vergiftungen“ Veranlassung 
bieten kOnnen. Im Organismus der Haustiere sind ja jetzt wohl alle 
anerkannten Typen bereits nachgewiesen, auch die Paratyphus A*BazilIen, 
die Uhlenhuth und Hfibener (7) bei Schweinen in 3 Fallen ge* 
funden haben. Nur bei dem Typus Paratyphus B Schottmuller 
engeren Sinnes, wie ihn Bitter und Schittenhelm von dem Fleisch- 
vergiftertypus Breslau abzutrennen vorschlagen, ist es fraglich, ob man 
nur mit Kontaktinfektionen von Mensch zn Mensch zn rechnen hat 
Wir lassen es, wie gesagt, noch unentschieden, ob die Unterscheidnngs* 
merkmale zu einer Typentrennung ansreichen. 

Den Weg zu der anzustrebenden Vereinfachung der Nomenklator 
hat Krnse (8) in der 1920 erschienenen 1. Auflage seiner EinfQhrnng 
in die Bakteriologie beschritten. In Anlehnung an die allgemeiu ein* 
gebflrgerte Unterscheidung der Typen A und B bezeichnet er ala 
Untergruppe C diejenige Abart, die bisher mit Paratyphus B zusam- 
mengeworfen wurde, sich aber durch weniger umfassende Agglutinine 
(nach Selter) von letzteren unterscheidet Paratyphus D nennt er den 
Bacillus suipestifer Glass ers (Ferkeltyphus Pfeiler) und E 
den Bazillus Gartner. Diese Einteilung ist nach Ansicht des Autors 
nur eine vorlaufige. „Der Paratyphus bedarf einer ebenso sorgfaitigen 
Bearbeitung, wie sie der Pseudodysenterie schon zuteil geworden ist“ 

Wir haben zu dieser Einteilung folgendes zu bemerken: 

1) Ob die Paratyphus A-Gruppe homogen ist, bedarf noch der Unter- 
suchung. 

2) Fflr die Paratyphus B-Gruppe liegt von Bitter der Vorschlag 
einer Zweiteilung in die Untergruppen Schottmuller, den eigentlichen 
Paratyphus B. und Breslau, die Fleischvergiftung vom Typus FlQgge- 
Kaensche, vor. Wir konnten die von Bitter als maBgeblich bezeich- 
neten kulturellen Unterschiede bei unseren alten Sammlungsstammen 
nicht mehr nachweisen. fauden aber im Caste 11anischen Versnch- 


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Hanteufel u. Beger, Weitere Untereuchungen zur Paratyphusfrage etc. 169 


Differenzen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Differenzen zu einer Typen- 
trennung ausreichen. 

3) In der Gruppe C glauben wir nicbt nur den Typus Voldagsen, 
sondern den ganzen Typus Pestifer einschliefilich der menschenpatho- 
genen Paratyphus /?-Bazillen und der tierpathogenen Giasser-Vol- 
dagsen- und Ferkeltyphusstimme zusammenfassen zu kdnnen. 

4) Gruppe D wflrde dann den Typus GQrtner umfassen, Qber 
dessen Einheitlichkeit allerdings auch noch Zweifel bestehon. 

Diese 4 Untergruppen lassen sich durch Agglutination mit mono- 
valeoten Kaninchenseren und den Absattigungsversuch unter den von 
uns angegebenen Voraussetzungen gut voneinauder unterscheiden. 

5) Ob sich die Benennung der Typen mit Buchstaben allerdings 
einbiirgern wird, scheint uns nach den Erfahrungen bei der Einteilung 
der Dysenteriebazillen fraglich. Kruse glaubt, hier mittels der Ab- 
sattigung bereits 10 Rassen oder Unterarten differenzieren zu kdnnen, 
die er mit den Buchstaben A bis J bezeichnet. Es dQrfte auch dem 
mit der Materie vertrauten Fachmann nicht leicht sein, mit diesen Buch¬ 
staben die zugehftrigen Begriffe verbinden zu lernen. TatsSchlicb haben 
sich auch die frQher Qblichen Benennungen als Shiga-Kruse, Flex- 
ner-, Y- und Strong-Bazillen bisher nicht verdr&ngen lassen, und so 
wird es in der Paratyphusliteratur sicherlich auch komrnen. Im Interesse 
der so dringend wQnsclienswerten Erleichterung einer VerstQndigung 
moll man derartigen praktischen Erwagungen wohl Rechnung tragen. 
Dazu kommt noch ein weiterer Nachteil der Buchstabenbenennung, der 
in der Paratyphusfrage bald akut warden kann, n&mlich dann, wenn 
weitere Untersuchungen tats&chlich die Angaben von Bitter als zu- 
treffend erweisen, dad die Paratyphuserreger und die „Fleischvergifter“ 
vom Typus B in verschiedene Unterarten zu trennen sind. Die letz- 
teren wQrden dann den neuen Buchstaben E bekommen mflssen, wShrend 
sie doch der Verwandtschaft nach dicht neben der Unterart B stehen 
bleiben mQfiten. Auch dieBezeichnungParatyphus C ist von Uhlenhuth 
und HQ boner eigentlich bereits in einem anderen Sinne als von Kruse 
vergeben und kann zur Verwirrung Veranlassung geben. Endlich ist 
es auch zweifelhaft, ob sich die bisherige scharfe Gegenuberstellung der 
Typen A und B, von denen der erstere als ganz homogeu angeuommen 
wird, wdhrend der letztere als aus mehreren Rassen bestehend erkannt 
ist, aufrechterhalten l&llt. Wir schlagen daher vor, die Zweiteilung in 
den A- und B-Typus fallen zu lassen und die samtlichen Paratyphaceen 
in eine gemeinsame Gruppe zusammenzufassen, die folgeudermalien dif- 
ferenziert wird: 

Typus Brion-Kayser = bisher Paratyphus A-Bazillus 

„ SchottmQller = „ „ B „ 

( „ FlQgge-Kaensche = „ „ B „ ) 

„ Salmon-Smith = „ Suipestifer-Bazillus 

„ GQrtner = „ Gartner-Bazillus. 

Zusammenfassung. 

1) Die Angabe in unserer frtiheren Mitteilung, dad sich die Para¬ 
typhus B-Bazillen vom Typus SchottmQller und Flugge-Kaensclie 
serologisch von den Pestifer-Bazillen des Typus Kunzeiulorf ab- 
grenzen lassen, hat sich in weiteren Untersuchungen bestiitigt. Auch 
vom Typus Gartner sind die letzteren sicher zu unterscheiden. 

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170 


CentralbL f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 3. 


2) Der Typus Pestifer kommt nicht nur beim Schwein vor, sondern | 
ist aucb beim Menschen festgestellt. Somit hat man bei der bakterio- 1 
logischen Diagnose menschlicher Erkrankungen auf 4 Unterarten (Rassen) 

zu achten. 

3) Der Typus Para typhus B kommt nicht nur beim Menschen, 
soudern auch bei Schweinen vor. Somit hat man bei diesen auf die 
gleichen 4 Untergruppen zu achten. 

4) Die Differenzierung dieser 4 Unterarten gelingt nicht nur durch 
Agglutination mit monovalenten Kaninchenseren, sondern auch durch 
den Caste 1 lanischen Versuch. Voraussetzung fur die Brauchbarkeit 
des Absattigungsverfahrens ist, dafi man ein fiir den Zweck ausgewertetes 
„Testserum tt und geprflfte „TeststSmme tt zur VerfQgung hat. 

5) Bei Benutzung unseres fflr den Castellanischen Versuch be- I 
nutzten Paratyphus B-Eselserums gestaltet sich die Differenzierung 
beispielsweise folgendermafien: Pestifer-St&mme werden Qberhaupt ! 
nicht agglutiniert. Bei der Abs&ttigung mit einem Stamm des Pestifer* > 
Typus Kunzendorf bleiben a 11 e Agglutinine im Serum erhalten. j 
Bei der AbsQttigung mit einem geprQften Stamm des Typus Gartner 
bleiben nur die Agglutinine fflr die Bazillen des echten Paratyphus B 
(SchottmQller) und fGr die Bazillen der „Fleischvergiftung a (F1G g g e- 
Kaensche) im Serum. Bei AbsQttigung mit einem geprQften Stamm ' 
des Typus FlQgge-Kaensche (nach Bitter) bleiben nur die Ag- < 
glutinine fflr den Typus SchottmQller erhalten. Die AbsQttigung ' 
mit einem nach Bitter bestimmten Stamm des Typus SchottmQller 
entfernt alle Agglutinine aus dem Serum. 

6) Die im Castellanischen Versuch bisher von uns geprQften 
Kulturen von Kfilberruhr, Pferdeabort, Mausetyphus, Kaninchen- und 
Meerschweinchenparatyphus verhielten sich sdmtlich wie die aus dem 
Menschen gezQchteten Kulturen vom Typus FlQgge-Kaensche (En¬ 
teritis Breslau). 

7) Da die Differenzierung der Typen Schottmiiller und FlQgge- 
Kaensche durch monovalente Kaninchen sera nur ausnahmsweise ge¬ 
lingt, sind wir noch im unklaren, welche Bedeutung man in dieser Be- 
ziehung dem Castellanischen Versuche beizumessen hat. 

8) FGr die Widal-Untersuchung beim Menschen ist unbedingt 
neben den Teststammen des Typus Brion-Kayser (Pt. A) und Schott¬ 
mQller (Pt. B) auch ein Teststamm vom Typus Salmon-Smith 
P e s t i f e r) heranzuziehen. Besser benutzt man auch noch einen 
Gartner-Stamm. 

9) Da bei den verschiededen Haustieren ebenso wie beim Menschen 
jeweilig verschiedene Untergruppen der Paratyphusfamilie nachweisbar 
sind, ist eine Unterscheidung nach der Herkunft der StQmme in einen 
menschlichen und einen tierischen Typus nicht durchfQhrbar. 

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Bachmann, Zur Diagnostik der Pfieudotuberkulose, 1 J7J 

Quellen&ng&ben. 

1) Manteufel, Zschucke u. Beger, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 86 
H. 3. — 2) Pfeiler, Weichhardts Ergebo. d. Hyg. Bd. 3. 1919. — 3) Die JLite- 
raturaDgabeo finden sich in unserer unter 1) zitierten Arbeit. Bei dem groflen Um- 
fange der P&ratyphusliteratur ist es moglich, da6 wir die eine oder andere Arbeit, die 
diese Frage behandelt, ubersehen haben. Wir bitten dieserhalb um Nachaicht/— 
4) Bitter, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 90. 1920; Centraibl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 85. 
1920. — 5) Bock, Arb. a. d. Reichsgesundheitsamt. Bd. 24. 1906. — 6) Schitten- 
helm. Miinchen. med. Wochenschr. 1920. Nr. 46. — 7) Uhlenhath u. Hubener, 
Haadb. d. pathog. Mikroorganismen von Kolle u. Wassermann. 2. Aufl. 1913. 
Bd. 3. — 8) Kruse, Einfiihrung in die Bakteriologie. 1920. 


Nachdruck verboten. 

Zur Diagnostik der Pseudotuberkulose. 

Aus dem Hygienischen Institut Dflsseldorf (Direktor: Prof. Dr. Bflrgers).] 
Von Dr. Werner Bachman, 1. Assistant des Instituts. 

Die wirtschaftlich ungflnstigen Verhfiltnisse der heutigen Zeit bringen 
es mit sich, dafi die zn wissenschaftlichen wie diagnostischen Zwecken 
unentbehrlichen Tierversuche immer mehr eingeschrankt werden mtissen. 
Jeder, der noch im Besitze eines wohlgeftillten Tierstalles sich befindet, 
mnfi angstlich daruber wachen, alle Schadlichkeiten von seinem Tier* 
bestand fernzuhalten. (Jnser besonderes Interesse mufi sich daher alien 
senchenartigen Erkrankungen in TierstUllen zuwenden. Besonders die 
Pseudotaberkulose der Nagetiere, die unter den haupts&chlichsten Ver- 
suchstieren, den Meerschweinchen, immer wieder groBere Opfer fordert, 
mQBte rechtzeitig erkannt und damit die Mdglichkeit gegeben werden, 
die infizierten von den gesunden Tieren im Frflhstadium der Krankheit 
abznsondern, event, zu vakzinieren und damit neue Uebertragnngen der 
Pseudotuberkulose zu verhindern. Da eine Friihdiagnose aus dem 
kSrperlichen Befund der Tiere nicht zu stellen ist, so war die nahe- 
liegende Frage zu beantworten, ob nicht mit Hilfe der Oblichen Im- 
munitatsreaktionen (Agglutination, Komplementbindung, Intrakutan- 
reaktion) die kranken von den gesunden Tieren getrennt werden k5nnten. 

Um das Serum pseudotuberkulosekranker Meerschweinchen in ver- 
schiedenen zeitlichen Abstfinden nach erfolgter Infektion priifen zu konnen, 
warden im ganzen 21 Tiere infiziert (s. u.). Als Krankheitserreger 
standen 18 Pseudotuberkidosebazillenstamme zur Verfugung, von denen 
16 sicher als Pseudotuberkulosis rodentium Pfeiffer bestimmt wurden, 
wahrend 1 Stamm, 10 L, nur dadurch unterschieden war, daB er, im 
Gegensatz zu den anderen Stfimmen, weder Maltose noch Mannit zu 
verg&ren vermochte. Ein 18. Stamm wurde als echter Paratyphus B 
erkannt (Bezeichnung 3924 B). An sich wfire es nun wtinschenswert 
gewesen, die Virulenz s&mtlicher 18 StSmme im Tierversuch genau 
festzustellen, bevor die ftir die serologischen Untersuchungen notwendigen 
Tiere infiziert wurden. Es wfire dann vermieden worden, daB die Tiere 
eingingen, bevor ihr Serum auf seinen Agglutiningehalt und seine kom- 
plementablenkenden Eigenschaften geprtift werden konnte, bzw. ehe der 
Intrakutanversuch Aussicht auf Erfolg versprach. Aus Sparsamkeits- 
rficksichten muBte jedoch von einer genauen Virulenzbestimmung ab- 


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172 Centralbl. f. Baku ecU 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 

gesehen werden. Nor 1 von den 16 St&mmen vom Typus rodentium 
Pfeiffer, ID, wurde an weifien M&usen auf seine krankmachende Wir- 
kung geprflft, wobei sicb herausstellte, dafi eine Oese des fraglichen 
Staraines genflgte, um 2 MHuse je am 4. Tage zu toten. Sektionsbefund: 
eitrige Peritonitis, septische Milz. Aus Milz und Herzblut wird der 
Impfstamm in Reinkultur herausgeztichtet. Wurde die Impfdosis auf 
v* Oese herabgesetzt, so machte die infizierte Maus zwar in den ersten 
Tagen einen schwerkranken Eindruck, um sich spdter aber wieder zu 
erholeh. Die hier beobachtete geringe Virulenz des Stammes I D fur 
. Mause wird wobl daraus erklfirt, daB es sich um einen alten Labora- 
toriumsstamm handelte. 

Es erschien nicbt ratsam, bei den nun folgenden Infektionsversuchen 
an Meerschweincben mit verschiedenen Pseudotuberkulosest&mmen durch- 
weg eine so hohe Dosis zu wahlen, da ja auch von anderen Autoren 
beschrieben wurde, daB VlOO Oese geniigen kann, um ein Meerschwein- 
chen mittleren Gewichtes in wenigen Tagen zu toten. 

Diejenigen Tiere, die am Leben blieben, wurden 6 Wochen nacb 
erfolgter Infektion getdtet. Der Sektionsbefund bei alien 21 Tieren er- 
gab stets Pseudotuberkulose. Aus Milz und Herzblut konnten die Er- 
reger in jedem Falle in Reinkultur herausgezttchtet werden. 

Bereits Vso Oese kann gentigen, um ein Meerschweinchen am 6. Tage 
nach der Infektion zu toten, weiterhin kttnnen die Tiere sich gegen 
denselben Stamm verscbieden resistent verhalten. Es sei zun&chst 
noch bemerkt, daB nur sehr kraftige Meerschweinchen von ungefahr 
gleichem Gewicht verwendet wurden. Die ersten 13 Tiere wurden nun 
zu den beabsichtigten serologischen Versuchen und zum Intrakutanver- 
suche benutzt wfihreud die Meerschweinchen VII bis XIII wegen ihres 
schon am 6. Tage nach der Infektion erfolgten Todes fflr diese Ver- 
suche ausfielen. 


Agglutinationsversuche. 

Zunachst wurde das Serum verschiedener Norraaltiere auf seinen 
Agglutiningehalt gepriift. Es wurden Serumverdflnnungen von 1/10 bis 
1/160 verwendet; zur Agglutination dienten die St&mme ID, 5 L, 10 L, 
3924 B; da in der Kochsalzkontrolle stets Spontanagglutination auftrat, 
wurde das Filtrat einer abgesetzten Bakterienaufschwemmung verwendet. 
wodurch die Spontanagglutination auf ein ertragliches Mafi zurQckgedr&ngt 
wurde. Es ergab sich nun, daB das Serum von Normaltieren bis zur 
Verdflnnung 1:160 deutliche Agglutination zeigte, und zwar trat die 
Normalagglutination gegen fiber alien den Stammen ein, die zur Infektion 
der Meerschweinchen gedient hatten. Nachdefn die physiologische Koch- 
salzlosung als Medium durch 0,85 proz. Sodalosung ersetzt wurde, er¬ 
schien die Normalagglutination weniger deutlich, w&hrend die geringe 
Ausflockung in der Kochsalzkontrolle bestehen blieb. Auch der Ab- 
sattigungsversuch nach Castellani fiihrte nicht zum Ziel. Wie zu 
erwarten war, ergab auch die Priifung des Serums eines infizierten 
Tieres, das in Abstanden von 7—50 Tagen untersucht wurde, keine 
Unterschiede im Agglutiningehalt gegeniiber dem Serum von Normal¬ 
tieren. Auch hier storte die allerdings geringfiigige Spontanagglutination 
die Beurteilung des Endtiters, so daB diese Versuche als ergebnislos 
abgebrochen wurden 1 ). 


1) Wegen Raummangel.s rnuSten die diesbeziiglichen Tabellen fortfallen. 


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Bachmann, Zur Diagnostik der Pseudotuberkulose. 


173 


Komplementbindungsversuche 1 )* 

Zu den nun folgenden Kornplejnentbindungsversuchen wurde ais 
Antigen ein Extrakt verwendet, der folgendermafien gewonnen war: 
24-stflnd. Agarplattenkulturen wurden mit je 10 ccm physiol. Kochsalz- 
losung abgeschwemmt, die Bakterienaufschwemmung mehrmals am Tage 
geschflttelt, 1 Tag bei 37°, 1 weiteren Tag bei Zimmertemp. gehalteu, 
daranf abzentrifugiert nnd die (iberstehende FlQssigkeit abpipettiert, die 
mit einem Phenolzusatz von 0,5 Proz. versehen wurde. In dieser Weise 
warden Extrakte aus den StAmmen ID, 5L, 10L und 3924B, sowie 
ein Mischextrakt aus alien verfflgbaren 18 StAmmen bergestellt. Diese 
Antigene wurden zu den Komplementablenkungsversuchen in fallen den 
Dosen von 0,4—0,025 verwendet. Als Komplement diente, wie fiblich, 
frisches Meerschweinchenserum 1:10, und zwar wurde je nach der ver- 
fBgbaren Blutmenge nur mit der Komplementeinheit Oder auch mit der 
iy,-fachen und doppelten Komplementeinheit gearbeitet. Das inakti- 
vierte Serum der zu untersuchenden Meerschweinchen wurde in der 
konstanten Dosis 0,1 binzugegeben; nach 1-stflnd. Bindung bei 37 0 
wnrde das hAmolytische System hinzugegeben, 1 weitere Stunde bei 37 0 
gehalten, darauf zum ersten Male, nach 2 weiteren Stunden endgliltig 
abgelesen. Die Gesamtmenge in jedem Rfihrchen betrug 1,25 ccm; es 
wurde also in 7 4 -Dosen gearbeitet. Komplement -1 und Ambozeptor- 
einheit wurden in eigenen Vorversuchen jedesmal besonders festgestellt. 

Zunachst wurde das Serum normaler Tiere auf seine komplement- 
bindenden Eigenschaften hin untersucht. In alien RShrchen erfolgte bei 
Extraktmengen von 0,4—0,1 glatte HAmolyse. Die genaue Einstellung 
der Extrakte, die urspriinglich beabsichtigt war, wurde mit ROcksicht 
anf die Versucbstiere vorlaufig zuruckgestellt. 

Die nun folgenden Untersucbungen an infizierten Tieren ergaben 
denn auch so eindeutige Resultate, daB von einer genaueren Einstellung 
der Extrakte abgesehen werden konnte. 

Aus den Versuchen geht hervor, daB das Serum kranker Tiere be- 
reits vom 8. Tage an nach erfolgter Injektion deutliche Komplement- 
bindung zeigt. Die in einzelnen Serumkontrollen auftretende minimale 
Hemmung kann die Brauchbarkeit der Ergebnisse nicht beeintrAchtigen. 
Wenn es moglich gewesen ware, bei alien Versuchen mit abgestuften 
Seram- und Komplementmengen zu arbeiten, so hfitte sich auch dieser 
kleine Fehler sicherlich beseitigen lassen. So befriedigend der Ausfall 
der Komplementbindungsversuche war, so mufiten wir uns doch sageu, 
daB diese Methode fflr die Praxis kaum verwertbar sein wurde, erstens 
wegen des damit in Frage kommenden Aufwandes an Zeit und Kosten, 
und vor allem deswegen, weil' bei der Gewinnung des notigen Serums 
(Herzpunktion) eine SchAdigung der Tiere nicht zu vermeiden ist. 

Intrakutan versuche. 

Unser Bestreben ging deshalb weiter darauf hin, durch intrakutane 
Einverleibung des Antigens einen Unterschied des Titers bei kranken 
Tieren gegenuber gesunden festzustellen. Das zu verwendende Antigen 
wurde in der Weise gewonnen, daB je eine 24-stiind. Schragagarkultur 
der verschiedenen Pseudotuberkulosestamme mit 1 ccm 0,85-proz. NaCl- 
Losung abgeschwemmt, die Bakterienaufschwemmungen fraktioniert, bei 
30—65° abget5tet und darauf durch doppeltes Faltenlilter tiltriert 

1) Auch hier mufiten die Tabollen fortbleiben. Ked. 

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174 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 

wurden. Zur Verwendung karaen einmal ein Mischantigen sSmtlicher 
18 Pseudo'tuberkulosestamme, weiterhin Antigene, die aus den Stammen 
ID, 5L, 10L und 3924B gewonnen waren, also den Stammen, die zar 
Infektion der Meerschweinchen verwendet worden waren. Die Antigene 
wurden in abgestuften Mengen eingespritzt und eine positive -+- Reaktion 
dann verzeicbnet, wenn eine deutliche Rdtung und ddematdse Schwellung 
der Umgebung der Einstichstellen zu beobachten war. Von der An- 
nahme ausgebend, dad eine gut bewacbsene Schr&gagarkultur ca. 10 Mil* 
Harden Keime enth&lt, entsprach 0,1 Antigen etwa 1 Milliarde Keime. 
Durch entsprechende Verdflnnung des Antigens mit 0,85-proz. NaCl- 
L6sung wurden die Impfdosen in jedem Versuch entsprechend abgestuft. 

Zuerst wurde das Verbalten gesunder Meerschweinchen untersucht, 
'auderdem wurden 3 Tiere, die mit verschiedenen Stammen infiziert 
waren, mit dem aus dem homologen Stamm gewonnenen Antigen in 
Abstufungen von 1 Milliarde bis zu 1 Million geprttft. 4 weitere Tiere 
wurden mit dem aus s&mtlichen 18 Stammen hergestellten Misch¬ 
antigen geimpft. Es zeigte sich, dad die Intrakutanreaktion nach 48 Std. 
nur bis zur Antigendosis von 100 Millionen positiv ausfiel, bei den 
Tieren II, III und VII sogar nur bei einer Keimzabl von 1 Milliarde. Bei 
der nun folgenden Impfung infizierter Tiere wurde die Antigendosis 
von 10 MilUonen bis zu 200000 Keimen abgestuft, und zwar wurden 
3 Tiere mit dem homologen Antigen, 3 andere Meerschweinchen mit 
dem Mischantigen geimpft. Hier zeigte sich nun, dad 3 Tiere noch bei 
einer Dosis von 1 Million nach 48 Std. eine positive Reaktion ergaben, 
bei Meerschweichen 587 und 588 lag der Endtiter bei der Dosis 5 Mil¬ 
lionen, wAhrend bei Meerschweinchen 573 sogar die Dosis von 200000 
noch eine positive Reaktion ergab. 


Versuch bei infizierten Tieren. 


I 

Versuch 
* Nr. 

Be- 

nennung 
der Tiere 

Dauer der 
Erkrankung 

Welches 

Antigen 

Wieviel 

injiziert 

Erg' 

nach 24 Std. 

ebnis 

nach 48 Std. 

1 

573 

9 Wochen 

3924 B 

10000000 

+ 

++ 





5000000 

+ j 

++ 





1000000 

+ 

+ 





200000 


+ 

2 

v i 

12 „ 

ID 

10000000 

+ + 

++ 





5000000 

+ 

+ 



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1000000 


+ 





200000 

— 

± 

3 

585 

b „ 

5 L 

10000000 

+ + 

++ 





50O0000 

+ 

+ 





1000000 

— 

+ 





200000 

_ 


4 

574 

9 „ 

Mischantigen 

10000000 

+ 

++ 





5 0000C0 

+ 

+ 





1000(.)00 

± 

+ 





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587 

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10000 000 

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200000 

— 

' — 


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UIMIVER: T' OF CALIFORNIA 



Bender, Meningitis durch Influenzabazillen. 


175 


Die tfnterschiede des Reaktionstiters gegenOber gesunden Meerschwein¬ 
chen sind also so bedeatend, daC eine Diagnose der Pseudotuberkulose 
mit Hilfe der Intrakutanmethode gestellt werden kann; und z war ist 
eine Verschiebung des Titers insofern festzustellen, als 2 von den 
3 Tieren, die sp&ter infiziert waren (6 Wochen), erst auf eine hbbere 
Antigendosis positiv reagierten als die seit lfingerer Zeit (9 — 12 Wochen) 
crkrankten Meerschweinchen. 

Zusam men fas sung. 

1) Die Diagnose der Psendotuberkulose der Meerschweinchen durch 
Prflfang ihres Serums auf semen Agglutiningehalt ist nicht in alien 
Fallen ausfQhrbar, da sowohl die Kochsalz- wie die Normalserumkon- 
trollen Ausflockung zeigen kdnnen. 

2) Die Komplementbindungsreaktion erlaubt es, mit homologem 
Antigen wie mit Mischextrakten bereits 8 Tage nach erfolgter Infektion 
die Pseudotuberkulose der Meerschweinchen zu erkennen. 

3) Die Intrakutanmethode gestattet es, ebenfalls die Diagnose 
^Pseudotuberkulose" bei Meerschweinchen zu stellen; unsere Erfahrungen 
eretrecken sich nur auf Tiere, deren Infektion 6—12 Wochen zurftck- 
gelegen hat, wobei die seit kfirzerer Zeit infizierten Tiere erst auf hdhere 
Dosen reagieren als die seit l&ngerer Zeit erkrankten Meerschweinchen. 
Diese Methode erscheint ftir die Praxis als bequem und sicher. 


Nachdruck verboten. 

Meningitis durch InfluenzahaziUen. 

[Aus der bakteriologischen Untersuchungsabteilung (Leiter: Prof. Dr. 
C. Prausnitz) des Hygienischen Institutes der Universitfit Breslau 
(Direktor: Geheimrat Prof. Dr. R. Pfeiffer).] 

Von Dr. Willy Bender, Assistent. 

Mit 1 Abbildung im Text 

Die Aetiologie der Influenza ist von Pfeiffer auf der 8. Tagung 
der freien Vereinigung ftir Mikrpbiologie zusammenfassend dargestellt 
worden. Er kommt hier in Uebereinstimmung mit der grbfiten Zahl 
der Diskussionsredner ebenso wie Neufeld in seiner vor kurzem ver- 
dffentlichten Arbeit zu dem Scblufl, dall der Influenzabazillus der Er- 
reger der Influenza ist. 

Wahreud nun die Fragen nach dem Influenzabazillus als Erreger des tvpischen, 
ktinischen Influenzaanfallee im Vordergrunde der Untersuchungen standen, wurde seinem 
Vorkommen im menschlichen Korper bei den so haufigen Komplikationen der Krank- 
bdt weniger Arbeit gewidmet, Icn meine hier vor Allem die Befunde von Influenza- 
bizillen im Zentralnervensystem. Die oft das Krankheitsbild beherrschenden Alterationen 
deg Zentralnervensystems haben ja bereits in der Epidemie von 1889—92 zur Aufstel- 
hing des Symptomenkomplexes der nervosen Influenza gefiihrt. 

Die Entstehung dieser Affektionen ist durchaus nicht allseitig anerkannt oder gar 
▼oil geklart. Zwei Moglichkeiten erscheinen — wie bereits Pfeiffer 1893 erwahnt — 
gege&en, die Schadigung der peripheren Nerven oder des Zentralnervensystems durch 

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176 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 3. 


Gifte oder durch lokale Ansiedlung des lnfluenzabazillus. Gestiitzfc werden beifle Mog- 
lichkeiten durch eine eingehende Arbeit von Can tan i bereits 1891 und durch spatere 
Unfcersuehungen von Wollstein. Cantani vermochte durch die nehr eingreifende 
Methode der intrazerebralen Injektionon von kleinsten Mengen lebender oder abgetoteter 
Influenzabazillen bei Kaninchen typische Bilder schwerer zerebraler Storungen hervor- 
zurufen, die sich unter todlichem Verlauf in schnell entwickelnden Extreinitatenlah- 
mungen auflerten. Spater ist ea dann Ritchie und beaonders Woilstein gelungeo 
— von Flexner bestatigt — durch intralumbale Injektion von Influenzabazillen oei 
Affen eine akute, meist todliche, Zerebrospinalmeningitis zu erzeugen. 

Neben diesen experiraentellen Grundlagen stehen eine kleine Anzahl von bakterio- 
logischen Untersuehungen nienschlicher Erkrankungen, bei denen es gelungen ist, den 
lnfluenzabazillus, sei ea in Reinkultur, sei es mit anderen Bakterien verraischt, aus dem 
erkrankten Zentrainervensyatem zu ziichten. Wahrend Beck 1903 das Vorkommen 
des lnfluenzabazillus im Zentralnervensystem als gesichert ansieht, wird es von Scheller 
1913 unter Beriicksichtigung des 1909 von Cohen beschriebenen Bazillus und von 
Kolle und Hctech 1919 stark bezweifelt. 

Im Zusammenhang mit 2 eigenen Beobachtungen tiber unzweifelhatte 
Influenzabazillenmeningitis babe ich die bisher vorliegenden in- und 
auslfindischen Arbeiten einer kritischen Durchsicht unterworfen, fiber 
deren Resultat kurz berichtet werden soli. Hierbei roochte icb von 
vornherein alle diejenigen Falle unberilcksichtigt lassen, bei denen die 
bakteriologische Untersuchung nicht eindeutig zu bewerten ist oder ganz 
fehlt. Auch die Fklle will ich nicht erwfihnen, in denen der Influenza- 
bazillus nicht in Reinkultur in den Meningen oder dem Lumbalpunktat 
vorhanden war, urn den Einwand, der den lnfluenzabazillus als Misch- 
infektionserreger hinstellt, zu entgehen. 

Die Literatur fiber die folgenden 35 Fade war mir zuganglich: 

Batten 5 Fade (1910; 6, 7, 7, 14, 16 Mon. alt), Bertini (1906; 11 Mon.), Cag- 
netto 2 Fade (1903/4; 12. 1 Mon.), Cohoe (1909 ; 33 Mon.), Davie 3 Fade (1911; 
4 und 7 Tage, 7 Mon.), Douglas (1907; 19 Mon.), Dubois (1902 ; 4 Mon.), Dud¬ 
geon und Adams (1907; 10 Mon.), Fraenkel 2 Fade (1898 ; 21/2 und 9 Mon.). 
Gaehtgens (1914; 10 Mon.), Ghon (1902 ; 8 Mon.), Grossmann (1911; 9 Jahre), 
Hecht (L903 ; 2 Jahre), Hiibschmann (1914; 20 Mon.), Jundell (1904 ; 8 Mon.l, 
Langer (1901; 9 Jahre), Lehmacher2 Fade (1907 ; 3 Jahre, 1908; 19 Jahre), Meu- 
ni.er (1900; 16 Mon.), My a (1902; 9 Mon.), Oeller (1918; 5 Jahre), Pacchioni 
2 Fade (1904; 12 und 8 Mon.), Schroder (1914; 29 Jahre), Slawyk (1899 ; 9 Mon.), 
Simon (1902; 7 Mon.), Tobler (1917; 5 Mon.), Trailescu (1901; 6 Mon.). Hierzu 
kommen noch 14 Fade, bei denen klinische Angaben feblen, namlich 8 von Woil¬ 
stein, 5 von Simons und Aisne und 1 Fall von Tedesco. Die Literatur der 
folgeDden 7 Fade war mir nicht zuganglich: Longo, Cattaneo, Thomesco und 
Groceski, Sprigg, Bentz und Frye, Agar und Avery, Torrey. 

Bei der fiberwiegenden Mehrzahl ffilit sofort auf, daB die Erkran- 
kung in den ersten beiden Lebensjahren aufgetreten ist, nur 7 Patienten 
sind filter als 2 Jahre. Die Symptome im Beginn der Erkrankung ent- 
sprechen den 3 Formen der Influenza, der katarrhalischen, der gastro- 
intestinalen und der nervosen. Die katarrhalischen Erscheinungen der 
oberen Luftwege stehen allerdings meist im Vordergrunde, z. B. in den 
Fallen von Fraenkel, Meunier, Ghon. Pacchioni (F. 2), Du¬ 
bois, Simon, Grossmann, Batten (F. 5), Tobler, Bertini. 
Meist treten Bronchopneumonien, oft Empyeme auf. Nach wenigen Tagen 
stellen sich die typischen Erscheinungen der Meningitis ein. Es kommt 
jedoch auch vor, daB die ausgesprochenen Lungenerscheinungen erst 
nach Beginn der meningealen einsetzen, z.B. Slawyk, Batten (F. 2). 
Die gastrointestinale Form zeigt sich vornehmlich in 3 Ffillen (Davis 
F. 1 und 2, Trailescu). Als Begleitsymptom bei vorhandener pul- 
monaler Affektion ist sie hiiufig vorhanden. Vereinzelt ist eine primfire, 
rein nervose, nur auf die Meningen lokalisierte Affektion anzunehmen 
(z. B. Jundell F. 1, L e h m a c h e r F. 2, Pacchioni F. 2, Douglas. 


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Bender, Meningitis durch Influenzabazillen. 


177 


Batten F. 1, 3, 4). Neben diesen 3 Symptoraenbildern treten Kompli- 
kationen aof, die durch den Befund der Influenzabazillen im Blute, in 
tier Milz und im Eiter der metastatischen Herde (z. B. in Gelenken) als 
Influenzabazillensepsis gekennzeichnet sind (Pacchioni F. 1, Oeller, 
Davis F. 1, 2 eigene Faile). 

Die Temperatur schwankt zwischen 38 und 40°. Die meningealen 
Sjmptome der Influenzabazillenmeningitis bieten keineriei Besonderheiten. 
Das Lumbalpunktat ist nur in dem l Faile von Trailescu klar, sonst 
immer trttbe bis dick-eitrig, oft gelb-grfln und enthait reichlich poly- 
unkle&re Leukozyten und sehr zahlreiche Bazillen vom Charakter der 
Influenzabazillen. Die gesamte Krankheitsdauer schwankt zwischen 
2 Tagen und 5 Wochen, wfihrend die meningealen Erscheinungen meist 
nur wenige Tage dauern. Die tlberwiegende Mehrzahl der Erkrankten 
stirbt; nur 6 bleiben am Leben (Langer, Lehmacher F. 1, Batten F. 1, 
Grossmann, My a, Co hoe). 4 dieser Faile gehbren zu den 7 Fallen, 
die fiber 2 Jahre alt sind, und stellen unter diesen auch wiederum die 
altesten dar. Der einzige todliche Fall bei einem Erwachsenen betrifft 
den Schroderschen Patienten (29 Jahre alt), bei dem aber aufier der 
Meningitis eine Otitis media vorlag, in deren Eiter sich Influenzabazillen 
znsammen mit Pneumokokken fanden. Yollig ausgeheilt ist nur Fall 
Grossmann und Fall Cohoe, Fall Lan ger behielt rechtsseitige 
SchwerhOrigkeit, Fall My a linksseitige Facialis))arese und rechtsseitige 
Hemiparese, Fall Batten erblindete. Ueber Fall Lehmacher fehlen 
Angaben. Es bleiben also von den Kindern unter 2 Jahren ungeffihr 
9 Proz., von den Slteren 56 Proz. am Leben. Es zeigt sich hier wieder, 
wie bei vielen anderen Affektionen, die vergleichsweise hohere Wider- 
standskraft des erwachsenen Organismus. 

Zur Frage der Therapie ist die Beobachtung von Grossmann 
bemerkenswert, in dessen geheiltem Fall, ebenso wie bei dem von 
Lan ger, sich die Temperatursenkung am Tage nach der Lumbalpunktion 
einstellte. Die Angabe von Batten, 2mal deutliche Besserung am 
Tage nach der Injektion von Influenzabazillenautovakzine gesehen zu 
haben, muB wohl mit grofier Vorsicht bewertet werden. 

Pathologi8ch-anatomische Besonderheiten sind kaum zu erwfihnen, 
die Meningen der Konvexitfit und der Basis des Gehirns werden in 
gleicher Weise betroifen wie die Rtickenmarksh&ute. Die Entzundungs- 
erscheinungen selbst sind, beginnend mit der Hyperfimie der GelaBe und 
geringem Oedem der Pia, in alien Abstufungen bis zur Bildung von 
gelb*grfinlichen, dickeitrigen, wenig Fibrin enthaltendem Exsudat vor- 
handen, das sich auch meist in den Seitenventrikeln des Gehirns findet. 

Ffir den Infektionswcg mflssen verschiedene Moglichkeiten zuge- 
geben werden. Der haufigste wird wohl der septisch-metastatische vom 
primaren Herd der Lungen aus sein, analog der Pneumokokken-Me- 
ningitis. Die Infektion vom Nasenrachenraum aus durch die zum Schfidel- 
inneren ziehenden Lymphbahnen diirfte bei.den primaren Fallen ebenso 
wie bei der Meningitis epidemica anzunehmen sein. In einigen Fallen, 
2 . B. bei Schroder, kommt auch ein Uebergreifen von einer Otitis 
media in Frage. 

Die obige Ausfuhrung hat ergeben, daB die Diagnose auf Grand 
der klinischen Erscheinungen nicht gestellt werden kann. Die Muglich- 
keit hierzu ist nur gegeben durch die bakteriologische Untersuchung, 
d- h. durch den kulturellen Nachweis der Influenzabazillen im Lumbal- 
punktat oder Gehirn. Dalier ist auch zu fordern, daB in jedem P’alle 


Erst* Abt. Ortg. Bd. 87. 

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Heft 


12 

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178 


CentralbL f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 3. 


die bakteriologische Untersuchung umfassend und eindeutig gesichert 
ist, eine Forderung, die s in dem groUten Teil der oben angefflhrten Falle 
nicht erfiillt ist. Es fehlt meist die Differentialdiagnose gegenflber dem 
Cohen schen Bazillus und gegenflber dem von Ritchie gezflchteten, 
influenzaShnlichen Bazillus 1 ). Dieser Anforderung glaube ich, in einem 
der beiden eigenen F&lle genflgt zu habcn, so dafi eine eingehende Be- 
sprechung angezeigt erscheint. 

Beide F&lle stammen aus dem hiesigen st&dtischen S&uglingsheim 
(Leiter: Priraararzt Dr. Freund). 

Fall 1 (Frl. Dr. Land6): Das 12 Mon. alte, kunetlich gen&hrte, rhachitische Kind 
war in seinem 3. Mon. erkrankt an Dyspepsie mit Meningismus (starker Erregungszu- 
stand and Hypertonic ohne vermehrten Lumbaldruck) und Bronchitis, bei der mehrmals 
asthmaartige Zustande auftraten. Seitdem hatte das Kind sich nicht mehr recht erholt, 
fieberte seit seinem 10. Mon. (Dezember 1920) dauernd leicht und erkrankte am 2. Febr. 
1921 an Bronchitis mit bronchopneumonischen Herden. Bei seiner Aufnahme am 
17. Febr. 21 zeigte es einen, seinem Alter nicht entsprechenden, zuruckgebliebenen Er- 
nahrungs- und Entwickiungszustand. Neben Fieber waren die Erscheinuogen einer 
Rhinitis, Angina, Bronchopneumonie des rechten LJnterlappens und rechtsseitigen Pleu- 
ritis exsudativa ausgepragt. Die Milz war nicht tastbar. Am Nervensystem waren mit 
Ausnahme von erhohten Sehnenreflexen keine Stflrungen bemerkbar. Nachdem bis 
zura 22. Febr. unter Schwanken der Temperatur zwischen 38,2 und 39 2 eine cntschie- 
dene Besserung im Allgemeinbefinden eingetreten war, trat in den folgenden Tagen 
unter Ausbildung auch einer links&eitigen Bronchopneumonie eine Verschlechterung ein. 
Bei der Pleurapunktion wurden am 28. Febr. 4 ccm trubseroser Fliissigkeit enueert 
An diesem Tage zeigten sich zum ersten Male deutliche Symptome einer Meningitis. 
Der Druck im Lumtbalkanal war nur wenig erhoht (15 cm). Es wurden 10 ccm aeut- 
lich gelriibte Fliissigkeit abgelassen. Ein Teil des Pleurapunktates, Liquors und ein 
Rachenabstrich wurden znr bakteriologischen Untersuchung iibersandt. Das Kind starb 
am gleichen Tage abends urn l L10 Uhr. Klinisch diagnostiziert wurde eine schwere 
Grippe mit doppelseitiger Bronchopneumonie, beiderseitiger Pleuritis exsudativa und 
Meningitis. 

Die Sektion (Dr. Meyerstein) wurde am 2. Marz 21 vorgenommen. Von In- 
tere8se sind die Veranderun^en an Lun^.e, Milz und Gehirn. Neben alien, pleuritischen 
Verwachsungen und einem in Organisation befindlichen Empyem rechts (wahrscheinlich 
ein Ueberrest der Erkrankung im 9. Mon.?), fand sich links ein beginnendes Empyem. 
Beiderseits waren reichlich bronchopneumonische Herde vorhanden. Die Milz zeigte 
septischen Charakter. Sie war mit ihrer Umgebung verwachsen, ihre Pulpa war weich, 
von graurotlicher Farbe Die Follikel traten deutlich hervor. Wie die Nieren durch 
trube Schwellung und Quellung der Kanalchenepithelien mit Einlagerung feiner Fett- 
tropfchen nekrottsch verandert waren, so war auch die Leber im Zustande fettiger De¬ 
generation. 

Am Gehirn fand sich eine Trubung der weichen Hirnhaut, besonders an der Hirn- 
basis, aber auch an der Konvexitat. 

Diagnostisch erschien das Gesamtbild als Sepsis. 

Da ich erst nach begonnener Sektion benachrichtigt wurde, konnte 
ich nur folgendes Material bakteriologisch untersuchen: Milz, broncho¬ 
pneumonische Herde der linken Lunge, Meningealeiter von der Gehirn- 
konvexitSt, Inhalt des steril eroffneten linken Ventrikels und das an 
zwei Stellen aus dem steril erdffneten Sinus longitudinalis mit der 
Platinose entnommene Blut, dazu kommt noch das bereits in vivo ein- 
gesandte Lumbalpunktat, Pleurapunktat und Rachenabstrich. 

In folgender Tabelle gebe ich nun das Ergebnis der Untersuchnng 
wieder. 

Es gelang also aus dem Lumbalpunktat die bereits im Originalaus- 
strich massenhaft vorhandenen gramnegativen Stabchen in Reinkultar 
zu zfichten, gleichfalls in Reinkultur fanden sie sich im Meningealeiter 

1) Der gleiche Einwand ist gegen die nach Beendigung meiner Arbeit erechienene 
Mitteilung von Kotz (Berlin, klin. Wochenschr. 1921. Nr. 17) zu erheben, da hier ge- 
nauere bakteriologische Angaben feblen. 


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Bender, Meningitis durch Influenzabazillen. 
Tabelle I. 


179 


1 

Art dee Ma¬ 
terials 

Mikroskopischer Befund 
im Originalausstrich 

Kulturelles Ergebnis 

Nr. 

Influenzabaziilen- 
ahnliche Stabchen 

Andere Bakterien 

1 

Lumbalpunktat 
in vivo ent- 
nommen 

Massen)iaft, feinste schlan- 
ke gramnegative Stab¬ 
chen, vereinzelt wie Di- 
plokokken aussehend, 

sparlich in* Fadenform, 
meist extra-, aber auch 
intrazellular gelagert, viel 
polymorphkernige Leuko- 
zyten, wenig Lympho- 
zyten. Siehe Abbildung 

+ 

Fehlen • 

2 

Pleurapunktat in 
vivo 

i 

Der gleiche Befund wie im 
Lumbalpunktat, keine 
anderen Bakterien sicht¬ 
bar 

+ 

Sparlich Pneumo- 
kokkenkolonien 

3 

Rachenabstrich 
in vivo 

1 

Nicht untersucht 

Verdachtige Kolo¬ 
nien gramnega- 

tiver Stabchen, 

deren Isolierung 
nicht gelang 

Gram + Kokken. 
Nicht naher diffe- 
renziert 

4 

I 

i 

1 

Milz 

I 

Sehr sparlich feine, ver¬ 
einzelt und zu zweien 
liegende gramnegative 
Stabchen 

+ 

Sparlich Staphy¬ 
lococcus au¬ 

reus haemoly- 
ticus 

5 | 

i 

1 

Lunge 

Sehr sparlich gramnega¬ 
tive, feine, plumpe Stab 
chen, viel grampositive, 
teilweise in kurzen Ketten 
gelagerte, vereinzelt lan- 
zettfdrmig aussehende 

Kokken 

Kolonien gramne- 
gativer Stabchen, 
aeren Isolierung 
nicht gelang 

Pneumokokken, 
Bact. coliund an¬ 
dere nicht identi- 
fizierte gramposi¬ 
tive Kokken 

6 

Meningealeiter 

Nicht untersucht 

+ 

Fehlen 

7 

Ventrikelfluseig- 

keit 

>» »» 

+ 

u 

8 

1 

Blut aus Sinus! 
longitudinalis 
in sectione 


+ 

Sparlich Bacte¬ 
rium coli 


und der VentrikelflQssigkeit. Obgleich im Originalausstrich des Pleura- 
punktates nor gramnegative Stabchen sichtbar. waren, fanden sich kul- 
turell doch auch Pneumokokken, deren Kolonien immerhin sparlicher 
waren. Dieses Vorwiegeu der gramnegativen Stabchen mikroskopisch 
and knlturell kennzeichnet sie wohl auch hier als den primaren Erreger, 
wihrend die Pneumokokken wohl erst sekundar hinzugetreten sind. Das 
Vorhandensein von Stapbylokokken und Bact. coli in Milz bzw. Blut 
Ut als agonale Erscheinung zu deuten. Die iufluenzaverd&chtigen Stab¬ 
chen und Kolonien in Lunge und Rache.nabstrich lassen auch hier ihre 
Anwesenheit vermuten. 

Zur Identifizierung der isolierten Stamme mit dem Influenzabazillus 
mnEte zunachst die Feststellung der obligaten Hamoglobinophilie er- 
folgen. Samtliche isolierten Kulturen (aus bei Lebzeiten entnommenem 
Lumbal- und Pleurapunktat, post mortem entnommenem Meningealeiter, 
Ventrikelinhalt, Sinusblut und Milz) erwiesen sich als obligat h&mo- 

12 * 


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180 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 

globinophil und blieben es auch wShrend der Dauer der Beobachtung 
bis zu 2 Mon. Diese nach langerer Zeitdauer wiederholte Prufung er- 
scheint notig bei Stamraen, die aus meningealen Erkrankungen stammen, 
am das Vorhandensein eines vorilbergehend h&moglobinophilen Bazillus 
auszuschlieBen, wie wir ihn im Keuchhustenbazillus und dem von Rit¬ 
chie in 3 Fallen von Meningitis bei 5—14 Mon. alten Kindern aus dem 
Lumbalptfnktat geziichteten Bazillus kennen. Ritchies (an influenza 
like Bacillus) wuchs erst nach mehrmonatiger Zuchtung auf haraoglobin- 
haltigen Nahrboden auch auf gewohnlichem Agar, eine Tatsache, die 
beim echten Influenzabazillus bekanntlich nicht vorkommt. 

Nachdem so morphologisch und kulturell die geziichteten StSinme 
die typischen Charaktere des Pfeifferschen Influenzabazillus zeigten. 

konnte noch ein Ein wand gegen 
ihre Identit&t mit dem letz- 
teren erhoben werden. Cohen 
ist es 1909 gelungen, bei 3 
Fallen von Meningitis einen 
dem Pfeifferschen Stabchen 
sehr ahnlichen Bazillus aus 
den Meningen, dem Brustfell- 
und GelenkerguB zu zuchten. 
Die Dilferenzierung gegen- 
iiber letzterem gelingt nur 
durch die Prufung der Tier¬ 
pathogenitat bei Kaninchen 
und Meerschweinchen, bei 
denen der Cohensche Ba¬ 
zillus auch bei Injektion nur 
kleiner Dosen eine typische, 
langsam verlaufende Sep- 
tikSmie mit gleichzeitiger, eit- 
riger Entziindung der serosen 
Korperhohlen hervorruft. Er 
bedingt also im Gegensatz 
zum Influenzabazillus eine 
echte Sepsis, wahrend letz- 
terer nur bei Einverleibung 
groBer Dosen durch seine Gifte akut tbdlich wirkt. Sehe ich von den 
bisher veroffentlichten Fallen von Influenzameningitis ab, bei denen die 
Tierpathogenitat der geziichteten Stamrne meist nicht gepruft wurde 
oder sich als fehlend herausstellte, so ist doch immerhin der Cohen- 
sche Bazillus, den er selbst als Bacille de la meningite c^rebrospinale- 
septic^mique bezeichnet, in einzelnen Fallen gefunden worden. Soweit 
ich die Literatur iibersehe, wurde er von Prasek und Zatelli in einem 
Fall, ferner nach den Angaben von Cohen und Fitzgerald, von Rhea 
und von Van der Hasselt in je 1 Fall, und von Wilkinson in 
0 Fallen isoliert. 

Es ist demnach mit dem Vorkommen dieses Bazillus zu rechnen 
und daher die Tierpathogenitat der aus Meningitisf&llen isolierten In- 
fluenzabazillen ahnlichen Bazillen zu priifen. 

Folgende Tabelle zeigt die Tierversuche, die nur mit dem in vivo 
aus dem Lumbalpunktat isolierten Stamm ausgefiihrt wurden. 



Fig. l. 


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Bender,'Meningitis dutch Influenzabazillen. 
Tabelle II. 


181 


to. Tier 

i J 

Tag der 

ImpfuDg j 

! 

1. Kanin - 

11. III. 1921! 

chen 

1 

W 215 

30. III. 19211 


13. IV. 19211 


Material 


Injek- 

tionsart 


124. IV. 1921 


Kanin- 
chen 
W 240 


;3. V. 5 Uhr 
nachmittagB 


hagen - Kultur 

*/, Oese 24-etiind.Levin-| intraven. 
t hal-Kultur 

1 Oese 24-stiind. Levin- 
thal-Kultur 

4 Oesen 24-atund. Levin-! „ 
thal- Kultur 
des Patientenstamnies j 

l L 24-stund. Levi n thal-j intraven. 
Kultur des Patienten-j 
stammes 


Ergebnis 

Tier bis 9. V. gesund. 
Anfangs- und Endgewicht 
1870-2220 g 

9. V. Entblutung: Innere 
Organe gesund 


! 4. V. vormittags 10 Uhr 
15 Min. Tod unter starker 
Dyspnoe. Geringe epipleu- 
rale Blutungen; in Ori- 
ginalausstrichen (Lunge, 
Milz, Herzblut) keine Bak- 
terien sichtbar; in Herz¬ 
blut, Milz und 1-eber In¬ 
fluenzabazillen in Rein- 
kultur. Angesichts der 
groGen injizierten Bazillen- 
‘ menge ist hier der Tod 
I jedeofalls durch Vergif- 
| tung bedingt 


3. Kanin¬ 
chen 

W 220 

i 

6. V. 

• 

1 Oese 24-stiind. Levin- 
t h a 1 -Kultur des Passace- 
stammes aus Herzblut des 
Kaninchens W 240 (Nr. 2 
der Tabelle) geziichtet 

intraven. 

22. V. Tier gesund 

4. Kanin¬ 
chen 

W 37 

j 

9. V. 

1 Oese 24-stiind. Levin- 
thal-Kultur des Patien- 
tenstammes 

endolum- 

bal 

nach 4 8td. schlaffe Lah- 
mung der Hinterpfoten 
(Stichverletz. des Riicken- 
raarkes). Tier sonst gesund 
bis 26. V. 

7. Meer- 
schw. 

W 41 

3. V. 

1 Oese 24-stiind. Levin- 
thal-Kultur des Patien- 
j tenstammes 

II. . 1 

intraperi* 

toneal 

22. V. Tier gesund. An- 
fangs- und Endgewicht 

380—380 g 

6. Maus 
114 | 

3. V. 

l / 10 Oese 24-stiind. Le vi n- 
! thal-Kultur 

intraperi- 

toneai 

22. V. Tier gesund. 


Durch subkutane, intraperitoneale, intravenose und endolumhale In- 
jektion selbst verhfiltnismSBig holier Mengen des aus dem Lumbalpunktat 
gezflchteten Starames ist es also nicht gelungen, bei Kaninchen, Meer- 
schweinchen und Maus eine PathogenitSt festzustellen. Dagegen ist die 
Giftwirkung ebenso wie beim Influenzabazillus vorhanden. 

Das morphologische, kulturelle und tierpathogene Verhalten des von 
mir iu einem Fall von Meningitis aus dem bei Lebzeiten entnommenen 
Lumbalpunktat in vivo in Reinkultur geziichteten, gramnegativen Stab- 
chens zeigt also diejenigen Eigenschaften, die ihn nach dem Stande 
unserer heutigen Kenntnisse als Pfeifferschen Influenzabazillus kenn- 
zeichnen. 

Als 4. Hilfsmittel zur Identifizierung mit dem Pf eifferschen Stiib- 
chen wurde nun auch noch versucht, die Methode der Agglutination 
heranzuziehen. Diese ergibt allerdings bisher beim Influenzabazillus 
nor recht wenig verwendbare Resultate. Demgennill zeigte sich auch 


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182 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 

hier, daB durch 1 polyvalentes und 2 monovalente Kaninchen-Immunsera 
(Laboratoriumsstamme) der Meningitisstamm nicht agglutiniert wurde, 
wahrend die homologen St8mme immer, und andere heterologe Stimme 
oft agglutiniert wurden. Ein Immunserum, das mit dem Meningitis¬ 
stamm hergestellt wurde (siehe Tierversuch Nr. I Kanincben W 215) 
agglutinierte den eigenen Stamm bis zur Verdunnung 1 :800, einen 
fremden Stamm bis zur Verdflnnung 1:100 und 3 fremde Stamme gar 
nicht. Aus diesem Ergebnis der Agglutination konnen wir also keinerlei 
brauchbare Schliisse ziehen. 

Bei der Seltenheit der Affektion erscheint es eigenartig, daB ich 
wenige Tage spater Gelegenheit hatte, einen ahnlichen Fall, allerdings 
nur unvollstandig, zu untersuchen. Die kurze Mitteilung dflrfte deshalb 
besonders wertvoll erscbeinen, weil es mir hier gelang, den Influenza* 
bazillus* unmittelbar nach dem Tode in Reinkultur aus dem Herzblut za 
ziichten. 

Fall 2 (Frl. Dr. Land6): Es handelt sich um einen 6y 2 Mon. alten 
Saugling, der bereits vom 8. Jan. bis 26. Jan. 1921 wegen Broncho¬ 
pneumonia und Meningismus behandelt wurde. Die damalige Lumbal* 
punktion ergab klaren Liquor ohne entzundliche Erscheinungen mit 
kaum vermehrtem Druck. Mitte Februar erkrankte dann das Kind unter 
Hasten und Erbrecben. Neben hochgradiger Pharyngitis und beider- 
seitiger Bronchopneumonia bestand ein ruhrartiger Darmkatarrh. Am 
Tage vor dem Tode traten Varizellen auf und gleichzeitig die Zeichen 
einer ausgesprochenen Meningitis.- Bei der Lumbalpunktion wurde unter 
vermehrtem Druck etwa 15 ccm leicht getrflbten Liquors abgelassen. 
5 Min. nach dem Tode wurde die Herzpunktion vorgenommen und uns 
das so gewonnene Blut zur bakteriologischen Untersuchung Qbersandt. 
In der angelegten Blutbouillon wuchsen typische Influenzabazillen in 
Reinkultur. 

Bei der Sektion (Dr. Braun) fanden sich in den Lungen bronchopneumooische 
Herde, beiderseits Empyem, Hyperamie und Blutaustritte im Dickdarm, Vergrofierung 
und teilweiser Zerfall aer Follikel und Peyerschen Plaques. Die Milz war vergrSBert 
und weich, Nieren und Leber anamisch und verfettet. Die meningealen Verapde- 
rungen waren hier erst gering, indem nur ein starkes Oedem der getrubten Pia mit 
stellenweiser schwach gelblicher Verfarbung besonders an der Konvexitat vorhanden war. 

Ein direkter Abstrich der Flflssigkeit von der Gehirnoberflache ent- 
hielt reichlich polynukleare Leukozyten und massenhaft meist extrazellulSr, 
selten intrazelluiar gelagerte gramnegative, feinste, oft wie Diplokokken 
aussehende, vereinzelt in Fadenform gelagerte Stabchen. Im Verein mit 
dem positiven kulturellen Nachweis der Influenzabazillen im Blut sind 
auch die im Meningealeiter gefundenen Stabchen als Influenzabazillen 
anzusehen. Auch hier lautet also die Diagnose Influenzameningitis. 

Beachtenswert in den Krankengeschichten erscheint noch, daB in 
beiden Fallen im ersten 9 Monate, im zweiten 5 Wochen vor Ausbildung 
der Influenzameningitis ein Krankheitsbild bestand, das wir als Menin¬ 
gitis serosa bezeichnen. Vielleicht schuf diese flberstandene meningeale 
Affektion eine gewisse Bereitschaft zur Lokalisation der 2. tbdlichen In- 
fektion, eine Ansicht, die ja bereits von vielen Autoren geteilt wird. 
Pesina (3) teilt mit, daB zwar die Meningitis serosa der Kleinkinder 
an sich eine gunstige Prognose bietet, aber die Empfanglichkeit fflr 
spatere Erkrankung an Meningitis tuberculosa und Neuroscn steigert. 
Es erscheint vielleicht wichtig darauf hinzuweisen, daB dann auch die 
kurz dauernde Meningitis serosa arteficialis, wie wir sie als Folge von 
Lumbalpunktionen doch nicht zu selten sehen, nicht als so harmlos zo 


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Bender, Meningitis (lurch Infiuenzabazilien. 


183 


bezeichnen wfire, da auch sie dann immerhin die Entstehung sp&terer 
meningealer Oder cerebraler Erkrankungen begunstigen kbnnte. 

Nachdem ich den Nachweis geftihrt habe, daB es eine echte, durch 
das Pfeiffersche Stabcben bedingte Influenzameningitis gibt, mbchte 
ich noch kurz die Aetiologie der Encephalitis lethargies streifen. In 
nicht seltenen Fallen (z. B. Loewenthal) ist es ja gelungen, aus der 
Milz den Influenzabazillus zu ztichten. Bemerkenswert ist noch der Be- 
fond von Ziegler, der vor kurzem ans dem Lumbalpunktat eines Falles 
Influenzabazillen und Pneumokokken ztichten konnte. Auch die Olsen- 
schen Untersuchungen verdienen Beachtung, der in 4 von 10 Fallen im 
Rachensekret Influenzabazillen nachweisen konnte. Ich hatte nun Qe- 
legenheit, leider nnr ein kleines Material, und auch dieses nur unvoll- 
stSndig untersucken zu kbnnen. In 7 vollstandig klaren Lumbalpunk- 
taten, sowie in drei von der Leiche entnommenen Ventrikelpunktaten 
konnte ich weder den Diplococcus pleoraorphus Wiesner finden, 
noch auch trotz genauester Dunkelfelduntersuchung den Sittmann- 
schen Spirochatenbefund bestatigen. 5 Lumbalpunktate waren steril, in 
der gegossenen Blutplatte (0,5 Kaninchenblut, 0,75 Lumbalpunktat, lOccm 
Agar) des 6. entwickelten sich bei Sterilbleiben der Kontrollplatte etwa 
20 Mischkolonien eines schlecht wachsenden, nicht h&molytischen Sta¬ 
phylococcus aureus mit feinen, gramnegativen Stabchen. Die Iso- 
lierung der Stabchen gelang nicht. Sie wuchsen immer nur als Misch¬ 
kolonien oder in naebster Nahe der Staphylokokkenkolonien als feine, 
tautropfenahnliche, durchsichtige Kolonien. In der 6. Generation wuchsen 
nnr noch die Staphylokokken. Die ausgeprflgte Symbiose mit den 
Stapbylokokken, das Aussehen der Kolonien sowie die Morphologic der 
auBerst feinen Stabchen auch in ihrer Gesamtlagerung in Klatschpra- 
paraten lassen trotz fehlender Isolierung die Diagnose Influenzabazillns 
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit stellen. Auf den Be- 
fnnd von vereinzelten, feinen, gramnegativen Stabchen in einem der beiden 
steril gebliebenen Ventrikelpunktate mochte ich wegen der Schwierigkeit 
der Identifizierung nicht allzuviel Wert legen. Einen merkwflrdigen 
Befnnd zeigte das 3. Ventrikelpunktat, da in ihm der Streptococcus 
viridans in Reinkultur vorhanden war. Dieser Befnnd des Strepto¬ 
coccus viridans im Zentralnervensystem ist wohl bisher nicht er- 
hoben worden, wenn nicht der von House gleichfalls aus dem Gehirn 
eines Falles von Encephalitis lethargica gezQchiete Streptococcus 
mit grflnem Hof auch ein Streptococcus viridans war. Das Vor- 
bandensein einer Endocarditis war in meinem Falle klinisch und patho- 
logisch-anatomiscb auszuschlieBen. In einem weiteren Fall, der klinisch 
mit einer aknten Endocarditis kompliziert war, konnte ich aus dem 
Veneublut gleichfalls den Streptococcus viridans ztichten. Es ist 
wohl anzunehmen, daB in dem 1. Fall die Viridans-Sepsis sich erst 
im Anfangsstadium befand, so daB ihr typisches Symptom, die Endo¬ 
carditis sich noch nicht entwickelt hatte. 

Zusammenfassung. 

In Zeiten von Influenzaepidemien hat die bakteriologische Unter- 
suchung von Lumbalpunktat und Gehirn wiederholt das Vorhandensein 
Infloenzabazillen-Ahnlicher Bazillen ergeben. Sie waren in einem er- 
heblichen Teil der Ffille in Reinkultur im Gehirn, den Lungen und 
anderen Organen nachweisbar, so daB ihre atiologische Bedeutung sehr 


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184 CentralbL f. Baku etc. I. AbU Originate. Bd. 87. Heft 3. 

wahrscheinlich ist. Ihre Identifizierung als echter Influenzabazillus ist 
jedoch in den meisten Fallen nicht ausreichend gesichert. Vor allem 
fehlt fast immer die Unterscheidung gegenOber dem stark tierpathogenen 
hSmoglobinophilen Bazillus von Cohen. 

In 2 hier nntersuchten Fallen von Sauglingen, die im AnscbluB an 
eine Erkrankung des Atraungsapparates von Meningitis befallen wurden, 
fanden sich im eitrigen Lurabalpunktat nnd anderen Stellen des Zentral- 
nervensystems sowie auch in anderen Organen Bazillen, die dnrch ibr 
kulturelles Verhalten als Influenzabazillen diagnostiziert wurden. In 
einem dieser Falle wurde durch den Tierversuch die Differentialdiagnose 
gegenOber dem Cohenschen Bazillus gesichert. 

Die Zusammenstellung der in- und auslandiscben Literatur ergibt 
folgende Symptomatologie der Influeuzameningitis: 

Die Influenzameningitis ist eine fast ausschlieflliche Erkrankung der 
Kinder nnterhalb des 2. Lebensjahres. 

Die Erkrankung beginnt mit katarrhalischen, gastrointestinalen oder 
prim5r-nerv6sen Symptomen. 

Die klinischen Erscheinungen gestatten keine Differentialdiagnose 
gegenOber den anderen eitrigen Meningitiden. 

Die Mortalitat betrSgt bei Kindern unter 2 Jahren ca. 91 Proz., bei 
Olteren Personen ca. 44 Proz. 

Pathologisch-anatomisch erscheint die Erkrankung als Meningitis 
cerebrospinalis purulenta, die in gleicher Weise die Konvexitat wie die 
Basis des Gehirns ergreift und auf die RQckenmarkshSute flbergeht. 

Als hSufigster Infektionsweg kommt in Frage der septisch-meta- 
statische vom prim&ren Herd der Lungen aus, weniger oft die Ver- 
schleppung der Keime vom Nasenrachenraum aus durch direkte Lymph- 
bahnen zu den Meningen, vereinzelt auch direktes Uebergreifen von 
einer Otitis media aus. 

Bei Eucephalitis lethargica wurde in 1 Fall aus dem Lumbal- 
punktat ein Bazillus gezflchtet, der als Influenzabazillus angesehen 
werden kann, in 2 anderen Fallen der Streptococcus viridans, 
und zwar einmal aus der Ventrikelfliissigkeit und einmal aus dem Venen- 
blut eines mit Endocarditis komplizierten Falles. 

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Loesberg, Em Blasenabszefl mit B. pyocyaneus etc. 


185 


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teilung u. Muncnen. med. Wochenschr. 1914. Nr. 31. — Jundell, Jahrb. f. Kinder¬ 
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Obst Vol 56 1907; nach Wollstein, Amer. Journ. Dis. of Childr. Vol. 1. 1911. — 
Tedesco, Centralbl. f. Bakt Abt. 1. Orig. Bd. 43. — Thomesco u. Grocerki, Rev* 
neurol. T. 13. 1905. p. 44; nach Wollstein, Amer. Journ. of Dis. of Childr. Vol. 1. 
1911. — Tobler, Korrespondenzbl. f. Schweiz. Aerzte. 1917. — Torrey, Robert, 
Amer. Journ. med. Scienc. Vol. 152. 1916; ref. Centralbl f. Bakt Abt. 1. Ref. Bd. 67. 
1919. — Trailescu, Spitalul. 1901. Nr. 19; nach Dubois. [Thfese.] Paris 1902. — 
Van der Hasselt, nach Cohen u. Fitzgerald, Centralbl. f. Bakt. Abt I. Orig. 
Bd. 56. 1910. — Wilkinson, ebenda. — Wiesner, Wien. klin. Wochenschr. 1917. 
Nr. 30, u. 1918. Nr. 41. — Wollstein, Journ. exper. Med. Vol. 13. 1911; nach 
Centralbl. f. Bakt Abt I. Ref. Bd. 50. 1911. — Ders., Amer. Journ. of Dis. of Childr. 
Vol. 1. 1911. — Ziegler, Freiburg, med. Gesellsch. 25. Jan. 1921; nach Dtsch. med. 
Wochenschr. 1921. Nr. 12. 


Naohdruch verboten. 

Ein Blasenabszess mit B. pyocyaneus und B. Proteus 
anindologenes van Loghem als Mischerreger. 

[Am dem Hygienisch-Bakteriologischen Laboratorium der Universit&t 
Amsterdam (Direktor: Prof. Dr. R. H. Saltet).] 

Von £. Loesberg, Med.-Cand. 

Mit 2 Abbildungen im Text. 

1905 hat van Loghem zum ersten Male die Aufmerksamkeit anf 
eine Pro tens-Art gelenkt, welche in Peptonwasserkulturen kein Indol 
bildet Mit der Salkowskyschen Indolreaktion entsteht wohl rote 
Firbung, aber diese Farbe wird nicht durch Indol bedingt, sondern 
durch and ere Substanzen (Pseudoindol). 

Dies lfiBt sich dadurch beweisen, daB spezifische Indolreaktionen 
keioe Rotf&rbnng geben. Es entsteht z. B. keine Indolreaktion, wenn 
die flQssige Kultur bei 100° C destilliert und im Destillat die Ehr- 
liche Reaktion vorgenommen wird, Oder wenn die Kultur mit Aether 
geschQttelt, der Aether abpipettiert und dann die Ehrlichsche Reak- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 3. 



tion ausgefuhrt wird. (Indol hat namlich die Eigenschaft, im Destillat 
iiberzugehen, wenn bei 100° C destilliert wird, und ist auch in Aether 
loslich.) 

Van Log hem nahm nun auf Grund dieser Eigentfimlichkeit Indol 
gegeniiber eine Unterabteilung der Proteus-Bazillen an und nannte 
die von ihm gefundene Art Bacillus proteus anindologenes. 

. Die weiteren Eigenschaften des anindologenen Proteus sind 
folgende: 

Gram-Farbung — 

Gelatine verfliissigt 

Wachstura fakultativ anaerob 

Indolbildung — 

Pseudoindolbildung -f 

1 Proz. Pepton Witte f Laktose — 

7, Proz. NaCl-Ldsung Saccharose — 

4- 6 Proz. Lacknius i- 1 Proz. | Mannit — 

Petruschkvs Lackmusmolke erst rot, spater blau 

Kartoffel gelb-brauner Belag 

Hamolyse (5 Proz. Ziegenblut-Agarplatte) -f 

schrieb Berthe- 
lot mehrerePro- 
teus-Bakterien, 
die in Pepton- 
wasser ebenfalls 
kein Indol bil- 
deten, wohl aber 
in Tryptophan- 
lbsungen (Tryp¬ 
tophan ist Indol- 
alanin und eins 
i der einfachsten 

jS v, Spaltungspro- 

schlieBt daraus, 
daB es keinen 
Proteus anin¬ 
dologenes gibt, 
sondern daB die 
von van Log¬ 
it am gefundenen 
Stamme nur ab- 
gesch wSchte, 
indologene 
Proteus-Bazil- 
lensind. Groot 
fand aber, daB 
die verschiede- 
nen Stamme von 
£| van Loghem 

Fi j in Tryptophan- 

lbsungen kein 

Indol bildeten, wohl aber alle Stamme Pseudoindolreaktionen 

zeigten. 


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Loesberg, Ein Blasenabszefi mit B. pyocyaneus etc. 


187 


Eine analoge Differenz wie zwischen Pepton und Tryptophan finden 
wir bei Saccharose und Glykose. In Saccharose kommt das Glykose- 
molekul auch vor, aber in viel zusammengesetzterer Verbindung. Es 
gibt nun Bakterien, welche sowohl Glykose wie auch Saccharose ver- 
garen, und andere, welche nur imstande sind, Glykose anzugreifen, 
wahrend sie die Saccharose (= zusatmnengesetzes Glykosemolekfil) unbe- 
riihrt lassen. Auf Grund dieser Differenz kann man 2 Bakterien doch 
nicht als identisch betrachten. Es ist daher klar, daB der B. proteus 
anindologenes van Loghem, welcher nach Berthelots Ansicht 
nicht imstande ist, das ganze Peptonmolekul anzugreifen * wohl aber 
das abgebrochene Peptonmolekul (Tryptophan), als eine Unterabteilung 
der Proteus-Gruppe zu betrachten ist. 

Ob die Ansicht 
Berthelots wirk- 
lich richtig ist, wird 
sich noch zeigen. 

Durch Zufall er- 
hielt ich einen Ba- 
zillenstamm zur Un- 
tersuchung, welcher 
von Dr. J. A. van 
Hass el t aus hell- 
grunem Urin, der 
steril aufgefangen 
war, geziichtet wor- 
den war. 

Herr Dr. E n - 
gel kens und Dr. 

J. A. van Has- 
selt, welche die 
Kranke behandelten, 
werden den klini- 
schen Verlauf aus- 
fuhrlich beschreiben, 
doch halte ich es fur 
wiinschenswert, 

fiber die Herkunft dieses Bakterienstammes das Allernotigste zu be- 
merlcen: 

Der Pat. wurde wegen doppeUeitiger Salpingitis und Oophoritis der Uterus mit 
den rechten Adnexis exstirpiert. Nach gunstiger Wundheilung stieg die Temp, nach 
5 Tagen plbtzlich auf 39° C, sank nach 4 Tagen wieder, und gleichzeitig wurde mit 
dem Urin eine grofie Menge gasreichen, hellgriinen Eiters frei. Die Wuude usw. wurde 
sofort untersucnt und ein retrovesikaler AbszeS konstatiert, dessen gasreichcr, griiner 
Eiter mit dem Urin zum Vorschein kam. Aus den Ureteren wurde mittels Katheter 
normaler Urin aufgefangen. Der Eiter stammte also nicht aus einem NierenabszeU. 
Der Urin wurde beim Stehen immer griiner und griiner. 

Eine 24 Std. alte, aus einem steril entnommenen Urin stammende 
Schrfigagarkultur war dunkelgriin gefarbt. Da bei der Katheterisierung 
der Pat. neben Urin eine grofie Menge Gas frei wurde, drSngte sich 
mir alsbald der Gedanke auf, es mit einem Proteus-Bazillus zu tun 
zu haben. DaB aber eine so intensiv griine Ffirbung des Agars von 
einem Proteus verursacht wurde, war unwahrscheinlich, vielmehr 
konnte es sich vielleicht um eine Mischung von 2 Bakterien handeln, 
nfimlich den B. pyocyaneus und den B. Proteus. Impfung im 



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CentralbL i. Bakt. etc. L Abt. Originale. Bd. 87. Heft 3. 


Kondenswasser des Schr&gagars, also ganz am Boden des Reagenz- 
robres, best&tigte mir, daB das Bakterium stark ausschw&rmte, da eine 
reiche Kultur in 1' Tage, die ganze Agaroberfl&che entlang, emporge- 
stiegen war. Gram- F&rbung und Untersuchung des h&ngenden 
Tropfens zeigten, daB es sich um ein stark bewegliches, gramnegatives 
St&bchen bandelte. 

Um nun die verschiedenen Bakterien rein voneinander zn erhalten, 
wurden Gelatineplatten gegossen. Aber nach 24 Std. war bei 24® C 
alle Gelatine vollst&ndig verflflssigt, worauf versncht wurde, ein besseres 
Resultat durch Impfung immer weniger Bakterien zu erhalten. Aber 
auch hier waren die Platten g&nzlich verflflssigt, Oder es war nichts 
darauf gewachsen; niemals konnten gesonderte Kolonien unterschieden 
werden. 

Da es also wegen der starken Ausschw&rmung unmdglich war, aaf 
diese Weise Reinkulturen zu bekommen, wurden Agarplatten gegossen 
und bei 24° C bebrfltet. Jetzt wurde nicht haehr der N&hrboden ver¬ 
flflssigt und das Ausschw&rmen verminderte sick bedeutend, so daB 
unter dem Mikroskop gesonderte Kolonien unterschieden werden konnten. 
Ich impfte etwas davon ab, und so gelang es nun, einen B. pyocya- 
neus und einen B. Proteus reinzuzflchten. Der B. pyocyaneus 
zeigte gar keine Eigentflmlichkeiten, der B. Proteus (genannt Pro¬ 
teus D) hatte folgende morphologische und kulturelle Eigenscbaften: 


Morphologic 

Gram-Farbung 

Ausschwarmung 

Wachstum 

Agar 

Laktosebouillon 

Glykosebouillon 

Milch 

Peptonwasaer 

Bouillon 

Kartoffel 

Lackmusmolke 

GlukosePepton-Lackmus-Loeung 
in Wasser 


St&bchen mit vielen peritrichen Geifieln; stark 
beweglich 

sehr stark 
fakultativ anaerob 
grauweifier Belag 

Triibung; kein Gas; Bautchen an der Ober- 
flache 

Triibung; viel Gas; Sediment 

keine Kx>agulation; keine Peptonifikation 

wenig triibe 

Triibung; Hautchen an der Oberfliche 

gelber Belag 

wenig rot und triibe 

rot; triibe, Sediment 


Indol { 


Ehrlichsche Reaktion in) 
1 Proz. Pepton Witte > 
‘/, Proz. NaCl-Ldsung J 


kein Indol 


I Salkowskysche Reak-1 
tion in derselben Ldsung / 
E n d o - Platte 
Hamolyse 

Gelatineeticbkultur 


Roter Bing 
leicht rosa 

kein; Platte scbokoladenbraune ^mothamo- 
globine) Farbe; starke Ausschwarmung 
verflusBigt; unscharfe Konturen. 


t 


l 


.i 


Nachdem das Bakterium reingezflchtet war, gelang es auch, die 
Kolonien auf der Gelatineplatte und auf der Agarplatte zu erhalten. 
Fig. 1 zeigt die 15 Std. alte Kolonie auf Gelatine. 

Fig. 2 die 24 Std. alten Kolonien auf Agar. 

Aus beiden Figuren ist deutlich zu sehen, daB die Ausschw&rmung 
auf Gelatine sehr viel st&rker ist als auf Agar. 


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Loesberg, Ein Blasenabszefl mit B. pyocyaneus etc. 


189 


Folgende Tabelle zeigt die S&urebildung aus verschiedenen Zuckern: 

Neutral b Proz. Lackmustinktur-, 1 Proz. 

Pepton Witte, 7* Proz. NaCl-Lbsung in Saurebildung 
Wasser + 

a) 1 Proz. Glukose + 

b) 1 „ Laktose — 

c) 1 „ Maltose — 

d) 1 „ Mannit — 

e) 1 „ Saccharose — 

Es frug sich jetzt noch, ob die von mir eliminierte Bakterie auch 
in Tryptophanlfisungen Indol bildet Oder nicht. Ich impfte daher diesen 
Bazillus in eine Nfihrlfisung folgender, Zusammensetzung: Pepton 
Witte: 10 g, NaCl: 5 g. Tryptophan: 1,5 g, Leitungswasser: 1000 g. 

Nach 3 Tagen waren die Reaktionen von Ehrlich and S a 1 - 
kowsky positiv. Destillierte ich aber und priifte das Destillat 
auf Indol (Indol geht im Destillat tiber, wenn man bei 100° C destil- 
liert; im Residuum findet sich also kein Indol), so fand ich: Ehrlich 
neg&tiv, Salkowsky negativ, bei denselben Reaktionen in residuo 
land ich: Ehrlich positiv, Salkowsky positiv. 

Die Stoffe, welche hier mit Ehrlich und Salkowsky Rotf&rbung 
geben, sind also kein Indol. Damit wurde wiederum der Beweis 
geliefert, daB in Tryptophanlfisungen Bac. Proteus anindologenes 
keine Spur Indol bildet. Dasselbe hatte Groot (1917) far die 
verschiedenen St&mme von van Loghem gefunden. 

Die Folgerung Berthelots fiber die Indolbildung findet 
ihren Grund in folgendem: Die Ehrlichsche Reaktion gait, bis 
Steensma die Unrichtigkeit der Annahme nachwies, als eine spezi- 
fische Indolreaktion. Ich bin auch der Ansicht, daB man, urn die Indol- 
bildung eines Bakteriums zu prfifen, immer entweder die flfissige Kultur 
destillieren muB bei 100° C und im Destillat die Ehrlichsche Reak¬ 
tion vornehmen, oder die Kultur mit Aether zu schfitteln, diese abzu- 
pipettieren und im Aether die Ehrlichsche Reaktion vorzunehmen. 

Zor weiteren Identifizierung des Bazillus habe ich auch agglutina- 
torisch die Eigenschaften mit Seren von Kaninchen bestimmt, welche 
mit 2 Stfimmen von van Loghem immunisiert waren und mit dem von 
mir gefundenen „Stamm D“. Ich benutzte zu diesen Reaktionen also: 

Somm T / Kaninchen immunieiert mit B. Proteus \ Titer mit bomologem Stamm 

m A \ anindologenes D. / 1 s 1000 

Sprnm Ti / Kaninchen immunisiert mit B. Proteus \ Titer mit homologem Stamm 
\ anindologenes Elders. / 1:2500 . 

Seram III \ Kaninchen immunisiert mit B. Proteus 1 Titer mit homologem Stamm 
\ anindologenes Swaan. / 1:2500 


In folgender Tabelle ist das Resultat wiedergegeben: 

Serum I (Proteus anindologenes D) 


Bazillensuspension 

von 

Verdunnuug des Serums 

1:50 

1:100 

1:250 

11:500 

1: 1000 

Kontr. 


f D 

clar 

clar 

clar 

1 + + + 

+ 

_ 

9 

9 1 

Elders 

(clar) 

+ 

(+) 

(+) 

-■ 

— 


Til 

+ 

+ 

+ 

— 

— 

— 

•§ 5 § 

Pneumaturie 




— 

— 

— 


Krdl E. 

(clar) 

++ 

+ 

( + ) 

(+) 

— 

ai* 

Urine I 

+ + 

++ 

+ 

_ 1 


— 


II 

+ 

+ 

(+> 

| 

— 



Krdl 167 

(clar) 

++ 

(+) 


— 



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190 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate Bd. 87. Heft 3. 


Serum II (Proteus anindologenes Elders), 


Bazillensuspension 

Verdiinnung des Serums 


von 

1:50 

1:100 

[l: 250 

1:500 

1:1000 

1:2500 1 : 5000|l:10000 Kontr. 

© 

p i 

Elders 

clar 

clar 

'++++;+ + + i 

+ + 

+ 

_ 

. _ 1 

_ 

D 

clar 

4-4-4- 

+ + ; 

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1 

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g 2 

Til 

clar 

clar 

clar 

, + + + ' 

( + ) 


— 

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— 

o ® S 

Q ® 3 

Pneumaturie 

(clar) 

(cl) 

+ + + ! 

+ + 

+ 

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— 

o2 

Krai K. 

' clar 

clar 

4- 4- | 

+ + 

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(+) 

((+)) ’ 

— 

— 


Urine I 

! (clar) 

(cl) 

(cl) 

+ + -F 

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— 


„ II 

(clar) 

(cl) 

(cl) 

+ + + ! 

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( + ) 

_ 

— 


Krai 167 

I clar 

clar 

++++]+++! 

l + + 

+ 

1 (+) 

1 

1 


Serum III (Proteus anindologenes Swaan) 


Bazillensuspension 

Verdiinnung des Serums 

% von 

8 

8 

1:25011:500 1:1000 1:2500ll: 5000 

1:10 000 Kontr. 

de Swaan 

clar 

clar 

(clar) (clar) + + + ((+)) 

_ 1 

_ _ 

© D 

(cl) 

((d)) 

+ + + ++ + (+) 

— 

| - — 

§. i ® Elders 

cl 

(d) 

+ 4“ 4- + 4- 4- — 

— 

- - 

Til 

(cl) . 

((d)) 

+++ ++ + — 

— 

- — 

2 2 S Pneumaturie 

cl 

(cl) 

(cl) 4-4" 4- 4-4- 4- 

— 

- — 

Jo2 Kr.il K. 

cl 

cl 

4-4-4- 4-4- 4- (4-) 

— 

- - 

flp 4 Urine I 

cl 

cl 

(cl) ++ + (+) 

— 

- — 

< TI 

(cl) 

((d)) 

+++ ++ + (+) 

— 

- - 

( Krdl 167 

clar 

(cl) 

+++ ++ + — 

— 

- - 


Erklarung der Zeichen: 

Klarifikation = Tiichtiger Bodensatz; obenstehende Flusaigkeit ganz klar. 
4-4-4- = Deutliche Agglutination (grobe Flocken). ++ = Weniger deutlxch. + = 
Noch sichtbare Agglutination. (+) = Schwache Agglutination. — = Kleine Agglu¬ 
tination. 

Bezfiglich des Verlaufs der Agglutinationsreaktion bei der Proteus- 
Gruppe war es auffallend, daB derselbe ganz anders war, als wir es bei 
Typhus, Cholera usw. gewOhnt sind. Bei der Proteus -Gruppe war die 
Agglutination sehr grobflockig; bald sanken die Flocken zu Boden, so 
daB die obenstehende Flussigkeit ganz klar oder homogen trfib war. 
Ein deutlicher Bodensatz mit flockiger, darttberstehender 
Flfissigkeit zeigte sich nie. 

Diese Agglutinationen lehren am deutlichsten: 1) daB der von mir 
untersuchte B. Proteus D zu der Unterabteilung der Proteus-Gruppe 
gehfirt, welche van Loghem Bac. Proteus anindologenes nannte, 
weil diese StSmme bis zur Titergrenze der spezifischen Sera agglu- 
tinierten; 2) daB die anindologenen P r o t e u s-Bazillen nicht nur bio- 
chemisch, sondern auch agglutinatorisch in eine bestimmte Gruppe ge- 
hSren; die indologenen Stfimme verhalten sich agglutinatorisch den 
anindologenen Stammen gegeniiber ebenso wie z. B. Paratyphus A zu 
B. typhi. 

Die Habitilationsschrift von Groot gibt genaue Auskunft fiber die 
serologischen Ergebnisse verschiedener indologener P r o t e u s-St&mme. 

Literatur. 

Ban (let, E. A. R. F., Indolreakt-ionen bei Proteus -Bazillen. (Fol. Microbiol. 
1013. p. 2(51.) — Berthelot, A., Rccherches lur le Proteus vulgaris. (Ann.de 
lTnst. Pasteur. 1014. p. 839.; Reclierches sur quelques caractfcres du Proteus vul¬ 
garis. [These.] 1913. — Bohnie, Die Anwenduug der Ehr lichschen Indolreaktion 
tur bakteriologische Zwecke. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 40. S. 129.) — 

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191 


Lipechiitz, Ueber Chlamydozoa-Strongyloplasmen. 

Borker, W. D., A study of some of the Bacteria found in the faeces of infants af¬ 
fected with summer diarrhoea. (Transact. Amer. Pediatr. Soc. 1889.) — Cantu, Ch. r 
Le Bac. proteus, sa distribution dans la nature. (Ann. de lTnst. Pasteur. 1911. 
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u. Hachla, Beitrag zur Kenntnis der Proteus-Bakterien. (Zeitachr. f. Immunitatsf. 
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einee diabetischen Kranken. (Centralbl. f. Bakt Abt. I. Orig. Bd. 38. 8. 425.) — Ders., 1 
Bacterium (Proteus) anindologenes n. sp. (Fol. Microbiolog. 1915. p. 1.) — 
Ders., Over het voorkomen van Proteus-Bazillen bij den mensch, in het bijzonder 
bij gezondeen zieke zuigelingen. (Tijdschr. v. Geneesk. 1918.) — Ders., Bacterium. 
Proteus anindologenes bei gesunden undkranken Bauglingen. (Centralbl. f. Bakt. 
Abt, I. Orig. Bd. 82. 1919. 8. 449.) — DerB. u. van Loghem, J. C. W., Pouw, 
Beitrag zur Differenzierung der Proteus-Gruppe. (Centralbl. f. Bakt Orig. Bd. 66. 
8. 20.) — Metschnikoff, E., £tude sur la flore intestinale. (Ann. de lTnst Pasteur. 
1914. p. 102.) — Steensma, F. A., Ueber den Nachweis von Indol und die Bildung 
Ton Indol vortauschenden Stoffen in Bakterienkulturen. (Centralbl. f. Bakt. Abt L 
Orig. Bd. 41. 8. 295.) — Ders., Ueber Farbenreaktionen der Eiweifikorper des Indols 
und des Skatols etc. (Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 47. 8. 25.) — Sullivan, M.; 
Indolbildung auf eiweifihaltigeNabrbdden. (Centralbl. f. Bakt Abt. I. Ref. Bd. 40. S. 348.) 
— Wolf, 8., Beitrage zur Lehre der Agglutination mit besonderer Bezugnahme auf 
die Differenzierung aer Coli- und Proteus-Gruppe und auf die Mischinfektion. 
(Centralbl. f. Bakt Abt I. Bd. 25. S. 311.) — Zipfel, H., Zur Kenntnis der Indol- 
reaktion. (Centralbl. f. Bakt Abt I. Orig. Bd. 64. S. 65.) — Ders., Weitere Beitrage 
m Kenntnis der lndolreaktion. (Ebenda. Bd. 67. S. 572.) 


Nachdruck verboten . 

Ueber Cblamydozoa-Strongyloplasmen. 

VIII. Ueber Gefliigelpocke 1 ). 

fAns dem staatl. serotherapeutischen Institut in Wien (Vorstand: Hofrat 

Prof. Dr. R. Paltauf).] 

Von Privatdozent Dr. B. Lipschtttz. 

Fflr vergleichende Studien flber Chlamydozoen bieten Untersuchungen 
fiber GeflQgelpocke den besonderen Vorteil, Einzelfragen unter leichten 
Arbeitsbedingungen, ganz nach Belieben des Untersuchers studieren zu 
kfinnen. Fur das tiefere Verstandnis der „Einschlulikrankheiten“ schienen 
mir aber seit vielen Jahren gerade derartige vergleichende Unter- 
snchungen lehrreich zu sein und die in friiheren Mitteilungen 2 ) be- 
schriebenen Befunde bei Paravakziue, bei Herpes zoster, Herpes fe- 
brilis und Herpes genitalis konneu fur die Richtigkeit der eingeschlagenen 
Arbeitsmethodik angefiibrt werden. 


1) Der gr56te Teil der Untersuchungen wurde in der V r orkriegszeit ausgefuhrt 
und geiangt aus auBeren Griindon erst jetzt zur Veroffentlichung. 

2) Ueber Chlamydozoa-Stroiigyloplasmen. (Wien. klin. Wochensehr. 1919 u. 1920 
u - Wien. med. Wochensehr. 1921 .) 


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192 


CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 8. 


1) In mikroskopisch-tinktorieller Hinsicht hat sich bei der Geflflgel- 
pocke zunfichst die bemerkenswerte Tatsache ergeben, daB die Zell- 
einschliisse — fihnlich dem Verhalten der G uarnierischen KQrper und 
der von mir beschriebenen „Paravakzinek6rper tt — amphophil sind. 
Die „GeflQgelpockenk8rperchen u f&rben sich demnach bei der Behand- 
lung mit einem basischen and einem sauren Farbstoff (z. B. bei der 
H&malaun-EosinfSrbung) mit dem sauren Farbstoff, sie sind azurophil 
nach Giemsa, w&hrend sie bei Behandlung mit einem Gemisch zweier 
basischer Farbstoffe (z. B. mit Pappenheims Farbstoff) zum Methyl- 
grfln Affinitat zeigen. Nachdem in der letzten Zeit ausgefQhrte Unter- 
suchungen ein ahnliches Verhalten auch der. KerneinschlOsse bei Herpes 
zoster erbracht haben, dflrfte es sich urn ein in tinktorieller Hinsicht 
allgemein giiltiges gesetzmafiiges Verhalten . der Zelleinschlttsse 
handeln. 

Die „GeflQgelpockenk5rperchen“ treten ansschlieBlich im Protoplasma 
der Retezellen der Epidermis, bzw. im Follikelepithel hervor; Kernein- 
schliisse, wie sie bei der Variola und Paravakzine zur Ausbildung ge* 
langen, werden hier regelmtBig vermiBt. Aber auch im Corium sind 
EinschlQsse — wiederum im Gegensatz zur Variola der Affefi und za 
den bei Herpes zoster erhobenen Befunden — nicht anzutreffen. Die 
strenge Beschrankung der Gebilde auf das Protoplasma der Epithelzellen 
und das verschiedenartige farberische Verhalten einerseits der EinschluB- 
gebilde, andererseits der Kernbestandteile lassen mit Sicherheit die 
SchluBfolgerung annehmen, daB in genetischer Hinsicht die „Ge- 
flQgelpockenkQrperchen tt nicht von praformierten Kern- 
bestandteilep abzuleiten sind. Zum gleichen Ergebnis fuhrt 
auch die Untersuchung der mit Taubenpockenvirus geimpften Cornea 
des GeflQgels (Taube). Auf diese Tatsache muBte hier in KQrze ein- 
gegangen werden, weil in jflngster Zeit der Versuch gemacht worden 
ist (Hammerschmidt), gerade das Verhalten der EinschlQsse bei der 
Taubenpocke als StQtze fQr die nukleolare Genese der EinschluBgebilde 
heranzuziehen — eine Ansicht, gegen die ich schon in einer fruheren 
Mitteilung („Ueber die Herkunft der Guarnierischen K5rper u ) ein- 
gehend Stellung genommen habe. Nur die „B enda schen K5rperchen“ 
bei der GetlQgelpocke (abgebildet im Handb. d. path. Protoz. in meinem 
Beitrag „GeflQgelpocke u Taf. V, mittlere Zeichnung Fig. 4 und 5) ent- 
sprechen ins Protoplasma ubergetretener Nukleolarsubstanz und stellen 
nach der von mir eingefQhrten Nomenklatur „ZelleinschlQsse II. Ord- 
nung“ dar. Im Gegensatz zu diesen erweisen sich die eigentlichen 
„GeflQgelpockenk5rper tt als „Viruskolonien im Gewebe“, die von Re- 
aktionsprodukten lipoider Natur des Gewebes eingehQllt werden. Wird 
diese EinschluBmasse (Lipoid) durch ein geeignetes Verfahren gelOst, so 
gelingt es, wie dies von da Rocha-Lima zuerst gezeigt worden ist, 
miihelos die Zusammensetzung des Zelleinschlufigebildes aus Strongylo- 
plasmen nachzuweisen, Qhnlich wie ich es schon frQher (1911) ffir das 
Molluscum beschrieben und abgebildet hatte (Arch. f. Derm. 1911). 

Nach dem Verfahren von da Rocha-Lima habe ich die Fixation 
kleiner HautstUckchen im Camoyschen Gemisch (Alkohol 6, Chloro¬ 
form 3, Acid. acet. glac. 1 Teil) vorgenonimen, die Paraffinschnitte mehr- 
stiindig in Giemsa-Losung gefarbt und mit Azetonxylolgemischen 
differenziert. Man erzielt dabei ungemein klare und lehrreiche Bilder, 
die in mehrfacher Hinsicht Beachtung beanspruchen. An Stelle des bei 
gewdhnlicher Farbung in der Regel homogen erscheinenden EinschlnB- 


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Lipschiitz, Ueber Chlamydozoa-Strongyloplasmen. 


193 


gebildes findet man den EinschluB aus einer enormeo Aozabl kleinster, 
intensiv rot gef&rbter Kdrperchen zusammengesetzt. Sie treten zu 
groBeren und kleineren Haufen zusammen, die voneiDaoder durch helle, 
offenbar verflussigter Plasmasubstanz entsprechende Rflume getrennt 
sind. Im Gegensatz zu den Bildern beira Moliuscum contagiosum, bei 
denen die Vermehrung der Strongyloplasmen schlieBlich (bis auf den 
peripher verlagerten Kern) zur fast vdlligen Ausfflllung des Protoplasmas 
der erkrankten Retezelle fflhrt, lassen die „Gefliigelpockenkdrperchen“ 
Doch einen Teil des Protoplasmas unver&ndert. Die intensive Rotffirbung 
der Strongyloplasmen im Schnitt, die an Deutlichkeit den bekannten 
Bildern der Trachomchlamydozoen nicht nachsteht, lassen die Ausfflh- 
ruDgen Huntemflllers, der einerseits den Trachorabefunden para- 
sitologische Bedeutung beilegt, aber den Strongyloplasmenbefunden beim 
Moliuscum und bei der Geflflgelpocke die Anerkennung versagt, ganz 
unverstandlich erscheineri. Gerade die histologischen Untersuchungs- 
ergebnisse bei den 2 zuletzt genannten Affektionen stellen bedeuteude 
Stutzen fflr die Cblamydozoenlehre dar und weisen gleichzeitig auf voll- 
koramene Uebereinstimmung mit den Bildern in AusstrichprUparaten 
der Strongyloplasmen hin. 

An dieser Stelle mdchte ich noch in KQrze auf die Verteilung der 
Zelleinschlflsse im Rete und auf ihr Verhalten in der geimpften Cornea 
eingehen. Es war zunfichst von Interesse, auch den zeitlichen Mo- 
menten des Auftretens der EinschluBbildung nach der Hautimpfung 
nachzugehen. Histologische Untersuchungen haben diesbezflglich ge- 
lehrt, was aucb im allgemeinen fflr die „EinschluBkrankheiten“ der Haut 
Oeltung besitzt, daB die „Geflflgelpockenkdrperchen tt schon sehr frflh- 
zeitig zur Ausbildung gelangen. 3 Tage nach kutaner Impfung, zu einer 
Zeit, in der das charakteristische Hautbild der Gefliigelpocke noch gar 
nicht angedeutet, vielmebr bloB die durch die Impfung gesetzte Kruste 
wahrzunehmen ist, sind bereits anatomische Verinderungen (Akanthose) 
and mittelgroBe, wohlgef&rbte Einschlflsse, namentlich im Follikel- 
epithel anzutreffen. 

Ueber das Verhalten der Zelleinschlflsse zum Rete Malpighi sei 
erwahnt, daB die Basalzellenschicht und in der Regel auch die zweit- 
nJchste Zellschicht — die normale Epidermis der Taubenhaut setzt sich 
aus einer 1- bis hOchstens 2-reihigen Schicht platter Zellen zusammen 
- keine EinschluBbildung aufweist, wflhrend in den hdheren Lagen das 
Protoplasroa nahezu jeder Zelle einen EinschluBkdrper beherbergt. In 
rergleichender Hinsicht sei erwflhnt, daB auch beim Moliuscum 
contagiosum die Basalzellenschicht und die darauf folgenden 2—3 Zell- 
lagen keine Einschlflsse enthalten, w&hrend bei der Variola Zelleinschlflsse 
sich bereits im Stratum germinativum vorfinden. Auch bei Herpes zoster 
konnte ich Kerneinscblflsse bereits in der Basalzellenschicht nachweisen. 
Im Gegensatz zu diesen Befunden treten bei der Paravakzine EinschluB- 
korper ausschlieBlich in den hdheren Lagen des Rete Malpighi, bzw. an 
der Grenze zwischen Rete und Stratum corneum auf. Es ergeben sich 
somit in der topographischen Lokalisation der EinschluBkorper im Epi- 
thel bei den einzelnen hier angefflhrten Affektionen ausgeprflgte Unter- 
schiede, auf die hiermit die Aufmerksamkeit gelenkt sei. 

Das akanthotisch verflnderte Follikelepithel ist ungemein reich an 
Zelleinschlflssen, doch ist auch hier das Stratum germinativum in der 
Regel intakt. Wlhrend die meisten erkrankten, betrfichtlich geschwellten 
Epithelzellen in der Regel nur einen groBeren, wohlausgebildeten „Ein- 

Inte Abt. Ori*. B4. 87. Heft 8. 13 

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194 


Centralbi f. Bakt etc. I. Abt. Origin ale. Bd. 87. Heft 3. 


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schluBk6rper“ enthalten, begegnet man hier und da Zellen, die neben 
einem m&ch tiger entwickelten EinschluBgebilde noch eine Reihe kleinerer, 
.rundlicher, in der Nahe des grOBeren gelegene Kdrperchen beherbergen. 
Obenbar konfluieren alle in sp&teren Stadien zur Bildnng des einen 
groBen EinschluBgebildes. 

Mit der Beobachtung des Auftretens der „Geflflgelpockenk5rper“ in 
der geimpften Taubencornea wurden nach mehreren Richtungen hin be- 
merkenswerte Erkenntnisse erzielt. In der letzten Zeit hat Star gar dt 
die Zellver&nderungen der geimpften Hornhant n fiber studiert. In meinen 
eigenen Untersuchungen wurde das Gewebe in Subliroatalkohol oder — 
nach da Rocha-Lima — in Carnoyschem Gemisch fixiert und zu- 
meist nach Giemsa geffirbt. Die Einschlusse treten in sehr betrficht* 
licher Zahl auf und beschrfinken sich nicht allein auf die Impfritzen, 
sondern reichen auch in deren weitere Umgebung. Sie liegen ausschliefi* 
lich im Protoplasma der Epithelzellen, wobei jedoch die Basalzellen- 
schicht in der Regel nicht befallen wird. Oft liegen mehrere in der- 
selben Zelle und erreichen die GroBe des Zellkernes Oder flbertreffen 
ihn urn mehr als das Doppelte. Der Form nach erscheinen die Ein* 
schluBkdrper rundlich oder leicht unregelmfiBig begrenzt und unterscheiden 
sich leicht in ihren ffirberischen Eigenschaften vom Zell kern. Letzterer 
beherbergt keine fl Einschliisse“ und enthfilt 1 —2 tiefdunkel geffirbte 
Nukleolen. Eine Ausstofiung von Kernsubstanzer. findet nicht statt; 
auch sind die Zelleinschlflsse etwa 10—20mal grbfier als die Nukleolen. 
Die mit Taubenpockenvirus geimpfte Hornhaut stellt ein mehr geeig- 
netes Material fiir das Studium der Zelleinschlfisse dar und fiihrt mit 
zwingender Sicherheit zur endgtiltigen Ablehnung der von einzelnen 
Autoren vertretenen Ansicht von der nukleol&ren Genese der EinschluC* 
gebilde. 

2) In einer friiheren Arbeit habe ich Uber eine Reihe von Versuchen 
berichtet, die sich mit der Frage der Immunisierung von Tauben gegen 
das Virus der Geflugelpocke beschaftigten. Namentlich wurde auf den 
Parallelismus der Immunisierungsvorgange mit GeflQgelpocken- und 
Vakzine';irus hingewiesen. Hier mbchte ich noch auf einige erganzende 
Versuche, die fflr das Verstandnis der Immunitat bei der Geflttgelpocke 
von einiger Bedeutung sind, eingehen. 

Nach Untersuchungen von Lowenthal, Burnet und mir gelingt 
es regelmaBig das spezifische Virus in den Organen nachzuweisen, und 
ich habe daher schon in friiheren Arbeiten betont, daB es sich bei der 
Geflflgelpocke um eine Durchseuchung des Organismus handeln mOsse, 
bei der allerdings bloB das Hautorgan klinisch und pathologisch-ana- 
tomisch erkrankt, wahrend die Parenchymorgane frei bleiben. Dieses 
eigentumliche Verhalten der Haut wurde durch eine maximal gesteigerte 
spezifische Beziehung des Virus zur Haut erkiart und der Vorgang, der 
auch bei anderen, der Getliigelpocke biologisch nahestehenden Affektionen 
(Vakzine-Variola, Maul- und Ivlauenseuche etc.) nachgewiesen werden 
kann, als D er m otr op is in u s bezeichnet. 

Mit Riicksicht auf die bereits nachgewiesene Generalisierung des 
Virus erschien es nun von Interesse, festzustellen : einmal, wann der 
Uebertritt des Virus aus der erkrankten Haut in die Parenchymorgane 
stattfindet, also in welcliem Zeitpunkte die Verallgemeinerung des Krank- 
heitserregers nachzuweisen ist, und ferner, wie lange das Virus in 
den inneren Organen am Leben bleibt, bzw. ob Unterschiede in der 
Virulenz des Erregers, je nachdem mit Ilautmaterial oder mit Produkten 


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Lipechutz, Ueber Chlamydozoa-Strongyioplasmen. 


195 


innerer Organe geimpft wird, bemerkbar sind. Zur Klfirung dieser Frage 
babe ich Versuche in mebreren Heihen derart ausgeffihrt, dafi verschieden 
lange Zeit nach kutaner Impfung — vom 6. Tage bis zu 6 Wochen — 
die inneren Organe auf ihren Yirusgebalt durch weitere Hautimpfung 
gesunder Tauben geprfift wurden. Es zeigte sicb dabei zunfichst, in 
Best&tigung der Versuche Burnets, dafi erst am 8.—10. Tage Leber 
und Milz Virus enlhalten. In der 2. Krankheitswoche scheint der Virus- 
gehalt der Organe zuzunehmen. Von besonderem Interesse war jedoch 
die mehrfach festgestellte Tatsache, dafi noch 4 Wochen nach vollkom- 
mener Abheilung der Hauterscheinungen, etwas mehr als 6 Wochen nach 
erfolgter kutaner Infektion, nachdem die Tiere eine vollstandig ausge- 
bildete aktive ImmunitSt erlangt hatten, in den Parenchymorganen (aus 
Sparsamkeitsgrflnden wurden in der Regel blofi Leber und Niere oder 
Milz untersuclit) Virus experimentell in allerdings nicht sehr betrficht- 
lichen Mengen zu finden war. Nach Beendigung dieser Untersuchungen 
hat dann S an f el ice mitgeteilt, dafi er sogar 71 Tage nach kutaner 
Impfung die inneren Organe virushaltig fand. Es geht also aus diesen 
Versuchen hervor, daB der immune Organismus Parasitentrager 
und dafi die erlangte Immunitat eine „Immunitas non sterilisans“ ist. 

1st aber das Gediigelpockenvirus im Organismus generalisiert und 
bleibt es l&ngere Zeit in den Organen erhalten, so kann die erlangte 
Immunitat der Haut — wie dies auch Manteufel nach Abschlufi vor- 
liegender Versuche ausffihrte — nicht blofi histogener Natur sein, mufi 
vielmehr als Ausdruck der erlangten allgemeinen Korperimmunitat auf- 
gefafit werden. Fiir diese Ansicht kann auch die Tatsache angeffihrt 
werden, dafi Tauben auch durch intravenose Virusinjektion immunisiert 
werden kfinnen, ohne dafi dabei krankhafte Hautverfinderungen auftreten 
mflfiten. Durch die hier vertretene Anschauung nahern wir uns ge- 
wissermafien der von filteren Autoren (z. B. Pfeiffer) aufgestellten 
Ansicht fiber die Erlangung von Immunitat von im Korper zurflckge- 
bliebenen Keimen. Bei der Geflfigelpocke ist eine derartige Annahme 
experimentell fiberprfifbar, jedoch sind noch weitere Untersuchungen nach 
dieser Richtung hin notwendig. 

Zur Prage der Resistenz des Geflfigelpockenvirus mfichte ich in 
Kurze anftihren, dafi in Glasrfihrchen mehrere Monate aufbewahrte, von 
Schimmelpilzen flberwucherte Hautstiickchen kranker Tauben ihre Viru- 
lenz entweder gfinzlich eingebfifit, oder doch eine ganz besonders aus- 
gesprochene Abschwachung erfahren hatten. Da nach Marx und Sticker, 
Barnet, sowie nach eigenen Erfahrungen die Eintrocknung noch nach 
1 und l 1 /* Jahren die Virulenz keineswegs schadigt, erscheint die An¬ 
nahme naheliegend, die Starke Verunreinigung des Materiales mit Pilzen 
fur die beobachtete Tatsache verantwortlich zu machen. 

Ueber den Infektionsmodus konnte ich bisher in mehrjiihrigen 
Untersuchungen zu keiner bestimmten Anschauung gelangen. Dringt 
das Virus durch eine kleine Hautverletzung in den Korper ein, gelangt 
daselbst zu allgemeiner Verbreitung und wird sekundar auf hamato-/ 
genem Wege verschiedenen Ilautstellen zugefuhrtV Oder handelt es 
sich um eine primare HautaH'ektion V Oder stellt etwa der Darmkanal 
i vielleicht die Speiserohre) die Eintrittspforte darV Fiir letztere An¬ 
schauung konnen die Angaben Burnets angefiihrt werden, dem es be- 
kanntlich durch Ffltterungsversuche gelang, Tiere zu intizieren. In 
eigenen Versuchen, in welchcn gesundc Tauben lange Zeit zusammen 
mit kranken Tieren in demselben Kiifig unter gleiclien Ernahrungsbe, 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. 87. Heft 3. 


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dingungen gehalten warden, konnte kein einziges Mai eine Spontan- 
erkrankung festgestellt werden, obwohl im Experiment bereits mit einer 
1000-fachen Virusverdflnnung die Krankheit regelm&Big hervorzurufen 
ist. Fur die spontane Erkrankung erscheint daher auch zweifellos eine 
bestimmte, uns derzeit nicbt genau bekannte Eintrittspforte von Be- 
deutung. 

3) In den bisherigen Untersuchungen der durch filtrierbare Erreger 
hervorgerufenen Hautprozesse ist den Coriumveranderungen in der Regel 
nur geringe Bedeutung beigelegt worden. Nur Bose scheint ihnen in 
aiteren Untersuchungen gerecht worden zu sein. Borrel, der wohl 
als erster in seiner Studie „Les 6pith61ioses infectieuses et les 6pith6- 
liomas u in systematischer Weise die durch EinschluBbildung und Fil- 
trierbarkeit ihres Virus gekennzeichneten Krankheiten zu einer gemein- 
schaftlichen Gruppe zusammengefaBt hat, legt hauptsSchlich auf die 
Epithel- (bzw. Endothel-)VerSnderungen Wert, und v. Prowazek be- 
rticksichtigt in den „Chlamydozoen“ ebenfalls vornehralich die Erkran¬ 
kung des Epithels. Diesen Arbeiten gegeniiber babe ich schon 1909 
(3. Tagung der Freien Vereinigung fflr Mikrobiologie, Wien) den Kreis 
der durch filtrierbare Erreger gesetzten Ver&nderungen erweitert und 
betont: 1) daB das Vorkommen des Erregers im erkrankten Gewebe 
vermutlich nicht ausschlieBlich an das Vorhandensein der Einschlfisse 
gebunden ist, und 2) daB die Art der Reaktionsffihigkeit des erkrankten 
Gewebes auf das Eindringen des filtrierbaren Virus sehr mannigfaltig 
sein kann. Fur die hier in Betracht kommende Gefiflgelpocke konnte 
gezeigt werden, daB neben der Bildung der in die Tiefe des Corium ; 
reichenden Retewucherungen und dem Auftreten der „Einschlflsse u regel- ■ 
mSBig auch ausgesprochene Coriumveranderungen auftreten. Nur bei 
Reischauer finden wir die kurze Bemerkung, daB die entzfindlichen, 
die proliferativen Retezapfen umgebenden Coriurainfiltrate bisher mit 
Unrecht vernachlassigt worden sind. Fflr die spezifisch-pathologische ' 
Bedeutung dieser Entziindungsprodukte spricht die Tatsache, daB ihr 
Zustandekommen nicht allein nach kutaner, sondern auch nach iutra- 
venoser Infektion erfolgt. Ihrem Charakter nach handelt es sich urn j 
das ausgesprochene Bild der subakuten Entzfindungsform, bei welcber < 
die einzelnen Herde stellenweise hoch hinaufreichen, namentlich dort, 
wo die schmale, nicht infizierte Epidermis ihre normale Beschaffenheit 
beibehalten hat; eine schmale Zone fibrill&ren, nicht erkrankten Binde- : 
gewebes bleibt dann (fihnlich wie dies auch bei anderen Affektionen. i 
z. B. bei Lepra, beim Boeckschen Sarkoid etc. der Fall ist) zwischen 
Epidermis und entzfindlichem Infiltrat frei. 

Besonders verdienen die in Haufen auftretenden Plasmazellen her- < 
vorgehoben zu werden, und schlieBlich seien degenerative Verfinderungen { 
und brtliche Nekrosen erw&hnt, die schon in der 2. Woche, meist in den ( 
zentralen Anteilen stSrker ausgebildeter Coriuminfiltrate, angetroffen j 
werden. In den nekrotischen Herden siedeln sich h&ufig sekund&r sapro- 
phytfire Mikroben an, die im Schnitt (namentlich in Pappenheim- 
Pr&paraten) in Haufen nachzuweisen sind und in der Regel einem weifien 
Staphylokokkus entsprechen. Die Coriumveranderungen stehen den Epi- 
thelwucherungen an Masse und Ausdehnung nicht nach; sie reichen 
haufig bis zur Subkutis oder selbst in letztere hinein. Einschlfisse sind ' 
im Corium nicht enthalten; fflr ihr Auftreten dflrften besondere 6rt- 
licheMomente maBgebend sein, indem, wie es scheint, nurgewissen 
Zellen die biologische Funktion der EinschluBbildung zukommt. 


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Lipschiitz, Ueber Chlamydozoa-Strongyloplasmen. 


197 


Das Hervorheben der Corium verfinderungen scheint mir bei der 
Aosfflhrung vergleichender Untersuchungen fiber „EinschluBkrankheiten“ 
der Haut von Interesse zu sein. Wird das Virus bei der natfirlichen 
Infektion auf hfimatogenem Wege der Haut zugeffihrt (Variola, Geflfigel- 
pocke, Schafpocke etc.), so stellen die Zellen des Corium den primfiren 
Angriffspunkt ffir den Erreger dar. Dementsprecbend kommt es auch 
bei der experimentellen Variola der Aifen zur Ausbildung Guarnieri- 
scher Korper in den GeffiBendothelien des Corium nnd desgleichen treten 
,Scbafpockenk5rper“ im Corium auf. Auch bei Varizellen (Tyzzer) 
and Herper zoster (Lipschfitz) gelangen Zelleinsdhlflsse in den Kernen 
der vakuolisierten Endothelzellen im Corium zur Ausbildung. Bei der 
menschlichen Variola und bei der Geflfigelpocke werden sie jedoch da- 
selbst vermiBt, obwohl sie in der Epidermis, zum Teil sogar schon in 
der Basalzellenschicht in groGen Mengen angetroffen werden. Diese 
dorch vergleichende Untersuchungen gewonnenen Tatsachen weisen auf 
anGerordentlich weitgehende, feinst abgestufte Beziehungen, offenbar 
chemischer Natur, zwischen Erreger und tierischer Zelle hin, wobei das 
gleiche Virus bei verschiedenen Tierarten ein verschiedenes Verhalten 
bezfiglich der EinschluGbildung zeigen kann. 

4) Die von Lewis Hart Marks gemachte Mitteilung fiber gfln- 
stige Versuchsergebnisse mit Salvarsan bei Vakzine, denen allerdings 
die negativen Versuche von Camus, Nicolle und Conor undBelin 
gegenfiberstehen, veranlafiten mich, die Wirkung des genannten Heil- 
mittels auf das Virus der Taubenpocke zu studieren. Handelt es sich 
doch bei Vakzine und Geflfigelpocke um in die gleiche Gruppe der 
Chlamydozoa und Strongyloplasmen gehSrende Infektions- 
erreger, die durch zahlreiche gemeinsame morphologische Merkmale und 
biologische Eigentflmlichkeiten ausgezeichnet sind; eine gewisse Beein- 
flossung des Virus erschien also a priori nicht unwahrscheinlich. 

Zu den Versuchen wurden Tauben von 270—300 g Kfirpergewicht 
benfitzt und zunfichst versucht, die Dosis maxima tolerata festzustellen. 
Dabei konnte ich eine auGerordentliche Resistenz der Tauben gegenflber 
der Injektion des Prfiparates feststellen. 

Wahrend in den ersten Versuchen 0,015 g des Prfiparates pro Kilo- 
gramm Versuchstier verwendet wurde, injizierte ich spfiter bis etwa 
ungeffihr 0,2 g Salvarsan pro Tanbe. Nimmt man die derzeit Qbliche 
Menge von 0,01 g pro Kilogramm Mensch als Dosis tolerata an, so er- 
hielten die Versuchstiere mehr als die 60-fache menschliche Dosis auf 
1 kg KGrpergewicht, also eine Menge des Prfiparates, die genfigend groG 
erscheinen muGte, um eine Beeinflussung des Krankheitsprozesses er- 
kennen zu lassen. Bemerkt sei auch, daB selbst auf grfiGere Dosen die 
Tiere vollkommen munter blieben, keine Abnahme der FreBlust und 
keine nervOsen Erscheinungen zeigten etc., bloB an der Injektionsstelle 
im Musculus pectoralis kam es zur Bildung eines mfiBigen Infiltrates, 
das nach 8 Tagen fast ganzlich geschwunden war. 

Die Untersuchungen ffihrten zu folgenden Ergebnissen: 

1) Eine Beeinflussung des Virus findet in vitro durch Salvarsan 
nicht statt. 

Versuch: 2 ccm einer neutralen Aufschwemmung des Prfiparates 
(0,6 Salvarsan in 6 ccm Flfissigkeit) wurden mit 2 ccm der Virusemul- 
sion gemengt, gut durchgeschtittelt und nach 1—24 Std. zur kutanen 
Impfung verwendet. 

Ergebnis: Kein Unterschied gegenuber der Kontrolltaube. 


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198 ' Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 

2) Dem Pr&parat kommt keine schQtzende Wirknng zu. 

Versuch: 0,6 g des PrSparates werden in neutraler Aufschwem- 

mung (nach Wechselmann) mit 6 ccm Wasser verrieben, damit 
3 Tauben mit 0,5, 1,0 und 2,0 intramuskul&r injiziert. Nach 48 Std. 
kutane Impfung mit virushaltigen Erusten. 

Ergebnis: Nach 6 Tagen ist die Iropfang wie bei der Kontroll- 
taabe aufgegangen. 

3) Das Salvarsan besitzt keinerlei heilende Wirknng. 

Versuch: 48 Std. nach kutaner Impfung, zu einer Zeit, in der die 

geimpften Hautstellen noch keine pathologischen Verfinderungen zeigen 
(im Inkubationsstadium), werden die Versuchstiere mit 2,0 und 1,0 einer 
neutralen Aufschwemmung von 0,6 g des PrSparates in 6 ccm Wasser 
injiziert. 

Ergebnis: Nach 6 Tagen kein Unterschied gegenuber der Kon- 
trolltaube. 

Nach dem Ausfall dieser Versuche, welche einwandfrei beweisen, daB 
dem Ehrlichschen Praparat keinerlei Wirkung auf das Taubenpocken- 
virus zukommt, glaubte ich, davon absehen zu konnen, den EinfluB des 
Salvarsans auf den Calmetteschen Versuch (intravenfise Injektion mit 
angeschlossener traumatischer Hautreizung), der von Burnet und mir 
vor langerer Zeit mit Tauben ausgeffihrt worden ist, zu verfolgen. 

Literatur. 

Belin, Rev. intern, de la Vaccine, 1911. — Borrel, Ann. Pasteur. 1903. — Bobc, 
Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Grig. Bd. 34, 37 u. 39. — Burnet, Ann. Pasteur. 1906. — 
Camus, Compt. rend. Soc. Biol. 1911. — Huntemiiller, Zeitechr. f. Chemother. 
1914. — Lipschiitz, B., Handb. d. path. Protozoen. Bd. 1. — Ders., Ueber Chlamy- 
dozoa-Strongylopiasmen. (Wien. klin. Wochenschr. 1919 u. 1920 u. Wien. med. Wochen- 
schrift 1920./— Lowenthal, Dtsch. med. Wochenschr. 1906. — Manteufel, Arb. 
a. d. Kais. Gesundheitsamte. 1910. — Marx u. Sticker, Dtsch. med. Wochenschr, 
1902. — Nicolle et Conor, Compt. rend. Soc. Biol. 1911. — v. Prowazek, Handb. 
d. path. Protozoen. Bd. 1. — da Rocha-Lima, Verh. d. dtsch. path. Gee. 1913. — 
Reischauer, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 40. 1906. — Sanfelice, Zeitschr. 
f. Hyg. 1914. — Stargardt, Zeitschr. £ Augenheilk. Bd. 41. 1919. 


Nachdruck verboten. 

Ueber Spirochaten in Wasserleitungen. 

[Aus dem Institut fiir Hygiene und Bakteriologie der UniversitSt Bonn 
(Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. R. O. Neumann).] 

Von Priv.-Doz. Dr. F. W. Bach, 

Assistent am Institut fiir Hygiene und Bakteriologie in Bonn. 

Mit 1 Abbildung im Text. 

Mikrobiologische Untersuchungen fiber die Wasserverh&ltnisse Bonus 
und Umgebung, die seit langerer Zeit von seiten des hiesigen Institnts 
fiir Hygiene vorgenommen werden, veranlaBten mich, auf das vor kurzem 
bekannt gewordene Vorkommen von Spirochaten in Wasserleitungen 1 ) 
zu achten. Bei dieser Gelegenlieit gelang mir der Nachweis zweier 

1) Uhlenhuth u. Zuelzer, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 85. 1921. 
S. 141 t u. 154*. 


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Bach, Ueber Spirochaten in Wasaerleitungeo. 


199 


SpirochStenarten in der Bonner stadtischen Wasserleitung, von denen 
fir die eine Art der Fundort bis jetzt noch nicht bekannt sowie in bio- 
logischer Hinsicht interessant ist. 

Nach meinen bisherigen Untersuchungen beherbergt die Bonner 
Wasserleitung 2 Spirochatenarten; andere als die im folgenden beschrie- 
benen Arten wurden nicht beobachtet. Der Nachweis beider Spirochaten- 
arten gelang nicht direkt, sondern durch Kulturverfahren, indem kleine 
Stuckchen des an den Zapfhahnen gebildeten sogenannten organischen 
Filzes in Reagenzgiasern mit ca. 4—5 ccm frischen Leitungswassers tiber- 
schichtet und mit je 1 Tropfen menschlichen inaktivierten Serums ver- 
setzt, im Dunkeln bei Zimmertemperatur (ca. 20° C) gehalten wurden. 
Unter diesen primitiven Verhaitnissen traten in den „Kulturen“ schon 
oach 5 Tagen neben zahlreichen verschiedenartigen Bakterien und ver- 
einzelten Protozoen (Flagellaten und Ziliaten) die beiden Spirochaten¬ 
arten auf. 

Die 1. Art war relativ selten. Sie fand sich nur in den ersten Tagen 
der Kulturen etwas haufiger, und wurde sehr bald darin vermiBt., Schon 
am Ende der 1. Kulturwoche muBten oft mehrere Praparate im Dunkel- 
feld durchsucht werden, ehe sich Exemplare fanden. Dabei waren diese 
wegen ihrer Gr6Be und der Art ihrer Bewegung nicht zu ubersehen. 
In den von der Ausgangskultur nach 8 Tagen angelegten Subkulturen 
fand sich diese groBe Spirochate noch gelegentlich. Kann es sich auch 
hierbei immerhin nur um eine mechanische Uebertragung aus dem vor- 
bergegangenen KulturrShrchen handeln, so mufi doch eine Vermehrung 
unter kiinstlichen Bedingungen stattgefunden haben, da in dem zur An- 
iage der 1. Kultur benutzten Material diese Spirochate direkt nicht ge- 
funden wurde. 

Das Dunkelfeld zeigte den Organismus als eine Kette stark leuch- 
tender, relativ grofier Kiigelchen, die in einer geradezu krampfhaften 
Bewegung sich befand. Die Spirochate windet sich planlos, verkrfimmt 
nnd verknauelt sich, streckt sich aus und zieht sich zusammen und 
kommt dabei nicht wesentlich von der Stelle. Ein freies Schwimmen 
konnte nicht beobachtet werden. Anders dagegen ist die Bewegung, 
wenn die Spirochate der Unterlage anbaftet. Dann horen die Ver- 
schlingungen auf und sie bewegt sich, schlangenartig gewunden, ziem- 
lich schnell von der Stelle, indem sie die Richtung ruhelos wechselt. 
Unter dem Deckglase verliert der Organismus bald seine Beweglicbkeit: 
im wachsumrandeten Praparate konnte bereits nach ca. Vs Std. volliges 
Erloschen der Bewegungen festgestellt werden. Die flachen sekundaren 
Windungen, die die Spirochate beim Kriechen auf der Unterlage zeigt, 
werden von ihr, wenn sie frei im Wasser liegt, beibehalten, je nach 
der Gesamtlange verschieden an Zahl, ebenso wie die engen primaren 
Windungen, die im Dunkelfelde die Erscheinung leuchtender Kiigelchen 
vernrsachen. 

In osmiumfixierten, lufttrockenen und gefarbten Praparaten stellt 
sich die Spirochate, entsprechend der Projektion des lebend dreidimen- 
sionalen Gebildes in eine Ebene, dar als ein Band, gewellt Oder unregel- 
maBig verschlungen, das in sehr feine, steile, enge und regelmiiBige 
W'indungen gelegt ist. Diese engen, steilen Windungen sind bis an die 
Enden zu verfolgen, Endfaden sind weder im gefarbten Praparat noch 
im Leben zu beobachten. Die engen Windungen zeigen oft an der 
Biegungsstelle keinen gleichmSBig abgerundeten Verlauf, sondern eine 
schwache Zuspitzung, genau so, wie wenn man kiinstlich eine starre 

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200 Centralbl. f. Rakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 

Spirale in eine Ebene prefit. Gelegentlich kamen auch PrBparate vor r 
in denen die Spirochate nicht als ein ausgezogenes Band, sondern wie 
ein gedrebter Strick erschien, indem eine gleichgerichtete Windung eng 
neben der anderen lag. FBrbung mit Giemsa-Losung, mehrmals er- 
neuert, brachte den Organismus gut zur Darstellung (s. Fig. 1); eine Dif- 
ferenzierung war kaum nOtig, ebenso fBrbte sich die Spirochete auch mit 
Karbolfuchsin. Das Verhalten zur Eisenhamatoxylinfarbung nach Heiden- 
hain (Darstellung eines Achsenfadens) konnte ich bis jetzt nicht be- 
urteilen, da der Organismus in den Kulturen zu selten war und rair 
die Kultur in groBerer Menge fur derartige Zwecke nicht gelungen ist. 

Die Lange dieser Spirochete in mit OsmiumsBure fixierten und ge- 
fBrbten Praparaten schwankte auBerordentlich. Neben sehr langen 
Exemplaren fanden sich auBerordentlich kurze, so daB sich die Ver- 

mutung aufdrBngte, ob jene kurzen Spirochaten 
nicht etwa kunstlich abgerissene TeilstOcke langerer 
Individuen seien. Die Moglichkeit, daB es sich tat- 
sechlich urn Vollindiyiduen handeln kbnnte, ist 
allerdings nicht genzlich von der Hand zu weisen; 
denn M. Zuelzer 1 ) beschreibt bei der sehr Shn- 
lichen Spir. plicatilis wie bei der Spir. steno- 
strepta eine Vielfachteilung mit Entstehuug kur- 
zer Stucke (11—13 ,u). Teilungsforraen habe ich 
nicht beobachtet, aus denen man hette SchlQsse 
auf die GroBe frisch hervorgehender Einzelindivi- 
duen ziehen konnen. Die IBngste der aufgefun- 
denen Spirochaten maB 43 /u, die kilrzesten da* 
gegen nur 3—7 — 8 /t. LBBt man diese kurzen 
Spirochaten auBer Betracht, so ergab sich ira 
Durchschnitt von 14 gemessenen Exemplaren ca. 
24 u LBnge (15—43 /<). die Dicke des gewundenen 
Fadens zu schatzungsweise V* /.i. 

Der Habitus dieser Spirochete erinnert, wie 
schon erwBhnt, durchaus an den der von M. Zuel- 

Fig. i. Spirochate vom ze r beschriebenen Spir. ste nostrep ta, bei der 
Typus der bpir. steno- . , . . r . , 

strepta. (Bonn, Wasaer- es S,C11 um eine in seii r enge untl steile Spiralen 
leitung, Vergr. 1:1500.) gewundene, mit Achsenfaden versehene Spirochate 

von y 4 // Dicke und durchschnittlich 20 —60 u, 
in Ausnahmefallen bis zu 200 ju LBnge han4elt und die in H 2 S-hal- 
tigem SuBwasserschlamm unter fast anaeroben Verhaltnissen ange- 
troffen wurde. Ebenso wie die ihr sehr nahe verwandte freilebende 
Spir. plicatilis geliort Spir. stenostrepta nach den Unter- 
suchungen M. Zuelzers zu den Mesosaprobiern, die nur bei Vor- 
handensein von freiem H 2 S gut gedeihen. Nach dieser letzten Angabe 
ist der Fundort der Bonner stenostrepta -Bhnlichen Spiro¬ 
chate auffallend. Denn diese fand sich nBrnlich gerade nicht in den 
Kulturen, die von deni Filze eines lange nicht benutzten Zapfhahnes 
angelegt waren, sondern in einem Filze, der sich am Auslaufrohre des 
durch stBndige Wasserkiihlung temperierten 22°-Brutschrankes gebildet 
hatte. Anaerobe Verhaltnisse liegen nun gerade hier nicht vor, da ein- 
mal frisches Wasser, wenn auch nicht ununterbrochen, so doch stets in 
kurzen Abstanden vorbeirieselt und Luft ungehindert an den AusfluB 



1) Arch. f. Protistenk. Bd. 24. 1912. 


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Bach, Ueber Spirochaten in Wasserleitongen. 


201 


Aerantreten kann. Zudem machte das schnelle Absterben der Spiro¬ 
chete unter dem Deckglase auch eher eine gewisse Empfindlichkeit gegen 
.Sauerstoffmangel wahrscheinlich. Freier H 2 S ist im Bonner Leitungs- 
wasser nicht vorhanden, es sei denn, daB geringe Mengen in dem or- 
ganischen Filze sich durch ZersetzungsvorgSnge bilden, die aber doch 
sofort wieder weggespQlt werden mBBten. In der „Kultur tt , die auf ca. 
5 ccm Wasser nur 1 Tropfen Serum enthielt, ist dagegen mit der Ent- 
stehnng von H 2 S dnrch die gleicbzeitig mitwachsenden Bakterien zn 
rechnen, wenn auch diese Mengen nur minimal sein kbnnen. Beachtens- 
wert ist aber, daB M. Zuelzer fQr eine marine Variet&t der ebenfalls 
H 2 S-liebenden Spir. plicatilis selbst angibt, daB sie weniger H 2 S als 
die SQ&wasservariet&t brauche. Das H t S-Bediirfnis scheint also schwanken 
zu kbnnen x ). 

Von anderen bisher beschriebenen freilebenden Wasserspiroch&ten 
k&men Dobells Spir. fulgurans nnd minima in Betracht 2 ), 
beide im FluBwasser beobachtet. Spirochaeta fulgurans ist nach 
Dobells Angabe „a very small copy of Spir. plicatilis 44 , sie hat 
eine L&nge gewbhnlich bis zn 50 n, ausnahmsweise bis zu 200 /u, jedoch 
auch nnr 3—4 n lange Exemplars wurden beobachtet, fihnlich also wie 
bei der Bonner Spirochate. Spirochaeta minima ist noch kleiner, 
2—25 /< lang, sonst aber in ihrem Habitus nnd ihren LebensauBerungen 
der Spir. fulgurans durchaus ahnlich. Wenn sich auch, wieM.Zuel- 
zer bemerkt, ein sicherer Entscheid nicht wird treffen lassen, welche 
der von Dobell beschriebenen freilebenden Spirochaten mit den von 
M. Zuelzer beschriebenen Arten identisch sind, so gehbren doch alle 
die von Zuelzer und Du bell gefundenen Organismen gleich der von 
mir beobachteten Art einera gemeinsamen charakteristischen Formen- 
kreise an, far den die Spirochaeta pallida Ehrbg. der Gattungstyp 
ist. Die ferner von Nagler 8 ) im SQBwasser beobachtete Spir. flexi- 
bilis (20—70 y) weicht in wesentlichen Punkten von den eben er- 
wahnten freilebenden Spirochaten wie von den von mir gefundenen Arten 
ab. Nach meinen Beobachtungen und nach Durchsicht der Literatur 
glaube ich, daB die von mir beobachtete Wasserleitungs- 
spirochate mit der von M. Zuelzer zuerst beschriebenen Spir. 
stenostrepta identisch ist, die hbchstens ihrem bis jetzt noch 
nicht beobachteten Fundorte nach als Standortsvarietat aufzufassen 
ware 4 ). 

Die 2. Spirochatenart war, um es gleich vorwegzunehmen, 
durchaus identisch mit der von Uhlenhuth und Zuelzer beschrie¬ 
benen „icterogenes-ahnlichen 44 Spir. pseudoicterogenes aus der 
Berliner Wasserleitung und erinnert wie diese fast in alien Einzelheiten 
an den echten Erreger der Weilschen Krankheit. Eine eingehende 

1) Schwefelwasserstoff, kiinstlich den Kulturen zugefiihrt, war ohne Einflufi. 

2) Arch. f. Protirttenk. Bd. 26. 1012. 

3) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 50. 1900. 

4) Aus einer Fuflnote einer Arbeit M. Zue lzers im Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. 
Bd. 85. 8. 157* kann man entnehmen, dafi Zuelzer die Spir. stenostrepta Zlz. 
mit Spir. fulgurans Dob. und die Spir. eurystrepta Zlz. mit Spir. minima 
Dob. fur identisch halt. Nach den Beschreibungen una Abbildungen Dobells und 
M. Zuelzers konnte man Dobells Spir. fulgurans am ehasten mit Spir. steno¬ 
strepta Zlz. fflr identisch halten, wofiir auch Dobells GroOenangaben (bis 200 /i, 
gewShnlich bis 60 p lang) sprechen wurden, wahrend Dobells Spir. minima eine 
besondere Art zu sein scheint (2—25 /*). Treponema vivax Dobell, ebenfalls frei- 
lebend, stellt, nach den Abbildungen zu urteilen, einen ganz besonderen S[)irochaten- 
typ dar. 


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202 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 


Beschreibnng diirfte daher fiberflfissig sein. Die Spirochate zeigt die 
bekannte 3-Teilung bei langen Exemplaren, ein lfingeres Mittelstfick mit 
beiderseits gebogenen Endstficken, bei kurzen war ein Mittelstfick oft 
kaum ausgebildet. Im Gegensatz zu der stenostrepta-fihnlichen 
Spirochate war diese Art ungleich viel hfiufiger in den „Kulturen“ an- 
zutreffen und erhielt sich liber 6 Wochen lebend in ein und derselben 
Kultur. Manche Praparate zeigten gelegentlich an einzelnen Stellen 
Schwfirme von Spirochaten, atn besten dann, wenn das „Filz tt -Material 
herausgefischt und auf den Objekttrfiger aufgetupft wurde. In derartigen 
dichten Anhaufungen von Spirochaten verhakten sich die Organismen 
hfiufig mit ihren Enden, auch lieB sich das von Hoffmann und Haber- 
mann 1 ) bei der Weil-Spirochate beobachtete Aneinander-Vorbei- 
scbrauben verfolgen. Derartig verschraubte Individuen kamen manch- 
mal gar nicht raehr voneinander los, sie schraubten sich wohl etwas 
auseinander, kamen aber immer wieder zusammen- Um eine Inkur- 
vation handelte es sich dabei sicher nicht, da gelegentlich die 4 getrennten 
Enden sichtbar wurden. Ferner konnte ich die auffallende Beobachtung 
machen, daB 2 Spirochaten wie durch eine geheimnisvolle Anziehungs- 
kraft mehrmals hintereinander sich ein Sttick zusammenverschraubten 
und wieder auseinander gingen. Die neben der aktiven Eigenbeweg- 
lichkeit der Enden vorhandene starke Flexibilitfit fflhrte die Organismen 
hfiufig zur Bildung von Ringen oder Schleifen. Einer Unterlage an- 
haftend, vollffihrte die Spirochate ein schiangelndes Kriechen, die Krfim- 
mung der Enden war dann meist nicht mehr vorhanden, hochstens nur 
noch angedeutet. Wurde der Organismus aber wieder flott, so nahm 
er die ursprfingliche 3-teilige Form wieder an. Ein cristispirenartiges 
Auf- und Zuschnellen, wie esM. Zuelzer, sowie Haendel, Unger- 
mann und Jaenisch 2 ) ffir die W e i 1 - Spirochate angeben, habe ich 
nie beobachtet. — Teilungsformen wurden in jungen, wie aber auch in 
fiber 4 Wochen alten Kulturen festgestellt, die Teilstucke waren meistens 
ziemlich gleich lang, jedoch auch recht verschieden. Mehrfachteilungen 
habe ich nie zu Gesicht bekommen. Knopfbildurg an den Enden oder 
anderen Stellen wurde stets vermiBt. Meerschweinchen, mit Kultur- 
material intraperitoneal gespritzt, erkrankten nicht. 

Die Ffirbung dieser Weil-fihnlichen Wasserspirochfite gelang am 
besten nach Osmiumfixation mit Giemsa-Losung, und zwar wenn die 
Farbflttssigkeit haufig erneuert und die Farbung lange fortgesetzt wurde. 
Notwendig ist dann ein vorsichtiges Differenzieren, am besten mit der 
von Krzysztalowicz und Siedlecki (1905) und Hoffmann (1906, 
1917) empfohlenen 25-proz. Tanninlosung. Auffallend war es, daB der 
feine Windungsbau dieser Wasserspirochfite trotz der verschiedensten 
Versuche nie so deutlich herauszubekommen war, wie bei der echten 
Weil-Spirochate. Auch M. Zuelzer betont, daB ihre Weil-fihnliche 
Wasserspirochfite schwerer fiirbbar sei als die echte W e i 1 - Spirochate. 
Vielleicht konnte dies mit den Kulturbedingungen zusammenhfingen, da 
die echte W e i 1-Spirochate aus einem eiweiBreichen Medium staramt, 
wfihrend die W eil - fihnliche Wasserspirochfite in fast eiweiBfreier Lfisung 
sich entwickelte. Fiir ihre Zficbtung war, wie ich feststellen konnte, ein 
Serumzusatz zum Wasser nicht einrnal notwendig. Die Spirochaten 
ffirbten sich ferner noch mit Karbolfuchsin, Karbolgentianaviolett, Me- 


1) Dtsch. med. Wochenschr. 1917. Nr. 23. 

2) Arb. a. d. Keichsgesundheitsamt. Bd. 51. 


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Klarenbeek, Syphilisparasiten ahnliche Spirochaten boim Kaninchen. 203 


thylviolett, am besten nach vorausgegangener Beizung mit Loeffler- 
Beize. Wesentliche Vorteile boten derartige Farbungen wie auch Ver- 
silberungsmethoden nicht. Gar nicht farbten sic.h die Organismen da- 
gegen nach der Heidenha in schen Eisenhamatoxylinmethode nach 
Sublimat-Alkoholfixation. Wie auch M. Zuelzer fur die Weil-Spiro- 
chiite angibt, erhalt man nur Negativdarstellungen. Die Beniansche 
Negativfiirbung mit Kongorot-Salzsaurealkohol lieferte Bilder, die fur 
Messungen den von Zuelzer fur diesen Zweck empfohlenen Tusche- 
praparaten vorzuziehen sein durften. 

Der Erwahnung wert erscheint mir, daB ich beide Spirochiitenarten 
nur in den ersten Kulturen vom Msirz und April des Jahres haufiger 
zu Gesicht bekam, wahrend sie im Laufe des Sommers immer seltener 
wurden und schlieBlich gar nicht mehr anfzuHnden waren. Weitere Be- 
obachtungen konnen vielleicht dariiber AufschluB geben, ob das Auf- 
treten der Spirochaten mit den Jahreszeiten schwankt. 

Zusammenfassung. In organischem Filz von Zapfhahnen und 
AusfluBrohren der Bonner Wasserleitung fanden sich 2 Spiroch&tenarten. 
Diese Spirochaten lieBen sich nicht direkt, sondern durch Kulturver- 
fahren nachweisen. Das Aussehen der einen, in Kulturen verhaltnis- 
mSBig in geringer Zahl auftretenden Spirochatenart entsprach dem der 
Spirochaeta stenostrepta Zlz., der Charakter der 2., reichlich 
sich entwickelnden Art dem der Spirochaeta pseudoicterogenes 
Uhl. o. Zlz. 


Nachdruck verboten. 

Ueber das spontane Yorkommen der dem Syphilisparasiten 
ahnlicben Spirochate beim Kaninchen 
(Treponema pallidum var. cuniculi.) 

[Ans der Klinik fflr kleine Haustiere (Prof. Dr. H. Jakob) und dem 
Institut fflr Infektions- und parasitare Krankheiten (Prof. Dr. L. de Blieck) 
der Tierflrztlichen Hochschule zu Utrecht, Holland.| 

Von Dr. A. Klarenbeek, Konservator. 

Mit 1 Tafel. 

In der Wiener klinischen Wochenschrift 1914. Nr. 29 publizierten 
Arzt und Kerl eine merkwiirdige Entdeckung. Wiihrend ihrer experi- 
mentellen Syphilisuntersuchungen bekamen sie namlich mehrmals Kanin¬ 
chen, welche zwar gesund aussahen, aber an einer lokalen Entzundung 
des Perinealgewebes, die von einem Parasiten hervorgerufen worden 
war, der morphologisch vom Treponema pallidum nicht zu unter- 
scheiden war, erkrankt waren. 

Sie untemichten darauf systf matiseh S50 Tiere aim 5 grofien Kaninchenziichtereien 
in der Umgebung Wiens und fanden 2t),b Proz. nut Treponema infiziert. Skarifi- 
kationen der Clitoris eines gesunden Kaninehens und naebneriges Einreiben mit spiro- 
chatenreicber Gewebseniulsion eines inlizierten Tieres verursacbte naeh 27 Tugen beim 


1) S. Edmund Hofmann, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 8G. 1921. 

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Centr&Ibl. f. fiakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 3. 


ersten Tiere die Krankheit. Impfungen unter anderem in den Hoden beim Kaninchen 
und in die Augenbrauengegend beim Affen hatten keinen positiven Effekt. 

Der Krieg unterbrach die Untersuchungen, und erst 1919 konnten sie wieder auf- 
genommen werden. Auf einer Ausstellung zu Innsbruck fand Arzt wieder einige in- 
fizierte Kaninchen mit der bekannten lokalen Entziindung der Perinealgegend, welche 
er in der Dermatolog. Zeitschr. Bd. 29. 1920. Nr. 2 beschrieb. Die Tateache, dafi in 
Innsbruck mit Syphilisvirus experimentell nicht gearbeitet wird, war fur ihn ein Be- 
weis, dafi diese Kan inch enapirochatose sehr wahrscheinlich eine spontane Kaninchen* 
krankheit ist, welche nicht direkt vom syphilitischen Tierexperiment abzuleiten war. 
Die von dem Autor zitierte Literatur iiber experimentelle Syphilis mit Bezug auf diese 
.Kaninchentreponemose ist sehr wertvoli. 

Einige Wochen nach dieser Publikation von Arzt beschrieb Jacobsthalin 
der Dermatolog. VVochenschr. 1920. Nr. 33 dieselbe Krankheit, die von ihm bei einem 
Kaninchen gesehen wurde. Er schlug vor, die Krankheit „Paralues cuniculi 4t zu nennen. 
Mause und Meerschweinchen konnte er nicht infizieren; (lurch Skarifikation der Vulva- 
gegend infizierte er wohl gesunde Kaninchen; intratestikulare Impfungen gelangen 
nicht, ebensowenig die Corneaimpfung. Er konnte ebenfalls die Identitat des Parasiten 
nicht feststellen und meinte, es mit einem angewohnten Treponema pallidum zu 
tun zu haben. 

Ein neuer Artikel von Arzt und Kerl in der Dermatolog. Wochenschr. 1920. 
Nr. 52, der zum Teil als Kritik der von Jacobsthal publizierten Befunde aufzufassen 
ist, bringt ziemlich wenig neue Gesichtspunkte. Die ,,lmpfung iibers Kreuz“, die 
Jacobsthal zur Identifizierung der Spirochate empfiehlt, wobei ein experimentdl 
an Syphilis erkranktes Kaninchen mit Material von dieser spontan vorkommendeu 
Kaninchentreponemose und umgekehrt geimpft wird, ist ihrer Meinung nach ohne 
Beweiskraft, zumal es nicht bewiesen ist, ob bei Syphilisinfektion der Kaninchen eine 
vollkommene oder eine relative Immunitat eintritt. Nur die gelungene Impfung einea 
Menschen mit der Kaninchen sp i roc hate ist ihres Erachtens beweisend fur die voU- 
kommene Identitat der beiden Parasiten. Auch einer gelnngenen Impfung bei Affen 
kann man nach dieser Richtung hin etwas Wert zuerkennen. 

Endlich erschien von Schereschewsky in der Berlin, klin. Wochenschr. 1920. 
Nr. 48 ebenfalls eine Publikation liber die „Gesehleehtlich ubertragbare originare Ka¬ 
ninchen syphilis 4 4 , wobei er interessante Mitteilungen liber die grofie Menge Spirochaten 
im entziindeten Gewebe und die leichte Uebertragbarkeit der Krankheit bei dem Koitus 
machte. Unmiltelbar nach dem Koitus abgeschabtes Schleimhautgewebe der Genitalien 
enthielt zahlreiche Spirochaten. Schereschewsky konnte die Krankheit nicht auf 
weifie Mause, Meerschweinchen und einen Cynomoigus-Affen iibertragen. Auch 
konnte er nachweisen, dafi die Infektion viel leichter erfolgt, wenn vorher die Perineal- 
gegend oberflachliche Exkoriationen aufweist. Perioden schwerer drtlicher Entziindung 
wechseln dabei oft mit solchen peringer Krankheitseymptome ab. Es gelang ihm, ein 
erkranktes Kaninchen mit Syphilismaterial ins Auge zu infizieren (Keratitis syphilitica 
specifica) und umgekehrt Tiere, die an Syphilis erkrankt gewesen waren, mit der ori- 
ginaren Kaninchensyphilis. Seiner Ansicht nach verhMt sich die originare Syphilis 
beim Kaninchen zur Syphilis beim Menschen wie die Kuhpocken zu den humanen 
Pocken. 

Unbekannt mit dieser Literatur, die zu dieser Zeit nur teilweise 
publiziert war und hauptsSchlich in der dermatologischen Fachpresse 
erschien, fand ich im Oktober 1920 in einem Tuscheprfiparat den bei 
oberflachlicher Untersuchung dem Treponema pallidum vollkommen 
fihnlichen Parasiten. Das Material stammte von einem Kaninchen, das 
an einer perinealen Entziindung litt, welche schon friiher von mir bei 
Kaninchen beobachtet worden war und die erfahrungsgemSfi mit den 
sonst bei derartigen Hautaffektionen gebr&uchlichen emollierenden oder 
desinfizierenden Mitteln nicht zur Heilung gebracht werden konnte, 
sondern monatelang bestehen blieb. Das brachte mich auf den Ge- 
danken, auf Spirochaten zu untersuchen, wobei ich, wie erwahnt, schon 
in dem ersten Tuschepr&parat des Serums unter der Kruste des be- 
treffenden Tieres zahlreiche Spirochaten fand. 

Bei der Untersuchung der anderen, bei demselben Besitzer sehr 
gut verpflegten Tiere konnten noch weitere 5 infizierte Tiere, darunter 
ein Rarum, nachgewiesen werden. Die Tatsache, daB diese infizierten 
Tiere zu einer bestimmten Rasse gehorten, wahrend die anderen fast 

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Klarenbeek, SyphiJisparasiten ahnliche Spirochaten beim Kaninchen. 205 


alle anderen Rassen entstammten, darf gewissermaBen als Beweis gel ten, 
daB der Koitus bei dieser Krankheit wahrscheinlich eine Rolle spielt. 

Untersuchungen nach der Verbreitung dieser Treponemose 
in Holland ergaben, daB auf einer Ansstellung im Januar-1921 4 Proz. 
von 160 makroskopisch untersuchten Kaninchen erkrankt waren. Die 
Tiere gehorten zu verscbiedenen Rassen und wurden von ihren Besitzern 
ans mehreren St&dten zur Ausstellung gesandt. Der Spirochaten befund 
war dabei stets positiv. Auch aus anderen Teilen des Landes konnten 
nocb erkrankte Kaninchen in der Klinik ffir kleine Haustiere untersucbt 
werden. Beim Besitzer der 5 Tiere, bei denen ich zuerst die Krankheit 
konstatierte, konnte Ende Mfirz dieses Jabres nochmals ein schwer er- 
kranktes Tier von derselben Rasse wie die frfiher erkrankten Tiere nach- 
gewiesen werden. Von 2 Tieren der Ausstellung konnte bewiesen werden, 
daB sie vor ungeffihr 14 Tagen in geschlechtlicher Berflhrung waren, 
wobei das eine Tier das andere wahrscheinlich infiziert hatte. 

Das Resultat dieser Untersuchungen weist auf eine groBe Ver- 
breitung der Krankheit hin. 

Das meist vorkommende Bild der Perinealentztin- 
dang, wobei die nachste Umgebung von Anus und der Geschlechts- 
Sffnung mehr oder weniger deutlich infiziert und verfindert ist, wurde 
schon in einer kurzen Publikation in dieser Zeitschr. Abt. I. Orig. 
Bd. 86. 1921. Nr. 6.) besprochen (Fig. 1). Bisweilen ist auch die 
Vulva- undVaginalschleimhaut entzfindet, sie ist dabei 
rot und geschwollen. Dasselbe ist ab und zu mit der Penisschleim- 
haut der Fall. Eine geringgradige GeffiBinjektion, meistens in der Nfihe 
der Oeffnung der Urethra, oder eine geringe Gewebsschwellung, welche 
besonders deutlich beim Ausschachten ist und meistens auf die Penis- 
spitze lokalisiert ist, ist schon sehr verdachtig. 

Fast immer verlauft die Entzfindung ohne Eiterbildung. Nur ein 
einziges Mai konnte eine geringgradige Eitersekretion der Vaginal- oder 
PrSputialschleimhaut bei den infizierten Tieren konstatiert werden, wobei 
fast immer die Geschlechtsoffnung durch Schwellung und Krustenbildung 
der Haut geschlossen ist. Auch die Ulzerationen in den Seitenfalten 
der Perinealgegend, wobei die entztindete Hautflfiche stets andere Haut- 
partien berfibrt, sind ziemlich oft mit einem etwas eiterigen, pseudomem- 
branSsen Belag teilweise bedeckt, mit dem sich wahrscheinlich viel normal 
produziertes Smegma vermischt hat. Befindet sich die Entzfindung noch 
im Anfangsstadium, dann konnen die Symptome leicht fibersehen werden. 
Geringgradige Hyperfimie, kleine Exkoriationen, kleine Maculae in der 
unmittelbaren Umgebung der Perinealgegend sind sehr verdachtig und 
werden oft von Spirochaten verursacht. Es ist klar, daB auch andere 
Einflflsse an dieser Stelle geringe Lasionen verursachen konnen (u. a. der 
Koitus). Sobald jedoch das Gewebe beim Abschaben frflh- 
zeitig feucht wird und ein mehr oder weniger blutiges 
Serumtran8sudiert, hat manes in der Regel mit der Krank¬ 
heit zu tun und findet fast stets bei mikroskopischer Untersuchung 
sehr viele Parasiten. 

Die Entzfindung ist fast stets scharf lokalisiert, und die prominierende 
entzfindete und kahle Perinealgegend grenzt sich scharf von dem gesunden 
und mit langen Haaren besetzten Gewebe ab. Eine Schwellung der 
regionSren Lymphdrfisen konnte niemals konstatiert werden. 

Nur ein einziges Mai konnten Aenderungen wahrgenommen werden, 
die auf eine allgemeine Infektion der Haut und Verbreitung mit dem 

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206 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 


Blut- oder Lymphstrom hinweisen. So konnten bei einem, tibrigens 
vollkommen gesund aussehenden Ramm Ulzerationen konstatiert werden, 
bilateral an den Nasenfiffnungen und an den Augenlider- 
rfindern, an mehreren Stellen der Kopfbaut, anter an-, 
derem an der Ohrbasis, auf der Rfickenhaut und an den 
Extremitfiten (Kubitalgegend, Fig. 2—4). Ein erbsengroBes 
Ulcus in der Nfihe der Prfiputial mfindung entstand erst 
spa ter. Die Hautulzerationen hatten alle dieselbe Beschaffenheit; sie 
prominierten etwas fiber das normals Hautniveau und hatten an ihrer 
Grenze einen mehr oder weniger roten Wall, waren mit grauen Krusten 
bedeckt; der Haarwuchs war vollkommen verschwunden, wodurch ein 
scharfer Uebergang vom gesunden zum erkrankten Gewebe entstand. 
Die Geschwfire der Augenlider waren im Anfang etwas prominierend, 
spfiter mehr flach, obwohl sie von dicken, grauen Krusten bedeckt waren. 

Bei einem anderen Ramm, der schon raonatelang eine sehr heftige 
lokale Entzfindung in der Perinealgegend hatte, konnten in der Augen- 
bogengegend beiderseits ungeffihr pfenniggrolle, vollkommen haarlose 
Stellen konstatiert werden (Fig. 5). (Alopezie kann tibrigens nach 
Pearce und Brown in den Hautformen bei der generalisierten ex- 
perimentellen Syphilis des Kaninchens vorkommen.) In der Mitte einer 
solchen haarlosen Stelle befand sich eine Lage von Krusten und in dem 
von dieser bedeckten Gewebsmasse, die sehr leicht blutete, konnten sehr 
zahlreiche Spirochaten von typischer Form nachgewiesen werden. 

Einige morphologischeundbiologischeEigenschaften 
warden in der schon erwfihnten und in dieser Zeitschrift erschienenen 
vorlfiufigen Publikation beschrieben. Nachfolgendes sei noch hinzugeffigt: 

Der Parasit hat eine Lange von 8—13 /n (minimal 4 /i, maximal 
22 ju); seine GroBe ist demnach sehr variabel. Die Prfiparate wurden 
fast immer nach der Fontana-Silbermethode gefarbt, eine Methode, 
mit der sehr gute Resultate erzielt wurden. Im Anfang und weiter noch 
ausnahmsweise wurde neben dem Dunkelfeld- auch das Burrische 
Tuscheverfahren benutzt (Fig. 6). Im groBen und ganzen werden mit 
dieser letzten Methode die Spirochaten deutlich sichtbar und sind speziell 
die morphologischen Verhfiltnisse sehr gut zu erkennen. Viele Para- 
siten, hauptsfichlich die kleineren, konnen jedoch nur mit grofier Mfihe 
auf diese Weise identifiziert werden. Auch die Giemsa-Ffirbung ist 
ebensowenig bei der SyphilisspirochatenfSrbung gut brauchbar. Sie istviel 
zu zeitraubend, da erst nach vielen Stunden (12—24) der Parasit als 
ein rosa geffirbtes Schlanglein sichtbar wird. Auch bei dieser Ffirbung 
bleibt tibrigens die vollkommene Uebereinstimmung mit der Syphilis- 
spirochiite bestehen. Wfihrend viele andere Spirochaten sich mit Giemsa 
dunkelrot bis blau farben, demnach groBe AffinitSt lfir den Farbstoff 
besitzen, ist dies weder der Fall mit dem Treponema der Kaninchen- 
treponemose noch mit dem Syphiliserreger (Treponema pallidum; 
pale = bleich). 

Die Fontana-Methode, welche von mir benutzt wurde, ist eine 
der Modifikationen, welche von Fontana angegeben wurde, und womit 
die Ffirbung in einigen Minuten erreicht wird. Die Methode ist folgende: 

1) Das dfinn ausgestrichene Prfiparat (lufttrocken) 1 Min. lang 
fixieren in der Flfissigkeit von Ruge (Formalin 20,0, Acid, aceticum 
1,0, Aqua dest. 100,0), oder fiber der Flamme. 

2) 20—30Sek. bis Dampfbildung erwfirmen nachUebergieBen mit einem 
einzigen Tropfen 5-proz. Acidum tannicum -f- 1-proz. Acidum carbolicum. 

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Klarenbeek, Syphilisparasiten ahnlicbe Spirochaten beim Kaninchen. 207 


3) V*—1 Min. abspfllen in flieBendem Wasser. 

4) 20—30 Sek. erwfirmen (nicht kochen) nacb UebergieBen mit 
5-proz. Argentum nitricum-Lfisung, geraischt mit Liquor ammonii caustici, 
bis die erst entstandene braune Trtibung verschwuuden ist und eine leichte 

' Opaleszenz auftritt. 

5) Abspfilen, trocknen, einscblieBen in Kanadabalsam. 

(Praktische Bemerkungen: Es empfiehlt sich, die Flfissigkeit von 

Ruge zur Fixation zu verwenden und nicht fiber der Flamme zu fixieren; 
mit der 1. Methode wird das Praparat auch ausgelaugt, wodurch storende 
Niederschliige des EiweiBes vermieden werden konnen. Weiter spfile 
man tflchtig nach dem Beizen mit der Tanninlosung ab, da sonst un- 
erwfinschte Niederschlage oft nicht ausbleiben. Die Silbernitrat-Ammoniak- 
I5sung muB stets frisch bereitqt werden. Das Praparat ist niemals zum 
Kochen zu erhitzen, da die Morphologie der Spirochaten, die sich an 
sich schon etwas findert, abnorm verfindert wird; endlich darf das Prfi- 
parat nicht in Zedernol eingeschlossen werden, da es sonst schnell bleicht 
und verdirbt.) 

Die Ansicht Schneemanns, daB die Fontana-Farbung undeut- 
liche Bilder gibt und sich demnach nicht fur Spirocliatenfarbung eignet, 
kann von mir nicht geteilt werden; ich bekara stets sehr gute Prapajate, 
und der schwarz gefarbte Parasit konnte immer leicht ira hellgelben 
Hintergrund beobachtet werden. Die von Schueemann warm emp- 
fohlene Methode von Becker, bei welcher die Spirochate mit Ziehl- 
schem Karbolfuchsin rot gefarbt wird, ist im Prinzip schon 1912 von 
Sabraz&s erapfohlen worden. — 

Das mikroskopische Studium der Parasiten dieser 
Kaninchentreponemose lfiBt keine Unterschiede mit dem 
Treponema pallidum der Menschensyphilis erkennen. Um 
zur weiteren Identifizierung dieses Parasiten zu kommen, wurden Ex- 
perimente gemacht und die Resultate der Impfuugen beim Kaninchen 
mit denjenigen der experimentellen Syphilisexperiinente verglichen. 

Nachdem die Untersuchungen Ber tare His 1906 gezeigt hatten, 
daB beim Kaninchen unter anderein nach dem Einbringen kleiner Ge- 
webestuckchen von einem primar luetischen GeschwUr in die vordere 
Augenkammer spezifische Entzundungen, die durch Treponema pal¬ 
lidum verursacht wurden, entstanden, untersuchten zahlreiche Forscher 
den Wert des Kaninchens als Syphilisversuchstier. Das Resultat dieser 
Untersuchungen war, daB man im allgemeinen das Kaninchen als eiu 
sehr geeignetes Tier fur die experimentelle Syphilisuntersuchung hielt. 

Vor allem haben die jahrelangen Experimente von Uhlenhuth 
und Mulzer sehr wertvolle Beitriige zur Kenntuis der experimentellen 
Syphilis geliefert. Die 1920 erschienenen Arbeiten von Pearce und 
Brown aus dem Rockefeller Institute zu New York geben hierzu ein 
schSnes Bild des amerikanischen Standpunktes in bezug auf dieses 
wissenschaftliche Problem. 

Nach dem Studium zahlreicher seit 1906 erschienenen Publikationen 
wurden dieselben Tierimpfungen mit dem Material dieser 
Kaninchentreponemose ausgefflhrt. 

Die erzielten Resultate sind dabei die folgenden: 

1) Skarifikation der Perluealgegend und Einreiben einer spiro- 
chatenreichen Emulsion eines spontan oder experimentell aufgetretenen 
Geschwfirs kann in kurzer oder lfingerer Zeit (15—30 Tage) 
spezifische Entzfindun gen verursachen (Fig. 7). 

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Centralbl. {. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 


Diese Entzflndungen treten zuweilen in der n&chsten Um- 
gebung von Anus und der Geschlechtsbffnung auf, Oder 
sie entstehen in den Seitenfalten der Haut neben der 
Perinealgegend. Im ersten Fall ver&ndern sie sich bald in krustose, 
dickschnppige, graubraune, etwas prominierende Entzflndungen, wie sie 
schon bei den spontanen Erkrankungen beschrieben sind. Die Ent- 
zflndung der Seitenfalte ist stets flach. Das Gewebe wuchert nicbt, es 
bildet sich kein Wall, aber ein feucht-roter, mit Pseudomembranen.be- 
deckter Fleck. Erst entsteht dabei eine kleine, rote Macula, an der die 
Haut dfinner wird und schlieBlich perforiert; von hier aus schreitet die 
Entzflndung stets weiter. Eiterung tritt kaum auf; nur wenn die Ge- 
schlechtsdffnung am grflfiten Teil des Tages von den dichten Krusten 
und der Hypertrophie des anliegenden Gewebes geschlossen ist, kommt 
es zu geringer Suppuration. In diesem Eiter sind jedoch die Parasiten 
fast niemals nachzuweisen. Der Verlauf der Entzflndung ist chronisch; 
die Prozesse kflnnen spontan, meistens nach Monaten heilen; .dabei wechseln 
Perioden geringer Entzflndung und solche augenscheinlicber Heilung 
mit Perioden ernster Symptome. Uebrigens machen die Tiere stets 
einen gesunden Eindruck. 

2) Skariflkation der IMickenhaut und 1—2 Min. langes Einreiben 
mit Material, welches fflr die perineale Impfung benutzt wird, kann nach 
ungef&hr 50 Tagen eine spezifische Entzflndung verursachen (Fig. 8). 
Auf der eingeriebenen Stelle entstehen dabei nach einer Inkubationszeit 
von mindestens 30 Oder hochstens 80 Tagen krustbse, zuerst leicht 
schuppige, entzflndete, etwas erhflhte, umschriebene Stellen, welche beim 
Abkratzen ein leicht blutiges Exsudat liefern, in welchem viele typische 
Spirochflten nachgewiesen werden konnen. WAhrend die perineale Skari- 
fikation stets ein positives Impfresultat ergibt, ist dies mit dem Ein¬ 
reiben spirochatenreichen Materials in die enthaarte Rflckenhaut nicht 
stets der Fall, obwohl eine ausgedehnte skarifizierte Hautflache mit 
dem Virus in Berflhrung kommt. Es ISBt sich daraus der Schlufi ziehen, 
daB das Virus an dieser Stelle nicht so konstant haftet 

Auch diese Ulzerationen verlaufen stets chronisch. Die Dauer 
dieser Prozesse beiauft sich meistens auf viele Wochen. Der allgemeine 
Zustand des Tieres ist dabei sehr gut. Die Entzflndungssymptome sind 
verschieden stark. 

Diese Hautaifektion scheint oft den Haarwuchs intensiv zu 
beeinflussen. Speziell in den akuten Fallen, in denen man meistens 
noch viele Parasiten nachweisen kann, findet man oft einen kr&ftigen 
Haarwuchs, hauptsachlich in der Mitte der Ulzeration. 

3) Skarifikationen der Augenbrauengegend und Intrapalpebrale 
Injektioncn mit spirochatenhaltigem Material (im MQrser zerriebene 
Gewebsteilchen, mit lauwarmer physiol. Kochsalzlflsung gemischt) ver¬ 
ursachen fast stets nach ungefahr 40 Tagen (minimalste Inkubations¬ 
zeit 36, maximalste 48 Tage) eine ulzerative Entzflndung (Fig. 9). 
Die Entzflndung fangt mit der Bildung eines oder mebrerer kleiner, 
roter, etwas schuppiger und nur wenig prominierender Geschwflre an 
der Grenze des oberen Augenlides oder bei der Augenlidhaut an der 
geimpften Stelle an. Nach einigen Tagen stoBt sich die Haut an einem 
solchen Entztindungsherde ab. und es entsteht ein feuchtroter Fleck, von 
einem roten Hofe umgeben. Diese feuchte Stelle, welche beim Berfihren 
blutiges Serum traussudiert und sich nicht mit Eiter bedeckt, breitet 
sich an der Peripherie ziemlich schnell aus. Die auf diese Weise ent- 

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Klarenbeek, Syphilisparasiten ahnliche Spirochaten beim Kaninchen. 209 

standenen, ziemlich grofien Geschwflre sind nur wenig Oder gar nicht 
prominierend und gleicben flachen Ulzerationep. Durch die starke Se- 
kretion nicht purulenten Exsudates wird die OberflBche bald mit einer 
unregel mSBigen, an der Peripherie nor locker sitzenden, an der an- 
grenzenden, mit Haaren bedeckten gesnnden. Haut fest anliegenden 
Kmstenmasse bedeckt, welche graubraun aussieht. Unter dieser 
Krustenbildung schreitet die EntzQndung stets fort. Nach Entfernung 
der ganzen Masse wird nicht selten eine groBe, feuchte, rote F13che 
sichtbar, die beim Abscbaben sehr leicht zahllose Spirochaten erkennen 
iSBt. Die EntzQndung verlSuft wieder chronisch nnd danert wochen- 
lang. Spontane Heilung kann ohne Narbenbildung dintrelen. 

4) IntraoknlUre Impfung. Bei derselben werden kleine Gewebs- 
partikelchen spezifischer, von Spirochaten verursachter Wucherungen in 
die vordere Augenkammer gebracht. LokalanBsthesie mit 5-proz. Co- 
cainnm hydrochloricum; kleine Inzision in die Cornea, in der NBhe des 
Skleralrandes, wodurch die vordere AugenkammerflQssigkeit ausflieBt und 
die Cornea kollabiert. Festbalten der Conjunctiva scleralis zur Fixation 
des Bulbus mit feiner Pinzette und Einbringen eines kleinen Gewebs- 
stflckchens durch die Corneawunde in die vordere Augenkammer. Ge- 
websteilchen nicht zu weit einbringen, da sonst Irritationen der Iris 
auftreten kdnnen, die unter anderem zur Occlusio pupillae und sekun- 
dSrem Glaukom fQhren kdnnen. Nach Heilung der akuten reaktiven 
Erscheinungen. welche einige Tage dauern und die bisweilen zur Pan* 
ophthalmie fQhren, entsteht oft nach ungefahr 40 Tagen (maximal 90 Tagen) 
eine augenscheinlich geringgradige Keratitis. An der Stelle der Cornea, 
welche das Gewebsteilchen passiert hat, entsteht zun&chst nur ein ge- 
ringer Paunus, der sich spater etwas ausbreitet; nicht selten ist auch 
an der angrenzenden Conjunctiva scleralis erhohte Vaskularisation mit 
Verdickung zu sehen. Vielfach l&fit sich im oberfl&chlichen Abschabsel 
der Cornea der Parasit nachweisen. Auch die Conjunctiva scleralis ent- 
bait oft sehr viel Spirochaten. Nur ein einziges Mai gelang es nicht, 
aus dem oberflfichlich abgekratzten - Gewebe die Parasiten zu linden. 
Wohl aber sind sie nach Inzision des Epithels der Cornea nachweisbar. 

Nicht selten entsteht nach Impfung in die vordere Augenkammer 
keine spezifische Keratitis, sondern nur eine konjunktivale Wucherung, 
wobei eine bandformige Verdickung des Gewebes, das sich auch etwas 
auf die Cornea erstreckt, auftritt, die bei leichtem Druck auf das obere 
Augenlid etwas prolabiert. Dieses Gewebe enthait zahlreiche Parasiten 
(nach Zerreiben des Gewebes im Morser). 

Ebenfalls tritt nach dieser Impfung nur eine GeschwQrsbildung an 
den Augenlidern auf (wie sie bereits bei der Skarifikation dieser Gegend 
beschrieben ist), und welche fQr sich Oder zusaminen mit der beschrie- 
benen kornealen oder koujunktivalen Aenderungen bestehen kQnnen. 

Die Dauer aller dieser Prozesse ist lang; sie kann Mo- 
nate betragen. Dielnkubationszeit derlmpfkeratitis dauert 
ungef3.hr 40 Tage, wechselt aber sehr stark. 

Die koujunktivalen Wucherungen und die AugenlidergeschwOre treten 
erst nach Wochen und Monaten auf. Die Tiere sind dabei sichtbar nicht 
krank und behalten ihre gute Kondition. Es ist nicht wahrscheinlich, 
dad die ab und zu auftretenden Aenderungen an anderen Teilen des 
Auges (u. a. Dyskorie, Synechien, Occlusio pupillae, Iritis, Iridocyclitis, 
8ekandares Glaukom) spezifisch sind, sondern nur die Folge der ver- 
ursachten GewebsISsionen und Gewebsreizungen. 

Ente Abt. Orif(. Bd. 87 . Heft 3. 14 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 8. 


Nach dieser Impfung kann eine Generalisation der Krank- 
heit auftreten (siehe sp&ter). 

Auch nacli iiitraokut&rer Impfung einer Emulsion spiroch&ten- 
reichen Materials, das mit einer feinen Kanule nach teilweisem Aus- 
fliefien der vorderen Augenkammerflilssigkeit eingespritzt wird, entstehea 
nach langer Inku bationszeit spezifische Verknderungen. In eineui 
Falle bildeten sich ungef&Ur 2 Mon. nach der Injektion dieselben typi- 
schen Geschwtire der Haut (Fig. 10), wie sie vorher bei der Skarifikation 
der Augenbogengegend beschrieben wurden. Diese Ulzerationen be- 
decken bald darauf einen groBen Teil dieser Gegend, ferner die des 
inedialen Augenwinkels und die untere Augenlidgegend. Der ProzeB 
dauert Monate. Das injizierte Ange blieb vollkommen normal; an der 
Stelle der Injektion war ein kleiner, weifier Fleck iibrig geblieben. 

Das andere Auge desselben Kaninchens, das zur gleichen Zeit mit 
demselben Material injiziert wurde, reagierte etwas anders. Die Cornea 
sah aus wie beim auderen Auge; es gelang nicht, in abgeschabten Teilen 
der tieferen Schichten Spirochaten nachzuweisen. Ungefahr 3 Mon. nach 
der Injektion entstand eine diffuse, geringgradige Trflbung der Cornea 
in der Nahe des oberen Augenlides, von ungefahr bohnengroBer Aus- 
dehnung, begleitet von schwacher, GefaBinjektion auf der Conjunctiva 
scleralis. Diese Entzundung war das Resultat eines sehr chronischen, 
von Spirochaten verursachten Prozesses, wobei speziell die Con¬ 
junctiva scleralis an dieser Stelle follikular entzundet 
war. Das wuchernde Gewebe breitete sich dabei bandahnlich fiber die 
Cornea aus, so daB der normale, regelnjaBige, sklerale Rand an dieser 
Stelle der Cornea abnorm war (Dyscornea). Eine Keratitis war nicht 
entstanden. 

Auch nach Injektion einer spirochatenreichen Emulsion in die vor- 
dere Augenkammer kSnnen allgemeine Symptome eintreten (siehe spater). 

. 5) Intraskrotale und iiitratestikul&re Impfung geschah in der 
Weise, daB kleine StUckchen spirochatenreichen Gewebes in das Scrotum 
und in den Hoden nach der Methode von Uhlenhuth und Mulzer 
implantiert wurden, Oder wobei eine spirochatenreiche Emulsion unter 
die Skrotalhaut Oder in die Testikel injiziert wurde. Auch wurde die 
Emulsion bisweilen nach Skarifikation der Skrotalhaut eingerieben. Sie 
verursacht mehr oder weniger tiefgehende drtliche Entztindungen der 
Skrotalhaut (Fig. 11), nicht nur an der Injektionsstelle, sondern auch 
go anderen, weiter davon entfernten Stellen des Scrotums. Die Haut- 
lasionen treten nach 14—100 Tagen ein und bestehen entweder 
in einer leichten Schuppenbildung der zarten Haut, wobei die 
kleinen, weiBen Schuppen teils der Haut, welche nach Entfernung der 
kleinen Krusten transsudiert, fest anliegen, Oder wobei auch heftigere 
Entziindungssymptome mit Geschwiirsbildung, begleitet von einer 
Verdickung des Skrotalgewebes an Stelle des Geschwures, auftreten. Das 
Ulcus kann dabei erbsengroB werden, mit Krusten bedeckt, etwas ge- 
rotet und schuppenformig an der Peripherie sein. Der Verlauf dieser 
Prozesse, welche, soweit sie kontrolliert werden konnen, mit den nicht 
schweren Skrotalhautaffektionen, welche nach intraskrotaler Inokulation 
mit Syphilismaterial auftreten konnen (Uhlenhuth und Mulzer), 
ubereinstimmen, ist im a 11 gem ein en chr o n i sell und dauert meistens 
mehrere Wochen. Die Tiere sind sichtbar nicht krank. 

Auch spezifische Prozesse im Scrotum selbst kOnnen mit- 
unter auftreten. In 1 Falle wurde auBer der beschriebenen Skrotal- 


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Klarenbeek, Syphilisparasitcu ahnliche Spirochaten beim Kaniuchen. 211 

entzundung im Scrotum eine erbsengroBe, harte, nicht mit dem 
umgebenden Gewebe verwachsene Geschwulst koDStatiert, 
die sich zwischen Haut und Tunica gebildet hatte. Nach Exstirpation 
dieses kleinen Tumors konnten im Geschabe dieses Gewebes sehr viele 
Spirochaten nachgewiesen werden. 

Ebenfalls konnte bei einem geimpften Kaninchen eine lokale Ver- 
dickung der Tunica vaginalis nachgewiesen werden. Auch hier waren 
sehr viel Spirochaten im Gewebsprkparat zu konstatieren. Bei diesein 
Kaninchen und auch beim vorigen kopnten keine Spirochaten im 
Hodengewebe nachgewiesen werden. 

Bis jetzt gelang es nicht, eine typische Orchitis zu erhalten, 
wie diese wohl bei der intraskrotalen und intratestikuiaren Impfung von 
Syphilismaterial des Menschen und vom Kaninchenpassagevirus geiingt. 
Bei der Untersucbung des Hodens nach dem Vorkommen von Spiro¬ 
chaten im Hodengewebe wurden die Testikel oft bei den geimpften 
Tieren punktiert und die PunktionsUussigkeit untersucht. 

Auch gelang es nicht, nach dieser intraskrotalen Impfung einen 
charakteristischen Primkraffekt in der Skrotalhaut mit indurierten Ran- 
dern zu bekommen, wie dies mit Syphilismaterial oft gelingt. Moglich 
ist es, daB hier die Urshche in einer Unvollkommenheit der Impfung 
liegt. Zweifellos bestehen aber Unterschiede zwischen diesen, 
bei der intraskrotalen Impfung erreichten Resultaten 
und denjenigen, die mit Syphilismaterial experimente 11 
beim Kaninchen erhalten wurden. Treponema pallidum 
var. cuniculi, wie diQ Spirochate der Kaniuchentreponemose genannt 
werden kann, scheint, wie bis jetzt noch angenommep werden muB, eine 
geringere Affinitat fur Hoden, Tunica und Skrotalgewebe 
zn haben als Treponema pallidum hominis. Zahlreiche Imp- 
fungen Sind aber noch notig, um diese Tatsache festzustellen. 

6) Intraventfse Injektionen mit Blut von lokal oder generalisiert 
erkrankten Tieren und mit einer Gewebsemulsion v.on einer spezifischen 
konjunktivalen Wucherung, in der zahlreiche Spirochaten waren, wurden 
haufig ausgefhhrt. Stets aber wurden hierzu erwachsene Tiere gebraucht. 
Niemals wurden bei diesen Tieren, selbst nicht nach Monaten, Symptome 
wahrgenommen, die auf Treponemose hinwiesen. 

Im Blute konnten niemals die Parasiten nachgewiesen werden. 
Viellmcht fuhrt die Injektion beim Gebrauch j unger Kaninchen und bei 
intrakardialer Injektion, die auch fur das Syphilisexperiment mehr ge- 
eignet ist (Uhlenhuth und Mulzer), zu positiven Resultaten. 

Eine generalisierte Treponemose der Haut wurde nach 
intraokularer Impfung wahrgenommen. Zahlreiche Ulzerationen, ahnlicli 
dea Ulcera, welche bei generalisierter spontaner Hauttreponemose kon- 
statiert werden konnten, waren bei einem Kaninchen iiber die Haut 
zerstreut. Dabei waren einige Hautstellen mehr befallen als andere, 
"ie dies ebenfalls bei der experimentellen Kaninchensyphilis der Fall 
jst. An der Kopfliaut saBen die meisten Geschwiire; unter anderen 
’ n der Nasengegend, zwischen den Augen, an den Augenlidern und der 
Ohrbasis (siehe Fig. 12 u. 16). 

Auch die Haut der Extremitaten ist aftiziert; in der Kubital- und 
Kniegegend sind sehr ausgebreitete Ulzerationen in der GroBe einer 
HaselnuB nachweisbar (Fig. 15). Ferner befinden sich viele Ulzerationen 
auf detn Riicken (Fig. 16 u. 14); das groBte Ulcus ist etwa pfenniggroll. 
hie Testikel, das Praeputium und der Penis sind spirochatenfrei, obwohl 

14 * 


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212 CentralbL f. Bajrt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 

17 Tage vor dem Auftreten der Geschwflre intratestikular geimpft warde. 
Die spfitere Sektion ergab, daB diese Impfung obne Erfolg geblieben war; 
der Hoden war wohl etwas sklerotisch, doch frei von Spiroch&ten. Nur 
im Scrotum befanden sich unter geringen Schuppen kleine flache Ge- 
schwQre mit einigen Spiroch&ten. 

Die ulzerativen Prozesse sind chronisch. Das Tier war nicht sicht- 
bar krank. In wiederholten Blutpraparaten (Giemsa) konnte die 
Spirocbate niemals nachgewiesen werden. Bestehen die Geschwure lange, 
dann entwickeln sich darin lange Haare (vgl. Fig. 13 u. 14) t welche 
sehr schnell wachsen und weit fiber das andere kurzbaarige Hautniveau 
liervorragen. 

Prfiparate ans der Leber und der Milz und ebenfalls solche aas 
dem geimpften Hoden sind spirochatenfrei. Impfungen mit Leber-Milz- 
brei konnten nicht kontrolliert werden, da die Tiere schon am nficbsten 
Tage starben. — Auch bei einem anderen Kaninchen konnten Symptome 
generalisierter Hauttreponemose nachgewiesen werden (Fig. 17). Es ent- 
standen dabei nach Augenkammerimpfung mit einer Gewebsemulsion nach 
einigen Monaten Geschwflre in der Perinealgegend und an der Ohrbasis. 

Die Untersuchung wurde auch in anderer Richtung fortgesetzt, 
woraus sich die folgenden Schlfisse ziehen lieBen: 

Eine spontane Infektion, wahrscheinlich durch den Eoitus, 
konnte sowohl bei Rammlern, als auch bei weiblichen Kaninchen wahr- 
genommen werden. Die Tiere bekamen dabei, nachdem sie kfirzere 
oder l&ngere Zeit beieinander waren, die bekannte und charakteristische, 
lokale, perineale Entzfindung. In 1 Faile konnte konstatiert werden. 
daB bei einem weiblichen Kaninchen, welches ungeffihr 8 Wochen mit 
einigen infizierten Kaninchen, unter denen sich auch ein Rammler be- 
fand, zusammen gelebt hatte, ohne infiziert zu sein, schon ca. 16 Tage 
nach einer geringen Skarifikation der Perinealgegend die 
Entzfindungssymptome auftraten. Schereschewsky wies schon auf 
die sehr erhohte Empfindlichkeit bei kleinen Exkoriationen hin; Kolle 
und Ritz bewiesen ferner einwandfrei die leichte Uebertragungsmfig- 
lichkeit durch den Koitus beim Kaninchen mit Treponema palli¬ 
dum hominis, die experimented perineal infiziert waren. 

Der Koitus bei denjenigen Tieren, welche an einer perinealen Ent¬ 
zfindung leiden, kann zur Folge haben, daB wohl augenscheinlich 
gesunde Jungen geworfen werden, die sich vollkommen normal ent¬ 
wickeln. Bei einem Kaninchen, welches experimented mit Spirochfit,en- 
material in der Perinealgegend infiziert wurde, entstand ein Prolapsus 
uteri, sehr wahrscheinlich verursacht durch die verminderte Elastizitat 
bzw. durch Erschlaffung der Vulvawand. 

Es konnte bis jetzt noch nicht bewiesen werden, ob die Abkomm- 
linge von infizierten Eltern genau so auf kunstliche Infektionen reagieren 
wie die Jungen gesunder Tiere. 

Bei 2 niedrigen Affen (Macacus cynomolgus) wurde beider- 
seits die Augenbrauengegend einige Minuten lang kr&ftig mit fur Kanin¬ 
chen virulentem Material eines perinealen Geschwtirs voin Kaninchen, 
welches spontan entstanden war, eingerieben. Die Haut wurde an dieser 
Stelle zuvor tief skaritiziert. Nach dieser Impfung, welche bei Kanin¬ 
chen zweifellos in der betreffeuden Zeit Ulzerationen zur Folge ge- 
habt hatte, entstanden nach 2 1 / 2 Monaten keine Ulzerationen. 
Eins der Tiere starb spater an Pseudotuberkulose. vor allem der Leber. 
Milz und auch der Lungen. Gleichzeitige Inokulation der Skrotalhaut 

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Klarenbeek, Syphilisparasiten ahnliche Spirocb&ten beim Kaninchen. 213 

bei einem dieser Affen and der Prfiputial- and Penisschleirahaut init 
nachfolgender Skarifikation mit fflr Kaninchen viralentera Material blieb 
ebenfalls ohne Resultat. 

Impfungen eines Hundes in der Aagenbraaengegend und in die 
Pr&putial- und Penismucosa, bei einer Katze in der Augenbrauengegend 
(Einreiben nach Skarifikation), bei Meerscbweinchen und Ratten 
an derselben Stelle nach Implantierung eines kleinen Gewebspartikel- 
chens in eine Hauttasche und auch in die Skrotalhaut beeinflufiten das 
oormale Gewebe bei diesen Tieren nicht im geringsten. 

Die Wassermannsche Reaktion wurde aus dem Grande zur 
Untersuchung nicht benutzt, weil diese Methode bei Kaninchen nicht 
als zuverlassig gilt, worauf schon frQher u. a. von Uhlenhuth und 
Mulzer hingewiesen wurde. Sie konnten n&mlich beweisen, daB ge- 
sunde Tiere oft positiv und sehr sctiwer erkrankte Tiere negativ reagierten. 

Kflrzlich publizierte Kuczynski seine Untersuchungen und konnte 
diese Befunde nur best&tigen. Er sah ebenfalls oft beim gesunclen Kanin¬ 
chen eine -|- W.R., speziell bei Tieren, welche mit Kokzidien infiziert 
waren. (In Holland leiden die meisten jungen Kaninchen an Kokzidiose.) 

Chemotherapeutische Behandlung mit Neosalvarsan ergab 
sowohl bei spontanea als bei experimentell erzeugten Fallen sehr gute 
Resnltate. Viele Tiere, welche zur Behandlung zugesandt wurden und 
die im allgemeinen schon Wochen und sogar Monate an einer infizierten 
Perinealgegend litten, erhielten eine Injektion von 250—350 mg (0,25 
bis 0,35) Neosalvarsan, das in 1,5 ccm destill. Wasser oder physiol. Koch- 
salzlQsung gelost wurde. Die lauwarme, sterile Flflssigkeit wurde intra- 
mnskul&r in die Hinterschenkelmuskeln beiderseits eingespritzt. Die 
Schmerzreaktion ist dabei nicht sehr stark. Schon nach 24 Std. 
waren die sehr zahlreichen Spiroch&ten fast vollig aus 
dem entzflndeten Gewebe verschwunden, so daB meistens 
vergebens in dem Silberprfiparat danach gesucht wurde. 

Ohne weitere lokale Behandlung heilt dann die Entzflndung voll- 
kommen in ca. 14 Tagen, die Krusten trocknen sehr schnell ein, fallen 
ab, und eine blasse, trockene Hantflache wird sichtbar. FOrdert man 
die Heilung mit einer inditf'erenten, emollierenden Behandlung, z. B. mit 
Oleum olivarum, dann lflsen sich die Krusten schon bald (in ein paar 
Tagen) ab, und die Haut bleibt auch spater vollkommen normal. Heilung 
kann auf diese Weise in 4—5 Tagen eintreten. 

Auch die experimentell erzeugten Ulzerationen heilen in derselben 
Weise nach Behandlung mit Neosalvarsan. Geschwiire des Oberaugen- 
lides und der Vulva wurden nach einer Einspritzung gcheilt, ebenfalls 
eine konjunktivale Entzundung. 

Zusam men fas sung. 

Beim Kaninchen kommt ziemlich hdufig eine Treponemose vor, 
wobei hauptsachlich das perineale Gewebe entziindet ist. Die Ent- 
ziindung ist lokalisiert und nicht selten sehr geringgradig, die Tiere 
raachen keinen kranken Eindruck, sie fressen gut, wodurch es zu er- 
klaren ist, • daB die Krankheit nicht schon fruher siclier erkannt wurde. 
Einige Male verlauft die Krankheit in anderer Weise; es treten dann 
ulzerative Entzfindungsprozesse der Haut an anderen als an den ge- 
Uannteu Stellen des Korpers auf, bisweileu kombiniert mit Alopecia 
circumscripta. Diese Prozesse stimmen dann im groBen und ganzen 
mit dem Syinptomenkomplex der generalisierten Hautinfektion, welche 

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214 OentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Beft 3. 

bei jungen Kaninchen nach intravenoser Oder intrakardialer Injektion 
syphilitischen Materials hervorgerufen werden kann, Qberein. 

Die Spirochate koromt in dem entzfindeten Gewebefast immer massen- 
haft vor und konnte morphologisch und biologisch von Treponema pal¬ 
lidum horn in i s nicht unterschieden werden. Auch nach Impfungen 
gesunder Tiere, wobei die Resultate nach intraokularer, intratestikul&rer, 
i'erner nach paipebraler, perinealer, intravenoser und Rfickenhautimpfung 
untersucht wurden, konnten keine deutliche charakteristische Unter- 
schiede von den experimentellen Syphilisimpfungen nacbgewiesen werden. 
Meisteufalls — nicht immer — sind die Geschwure mit trockenen, grauen 
Schuppen bedeckt; vielleicht ist' dies ein ziemlich konstantes Merkmal 
zur Differenzierung von syphilitischen Geschwuien. 

Stets konnte bei den Impfungen eine lange und inkonstante In- 
kubationszeit, der chronische Character der Geschwfire, der wechselnde 
Verlauf derselben beobachtet werden. Das Resultat nach Impfung mit 
Passagevirus war genau dasselbe wie das nach Injektion einer Gewebs- 
emulsion eines spontanen Geschwiires. 

Die infizierten Tiere sind nur ausnahmsweise krank; sie bleiben fast 
stets in sehr guter Kondition. 

Das Virus haftet an mehreren Stellen des KSrpers; speziell die 
Impfung in die vordere Augenkammer war fast stets positiv, ebenso wie 
die Ska» ifikationen der Perinealgegend, der Augenbrauengegend und die 
Impfung der Skrotalhaut. Die Haftung war auf der Rfickenhaut nicht 
stets so konstant. Auch der Hoden besitzt scheinbar nicht die Affinitiit 
ffir das Virus, wie dies beim Treponema pallidum hominis der 
Fall ist. 

Es gelang, einige schon infizierte Tiere wahrend der Erkrankung 
wieder zu infizieren. So konnte z. B: auch die Haut eines Tieres, das 
schon an einer spezifischen Entziindung der Augenbogengegeud litt, 
wieder infiziert werden. — Hieraus' laht sich wohl schlieBen, daB eine 
Iuimunitat, jedenfalls eine vollkommene Immunitat nicht besteht. Mehrere 
Impfungen sind zur weiteren Beantwortung dieser Frage gemacht, auch 
Impfungen mit Syphilismaterial vom Menschen zum Studium der „Impfung 
fibers Kreuz tt . Eine derartige positive Impfung soil z. B. nach Jacobb- 
thal beweisend sein ffir eine Nichtidentitat des Treponema der 
Kaninchentreponemose mit Treponema pallidum hominis. Die 
Beweiskraft derartiger Experimente ist jedoch zweifelhaft, wie dies auch 
von Arzt angenommen wird, zumal beim Kaninchen die Frage der 
Superinfektion und Immunitat nach experimenteller Syphilisinfektion 
noch nicht klar bewiesen ist. 

Schereschewsky hatte, wie am Anfang dieser Arbeit erw&hnt 
wurde, schon dergleichen Impfungen gemacht. 

Die Kaninchentreponemose oder Lues cuniculi ist nahezu jedesmal 
nur eine lokale Krankeit. Auch nach lokaler Impfung konnte, wie dies 
auch bei dem spezifischen Syphilismaterial der Fall ist, nur ausnahms¬ 
weise ein generalisierter ProzeB konstatiert werden. In diesem Fall 
treten dann Hautkrankheiten auf, die auf eine allgemeine Verbreitung 
des Virus im KOrper hinweisen (nach intraokularer Impfung). Intra- 
venose Impfungen erwachsener Tiere mit Blut infizierter Kaninchen, auch 
mit Blut allgemein erkrankter Tiere. miBlangen stets. Bei der Sektion 
primar oder gcneralisiert erkrankter Tiere konnten niemals Lymphknoten- 
schwellungen beobachtet werden. Bis jetzt konnte im Blut, in der Milz, 
der Leber und den Nebennieren die Spirochate niemals gefundeu werden. 


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Klarenbeek, Syphiiisparasiten ahnliche Bpirochaten beim Kaninchen. 215 

Experimentelle Impfungen anderer Tiere miBlangen. Die Krankheit ist 
<iarch direkte Berfihrung, wahrscheinlich durch den Koitus, speziell auch 
each Skarifikationen der Perinealgegend zu iibertragen. 

Tiere mit ausgedehntem, lokalenr, perinealem Geschwilr kOnnen noch 
gesunde Jungen erzeugen. Auch der infizierte Rammler ist zeugungs- 
fahig. Nach intrarauskul&rer Injektion von 250-350 mg Neosalvarsan 
verschwinden die Spirochaten schon in einigen Stunden. Rezidive 
konnten bis jetzt noch nicht beobachtet werden. 

Diese Untersuchung, ferner die Publikationen von Arzt, Kerl, 
Jacobsthal und Sch eresche wsky berechtigen wohl zu den folgenden 

SchluBfolgerungen. 

1) Das Virus der Treponemose beim Kaninchen ist morphologisch 
vom Syphilisvirus nicht zu identifizieren. Im Tierexperiment gibt es nor 
kleine, nicht sehr charakteristische und nicht konstante Unterschiede. 
Notwendig ist aber, dafl ausgedehntere Versuche nach dieser Richtung 
hin gemacht werden. 

2) Der Parasit kann vorl&ufig als eine Variet&t des Treponema 
pallidum hominis aufgefaBt und als Treponema pallidum 
varietas cuniculi bezeichnet werden. Die Krankheit selbst kann man 
Spirochaetosis oder Lues cuniculi nennen. 

3) Wenn die Ansicht richtig ist, daB Treponema ein ange- 
wdhntes ursprQngliches Treponema pallidum hominis ist, dann 
besitzt man fflr das experimentelle Syphilisstudium darin ein Passage- 
virus, wie dies bis jetzt noch niemals durch Weiterimpfung erhalten 
wurde. 

4) Das Kaninchen ist ein nicht vollkohimen zuverl&ssiges Probetier 

fur das experimentelle Syphilisstudium. Utrecht, Mai 1921. 

Literatur. 

Arzt u. Kerl, Ueber experimentelle Kaninchensyphilis und ihre praktische Be- 
deutung. (Wien. klin. Wochenschr. 2914. Nr. 23.) — Dies., Weitere Mitteilungen fiber 
bpirochatenbefunde bei Kaninchen. (Ebenda. 1914. Nr. 29.) — Dies., Zur Frage der 
Kaninchensyphilis. Bemerkungen zur Arbeit Jacobsthals. (Dermat. Wochenschr. 
1920. Nr. 52.) — Arzt, Spirochatenbefunde in Genitalveranderungen ungeinipfter Kanin¬ 
chen. (Dermat. Zeitschr. Bd. ^9. 1920. Nr. 2.) —- Brown and Pearce, On the gene¬ 
ralisation of Treponema pallidum in the rabbit following local inoculation. On 
the production of generalized syphilis in the rabbit by local inoculation, (Proceed. Soc. 
t. experim. Biolog. a. Med. Voi. 17. 1920.) — Dies., A note on the dissemination of 
"pirochaeta pallida from the primary focus of infection. (Arch, of Dermat. a. Syph. 
Vol. 2. 1920.) — Dies., Experimental syphilis in the Rabbit. (Journ. of experim. Med. 
Vol. 31. 1920. No. 4, 6, und Y r ol. 32. 1920. No. 4, 5.) — Jacobsthal, Untersuchungen 
uber eine syphilisahnliche Bpontanerkrankung des Kaninchens (Paralues cuniculi). 
<Dermat. Wochenschr. Bd. 71. 1920. Nr. 33.) — Hartmann u. Schilling, Die 
parbogenen Protozoen. Berlin (Jul. Springer) 1917. — Heller, J., Die vergleichcnde 
Pathologic der Haut. 1910. — Klarenbeek, A., CeiUralbl. f. Bakt. Abt. I. Grig. 
Bd. 80. 1921. Heft 6. — Kolle u. Hetsch, Die experimentelle Bakteriologie und 
(lie lnfektionskrankheiten. 1919. — Kolle u. Ritz, Ueber spontane Uebertragung der 
Kaninchensyphilis. (Dermat. Zeitschr. Bd. 27. 1919.) — Kuczynski, Ueber die 
lV aaKermann8che Reaktion beim Kaninchen. (Berlin, klin. Wochenschr. 1921. Nr. 0.) 
— Lesser, E., Lehrbuch der Haut- und Gesehlechtskrankheiten. — Neumann u. 
Mayer, Wichtige tierisehe Parasiten und ihre Uebertrtiger. — Schncemann, Ver- 
jrleichende Untersuchungen fiber neuere Bpirochutenfiirbungen. (Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. 
Drig. Bd. 86. 1921 Nr. I.) — Uhlenhuth u. Mulzer, Beitnige zur oxperimentellen 
Pathologie und Therapie mit besomlerer Berucksiclitigung der Impfsyphilis der Kanin- 

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216 


CentralbL f. Bakt etc. I. AbL Originale. Bd. 87. Heft 3. 


chen. (Arb. a. d. Kais. Gee.-Amt. Bd. 44. 1913. 8.307—630.) — Dies., Atlas der ei- 
perimentellen Kaninchensyphilis. Berlin (Jol. Springer) 1914. — Dies., Weitere Bei-j 
trage zur experimentellen Syphilis. (Berlin, klin. Wochenechr. 1917. S. 645—649.) 

Weitere, sehr ausgebreitete Literaturangaben in den Publikationen von Dhlen 
huth und Mulzer (1913) nnd yon Brown und Pearce (1920). 


lider. 


Fig. 1. Bpontane und lokale Spirochatose der Perinealgegend. 

Fig. 2. Spontane und generalisierte Infektion der Haut. Geschwure der Augen- 

Fig. 3. Spontane und generalisierte Infektion der Haut. Geschwfire an der Nase. 

Fig. 4. Spontane und generalisierte Infektion der Haut. Geschwure der Ruckeo* 


haut. 

Fig. 5. Spontane und generalisierte Infektion der Haut Alopecia circumscripta 
mit Ulzeration und Krustenbildung in der Mitte (z&hlreiche Spirochaten) 

Fig. 6. Treponema pallidum var. cuniculi; Tuschepraparat. Vergr. 1050. 

Fig. 7. Experimentelle lokale Perinealspirochfitose, 20 Tage nach Impfung. 

Fig. 8. Experimentelle lokale Spirochatose der RQckenhaut etwa 10 Wochen nach. 
lokaler Impfung. 

Fig. 9. Experimentelle lokale Spirochatose in der Oberaugenlidergegend.S 
6 Wochen nach lokaler Impfung. 

fig. 10. Experimentelle lokale Spirochatose in der Augenwinkelgegend. 2 Monate 
nach intraokularer Impfung. ^ 

Fig. 11. Experimentelle lokale Spirochatose des Scrotums. Geschwflrbildong 
2 Monace nach intraskrotaler Impfung. 

Fig. 12. Experimentelle generalisierte Spirochatose der Haut 11 Wochen nach 
intraokularer njektion. Geschwure an der Ohrbasis und beim medialen Augenwinkel. 

Fig. 13. Experimentelle generalisierte Spirochatose der Haut 11 Wochen nach 
intraokularer Impfung. Ulzerationen der Riickenhaut. 

Fig. 14. Experimentelle generalisierte Spirochatose der Haut Wie Fig. 13.J 
15 Wochen nach Impfung (Haare). 

Fig. 15. Experimentelle generalisierte Spirochatose der Haut. 15 Wochen na 
intraokularer Impfung. Geschwure in der Kubitalgegend. 

Fig. 16. Experimentelle generalisierte Spirochatose der Haut 15 Wochen na 
intraokularer Impfung. Ulzerationen der Augenlider und in der Nasengegend. 

Fig. 17. Experimentelle generalisierte Spirochatose der Haut 18 Wochen na 
bilateraler intraokularer Impfung. Geschwure in der Ohrbasisgegend (a). 


Nachdruck verboten . 

Weitere Beitrage zur Anatomie der Pferdebaudwiirmer. 

[Aus dera Zoologischen Institut der LandesuniversitSt GieBen.J 
Von Dr. Rudolf Becker in Uelzen. 

Mit 4 Abbilduugen im Text. 

Meine „Beitrage zur Kenntnis des Nervensystems der Pferdeband- 
wiirnier u (Zool. Jahrb. Bd. 43. Anat. 1921) enthalten zugleich eine Ana- 
toraie des Skolex, hinsichtlich der Proglottiden jedoch nur -kurzfi 
topographisch notwendige Hinweise. Es gilt also, einerseits diese nocb 
vorhandene Liicke auszufullen. andererseits ein Bindeglied zu schaffenJ 
welches von der „auBeren Gestalt 11 dieser Bandwiirraer (diese Zeitschr) 
Bd. 87. 1921. Ileft 2) zu ihrer inneren Morphologie hinOberleitet. Vor-J 
liegende Untersuchung erstreckt sich auf den Bau der Cuticula nebsnl 
Parenchym, der Muskulatur und des Exkretionssystems.f 
wahrend ich mir die Schilderung des Genitalapparates fflr sp&ter vor- 
behalten habe. Sowohl in Form wie in innerer Organisation dokumen-| 
tieren die Anoplocephala-Arten den Grundgedanken der geschlos-^ 
seneu Einheit des C estoden kor pers („Monozootie u , Spengel). 


Gck 'gle 


UMIVER5ITY OF CALIFORNIAJ 






Klavenbeek, Kaninchenspirochatose. 


3 Band- 
ie ver- 
:rauma- 
) durch 
e Cuti- 


e vom 
; f 13 ft 
lgende, 
arbung 
ir drei 
an den 
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w&cher 
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Haut- 
Grenz- 
ochen, 
jekten 
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 









216 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 




Becker, Weitere Beitrage zur Anatomie der Pferdebandwiirmer. 


217 


Caticula und Parenchym. 

Als eine elastische Chitinhfllle, welche deni ganzen Kdrper des Band- 
wurmes gegen verschiedene Eingriffe — einerseits siod es die ver- 
daaenden chemischen Wirkungen des Darmsaftes, andererseits trauma- 
tiscbe Beschadigungen durch den Darminbalt selber, insbesondere durch 
stacheliges Raubfutter — einen gewissen Schutz verleiht, ist die Cuti- 
cula anzusprecben. 

Anoplocephala magna. — Die Cuticula besitzt eine vom 
Skolex bis zu den aiteren Gliedern allm&hlich von etwa 8 fi auf 18 
zuaehmende Dicke und steilt im ganzen eine einzige zusammenhSngende, 
leichtgefaltete, hellgianzende Membran dar, die bei gflnstiger Farbung 
mehrere Schicbten erkennen laBt (Fig. 1 On). Es sind offenbar drei 
Lagen Qbereinander, und zwar sieht man dies am deutlichsten an den 
jQngeren Gliedern: zu fiufierst eine feine homogene Schicht (4 /.i dick), 
die sicb mit Kernfarben sehr dunkel farbt, dann folgt eine schwacher 
gefarbte Schicht von etwas grOBerer Dicke (6 /i) und schlieBlich eine 
scbmale (2—3 /t dicke) glashelle Zone an der Grenze zwischen Haut- 
muskeln und Cuticula. Von mancber Seite wird ibre scharfe Grenz- 
kontur gegen das Parenchym wohl als „Kunstprodukt tt angesprochen, 
doch ist sie mir stets bei noch so mannigfach vorbebandelten Objekten 
der verschiedensten Herkunft entgegengetreten. Ich stehe also nicht 
an, diese sogenannte „Basalmembran tt (Fig. 1 JBs) als AbschluB der 
Cuticula gegen das Parenchym anzusehen, wobei sie die innerste Schicht 
derselben bildet. Dieso Schicht ist Qbrigens auch am „Halsteil“ und 
am Scolex sehr deutlich und enthalt bei aiteren Proglottiden haufig 
winzig kleine, in gleicben Abstanden aneinandergereihte blaschenfbrmige 
Hohlraume. Auch nach auBen grenzt sich die Cuticula scharf ab und 
zeigt aufier der schon erwahnten groBen Farbbarkeit ein verschieden 
starkes LichtbrechungsvermSgen. Ihre Dicke halt sich in der ganzen 
Ausdebnung des Kdrpers in den genannten Grenzen, nur als Ausklei- 
dung der Saugnapflumina und an' den Eingangen zu den Geschlechts- 
organen wird sie merklich diinner (bis auf etwa 2 /< Durchmesser). Die 
mittlere Schicht enthalt (auf feinen Querschnitten) zahlreiche rundlich- 
ovale Blaschen sowie einzelne senkrecht zur Obertlache laufende, augen- 
scheinlich ganz durchgehende Kanale, die man friiher als „Porenkannle , ‘ 
deutete, weil durch sie „wimpernde Protoplasmafaden 11 zur AuBenfladie 
hindurchtreten sollten. Hin und wieder habe ich, besonders an den 
aiteren Gliedern, zahlreiche feine, etwa 0,8 u lange, oft biirstenartig zu- 
sammenhaftende Fortsatze als Besatz der Cuticula gefunden, alter 
niemals eine dem entsprechende Anzahl von zugehorigen Porenkatnilen. 
Darum sehe ich die sogenannte VVimperung eher fiir eine teilweise Auf- 
faserung der auBeren Schicht der Cuticula an, welche durch ungleieh- 
maBige Abreibung und LosstoBung wahrend der Fortbewegung des 
Tieres entstanden sein dflrfte. GroBere CuticulabrUche sind dagegen 
nicht als periodische Hautungsreste. sondern als Kunstprodukte zu deuten. 
Andererseits zeigen die letzten Proglottiden schon vor ihrer Ablosung 
naturliche Risse und Sprunge, aus denen spater die Embryonen nach 
auBen gelangen. 

Nach innen zu von der Grenzmembran liegen Hautmuskel- 
fasern (Fig. 1, Mu), auf welche typische Zellen folgen. Diese bilden 
als Subcuticula (Fig. 1 .SV;), wie nunmehr nach jahr/.ehntelang 
wogendem Streit als sicher gilt, die Matrix der tMticula. Sie sind nach 
Blochmann das in die Tiefe gesunkene Epithel der Cestoden, und 

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218 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt.. Originate. Bd. 87. Heft 8. 

die Cuticula im engeren Sinn6 ist ihr Ausscheidungsprodukt. Auf Grand 
von Untersuchungen an Anoplocephala magna hat BalB (1908) 
allerdangs versucht, der Subcuticula eine andere Bedeutung beizalegen. 
Er sieht das Mesoderm (Parenchym) als Ursprungsboden dieser Zellen 
an, wfihrend sich, seiner Theorie nach, das eigentlicbe ektodermale 
Epithel infolge der verdauenden Wirkung des Mageilsaftes schon fruh- 
zeitig losgestoBen hat nnd zugrtmde gegangen ist, so daB nur noch die 
von ihr gebildete widerstandsfahigere Cuticula zuriickblieb. Diese Auf- 
fassung laBt sich wohl kaum aufrecht erhalten,. zumal die feinere Strnktur 
dagegen spricht, auch ist Blochmanns Ansicht, schon von alteren 
Autoren ausgesprochen, im allgemeinen die verstandlichere. 

Die Subcuticula besteht aus einer einfachen, auf Schragschnitten 
infolge des ungleichen Abstande& der Kerne von der Cuticula scheinbar 
mehrschichtigen Lage spindelformiger oder birnformiger Zellen, die 
senkrecht zur Cuticula stehen. Die Zellen messen im LSngendurch- 
messer etwa 16 // und besitzen einen 2,5 u groBen, stark tingierbaren 

rundlichen Kern mit ein oder zwei Nukleolen und 
einen dflnnen, nur schwach gefSrbten, oft ganz un- 
deutlich feinkornigen Protoplasmamantel, welcher 
nach auBen und innen reichverzweigte Fortsfitze 
entsendet. Die typische Spindelforra ist je nach 
dem Modus der Ivonservierung bei diesen Zellen 
mehr oder wieniger verandert, besonders an alteren 
Gliedern erscheinen diese mehr rundlich, andere 
Male kegelformig und sind somit kautn von den 
benachbarten Parenchymzellen zu unterscheiden. 
Manche Autoren haben an ihnen eine Zellhulle 
gesehen, andere leugnen sie und nehmen eine fein- 
kornige „Interzellularis“ als Haftmittel zwiscben 
den einzelnen Zellen an. Ich habe ebenfalls keine 
Htillenmembran gesehen. Die feinen Ausiaufer 
gehen einesteils zwischen den Fasern des Hautmuskelschlauches hindurch* 
tretend an die Basalmembran, anderenteils nach innen zu an die eigent- 
liche Grundsubstanz. 

Leicht zu verwechseln mit den Subcuticulazeilen sind iiberall ein- 
gestreute Zellen, die ihre feinsten Ausiaufer nach einwarts an die Ver- 
zweigungen von Parenchymzellen entsenden. Es sind die Myob lasten 
der Hautmuskulatur, von Blochmann als Som m er-Landois- 
sche Zellen bezeichnet. Sie sind verhaltnismaBig ansehnlich (12// grofi) 
und haben einen bis 5 // groBen, langlich-runden blaschenformigen Kern 
und einen stark gekornelten Plasmaleib. Ihr peripheres Ende erscheint 
in Schnittpraparaten oftmals mehr oder weniger verjiingt, wahrend der 
zentrale Teil mehr abgerundet ist. 

SchlieBlich bedarf es der Erwahnung, daB feine Nervenfasercben 
zwischen die Subcuticulazeilen treten und mit je einer kolbigen An- 
schwellung in einer Vertiefung der Basalmembran der Cuticula endigen. 

An die Subcuticulazeilen schlieBt sich nach dem Korperinneren zu 
das allgemeine Parenchym (Fig. 1 P) an, in welchem alle ubrigen 
Organe: GefaBe, Nerven, Muskeln und Genitalien eingelagert sind. Es 
liandelt sich urn ein lockeres, ziemlich zartes Gewebe, das in der Haupt* 
saclie aus feinen, reich verzweigten MascliQn von 8—16 (x Weite be- 
stelit, in welche einzelne runde Kerne mit Kernkorperchen sowie zahl* 
lose Ivalkkoiper eingestreut sind. Im Skolex und dem darauffolgendeu 

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^ Sc 

p 

. v + * P 



K.K. 

Fig. 1. Anaploce- 
phala magna. Sagittal- 
schnitt durch die Cuticula. 
500:1. 


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Becker, Weitere Beitrage zur Anatomic der Pferdeband warmer. 


219 


Abschnitt ist diese Bauweise weniger gut zu erkennerr als in Slteren 
Gliedern. Nach neueren Autoren (RoBler, Zernecke) sind die 
Maschen als feinste Ausl&ufer des Zellprotoplasmas anzusehen, so daft 
dadurch die Zellen einige Aehnlichkeit mit multipolaren Ganglienzellen 
bekommen. Vielfach sind nun die Zellen in hoherem Alter zugrunde 
gegangen, und es ist nur noch das ebengenannte Maschenwerk fibrig 
geblieben, was an den aitesten Proglottiden am deutlichsten in Erschei- 
nung tritt. Nach Zernecke enthalten die Zwischenraume in den 
Maschen eine „homogene ungefSrbte Fliissigkeit“. 

Kalkkorper (Fig, 1 Kk) liegen fast tiberall im Parenchym ver- 
streui. oft jedoch gruppenweise beieinander; besonders in Slteren, Pro¬ 
glottiden, wo Zellen nur noch sp&rlich vorkommen, ffillt ihre Haufigkeit 
in der Rinde sehr ins Auge. Sie sind durchweg scheibenformig, von 
rundlichem bis ovalem Querschnitt, und messen 8—14 ft. Im Innern 
sind zwei oder drei konzentrische Schichten erkennbar, die durch ver- 
schiedenes Liehtbrechungsvermogen hervorgerufen werden, auch Doppel- 
bildungen sind nicht selten. Mit H&matoxylinfarbstoffen sind sie intensiv 
farbbar, dagegen verschwinden sie bei Anwendung saurer Farbstoffe 
oder Reagentien. 

Anoplocephala perfoliata. — Trotz Kahanes abweichen- 
der Beschreibung — die subcuticularen Muskelfasern, ihre Myoblasten 
sowie die Kalkkdrper erwhhnt er flberhaupt nicht — zeigen sich im 
wesentlichen grofte Uebereinstimmungen. Auch hier setzt sich die Cuti- 
cula aus den genannten drei Schichten zusammen, von denen die fiuBerste 
bis zu 4 ft stark ist, jedoch besitzt sie, wie Kahane richtig bemerkt, 
eine glatte Oberflache ohne „Wimperung“. Bei sehr starker VergrOfie- 
rung sind auch bei dieser Art feine, zur Oberflache des Korpers senkrecht 
belle Streifen darin sichtbar, die als feine Kanalchen gedeutet werden 
konnten. Die beiden inneren Cuticulaschichten haben zusammen einen 
Durcbmesser ven etwa 2 ft, so daft die Cuticula insgesamt 6 ft stark ist. 

Die Subcuticulazellen finden sich ebenfalls in einer einzigen Schicht, 
sie sind spindelfdrmig, 14 fi lang (nach Kahane nur 8:4 /<)» ihre 
4 u groften Kerne liegen auf Schnitten fUr gewohnlich nicht genau in einer 
Roihe angeordnet, an den Gliedfalten sieht man dies am deutlichsten. 
Das Maschenwerk des Parenchyms ist sehr dicht, doch ist die Grofte 
der Zellen wie bei A. magna, also 14 n bzw. 4 ,o. Ebenso groB sind 
die Myoblasten der subcuticularen Muskeln. 

In der Rinde wie im Mark finden sich unzahlige Kalkkorperchen, 
am zahlreichsten natflrlich in der Rinde alterer Glieder. Durch Zahlung 
stellte ich an feinen FlSchenschnitten in jeder Proglottis durchschnittlich 
3—4 Stflck pro Schnitt fest. Ihr Umrifi ist meist kreisrund, selten 
O'al, die MaBe betragen in erster Form 4 /t, bei letzteren 8:10 fi. In 
eiuem Falle sah ich eine deutliche Drillungsbildung, Doppelbildungen 
sind haufiger; die Schichtung ist immer sehr ausgeprSgt. 

Anoplocephala mamillana. — Von den drei Cuticulaschichten 
zeichnet sich die aufierste durch viele Unebenheiten aus, welche in Form 
von ziemlich 1 fi langen Fortsiitzen die Korperobertiiiche bedecken. 
Diese Schicht ist durchweg 4 « stark, die ganze Cuticula 6 ft. Die 
Streifung der ^Porenkaniile 11 ist besonders in der Mittelschicht anzu- 
treffen (vgl. Zschokke, 1888). Jedoch in manchen Punkten stimme 
ich nicht mit Zschokke uberein. Er zalilt vier Cuticulaschichten, von 
denen die innerste gleichformig gelagert. aus Parallelfasern zusammen- 
gesetzt ist, und zwar im ganzen aus Zirkularfasern des Parenchyms, 


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220 


CeotraibL 1 Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 


durchquert von zahlreichen sebr feinen PorenkanSlchen, die senkrecht 
zu den Fasern verlaufen. AuBerhalb findet sich nach Zschokke eine 
stSrkere granulierte Scbicht, auf welcbe noch weiter nach aufien eine 
feine durcbsichtige Lage mit zahlreichen PorenkaniUchen folgt. Dieses 
letztere ist offenbar erst die basale Zone, w&hrend die zuerst beschrie 
benen beiden Schichten als die beiden subcuticularen Muskellagen, die 
auBere, granulierte, quergetroffen, die innere in der L&ngsrichtung be- 
trachtet, zu deuten sind. Zschokke hat ihren muskuldsen Charakter 
nicht erkannt, was bei Anwendung von Karminffirbung erkiarlich ist. 
Ferner hat er „feine Protoplasmafaden tt als direkte Fortsetzungen der 
Subcyticulazellen durch die Porenkan&le gehen sehen. Es folgt daraus ein 
Wimperbesatz auf der ganzen Oberfl&che des Tieres. In der Tat haben 
die FortsBtze der Cuticula eine ganz regelmSBige dichte Anordnung, sie 
sind auch ziemlich gleich lang. 

Die spindelfdrmigen Subcuticulazellen sind in einfacher Lage an- 
geordnet — Zschokke will sie, seltener, doppelt gesehen haben — 
und zeichnen sich durch ihre erhebliche GrdBe (20 ft) aus. Ihr runder 
4—5 ft grofier Kern hat ein deutlich gegen die Umgebung abstechendes 
Plasma, aber keine „Hfllle“ wie Zschokke meint. Die Myoblasten 
sind Zellen von 10 ft GrdBe, ihr bl&schenformiger Kern miBt 4 ft im 
Durchmesser. 

Die Maschen des Parenchyma sind ziemlich weit (6 ft) und ent- 
halten ansehnliche Kerne, aufierdem liegen in ihnen eine groBe Anzahl 
Kalkkdrper von ovaler bis runder, geschichteter Form. Die GrdBe der 
ovalen betrfigt 6:12 ft, die der runden 10 ft. 

Muskulatur. 

Ihren physiologischen Aufgaben entsprechend, hat man zwei Haupt- 
gruppen von Cestodenmuskeln zu unterscheiden: 1) die ganz allgemeio 
durch den Korper verbreitete Bewegungsmuskulatur; 2)-die besonderen 
Funktionen angepaBte Organmuskulatur. 

Letztere hat ohne Frage aus der erstgenannten ihre Entwicklung 
genommen und ist dann im Skolex in den Dienst der Haftwerkzeuge. 
in den Proglottiden in den der Geschlechtsorgane getreten, ihre Be- 
schreibung erfolgt also zweckmaBig dort. 

Die allgemeine Korpermuskulatur wiederum hat zwei Untergruppen. 
Wahrend die Hauptmasse von den Parenchyramuskeln, den eigentlicben 
Muskeln der Fortbewegung gebildet wird, hat der nur schwach ent- 
wickelte subcuticulare „Hautmuskelschlauch u wahrscheinlich andere, 
noch unbekannte (vielleicht exkretorischeV) Funktionen wahrzunehmen. 
dem gleichnamigen Gebilde der Nematoden ist er nicht vergleichbar. 

Schon bei ganz jungen Proglottiden ist die Hautinuskulatnr 
deutlich entwickelt, sie tritt in Gestalt zweier dflnner Hiillm&utel on- 
mittelbar unter der Cuticula (Fig. 1 Mu) auf, wo sie auf feinen. ober- 
diichlich gefiihrten Schnitten als ein zartes, regelmaBiges Gitterwerk 
erscheint. Zu aufierst liegen die Ringfasern dicht aneinander, nach 
innen zu die mehr einzeln laufenden, zu ersteren senkrechten LSngsfasern. 

An oplocephala inagna. — Die zuerst genannte Schicht hat 
eine Starke von 4 u, sie erweist sich als die kriiftigere und ist beson- 
ders in den gcschlechtsreifen Gliedern gut ausgebildet und nach den 
Spezialmethoden fiir Muskellarbung (van Gieson, Blochmann) tj- 
pisch farhbar. Sie ist aus einer groBen Anzahl dicht gedrSngter, etvas 
wellig verlautcnder, feinster Fibrillen zusainmengesetzt, die im allgemeinen 

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Becker, Weitere Beitrage zur Anatomic der Pferdebandwiirmer. 


221 


einander parallel angeordnet sind. Ganz anders die Lftngsmuskeln. Diese 
kommen nur in einfacher, hbchstens 2 ,u starker Schicht vor and liegen 
in ziemlich gleichmSBigen Abstftnden voneinander, so daB die Ausl&ufer 
der Subcuticulazellen durch die Zwischenr&ume hindurch zur Basal- 
mem bran treten kbnnen. Kerne sind in den Hautmuskeln selbst nicht 
anzutreffen, jedoch ist es Blochmann und Zernecke gelungen, durch 
vitale Methylenblauf&rbung und durch Anwendung der Golgi-Methode 
die Myoblasten d,er Ringmuskeln als multipolare, nahe bei den Sub- 
cnticulazellen belegene Zellen nachzuweisen. Denn ven jeder dieser 
Zellen entspringen viele zarte ProtoplasmafortsStze, welche sich peripher 
mit einzelnen subcuticularen Ringmuskelfasern verbinden, nach einw&rts 
mit Parenchymzellen in Zusammenhang treten. Sommer und Lan- 
dois haben bei anderen Cestoden ein mit diesen Zellen verbundenes 
„plasmatisches Kanalsy- 
stem“ beschrieben — hier 
babe ich derartiges nicht 
angetroffen. 

Die Parenchym- 
muskeln der Proglot- 
tiden (Fig. 2) sind in fthn- 
licher Weise angeordnet 
und gebaut wiediejenigen 
anderer T&nien. Sie sind 
krAftig entwickelt und 
lassen in ihrem Verlaufe 
drei zueinander senk- 
rechte ' Rich tun gen er- 
keunen. Besonders gut 
ausgebildet ist die zu 
SuBerst gelegene Lfin gs- 
muskulatur (Fig. 2 Lm), 
indem sie nach der Peri¬ 
pherie zu (dorsal und 
ventral) unmittelbar die 
Faltenbuchten der Pro- 
glottiden tangiert, welche 
die Grenze jedes Gliedes bezeichnen, und in die Falten selbst mit ein¬ 
zelnen BQndeln strahlenartig eindringt. In Proglottiden mittlerer Grolie 
ist dieser Teil der Muskulatur etwa 150 /i stark und deutlich in zwei un- 
aleiche Portionen (70:40 /li) geteilt, welche sich durch die ganze Strobila 
hindurch bis zum Scheitel des Skolex verfolgen lassen. Die Fasern liegen 
ziemlich locker, teils zu BQndeln angeordnet, toils wirr durcheinander. 
Beide Portionen schlieBen eine, im obigen Falle etwa 40 /u breite. von 
Parenchym und spQrlichen. in anderer Richtung laufenden Fasern durch- 
zogene Zone in sich. Die LQngszQge der besonders in der AuBenpartie 
sebr kraftigen BQndel sind. da und dort in ihrem Verlaufe unterbrochen, 
regelmSBig natQrlich da, wo die AusfQhrwege der Geschlechtsorgane hin- 
durchgehen, aber auch sonst, niemals jedoch in einer Weise, daB dadurch 
eine Abgrenzung der einzelnen Bandwurmglieder auch nur angedeutet 
wfirde. Es besteht also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem 
gesamten System dor LQngsfasern. Auf Querschnitten ergibt die innere 
Greuze der LQngsmuskulatur die Form einer Ellipse, an welche sich nach 
innen zu die Transversalmuskulatur (Fig. 2Tm) (frdher allgemein 



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2 22 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 

„Ringmuskulatur u genannt) anschlieBt. Diese besteht aus verh&ltnism&Big 
schmalen unterbrochenen Bundeln, welche im mittleren Teil der Dorsai- 
und Ventralflache der Glieder relativ am starksten und dichtesten sind, 
nach den Seiten aber, ohne einen geschlossenen Ring zu bilden, strablig 
auseinandergehen. Die drei lateralen Nervenlangsstrfinge jederseits 
werden durch sie fest umschlossen und somit deutlich voneinander ge- 
sondert. Weiter peripher kreuzen sich die Fasern groBenteils unter 
spitzem Winkel, wobei sie die L&ngsbiindel durchbfechen. VVie aus 
Sagittalschnitten hervorgeht, ist die Starke der Quermuskeln nicht iiberall 
im Verlaufe der Proglottiden die gleiche, sie schwankt in mittleren 
Gliedern zwiscken 20 und 35 /«. Auch die Lage in bezug auf den Ab- 
stand von der Langsmuskulatur wechselt fortw&hrend, indem sich nam- 
lich zeitweise Nervenkommissuren in Ringform dazwiscben schieben. 
An der Grenze'der Proglottiden, vor und hinter den noch zu schildern- 
den Trennungssepten der Sagittalmuskulatur zwischen den einzelnen 
Proglottiden, bilden sich jederseits auffallend kr&ftige Verstarkungszuge, 
welche bei prall gefiillten Gliedern vielleicht als Haltegurten wirkeu konneo. 

Die Dorsoventral- oder Sagittalfasern (Fig. 2 Dvtn) selbst 
verlaufen in mehreren Bundeln, teilweise auch in einzelnen Fasern von 
der dorsalen zur ventralen Flfiche des Parasiten. Bei unserer Art sind 
diese Biindel am Ende jeder Proglottis zu einer kr&ftigen, etwa 15 
starken Muskelplatte verschmolzen, was zu einem vollkommenen Ab- 
schluB des Markraumes gegen die Nachbarproglottis fQhrt, eine Tatsacbe, 
auf welche zuerst Scheibel hinweist. Diese Platte ist wohl ursprung- 
lich durch die verdrangende Kraft der heranwachsenden Geschlechts- 
organe entstanden, sie ist jedoch schon bei jungen und selbst bei ganz 
sterilen Proglottiden deutlich ausgepragt. Auch zwischen den einzelnen 
Geschlechtsorganen laufen in dieser Richtung einige starkere Strfinge 
hindurch, die sowohl die einzelnen Hodenblaschen wie die Eierstock- 
und Dotterstockfollikel voneinander sondern, wahrend einzelne Fasern 
durch Quer- und LSngsmuskeln hindurch zur Peripherie ziehen, um 
schliefilich an der Cuticula sehnig zu endigen. 

Der Bau der stets htillenlosen Muskelfasern ist durchaus gleichartig. 
Den Dorsoventralmuskeln liegen ihre Muskelzellen meist dicht an. Sie 
sind an GroBe den Parenchymzellen gleich, die Kerne sind kugelig bis 
oval, das Plasma ist kfirnig. In unmittelbarer Verbindung mittels faden- 
formiger Fortsatze stehen ihit den einzelnen Fasern ihre ^Myoblasten^. 
Es sind dies groBe sternformige Zellen mit granuliertem Plasma und 
einem groBen Kern. (Naheres vgl. ineine Untersuchungen iiber das 
Nervensystem 1921.) 

Anoplocephalaperfoliata. — Die Muskulatur zeigt im wesent- 
lichen den gleichen Aufbau wie bei A. magna, natflrlich ist sie ent- 
sprechend schwiicher. Nur die subcuticularen Muskelschichten sind 
ebenso stark (G /<)• Die Langsbiindel weisqn zieinlich groBe Lflcken 
auf. Von den Parenchymmuskeln sind die Llingsmuskeln dadurch aus- 
gezeichnet, daB sie in der Regel in 3 Portionen geteilt sind, welche 
zwischen sich zwei schinale, von Parenchym. Nervengewebe und spar- 
lichen Muskelfasern erfullte Zonen eiuschlieBen. Die Langsziige sind 
bier hiiufiger in ihrem Verlaufe unterbrochen, niemals aber an den 
Proglottidengrenzen in groBerer Anzahl. Ihre Starke betragt in mitt- 
leren Gliedern ini ganzen etwa 80 a. Die dritte, innerste Portion, 
welche sich nur in sterilen und noch nicht nut Eiern gefiillten Gliedern 
klar unterschciden liilit, ist bei weiteiu die schwiichste. Die Transver- 


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Becker, Weitere Beitriige zur Anatomie der Pferdebaadwiirmer. 223 

salmuskeln sind auf der Dorsal- und Ventraltiache, ini Maximum 10 /.t 
stark, nacb den Seiten zu schwacher und schwacher, bis die teilweise 
Ueberkreuzung stattfindet. Auf Sagittalschnitten sieht man besonders 
am ADfang einer jeden Proglottis starke Anhaufungen dieser Muskeln 
als rundliche Konglomerate in den zwischen Langs- und Dorsoventral- 
muskeln gebildeten Winkeln, wiihrend nach hinten zu nur einfache 
dunne Bilndel quergeschnitten sind. Die Sagittalmuskeln verlaufen teils 
in Biindeln, teils als einzelne Fasern von einer Seite zur andern. Duiek 
Konzeutrierung in eiuer Ebene bilden sie auch Muskelsepten zwischen 
den einzelnen Gliedern. 

Anoplocephala mamillana. — Noch schwacher (4/<) sind die 
beiden Muskelschichten der Cuticula bei dieser kleinsten Art. Anderer- 
seits iibertrifft aber die LBngsmuskulatur der Proglottiden mit einem 
Gesaratdurchmesser von 100 diejenige von A. perfoliata. Jede der 
beiden Portionen hat namlich eine Starke von 40 n ; die Liicke, welclie 
neben Parenchym in der Hauptsache Nervengewebe enth&lt, miBt 20 /t, 
wird aber nach den lateralen Randern zu iramer enger, so daB sich 
beide Schichten immer mehr ndhern. Eine segmentale Anordnung fehlt 
den Langsfasern. Die Transversalmuskeln messen im mittleren Teile 
bis zu 6 f.i und bilden hier eine kompakte Schicht, nach den Seiten diver- 
gierend umschlieBen sie die NervenlSngsstrBnge. Die Sagittalmuskeln 
verhalten sich insofern anders, als sie nicht so deutliche Treunungsw&nde 
an den Grenzen der Glieder bilden wie bei den beiden anderen Arten, 
damit fehlen auch die Tragegurten der Quermuskeln (vgl. Fig. 2). 

ExkretionsgefSBc. 

Im Jahre 1877 hat Blum berg in einem kurzen Beitrag zur Aua- 
tomie der Pferdetadien die zwei groBen Langskandle, welche in jedetn 
Gliede anastomosieren, fur „Darmschenkel“ erkl&rt. Dem widersprachen 
Leuckart und sein Schiller Kahane (1880). Letzterer weist zuin 
ersten Male auf die lichtbrechende Eigenschaft der GefSBwand hin, rechnet 
jedoch die ihr von auBen anliegenden Zellen dem Korper'pareuchym zu; 
ferner hat er an den Abgangsstellen der Queranastotnosen keine Klappen 
angetroffen, eine Tatsache, die Kohler (1894) in seiner Spezialarbeit 
uber den Klappenapparat fur A. perfoliata ausdrucklich bestatigt. 

Anoplocephala magna. — Scheibel bringt nur weniges iiber 
das GefSBsystem: Er findet jederseits ein HauptgefaB (Fig. 2 u. 3 He), 
welches durch die benachbarten Genitalieu von seinem sonst geraden 
Verlauf ein wenig abgelenkt wird, am meisten dasjeuige der linkeu Seite, 
indem es namlich durch den Cirrusbeutel auf die ventrale Seite ver- 
drangt wird. Die flbrigen GefaBe bilden ein dichtes Netzwerk; un- 
mittelbar hinter dem Skolex bleiben nur zwei den HauptgefiiBen parallele, 
ventral von diesen und ein wenig lateral verlaufende GefaBe iibrig. 
AuBerhalb der Quermuskeln liegen keine GefaBe. Die SkolexgefaBe hat 
Scheibel wegen ihrer komplizierten Anordnung flberhaupt nicht unter- 
sucht. Ich habe dies in meiner Arbeit uber das Nervensystem nachgeholt. 
Schliefilich hat Deiner (1912) bei A. latissima h. sp. ahnliche Ver- 
haltnisse gefunden, wie ich sie im folgenden fiir A. magna wiedergehc. 

AuBer jenen beiden von Scheibel beschriebenen HauptgefiiBen, 
welche beilaufig in mittleren Gliedern etwa 4 mm vom AuBenrande ent- 
fernt verlaufen, existiert noch eine gauze Anzahl in ziemlich gleichen 
Abstanden voneinander angeordneter Neben 1 ang sgefaBe (Fig. 3AV), 
etwa 1 Dutzend in den geschlechtsreifen Gliedern, davon zicht eines auf 


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224 


CentralbJ. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 



jeder Seite als BegleitgefSB (Fig. 3 Be) noch auBerhalb von dem 
HauptgefaB hin. Im hinteren Teile jeder Proglottis sind diese sich 
mehrfach gabelnden NebengefaBe durch Queranastomosen (Fig.34 m) 
untereinander verbunden. Die letztere Einrichtung ist jedesmal doppelt, 
d. h. dorsal und ventral vorhanden, so daB also ein Anastomosen- 
ring in jedem Gliede besteht, in den aber das HauptlangsgefSB nicht 
direkt einbezogen wird, sondern der seitliche AbschluB gegen die Mus- 
kulatur durch die peripheren NebengefaBe gebildet wird, wShrend die 
HauptgefaBe nur einige feine, indirekte Verbindungen mit ihnen baben, 
in der Hauptsache jedoch der Sammlung der zahlreichen KapillargefaBe 
(Fig. 3 Kp ) dienen, welche aus dem Markraume des Gliedes kommen. 
Durch den eben beschriebenen Zusammenhang zwischen Ringanastomosen 

und NebenlangsgefaBea entsteht 
also, im ganzen betrachtet, ein ziein- 
lich gleichmaBigesMaschenwerk 
von GefSBen, das auf Quer- sowie 
Sagittalschnitten wie eine Strick- 
leiter aussieht. Nur der starke Ful- 




Fig. 3. 


Fig. 4. 

Fig. 3. A. perfoliata. Flachenschnitt 
durch den agenitalen Rand einer steriien 
Proglottide. 200 :1. 

Fig. 4. A. perfoliata. 3 Wiroper- 
flaromen aus dem Bindegewcbe des Cirruf- 
beutels. 700:1. 


lungszustand der vollreifen Glieder laBt in diesen Abweichungen von dieser 
Bauart erkennen, indem durch den Druck der Embryonen Verzerrungen u 
bzw. Verlegungen der Lumina bewirkt werden. Schon dicht hinter dem ti 
Skolex, wo noch keine Organe ausgebildet sind, sieht man auf Quer- fe 
schnitten sehr deutliche, breite ZickzackgefaBe, die spater zur Ring- i' 
anastomose werden. Bei der je nach dem Kontraktionszustande des t 
Tieres mehr oder weniger ausgesprochenen Spiralform der LangsgefaBe t 
wird also der Hauptliingsnerv (Fig. 3 llhi) jeder Seite von dem auBersten 1 
NebenlangsgefaB (Fig. 3 Be) spiralig umwunden. In die sogenannten '] 
Proglottidenfalten erstreckt sich jederseits dorsal und ventral je eine 
blind endigende Fortsetzung der Ringanastomose, so daB auf dem Quer- 
schnitt eine gabelige Form herauskommt. t 

Das Kaliber der HauptgefiiBe betragt hinter dem Skolex etwa ^ 
35 (i und steigt bis auf 80 //, das der NebengefaBe und Anastomosen t| 

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Becker, Weitere Beitrage zur Anatomie der Pferdebandwiinner. 


225 


uagefahr 20—40 p. Im feineren Bau ist keine Abweichung gegen- 
flber anderen Cestoden zn erkennen. Die Wand der HauptgefaBe ist 
oft stark in Falten gelegt und mit einer feinen Cuticula von 1,5 p Dicke 
ausgekleidet, dann folgt ein dentlicher Epithelbelag aus 20 p groBen 
Zellen, ferner sind noch einige zirkulare Muskelfasern dazwischen ge- 
schoben, welche eine gewisse Kontraktilitfit bewirken. Die ttbrigen Ge- 
fifie haben nur den Zellbelag, aber keine muskulfise Cuticula. Kon- 
traktile Endblasen lassen sich ebensowenig nachweisen wie „ Foramina 
8ecundinaria“. 

Die Exkretionszellen (Fig. 4) sind von typischer Gestalt, 15/u 
groB, ihr Kern (Fig. 4 Ee) nierenfSrmig, 2,5 p groB. Der trichter- 
fbrmige Uebergang in die Kapillare enth&lt einen zungenartigen Fortsatz 
(Fig. 4, Z) im Innern und jederseits muskulbse Wandleisten (Fig. 4 Wl). 
Ich habe diese Zellen besonders zahlreich in den lockeren Parenchym- 
maschen angetroffen, welche den Cirrnsbeutel rings umhttllen; aber auch 
sonst im inneren Teil der Rinde, im Skolex sowie in der Mittelschicht 
der Glieder fehlen sie nicht. Sie liegen meist zu 2—5 dicht beiein- 
ander, wobei sich ihre Eapillaren (Fig. 4 Kp) seilartig miteinander ver- 
flechten. Diese sind sehr fein, kaum 1 p stark im Durcbmesser, von 
ihnen mflnden oft mehrere an der gleichen Stelle in die Sammelrohren 
oder in HauptgefaBe ein. 

Wenn man sich den ganzen Aufbau des Exkretionssystems klar 
gemacht hat, was bei dieser groBen Cestodenart besonders gnt moglich 
ist, so kommt man mehr oder weniger zu der Ueberzeugung, daB es 
sich eigentlich umzweiverschiedene, nur wenig zusammenhangende 
Systeme handeln muB: Anastomosen und NebengefaBe (einschl. Be- 
gleitgefafi) einerseits, HauptgefaBe und Trichterzellen nebst Eapillaren 
andererseits. Vielleicht entspricht dieser Dualitat im inneren Bau auch 
ein physiologischer Gegensatz, indem eines die Aufgabe der Exkre- 
tion, das andere (im AnschluB an das „plasmatische System" von 
Sommer und Landois) die Resorption zu bewerkstelligen hatte. 
DaB zwei direkt entgegengesetzt gerichtete Prozesse von denselben 
Zellen ausgefflhrt wtirden, ist schwer verstandlich. Nach Organen der 
Nahrungsverarbeitung und ihres Weitertransportes — die Aufnahme 
konnte schon durch Diffusion bzw. Osmose allein geschehen — hat man 
immer noch vergeblich ausgeschaut Es ist moglich, daB Blum berg 
in gewissem Sinne dennoch Recht bekommt mit seiner einst so heftig 
bekampften Ansicht. 

Anoplocephala perfoliata. — Das GefaBsystem ist von 
Kahane beschrieben. Auch bei dieser Art findet sich jederseits, in 
gleichem Abstande wie bei A. magna, nur ein HauptlangsgefaB mit 
einer 2 p dicken, faltigen und lichtbrechenden Cuticula, mit Ringmuskeln 
und Wandzellen von 20 p GrSBe (der Kern ist 3,5 p groB). Auf der 
Genitalseite liegt das Gefafi stets ventral vom Geschlechtsapparat, und 
zwar nach einwarts von dem Hauptseitennerven, in etwa 60 p Ent- 
fernnng bei Proglottiden mittlerer GroBe. Dazwischen befindet sich in 
der Regel das BegleitgefaB, ein NebengefaB, welches frtiher zu den 
HauptgefaBen gerechnet wurde (vgl. Kahane), aber von den iibrigen 
12—15 dorsal und ventral auftretenden Nebeniangsgefafien morpho- 
logisch nicht verschieden ist und auch mit diesen durch ein Anasto- 
mosennetz in direktem Zusammenhange steht. Allerdings ist der Auf¬ 
bau nicht so gleichmaBig wie bei A. magna. Meistens besteht eine 
stJrkere, ventral verlaufende (Haupt-) Anastomose und eine ganz feine 


Erne Abt. Orig. Bd. 87. Heft 3. 

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226 CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 3. 

dorsale (Neben-) Anastomose, wie sich besonders an Querschnitten steriler 
Glieder ergibt. Wahrend das Kaliber der NebengefaBe und der Haupt- 
anastomose 14 betrSgt, bat die Nebenanastomose nur 6 n Durch- 
messer. Die von Kahane beschriebenen RindengefaBe sind erheblich 
feiner. Die Cuticula der HanptgefaBe iiberschreitet nicht die Dicke von 
1 n, die Wandzellen sind iiberall gleichartig. Die beiden Anastomosen 
umgreifen in jedem Gliede das HauptgefaB bogenformig und stehen durch 
feine Kapillaren mit ihm in Verbindung. Der groBte Teil der Kapillaren 
jedoch nimmt seinen Ursprung aus je einer der vielen Flimmerzellen 
(14 n Grofie), die in der Mittelschicht am haufigsten sind (Fig. 3 u. 4). 

Anoplocephala mamillana. — Zschokkes im allgemeinen 
zutreffende Beschreibung bedarf nur weniger Erganznngen. Innerhalb 
der Hauptiangsnerven liegen jederseits zwei LangsgefaBe entweder neben* 
oder flbereinander, das Verhalten wechselt. In den vorderen Proglot- 
tiden sind die GefBBpaare fast gleich weit, etwa 20 ju, bald wird aber 
das ventrale bzw. innere starker als das andere Paar. In der Mitte 
der Strobila betrBgt die Weite etwa 40 n, wahrend das andere nor 
halb so weit ist. Letzteres wird nach hinten zu noch enger, dagegen 
erreicht das „HauptgefaB“ nahezu 50 ft. In den meisten Fallen ver* 
laufen die vier LangsgefaBe getrennt bis an das Hinterende, in einem 
Faile habe ich jedoch das angetroffen, was Zschokke nicht fur un- 
moglich halt, eine „kontraktile Endblase u . Es handelte sich am 
ein ganz junges Tier mit lanzettlichem Ende, wo sich die GefaBe in eine 
etwa 60 /t weite Blase verloren, diese stand mit der AuBenwelt durch 
eine ganz feine Oeffnung am proktalen Ende in Verbindung. Der Ver- 
lauf der LangsgefaBe ist ein spiralig gewundener, die Weite der Spiral- 
bogen resultiert aus dem jeweiligen Kontraktionszustande, in welchem 
das Tier fixiert wurde. Auf Fiachenschnitten sieht man zwei parallele 
Zickzackbander, deren konkave Seiten in der Gliedmitte nach innen, an 
den Gliedgrenzen hingegen nach auBen gewandt sind. FQr die Haupt- 
gefaBe ist die beiderseitige Verbindung durch eine sehr weite GefaB- 
anastomose charakteristisch, die besonders an Querschnitten in die Augen 
springt. In Gliedern mit wenig vorgeschrittener Entwicklung der Ge- 
schlechtsorgane, wo sie ca. 15 Kaliberweite aufweist, verlauft sie im 
hinteren Teile der Proglottis, aber nicht in gerader Richtung, sondern 
iminer in drei oder vier bogenformigen Windungen, die bald gegen die 
dorsale bald gegen die ventrale Fiache gekehrt sind. Nach der KSrper- 
mitte zu nimmt die Weite noch zu bis auf 30 u im Maximum. Auch 
in den mit Geschlechtsorganen gefflllten Gliedern bleibt der Verlauf der 
gleiche, um erst in den mit Eiern vollgepfropften zu obliterieren. Die 
auBeren (dorsalen) LangsgefaBe haben keine Anastomosen und machen 
sich dadurch leicht kenntlich. Ein anderer Unterschied besteht in dem 
feineren Bau, denn bei letzteren fehlen Cuticula und Ringsmuskeln. Den 
darunter belegenen Wandzellen schreibt schon Zschokke die Rolle 
eines Epithels zu, da sie sich durch ihre GrdBe und die Beschaffenheit 
ihrer Kerne von den benachbarten Parenchymzellen scharf abheben. 
Langsmuskulatur habe ich an den GefaBen niemals wahrnehmen kfinnen, 
ebensowenig Klappea. Die Wimperzellen sind am haufigsten direkt 
unter der Subcuticula der Proglottiden, hier verlaufen Qbrigens auch 
sehr enge LangsgefaBe in unbestimmter Anzahl. Diese scheinen mit den 
kleinen Hohlr&umen (Fig. 2, Ho) in Verbindung zu stehen, welche zu 
mehreren (2—6) beieinauder liegen. Man sieht diese sehr deutlich auf 
Sagitalschnitten durch vollentwickelte Glieder, und zwar in dem dorsalen 


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Lange, Ueber die Koktoatabilitat gebundener Antikorper. 


227 


und ventralen Proglottiswulst direkt unter der Subcuticula. Die Wand 
der Blaschen ist sehr zart, ihr liegen einige dunkle Kerne an, der In¬ 
halt besteht aus kleinen helleu Kornchen, die in geringer Anzahl ver- 
streut liegen. Ob hier vielleicht ein „plasmatisches Kanalsystem u vor- 
liegt, welches nutritorische Aufgaben zu erfOllen hat, wie es von 
Sommer und Landois bei Bothriocephalen, von Zernecke und 
Blochmann bei verschiedeuen Cestoden beschrieben wird, ist noch 
nicht erwiesen. 


Literatur (Erganzungen). 

Balfl, H., Ueber die Entwicklung der Gertchlecktegiinge bei Cestoden, nebst Be- 
merkungen zur Ek tod ermf rage. (Zeitscbr. f. wiss. Zool. Bd. 91. 1908.) 

Kohler, E., Der Klappenapparat in den ExkretiousgefaBen der Tanien. (Ebenda. 
Bd. 57. 1894.) 

S pen gel, J. W., Die Monozootie der Cestoden. (Ebenda. Bd. 82. 1905.) 


Nachdruck verboten . 


Ueber die Koktostabilitat gebundener Antikorper. 

Bemerkung zu der Arbeit von Spftt, dieses Centralbl. Bd. 86. H. 3. 

[Aus dem Hygiene-Institut der Universitat Greifswald (Direktor: Prof. 

Dr. E. Friedberger).] 


Von Dr. Arthur Lange. 


In dieser, erst verspfitet zu meiner Kenntnis gelangten Arbeit kommt 
Spat zu einem mit Bessau tibereinstimmenden und den Versuchen 
von Friedberger und Pinczower sowie Kumagai entgegen- 
stehendem Ergebnis. 

Ich habe bereits vor liber Jahresfrist auf Veranlassung von Herrn 
Prof. Friedberger an einer groBeren Zahl von Typhusst&mmen Ver- 
suche in der gleichen Richtung mit Agglutininen angestellt und in Ueber- 
einstimmung mit Friedberger und seinen Schlilern die Koktostabilitat 
der gebundenen Antikbrper erneut festgestellt. Ich habe des weiteren 
gezeigt, daB auch der von Bessau benutzte Stamm „Bock u , im Gegen- 
satz zu dessen Angaben, nach dem Kochen Agglutinin bindet. Zur 
vSlligen Beladung muBten allerdings die Bakterien 9—lOmal hinterein- 
ander w&hrend je 1—2 Std. mit Immunserum ausgiebig beladen werden. 
Eine Mitteilung uber diese Versuche erscheint deinniichst in der Zeitschr. 
f. Immunitatsforsch. 

Spat hat seine Experimente mit Komplementbindung und Normal- 
agglutininen angestellt. Bezflglich der Komplementbindungsversuche gilt 
zuniichst das, was Kumagai schon gegenflber den bakteriolytiscben 
Versuchen Bessaus betont hat, daB naralich hier, im Gegensatz zur 
Agglutination, neben der haptophoren Gruppe noch die vielleicht emp- 
findlichere komplementophile interveniert. Allerdings glaubt Spat, durch 
seine Versuche auch die Thermolabilitat der haptophoren Gruppe des 
komplementbindenden Antikbrpers gezeigt zu haben. 

Wie sind nun diese entgegengesetzten Befunde von Spat zu deuten? 

Wenn man die Versuchsprotokolle Spats durchsieht, so fallt auf, 
daB er lmal, hSchstens 2mal, bis zu 1 / i Std. bei 37° sensibilisiert hat, 
und wenn er auch unter diesen Bedingungen einmal bei neuem Zusatz 
des Immunserums keine weitere Antikorperadsorption gesehen hat, so 

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Centralbl. i. Bakt etc. I. Abt. Origin ale. Bd. 87. Heft 3. 


lassen sich doch diese Versuche bezfiglich der Dauer und des Grades 
der AbsSttigung nicht mit denen von Friedberger, Pinczower, Ku- 
magai und meinen eigenen vergleichen, wo bei der bis zn 10mal wieder- 
holten, langdanernden Adsorption sicber eine ganz andere Beladnng der 
Bakterien und viel intensivere Verfestigung der Antikorper eingetreten 
war als dort. 

Bei den Agglutinationsversuchen hat S p II t flberhaupt nur mit 
N ormalrinderserum (anscbeinend lmal) beladen. Hier gelten also die 
gleicben Einwendungen. Die Spuren von normalen Antikorpern, die so 
von den Bakterien adsorbiert worden sind, konnen nicht mit den Mengen 
von Immunagglutininen in unseren Bindungsversuchen verglichen werden. 
Im fibrigen sind wir, durchaus in (Jebereinstimmung mit SpSt der 
Meinung, dafi „die bei Normalantikbrpern nachgewiesenen Verb&ltnisse 
nicht obne weiteres auf die Immunantikdrper flbertragen werden ddrfen u . 

Diese Versuche Sp&ts kbnnen also mit den unsrigen nicht ver¬ 
glichen werden und scheinen mir als Beweismaterial fflr das vorliegende 
Problem nicht verwendbar. 


Nachdruck verboten . 

Untersuchungen liber Scharlach. 

Experimentelle Erzeugung von Leukozyteneinschliissen. 

[Aus dem Pathologischen Institut der UniversitSt Kiel.] 

Von Dr. R. Hflppll, 

Assistenten am Institut fur Schiffs- und Tropenkrankheiten, Hamburg. 

Mit 2 Abbildungen im Text. 

Der Erreger des Scharlachs ist bis heute noch unbekannt; auf die 
besonders in der Siteren Literatur sich findenden Ausfflhrungen fiber 
angeblich spezifische Mikroorganismen, die einer n&heren Nachprfifung 
nicht standhielten, brauche ich hier nicht einzugehen. Die seit dem 
Aufkommen der bakteriologischen Forschung zahlreich angestellten Ver¬ 
suche, bestimmte Bakterien als Erreger festzustellen, haben trotz aller 
aufgewandten Muhe den Nachweis einer bakteriellen Aetiologie des 
Scharlachs nicht erbringen konnen. DaB dabei einzelne dieser Arbeiten 
groBes theoretisches und vielleicht auch praktisches Interesse bean- 
spruchen konnen, ist zweifellos. 

So gelang esGabritschewsky durch Injektion eines aus Streptokokkenbouillon- 
kulturen nergestellten Vakzins scharlaehahnliche Exantheme und andere Erscheinungen 
eines leichten Scharlachs beim Menschen zu erzeugen, nach deren AbkliDgen eine Im- 
munitat gegen Scharlach bestehen soil. Inwieweit diese Versuche, deren Ergebniese 
von zahlreichen, vor allem von russischen, Nachuntersuchern bestatigt wurden, berufen 
sind, praktisch verwertet zu werden, entzieht sich meiner Beurteilung. Schleissner 
brachte Streptokokkenkulturen, die aus Scharlachleichen geziichtet waren, mittels feiner 
Zerstaubung in die Nasen- und Kachenhohle von Affen und beobachtete danach ein 
scharlachahnliches Krankheitsbild. Begreiflicherweise wurde das Hauptaugenmerk von 
jeher auf die Streptokokken gerichtet, deren grobe Bedeutung fur den Ablauf der 
Krankheit ja uber allem Zweifel steht. Nach Jochmann gelingt es, aus etwa *L aller 
Scharlachleichen Streptokokken zu ziichten. Gleichzeitig wurden aber in den Enter- 
suchungen des gleichen Autors bei 23 Scharlachkranken Streptokokken intra vitam i® 
Blute wahrend der ersten beiden Tage der Krankheit vermifit, desgleichen fehlten sie 
in foudroyant verlaufenden Fallen. Man wird daher nicht fehlgehen, bei dem Schar¬ 
lach eine Art Symbiose der Streptokokken mit dem unbekannten Virus anzunehmen 

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Hdppli, Untersuchungen iiber Scharlach. 


229 


<8ynergetische Symbionten, v. Prowazek). Gegen die atiologische Bedeutung der 

S tokokken spricht auch die fast ausnahmslos nach Ueberstehen des Scbarlacbs vor- 
;ne Immunitat, da erfahrangsgemafi das Ueberstehen von Streptokokkeninfektionen 
zu erneuten Streptokokkenerkrankungen disponiert. 1st so nach aem augenblickiichen 
Stande unserer Kenntnisse, ungeachtet vereinzelter gegenteiliger Aeufierungen in der 
Literatur, eine bakterielle Aetioiogie des Scharlachs nicht nur nicht erwiesen, sondern 
vieimehr als wenig wahrscheinlieh anzunehmen, so sprechen verschiedene Momente da- 
fur, den Erreger unter den Chlamydozoen - Strongyloplasraen zu suchen. Jene von 
?. Prowazek aufgestellte Organismengruppe, deren Hauptkennzeichen neben der 
intrazellularen Entwicklung des Virus, der besonderen Art der Fortpflanzung, das 
Passieren bakteriendichter Filter durch die meisten Arten darstellt, erscheint durch 
zahlreiche eingehende Arbeiten in ihrer Existenz gesichert. Die Haimtschwierigkeit 
ihrer Erforschung beruht in der aufierordentlich geringen Grofie des Virus, die eine 
Verwechslung mit korpereigenen Produkten, Eiweidgranula, Zelltriimmer leicht moglich 
macht, und daher eine besondere Erfahrung voraussetzt. Der Erreger des Scharlachs 
wurde 1907 durch v. Prowazek zu den Chlamydozoen gerechnet ira Anschlufi an die 
Befunde Mallorys, der in der Haut von Scharlachkranken, die kurz nach dem Auf- 
treten des Exanthema gestorben waren, in den Epithelzeilen und zwischen ihnen ovale 
Gebilde mit einer besonderen Innenstruktur fand. Die Korperchen besitzen eine Grofie 
von 2—7 p und sind mit Methylenblau unscliwer darstellbar. Eine zweite Form sind 
rosettenartige Korper, in denen 10—18 Segrnente um ein zentrales Korn liegen. Letztere 
Gebilde fand Mallory in Vakuolen der Epithelzeilen und frei in den Lymphraumen 
der Epidermis und des Corium. Die Befunac Mallorys wurden von Duval, Field, 
v. Prowazek, Hlava, Bernhardt, nachgepruft und bestatigt. Field halt die 
Gebilde fur in ihrer chemischen Natur veranderte Teile des Protoplasma der Epithel- 
zellen; auch die zwischen den Zellen gelegenen meist kleineren rundlichen Gebilde faflt 
er als Degenerationsprodukte auf. Auffallenderweise lassen sich die groBeren runden 
und ovalen Gebilde in wiihrend des Lebens exzidierten HauUtiicken im Stadium des 
Exanthems oder im Stadium der Abechuppung nicht nachweisen, so dafi man bei ihrer 
Entstehung an einen post mortem in den Zellen weiterlaufenden Prozefi denken mufi. 
Sah Mallory bereits im Inneren der grofien intrazelluliir gelegenen Korper des Stra¬ 
tum granulosum netzformige innenstrukturen, so gelang v. Prowazek bei seinen 
Nachunterauchungen im Innern der groberen Einschliisse die Darstellung feinster Korn- 
chen, die im Einklang mit seiner Chlamydozoentlicorie als Elementarkdrperchen auf- 
zufassen waren. Daher setzt auch Bernhardt die Malloryschen Einschliisse in 
Parallele zu den Guarnierischen und Negrischen Korperchen. 

Bei dieser Auffassung stellen sie Kolonien des Virus dar, die durch die zunachst 
wenig geschadigte Zelle mit einem aus protoplasmatischen und Kern best and teilen be- 
stehenden Mantel umgeben werden. 

Ich war bei meinen eigenen Untersuchungen flber den Scharlach 
bemfiht, die Befunde Mallorys nochmals nachzuprflfen. Zur Verwen- 
dnng kam Material von einer 6 Std. post mortem sezierten Leiche eines 
11-jahr. Knaben mit sicherem Scharlach. Reste des Exanthems waren 
an der Leiche noch nachweisbar. Es gelang mir, mit Methylenblau und 
Giemsa-F&rbung nach verschiedenartiger Fixierung in den Hautstiicken 
die Malloryschen EinschlUsse nachzuweisen. Sie lagen zum Teil in 
den Epithelzeilen, deren Kern teilweise abgeplattet und zur Seite ge- 
drUngt war, teils, und dies waren zumeist die kleineren Formen, lagen 
sie in der Peripherie des Protoplasmas oder zwischen den Epithelzeilen; 
auch grSBere, an einem Pole der Zelle gelegene EinschKisse wurden 
beobachtet. Im ganzen waren die intra- und interzellular gelegenen 
Gebilde sp£rlich. Die KSrperchen waren meist homogen, zuweilen maul- 
beerfSrmig, liefien teils einen hellen Hof erkennen und farbten sich nach 
Giemsa blau. Rosetten- bzw. Chrysanthemum-Formen habe ich 
nicht gefunden. Desgleichen gelang es mir auch bei verschiedenartiger 
F&rbnng nicht, die von v. Prowazek beschriebenen feinsten Kornchen 
im Innern der EinschlQsse darzustellen. Bei den intrazellul£r gelegenen 
Korperchen fiberwog die ovale Gestalt, die extrazellul&ren waren ge- 
wdbnlich rund, daneben fanden sich einzelne von unregelmaBiger Form. 
In den Lymphspalten des Corium beobachtete ich keine den Mallory- 


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230 


CentraJbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 


schen Einschlu&sen ahnliche Gebilde, desgleichen vermiBte ich sie stets 
in den inneren Organen. Die iibrigen Ver&nderuDgen der Hant waren 
gering. Stellenweise fand sich beginnende herdformige Kolliquation, an 
anderen Orten waren die Hornschichten durch kornige Massen abge- 
hoben. Oedein im Bereiche des Stratum cylindricum und im Corium 
lieB sich zwar nachweisen, spielte aber im Gegensatz zu den von Hlava 
beobachteten Fallen eine unbedeutende Rolle. Hyperamie war gering. 
Leukozyteneinwanderung zwischen die Epitlielien Sufierst spSLrlich. 

In 2. Linie richteten sich meine Untersuchungen auf den Nacbweis 
kleinster runder Gebilde, wie sie von Paschen, Cantacuz&ne, Bern¬ 
hardt, Hoefer bcim Scharlach beschrieben sind. 

Paschen fand kloinste runde Kornchen in Tonsillarabstrichen ScharlachkTanker 
nach Loef fler-Beizung und Farbung mit Karoolfuchsin. Cantacuzbne beschreibt 
2 verschiedcne Arten, groBerc irreguliire Formen, oft zuzweit angeordnet, in Ausstrichen 
von Lyrnphdriisen (sie werden von Bernhardt als Zerfailsprodukte gedeutet), zweitens 
kleine l / A —V» ^ groBe chromatische Kornchen in Tracheobronchialdrusen; sie lageu bald 
einzeln, bald in Ncstern im Innern von Leukozyten, Endothelien, Makrophagen, teils 
auch frei und waren nur mit besonderen Furbemethoden sichtbar zu machen. Die 
Untersuchungen von Bernhardt erstreckten sich auf Menschen, sowie auf mit tfchar- 
lachmaterial infizierte niedere Affen, die unter scharlachahnlichen Erscheinungen er- 
krankien. Bernhardt beschreibt in den Retikuloendothelzellen der mesenterialen 
Lyrnphdriisen Anhiiufungen feinster, 0,1—0,3 fi groBer, nach Giema sich leuchtend 
rot fiirbender Kornchen von kugelrunder Gestalt. Die Kornchen lagen oft zu 2 bei* 
einauder, und zeigten hantelfbrmige Teilung. In 1 Faile vom Menschen lieBen sich 
die Gebilde auch in Nierenepithelien nachweisen. Nach dem morphologischen und 
tinktoriellen Verhalten wird man versucht sem, an Elementarkorperchen zu denken, 
doch weist Bernhardt in seinem Scharlachreferat bereits selbst auf die Schwierigkdt 
der differentialdiagnostischen Abgrenzung gegeniiber korpereigenen Zerfallsprodukten 
hin. Die von Hoefer in den Zellen von Milz- und Lymphuriisen Scharlachkranker 
mit Heideuhain-F'arbung dargestellten grdBeren Gebilde diirften, wenigstens der 
Beschreibung nach, mit Zentrosomen identisch sein. feie erscheinen als eine hellere 
Zone des Protoplasma in der Niihe des Kerns, in deren Innern teils einzeln gelegeDe, 
teils durch Desmose verbundene Kornchen nachweisbar sind. 

Ich babe mich bemiiht, mittels verschiedenartiger Fixierungen und 
FSrbungen in den Organen des erwahnten Scharlachfalles, vornehmlich 
in Milz, Lyrnphdriisen, Leber und Nieren, Gebilde darzustellen, die mit 
den soeben angegebenen Uebereinstimmung zeigten. Die darauf ge- 
richteten Untersuchungen batten ein vollig negatives Ergebnis. Die 
5fter auftretenden, nach Giemsa sich rot fArbenden KSrnchen konnten 
bei unbefangener Beurteilung nicht als korperfremde Elemente ange- 
sprochen werden. Bei dem infolge der Infektion starken Zellzerfall ist 
das Auftreten zahlreicher Plasma- und Kernreste unschwer verst&ndlich. 
Dabei liegt es mir jedoch fern, die Befunde der oben angefiihrten Au- 
toren im Hinblick auf meine Degativeu Resultate bei dem einen Fall 
anzweifelu zu wollen. Ich werde weiter unten bei den Tierversuchen 
noch darauf zuriickkommen. 

Der 3. Teil meiner Untersuchungen befafite sich mit den Doehle- 
scben Leukozyteneinscbliissen. 

Bokanntlich hat Doehle in 2 Verdffentliehungen 1911 und 1912 in den neutro- 
philen Leukozyten bei Scharlach Einschliisse beschrieben, die verschiedenartige, teils 
spirochatenakniiche Gestalt batten, und die er, wenig>tens in der 2. Mitteilung, wo er 
von eincr Spi r oc hae to a ear I at i n ae spriebt, geneigt war, in atiologische Beziebungen 
zura Seharlack zu setzeu. Doehle selbst weist bereits schon in seiner 1. Veroffent- 
licbung auf eine Arbeit von Wechselmann und Hirschfeld, sowie eine weitere 
von May bin, worin iihnliche Einsebliisse dargestellt werden, jedoch hielt er die von 
jenen Autoren beschriebenen Gebilde nicht fur identiseh mit den von ihm im fcjeharlaeh- 
blut gefundenen. Was die Einsehliisse von Wechselmann und Hirschfeld *n- 
geht, so wurden sie in einein Falle von myeloider-nnikrolymphozytarer Leukamie ge- 
funden. Sie lagen meist in den polymorpkkernigen Leukozyten, aber auch in Mono- 


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Hoppli, Untersuchungen uber Scharlach. 


2;n 


uuklcaren. Der beigefiigten Abbililung naeh erschoincn *ie profier aU die bei Scharlach 
^ewohnlieh auft retention, aueh ist die Vakuole sehr allies prochen vorhanden. Es 1 st 
jet loch zu berueksicktigen, dab eine gewisse Ungenauigkeit der reproduktiven Wict I cr¬ 
eate vorliegen kann, auBerdem weisen die Autoren selbst darauf bin, dab eine beson¬ 
ders grofie Einschluftform wiedergegeben ist. Tinktoriell verhielten sic sieh genau wie 
die Doehleschen Einschliisse, und ich mbchte daher Papponheini boipliichten, der 
beicie EinschluBkbrper, die von \V ee hsel m a n n und Hirselifeld gesehenen und die 
Doehleschen tiir identisch halt. Noeh inehr entspreehen die Doehleschen Forinen 
denen, die May bei einem Oedemfalie nnt uriklarer Aetiologie fund. Aueh these Ge- 
bilde verbieiten sieh, wie aus der bei^ogcbcnon Talel ersielitlieh, ganz wie die Doeh 1 e- 
sehen Einschi Qsse. Dali sie von May aidier in neutrophilen Lenkozvten aueh in 
Eodnophilen und in Mastzellen naehgewie>en wurden, seheint mir aueh koine Ver- 
anlassung zur Ahtrennung der MayMhrn von don Doehleschen Kdrpern zu gobon, 
denn ich selbst Labe, weun aueh sparhch, Doehlcsehe Kdrper bei Scharlach in 
EosiDOphilen gefunden. Inwieweit Bh r rn n i ko w , der in der Kehderschen Disser¬ 
tation iiber die Doehleschen Leukozyteneinsehliisse ziliert wird, Leukozyteneinsehliisse 
bei Scharlach sehon vor Doehle gcschen, bzw. besehrieben hat, vermag ich nicht zu 
beurteilen, da mir die betreftende Arbeit zurzeit nicht zugiingig ist. 

Wenn es nach dem soeben Ausgefiihrten mir sehr wahrscheinlich 
vorkommt, daB die Doehleschen Leukozyteneinsehliisse tatsiichlich 
schon vor Doehle besehrieben wurden, so gebiihrt dem letzteren Autor 
doch zweifellos das Verdieust, dadurch, daB er sie zu dem Scharlach 
in Beziehung setzte, die allgemeine Aufmerksamkeit darauf gelenkt zu 
haben. Er hat sicher dem Kliniker ein, wenn aueh nicht absolut zu- 
verlassiges, doch brauchbares differentialdiagnostisches Hilfsmittel ge- 
geben und hat weiterhin auf morpliologische Eigentumlichkeiten der 
Einschliisse, besonders die eigenartig gewundenen spirochatenShnlichen 
Formen hiBgewiesen. Kaum waren die Doehleschen Befunde ver- 
fiffentlicht, so wurden, namentlich von klinischer Seite NachprOfungen 
vorgenommen. Es entstand in den nachsten Jahren geradezu eine 
kleine Spezialliteratur iiber die Leukozyteneinsehliisse bei Scharlach. 
Aueh auslhndische Autoren, besonders Amerikaner, sind mehrfach ver- 
treten. 

Ueberblickt man die Gesamtheit der Arbeiten, so kann man zu- 
nichst feststellen, daB die Einschliisse bei frischen Scharlachfhllen in 
den ersten 6 Tagen fast ausnahmslos gefunden wurden. Eine Ausnahme 
machen bloB ganz leichte (Hill, Li ppm an n und Hufschmidt) und 
extrem schwere, sehr schnell zum Exitus fiihrende Falle (Granger, 
Kingsley Pole). Des weiteren liiBt sieh aus der Literatur der siehere 
SchluB ziehen, daB die Einschliisse nicht fiir Scharlach spezifisch sind, 
und daher aueh als Parasiten nicht in Frage koinmen kbnnen. Alle, 
sieh mit Kontrolluntersuchungen befassenden Arbeiten stimmen oline 
Ausnahme darin flberein, daB die Leukozyteneinsehliisse aueh bei ge- 
wissen anderen, sicher nicht skarlatinoseu Erkrankuugen vorkommen. 
(Lippmann und Hufschmidt, Glomset, Cummins, Gromski, 
Kretschmer, Nicollund Williams, Kolmer, Iskender Ahmed, 
Frinken, Bernhardt, Preisich, Harriehausen, F'arfel, 
Massini, Hill, Rosanoff, Schippers, Brinckmann, Isen- 
schmid und Schemensky, Granger, Kingsley Pole, Schwenke, 
Bel&k, Bongartz, Rehder.) Hinsichtlich der Hiiufigkeit der Ein- 
schliisse bei nicht skarlatinosen Erkrankungen und bei Gesunden gehen 
die Angaben weit auseinander. Beispielsweise fa ml Bongartz Ein¬ 
schliisse bei gesunden Erwachsenen in 87—88 Proz. der Falle, noeh 
haufiger war der Befund bei Kindern. Bei fieberhaften Erkrankungen 
schienen sie vermehrt aufzutreten. Die Unstimmigkeit der Angaben 
in den verschiedenen Arbeiten ist wolil auf den verschieden weit ge- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 


faBten Begriff „EinschlQsse“ zurfickzufuhren. Rechnet man jedes bei 
MethylenblaufBrbung im Protoplasma der neutrophilen Leukozyten sich 
darstellende kleinste Kornchen zu den Einschliissen, so wird man solche 
tatsachlich bei den meisten Krankheiten und auch bei vielen Gesnnden 
finden. Untersucht man Tiere, so trifft man, wie ich selbst festslellen 
konnte, beispielsweise bei Katzen, die keinerlei Krankheitserscheinungen 
darbieten, in zahlreichen Leukozyten feine Kornchen zuweilen auch ganz 
feine kurze Fadchen in der Einzahl, zuweilen sogar mehrere. Diese 
Gebilde sind aber nur bei fehlender Oder schwacher F&rbung der Proto- 
plasmagranulationen sichtbar, und waren in bezug auf den Menschen 
von Do eh le bei der Beschreibung seiner EinschlQsse zweifellos nicht 
gemeint. Sieht man von den Arbeiten ab, die durch einon sehr weit 
gefaBten Begritf „EinschluB“ die Gebilde sehr zahlreich bei Kontrollen 
fanden (Bongartz, Glomset, Cummins), so glaube ich, kann man 
auch die (ibrigbleibenden Differenzen unter den Angaben der einzelnen j 
Autoren auf die graduell verschiedene Bewertung der einzelnen Form ; 
als EinschlQsse zuruckffihren. Um die Willkfir in der Beurteilung der j 
im Leukozytenprotoplasma vorkommenden korpuskul&ren Elemente etwas I 
einzuschr&nken, unterschied Belkk scharfe und blasse EinschlQsse sowie 
unbestimmte Trubungen. Eine noch differenziertere Einteilung gibt 
R eh der. Zieht man die verschiedene Bewertung der EinschlQsse durch ' 
die einzelnen Untersucher in Rechnung, so lSBt sich bei den Resultaten 
der Kontrolluntersuchungen doch das gemeinsame Ergebnis heraus- 
schaien, daB EinschlQsse, wie sie beim Scbarlach auftreten, sich nicht 
selten bei Pneumokokken- und Streptokokkeninfektionfe (Belkk, 
Schwenke, Massini, Kolmer, Granger, Isenschmid und 
Sch emen sky, IC retschmer, N icol 1, S chipper s), ferner bei Typhus 
exanthematicus (Preisich) finden. Verschiedene Nachuntersucher weisen 
daher auf einen Zusammenhang der EinschlQsse mit Streptokokken- und 
Pneumokokkeninfektionen hin, und auch Doehle selbst teilt in seiner 
ersten VerQffentlichung mit, daB er EinschlQsse auch in einem Fall von 
Pneumonie gefunden habe. Was die morphologischen Eigentumlich- 
keiten der EinschlQsse anlangt, so finden sich kleinere und groBere 
rundliche und ovale KQrner, ferner grQBere stfibchenfQrmige Gebilde, 
die, wie auch die KQrnchen, oft paarweise nebeneinander liegen. Weiter- 
hin kommen birnformige und auch kurze, dicke, leicht gewundene F&den 
vor. Am auffallendsten sind aber zweifellos Formen, die gewfihnlich 
auch beim Scharlach verhfiltnismBBig spQrlich sind, und die auf den un- 
befangenen Betrachter zuweilen ganz den Eindruck einer Spirochfite 
machen. Ich muB hinzufugen, daB ich selbst genau die gleichen Gebilde, 
allerdings ebenfalls sehr sparlich, in einem Blutausstrich eines Pneu- 
moniefalles und eines Diphtheriekranken gefunden habe, desgleichen ge- 
lang die experimentelle Erzeugung dieser Gebilde beim Tier. Die Spiro- 
chatenformen zeigen untereinander Verschiedenheiten. Einmal wechselt 
die Zahl der Windungen, von 2 bis fiber 6, dann auch die Dicke der 
Gebilde, die Qberall gleichmaBig sein kann, daneben auch bei ein und 
demselben EinschluB variiert. Mehrmals fand ich Formen mit 2 l / t dicken 
Windungen, die an einem Ende in einen auBerst feinen, mit einem 
winzigen Kornchen endigenden Faden auslaufen. Die gleichen Formen 
werden auch in der Dissertation von Rehder beschrieben, der fttr sie 
den unverbindlichen Namen „Trypochaete“ vorschlagt. Gegen die Spiro- 
cbatennatur aller dieser Formen sprechen, abgesehen von den unten 
angegebenen Versuchergebnissen, nach meinem Daffirhalten mehrere 


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Hoppli, Untersuchungen fiber Scharlach. 


233 


Momenta. Einmal der starke Wechsel der Gestalt, der nur bei den 
Trypochfitenformen einigerraaBen konstant ist, and zweitens der Um- 
st&nd, daB zuweilen die Spiroch&tenformen unscharf, verklumpt, die 
Kontaren wie ausgefranst erscheinen, so daB man den Vergleich mit 
einer Schliere in einer Fltlssigkeit gebrauchen kSnnte, die im Begriff 
steht, ibren Inhalt mit dem umgebenden Medium zu miscben. Auch in 
Wellenlinie angeordnete Kornchen von wechselnder GrflBe sind zu finden. 
Die genaue photographische Wiedergabe der Gebilde ist nicht leicht, 
eine gute Abbildung findet sich in der kurzen Arbeit von Wagner; 
die Darstellung des feinen F&dchens ist allerdings auch hierbei nicht 
gelungen. Immerhin wird man es beim Betracbten der Abbildungen 
begreiflich finden, wenn Doehle zur Annahme einer Spiroch&tennatur 
der Gebilde gebracht wurde. Hinsichtlich der kliniscben Verwertung 
der Einschlflsse, zur Prognose und besonders zur differentialdiagnostischen 
Abgrenzung des Scharlachs verweise ich auf diesbezttgliche Arbeiten 
(Isenschmid und Schemensky, Massini, Eosanoff, Kretsch¬ 
mer, Schwenke, Bel&k, Rehder). Auf jeden Fall bin ich der 
Ansicht, daB es nicht ang&ngig ist, eine bestimmte Form von Ein- 
scblQssen als einzig beim Scharlach vorkommend und daher fflr ihn 
spezifisch anzusehen. Wenn sich in der Literatur mehrmals die Angabe 
findet, daB spiroch&ten&hnliche Formen selbst beim Scharlach nicht ge- 
fnnden warden, so betonen andere Autoren ihr zweifelloses Vorkommen 
auch bei nicht skarlatinosen Erkrankungen. 

Der 4. Teil meiner Untersuchungen betrifft Uebertragungsversuche 
des Scharlachs auf Tiere. 

In der Literatur wird mehrfach von gelungenen Ueberfcragungsversuchen be- 
richtet. Ein h6chst zweifelhafter Fall von unbe&bsichtigter Uebertragung auf eine 
K&tze gelangte durch Rapin zur Kenntnis, er demonstrierte eine Katze mit einer 
Art Exanthem, das entstanden war nach innigem Kontakt des Tieres mit scharlach- 
kranken Kindern. Aus den Versuchen Casagrandis, der Filtrate von vom Menscheu 
stammendem Scharlachmaterial Kaninchen und Hunden injizierte, wonach die Tiere er- 
krankten, laBt sich,. wie auch Bernhardt in seinem Referat ausfuhrt, nur schiiefien, 
daB die Filtrate Mr die Tiere toxische Eigenschaften besaflen. Eine Uebertragung 
wird hierdurch nicht bewiesen. Vornehmlicn wurden niedere und hdhere Affen als 
Venuchstiere verwandt. Bereits 1904 bestrich Grunbaum die Rachenschleimhaut 
ernes Schimpansen mit Tonsiliarabstrich eines Scharlachkranken; das Tier bekam eine 
Angina. 1911 stellte Cantacuz^ne 9 Versuche mit niederen Affen an, zur Ueber- 
tragnng benutzte er Blut, Perikardialfliissigkeit und Lymphdrusenemulsion Scharlach- 
kranker. In 4 Fallen zeigten die Tiere ein scharlachahnliches Krankheitsbild mit stark 
wechselnder Inkubationsdauer — hohes Fieber, Driisenschwellung, Exantheme — auch 
starkere Schwankungen des Leukozytenblutbildes wurden beobachtet. Versuche, die 
der gleiche Autor an Kaninchen anstellte, lieferten zum Teil positiv scheinende Ergeb- 
niflse, die jedoch Bernhardt bei Nachprufungen als nicht einwandfrei feststellte. 
Bernhardt benutzte zu seinen gleichfalls 1911 angestellten Versuchen niedere Affen. 
Er zerrieb Zungenbelag eines Scharlachkranken in physiologischer Kochsalzlosung, die 
Aofichweminung wurae 1 Std. bei Zimmertemp. geschiittelt und einem Affen in die 
LeUtenbeuge injiziert. Dem Tier, das an Streptokokkensepsis zugrunde ging, wurden 
die Leistendriisen der nicht behandelten Seite herausgenommen, wie der Zungenbelag 
zerrieben und einem zweiten Tier injiziert. Bernhardt gelangte bei dieser Art der 
Uebertragung bei der 3. Passage zu einem Lymphdrusenmaterial, das sich kulturell 
als steril erwies, indem die Tiere gewissermatlen als Bakterienfilter wirkten. Es gelang 
feroer mit Pustelinhalt von Scharlachkranken, desgleichen durch Einstreichen von 
Zongenbelag auf die Rachenschleimhaut, sowie durch Injektion von Material, das 
Berkefeld-Filter passiert hatte, Krankheitserscheinungen bei den Affen zu erzielen. 
— Himbeerzunge, allgemeine Driisenschwellung, Temperaturanstieg und Abschuppung. 
Bei den infizierten Tieren wurden die oben erwahnten kleinsten koraigen Gebilde in 
den Retikuloendothelzellen gefunden. Wean auch das Krankheitsbild dem mensch- 
lichen Scharlach ahnelt, so ist doch der beobachtete starke Wechsel in bezug auf In- 
kubationsdauer und Intensitat der Erscheinungen ein Grund, in der Beurteilung der 
Versuchsergebnisse vorsichtig zu sein. Mit niederen Affen experimentierten 1911 auch 


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Ceutralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 


Hectoen und Weaver, indem sie mit Scharlachmaterial infizierte Milch den Tieren 
verfutterten, die danach erkrankten. In das gleicbe Jahr fallen VerQffentUcbungen 
von Landsteiner, Levaditi und Prasek aus dem Institut Pasteur in Pahs 
Es handelt sich um Uebertragung des Scharlaehs auf hohere Affen. Indem die Autoren 
die unabhangig von ihnen von anderer Seite gleichfalls angewandte Tecbnik benutzten, 
8tricben sie Scnarlachmaterial auf die Rachcnschleimhaut eines Schimpansen; es ent- 
wickelte sich eine eitrige Entziindung. Nach subkutaner Injektion voq Scharlaeh- 
material entstand bei einem anderen Versuchstier ein scharlachartiges Exanlhem. Nach 
dem Tode des Tieres wurden in den Nieren Verfinderungen analog den fur den 
menschlichen Scharlach charakteristischen festgesteilt. Ein junger Orang-Utang er* 
hielt 10 cctn nicht defibrinierten Schariachblutes subkutan injiziert, gleichzeitig wnrde 
ihm Tonsillarabstrich eines Scharlachkranken auf die Rachenschleirabaut aufgepinselt 
Der Affe erkrankte, im Urin waren Eiweift und Zylinder nachweisbar, es trat Ab- 
schuppung ein, und nach 6 Wochen starb das Tier. Durch Injektion von Strepto- 
kokken gelang ee den Autoren nicht ahnliche Krankheitsbilder bei Affen zu erzeugen. 
In einem gcwissen Widerspruch zu den Ergebnissen Bernhardts steht die Angabe 
der franzosischen Forscher, da8 die Uebertragungsversuche auf niedere Affen stets 
negative Resultate zeitigten. Diesen ebon erwahnten Angaben von anscheinend ge- 
lungener Uebertragung der Krankheit der Tiere stehen andere gegeniiber, in denen 
eine solche Uebertragungsmoglichkeit bcstritten wird. Krumwiede, 31. Nicoll 
und Pratt versuchten mittels einer Tecbnik, die der soeben angegebenen entsprach, 
ferner durch intrapentoneale Einverleibung grower Quantitaten Scharlacbblutes, weiterhin 
durch Streptokokken scharlachahnliche lvrankheitserscheinungen bei Tieren hervorzu- 
rufen, hatten aber durchweg negative Resultate. In vollig ablehnendem Sinne be* 
urteilen Draper und Hanford auf Grund ihrer Nachpriifungen die angeblich ge- 
lungenen Uebertragungsversuche. Im Hinblick darauf, dafl Affen uberhaupt auf In- 
fektionen leicht mit Driisenschwellungen und auch Abschuppung reagieren, sehen sie 
die Ergebnisse der angeblich gelungenen Uebertragungsversuche so wok l auf hdbere 
Affen (Landsteiner, Levaditi, Prasek), als auch auf niedere (Cantacuzfene, 
Bernhardt, Bchleissner), nicht als beweisend an. Da nach der Technik der ver- 
schiedenen Untersucher mit Sicherheit anzunehmen ist, dafi das Virus dem Tierkorper 
einverleibt wurde, folgern sie, dafi bei Affen eine aufierordentlich starke naturliche 
Resistenz besteht. 

Zu meinen Versuchen benutzte ich Meerschweinchen und junge 
Katzen. Die Meerschweinchen, Tiere von 400—600 g Gewicht, wurden 
mit undefibriniertem Blut von Gesunden vorbehandelt, indem ihnen 
zweimal im Abstande von einer Woche je 0,5 ccm Blut subkutan in¬ 
jiziert wurde. 4 Wochen spater erhielt ein Tier subkutan 0,2 ccm un- 
defibrinierten Blutes, das von einem 7 Tage alten Scharlachfalle stammte. 
Abgesehen von einem etwas gegen die Norm abstechenden ruhigen Ver- 
halten wahrend zweier Tage nach der Injektion, das vielleicht auf ana- 
phylaktische Wirkung zurtickzuffihren ist, war an dem Tiere nichts 
Auffallendes zu bemerken. Im Blute wurden Einschlflsse in den Leuko- 
zyten nicht gefunden; auf Kurloff-Korper wurde nicht geachtet. Zwei 
weitere Tiere erhielten je 0,3 ccm undelibrinierten Blutes von einem 
frischen Scharlachfall, subkutan bzw. intraperitoneal, Auch an diesen 
Tieren waren irgendwelche Krankheitserscheinungen nicht festzustellen, 
auch bei ihnen traten keine Einschliisse in den Leukozyten auf. 

Bei den Katzen, 3 Monate alten Tieren vom gleichen Wurf war 
die Versuchsanordnung folgende: K. I, die, bevor ein Eingriff bei ihr 
geschehen war, infolge eines im Oesophagus eingekeilten Speisebrockens 
zugrunde ging, wurde zu Kontrollzwecken benutzt. K. Ill erhielt 1,5 ccm 
Aufschwemmung vom Zungenbelag eines Scharlachkranken in physiol. 
Kochsalzlosung subkutan ins linke Hinterbein, 1,0 ccm der gleichen 
Aufschwemmung intraperitoneal. Das Tier verlor in den folgenden Tagen 
an Lebhaftigkeit, magerte zusehends ab und starb 11 Tage nach der 
Injektion, nachdem es zuvor 2 Tage lang sich scheinbar etwas erholt 
hatte. Bei der Sektion fand sich makroskopisch kein deutliehes Bild 
einer Peritonitis, dagegen waren die Lymphdrusen, vor aliem die raes- 

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Hoppli, UntereuchuDgen iiber Scharlach. 


235 


enterialen, stark vergroBert, von weicher Beschaffenheit. Aus der Leber 
warden Streptokokken in Reinkultur gezuchtet. Die Organe des Tieres 
warden in Sablimatalkohol und den bekannteren anderen Flflssigkeiten 
fixiert und nach den Qblichen Methoden gefilrbt. Dabei gelang es, in 
den mit Sablimatalkohol fixierten, nach Giemsa gefSrbten Schnitten 
von Leber und mesenterialen Lymphknoten bei st&rksten VergrdBerungen 
(Zeiss, horn. Immersion 2 mm, Komp.-Okul. 12, 16, 18) in Retikulo- 
endothelzellen feinste runde, hellrot gefarbte Kornchen in nesterformiger 
Anordnung nachzuweisen. Eine hantelfbrmige Einschniirung konnte ich 
nicht beobachten. Am meisten erinnerten die Korperchen an die von 
Bernhardt beschriebenen nnd die feinsten Kbrnchen von Canta- 
cuzfcne, obwohl letztere angeblich nur nach Loeffler-Beizung dar- 
stellbar waren. Hinsichtlich der Deutung dieser Gebilde, die ich bei 
der Kontrollkatze nicht fand, mochte ich den Standpunkt Bernhardts 
einnehmen, der eine sichere Abgrenzung von kbrpereigenen Zerfalls- 
produkten fflr auBerordentlich schwierig halt. Erwahnen mochte ich 
Doch, daB sich in Leber, Milz und Lymphdriisen sowohl intrazellul&r als 
frei verh&ltnismaBig zahlreich kleine, nach Giemsa sich dunkelrot 
fSrbende KOrnchen fanden, die gegenuber den ersterwhhnten deutlich 
groBer waren; ich mbchte diese Gebilde als sichere Degeneration spro- 
dukte ansprechen. 

Ein besonderes Interesse forderte das Blutbild, es traten schon am 
3. Tage in den deutlich vermehrten Leukozyten, an Zahl allmahlich zu- 
nehmend, aufs deutlichste Doeh 1 esche Einschliisse auf. Ich wiederhole 
bier nochmals, daB im Blute vollig gesunder Katzen in den neutrophilen 
Leukozyten gar nicht selten feine Kornchen, zuweilen auch kurze feine 
FSdchen sich linden, wie sie von anderen Autoren auch bei gesunden 
Menschen beschrieben worden sind (Bongartz). Diese kleinen Ge¬ 
bilde zeigen tinktoriell das gleiche Verhalten wie die viel groBeren 
Doehleschen EinschlQsse. 

Im Meerschweinchenblut habe ich diese Gebilde bis jetzt in den 
Leukozyten nicht gefunden. Vielleicht neigt bei der Katze das Proto¬ 
plasma der Leukozyten im besond'eren Grade zur Bildung .kleinster 
Klumpchen und infolgedessen auch zur Entwicklung der groBen Ein¬ 
schliisse. Die bei dem Versuchstier auftretenden, und bis zum Tode 
reichlich vorhandenen Einschliisse verhielten sich sowohl morphologisch 
als tinktoriell wie diejenigen, die ich im Menschenblute bei Scharlach 
fand. Auch spirochatenahnliche Formen, besonders solche mit faden- 
fSrmigen, mittels eines Kliimpchens endigenden Bildungen habe ich ent- 
sprechend wie beim Scharlach sparlich, aber einwandfrei beobachten 
konnen. Wfthrend der scheiubaren Besserung im Befinden des Tieres 
farbten sich die Einschliisse weniger intensiv und schienen zum Teil in 
Kdrnchen zu zerfallen; kurz vor dem Tode fanden sich wieder die in¬ 
tensiv gefSrbten scbarf begrenzten Formen. 

Katze II erhielt zun&chst Aufschwcmmung von Hautschuppen eines 
Scharlachkranken in physiologischer Kochsalzlosung subkutan ins linke 
Hinterbein, ohne daB, abgesehen von leichtein Hinken an dem ersten 
Tage nach der Injektion, irgend etwas Besonderes in den folgenden 
3 Wochen zu beobachten gewesen ware. Auch das Blutbild zeigte durch- 
aus regelrechte Verhaltnisse. War dieser Versuch vollig negativ aus- 
gefallen, so gilt das gleiche von zwei weiteren an K. IV ausgefiihrten. 
Diesem Tiere wurde zunachst Scharlachzungenbelagaufschwemmung in 
den Rachen gestrichen, ohne daB irgendwelche Veriinderungen sich da- 


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236 


CeutralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 3. 


nach im Verhalten der Katze zeigten, 10 Tage sp&ter erhielt das gleiche 
Tier 1,0 ccm undefibrinierten Scharlachblutes intraperitoneal. Auch 
dieser Eingriff blieb ohne Folgen. 

Beide Tiere wurden danach zu Versuchen benutzt, die den fOaften 
und letzten Teil meiner Untersuchungen ausmachten. Ich war bemQht, 
die beim Scbarlach des Menschen auftretenden Leukozyteneinschliisse, 
besonders die gewundenen Formen, experimentell durch verschiedene 
MalSnahmen beim Tiere za erzeugen. Versuche dieser Art wurdeo mehr* 
fach, allerdings fast stets mit negativem Ergebnis, bereits frOher aogestellt. 

Schoo Doehle versuchte ohne Erfolg durch Injektion von Scharlachblut Ein- 
schluflse bei weiiien Mausen, Kaninchen und Schweinen zu erzeugen. Kolmer inji- 
zierte erfolglos Btreptokokken bei Kanincheu. Kretschmer benutzte Hunde und 
Katzen und sah keinen Erfolg bei subkutaner und intrapleuraler Injektion von Strepto- 
kokkenbouillonkulturen und abgetoteten Btreptokokken, Rehder beobachtete nach In- 
fektion von Kaninchen und Mausen mit Recurrensspirillen keine Einschliisse. Dagegep 
entstanden im Hundeblute bei Versuchen von Kretschmer, der die Tiere mit l)i- 
phtherietoxin vergiftete, wenige Btunden vor dem Tode kleine kokkenartige Einschliisse, 
wie sie auch bet der Diphtheria des Menschen gefunden warden. Ein positives Er¬ 
gebnis halten auch die Versuche von Schippers und de Lange, die, von der Beob- 
achtung ausgehend, da6 auch bei Btreptokokkeninfektionen des Menschen Einschliisse 
ofter auftreten, einem Hunde Streptokokken in Reinkultur subkutan injizierten. Sie 
fanden am ersten Tage nach der Injektion in 230 Leukozyten 10 Einschliisse von typi- 
scher Form, auBerdem kleine Kornchen. Im Verhaltnis zum menschlichen Bchariach 
und zu dem Verhalten meiner mit Scharlachzungenbelag infizierten Katze war die Zahl 
der Einschliisse bei den hollandischen Autoren sehr gering, jedoch zeigte auch der 
Hund keine wesentliehen Krankheitserscheinungen. Als .Nebenbefund bei seines 
Uebertragungsversuchen des Fleckfiebers auf Meerschweinchen werden von Eocha- 
Lima in den Leukozyten dieser Tiere Doehlesche Einschliisse beschrieben: 

Bei dem Versucbsergebois von K. Ill war zundchst die Mdglichkeit 
offen zu lassen, dafi entweder das in dem Material flbertragene hypo- 
thetische Scbarlacbvirus Oder die Streptokokken, vielleicht beide, die 
EinschluBbildung bewirkt batten. Zur Entscheidung dieser Frage erbielt 
K. II 3 Wochen nach der ergebnislos verlaufenen Injektion von Haut- 
schuppen 1,0 ccm Zungenbelagaufschwemmung eines Falles von Me- 
ningokokkensepsis subkutan. Am folgenden Tage war die Zahl der 
normalerweise vorkommenden kleinen Kornchen in den Leukozyten etwas 
vermebrt. Vereinzelt fanden sich meist paarweise liegende grSBere 
Kdrner. Klinisch zeigte das Tier keinen besonderen Befund. 2 Tage 
nach der ersten Injektion erfolgte eine zweite von 1,0 ccm Zungen¬ 
belagaufschwemmung eines Polyarthritiskranken subkutan; am folgenden 
Tage fanden sich neben den kornigen auch einige kommaformige Ge- 
bilde. 6 Tage danach war der Blutbefund wieder vdllig regelrecht, das 
. Tier frei von erkennbaren Krankheitszeichen. Katze IV erhielt 19 Tage 
nach der erfolglosen intraperitonealen Scharlachblutinjektion ebenfalls 
intraperitoneal 2,0 ccm Streptokokkenbouillonkultur und 1,0 ccm der 
gleichen Kultur subkutan. Trotzdem die Streptokokken von einem 
frischen Falle schwerer Sepsis stammten, zeigte das Tier keine Krank¬ 
heitserscheinungen. Im Blutbilde waren keine Einschlusse nachweisbar. 
Waren die Einschliisse im Falle der Katze II auch sp&rlich, entsprechend 
dem nicht merklich gestdrten Befinden des Tieres, so scheint mir doch 
der Beweis erbracht, dafi es durch eine rein bakterielle Infektion gelingt, 
bei jungen Katzen Einschliisse hervorzurufen. Das negative Ergebnis 
von K. IV muB man meiner Ansicht nach auf eine Sch&digung der 
Virulenz der Streptokokken in der Kultur oder auf eine abnorme Resi- 
stenz der Katze zuriickfiihren. Es schien mir weiter von Interesse, 
nachzupriifen, ob die Mikroorganismen selbst oder ihre Toxine die Ein- 


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Hoppli, Untcrsuchungen iiber Scharlach. 


237 


schluBbildung auslSsen. Zu diesem Zwecke injizierte ich nach dem 
Vorgange Kretschmers K. II 0,5 ccm Diphtherietoxin in der Yer- 
dtinnung 4:1000 subkutan. Am folgenden Tage traten bereits groBere 
runde, ovale, diplokokkenfortnige, kommaartige sowie gewundene Ein- 
schlusse auf (s, Fig. 1). Auf eine erneute subkutane Injektion von 
1,5 ccm der gleichen Losung trat noch eine weitere leichte Vermehrung 
der Gebilde auf. 3mal gelang es auch, gewundene, mit Faden und End- 
kornchen versehene Einscblusse aufzufindcn (s. Fig. 2). Die Katze starb, 
nachdem sclnvere Lahmungserscheinungen aufgetreten waren, 7 Tage 
nach der 2. Injektion. 

Katze 4 erhielt an 3 aufeinanderfolgenden Tagen insgesamt 1,3 ccm 
Ait-Tuberkulin-Stammlosung subkutan in die hinteren Extremitiiten. 
Wahrend 2er Tage nach der letzten Injektion fanden sich im Blut groBe 
runde und ovale Einschltisse in geringer Anzahl. In der Folgezeit 
waren sie nicht mehr nachweisbar. Das Tier blieb am Leben. 

Was die Natur der Einschlusse angeht, so halte ich sie fur Zu- 
sammenballungen und Verklumpungen gewisser Teile des Protoplasmas, 



Fig. 1. Vergr. 1:1000. Fig. 2. Vergr. 1:1000. 

hervorgerufen durch Toxine, speziell solche bakteriellen Ursprungs. 
Pappenheim bezeichnet die Doehleschen Einschlusse als patbo- 
logisch degenerative Zusammenballungen des basophilen Grundplasmas 
der plasmatisch unreifen Zelle. Einschltisse wie sie von Politzer, 
Amato, Ross und Castellani in verschiedenartigen Zellen gefunden 
wurden, haben auf Grund ihres verschiedenen morphologischen und tink- 
toriellen Verhaltens mit den Doehleschen KSrperchen nichts zu tun. 
Ich schlieBe mich der Ansicht derjenigen Autoren an, die ein Hervor- 
gehen der Doehleschen Einschltisse aus abgesprengten Kernstiicken 
auf Grand der fSrberischen Eigentiimlichkeiten ablehnen. Die Ein¬ 
schlusse fSrben sich z. B. mit Methylgriin - Pyronin leuchtend rot 
(Kerne blaulich), nach May-Grunwald bzw. Giemsa blau, oft mit 
einem Stich ins Griinliche (Kerne violett). Farbungen, durch die die 
Granulationen des Protoplasmas scharf hervortreten, empfehlen sich 
zur Darstellung der Einschltisse im allgemeinen nicht. Gute Resultate 
gibt Methylenblau in verschiedener Modifikation; sehr zufrieden war ich 
mit der Methylgrun-Pyronin-FSrbung (2 Std. im Brutschrank bei 37°). 

Eigenartig und etwas riitselhaft bleiben die gewundenen Einschltisse 
Doehles. Handelt es sich bei den fadenartigen Gebilden vielleicht 



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238 Centraibl. f. Bait. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 3. 

um eine Art Spur der infolge der Protoplasmabewegung der Leuko- 
zyten verschleppten dicken klumpigen Formen, oder spielen etwa die 
Polstrahlungen eine Rolle Oder Mitocbondrien?, alles dieses sind bloBe 
Vermutungen. Es scheint rair durcb die Mflglichkeit jene merkwflrdigen 
Formen beim Tier experimentell zu erzeugen, vielleicht ein Weg ge- 
wiesen, ihrer wahren Natur n&herzukommen. 

Zusammenfassung. 

Nacbpriifungen bestfltigten die Befunde Mallorys hinsicbtlich der 
Einschitisse in der Haut von menschlichen Scharlachleicben. 

Sicher korperfremde Einschitisse vom Charakter der „Elementar- 
korperchen“ waren in von einer menschlichen Scharlachleiche stammen- 
dem Material, vornebmlich auch in den Retikuloendothelien nicht nach- 
zuweisen. 

Die Doebleschen Leukozyteneinschlflsse, auch gewundene spiro* 
chatenflhnliche Formen, wurden im Menschenblut in den ersten Tagen 
des Scharlachs stets gefunden, desgleichen, wenn auch nicht mit der 
gleichen Hflufigkeit, bei Pneumokokken und Streptokokkeninfektionen, 
ferner bei Diphtherie. 

Uebertragungsversuche des Scharlachs auf Tiere vermochten kein 
dem menschlichen Scharlach fihnliches Krankheitsbild zu erzeugen; bei 
einer mit Scharlachzungenbelag intraperitoneal infizierten Katze fanden 
sich in und zwischen den Retikuloendothelzellen der Leber feinste, an 
der Grenze der Sichtbarkeit stehende Kflrnchen vom Charakter der 
Elementarkorperchen. 

Es gelang, die Doehleschen Leukozyteneinschlflsse, auch die ge- 
wundenen Formen, experimentell bei jungen Katzen durch Infektion 
der Tiere mit Scharlachmaterial, Streptokokken und Meningokokken, 
ferner durch Diphtherietoxin und Alttuberkulin zu erzeugen. 

Die Leukozyteneinschlflsse stellen Verklumpungen des Zellproto- 
plasmas dar. 

Literatur. 

Amato, A., zit. n. Ref. Centraibl. f. d. ges. inn. Med. Bd. 7. 1913. H. 11. — 
Barranikow, K., Russky Wratsch. 5. 1913. — Bernhardt, G., Dtsch. med. 
Wochenschr. 1911. Nr. 17. — Ders., Ebenda. 1911. Nr. 23. — Ders., Ref. CentralbL 
f. Bakt. Abt. I. Bd. 50. Beih. — Bongartz, H., Berl. klin. Wochenschr. 1912. Nr. 45. 
— Ders., Ebenda. 1913. Nr. 12. — Belak, A., Dtsch. med. Wochenschr. 1912. 
Nr. 52. — Brinckmann, A., Berlin, klin. Wochenschr. 1913. Nr. 27. — Canfca- 
cuztMie, Compt. rend. Soe. de Biol. 1911. — Casagrandi, zit. n. Ref. CentralbL 
f. Bakt. Abt. I. Bd. 48. 1911. — Castellani, zit. n. Ref. Centraibl. f. d. ges. 
inn. Med. Bd. 4. 1913. H. 7. — Cummins, W. T., zit. n. Ref. Ebenda. Bd. 6. 
1913. H. 2 . — Doehle, Centraibl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. 61. 1911. — Ders., 
Ebenda. Abt. 1. Orig. Bd. 65. 1912. — Ders., Miinchen. med. Wochenschr. 1912. 
h>. 1GS8. — Draper, G., u. Hanford, I. M., zit. n. Ref. Centraibl. f. d. ges. inn. 
Med. Bd. 7. 1913. H. 2. — Duval, Ch. W., Virch. Arch. Bd. 179.1905. — Farfel,M L ? 
zit. n. Ref. Centraibl. f. d. ges. inn. Med. Bd. 9. H. 9. — Field, C. W., zit. n. 
H c h 1 e i 11 n er, Bern bar d t. — F r a liken, Centraibl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 52. 
Beih. — Gabri t schews ky , Oh, Russky Wratsch. 30. 1905. — Ders., Berlin, klin. 
Wochenschr. 1907. Nr. 18. — (Horn set, D. J., zit. n. Ref. Centraibl. f. d. ges. inn. 
Med. Bd. 4. 1912. — Granger, J., u. Kingsley Pole, C., zit. n. Ref. Centraibl. 
1. d. ges. inn. Med. Bd. 5. 1913. H. 5. — Ciromski, M., zit. n. Ref. Ebenda. Bd. 7. 


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Reichert, Neues Kontrollinetrument fur Dampfdesinfektionsapparate. 239 


1913. H. 8. — Griinbaum, Brit. med. Journ. 1904. 1. — Harriehausen, Dtsch. 
med. Wochenschr. 1912. Nr. 38..— Hectoen u. Weaver, Journ. of Americ. med. 
Assoc. Vol. 56. 1911. No. 24. — Hill, L. W., zit. n. Ref. Centralbl. f. d. ges. inn. 
Med. Bd. 11. 1914. H. 5. — Hirschfeld u. Wechselmann, Zeitschr. f. klin. Med. 
Bd. 66. — Hlava, J., Rev. d. B6hm. Med. Jahrg. 3. 1910. H. 1. — Hoefer, T. A., 
Dtsch. med. Wochenschr. 1911. Nr. 23. — I sen schmid, R., u. Schemensky, W., 
Munchen. med. Wochenschr. 1914. Nr. 39. — Iskender, Ahmed, Berlin, klin. 
Wochenschr. 1912. Nr. 26. — Jochmann, Lehrb. d. Infektionskrankh. 1914. S. 637. 

— Klimenko, W., zit. n. Ref. Centralbl. f. d. gee. inn. Med. Bd. 7. 1913. H. 3. — 
Kolmer, zit. n. Ref. Ebenda. Bd. 7. 1913. H. 8. — Kretschmer, M., Dtsch. med. 
Wochenschr. 1912. Nr. 46. — Ders., Berlin, klin. Wochenschr. 1912. Nr. 11. — 
Krumwiede, Ch., Nicoll, Pratt, zit. n. Ref, Centralbl. f. d. ges. inn. Med. 
Bd. 11. 1914. H. 11. — Landsteiner, Levaditi, Prasek, Ann. Pasteur. T. 25. 
1911.-— Dies., Compt. rend. Hoc. de Biol. T. 70. 1911. — Li ppm an n, A., u. Huf- 
schmidt, A., Centralbl. f. inn. Med. Jahrg. 34. 1913. Nr. 15. — Mallory, Journ. 
of med. Res. Vol. 10. 1904. u. Vol. 13. 1905. — Massini, M., Med. Klin. 1913. Nr. 42. 

— May, R., Dtsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 96. 1909. — Nicoll, M., u. Williams, 
A. W„ zit. n. Ref. Centralbl. f. d. ges. inn. Med. Bd. 4. 1913. H. 2. — Nicoll, M., 
zit. n. Ref. Ebenda. Bd. 7. 1913. 8. 60. — Pappenheim, Folia Haematolog. Bd. 15. 
1913. — Paschen, in Kraus-Levaditi, Handb. d. Techn. u. Meth. d. 1mm.- 
Forsch. I. Erg.-Bd. 1911. 8. 505 u. 514. — Polilzer, Dtsch. med. Wochenschr. 1908. 
S. 1455. — Preisich, K., Berl. klin. Wochenschr. 1912. Nr. lb. — Provazek, v., 
Aich. f. Protistenkd. 1907. Nr. 10. — Rapin, E., Progrfcs m4d. 1901. No. 18. — 
Behder, H., [Inaug.-Diss.]. Kiel 1914. — Rocha-Lima, Lubarsch-Ostertag. Ergebn. 
19. Jan. 1919. — Kosanoff, 8. N., Arch. f. Kinderheilk. Bd. 62. 1914. — Ross, 
E. H., zit. n. Ref. Centralbl. f. d. ges. inn. Med. Bd. 10. 1914. H. 3. — Schilling- 
Torgau, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 58. H. 4. — Ders., Folia Haemat. 
Bd. 7. H. 4. — Ders., Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 69. H. 5 u. 6. — 
Schippers, I. C., u. de Lange, zit. n. Ref. Centralbl. f. d. ges. inn. Med. Bd. 5. 
1913. H. 1. — Dies., Berlin, klin. Wochenschr. 1913. Nr. 12. — Schleisner, F., 
zit n. Ref. Ebenda. Bd. 6. 1913. H. 8. — Schleisner, F., u. Bernhardt, G., 
Erg. d. inn. Med. Bd. 10. — Schwenke, J., Munchen. med. Wochenschr. 1913. 
Nr. 14. — Wagner, G., Ebenda. 1916. Nr. 28. 


Nachdruck verboten. 

Beschreibung eines neuen KontroUinstrumentes 
fur Dampfdesinfektionsapparate. 

Von Dr. Fr. Reichert, Jena. 

Mit 1 Abbildung im Text. 

Um das einwandfreie Arbeiten von Dampfdesinfektionsapparaten zu 
gew&hrleisten, ist eine bestandige Kontrolle des Grades der an ver- 
schiedenen Stellen des erwarmten Raumes eintretenden Temperatur und 
des Zeitpunktes des Eintritts dieses Wannegrades erforderlich. Zu 
diesen Feststellungen bediente man sich bisher verschiedenartiger Kon- 
trollinstrumente. So waren das Klingelthermometer, bei dem der Strom- 
schluS und damit das Glockensignal durch das Schmelzen bestiinmter 
Metallegierungen eintrat, oder Kontakttliennometer, oder das Sticher- 
sche Kontrollrohrehen in Gebrauch. Abgesehen von einem verstellltar 
konstruierten Kontakthermometer (L a u t e n sc h 1 a ge r), batten alle diese 
Apparate den Nachteil, nur bei einer einzigen Temperatur in Funktion 
zu treten. Das auf verschiedene Grade einstellbare Lautenschlager- 


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CentralbL f. Baki. etc. I. Abt. Originals. Bd. 87. Heft 3. 


sche Kontaktthermometer bereitete aber aucli durch umstSndliche Hand- 
habung und unsicheren StromschluB Schwierigkeiten bei der Anwendnng. 

Aus diesen Grdnden dflrftc die Beschrei- 
g jHj bung einer neuen, einfacben Konstruktion eines 

auf jeden beliebigen Temperaturgrad mflhelos 
einstellbaren Kontaktapparates von Wicbtigkeit 
sein. Das U-f6rmig gebogene, mit Hg gefflllte 

D |_P Glasrohr zeigt einen kurzen Schenkel E und 

\*/ einen langen F. Der obere Teil von F ist 

innen kapillardflnn, sein unterer Teil und E 
aber haben ein weiteres Lumen. An den En- 
den von E und F sitzen Klemmschrauben .1 
<S> und B , die zum AnschluB der Polenden der 

I Stromleitung dienen. AuBerdem geht von der 

f G Klemmschraube B ein feiner Platinstift P in 

I das birnformig erweiterte Lumen D des kapil- 

laren Anteils von F. E trSgt eine Stellschraube 
IH a Q durch deren Tieferschrauben Hg verdrUngt 

wird UQ d dadurch in F in die H5be steigt. 
|flj w Funktion : Man erhitzt nach dem Hochschrauben 

p |p von C den Kontaktapparat gleichzeitig mit 

einem Thermometer bis zu dem Temperatur- 
v// grad, bei dem der StromschluB eintreten soil. 

und reguliert dann durch Verstellen der 
Schraube C das Hg-Niveau in F derart, dall 
E die Hg-Kuppe eben den Platinstift beruhrt. 

% Damit ist die Einstellung vollzogen. Der Kon- 

% |p takt tntt dann stets wieder bei der gleichen 

|p p Temperatur ein und das mit dem Kontrollappa- 

rat in den gleichen Stromkreis eingeschaltete 
Lftutewerk ertSut. 

Der Apparat ist durch D.R.G.M. geschOtzt 
. und bei C. Desaga, Heidelberg, HauptstraBe, 

F, «- L erhaitlich. 

Inhalt. 


Baoh, F. W., Ueber Spirochaten in Was- 
serleitungen. Mit 1 Abbildung im Text, 
8. 198. 

Bachmann, Werner, Zur Diagnostik der 
Pseudotuberkulose, 8. 171. 

Becker, Rudolf, Weitere Beitrage znr 
Anatomic der Pferdebandwiirmer. Mit 
4 Abbildungen im Text, S. 216. 

Bender, Willy , Meningitis durch Influenza- 
bazillen. Mit 1 Abbildung im Text, 8.175. 

H5ppli, B., Untersuchungen iiber Schar- 
lach. Experimentelle Erzeugung von 
Leukozyteneinschliissen. Mit 2 Abbil¬ 
dungen im Text, S. 228. 

Xlarenbeek, A., Ueber das spontane Vor- 
Koraraen der dem 8yphilisparasiten ahn- 
lichen 8pirochate beim Kaninchen (Tre- 

E onema pallidum var. cuniculi.) 
lit 1 Tafet, S. 203. 

I>ange, Arthur, Ueber die Koktostabilitat 


gebundener Antikorper. Bemerkung zu 
der Arbeit 8 p a t, dieses Centralbl. Bd.86. 
H. 3, 8. 227. 

liipschdts , B. , Ueber Chlamydozoa- 
fctrongyloplasmen. VIII. Ueber Gefugel- 
pocke, 8. 191. 

Boesberg, B., Ein Blasenabszefi mit B. 
pyocyaneus und B. Proteus anin- 
ciologenes van Loghem als Misch- 
erreger. Mit 2 Abbildungen im Text, 
S. 185. 

Manteufel, P., u. Beger, H. , Weitere 
Untersuchungen zur Paratyphusfrage, 
ineonderheit zur praktischen Brauchbar- 
keit des Absattigungsverfahrens fur die 


xeit des Absattigungsvei 
Typentrennung, S. 161. 
teichert, Pr., Beschreibi 


Reichert, Pr., Beschreibung eines neuen 
Kontrollinstrumentee fiir Dampfdeeio- 
fektionsapparate. Mit 1 Abbildung im 
Text, S. 239. 


Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. 


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fantnlkl. f. BakL etc. I. Mil Orijiaale. IJ. 87. Heft 4. 

Aosgegeben am 5. Dezember 1921. 


Naohdruoh verboten. 

Ueto Variabilitatserschemungen bei Vibrionen. 

[Aus der Bakteriologischen Abteilung des Reich^gesundheitsamts 
(Direktor: Geh. Regierungsrat Prof. Dr. L. Haendel).] 

Von Prof. Dr. E. Gildemelster. 

Mit 11 Abbildungen im Text. 

1. Ueber dte Kuhnsehen Varfationsfonnen des Vibrio 

Metscknikoff. 

Im Joli 1919 und 1920 berichtete Kuhn in dem Medizinisch-oatur- 
wissenschaftlichen Verein in Tfibingen und in der Berliner mikro- 
biologischen Gesellschaft fiber Variabilitfitserscheinungen beim V. Metsch¬ 
nikoff, die sowohl an sich wie inbesondere wegen der von Kuhn den 
beobachteten Erscheinungen gegebenen Deutung unsere Beachtung ver- 
dienen. Inzwiscben hat Kuhn seinen Vortrag in Nr. 13 der Berl. klin. 
Wochenschr. verSffentlicht. 

Kahn bat, wie hier kurz wiedergegeben aei, die morphologischen Aenderungen, 
die beim V. Metschnikoff zu beo bach ten Bind, eingehend Btudiert. Er ist hier bei 
in der Weise vorgegangen, dafi aufier der Untersucbung der lebenden Bakterien auf 
der Agarplatte unter dem Mikroskop eioe von ihm erprobte Modifikation ernes Auf- 
klebeverfahrenB angewendet wurde, das v. Wasielewski uud Kuhn zur Fixierung 
and Farbung von Amdben angegeben haben. Das Verfahren, das Kuhn in seiner 
Arbeit eingehend beechreibt, besteht darin, dafi die auf der Agarplatte im AusBtrich 
gewachsenen Kolonien an DeckglaBchen durch Bichromat-Essigsfiure fixiert und nach 
entsprechender Nachbehandlung nach Giemsa gefarbt werden. Dieses Verfahren ist 
nach Kuhn den bisherigen Fixierverfahren weit fiberlegen. Die Ausstriche des 
V. Metschnikoff erfolgten aus iS-stiind, Bouillonkulturen auf gewohnlichen Agar- 
platten; die beimpften Plat ten blieben zunachst fiir 1—2 Std. im Brutschrank bei 37° 
nnd aUdann bei Zimmertemperatur, bei etwa 16°, stehen. Indem von Zeit zu Zeit mit 
der zuvor genannnten Met bode Praparate angefertigt wurden, konnte die morphologische 
Entwicklung der Vibrionen verfolgt werden. Kuhn konnte auf diese Weise feststellen, 
dafi im Laufe der Beobachtung, fiber die genauere Zeitangaben nicbt gemacht werden, 
die ursprunglicben Vibrionenformen nicht rein bestehen blieben, sondern dafi aufier 
ihnen verschiedene andere Formen auftraten, und zwar folgende: 

1) Fadenformen. 

2) Dendritiscbe Formen (d-Formen): Fadengebilde, deren Dicke das Mehrfache 
der gewdhnlichen Faden betrfigt. Sie sind oft ziembch lang, schlangenartig gewunden, 
andere manchmal in kolbenartigen Anschwellungen, und baben oft Verzweigungen. 

3) Amdbenahnlicbe Formen (a-Formen), deren Entstehung und Aussehen folgender- 
malen beschrieben wird: Zwischen den Vibrionen und den Faden sieht man bereita 
aof den fruhesten Praparaten rotlicbe, feinste Kugelcben frei liegen, ferner blaurote 
Gebilde. bie nebmen an Zabl und Grofie mit der Zeit zu. Sie liegen auch an den 
Fideo. Letztere sind an solcben btellen meist etwas d tinner als sonnt; sie eehen wie 
sogeoagt aus. Mit zunehmender Grofie nehmen diese Gebilde eine blaue Farbung an. 
Tells sind sie hellblau, teils blafiblau, dunkelblaue sind seitener. Ihr Bau ist wabig, 
hier und da siebt man in ihnen ein roteB, licbtbrechendes, feines Kornchen. Oft sieht 
man die Formen zu zweien und mehreren aneinanderliegen; sie scbeinen zu verschmelzen. 
Manchmal ist von 2 zusammengehenden Formen die eine blafiblaulich, die andere kraftig 
Wan gefarbt. Die Vibrionenfaden in ihrer Nahe sind vielfaoh zwirnsfadenartig dfinn. 
Manchmal sieht man zahlreicbe Gebilde an einem solchen „Zwirnsfaden“. Mit der Zeit 

EnU Abt. On*. Bd. 87 . Heft 4. 16 

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242 


(JentralbL L Bakt etc. 1. Abfc. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


nimmt die Zahi dieser Gebilde immer mehr zu, anch ihre Grofie wachet durch die Ver- \ 

schmelzung; aufier kreisrunden Formen treten durch Zusammenlagerung auch langliche j 

auf, die oft an Flaschenkurbisse erinnern. Auch die Kornchen werden zahireicher; I 
man findet immer mehr grofiere darunter bis zu 0,7 p Durchmesser. Bchliefilich treten 
die rundlichen Gebilde in grofien Massen auf. Bie wachsen zu 9 n Durchm. an. Bei 
solch grofien Formen sind die Grenzen der einzelnen Gebilde manchmal noch deutlieh 
zu erkennen. Man zahlt in ihnen bis zu 30 und mehr Kornchen. H&uiig sieht man 
eine Oder mehrere Vakuolen. Die Vibrionenfaden sind an vielen Stellen stark gelichtet. 
oft nur noch Triimmer und „Zwirnsfaden“. In manchen Praparaten sieht man deutlieh, 
dafi die runden Formen aus einer dufieren, hiiilenartigen Bchieht und aus einer inneren 
Masse bestehen. Die letztere hat einen blaueren Ion als die erstere, welche mehr 
rotlich erscheint. Schliefilich zerfallen die grofien Gebilde, und die Kbrncben in ihnen 
werden frei. 

4) Kokkenahnliche Formen (c-Forraen): Sie entstehen nach der Be- 
schreibung von Kuhn durch das Wachsen der lichtbrechenden Kornchen, welche in ) 
alteren Kulturen oft zu 4 und mehr in den Vibrionen enthalten sind. Letztere sind 
dann dicker, plumper und gerader als bei einem Ausstrich aus einer frischen, jungen 
Kultur, mancnmal sind sie an einem Ende kolbenformig verdickt. Die Kornchen ( 
wachsen zur Grofie von Kokken aus. Solche kokkoide Gebilde liegen oft in Doppel- j 
form. Bie sehen im lebenden Praparat griinlich aus und glanzen etwas. Anfangiich J 
unterscheidet man um ihren Band herum noch die matten, grauen Vibrionen, die ihre ' 
Beweglichkeit lange erhalten. Vibrio und c-Formen zusammen bieten das Bild des au? . 
der Mutationsforschung bekannten plumpen, kokkenahnlichen Bakteriums der trtiben j 
Kolonien, die sich von vornherein durch starke Kornchenentwicklung ihrer Einzelwesen ] 
auszeichnen, im Gegensatz zu den hellen Kolonien, bei denen die Kornchen und die ‘ 
plumpen Bazillen von vornherein seltener zu finden sind. Bei Neisser-Farbunz • 
sehen die Kolonien mit starker Entwicklung juuger c-Formen schwarzlich aus, w&hrcnd ' 
die iibrigen braun sind. Aeltere Kolonien zeigen braune, kreisrunde c-Formen mit 
blaugrauem Ton in der Mitte, in denen man zuweilen ein oder mehrere schwarze, \ 
lichtbrechende Kbrner entdeckt. Bie erscheinen frei von jedem Bakterienrest und sind * 
dann unbeweglich. | 

Letztere Form hat Kuhn in jjBonderkultur 4 * dargestellt. Er gibt fur seine Sonder- 
kultur folgende Beschreibung: Die c-Formen vermehren sich in der Weise, dafi aus 1 
einer Form zwei entstehen. Ihr Aussehen erinnert stark an Sarcinen. Die Kulturen 
sind nicht so zahschleimig wie gewoh cliche Bakterienkulturen, sondern zerfliefien 
beim Abimpfen und lassen sich deshalb schwer mit der Oese abnehmen. Auf gewohn- 
lichem Agar wachsen sie sehr zart, nach frischer Ueberimpfung sind sie in der Kegel 
erst vom 3. Tage an als zarter Hauch sichtbar. Auf manenen Agarsorten gedeihen sie 
besonders gut, z. B. auf Maltoseagar und auf Berumagar. Auf Endo-Agar wachsen 
sie rot. In Milchzucker- und Traubenzuckerbouillon bilden 6ie kein Gas. In Lack- 
musmolke verursachen sie keine Triibung, diese wird nach 24 Std. rubinrot und bldbt 
so monatelaug. In den Sonderkulturen treten kleinere und grofiere c-Formen auf; die 
grdfiten, die beobachtet wurden, batten einen Durchmesser von 1 (i . An manchen 
Stellen bilden sich Knopfe, die mit blofiem Auge sichtbar sind. Bie bestehen aip 
crofieren c-Formen, die sich mit Giemsa-Losung stark blau farben, wahrend die 
Formen ihrer Umgebung mattblau sind. Bei N eisser-Farbung sind die nach 
Giemsa dunkelblau gefarbten Formen im ganzen lichtbrechend, so dafi ein Knopf 
eigentumJich glasig und gliinzend aussieht. Es gelang, auch von dem Tubinger Mauee* 
typhusstamm die c-Form zu cewinnen. Vibnonenformen sind nie wieder in der Rein* 
kultur erschienen, auch in solchen nicht, die unter aufiergewohnliche Bedingungeo ge- 
bracht wurden. 

Serologische Dntersuchungen fiihrten zu dem Ergebnis, dafi agglutinierendes Serntn 
der c-Form nur diese und nicht die Vibrionen aggiutinierte, und dafi umgekehrt ag- 
glutiniereudes Vibrionenserum nur Vibrionen, aber nicht die c-Formen beeinflufite. 

Was nun die Deutung der zuvor beschriebenen Formen anbetrifft, so aufiert sich 
Kuhn hieruber folgendermafien: 

Bei den d-Formen handelt es sich um engverschlungene und dicht aneinando’- 
liegende Faden. Bei den a-Formen handelt es sich wohl nicht um Mifigestalten der 
Bakterien, sondern man hat den Eindruck wohlcharakterisierter, feingebauter Lebewesen 
mit einem ganz bestimmten Entwicklungsgang. Es liegt der Gedanke nabe, dafi ein 
besonderes Entwicklungsstadium der Bakterien vorliegt. Auch bei den c-Formen handelt 
es sich keinesfalls um Mifigestalten oder Degenerationsformen der Bakterien. Sie and 
wohlgeformte, widerstandKtahige Lebewesen mit besonders bezeichnenden, lichlbrecben- 
den, nach Giemsa rot farbbaren Innengebilden. Man ist immer und immer versnchk* 
sie fiir verunreinigende Kokken zu halten. Ihre Entstehung aus den Kbrncben der 
Bakterien ist nicht anzuzweifeln, aber es fiihrt kein Weg zu den Vibrionen zorick. 


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Gi ldemei8ter, Ueber Variabilit&tserscheinungen bei Vibrionen. 


243 


Da bei den a-Formen die Mdglichkeit der Entstehung aus den Vibrionenformen nicht 
ganz von der Hand zu weisen ist, bei den c-Formen feststeht, so mufi man die Mog- 
lichkeit offen lassen. dafi sowohl bei a- wie bei c-Formen Eutwicklungsstufen der 
Vibrionen vielleicht im Rahmen eines Generation8wechsels vorliegen. Eine andere Mog- 
licbkeit halt Kuhn fur wahrscheinhcher, namlich die, dafi die a- und c-Formen be- 
sondere Parasiten Bind; welche mit den Bakterien in einer Art von Syrobiose leben. 
Wenn angenommen wird, dafi es sich um einen Parasiten handelt, bo waren a- und 
c-Formen als besondere Entwicklungsstufen aufzufassen. Der Werdegang der a-Formen 
lige dann so vor uns: sie entstehen aus den Kornchen, wachsen zu rundlichen Gebilden 
heran, verschmelzen zu grofieren Formen, die wieder zu Kornchen zerfallen. Sie nahren 
sich von den Bakterien, die eie aufsaugen. Die c-Formen waren als Dauerforraen des 
Parasiten aufzutassen. Bie entstehen aus den Kornchen, die in oder an dem Vibrionen- 
leib liegen, und wachsen auf Kosten des letzteren. Bobald sie herangereiit Bind, konnen 
die unter besdnderen Umstanden auf gewohniichem Bakteriennahrboden weiterleben und 
sich durch Teilung vermehren. Ein Uebergang zu den a-Formen ist bisher nicht nach- 
gewiesen. Darum mufi auch an die Aldglichkeit gedacht werden, dafi es sich bei den 
c-Formen um einen zweiten Symbionten handelt. 


Bei der Wichtigkeit der hier zur Diskussion stehenden Fragen schien 
es mir angezeigt, eine Nachprfifung der Kuhnschen Angaben vorzu- 
nehmen, fiber deren Ergebnis ich nachstehend berichten mOchte. 

Kuhn weist bereits in seiner Arbeit darauf hin, dafi die von ihm 
bei Vibrionen beobachteten Erscheinungen schon vor ihm von anderen 
Untersuchern beobachtet worden sind. Ich mfichte diese Angaben dahin 
ergSnzen, dafi die von ihm angeschnittene Frage nach der Bedeutung 
der bei Vibrionen beobachteten Form- und Ffirbbarkeitsfinderungen be¬ 
reits in den ersten Jahren nach der Entdeckung des Choleraerregers 
durch R. Koch Gegenstand eines lebhaften Meinungsaustausches ge- 
wesen ist, der bis in die 90er Jahre hineinreichte. Mit Rflcksicht auf 
den Raummangel mufi ich es mir versagen, auf die hierfiber entstandene 
umfangreiche Literatur ausffihrlich einzugehen, und mufi mich darauf 
beschr&nken, die wichtigsten Ergebnisse hier kurz anzufuhren : 


Den in alternden Kulturen zu beobachtenden Formenreichtum der Vibrionen gibt 
eine einfache Zeichnung aus einer Albeit von Ermenghem (s. Flugge, Die Mikro- 
organismen. Bd. 2. 18 1 j 6. S. 535) in vortrefflicber Weise wieder. In dieser Abbildung 
sind Kommaformen nur noch vereinzelt anzutreffen; beheTrscht wird das Bild von 
fadenlormigen, an den Enden zum Teil kolbig verdickten Gebilden und von grofien 
rnnden oder mehr ovalen Blaschen formen, die teilweise deutliche Vakuolen erkennen 
lassen; aufierdem sieht man einige kokkenahnliche Formen. Auch in dem Atlas von 
Lehmann und Neumann (6. Aufl. Teil 1. Taf. 58. Fig. 5 u. 6) sowie in dem Atlas 
▼on Frankel und Pfeiffer finden eich gleichislls recht instruktive Bilder. 

Was nun die Deutung dieser verschiedenen Gebilde, die mit der ursprunglichen 
Vibrionenform nichts mehr gemeinsam haben, anbetrifft, so werden sie allgemein als 
Degenerations- und Absterbeformen angesprochen (Kolle und Bchiirman n). Aber auch 
andere Aneichten sind geaufiert worden. Mehrfach haben die Absterbeformen der Vibrionen 
zu der irrtumlichen Annahme einer Bporenbildung gefiihrfc. Bo haben Carlton und 
Ferran, Ceci u. a. Fruktilikationsvorgange bei Vibrionen beschrieben; Ferran will 
aogar festgestellt haben, dafi die Vibrionen in den Entwicklungskreis ernes Schimmel- 
piizes gehoren. H ueppe, der sich eingehend mit den bei Vibrionen zu beobachtenden, 
kugligcn, kokkenfoxmigen Gebilden beschattigt hat, sprach diese Gebilde als Dauer- 
formen — „Arthrosporen u — an. Hueppe verfolgte die Entwicklung der kugligen, 
kok ken form i gen Gebilde unter dem Mikroskop una sah im Verlauf eines Vibrionen- 
fadene 2 Kiigelchen entstehen, welche den Durchmesser des Fadens um ein weuiges 
fibertrafen und starker licbtbrecbend waren. Demnachst entstanden im weiteren Ver¬ 
lauf dee Fadens noch 2 oder 4 Kiigelchen; zuweilen beobachtete er formlose Zoogloea- 
haufen, die aus den Kiigelchen bestanden. Die Kiigelchen. die unbeweglich sind. sollen 
sich nicht durch Teilung vermehren, sondern sich unter Verminderung ihres Brechungs- 
vermdgens zu einem kurzen Btabchen strecken, welches sich dann unter Verlangerung 
zu einem Komma kriimmt und sich teilt, nachdem es S-Form erreicht hat. 

Die Angaben H ueppes sind nicht unwidersprochen geblieben. Kitasato hat 
sich mit ihnen eingehend beschaftigt; er stellte fest, dafi ein besonderer Dauerzustand, 
welcher die Choleravibriooen an und fur sich widerstandsfahiger gegen das Eintrocknen 

16* 


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244 


CeuiralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


raacht, nicht nachweisbar ist, und dafi die Hueppeschen Kornchen zu dem Aqb- 
keimen der Vibrionen in keiner Beziehung stehen. Auch Berckholtz bat die An- 
oahme von Dauerformen bei Cholera vibrionen abgelehnt. Friedrich, der ausfuhr- 
liche Untersuchungen zb dieter Frage angestellt hat t auBert sich folgendermafien: „Ohoe 
mich auf die Wideratandsfahigkeit der in Frage Btehendeo Gebilde einzulassen, die bei 
Kitas&to,. Berckholtz u. a. gegen den Sporencharakter der Kiigelchen ausfideo 
und pie eines eotsprechenden Wertes entkleideten, rechtfertigen meine Beobachtungeo 
auch keine Deutung dereelben im H ueppeschen Sinne ala Bporen anderer biologischer 
Wertigkeit; was ich an ihnen babe sehen konnen, notigt vielmehr dazu, sie als Zer- 
fallateile des Zellplaamas aufzufasaen. tt Auch Friedrich ist es, wie Kitasato, nie- 
mals gelungen, aus einem Kiigelchen einen neuen Keim entstehen zu sehen. 

Friedrich macht weiterhin in der gleichen Arbeit auf das haufige Vorkommen 
von Vakuolen bei Vibrionen, vornehmlich aus etwas alteren Kulturen, aifmerksam. 
Diese Vakuolen erscheinen ala feinste Lichtpunkte oder durchsetzen den Vibrio in ganier 
Breite oder treiben das Plasma und die Hullmembran mehr oder weniger weit ails' 
einander. Sie nehmen rait zunehmendem Alter der Kultur oft betrachtlich an Umfang 
zu und konnen dann ebeufalls in Verbindung rait Verzerrungen des Zeliplasmas za 
iiberraschend mifigestalteten Involutiousformen fiihren. 

Eingehende Studien iiber die Morphologie der Vibrionen liegen ferner von Pod- 
wyssocki vor, dessen Untersuchungen sich in zweierlei Richtung erstreckten: 1) auf 
das Vorhandenaein und die Verteilung einer chroraatischen Subatanz im Zellkorper der 
Choleravibrionen, und 2) auf die Bildung von Vakuolen und AnschweJIung der Vibrionen 
bis zu einer Metamorphose dereelben in ein ungeheuer groBes Gebilde. Pod wyssocki 
beobachtete, wie bereits auch Friedrich, eine ungleichmaBige Farbung und kornige 
Beschaffenheit des Vibrionenkorpers und unterscheidet zwiachen den Kornchen, die 
innerhalb von typisch geformten Vibrionen liegen, und solchen, die in ZerfalMorraen 
von Vibrionen sich finden. Das Auftreten der erstgenannten Kornchen wird erheblich 
beeinilufit von der Art und Reaktion des Nahrbodens, auf dem die Vibrionen ge- 
wachsen sind. Obgleich es Podwysocki nie gegliiekt ist, die Teilung eines chro- 
matischen Kfirnchens zu beobachten, ist er doch geneigt, ein derartig deutliches Her- 
vortreten der sich differenzierenden chromatischen Substanz in eine gewisse Beziehung 
zur Teilung der Bakterienzelle zu stellen. Die Kornchen der Involutionsformen be: 
zeichnet er als naehgebliebene Teile der degenerierten Zelle. Sowbhl der Arbeit von 
Friedrich wie der von Podwyssocki sind zahlreiche Abbildungen beigegeben, auf 
die hier besonders hingewiesen sei. 

Schliefilich seien noch Beobachtungen von Dowdeswell angefubrt, von denen 
allerdings bereits Friedrich meint, dafi sie wohl kaum ernst zu nenmen seien. Dieser 
Autor sammelte seine Erfahrungen an Bouillonkulturen und gibt an, dafi er in zwei 
verschiedenen Zyklen entweder von Birnen- und Flaschen formen, mit Neigung zu 
Pseudopodienbildungen, als Sporangien oder von amobenahnlichen Kfirpern die Sporen- 
bildung ausgehen oder filamentose Massen von verschiedener Grdfle, die sich zum Toil 
in Sporen und Kugelkorperchen auflosten, sich bilden sah. 

Aus dieser Uebersicht geht in der Tat hervor, dafi die von Kuhn beschriebeoen 
Forraveranderungen zum grdBten Teil als bereits bekannt anzusehen sind, und mao 
kdnnte geneigt sein, auch sie ohne weiteres in die Gruppe der Absterbeformen su 
rechnen. Gegen eine solche Annahme fuhrt Kuhn an, daB er bei semen araoben- 
ahnlichen a-Formen einen gewis^en Entwicklungsgang beobachtet habe, und daB ibm 
bei den kokkenabnlichen c-Formen die getrennte Fortziichtung der Gebilde gelungen 
sei; infolgedessen konne es sich bei diesen beiden Formen nicht um sterile Gebilde 
handeln. 

Meine Aufgabe war durch die Kuhnsche Stellungnahme gegeben; 
sie bestand darin, mir fiber die Morphologie der Vibrionen in den ver- 
schiedensten Entwicklungsstadien AufschluB zu verschaffen und nach 
dem Vorgange von Kuhn zu versuchen, etwa auftretende abnorme 
Formen in Reinkultur zur Darstellung zu bringen. Zu meinen Unter¬ 
suchungen zog ich 2 St&mme des Vibrio Metschnikoff heran, von 
denen ich den einen Stamm der Liebeoswflrdigkeit des Herrn Prof. 
Kuhn verdanke — es ist derselbe Stamm, mit dem er seine Versuche 
angestellt hat —, wahrend der andere Stamm aus der Sammlung des 
Reichsgesundheitsamts stammt, ferner je eine Kultur V. Finkleruiyi 
und V. Elwers und zahlreiche Cholerakulturen. 


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Gildcmeister, Ueber Variabilitatser6chcinungen bei Vibrioneu. 


245 


I 

} 


Zunachst sei auf die bekannte Tatsache hingewiesen, daB der Cholera- 
vibrio und die ihm nahestehenden Vibrionen oft die typische Form ver-. 
raissen lassen. Man sieht Vibrionen, deren Kriimmung so gering ist, 
daB sie fast Stabchen gleichen, oder deren Gestalt so gedrungen ist, 
dafi eine ovoide, an Kokken erinnernde Form entsteht. Insbesondere 
linden sich von der Norm abweichende Vibrionenformen in variierenden 
StSmmen, wie sie von Kolle, Baerthlein, Eisenberg, Bern¬ 
hardt u. a. beschrieben worden sind (vgl. Baerthlein, Arb. a. d. Kais. 
Gesundheitsamte. Bd. 40. Taf. V), und die zum Teil auch durch ein 
eigenartiges Idrberisches Verhalten ausgezeichnet sind. Aber alle diese 
Formen lassen doch mehr oder weniger deutlich Zusammenhange in it 
der Grundform, dem kommaformig gekrflmmten Stabchen, erkennen. 

In Ausstrichen aus 
ganz alten Vibrionenkul- 
turen trifft man meist 
nur noch mehr oder we¬ 
niger schlecht f&rbbare 
KQgelchen an, Vibrionen 
dagegen nur ganz verein- 
zelt oder gar nicht. 

Verfolgt man syste- 
matisch die morphologi- 
schen Verknderungen, 
die in Vibrionenkulturen 
auf festen oder fiflssigen 
Nahrboden allmahlich 
eintreten, so lafit sich 
zunachst feststellen, daB 
die einzelnen Vibrionen- 
starame unter sich und 
bei verschiedenen Prii- 
fungen unter sonst glei¬ 
chen Bedingungen ein 
durchaus verschiedenes 
Verhalten aufweisen kon- 
nen. Ich beobachtete Vi- 
brionenstamme, die noch 
nach lSngerem Aufent- 
halte bei 37° in Ausstrichen von Agar wie von Bouillonkulturen vornehmlich 
schbne Vibrionenformen und nur vereinzelt Vibrionenfaden und kokken- 
ahnliche Gebilde erkennen lieBen. Andererseits traf ich Vibrionenstamme 
an, die bereits nach 24 Std. ein morphologisch recht buntes Bild auf- 
wiesen. Insbesondere zeichnete sich in dieser Richtung zeitweilig der 
V. Fi n k 1 e r - Stamm unserer Saramlung aus. In Ausstrichen aus 24-stdg. 
und noch mehr natflrlich aus 48-stdg. Bouillonkultur fanden sich neben 
Vibrionen und Vibrionenfaden viele kleine, kokkenahnliche Gebilde, zahl- 
reiche wesentlich groBere, runde oder ovale Formen (Blaschenformen), 
trjpanosomenahnliche Gebilde, Kolben, wie sie bei Actinomyces sich 
finden, und Zwischenformen der verschiedensten Art (s. Fig. 1). In 
Ausstrichen aus jungen Agarkulturen war das Bild nicht ganz so bunt; 
vorherrschten hier die kleinen Kokkenformen und die Blaschenformen, 
wihrend die anderen bizarren Formen erst spater auftraten. Aus diesen 
Beobachtungen geht somit hervor, daB das, was man bisher als Absterbe- 



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246 Centralbl f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 4. j 

formen zu bezeichnen pflegte, unter Umstanden bereits in ganz jungen 
Vibrionenkulturen angetroffen werden kann. 

Weiterhin suchte ich die Frage zu kiaren, ob das zeitige Auftreten ’ 
der von der Norm abweichenden Formen in Agarkulturen an einen be- 
stimmten Kolonietypus gebnnden ist. In der Tat lieB sich feststellen, 
daB insbesondere bei dem erwahhten V. Finkler-Stamm die atypischen 
Formen vornehmlich in einer Kolonievariante anzutreffen waren, die sich 
von der Normalkolonie durch geringere Durchsichtigkeit auszeicbnete. 
Diese Kolonievariante zeigte jedoch keine besondere Konstanz, sie schlug j 
sebr leicht aucb bei kurzfristiger Ueberimpfung in die Normalform zuruck. 
Aber aucb die zu gleicher Zeit gewonnene Normalform des V. Finkler 
lieB atypische Formen, wenn aucb in wesentlich geringerer Zabl, im j 
mikroskopischen Ausstrich erkennen. Niemals jedoch ist es mir 
gelungen, bei den zahlreichen Kolonievarianten der ver- 
schiedensten Vibrionenst&mme, die ich eingehend mo- 
natelang daraufbin verfolgt habe, irgendwann eine 
Kolonieform anzutreffen, die ausschlieBlich aus kokken¬ 
ahnlichen Oder sonstigen atypischen Gebilden bestanden 
hktte, wie sie Kuhn beschrieben hat 

Was nun das f&rberische, Verhalten der von mir beobachteten 
atypischen Vibrionenform anlangt, so haben meine Untersuchungen, so- 
weit einfache Farbungen mit Fuchsin- Oder Methylenblaulbsungen in ] 
Frage kommen, nur die frdheren Beobachtungen anderer Untersucher j 
bestatigen kbnnen. Sowohl die Blaschenformen und die ihnen ahnelnden 
Gebilde nehmeh wie die dendritischen Formen die genannten Farbstoffe 
nicht gleichmafiig auf; sie lassen starker gefarbte und ungefarbte Stellen 
in ihrem Inneren erkennen. Auch die. kokkenahnlichen Gebilde sind oft 
ungleich gefarbt. Die Giem sa-Farbung hat mir nicht die Resultate > 
geliefert, wie sie Kuhn beschreibt, auch bei solchen Praparaten nicht, 
die nach seiner Vorschrift mit Bichromatessigsaure fixiert waren. Wohl 1 
sah auch ich Farbunterschiede zwischen Biaulich und Rbtlich, aber in 
keinera Falle die scharfen Unterschiede, ,wie sie Kuhn angibt. Ob die 1 
Vorbehandlung mit Bichromatessigsaure eine besonders gfinstige Vor- 
bereitung fflr solche Praparate ist, die mit einer so empfindlichen Firbe- 
methode, wie sie die Giem sa*Farbung nun einmal ist, nachbehandelt 
werden, lasse ich dahingestellt. Es ist jedoch mbglich, daB Unterschiede 
in der technischen Behandlung der Praparate die farberischen Ab- 
weichungen zwischen Kuhns und meinen Praparaten bedingt haben. 

In eingehender Weise habe ich die Frage der Begeifielung der 
atypischen Vibrionenformen untersucht. Zur Anwendung kam aus- 
schlieBlich die Methode nach Zettnow. Ich konnte, wie ich bereits in 
der Diskussion zu dem Vortrage von Kuhn in Berlin mitgeteilt habe, 
bei den kleinen kokkenformigen Gebilden (c-Formen), sowie bei den 
groBen Blaschenformen (a-Formen) GeiBeln derselben Art nachweisen, 
wie sie dem normalen Vibrio eigen sind (s. Fig. 2 u. 3). Auch Frl. 
Zuelzer hat, wie ich in der Diskussion erwahnte, bei kokkenahnlichen 
Formen eines Wasservibrios gleichfalls typische VibrionengeiBeln nach- 
gewiesen. Durch die Art der BegeiBelung ist nach meinem Dafflrhalten 
die Abstammung dieser Kokken- und Blaschenformen von den Vibrionen- 
formen einwandfrei erwiesen. Kuhn allerdings bezweifelt, daB Frl. 
Zuelzer und mir wirklich reine c-Formen vorgelegen haben; er glaubt 
vielmehr, daB diese von uns beobachteten Kokkenformen noch in der 
Hulle der Bakterien gesteckt haben. 

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Gildemeister, Ueber Variabilitatserscheinungen bei Vibrioneu. 


247 


Von Interesse sind weiterhin die Ergebnisse meiner GeiBelfSrbungen 
an Vibrionenfaden, da sie iiber ihre Entstehung Auskunft geben. An 
gut gebeizten Vibrionenfaden sieht man in Abst&nden, die einer Vi- 
brionenlange zu entsprechen pflegen, je eine typische VibrionengeiBel. 
Der Vibrionenfaden weist an der Stelle des Ansatzes der GeiBel eine 
mehr Oder weniger deutlich erkennbare Einschnttrung auf. Aus diesen 
Beobachtungen, die in gleicher Weise von Frl. Zuelzer an dem erwahnten 
Wasservibrio gemacht worden sind, kann gefolgert werden, daB der 
Vibrionenfaden durch unvollkommene Teilung entsteht. Die Vibrionen 
besitzen in einem solchen Falle nicht die Fahigkeit, sich bei der Teilung 
vOllig zu trennen; es bleiben vielmehr die Tochterzellen in Verbindung 
miteinander und verraehren sich unter Umstanden in gleicher Weise 



Fig. 2. c- und a-Form 

mit GeiBel. Fig. 3. a-Form mit GeiBel. 


weiter. Auch an Praparaten, die in einfacher Weise mit Fuchsin- oder 
Methylenblaulosung gefarbt sind, kann man gelegentlich diese Ein- 
schnurungsstellen beobachten l ). 

Meine lange Zeit fortgesetzten Bemuhungen, die kokkenahnlichen Ge- 
bilde oder die BlSschenformen in Reinkultur zu gewinnen, blieben erfolglos. 
Wohl gelang es mir, wie ich schon zuvor anfiihrte, Kulturen zu erhalten, 


1) In der Junisitzung der Berliner Mikrobiologischen Gesellschaft berichtete ich in 
der Diskussioo zu dem Vortrage meines Mitarbeiters Herrn Dr. VV. Seiffert iiber Pro- 
teinkorpertherapie, daB wir die von diesem gemachte Feststellung, daB lebende Bakterien 
sich unter gewissen Bedingungen in proteinhaltigen Farbstofflosungen andera verhalten 
wie tote, d h. sich im Gegensatz zu diesen nicht farben, auch fur die K uhnschen Gebilde 
in Anwendung gebracht haben. Dabei hatte sich gezeigt, daB lebende Vibrionen sich 
nicht farbten, daB dagegen Vibrionenfaden sich in einzeinen Abschnitten farbten und 
sowohl a- wie d-Formen durchgangig gefarbt wurden. Bei den c-Formen war eine 
einwandfreie Beurteilung wegen der Kleinheit der Gebilde nicht moglich; wir hatten 
jedoch den E»ndruck, daB die Mehrzahl von ihnen sich farbte. Wir schlossen aus diesen 
Beobachtungen, daB is sich bei den a- und d Formen urn tote Gebilde handelt, wahrend 
t die Beurteilung der c-Formen nach diesen Versuchen nicht ohne weiteres mftglich erschien. 

Anm. bei der Korrektur. NVeitere Untersuchungen haben ergeben, daB die Fiirb- 
barkeitsverhaltnisse der Vibrionen in proteinhaltigen Farbldsungen insofern nicht ganz 
einfach liegen, als bereits ein geringer FarbstofruberschuB (z. B. bei Gentianaviolett) 
amreicht, um auch lebende Vibrionen zu farben. Seiffert land aUdann in dem hoch- 



niolekularen Kongorot einen Farbstoff, der in wasseriger Losung die zuvor genannten 
Unterschiede deutlich zeigte. 


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248 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


die zwar reichlich KokkeDformen enthielten, aber auch stets daneben 
einwandfreie Vibrionenformen. Da ein positives Ergebnis naturgem&fi 
beweisender ist als viele negative Versuche, so war es fflr mich von 
grofiem Wert, die von Kuhn als Sonderkultur bezeichneten Gebilde der 
c-Formen kennen zu lernen. Herr Prof. Kuhn hatte die Liebenswurdig- 
keit, mir im Oktober und November 1920 je eine Abimpfung seiner 
Reinkultur zur Verfiigung zu stellen. Die beiden Kulturen erwiesen 
sich, wie gleich vorweg bemerkt sei, als identisch. Die Untersuchung 
der Kulturen, die ausschlieBlich von mir selbst durchgefuhrt worden ist 
ergab folgendes: 

Die Kuhnsche Kultur besteht aus mittelgroBen unbeweglichen 
Kokken von ziemlich gleichmaBiger Grofie, die hfiufig zu 2 oder 4 ge- 
lagert sind. Sie lassen sich mit den gewohnlichen Farbstoffen leicht 
ffirben. Bei der Ffirbung nach Gram — fiber diese Farbung finde ich 
bei Kuhn keine Angaben — geben die Kokken den Farbstoff nur 
schwer ab, so dafi sie nicht als durchaus gramnegativ angesprochen 
werden kdnnen. Niemals habe ich, wie hier eingeschaltet sei, in Aus- 
strichen von Vibrionenkulturen Formen angetroffen, deren Ffirbung nach 



Fig. 4. Normalform 
der Kuhnschen Son¬ 
derkultur. 


Fig. 5. Variante 
der Kuhn schen Son¬ 
derkultur. 


Gram nicht stets zweifelsfrei negativ gewesen ist. Nach Giemsa fSrben 
sich die Kuhnschen Kokken gleichmfiBig hellviolett; bei der Farbung 
nach Neisser nehinen nur einige wenige Kokken, insbesondere die groBen 
Exemplare, schwarze Ffirbung an. GeiBelffirbungen hatten, wie zu er- 
warten war, ein durchaus negatives Ergebnis. 

Die Kuhn sche Kultur wachst auf alien tiblichen Nfihrbfiden, und 
zwar auf Scbrfigagar in einem zarten, leicht trfiben, zuweilen mit der Oese 
leicht abhebbaren, .zuweilen auch etwas klebrigen Belage. Im Ausstricb 
auf Agarplatten zeigte die zuerst gesandte Kultur nach 24 Std. sehr 
kleine, streptokokken&hnliche, trtibe, glattrandige Kolonien mit vfillig 
glatter Oberilache; nach 48 Std. erreichten einzelne Kolonien einen 
Durchm. bis zu 2 mm, an der Konfiguration der Kolonie finderte sich 
aber nichts. Die zu zweit gesandte Kultur bestand im Ausstricb auf 
der Agarplatte aus Kolonien von der gleichen Kleinheit der Kolonien 
der erstgesandten Kultur; die Kolonien hatten jedoch ein anderes Aus- 
sehen. Sie besaBen ein knopfformiges, etwas erhabenes und trubes 
Zentrum, das von einer breiten, hellen Zone umgeben war. Rand und < 
Oberflache auch dieser Kolonie waren glatt und glfiuzend (s. Fig. 4 u. 5). 
Wahrend die Kolonien der ersten Kultur sich mit der Oese leicht auf- 
nehmen lieBen, war dies bei der zweiten Kultur nicht der Fall; die | 


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1 


Gildemeister, Ueber Variabilit&teeracheinungen bei Vibrionen. 


249 


Bakterienmasse war fadenziehend und nur schwer vom NAhrboden abzu- 
faebeo. Mikroskopisch und fArberisch gaben beide Kulturen flberein-' 
stimmende Bilder; auch das soostige kulturelle Verhalten lieB keioe 
Differenzen erkennen. In Bouillon wuchsen beide StAmme unter geringer 
Trflbung des NAhrbodens; am Boden des NAhrboilenrdhrchens bildete 
sich nach einigen Tagen eine kleine schleimige Wolke, die bauptsAchlich 
die lebensfahigen Mikroorganismen enthieit. In Peptonwasser war das 
Wacbstum etwas geringer. Gelatine wird im Gegensatz zu V. Metschni- 
koff nicht verflBssigt. Auf Dieudonnd- Agar entwickeln die Kulturen 
rich ungefAhr in der gleichen GrfiBe wie auf Agar. Auf Drigalski- 
Agar sieht man nach 24 Std. kleiuste, rote, trflbe Kolonien. 

Serologische Untersuchungen sind von mir nicht ausgeftthrt worden; 
aie scbienen mir nicht erforderlich zu sein, da Kuhn bereits angibt, 
dafi zwischen seiner Kultur der c-Form und dem V. Metschnikoff 
keinerlei serologische Verwandtschaft besteht. Dagegen habe ich einen 
Tierversuch an Tauben angestellt, der leider ein negatives Ergebnis 
insofern zeitigte, als auch der zur Kontrolle verwandte V. Metschni¬ 
koff-StraBburg sich ebenso avirulent erwies als die Kuhnsche Kultur. 

Eingehende Untersuchungen sind weiterhin von mir bezQglich der 
bei den Kuhnschen Sonderkulturen zu beobachtenden VariabilitAts- 
erscheinungen gcmacht worden. Die oben beschriebenen Differenzen in 
dem Kolonietypus der beiden von Kuhn mir Qbersaudten Kulturen 
liefien sich hierbei bald aufklSren. Mit Leichtigkeit konnte aus Bouillon- 
kulturen der erstgesandten Kultur der Kolonietypus der zweiten Kultur 
gewonnen werden und umgekehrt. Der erste scheint der artbestAndigere 
zu sein, wAhrend der zweite Typus mehr die Neigung zu RQckschlAgen 
besitzt. Es war somit auch durch diesen Versuch die IdentitAt der 
beiden Kulturen erwiesen. Bei meinen zahlreichen und immer wieder 
voo neuem wiederholten Variationsversuchen ist es mir jedoch in keinem 
Falle gelungen, einen RQckschlag zur Vibrionenform zu erhalten. Stets 
warden nur Variationen innerhalb des Kokkentypus erhalten. 

Die WiderstandsfAhigkeit der Kuhnschen Kulturen gegen schAdigende 
Einflflsse wie Austrocknen und hdhere Temperaturen ist gering. Sie ist 
in Agar- und Bouillonkulturen, die bei Zimmertemperatur gehalten wer- 
den, jedenfalls nicht gr&fier als die von Kulturen des V. Metschnikoff. 
Adfschwemmungen der Kuhnschen Kultur in Kochsalzlftsung, die 
l’/i Std. im Wasserbade bei 60° oder 1 Std. bei 65° gehalten werden, 
sind mit Sicherheit abgetdtet. SchlieBlich sei moch bemerkt, daB kflrzlich 
in dem von mir geleiteten Laboratorium gelegentlich anderer Unter- 
sochungen eine Kultur als Verunreinigung geztichtet wurde, die in bezug 
auf das Wachstum auf Agar und auf die Morphologic groBe Aehnlichkeit 
mit der Kuhnschen Sonderkultur aufwies. 

Zusammen fas sung. 

1) Vibrionenkulturen zeigen bezQglich des Auftretens von atypischen 
Formen, wie sie von Kuhn als a-, c-, d- und Fadenformen beschrieben 
werden, sowohl unter sich wie auch zeitlich bei verschiedenen PrQfungen 
«in durchaus verschiedenes Verhalten. Derartige Formen treten zuweilen 
aehr zeitig nnd reichlieh auf. 

2) Eine isolierte FortzQchtung derartiger atypischer Gebilde ist mir 
nicht gelungen. 

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250 


Centralbl. f. B&kt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


3) Die von Kuhn beschriebene Sonderkultnr der c-Form besteht 
aus Mikroorganismen, die morphologisch, kulturell and serologisch keine 
Beziehungen za dem V. Metschnikoff besitzen. Die Eultar variiert 
ausschlieBlich im Kokkentypus; ein RQckschlag znr Vibrioform konnte 
nicht erzielt werden. Die Resistenz dieses Stammes gegen schfidigende 
Einflflsse ist nicht grOfier als die des V. Metschnikoff. 

4) Die in 24-stdg. Vibrionenkuituren zu beobachtenden groBkngligen 
(a-) und kleinkngeligen (c-)Formen sind in der gleichen Weise begeifielt 
wie normale Vibrionen. Die Zagehdrigkeit dieser Formen za dea 
Vibrionen steht somit aufier Zweifel. Ob jedoch all die zu verschiedenen 
Zeiten auftretenden verschiedenartigen kngligen Gebilde bezflglich ihrer 
Entstehung und Bedeutung als gleichwertig anzusehen sind, erscheint 
mir unwahrscheinlich. 

5) Die in Vibrionenkuituren- zu beobachtenden und von Kuhn be- 
schriebenen atypischen Formen sind meiner Ansicht nach, wenn man von 
den in jungen Kulturen zu beobachtenden morphologischen Varianten 
absieht, Absterbeformen verschiedenster Art und verschiedensten 
Stadiums. 

6) Die hypothetischen Schlufifolgerungen Kuhns stfltzen sich vor- 
nehmlich auf 2 Punkte: 1. darauf, daB die von ihm beobachteten Gebilde 
einen Entwicklungszyklus durchmachen, und 2. auf die Tatsache, daB 
es ihm gelungen sei, die c-Form als Sonderkultur ffir sich fortzuzQchten. 
Hinsichtlich des 1. Punktes ist der Ein wand zu erheben, daB auch Ab¬ 
sterbeformen einen Entwicklungszyklus — natfirlich regressiver Art — 
besitzen. Aus den Ausffihrungen Kuhns und meinen Untersuchungen 
ergibt sich nichts, was gegen die Annahme spricht, daB es sich bei den 
in Frage stehenden Gebilden um regressive Ver&nderungen handelt. Was 
den 2. Punkt, die Gewinnung der Sonderkultur der c-Form, anbetriflt, 
so habe ich auf Grand meines eingehenden Stadiums dieser Kultur 
nicht die Ueberzeugung gewinnen konnen, daB sie tats&chlich aus der 
Vibrionenkultur hervorgegangen ist und irgend etwas mit dem Vibrio 
Metschnikoff zu tun hat. Ich komme somit zu dem Endergebnis. 
daB alles gegen die Kuhnschen Hypothesen und nichts filr sie spricht. 

II. Zwergkolonien bel Vibrionen. 

Baerthlein, der in eingehendster Weise die Variabilit&tserscbei- 
nungen bei Choleravibrionen und sonstigen Vibrionen untersucht hat. 
unterschied in seiner ersten Arbeit Ober diesen Gegenstand 3 voneinander 
scharf abgrenzbare Kolonietypen, und zwar 1) belle, bl&ulich durcb- 
scheinende Kolonien, 2) gelbweiBe, undurchsichtige, coli-ahnliche Kolonien 
und 3) Ringformen. Eisenberg fiigte dann noch einen weiteren 
Kolonietypus hinzu, den er als gewulstete dunkle Form bezeiebnete. In 
seiner letzten Arbeit fiber diese Frage hat Baerthlein die Zahl der bei 
variierenden Choleravibrionen unterscheidbaren Kolonietypen bereits auf 
9 vermehrt. und bei verschiedenen Typen noch Unterteilungen vor- 


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Gildemeister, Ueber VariabiIitii tserscheinungen bei Vibrionen 


genomraen. Als Deue, besonders auffallige Kolonietypen werden von 
ihm sogenannte Zwergformen beschrieben, bei denen er folgende 2 Arten 
onterscheidet: 

1. AeuBerst feine, 
punktfdrmige, stark licbt- 
brechende, graugrflnliche 

Kolonien, die nach 24- f 1 

stdg. Bebrutung erst die 
GroBe 


von feinsten 
Streptokokkenkolonien 
aufweisen. Nach 48 Std. 
hat sich ein heller, matt- 
grfiner, schwach durch- 
scheinender Ring gebil- 
det, wahrend das aus 
der ursprunglichen Ko- 
lonie bestehende Zen- 
trum der gealterten Ko- 
lonie gelblich-weiB, stark 
gefAltelt und trocken 
wird und knopfartig der 
vergrofierten Kolonie 
aufsitzt. Die Zwergkolo- 
nien erwiesen sich bei 
der Weiterzflchtung als 
stSndig riickschlagende 
Sippe. 

2. Stark irisierende, 
perlmutterartig gliin- 
zende Zwergkolonien, 
die bei der Weiterziich- 
tung sich stSndig in 
3 Formen aufspalteten, 
also gleichfalls zu den 
standig riickschlagenden 
Sippen gehoren. 

Zunachst kann ich 
bestatigen, daB die Zahl 
der bei Vibrionen vor- 
kommenden und unter- 
scheidbaren Kolonie¬ 
typen — und das gleiche 
gilt auch fur andere 
Bakterienarten — recht 
erheblich ist. Je mehr 
man sich mit einer Bak- 
teriengruppe beschfiftigt, 
um so groBer wird die 
Zahl der verschiedenen 
Kolonieformen, die man 
kennen lernt. Bei Vibrio¬ 
nen fand ich am h&ufigsten die von Baerthlein zuerst beschriebenen Ko¬ 
lonietypen, daneben aber zahlreiche andere, von diesen[abweichende, schein 


Fig. 6. Typus 1 der bei Vibrionen zu beobach 
tenden Zwergformen. 24-stiind. Wachstum. 


is 1 nach 48-stund. Wachstum 


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(Central!>1. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4 


bar selbst&ndige Koloniearten, die aber zumeist doch nur Uebergangs- 
formen oder Zwischenformen der 3 Haupttypen darstellten. Eine besondere 

Gruppe bilden zweifel- 
los die Zwergformen, 
die bekanntlich auch 
bei anderen Bakterien- 
arten, z. B. Typhusba- 
zillen, beobacbtet wor- 
den sind. Auch icb 
babe sie haufig ange- 
troffen uud mochte 
nachstehend eine kurze 
Beschreibung der von 
mir angetroffenen For- 
men geben. Es handelt 
sich auch hier sicher- 
lich um eine Gruppe 
von Kolonieformen, und 
es ist bis zu einem ge- 
wissen Grade GefQhls- 
sacbe, welche man als 
die charakteristischsten 
Vertreter dieser Gruppe 
bezeichnen will. Am 
haufigsten kehrten bei 
meinen Untersuchun* 
gen folgende Formen 
wieder: 

1) Nach 24-stdg. 
Wachstum auf Agar die 
GroBe von Streptokok- 
kenkolonien errei- 
cbende, stark gewolbte, 
warzenformig vor- 
springende, glanzende, 
graugelbliche, meist 
wenig durchsichtige Ko- 
lonien mit leicht un- 
regelmaBigem, in den 
Nahrboden scheinbar 
hineingedrQcktem 
Rande. Nach 48-stdg. 
Bebrutung ist die Ko- 
lonie erheblich gr8Ber, 
zeigt ein knopfartiges 
Zentrum und radiar ge- 
faltelte Oberfl&che (siebe 
Fig. 6 u. 7). Die Ko- 


Fig. 8. Typus 2 der bei Vibrionen zu beobach 
tendon Zwergkolouien. 24-ctiind. Wachstum. 


>u$ 2 nach 4S-stuud. Wachstum 


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GiIdemeister, Ueber Variabilitatserscheinungen bei Vibrioneo. 


253 




Fig. 10. Typus 3 der bei Vibrionen zn bcob- 
achtenaen Zwergkolonien. 24-stiind. Waehstum. 


typischen Zwergformen Norraalformen abzuspalten. Sie dflrfte im 
wesentlichen der von Baerthlein beschriebenen 1. Zwergform ent- 
sprechen. 

2) Nach 24 - stdg. 

Waehstum auf Agar war- 
zeuformig vorspringende, 
gelbliche, wenig durch- 
sichtige Kolonien mit 
kranzformigem Rande, 
der nach 48 Std. stark 
gewolbt ist, w&hrend das 
Zentrum der Kolonie 
starke FSltelung auf- 
weist (s. Fig. 8 u. 9). 

Auch diese Kolonieform, 
die sich bei Weiterimp- 
fung im allgemeinen als 
konstant erweist, haftet 
dem NShrboden fest an. 

3j Ein beim V. 

Metschnikoff haufig 
wiederkehrender Typus, 
der nach 24*stdg. Wachs- 
tum bei 37° aus einem 
flachen, etwas geitlltelten 
Zentrum und einem 
ruschenartig gewulsteten 
Rande besteht. Nach 
48 Std. ist der Rand 
noch mehr gewulstet und 
hat eine ziemlich regel- 
maCige Segmentierung 
erfahren (s. Fig. 10 u. 11). 

Die Kolonieform ist bei 
kurziristiger Ueberimp- 
fang konstant. 

Die unter 2 und 3 
ton mir beschriebenen 
Zwergformen entspre- 
chen keiner der von 
Baerthlein angegebe- 
nen Formen. Ich sehe 
diese Feststellung als 
einen weiteren Reweis 
ffir den Formenreichtum 
der bei der Bakterien- 
Tariation rabglichen Ko- 
lonietypen an. 

Was die HSufigkeit 
des Auftretens derarti- 
ger Zwergformen in Aus- 
strichen von Yibrionenkulturen anbetriflt, so ist diese durchaus verschieden. 
In der gleichen Kultur, in der sie an einem Tage beobachtet werden, 


Fig. 11. Typus 3 nach 48 stiind. Waehstum. 



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254 


(Jentralbl. f. Baku etc. 1. AbU Originate. Bd. 87. Heft 4. 


konnen sie bei spfiteren Untersuchungen vollig fehlen und nmgekehrt. 
Zuweilen treten sie in den Ausstricben nnr ganz vereinzelt auf, zuweilen 
aber auch in solchen Massen, daB sie das Kolonienbild vfillig beherrschen. 
So beobachtete ich mehrere Cholerastfimme, bei denen in Ausstricben 
aus alten Bouillonkulturen und ganz besonders aus alten Peptonwasser- 
kulturen derartige Zwergformen fast ausschliefilich vorbanden waren. 

Mikroskopisch bestehen die Zwergformen aus Vibrionen, die im all- 
gemeinen kleiner und feiner gestaltet sind als Vibrionen aus Normal- 
kolonien; sonstige nennenswerte Unterschiede hinsichtlicb der Form und 
Ffirbbarkeit waren jedoch nicbt zu erkennen. 

Auch auf anderen festen N&brbfiden — Dieudonn6- Agar, Endo* 
agar — bleibt das Wachstum der Vibrionenzwergkolonien zwerghaft. 

Zusammenfassung. 

Es werden die Angaben von Baerthlein fiber das Vorkommen 
von Zwergkolonien bei Choleravibrionen und anderen Vibrionenkulturen 
best&tigt und 3 besonders charakteristische Arten von Zwergkolonien 
beschrieben. 

Literaturverseichnis. 

Baerthlein, Karl, Arb. a. d. Kais. Geflundheitsamt. Bd. 40. 1912 und CentraJ- 
blatt f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 78. 1916. — Carlton, zit. nach Fliigge. — Ceci, 
zit. nach Fliigge. — Dowdeswell, zit nach Friedrich. — Eisenberg, Ergebn. 
d. Immunitateforeeh. upw. Bd. 1. 1914. — Ermenghem, zit. nach Flugge. — 
Ferran, zit. nach Fliigge. — Fliigge, Die Mikroorganianoen. Bd. 2. 1896. — 
Friedrich, Arb. a. d. Kais. Gtsundheitnamt. Bd. 8. 1893. — Hueppe, Fortschr. d. 
Med. 1885. — Kitaeato, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 3. 1888. — Kolie u. Schiirmann, 
Handb. d. pathogen. Mikroorganism. v. Kolie u. Wasserm&nn. 2. Aufl. Bd. 4. — 
Podwyssocki, Ccntralbl. f. allg. Pathol, u. pathol. Anat. Bd. 4. 1893. 


Nachdruck verbotm. 

Beitrage zur Frage der Indolbildung und der Indolreaktionen 
sowie zur Kenntnis des Verhaltens indolnegativer Bakterien. 

[Aus dem Stfidt. Hygienischen Univ.-Institut zu Frankfurt a. M. 
(Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. M. Neisser).J 

Von Dr. Walther Frieber. 


So wicbtig die Tatsache der bakteriellen Indolbildung als Differen- 
zierungsmerkmal ist, so interessant ist die Frage nach dem Verbalten 
der indolnegativen Bakterien gegeniiber dem Mutterkfirper des Indols, 
dem Tryptophan. Was machen die Bakterien mit dem Tryptophan, wenn 
sie kein Iudol bilden konnen V Lassen sie das Molekfil intakt? Wird 
z. B. das indolnegative Bact. typhi deswegen nicht zur Indolbildung 
befahigt sein, weil es die Alaninseitenkette des Tryptophans nicht an- 
greifen kann, weil ihm die Stickstoffquelle des Tryptophans nicht zusagt, 


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Frieber, Beitrage zur Frage der Indolbildung und der Indolreaktionen. 255 


vie Zipfel meint, Oder sollten Herzfeld und Klinger recht baben, 
wenn sie vermuten, daB die indolDegativ erscbeinenden Bakterien die 
Fihigkeit, das Tryptophan zum Indol abzubauen, wohl besitzen, daB aber 
das gebildete Indol „in statu nascendi“ znr Synthese der Zellsubstanz 
weiter verarbeitet wird, wodurch der chemische Nachweis freien Indols 
miBlingt. Herzfeld und Klinger glauben, eine Stiitze fflr diese An- 
nahme darin gefunden zu haben, daB sie in Bakterienkulturen tatsfichlich 
ein Verschwinden freien Indols feststellten. Es erscheint immerhin 
denkbar, daB in dem Moment, wo durch die Sfiure des Ehrlicbschen 
Indolreagens die Zellfunktion gelfihmt wird, nicht so viel ungebundenes 
Indol vorbanden ist, daB selbst bei der auBerordentlichen Scbfirfe der 
Reaktion (1:2000000) der Nachweis intermedi&r gebildeten Indols ge- 
lingt Oder sollte das Tryptophan ungeteilt zum Aufbau verwendet 
werden? Der von Herzfeld und Klinger ge&uBerten Ansicht fehlt 
aber die Beweiskraft, zumal keine Versuche angestellt wurden, das Vor- 
handensein von komplexen Indolderivaten im ZelleiweiB nachzuweisen. 

Die Frage nach dem Verhalten indolnegativer Bakterien soil daher 
im Vordergrunde des Interesses stehen. 

Eng hiermit verknflpft ist die andere Frage nach der besten Methode 
des Indolnachweises. Denn wenn fiber positive Oder negative Indol¬ 
bildung berichtet werden soli, so muB zun&chst Einstimmigkeit fiber die 
Mbglichkeit des Nachweises bestehen. Dies ist, wie die in der Literatur 
rorhandenen Angaben fiber Indolbildung zeigen, nicht der Fall. 

Die beiden am h&ufigsten verwendeten Nachweismethoden des Indols, 
die filtere von Salkowski und die seit 1906 durch Bdhme weiteren 
Kreisen bekannt gewordene P. Ehrlichsche Indolreaktion mit p-Di- 
metbylamidobenzaldehyd zeigen hfiufig nicht fibereinstimmende Ergebnisse, 
im Gegenteil, sie widersprechen sich sogar. Urn ein besonders prfignantes 
Beispiel herauszugreifen, das nicht allein dasteht — ohne der ill ter en 
bakteriologischen Literatur zu gedenken — seien Befunde von Zipfel, 
Bfihme und Jaff6 mitgeteilt. Jaff6 fand in Kulturen von mehr als 
20 St&minen von Bact. typhi Indol. BOhme wies bei 25 verschie- 
denen Typhus- etc.-Stiimmen, Zipfel bei 85 Stiimmen derselben Gruppe 
nach, daB Indol nicht gebildet sei. JaffO bediente sich der Salkowski- 
schen Reaktion, Bdhme legt die Ehrlichsche Aldehydreaktion zu- 
grunde, und Zipfel verwendet sowohl die Reaktion nach Salkowski, 
nach Ehrlich und die Nitroprussidnatrium-Reaktion und betont, daB 
er selbst innerhalb 6 Wochen mit diesen 3 Methoden Indol nicht habe 
nachweisen kOnnen. 

Andererseits sind derart widersprechende Befunde insofern wichtig, 
als dadurch die Bedenken von der Indolbildung abgelenkt und mehr 
auf die Nachweismethoden gerichtet werden. So ergibt sich die Frage, 
ob die erwfihnten Reaktionen echte Indolreaktionen sind, oder ob der 
einen ein grOBerer Wert vor den anderen als spezifische Indolreaktion 
gebflhrt. 

Alle Untersucher, die mit reinem Indol Vergleiche anstellen, er- 
heben nur die Frage nach der SchSrfe, der Empfindlichkeit und geben 
dann meist der Ehrlichschen Reaktion den Vorzug, oder empfehlen 
»egen der geringeren Kosten der Reagentien den Nachweis nach Sal- 
kowskL Ira fibrigen erachtet Zi pfel die Ehrlichsche und Sal- 
kowskische Reaktion bei Verwendung der von ihm angegebenen syn- 
thetischen NfihrlOsung mit Tryptophan ffir gleichwertig. 

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256 


Centralbl. f. JBakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 4. 


Untersuchungen, die Verf. mit Paracoli-Stammen (Coli muta- j 
bile Neisser-Massini und anderen, fiber die weiter unten berichtet wird) 
in der Zipfelschen Tryptophanldsung machte, ergaben, daB bei absolat 
negativer Ehrlichscher Indolreaktion eine Starke Reaktion nach Sal- 
kowski auftreten kann. Diese Befunde lieBen sowohl die Angaben 
Zipfels, wie auch den Wert der beiden Reaktionen in Zweifel ziehen. 

Auch von anderer Seite (Steensma, Groot, Bach) sind derartige 
Befunde (bei Proteus-Stfimmen) mit positiver Salkowski-Reaktion 
mitgeteilt, ohne dad mit p*Dimethylamidobenzaldehyd Indol nachzn- ; 
weisen war. 

Da nach dem bisber Gesagten der Frage der Indolbildung nnd ihres 
Nachweises groBe Bedeutung beizumessen ist, so wurde es im folgenden 
unternommen, den Wert der Indolnachweismethoden einer genaneren 
Prfifung zu unterzieben. 

Es sei vorangestellt, daB ich zu diesen Untersuchungen in erster 
Linie die synthetische Tryptophanldsung von Z i p f e 1 verwendete, 
da ich sie ffir meine Zwecke fflr geeigneter hielt als die kurze Zeit vor 
Zipfel von Borthelot (1911 und 1912) angegebene, Oder sogar schon 
1903 von Hopkins und Cole — den Entdeckern des Tryptophans — 
verwendete kfinstliche Tryptophanldsung. In der Zipfelschen Ldsang 
(enthaltend Tryptophan 0,3 g; Ammonium lacticum 5,0 g; Asparagin 
5,0 g; sek. Kaliumphospbat 2,0 g; Magnesiumsulfat 0,2 g; dest. Wasser 
1000 ccm) bildeten einige Paracoli-StSmme, die im Hygienischen Institnt 
wegen ihrer krfiftigen Phenolbildung isoliert waren, keine Spur von Indol, 
die mit Ehrlichschem Reagens nachzuweisen gewesen wire, zeigten 
aber eine starke Salkowskische Reaktion bei absolut farblos bleibenden 
unbeimpften Kontrollrdhrchen. Gleiches Ergebnis hatten 5 Proteus* 
Stfimme. Dieser Befund muBte insofern verwundern, als Zipfel aus- 
drfickiich angibt, daB die mit den Reagentien Aldehyd, Nitrit und Nitro* 
prussidnatrium in Tryptophanldsung auftretende F&rbung nur vom Indol 
herrfihren kdnne. 

Urn bei meinen Versuchen die Mdglichkeit aoszuschlieBen, daB der 
die Salkowski-Reaktion gebende Kdrper vielleicht gar nicht in Be- 
ziehung zura Tryptophan stfinde, gar kein bakterielles Tryptophan-Abban- 
produkt sei, sondern daB er durch bakterielle Umsetzung des Aspagarins 
oder des Ammonlaktats entstanden sein kdnne, wurden folgende 4 Ver- 
suchsreihen angelegt: Reihe I stellte Tryptophanldsung nach Zipfel in 
der oben angegebenen Zusammensetzung dar. In Reihe II fehlte gegen- 
fiber Nr. I das Tryptophan, in Reihe III blieb nur Asparagin fort, nnd 
Reihe IV enthielt kein Ammonlaktat. Geimpft wurde mit 3 Paracoli- 
Stfimmen und 2 Proteus-Stammen. Wachstum war bei alien Rdhrchen 
vorhanden, nur war dies in den asparagin- und ammonlaktatfreien Rdhr¬ 
chen der Reihe III und IV schwficher. Die Salkowski-Reaktion trat 
fiberall nach 3 Tagen ein, nur in den Rdhrchen der Reihe II, die trypto¬ 
phan frei waren, blieb sie trotz guten Bakterienwachstums aus. Die 
Ehrlichsche Reaktion, die zur Kontrolle angestellt wurde, blieb in 
alien Rdhrchen negativ. Hieraus ergibt sich, daB der Kdrper tatsSchlich 
aus dem Tryptophan entsteht. 

Bezuglich der Ausfiihrung der Reaktionen ist folgendes zu sagen: 

Die Ehrlich sche Reaktion wurde angestellt in der Modifikation von 
E. Pringsheim, indent zu 5 cent KulturHiissigkeit 5—10 TropfMt 
Reagens gegebeu wurden (von der Zusammensetzung 5 g p-Dimethyl- 


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Frieber, Beitr&ge znr Frage der Indolbildung und der indolreaktionen. 257 


amidobenzaldehyd, 50 ccra Methylalkohol (96-proz.) und 50 ccm konz. 
SalzsSure (spezif. Gewicbt 1,19), jedoch ohne Kaliumpersullat. Die ur- 
sprflnglich von Bdhme angegebenen Mengenverh&ltnisse der Reagentien 
for die £hrlichsche Reaktion sind unzweckm&dig, da sie eine zu starke 
Verdflnnnng der KulturflQssigkeit ergeben und zu wenig SalzsSure ent- 
balteo, als dad mit 10 Tropfen eine stark alkalisch gewordene Kultur- 
ilfissigkeit genflgend angesSuert wtirde. Das Kaliumpersulfat in gesSttigter 
Lfisung, das auch E. Pringsheim noch angibt, ist auderdem als Oxy- 
dationsmittel entbehrlich. 

Die Salkowskiscbe Reaktion wurde in der Weise ausgefQhrt, dab 
die mit Vs Volumen etwa 50-vol.-proz. Schwefels&ure (erhalten durch 
Miscben gleicber Teile Wasser und konz. Schwefelsfiure) gut vermiscbte 
KulturflQssigkeit mit Natriumnitritlfisung (0,02 g in 100 ccm Wasser) 
tropfenweise Qberschichtet wurde. Konzentrierte SchwefelsSure ist zn 
vermeiden; bei Versetzen mit 50-vol.-proz. Schwefels&ure tritt keine 
oennenswerte Erw&rmung der KulturflQssigkeit und keine Dunkelf&rbung 
Oder Verkoblung ein. 

Nacb 2-tSgiger Bebrfltung der geimpften Rfihrcben trat nach An- 
g&uern mit Schwefels&ure und Nitritzusatz zun&chst an der Oberfl&che, 
dann nach Umscbiltteln eine sich auf die ganze Fltlssigkeit verteilende 
RotfSrbung auf. Nach 4-tSgiger Bebriltung nahm die anfangs ungefSrbte 
Kulturfliissigkeit namentlich bei Proteus-StSmmen einen dunkleren 
Farbton an und gab eine weit stSrkere Reaktion als vorber. Die Ehr- 
licbscbe Reaktion blieb auch nunmehr negativ, dagegen trat in den mit 
Ehrlichschen Reagentien versetzten Rbhrchen nach Zusatz von Nitrit 
die Salkowskische Reaktion auf, ohne dafi die Anwesenheit des Al- 
dehyds stdrte. Auch die Nitroprussidnatriumreaktion (Zusatz von 1 ccm 
2 proz. frisch bereiteter Nitroprussidnatriumlosung und 1 ccm n-Kalilauge 
und AnsSuern mit EssigsSure) war negativ. 

[Damit die Mdglichkeit ausgeschlossen werden konnte, dad etwaige 
Nitritmengen des NShrbodens die Ehrlicbsche Reaktion hemmen wflrden, 
wurde die KulturflQssigkeit sowohl unverdflnnt, wie 1:100 verdQnnt, mit 
SchwefelsSure angesQuert und mit einer IndollCsung 1:5000 (von der 
1 Tropfen ‘/so entspricht) zunfichst tropfenweise, dann weiter bis 
insgesamt mit 5 ccm auf 100 ccm Losung versetzt. Eine auftretende 
gerioge Rdtung durch Bildung von Nitroso-Indol zeigte, dad Nitrit 
bakteriell nur in geringer Menge gebildet war. Mit Jodzinkst9rkel6sung 
konnte Nitrit nicht nacbgewiesen werden.] 

Der mit den Salkowski-Reagentien reagierende KOrper konnte 
also kein Indol sein, da er sonst die Ehrlich sche Reaktion h&tte geb$n 
mOssen. 


Auf Grund von Erfahrungen, die ich beim Studium der verschie- 
denen Indolreaktionen gesammelt hatte, konnte nun noch die Mbglichkeit 
vorliegen, dad das mit dem Ehrlich schen Aldehyd reagierende C-Atom 
des Indols infolge unvollstSndigen Abbaus der Alaninseitenkette des 
Tryptophans noch nicht so weit freilag, dad die Ehrlichsche Reaktion 
auftreten konnte. 

Ehe die Untersuchungen des die Nitritreaktion gebenden KSr- 
pers weiter gefGhrt werden, sollen in Anbetracht des Interesses an 
der Kenntnis des Chemismus der Reaktionen hier vergleicbende Unter¬ 
suchungen fiber die verschiedenen Indolreaktionen an chemisch reinen 
Kfirpern mitgeteilt werden. Diese Ergebnisse werden uns einen Schritt 


Ente Abt. Orig. Bd. 87. 

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Heft 4. 


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258 CentralbL f. B&kt. etc. I. Abt. Original©. Bd. 87. Heft 4. 

vorwfirts briDgen. Wir werden ein Bild bekommen, wie die einzelnen 
Reaktionen wirken, wo sie am Indolkern ansetzen, und wir werden vor 
alien Dingen sehen, ob die Ehrlichsche und Salko wskische Reaktion 
in gleicher Weise reagieren, also genau parallel gehen. 

Indolreaktion en. 

Von den Indolreaktionen wurden die folgenden 5 als wichtigste heran- 
gezogen. 

1) Reaktion mit dem Paul Ehrlichschen p-Dimethylamidobenzaldehyd, modi- 
fiziert: 5,0 g p-Dimethylamidobenzaldehyd, 50 ccm Alkohol, 50 ccm konz. Salzsaure, 
haltbar in Glasstopfenflaschen. 5—10 Tropfen zu etwa 5 ccm Kulturfliissigkeit zusetzen. 
Indol gibt kirschrote Farbung 1 ). 

2) 8alkowski-Reaktion. Ausfiihrang: 5 ccm Kulturfliissigkeit mit V 3 Raumteil 
50*vol.-proz. Schwefelsaure durchmischen, iiberschichten mit Kaliumnitritldsuog (0,02 g 
in 100 ccm Wasser). Indol hellrot. 

3) Reaktion mit l,4-p-naphto-chinon-mono9ulfo?aurem Kalium nach de Graaf; in 
Kulturfliissigkeit nicht verwendbar. Zusatz von einigen Tropfen wafiriger Losung m 
5 ccm schwach alkalisiertera Destillat. Auftreten eines braun-blauen F&rbtons, der in 
Chloroform rotlich loslich ist. 

4) Nitroprussidnatriumreaktion nach Legal-Weyi. Versetzen von 5 ccm schwach 
alkalisierter Nahrlosung mit 0,5—1 ccm friscn bereiteter 2-proz. Nitroprusfiidnatrium- 
ldsung. Nach Zusatz von Essigsaure: Blaufarbung. 

5) Vanillinreaktion, Zusatz von *0 Tropfen 2 proz. alkohohscher VanillinlSsung 
zur Kulturflussigkeit. Stark Ansauern mit konzentrierter Salzsaure. Indol: geib-or&oge. 

An chemiach reinen indolderivaten s tan den mir folgende, in a- oder p-Stelle am 
Indolkern substituierte Korper zur Verfiigung: 

I. a- und p-Stelle frei: 1) Indol; 

II. a-Stelle besetzt: 2) a-Methylindol, 3) Indolkarbonsaure; 

III. p-Stelle besetzt: 4) (J-Methyliddol (Skatol), 5) p-Indolaldehyd. 6) p-Indolessigsaure. 

7) p Indolbrenztraubensaure (Indol-a-Keto-Propionsaure; Indolacetylameisensiure)* 

8) (l-Indolathylarain (Tryptamin), 9a) p-Indolalanin (l Tryptophan), 9b) synth. 
(d+ l) Tryptophan (Ellinger), 10) p-Indolglyzylalanin (Glyzyltryptophan); 

IV. a- und p*Stelle besetzt: 11) a-, p-Indoldikarbonsaure, 12) a-Methyl-p-Indolalanin 
(a-Methyltryptophan), 13) Indoxyikarbonsaure, 14) Isatin. 

Vorstehende Korper waren groBtenteils nicht im Handel zu taaben. 
Ihren Besitz verdanke ich in erster Linie dem freundlichen Entgegen- 
kommen von Herrn Geh. Med.-Rat Ellinger, Frankfurt a. M. y Herrn 
Prof. Hans Fischer, Mttnchen, Technische Hochschule, der Badischen 
Anilin- und Sodafabrik, Ludwigshafen a. Rh., vor allem aber Herrn 
Dr. Ellger, Grenzach-Werke, Grenzach i. B., welcher mir in besonderfl 
liebenswiirdiger Weise Tryptophan, Tryptamin und andere Derivate 
kostenlos uberlieB. Allen genannten Herren sei auch an dieser Stelle 
ganz besonders herzlich fflr ihre Liebenswflrdigkeit gedankt. 

Diese Korper warden zun&chst in wafiriger Losung (30 mg in 100 ccm 
Wasser) gepruft, desgleichen in Zipfelscher Losung, der sie statt 
Tryptophan in derselben Menge zugesetzt wurden. Wegen Raummangels 
muB auf Wiedergabe der Befunde in Tabellenform verzichtet werden* 


l) Gebrauchsfertige Losung und Ausgangsmaterialien sind bei Dr. G. Grabler 
und Co., Leipzig, Liebigstrafie zu beziehen; das Frankfurter Institut priift dieBrauch- 
barkeit. 


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Frieber, Beitrage zur Frage der Indolbilduug und der Indolreaktionen. 259 


Zum besseren Versliindnis diene die folgende Stmkturformel des Tryptophane: 

fl 

C \ P « 

H-C 0- 3 C CH.CHOOOH 

I li "II \ 

H —C C aC-H NH, 

q/ / a-Amiuo* Propion- 
• • saure = Al&nin 

H H 

1 ndol 

p-Indol-Alanin = Tryplophan 


Indol. 


1) Mit Ehrlichschem Reagens: eine kirschrote bis himbeerrote Farbung, die in 
Amylalkohol eowie Chloroform gut ausschiittelbar ist (Amylalkohol ist zu priifen, ob 
er nicht an sich Rotfarbung gibt). Aether, Benzol, Toluol Ibsen nicht. Nachtragliche 
Zugabe von Nitritlosung bedingt Verstarkung des Farbtons, desgleichen Persulfat; aus- 
»chuttelbar mit Amylalkohol und Chloroform. Viel Nitrit kann den Farbstoff zu farb- 
losem Produkt oxydieren. 

2) Mit Vanillin: Orangefarbunjr, die durch Nitrit oder Persulfat unverandert 
bleibt, in Chloroform wenig orangefarben ausschiittelbar. 

3) Salko wg ki-Reaktion: hellrot bis himbeerrot, leicht in Amylalkohol und 
Chloroform iibergehend. 

4) Nitroprussidnatrium: blau, nicht extrahierbar. 

5} p-Naphtochmon: Farbe braunrot, mit viel Indol dunkelgriin bis blau, in Chloro¬ 
form himbeerrot iibergehend (sehr wichtig!). Auch farblos erscheinende Reaktionen 
sind stets mit Chloroform auszuschiitteln, wobei Chloroform bei Anwesenheit selbst 
von Spuren Indol deutlich rosa wird. 

Skatol (P-Methy lindol). 

1) Ehrlich reagiert nicht. Erst durch viel Salzsaure: violett-bis purpurfarben; 
durch Nitritzusatz tiefblau, in Chloroform blauloslioh. Bestandig. (Unterschied von 
Indol das nie blau wird, sondern leicht durch viel Nitrit farblos wird.) 

2) Vanillin gibt normalerweise keine Reaktion. Durch viel konzentrierte Salzsaure 
purpura, das durch viel Nitrit farblos wird und ganz verblafit, wahrend durch Persulfat 
keine Aenderung eintritt. 

3) Salkowski reagiert normalerweise nicht, bei Anwesenheit von viel Schwefel- 
*aure odcr Salzsaure gelb. 

4) Nitroprussidnatrium und p-Naphtochinon reagieren nicht. 

a-Metbylindol. 

Chrlichsche Reaktion kirschrot, in Chloroform kirschrot, loslich, durch Nitrit- 
zusatz keine Farb verstarkung gegeniiber Indol; Vanillin orangegelb, Nitrit und Persulfat 
keine Veranderung. 

Salkowski normalerweise keine Reaktionen (mit konz. Sehwefelsaure rot). 
Nitroprussidnatrium keine Reaktion. 

^-Naphtochinon: braunrot, in Chloroform rot loslich. 

p -Indo laldehyd. 

Ehrlich-, Vanillin-, Salkowski-, Nitroprussidnatrium- und p-Naphtochinon- 
Re&ktionen = 0 (bei starker Saure schneller, sonst nach einiger Zeit mit Ehrlich 
und Salkowski rot). 


P-Indolessigsaure. 

Ehrlich-, Vanillin-, Nitroprussidnatrium- und Naphtochinon-Reaktionen = 0. 
Salkowski- Reaktioa hellrot, in Amylalkohol iibergehend, nicht in Chloroform (Amyl- 
alkohol, der mit Ehrlichs Reagens rot gefarbt wurde und daher zum Ausschiittein 
bei dieser Reaktion nicht geeignet ist, stort die Sal ko wskische Reaktion nicht, sondern 
bleibt auf Nitrit und Schwefelsaurezusatz farblos und kann daher zum Ausschiuteln 
der Salkowaki-Reaktion verwendet werden). 

17 * 


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260 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


(3-lndol-Brenzjraubensaur e. v 

Ehrlich*, Vanillin-, Nitroprussidnatrium-, Naphtochinon-Reaktionen =0. 8al- 
kowski- Reaktion purpurrot (zutn Un terse hied von Indoleaaigeaure, welche rot wirdy 

Tryptophan, a-Methyltryptophan, eymh. Tryptophan, Glyzyltryptophan, a-Indol- 
karbonsaure, Jndoxvlkar bonsaute, a| I ndolkarboneaure und teatin geben mit dee 
5 Reagentien keine Reaktion. Indolaihylamin (Tryptamin) reagiert mit Ehrlich alkie 
nicht, wird aber auf Zusatz von Nitrit blau. 

Aus vorstehenden Untersuchungen gebt hervor: 

Ehrlichs Reagens reagiert mit Indol and a-Methylindol; nicht 
reagieren: /S-Methylindol (Skatol nor bei starker SSure), Indolaldehyd, 
Indolkarbons&ure, Indolessigs&ure, Indoibrenztraubens&ure, Tryptophan. 
Tryptamin, a-Methyltryptophan, Glyzyltryptophan. 

Salkowski reagiert mit: Indol, Indolessig^finre, Indolbrenz- 
traubens&nre; nicht mit: a*Methylindol, /?-Methylindol, a-Methyl¬ 
tryptophan, Indolaldehyd, Indolkarbons&ure, a-^-IndoldikarbonsSure, In- 
doxylkarbonsSure, Isatin, Tryptophan, Glyzyltryptophan, IndolStliylamin. 

Nitroprussidnatrium reagiert mit Indol, nicht mit den flbrigen 
13 Korpern. 

Vanillin reagiert mit Indol und Methylindol, nicht mit den fibrigen 
Kbrpern. 

Daraus ergibt sich ein prinzipieller Unterschied der 5 Reaktionen. 

I. Die Ehrlichsche, Vanillin- und Naphtochinon-Reaktion ver- 
langen ein freies C-Atom, sie werden nicht gehemmt durch eine 
Metbylgruppe am a-C-Atom (a-Methylindol). 

II. Die Salkowskiscbe und die Nitroprussidnatrium-Reaktioo 
verlangen vor allem eine freie a-Stelle des Indolkerns (a-Methylindoi 
gibt mit ihnen keine Reaktion). AuBerdem verlangt die Nitroprussid- 
natrium-Reaktion noch eine freie /?-Stel)e und ist somit von alien 
5 Reaktionen am anspruchsvoilsten. Bei Salkowski darf bei freiem 
a-C-Atom am Indolkern in der /? C-Stelle Essigs&ure oder Brenztrauben- 
s&ure als Seitenkette .sitzen, ohne daB dadurch die Reaktion gehemmt 
wflrde. a-Methylindolessigs&ure gibt keine Salkowskische Reaktion. 

Nach ihrer Spezifit&t geordnet, steht von den 5 Reaktionen obenan 
die Nitroprussidnatrium-Reaktion, sie geht nur auf freies Indol. Es 
folgen die Ehrlichsche, Vanillin-, und Naphtochinon-Reaktionen, die 
eine freie j?-Stelle fordern, wahrend das a-C-Atom des Kerns methyliert 
sein kann. Wie eine lange Seitenkette am a-C-Atom des Kerns wirken 
wflrde, entzieht sich der Prflfung aus Mangel an derartigen Indol- 
derivaten. 

Die Salko wskische Reaktion ist am an spruchslosesten: 
wenn nur das a-C-Atom frei ist, so darf in ^-Stelle Essigs&ure oder 
Brenztraubens&ure substituiert sein. 

Zieht man in Betracht, daB das Nitroprussidnatrium den Zusatz von 
drei Stoffen erfordert, Naphtochinon eine Destination der Kultur nfltig 
macht, Vanillin sehr starke Salzs&ure verlangt und keine besonders 
schone Farbung gibt (gelb-orange), wahrend die Ehrlichsche Reaktion 
praohtig kirschrot wird, so scheint der Vorzug der Ehrlichschen 
Reaktion zuzukommen. 

Die vorstehenden Ausfiihrungen zeigen, daB tats&chlich zwischen 
dem Ausfall der Ehrlichschen und der Salko wskischen Reaktion 
ein prinzipieller Unterschied besteht, daB liier die Ehrlischsche Reak- 


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Frieber, BeitrSge zar Frage der Indolbildung und der Indolreaktionen. 261 

tioo den Vorzug der Spezifit&t hat. Es ergibt sich ferner, daS die 
Salkowskische Reaktion nicht allein eine Indolreaktion ist, sondern 
eine Indol-Essigs&ure-Reaktion Oder bei violetter Farbentonung eine 
Indol-Brenztraubens&ure- Reaktion. 

Ans diesen Ergebnissen erhalten die Unstimmigkeiten zwischen der 
Ehrlichschen und Salkowskischen Reaktion ihre experimented 
Best&tigung 

Der gleiche durchgreifende Unterschied, wie er sich bei chemisch 
reinen Praparaten gezeigt hat, tritt auch sehr schfln bei den Produkten 
des bakteriellen Abbaus zutage. Aus Tryptophan und Glyzyltryptophan 
biltlen indolpositive Bakterien freies Indol. Dieses kann mit den 
5 Reaktionen der beiden Gruppen nachgewiesen werden. Der Abbau 
des a-Methyltryptophan (a-Methyl, /Mndol Alanin) kann bei indolposi* 
tiven Bakterien, welche nur die Alaninseitenkette abspalten, niemals zum 
freien Indol, sondern nur zum a-Methylindol fiihren. 

Eine synthetische Losung Dach Zipfel, enthaltend statt Tryptophan 
0,03 g a-Methyltryptophan, wurde mit folgenden indolpositiven Bakterien- 
arten geimpft: Bact. coli commune, Proteus X19, Vibrio 
cholerae und Bact. dysent. (Flexner). 

Die angestellten Indolreaktionen fielen aus: 
bei Gruppe I (Ehrlichsche, Vanillin-, /?-Naphtochinon-Reaktion): 
positiv, 

bei Gruppe II (Salkowski-, Nitroprussidnatrium - Reaktion) : 
negativ. 

Obwohl die Alaninseitenkette tats&chlich abgespalten war, wie der 
positive Ausfall der Reaktionen der I. Gruppe, die im /? C-Atora ein- 
setzen, beweist, so konnten dennoch die Reaktionen der II. Gruppe, die 
eine freie a C-Stelle des Indolkerns verlangen, nicht eintreten, da dieses 
noch mit einer Methylgruppe blockiert war. 

Da das a Methyltryptophan, welches von Herrn Geh. Rat El linger 
syothetisch gewonnen war, im EiweiBmolekal nicht vorkommt, so haben 
diese Befunde in erster Linie theoretisches Interesse. 

Bei der spfiter zu erdrternden Frage, wie das Tryptophan von indol- 
negativen Bakterien angegriifen wird, wird uns das synthetische a-Methyl¬ 
tryptophan noch einmal eine wertvolle StOtze bieten. Hier genflgt es, 
mit seiner Hilfe den prinzipiellen Unterschied zwischen den beiden 
Grnppen von Reaktionen, im besonderen aber deu Unterschied zwischen 
den im Vordergrunde des Interesses stehenden Ebrlichschen und 
Salko wskischen Reaktionen auch am bakteriellen Abbau gezeigt zu 
haben. 

In gleicher Weise wie der bakterielle Abbau des Tryptophans, Glyzyl- 
tryptophans und a-Methyltryptophans wurde auch die bakterielle Spaltung 
der a-Iodolkarbons&ure, der a /? Indoldikarbons&ure,/?-Methylindol (Skatol), 
^Indolaldebyd, IndolessigsSure, IndolbrenztraubeusSure, Iudol&thylamin 
durch Bact. coli commune sowie Proteus X19 versucht. In 
keinem Falle konnte durch bakterielle Umsetzung ein Endprodukt er¬ 
halten werden, welches eine positive Ehrlich scbe Reaktion gegeben 
hitte. 


Der *Zwischenk9rper“. 

Nachdem durch vorliegende Untersuchungen festgestellt war, daB 
die Ehrlichsche und Salko wskische Reaktion tats&chlich nicht 


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262 Oentraibl. f. Bakt. etc. I. Abt, Originate. Bd. 87. Heft 4. 

parallel gehen und dafi der die positive Salkowskische Reaktioa 
gebende Kdrper als Tryptophanderivat betrachtet werden mufi, ist es 
interessant, NShores fiber die Natur dieses Kdrpers, den wir „Zwischen- 
k5rper u nennen wollen, zu erfahren. 

Dafi ein Widerspruch mit der Ansicht Zipfels insofern besteht, 
als die in seiner Tryptophanlbsung auftretende Rotffirbung — einerlei 
mit welcher Reaktion — nur vom Indol herrfihren k5nne nnd dafi ein 
Ausschfltteln des Farbstoffes mit Amylalkohol Oder Chloroform, wie es 
bei Pepton geboten w&re, nicht nOtig sei, wurde bereits oben erwfihnt 
Auch der farbige Zwischenkbrper geht in Amylalkohol ebensognt fiber 
wie bakterielles Nitrosoindol. Da von alien Indolderivaten aufier Indol 
nur noch die Indolessigsfiure und Indolbrenztraubens&ure eine Sal¬ 
ko w ski-Reaktion geben (von denen die Indolbrenztraubens&ure wegen 
ihres mehr violetten Farbtons von der Betrachtung wohl ausscheiden 
kann), so wird man auch im vorliegenden Falle im Zwiscbenkorper 
Indolessigs&ure vermuten kdnnen. Im Destillat der Kulturflfissig- 
keit, das zwecks Anstellung der Naphtochinonreaktion gewonnen wurde, 
war sowohl diese Reaktion wie auch die Salko wskische, Er lie hsche, 
Nitroprussidnatrium- und Vanillin-Reaktion negativ. Da der Kdrper also 
mit Wasserdampf nicht flfichtig ist, so kann er nicht Indol sein. Reine 
Ldsungen von Indolessigs&ure und Indolbrenztraubens&ure (0,020 g in 
100 ccm sowohl neutral wie schwach sodaalkalisch) zeigten dasselbe 
Verhalten. Im Destillat war keine Salkowski-Reaktion, auch keine 
Ehrlichsche Reaktion festzustellen Erst bei ISngerer Destination, nach 
Ansfiuern mit Schwefels&ure Oder Salzs&ure trat zuletzt, wenn die Ldsnng 
konzentrierter wurde, im Destillat eine schwache Ehrlichsche Reaktion 
auf, die auf Nitritzusatz nach blau verfindert wurde. Die Salko w ski sche 
Reaktion trat aber nicht auf. Es war also bei der S&uredestillation 
des ZwischenkOrpers ein Stoff fiberdestilliert, der nicht Indol war, 
sondern Reaktionen des Skatols gab. Es war ferner die Skatolreaktion 
nach Sasaki: Auftreten eines violettroten Ringes in der mit Methjl- 
alkohol versetzten Losung nach Unterschichten mit konzentrierter 
Schwefels&ure positiv. Dieser Befund spricht ffir Indolessigs&ure, denn 
diese geht durch st&rkeres Erhitzen in Skatol und Kohlendioxyd fiber: 

(C 8 H 6 N) CH 8 -COQH - (C 8 H 6 N)-CH 8 -f CO, 
Indolessigs&ure Skatol. 

Weiterbin kam auch das optische Verhalten des Zwischenkorpers in 
Frage. Bei spektroskopischer Priifung zeigte der in der Kultuiflfissig- 
keit durch Zusatz von Nitrit und SchwefelsSure erhaltene Nitrosofarb- 
korper in gleicher Weise wie der Amylalkoholauszug ein breites Ab- 
sorptionsband im Grun. Auch die in chemisch reinen Lbsungen von Indol- 
essigsSure und von Indolbrenztraubens&ure mit Nitritschwefelsfiure 
gewonnenen Farbstoffe zeigten in w&firiger Losung, sowie in Amyl- 
alkobol ebenfalls einen breiten Absorptionsstreifen in Grfin des Spek- 
trums, das in gleicher Schichtstarke und Farbst&rke als gleich anzu- 
sprechen war. (Der mit chemisch reinem Indol sowie in indolhaltiger 
Kultur gewonnene Nitrosoindolfarbstoif verhielt sich davon verschieden.) 

Wurde dieser extrahierte bakterielle Zwischenkbrper im Rbhrchen 
erhitzt, so trat Skatolgeruch auf, und der an den kalten Teilen gebildete 
Niederschlag gab nach Salkowski keine Reaktion. Mit Ehrlichs 
Reagens+Nitrit: Blaufarbung. Desgleichen war die Reaktion nach Sasaki 
positiv. Dieses beweist Skatol, welches nach der bereits oben ange- 


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Frieber, Beitr&ge zur Frage der Indolbilduog und der Indotreaktionen. 263 

gebenen GleichuDg aus Indolessigsfiure entstanden sein mufi. Ferner 
8timmte die von E. Salkowski beschriebene Reaktion der Indolessig¬ 
sfiure (ven ihm noch fflr Skatolkarbonsfiure gehalten) mit dem isolierten 
Kdrper Qberein. In alkalischer Lfisung mit Zinkstaub unter Erwfirmen 
reduziert, entffirbte sich der K6rper. Das Filtrat ffirbte sich an der 
Loft nicht wieder. Desgleichen verhielt sich chemisch reine Indolessig¬ 
sfiure. Indol, in der gleiqhen Weise bebandelt, wurde intensiv blau. Das 
Aosbleiben dieser Blauffirbung zeigt also, dafi der Zwischenkbrper kein 
Indol sein kann, sondern dafi er mit indolessigsfiure Qbereinstimtot. 
Danach dfirfte es keinem Zweifel mehr unterliegen, dafi 
der Zwischenkdrper tatsfichlich Indolessigsfiure ist. Der 
Befnnd wird dadnrch bestfitigt, dafi von Salkowski 1887 Indolessig¬ 
sfiure in Bakterienkultnr nachgewiesen wnrde. Salkowskis Befunde 
verlieren jedoch dadurch an Wert, dafi er die Indolessigsfiure (sogen. 
Skatolkarbonsfiure) nicbt mittels Reinkultnr gewann, sondern aus Ffiul- 
nisgemisch isolierte. 1906 berichtet Steensma fiber einen Proteus- 
Stamm, welcher eine positive Salkowski-Reaktion gibtf, die nicbt auf 
Indol beruht. Die Ehrlichsche Reaktion prfift er nicbt. Hinsichtlich 
der Natnr dieses Kfirpers bebt er ausdrficklich hervor, dafi die Skatol¬ 
karbonsfiure (Indolessigsfiure) wabrscheinlich nicht vorliege. Doch irrt 
Steensma darin wohl. Denn 1908 bescbrieb auch Herter 2 Protens- 
Stfimme mit Indolessigsfiurebildung. 1911 berichten Herter und Ten 
Broeck fiber 2 Proteus-Stfimme, die neben Indol auch Idolessig- 
sfiore bilden. 1913 teilt A. Berthelot Befunde bei Proteus- 
Stfimmen mit, die am 2. Tage eine leichte Rotf fir bung mit Kalium- 
nitrit und Salzsfiure geben. Berthelot isoliert den Kdrper aus den 
Protens-Kulturen und weist nach, dafi es sich urn Indolessigsfiure 
handelt. 

Soweit diese genannten Autoren nicht mit Ffiulnisgemischen arbei- 
teten, so ziehen sie nur Proteus-Stfimme in den Kreis der Unter- 
snchnngen. Hier erhebt sich nnn die anfangs der Arbeit aufgeworfene 
Frage, wie sich andere Bakterien hinsichtlich der Bildung des Zwischen- 
kdrpers aus Tryptophan verhalten. 

Um dies zu prfifen, wurde, da die Zipfelsche Ldsung anspruchs- 
vollen pathogenen Bakterien kein gutes Wachstum gewfihrt, eine mittels 
Pepsinsalzsfiure aufgeschlossene Gelatine, die den Tryptophankern nicht 
enthfilt, mit Zusatz von 0,3 pro Mille Tryptophan verwendet. 20 g 
Gelatine wurden in 1 Liter Wasser mit 10 ccm konzentrierter Salzsfiure 
und 2 g Pepsin Witte einige Tage verdaut, dann mit Natronlauge 
neutralisiert. 500 ccm dieser Gelatinelosung wurden versetzt mit 500 ccm 
Wasser, 5 g Kochsalz, 2 g sec. Kaliumphosphat, 0,2 g Magnesiumsulfat, 
0,3 g Tryptophan und 7 ccm n-Sodal6sung ab Lackmusneutralpunkt. 
Diese fast farblose und wasserklare Nfihrlosung bot auf Grund ihres 
Gehaltes an natfirlichen Aminosfiuren den Bakterien ein vorzOgliches 
Wachstum. In diese L6sung wurden folgende Bakterienarten geimpft: 

Bact. typhi, paratyphi A, 4 Stamme paratyphi B, Enteritis, 2 Starome 
Staphylococcus pyog. aur., Bact. dysenteriae Shiga Krupe, S Stamme Para- 
coli pnenologenes, sowie 10 andere, frisch isolierte Siamme indolnegativer Para- 
coli-Arten, Sarcine, Bac. diphtheriae, Bact. pneumoniae (Friedliinder), 
Bact. pyocyan., Micrococcus bicolor, Bact. Zopfii, Bact. disciformans, 
Bact. Titnlinum und Eartoifelbazillus. 

Gleichzeitig wurde eine Serie Tryptophanwasser (Zipfel) mit diesen 
Bakterien geimpft, sowie je eine Kontrolle von Gelatine und Zipfel- 


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264 CentralbL f. Bakt etc. 1. Abt. Originate, fid. 87. Heft 4. 

TryptophanlSsung ohne Tryptophan. Nach 7 Tagen trat anf Znsatz von 
Schwefelsfture umi Nitrit in den Gelatinetryptophanrdhrchen, wie auch 
in den Z i p fe 1 - TryptophanrOhrchen eihe dentliche, teils sogar starlce 
Rotffirbung auf. Ltei den 13 Phenolbildnern, bei Shiga-Krnse, 
Bact. Zopfii, vitulinum, disciformans war die Keaktion am 
starksten. Bei Paratyphus B, Friedl&nder, Diphtherie nicht ganz 
so stark, bei den Obrigen schwftcher, aber noch deutlich. In deo 
Zipfel-Tryptophanrohrchen war bis auf die Phenologenes-St&rame die 
Reaktion infolge schwdcheren Wachstums auch merklich schwacher, aber 
noch deutlich. 

Die Ehrlichsche Reaktion war in alien Fallen negativ; desgleichen 
die Salkowski- und Ehrlichsche Reaktion in den tryptophanfreien 
Kontrollen. 

Hieraus ergibt sich das erstaunliche Resultat, dafi fast alle bis- 
her als indolnegativ bekannten Bakterien aus Trypto¬ 
phan einen Korper bilden, der eine positive Reaktion 
nach Salkowski gibt, bei absolut negativer Ehrlichscher Reaktion. 
Bei einigen ist je nach dem Wachstum und den N&hrb5denansprfichen 
die Reaktion schon nach 3 Tagen deutlich positiv. Es sind also alle 
aufgefflhrten Bakterien imstande, aus Tryptophan den Zwischenkorper zn 
bilden. Auch der Pestbazillus und der Rotzbazillus, sind, wie heroach 
geprQft wurde, dazu imstande. 

In vielen Fallen (Paratyphus A) war die Salkowskische Farb- 
reaktion nur als Ringprobe zu sehen, die erst innerhalb 10 Min. ein* 
trat. Sie war auch nur deswegen so sch6n sichtbar, weil die FIQssigkeit 
keine Eigenfarbe hatte, wie fleischextrakthaltige Bouillon, und weil die 
Reaktion zunachst vorsichtig als Schichtungsreaktion angestellt wurde. 
Man geht auch wohl in der Annahme nicht fehl, dad die Grande, daB 
die Salkowski -Reaktion bei frDheren Untersuchern nicht h&ufiger positiv 
befunden wurde, in der unzweckmaBigen Anstellung der Reaktion bei zn 
stark gefdrbtem Medium zu suchen sind. 

Auch in Gelatinel5sung mit 0,03 Proz. Glyzyl-Tryptophanzusatz 
gaben Bact. typhi, Paratyphus B, Paracoli phenologenes, 
mutabile und anindolische Proteus-St&mme den Salko w ski sehen 
FarbkSrper. 

Um festzustellen, ob Witte-Peptonzusatz das Auftreten der Sei¬ 
ko wsk i-Reaktion hemmen wOrde, wurde eine synth. Ldsung herge- 
gestellt mit 0,5 Kochsalz, 0,2 Proz. sec. Kaliumphosphat, 0,02 Proz. 
Magnesiumsulfat und 0,03 Proz. Tryptophan. Der Peptonzusatz wurde, 
am mdglichst geringe Eigenfarbe zu haben, nur zu 0,25 Proz. ge* 
nomraen. Innerhalb 5 Tagen gaben bier Bact. pyocyan., Staphyloc. 
pyog., Bact. pneumoniae, Bac. diphtheriae, Kartoffelbazillus, 
disciformans und der Rotzbazillus positive Salkowski-Reaktion, 
wahrend die Ehrlichsche, sowie die Kontrolle mit ungeimpfter Nfihr- 
lOsung negativ war. 

Nach diesen Befunden war zu erwarten, daB auch bei ZQchtnng in 
gewohnlicher Bouillon die Salko wski-Reaktion auitreten wQrde, falls 
nicht die stSrkere Eigenfarbe, oder der noch peptidartig gebundene 
Tryptophankern hemmeod wirkten. Um dieses festzustellen wnrdea 
folgende Versuchsreihen angesetzt: 


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Frieber, Beitrfige zur Frage der Indolbildung and der Indolreaktionen. 265 


A. GewShnliche Bouillon, wie sie im Hygienischen Institut ge- 
brSuchlich ist, mit 1 Proz. Pepton*) (gewonnen aus mit Pepsinsalzs&ure 
verdautem Fibrin unter Zusatz von Placentawasser), 0,5 Proz. Fleisch- 
extrakt Liebig and 0,5 Proz. Kochsalz mit einer Alkalitat von 7 ccm 
NormalsodalOsung pro Liter. 

B. Bouillon wie unter A mit 0,03 Proz. Tryptopbanzusatz. 

Geimpft wurde mit Bact. typhi, Paratypbus A, B, Paracoli- 

pbenologenes, Bact. dysenteriae, Shiga-Kruse, Staph, 
pyog. aur., Bac. diphtberiae, anindol. Proteus (2 St&mme) 
sowie Bact. pestis, ferner mit dem indolpositiven Vibrio cholerae 
and Proteus XI9. Nach 8-tfigiger Bebrfltung zeigten alle RShrchen 
der Reihe A und B positive Reaktion. Paratypbus A ergab die 
schwSchste Reaktion, Paratyphus B, Stapb. pyog. aur., Bact. typhi 
zeigten eine st&rkere, Shiga-Kruse, Diphthbrie- und der Pestbazillus 
die kr'&ftigste Salkow ski-Reaktion. Die Ehrlichsche Reaktion war 
absolnt negativ bis auf die indolpositiven Bakterien Coli commune, 
Proteus X19 und Cholera, die eine kr&ftige' Ehrlichsche Reaktioa 
und eine ebenso starke Nitroso-Indolreaktion aufwieseo. In den mit 
Tryptophan versetzten BouillonrOhrchen der Reihe B war das gleiche 
Resultat, nur waren Qberall die Reaktionen etwas krSftiger. 

Also auch in gewOhnlicher Bouillon wird genilgend von dem 
Zwischenkdrper gebildet, so daQ er mit der Salkowskischen Reaktion 
nachgewiesen werden kann. Besonders stark wird Indolessigs&ure ge¬ 
bildet bei Paratyphus B, Diphtheria, Dysenteric und anindolischen 
Proteus- und Paracoli-Stftmmen. Es zeigt sich, daQ die Bakterien 
JLhnlich, wie sie das Dipeptid Glyzyltryptophan, so auch das im Pepton 
noch in Polypeptidform gebundene Tryptophan zu Indolessigs&ure ab- 
bauen kOnnen. Aber reichlicher tritt das Produkt auf, wenn die Bak¬ 
terien in der NfihrlOsung schon freies Tryptophan oder Dipeptid vor- 
finden. 

Die Ehrlichsche Reaktion war bei alien indolnegativen Bakterien, 
das sei immer wieder betont, in keinem Falle positiv. Namentlich be- 
zlglich Bact. diphtheriae sei dies im Hinbiick auf die Angabe von 
Lehmann-Neumann sowie Palmirski und Orlowski hervor- 
geboben. Auch die Nitroprussidnatrium-, sowie die Vanillin-Reaktion 
war absolut negativ. Desgleicben konnte im Destillat keine der 5 Reak¬ 
tionen erhaiten werden. Danach ist Indolbildung beim Diphtherie- 
bazillus als ausgeschlossen zu betrachten. Das gleiche gilt vom Rotz- 
ond Pestbazillus. 

Aus den mitgeteilten Versuchen geht bis jetzt hervor, daQ nicht 
our die indolpositiven Bakterien bef&higt sind, das Tryptophan anzu- 
greifen, sondern daQ dies eine Eigenschaft ist, die alien genannten indol¬ 
negativen Bakterien ebenso zukommt. Dies ist ein sehr wichtiger 
Befund. Die Salkowskische Reaktion ist, streng genommen, keine 
Indolreaktion, sondern eine Indolessigs&urereaktion. Solange die 
Salkowskische Reaktion aber als Indolreaktion gait, muQten Irrtflmer 
entstehen. DaQ nicht h&ufiger und noch zahlreicher die Pseudoindol- 
reaktion gefunden wurde, hangt damit zusammen, daQ der Zwischen- 
kCrper bei den meisten pathogenen Bakterien nicht so kr&ftig gebildet 
wird, sondern erst vom 3. Tage an nachweisbar ist. Es kann aber 

1) N&heree W. Frieber, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. BtJ. 80. 1921. S. 424. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


dann die geringe Rotfarbung wegen der Eigen far be der FlQssigkeit 
iibersehen werden. Anders ist es, wenn die Nitritldsung sorgflltig 
fiber die mit Saure gut vermischte Kulturfliissigkeit geschicbtet wird. 
Nur als Ringreaktion gelingt der Nachweis bei den meisten pathogenen 
Bakterien. 

Wie aus dem ersten Teil der Arbeit hervorgeht, verlangt die Sal* 
kowskische Reaktion eine freie a Stelle des Indolkerns. Aus a-Methyl- 
trjptophan kdnnen indolpositive Bakterien nur a-Methylindol bildeu, 
welches nur durch die Reaktionen, welche am /?-C-Atom ansetzen (Ehr¬ 
lich, Vanillin, Naphthocbinon), nachgewiesen werden kann. So mQBten die j 
indolnegativen Bakterien aus a - Methyltryptophan ebenfalls den 
Zwischenkdrper bilden, jedoch besaBe dieser eine methylbesetzte o-Stelle, 1 
und es ware zu erwarten, daB die Salkowski-Reaktion hier nicht 
auttritt. Das Experiment bestatigt diese SchluBfolgerung. Bei Parallel- 
versuchen trat in Zipfel-Tryptophanwasser bei Paracoli phenolo- 
genes, Paratyphus B, anindolischem Proteus die Salkowski-Reak- i 
tion ^eutlich auf, dagegen in den entsprechenden Rdhrchen mit 
«-Methy 1 try p top hah war keine Reaktion zu erhalten, auch Ehrlich 
war absolut negativ. [Zum Beweis, daB keine Hemmungskdrper vor- 
handen waren, wurden die bewachsenen Rdhrchen mit C o l i - Bakterien 
und Choleravibrionen nachgeimpft; darauf trat die Ehrlichsche Reak¬ 
tion am ngchsten Tage sehr stark auf, desgleichen die Vanillin* und j 
Naphthochinonreaktion (detztere im Destillat)]. Die S a 1 k o w s k i-Reaktion ^ 
und Nitroprussidnatriurareaktion blieb auch in den Kulturen, sowie im j 
Destillat der Kulturen aus. Dieser Befund ware praktisch zu verwerten, \ 
indem man statt Tryptophans nur a-Methyltryptophan verwendet Man ) 
wttrde dann bei indolpositiven Bakterien stets nur die Ehrlichsche * 
Reaktion bekommen. Eine Salkowskische IndolessigsSurereaktion, 
welche Indol vortauschen k6nnte, wflrde dadurch ganz unmdglich 
gemacht. 

Man muB sich wundern, daB Zipfel selbst nach 6 Wochen keine | 
positive Reaktion mit S a 1 k o w s k i bei Typhus- und Paratyphus B*Bazillen ] 
gefunden hat. Einige von ihm nebenbei gemachte Angaben deuten j 
jedoch darauf hin, daB die Salkowski-Reaktion trotzdem eingetreten 
ist. So erwahnt Zipfel, daB in aiteren Peptonkulturen (14 Tage bis 
3 Wochen alt) von Bacterium typhi, Paratyphus B, Kapselbazillen, 
auf Zusatz von Nitrit Oder Aldehydreagens eine ieichte Rotfarbung anf- 
getreten sei. Zweifellos verbirgt sich hinter diesen Angaben die Indol- 
essigsaure. DaB sie mit p-Dimethylamidobenzaldehyd-Reagens auftrat, 
durfte wohl nur auf den Gehalt an Saure zuruckzuffthren sein, die in 
Gemeinschaft mit dem bakteriell gebildeten Nitrit und der Indolessig- 
saure die Farbreaktion ergab. 

Da friiher jede auch noch so Ieichte Rotfarbung als Indolreaktion 
angesprochen wurde, so ist zu verstehen, wie die Angaben iiber Indol- 
bildung in der Literatur so widersprechend lauten kdnnen. Alle An¬ 
gaben, die auf der Nitroso-Indolreaktion beruhen — ganz besonders 
scheint dies im Lehmann-Neumann der Fall zu sein — sind, soweit 
sie nicht (lurch die positive Ehrlichsche Reaktion bestatigt sind, mit 
Vorbehalt aufzunehmen. Leider steht die Salko wskische Beaktion in 
vielen Lehrbiichern (Kolle-Hetsch, Heim, Lehmann-Neumann) 
noch immer an erster Stelle. Vor Bekanntsein der Ehrlichschen 
Reaktion hat die Salko wskische Reaktion viel geleistet, aber heate 


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Frieber, Beitrage zur Frage der lodolbiiduag und der Indolreaktionen. 267 

kann sie diesen Platz nicht rnehr beanspruchen. Besonders skeptisch 
innfi man sein, wend die Angaben der Salko wskischen Reaktion sich 
aof altere Kulturrdhrcben bezieben. Vor allern ist fflr eine zu er- 
wartende schnelle und gute Indolbildung Bedinguug, daB die Bakterieu 
genflgend freies Tryptophan in einem guten N&hrmedium vorfinden. 
Beides bietet ihnen die sogenannte „Trypsin-Bouillon u . (N&heres in 
der Zusammenfassung.) . 

Nunmehr konnen wir der Beantwortung der Frage n&her treten, was 
die indolnegativen Bakterien aus dem Tryptophan machen, da sie die 
ganze Alaninseitenkette nicht abspalten konnen. Von Berthelot und 
Bertrand wurde ein dekarboxylierender Bazillus beschrieben (Bact. 
aminophilus intestinalis). Dieser verbraucht nur die CO,-Gruppe 
and liefert so Tryptamin (Indoiathylamin), welches auf diese Weise von 
den Grenzachwerken gewonnen wird. Dazu bedarf er jedoch der An- 
wesenheit von Nitraten im Nahrboden, und nur unter dem EinfluB dieser 
Stickstoffquelle lftBt er die NH,-Gruppe intakt. Tryptamin gibt weder 
eine Ehrlichsche noch eine Salkowskische Reaktion und kann daber 
nicht das Produkt der indolnegativen Bakterien sein. Indolpropion- 
saure, die durch einfache Desamidierung entstehen kann, wird gleich- 
falls nicht gebildet. Diese S&ure stand mir zwar selbst nicht zur Ver- 
fflgnng, doch gibt sie nach Salkowski und Hoppe-Seyler-Thier- 
felder nur auf Zusatz von konzentrierter Kaliumnitritlosung und Essig- 
saure eine Nitrosoverbindung, die aber nicht rot, sondern gelb gefarbt 
ist. Auch Tryptophol (Indol-Aethylalkohol) kommt nicht in Frage, 
da es nach F. Ehrlich keine Salkowski-Reaktion gibt Eine ein¬ 
fache Dekarboxylierung oder Desamidierung ist also ausgeschlossen. 
Damit Indblessigs&ure entsteht, welches die bekannte Nitrosoreaktion 
gibt, gentigt nicht eine einfache Desamidierung, sondern es muB die 
NH,-Gruppe mitsamt dem sie tragenden a-C-Atom, also die CH-NH 2 - 
Gruppe austreten: 

(C 6 H 6 N) • CH 2 • CH • NHjj • COOH-* (C 8 H 6 N) • CH 2 • COOH. 

Das vermeintliche Fehlen der F&higkeit, den Amidstickstoff des 
Tryptophans zu verzehren, wie Zipfel kuBert, ist bei den indoluega- 
tiven Bakterien also nicht die Ursache der mangelnden Indolbildung. 
Denn die Tatsache besteht fQr die in dieser Arbeit genannten Bakterien- 
arten und ist fQr andere zu folgern, daB alle Bakterien die Amido- 
gruppe des Tryptophans verwerten konnen, nur mit graduellem Uuter- 
schied. 

Der Grund der Indolbildung der indolpositiven Bakterien ist also 
nicht im Verhalten zum Stickstoff der Alaninseitenkette zu suchen, 
sondern zu dem nach Austritt des a-C-Atoms ubrig bleibenden alipha- 
tischen Rest 1 ). 

Liegt die Ursache des verschiedenen Verhaltens der Bakterien tat- 
sachlich in ihrer Stellnng zum /?-C-Atom des Alanins, wie wir annehmen 

1) Vielleicht Jafit eich diese Eigentumlichkeit mit dem Bau der Zellmembranen 
in Zusammenhang bringen, denn es mufl auffallen, wie streng der Faralielismus bzw. 
Antagonism ns zwischen Gramfarbbarkeit und Indolbildung durchge- 
fuhrt ist. Es sind keine grampositiven Bakterien bekannt, die Indol bilden. Alle in¬ 
dolpositiven Bakterien sind gramnegativ (Coli commune, Pseudodys- 
eoterie, Vibrionen, Huhnercholera, Proteus-Stiimme). Es ware denkbar, duli F.igen- 
arten der Membranstruktur, welehe die Gramfarbbarkeit bedingen (kolloidchemischer 
Natur, Adsorption) und welehe Indolbildung ausschliefien, auch bei den indolnegativen 
Bakterien mitspielen kounten. 


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CentralbL f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


mGssen, und ist unsere Annahme richtig, daB die indolpositiven Bak- j 
terien den gesamten C des Alanins abspalten kdnnen, wQbrend diese ! 
Ffthigkeit den indolnegativen Bakterien nur binsichtlich des a-C-Atoms ( 
zukommt, so ware es denkbar, daB man indolnegative Bakterien nicht 
zur vollstandigen Abspaltung der Seitenkette, zur Indolbildung, bringen | 
kann, daB aber andererseits die indolpositiven Bakterien gewissennaBen \ 
temporar indolnegativ werden kdnnten, wenn ibnen auBer Tryptophan i 
eine nocb leicbter assimilierbare C : Quelle geboten wird, wenn sie an- ' 
greifbare Kohiehydrate zur VerfQgung haben. j 

Wir haben es nun tatsachlich in der Hand, indolpositiven Bakterien ; 
zeitweilig durch Zuckerzusatz und ffir die Dauer des Zusatzes die j 
Fabigkeit, Indol zu bilden, zu nehmen. i 

t j 

< Versuche mit Zuckerzusatz. 

1 

Da das zugefQgte Kohlebydrat nur die C-Quelle ersetzen kann, ! 
nicht den Stickstoff, und da alle Bakterien die Amidogruppe des Trypto¬ 
phans qualitativ anzugreifen befahigt sind, so mQBte ein indolnegatives { 
Bakterium trotz Anwesenheit von assimilierbarem Zucker das a-C-Atom j 
und die NH,-Gruppe angreifen und Indolessigsaure entstehen lassen. ■ 
Die C-Quelle des Zuckers mQBte also auf indolnegative Bakterien bis 
auf den wachstumsfdrdernden EinfluB ohne Wirkung bleiben. 

Andererseits wQrden indolpositive Bakterien, wenn sie infolge ! 
Zuckeranwesenheit die C-Quelle des Kohlebydrats der C-Quelle des .< 
/f-C-Atoms des Alanins vorziehen, nunmehr das /#-C-Atom nicht mehr -j 
angreifen und sich wie die indolnegativen Bakterien verhalten: der • 
Tryptophanabbau wQrde also nicht mehr bis zum freien Indol gehen, 
sondern es ware voraussichtlich Indolessigsaure zu erwarten. 

Zwecks experimenteller PrQfung wurden die indolnegativen Bak- 
terienarten: Bact. typhi, paratyphi A, B, 2 Stamme Paracoli- 
phenologenes, 2 Stamme Proteus anindolicus, sowie die indol¬ 
positiven Arten: Bact. coli commune. Proteus X19, Vibrio 
cholerae in folgende Nahrlbsungen geimpft: 

A. Gewdhnliche Nahrbouillon mit 0,03 Proz. Tryptophan und 3 Proz. 
Traubenzuckerzusatz. 

B. Synth. LOsung: Tryptophan 0,03 Proz., Natriumchlorid 0,5 Proz., 
sek. Kaliumphosphat 0,2 Proz., Magnesiumsulfat 0,02 Proz. und 3 Proz. 
Traubenzucker. Es sei ausdrQcklich hervorgehoben, daB Ldsung B 
weder Ammonlaktat noch Asparagin enthielt. Die Amidogruppe des 
Tryptophans war also die einzige N-Quelle. 

Zur Neutralisation der aus Traubenzucker entstehenden Saure, die 
das Wachstum hem men kdnnte, erhielten die zu je 50 ccm auf Kolben 
abgefQllten NahrlQsungen noch einen Zusatz von 10 Proz. sterilem 
kohlensauren Kalk. Da dieser wegen seiner Schwere nicht lange sus- 
pendiert bleibt, sondern sich bald am Boden ablagert, so wurden be- 
sonders breite Kolben (sogenannte Fernbachkolben) gewahlt. Bei flacher. . 
etwa nur 1 cm tiefer Fliissigkeitsschicht ist beim Sfteren UmschQtteln 
die Gefahr, daB die Saure durch nicht geniigende Neutralisation schQdigeod 
wirken kann, nur gering. 

Das Resultat war folgendes: 

In Losung A hatten nach 24 Std. die 7 indolnegativen Bakterien 
trotz Traubenzuckeranwesenheit Indolessigsaure gebildet. Die Schwefel- 

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Frieber, Beitrage zur Frage der Indolbiidung and der Indolreaktionen. 269 

sitire-Nitritprobe trat krSftig auf. Die Ehrlichsche Reaktion war 
negativ. Die indolpositiven Bakterien P,roteus X19 und Vibrio 
choler&e gabeo am n&chsten Tage deutliche Sal kow ski -Reaktion, 
aber keine Ehrlichsche Reaktion. Indol war also nicht vorhanden. 
An dessen Stelle war nur Indolessigs&ure durch die Salko w ski-Reak¬ 
tion nachweisbar 1 ). 

In Ldsung B war das gleiche der Fall: Trotz Traubenzucker- 
anwesenheit bildeten beide Arten, die indolnegativen wie die indolposi- 
tiven Bakterien Indolessigs&ure, letztere aber kein Indol. Nach 3 Tagen 
war bei den indolnegativen Bakterien die Reaktion noch starker. 

Interessant ist es, dal! namentlich der Paratyphus B, durch die 
ihm besonders zusagende C-Quelle der Glukose angeregt, auBerordent- 
lich stark wuchs und in der vom Kalk abgegossenen Flussigkeit mit 
Schwefelsaure und Nitritldsung fast die gleich starke himbecrrote Farb- 
reaktion gab, wie der Paracoli-phenologenes-Stamm. Dies ist 
ein Zeichen dafttr, daB auch bei Abwesenheit einer anderen N-Quelle 
als Tryptophan die Desamidierung vollzogen und bei Anwesenheit des 
leicht assimilierbaren Kohlehydrats gefordert wird. 

Gleiches Verhalten zeigten die Bakterien in einer synth. Ldsung, 
die nur NaCl, K 2 HP0 4 , MgS0 4 , kein Ammonlaktat und kein 
Asparagin enthielt und als einzige N-Quelle nur 0,03 Proz. Glyzyl- 
Tryptophan sowie 3 Proz. Traubenzucker und 10 Proz. kohlensauren 
Kalk aufzuweisen hatte. Nach 24 Std. bildeten die indolpositiven Bak¬ 
terien Proteus X19, Coli commune, noch kein mit der Ehr- 
lichschen Reaktion nachweisbares Indol. Coli commune gab aber 
eine sehr starke Indolessigsfiurereaktion (mit Nitrit). Proteus X19 
gab die Salko wskische Indolessigs&urereaktion erst nach dem 2. Tage, 
sowie auch schon schwach Ehrlichsche Indolreaktion. Das Nahr- 
medinm scheint dem Proteus X19 wie dem anindolischen Proteus 
nicht sehr zu behagen, letzterer zeigte ebenfalls erst nach 2 mal 24 Std. 
positive Salkowskische Reaktion, Das Bact. coli phen. gibt 
wie das echte Coli commune nach 24 Std. starke Indolessigs&ure¬ 
reaktion. Der Paratyphus B bildet am 1. Tage ziemlich stark, nach 
2mal 24 Std. fast ebenso stark Indolessigs&ure. Hier macht sich wahr- 
scheinlich der doppelte NHj-Gehalt des Dipeptids geltend. 

Mit a-Methyltryptophan und Traubenzucker, sowie Kalkzusatz trat 
bei Bact. paratyphi B und paracoli-phenelogenes keine Sal' 
kowski-Reaktion ein, was den frQheren Darlegungen entspricht. Die 
a-Methylindolessigs&ure ist wegen Blockierung des a-C- Atoms des Indol- 
kerns nicht nachweisbar. 

Zu den bisher mitgeteilten Versuchen wurde nur Glukose heran- 
gezogen. Andere Kohlehydrate verhalten sich dem Traubenzucker gleich. 
Ezperimentell wurde dieses geprfift mit dem indolpositiven Bact. coli 
commune nnd dem indolnegativen B. paracoli phenologenes 
(lurch Bebrfltung in Tryptophanldsung mit Zusatz von Maltose, Sac- 


1) Bact. coli commune machte bier eine Ausnahme insofern, als weder die 
Salkowskische noch die Nitropru^sidnatrium*Reaktion eintraten, p-Dimethylaraido- 
benzaldehyd jedoch eine Rotfarbung zeigte, die durch /msatz von Nitrit tiefblau wurde. 
Der Verdacht lenkte sich auf SkatQl. £)er blaue Farbstoff war aber nicht mit Chloro¬ 
form, Aether, Amylalkohol, Toluol, Benzol auszuschiitteln Indol und Bkatol miiKfien 
also auRgertchloesen werden. Eine weitere Untersuchung konnte aus aufieren Oriinden 
oicht vorgenommen werden. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


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charose, Laktose, Lflvulose und Mannit, jedoch obne Ammonlaktat und 
Asparagin. Das Resultat war lolgendes: Mannit, Maltose, Lavulose 
hindern Bact. coli commune innerhalb 24 Std. an der Indolbilduog. 
Es wird nur Indolessigsaure produziert, wie die negative Ehrlichsche 
Reaktion und positive Salkow ski-Reaktion beweisen. Nach 2mal 
24 Std. kann in Mannit- und Maltoselflsung Indol mittels Ehrlichschen 
Reagens nachgewiesen werden. Nach Aufzehrung des Maltose- und 
Mannitkohlenstoffs baut nun Coli commune das Alanin des Trypto¬ 
phans bis zum Indol ab. Bei Saccharose liegt der Grund fflr die so- 
fortige Indolbilduog darin, daB Bact. coli commune den Rohrzucker 
als C-Quelle nicht verwenden kann. Das indolnegative Bact. para- 
coli phenolog. bildete in alien Rohrchen seine Indolessigsaure aus 
dem Tryptophan ohne Rflcksicht auf die Kohlehydratzus&tze. Die 
Kohlehydrate ermflglichen ihm wie dem echten Coli commune bei 
der N-tlrmeren Kost tiberhaupt erst das krSftige Wachstum. 

Diese Befunde stehen im Widerspruch zu der Ansicht von 
A. Fischer, der als Ursache der Hemmung der Indolbildung durch 
Zuckerarten, speziell filr Glukose, eine das proteolytische Enzym des 
Bact. coli commune inaktivierende Wirkung annimmt. 

Bekanntlich geben nur Kulturen des Choleravibrios und andere 
indolpositiver Vibrionen die sogenannte Cholerarotreaktion auf Zusatz 
von S&ure, d. h. sie bilderi gleichzeitig Indol und Nitrit. Bei Bact. 
coli comm, bekommt mau die Cholerarotreaktion niemals. Setzt man 
gleichzeitig Nitrat und Tryptophan zu, so wird Indol gebildet, sowie das 
Nitrat zu Nitrit und weiter zu Ammoniak reduziert Gibt man viel 
Nitrat zu, so kann man auf Zusatz chemisch reiner Indollosung und 
SchwefelsSure eine schwache Rotfarbung (Nitrosoindol) bekommen als 
Beweis fflr vorhandenes Nitrit, doch ist seine Menge nur minimal. Die 
Nitritstufe wird sehr schnell durchlaufen. Andererseits schfltzt Nitrat 
das Tryptophan, so daB, wenn der Nachweis des Nitrits gelingt, sich 
noch kein bakterielles Indol vorfindet, dagegen, wenn Indol nachzuweisen 
ist, das Nitrit verschwunden ist. In einer Lflsung von, 0,03 Tryptophan 
in physiologischer Kochsalzlosung war jedoch die interessante Feststellung 
zu machen, daB die Ldsung mit Bact. coli .comm, nach 5-tflgiger Be- 
brfltung sowohl mit Ehrlichs Reagens eine Starke Indolreaktion er- 
gab, andererseits mit nitritfreier Schwefelsflure allein eine Rotfarbung. 
also Cholerarotreaktion, zeigte. Hier hat also das Bact. coli aus dem 
Tryptophan sein ProtoplasmaeiweiB gebildet und die C-Kette des Trypto¬ 
phans ganz abgebaut, andererseits aus der Amidogruppe Nitrit pro¬ 
duziert, welches unter dem durftigen N-Gehalt des Mediums nicht so 
schnell verschwinden konnte. 

Ein ahnlicher interessanter Befund wurde bei Tryptamin gemacht. 
Tryptamin (Indolathylamin) in einer Lflsung von 0,03 Proz'. (mit 0,5 Proz. 
Kochsalz, 0,2 Proz. sek. Kaliumphosphat, 0,02 Proz. Magnesiumsulfat 
und 3 Proz. Traubenzucker, sowie Kalk ohne weitere N-Quelle) kann 
indolpositiven Bakterien nicht als Proindol dienen; doch scheint Bact 
coli commune sowie das indolnegative Bact. coli phenologenes 
unter dem EinfluB des Kohlehydrats die Stickstoffqueile verwerten zn 
konnen. Nach 2 Tagen entsteht auf Zusatz von Schwefels&ure Oder 
Salzsaure (nitritfrei! und ohne weiteren Nitritzusatz) eine deutliche Rot¬ 
farbung, die aber nicht in Amylalkohol, Aether, Benzol, Chloroform, 
Toluol ausschflttelbar ist, also weder Indol, Skatol noch Indolessigsfiore 


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Frieber, Beitrage zur Frage der Indolbildung und der Iodolreaktionen. 271 

gein kanD. Welcher Kfirper hier gebildet wurde, konnte aus SuBeren 
Grfinden nicht ermittelt werden. Aber jedenfalls ermoglichte das Kohle- 
hydrat den beiden Bakterien, die N Quelle des Tryptamins anzugreifen 
und anch Nitrit zu bilden, denn der rote Korper ist zweifellos ein 
Nitrosoderivat. 

BezQglich der die Indolbildung hemmenden Wirkung der Kohle- 
hydrate sei ausdrticklich entgegen der von W. Kruse u. a. vertretenen 
Ansicht betont, daB diese nicht auf S&uresch&digung zurflckzuffihren ist. 
Auch dieses wurde bereits in dem oben erwahnten Artikel von M. Neisser 
und W. Frieber, „Ueber Indol- und Phenolbildung bei Bakterien u 
(Handb. von Kraus-Uhlenhuth) hervorgehoben. Es sei das Resultat 
hier kurz wiederholt: Impft man zwei indolpositive Bakterien A, B (von 
denen B auch indolnegativ sein kann) gleichzeitig in „Trypsinbouillon“ 
mit Zusatz von 2 Zuckerarten C, D, so bildet da3 Bacterium A, 
welches den Zucker C nicht angreift, iDdol, unabh&ngig von Bacterium B, 
welches aus dem Zucker C Oder D S&ure produziert, z. B. „Trypsin- 
bouillon u (Herstellung siehe Zusamraeniassung) ohne Calciumkarbonat- 
zusatz 

1) mit 2 Proz. Saccharose: A = Bact. coli commune; Reaktion 
schwach alkalisch (da Saccharose nicht angegriffen wird). Indol = -j-. 
B = V ibrio cholerae. Reaktion schwach sauer. Indol = 0. A + B 
in Symbiose: Reaktion schwach sauer; Indol = + ; 

2) mit 2Proz. Laktose: A = Vibrio cholerae. Reaktion schwach 
alkalisch. Indol =+. B = Bact. coli commune. Reaktion sauer, 
Indol = 0. A + B in Symbiose: Reaktion sauer; Indol = 0; 

3) mit 2 Proz. Mannit: A = Proteus X19; Reaktion schwach al¬ 
kalisch. B = Bact. coli commune. Reaktion sauer; Indol = 0. 
A + B in Symbiose: Reaktion sauer; Indol = +. 

Diese Beispiele lassen sich vielfach variieren, doch immer mit dera- 
selben Ergebnis, daB die das Kohlehydrat nicht angreifenden Bakterien 
(A) ohne ROcksicht auf die S&ureproduktion von Bact. B Indol bilden. 

Die Frage, ob auch ohne Anwesenheit von assimilierbaren Kohle- 
hydraten der Abbau des Tryptophans durch indolpositive Bakterien fiber 
Indolessigsaure ffihrt, kann mangels einer Reaktion, die bei Anwesenheit 
von Indol nur Indolessigs&ure nachweisen lSfit, sowie wegen der Schwierig- 
keit, Tryptophan und Indolessigsfiure in einer Kulturflfissigkeit, die noch 
weiterhin als NShrboden dienen soli, quantitativ zu trennen, nicht ent- 
schieden werden. Die Tatsache aber, daB chemisch reine Indolessig¬ 
s&ure in Ermangelung einer den Angriff lohnenden N-Quelle indolposi- 
tiven Bakterien nicht als Proindol dienen kann, ist kein gfiltiger Gegen- 
beweis. „In statu nascendi u dfirfte sich die Indolessigs&ure doch anders 
verhalten als in chemisch reiner Form. 

Zusammenfassung. 

Die in der Literatur geauBerte Ansicht, daB die indolnegativen Bak¬ 
terien entweder das Tryptophan intakt zum Zellaufbau verwenden kfinnten 
oder sogar Indol bilden, welches, da es etwa „in statu nascendi 14 sofort 
zum EiweiBaufbau diene, als Indol chemisch nicht nachzuweisen sei 
(Herzfeld-Klinger), ist nicht haltbar, desgleichen die Meinung, daB 
die indolnegativen Bakterien das Tryptophan deswegen nicht angreifen 

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272 Centralbl. i. Bakt. etc. I. Abt. Originate, fid. 87. Heft 4. ] 

sollten, weil ihnen die Stickstoffquelle des Alanins (a-Amidopropions&ure) 
nicht zusage (Zipfel). 

In vorstehender Arbeit ist bewiesen, dafi alle indolnegativen Bak- 
terien, soweit sie in den Kreis der Untersnchungen gezogen warden 
(Bact. typhi, paratyphi A, paratyphi B, enteritidis, dysen- 
teriae (Shiga-Kruse), pneumoniae (Friedl&nder), anindolische , 
Proteus (Zopfii) und paracoli-St&mme (phenologenes, muta- 
bile (Neisser-Massini), sowie Pest-, Rotz- und Diphtheriebazillen, 
Staphylococcus pyog. aur., Sarcine, Micrococcus bicolor, ; 
Bac. mycoides, B. ochraceum und vitulinum), den Amidstick- 
stoff des Tryptophans angreifen und dabei ein Produkt (aller Wahr- 
scheinlichkeit nach Indolessigs&ure) bilden, welches stets mittels der 
Salkowskischen Reaktion als roter Farbkdrper nachgewiesen werden , 
kann, dem aber keine Reaktion mit Ehrlichschem Aldehyd, Vanillin, ; 
Naphthochinon und Nitroprussidnatrium zukommt. 

2) Der bakterielle Abbau des Tryptophans zum Indol durch die 
indolpositiven Bakterien vollzieht sich wohl in 2 Etappen. 

Die I. Etappe geht vom Tryptophan unter Abspaltung des a-C-Atoms 
mitsamt der Amidogruppe (also des —CH-NH,-Restes) bis zur Indol¬ 
essigs&ure (positive Salkowski-Reaktion). 

Die JI. Etappe verl&uft von der Indolessigs&ure bis zum Indol (posi¬ 
tive Ehrlichsche Reaktion). 

3) Das Endglied der I. Etappe kann von alien Bakterien (indol- j 

negativen und indolpositiven) erreicht werden. Die indolpositiven Bak- j 
terien machen hier jedoch nicht Halt, sondern durchlaufen auch die j 
II. Stufe. \ 

Die II. Etappe kann nur von indolpositiven Bakterien im An- 
schluB an die I. Etappe zurflekgelegt werden. Dies gilt aber nur fQr '< 
den Abbau des Tryptophans. Reine Indolessigs&ure kann nicht als Pro- 
indol dienen. i 


Das gemeinsame Merkmal der indolpositiven und der in dw 
Arbeit genannten indolnegativen Bakterien ist das, daB sie die NHj- 
Gruppe des Tryptophans als N-Quelle verwenden kdnnen (allerdings 
entsprechend ihren N&hrbodenansprOchen mit quantitativen Unterschieden) 
und daB dieser Angriff, bei dem auch das a-C-Atom verschwindet, zor 
positiven Salko wski-Reaktion fQhrt. 

Von den indolnegativen Bakterien macht auch der Bac. amino- 
philus intestinalis insofern keine Ausnahme, als er nach Berthe- 
lot und Bertrand nur bei Anwesenheit von Nitraten dekarboxylieren 
und Indol&thylamin bilden kann. 

4) Der durchgreifende Unterschied zwischen indolpositiven 
und indolnegativen Bakterien liegt in ihrem Verhalten zum Kohlen* 
stoff und auBert sich so, daB die indolpositiven Bakterien auch d‘.e 


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Frieber, Beitrage zur Frage der Indolbildung and der Indolreaitionen. 273 


i C-Quelle der II. Etappe (das /?-C-Atom), also die des ganzen Alanins 
I abspalten kdoneo, w&hrend die indolnegativen Bakterien nur den Kohlen- 
' stofif des in der I. Etappe abspaltbaren a-C*Atoms des CH<NH S -Restes 
verbraachen nnd hernach keiuen assimilierbaren Kohlenstoff mehr vor- 
tinden. 

Das a-C-Atom des Alanins im Tryptophanmolekfll, welches durch 
lie Aroidogmppe asymmetrisch ist, unterscheidet sich also deotlicb von 
■ lem 0-C-Atom. 

\ 5) Die Behauptung, dad bei den indolpositiven Bakterien nicht etwa 

;in Ferment tfltig ist, welches, wie man sich leicht vorstellen kdnnte, 
nnfach das Tryptophanmolekfll zwischen Indolkern und Alaninseitenkette 
paltet, sondern daB tatsSchlich ein in dem Verbalten zum a- und /ff-C 
es Alanins begrflndeter etappenweiser Abbau erfolgt, findet in folgendem 
hren Beweis: Indolpositive Bakterien (Bact. coli commune, Vibrio 
holerae und Proteus X19), die bei ihrem Angriff normalerweise die 
1L Etappe durchlaufen, kflnnen nach Belieben durch Zugabe einer leichter 
ssimilierbaren C-Quelle in Form von Kohlehydraten (Traubenzucker, 
Maltose, Laktose, Saccharose, L&vulose, Mannit) dazu gebracht werden, 
■aB sie die II. Stufe bis zur positiven Ehrlichschen Reaktion nicht mehr 
irflcklegen, sondern bei der hiologischen Endreaktion der I. Etappe, der 
'alkowskisehen Reaktion Halt machen. Sie bilden erst dann Indol 
(positive Ehrlichsche Reaktion), wenn die C-Quelle des Kohlehydrats 
sufgezehrt ist Oder sich im Gleichgewichtszustande mit der C-Quelle 
Her II. Etappe befindet. Betont sei, daB Kohlehydrate, die von den 
Bakterien nicht assimiliert werden (Laktose von Vibrio cholerae und 
Proteus X19, so wie Saccharose von Bact. coli commune), die 
C-Quelle der II. Etappe nicht ersetzen, also die Indolbildung nicht be- 
eintrfichtigen konnen. 

i Die Annahme einer die proteolytischen Enzyme der indolpositiven 
Bakterien hemmenden Wirkung der Kohlehydrate, speziell der Glukose, 
Wie sie A. Fischer macht, ist hiernach nicht nur unnfltig, sondern 
taeines Erachtens auch unbegrflndet. 

Die indolnegativen Bakterien der I. Etappe sind durch Trauben- 
i.ucker sowie durch die Qbrigen Kohlehydrate dagegen nicht beeinfluBbar. 
Anindolische Proteus-, Paracoli-, Typhus-, Paratyphus A- und B- 
ptfimme bilden unbekflmmert urn Traubenzucker etc.-Anwesenheit Indol- 
bsigsflure, durchlaufen also in diesem Falle die I. Etappe. Sie werden 
togar durch Traubenzucker deutlich in ihrem Wachstum gefOrdert, was 
hesonders bei Paratyphus B in den synthetischen Lflsungen (weniger in 
Bouillon) in einer st&rkeren Salkowski-Reaktion zum Ausdruck 
kommt 

6) Der Abbau der I. Etappe beruht eben auf dem Verbalten der 
Bakterien zur N-Quelle des Tryptophans als Aminos&ure. Seine Amido- 

Kntc Xbt Ori*. Bd. 87 . Heft 4. 18 


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Centr&lbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


gruppe ist fflr Bakterien prinzipiell zuganglich und kann nicht durch 
andere Aminos&uren, wie Asparagin (Amid der Amidobernsteins&ure). 
ersetzt warden, was vielleich darauf schliefien lfLBt, daB der Indolkern 
eine bis jetzt noch unbekannte Bedeutung fur den Bakterienleib haben 
konnte. 


7) Der EinfluB des Kchlebydrats auf den Abban in der II. Etappe 
kann indirekt zur Feststellung dienen, ob ein indolpositives Bakterium 
eine bestimmte Kohlenstoffquelle(Kohlehydrat, Alkohol) assimilieren konne. 

8) Die Frage, ob unter alien Qmst&nden der Abbau des Tryptophans 
zum Indol fiber IndolessigsSure geht, mud wegen zu groBer experi- 
menteller Schwierigkeiten vorl&ufig offen bleiben und kann nicht einfach 
auf Grund der Tatsache, daB chemisch reine IndolessigsSure nicht als 
Proindol dienen kann, verneint werden. 


9) Auffallend ist es, daB zur Indolbildung nor gramnegative 
Bakterien beffihigt sind und daB bis jetzt kein gram positives 
Bakterium bekannt ist, welches fiber die I. Etappe hinaus bis zum freien 
Indol, zur positiven Ehrlichschen Reaktion filhrt. 

10) Der Abbau des Dipeptids Glyzyltryptophan verhSlt sich in alien 
Stficken dem Tryptophan gleich. Es wird in I. Etappe von indolnegativen 
Bakterien (sowie von indolpositiven bei Zuckeranwesenheit) zur positiven 
Salkowski-Reaktion, in II. Etappe von den indolpositiven Bakterien 
bis zur positiven Ehrlichschen Reaktion abgebaut. Eine geringe 
Wachtumsverst&rkung in der sonst N-freien synthetischen LOsung (Para- 
typhus B) ist auf die doppelte NH,-Gruppe zurOckzuffihren. 

11) BezQglich der Indolnachweismethoden ist folgendes zu sagen: 
Von den verschiedenen Reaktionen (Ehrlich-, Vanillin-,Naphthochinon-, 
Nitroprussidnatrium- und Salkowski-Reaktion) ist, wie die Prfifung 
an verschiedenen chemisch reinen Indolderivaten zeigt, die Nitroprnssid- 
natriumreaktion am w&hlerischsten. Sie reagiert nur mit dem freien 
Indolkern. Wo der Ehrlichsche Aldehyd zu kostspielig sein sollte. 
wird meines Erachtens die Nitroprussidnatriumreaktion mit ihrem tief- 
blauen Indolfarbkdrper vorteilhaft als Indolreaktion herangezogen werdei 
kOnnen. Die Ehrlichsche, Vanillin- und Naphthochinon-Reaktion ver- 
langen nur ein freies /?-C-Atom des Indolkerns; a-Methylindol reagiert 
wie freies Indol. Die Salkowskische Reaktion bedarf nur eines freiei 
a-C-Atoms des Kerns; dann gibt sie sowohl mit freiem Indol wie mit 
/?-IndolessigsSure und /?-Iadolbrenztraubens£ure FarbkSrper, die wi« 
Nitrosoindol in Amylalkohol flbergehen. 

12) In der Hauptsache sind bisher in der bakteriologischen Literatur 
zum Nachweis von bakteriellem Indol die beiden Reaktionen nach Paul 
Ehrlich und Salkowski verwendet worden. Von diesen beiden ist 
ntfr die Ehrlichsche Reaktion eine spczlfische Indolreaktion. 
(Zweckm&Bigste Anwendung: KulturflQssigkeit versetzen mit5— lOTropfeo 


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Frieber, Beitrage zur Frage der Indolbildung und der Indolreaktionen. 275 


Iadolreagens [5 g p Dimethylamidobenzaldehyd, gelSst in 50 ccm 96-proz. 
Alkohol und 50 ccm konz. Salzsaure]; in Glasstopfenflaschen zu 10 bis 
20 ccm abgefQllt, baltbar.) Als zweckmSBigste KulturflOssigkeit, die sich 
seit vielen Jahren im Hygienischen Institut Frankfurt a. M. bew&hrt hat, 
ist „Trypsinbouillon u zu empfehlen. [I 1 gewfihnliche Bouillon, ent- 
baltend 10 g Pepton, 5 g Liebigs Fleischextrakt, 5 g Kochsalz mit 
einer AlkalitSt von 7 ccm n-Sodaldsung, wird 40° C warm mit 0,2 g 
Trypsin-Grflbler in Glasstopfenflasche mit Chloroform und Toluolzusatz 
24—48 Std. im Brutschrank angedaut und durch angefeuchtetes Falten- 
filter gegeben (Stammlosung). Zum Gebrauch 1 Teil Stammlfisung mit 
3 Teilen physiol. Kochsalzlfisung verdflnnen („Trypsinbouillon tt ). Steri- 
lisieren.] Cf. Frieber. 

Ehrlichs Indolragens gibt in „Trypsin-Bouillon tt Enltnren bei An- 
wesenheit von Indol eine kirschrote F&rbnng, anderenfalls bleibt die 
FlQssigkeit absolut farblos. 

12) Die Salkowski-Reaktion ist keine echte Indol-, 
son d e r n hinsichtlich des Tryptophanabbaus einelndolessigs&ure- 
reaktion. Der nach Zusatz von Nitrit und Schwefels&ure in Bak- 
terienkulturen auftretende rote Farbton darf daher nicht auf Indol be- 
zogen werden. Nur wo gleichzeitig die Ehrlichsche Reaktion Oder 
eine andere Indolreaktion positiv ist (jedoch niemals bei negativer 
Ehrlich-Reaktion!), darf die Salkowskische Reaktion als fflr Indol 
beweisend angesprochen werden. 

Die Salkowskische Reaktion verdient nicht die ihr in den ver- 
schiedenen bakteriologischen Lehrbdchern angewiesene 1. Stelle unter 
den Indolreaktionen. 

Die Tatsache, daB die Salkowskische Reaktion noch immer als 
,Indol u -Reaktion gilt, hat nnheilvolle Verwirrung in der Bewertung der 
Angaben fiber Indolbildung zur Folge gehabt (indolpositive Typhus- 
bazillenl) und hat die echte Indolreaktion, deren Wert als Differen- 
ziernngsmerkmal dem der anderen Methoden (SSure- und Gasbildung, 
Verhalten zur Gramfhrbung) gleich zu erachten ist, in schlechtes An- 
6 ehen gebracht und bis heute verhindert, daB dem Nachweis des Indols 
sis biologischer Endreaktion die gebfihrende Stelle eingerdumt wurde. 

13) Besonders sei im Hinblick auf dieim Lehmann-Neumann 
(Anfl. 1920) fiber positive Indolbildung bei Pest-, Rotz- und Diphtnerie- 
bazillen, Staphylokokken u. a. gemachten Angaben hier hervorgehoben: 
Die Bakterien der Pest, der Diphtherie, des Rotzes, der 
Pneumonie, sowie Staphylokokken und Sarcine sind keine 
Indolbildner. Wie in vorliegender Arbeit ermittelt wurde, geben 
diese Bakterien unter keinen Umstfinden eine positive Indolreaktion, nur 
die Salkowskische Reaktion tritt ein. Es wurden ferner auch die 
von Lehmann-Neumann als indolpositiv bezeichneten nichtpatho- 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 87. Heft 4. 


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genen Arten (Bact. Zopfii, vitulinum, ochraceum, Micrococe. 
bicolor) einer PrOfung unterzogen und ebenfalls gezeigt, daB ihre 
positive Salkowski-Reaktion nicbt auf echtem Indol, sondern aof 
IndolessigsSure beruht. 

Auch die weiterhin in den Kreis der Betrachtnng gezogenen Bak- 
terien des Typhus, Paratyphus A, Paratyphus B (4 St&mme), Enteritis, 
Ruhr (Shiga-Krnse), 3paracoli, phenologenes (Rhein), muta- 
bile (Neisser-Massini) und 10 andere anindolische Paracoli- 
Stamrae, 5 anindolische Proteus-St&mme, sowie Bac. mycoideg) 
ergeben ebenfalls positive Salkowski-Reaktion bei absolut negativer 
Ehrlichscher Reaktion. 

Hinsichtlich der von Lehmann-Neumann gemachten Angaben 
fiber Indolbildnng bei Bact. ochraceum, fulvum, lateritium, 
violaceum, syncyaneum, cremoides, erythrogenes, lactis 
viscosum, die ich nicht nachprtlfen konnte, kann allein auf Grnnd der 
Tatsache, daB diese Bakterienarten als grampositiv beschrieben sind, mit 
groBer Wahrscheinlichkeit gesagt werden, daB sie keine echten Indol- 
bildner sein werden; es kann auch hier meines Erachtens nur eine falsche 
Deutung positiver Salko wski - Reaktionen vorliegen. Ffir Bact 
ochraceum sowie Bact. Zopfii (von Kr&l bezogen, aber far gram- 
negativ befunden) konnte dies bewiesen werden. 

Da die Salkowskische Reaktion somit alien Bakterienarten zuzn- 
kommen scheint, so hat sie qualitativ keine diagnostische Bedeutung. 
Auch zur quantitativen Differenzierung erscheint sie belanglos. Als 
echte Indolreaktion kommt sie nicht mehr in Frage. Hier mull sie der 
spezifischen und schdneren Reaktion nach Paul Ehrlich weichen. 

Analoges Verhalten werden Qbrigens die Bakterien auch dem Tyrosin 
und Histidin gegenOber zeigen; nur fehlen hier noch die entsprechendeo 
Farbreaktionen auf den Zwischenk5rper, sowie bei Histidin auch auf das 
Endprodukt des bakteriellen Abbaus. Bezflglich des Tyrosinabbans s« 
auf die vom Verf. angewendete Phenolreaktion mittels p-Amidophenols 
hingewiesen. 


Iiiteratnr. 

Bach, Vergleichende Untersuchungen fiber Proteus-Stamme etc. (Centralbl f. 
Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 85. 1921. 8. 305.) — Bertheiot, Sur l’emploi de milieux 
chimiquement d£fmis k base de tryptophane. (Compt rend. 8oc. Biol. T. 72. 1912. p. 505; 
Compt rend. Acad. Scienc. T. 24./7. 1911.) — Ders., Recherchee sur le Proteus vul¬ 
garis consid6r4 coname producteur de 1’indol. (Compt rend. Acad. Scienc. T. 156k 
1913. p. t>U.) — Ders., Kecherches sur quelques caractferes sp4cifiques du Protem 
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Sur quelques propri£t6s biochimiques du Bacillus aminophilus intestinalis. (Compt 
rend. Acad- 8cienc. T. 154. 1912. p. 1826.) — Boh me, Die Anwendung der Ehrlich* 
schen Indolreaktion fiir bakteriologische Zwecke. (Centralbl. f. Bakt. Abt I. Orig. Bd. 40. 
1906. 8. 129.) — Ehrlich, Felix, Berl. Ber. d. Deutsch. Chem. Ges. Bd. 45. 1912. 
S. 886. — Fischer, A., Hemmung der Indolbildung bei Bact coli in Kulturen mi 
Zuckerzusatz. (Biochera. Zeitschr. Bd. 70. 1915. 8. 105.) — Frieber, Zura Naehireis 
von Phenol in Bakterien kulturen. (Centralbl. f. Bakt Abt I. Orig. Bd. 86. 1921. S. 58) 
— Ders., Ueber feelbstbereitung von bakteriologischer Peptonlbsung und fiber Trypsin- 


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Kalkbrenner, Beitrage zur Biologie des Influenzabazillus. 


277 


bouillon znr Prufung anf indolbildende Bakterien. (Ebenda. Abt. I. Orig. Bd. 86. 1921. 
8.424.) — de Graaf, Untersuchung iiber Indolbildung dutch Bact. coli commune. 
(Ebenda. Abt. I. Orig. Bd. 49. 1909. 8. 175.) — Groot, Kecherches sur le Bact. proteua 
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Ref. Bd. 70. 1920. 8.85.) — Herter, On indolacetic acid. (Journ. Biol. Chem. Vol.4. 
1 ( ,< 08 . p. 2.) — Herter and Ten Broeck, A biochemical study of Proteus vulgaris 
Hauser. (Ibid. Vol. 9. 1911. p. 491.) — Herzfeld u. Klinger, Quantitative Unter- 
suchungen iiber den Indoi- und Tryptophanumsatz bei Bakterien. (Centralbl. f Bakt. 
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mistry of Proteids. A preliminary study of a hitherto undescribed product of tryptic 
digestion. (Journ. of Physiol. Vol. 27. 1901. p. 2.) — Dies., The constitution of Trypto¬ 
phane and the action of Bacteria upon it. (Ibid. Vol. 29. 1903. p. 451) — Hoppe- 
beyler-Thier felder, Handb. d. physiol, u. pat hoi. chem. Analyse. 8. Aufl. Berlin 
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fad. 76. 1912. 8. 145.) — Kitasato, Die negative lndolreaktion der Typhusbazillen 
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Kruse, Allgemeine Alikrobiologic. Leipzig 1910. 8. 511. — van Loghem, Bact. 
proteus anindologenes bei gesunden und kranken 8auglingen. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 
Orig. Bd. 82. 1919. 8.449.)— Neisser u. Frieber, Indoi- und Phenolbildung durch 
Bakterien. (Mikrolog. Handbuch von Kraus-U hlenhuth. Urban-8chwarzenberg. 
Noch nicht erschienen.) — Palmirski u. Orlowski, Ueber die lndolreaktion bei 
Diphtheriebouillon-Kulturen. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 17. 1895. 8. 358.) 
— Pringeheim, E., Zur Verbilligung und Verscharfung der lndolreaktion. (Ebenda. 
Abt I. Orig. Bd 82. 1918. p. 318) — Salkowski, Zur Kenntnis der Eiweififaulnis. 
Diehkatolkarbonsaure nach mit H. 8a lko wski-Munster i. W. angestellten Versuchen. 
(Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9. 1885. 8. 8.) — Sasaki, Ueber eine neue empfind- 
liihe Skatolreaktion. (Biochem. Zeitschr. Bd. 23. 1910. 8. 402.) — Steensma, Ueber 
den Nachweis von Indoi in Baktenenkulturen. (Centralbl. f. Bakt. Abt I. Orig. Bd. 41. 
19(6. 8. 295.) — Zipfel, Zur Kenntnis der lndolreaktion. (Ebenda. Abt. I. Orig. Bd. 64. 
1912. 8. 65.) — Der8., Weitere Beitrage zur Kenntnis der lndolreaktion. (Ebenda. Abt. I. 
Orig. Bd. 67. 1913. 8. 572.) 


Naehdruck verboten. 

Beitrage zur Biologie des Mueuzabazillus. 

[Aus der Untersuehungsabteilung (Leiter: Prof. Dr. Prausnitz) des 
Hjgienischen Instituts der UDiversit&t Breslau, Direktor: Geh. Med.-Rat 

Prof. Dr. Pfeiffer).] 

Von Dr. Kalkbrenner, Assistent am Augustahospital in Breslau. 

Schon 1892 wurde durch Pfeiffer das Hamoglobin als der fur die Influenza- 
b&zillen wesentliche Nahrbodenzusatz ermittelt und darauf hingewiesen, dafi wahrschein- 
Iich das Eisen der wichtigste Bestandteil fur das Gedeihen der I.*B. sei. Neuerdings 
stellte Olsen in Erweiterung friiherer Arbeiten von Ghon und v. Preyss fest, dafi I.-B. 
anf Hamatin-, Hamin-, und Hamatoporphyrinagar nicht wachsen, dagegen auf Methamo- 
elobinagar sich ebensogut entwickeln wie auf Osybamoglobinagar. Er suchie die das 
Wachstum der I.-B. begiinstigenden 8ub*tanzen in Zusammenhang zu bringen mit 
der katalytischen Funktion und halt den Eisenkern des Molekiils fur den zum Wachs- 
tum der LB, wichtigen Bestandteil des Hamoglobins. 

Eine Keihe von Untersuchern (Huber, Fichtner, A. Cantani jun., Nast- 
jukoff, Capaldi, Kitasato, Canon un d Chan temesse, Richter) hat sich 
bemuht, I-B. auf kahiboden zu ziicbten, in dcnen das Hamoglobin durch andere 
Oenvate des Tier- ui d Pllanzenkorpers oder durch chemisch cbarakterisieite Stoffe 
ersetzt wurde. Die Deutung dieser Versuchsergebnisse wird allerdings erschvsert durch 
folgende Erwagungen: 

1) lo einem Teil der Versuche ist es sehr zweifelhaft, ob mit ecbten l.-B. ge- 
vbdtet wurde. 2) Ein Teil der Nahrbodenzusatze, vor aliem aber das Fleisch wasser 

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278 


Centralbl. I. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 4. 


eelbet, enthalten von vornherein geringe Hiimoglobinraengen, die fur da9 Gedeihen der 
I.-B. nicht bedeutungslos Bein dtirfien. 3) Endlich wind die I.-B., wie zuer-t tod 
Grassberger fo-tgestellt, dann eingehend von Cantani, Lueraaen, Ghou uod 
v. Preyas, Neiaaer, Wolff unteraucht wurde, in MUchkuliur niit verachioienei 
Baktericn (Diphtherie-Baz., auch Luftkokken) weit weniger anapruchavoll uud kdiioen 
dann zuweilen auch auf gewohnlichen blutfreicn Nahrboden wachaen. 

Daher besteht in der Beurteilung vieler dieser Versuche eine ge- 
wisse Unsicherheit. Ferner schien die Frage nach dem wirksamen Be- 
standteil des Hamoglobins ebenfalls einer Nachpriifung wert. AufVer- 
anlassuug von Herrn Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Pfeiffer, dem ich fQrdie 
Anregung zu dieser Arbeit und fiir seine vielfachen Ratschl&ge bei deren 
Ausfiihrung auch hier meinen ergebensten Dank ausspreche, habe ich ; 
die hier aufgeworfenen Fragen bearbeitet. 

In einer grofien Reihe von Vorversuchen habe ich die Ergebnisse 
von Ghon und v. Preyss und von Olsen bestatigt gefunden, wonach 1 
I.-B. auf Hamoglobinagar gu f , auf Methamoglobinagar fast ebenso gut 
gedeihen, dagegen auf Hamin-, Hamatin-, und Hamatoporphyrinagar } 
nicht wachsen. { 

Ferner fand ich die Angaben derselben Forscher bestatigt, wonach j 
I.-B. in Mischkultur mit geeigneten Bakterien (Streptokokken, Staphylo- j 
kokken) noch auf Hamin- und Hamatinagar, aber nicht auf Hamato- j 
porphyrinagar zur Entwicklung kommen. Die Beeinflussungszone der j 
Begleitbakterien auf das VVachstum der I.-B. erstreckte sich auf der j 
Oberfiache der mit dem Bakteriengemisch beimpften Agarplatte bis in 
einer Entfernung von 3 cm. 

Diese Resultate hatte seinerzeit Olsen so gedeutet, daB die • 
fSrdernde Wirkung des Blutfarbstoffs auf das Wachstum der Influenza- 
bazillen mit dem Eisen in Zusammenhang stande. Dieser SchlnS : 
scheint allerdings nicht ohne weiteres gerechtfertigt zu sein, da dae ' 
Hamatoporphynn nicht nur kein Eisen, sondern auch kein Eiweifi mehr 
enthalt; vielleicht ist also fur seine Unwirksamkeit der Mangel an Ei* , 
weiB verantwortlich zu machen. HierfQr scheint die Tatsache 
zu sprechen, daB Influenzabazillen auf vollstandig blut- 
farbstofffreien N ahrboden wachsen kdnnen, wenn mange- • 
eignete Bakterien hinzufiigt. 

Luerssen hatte bereits bei Zusatz gewisser anderer Bakterien- 
arten ein VVachstum der Influenzabazillen auf gewdhnlichem Fleisch- 
wassernahragar beobachtet. Immerhin war mit der MSglichkeit zn 
rechnen, dall der zu diesen Versuchen verwendete Fleischwasseragar 
noch winzige Spuren von Iiamoglobin enthalten konnte. Solclie Spuren 
wOrden nicht ausreichen, urn die I.-B. allein zum Wachtum zu bringen; 
sie konnten aber vielleicht in Geineinschaft mit den Leibessubstanzen 
der Begleitbakterien hinreichen, um ihr VVachstum in Gang zu bringen. 
Diese MSglichkeit muBte ausgeschlossen werden. Daher wurden die nun 
zu beschreibenden Versuche gleichzeitig auf l l / 2 -proz. Fleischwasseragar 
und auf einem 1 Proz. Nutrose, 1 Proz. Pepton Witte, 0,5Proz. 
NaCl enthaltenden l‘/ 2 *proz. Wasseragar ausgefilhrt. Bei 
den orientierenden Versuchen dienten als Begleitbakterien Rosa-Hefe, 
Sarcina lutea, Staphylococcus albus undaureus, Strepto¬ 
coccus longus, Micrococcus catarrhalis, Meningococcus, 

B. prodigiosus, B. violaceus, B. pyocyaneus,B. fluorescens 
liquefaciens und non liquefaciens, FriedlUnders Bazillus, 
Typhus-, Paratyphus B-, Shiga-, Flexner-, Y-, Coli-, Xld-Bazillen, 

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Kalkbrenner, Beitrage zur Biologie des Influenzabazillus. 


279 


B. acidi lactici, Diphtheriebazillen (frisch aus dem Kbrper herausge- 
zfichtet), Milzbrandbazillen, B. mycoides, B. mesentericus, B. sub- 
tilis. 

Mit diesen Bakterien geraischt wurden 3 I.-B.-Stttmmen untersucht, 
ron denen 1 Kultur vor mehreren Jahren, die anderen beiden wahrend 
der letzten Epidemie herausgeziichtet worden waren. Die I.-B.Kulturen 
wurden vora Levinthal-Agar unter Kontrolle des Mikroskops ent- 
noinmen und in Kochsalzlosung verdflnnt, urn moglichst auszuschlieBen, 
daB auch nur eine Spur von Blutfarbstoff ubertragen wiirde. Die Be- 
gleitbakterien wurden in physiol. Kochsalzlosung fein verrieben und 
so weit verdOnnnt, dad auf der mit der Emulsion oberflachlich beschickten 
Platte etwa 60 — 100 Kolonien von ihnen wuchsen. Die N&hrboden- 
oberflSche wurde unmittelbar hintereinander mit den Aufschwemmungen 
der I.-B. und der Begleitbakterien beimpft. Mehr oder weniger regel- 
mSBig gelang der Nachweis feiner Kolonien von I.-B. in dei; Umgebung 
der grbBeren Kolonien der Begleitbakterien. Solche Befunde wurden 
vereinzelt erhoben bei Typhus, Paratyphus B, Coli-, Flexner- und 
Friedlfinder-, konstant bei Shiga- und Diphtheriebazilllen. 

Bei eingehenderen Untersuchungen iiber die Wachstumsbegtlnstigung 
der I.-B. durch Diphtheriebazillen stellte sich — entsprechend den bei 
der Stapbylokokkenkultur gemachten Beobachtungen — die interessante 
Tatsache heraus, daB hier die mit Diphtheriebazillen vergesellschafteten 
I.-B. sowohl in der Kolonieform wie auch im Aussehen der einzelnen 
Bazillen sich ganz atypisch verhielten: die Kolonie erschien bei etwa 
50-facher VergrbBerung nicht glashell und kegelfbrmig erhaben, sondern 
war zackig umrandet, gekbrnt und nach Art einer Kugelkappe ab- 
geflacht. Das mikroskopische PrBparat, das bei 500-faeher VergrbBe- 
rung von den auf Lev in thal- oder Blutagar gewachsenen I.-B. SuBerst 
feine, verhSltnisra&Big kurze StSbchen und nur ganz vereinzelte Schein- 
fSden aufweist, zeigt in der Diphtherie-Mischkultur ganz abeuteuerliche 
Formen: die einzelnen Stabchen sind wesentlich grober, plumper und 
zeigen h&ufig Scheinf&den. Dieser Befund war so auffallend, daB zu- 
nSchst an Verunreinigung gedacht wurde; aber regelmkBig zeigte es 
sich, daB bei Rflckimpfung dieser Kolonien (die Abimpfung geschah unter 
dem Mikroskop) auf Levin thal-Agar der normale Typus der Kolonien 
und der einzeiuen Bazillen nach 1—2 Generationen wiederkehrte. Ganz 
ahnliche Beobachtungen hatte in diesem Institut M. Preuss gemacht, 
als er I.-B. auf Levin thal-Agar unter Zusatz hypertonischer Losungen 
gewisser Salze zflchtete. Die beobachteten Erscheinungen sind hiernach 
wohl als eine Schadigung und beginnende Degeneration der I.-B. unter 
dem EinfluB eines ihnen weniger zusagenden Nahrbodens zu deuten. 
Und in der Tat ist es auch mir unter diesen Bedingungen (Zflchtung 
auf Nutrose-Wasseragar in Gesellschaft lebender Diphtheriebazillen) nie 
gelungen, die I.-B. durch meiir als 3—4 Generationen am Leben zu 
erhalten. 

Im AnschluB an die oben erwahnten Befunde von Grassberger 
u. a. war kaum anzunehmen, daB hier eine echte Symbiose von Diph¬ 
theriebazillen und I.-B. vorlag. Um aber diese Frage mit Sicherheit 
zu entscheiden, wurde auch hier eine ahnliche Versuchsreihe mit 
den abgetdteten Begleitbakterien auf Nutrose-Pepton- 
Wasseragar ausgefuhrt. Auch hier entwickelten sich die I.-B., aller- 
dings mit derselben Eigenart des Wachstums. Der l'/a'proz. Nutrose- 
Pepton-Wasseragar wurde in einem Teil der Versuche in Platten ge- 

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280 Centr&lbL f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 

gossen, oberflfichlich mit Diphtheriebazillen beimpft and nach 24-stfind. 
Bebrfitung durch Chloroforuidfimpfe sterilisiert; nach Verdunsten des 
Chloroforms wurden dann die Flatten niit I.-B.-Eraulsion bescbickt: 
regelm&Big entwickelten sich reiclilich I.*B.-Kolonien. -- In anderen Ver- 
suchsreihen wurde der Rasen von Diphtheriebazillen, der auf der Ober- 
flache von Loeffier-Serum Oder Fleischwasser-Agarplatten gewachsei 
war, in Kochsalzlosung aufgeschwemmt und durch Erhitzen im Wasset- 
bad auf verschiedene Temperaturen zwischen 60 und 100° abgetotet. 
Diese Aufschwemmungen wurden dem verflfissigten Nutrose-Pepton- 
Wasseragar zu^esetzt; diese Nahrboden wurden in Platten gegosset 
und nach dem Erstarren auf der Oberflache mit I.-B. beimpft. 

War die Diphtheriebazillen-Aufschwemmung bei 60—70° abgetfitet 
worden, so entwickelten sich die l.-B.*Kolonien gut; waren die Diph¬ 
theriebazillen auf 90° erhitzt worden, so wuchsen die I.-B. nur noch 
kflmmerlich; bei Erhitzung der Diphtheriebazillen auf 100° blieb das 
Wachstum der I.-B. fast vollkommen aus. In den Kulturen, zu denen 
die bei 60° abgetoteten Diphtheriebazillen verwendet waren, wurden die 
I.-B. Kolonien sogar etwas gioBer als auf den Mischkulturen mit lebendeo 
Diphtheriebazillen; sie erreichten freilich nicht die GrfiBe der Kolonien 
aut Levinthal- Agar. Auch hier wurden die oben beschriebenen Ab- 
normit&ten im Aussehen der Kolonien wie der einzelnen Bazillen be- 
obachtet; aber auch hier wichen diese Abnormit&ten nach eiuigen Pas- 
sagen fiber Levinthal-Agar dem normalen Aussehen der I.-B. Im 
fihrigen waren diese Stfimme in der Reinkultur auf den sonst fiblichen 
Nfihrboden (z. B. Fleischwasseragar) genau so strong hfimoglobinophil 
wie sie es vor Beginn dieser Versuche gewesen waren; es war also nicht 
etwa im Laufe dieser Untersucbungen eine Verringerung der Ansprfiche 
unserer Kulturen an die Gfite des Nahrbodens eingetreten. 

Diese Ergebnisse wurden in 8 Versuchsreihen mit stets gleichem 
Erfolge wiederholt. Auf dem Nutrose-Peptonwasseragar, dem die anf 
60° erhitzten Diphtheriebazillen zugesetzt waren, gelang die Fortzfichtung 
der I.-B. bis zur 3. Generation. 

Um den wirksamen Bestandteil der Diphtberiebazillenleiber 
zu ermitteln, wurde der Kulturrasen mebrerer in K o 11 e- Flaschen ge- 
zflchteter Fleischwasseragar-Massenkulturen von Diphtheriebazillen mit 
einem Spatel vorsichtig abgeschabt, im Exsikkator getrocknet und im 
Achat mbrser fein zermahlen: 0,2 g dieses Pulvers wurden in 10 ccm 
absoluten Alkohols aufgeuommen, geschfittelt und nach 24-stfind. Stehen 
scharf abzentrifugiert. Der Bodensatz wurde noch einmal in Alkohol 
aufgenommen, abzentrifugiert und im Paralfinschrank bei 55° zur Trockne 
eingedunstet. Die beiden Portionen der Alkoholldsung wurden dnrch 
FlieBpapier filtriert und ebenfalls bei 55° eingedunstet. Der Alkohol- 
rfickstand wurde mit 4 ccm physiol. Kochsalzlosung emulgiert. Der 
Alkoholextrakt wurde zunfichst mit 2 Tropfen Alkohol angefeuchtet nod 
dann ebenfalls mit 4 ccm physiol. Kochsalzlosung emulgiert. Von jeder 
der beiden Emulsonen wurden jeweils 2 ccm mit Nutrose-Peptouwasser- 
agar cemischt. Die NShrboden wurden nach dem Erstarren auf der 
Oberfliiche mit I.-B. beimpft. Auf den Kulturen mit Alkoholextrakt 
aus Diphtheriebazillen wuchsen keinel.-B.; auf den Alkohlrfick- 
stand kulturen entwickelten sich in der gleichen Weise wie oben 
beschrieben I.-B.-Kolonien, die auch hier bis zur 3. Generation fort- 
gezuchtet werden konnten. 


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Kalkbrenner, Beitrage znr Biologic des Inlluenzabaziilus. 


281 


Aehnliche Ergebnisse konnten auch mit lebender, sowie durch Chloro¬ 
form abgetflteter Shigaruhr-Kultur erhalten werden. 

Eine Nachprflfung der nach AbschluB meiner Arbeit verflffentlichten 
Tocunagaschen Untersuchungen war mir noch nicht mOglich. Nach 
diesem Forscher soil der for das Wacbstum des L-B. wesentliche Be- 
standteil im Globin, dem eisenfreien Kern des Hamoglobins zu 
snchen seio. 

Id meinen Versuchen ist es jedenfalls nicht mdglich gewesen, ab- 
solot eisenfrei zu arbeiten. Sowohl der verwendete Nutrose-Peplon- 
wasseragar wie die zugesetzteo Diphtheriebazillenleiber enthielteo noch 
geringe, aber deutlich nachweisbare Mengen von Eisen. Inwieweit diese 
Eisenmengen fflr die Entwicklung der I.-B. noch wesentlich sind, mufi 
in spateren Untersuchungen festgestellt werden. 

Aus den vorliegenden Ergebnissen ist aber schon jetzt zu ersehen, 
dad die bis dahin als so sehr anspruchsvoll angesehenen 
Influenzabazillen auch auf verh&ltnism&fiig sehr ein- 
fachen und sicher blutfreien Nahrbdden eine beschr&nkte 
Zeit wachsen kflnnen, wenn man ihnen die reinen Oder 
die mit Alkohol ausgezogenen Bazillenleiber verab- 
reich t. 

Dieser Befund spricht entschieden dafflr, daB fflr die Entwicklung 
der I.-B. der Zusatz gewisser EiweiBkflrper das Wesentliche ist. 
Anch meine. Versuche haben es bestatigt, dad den Influenzabazillen die 
Blutbestandteile am besten zusagen; aber das Hamoglobin kann wenig- 
8tens eiue Zeitlang durch die eiweiBartigen Bestandteile der Leibessub- 
stanzen mancher Bakterien vertreten werden. Es ware vielleicht daran 
zu denken, daB es sich bier um das Aufspeichern organisch gebundenen 
Eisens in der Leibessubstanz dieser Bakterien handelte, ahnlich wie die 
geringen Jodmengen in unserer Nahrung durch die Schilddrflse auf- 
gesammelt und in organisch gebundener Form aufgespeichert werden. 
Immerhin ist es eine merkwflrdige und heute noch unerklarliche Tat- 
sache, daB eine weitgehende Spezifitat existiert, daB von vielen unter- 
suchten Bakterienarten ein kleiner Teil das Wachstum der I.-B. sehr 
begflnstigt, wahrend andere sich hierzu als wenig geeignet und noch 
andere als ganzlich ungeeignet erwiesen haben. Vielleicht ist die Er- 
klirung fflr die letztere Tatsache in einer hemmenden Wirkung einiger 
Bakterien zu suchen. Diese Frage konnte aus Zeitmangel nicht ent¬ 
schieden werdeu. HSchst eigenartig ist es auch, daB relativ geringe 
Mengen bakterieller EiweiBsubstanz das Wachstum der I.-B. 
ermdglichen, wahrend hochwertige andere EiweiBsubstanzen, wie Pferde- 
serum, Ascites fast immer ganzlich versagen. Offenbar muB eine gewisse 
Verwaudtschaft oder Aehnlichkeit dieser bakteriellen EiweiBsubstanzen 
mit dem Globin des Hamoglobins bestehen, wenn sie auch quantitativ 
in ihrem Nahrwert fflr die I.-B. dem Hamoglobin sehr nachstehen. Denn 
die Untersuchungen Levinthals u. a. haben ja gezeigt, wie auBer- 
ordentlich geringe Hamoglobinmengen ein flppiges Wachstum der I.-B. 
ermflglichen, wahrend von den meist begflnstigenden Diphtheriebazillen 
immerhin erheblich grflBere Mengen notig zu sein scheinen, und auch 
diese die Influenzabazillen hflchstens durch 3—4 Generationen am Leben 
erhalten, wobei bereits ausgesprochene Hungerformen auftreten. 

Da in alien den Nahrbflden, auf denen die Ziichtung gelang, 1 Proz. 
Pepton Witte enthalten war, so muB auch an die Mflglichkeit gedacht 
werden, daB im Pepton selber ein fflr das I.-B.-Wachstum wesentlicher 

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282 CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 

Faktor enthalten ware. So ist es dorchaus moglich, dafi im Pepton 
noch geringe Mengen mehr Oder weniger abgebauten Blutfarbstoffs vor- 
handen sein kQnnten; diese brauchten an sich nicht zu genOgen, konnten 
aber zusammen mit den Bakterienbestandteilen hinreicben, um wenig- 
stens ein beschrknktes Wackstum der lufluenzabazillen zu ermoglichen. 

Zusammenfassung. 

1) Influenzabazillen-Reinkulturen stellen erhebliche Anspruche 
an die Qualitat des Nahrbodens. Bei Zusatz von reinem Oxyhamoglobin 
wachsen sie auf Wasseragar nicht, auf Hefeagar nbr ausnahmsweise. 
Auf Fleischwasseragar gedeihen sie bei Zusatz von Oxyhamoglobin gut, 
von Meth&moglobin weniger gut, von H&min, HSmatin und Hamato- 
porphyrin gar nicht. 

2) In Mischkultnren mit Streptokokken Oder Staphylo- 
k ok ken geiang ihre Zflchtung noch auf Fleischwasseragar unter Zusati 
von H&min oder HSmatin, aber nicht von Hamatoporphyrin. 

3) In Mischkulturen mit gewissen anderen Bakterien, vor allem 
den Diphtheriebazillen konnen die I.-B. auch obne Zusatz von 
irgend welchen Blutderivaten, selbstauf einem l l /»-proz. Wasser¬ 
agar mit 1 Proz. Nutrose, 1 Proz. Pepton Witte, 0,5 Proz. Kochsalz 
sich leidlich entwickeln und 3—4 Generationen lang erhalten bleiben. 

4) Bei dem Wacbstum der Iniiuenzabazillen in Mischkulturen handelt 
es sich nicht um Symbiose; denn sie wachsen ebenso gut, wenn die 
zugesetzten Hilfsbakterien durch Chloroform Oder durch vorsichtiges 
Erhitzen auf etwa 60° abgetdtet worden sind. Dieser begQnstigende 
EinfluB geht verloren, wenn die Hilfsbakterien gekocht werden. 

5) Der far die Ern&brung der L-B. wesentliche Bestandteil der 
Hilfsbakterien ist also koktolabil; er ist alkoholunldslich: er ist wabr- 
scheinlich eine eiweifiartige Substanz, vielleicht von fermentartigem 
Charakter. 

6) Bei der ZOchtung der I.-B. auf blutfreien NahrbSden unter Zu¬ 
satz lebender oder abgetdteter Hilfsbakterien wachsen die I.-B. in ganz 
atypischer Form: die Kolonien sind nicht mehr glashell und kegelfCrmig, 
sondern zackig umrandet, gekSrnt und abgeflacht; die Bazillen selber 
sind wesentlich plumper und gr6ber und weisen eine starke Neigung 
zur Bildung von Scheinfaden auf. Bei Ruckimpfung auf Levin thal- 
Agar kehrt nach wenigen Generationen die typische Gestalt sowohl der 
Kolonien wie der einzelnen Bazillen zurdck. 

Zum SchluB sei es mir gestattet, Herrn Prof. Dr. Carl Prausnitz 
fQr die liebenswflrdige UnterstQtzung u»d sehr vielfach gewahrte Hilfe 
meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. 

Literatnr. 

Canon, Dtsch. med. Wochenschr. 1892. 8. 28 u. 48; Virchows Arch. 1893. - 
Can tani, A. jun., Zeitschr. f. Hyg. Bd. 36. 1901. 8. 29, Bd. 23.1896. 8. 265; CentralbL 
f. Bakt. Abt. 1. Bd. 22. 1897. 8. 601. Bd. 28. 1900. S. 743; Grig. Bd. 32. 1902. 8. 692. 
— Capaldi, A., Ebenda. Bd. 20. 1896. 8. 800. — Cornil u. Chantemesse,' Ball 


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Preuss, Epidemiologische and morphologische Influenzabazillenstudien etc. 283 


mid. 1892. p. 183; Ref. Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd. 13. 1892. S. 489. — Fichtner, 
Ebenda. Abt. I. Orig. Bd. 35. 1904 8.374. — Ghon, A., u. v. Preyss, W., Ebenda. 
Bd. 32. 1902. S. 90, Bd. 35. 1905. S. 531. — Grassberger, R., Ebenda. Bd. 33. 1903. 
8.353; Zeitschr. f. Hyg. Bd. 25. 1897. 8. 453; Wien. klin. W’oihenschr. 1897. — 
Huber, Zeitschr. f. Hyg Bd. 15. 1893. S. 454. — Hufner u. Otto, Zeit>chr. f. 
physiol. Chem. Bd. 12. 8. 05. — Kitasato, 8., Dtscb. med. W ? o<heuschr. 1892. 8.28. 
- Luerssen, A., Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. 35. 1904. 8. 434. — Levin- 
th&l, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 86. 1918. 8. 1. — Nastjukoff, Inaug. Dias. Petersburg; 
Wratsch. 1893. Nr. 33/34; Ret. Centialbl. f. Bakt. Abt. 1. Bd. 19. 1896. 8. 474; Baumg. 
Jahresber. Bd. 9. 8. 203. — Neisser, M., l>isch med. Wocbenschr. 1103. 8. 462. — 
Olsen, Centralbl. f. Bakt. Abt I. Orig. Bd. 84. 19*20. S. 497, Bd. 85. 19*20. 8. 12. — 
Pfeiffer, R., Dtsch. med. Woehenschr. 1892. 8. i.8; Zeiisthr, f. Hyg. Bd. 13. 1893. 
8.357. — Der». u. Beck, Dtsch. med. Wothensthr. 1892 8. 465. — Pfuhl, A., 
Centralbl. f. Bakt. Bd. 11. 1892. 8. 397. — Richter, M., W r ien. klin. Woehenschr. 
1894. 8. 529. — Scheller, R., Handb. d. path. Mikroorg. 2. Aufl. Bd. 5. 1913. — 
Tocunaga, Dtsch. med. WcHbenschr. 1920. 8. 1357. — Wolff, J. E., Centralbl. f. 
Bakt Abt. I. Orig. Bd. 84. 1920. 8. 241. 


Nachdruck verboten. 

Epidemiologische und morphologische Influenzahazillen- 
studien aus dem Ende der letzten Pandemie. 

[Ans der bakteriologischen Untersuchungsabteilung (Leiter: Prof. Dr. 
C. Prausnitz) des flygienischen Institute der Universit&t Breslau 
(Direktor: Geh. Med.-Kat Prof. Dr. R. Pfeiffer).] 

iVon Max Preuss,' 

(ruher Volontarassiatent am Hygieni6chen InMitut, jeizt Apeistenzarzt am Stidt. Wenzel* 

Uancke-Krankenhaas in Bretdau.,, 

Die Untersuchungen der letzten Jabre haben im wesentlichen zur 
Uebereinstimmung darflber gelOhrt, daB der Iniluenzabazillus unter Ver- 
tendung geeigneter Metboden bei klinisch Grippekranken in der Regel 
gefunden wird (Referat von R. Pfeiffer und Diskusssionsbemerkungen 
auf dem Mikrobiologentag in Jena 1920: Neufeld 1921). Ferner 1st 
es im Verfolg der ersten Versuehe Pfeiffers den amerikanischen 
Forschern Blake und Cecil gelungen, durch Einbringung von In- 
fluenzabazillen-Reinkulturen in den Alund, die Nase und die Trachea von 
Affen die typischen Erscheinungen der Grippe, wie wir sie am Menschen 
kennen, eiuschlieBlich der Grippepneumouie, ktlnstlich hervorzurufen. 
Hierdurch ist die Frage nach der Stiologischen Bedeutung des I.-B. fflr 
die menschliche Grippe im wesentlichen entschieden. 

Schwierigkeiten bereitete jedoch tnanchen Forschern die Tatsache, 
dafi der I.-B. *fibrend der letzten Grippepandemie verh&ltnismfiBig hSufig 
auch bei solchen Personen geiunden wurde, die nicht an klinisch fest- 
gestellter Grippe erkrankt waren. Manche Autoren waren geneigt, 
hieraus anf eine „UbiquitiLt“ des I.-B. zu schlieBen. Die nfiher liegende 
Deutung solcher Befunde ist jedoch die, daB es sich hier entweder um 
Personen handelt, die frflher an Grippe, vielleicht einer ganz leichten 
Form, erkrankt waren, und I.-B.-Daueransscheider geblieben waren, 
Oder daB diese Personen mit Grippekranken in nShere Bertibrung ge- 
kommen und dadurch zu BazilleutrAgern geworden waren. FOr 
diese Deutung sprechen jedenfalls die Beobachtungen R. Schellers, 


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284 . Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original e. Bd. 87. Heft 4. 

der in KSnigsberg nach einer kleineren Grippeepidemie 1906—1908 dieses 
Vorkommen von I.-B. bei nicbt klinisch Grippekranken w&brend des 
Vorherrschens der Gpidemie verhaltnism&Big reichlich, aber in der Folge- 
zeit immer seltener und seitener feststellte. Aehulich haben auch Nen¬ 
fold und Paparaarku 1912 bei ihren ausgedehnten und sorgfSltigen 
Untersucbungen keine I.-B. fiuden konnen. Um eine weitere Kl&raog 
dieser Frage zu erzielen, habe ich auf Anregung von Herrn Geheimrat 
Pfeiffer, dem icb auch an dieser Stelle meinen ergebensten Dank 
ausspreche, im 2. Halbjabr 1920 eine groBere Zahl von Untersuchnngen 
des Rachensekrets und Auswurfs von Personen ausgefohrt, die teils an 
Erkrankungen der oberen Luftwege litten, teils auch gesund waren 1 ). 

Die Untersuchnngen lassen sich zeitlich in 2 Gruppen einteilen, 
deren 1. von Anfang Juni bis Mitte September 1920 dauerte, also nock 
in die Ausl&ufer der letzten Pandemie hineinfiel, wShrend die 2. von 
Mitte November bis Mitte Januar 1921, also zu einer Zeit erfolgte, ala 
in Breslau kaum noch Influenzaf&lle vorkamen. 

A. Untcrsuchungcn ron Eranken. 

(Unter AusschluB von Grippekranken.) 

I. Akute Infektionskrankheiten. 

Aus der Reihe dieser Untersuchungen auszuscheiden sind 11 Fille, 
die an allgemeinen fieberhaften Krankheitserscbeinungen litten, welche 
klinisch an das Bild der Grippe erinnerten. Da aber bei einern Teil 
von ihnen I.-B. gefunden wurden, ist anzunehmen, daB es sich auch, 
wenigstens bei einem Teil von ihnen, um echte Grippe gehandelt hat 

Bei 5 Fallen von Scharlach, 2 von Diphtherie, 3 von Encephalitis 
lethargica fanden sich keine I.-B. 

Besonderes Interesse beanspruchten die Untersuchnngen von Masern- 
fallen, da bei solchen z. B. Jochmann, Lewinthal und Wolf ver¬ 
haltnismaBig baufig I.-B. gefunden haben. 

Ich hatte Gclegenheit, 2 Gruppen von raasernkranken Eindern zu 
untersuchen: erstens 24 im stadtischen Wenzel-Hancke Kranken- 
haus befindliche — trotz Entnahme des Materials und Beimpfung der 
Kulturen am Krankenbett waren sie alle negativ; zweitens 13 Patienteu 
der Universitats-Kinderklinik, bei denen 3 in einem Saal liegende I.-B. 
im Nasenrachenraum aufwiesen. Da in der Universitats-Kinderklinik 
zu jener Zeit h&ufig chronische Influenzaerkrankungen (Bronchiektasien) 
von uns festgestellt wurden, ist dieser Befund nicht im Sinne Joch- 
manns, sondern als eine zufallige Sekundarinfektion. wie sie in jedem 
Krankenhaus vorkommen kann, aufzufassen. 

II. Erkrankungen der Luftwege. 

36 an verschiedenen Erkrankungen der Luftwege leidende Personen 
wurden untersucht; bei 9 von ihnen fanden sich im Sputum Oder Rachen- 
abstrich I.-B. Da bei 7 von ihnen eine frflhere Grippeerkrankung fest- 
stand, erklart sich der Befund ungezwungen als Dauerausscheidung. 
Die Mehrzahl der positiven Befunde (8) entfallt auf die erste, nur ein 
Fall auf die zweite Periode. 


Das kliniache Material wnrde in Iiebenswiirdiger Weise von der Tnediziniachtft 
Univeraitatsklinik, der Universitats-Kinderklinik, der Universitata-Ohrenklinilc und dea 
hiesigen stadtischen Krankenhausern zar Verfiigung geslellt. 


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Preuss, Epidemiologische und morphologische Influenzabazillenstudien etc. 285 


Tabelle I. 

Vorkommen von Inflaenzabazillen bei Erkrankungen der oberen 

Luftwege. 



1. Periode (8ommer 1920) 

2. Periode (VV 

inter 1920/21) 

Krankheit 

1 Rachenabstrich! 

Sputa 

Rachenabstrich! 

Sputa 


Ges.- 

davon 

Ges.- 

davon 

Ges.- 

davon 

Ges.- 

davon 


Zabl 

positiv 

Zabl 

positiv 

Zahl 

positiv 

Zabl 

positiv 

Stomatitis aphthoea 

— 

_ 

_ 


! i 

_ 

r-~ 

_ 

Angina 

3 

— 

— 


4 

1 

I — 

_ 

Mandelhypertrophie 

— 

— 

— 

— 

2 

— 


— 

Rhinitis 

— 

— 

— 

— 

2 

_ 

— 

_ 

Pharyngitis 

1 

1 

— 

— 

3 

— 

— 

— 

Laryngitis 

2 

— 

1 - 


2 

— 

—- 

— 

Bronchitis 

4 

— 

1 4 

2 

1 

— 

— 

— 

Pneumonie 

3 

— 

3 

1 | 

— 

— 

— 

— 

Bronchiektasie 

— 

— 

1 

1 

— 

— 



Longenabszefi 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

Pieuritis 

1 

— 

2 

— 

— 

— 

— 

_ 

Pertussis 

2 

— 

3 

1? 

— 

— 

_ 

— 

Taberkulose 

3 

i 

9 

2 

2 

— 

i 

— 

Gesamtzahl | 

19 | 

2 I 

23 

6-1? | 

1 17 | 

i i 

H i~l 



Die sonstigen, ira Rachenabstrich oder Sputum gefundeoen Bak- 
terien boten keioe Besonderheiten: vorwiegend ianden sich Strepto-, 
Staphylo , Pneumokokken, weniger hftufig Kokken vom Typus des 
Micrococcus catarrhalis, Gram-positive St&bchen (oft Sporen- 
bildner), selten Gram-negative Bazillen (mebrfach AngehOrige der 
Coli- Gruppe). Die Rachen- und Sputumflora zeigte im allgemeinen 
ein ziemlich einheitlicbes Bild, gleichgQltig, ob I.-B. vorhanden waren 
oder nicht. 

B. Cntersuchungen Gcsunder.i 

Insgesamt wurden 205 Personen untersucht, die zur Zeit der Ent- 
nahme gerund waren. Die Mehrzalil waren alt ere Medizinstudierende, 
deren Angaben wohl als veihaltnism&Big zuveriassig anzusehen sind; 
fast alle tibrigen Personen befanden sich in Wutschutzbehandlung und 
konnten infolgedessen mehrere Wochen lang beobachtet werden; diese 
blieben w&hrend der Beobachtungszeit gesund. 

In der 1. Periode fanden wir bei 11 von 129 (8,5 Proz.), in der 
2. Periode nur bei 2 von 76 Personen (2,6 Proz.) I.-B. Auch bei 
den Gesunden verschwinden also die I.-B.-Tr8ger, je weiter wir ui s von 
den Auslaufern der Pandetnie entfernen. Die Zahl der auf den Kulturen 
wachsenden I.-B.-Kolonien war ganz verschieden, zuweilen sehr reichlich, 
zuweilen auch nur sehr sparlich. 


Tabelle II. 

Untersuchungen Gesunder auf Influenzabazilleu. 


Von den Untersuchten 
kitten in der Anamnese 

1. Periode 

(Sommer 1920) | 

2. Periode (Winter 1920/21) 

Gpsnmt/flhl 

1 davon I.-B. pos. 

Gesamtzahl | 

davon I.-B. pos. 

richer Grippe 

76 

7 = 9,2 Proz. 1 

45 

2 = 4,4 Proz. 

vielleicbt Grippe 
ingeblich nicht Grippe 

9 

1 = 1U „ 

6 


44 

3= «.« , l! 

25 


Gesamtzahl 

129 

11 = 8,5 Proz. || 

76 

1 2 = 2,6 Proz. 


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i 

t 

286 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4 \ 

j 

Es uberrascht nicht, daB die I -B. besonders h&ufig bei solchen Per- i 

sonen zu linden waren, die frflher mit Sicherheit eine Grippe durcb- ; 

geraacht hatten; aber bei der ungeheuren Verbreitung der Grippe und j 

dem verh&ltinismSBig hdufigen Vorkoinmen sehr leichter Falle wsihrend ! 
der Paademie kana man wohl ungezwungen auch bei vielen von denen, I 
deren Anamnese negativ ist, eine solche ganz leichte Grippe vorans- 
setzen Oder annehmen, daB es sich hier um echte Bazillentrdger handelte. j 
DaB die I.-B. nach Ueberstehen der Grippe bei solchen Personen ' 
noch sehr lange auf der Schleimhaut erhalten bleiben konnen, beweist 
nachstehende Tabelle III. ‘ 

Tabelle III. j 

Von 73 Personen, die 1918 an Grippe gelitten hatten, beherbergten 6 I.-B. * 

93 1Q1Q 3 i 

„ 21 „ „ 1920 „ „ „ „ „ 0 „ 

„ 4 „ „ die in den letzten Jahren Grippe gebabt hatten, J 

bei denen die Zeit der Erkraukung nicht bekannt war, hatten 0 „ j 

Fassen wir die Ergebnisse der oben angefflhrten 3 Untersuchungs- i 
gruppen A I. A II und B zusammen, so fanden sich in 28 von 326 Fallen ; 

(8,6 Proz.) I.-B.; von diesen entfallen 224 Personen mit 25 positiven | 

Befunden (10,3 Proz.) auf die 1. Periode, 102 Personen mit 3 positiven ; 
Befunden (2,9 Proz.) auf die 2. Periode der Untersuchungen. Ueber ; 
die Beziehungen zwischen der Grippeanamnese und dem positiven L-B.- ) 

Befund unterrichtet nachstehende Tabelle IV. i 

i 

Tabelle IV. I 

Gesamtzahl der positiven I.-B.-Befu nde bei Nichtgri ppekranken. ; 


Von den Unter- 

1. Periode 

2. Periode 

Zusammen 

such ten hatten in 
der Anamnese 

Gesamt¬ 

zahl 

positiv J 

jGesamt- 
1 zahl 

positiv 

Gesamt¬ 

zahl 

positiv 

sicher Grippe 
▼ielleicht Grippe 
angebl. keine Grippe 

108 

52 

[ __ «i_ 

17 = 16 % 
2 = 3.8 „ j 

! CO 
! 4 

| 38 

3 = 6% 

" i 

1C8 

56 

102 1 

20 = 119’/, 
2= 3.6, 

6 = 5,9 , 

Gesamtzahl j 

224 

1 25 = 10,3 % ] 

| 102 

1 1 

[ 3 = 2,9% 

326 | 

28 = 8,6 % 


Zu dieser Tabelle ist kritisch dasselbe zu bemerken, wie zu der 
vorigen Tabelle III. 

Was das zahlenm&Bige Vorkommen der I.-B. betrifft, so fanden sie 
sich in Reinkultur lmal, fast in Reinkultur 2mal, reichlich 6mal, m§Big 
zahlreich llmal, sparlich 7mal, ganz vereinzelt lmal. Die Begleitbakterien 
boten keine Besonderheiten, so daB auf das oben Gesagte verwiesen 
werden kann. 

C. Morpliologlschc Studien. 

In dem MaBe, wie die Influenzapandemie sich ihrera Ende nSherte, 
wurden also auch die I.-B-Danerausscheider und Bazillentr£ger immer 
sparlicher; gleichzeitig wurde das immer hSufigere Aultreten abnormer 
Wuchsforraen bei den gegen Ende der Pandemie isolierten I.-B.-SUUnmen 
beobachtet. Solche abnorme Wuchsformen sind bereits in der ersten 
Arbeit Pfeiffers beschrieben und von spateren Forschern hJufig R® - 
sehen worden. UrsprQnirlich wollte sie Pfeiffer als Pseudoinfluenz* 
bazillen von den echten I.-B. abtrennen; er hat diese Forderung spMtf 


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P reuse, Epidemiologische und morphologische lnfluenzabazillenstudien etc. 287 

fallen gelassen. Delius, Scheller u. a. konnten namlich aus typischen 
I.-B.-Kulturen solche Formen durch Ziichtung auf nicht zusagenden 
Nahrbdden kflnstlich erzeugen; daher wird man wohl nicht fehlgehen in 
der Annahme, daB auch die bei uns gegen Ende der Pandemie heraus- 
gezflchteten influenzaShnlichen atypischen Stamme als Involutionsformen 
des I.-B. aufzufassen sind. 

Es erscheint durchaus begreiflich, wenn gegen Ende eines Seuchen- 
ganges die auf den Schleimhauten befindlichen I.-B. vielfach in ibrer 
Lebensenergie geschwacht sind: derartige bereits geschadigte Stamme 
reagieren dann, auf kQnstlicbe Nahrboden gebracht, durch die Bildung 
abnormer Wuchsformen. 

Das abnorme Aussehen zeigte sich in dem verhaitnism&Big reich- 
lichen Auftreten von Scheintaden, von birnenfSrmigen nud sonstigen, zum 
Teil h5chst abenteuerlich geformten Gebilden, die manchmal an die In- 
volutionsformen des Pestbazillus erinnerten. Auch die Kolonien zeigten 
bei 50-facher MikroskopvergroBerung nicht die typische zarte, durch- 
scheinende Kegelform, sondern sie hatten eine mehr rosettenartige Ge¬ 
stalt, und vielfach waren sie trflbe und mehr oder weniger kraftig ge- 
kornt. Fast alle diese Stamme aber haben sich im Laufe der Zeit, 
nachdem sie sich an unsere Nahrbdden gewdhnt hatten, den typischen 
Influenzakulturen in ihrem morphologischen Verhalteu genahert. Es 
liegt also kein Grund vor, anzunehmen, daB diese Stamme von den 
echten I.-B. artverschieden sind. Diese Auffassung wird auch durch die 
folgende Beobachtung gestiitzt: 

Bereits einmal, als die Epidemie noch auf der Hohe war, wurden 
ahnliche atypische Siamme verhaltnismaBig haufig gefunden. Damals 
war das zur Bereitung des Pfeifferschen Taubenblutagars verwendete 
Blut ausnahmsweise nicht defibriniert, sondern durch Natriumcitrat un- 
gerinnbar gemacht worden. Da wir vermuteten, daB die Hypertonie des 
Nahrbodens die Bildung der Involutionsformen begfinstigte, wurde der 
Versuch gemacht, durch Zusatz hypertonischer Salzkonzentrationen aus 
typischen I.-B.-Kulturen ahnliche abnorme Wachstumsformen klinstlich 
zu erzielen. Zu diesem Zweck wurde der Hundeshagensche NShr- 
boden mit verschiedenen Konzentrationen von Natrium citricum versetzt. 
4 Stamme, von denen 2 seit vielen Jahren im Institut fortgeziichtet 
waren, 2 aus der letzten Pandemie stammten, wurden untersucht. Bei 
Konzentrationen liber 3 Proz. gelang die Fortziichtung sehr schlecht. 
Zwischen l 1 /* ond 3 Proz. wuchsen die I.-B. nicht weseotlich schlechter, 
als auf den citratfreien Kontrollnahrbdden. Indessen traten bei den 
genannten Konzentrationen nach wenigen Ueberimpfungen dieselben 
abnormen Wuchsformen, wie sie eben geschildert worden sind, auf; — 
anfangs nur Langformen und Scheinfaden, spater kokkenartige, birnen- 
flascheufdrmige und ganz unregelmaBig gestaltete, fast ambbenahnliche 
Gebilde. Auch die Kolonien waren haufig gekornt oder rosettenartig. 

Diese VerAnderungen erwiesen sich bei alien Stammen in mehr oder 
weniger kurzer Zeit reversibel: bei einigen Stammen, die, 14Tage lang 
tSglich auf Citrat-Hu ndeshagen-Agar umgeziichtet, regelmaBig diese 
Involutionsformen gezeigt hatten, trat bereits nach der 1. RQckimpfung 
anf citratfreien Hundeshagen-Agar das typische Bild des normalen 
I.-B. auf. Bei anderen Stammen dauerte es etwas langer, in 1 Fall bis 
zu 5 Tagen. 

Die Reinheit der Involutionsformen und ihr obligat hamoglobinophiles 
Verhalten wurden regelmaBig geprlift und waren immer einwandfrei. 

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288 Centralbl. f. Baku etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 

Diese Versuche haben also ergeben, daO verhaltnisroaBig geringe 
Schadlichkeiten bei langerer Einwirkung eine wesentliche Aenderung in 
der auBeren Erscheinung des I.-B. bedingen kbnnen. Hocbst wahr- 
scheinlicb ist eine solche morphologische Aenderung nur der Aasdrnck 
far eine immerhin tiefere Schadigung des Bakterienplasmas. Falls diese 
Auffassung zutrifft, so wOrde das haufige spontitne Vorkommen der- 
artiger abnormer Wuchsformen gegen Ende der Grippepandemie als 
Ausdruck zunehmender Schadigung des Inlluenzabazillus im Kampfe 
mit seinem Wirt, dem Menschen, aufgefaBt werden konnen. Diese 
Schadigung kdnnte vielleicht mit einer allmahlich sich entwickelnden 
Immunitat der Bevdlkerung in Zusammenhang gebracht werden. Mit 
dieser Selbstimmunisierung der Menschen wUrde dann das allmabliche 
Verschwinden der wahrend der Epidemie so reichlichen Bazillentrager 
sich erklaren. SchlieBlich wflrden nur noch ganz vereinzelte Bazillen¬ 
trager Obrig bleiben, welche die Brttcke von einem Seuchengang zu dem 
nachstfolgenden bilden wQrden. 

Zusammenfassung. 

1) Die Umgebungsuntersuchungen auf Influenzabazillen wurden in 
zwei Perioden vorgenommen, deren 1. noch in das Ende der Epidemie 
hineinfiel, deren 2. in einer fast influenzafreien Zeit lag. 

Von 224 in der 1. Periode Untersuchten fanden sich I.-B. bei 25 
(10,3 Proz), von 102 Personen der 2. Periode fanden sich I.-B. bei 3 
(2,9 Proz.). Die I.-B. wurden also gegen Ende der Epidemie immer 
sparlicher gefunden. 

2) Ueber die Iialfte der Untersuchten gab an, frhher eine Grippe 
Qberstanden zu haben. Unter den Personen mit positiver Grippeanamnese 
waren die I.-B.-Trager bei weitem am haufigsten. Von den wenigen 
Personen, die eine negative Anamnese angaben, aber trotzdem I.-B. be- 
herbergten, darf angenommen werden, dafi sie entweder frflher eine 
ganz leichte Grippe unbemerkt tiberstanden, Oder dafi sie sich an Grippe- 
kranken infiziert hatten, wobei es aber nur zur Ansiedelung der L-B. 
auf der Schleimhaut, aber nicht zur ausgesprochenen klinischen Er- 
krankung gekommen war. 

3) Ein Teil der Untersuchten erwies sich als I.-B.-Dauerausscheider. 
obwohl ihre Grippeerkranknng bis zu 2 Jahren zurQcklag. 

4) Gegen das Ende der Untersuchungszeit, das mit dem Abklingen 
der Pandemie zusammenfiel, wurden abnorme Wuchsformen des I.*B. 
immer haufiger gefunden. 

5) Aehnliche abnorme Wuchsformen konnten kOnstlich durch Zn- 
satz von Natriumcitrat zum Nahrboden erzeugt werden. Diese Degene- 
rationsformen behalten ihre charakteristischen Abweichungen auch nach 
RUckverpflanzung auf die normalen isotonischen bluthaltigen Kahrboden 
mehrere Generationen hindurch, um erst allmahlich zur Norm zurflck* 
zukehren. 


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Bender, Ein Fall von Septikamie bei einem Saugling etc. 


289 


Nachdruck verboten. 

Ein Fall von Septikamie bei einem Saugling, hervorgerufen 
durch das Bacterium lactis aerogenes. 

[Aus der bakteriologischen Untersuchungsabteilung (Leiter: Prof. Dr. 
C. Prausnit z) . des Hygienischen Inrstitutes der Universit&t Breslau 
(Direktor: Geheimrat Prof. Dr. R. Pfeiffer).] 

Von Dr. Willy Bender, Assistent. 

Das Bacterium lactis agrogenes ist als Erreger einer Sepsis 
bisber nur in sehr wenigen Fallen gefunden worden. 

Von Dungern berichtet liber einen Fall von h&morrbagischer Sepsis beim Neu- 
geborenen, die von einer Nabelinfektion lhren Ausgangspunkt nabm. Bei den iibrigen 
Fallen stehen immer die Darmerscheinungen im Vordergrund des Krankheitsbildes, so 
dafi der Diinndarm, in dem des Bacterium lactis aerogenes fast regelmaflig, 
besonders bei Sauglingen, zu finden ist, wohl als Ein trittsf porte zu gelten hat. Czerny 
und Moser fanden ibn zusamroen mil Staphylokokken 1 Tag vor dem Tode im Blute 
eines Saugliugs. In 2 Fallen von akuter MagenDarmentzundung bei Erwachsenen 
konnte Cimmino ibn bei dem Sektionsmaterial aus Darm Milz und Blut neben dem 
Bacteriu m coli ziichten. In Keinkultur war er im Herzblut der 27-jahrigen Patientin 
von Hischbruch und Ziemann vorhanden, die gleichfails infoJge akuter Gastro¬ 
enteritis gestorben war. 

Bei der Seltenheit der Krankheit diirfte daher ein von mir unter- 
suchter Fall von Interesse sein. Er stammt aus dem hiesigen stSdtischen 
Sauglingsheim (Leiter: Primararzt Dr. Freund). 

Krankengeschicbte (Frl. Dr. Boeder): Der am 3. Febr. 21 geborene Herbert H. 
wurde 6 Wochcn lang gestillt. Bei der kunstlichen Ernahrung in der 8. \Voche trat 
ein Gewicbtsstillstand ein. Er wurde am 31. Marz aufgenommen. Am 11. April war das 
Kind sehr matt und unrubig; es traten unter Temperatureteigerung dyspeptieche Stuhle 
anf. Bei der wegen leicbter Nackensteifigkeit ausgefiihrten Lumbalpunktion entleerte 
sich unter wenig erhohtem Druck (24 cm) klarer Liquor mit normalem Zell- und 
Eiweifigehalt, aber negativer Trom m erscher Probe. An Herz, Lungen, Hals qnd 
Ohren war kein krankhafter Behind zu erheben. Nach Regelung der Nahrungszufuhr 
besserte sich allmahlieh das Allgemeinbefindeu des Kindes, das Erbrecben lieft nach 
and die Temperatur wurde fast normal. Eine 2. Lumbalpunktion ergab obne Druck- 
steigerung normale Werte; die Trom m ersche Probe war schwach positiv. Am 20. April 
trat plotzlich starke Verschlimmerung ein. Die Temp, stieg auf 39,6, es zeigte sich 
tiefe Benommenheit und unstillbares Erbrechen. Die Stuhle wurden wieder dunn, 
spritzend und schleimig Das am 21. April durch Sinuspunktion gewonoene Blut war steriL 
In den nachsten Tagen zeigte die Temp, eeptischen Charakter; trotz Feblens nach- 
wrisbarer Lungenerscheinungen wurde das Vorhandensein einer Bronchopneumonie 
angenommen. Nach weiterer Verschlechterung wurde am 25. April abends 11 Ubr wiedenim 
Blut durch Sinuspunktion zur bakteriologischen (Jntersuchung entnommen. Um */ 4 2 Uhr 
nachts starb das Kind. 

Das Krankheitsbild wurde aufgefaSt als schwere Ernahrungsstdrung (in 18 Tagen 
750 g Gewichtsabnahme), die unter dem typiscben Bild der alimentaren Intoxikation 
auf infektidser Basis (Bronchopneumonie oder Sepsis?) todlich verlief. 

Die Sektion ergab im recbten Ober- und Unterlappen und linken Unterlappen der 
Lange Verdichtungsherde. Das Gehirn erschien etwas weich und zerfliefilich, die Leber 
weifilich-gelb. Im Darm fanden sich kleine hyperamische Btellen und geringe Follikei- 
schwellung. 

Von dem am 25. April entnommenen Blut wurde je eine Blutagar- 
platte mit 0,5 und 1,5 ccm und ein hochgeschichtetes Agarrohrchen 
mit 0,5 ccm und ein Fleischwasser-Boillonkolbchen mit 0,5 ccm Blut 
angelegt. In s&mtlichen Kulturen wuchs nach 24 Std. ein Gram-negatives, 

KnU Abt. On g. Bd. 87. Heft 4. 19 

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290 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale, Bd. 87. Heft 4. 

unbewegliches, oft in Fadenform liegendes St&bchen in Reinkultur. Die 
Aoszahlung der Kolonien auf der Blutplatte ergab ffir einen Kubik- 
zentimeter Blut berechnet die Gesamtzahl von 1700 Keimen. 

Die Kolonien waren weifilich, leicht gewfilbt und von schleiraiger, 
fadenziehender Beschaffenheit. Die Scbleimbildung wnrde im Verlaufe 
der Weiterzflchtung geringer, demgemSB auch die \V61bung der Kolonien 
flacher und die anfangs meist deutliche Kapselbildung noch schw&cher. 
Die Endo-Platte, auf der besonders die weifiliche Farbung auffiel, wurde 
nicht gerbtet. Die Malachitgrlinplatte wurde entfarbt und nahm einen | 
gelben Farbton an. Im Neutralrot-Traubenzuckeragar trat unter geringer j 
Fluoreszenz reichlich Gasbildung ein. Gelatine wurde nicht verflussigt. 
Milch zeigte nach 24 Std. Sauerung und beginnende, nach 48 Std. 
beendete, starke Koagulation, die bei weiterer Beobachtung erhalten 
blieb. Indolbildung konnte nicht nachgewiesen werden. 

Zur Priifung der Tierpathogenitat erhielt eine Maus am 29. April 
mittags 0,1 cun einer 24 stflnd. Bouillonkultur intraperitoneal. Sie 
wurde am 30. April morgens tot aufgefunden. In Originalausstrichen von 
der Oberflache des Peritoneums, Milz, Leber, Lunge und Herzblut waren 
reichlich Gram-negative Stabchen vorhanden, die eine nur wenig ausge- 
bildete Kapselbildung zeigten. Aus den gleichen Organen wuchsen die 
Stabchen in Reinkultur. 

Es handelt sich also urn ein tierpathogenes Bakterium aus der 
Gruppe der Kapselbazillen. i 

Die Bildung von Gas sowie die Koagulation und Sauerung der ( 
Milch unterscheidet es vom Sklerombazillus und dem Bacillus lactis j 
innocuus (Wilde). Der Friediandersche Pneumoniebazillus saoert < 
zwar Milch, bringt sie aber nicht zur Gerinnung. Die immerhin nur I 
schwache Kapselbildung konnte den gezflchteten Bazillus als zugehbrigzur 1 
Gruppe desunbeweglichen Bacterium coli erscheinen lassen. DieFonn 
die eigenartig weifiliche Farbe und die schleimige Beschaffenheit der Kolonien 
und vor allem die fehlende Indolbildung trennt ihn aber vom letzteren. > 
Die morphologischen und kulturellen Eigenschaften sowie die Dif- » 
ferentialdiagnose geeentiber deu verwandten Arten kennzeichnen also 
diesen, aus dem Blut eines Falles von Septikfimie beim Sfiugling in 
Reinkultur geztlchteten Bazillus als Bacterium lactisaSrogenes. 

Literator. 

Cimmino, Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Ref. Bd. 37. 1906. S. 424. — Czerny u 
Moser, Jahrb. f. Kinderblk. 1894. S. 343. — v. Dungern, Centralbl. f. Bakt. Abt. 

1. Orig. Bd. 14. 1893. *B. 541. — Hirschbruch u. Ziemann, Ebenda. Bd. 70.1913. 

S. 281. 


Nachdruek verboten. 

Beitrage zur Biologic des Bacillus pyogenes 

anaerobius. 

[Aus dem I. patholog.-anatom. Iustitut der kdnigl. ungarischen Univer¬ 
sity in Budapest (Direktor: Prof. K. Buday).] 

Von Privatdozeut Dr. B61a Johan, I. Assistant. 

Mit 2 Abbildungen im Text. 

In der Sitzung des kbnigl. Aerztevereins zu Budapest berichtete 
am 13. Nov. 1915 Dr. 0. Bogd&n, Spitalsdirektor in Balassagyarmat 


Go^ 'gle 


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641a Johan, Beitrage zur Biologic des Bac. pyog. anaerobius. 291 


fiber eine eigentflmliche pyfimiscbe Erkrankung, die sicb in die Kranken- 
zimmer des ais Reservespital eingericbteten Koraitatsbauses einnistete. 
Von der Erkrankung wurden blofi Kriegsverwundete befallen. Die Ffille 
verliefen meistens tbdlich; bei der Sektion wurden am konstantesten 
Leberabszesse gefunden. Meistens waren auch, noch anderswo Eiterungen. 
so in den Gelenken, Lungen und daneben in der Brusthbhle. Prof. 
R. Bud ay referierte in derselben Sitzung Qber die Befunde seiner, 
diese Ffille betreffenden Untersuchungen. Er stellte fest, dafi der Er- 
reger dieser Seuche ein gramnegativer, obligat anafirob wachsender, 
Polffirbung zeigender, sebr kleiner Bazillus ist, der nur auf NfibrbodeD, 
die native Eiweiflsubstanzen enthalten, wfichst. Im Einverstfindnis mit 
Herrn Prof. Buday gaben wir dem Bazillus den Namen: Bacillus 
pyogenes an'a@robius. 

Die Untersucbungsergebnisse wurden bald in der Literatur ver- 
fiffentlicbt (Bogdfin, Med. Klin. 1916; Buday, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 
Orig. Bd. 77. S. 453). Trotzdem hdrte man nicht, dad irgendwo fihn- 
licbe Ffille vorgekommen wfiren. Mbglicherweise aus dem Grunde, dad 
in vielen Krankenhfiusern, wo Kriegsverwundete gepflegt wurden, Sek- 
tionen Qberbaupt nicht gemacht wurden. 

Am Ende des Jahres 1916 sandte Oberarzt Dr. Ruszny&k aus 
Zsolna an Prof. Buday eine Eiterprobe, mit der Bemerkung, er glaube, 
dad der Fall, aus dem der Eiter stammt (es war dies tlbrigens schon 
sein 3. derartiger Fall) jenen aus Balassagyarmat fihnlich sei. 

Es gelang uns tatsfichlich, schon in Stricbprfiparaten, die ganz typi- 
scben, gramnegativen, Polffirbung besitzenden, zarten Bazillen nach- 
znweisen, sodann gelang auch die Zfichtung derselben unter den von 
Prof. Buday aufgestellten Bedingungen. 

Ueber die kliniscben Daten und die sghr interessanten Beobach- 
tungen, die Dr. Rusznyfik bei diesen Fallen zu sammeln Gelegenbeit 
hatte, bat er an anderer Stelle referiert 1 ). Nach den ersten Erkrankungen 
kamen in Zsolna neue Ffille vor, ganz fihnlich der ersten; wir hatten 
Gelegenbeit, auch diese Ffille zu untersuchen. Die Erfahrungen der En- 
demie in Balassagyarmat zeigten, dad, wenn die Krankbeit einmal an 
irgendeiner Stelle vorkommt, das weitere Auftreten neuer Ffille schwer 
zu verhindern ist. Es war also die Furcht vor weiteren Fallen wohl- 
begrfindet. Dabei verlfluft die Krankbeit meistens tfidlich und da sie 
meistens noch im Leben diagnostiziert werden kann, entschlossen wir 
uns znr Herstellungj, einer therapeutischen Vakzine. 

Durch anafirobe Keime hervorgerufene Krankheiten treten bei Men- 
scben im allgemeinen nur sporadiscb auf; deshalb bietet sich nur selten 
Gelegenheit, eine Vakzine aus anaeroben Keimen herzustellen. In der 
Veterinfirmedizin kommt dies Sfters vor, doch ist im ganzen die Her- 
stellungsart einer solchen Vakzine nicht derart ausgearbeitet, wie bei 
den Aerobiern. Inzwischen wurde das Weitergreifen der Erkrankung 
durcb energische Madregeln verhindert, und so wurde auch die Anwen- 
dung der Vakzine nnndtig. Wfihrend der Herstellung derselben tauchten 
jedoch zahlreiche, recht interessante Eigenschaften dieses Mikroben auf, 
die dann weitere Untersuchungen notwendig machten; in dieser Weise 
machten wir binsichtlich der Biologie der Anafirobier recht interessante 
Beobachtnngen, und da die morphologiscben und biologischen Merkmale 
noch wenig bekannt sind,sollen diese im folgenden zusammengefaCt werden. 


1) Berlin, klin. Wochenschr. 1918. S. 234. 

19* 

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292 Oentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 4. 

Zur eben erwfihnten Vakziuation wollten wir durch Hitze abgetotete 
und mit irgendeinem Antisepticum behandelte Bakterien benfitzen. Wir 
setzten die 1. Kultur dieser Bakterien aus AbszeBeiter in Ascitesagar- 
Sticbkultur an. Zur Herstellung einer Vakzine entsprach aber dieses 
Verfahren nicht, da auf diese Weise nur sebr wenig Bakterienmaterial 
gewonnen werden kann. 

Am einfachsten wire es gewesen, eine anaerobe Plattenkultur an- 
zulegen; doch sei schon hier erwfihnt, daB auch auf schiefer Ebene die 
Zfichtung dieses Bazillus nur schwer gelingt. Nach 36—48 Std. sehen 
wir in schrfigen Ascitesagarrobren bloB im Kondenswasser ein Sediment; 
die Agarflfiche ist noch leer. Wenn wir nun das Kondenswasser 2 bis 
3mal fiber den Nahrboden flieBen lassen, so bilden sich nach weiteren 
48 Std. nabe dem Kondenswasser kleine, durchsichtige, hochstens 1 bis 
l 1 /} mm groBe Kolonien, die spfiter konfluieren. Ohne diesen Kunst- 
griff entwickeln sich sehr spfit, erst am 5.—6. Tage, vereinzelte recht 
kleine Kolonien. Allerdings ist die Entwicklung auf Schrfigagar viel zu 
scbwacb und unsicber, entsprach daber nicht uuseren Zwecken. 

Deshalb wandten wir uns den flQssigen ^Nfihrmedien zu und ver- 
suchten eine Mischung von Ascitesflfissigkeit mit Nahrbouillon. Um das 
beste Miscbungsverhaltnis zu linden, bei dem der Bazillus am fippigsten 
wfichst, versuchten wir verschiedene Verdfinnungen mit sehr verschie- 
denem Erfolge 1 ). < 

Die zu diesem Versuche bentttzte Ascitesflfissigkeit stammte von 
einem Nephritiker, war licbtgelb, schwach opaleszierend, enthielt nacb 
Ess bach 5 pr. M. ( 7 * Proz.) EiweiB. ' Es lieB sich erkennen, daB , 
dieser Bazillus in einer Mischung, die 0,5 Proz. EiweiB enthfilt, nicht 
wfichst, ebenso blieb das Wachstum aus, wenn der EiweiBgehalt weniger 
als 0,1 Proz. betrug (wir verstehen unter EiweiBgehalt immer nur den ! 
Gehalt an nativem EiweiB). Es wurde der Versuch mit einer 2. Ascites- \ 
flussigkeit gemacht, die von einem Kranken stammte, der an Carcinosis j 
peritonei litt. Die Fliissigkeit war ganz durchsichtig, intensiv gelb. 
doch enthielt sie einen ziemlich reichlichen Bodensatz aus sulzigem 
Fibrin. Der EiweiBgehalt betrug 4 Proz. nach Essbach. ! 

In diesem Falle befand sich das Optimum der Bazillenentwicklung 
bei 2 Proz. Gehalt au nativem EiweiB. Bei 2,8 Proz. begann die Ent- 
wicklung verspfitet, bei 1,2 Proz. hingegen fehlte sie vollstfindig. 

Vergleicht man nun die beiden Versuchsergebnisse, so kann man 
mit Recht behaupten, daB die Entwicklung dieses Mikroben nicht blofi 
von dem Gehalte der Nfihrsubstanz an nativem EiweiB abhfingt, sondern 
gewitl noch von anderen Bestandteilen des Nfihrmediums bedingt ist. 

Vergleichen wir in beiden Versuchen die Merfge der Ascitesfldssig- 
keit, so sehen wir, daB das Entwicklungsoptimum bei 30—50 Proz. As- 
citesgehalt steht. Wenn wir also nicht den EiweiBgehalt, sondern das 
in der Flussigkeit enthaltene Ascitesquantum miteinander vergleichen, 
so stehen die Untersuchungsergebnisse miteinander sehr nahe, was wir 
tibrigens auch bei einem 3. Ascitesserum zu sehen Gelegenheit batten. 

DaB wir, die Menge der Ascitesflfissigkeit allmfihlich herabsetzend, 
endlich zu einer Mischung gelangen, wo die Entwicklung nicht mehr 
einsetzt, kann uns nicht uberraschen. Es ist aber urn so auffallender, 
daB die Entwicklung auch bei einer gewissen Steigerung der Ascites- 
flussigkeitsmenge ausbleibt, und daB in reiner Ascitesflfissigkeit eine 
Entwicklung uberhaupt nicht stattfindet. Man wird dadurch zur Voraus- 

1) Die Tabellen inuftten leider aus technischen Grunden weggelassen werden. 

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Bela Johan, Beitrage zur Biologie dee Bac. pyog. anaerobius. 293 

setzong gezwungen, daB in der Ascitesfliissigkeit vielleicbt gewisse Sub- 
stanzen fehlen, die wir gewohnlich mit Beigabe der Bouillon binein- 
bringen. Es klingt dies zwar uicht sehr wahrscheiDlich, doch lSBt sich 
die Mflglichkeit Dicht ganz abweisen. Nachdem icb mittlerweile erfahren 
habe, daB es dem Herrn Assistenten Boer (inzwischen verstorben) ge- 
lungen ist, den Bazillus aus dem Blute eines Kranken zu ziichten, so 
yersucbte ich aocb, menscblicbes Blutserum als Nahrmedium zu ver- 
wenden. In reinem Blutserum eiDes Menschen, gleichgflltig ob das 
Serum vorher bei 56° C inaktiviert war oder nicbt, gedieh der Bazillus 
nicht, ebenso wie er dies in der Ascitesfliissigkeit nicbt tat. 

G. Seiffert verflffentlichte Versuche, die er hinsichtlich der Ent- 
wicklung verschiedener Mikroben, besonders des Bac. typhi im Blut¬ 
serum anstellte. Er faud, daB eine gewisse Gruppe der Bakterien ent- 
wicklungsunfflhig ist im iuaktivierten Serum solcber Leute, die fflr jene 
Krankbeit, welche von den erwflhnten Bakterien verursacht werden, 
empfSnglicb sind; sie gedeiben hingegen gut im Serum solcher Menschen, 
bzw. Tiere, die entweder angeboren oder kflnstlich gegen das fragliche 
Bakterium immun sind. 

Es mufite bei unseren Versuchen daran gedacht werden, dafi viel- 
leicht bier ihnliche Verbflitnisse vorliegen, deshalb setzten wir unsere 
Eiperimente auf folgende Weise fort: 

Wir impften aus dem Sediment einer frischen Ascitesbouillonkultur: 
1) inaktiviertes Serum eines gesunden Menschen, 2) solches eines ge- 
sunden Kaninchens, 3) das inaktivierte Blutserum eines vorher geimpften 
Kaninchens, das einen Abszefi an der Injektionsstelle bekam, welcber 
sich langsam wieder zuriickbildete. 

Die so beschickten KulturrQhren wurden anaflrob verscblossen mit 
Kalilauge und Pyrogalluss&ure. In der 1. und 2. Fliissigkeit blieb jede 
Entwicklung aus, in der 3. erhielten wir eine reichliche typische Kultur. 
Icb kann also G. Seifferts Untersucbungen durch meine 
Befunde ergfinzen und konnte jene von ihm beobachtete, 
scbeinbar paradoxe Erscheinung auch bei diesem an- 
agroben Keime kon statieren. Ich meine fibrigens, daB unsere, 
mit Ascitesflflssigkeit erhobenen Befunde in demselben Sinne zu deuten 
sind, wie die mit dem Blutserum festgestellten. G. Seiffert meint, 
es handle sich hier um eine entwicklungsbemmende Substanz. Unsere 
Befunde machen das ebenfalls wabrscheinlich, und diese Substanzen 
dflrften dann nicht nur im Blutserum vorhanden sein, sondern auch in 
die Ascitesflflssigkeit flbergehen. Als ein Beweis fur G. Seifferts 
Annahme sei noch erwfihnt, daB durch entsprechende Verdfinnung der 
Ascitesflflssigkeit jene entwicklungshemmende Substanz derart verdflnnt 
werden kann, daB bei einem gewissen Grade der Verdflnnung die Ent¬ 
wicklung einsetzt. Es stellte sich endlich noch heraus, daB diese Sub¬ 
stanz in keiner direkten Beziehung zu der, nach Essbach bestimm- 
baren EiweiBmenge der Ascitesfliissigkeit steht, und dafi sie in ver- 
scbiedenen Ascitesseren scheinbar in gleicher Menge vorhanden ist. 

Ich kehre nunmehr zur Herstellung der Bouillonkulturen zuruck. 
Die oben geschilderten Versuche haben das Optimum des Ascitesbouillon- 
gemisches ffir diesen Mikroben festgestellt (es lag bei 30 — 50 Proz. As- 
citesgehalt), und diese Mischung wurde dann im weiteren benutzt. Als 
Ausgangsraaterial wurde ein Stamm verwendet, der aus dem 5. Falle 
von Zsolna in Ascitesfliissigkeit geziichtet wurde. Die Eprouvette wurde 
am unteren Ende der Kultur mit einer Feile eingekerbt und abgebrochen, 

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294 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


der Nfihrboden daselbst mit einera heifien Messer durchscbnitten und 
Bakterienmaterial mit einer PlatinSse zum flberimpfen entnommen. Aus 
Alteren und ofters ohne Tierpassage uberimpften Kulturea muBte stets 
eine grdfiere Menge in den flQssigen Nahrboden flbertragen werden, 
damit eine Entwicklung stattfindet Die beimpfte Rdhre wurde dann 
anaerob verschlossen (auf den hineingeschobenen Wattepfropfen wurde 
Pyrogallolbrei gegossen und in diesen ein Stflckchen Aetzkali geworfen). 
Es sei hier bemerkt, daB der verschlieBende KorkstOpsel recht tief ein- 
geschoben werden muB, dgmit dariiber noch eine mindestens 4—5 mm 
dicke Siegellackschicht geschmolzen werden kann (statt des teueren 
Siegeilacks wenden wir heute bartes Paraffin an). So kam es niemals 
vor, daB der VerschluB einer Eprouvette nicht geniigend sicber war, 
was bei den Experimenten eventuell die Unbraucbbarkeit der ganzen 
Serie hatte verursachen kftnnen. 

Die Entwicklung der Kulturen gebt in typischen Fallen in folgender 
Weise vor sich: nach 24 Std. sind die RObren noch uaveraodert und 
erst nach 36 Std. erscheinen an der Oberfiache der FlQssigkeit verein- 
zelte feine Luftbiaschen; zu dieser'Zeit kann man schon mittels einer 
Lupe die Bildung feinster Fldckchen wahrnehmen, die sich in den fol- 
genden 6—8 Std. allmahlich vermehren und vergrOBern; wir finden nun* 
mehr an der Oberfiache der FlQssigkeit eine 2—3 mm breite, schaumige 
Scbicht. Die ganze FlQssigkeit erscbeint stark flockig und wie im Sieden 
begriffen. Die Fldckchen und die zwischen ihnen befiodlichen feiuen 
Luftbiaschen sind in einer steteD Auf- und Abwartsbewegung. Nach 
48 Std. ist die Entwicklung meistens schon beendet. Am Boden der 
Eprouvette steht das Sediment in einer 5—10 mm hohen Schicht, die 
FlQssigkeit darQber ist vollkommen rein, an der Oberfiache sind noch 
einige Blasen, die aber auch bald verschwinden. War die Zusammen- 
setzung des NQhrbodens dem Bazillus nicht ganz entsprechend, so be- 
gann die Entwicklung der Blaschen spQter, in einem Falle setzte sie 
z. B. erst am 5. Tage ein, dauerte aber langer als gewdhnlich. Auch 
ein schon lange nicht Qberimpfter Stamm verhielt sich ahnlich. 

Das Verhalten dieser Bazillen in der Ascitesbouil- 
lonkultur ist, wie wir gesehen haben, recht typisch. Das 
Vorhandensein eventueller verunreinigender Mikroben kann man leicht 
daran erkennen, daB in diesen Fallen z. B. die Entwicklung schon frQher 
einsetzt oder die FlQssigkeit Qber dem Bodensatze trfib bleibt. In 
solchen Fallen kann die nahere Untersuchung dieser Kulturen stets ver- 
unreinigende Mikroben nachweisen. 

Das Oeffnen der auf oben geschilderte Weise verschlossenen an- 
aeroben Kulturen muB mit gewisser Vorsicht geschehen, urn-dem Hinein- 
flieBen der alkalischen Pyrogalluslosung vorzubeugen. (Bei ana&roben 
Schiefagarrohren verhindert das Prof. Preisz in der Weise, daB er die 
Rohre vor dem Oeffnen umdreht, und in dieser Lage die durchtr&nkten 
Pfropfe herauszieht.) Beim Oeffnen meiner AscitesbouillonrQhre ver- 
fahre ich in folgender Weise: zuerst erwarme ich die Eprouvette rings 
urn die Oeffnung und ziehe sodann mit Hilfe einer feinen Pinzette den 
Korkstopsel heraus und steche vorsichtig ein dickwandiges, spitz aus- 
gezogenes Glasrohrchen, das mit der Wasserstrahlpumpe verbunden ist, 
in den durchtrankten Wattepfropfen und entferne so aus der Watte den 
groBten Teil der Absorptionsfiiissigkeit. Dann ist der Wattepfropfen, 
ohue Gefahr, daB von dem alkalischen Pyrogallol etwas in die Kultur 
hineinflieBt, leicht herauszuziehen. 

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B61a Johan, Beitrage zur Biologie des Bac. pyog. auaerobius. 295 


Zur Weiterimpfung beniitzte ich meistens den Bodensatz der Kul- 
tur; die obere reine Flflssigkeit wurde mittels Wasserstrahlpumpe ab- 
gesogen und das Material zur Impfung rait einer Oese Oder Kapillare 
entnommen. Bei frischen Kulturen geniigten 2—3 Oesen voll, bei alteren 
wurden 3—4 Tropfen iibertragen. 

Wie oben erwahnt, nahm ich als Ausgangsmaterial eine Ascitesagar- 
kultur, die sehr schone kleine, polgefSrbte Bazillen enthielt (Fig. 1 a). 
Um so mehr war ich erstaunt, als ich im Sedimente der 1. Ascites- 
bouillonkultur ganz andersformige, viel groBere und dickere Mikroben 
fand. Die Polfarbung war aber auch jetzt recht schbn, ja sogar noch 
ausgeprSgter als in der Ursprungskultur (Fig. lb —f). Als Farbstoff 
benutzte ich am meisten eine verdflnnte Karbolfuchsinlbsung. Die Ba¬ 
zillen sind zu 5—8 in Ketten geordnet und ebenfalls gramnegativ. Die 



Fig. l. 

dunkelgefSrbten Polenden der Bazillen zeigen keine Ernst-Babes- 
schen Kornchen. Blieben die Kulturen einige Tage im Thermostatcn, so 
erschienen ofters darin sich schlecht farbende Kugeln, an deren ent- 
gegengesetzten Enden oft kapseiahnlich sich dunkler farbende Stellen 
ins Auge fielen. Anfangs, als das Optimum der Ascitesbouillonmischung 
noch nicht festgestellt war, erhielten wir in diesen Kulturen Qfters recht 
unregelmaBige, groBe Bazillen und Faden, worilber unten noch die Rede 
sein wird. 

VVir haben mit Organstuckchen Kulturen nach Tarozzi angelegt 
und dazu LeberstUckchen benutzt. die wir in Bouillonrbhren warfen, und 
das Ganze nicht zu lange sterilisierten. Die Entwicklung war sehr 
reichlich und begann in diesen Tarrozzi-Rbhren meist fruher als bei 
anderen Kulturmethoden, besonders wenn die Rohren einige Tage vorher 
schon hergestellt wurden. Wir versuchten, Tarozzische Kulturen mit ver- 
schiedenen Organteilen anzulegen, doch erwiesen sich diese nicht gleich gut 


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296 


CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


Bei der Untersuchung der Tarozzischen Kulturen fanden wir in 
diesem die Bazillen recht mannigfaltig gestaltet, und zwar uni so mehr, 
je weniger das betreffende Organ dem Kulturverfahren nach Tarozzi 
entsprach; in diesen erschienen die Bazillen als dicke, lange Faden. 
viel dicker, als wir das bei den Faden bildenden Bazillen zu sehen 
pflegen. Die Polfdrbung war aber trotzdem, und zwar oft sehr ausge- 
pragt, vorhanden. Recht interessant sind Bazillenketten, in denen die 
Glieder in der Mitte derselben angeschwollen sind, so daB die ganze 
Kette spindelformig erscheint; ein andersmal sind die einzelnen Bazillen- 
glieder nur an dem einen Ende der Kette geschwollen. Es sei noch 
erganzend erwahnt, daB die Bazillenentwicklung in den Tarozzischen 
Rohren nicht so leicht zu erkennen ist als in den sonst eingestellten 
Anaerobenrohren, was leicht verstandlich ist. Die Entwicklung in den 
AnaerobenrShren kann innerhalb 6—8 Std. (also wahrend einer Nacht) 
beginnen und aufhoren. In den Pyrogallusrbhren verrat sich die statt- 
gehabte Entwicklung durch den entstandenen Bodensatz, in den Ta¬ 
rozzischen Kulturen ist ein solcher nieht leicht zu erkennen, da hier 

die vorhandenen zerfalleuen Gewebs- 
triiramer dies erschweren. Doch l&Bt 
sich die Entwicklung nach dem charak- 
teristischen Geruche (dessen schon Prof. 
Buday in seinem Artikel Erwahnung 
tut) sowie aus dem iiber der Fliissig- 
keit schwimmenden Schaume erkennen. 

Die Bazillen, welche in den mit Le- 
berstiickchen bereiteten Tarozzischen 
Kulturen wuchsen, zeigten im ganzen 
denselben Typus, den wir aus den As¬ 
cites Bouillonkulturen kennen: aufge- 
blahte, ovale, ziemlich groBe Bazillen 
mit deutlicher Polfarbung, die von den 
feinen Bazillen der Ascites - Agaraus- 
gangskultur, der Leberabszesse und der 
Abszesse der geimpften Tiere stark ab- 
weichen. Wir versuchten wiederholt, aus 
Ascites-Agarkulturen stammende, feine Bazillen auf flilssige NShrbbden zu 
iiberimpfen, und fanden stets diese Formver&nderung. Buday erwahnt 
in seinem Artikel, daB die Mikroben, welche sich in den Ascites-Agar¬ 
kulturen entwickelten, meistens etwas groBer sind, als die Bazillen der 
Leberabszesse; oft sind sie sogar stark aufgebl&ht. Die von uns ge- 
sehenen groBen Exemplare iiberragten die Erreger der Leberabszesse an 
GroBe vielfach. 

Es ist eine wohlbekannte Tatsache, daB Bakterien unter veranderten 
Bedingungen ihre Gestalt und GroBe verandern konnen, was haupt- 
sachlich bei anaeroben Keimen wiederholt beobachtet worden ist. Ein 
Teil dieser Gestaltsveranderungen kommt auch unter normalen Verhalt- 
nissen vor (Diphtherie-, M al 1 e u s bazillen usw\), ofters aber in solchen 
Fallen, wo der Bazillus in ungiinstige Verh&ltnisse gerat, z. B. wenn 
der Nahrboden ihtn nicht zusagt. Diese Gestaltsveranderungen werden 
Degenerations- Oder Involutionsfonnen genannt. Ist der Nahrboden nicht 
ganz zusagend, so kann es geschehen, daB die Bazillen sich nicht ver- 
mehren, jedoch ihre Wachstumsenergie behalten. Ich glaube, ein schbnes 
Beispiel dafiir in jenen Tarozzischen Kulturen beobachtet zu haben, 





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B61a Johan, Beitrage zur Biologie des Bac. pyog. anaerobiue. 297 

in denen die Entwicklung der Kultur ausblieb, unter dem Mikroskope 
aber gewaitig groBe Bazillenexemplare oder Ffiden (Fig. 2) zu sehen 
waren. Ich halte es nicht fdr erwiesen, dafi diese groBen Exemplare 
als Degenerationsformen zu deuten sind, denn die Bezeichoung „Dege- 
neratiou u oder sogar „Involution“ enthalt zugleich den Begriff einer 
verminderten Lebensfahigkeit und mithin auch den eines herabgesetzten 
Vermehrungsverraogens. In unserem Falle sehen wir aber, wenn wir 
die gebiahten Formen Qberimpfen, dieselben sich tadellos vermebren, 
and sie erwiesen sich auch bei der Tierimpfung recht virulent. Ich 
glaube demnach, daB wir uns in dieser Frage den Ansichten Maasens 
oder Peju-Rajats anschlieBen kdnnen, nach denen diese abnorm 
grofien Exemplare als Entwicklungsvariationen bzw. Abnormitaten be- 
trachtet werden milssen („teratologische Wuchsformen Maasens u ). 
Aehnlich groBe Exemplare wurden haupts&chlich dann beobachtet, wenn 
sie gewisse Bakterien, z. B. Pestbazillen, auf Nfihrbdden gez*flchtet 
hatten, die viel Salz enthielten. Unter solchen Bedingubgen kdnnen 
vielleicht die Formver&nderungen als Folgen osmotischer EinflQsse be- 
trachtet werden; es kdnnen aber diese Ver&nderungen auBer den Salzen 
auch andere Chemikalien verursachen. 

Wahre Degenerationsformen haben auch wir gesehen, wenn 
wir die Kulturen durch l&ngere Zeit (mehrere Tage) im Thermostaten 
hielten; in solchen Kulturen verschwinden die Ronturen der Bazillen, 
sie farben sich sehr schwach, auch die Polf&rbung verschwindet sehr 
rasch. Die Bazillen nehmen in diesen Fallen oft eine Kugelform an 
(Buday). Die Ueberimpfung aus solchen Kulturen gelang nur dann, 
wenn wir betrachtliche Bazillenmengen Qbertrugen. 

Dafi die oben besprochenen groBen, gebiahten Bazillen keine De¬ 
generationsformen, sondern Entwicklungsabnormitaten sind, lSfit sich 
auch daraus folgern, dafi sie auf gewissen Nahrboden schon nach 24 Std. 
entstehen, wfihrend andere, ganz gleich, wie lange sie im Thermostaten 
gestanden hatten, nie ahnliche GrdBen erreichten, sondern nach einer 
gewissen Zeit die oben geschilderten degenerativen Veranderungen zeigen 
(mangelbafte Farbung, Verschwinden der Kdrnelung). 

Die Polfarbung ist eine ganz typische Eigenschaft dieser Bazillen, 
doch ist sie keineswegs stets vorhanden, denn wir linden auch dazwischen 
ganz regelmafiig homogen gefarbte Stabchen. Bei den grofieren Exem- 
plaren laBt sich ebenfalls an den beiden Enden je 1 intensiv farbbares, 
scharf begrenztes Kdrnchen erkennen. An den grofieren Exemplaren 
sind auch die Kdrnchen grofier (nach Vay sind bei den Pestbazillen 
die PolkOrnchen der grbBeren und kleineren Exemplare gleich groB). 
Sie sind nicht immer kugelig. sondern kdnnen auch eine ovoide oder 
kappenahnliche Form annehmen. Bei den groBen Bazillenindividuen 
konnen sich auBerdem auch im Bazillenleibe anderswo Kornchen linden, 
die nahe der Oberflache gelagert sind. Um sicher zu sein, daB es sich 
tatsachlich nur um eine eiufache Gestaltsveranderung handelt, und daB 
wir es bei unserer Arbeit nicht etwa mit einem anderen Bazillus zu tun 
haben, wurden weitere Untersuchungen angestellt. Wir machten nhm- 
lich aus dem Sediment einer Ascites Bouillonkultur (die jene gebiahten 
Bazillen enthielt) eine Sticlikultur in Ascitesagar und erhielten wieder 
die ursprfinglichen, sehr feinen, polgefarbten Bazillen. Der Erfolg war 
der gleiche, wenn wir die Kultur auf schief erstarrten Ascitesagar impften. 

Wir impften mit dem Eiter eines Leberabszesses aus dem Fall V, 
zu Zsolna ein Kaninchen (Nr. 73); an der Injektionsstelle entwickelte 


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298 CeDtralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 

aich nach ungeffihr 6 Tagen ein Abszefi und dach 16 Tagen waren an 
dieser Stelle 2 Knoten zu fiihlen von der Grofie je einer NuB, die sich 
nach Spaltung der Haut leicht entfernen liefieo. Diese Knoten bestanden 
aus einer dicken weiBen Masse, in welcher sich viele Polffirbung zeigende 
Bazillen fanden. Aus diesem Eiter wurden hohe Ascites-Agarrohren 
geimpft; nach 48 Std. entwickelte sich Ifings des Stichkanals, jedoch 
1 cm unter der Oberflfiche, eine ganz typische Kultur mit charakte- 
ristischen feinen Bazillen. Gleichzeitig wurden auch aerobe Ascites- 
Bouillonkulturen angelegt; in den letzteren wuchsen in der bekannten 
Weisc aufgeblfihte, Polffirbung aufweisende Bazillen. Auffallend war es 
nur, dafi auch in den aeroben Rdhren eine Kultur anging. Diese Er- 
scbeinung konnten wir uns nicht gleich erklfiren. Die einfachen Bouillon* 
kulturen, die gleichzeitig angelegt wurden, wiesen keine Entwicklung anf. 
Es sei hier erwfihnt, dafi bei alien Ueberimpfungen stets parallel auch 
aerobe Ascites-Bouillonrbhren, sowie aerobe und anaerobe Nfihrbouillon* 
rdhren beimpft wurden. War die flberimpftc Kultur rein, so blieben es 
auch diese Kontrollrohren stets. Wir versuchten nun, die Kultur ans 
der aeroben Ascites*Bouillon weiterzuimpfen; sie verhielt sich von 
nun an ganz regelmfifiig; bei dieser Ueberimpfung gedieh sie in aerober 
Ascites-Bouillon nicht mehr, wfihreod unter anaeroben Bedingungen sie 
recht fippig wuchs. Dasselbe Phfinomen sahen wir sich bei einem 2. Eiter 
wiederholen. Ich glaube, dafi diese Erscheinung ebenso wie die Tarozzi- 
schen Kulturen gedeutet werden mfissen; nur war hier die Leber durch 
den in grofierer Menge flbertragenen Eiter ersetzt; auch konnte dies 
nur in jenen Fallen konstatiert werden, wo Eiter zwecks Impfung in 
Ascites-Bouillon iibertragen wurde, wfihrend dann, wo nur eine reine 
Kultur iiberimpft wurde, eine Entwicklung in aeroben Ascites-Bouillon- 
rohren nie eintrat. Ich glaube, dafi man darauf iramer achten muB, 
dafi, wenn man Bakterien samt eiweifireichen Substanzen (z. B. Eiter) 
auf Nfihrbdden impft, diese sich oft anders verhalten, als sie sich an 
dem fraglichen Nfihrboden verhalten wflrden, wenn sie allein ohne 
fremde Materiale iibertragen wfiren. Als Beispiel sei ein Fall erwfihnt, 
wo die vorhandene Eiterung durch einen anaeroben, ausschliefilich auf 
asciteshaltigem Nfihrboden wachsenden Streptococcus verursacht 
war. Wir erhielten in den anaeroben, gewfthnlichen AgarnfihrbSden 
ebenfalls eine Kultur, mit aller Wahrscheinlichkeit durch das im Eiter 
iibertragene Eiweifi verursacht. Wir wissen ja, daB, wenn wir eine 
grofiere Menge eines Trippereiters auf gewbhnliche Agarplatten ver- 
impfen, sich hier Gonokokken entwickeln konnen, oder wenn wir ge- 
wohnliche Agarplatten mit viel Sputum bestreichen, wir darauf schfine 
Tuberkelbazillenkulturen erhalten konnen. 

Das Sediment der aus dem oben erwfihnten KaninchenabszeB 
(Nr. 73) stammenden, auf Ascitesagar angegangenen, dann in Ascitesagar 
uberimpften frischen Kultur impfte ich auf 2 weitere Kaninchen: einmal 
intravenos (Nr. 80) und einmal subkutan (Nr. 81). Es sei hier erwfihnt, 
dafi die Ascites-Agarkultur sehr feine, polgeffirbte Stfibchen zeigte, die 
Bouillonkultur, die ich zur Tierimpfung benutzte, teils aus grofien, ge- 
blaliten, polgefiirbten Bazillen, zum kleineren Teil aus rundlichen Ge- 
bilden, endlich aus vereinzelten, gramnegativen, feinen, Polffirbung ver* 
missen lassenden Bazillen. 

Das intravenos geinipfte Kaninchen (Nr. 80) ging nach 13 Tagen 
ein. 5 Tage vor dem Tode bemerkten wir, dafi das Tier seinen rechten 
Full sellout und nicht darauf tritt. Zu dieser Zeit konnte ungeffihr in 


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B41a Johan, Beitrfige zur Biologie des Bac. pyog. anaerobius. 299 

der Mitte der dorsalen Wirbelsaule, mehr nach links, ein Knoten von 
der GroBe einer italieniscben HaselnuB gefQhlt werden. 

Bei der Sektion wurde in dem recbten Knochelgelenk Eiter gefunden 
mit einem AbszeB in der Nachbarschaft, der nahe zum Durchbruche 
stand. Wir untersuchten auch die Knochen und fanden in der Mark- 
kohle der rechten Unterscbenkelknochen dicken Eiter (an der anderen 
Seite war rotes Mark vorhanden). Ans dem erwahnten Abszesse des 
Rfickens entleerte sich dicker, zfiher Eiter. 

In den Strichpr&paraten fanden sich die ganz typiscben, gramnega- 
tiven, Polfirbung aufweisenden Bazillen, die sich auf den NahrbSden 
typisch verbielten und in Ascites-Agarstichkulturen sehr feine, polgefarbte 
Stabchen, in flQssigen Nahrmedien groBe geblahte Bazillen bildeten. 

Bei dem subkutan geimpften Kaninchen (Nr. 81) entwickelte sich 
ca. nach 10 Tagen an der Impfstelle ein AbpzeB, der am 14. Tage am 
gr5Bten war, dann sich wieder allmahlich verkleinerte, so daB nach 
4 Wochen an der Stelle nunmehr bloB ein kleiner Knoten tastbar war. 
Nach 2 Monaten wurde das Tier sehr schwach und zog die Hinterbeine 
nach. Zu dieser Zeit entblutete ich das Kaninchen. Bei der Sektion 
fand ich bloB an der Injektionsstelle einen haselnuBgroBen AbszeB, 
w&hrend in den Knochen, iih Wirbelkanal sich nicbts Pathologisches 
nachweisen lieB. ’Im AbszeBinhalt waren etliche typische Bazillen. Ich 
verimpfte das Material auf verschiedene NahrbSden; die Kulturen gingen 
erst recht spat an, so z. B. in den Ascites-Agar Stichkulturen erst am 
8. Tage, in Ascites-Bouillon nach 2 1 /* Tagen. Die Kulturen waren 
(kbrigens ganz charakteristisch; es bildeten sich namlich in den flQssigen 
Nahrmedien lange, dicke Bazillen, an kompakten kleine feine Stabchen. 

Ich glaube, durch obige Untersuchungen dargetan zu haben, daB 
das erwahnte feine Stabchen und die stark aufgeblQhten 
Bazillen nur Gestalts- und GrSBenverQnderungen eines 
Mikroben sind, da die eineFormindie andere durch Ueber- 
impfung auf verschiedene Nahrbbden QbergefQhrt werden 
kann. Verimpfen wir einem Tier die geblabten Bazillen, 
so entsteht an der Injektionsstelle ein AbszeB, in dessen 
Eiter nur noch feine Stabchen sind. Wir sehen also in 
den flQssigen NahrbQden die gebiahten, in den festen die 
feinen, zarten Formen des Bazillus. Der Uebergang kann ex- 
perimentell ganz regelmQBig erzielt werden; es sei aber erwahnt, daB 
in den flQssigen NahrbQden der Bazillus schneller abstirbt. Je spQter 
die Weiterimpfung aus dem flQssigen XQhrmedium geschieht, desto mehr 
Bakterienmaterial muB auf den neuen Nahrboden Qbertragen werden. 

Es gelang uns nicht, nach dem Tode des oben erwahnten Kaninchens 
(Nr. 81, das Kaninchen verschied ca. 2 Monate nach der Impfung, als 
der AbszeB schon stark zurQckgegangen war) den Bazillus aus dem 

Blute und der Milz herauszuzuchten. 

* * 

* 

Wir untersuchten das Serum des schon wiederholt erwahnten Ka- 
ninchens Nr. 81 mit RQcksicht auf die Frage, ob sich spezifische Anti- 
kflrper gebildet hatten. Agglutinine konnten darin nicht nachgewiesen 
werden, toils weil eine homogene Bakterienemulsion weder durch Reiben 
noch durch SchGtteln mit Glasperlen gelang; wurde das doch bis zu 
einem gewissen MaBe erreicht, so konnte doch die Reaktion wegen der 
Spontanagglutination nicht verwertet werden. Die Reibmethode nach 
Plaut lieB uns ebenfalls im Stich. 

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300 CentraibL f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 67. Heft 4. 

Icb ging desbalb zur Forschang nach komplementbindenden Anti- 
kfirpern fiber. Das Serum wurde 30 Min. bei 56 0 C inaktiviert. Als An¬ 
tigen wurde eine Flflssigkeit angewandt, die vom Bodensatz enter 
ca. 3 Wocben alten Ascites-Bouillonkultur abpipettiert, dann 2 Std. bei 
56° C gehalten wurde. Als Komplement wurde frisches Meerschweinchen- 
serum, als tndikator die titrierte Menge eines Hammelblutarnbozeptors 
uud 5-proz. Hammelblutkorperchen-Emulsion benfitzt. Bei 0,2 ccm An¬ 
tigen und 0,1 ccm Serum war eine vollkommene Hemmung der H&mo- 
lyse vorbanden. 

Der Versuch wurde mit Serum zweier normaler Kaninchen wieder- 
holt; eine BiDduDg blieb bei diesen stets aus. Ebenfalls blieb sie negativ. 
wenn das benutzte Antigen aus Typhusbazillen Oder luetiscber Leber 
bergestellt war. Da die Bazillen, welcbe zur Kaninchenimpfung benutzt 
wurden, in Ascites-Bouillon emulgiert waren, konnte nicbt obne weiteres 
die Mfiglichkeit ausgescblossen werden, daB die bei der Reaktion nach- 
gewiesenen Antikfirper vielleicht bloB dem EiweiBe der Ascites-Bouillon- 
flfissigkeit entstammen. Desbalb wurde der Versuch wiederholt, und 
zwar mit jener Ascites-Bouillonmischung, die als Nfibrboden benutzt 
wurde; in diesem Falle blieb die Koraplementbindung ganz aus. 

Die Reaktion wurde also nicbt durch die Antikorper 
der Ascites-Bouillonipischung, sondern durch spezifische, 
auf die Bakterieninjektionen im Kaninchenserum ent- 
standene Antikfirper bewirkt. In dem eben beschriebenen Ver- 
suche wurde der Antikdrpergebalt im Serum eines solchen Kaninchens 
nachgewiesen, das mit einer Bakterienemulsion geimpft wurde, die auf- 
gebl&hte Bazillen enthielt. Wir untersucbten aber weiter auch 
das Serum eines Kaninchens, das mit dem Eiter eines Leberabszesses 
aus dem 5. Falle zu Zsolna (das also bloB feine Stfibchen enthielt) ge¬ 
impft wurde. Bei diesem Versuche wurde das Antigen folgenderweise 
bergestellt: das Kondenswasser einer 5-tagigen anaeroben Menschenblut- 
serumagarkultur, in dem sicb Bazillen massenhaft befanden, wurde ab- 
gesaugt, mit der gleicben Menge physiol. Kocbsalzldsung verdunnt. 
abzentrifugiert; zur reinen Flflssigkeit wurde so viel mit 2,5 proz. Karbol- 
sfiure versetzte 0,85-proz. Kochsalzlfisung gegeben, daB sie 0,5 Proz. 
Karbolsfiure enthielt. Die Blutentnahme gelang bei diesem Kaninchen 
recht schwer, weil das Blut jeden Augenblick gerann. Da uns desbalb 
nur kleine Mengen Serum zur Veritigung standen, wurde die Reaktion 
mit kleinen Mengen eingestellt. Bei 0,01 ccm uud 0,03 ccm Serum war 
die Hemmung der Hfimolyse vollstfindig. 

Es gelang uns auch in diesem Falle, spezifische Antikorper nachzu- 
weisen, wenn auch in geringerer Menge; ich muB hinsichtlich dieses 
Unterschiedes darauf hinweisen, daB die Blutentnahme in dem 1. Falle 
1 Monat, hier 16 Tage nach der Impfung geschah. 


Da unsere Versuche beztiglich des Nachweises komplementbindender 
Antikorper stets so prompt positive Reaktionen gaben, tauchte die Frage 
auf, ob diese auch beim Menschen vorhanden sind. Es standen uns 
Sera aus den Fallen zu Zsolna -nicht zur Verfflgung; wir hatten aber 
noch 2 steril aufbewahrte Blutsera aus Fallen in Balassagyarmat (ans 
dem Jahre 1915). Obwohl diese Sera schon sehr alt (zur Zeit der Unter- 
suchungen schon etwa 22 Mon.) waren, gelang es docb, mit dem einen 


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B41a Johan, Beitrage znr Biologie des Bac. pyog. anaerobius. 301 

[Bezeichnung: Liessner 1 )] eine positive Komplementbindung zu erhalten, 
wahrend das zweite bei der Reaktion eine Starke Eigenhemmung auf- 
wies; zu weiteren Versuchen (Austitrieren der Eigenhemmung) fehlte 
rnir genfigendes Serum. 

Als Antigen wurde jenes verwendet, welches bei den Versuchen 
mit dem Serum des Kaninchens Nr. 81 zur Anwendung kam, nSmlich 
eine rein abpipettierte Fltissigkeit aus Ascites-Bouillonkulturen, die mit 
den St&mmen aus den Fallen zu Zsolna angelegt wurden. Die Reaktion 
wnrde mit den entsprechenden Kontrollen eingestellt. (Antigen 0,3 ccm, 
Serum 0,2 ccm: totale Hemmung.) 

Das Ergebnis fiel positiv aus. 

AuB diesem letzten Versuche konnen folgende SchlQsse gezogen 
werden: 1) Im Serum der mit diesen Bazillen infizierten 
Menschen entstehen spezifische Antikdrper. 2) Das Serum 
wahrend der Endemie in Balassagyarmat Erkrankten re- 
agiert positiv mit einera Antigen, das aus einem Bazillen- 
stamm, geziichtet aus denFailen in Zsolna, hergestellt 
wnrde. 

* * 

* 

Nach diesen Versuchen kann gefragt werden, ob die Identitfit 
der Faile von Zsolna und Balassagyarmat (sowie auch der 
infizierenden Mikroben) vollkommen erwiesen ist? Sie 
kann nunmehr als bewiesen betrachtet werden: l)durchden gleichen 
klinischen Verlauf der Faile (es sei nochmals betont, dad an 
beiden Stellen bloB Kriegsverwundete daran erkrankten, und daB die 
Krankbeit endemisch aultrat); 2) durch das a) morphologisch, 
b) ku 1 turell und c)biologisch (durch Tierversuche festgpstellte) 
identische Verhalten des Bazillus; 3) durch serologische 
Reaktionen; 4) durch identische Sektionsergebnisse; 
5) durch identische histologische Befunde. 

Die Sektionsergebnisse und histologischen Befunde stimmen 

ganz mit jenen Fallen Oberein, die von Prof. Buday beschrieben wurden. 

* * 

* 

Spater bot sich mir die Gelegenheit, einen Kriegsverwundeten mit 
Leber- und Lungenabszessen zu sezieren. Da es sich wieder urn einen 
Kriegsverwundeten mit demselben Befunde handelte und da weiter eine 
andere Ursache far das anatomische Substrat nicht gefunden wurde, 
fragten wir uns, ob in diesem Faile nicht auch der in diesem Artikel 
behandelte anaerobe Bazillus die Ursache des pathologischen Befundes 
sei. Dagegen schien zu sprechen, daB am Rande des Abszesses das 
Lebergewebe schmutziggrfln verfarbt war und am Rande die sonst vor- 
handeue nekrotische Zone fehlte. 

Ueber, diesen Fall wird noch klinischerseits eingehend berichtet 
werden. Ich will hier nur erwhhnen, daB im Strichprftparate neben 
vereinzelten anderen Mikroben auch die typischen, sehr feinen, pol- 


1) Aus liebenswurdieer Mitteilung des Herrn Spitalsdirektor Dr. Bogdan kann 
ich die Krankheitsdaten Liessners in folgendem zusammenfassen: Pat. hatie eine 
SchuBwunde am Oberarm. Im Krankenzimmer, in dem er lag, waren noch mehrere 
Kranke mit Leberabszessen. Ein Verwundeter im Bette nebenan erkrankte ebenfalls 
an Leberabszefi. Die Krankbeit Liessners verlief ganz typisch; er befand sich in 
einem sehr iiblen Zustande. Als aber schon sein Tod erwarlet wurde, fing sein Fieber 
an, langsam zn sinken, und er erholte sich langsam bis zur vollstiindigen Genesung. 


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302 


Ceatralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 67. Heft 4. 


gefSrbten. Bazillen sich vorfanden. Da im Eiter aufier den letzteren 
auch noch andere vorbanden waren, so waren anch die Kulturen nicht 
rein; der Bazillus konnte auch nicht reingeziichtet werden, da mir damals 
zu diesem Zwecke die nbtigen Gerkte nicht zur Verfflgung standen. Die \ 
typischen polgelarbten, gramnegativen feinen Bazillen waren aber in der J 
Kultur gut zu seben. Als ich dann die Kultur in Ascites-Bouillon an- ! 
aerob uberimpfte, erhielt ich auch die aufgebiahten, typischen Razillen. j 
Der Inhalt eines Leberabszesses wurde auch einem Kaninchen sab- 1 
kutan eingeimpft; das Tier verendete in 4 Tagen. An der Injektions- j 
stelle fand sich ein kleiner AbszeB mit vielen typischen, gramnegativen ' 
Bazillen, die polgefarbt waren, daneben noch Staphylo- und Strepto- j 
kokken. \ 

Auch das histologische Bild war nicht ganz typisch. Ich suche die 
Ursache darin, dad in diesem Falle eine Mischinfektion vorhanden war. 
Auf diese Weise kann auch die schmutziggraue VerfSrbung der AbszeB- 
umgebung und das volkommene Fehlen der nekrotischen Zone erklirt 
werden. 

2 andere, noch sp&ter sezierte derartige Ffille boten nichts Nenes. 

Sie enthielten im Eiter des Leberabszesses den Bacillus pyogenes 
anaSrobius in Reinkultur. Im ganzen scheint dieser Bazillus als 
Erreger von Leberabszessen nicht ailzu selten zu sein. 

Meine Kulturen dieses Bazillus sind seitdem eingegangen. Der 
Stamm wurde aber frtkher schon von Herrn Prof. Buday der Kral- 
schen Sammlung flbergeben. 


Naohdruck verboten 

Wirkung von Bakteriengiften auf Ziliaten. 

Von Dr. £ud. Oehler, Frankfurt a. M. 

Anmerkung wfihrend der Korrektur in Bd. 86. Heft 6. S. 494. 

Im Maiheft des Journal of Physiology, Cambridge-London. Vol. 55. 
1921. S. 1—32 bringt R. A. Peters eine Abhandlung: „The substances 
needed for the growth of a pure culture of Colpidium colpoda*. 
in der berichtet wird, daB die Colpidien durch Waschen von den Be- 
gleitbakterien gereinigt und in bakterienfreier Reinzucht ohne gekflrnte 
Nahrung in diinnen, aminos&urefreien Nahrlosungen geziichtet werden 
konnen. Diese Mitteilungen widersprechen meinen gemachten Erfab* 
rungen durchaus. Die Reinigung durch Waschung habe auch ich ver* • 
sucht, aber ohne Erfolg. Das bedeutet nichts: eine andero Hand kann 
giinstiger greifen. Dagegen habe ich eine Sterilzucht von Colpoda 
Steini noch heute zur Verfugung, die alien Proben auf SterilitSt nicht 
nur bei mir, sondern auch in andern Anstalten standgehalten hat; und 
diese Sterilzucht brachte zweifellos das Ergebnis, daB genannter Ziliat 
nur mit gekornter Nahrung, nie mit klaren, tlfissigen Nahrlosungen fort- 
geziichtet werden kann. Ein gleiches zeigten verschiedene Am5ben und 
Kleinziliaten, die ich in Sterilzucht gewinnen und prflfen konnte. Hin- 
sichtlich der SterilitatsprUfung mochte ich darauf hinweisen, daB nach 


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Lipschiitz, Der Zellkern als Virustrager. 


303 


meiner Erfahrung es nicht genfigt, sich nach Peters auf die Entnahme 
eines Oesentropfens aus der zu prufenden Flflssigkeit zu verlassen. Bei 
diesen dflnnen, wfisserigen, klaren LOsurigen muB man mindestens eine 
Pipette voll entnehmen und auf Schrkgagar und Bouillon flbertragen, 
urn eine sichere Kontrolle der Bakterienfreiheit zu bekommen. Es wflre 
dringend notwendig, die Petersschen Colpidienreinzuchten ausgiebig 
nachzuprflfen. Peters hat nnr mit ganz dflnnen, n&hrstoffarmen Lo- 
sungen gearbeitet. Die vermeinte Reinzucht mfifite auf gebaltvollere 
NShrbflden, auf Vio—Vs Bouillon und Scbrflgagar flbertragen werden. 
1st sie bakterienfrei, so mtiBte es gelingen, auf Agar ein Wachstum in 
Kolonien zu erzielen, wie bei reingezflcbteten Flagellaten. Erst wenn 
alle diese Proben vorliegen, kann von einer Reinzucht und einer Er- 
nihrung mit ungekflrnter Nahrung gesprochen werden. 


Nachdruck verbolen. 

Der Zellkern als Virustrager. 

(Die Karyooikongruppe der Chlamydozoa-Strongyloplasmen.) 

Von Privadozent Dr. B. Lipschtttz, Wien. 

In den Beziebungen der Infektionserreger zu den Geweben des 
Organismus tritt bei den unter der Bezeichnung „EinschluBkrankheiten“ 
zusammengefaflten Affektionen eine besonders ausgeprfigte GesetzmSBigkeit 
hervor. Der Calmettesche Versuch bei Vakzine, die Untersuchungen 
von Burnet und Lipschfltz bei der Getiflgelpocke, die in der Literatur 
vorliegenden Beobathtungen fiber Variola, Scbafpocke, Maul* und Klauen- 
seuche etc. lassen es zweifellos gerechtfertigt erscheinen, bestimmte Be- 
ziehungen des im Organismus kreisenden Virus zur Haut, bzw. zum 
Ektoderm anzunehmen, wobei schon eiri geringfflgiges Trauma zum „Auf- 
schlieBen* 4 des Epithels gentigt. Ich habe dieses gesetzmSBige biologi- 
sche Verhalten der Erreger als Dermotropismus bezeichnet. 

Die eingehende Erforschung der „EinschluBkrankheiten“ der Haut hat 
weiter gelehrt, daB die spezilischen Aviditaten der Erreger zu den Epithel- 
und Bindegewebszellen der Haut noch eine weitere Abstufung erfahren, 
indem das Virus sich nicht nur im Protoplasma, sondern auch gleich- 
zeitig im Kern ansiedeln kann, ferner jedoch — und auf diese Tatsache 
mflchte ich in vorliegenden Ausffihrungen besonderes Gewicht legen — 
bei einer Reihe von Krankheiten das Virus ausschlieBlich zum Kern 
der erkrankten Zelle Aviditfit besitzt, ein Vorgang, fflr den ich die Be- 
zeichnung Nukleotropismus vorgeschlagen habe (1913). Wflhrend 
in frflheren Jahren auf diese biologisch bemerkenswerte Tatsache kaum 
geachtet wurde, bin ich heute auf Grund einer Reihe von Einzelbeob- 
achtungen imstande, das Typische des Vorganges nachzuweisen, was in vor¬ 
liegenden Zeilen versucht werden soli. 

W&hrend bei bakteriellen Erkrankungen die Virusansiedlung im Kern 
vflllig unbekannt ist und Protisten nur ausnahmsweise den Kern von 
Metazoenzellen zu befallen pflegen, stellt die nukleflre Lokalisation der 
Erreger bei den Chlamydozoen und Strongyloplasmen ein Vorkommnis 


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304 CenfcralbL f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. 87. Heft 4. 

dar, das durch die Ausbildang der „Zelleinschlfisse“ im Kern zam Aub- 
druck gelangt. Je nacb dem Sitz and dem Verhalten der Einschlfisse zu 
den einzelneu Zellbestandteilen hatte ich daber scbon in einer frflheren 
Arbeit eine neue Gruppierung der Chlamydozoa und Strongyloplasmen 
vorgenommen and neben der Cytooikon* und Karyocytooikon- 
gruppe eine Reihe von Krankbeiten zusammengefaBt, die durch aus- 
schlieBliche Lokalisation der Einschlfisse im Zellkern gekennzeicbnet sind: 
Karyooikongruppe. Als Vertreter dieser Gruppe konnten bisher 
nur 3 tierische Krankbeiten aus der Literatur angeffihrt werden: die 
Bornascbe Kranlcheit der Pferde, das Virus myxomatosum der Kanin- 
chen und die Gelbsucht der Raupen; eine wesentliche Ergfinzung bringen 
nun die von mir in der letzten Zeit erhobenen Befunde bei 3 mensch- 
lichen Hautaffektionen: Herpes zoster, Herpes febrilis und Herpes ge¬ 
nitalis, und die hier zu gebende Schilderung der Karyooikongrnppe 
soil auf Grund dieser Untersuchungen erfolgen. 

In den PrSparaten treten die Kerneinschlfisse („Zosterk6rperchen“, 
„Herpesk8rperchen“ a und /?) als rundliche oder elliptische Gebilde auf; 
sie stellen daher de facto kompakte, etwa eiformig gestaltete Korper dar, 
die natfirlich kleiner sind als der sie beherbergende Kern. Nehmen sie 
nur einen Brucbteil des stark geschwellten hydropischen Kernes ein 
(z. B. bei Herpes zoster), so zeigen sie verschiedene GrfiBendurchmesser 
und beben sich vom hellen Grund (Kernodem) scharf ab. Oft begegnet 
man Gebilden, die im Kern wie ein Ei in der Schale liegen, ihn also 
nahezu ganz ausfflllen, indem sie entweder bis an die Kernmembran 
reichen oder zwischen sich und dieser noch einen schmalen, hellen 
Raum frei lassen. 

Die Form der Kerneinschlfisse erleidet bedeutende Ver&nderungen 
in seitlich komprimierten oder in die Lfinge gezogenen Zellen; die Ein- 
schlfisse passen sich dann der Kerntorm an und zeigen Zigarren- oder 
Wurst- oder selbst unregelmSBige Formen, die auf einen nicbt geringen 
Grad von Plastizitfit der Gebilde hinweisen. Die Lfingendurchmesser 
konnen dann (z. B. in den Kernen der Bindegewebszellen der Kaninchen- 
cornea) bis zu 6 fi und darfiber betragen. 

Die Begrenzung ist im allgemeinen scharf ausgeprfigt, nur hie and 
da findet man die peripheren Anteile etwas verschwommen; einen be- 
sonders kompakten Eindruck machen die Einschlfisse in den bdheren 
Zellagen des Rete Malpighii bei Herpes zoster, in denen sie bis zum 
Stratum corneum zu verfolgen sind. 

Die Ausbildung der Kerneinschlfisse kann sehr rasch erfolgen, so 
z. B. in der mit Material von Herpes febrilis geimpften Hornhaut scbon 
nach 7 Std. In der Regel treten zuerst 2 oder mehrere, rundlich- 
kugelige, kleinere Einschlfisse auf, aus deren ZusammenflieBen die groBen, 
wohl ausgebildeten, in der Einzahl die Kerne nahezu ganz ausffillenden 
Gebilde hervorgehen. Der Vorgang entspricht den Bildern bei der Ent- 
stehung der machtigen „Geflflgelpockenkorper“ in der mit Geflfigel* 
pockenvirus geimpften Taubencornea. 

Wahrend im allgemeinen die Kerneinschlfisse homogen erscheinen, 
gelingt es zuweilen, nach entsprechender Differenzierung beiHeiden- 
hain-Farbung oder selbst durch Hamalaun-Eosinffirbung Einzelheiten 
im Bau festzustellen, die fiir die Deutung der Gebilde besonders wichtig 
sind. Es liilit sich mimlich die Zusammensetzung der Kerneinschlfisse 
aus sehr zahlreichen und feinen, ungefahr gleich groBen KSrperchen 


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Lipscbutz, Der Zellkern ale Virustrager. 


305 


nachweisen, die in einer schwach geffirbten Grnndsubstanz eingebettet 
liegen. Dieser Bau entspricht demnach annfihernd den beim Molluscum 
(Lipschfltz), Trachom (Halberstfid ter und v. Prow azek), Geflfigel- 
pocke und Verruga peruviana (da Rocha Lima) beschriebenen Bildern. 
Wie ich dies fflr die „Einschlfisse 1. Ordnung*' (siehe 2. Mitteilung Qber 
Chlamydozoa-Strongyloplasmen) als charakteristisch hingesteilt habe, 
sind am Aufbau des KerneinschluBgebildes zwei Komponenten zu er- 
Hennen: eine von der Wirtszelle gelieferte Kittsubstanz und der als 
Virus gedeutete Haufen kleinster Elementarkorperchen (Strongylo- 
plasmen). 

Das ffirberische Verhalten der Kerneinschlfisse entspricht ganz dem 
der anderen Zelleinschlfisse (Molluscum, Vakzine-Variola, Geflugelpocke 
etc.), worfiber ich in frflheren Mitteilungen berichtet habe. In ffirberischer 
Hinsicht erscbeinen daher auch die Kerneinschlfisse durch ihr ampho- 
philes Verhalten gekennzeichnet. Bei Behandlung mit einem basischen 
and einem sauren Farbstoff zeigen sie Afl'initfit zu letzterem; sie sind also 
eosioalfin bei der Hfimalaun-Eosinffirbung; ffirbt man nach Pappenheim 
(also mit einem Gemisch zweier basischer Farbstoffe), so nehmen sie Methyl- 
grfln an. Nach alien meinen bisherigen Erfahrungen fiber die Chlamydo- 
zoonosen der llaut dfirfte diesem tinktoriellen Verhalten der Zelleinschlfisse 
gesetzmSBige Bedeutung zukommen, und es spielt insofern eine Rolle, 
als wir auf Grund dieser elektiven Ffirbeaffinitfiten eine sichere Trennung 
der Kerneinschlfisse von den Nukleolen vorzunehmen imstapde sind, 
eiDe Frage, auf die ich schon in frfiheren Arbeiten wegen ihrer grund- 
sfitzlichen Bedeutung eingegangen bin und die auch hier eingehehend 
erdrtert werden mufi. 

Zuvor aber ist es notwendig, das Verhalten der Nukleolen in den 
von EinschluBorganismen befallenen Kernen zu schildern, wie es sich 
sowohl in den krankhaften Produkten der menschlichen Haut als auch 
in den mit Material von Herpes experimentell erzeugten Keratitiden 
darbietet. 

Beim Menschen bleiben die Nukleolen stets innerhalb der Kerne 
gelegen; beim Studium der Karyooikongruppe werden also ins Proto- 
, plasma flbergetretene Kernsubstanzen — Befunde, wie sie sich z. B. beim 
Molluscum und bei der Geflfigelpocke nachweisen lassen — regelmSBig 
vermiBt. Bei Herpes zoster und Herpes genitalis findet man die Nukleolen 
verkfimmert und an die Peripherie des Kernes verdrangt, wo sie oft der 
Kernmembran anhaften. 

Bei der Keratitis des Kaninchens lassen sich die diesbezfiglichen 
Verhiltnisse an den Nukleolen nicht studieren, weil hier bekanntlich die 
Nukleolen tiberhaupt sehr selten zur Ausbildung gelangen, bezw. meist 
nicht darstellbar sind — eine Tatsache, auf die von Wassiele wski', 
ich u. a. schon hingewiesen haben. Anders liegen die Verhaitnisse beim 
Meerschweinchen; hier kfinnen jedoch nur die allerjflngsten Stadien heran- 
gezogen werden, da die hydropische Kerndegeneration ungemein frflh 
einsetzt und weitere zytologische Studien vereitelt. Hier hat man des 
flfteren Gelegenheit. neben dem Einschlufikorper den Nukleolus, peripher 
verlagert und different gefarbt, aufzutinden. 

Ffir die ffirberische Trennung der Kerneinschlfisse von den Nukleolen 
hat sich die exakt ausgeffihrteGiemsa-Farbung nach Fixation in Sublinfht- 
alkohol besonders bewfihrt, wobei Nukleolen tiefdunkelblau, Einschlfisse 
hingegen schfin rot gefarbt erscheinen. Aber auch bei der Hfimalaun- 
Into Abt. Ori*. Bd. 87 . Heft. 4. 20 


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CentralbL f. Bakt. etc. L Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


Eosinf&rbung nach gleicher Fixation ist die Trennnng leicht durchzuffihren 
(Einschliisse sattrot, KernkOrperchen dunkelblau). Scharfe FSrbekontraste 
liefert ferner die BenQtzung des Pappenheim schen Farbstoffes (Alkohol- 
fixation): Nukleolen leuchtend rot, EinschlQsse blaBblau. SchlieBlich 
gelingt das Auseinanderhalten der Gebilde auch bei der Heidenhain- 
FSrbung, indem bei stfirkerer Differenzierung die EinschlQsse graugelb 
werden, w&hrend die Kernkorperchen den tiefdunklen, schwarzen Farben- 
ton beibehalten. 

Diese geradezu entgegengesetzten farberischen Affinitaten der Nukle- 
olen und KerneinschlQsse, ihre ungleichartigen Formverh&ltnisse, die 
Moglichkeit, beide Gebilde innerhalb des Kernes zwar nebeneinander 
nachzuweisen, sie aber mOhelos auseinanderzuhalten, and schlieBlich 
der oft zu erbringende Nachweis eines charakteristiscben Baues der 
KerneinschlQsse, wahrend die Nukleolen homogen gefdrbt bleiben, lassen 
die Annahme einer Ableitungder KerneinschlQsse von den Kernkdrperchen 
nach gar keiner Richtung hin gerechtfertigt erscheinen. 

Im Rahmen dieser Schilderung der KerneinschlQsse verdient ihre 
Lokalisation in den Kernen der Bindegewebszellen besondere 
Beachtung. Sowohl in Endo- und Perithelien der menschlichen Haut- 
effloreszenzen (Herpes zoster und Herpes genitalis) als auch in den fixen 
Hornhautkorperchen der mit Herpesmaterial geitnpften Kaninchenhornhaat 
lassen sich hSufig KerneinschlQsse nachweisen. Die Bilder weisen ein* 
dringlich auf die innigen und gesetzmaBigen Beziehungen des biologiscben 
Vorganges der EinschluBbildung zu den den Zellkern aufbauenden Sub- 
stanzen hin; sie rechtfertigen auch die Bezeichnung „Nukleotropismus“ 
als Ausdruck fQr die unserer Auffassung nach erfolgte nukleare Virus- 
ansiedlung, die die Bildung von Reaktionsprodukten des Kernes in Gestalt 
der „KerneinschlQsse“ auslost. 

Namentlich die fixen Bindegewebszellen der Kaninchencornea weisen 
sehr charakteristische morphologische Bilder auf. Der Kern dieser 
Zellen schwillt stark an und weist eine zentral gelegene Vakuole auf 
(Kernodem), in der der langliche, oft zigarrenformig gestaltete und gut ge- 
farbte EinschluB zu sehen ist. Im Querschnitt getroffen, zeigen derartige 
Zellen Siegelringformen. 

Weisen schon die bisher gemachten Angaben auf die besondere Rolle 
der KerneinschlQsse hin, so kann die wissenschaftliche Grundlage fur ihre 
exakte Deutung doch nur auf dem Wege der experimentellen Erzeugung 
der Gebilde gewonnen werden; wersich daher mit ihrera Sta¬ 
dium in zukQnftigen U'ntersuchungen wird beschQftigen 
wollen, wird immer wieder aufdas experimentelle Arbeits* 
gebiet zurQckkommen mQssen. Hier bietet sich auch die Moglich- 
"keit, die Untersuchung in beliebigen Phasen des Ablaufes des biologischen 
Prozesses und unter den verschiedensten Versuchsbedingungen vorzu- 
nehmen. 

Als Material koramt, wie bereits erwahnt, die geimpfte Kaninchen- 
hornhaut in Betracht, die ein nahezu ideales Studienobjekt fQr vorliegende 
Untersuchungen abtribt. Zur Impfung dient Miterial von Herpes febrilis 
Oder Herpes genitalis, wQhrend Zosterblaseninhalt unregelmSLBig angeht, 
Ahnlich etwa dem Haften des svphilitischen Virus bei der experimentellen 
Erzeugung der Keratitis parenchyinatosa. 

Ist das Ausgangsmaterial Herpes febrilis, so untersucht man inner¬ 
halb der ersten 24 Stunden nach der Impfung, nachdem die hydropische 


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Lipschiitz, Der Zellkern als Viruatrager. 


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Kerndegeneration bier ungemein frtih einsetzt und das Beobachten 
zytologischer Einzelheiten spflterhin erschwert Oder sogar ganz unmbglich 
macbt. 

Verwendet man Material von Genitalherpes, so verlSuft der ProzeB 
mebrsubakut; hier hat sich der 3. Tag nach der Impfung als zeitliches 
Optimum fur die Untersuchung erwiesen. Stets sind die Zellbilder 
ungemein charakteristisch uud fur den einigermaBen Erfahrenen zurnm- 
dest ebenso eindeutig wie die Befunde der Gu arnierischen Kbrper in 
der vakzinierten Kaninchenhornhaut. 

KerneinschlQsse habe ich bisher in der Kaninchencornea noch nach 
7 Tagen aufgefunden; im allgemeinen verschwinden sie schon nach kurzer 
Zeit, offenbar infolge der durch die intensive bydropische Kerndegeneration 
bedingten Kernsch&digung (Herpes febrilis). Da durch das starke inter- 
zellulare Oedem die Zellen aus dein Verband gesprengt und durch den 
Lympbstrom mechanisch entfernt werden, so gehen mit ihnen auch die 
Kerneinschlflsse zugrunde. 

Die experimentelle Erzeugung der Kerneinschlflsse (bei Verimpfung 
des infektibsen Materials von Mensch auf Tier, von Mensch auf Mensch 
[Herpes genitalis] Oder auch von Tier auf Tier) gestattet daher auch 
meines Erachtens die Gebilde bezflglich ihrer biologischen Wertung 
vollkommen den anderen wohl bekannten Zelleinschliissen an die Seite 
zu stellen, und ich deute sie daher auch als Reaktionsprodukte der 
Kernsubstanzen auf das im Kern parasitierende lebende Virus. Als 
solches dflrften wohl fihnlich wie bei den anderen EinschluBkrankheiten 
die kleinsten Kbrperchen zu deuten sein, von denen schon oben hervor- 
gehoben wurde, daB sie ofters (z. B. bei Herpes zoster) in groBen 
Haufen, die Einschliisse aufbauend, angetroffen werden. Ihr Studium 
wire noch in weiteren Untersuchungen zu verfolgen, ebenso die 
Frage ihrer eventuellen Durchgangigkeit durch Filter. 

An dieser Stelle mbchte ich noch mit einigen Worten das Verhalten 
gewisser Gebilde erwahnen, die in vereiuzelteu Praparaten neben den 
Einschlflssen aufgetreten waren und denen trotz gewisser Aehnlichkeiten 
mit letzteren zweifellos eine andere zytologische Wertung zukommt. Es 
sind dies rundliche, leuchtend rote (Hamalaun Eosinfarbung) und glan- 
zende, scharf konturierte, verschieden groBe Gebilde, die bald im Proto¬ 
plasma, bald in den Kernen auftreten und im ersten Augenblick an 
echte Einschlflsse erinnern. Sie entsprechen den uncharakteristischen 
Befunden, denen man zuweilen nach Impfung der Kaninchencornea mit 
verschiedenartigem, selbst nicht infektibsem Material in sparlicher Zahl 
begegnet und die ich schon frtiher bei anderen Untersuchungen kennen 
lernte. Sie dflrften als durch hyaline oder kolloide Degeneration um- 
scbriebener Anteile des Zyto- oder Karyoplasmas entsteben und haben 
mit den gesetzm&Big zur Ausbildung gelangenden Einschlflssen nichts 
zu tun; wegen ihrer Aehnlichkeit mit letzteren kann man sie als „Pseudo- 
einschlflsse 44 bezeichnen. 

Die Ausbildung der Kerneinschlflsse lost mit groBer Regel maBigkeit 
eine Reihe von Verflnderungen an den prflformierten Kernbestandteilen 
aus, die auch im Experiment wiederkehren und eine etwas eingehendere 
Besprechung erheischen. Im allgemeinen erscheint der Kern bei dem 
Auftreten mflchtiger Einschlflsse vergroBert oder geschwellt. Die weiteren 
VerSnderungen sind dann eine Folge der gegenseitigen mechanischen 
Behinderung der wachsenden „EinschluBkbrper“ und des gewissermaBen 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


als Scbale dienenden Kernes. Diese VerSnderungen des Kernes sindaller- 
dings bei den einzelnen hierhergehflrigen Krankheiten graduell verschieden, 
je nach der Iutensit&t des Prozesses und je nacb dem langsameren Oder 
rascheren Ablauf des Vorganges. 

Das normale Kerngerflst verkflromert nnd gebt zngrunde and damit 
natflrlich auch die FShigkeit der Kernteiluug durch Mitose. Der Kern- 
raum hat eine grbBere Menge Wassers aufgenoimnen und erscheint mehr 
oder weniger hydropisch. Besonders starke Verflnderung erleidet die 
Kernmembran. Sie zeigt in der Regel Hyperchromatose und kann zu- 
weilen auch etwas verdickt sein, und zwar ungleichmaBig, so dafi stSr- 
kere Anteile mit schwScheren abwechseln: die Kernmembran siebt daun 
wie punktiert oder scheinbar unterbrochen aus und gewfibrt zierlicbeo 
Anblick. Infolge der mechanischen (durch das Wachsen des EinschluB- 
kbrpers bedingten) Verh&ltnisse im Kernraum wird die Kernmembran 
deformiert und sieht hfiufig wie zerknittert aus, sie verliert dann ihre 
Kreis- oder Ellipsenform und nimmt unter Umstflnden eine recht bizarre 
Gestalt an. Diese Deformierung der Kernmembran bleibt aus, wenn der 
ProzeB weniger stttrmisch verlfiuft und die KerneinschlQsse auf einer 
bestimmten GrOBe verbarren, obne den Kernraum ganz auszuffillen, 
also ein Verhalten zeigen, dem wir auch bei der Zytokary ooikon- 
gruppe (Variola, Paravakzine) begegnen. 

Die Nukleolen erleiden ebenfalls VerSnderungen, die schon oben aus- 
fflhrlich geschildert worden sind. Besonderes Interesse bietet hier dem 
Zytologen die sowohl in menschlichen Hautefflorezenzen als auch bei 
der Keratitis des Kaninchens ' unter dem Einflufi der Kerneinschlaft- 
bildung ungemein prflgnant auftretende „ballonierende Degeneration 11 
(Unna) der Epithelien. Auf diesen Teil der Untersuchungen habe ich 
in einer frQheren Arbeit ausfiihrlich hingewiesen; es kommt dabei znr 
amitotischen Kernteilung der Epithelien unter dem EintluB des spezihschen 
Kernparasiten, wodurch vielkernige Epithelzellen entstehen. 

Alle hier geschilderten Einzelbeiten lassen sich natflrlich nur bei der 
Durchsicht einer grbBeren Anzahl von Prflparaten, die den verschiedeneo 
in die Karyooikongruppe gehbrenden Krankheiten entsprechen, nadi- 
weisen. 

Die Entstehung der Kern ein schlflsse mbchte ich im Sinne der 
Chlamydozoenlehre folgendermafien erklflren: Das nukleotrope Virus 
16st ungemein rasch — wie die Tierversuche zeigen, sehon nach weni* 
gen Tagen, ja selbst Stunden — eine Revolutionierung der prSformierten 
Kernbestandteile und eine chemische Dekompositiou der prflexistenteo 
Kernsubstanzen aus. Soweit wir mit fdrberiscben Verfahren und auf 
zytologischer Beobachtung fuBenden Arbeitsmethoden in den Ablauf des 
Vorganges Einblick zu nehmen vermogen, handelt es sich um zwei 
miteinander parallel verlaufende Prozesse. Der eine ist ein kernmor* 
phologischer, der andere ein kerntinktorieller Vorgang. Durch den Ein- 
fluB des sich rasch vermehrenden Kernvirus werden Reaktionsprodukte 
in Gestalt einer Hypertrophie vorzugsweise oxyphiler Kernsubstanzen 
ausgelost, die, an Masse zunehmend und das Virus mantelartig umgebend, 
schlieBlich das kompakte und scharf umschriebene „Zoster“-, bz». 
„Herpeskorperchen“ darstellen. An die Kernmembran wird dabei basi- 
chromatische Kernsubstanz in groBeren oder geringeren Mengen ver- 
schoben. 


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Lipschutz, Der Zellkern &U Virus trager. 


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Der Vorgang der KerneinschluBbildung beruht nach unseren Vor- 
stellungen demnach auf chemischen Alterationen prSexistenter Kern- 
substanzen uod auf Hypertrophie solcber und filhrt hierdurch zur 
Entstehung bestimmter kernmorphologischer Bilder. Mit der Chromatolyse, 
die nur eine spezitische konstante Farbenreaktiou darstellt, darf der hier 
beschriebeue Kernvorgang schon wegen seiner morpbologiscben End- 
produkte nicht identitiziert werden. 

FQr die Diagnose der Kerneinschlusse glaube ich wie fiir die der Zell- 
einschlusse Oberhaupt folgende Postulate aufstellen zu raflssen: 

1) GesetzmiBiges Auftreten in groBer Zabl und in cbarakteristiscber 
Form; 

2) bestiramtes tinktorielles Verhalten (nach alien meinen bisherigen 
Untersuchungen flber „EinschluBkrankheiten“ der Haut sind die Gebilde 
amphophii); 

3) bestimmte Beziehungen in ibrem zelltopographischen Verhalten 
(zum Plasma oder Kern der Zelle); 

4) die Moglichkeit der experimentellen Erzeugung der Einschlusse 
durch Ueberimpfung (von Mensch auf Mensch, von Mensch auf Tier oder 
von Tier auf Tier), wobei sich wiederum die bisher angeiiihrten Merk- 
raale in typischer VVeise vorfinden miissen, und 

5) in einzelnen Fallen die Moglichkeit des Nachweises eines charak- 
teristischen Baues: Zusammensetzung aus dem kdrperfremden Virus 
(Strongyloplasmen) und dem Reaktionsprodukt (Kittsubstanz) der Wirts- 
zelle. 

Urn eine mSglichst scbarfe Definition des Begriffes „KerneinschluB“ 
zn geben, sei daber hier nochmals angefQbrt, daB ich darunter verstebe: 
die Ausbildung eines in der Kernhohle liegenden, ver- 
schieden gestalteten, meist kugeligen, gut f&rbbaren, 
von denNukleolen stets leicht differenzierbaren Korpers, 
der entweder kompaktund homogen erscheint oder auch 
eine weitere Differenzierung zeigen kann und die Kern- 
hdhle teilweise oder auch nahezu ganz ausfOllt, wobei 
jedoch der „EinschluBkorper“ stets durch eine, wenn 
auch sehr schmale, helle Raumspalte von der Kernmem- 
bran getrennt ist. 1st der ,.KerneinschluB“ von geringen Dimen- 
sionen, so ist der erw&hnte belle Raum entsprechend groBer. 

Die Erreger dieser Krankheitsgruppe vollbringen zumindest einen 
Teil ihres Lebens in den Zellkernen des tierischen Organismus, mit 
denen sie vorflbergehend eine Art symbiotischen Verh&ltnisses eiugehen. 
Letzteres dflrfte bei manchen Affektionen, mit deren Studium ich mich 
schon seit Ifingerem befasse, betrSchtliche Zeit (Monate und Jahre) 
andauern, wShrend bei akut entzflndlichen Dermatosen (z. B. bei der 
Herpesgruppe) die Wirtszellen rasch absterben und entfernt werden, 
womit auch das Schicksal der Kerneinschlfisse besiegelt ist. 

Wie aus vorliegender Arbeit zu entnehmen ist und wie ich dies 
schon in eiuer frflheren Mitteilung hervorgehoben habe, stellt das fitio- 
logische Studium der EinschluBkrankheiten im wesentlichen ein Zell- 
studium dar. Die bei der Karyooikongruppe nachgewiesenen Kern- 
verSnderungen bieten meines Erachtens wertvolle morphologische und 
tinktorielle Handhaben fiir die atiologische Erforschung einer weiteren 
Reihe infektioser, bisher fast gar nicht studierter Dermatosen dar, mit 
denen ich mich seit einiger Zeit befasse. Die Zahl der in diese Gruppe 

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310 CentralbL f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 

der Chlamydozoa-Strongyloplasmen eingereihten Krankheitserreger dfirfte 
daher auch durch weitere Untersuchungen eine Vermehrung erfahren 1 :. 
Aber nicht allein parasitare KraDkheiten des Menschen und der Tiere 
mit bisher nicht ertorschter Aetiologie dflrften sich als durch Chlamydo- 
zoen und Strougyloplasmen hervorgerufen erweisen, vielmehr mochte 
ich auf Grund allgemeiner biologischer Ueberlegung ahnliche Unter- 
suchungsergebnisse auch beim Studium einzelner pflanzlicher Infektions- 
krankheiten voraussetzen. Somit ergibt sich hier noch ein sehr weites 
Feld der Betatigung fiir mikroskopisch-atiologische und zytologische 
Untersuchungen. 


Literatnr. 

De Beaurepaire-Aragao, Brazil medico. 1912. Nr- 47. — Joeet, Zeitechr l. 
Infekikrb. d. Hausl. Bd. 10. 1911. — v. Prowazek, Arch. f. Protisttnk. Bd. 10. H07. 
— Lipschutz, Centralbl. f. Bakt. 1913: Handb. d. path. Protozoen. Eld. 1. H. 2; 
Wien. klin. Wochent*chr. 1919. Nr. 34. u. 47; Wien. med. Wochenschr. 1920. Nr. 32; 
Wien. klin. Woohenecbr. 1920. Nr. 38; Wien. med. Wochdnschr. 1921. Nr. 5; Dermat. VVoch. 
1921; Arch. f. Derm. 1921. 


Nachdruek verbote* 

Entwicklungsliemmeiide Wirkung von Kupfer-Glas- 
verbindungen auf das Wachstum von Bakterien. 

Ik Von Prof. Dr. GrSfin y. Linden, Bonn. 

Eine Reihe von Forschern (1—5) haben gezeigt, daB die Wftndevon 
Glasbehaitern, in denen Kupfersalzlfisungen gestanden hatten, bakterizide 
Eigenschaften annehmen, und auch dann noch entfalten, wenn die GefSBe 
nach dem Ausleeren der Kupfersalzlosung mit Wasser verschiedentlich 
ausgesptilt werden. Sie haben ferner gezeigt, daB das Waschwasser 
solcher GefaBe bakterizide Eigenschaften annimmt und diese auf andere 
GefaBe flbertragen kann. Saxel (4, 5) folgert aus dieser fiberrascheDden 
Wirkung, daB die Oligodynamie nicht durch die chemische W 7 irkung allein 
erklhrt werden konne, sondern daB hier noch andere Krafte physikalischer 
Natur zum Verstandnis der rBtselhaften Wirkungen herangezogen werden 
miissen. 

Durch meine Arbeit auf dera Gebiete der Chemotherapie (6, 7) war 
mir die auBerordentlich stark bakterizide Wirkung bestimmter Kupfer- 
salze auf einzelne Bakterienarten, namentlich auf Tuberkelbazillen und 
andere pathogene Bakterien, bekannt geworden. Ich konnte, um hier 
nur ein Beispiel anzufiihren, Typhusbazillen und Choleravibrionen in 
Wasserkulturen durch Zusatz von zimtsaurer Kupferlezithinemulsioo 
Oder Dimethylglykokollkupferldsung innerhalb 2 Std. zum Absterben 
bringen, in einer Verdiinnung dieser Substanzen, die so minimal war, 


1) In jfingoter Zeit haben Levaditi und Harvier fiber das Vorkommeh von „Ei»- 
MchluBsen*' in den Kernen der Ganglienzellen bei Encephalitis lethargica berichtet 


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v. Linden, Entwicklungnhemniende Wirkung v. Kupfer-Glasverbindungen. 311 

daB die Kupferkonzentration, auf das Metall berechnet, 1 :10 Millionen 
betrug und der absolute Kupfergehalt, der auf die Bakterien zur Wir¬ 
kung kam, 0,002 mg nicht Uberstieg. Die WirkuDg dieser mioimaleu 
Kupfermengen kam aber nur zur Geltung, wenn sich die Bakterien in 
w&sserigen Medien befanden, ohne Zusatz von EiweiBkorpern. In 
Bouillonkulturen und auf festen N&hrboden erwiesen sich nur die Tuberkel- 
bazillen so auBerordenllich kupferempfindlich, bei den anderen schneller 
wacbsenden Bakterien muBte, urn eine ahuliche Wirkung zu erzielen, 
das Vielfache der in Wasserkultur zur Abtfltung liihrenden Kupfermengen 
verweDdet werden. Nach den Beobacbtungen Saxels schien mir $ber 
die bakterizide Wirkung der Kupfer-Siliziumverbindungen, denn um eine 
solche muBte es sich in den angeftthrten Versuchen wohl handeln, eine 
weit bohere zu sein, als ich sie bisher gesehen hatte. Die Versuche 
scbienen mir deshalb der Nachprfilung vert, auch von dem Gesichts- 
punkt aus, daB es vielleicht mflglich sein konnte, auf diesem Wege zu 
Verbindungen zu gelangen, die durch besonders groBe Bakteriotropie 
in der Kupfertherapie Verwendung finden konnten. 

Ich variierte den Versuch in der Weise, daB ich mich statt des 
Becherglases einer Lflhrschen Spritze bediente, in die ich eine 1-proz. 
LOsung von Kupferchlorid aufzog. Ich belieB die Kupferchloridlflsung 
24 Std. in der Spritze, spfllte dieselbe dann, nachdem die Kupferlflsung 
ausgespritzt war, 2mal mit destilliertem Wasser aus und zog. dann in 
die so vorbereitete Spritze eine Emulsion von Micrococcus pyo¬ 
genes aureus auf, die in 2 ccm Leitungwasser 1 Oese-Bakterienkultur 
enthielt; 1 ccm der Emulsion Iflllte die Spritze, der Rest blieb in dem 
Uhrsch&lchen, um daraus die Kontrollplatten anzulegen. Die ersten 
Platten strich ich nach 1 Std. aus. Auf jede Platte kamen 3 Tropfen 
Bakterienaufschwemmung, die vorher umgeschflttelt wurde, um die Keime 
gleichmaBig zu verteilen. Die Tropfen wurden gleichm&Big mit der 
Platinflse ausgebreitet, und die Platten bei Bruttemperatur 24 Std. be- 
lassen. Im Vergleich zur Kontrolle hatte sich die Keimzahl in der Spritze 
nach der 1. Std. bereits erheblich vermindert, nach 2 Std. vraren die 
Aureus-Keime in der Spritze sSmtlich abgestorben, wkhrend die Kon¬ 
trolle keine Verminderung ihrer Keimzahl zeigte. Nach 8 Std. und nach 
3 Tagen war das Ergebnis dasselbe, die Aureus-Kokken in der Lflhr¬ 
schen Spritze waren abgetfltet geblieben; sie hatten sich nicht wieder 
erholt, die Kontrolle war dagegen, wie vorher, flppig gewachsen. Nach 
3 Tagen waren in der mit Kupfer impragnierten Spritze selbst die 
wenig kupferempfindlichen Wasserkeime zum Absterben gekommen. 
Nachdem ich die LUhr-Spritze entleert und wieder 2mal mit destill. 
Wasser durchgespritzt hatte, wiederholte ich den Versuch. Das Ergebnis 
war dasselbe wie vorher. Beim 3. Versuch, dem ebenfalls ein 2maliges 
Ausspritzen mit destill Wasser vorausgegangen war, zeigten sich die 
Aureus-Keime erst nach 48 Std. abgetotet, die bakterizide Wirkung 
hatte also abgenommen. 

Mit bloBem Auge betrachtet, konnte man an der durch Kupfer¬ 
chlorid prSparierten Spritze keine VerSnderung erkennen; wenn man die 
Glaswaud indessen mit der Lupe besah, so befand sich auf der Innen- 
seite des gl&sernen Tubus ein feiner, gelblichbrauner, schleierartiger 
Ueberzug. 

Einen 2. Versuch maebte ich mit Glaspulver: Glaspulver wurde 
gewaschen, getrocknet und gewogen. Es waren 25,8 g. Diese Menge 


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Centralbl. f. Baku etc. I. AbU Originate. Bd. 87. Heft 4. 


trug ich in 20 cctn einer 1-proz. Kupferchloridlbsung ein. Nach 16 Std. 
hatte sich ein gelblicber Niederschlag gebildet, der zum Teil auch in 
der flberstehenden Fltlssigkeit suspendiert sein muBte, da diese nicht j 
bl&ulich, sondern grunlich erscbien. Nach dem Filtrieren, nachdem 
die gelben Suspensionen entfernt wareo, batte das Filtrat wieder die 
blBuliche Kupferchloridf&rbung angenommen; die Farbe war aber weniger 
intensiv als die der verwendeten Lbsung. Beira Vergleichen der F&rbuog \ 
ergab sich, daB ungefahr Vs des ursprQnglichen Kupfergehaltes aus der i 
Lbsung verschwuDden war, was, auf Kupfer berechnet, einer Menge von 
ca. 7,2 mg Co entspricbt Das Glaspulver wurde nun gewascben and 
getrocknet. Das getrocknete Pulver war von scbwach grflnblauer Fir- 
bung. Das 3. Waschwasser enthielt noch kleine, mit Ferrozyankalimn 
nachweisbare Kupfermengen. Von diesem imprfignierten Glaspulver 
bracbte ich je 1 g in 2 Glasschaichen, in die eine der beiden Schalen < 
goB ich 10 ccm einer Paratyidius-, in die andere die gleiche Menge einer 
M. aureus-Suspension. Jede Suspension enthielt 1 Platindse voll 
Bakterienkultur. 2 Kontrollsch&lchen wurden mit reinem Glaspulver and 
den gleichen Mengen Bakteriensuspension versehen. Nach 1 j 3 , l 1 /* und 
nach 7 Std. wurden aus alien 4 Schalen Platten angelegt. Die nach 
V, und 1V* Std. ausgestrichenen Platten ans den Kupferglaspulverschalen 
III zeigten ebenso tippiges Bakterienwachstum wie die Kontrollen, nach 
7 Std. waren aber die Keime unter der VVirkung des von Kupfer im- 
prSgnierten Glaspulvers abgestorben, w&hrend die Suspensionen der 
Kontrollschalen. Qber reinem Glaspulver ebensoviel lebenskrSftige Keime 
enthielten wie nach der 1. Std. Das mit Kupferlbsung behandelte Glas¬ 
pulver entfaltete somit ahnliche bakterizide Eigenschaften wie die mit 
Kupferldsung impr&gnierte Lfl hr-Spritze, nur trat die Wirkung etwas 
spater, nach 7 statt nach 2 Std., ein, was wohl damit zu erklaren ist, 
daB die Keimzahl in dem 2. Versuch grbBer war als im 1. 

Zu einem 3. Versuch verwendete ich Reagenzzylinder, in denen die 
Kupferchloridlbsung nur 6 Std. stehen blieb. Hierauf wurde die Kupfer- 
losung ausgcgossen und die Rohrchen 2mal mit VVasser gespQlt. Als 
Reagens dienten Reinkulturen von Typhus, Paratyphus und Vibrio 
cholerae El Tor. Die kupferimprSgnierte Glaswand der Reagenz¬ 
zylinder zeigte sich weniger wirksam als die der L 0 h r - Spritze. Para¬ 
typhus wurde gar nicht beeinfluBt, Typhus und Vibrio cholerae 
wurden erst nach 8 Std. zum Absterben gebracht. Die Bakterienmengen 
waren dieselben wie im Glaspulverversuch. Ich hatte den Eindruck, 
daB die Glasw&nde der Reagenzzylinder weniger kupferaffin sind und 
deshalb eine geringere desinfizierende Kraft entfalten. 

Um die Frage zu losen, ob bei den Glasimpr&gnierungsversncbeo 
meBbare Kupfermengen zur Wirkung kommen, hatte Herr Dr. Kieser 
in Beuel a. Rh., die groBe Freundlichkeit, genaue chemische Unter- 
suchungen nach dieser Richtung anzustellen. Er verwendete zn seinen 
Messungen Glaspulver und kam zu den im folgenden im Originalbericht 
mitgeteilten Ergebnissen: 

„Je 5 g eines groben, mit ziemlich feinen Teilen vermischten Glas¬ 
pulvers wurden mit je 50 ccm einer Vio-molekularen Losung, einer 
Vioo-molekularen und einer 7iooo' m °l e kularen Losung von Kupfersulfat 
iibergossen und im Schiittelapparat 2 Std. geschiittelt. Nach dem klaren 
Absetzen wurden 10 ccm herauspipettiert, mit 1 ccm Ammoniak (0,910) 
versetzt und im Konigsberger-Autenrieth-Kolorimeter mit den 
gleich behandelten Kupfersulfatnormallosungen verglichen. 


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v. Linden, £ntwickltmgshemmende Wirkung v. Kupfer-Glaeverbindungen. 313 


Nach weiterem 6-stflnd. SchQtteln wurde die Kupferbestimmung 
wiederholt. Es ergab sich folgendes: 


Einstellun g: 


1. Im Keil KupfermilfatlOeung (ammoniakalisch) in der Ver- 

gleichskuvette dieselbe Losung 7 

Nach 2 fetd. mit Glaapulver 23 

• 8 „ „ 24 

2. Im Keil ‘/too-mob (ammoniakalische) Losung, in der Kuvette die¬ 

sel be Losung 3 

Nach 2 fetd. mit Gla-pulver 42 

. 8 „ . 48 

3. Im Keil y i00 -mol. Losung von dimethylamidoeasigsaurem Kupfer, 

in der Kuvette die gleiche Ldsung 6 

Fiir die ‘/ t(m) mol.-Losung eriibrigt sich die Meesung, da alles Cu 
aufgenommen war (vgl. nacht-te Seite) 

Die 1-proz. Losung 6 fetd. mit Glaspulver geschuttelt 8 


Durch Dekantieren nnd auf dem Filter warden die Glaspulver mit 
kaltem Wasser ausgewascben. Dabei verlor sich bei dem mit Dimethyl- 
glykokollknpfer behandelten Glaspulver die Kupferreaktion im Filtrat 
sehr rasch, nicht dagegen bei den beiden anderen. Das Filtrat reagierte 
mit Ferrozyankalium sehr deutlich und bei jedem Wasserwechsel in nahe 
der gleichen Intensity, bei der y 10 -mol. Lbsung starker als bei der mit 
Viooe'tDol. Lbsung behandelten. Nach lOmaligem Aufgeben von je etwa 
30 ccm Wasser wurden die Pulver getrocknet. 

Die beiden ersten Pulver waren auf dem Filter schwach deutlich grau- 
grfln, und zwar die mit der 7ioo*L8sung behandelten Portionen deutlicher. 
Bei der mit y i000 -Ldsung behandelten Probe war die Farbe sehr schwach, 
aber erkennbar; bei der mit dem organischen Kuplersalz behandelten 
war die Farbanderung unsicher. Beim Befeuchten mit neutraler Ferro- 
zyankaliumlbsung gaben die mit Sulfat behandelten 3 Proben nahezu gleiche 
nnd recht intensive Ferrozyankupferfarbung, die mit Dimethylglykokoll- 
knpfer behandelte dagegen nur schwache, aber deutlich erkennbare 
Firbung. 

Die mit y i000 Kupfersulfat behandelte Probe gab schon nach 2 Std. 
SchtlUeln in der ReaktionsflQssigkeit keine Ferrozyankupferreaktion mehr; 
es war alles Kupfer adsorbiert. An Wasser, das 6 Std. damit geschflttelt 
wnrde, wurde kein Kupfer abgegeben, ebensowenig beim Auswaschen 
auf dem Filter. 

Auf 1 g Glaspulver berechnet war Cu aufgenommen: 


1. Aub der V 1# -Loaung nach 2 Std. :\ 0 0380 CuS0 4 = 0,0152 Cu 
» « ho » » ° » J 

2 - „ 7* „ ,, 2 „ 0,(096 „ „ =0,0385 „ 

8 „ 0,0122,, „ =0,0400 „ 

1000 „ „ 2 „ 0,0025 „ „ =0 0100 „ 

hmethylglykokollkupferloBuug nach 6 Std.: 0,00079 = 0,00016 Cu. 


Es kann folgender SchluB aus den Versuchen gezogen werden: Die 
Anfnahme des Kupfers erfolgt zum Teil durch Adsorption; dieser Teil 
ist aufierordentiich fest mit dem Glaspulver verbunden und wird beim 
Auswaschen nicht mehr abgegeben — zum grbBeren Teil jedoch durch 
chemische Umsetzung mit den Bestandteilen des Glases uuter Bildung 
nines schwer, aber keineswegs unloslichen Kupfersilikates. Dasselbe 
nesitzt jedenfalls eine grbBere Lbslichkeit als Ferrozyankupfer. 


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314 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heit 4. 


Es zeigt somit die Kiesersche Untersuchung, daB es sich bei der 
ImprUgnierung des Glases mit Kupfer um die Aufnahme ganz erheb- 
licher Kupfermengen handelt, die in einer Form im Glase fixiert werden, 
in der sie, weun auch auf einmal nur in kleinen Mengen, an Wasser ab- 
gegeben werden und diesem lange Zeit hindurch (bzw. auch neuen 
Wassermengen) bakterizide Eigenschaften verleihen kOnnen. Durch die 
Kieserscken Feststellungen war nun auch ein MaBstab gegeben, um 
die bakterizide Wirkung der von den Bestandteilen des Glases auf- 
genommenen und an dieses abgegebenen Kupfermengen mit anderen 
Kupferpr&paraten zu vergleichen. Es konnte jetzt entschieden werden, 
ob tatsachlich den im Glas entstehenden Kupferverbindungen eine 
grdBere bakterizide Wirkung zuzuschreiben ist, als bisher geprflften 
Kupfersalzen. Ich priitte die entwicklungshemmende bzw. abtotende 
Wy-kung je von 1 g der verschiedenen Glaspulver gegen Typhus und 
gegen Choleravibrionen. Es ergaben sich filr die genannten Bakterien 
die folgenden Abtdtungszeiten: 


1 . Glaspulver */ l0 CuS0 4 totet Typhus 1 mg Bakteriensubstanz in 10 ccm Wasser 58td 

Ein wirkungsdauer 

„ Vio » ,i Cholera (El Tor) 1 mg Bakteriensubstanz in 10 can 

Wasser 1 Std. Einwirkungsdauer 

2. „ ‘/ im) „ „ Typhus 1 mg Kultur in 10 ccm Wasser 5 Std. 

,, Vioo *> „ Cholera (El Tor) 1 mg Kult. in 10 ccm Wasser 1 Std. 

3. „ V.ooo •> „ Typhus 1 mg Kultur in 10 ccm Wasser 5 Std. 

» 7 1003 » »» Cholera (El Tor) l mg. Kult. in 10 ccm Wasser 1 Std. 

4. „ 7,0, Dimethylglykokollkupfer tbtet Typhus 1 mg Kultur in 10 oca 

Wasser 24 Std. 

„ 7,oo „ „ „ Cholera (El Tor) 1 mg Kultur 

in 10 ccm Wasser 1 Std. 


Bei den Glaspulverproben 1—3 schwaukt der Kupfergehalt nach den 
Kieserscben Bestimmungen zwischen 15 and 1 mg, trotzdem der Effekt 
bezuglich der Abtotungszeit derselbe ist. Es ist anzunehmen, daB von 
dem Wasser, das die Bakterienaufschwemmung enthalt, gleiche Mengen 
Kupfersalz gelost werden, einerlei, ob der Kupfergehalt des Glaspulvers 
groBer oder kleiner ist. VVenn wir mit der kleinsten in 1 g enthaltenen 
Kupfermenge von 1 mg rechnen, so wQrde das, in 10 ccm Wasser ge- 
I5st, einer Kupferkonzentration vou 1: 10000 entsprechen, einer Kon- 
zentration, von der ich bei meinen friiheren Versuchen als h6chste 
ausgegangen bin. Wir kommen indessen zu der Annahme eines viel 
geringeren Kupfergehaltes des die Bakterienaufschwemmung enthaltenden 
Wassers, wenn wir dieses der Ferrozyankaliumreaktion unterwerfen. 
Wahrend Kupfersalzlosungen noch bis 1:10000 deutliche Rotfarbung 
zeigen, war bei dem von Glaspulver und Bakterienuiederschlag ab- 
gegossenen Wasser nur eine schwache rStliche Verfarbung wahrzunehmen. 
Am folgenden Tag hatte sich in den die Fliissigkeit enthaltenen Reagenz- 
giasern ein sehr dilnner, braunroter Bodensatz gebildet, der in simt- 
lichen Giasern ziemlich gleich voluminSs erschien und der einer Kupfer- 
konzentration von ca. 1:60000 entsprechen diirfte. 

DaB es sich andererseits um eine groBere Kupfermenge handelt all 
in Probe 4, wo der Kupfergehalt ‘/io nig betrhgt, zeigt die viel geringere 
bakterizide Wirkung des mit Dimethylglykokollkupferlosung impragnierten 
Glaspulvers. Es ist daher anzunehmen, daB die im Wasser gelostfl 
Kupfermenge in Probe 1—3 zwischen 1:60000 und 1:100000 gelegen 
ist. Die Kupfermengen, die vom Glas aufgenommen und an Wasser 
abgegeben und die Bakterizide des impragnierten Glases bedingen, be* 


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Reichert, Eine neue Methode zur Bestiuimuug der Konzentration etc. 315 


tragen somit gut meBbare Mengen. Ihre Wirkung ist den anderen von 
rnir geprQften Kupfersalzen nicht iiberlegen. Das iiberraschende Ph5- 
nomen der mit Kupfer imprfignierten und bakterizid gewordenen Glas- 
gefaSe koinmt dadurch zustaude, daB die in der Glaswand eutstandenen 
Kupferverbindungen, wenn sie mit Wasser in Berflhrung koinmen und 
geiost werden, eine verduonte Kupfersalzlosung bilden. Diese verdiinnte 
Kupferlosung kann in ein anderes GefaB tibertragen werden, auch hier 
die Glaswand wieder impragnieren und auch diesem GefiiB, nur viel- 
leicht in geringerern Malle, bakterizide Eigeuschaften verleihen. Denn 
auch hier wird eingelulltes Wasser das in der Glaswand enthaltene 
Kupfersalz aufnehmen. Dieser ImprSgnierungsprozeB wird so lange weiter 
geffihrt, als in dem Wasser noch Kupfer enthalten ist, das von der 
Glaswand adsorbiert werden kann, oder als wasserlosliche Verbindung 
chemisch aufgenommen wird. 

Es kommen danach wenigstens fflr die in diesen Fallen flber- 
raschenden Wirkungen mit Kupferlosung impragnierten Glases keine 
anderen Erklarungen in Betracht als die, welche fur die Wirkung hoch 
verdflnnter gelSster chemischer Korper gelten. 

Literatur. 

'■'? 1) Pfeiffer, H., u. Kadletz, H., Ueber die oligodynamische Wirkung ver- 

dunnter Kupfersalzlosungen. (Wien. klin. Wochenschr. Bd. 30. 1917. 8. 1221.) — 
2) Baumgarten, A., u. Luger, A, Ueber die oligodynamische Wirkung von Metalien 
auf Fermente. (Ebenda. 8. 1222.) — 3) Dies., Ueber die Wirkung verdiinnter Metall- 
losungen auf Diastase. (Ebenda. 8. 1224.) — 4) Saxel, Ueber die keimtotende Fern- 
wirkung von Metalien. (Ebenda. 1917. Nr. 23.) — 5) Ders., Ueber die keimtotende 
Fern wirkung von Metalien und Metallsalzen. (Ebenda. 1917. Nr. 28.) — 6) Grafin 
?. Linden, E x peri mentalforschun gen zur Chemotberapie der Tuberkulose mit Kupfer- 
ind Metbylenblausalzen. (Leipzig [Kurt Kabitzscb] 1920, u. Beitr. z. Klin. d. Tuberk. 
Bd. 37,40,43,44.) — 7) Dies., Die entwicklungshemraende Wirkung von Kupfersalzen 
auf krankbeiterregende Bakterien. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ong. Bd. 85. 1920. H. 2.) 


Nachdruck verboten. 

Eine neue Methode zur Bestimmung der Konzentration 
der Hammelblutkorperchenaufschwemmung fiir die 
Wassermannsche Reaktion. 

[Aus dem Hygienischen Institut der UniversitSt Jena.] 

Von Dr. Fritz Reichert. 

Die in der Sonderbeilage zu den VerSffentlichungen des Reichs- 
gesundheitsamtes. 1920. Nr. 46. gegebene Anleitung liir die AusfUhrung 
der Was sermann schen Reaktion bestimmt, daB die Hammelblut- 
kSrperchenaufschwemmung stets von der gleicheu Dichte sein und 
durch Mischung von 1 ccm Bodeusatz und 19 ccm 0,85-proz. Kochsalz- 
lOsung hergestellt werden muB. Die Forderung, immer mit derselben 
nnd in alien Unteisuchungsanstalten gleichmSfiig hergestellten Blut- 
kSrperchenaufschwemmung zu arbeiten, ist zweifellos von erheb- 


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316 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originaie. Bd. 87. Heft 4. 


licher Wichtigkeit fflr die Genauigkeit der Wa.R. Doch bereitet 
die Uerstelluug eines stets gleichmaBigen Zentrifugats der BlutkQrperchen 
durch das Auswaschungsverfahren ganz betrachtliche Schwierigkeiten. Die 
Konzentration des Bodensatzes hangt ab von der Dauer des Zentrifugierens, 
der Tourenzahl der Zentrifuge, der Form der Robrchen, der Geschwin- 
digkeit des Anhaltens, eiDem etwaigen Aufschfltteln beim Abgieflen der 
ubersteheuden Kochsalzlosung und von dem nach dem Abgiefien noch fiber 
dem Zentrilugat zuruckbleibenden Rest von Flflssigkeit, der sich nicbt mit 
Sichei licit abpipettieren lflfit. Die die Dichtigkeit bestimmenden Eintlfisse 
siud daber so zablreich und so unberechenbar, dafi die Herstelluag 
eines stets gleichmaBigen Bodensatzes bei dem allgemein geiibten Vor- 
geben kaum durchfuhrbar ist. 

Wir haben uns daher beniiiht, eine exakte Metbode zur Erzielungeiner 
gleichmaBigen Aufschwemniung auszuarbeiten. Die Methode beruht auf 
kolonnietrischen Grundsfltzen. Wir stellten uns durch Verdflnnen einer 
abgemessenen Menge von gewascbenen Hammelblutkorperchen mit Aqua 
dest. eine Losung von hamolysiertem Blut her, die im Farbton der 
Serumkontrolle einer nach den Reichsvorschriften ausgefflhrten Wa.R. 
glich. Dann wurde in einem 2. Robrchen zur gleichen Menge von ge- 
waschenen Hammelblutkorperchen zuerst Aqua dest. bis zur vollstfin- 
digen H&molyse, dann 2 Proz. IICl bis zur Braunf&rbung und schlieB- 
licb wieder Aqua dest. hinzugefflgt, bis in Summa die Kubikzentimeter 
Menge des I. RQhrchens erreicht war. Die 2. Lflsung enthielt mithin 
eine der Hflmoglobinmenge der 1. genau entsprechende Menge an salz- 
saurem H&matin. Diese Losung flndert, luftdicht abgeschlossen auf- 
bewahrt, beim Stehen ihre Farbe nicht. Fflr unseren Zweck befindet 
sie sich in einem Rohrchen, das eine bestimmte Weite des Lumens, eine 
bestimmte Wanddicke und Glasfarbe hat. Dies benutzen wir, geradeso 
wie es beim Sahlischen Verfahren der Hflmoglobinbestimmung im Blut 
fiblich ist, als Standardrohrcben in folgender Weise: Von der Masse 
der gewascbenen Hammelblutkflrperchen, die zur Anstellung der Wa.R. 
hergestellt ist, wird eine kleine Menge (0,1—0,3 ccm) mit Aqua dest. 
und 2 Proz. HC1 ebenso behandelt wie vorber das Standardrflhrchen. 
Mit dem Hinzusetzen von Aqua dest. nach der Salzsflurezugabe wird 
aber diesmal so lange fortgefahren, bis der Farbton des Vergleichsrflhr- 
chens erreicht ist. Da die so entstandene Lflsung von salzsaurem Hi- 
matin langsam nachdunkelt, wird nach 30—40 Min. noch einmal HC1 
hinzugefflgt, bis wieder der Farbton des Standard hergestellt ist. Selbst- 
redend mufi diese Austitrierung in einem Reagenzglas des gleichen Ka- 
libers wie das, in dem sich die Standardflflssigkeit befindet, vorgenom- 
men werden. Urn eine mflglichst genaue Uebereinstimmung derFarbtfine 
in den zu vergleichenden Losungen zu erzielen, bedienen wir uns eines 
einfachen Apparates, Komparator genannt, beschrieben von Michaelis. 
[Michaelis, Die Prufung der Alkalitat in Nfihrbflden. (Zeitscbr. f. Im- 
munitatsforsch. T. I. Orig. Bd. 32. H. 2. S. 194).] Aus der Summe der 
Mengen des zu den Blutkorperchen hinzugetugten Aqua dest. und der 
HCl laBt sich durch Division durch die Menge der Hammelblutkflrper* 
chen leicht die Grofie der Verdunnung bestimrnen. Dann errechnet man 
die 5 fache Konzentration dieser Losung. Letztere ist erforderlich, da 
die fur den Wassermann herzustellende Blutaufschwemmung durch 
die 4 anderen Bestandteile der Reaktion auf das 5 fache verdflnnt wird. 

Beispiel: Zu 0,2 ccm gewaschener Hamnielblutkflrperchen seieu 
7,0 ccm aqua dest. und 4,8 ccm HCl hinzug> fflgt, bis Farbgleichheit 


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rtlumenthal, Universal pipette fur serologiache Arbeiten. 


317 


mit dem StandardrOhrchen eingetreten ist. Die erzielte Verdflnnung 
ist 1 :60. Die fflr den Wassermann erfor'erliche Blutkorperchen- 
aofschwemmung wird mitbin durch die 12-facbe Verdflnnung des eben 
titrierten Zentrifugates erreicht. 

Man kdnnte gegen diese Metbode nnr den einen Vorwurf erheben, 
dafi durch sie zwar eine Bestimmung der H&moglobinmenge aber nicht 
der Zahl der Erythrozyten ausgefQhrt wird. Da wir es bei unseren 
Versuchstieren aber mit gesunden, gut ernfihrten Individuen zu tun 
haben, dflrfte eine wesentlicbe Schwankung der Zahl der roten Blut- 
korperchen kaum vorkommen. Andererseits steht es wohl auch noch 
nicht fest, daB nur die Zahl der Erythrozyten die vom H&molysin 
za leistende Arbeit bestimmt. Es ist durchaus vorstellbar, daB zur 
Herauslosung einer grflBeren Menge Hemoglobins aus einem Erythrozyten 
eine st&rkere H&molysinwirkung erforderlich ist, als zutn Ausschwemmen 
einer kleineren Hflmoglobinmenge aus einem gleichen BlutkQrperchen. 
Bei dieser Vorstellungsweise wUrde der Menge des Hamoglobins die 
gleiche Bedeutung bei der Konzentrationsbestimmung der Blutkflrperchen- 
aufschwemmung zukommen wie der Zahl der Erythrozyten. Daher mOBte 
sich ein auch theoretisch fehlerloses Verfahren auf beide GrflBen 
stfltzen. Fflr den praktischen Gebrauch aber dflrfte oben genanntes 
Verfahren zweifellos ausreichend sein und die Genauigkeit der Aus- 
ffihrung der Wa.R. nennenswert erhohen. 


tfachdruck verboten. 

Universalpipette fiir serologische Arbeiten (speziell flir 
Wassermann-Untersuchungen mit l U Dosen). 

[Aus der serologischen Abteilung des Instituts fflr Infektionskrankheiten 
Robert Koch tt (Abteilungsdirektor: Geh. Rat Prof. Dr. Otto).J 

Von Dr. Georg Blumenthal, Assistant am Institut 

Mit 1 Abbildung im Text. 

Die nachstehend nflher beschriebene Feinpipette ist gekennzeichnet: 
1) durch Vioo ccm-Teilung fflr den Auslauf bis zu 0,5 ccm und 2) durch 
neuartige, sich von der Feinteilung durch tiefschwarze Striche und ebenso 
gef&rbte Zahlen deutlich abhebende 1 / i ccm-Einteilung, die bis zu 2 ccm 
durcbgefahrt ist. 

In den letzten Jahren hat sich in der Serologie, vor allem bei der 
Anstellung der W assermannschen Reaktion, aus Sparsamkeitsgrflnden, 
das Arbeiten mit sogenannten V 4 -Dosen allgemein eiugebflrgert und auch 
gut bewflhrt. Nachdem man die Original- Wassermann-Reaktion zu- 
nichst mit ganzen Dosen (d. h. jedes Reagens wurde auf 1 ccm auf- 
gefflllt) ausgefQhrt hatte, setzte man allmflhlich das Volumen aller Re- 
agentien auf je Vs ccm herab, urn schliefllich w&hrend des Krieges auf 
l U ccm herunterzugehen. Da nun bei Reihenuntersuchungen, im be- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 4. 


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sonderen bei der Wassermannschen Reaktion, dieselbe Menge von 
0,25 ccm von den meisten Reagentien, z. B. beim Einfflllen der Extrakt- 

und der SerumverdQnnungen, sowie beim Zu- 
^ setzen der 10-proz. Komplementverdflnnung, 

dauernd wiederkehrt, so werden die verschie- 
densten Pipetten mit l / 4 ccm*Teilung benutzt, 
deren Hauptfehler aber, abgesehen von ihrer Un* 
genauigkeit, in dem Mangel einer Feinteilung 
von Vioo ccm zur Abmessung kleinster Menges 
and in dem Feblen einer durch eine besondere 
Farbe deutlich von den Flfissigkeiten sich ab- 
hebenden Markierung lagen. 

Diesen Mfingeln hilft unsere Pipette voll- 
kommen ab. 

Sie besitzt ein Fassungsvermfigen von 2 ccm 
and ist daher etwas linger gebahen als die fib- 
lichen 1 ccm-Pipetten. Sie miBt 42 cm, paBt 
also in die flblichen PipettenkSsten bzw. rnnden 
HQlsen von durchschnittlich 46 — 47 cm Liage 
bequem hinein. Der Abstand von der Mfindung 
bis zum Beginn der Skala betrigt ungetahr Vs 
ihrer ganzen Lange, also etwa 14 cm, so d&8 
reicblicb Spielraum zum Aufsaugen vorhanden 
ist und noch 28 cm ffir die 8 Viertelteilungen, 
fQr jeden Viertelkubikzentimeter, also fiber 
3Vi cm, zur Verfflgung stehen. AuBerdem 
besitzt die Pipettenspitze eine Oeffnung von nor 
1 mm Durcbmesser, wfihrend das Mundstfick 
einen solcben von 3—4 mm aufweist, wodurcb 
die Fiassigkeit nur verhiltnismifiig langsam 
durch die Pipette ablaufen kann. Aus dieses 
Grfinden ist eine groBe Genauigkeit beim Pipet- 
tieren gewfihrleistet. Im Gegensatz dazu ist bei 
alien fibrigen Pipetten mit Viertelteilung das 
Verhfiltnis der Oeffnungen von Mundstfick nod 
Spitze ein grdBeres (durchschnittlich 1:2), so 
dafi sie wesentlich rascher laufen, und der Spiel¬ 
raum zwischen den einzelnen Abmessungen be- 
trfigt bei ihnen nur 9 mm bis hfichstens 1 cm, 
was natfirlich ihre Zuverlassigkeit auBerordentlich 
beeintrfichtigen muB. 

Eine sehr groBe Bequemlichkeit bietet ferner, 
wie bereits angedeutet, die an der Spitze ange- 
brachte Vioo-Feinteilung, dj e dj e genaue Pipet- 
tierung von kleinsten Mengen bis zu 0,01 ccm, 
wie bei den gewohnlichen 1 ccm - Feinpipetten, 
gestattet. Sie ist der Uebersichtlichkeit halber 
zum Unterschied von der anderen noch auBer- 
Fi fr 1 - dem angebrachten Einteilung farblos gehaltes 

und nur bis 0,5 ccm durchgeffihrt, da bei sero- 
logischen Untersuchungen und spcziell bei der Wassermannschea 
Reaktion in der Regel genauere Abmessungen grfiBerer Mengen von den 
einzelnen Reagentien kaum bendtigt werden. Man braucht z. B. bei der 






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Kasparek, Bemerkung zum Artikel „Ein praktisches Beageozglas“. 319 


Wasserm annscben Reaktion vora Serum durchschnittlich bei der 
PrDfung mit 3—4 Extrakten und doppelter Serumkontrolle je 0,25 bis 
0,3 ccni. 

Das Hauptcharakteristikum der Pipette stellt aber die 1 / i ccm-Teilung 
dar, die aus den schon oben erwflhnten GrQnden sehr genau arbeitet 
nod einheitlich durch die ganze Pipette durchgefuhrt ist. Zwecks 
raschester Erkennung sind zu ihrer Markierung schwarze Zahlen und 
ebenso gefSrbte Striche verwendet, die sich sowolil von der unten an- 
gebracbten Feinteilung als auch von jeder ikterisch oder blutig tingierten 
Fiflssigkeit gut und deutlich abheben. Diese schwarzen Stricbe sind 
noch zur Erleichterung der Ablesung bei den halben Kubikzentimetern, 
also bei 0,5, 1,0, 1,5 und 2,0 ganz urn die Pipette herumgeiiihrt, wShrend 
sie bei den dazwischenliegenden Abmessungan von 0,25, 0,75, 1,25 und 
1,75 die ilbliche Lange von etwa l / 8 Pipettenumfang besitzen. 

Was nun zum SchluB die Kosten einer solcben Pipette*) anlangt, 
die, wie aus den obigen Ausfilhrun gen hervorgeht, die 
Vorzflge der 1 ccm-Pipette mit mit 

denen der Pipette mit l / 4 ccm-Teilung in sich vereinigt, 
so hat sich doch erreichen lassen, daB sie verh&ltnism&Big niedrig be- 
messen werden konnten. Denn die Mehrkosten fflr Glas und Farb&tz- 
material werden durch die etwas geringere Anzahl der Einzelgraduierungen 
wieder kompensiert. So ist der Preis der neuen 2 ccm-Pipette derselbe 
wie der einer gewohnlichen 1 ccm Pipette und auch aus diesem Grunde 
ihre Anschaffung als Ersatz fflr 1 ccm-Pipetten sehr zu empfehlen. 


Nachdruck ve/boten. 

Bemerkung zum Artikel „Ein praktisches Reagenzglas“. 

Von Prof. Dr. Theodor KaSparek, Prag. 

In Heft 7/8. Bd. 86. 1921 des Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. be- 
merkt For net: „In letzter Zeit hat Kasparek ein fihnliches Reagenz- 
glas angegeben, dieses jedoch durch eine besondere Einkerbung unnbtig 
kompliziert u . Dieser Bemerkung wflrde ich sonst keine besondere Be- 
achtung schenken, wenn ich nicht noch nachtriiglich nach der Beschrei- 
bung meines Reagenzglases im Jahre 1917 (1) auf eine andere An wen- 
dung dieser Einkerbung, welche als OefTnung fflr den fflr die Kultur 
ootwendigen Luftzutritt und fflr den beim Stcrilisieren entweichenden 
Dampf dienen sollte, gekommen ware. Dies besteht darin, daB die 
spitze, etwas scharfe Kante der Einkerbung die Glaskappe am Reagenz- 
glas durch Drehen derselben unter leichtem Drucke festhalt. 

Da sich, zum Unterschiede vom Schillschen (2), mein Reagenz- 
glas aus gewdhnlichen Reagenzglflsern leicht und billig in jedem Labo- 


1) Die patentamtlich gegchiitzte Pipette wird von der Firma F. u. M. Lauten- 
•chl&ger, Berlin, Luiaenstr. 49, hergestellt 


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320 


CentralbL f. Bakt etc, L Abt. Originate. Bd. 87. Heft 4. 


ratorium herstellen l&Bt, ist es schon in vielen Laboratorien in Gebranch. 
Wie ich erst nachtrfiglich erfahren hatte — da es keinen Musterschutz 
besitzt — wurde es w&hrend der in den letzten Jahren herrschenden 
Wattenot zu Tausenden bestellt und fand auch in Amerika, wo ich es 
vor kurzer Zeit in mehreren Laboratorien demonstrate, Anklang. Die 
einzige Schwierigkeit bei seiner Anwendung in den Laboratorien be- 
stiinde vielleicht darin, daft die fiblichen Reagenzglisergestelle etwas 
niedrig sind. Diese kdnnten durch Fornetsche Gestelie ersetzt werden. 

1) Kasparek, Th., Ein einfacher Reagenzr5hrchenverachlufi ohne Watteatopfen. 
(CentralbL f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 79. 1917. S. 318.) — 2) Bchill, Beitrage zur 
bakteriolog. Techmk. (E bend a. Bd. 10. 1891. IS. 657.) 


Inhalt. 


Bdla, Johan, Beitrage zor Biologie des 
Bacillus pyogenes anaerobius. 
Mil 2 Abbildungen im Text, 8 . 2‘jO. 

Bender, Willy, Ein Fall von 8eptikamie 
bei einein iSaugling, hervorgerufen durch 
das Bacterium lactie aerogenes, 
S. 289. 

Blnmenthal, Georg, Universalpipette fur 
serologische Arbeiten (speziell fiir Was- 
Berman n- LJnteniuchungen init l / 4 Dosen). 
Mit 1 Abbildung im Text, 8. 317. 

Frieber, Walther, Beitrage zur Frage 
der indolbildung und der Indolreak- 
tionen sowie zur Kenntnis des Ver- 
haltens indolnegativer Bakterien, 8. 254. 

Gildemeister, E., Ueber Variabilitats- 
erncheinungen bei Vibnonen. Mit 11 Ab- 
bildungen im Text, 8. 241. 

Xalkbrenner, Beitrage zur Biologie des 
IniluenzabazilluB, 8. 277. 


Basparek, Theodor, Bemerkung rum 
Artikel „Eiu praktischea ReagenzgUa*, 
S. 319. 

▼. Linden, Grftfln, Entwicklungshem- 
mende Wirkung von Kupter-Cilasverbin- 
dungen auf das Wachstum von Bak- 
terien, S. 310. 

ZiipschhtB, B., Der Zellkern als Virus- 
trager. (Die Karyooikongruppe der 
Chlamydozoa-Strongyloplasmen), 8. 303. 

Oehler, Bud., Wirkung von tiakterien- 
giften auf Ziiiaten, 8. 302. 

Freues, Man, Epidemiologische und mor- 
phologische Influenzabazdienstudien aoi 
dem Ende der letzten Paudemie, 8. 283. 

Beiohert, Frits, Erne neue Method* 
zur Bestimmung der Konzentration der 
Hammelblutkorperchenaufschwemmung 
fur die Waseermannsche Reakiioo, 
8 . 315. 


Frommannache Buchdruokerei (Hermann Pohle) in Jena. 


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CntralU. f. Bah. ate. I. Abt Orijioale. Id. 87. Heft 5. 

Ausgegeben am 17. Dezember 1921. 


Naohdrude verboten. 


Beobachtungen liber das Auftreten von Diphtheric in einer 

Erziehungsanstalt. 

[Aus dem Hygienischen Institut der Universit&t Jena.] 

Von Dr. Helmut Gaumitz. 


In einer Erziehungsanstalt fur geistig abnorme Kinder in der Nfihe 
einer mitteldeutschen Stadt batten sich von Ende M5rz 1918 bis zur 
Uebernahme dieser Arbeit im Februar 1919 33 Diphtherief&lle aneinander- 
gereiht in einer Kette, die 2mal durch je eine 2 monatige Pause unter- 
brochen wan Bei den verwickelten VerhSltnissen des Zusammenlebens 
in dieser Anstalt war fiber den Gang der Infektionen bisher kein klares 
Bild zu gewinnen gewesen. Abstrichuntersuchungen groBerer Anzabl von 
Anstaltsbewohnern waren auf Veranlassung des Anstaltsarztes 1918 nur 
3mal vorgenommen worden (Ende April, Ende Juni und Ende Oktober), 
ohne die Gesamtheit systematisch zu erfassen, und hatten hierbei auch 
drei Bazillentr&ger ergeben, die aber bei mehrmals wiederholter 
Untersudhung nicht konstant positiven Bazillenbefund zeigten. Als der 
Januar 1919 noch kein Ende der Epidemie brachte, diese sich jetzt aber 
anf ein einzelstehendes Haus der groB angelegten Anstalt (Mfidchenheim) 
beschrankte und dort Bazillentrfiger zu vermuten waren, liefi das Hy- 
gienische Institut Abstrichuntersuchungen in ganz kurzen Zeitabstfinden 
(hdchstens bis zu 1 Woche) vornehmen. Hierbei fand sich nun bis 
Mitte Februar 1919 eine grfifiere Zahl von Bazillentrfigern (5), 
darunter auch Pflegerinnen und Lehrerinnen der Anstalt, die durch ihr 
nSheres Zusammenleben mit vielen Zdglingen diese besonders zu ge- 
fahrden schienen. 

Die genaue Erforschung der Zusammenh&nge in dem Auftreten der 
Diphtherie wurde Ende Februar 1919 dem Verfasser fibertragen. 

Entsprechend den allgemeinen Erfahrungen bei Diphtberieepidemien 
in Anstalten, war die Hauptschuld an der Weiterverschleppung, vielleicht 
auch an der Entstehung der Diphtherie, in dem Vorhandensein von Ba- 
zillentrfigern zu suchen, mit deren Unschfidlichmachung die Epidemie 
erloschen mufite. Auch die vorliegende Epidemie ist ein Beisp^iel ffir 
die ausschlaggebende Rolle der Bazillentrfiger an der 
Weiterverbreitung der Diphtherie. Doch handelte es sich bei 
ihr um ganz eigenartige und besonderS verwickelte Verhfiltnisse, die auch 
besondere Methoden der Untersuchung und BekSmpfung erforderten. 
Zur Beurteilung mull daher erst auf die Besonderheit der VerhSltnisse 
etwas nfther eingegangen werden. 


Bei der Anstalt handelte es sich um ein parkartiges Gruudstiick, in dem t> 
grdfiere Gebaude und 3 kleinere Nebengebaude errichtet waren. Von den grdtieren 
waren 4 durch iiberdachte, ummauerte G&nge innerlich miteinander verbunden: 1) das 
Hanptgebaude (enthaltend Buros, die Wohnung der Direklorfamilie, Bpeiscsale und 
Kuche, Schlafsale fur die grbfieren Knaben, Einzelzimmer und Kebenraume), 2) das 
Turnhallengebaude, kurz Turnhalle genannt (ein Turnsaal, 2 Schlafsale, 


KnU Abt. OH*. Bd. 87. 

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Heft 5. 


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322 


CentralbL f. Bakt. etc. L Abt Original©. Bd. 87. Heft 5. 


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1 kl ernes Zimmer, 1 Emzelzimmer a. N. entbaltend), 3) das sogenannte Knabenhau- 
(ohne Beziehung zur Epideniie), 4) das Schulbaus mit den Klassenzimmern fur den 
Unterricht. Durch breiten Gartensireifen getrennt, stand dan Madchenheim (mit 
Schlaf- und Spielzimmern ftir die kleinen Knaben und fur die Madchen, mit Einzel- 
zimmern, Speiseraum und Ncben rau men). In seiner Nahe, aber im Verkehr von den 
anderen Gebauden abgeschlossen, lag das Wirtschaftsgebaude; zieoilich abseits 
standen die Ncbengebaude: das Pfleeeneim (fiir besonders gepflegte und kranke Kinder t 
ein kleines Sonderbaus und die Gartnerei. Die Verbindung zwischen Turnhalle— 
Knabenhaus—gchuLbaus wurde nicht benutzt 

Diese Verteilong der Gebaude war fOr die Untersucbong von groBter 
Wichtigkeit, denn sie gab verschiedene Gelegenheiten zum Zu- 
saramentreffen der Bewobner der EinzelbUuser. 

An 3 Punkten trafen die Bewobner von Hauptgebaude, Turnhalle 
und Madchenheim zusammen: 1) bei der Andacht im Turnsaal, 2) bei 
den groBen Mahlzeiten (mittags, znm Teil auch abends) im Hauptgebiude. 
3) zum Schulunterricht im Schalhaus. Damit waren aber die Ueber- 
tragungsmdglicbkeiten noch nicht erschbpft, sondern es kamen noch drei 
Gruppierungen der Zdglinge in Betracbt: 1) das gemeinsame 
Schlafen in verschiedehen Schlafraumen mit bestimmter Bettordnnng 
und mitschlafender Aufsichtsperson, 2) der gemeinsame Unterricht 
in verschiedenen Klassenzusammenstellungen mit verschiedenem Lehr- 
personal, und 3) die Zusammenfassung w&hrend des Tages in 
sogenannte Gruppen mit wieder anderer Zusammenstellang nod 
anderem Aufsichtspersonal, das von Zeit zn Zeit wechselte. Eine be- 
sondere Komplikation bedeutete es, daB diese Zusammenstellang hSofig. 
oft innerbalb Wochen, sich Snderte; besonders die Schlafordnnngen 
wechselten Qfters, gewohnlich nach den Ferien, aber abgesehen davon. 
auch auf Grund von Anordnungen zur Bek&mpfung der Epidemie. Im 
ganzen herrscbte ein sehr enges Znsammenleben aller miteinander. 

Zu diesen mannigfacben Beziehungen trat hinzu die Eigenart der 
Zdglinge, die in uberwiegender Zahl geistig abnorm und znm groBen 
Teil auch korperlich debil waren: Unsanberkeit war ziemlich bdufig, in 
4 Fallen von Keimtr3gern (1 Erkrankung, 3 Bazillentrager) ganz stark 
ausgepr&gt, z. B. die Bazillentr3gerin A. F. mit dem lingsten positiven 
Befund (18 Monate) war nicbt an einen geregelten Gebrauch des Taschen- 
tuches zu gewdhnen; andere waren von pathologisch Obertriebener ZSrt- 
lichkeit zueinander: ausgepr3gt bei 4 Fallen, die erkrankten, und bei 

2 Bazillentragern. Bei emem Bazillentrager (B.) traf Unsauberkeit und 
Zartlichkeit zusammen; ein Zogling, der aus einem Erkrankten ein 
Dauerausscbeider von 13 Monaten wurde, hatte die Gewohoheit, alles in 
den Mund zu stecken. 

FQr die hygienischen Notwendigkeiten einer Epidemie war bei solcben 
Zoglingen kein Verstandnis zu erwarten; der Erfolg der Bekampfung las 
ganz in der Energie und Geschicklichkeit des Aufsichtspersonals und 
bing ab von der Klarheit und Entschiedenheit der Anordnungen. Ancb 
hierbei ergaben sich durch die Besonderheit der Anstalt Schwierigkeitec. 
Auf solche Vorkommnisse nicht vorbereitet, muBte Lehr-, Aufsichts- und 
Dienstpersonal erst in die Anfgabe hineinwachsen; erst Ende des Jabres 
1919 war das voile Verstandnis fiir die Notwendigkeit durchgreifender 
MaBnahmen vorhanden. So wurde die ini Januar 1919 begonnene syste- 
matische Untersuehung aller in Frage koinmenden Personen in kurzen 
Zeitabschnitten bereits im Mai wieder uuterbrochen und trotz Mahnungen 
erst bei neuen Erkrankungsfiillen im September 1919 wieder anfge- 
noinmen. wiibrend bereits im Juli einige Erkrankungen und im AnschlnB 

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Ga|umitz, Auftreten von Diphtherie in einer Ensiehnngeanstalt. 


323 


daran 3 BazillentrSger neu festgestellt waren, die dann nicht in Zu- 
sammenhang mit der ganzen Epidemie gebraclit werden konnten. 

Bei diesen Julifailen waren auch infolge des Wechsels von Lehr- 
und Aufsichtspersonal keine allgemeinen Beziehungen zu erforschen. 
Eine sebr verdachtige Bazillentragerin war gerade deni Abstrich entzogen 
worden; anch spater kamen noch bisweilen unliebsame Ausnahmen vor. 
Die Abbangigkeit aller Beobachtungen und FeststelImogen von den Aus- 
sagen anderer war ausschlaggebend fQr die ganze Zeit vom Marz 1918 
bis Februar 1919, die vor Uebernahme der Untersuchung durch den 
Verfasser lag. 

Handelte es sich auch urn eine geschlossene Anstalt mit Internat, 
so ffihrten doch einige Beziehungen nach auderhalb. Gab es 
doch einige wenige Zdglinge, die zwar ira Institut wohnten und alien, 
aber teilweise in der Stadt unterrichtet wurden. Das Lehrpersonal lebte 
teils in der Anstalt, teils kam es taglich aus der Stadt heraus. Auch 
fflhrten Besorgungen oder Spaziergange alle Institutsbewohner in die 
Stadt und ibre Umgebung. Durch das dauernde Gehen von Erkrankten 
and Kommen von Genesenen ergaben sich Beziehungen zur Diphtherie- 
isolierstation der Stadt. Einige Anstaltsbewohner wechselten ihren Ort 
vortlbergehend durch Reisen; Zu- und AbgSnge von Lehr-, Dienstpersonal 
and Zdglingen kamen vor, wodurch an neue Aloglichkeiten der Infektion 
zn denken war. Zu diesen Schwierigkeiten, bedingt durch Lage der 
Anstalt, Anordnung der Gebaude, durch die KombinationsmSglicbkeiten 
in den verschiedenen Gruppierungen, die Eigenart der Zoglinge und 
die Art der Materialsammiung kamen solche bei der Bekampfung der 
Epidemie durch Isolierung und Desinfektion, auf deren Notwendigkeit 
noch kritisch eingegangen wird. Ibre AusfQhrung wurde erschwert durch 
Mangel an Raumen und Personal, zum Teil auch an Verstandnis. 

Ebeuso standen der langst wQnschenswerten Entfemung von viru- 
lenten Bazillentr8gern Schwierigkeiten entgegen, die erst die harte Not¬ 
wendigkeit beseitigte. Diese Besonderheiten der Anstaltsepideraie machen 
den Fall aber gerade interessant und lehrreich. 

Auch die Zeitumst&nde waren von Einflufi auf die Untersuchung 
and BekSmpfung. Zwang bereits im Kriegsjahr 1918 der Mangel an 
Knlturmaterial zu Beschrankungen bei den Abstrichen, so 
brachte auch der Frieden nur teilweise Besserung. Daher wurden aus- 
schliefilich Rachenabstriche gemacht, deren Zahl im ganzen an 
die 1000 reicht, obwohl Langer (1) fQr Enduntersuchungen die kul- 
tnrelle Verarbeitung von Nasen- und Rachensekret gleichzeitig als ab- 
solut notwendig fordert und Seligmann (2) einige Falle anfiihrt, die 
positives Nasensekret aufweisen bei negativem Rachenabstrich. Nachteile 
der BeschrAnkung auf Rachenabstriche habe ich jedoch nicht bemerkt. Auch 
die Vornahme von Tierversuchen zur VirulenzprUfung muBte 
anf das unbedingt Notwendige beschrankt werden. 

Die besonderen Methoden, die trotz der verwickelten Lage 
der Dinge alle nur mogliche Klfirung der Verhaltnisse herbeifflhrten und 
die Grundlage einer tatsachlich erfolgreichen Bekampfung gaben, sollen 
bier angegeben werden, da sie fQr jede Art ahnlich verworrener Ver¬ 
haltnisse mit entsprechenden AbQnderungen zu genugen scheinen: 

I. Erstens wurde ein Plan des GrundstQckes mit Lage der 
GebSude hergestellt, in den die verschiedenen Moglichkeiten des Zu- 
sammentreffens der Bewohner aus den einzelnen GebSuden eingezeichnet 
wurden. 


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2 \ * 

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324 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originale. Bd. 87. Heft 5. 


II. Zweitens wurde eine Liste der Erkrankten, chronologisch 
nach dem Tag der ersten Krankheitszeichen, angelegt mit folgenden, 
alle Beziehungen erschOpfenden Spalten: 

1 ) Laufende Nummer. 

2) Vor- und Zunahme, Alter, Stand, besondere Eigentumlichkeiten. 

3) Datum 1 ) der ersten Krankheitszeichen und Angabe, in welchem Haus uod 
Zimmer diese festgestellt wurden. 

4) Datum des deutlichen Ausbruchs als Di. und Haus- und Zimmerangabe zu 
diesem Datum. 

5 ) Resultate aller Racbenabstriche und Tierversuche, chronologisch. 

6 ) Zeit und Ort der Behandlung der Di. mit genauer Zeit&ngabe des AufenthalU 
in bestimmten Zimmern, wann und wo isoliert, wann im Krankenhaus. 

7) Tag des Ausgangs der Krankheit oder Entlassung als gesund mit Angabe, wo- 
hin entlassen, wann in die Anstalt zuriick, und in welches Zimmer. 

8 ) Angabe von Wohnhaus, Speisesaal und Schlafsaal bis zur Erkrankung, wie 
lange aiese benutzt wurden, notigen falls welcher vorher benutzt wurde. 

9) Namentliche Angabe der Schlafgenossen und Schlafaufsicht, mit deren Bazilla* 
befunden zur Zeit der Erkrankung oder deren eigenem Erkrankungsdatum. 

10) Ort und Klasse des Schuibesuchs, ob lnterner, namentliche Angabe der Klassen- 
genossen und Lehrer, mit deren Bazillenbefunden wie 9. 

11 ) Gruppenzugehorigkeit mit namentlicher Angabe der Qruppengenossen trod 
Gruppenaufsicnt usw. 

12) Pflegerin, Kindergartnerin, Dienstpersonal des Schlafsaals bis zur Erkrankung. 

13) Pflegerin und Pflegepersonal wahrend der Erkrankung in der Anstalt. 

14) Bemerkungen. 

III. Eine Liste der BazillentrSger und Dauerausschei- 
der mit besonderer Anlage: 

Spalte 1. Laufende Lummer. 

„ 2. Vor- und Zuname, Alter usw. 

„ 3. Stand und Angabe, seit wann dberhaupt in der Anstalt. 

In Spalte 4—11 waren alle Angaben durchgehend zeitlich genau 
begrenzt, also 

Spalte 4. In der Zeit von — bis? 

„ 5. Beschaftigt als? (Schiilerin, Lehrerin, Pflegerin, verreist, isoliert ah 

Bazillentrager). 

„ 6. In welchen Kaumen? 

„ 7. Mit welchem Schlafraum? 

„ 8. Welchem Speisesaal? 

„ 9. In Beziehung zu welchen Kranken oder Bztr.? und in welcher Weise # 

mit Angabe deren Bazillenbefunde wie II 9 ff. 

„ 10. Jeweilige Bazillenbefunde und Tierversuche im betreffenden Zeitabschnitte. 

„ 11. Bemerkungen. 

Aus dieser Liste konnte glatt abgelesen werden, wo zn bestimmter 
Zeit ein Bazillentrager sich aufgehalten hatte, in Beziehung zu welches 
Verdachtigen er gestanden hatte, und wie der damalige Bazillenbefund war. 

In die Listen eingelegt wurden die Zusammenstellungen der Resultate 
von Gesamtabstrichen grSBerer Gruppen entsprechend dem Datum. Nach 
Durchfflhrung dieser beiden Tabellen waren samtliche Beziehungen ohne 
weiteres ablesbar. 

IV. Es wurden Plane der Schlafsale mit Belegung undBett- 
anordnung zu den Hohezeiten der Epidemic angelegt, die besonders im 
Madchenheim bei dem haufigen Wechsel der Schlafordnung gate Dienste 
leisteten. Auch hierbei waren die Bazillenbefunde zu bestimmter Zeit 
eingetragen. 


1) Datum, Tag und Stunde. 


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Ganmitz, Aaftreten von Diphtherie in einer Erziehungeanstalt. 325 

Gaben diese Untersuchungen auch ohne Zuhilfenahme der Abstrich- 
resultate schon bestimmte Hinweise, wie der Gang der Epidemic erfolgt 
war, und welches die gefahrlichen Personen sein mufiten, so beruhten 
natflrlich die endgQltigen MaBnahmen in erster Linie auf den Be- 
fnnden der Eachenabstriche. Sie warden zum Teil Srztlich vor- 
genommen, meist vom Verfasser, zum Teil von ausgebildetem Pflege- 
personal and schliefilich auch nach hnndertmaligem Zusehen unbedenk- 
Lich vom Lehrpersonal. Abgestrichen warden alle Erkrankungs- und 
Verdachtsf&lle von Di. bei den ersten Anzeichen, bis auf 10 klinisch 
'sofort deutliche, die erst nach den ersten Tagen nach Einlieferung ins 
Krankenhaus, dort abgestrichen, untersucht warden. Zwei davon waren 
so schwer, dafi sie trotz rechtzeitiger Behandlung starben. Diese Ab- 
striche warden im Krankenhaus und zum Teil in der Rekonvaleszenz 
fortgesetzt und ebenfalls ins Hygienische Institut eingesandt. Die Keim- 
tr&ger warden nach besonderer Anordnung kontrolliert 

Ergebnisse: 

Das Allgemeinergebnis des ganzen verfolgten Zeitabschnitte^ 
vom 1. Fall im Marz 1918 bis zum AbschluB der Arbeit im September 
1921 stellt sich in folgender Tabelle dar, die nur auf Tatsachen und 
nicbt auf SchluBfolgerungen aufgebaut ist. 

Tabelle I. 



1 

Turnhalle 

Haupt- 

gebaude 

Madchen- 

heim 

Gesamtzahl 


(5 

1 _?J 

ZU8. 

L <5.1 

L$._ 

j ZU8. 1 

di 

1 ? 

ZllS. 

d 1 

9 1 

ZUS. 

1. Darchschnittebewohner- 
z&hl 


■ , 

, 





■ 

! 


i 

164 

2. Erkrankun^8falle 

8 

— 

8 

15*) 

i 

16 

8 

14*) 

22 

31 

15 

46. 

3. Dauerausecheider v. 2 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

i : 

2 

! l 

1 

2 

4. fiztr. ohne oachg.- vorh. 
Erkrankung 

1 

_ 

_ 

3 

i 

4 

1 

10 

11 

1 

i 5 

11 

16 

Bztr. im ganzen (B + 4) 

1 

— 

— 

3 

i 

4 

2 

11 

13 

1 6 

12 

18 


*) 1, *) 1 = 2 Todeefalle. 


‘^Querreihe 1 gibt die Durchschnittsbewohnerzahl w&hrend des 
gesamten Zeitraums der Untersuchung an, d. h. die Durchschnittszahl 
derer, die in den verschiedenen H&usern geschlafen und gewohnt haben, 
einschlieBlich derer, die regelmfiBig den grdBten Teil des Tages in der 
Anstalt verbrachten und dort die Hauptmahlzeiten einnahmen. Die Zahl 
erneuerte sich durch Zu- und Abgange um etwa 40. Sie blieb nahezu 
Constant und schwankte nur zwischen 169 und 157. 

Querreihe 2 umfaBt alle Anstaltsbewohner, die klinisch einwand- 
frei an Di. erkrankt waren. Unter ihnen sind 10 (mit 2 Todesfftllen), 
die beim Ausbruch nicht abgestrichen wurden und bei spSteren Unter- 
sachungen negativ waren. Zu den 10 nicht rechtzeitig abgestrichenen 
muB noch bemerkt werden, daB sie ausschlieBlich Perioden gehaufter 
DL-Falle angehbrten, die die Unterlassung zum Teil erkl&ren. Unter 
den 46 Gesamtf&llen ist mitgezahlt der letzte alleinstehende Fall im 
Januar 1920, der, uachweislich auswartig infiziert, am Tage der Riickkehr 
ins Institut erkrankte, also mit der Epidemie in keinem inneren Zu- 
sammenhang stebt. Diese ist vielmehr seit Ende September 1919 mit 


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326 OentralbL f. Bakt. etc. i. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 5. 

dem letzten Fall vom 17. Sept. 1919 als erloschen anzusehen. Zwei FSlle 
erkrankten 2mal und sind doppelt angefQhrt. 

Querreihe 3 — 5: Die alte Bezeichnung Dauerausscheider isthier 
der Klarheit ihrer Begrenzung wegen beibehalten worden trotz des an- 
greifbaren Ausdrucks Ausscheider. Ebenso die Bezeicbouog Bazillen- 
trfiger in Spalte 4 und 5. Auf neuere Einteilungen und die jetzige 
Verwischung der Grenzen wird spdter eingegangen. Die Einordnnng 
in die Spalten 3—5 hat nur die Personen erfafit, bei denen Rachen- 
abstricke tatsSchlich echte Bazillen aufwiesen. In alien 18 Fallen mit, 
pos. Bazillenbefund bei Keimtr&gern (DA. und gesunde Bztr. zusammen* 
gefaBt) fand sich ein zeitlich und brtlich unmittelbarer Znsammenhang 
unit den jeweiligen Erkrankungsfailen, was ebenfalls fflr Echtbeit der 
Di.-Bazillen spricht. Unter diesen waren 3 Faile, die auch aufierhalb 
dieser Erkrankungsfalle nach langer Negativitat plbtzlich einmal wieder 
pos. Befund zeigten. 

6 Tierversuche wurden ausgefuhrt, sie ergaben bei 1 DA. (Frl. L) 
Virulenz, bei dem anderen DA. (K. H.) Avirulenz (9 Wochen nach 
sicherer Di.-Erkrankung); bei doppeltem Tierversuch an 2 Bztr. ergab 
sich bei 1 (A. F.) 2mal Virulenz; beim anderen (M. H.) lmal Virnlenz. 
8 Monate spater Avirulenz. 

Stellen die Spalten 2—5 sichere Keimtrager dar, so ist die Frage 
der Vollstandigkeit der Keimtragerzahl nicht unbedingt zu bejahen; 
1918 erfolgten die Abstriche unsystematisch und in groBen Zwischen- 
raumen, aber auch das Jahr 1919 zeigt Lflcken von Monaten. Die all- 
gemeine Durcharbeitung fflhrte jedenfalls nicht auf andere Personen als 
die bei Abstrichen positiv gefundenen, und als Ende des Jahres 1919 
systematisch vorgegangen wurde, ergaben sich immer nur die alten, 
stets verdachtigen Personen, die schon friiher positiven Befund aufwiesen. 

Die Aufldsung der ganzen Epidemie in einzelne Abschnitte zeigte 
5 Haufungsperioden, mit vbilig erkrankungsfreien Zwischenzeiten, 
dazu im Januar 1920 der initgezahlte Einzelfall, der die Infektion sicher 
von auswarts mitgebracht hatte. 

Tabelie 11. 


1 

i 

1 

f 

Ge8arut- 
bewohner- 
zahl des 

Zahl der Er- 
krankungs- 
falle 

Zahl der jew. 
io Beziehurvg 
stehenden 

1 

i 

i 

Instituts 

Bztr. 


1. Abschn. vom 19. 3. 18 i 
bis 27. 6. 18 

169 

23 

3 

danach 2 Monile 
' Pause, im Inatit. 
5 VVoch. Ferien. 

2. Abschn. vom 29. 8. 18 

bis 6. 11. 18 | 

i 

1 (>H 

7 

2 ? 

z. betr. Zeit | 
nicht miters, 
im Okt. — 

2 Mon. Pause 

■8- Abscbn. vom o 1. 19 
bi> Marz 19*) 

l08 t im 
! Madcb.-Heim 
ca. 58 

ee 

12© 

3 Mon. Pause 
© 1 DA. geblieb. 

4. Abschn. vom 4. 7. 19 ! 
bis 15. 7. 19 I 


G 

6 

““ 

5. Abachn. vom 5. 9. 19 
bis 17. 9. 19 

1G3 

i 

3 

l 

4 



*) Betrifft ausschlieGlich das Miidehenheiuj. 


4 von diesen Epidemieabschnitten fallen in Jahreszeiten, die 
zur F.rkaltung disponieren: 2mal Nachwinter und Vorfrflhling, 2mal 


Go^ 'gle 


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Gaumitz, Auftreten von Diphtheric in einer Erziehungsanatalt. 327 

Herbst uod Vorwinter. Daneben steht ein Abschnitt im Juli. Hierin 
ZasammenhSnge zu sehen, vermag ich in unserem Fall nicht; hier hing 
es haupts&chlich ab von der Ansteckungsmdglichkeit durch Bztr. und 
Erkrankte, ihrer augenblicklicben Gefahrlichkeit nach Virulenz und 
Lebensart, die allerdings von der Jahreszeit bestimmt wird, z. B. ob 
eager Verkehr mit anderen mdglich war oder die Ansteckungstrager 
gerade isoliert waren. 

Das erstrebenswerte Ziel: einen lttckenlosen Gang der Infektion von 
Fall zu Fall rekonstruieren zu kdnnen, ist wohl nur selten erreichbar. 
ZunScbst haben ja aucli die Bazilienbefunde, die sifcherste Grund- 
lage von SchluBfolgerungen, nur einen relativen Wert. 

Negativitat bedeutet nichts Entscheidendes: Aasers 
Ausspruch, zit. von Langer (3): „Es ware naiv, zu glauben, dad nach 
2—3 negativen Proben samtliche entlassene Patienten wirklich Ohne 
Di.-Baz. sind“, wird bestatigt durch die Wahrscheinlichkeit von 5 In- 
fektionen durch negativ entlassene Rekonvaleszenten (1 war 2mal —, 
1 anderer 4 mal —, 2 3mal — befunden). Ein Fall darunter ist be- 
sonders bemerkenswert: ein Junge (0. K.) erkrankt am 29. Aug. 1918, 
die letzte Erkrankung (G. S.) ist am 27. Juni 1918 erfolgt, dazwischen 
liegen die Ferien, kein Bztr. ist in Beziehung zu setzen. Nur die Riick- 
kehr des letzten Falles vom 27. Juni am 17. Aug. aus der Klinik nach 
2mal negativem Befund schiagt hier die BrQcke, wenn man nicht eine 
Infektion durch Gegenstande, an denen ja virulente Bazillen lange haften 
kdnnen [Abel (4)], oder eine Inkubationszeit von ca. 10 Tagen mit Ein- 
schleppung von auswarts annehmen will. 

Genflgt auch der Grad der Wahrscheinlichkeit, auf desseu Bewertung 
nachher eingegangen wird, hier wie in den meisten Fallen nicht zu Be- 
weisen, so hat dafiir die Zusammenstellung der Bazillenbefunde des Dauer- 
ausscheiders K. H. Beweiskraft, der nach 2 -j- Befunden wahrend seiner 
Krankheit 2 Monate lang in 6 Abstrichen negativ war, dann lmal +, 
7mal —, lmal +, 13mal —, lmal dann llmal — war, wahrend einer 
Beobachtungszeit von 19 Monaten! 

Die gleiche Unzuverlassigkeit zeigen die Bazillenbefunde sauitlicber 
Bztr., die zum Teil noch angefQhrt werden. Wecbselt also Negativitat 
and positiver Befund in solcher Unberecbenbarkeit, so bedeuten negative 
Befunde um so weniger, je seltener die Abstriche vorliegen. Denn ein 
negativer Abstrich zu irgendeiner Zeit laBt schon gar keine ScblOsse 
ziehen auf Negativitat zu anderer Zeit. Und Schliisse auf Positivitat 
kdnnen dann gezogen werden aus der Ansteckung anderer zu dieser Zeit, 
wie bei den obenerwahnten 5 WahrscheinlichkeitsfBllen von Infektion 
durch sicber negativ entlassene Rekonvaleszenten. 

Ueber die Bedeutung positiven Bazillenbefundes ist schon 
bei dem allgemeinen statistischen Ergebnis der Beobachtungen gesprochen 
worden; er bedeutet fQr uns die tatsachliche Anwesenheit der patbogenen 
Keime, die eine Di.-Ansteckung verursachen kdnnen. Aber diese selbst 
hangt von den verschiedensten Faktoren ab. Gottstein s (5) Kontagions- 
index gibt einen Anhalt, wieviele von 100 Menschen, die mit dem Kon- 
tagium in BerQhrung kommen, tatsachlich erkranken. Es ist anzunehmen, 
daB viel haufiger Keime fibertragen werden als Erkrankungen vorkommen. 
Doch bei dem Akt der Uebertragung selbst fehlt jeder Zeuge von bak- 
teriologischer Beweiskraft bis auf seltenste Ausnahmen; das bedeutet: 
positiver Bazillenbefund allein gibt keinen Anhaltspunkt dafiir, daB der 
TrBger Qberhaupt die Erkrankung verschuldet hat. Nur andere Be- 


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328 Centralbi. t. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 5. 

ziehungen durch bestimmte Verhfiltnisse geben bier Wahrscheinlichkeits- 
beweise. 

Noch eiu Problem erschwert die BeweisfOhrung fQr Uebertragungs- 
zusammenh&nge: wer ist bei ann&hernd gleichzeitigem positiven Befund 
von Erkrankten und Bztr. der Angesteckte und wer der Ansteckende, 
wenn beide vorber nicht untersucht oder negativ waren? Folgende Be- 
obachtung kbnnte die Bztr. entlasten: 2 Bztr. hatten nach langen nega- 
tiven Intervallen (llmal und 5mal —) pldtzlich wieder positiven Befund 
zur Zeit neuer Erkrankungsf&lle. Kdnnten diese nicht auch die Bazilien 
erst bei den neuen Erkrankungsf&llen wieder gefangen haben und kraft 
ihrer besonderen allgemeinen oder lokalen Disposition, vgl. Abels 
Untersuchuogen, zit. von Loeffler (6), beibebalten haben? Eine ahn- 
liche MSglichkeit zeigte der Epidemieabschnitt Januar bis MSrz 1919, wo 
6 Erkrankungen pldtzlich von 12 Bztr. begleitet waren. Von diesen 
waren & chronische Bztr. im Sinne Gaethgens (7), die anderen 7 our 
temporkr (= kiirzer als 2 Monate positiv, diese Zeit ist von mir will* 
kfirlich festgesetzt, um ein MaB zu haben, da G. keine Zeitabgrenzung , 
gibt); diese 7 zeigten nie wieder Bazilien bis auf einen, der aber abging \ 
und nicht weiter untersucht werden konnte. j 

DaB aber solche tempor&re Bztr. eine Gefahr bedenten, beweisen j 

3 Ansteckungen, die von ihuen ausgegangen sind. Eine Erkrankte scheint j 
5 temporSxe Bztr. erst dazu gemacht zu haben, da sie mit ihrem posi- ; 
tiven Befund beim Erkrankungsausbruch die Priorit&t vor diesen hatte, 
die am gleichen Tage u. f. noch negativ waren, erst etwas sp&ter positiv ; 
warden, soweit man die Negativit&t anerkennen will. Nach einem : 
positiven Befund sind sie dann dauernd negativ geblieben. AuBerdem j 
gibt z. B. Langer (8) die Mbglichkeit des Uebergangs von Bztr. in 
Kranke an, eine neue Erschw'erung, Ansteckungswege aufzndecken. 

Der schlagende Beweis fur die tats&chliche Schuld von 
Bztr. mit positivem Befund liegt bei dieser Epideraie darin, dal 
vom Sept. 1919 keine Di.-Falle mehr vorgekommen sind, nachdem bis 
dahin 3 Bztr., darunter 1 DA. die Anstalt verlassen hatten; 1 war bereits 
Okt. 1918 gestorben; temporfire Bztr. waren nicht wieder festgestellt 
nnd die 3 noch verbleibenden ehemaligen Bztr., darunter 1 DA., warden 
seitdem dauernd genau kontrolliert. Von den 3 zurQckgebliebenen Bztr. 
sind im Laufe des Jahres 1920 noch 2 endgiiltig aus der Anstalt entfernt 
worden, nur 1 DA. befindet sich noch da und wird in groBeren Zeit- 
abstanden kontrolliert. Eine Okt. 1919 neu festgestellte Bztr. (Zngang 
M. H.) wurde nach mehreren positiven Abstrichen ebenfalls entfernt Die 
Anstalt ist seit nunmehr 2 vollen Jahren von Diphtherie 
vollst&ndig verschont geblieben! (AbschluB Sept. 1921). 

Trotz dieser unsicheren Grundlagen wurde der Versuch gemacht. 
dem Ansteckungsgaug mit Berucksichtigungaller erwShnten Momente 
nachzugehen. Auf Grund der beiden Haupttabellen wurden fflr jeden 
Erkrankungsfall die Uebertragungsmoglichkeiten zusammen- 
gestellt, die auf Grund der Feststellungen anzunebmen waren. Dabei 
ergab sich iiberraschend, daB nur fur wenige F&lle keine bestimmteu Be- 
ziehungen zu linden waren, fur alle anderen aber sogar mehrere (3—4) 
Mbglichkeiten, entsprechend den Besonderheiten der Anstalt und ihrem 
engen Zusammenleben. 

Dann wurden die einzelnen Moglichkeiten genau geprfift; bis auf 

4 Falle, die unklar blieben, konnte bei alien eine wabrscheinlichste 
Mdglichkeit als die in Frage kommende angenommen werden. Wenn 


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Gaumitz, Auftreteu von Diphtheria in einer Erziehungaanatalt. 329 

dies auch zam Teil subjektive SchluBfolgerungen waren, gab es doch 
aadererseits roanche Momeote von Beweiskraft, so daB 4 Wahrschein- 
lichkeitsgrade der Uebertragung abgegrenzt werden kounten: 

1) sichere Uebertragung, 2) hdchstwahrscheinliche, 3) vermutliche und 
4) unklare. 

Sie wurdeo folgendermaSen gegeneinander abgegrenzt: 1) die erforachfce Be- 
ziehung bei der Uebertragung gilt ala sicher (bewiesen), a) bei einem 
zeitlichen and drtlichen Zusammentretfen, das so belastend iat, daB alle anderen Ueber- 
tregnngswahrscheinlichkeiten ala fernliegend nichl in Frage koromen; b) wenn durch 
Unpiaueroden engaten Verkehr und zum Teil mebrfache Belaatuugamomente dieee Ueber¬ 
tragung unausweichlich eracheint. Hierunter gehoren vor allem geraeinaamea Schlafen 
mil Bztr. im gleichen Schlafsaal und Anateckung durch Bztr. und friach Erkrankende 
infolge Schlafene ini Nebenbett. 

2) Ala hdchatwahracheinlicher Uebertragungsweg gelten Ansteckunga- 
mSglichkeilen, die zeitlicb und Srtlich nur allgemein, aber nicht genau fixiert werden 
k5nnen: wie Zusammentretfen mil lufektionatragern in Klasaen und Uruppen, in Freund- 
•chaften, in gem ein sa men Wohn- und Spielzunmern, beim Schlafen im nicht abge- 
acblosaenen Nebenaaal ala nachBte mdgliche Beziehungen. ich habe in diese AbteUung 
nor aolche Falle genoramen, die ich aubjckiiv fur sicner halte. 

3) Ala vermutlicher Uebertragungsweg gelten vorhandene Beziehungen 
za lofektionstragern, deren Moglichkeit unbestritten iat, die aber zeitlich und drtlich 
gar nicht fixiert werden konuen: z. B. Zusammentreffen mit Bewohnern anderer Hauser 
im Hpeiaesaal, in der Schule, bei der Andacht, in Spielzimmern, Uebertragung durch 
nichtbeatimmte Gegenstande auBerhalb der Wohn- und Schlafatatten usw. 

4) Unklar bleibt die Uebertragung, wenn gar keine Beziehungen her- 
zuatellen eind, Oder die Anateckung irgendwo auf Keisen erfolgt iat, wobei sicner keiu 
Xtuammenhang mit der Anataltaepidemie bestebt 

Alle dieae 4 Kategorien beziehen eich nur auf die Anateckung, die Erkrankung 
zur Folge hatte, nicht auf die von Bztr. ohne Krankheitserscheinungen. 

1) Sichere Uebertragungen. Im Laufe der Epidemie 
warden von mir 13 aufgedeckt. Hiervon gin gen 7 aus vom Schlafen 
im Nebenbett, 4 erfolgten durch Schlafen im gemeinsamen Schlafsaal, 
1 Fall infolge Fattening des spflter erkrankenden Kindes durch eine 
Lehrerin am Abend vor Ausbrnch ihrer eigenen Di.-Erkrankung, 1 Fall 
dmlnrcb, daB im Nebenraum Bztr. schliefen, die erst 4 Tage spSter positiv 
befunden wurden. Acht dieser sicheren Ansteckungen waren 
darch Bztr. erfolgt, davon hatte 1 Bztr. seine beiden Schlafgenossen 
angesteckt; die anderen Ansteckungen geschahen durch Erkraokte. 

2) Hdchstwahrscheinliche Uebertragungen waren 14 an- 
zanehmen, davon 10 durch Zusainmentreffeo in Klassen und Gruppen, 
Spiel- und Wohnzimmern, 3 durch Schlafen im Nebensaal mit Ver- 
bindungstQr, 1 Fall durcbe enge Freundschaft mit einem ebenso zart- 
lichen wie unsauberen Bztr. (B.). Hierbei waren 7 Ansteckungen 
Bztrn. znr Last zu legen. 

3) Vermutliche Uebertragungen waren in 15 Fallen an- 
zunehmen, 2 bei allgemeiner Aufsicht in verschiedenen Mumen, 2 bei 
Dienst in mehreren Gebauden (Dienstmadchen). lOraal unbestimmtes, 
aber nicht zu bestreitendes Zusammentreffen mit Infektionstragern, sowie 
1 interessanter Fall der Uebertragung durch ein Dienstmadchen, das, 
selbst erst spater auf andere VVeise angesteckt, den Keim an eine dritte 
Person hbertragen baben muB beim Umbetten aus dem Zimmer einer 
Grkrankten in ein anderes. 9 der vermutlichen Falle batten 
Beziebnngen zu Bazillentragern. 5 dieser Falle wiesen als 
nSchste nnd fast einzige Mdglichkeit auf eine Bztr., die bereits im April 
1918 zum 1. Mai positiv und zugleich im Tierversuch virulent geweseu 
war (AF.). Diese halte bis Juli positive und negative Abstriche gehabt 
nnd war dann nicht wieder untersucht worden. Auf Grund der 5 Er- 


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330 


Centralbl. t Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. 87. Heft 5. 


krankungsf&lle, deren 1. im Okt 1918 begann, wurden im Jan. 1919 an 
ihr die Untersuchungea systematised wieder aufgenommen. Est am 
27, M&rz wurde die vermutete Bztr. durch positiven Bazillenbefund ent- 
larvt und durch sofortigen positiv ausfallenden Tierversuch best&Ugt 

Die Feststellung von 24mal an zunehmender Ueber- 
tragung durch Bztr. bedeutet doch schon ein starkes Belastuogs- 
material fQr die Schuld von Bztr. uberhaupt, selbst wenn man bloB die 
15 sicheren und hdchstwahrscheinlichen Uebertragungen geiten lassen 
will; Sie bildet zusammen mit dem Erfolg der Epidemie- 
bek&mpfung nach Unschftdlichmachung der Bztr. die Grundlage zu 
der Behauptung, dafi diese Epidemic wesentlich auf der An- 
wesenheit von Bztr. beruht hat. 

4) Nur 4 Faile blieben unklar; 2 davon waren die ersten der 
Epidemie und konnten keinerlei Beziehungen aufweisen. Auch bei 1 Fall 
mitten in der Epidemie lieBen sich keioe unbestrittenen Beziehungen 
finden: die einzig in Betracht komraende Bztr. war wochenlang auBer- 
halb isoliert. Der letzte unkiare Fall betrifft den nicht mit der Epidemie 
zusammenbangenden Erkrankten, der den Keim von der Reise mitbrachte. 

Noch einem Einwurf war zu begegnen, der besonders von seiten 
der Anstalt gemacht wurde, da(5 die Infektion von auBen in die 
Anstalt herein getragen w&rde. Das ist bei 5 schon erw&hnten Rekon- 
valeszenten von Di., die aus dem Krankenhaus zurQckkehrten, wahr- 
scheinlich. In alien anderen Fallen aber lag die Heranziehung der tat* 
sachlich festgestellten Bztr. viel naher und ihre Unschadlichmachung ge- 
nflgte ja zur Bekampfung. Neuaufnahm^n wurden ab Ende 1919 stets, 
zum Teil auch schon frQher, sofort durch Abstrich untersucht. 

Entwieklungsgang der Epidemie. 

Unter aritischer Verarbeitung aller der angefiihrten Momente ergibt sich folgender 
Entwickluogsgang der Epidemie: 

Sie begann am 19. Marz 1918 mit einem Di.-Fall im Einzelzimmer der Turnhaile, 
bei einem Pensioner der Anstalt, der eine hdhere Schule iu der Stadt beeuchte. lo- 
fektionsweg blieb unklar, Beziehungen zu Infektionsquellen etwa m der Schule ergaben 
sich nicht, sie in der Stadt festzustellen, wurde vergeblich versucht. Der 2. Fall am 
gleichen Tage war ebenso unklar, trat auf im Madchenheim in einem Einzelschtafraum. 
Bis 19. April erfolgten 5 weitere Erkrankungen, 3 im Madchenheim, 1 im Hauptgebaude, 
dieser mit todlichem Ausgang, 1 im kleinen Zimmer der Turnhaile (3. bis 7. Fall). 
Jetzt wurden alle Zdglinge in den 3 Hausern abgesirichen; dabei ergaben sich 1 Bazi llen- 
fcrager im kleinen Zimmer der Turuballe und 1 Bazill entrageri n im Madchenheim, 
denen 2 Erkrankungsfalle zur Last zu legen waren, die ihrerseits 3 weitere infiziert 
hatten. Diese 2 Bztr. wurden voriibergeheud isoliert; der Bztr. der Turnhalle infizierte 
nach seiner Freilassung seinen Freund als 8. Fall, und spater semen 2. Schlafgenoesen 
als 14. Fall. Dazwischen hatte der 8. Fall in seiner Gruppe den Keim weitergegebeo, 
und 1 Di.-Rekonvaleszentin hatte im Madchenheim eine weitere Erkrankung verursaebt 
Als im Juni der 15. Fall (ira Hauptgebaude) erkrankte, wurden Lehr-, Aufsichts- und 
Dienstpersonal aller Hauser abgestrichen und offeubarten 1 Lehrerin im Hauptgebaude 
als Bztr. und im Madchenheim einen beginnenden 16. Fall. Isolierung kam, wie « 
scheint, zu spat, es folgte durch direkte Uebertragung von den Erkrankten und von 
Rekonvaleszenien die 17. bis 23. Erkrankung (am 27. Juni). Hierauf begannen die 
Sommerferien und schlossen den 1. Abschnitt der Epidemie ab, die zahlenm&fiig folgen- 
des Ergebnis (s. Tab. Ill, S. 331) zeigt. 

Nach zweimonatiger Pause erfolgte am 29. Aug. 18. der 24. Erkrankungsf&ll im 
Turnballcngebaude, dessen vermutliche Infektion auf einen aus der Klinik zuruck- 
kehrenden Rekonvaleszenten zuruckzutuhren ist. Ihm folgten unmittelbar 2 Falle i® 
Hauptgebaude; die Beziehungen zu der Bazillen tragendeu Lehrerin im Hauptgebaude 
hatten, 14 Tage spater l Fall im Madchenheim, der vor 8 Tagen zugereist war und 
an eine Infektion von auBen denken lieB. Als sich im Oktober 1918 ein 28. und 29. 
Fall anschloB (im Madchenheim), machte man am 31. Okt. einen Gesamtabstrich dee 


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Gaumitz, Auftreten von Diphtheric in einer Erziehungsanstalt. 


331 


Tabclle III. 



Turnhalle 

Hanpt- 

geb&ude 

Madchen¬ 

heim 

Gesamtzahl 


d | 

$ 

zus. 

d 

1 Q zus. 

k! 

9 ZUS. 

1 d 

1 ^ 

ZUS . 

Inatitutobewohner 
Erkrankungsfalle (1 todl.) 

ca. 

25 

5 


! 

5 

1 

8 

! ' 1 

— i 8 

5 

1 ca. 
j 47 

•5 10 

| 

18 

5 

169*) 

23 

Bazillentrager 

1 

1 

1 

— 1 

1 ! 1 

— 

1 ! 1 

; 

1 

2 

3 


*) einschlielUich Nebengebaude des Institute. 


Madchenheims und begnugte sich mit seinem negativen Ergebnis, ohne die Falle erkl&ren 
zu konnen. 

Die Bazillentragerin votn April 18 (A. F.) war damals negativ, die Bazillentragerin 
im Hauptgebaude (Frl. Scb.) gerade am 10. Okt. negativ gewosen. Der November 
brachte den 30. Fall, ebenfalls im Madchenbeim, der sich im Jan. 1919 nach 6 negatives 
Abetncben p)5tzlich aid DA. entpuppte (K. H.). Darauf folgten 2 Monate ohne Er- 
bankung. Tabelle dea 2. Epidemieabschnittes: 


Tabelle IV. 



Turnhalle 

Haupt¬ 

gebaude 

i Mfidchen- 
j heim 

Gesamtzahl 

d | 

1 $ 1 

ZUS. 

1 1 

| 9 | 

zus. 

d 

9 

[ ZUS. 

| d 

1$ 

ZUS. 

Institutsbewohner 








. 

46 



169*) 

Erkrankungsfallle 

l 

— 

1 

1 2 


2 i 

i**) 

3 

4 

4 

3 

’7 

BuillentrSger 

— 

— 

— 

— 

(i) 

(1) 1 

— 

(1) 

(1) 

— 

(2) 

(2) 


*) einschl. Nebengebaude des Institute. **) wurde DA. () im September nicht 
untereuchfc, im Oktober negativ. 


Der 5. Jan. 1919 brachte im Madchenheim den nachsten Fall (31), ein Dienst- 
madchen, ohne d?6 ein bestimroter Zusammenhang herzustellen war, da sein Dienst es 
im Madchenheim uberall hintuhrte. Bereits am 9. Jan. 1919 folgte der 32 Fall, auch 
im Madchenheim, und jetzt bat die Anstait urn energische Hilfe. Das Hygieniache 
Institut ordnete sofoit Gesamtuntersucbungen aller Bewohner des Madchenheims an, 
und bereits die ersten Gesamtabstriche am 14., 15. und 17. Febr., die die einzelnen 
mehrmals hintereinander erfaBte, ergab 4 Bztr. und mehrere Verdacbtige, die sotort 
isoliert wurden. Der Abstrich am 2. Febr. wies wieder einen neuen Bztr. auf, und 
der am 26. und 27. Febr. im ganzan sogar 6 weitere Bztr. einschliefilich einer 
bereits isolierten Erkrankten, die DA. wurde (Frl. L.). Am 22. Febr. hatten Schiilerinnen, 
erst spa ter als Bztr. erkannt, den Fall 36 infiziert, 3 Falle waren dazwischen erkrankt. 
Die Verbaltnisse schienen unubersehbar, als der Verf&sser jetzt Ende Februar die Be- 
irbatung libernahm. Im Madchenbeim wurden 4 gut abtrennbare Zimmer zur Isolier- 
station eingerichtet, die alle Bztr. und Bekonvaleszenten aufnahmen. In dreitagigen 
Pausen wurden Abstriche genommen; am 28. Marz verlassen 7 Isolierte nach 5mal 
negativem Abstrich die Isolierstation. Isoliert bleiben die 2 DA. (Frl. L. und K. H.) 
wegen positiven Refunds, dazu tritt die stets verdacbtige Bazillentragerin vom 
April 1918, am 27. Marz 1919 plotzlich wieder positiv (auch im Tierversuch). 
Ibr waren zur Last zu legen aie schon oben angefiihrten Erkrankungsfalle vom 
Oktober bis Januar, fur die eonst keine naheren Beziehungen zu finden waren. Im April 
warden die 3 Keimtrager im Wirtschaltsgebaude isoliert, im Mai verreisen sie nach 
anem Luftkurort auBerhalb. K. H. kehrt nach 7 — Abstrichen zuriirk ins Madchenheim, 
die beiden anderen bleiben positiv und kommen nicht zuriick. Die Epidemie scheint 
erloschen. Tabelle fur diesen 3. Abschnitt, der sich aussehlieBlich im M&dchenheim 
abspieit. 


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332 


CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 5 . 
Tabelle V. 


Madchenheira 

d ! 9 ! ZU8- J 


Gesamtbewohnerzahl dee Institute 
Zahl der Madchenheimbewohner 
Erkrankungsfalle 
Bazillentrfiger 


168 (einschl. Nebengebaude) 


6 *) 

10 


47 

6*) 

12 


*) 1 (Frl. L.) blieb DA.; auch unter Bztr. mitgez&hlt. 


1 


An fang Juli 1919 ereignen eich 3 neue Fall© (37—-39^): 1 in dor Turnhalie, 2 im 
Hauptgebaude. Friihere Bztr. in Turnhalie und Hauptgeoaude siod nicht vorhanden, 
aber Gesamtabatriche der Zdglinge von Turnhalie und Hauptgebaude ergeben 3 nene 
Bztr. unter den Knaben, davon 2 in der Turnhalie. Am 11. und 14. Juli erfolgten 
2 weitere Falle, 1 in der Turnhalie, 1 im Hauptgebaude in denselbeu Bchlafsalen vie 
die ersten. In der Turnhalie sind 2 Erkrankte Beltnachbarn einee Bztr. Die bt 
treffeoden Schlafraume werden im ganzen isoliert, der im Hauptgebaude erhalt rur 
Aufsicht eine friihere, bei den letzten Abstrichen im April negative Bazillentragenp, 
die sich selbat dem A bat rich entzieht (Frl. Schr.). Am 15. Juli erkrankt eine Lehrerin 
im Hauptgebaude ohne bestimmte, aber mit zahlreichen allgemeinen Beziehungec 
(42. Fall). Abreise des Verfassers hindert die vollige Klarlegung; nach Ruckkehr Ut 
dies© inlolge mehrfachen Lehrerwechsels nicht mehr moglich, der Zusammeohang mit 
dem Ganzen bleibt dunkel. Die Bztr. sind nnr 3 Wochen untersucht worden, batten 
zuletzt 3mal neg&tiven Befund. Tabelle fur den 4. Abschnitt der Epidemic: 


Tabelle VI. 



Turnhalie 

Hauptgebaude 

Madchenheim j 

d 1 1 

9 ! zus - 1 

cJ 9 

zus. 

a ! 

9 i zufi * 1 

Institutsbewohner 

! • 

IT! . 

1 

• 

69 ! 


. j 40 i 

Erkrankungefalle 

2 

— i 2 

3 1 1 

4 

1 


Bazillentrager 

— 

_ i _ 

3 | - 

3 

! i*) 

2*)! 3*) ! 


*) 1 Bztr. erst 2. Okt. untersucht und positiv, 
2 n 5, bept. v n » * 


Gesamtzahl 


<3 I $ *»■ 


5 

4*) 


. 169 

*.fc 
1 6 
2 *) 6 *) 


Im September folgen 3 letzte Di.-Falle (43—45), 2 am 5. Sept., davon 1 im 
Madchenbeim, 1 im Hauptgeb&ude. Untersuchuogen der 8chIafgenossen uud fruher 
verdachtigen Bztr. ergeben 2 friihere Bztr. (A., Frl. Schr.), pldtzlich wieder 
positiv, die beide isoliert werden (m der Ktinik), wahreud im Institut die betreffendeo 
Schlafsale abgesperrt worden. Der DA. K. H. ist zu dieserZeit negativ. Am 17. Sept 
erkrankt der letzte Fall (45), nachd*m die beiden Bztr. nach 3 negativen Abstrichen 
uns von der Klinik wieder zugeschickt worden sind, 6 Tage Zusammensein des eineo (A.) 
mit dem am 17. Sept, erkrankenden in der Hilfsklasse geben den Infektionsweg. Off 
Bztr. A. wird neu isoliert, dann, negativ, wieder freigelassen, dann wieder einnial po«- 
tiv, seither 16 ausschliefilich negative Befunde. Hiermit ist die Epidemie tat 
sachlich erloschen. Der andere Bztr. (Frl. Schr.) ist im Dezember 2mal positiv, 
wird isoliert und verlafit die Anetalt am 1. Januar. Am 2. Okt. ergibt die Erstunter* 
suchung einer im Mai neu aufgenommenen Schulerin (M. H.) positiven Befund; da*i* 
bei 20 Abstrichen 7 positive Befunde aufweist. wird sie nach langer Isolierung am 
20. Dez. aus der Anstalt entfernt. Von alien Neuaufnabraen werden seither Abstriebe 
gemacht, die verdachtigen friiheren Bztr. 14-tagig bis 3-wochentlich untersucht. Tab. VII 
fur den letzten Epideniieabschnitt (s. 8. 333). 

Am 13. Jan. 19.0 erkrankt, wie action erw&hnt, der 46. Fall, nachweisbar nicht 
im Zusammenhang mit der Epidemie. am Abend nach der Ruckkehr von einer Rewe- 
Der DA. K. H. ist am 23. Jan. 1920 plotzlich positiv und wird isoliert, im Tierversuch 
aber avirulent und am 14. Febr. nach 4 negativen Abstrichen freigelassen, seither daoerod 
negativ. Die am 20. Dez. 1919 entlassene Bazillentragerin M. H. kommt, angeblich 


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333 


Gaumitz, Auftreten von Diphtherie in einer Erziehungsanstalt. 


Tabelle YU, 



Turnballe 

Hauptgebaude 

1 

Madchenheim 

Gesamtzahl 


d j Q j zus- 

! <J'| 9 

| zus. 

f d | 9 | 

ZUS. j 

| d | 9 J 

ZUS. 

Inetitutsbewohner 

1 ! . i 

! 


9 ' 29 

38 

• i . 1 

163 


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l 1 

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s. fr. 

Erkrankungsfalle 

_ _ I _ ! 

1 i - 

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2 ! - 

2 

3 : — ] 

! 3 

Bazillentrager 

— 1 — j — , 


— 

2 1 2*) 

4*) 

2 2*) 

1 4*) 


*) 1 Bztr. erst 2. Okt. nntersucht und positiv. 


aoewarts xnehrfach negativ, am 8. April 1920 zuriick in die Anstalt; sie ist im Juni 
2roal positiv und verlattt sie endgiiltig am 24. Juni 1920. Die Kontrolle dcr verbleibenden 
Keimtrager geht regeJmafiig weiter; im Laufe des Jab res werden sie bis auf 1 DA., 
der dauernd kontrolliert wird, enllassen. Erkrankungsfalle sind nicbt wieder vor- 
gekommen. 


Bek8mpfangsverfahren. 

Mit dem Verlaufe der Epidemie bildete sich ein bestimmtes Be- 
kSmpfungsverfahren heraus, das schliefilich alien Anforderungen genugte, 
aber erst ab September 1919 konsequent angewandt wurde. Es bestand 
in folgenden MaBnabmen: 

1) Sofortiger Abtransport des Erkrankten bei kliniseh deutlichem Befund (nicht 
erst bakt. Unlersucbung abgewartet). 

2) Sofonige Isolierunu: des ganzen Sehlafsaals des Erkrankten mit alien Insassen 
and Verdachtigen, die zu den Erkrankten besondere Beziebungen batten Oder Schnupfen 
und Eikaltung zeigten. 

3) Sofortiger Abstrich aller Isolierten. 

4) Entfernung der beim Abstrich positiv Befundenen und deren gesonderte Jso- 
iierung. 

5) Weiterisolierung und 2. Abstrich 6-8 Tage nach dem er6ten. 

6) Bei 2mal negativem Abstrich Freilassnng nacb Desinfektion der Person; danach 
SchluBdesinfektion des Baales. 

7) Weitere Beobachtung des ganzen beteiligten Kreises. 

8) Erfolgt danach ein weiterer Fall oder ist der Erkrankte bis kurz vor dem Aus- 
bmcb mit alien in Beziehung getreten, dann Abstrich des ganzen fiauses. 

9) Dauerkontrolle der Bztr. 

10) Bei mehrfach negativem Befnnd der Bztr. mehrwdcbige Entfernung aus der 
Anstalt, nach weiterem negativen Befund Wiederaufnahme unter Dauerkontrolle. 

11) Bei wiederholtera positiven Befund Entlassung aus der Anstalt; zuvor Biche- 
rung durch Tierversuch. 

12) Abstriche bei jeder Neuaufnahme, jeder verdachtigen Hals- und Nasenerkrankung. 

13) In grofieren Abstanden Getumtabstriche der ganzen Anstalt. 

14) Kekonvaleszenten kommen (nach mindestens 3 negativen Abstrichen) erst in 
due besondere Behausung fRekonvata-zentenheim) und werden erst nach einiger Zeit 
bei weiter negativem Beiund in die Allgemeinheit aufgenommen. 

Diese MaBnahmen, ein KompromiB von theoretischen Forderungen 
und praktischen ErwSgungen, erscheinen sehr streng, entsprech^n aber im 
allgemeinen den 3 Hauptforderungen von Seligmann und S eh loss (9): 
*1) Schon in seuchenfreien Zeiten bakteriologische Untersuchung aller 
verdachtigen Nasen- und Halskrankheiten. 2) Bakteriologische Unter- 
suchung aller Insassen bei Epidemien in geschlossenen Kreisen. 3) Bak¬ 
teriologische Kontrolle aller Kekonvaleszenten auch in seuchenfreien 
Zeiten. 

Die Strenge der Einzelforderungen in unserem Falle er- 
gibt sich ans dem engen Zusammenleben in den einzelnen Hausern. 
aus der Gefahr des Uebergreifens auf die anderen Hauser, aus der 
Eigenart der Zoglinge. 

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334 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 87. Heft 5. 


Forderung 1 ist selbstverstflndlich. Alle FUlle bis auf einen warden 
in die Klinik eingeliefert. Sie in der Anstalt zu isolieren and zn be- 
handeln, war zu belastend nnd auch zu geffihrlich fQr die anderen. 

2—5 ermdglicht die frQhe Erfassung bereits Angesteckter und der 
Bztr. und wird einer Durchschnittsinkubationszeit gerecht, die Strfim* 
pell auf „selten mehr als 2—5 Tage, Baginsky allerdings „2—20 Tage 
and lfinger tt angibt (zitiert von Langer, 10). 

Die Isolierung der Bztr. machte mangels geeigneter Mu me and 
besonderer Aufsicht stets Scbwierigkeiten, die durch besondere Iso* 
lierstationen in solchen Anstalten Qberwunden werden mussen. 
Lange Isolierung in einem abgeschlossenen Zimmer eines gleichzeitig 
als Internat benutzten Hauses ist, wie beobachtet, sebr problematisch; 
wir haben schliefilich Bztr. aufierhalb im WirtschaftsgebSude isoliert; 
nur die vorflbergehende Isolierung .der Scblafs&le im ganzen hatte sich 
bew&hrt und wurde fast stets durcbgefflbrt (die mit dort scblafende Auf- 
sicbtsperson wurde mitisoliert). Krankenanstalten sind fflr solche „Ge- 
\ sunde", die BebandlungsbedOrftigen nur den Platz wegnebmen, nicht da 
und behalten sie nur in den seltensten Fallen. 

6 entspricht der Anffassung Abels (11), dafl Schlufidesinfektionen 
erst bei mehrmals negativem Befund der Isolierten und Beseitigung der 
Keimtrager von Wert sind. 

8. Gesamtabstricbe baben uns trotz ibrer nor lmaligen Untersachnng 
in vielen Fallen wertvolle AufschlQsse gegeben, Bztr. und Beginn der 
Erkrankung aufgedeckt, im Notfalle warden sie wiederholt. Nur darf 
man sich bei allgemeiner Negativitat nicht beruhigen, sondern mul 
weiter allgemein beobachten. 

Forderung 9 ist die Hauptfolgernng aus dem ganzen Verlauf der 
Epidemic: die Dauerkontrolle der Bztr. mufi durch Abstriche in kurzen 
Zeitabstdnden vorgenommen werden (erst 8— 14-tagig, spater monatlich). 

Forderung 10 sucht bei aller Problematik der Negativitat einen Modns 
vivendi, fordert doch Sommerfeld (12) ganz allgemein Bazillen- 
freiheit bei Rfickkebr in die Internate, Waisenhauser und ahnlicbe 
Anstalten. 

11 ist die strengste Forderung, notwendig durch die Unmdglichkeit, 
Bztr. mit wiederboltem positiven Befund ausreichend lange Zeit in einer 
Anstalt zu isolieren. Sie erst durch den positiven Ausfall des Tier* 
versuchs zu rechtfertigen, den Klinger und Schoch (13) unbedingt 
zu dieser MaBnahme fordern, erscheint bei der Sicherheit bakteriologiscb- 
mikroskopiscber Diagnostik wohl nicht unbedingt erforderlich. 3 Bztr., 
darunter ein DA., wurden auf Grund der Tierversuche entfernt, 2 Bztr. 
mit sehr haufigem positiven Befund gingen ohne Tierversuch freiwillig, 
1 Bztr. fiel durch Todesfall weg. Der noch in der Anstalt gebliebene 
Dauerausscheider K. H. war im Tierversuch avirulent und hat noch nicht 
wieder positives Abstrichmaterial geliefert, der andere gebliebene Bztr. A. 
ist, positiv am 2. Dez. 1919, damals nicht auf Tiervirulenz gepruft worden 
und seither dauernd negativ. Das Problem der konstanten Virulenz, 
die Klinger und Schoch (14) bejahen, erhielt in einem Fall BestS- 
tigung, in einem blieb es offen (bei doppeltem Tierversuch). 

12 ist eine dringende Forderung von Seligmann und Schloss (15X 
der sich dabei, wie wir, mit einem Abstrich begnttgt, ebenso wie For¬ 
derung 13. 

14 basiert auf der Forderung Loeff lers (16) und zahlreicher n&ch 
ihm, Wiederzulassung zum Schulbesuch erst nach mehrmaligem nega- 

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Gauinitz, Beob. ub. d. Auftrefen v. Diphtherie in einer Erziehungsanstalt. 335 

1 

tiven Befund zn gestatten. Die Unterbringung in besonderen Rekon- 
valeszentenheimen and Asylen zur Entlastung von Kliniken und An- 
stalten empfiehlt Gabritschewsky (17) and Heubner (18). 8 Ffille 
warden bei uns so behandelt and zam Teil in Nebengeb&uden der An- 
stalt nntergebracht. Die Kliniken baben uns Genesene oft sebr frflh 
zurfickgeschickt, da sie den Platz notwendig brauchten. 

Die wirklich ernsthafte Durchfflhrung dieser Mafinahmen erspart das 
groBe, dabei nicbt sehr zuverl&ssige Radikalverfahren: die Schliefiun'g 
der Schule oder Anstalt, die Seligmann (19) nur empfiehlt bei 
sehr grofier Zahl von Erkrankten oder Bazillentrfigern. Bei unserem 
Fall (st sie nicht angewendet worden; die Unterbrechung durch die 
Ferien bat nur scheinbar gfinstig gewirkt, die Bztr. waren geblieben. 
Zur MaBnabme der Isolierung ist kritisch zu beraerken, daB lfinger 
dauernde gemeinscbaftliche Isolierung von Bztr. die Gefabr bedeutet, die 
Bazillen dauernd zu ergfinzen. Ebenso ist es eine zweischneidige MaB- 
uahme, bei Isolierung VerdSchtiger einen Bztr. zur Aufsicht mitzu- 
isolieren, wenn man auch andererseits Gesunde ohne Bazillen davon 
fernzuhalten sucbt. 

Bei den Erkrankungen im September 1919 wurden diese Forde- 
rungen, wie im letzten Epidemicabschnitt beschrieben ist, aucb von seiten 
der Anstalt mit groBer Gewissenhaftigkeit konsequent durcbgeftthrt mit 
dem Erfolg, daB seitdem die Epidemie erloscben ist. 

Beobacbtungen fiber lokale Bekfimpfung der Bazillen von Bazillen- 
trigern warden nicht gemacht. 

Besondere Beobacbtungen. 

Stellt man die Zahl der Keimtrfiger (Erkrankte, DA. und Bztr.) 
ngch Stand und Geschlecbt zusammen, so ergibt sich folgendes Bild: 

Tabelle VIII. 



i , | 

Erkrankte | 

• i 

Davon DA. 

Bztr. 

ohne DA. 

Geoamtzahl der v. d. 
Epid. direkt Betroff. 


_6J 

Q 1 

| zns. 

<3 ! Q 1 

<s . 

i $ i 

ZU8. | 

6 i 

2 | ru8. 

Lehrperaooal 

HauspensOQ. 

Pflegerinnen 

Schtiler 

1 29 | 

4 

2 

9 

4 

2 

38 

! — ! i;f 1 

6 

! i i 

! 2 
i 8 

i 1 

2 

14 

1 _ 

| 35 

5 i 5 

2 2 

2 2 

17 i 52 

Somme | 

29*)l' 

15 j 

1 44*) 

1 - t i i i 

1 6 

! n 1 

i I? 

j 35 ' 

26 I 61 


*) Die Zahl der Erkrankungsfalle erhoht sich durch 2 Schuler, die 2mal er- 
kTankten, auf 31 bzw. 46. 

Prozentverbfiltnisse wurden aus keiner Tabelle berecbnet, dazu halte 
ich die Zablen ffir zu gering. Eine besondere Bevorzugung eines Ge- 
schlechts bei der Gesamtbeteiligung an der Epidemie mfichte ich nicht 
herauslesen. Aufffillig ist die ausscblieBliche Beteiligung des erwachsenen 
weiblicben Gescblechts in Lehr- und Hauspersonal (Pflegepersonal war 
ausschliefilich weiblicb) und scheint Gaethgens (20) Recbt zu geben, 
daB von Erwachsenen hautsachlich das weibliche Geschlecbt von Bazillen 
befallen wird, wohl infolge seines intensiveren Verkehrs mit Kindern, 
der in diesem Falle unbestritten war. Es gehfirten aber zur Anstalt 
nur durchschnittlich 10 mfinnliche Erwachsene neben 50 weiblicben. 

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336 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 


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Die Zahl der BazillentrSger einschlieClich DA. (znsammen 18) er- 
scbeint im Verhfiltnis zur Zabl der Erkranknngen (46) niedrig, wenc 
man sie mit der Beobachtung Kruses (21) vergleicht, der in eioer 
Taubstummenanstalt von 256 Insassen 16 Erkrankungen und 90Bz(r. fand. 
Geme8sen an der Durchschnittszabl der Bewobner unserer Anstalt (164) 
entspricbt die Zahl der Bztr. etwa dem Prozentsatz, den Sacqn6p6e(22) 
fflr die Zabl von Bztr. in grQBeren KinderkrankenhSusern annimmt 
(12 Proz.); bliebe also hinter der von ihm angegebenen Prozentzahl tod 
20 - 25 Proz. bei Endemien Oder Epidemien in Schulen zurfick. Ueber- 
sieht man aber noch einmal die EiDzelabschnitte, so bedentet die Bztr.- 
Zahl von 12 im M&dcbenheim Januar bis M&rz 1919 bei einer Bewobner- 
zahl des M&dchenheims von 47 ein ganz anderes Resultat. Hier war 
sie zudem doppelt so groB als die Erkrankungsfcahl (6). 

Es bleiben von dieser Arbeit folgende langere Beobachtnngen von 
Keimtrfigern, deren Bazillenbefunde wert sind, verdffentlicht zu werden: 

A. die 2 Dauerausscheider 

1) K. H. <5 8 J. erkrankt am 6. Nov. 18. Befunde: 


12. 

11. 18 

+ 

20. 1. — 

24. 4. 

23. 1. 20 

14. 

11. 


22. 1. - 

2. 5. - 

29. 1. 

18. 

11. 

+ 

24. 1. - 

15. 5. 

4. 2. 

21. 

11. 


5. 2. - 

17. 5. - 

10. 2. 

23. 

11. 


24. 2. — 

Liicke 

13. 2. 

20. 

11. 

— 

10. 3. - 

5. 9. 

20. 2. 

19. 

12. 


19. 3. — 

8. 9. — 

27. 2. 

27. 

12. 


27. 3. + 

17. 9. - 

15. 3. 

30. 

12. 

— 

31. 3. — 

30. 9. — 

22. 4. 

14. 

1. 19 

+ 

3. 4. 

8. 11. - 

Liicke 

17. 

1. 

— 

17. 4. — 

2. 12. — 

3. 6. 


wird weiter beobachtet. 


Resultat: Bei fast 20 Monaten Beobachtung 13 MonateDauer des Bazilleo- 
tragens (5mal +, 1 TV. —). 


2) Frl. L. Q 21 J. Lehrerin, erkrankt am 19. Jan. 19. Befunde: 


31. 

10. 18 — 

5. 2. — 

19. 3. +, TV. + 

15. 

1. 19 — 

24. 2. + 

24. 3. + 

21. 

1. — 

28. 2. + 

27 m 3m *{“ 

22. 

1* + 

3. 3. + 

17. 4. + 

24. 

1. ~b 

5. 3. + 

24. 4. + 

27. 

1« “b 

7. 3. 

Abgegangen 31. 5. 

29. 

1* “b 

11. 3. — 

Abetriche im August 19 (in Gdrlitz) 

31. 

1. + 

13. 3. - 

positiv 


Resultat: Bei 10 Monaten Beobachtung 7 Mon ate Dauer des Bazillentrageni- 
nachgewiesen (14mal u. mehr +, 1 TV. +). 


B. 4 Bazillen trager 


1) A. F. 9 10 J. 

Befunde : 


29 . 4 . 

18 +, TV. + 

27. 6. 

+ 

3. 5. 

-b 

4. 7. 

+ 

6. 5. 

+ 

11. 7. 

— - 

8. 5. 

— 

Liicke 


10. 5. 

— 

31. 10. 

_ 

13. 5. 

— 

Liicke 


27. 5. 

+ 

14. 1. 19 

— 

10. 0. 

-b 

24. 1. 

— 

13. 0. 

-b 

3. 2. 

— 

20. 0. 

— 

10. 3. 

— 

21. 6. 

+ 

19. 3. 

— 


Resultat: Bei Beobachtung von 
Bazillcntragens nacbgewiesen (lima! +, 


27. 3. +, TV. + 

31. 3. + 

17. 4. — 

24. 4. — 

Abgegangen; im August 19 in Gdrlitz +. 

November 19 — bis auf eine + AusnahnK 
Nicht weiter verfolgt. 


19 Monaten 10 (18) Monate Dauer des 
! TV. +). 


Gck igle 


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Gaumitz, Auftreten von Diphtherie in einer Erziehungsanstalt. 


337 


2) Frl. Bohr. Q 22 J. Erankenpflegerin. Befunde: 


15. 1. 19 + 

29. 1. — 

3. 4. — 

2. 12. + 

17. 1. 

+ 

31. 1. — 

Liicke 

5. 12. + 

20. 1. 


5. 2. — 

5. 9. + 

10. 12. — 

22. 1. 

— 

26. 2. — 

8. 9. - 

16. 12. + 

24. 1. 

+ 

19. 3. — 

30. 9. — 

22. 12. — 

27. 1. 


24. 3. - 

Liicke 

Abgegangen 


Resultat: Bei 11 Monate Beobachtung 11 Monate JDauer dee Bazillentragens 
nachgewiesen (7mal +). 


3) A, (J J- Befunde: 


29. 4. 18 — 

7. 3. — 

5. 9. + 

22. 12. 

Liicke 

Liicke 

10. 3. — 

8. 9. - 

31. 12. — 

3. 6. - 

31. 10. — 

14. 3. - 

10. 9. — 

8. 1. 20 — 

16. 6. - 

Liicke 

19. 3. — 

24. 9. - 

23. 1. 

29. 6. — 

14. 1. 19 ? 

24. 3. - 

Liicke 

29. 1. — 


15. 1. — 

27. 3. — 

8. 11. — 

10. 2. - 


3. 2. - 

31. 3. — 

2. 12. + 

20. 2. - 


26. 2. + 

3. 4. — 

5. 12. — 

27. 2. 


3. 3. - 

19. 5. — 

10. 12. — 

15. 3. — 


5. 3. — 

Liicke 

16. 12. - 

22. 4. — 



Wird weiter beobachtet. 

Resultat: Bei 26 Monaten Beobachtung 10 Monate Dauer dee Bazillen- 
trageng (3mal poeitiv). 


4) M. H. 9 10 J. Befunde: 


2. 10. 19 + 

24. 10. — 

10. 12. — 

6. 10. + 

27. 10. + 

16. 12. — 

8. 10. "f* 

29. 10. — 

Auswarta 2mal — 

10. 10. — 

31. 10. +, TV. + 

22. 4. 20 - 

13. 10. + 

3. 11. — 

Liicke 

15. 10. — 

14. 11. — ' 

10. 6. + 

20. 10. — 

2. 12. + 

16. 6. +, TV. — 

22. 10. + 

5. 12. — 

Abgegangen 

fie8ultat: Bei 8 Monaten Beobachtung 8 Monate Dauer des Bazilientragens 
nachgewiesen (lOmal poeitiv, 1 TV. +, 1 TV. —). 


Bei der Kleinheit der Zahlen konnte keiue Stellung genommen 
werden zu der Auffassung H. Con rad is (23), der die Daaerausscheider 
als Haupttr&ger bezeichnet, die die geffihrlichen seien im Gegensatz zu 
den yon ihm Nebentr&ger genannten Bazillentr&gern im alten Sinne. 
Den beiden Dauerausscheidern, die wir batten, konnten Ansteckungen 
anderer nicbt nachgewiesen werden; bei dem einen ist ein 20-rnonatiger 
Aufentbalt in der Anstalt mit wenig Unterbrechungen verfolgt worden, 
wobei schlieBlich Gelegenheit zur Uebertragung gewesen w&re; dafQr 
sind aber 16 Bazillentr&gern (NebentrSgern Conradis) 24 Infektionen 
zur Last zu legen, davon 8 sicher bewiesene, was ihre Gef&hrlichkeit zur 
Genflge darlegt. 


Die Endergebnisse aller Beobachtnngen und Erfahrungen der 
vorliegenden Arbeit lassen sich folgendermafien zusammenfassen: 

1) Der Verlauf der Epidemie war Qberwiegend ab- 
hangigvonder Anwesenbeit von Bazillentr&gern, denen 
auch in zahlreichen Fallen die Schuld der Uebertragung direkt nach¬ 
gewiesen werden konnte. 

2) Die positiven Bazillenbefunde fanden sich geh&uft bei „Gesunden“ 
zur Zeit von echten akuten Erkrankungsf&llen, um sich bei der Mehr- 

Ente Abt. Orig. Bd. 87. Heft 6. 22 


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Gougle 


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338 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 

zahl nicht zu wiederholen; bei wenigen „chronischen u Bazillentrigern 
(einschlieBlich Dauerausscheider) wiederholten sie sich bei Neuerkran- 
kungen und in erkrankungsfreien Intervallen. 

3) Als l&ngste Dauer des Bazillentrageus konnten bei einer kind- 
lichen Bazillentr&gerin noch 16 Monate nach dem ersten positiven Be- 
funde Bazillen nachgewiesen werden. 

4) Bei der BekSmpfung von Diphtherief&llen in einer geschlossenen 
Anstalt sind unentbehrlich: die strenge Isoliernng aller Erkrankten nnd 
der Bazillentr&ger mit positivem Befund, die mehrraalig nachgewiesene 
Bazillenfreibeit von Genesenen und BazillentrSgern vor Wiederznlassnng, 
die dauernde regelm&Bige Abstrichkontrolle der Bazillentr&ger in knrzen 
Zeitabschnitten, die endgflltige Entfernung von cbronischen Bazillen¬ 
trSgern, von Zeit zu Zeit vorzunehmende Gesamtabstriche aller Insassen 
und die sofortige Abstricbuntersuchung von Neuaufnahmen und Ver- 
dSchtigen. 

5) Bei ErkrankungsfSllen mflssen vorQbergebende Isolierungen anch 
grOBerer Kreise bis zur vOlligen KISrung und Beseitigung der Infek- 
tionsquellen vorgenommen werden. 

6) Fflr grofiere gescblossene Anstalten ist die Einrichtung besonderer 
Rekonvaleszentenheime und Isolierstationen mit besonderem Pflege- 
personal wflnschenswert. 


Iiiteratur. 

1) Lanier, Ueber Geschwistererkrankungen und Heimkehrfalle. (J&hrb. d. 
Kinderheilk. Bd. 85. 1917. S. 171.) — 2) Beligmann, Die Bekarnpfung der Diphtheric 
in Schulen und geschlossenen Anstalten. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 70. 1912. B. 66 u. 67.) — 
3) Langer, vgl. 1) B. 171. — 4) Abel, Beitrag zur Vrage der Lebensdauer der Di- 

{ htheriebazillen. (Centralbl. f. Bakt. Bd. 14. 1893. S. 761.) — 5) Gottstein, zit von 
ganger, vgl. 1)S. 158. — 6) Loeffler, Zur Diphtheriefrage. (Dtsch.med. Wochenschr. 
1894. Nr. 47.) — 7) Gaethgens, Ueber Krankheitsubertragung durch Gesunde. 
(Zeitschr. f. arztl. Fortb. 1919. Nr. 7.) — 8) Langer, vgl. 1) B. 164. — 9) Selig- 
mann und Bchloss, Beitrage zur Epidemiologie und Klimk der Diphtherie. (Zeitschr. 
f. Kinderheilk. Bd. 4. 1912.) — 10) Langer, vgl. 1) B. 163. — 11) Abel, Erfolge 
und Mangel der Diphtheriebekampfung. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 64. 1912. 
S. 238.) — 12) Sommerfeld, Zur Infektionsdauer der Diphtherie. (Dtsch. med. 
Wochenschr. 1912. S. 243.) — 13) Klinger u. Bchoch, Weitere epidemiologische 
Untersuchungen fiber Diphtherie. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 80. 1915. S. 55.) — 14) Klin¬ 
ger u. SSchoch, vgl. 13) ebenda. — 15) Beligmann u. Sch loss, vgl. 9) B. 475—476. 
— 16) Loeffler, vgl. 6) These 17. — 17) Gabritschewsky, Zur Prophylaxe der 
Diphtherie. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 36. 1901. B. 66.) — 18i Heubner, Diskussion zu 
einern Vortrag Bommerfelds. (Berl. klin. Wochenschr. 1911. S. 52.) — 19) Beiig- 
mann, vgl. 2) S. 45. — 20) Gaethgens, vgl. 7). — 21) Kruse, Die Verbreitung 
und Bekarnpfung der Diphtherie. (Munch, med. W. 1916. S. 1253—55.) — 22) Zit 
von Gaethgens, vgl. 7). — 23) H. Conradi, Vorarbeiten zur Bekarnpfung der Di¬ 
phtheric. Jena (G. Fischer) 1913. S. 86. 


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Knorr, Wirkung von RindergalJe auf Ruhrbazillen. 


339 


Naohdruck vet bo ten . 

Experimented Studien liber die Wirkimg von Rindergalle 

anf Rubrbazillen. 

[Ads der Bakteriologischen Untersochungsanstalt Erlangen, Prof. Dr. 

W. Weichardt.] 

Von Dr. Maximilian Knorr. 


In unserem Institut werden sQmtliche Blutproben, die zur Agglu¬ 
tination eingesandt werden, ohne besonderen Antrag auch in Rindergalle 
yerirapft. Obwohl meist nur 1—3 ccm Blut, oft nur ein blutgetr&nkter 
Wattetupfer, in die Galle gegeben werden konnte, gelang es in zahl- 
reichen Fallen, Typhus- und Paratyphus B-Bazillen zu zQchten, so daB 
das Verfahren in mancher Hinsicht Vorteile bietet. 

Bei einem klinischen Typhusfall (Agglutination Ty l:200-f-, Dys. 
negativ) wurde nun durch Anreicherung in Rindergalle Dys. Y gezQchtet. 
Da ich mich eines gleichen Falles aus dem Felde erinnerte, hielt ich es 
der MQhe wert, die Literatur in dieser Hinsicht durchzusehen. 

Nowicki (1) stellt die Falle zueammen, in denen Ruhrbazillen anfierhalb dee 
Darmtraktus gefunden wurden. Es ergibt sieh der interessante Betund, daS Dys. Y 
lOmal mit der Anreicherung in Rindergalle, ’somit mit meinen Fallen 12raal, aus dem 
etromenden Blute geziichtet werden konnle. 2mal fand sie sich in der Gallenblase und 
einmal in der Milz. 

Im Gegensatz hierzu wurde Dys. Shiga-Kruee und Flezner nie¬ 
mals mittels der Galleanreichernng aus dem strbmenden Blute ge- 
zuchtet. Dys. Flezner scbeint an und filr sich seltener gefunden zu werden, so 
lieB sie sich auSerhalb des Darmtraktus nur lmal in der Milz, lmal in der Gallenblase 
und 2mal im Uarn nachweisen. 

Dys. Shiga- Kruse konnte nachgewiesen werden; 

5mal in der Milz, lmal gleichzeitig im Herzblut, 7mal in der Galle bzw. Leber, 
3mal in Leber und Leberabszessen, 3mal mit obigem Fall im Herzblut und endlich 
lmal im Harn. 


Nach diesen Angaben schien die Rindergalle ein guter 
Nahrboden, vorzGglich fflr Dys. Y zu sein. 

Auffallig war, dafi Shiga-Kruse-Bakt., obwohl sie ebenso haufig 
anfierhalb des Darmtraktus nachgewiesen wurden, wie Ruhr Y-Bakt., 
also im Kreislauf gewesen sein mflssen, niemals aus dem strbmenden 
Blate gezQchtet werden konnten. Es w&re doch ein groBer Zufall, wenn 
man nur Y mit Hilfe der Galleanreicherung gezQchtet hatte nnd niemals 
Shiga-Kruse, unter Umstanden auch Flexner. In gewissen Grenzen 
konnte allerdings ja bei letzterem auf die Seltenheit des Vorkommens 
anfierhalb des Darmtraktus diesbezGglich hingewiesen werden. 

Betrachtet man aber die Fundorte der Dys. Shiga-Kruse auBer¬ 
halb des Darmtraktus, so zeigt sich, daB sie sich in nicht weniger als 
in % der Falle, in denen ihr Nachweis uberhaupt mbglich war, in der 
Leber, in der Galle und in Leberabszessen fand. Daraus geht hervor, 
daB sie in der Leber und ihrem Sekret, der Galle, wenigstens ihr Fort- 
kommen fin den muBte. Obwohl ja die chemische Zusammensetzung der 
Menschen- nnd Rindergalle bezQglich der GallensQuren und ihrer Salze 


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22 * 

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340 


(Jentralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 5. 


□icht ganz gleich ist, so kommen sie sich doch sehr nahe, ferner zeigen 
sich ja Schwankungen in dieser Beziehung auch bei ein und demselben 
Individuura. 

Somit ergibt sich, daB einerseits noch nie der Nachweis der Dys. 
Shiga-Kruse aus strdmendem Bint glQckte, auch nicht mittels der 
Galleanreicherung, andererseits der Nachweis in der flberwiegenden Mehr- 
zahl der Falle, in denen sie aufierhalb des Darmtraktus gefnnden wnrde, 
gerade in der Leber und ihrem Produkte gelang — allerdings nicht in 
der konzentrierten Zusammensetzung der Blase, sondern nur in den 
Gallon gUngen. 

Es wurde versucht, fflr diese Befunde auf experimentellem Wege 
eine ErklSrung zu finden 1 2 ). 

Frische Rindergalle wurde filtriert und im strdmenden Dampf eine 
Stnnde sterilisiert, dann in Reagenzgl&ser zu 6—8 ccm abgefflllt. Diese 
Gallerdbrchen wurden mit je einer 2 ram-Oese einer 18—48-std. Bouillon- 
kultur beimpft, die Galle dann sofort grQndlich gemischt, und je eine 
2 mm-Oese zu einer Gelatinez&hlplatte verwendet. Nach 6-, 24-, 48- und 
72-std. Bebriitung bei 37° wurden in der gleichen Weise Z&hlplatten ge- 
gossen. Waren sie steril, so wurde fiberdies 0,3—0,5 ccm in Bouillon 
eingesftt. 

Diese Versuche wurden mit 5 Shiga-Kruse-St&mmen, 2 V- 
Stfimmen und mit je 1 Stamm Dys. A, D und H*) angestellt. Zur 
Kontrolle wurden Typhus- und Paratyphus B-Stamme verwendet, die 
immer stark angereichert wurden und meist nach 24—72 St. unz&hlbare 
Kolonien aufgehen liefien. S&mtliche Stamme waren serologisch und 
biologisch fortlaufend geprflft. 

Aus Raumersparnis unterlasse ich die Aufstellung der Tabellen. 
Das Ergebnis war: 

1) Y wird in Rindergalle stets ganz erheblich angereichert, bereits 
nach 6 Std. ist die Keimzahl in vielen Fallen 4mal grOBer als in der 
Aussaat. Der 12malige Fund dieser Keirae mittels des Galle- 
anreicherungsverfahrens aus strdmendem Blute ist somit 
experimentell gekiart. 

2) Dys. D zeigt ein ahnliches Verhalten wie Y, lmal wurde jedoch 
eine nur schwache Anreicherung nachgewiesen. Dys. H konnte nur lmal 
angereichert werden, allerdings in einem Versuch, der bezQglich der Be- 
impfung, wie spater dargelegt wird, anders zu beurteilen war. 5mal 
wurde die bakterizide Wirkung der Rindergalle fflr diesen Keim festge- 
stellt. Dys. A war stets in Galle nach langstens 48-std. Bebriitung 
nicht mehr nachzuweisen. Des Vergleiches halber seien die biologischen 
Reaktionen in Zuckernahrboden beigefflgt. Die Y-St&mme bildeten in 
Maltose und Mannit-Nutroseldsung nach Ddrr stark Saure, so daB das 
EiweiB zur Gerinnung kam; Rohrzuckerlosung liefien sie unverandert. 
Dys. D rdtete Maltoselosung stark, liefi Mannit und Rohrzuckerldsung 
unverandert. Ebenso verhielt sich A. H kam bezflglich des Verhaltens 
in diesen Nahrlosungen den Y-Stammen gleich. 

3) Die Shiga-Kruse-Stamme wurden von der Rindergalle in 
verschiedenen Versuchen anscheinend ganz gegensatzlich beeinfluBt. 
Wurden doch in einem Versuche (im gleichen wie auch der H-Stamm) 

1) Die lanpjabrige Praparatorin der Anstalt, Frl. Elsbeth Gugel, hat mich 
hierbei durcb aorgfaltige Arbeit in dankenswerter Weise unterstiitzt. 

2) Fur die Ueberscnduug der Pseudodys. A, D und H bin ich Herrn Geheimiat 
K ruse zu Dank verpfiichtet. 


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Knorr, Wirkang von Rindergalle auf Ruhrbazillen. 


341 


s&mtliche, in einem weiteren Versuche 2 Shiga-Kruse-Stamme, an- 
gereichert. In alien anderen Versuchen konnte Shiga-Kruse nach 
48-std. Bebrfltung in Rindergalle nicht mehr nachgewiesen werden. Als 
Gesamtresultat erhielt man eine 9malige Anreicherung, gegenOber einer 
34-tnaligen Abtfltung. Aus diesen Ergebnissen ging zwar die bakterizide 
Wirkung der Rindergalle auf Shiga-Kruse einwandfrei hervor, jedoch 
zeigte sich gerade in 2 Versuchen, und nicht etwa verteilt fiber siimt- 
liche Versuche, daB unter gewissen Bedingungen eine Anreicherung der 
Shiga-Kruse in Galle stattfinden kdnne. 

Mflhsame Versuche, die in verschiedenen chemisch - biologischen 
Richtnngen angestellt wurden, bewiesen, daB die Anreicherungserfolge 
von Shiga-Kruse und gewisser Pseudodys.-Stamme, z. B. H, nicht 
darch das Feblen Oder Mangeln eines gewissen Stoffes in der Rindergalle 
bedingt sei, sondern durch dieMenge der in die Rindergalle 
eingesSten Keime. 

Nun wurden alle bisherigen Versuche, von denen ja Zahlplatten an- 
gelegt waren, unter Zugrundelegung dieses neuen Gesichtspunktes durch- 
gesehen. Die Fehlerquellen der Zahlmethodik wurden selbstverstandiich 
berflcksichtigt, trotzdem ergab sich, daB die Anreicherung von 
Shiga-Kruse gerade dann stattfand, wenn die ersten Zahl¬ 
platten der Galleaussaat nach sofortiger Beimpfung an- 
gelegt, die moisten Kolonien aufgehen lieBen. Dies wiederum 
erklarte sich im Versuch, wo alle Shiga-Kruse-Stamme und auch der 
H Stamm angereichert wurden, einfach durch die Entnahme des Impf- 
materiales aus Fleischwasserpeptonbouillon, wahrend bei alien fibrigen 
Versuchen das Impfmaterial aus Hottinger-Bouillon stammte. Ein 
einfacher Versuch bezGglich der optischen Dichtigkeit zeigte, daB nach 
der gleichen Zeit, bei gleicher Beimpfung die Peptonfleischwasserbouillon 
etwa 5—6mal so keimhaltig war, als Hottinger-Bouillon. Auch im 
zweiten Versuch, wo nur 2 Shiga-Kruse-Stamme angereichert wurden, 
zeigten deren erste Zahlplatten anifallend zahlreiche Kolonien. 

Da die Kritik der Versuche die Uebertragung des Nahrboden- 
materiales fflr die Anreicherung beschuldigen konnte, obwohl nur eine 
2 mm-Oese in Betracht kam, so suchte ich auf einem anderen Wege 
zum gleichen Beweis zu kommen. Die Gallerdhrchen wurden nun mit 
18-std. Schragagarkulturen in der Weise beimpft, daB in die eine Gallen- 
reihe nur ein winziges Stippchen, in die andere dagegen nur eine 1 mm- 
Oese der Schr8gagarkultur verimpft wurde. Da weiterhin die frflheren 
Versuche mit ziemlich alten Stammen angestellt waren, schien es ganz 
vorteilhaft, zahlreiche aus den einzelnen Ruhrepidemien herausgezfichtete 
Stamme in den Versuch stellen zu kdnnen. 

In den ersten Galleversuchsreihen, wo nur verbaltnismaBig wenig 
Material zur Aussaat kam, erlag Shiga-Kruse (15 verschiedene 
Stamme) 20mal der bakteriziden Wirkung der Rindergalle und wurde 
6mal angereichert. In den zweiten Galleversuchsreihen wurde 
imraer Anreicherung festgestellt. Noch nach 10 tagiger Be- 
brfitung konnten die Shiga-Kruse-Stamme aus der Galle gezQchtet 
werden. Die 6malige Anreicherung bei Beimpfung der Galle mit Stippchen 
von Schragagarkulturen ddrfte sich eben ohne weiteres daraus erklaren, 
daB diese Methode der Beimpfung zu ungenau ist, so daB es auch bei 
grdBerer Uebung nicht immer gluckt, nur die Keimzahl in der Galle 
auszusaen, die ihrer bakteriziden Wirkung unter alien Umstanden erliegt. 


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342 


Centralbl. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 


3 Ruhr Y-Stimme wurden aber stets in beiden Ver- 
suchsreihen angereichert. 

Die flbrigen Pseudodysenterien (8 Stfimme) wurden in der 1. Ver- 
suchsreihe 12mal angereichert und 4mal abgetdtet. Somit zeigten diese 
Versuche ebenfalls die bakterizide WirkuDg der Galle auf Shiga-Kruse. 
Aussaaten, in denen bei sofortiger Verarbeitung je einer 2 mm Oeseder 
frisch beimpften Rindergalle zur Zfihlplatte noch 1—300 Kolonien auf- 
gingen, waren nach lfingstens 48 Std. vOllig steril, so daB es selbst bei 
Aussaat von 0,2—0,3 ccm Galle nicht moglich war, ein Wachstum Dach- 
zuweisen. Es steht weiterhin fest, daB Dys. Shiga-Kruse, sobald 
die bakterizide Korrelation zwischen Menge der Rindergalle und ein- 
geimpfter Keimzabl flberschritten wird, durch Rindergalle angereichert 
oder wenigstens nicht abgetdtet wird. In den Versuchen wurden nicht 
etwa bestimmte Stfimme stets angereichert Oder abgetdtet, sondera 
bestimmte Versuche fielen durch die Erscheinung der Anreicherung, der 
Lebeusffihigkeit Oder der Abtdtung heraus. 

Eigentlich mfiBte man ftlr jeden eigenen Shiga-Stamm 
die Keimzahl bestimmen, die eben noch in der Lage ist, 
sich in der Galle wie in anderen Nfihrflfissigkeiten am 
Leben zu erhalten. In vielen Versuchen wurde die Wachstnms- 
intensity der verschiedensten Ruhrstfimme studiert, und man konnte 
sehen, wie in der gleichen Nfihrflfissigkeit nach gleicher Zeit und bei 
gleicher Beimpfung der eine Stamm den anderen durch Wachstumsst&rke 
bereits nach 12 Std., ja auch frflher schon makroskopisch sichtbar, fiber- 
flfigelt hatte. Im allgemeinen kann man sagen, daB Y-Stfimme bezfiglich 
der Intensitfit des Wachstums an 1. Stelle stehen. Jedoch glflckte 
es auch bei Berficksichtigung dieser Tatsache durch Ein- 
saat kleinster Keimmengen von Y nicht, die Anreichernng 
hintanzuhalten. Fflr Dys. A, D und H scheint die Rindergalle in 
den meisten Fallen bakterizide Wirkung zu haben. Es kommt jedoch. 
wie bei der schwankenden Biologie dieser Stfimme nicht wundernehmen 
darf, auch hie und da die anreichernde Wirkung der Galle zum Ausdruck. 

Nach diesen Darlegungen dfirfte die experimentelle Erklfirung far 
die aufffillige, schon eingangs erwfihnte Tatsache erbracht sein, daB der 
12malige Befund von Dys. Y mittels der Anreicherung in Rindergalle 
aus stromendera Blute glflckte, wfihrend es nicht gelang, Shiga -Kruse 
jemals wfihrend des Lebens oder nach dem Tode mit dieser Methods 
zu zflchten, obwohl gerade Shiga-Kruse ebenso hfiufig auBerhalb des 
Darmtraktus vorkam, wie Y und in 2 /s der Ffille in der Leber und Galle 
gefunden wurde. 

Es sei gestattet, an dieser Stelle auf 2 weitere Fragen einzugeheo, 
die sich ohne weiteres aus den niedergelegten Befunden und Versuchen 
ergeben: 

So ist es auffallend, daB von den 12 Ffillen, in denen der Nachweis 
von Y aus dem strdmenden Blute mittels der Gallenanreicherung glflckte, 
4raal Misch- oder Sekundfirinfektion mit Typhus vorlag. 

Ghon und Roman (2) glauben, dafi von ibren 9 Fallen 2 eicher auf Grand 
serologiseher Befunde mit Typhus kompliziert waren, 3 weiteren geben sie eine gteMie 
„Deutung*. Was meine 2 Falle betritft, so wurde der Nachweis aer Typhusbazillen in 
einem Fall durch ihre Ziichlung aus Htuhl und im anderen Fall durch das Vorhaoden- 
aein eines Titers fiir Typhus in der Hohe 1 :200 erbracht. Wieweit sich aus der Tiier- 
hohe 1:80 Bchliisse fiir eine Typhuserkrankung ziehen lassen, sei dahingestellt, da aba 
Ghon und Roman 2 weitere Falle daraufhin als Typhuskomplikatinn ansprecha, 
mufite dies erwahnt werden. Ueberdies wurde in meinem 2. Falfe durch die LiebeiH- 


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Knorr, Wirkung von Bindergalle auf RuhrbaziUen. 


343 


wurdigkeit des Herrn Hofrat Dr. Kohler, Regensburg, ein eingehender Krankheits- 
bericht der Aostalt fibersandt. Daraus geht hervor, aafi es sich klinisch um eioen 
leichten Fall von Typhus mit Roseolen am 9. Tag und geriuger Milzschwellung handelte. 
Die Id feklion mit Typhus war ferner dadurch siehergestellt, dafi die erkranfete Pflegerin 
im Typhussaal war. Ruhrsymptome fehlten vollig. Zweifellos handelte es sich 
also in diesem Falle um eiDe Einschwemmung der RuhrbaziUen in die Blutbahn. Bchon 
friiher (3) hatte icb darauf hingewiesen, dafi unter gewissen Bedingungen die Virulenz 
soD8t paihogener Keirae damederliegen konne. so dafi sie als harm lose Darmbewohner 
anzusprechen seien. Wird dann der Barm in unseren Fallen z. B. durch Typhus alteriert, 
so werden vorzuglich solche Bakterien in die Blutbahn ausgeschwemmt. Zweifellos 
kdnnen sie dann ihren harmlosen Charakter verlieren, miissen jedooh keine Virulenz- 
steigerung eifahren. Qhon und Roman haben fur viele ihrer Falle die gleiche An- 
sicht und betonen insbesondere in einem Fall, dafi es sich zweifellos um eine Schadigung 
der Darm wand durch einen nicht hamolysierenden Streptococcus handelt, der nach 
dem Tode aus dem Eiter eines Gehirnabszesses geziichtet werden konnte. Wenn auch, 
wie schon diese Autoren betonen, der Uebertritt von Y in die Blutbahn eine ver- 
scbiedene Bedeutung und eine verschiedene Ursache haben kann, so sei doch der Hin- 
weis gestattet, dafi es vielleicht gerade diesem Bakterium infolge seines Verhaltens zur 
Oalie moglich ist, sich dauerud im Darm in grofier Menge anzusiedeln, ohne dafi un- 
bedingt anatomische Veranderungen vorhanden sein miissen. 

G. Bruckner (4) ziichtete bei einer Typhusbazillentragerin, die mit einer Faszien- 
Dekrose der unteren Extremitat gestorben war, aus den Gallengangen der Leber Y- 
Bakterien. Darmveranderungen waren nicht vorhanden. Die Kranke hatte */ 4 Jahr 
yorher noch Typhusbazillen ausgeschieden und hatte wahrend ihres Aufentbaltes in der 
Klinik Y im Btuhl, Typhusbazillen dagegen nicht mehr. In der Gallenblase selbst 
konnte Y nicht gefunden werden. 

Ich ftthre diesen Fall an, weil es sich hier auch wahrscheinlich 
wieder um eine Ausschwemmung der vielleicht schon lange den Darm 
bewohnenden Y-Bakterien in die Blutbahn handelt; die Ursache dazu 
war durch die Allgemeinschadigung des Kflrpers gegeben. Vielleicht 
hatten sich die RuhrbaziUen auch gelegentlich der frflheren typhoseri 
Erkrankung schon in der Leber angesiedelt und wurden nun aus der 
Leber wieder in den Darm geschwemmt. Damit blieb jedoch die Ansicht 
fiber das Vorkommen der RuhrbaziUen aufierhalb des Darmtraktus die 
gleiche. Brttckner scheint nicht abgeneigt zu sein, daran zu denken, 
dafi gewisse biologische Beziehungen zwischen Y und Typhus im ant- 
agonistischen Sinne bestehen. 

A. Galambos (5) berichtet uber Komplikationen vou Typhus mit Ruhr und 
nmgekehrt an Hand eines ziemlich grofien Materials, leider jedoch nur auf Grund 
anatomisch pathologiecher Unterlagen. 

Bei 41 Fallen trat nach tiberstandenem Typhus Dysenteric auf; fast alle Falle 
endeten todlich. 

In 9 Fallen war Typhus und Dysenteric gleichzeitig vorhanden. Von diesen 
9 Fallen starben 8. Der einzige gebeilte Fall bezog sich auf einen rezidivierenden 
Typhus, wo die Dyaenterie im Hohepunkt des Rezidivs auftrat. Els schien so, als ob bei 
diesen Fallen die Dysenterie das Rezidiv oder die verlangsamte Heilung verursacht hatte. 

Iq 12—15 Fallen trat Typhus nach bestehender Dysenterie auf, und es war auf- 
fallend, wie viel be&ser die Prognose gerade bei dieser Gruppe zu stellen war. 

Nicht unwahrscheinlich, wenn auch nicht bewiesen, erscheint es 
deshalb, dafi in deo letzteu Fallen die Ansiedelung der RuhrbaziUen im 
Darme, vielleicht gerade vom Typ Y, die Typhusbazillen nicht recht 'fcur 
Wirkong kommen liefi, da auch andere FfiUe der Y-Typhuskomplikationen 
gate Prognose hatten. 

Erwfihnenswert ist, dafi A. Galambos in Fallen der posttyphosen 
Dysenterie 3 f in Fallen der Mischinfektion 6 und in postdysenterischen 
Typhuserkrankungen 2 Falle von Extremitatengangran sah, in Ueberein- 
stimmung mit dem Fall von Brflckner, bei dem ja auch die frflhere 
Typhusbazillentragerin wegen einer Extremitatennekrose in die Klinik 


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344 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 5. 

kam, dann gleichzeitig im Stahl and nach dem Tode anch in der G&lle 
Y batte. 

Die 2. Frage, die sich aus den Folgerangen des Verbaltens der 
HuhrbazilleD in Rindergalle ergibt, wird dadurcb anfgeworfen, dafi Rage, 
wie Brauer (6) angibt, ebenso wie franzosische Kolonialarzte die 
Meinuag vertritt, daB wfihrend der akuten Ruhr die Gallensekretion 
mangel baft oder fast aufgehoben sei. Ruge stfltzt diese Ansicht nach 
Brauer durch eine Beobacbtnng Uffelmanns, der bei einer Frau, 
die eine Gallenfistel batte nnd an Ruhr erkrankte, die Gallenabsonderang 
aus der Fistel am 2. Krankbeitstage aufhOren nnd erst am 9. wieder 
beginnen sah, als die Kranke sich in Rekonvaleszenz befand. Darans 
zog Ruge den Schlufi, daB es durch HerbeifQbrung einer reichlichen 
Galleabsonderung gelingen kdnne, den Verlauf der Ruhr gfinstig zu be- 
einflussen, ja weiter, daB die gute Wirkung der Salina, Ipecacuanha and 
des Kalomels vielleicht dadurch verstfindlich sei, daB die PrSparate galle- 
treibend wirken. Brauer kann diesen SchluBfolgerungen nicht zn- 
stimmen, weil diesen Mitteln eine galletreibende Wirkung nicht zukomme 
und fiberdies der antiseptische Wert der Galle so gering sei, dafi eine 
bedentende Schfidigung der Ruhrbazillen nicht erwartet werden kflnnte. 

Die letztere SchluBfolgerung dflrfte nach meinen experimentellen 
Erfahrungen, wenigstens soweit Shiga-Kruse und ihnen nahestehende 
Stfimme in Frage komraen, nicht aufrecht zu erhalten sein. Es wire 
empfehlenswert, diese Dinge von klinischer Seite nachzuprflfen, vielleicht 
durch SpBInngen des Darmes mit Rindergalle unter gleichzeitiger An- 
wendung galletreibender Mittel. Patienten mit bakteriologischem nnd 
serologischem Befund von Shiga-Kruse mfiBten sich am besten ffir 
eine solche Therapie eignen, am aussichtsreichsten dann, wenn weniger 
Eeime anwesend sind, z. B. im Beginn der Erkrankung und in der Re¬ 
konvaleszenz. S. Neumann (7) berichtet fiber ausgezeichnete Erfolge 
mit Choleval bei Ruhr. Choleval besteht aus Silber, das durch gallen- 
saures Natrium in kolloidaler Ldsung gehalten wird. Der Silberwirkung 
allein dflrften nach meinen Erfahrungen kaum die gflnstigen Wirkongen 
der Darmspfilungen zuzusprechen sein. Zweifellos spielt das gallen- 
saure Natrium als bakterizides Mittel ffir Ruhrbazilen eine Rolle, moglich 
ist auch, daB Choleval noch andere Bestandteile der Galle enthSlt. Ver- 
suche in dieser Richtung werden angestellt, es scheint jedoch nicht 
mfiglich zu sein, mit gallensaurem Natrium allein die beschriebene bak- 
terizide Wirkung ffir Shiga-Kruse zu erreichen. 

Zusammenfassung. 

Galle wirkt auf Shiga-Kruse-Bakterien bis zu einem gewissen 
Grade abtfitend, auf den einen Stamm mehr, auf den anderen weniger 
stark. Eine geringe Keimeinsaat wird in ihr immer vernichtet, einer 
reichlichen folgt meistens Vermehrung. 

Da im Blute bei echter Ruhr zumeist wenig Krankheitskeime and 
nur im Beginne der Krankheit vorhanden sind, ist die Aussicht, Shiga- 
Kruse-Bakterien mittels der Galleanreicherung zu gewinnen, gering. 

Auf Pseudodysenteriebakterien A, D und H wirkt die Galle eben- 
falls bakterizid, aber nicht so stark als wie auf Shiga-Kru se-Bakterien. 

Die unter der alten Bezeichnung Y verstandenen Pseudodysenterie¬ 
bakterien unterliegen der bakteriziden Wirkung der Galle nicht 


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Kaneko, Zur Kultur der Spirochaeta icterohaemorrhagiae etc. 345 


Iofolgedessen kann man nur Blut, das diese Art von Erregern ent- 
hftlt, mit Anssicht anf Erfolg in Rindergalle geben, wofflr auch die Er- 
fahrnngen anderer Beobachter sprechen. 

Durch die mitgeteilten zQchterischen Befunde erkl&rt sich das 
reichliche ond l&nger dauernde Vorbandensein von Y-Bakterien im Darm 
ohne gleichzeitige auffallende anatomiscbe VerBnderungen. 

Bei der echten Shiga-Kruse-Dysenterie und ihr nabestehenden 
Psendodysenterie besteht die Aussicht, Galle therapeutisch verwenden 
zo kOnnen, indem man nicht bloB galletreibende Mil tel anwendet. sondern 
gleichzeitig Einlanfe mit Tiergalle macbt. 

Meinem hochverehrten Chef ond Lehrer, Prof. Dr. L. Heim, bin 
ich fflr die Durchsicht der Befunde und der Arbeit zu grofltem Danke 
verpflichtet. 


Literatur. 

1) Nowicki, W., BerL klin. Wochenschr. 1917. S. 1237. — 2) Ghon und 
Roman, Wien. klin. Wochenschr. 1915. S. 579. — 3) Knorr, M., Munch, med. 
Wochensdir. 1919. 8. 961. — 4) Bruckner, G., Dtsch. med. Wochenschr. 1910. 
8.2047. — 5) Galfimbos, A., Wien. klin. Wochenschr. 1915. 8. 589. — 6) Brauer, I., 
Die Ruhr, ihr W«*sen und ihre Behandlung. Berlin. (Fischers med. Buchhandlung 
H. Kornfeld. 1918). — 7) Neumann, 8., Med. Klinik. 1918. 8. 638. 


Nachdruck verboten. 

Zur Kultur der Spirochaeta icterohaemorrhagiae 
und der Spirochaeta hebdomadis. 

[Aus dem Institut zur Erforschung der Infektionskrankheiten in Bern 
(Direktor: Prof. Dr. G. Sobernheim).] 

Von Prof. Dr. Renjiro Kaneko. 

Seit der Entdeckung der 8 pirochaeta icterohaemorrhagiae (Wei l-Spiro¬ 
chate) sind in der Literatur viele Mitteilungen iiber die Kultiviening dieser Spirochate 
erschienen. In ad a und Ido waren die ersten Forscher, denen die Ziichtung gclang. 
Sie benutzten ala Nahrmediura, nach der von Noguchi zur Ziichtung der Recurrens- 
spirochate angewendeten Methode, Ascitesfluesipkeit, die mit einem Stuekchen Meer- 
schweinchcnniere beschickt worden war. Darauf folgten weitere Angaben iiber das 
Kulturveriahren der genannten Spirochate von lto und Matsuzaki, Ohara, Oba, 
Ungermann, Uhlenhuth und Fromme, Reiter und Ramme, Noguchi, 
Martin, Pettit und Vaudremer, Dietrich, Uhlenhuth, Wani,Gieszczy- 
kiewicz, Stefanopoulo, Mant utel u. a. 

Ueber die Ziichtung der Spirochaeta hebdomadis (Siebentagefieber-Spiro- 
chate) liegen nur die Angaben von Ido, lto und Wani vor. Nach ihnen soil sich 
diese Spirochate mit Hilfe des gleichen Verfahrens wie die Spirochaeta ictero¬ 
haemorrhagiae zur Entwicklung bringen lassen. 

Gelegentlich eines von Dr. Morihana und mir angestellten Ver- 
gleiches der aus Japan mitgebrachten SlSmme der Spirochaeta 
icterohaemorrhagiae und der Spirochaeta hebdomadis mit 
dem deutschen Stamm der Spirochate der Weilschen Krankheit habe 
ich mich mit dem Kulturverfahren dieser Spiroch&tenarten etwas n&her 
bef&Rt. 


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346 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Original®. Bd. 87. Heft 5. 


Obwohl die verschiedenen Antoren mit ihren besonderen Methoden 
zum Ziele gelangten und Kultoren der Weil-Spirochfite erbielten, Bind 
doch die Angaben fiber die ffir die Kultivierung wichtigen Bedingungen 
nocb ziemlich widersprechend. Dies veranlaBt mich zur Mitteilung der 
voq mir gewonnenen Ergebnisse. Sie bezieben sich auf Kulturversuche 
mit den beiden Spirochfitenarten, der Weil-Spirochfite (japan, and 
deutscher Stamm) und der Siebentagefieber-Spirocbfite. 

I. Der Wert von Aszitesflfissigkeit, Organextrakt und Eiereiweifi 

als Kulturmedieu. 

Zunfichst habe ich mich der Untersuchung von menschlicher Aszites- 
flussigkeit und Organextrakt gewidmet. Eine ganz steril entnommene 
Aszitesflfissigkeit wurde mit Ringerscber Flfissigkeit, in ver¬ 
schiedenen Konzentrationen verdflnnt, mit Oder ohne Zusatz von etvas 
(1 Tropfen auf 2 ccm) Kaninchen- oder Meerschweinchenblut, und nach 
Erhitzung wfihrend 30 Min. in einem Wasserbade von 56°—58° C Oder 
ohne Erhitzung zum Gebrauch hergestellt. Organextrakt wurde von 
Gehirn, Niere, Leber und Milz von entbluteten Meerschweincben oder 
Kaninchen in folgender Weise prfipariert: Das Organstfickchen wurde 
unter steriler Manipulation verrieben, in verschiedenen Mengen von 
Ringerscher Flfissigkeit wfihrend 24 Std. extrahiert und nach oder ohne 
Erhitzung mit dem Keime beimpft. 

Nach vielfach wiederholten Untersuchungen konnte ich schliefilich 
feststellen, daB Aszitesflfissigkeit als Medium znr Kultivierung der Spiro- 
cbfiten recht geeignet ist, wfihrend Organextrakt, in Uebereinstimmong 
mit der Angabe Noguchis sich mir als fast unbrauchbar erwies. In 
reiner unverdfinnter oder verdfinnter Aszitesflfissigkeit konnte ich kcin 
deutliches Wachstum der Spirochfiten nachweisen. Dagegen gediehen die 
Spirochfiten in der mit etwas Kaninchen- oder Meerschweinchenblnt 
vermengten Aszitesflfissigkeit ziemlich gut. Zuweilen konnte ich anf der 
H6he der Entwicklung 20—40 Exemplare in einem Gesichtsfeld (Yu Oel- 
immersion, Okular 3, Leitz) zfihlen, wobei Kaninchenblut ffir die Ver- 
mehrung der Keime etwas gfinstiger zu sein schien, als Meerschweinchen¬ 
blut, aber freilich ist der Unterschied nicht bedeutend. Erhitzung flbt 
auf den Nfihrwert der Aszitesflfissigkeit keinen groBen EinfluB aus. 

Obwohl Inada und Ido, spfiter auch Ito und Matsuzaki die 
Aszitesflfissigkeit als Nfihrboden ffir die in Rede stehenden Spirochfiten 
mit gutem Erfolg benutzt hatten, konnten Noguchi und Reiter in 
dem gleichen Medium kein deutliches Wachstum der Spirochfiten nach¬ 
weisen. Das hfingt wohl damit zusammen, daB die letzteren Forscher 
nur reine Aszitesflfissigkeit verwendeten, die keine Spur von Blut ent- 
hielt, wfihrend Inada und Ido ein Stfickchen Meerschweinchenniere, Ito 
und Matsuzaki dieses oder ein Stfickchen Blutkoagulum noch hinzu- 
ffigten. Ungermann hatte Peritonealflfissigkeit von Meerschweinchen 
mit oder ohne Hinzuffigung von Blut oder Organstfickchen als Kultur- 
medium versucht, ohne damit eine befriedigende Ver mehrung der Spiro¬ 
chfiten zu erreichen. 

Doch bestfitigt mein Versuch die Angabe von Inada und Ido, 
daB Aszitesflfissigkeit als flfissiges Kulturmedium bei der Zfichtung der 
betreffenden Mikroorganismen brauchbar ist. 

Endlich habe ich auch EiereiweiB mit Ringerscher Flfissigkeit 
in verschiedenen Konzentrationen verdfinnt und mit oder ohne Beimischong 


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Kaneko, Zur Kultur der Spirochaeta icterohaemorrhagiae etc. 347 

von BlnttrOpfchen untersucht. Ich konnte aber kein deutliches Wachstum 
der Keime darin konstatieren. Dies stimmt mit der Angabe Noguchis 
flberein. 

II. Sera verschledener Haustiere und you Menschen. 

I to und Matsuzaki untersuchten zuerst Blutserum als Kultur- 
medium ftir die Weil-Spirochate. Sie konnten in dem mit destill. 
Wasser 2fach verdflnnten, ein Stflckchen MeerschweinchenDiere Oder 
Blutkoagulum enthaltenden Blutserum von Menschen und Rindern diese 
Spirochete zflchten. Gleich darauf verdffentlichte Unger man n seine 
Ergebnisse, daft reines Serum das beste Kulturmedium bildet, und seit- 
dem wird flussiges Blutserum, besonders des Kaninchens, von vielen 
Seiten als N&hrboden zur ZQchtung der Spir. icter o haemorrhagiae 
bevorzugt. Ungermann hat zunachst reines Meerschweinchenserum, 
sp&ter aber reines Kaniochenserum alp das beste Medium empfohlen. 
Nach ihm gedeihen die Spirochaten auch in Hammelserum in Gppiger 
Weise, aber in Menschen- und Eselserum weniger stark, und in Rinder- 
nnd Hdhnerserum gar nicht Ungermann konnte aber die Parasiten 
durch allm&htiche Gewohnung an beliebige Serumarten anpassen. So 
gelang es ihm zuletzt, in reinem Eselserum ein Gppiges Wachstum der 
Spirochaten hervorzurufen, indem er die urspriinglich in Meerschweinchen- 
nnd Kaninchenserum gezGchteten Keime zunachst in ein aus 3 Teilen 
Kaninchenserum und 1 Teil Eselserum bestehendes Gemisch Gberimpfte, 
dann, nachdem sie darin ausreichendes Wachstum entfalteten, in eine 
Mischung aus gleichen Teilen Esel- und Kaninchenserum, darauf in ein 
Gemisch aus 3 Teilen Esel- und 1 Teil Kaninchenserum, und schliefilich, 
nachdem sie in diescm Nahrboden durch 3 Passagen ein gutes Wachstum 
gezeigt hatten, in reines Eselserum. Martin, Pettit und Vaudremer 
knltivierten die Weil-Spirochate in verdQnntem Rinderserum ebensogut 
wie in Kaninchenserum. Auch Noguchi hat flQssiges Kaninchenserum 
als das beste Nahrmedium fflr die Kultivierung dieser Spirochate an- 
gesehen, nachdem er durch vergleichende Untersuchungen die Sera ver- 
schiedener Tiere, wie Schaf, Meerschweinchen, Pferd, Kalb, Ziege, Esel, 
Schwein und Ratte, sowie von Menschen auf ihre Eignung gepriift hatte. 
Nach Noguchis Erfahrungen ist Ratten- und Schweineserum zu diesem 
Zwecke fast unbrauchbar, Kaninchen-, Perde- und Ziegenserum besser 
als das Serum von Meerschweinchen, Schaf, Esel und Kalb; auch Menschen- 
serum ist brauchbar. 

In meinen Versuchen habe ich das Wachstum der Spirochaten in 
Seren von Kaninchen, Meerschweinchen, Schafen, Rindern, Kfilbern, 
Pferden, Ziegen und Menschen geprflft. Alle Sera wurden aus steril 
entnommenem Blute unter aseptischen Kautelen keimfrei gewonnen. 
Unsere Spirochaten gedeihen in alien von mir untersuchten reinen Sera 
von Tieren und Menschen mehr Oder weniger flppig. Es scheint mir 
aber Kaninchenserum fflr diesen Zweck am besten geeignet zu sein. 
Darin stimmen meine Ergebnisse mit denen von U ngermann, 
Noguchi u. a. tiberein. Aber Sera von Meerschweinchen sind eben- 
falls sehr gut, und auch die anderen Sera sind brauchbar, obwohl dabei 
der Wachstumsgrad der Spirochaten verschieden sein kann, wie Tab. I 
lehrt. 


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348 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 


Tabelle I. 


Impfmaterial: Spirocbaeta ic terohaemo rrhagiae (japanischer Stamm). 
Untersuchung: Dunkelleldbeleuchtnng. 

Vergrdfierung: Oelimmersion, Okular 3, Leitz. 



Bpirochatenzahl in einem Geaichtsfelde nach 

der Beimpfung 

4 Tagen 

8 Tagen 

12 Tagen 

Menschenserum 

0 

10—15 

20-30 

10-20 

Schafoerum 

0 

5-10 

10-20 

5-10 

Stierserum , 

0 

10-15 

20-30 j 

10-20 

Kuhserum 

0 

10-20 

20-30 

15-20 

Pferdeserum 

0 

10—20 

20-30 

5-10 

Ziegenaerum 

0 

5-10 

10—20 

10-20 

M eerschwei n chenserum 

0 

10-20 

20-30 

30-40 

KaninchenBerum 

0 

20-30 

40—50 

40-50 


9 

Als Menschensera habe ich eine Anzahl von Proben untersacht, die 
der Untersuchangsabteilong des Institute zwecks Anstellung der Wasser- 
mannscben Reaktion zugegangen waren. Unter vielen Fallen warden 
nur wenige Sera gefunden, die fast kein Wacbstum der Spirochaten zu- 
stande komraen lieBen. In frisch gewonnenen, klaren Sera war fast 
immer eine Qppige Entwicklung der Keime zu erzielen. 

III. Verdttnnung der Sera. 

Ungermann hat, wie bereits erwfihnt, das unverdhnnte Kanincben* 
serum als das gQnstigste Kulturmedium fflr die W ei 1 - Spirochfite an- 
genommen. Und zwar behauptet er, daB nur in Gemischen von 9 Teilen 
Serum und 1 Teil Wasser Oder Bouillon die Keime noch ebenso fippig 
gedeihen, wie in reinem Serum, so daB die Anwendung verdQnnter Sera 
als Nihrboden kaum lobnend erscbeine. Hingegen wurden von vielen 
Forschern verdflnnte Sera als Nahrboden mit gutem Erfolg gebraucbt, 
und zwar von Martin, Pettit und Vaudremer ein mit 9 Teilen 
physiol. KochsalzlQsung oder Ringer sober FlQssigkeit verdQnntes Rinder- 
serum oder ein mit 5 Teilen derselben Flassigkeiten verdOnntes Kanincben* 
serum; von Reiter, sowie Gieszczykiewicz ebenfalls ein mit 5 Teilen 
pbys. Kochsalzlosung verdQnntes Kaninchenserum; von Uhlenhuthso- 
gar mit 30 Teilen Leitungswasser verdQnntes Kaninchenserum. Noguchi 
erreicbte nicbt nur bei Kaninchenserum, sondern auch bei Sera anderer 
Tiere oft durch VerdQnnung einen besseren Erfolg als ohne VerdQnnung. 
Manteufel bestatigte in letzter Zeit, daB verdQnntes Serum sicb znr 
ZQchtung besser als konzentriertes eignet und daB Leitungswasser oder 
eine Salzlosung mit einem 0,5-proz. Gehalt an milchsaurem Kalk sich 
besser als physiol. Kochsalzlosung bewfihrt. 

Zur Feststellung des optimalen VerdQnnungsgrades fQr das Wachs- 
tum des Keimes habe ich zunQchst mit einem Kaninchenserum eine 
Versuchsreihe angestellt, wie aus Tab. II ersichtlich ist. 

Nicht nur dieser Versuch, sondern noch weitere, mehrfach variierte 
Untersuchungen ergaben, daB in mehr oder weniger verdQnntem 
Serum das Wachstum der Spirochaten gQnstiger ist als in 
reinem Serum, wenn auch in letzterem, wie wir sahen, ein Qppiges 
Wachstum mdglich ist. Bezuglich des VerdQnnungsgrades gibt Noguchi 
an, daB in der Losung mehr als 10 Proz. Kaninchenserum enthalten 


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Kaneko, Zor Kultur der Spirochaeta icterohaemorrhagiae etc. 349 

Tabelle II. 


Impf material: der japanisehe Stamm der Spirochaeta icterohaemorrhagiae. 
Untersochung: Duokelfeldbeleuchtung. 

Vergriiflerung: */,, Oelimmersion. Okular 3, Leitz. (10 Geaichtsfelder gezahlt.) 


Verd0nnung6grad 
des Serums 

Durchschnittliche Parasitenz&hl 

^ 5 10 t *»” 

in 1 Gesichtsfeld nach 

2 Woch. 3 Woch. 4 Woch. 

K&ninchenserum 2,01 
Ringer-Lfteung 0/ 

0 

1 I 

17 

16 

24 

12 

4 

Eaninchenserom 1,01 
Binger-Ldsong 1,0 j 

0 

5 

25 1 

38 

36 

30 

24 

Eanincheoserom 0,7 1 
Binger-Lfisung 1,4 | 

0 

6 

85 

46 

25 

20 

14 

Eaninchenserum 0,51 
Binger-LOsong 1,5/ 

0 

2 

34 

44 

26 

35 

26 

Eanincheoserom 0,41 
Bi n ge r - Losung 1,6 J 

0 

4 

34 

26 

14 

15 

13 

Eaninchenserum 0,31 
Binger-JL5song 1,5/ 

0 

2 

33 

16 

15 

17 

12 

Eaninchenserom 0^ 1 
Binger-Ldsong 1,8 j 

0 

2 

16 

10 

7 

7 

6 

Eaninchenserom 0,21 
Binger-Ldsong 1,4 / 

0 

0 

10 

10 

3 

2 

3 

Eaninchenserom 0^ 1 
Binger-Ldsong 1,6/ 

0 

0 

12 

8 

3 

2 

3 

Eaninchenserom 0^ 1 
Binger-Ldsong 0,8/ 

0 

0 

3 

4 

2 

2 

0 

Eaninchenserom 0,11 
Bi n ger - Losung 1,9 / 

0 

0 

0 

4 

1 

0 

0 

Eaninchenserom 0 1 
Ringer-Ldsong 2,0/ 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 


sein rnQssen, am genflgendes Wachstum zu bewirken; in 5-proz. Se- 
rumlOsung wacbsen die Keime nur mBBig und in einem weniger als 
2 Proz. enthaltenden Medium gar aicht. Nach meinen eigenen Unter- 
suchuDgen scheint ein mit 2—5 Teilea Ringerscher FlQssigkeit ver- 
dlinntes Serum fQr das Wachstum der Keime am zweckm&Bigsten zu 
sein. Bei VerdQnnung der Sera, nach dem Vorgange von Uhlenhuth, 
mit einfachem Leitungswasser ist wohl ein noch stBrkerer Wasserzusatz 
mOglich, doch hatte ich selbst keine Gelegenheit, diese Art der Ver- 
diinnung zu prflfen. 

Auch Sera anderer Tiere und von Menschen kdnnen durch Ver¬ 
dQnnung in der genannten Weise mit besserem Erfolg zu Kulturzwecken 
angewandt werden, als in reinem Zustande. 

IV. EinfluB des Blutfarbstoffcs auf die Scrumkultur. 

Reiter und Ungermann beobachteten, daB eine Beimischung 
von Blutkbrperchen resp. Hemoglobin das Wachstum der Spirochete in 
Seramkultur beeintrechtigt. DemgegenQber scheint nach meinen ver- 
gleichenden Untersuchungen die Anwesenheit von Blutkorperchen Oder 
Hemoglobin in der Serumkultur eher fbrdernd auf das Wachstum der 


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;J50 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 5. 

Spiroch&ten zu wirken. Wohl hemmt eine zu groBe Menge von Blot 
das Wacbstum der Keime, doch macht sicb ein geringer Zusatz von Blot 
in gGnstigem Sinne bemerkbar. Es genflgt schon, 1 Tropfen Bint in 
ca. 2 cctn Serum einzutragen. Ich babe gem and mit gatem Erfolg 
ein darch H&molyse leicht gef&rbtes Kaninchenserum gebraucbt; selbst 
ein durch H&molyse dunkelrotlich gef&rbtes Serum erlaubt nocb ge- 
nflgendes Wacbstum der Spirocb&ten. Bei den durch die Gbliche Methode 
frisch gewonnenen Kaninchensera kann man gewGhnlich obne Blutzusatz 
den Kulturzweck erreichen, aber zuweilen triflt man doch auf solche 
F&lle, bei denen die eingeimpfen Keime in dem reinen Kaninchenserum 
nicht zur Entwicklung gelangen. Ich habe in 2 F&llen dieses Versagen 
des reinen Kaninchenserums beobachtet. Die Sera waren von etwas 
alten, groBen Kauinchen gewonnen uud frei von BlutkSrperchen. Durch 
HinzufGgen eines Tropfchens Kaninchenblut wurden die gleichen Sera 
zu guten N&hrboden und liefien ein Qppiges Wachstum der einges&ten 
Keime konstatieren. 

Bei den Sera von anderen Tieren wirkt der Blutfarbstoff gleichfalls 
fordemd auf die Vermehrung von Spiroch&ten, ganz &hnlich wie beim 
Kaninchenserum. 

Nach alledem mbchte ich annehmen, daB der Blutfarbstoff bei Kulti- 
vierung in flGssigem Serum die Spiroch&te in ihrem Wachstum fGrdert, 
worauf Inada und Ido bei ihrer AszitesflQssigkeit, Wani bei seiner 
Agar-Serumkultur bereits aufmerksam gemacht haben. Auch Stefano- 
poulo gibt an, daB er verdGnntes Blutkorperchenextrakt als N&rboden 
mit gutem Erfolg verwendet habe. Dies deutet wohl darauf hin, daB 
in der Tat die Beimengung von Blutfarbstoff zu dem Kulturmedium fflr 
die Weil-Spiroch&te eine wichtige Wachstumsbedingung darstellt 

V. EinflufJ von Agarzusatz; feste oder halbfeste N&hnnedlen. 

Die Anwendung von agar- oder gelatinehaltigen N&hrbdden zur 
Kultivierung dieser Mikroorganismen verdankt man dem Versuche von 
Ito und Matsuzaki. Sie benutzten gewGhnlichen Blutagar uud Blut- 
gelatine in verschiedenen Konzentrationen. Darauf kultivierte Noguchi 
die Spiroch&ten hauptsachlich in Agar oder Zitratplasma enthaltendem, 
mit 3 Teilen Ringerscher FIGssigkeit verdflnntera Kaninchenserum. 
Auch bei den Sera vom Schaf, vom Pferd, von der Ziege und anderen 
konnte er durch Zusatz von Agar einen besseren Erfolg erzielen als 
mit reinem Serum. Wani hat ebenfalls befriedigende Resultate er- 
halten, indem er verdGnntes Pferdeserum und AszitesflQssigkeit mit 
einem Zusatz von Agar versah. Demgegenuber ist -es auff&llig, daB 
Ungermann die Zuchtung seiner Spiroch&ten in agarhaltigem NShr- 
boden niemals gelang. 

Nach meinen Untersuchungen lassen sich Sera von Kaninchen und 
anderen Tieren, sowie AszitesflQssigkeit durch Zusatz von Agar zu be- 
sonders guten Spiroch&ten-N&hrbodeu machen. Die Spiroch&ten wachsen 
in solchen Agar-Serumkulturen sehr Gppig, meist ganz massenbaft, wie 
Bakterien. Man kann sie dann in einem Gesichtsfelde nicht mehr z&hlen. 
Da unsere Spirochaten sich offenbar gern in gallertigem Material an- 
siedeln und dort ein besonders starkes Wachstum aufweisen, so ist es 
nicht verwunderlich, daB die Spiroch&ten sich in Agarkulturen leicht 
und Gppig vennehren. Wie schon Wani bemerkte, wachsen die Spiro¬ 
ch&ten hauptsachlich in der oberflachlichen Zone der Agarkultur und 


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Kaneko, Zur Kultur der Spirochaeta icterohaemorrhagiae etc. 351 


bewirken bier eine makroskopisch sichtbare TrQbung. Die Agarkultur 
ist zum praktischen Gebrauche, wie z. B. zur Immunisierung von 
groBen Tieren Oder Vakzinierung von Menscben und Tieren, vorteilhafter 
als flflssige Kulturen, da die Vermebrung der Keime, wie gesagt, sebr 
flppig ist. Man erhhlt von Agarkulturen wesentlich grdBere Spiroch&ten- 
mengen, wahrend in flQssigen Substraten die Entwicklung der Keime auch 
im gOnstigsten Falle doch immer nur so weit geht, daB man die Zahl 
der Keime mikroskopisch in jedem Gesicbtsfelde noch gut zablen kann. 
Zu Laboratoriumszwecken aber ist die flQssige Kultur bequemer als die 
Agarkultur, weil der Agar in der Kultur die Farbung der Parasiten 
oder andere Manipulationen stdrt. Die Haltbarkeit der Agarkultur ist 
wesentlich langer als die der flQssigen Kultur. So konnte ich unsere 
Spirocbaten im Agarmedium, trotz der 2 Mon. langen Reise durch 
tropische Gegenden und durch SQdeuropa wahrend der Monate November 
and Dezember, ohne Verlust ihrer Lebensfahigkeit und Virulenz trans- 
portieren, wahrend alle flQssigen NQhrbdden sich unter den gleichen 
Verhaitnissen als unbrauchbar erwiesen hatten. 

BezQglich der Konzentration des Agars kann man, je nach dem 
Zwecke, flQssigere oder festere Kultursubstrate anwenden. Das Optimum 
der Agarkonzentration fQr das Wachstum der Spirochaten scheint aber 
ungefabr 0,3 Proz. zu sein, wie Noguchi und wir sie gebraucht baben. 
Zusatz von Blutfarbstoff ist bei Agr.r-Serumkulturen fQr das Wachstum 
der Spirochaten ebenfalls wichtig (cf. Wani). Auch sichert verdQnntes 
Serum, genau wie bei flQssigen NQhrbQden, einen besseren Erfolg als 
onverdQnntes Serum. FQr Agarkulturen scheint mir Kaniuchenserum 
am zweckmQfiigsten zu sein, doch lassen sich Sera von Pferden, Rindern 
ond Ziegen etc. gleichfalls gut verwenden, und man dQrfte auf diesem 
Wege Kulturmaterial zur Immunisierung groBer Tiere gewinnen kbnnen, 
ohne jede Gefahr der Ueberempfindlichkeit. 

YI. Temperatur bei der Kultivierung. 

In ad a und Ido kultivierten die Spirochaten in ihren Nahrboden 
am besten bei einer Temperatur von 22 — 25° C. I to und Matsuzaki 
folgten hierin der Angabe von Inada und Ido. Hingegen zog Unger¬ 
man n die Kdrpertemperatur bei seinen Serumkulturen vor, und er 
konnte sogar bei einer Temp, von 25° C ein Wachstum der Spirochaten 
in reinen, frisch beimpften NahrbQden nicht mehr konstatieren. Nach 
ihm kOnnen die Spirochaten aber ihre Vermehrung auch bei 25 °C fort- 
setzen, wenn die Kulturrohrchen nach mehrtagigem Aufenthalt bei 37° C 
weiterhin bei 25° C gehalten werden. Noguchi hat als die optimale 
Temperatur fQr das Wachstum der Spirochaeta icterohaemor- 
rhagiae 30—37° angegeben, obwohl sie nach seinen Beobachtungen 
auch bei 10—30° noch gut gedeiht. Reiter bezeichnete 22—37°, 
Martin und seine Mitarbeiter 23—33° C und Uhlenhuth die Tempe- 
raturen unter 35° C als die optimale Zone fur unsere Spirochaten. 
Nach meinen Erfahrungen besitzen die Spirochaten gegenflber Tempe- 
raturschwankungen innerhalb gewisser Grenzen eine weitgehende Toleranz. 
Sie wachsen noch bei Zimmertemperatur, natQrlich aber etwas langsamer, 
doch bleiben diese Kulturen langere Zeit haltbar als die bei Korper- 
warme gezQchteten. Es scheint mir daher zweckmaBig zu sein, unsere 
Spirochaten, wenn sie frisch Qberimpft worden sind, zunachst bei 37° C 
zn kultivieren und, nachdem das Wachstum eingesetzt hat, weiterhin bei 
Zimmertemperatur zu halten, wie Unger man n, Wani etc. verfuhren. 

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352 


CentralbL f. Bakt. etc. 1. Abt. Original*. Bd. 87. Heft 5. 


Das Temperaturoptimam ist Qberdies auch abhBngig von der Art 
des Nahrbodens. In Agarkulturen scheinen unsere Spirochaten gegeo 
Temperaturschwankungen widerstandsfQhiger zu sein, als in flassigen 
Substraten. 


VII. ParaffinUbersehlchtung. 

Bezftglich des Sauerstoffbedflrfnisses der Spirochaten sind die Mei- 
nungen der Autoren verscbieden. I to und Matsuzaki bebaupten, dafi 
diese Parasiten fakultativ anaSrob sind. Ungermann, Reiter and 
Dietrich stimmen darin flberein, daB die Spirochaten in anaerobes 
Kulturen besser wachsen als unter aSroben Bedingungen. Dietrich 
nimmt an, daB das Wachstura der Parasiten durch Zufuhr von Sauer- 
stoff bedeutend langsaraer wird. Hingegen schlofi Noguchi aus seines 
Versuchen, daB die Spirochaeta icterohaeraorrhagiae streog 
aerob sei. Nach ihm wirken alle Faktoren, die den Zutritt des Sauer- 
stoffs hindern, auf das Wachstum der Spirochaten hemmend; deswegeo 
mflsse auch die Verwendung eines zu stark konzentrierten Agars ffir 
die Gewinnung einer guten Eultur von Nachteil sein. Wani konnte 
in seinen Agarkulturen die Spirochaten ohne Paraffinfiberschichtung 
ztichten, was er fur wichtig hielt, urn die Penetration der Luft nicht zn 
verhindern, wahrend andere Forscher gerade umgekehrt die schfltzende 
Paraffinschicht immer als einen wichtigen Faktor betrachteten. Man- 
teufel bestatigt neuerdings, daB die Wei 1 - Spirochate sowohl nnter 
aeroben als.auch unter anagroben Wachstumsbedingungen gedeiht. 

BezQglich des SauerstoffbedQrfnisses unserer Spirochaten geht meine 
eigene Ansicht nach alien meinen Beobachtungen dahin, daB zum Wachstum 
dieser Mikroorganismen Sauerstoffzutritt in gewissem Grade not- 
wendig ist. Ein zu starker Sauerstoffgehalt scheint aber das Wachstum 
der Parasiten zu storen. Immerhin sehe ich die Paraffinftberschicbtung 
der Kulturen fiir die gute Entwicklung der Spirochaten als eine wichtige 
Manipulation an, nicht nur zwecks Sicherung des Luftabschlusses, son- 
dern auch aus anderen GrQnden. Es bleibt unter der Paraffindecke in 
dem fldssigen Kulturmedium dann immer noch die erforderliche Sauer- 
stoffmenge enthalten, das Paraffin aber schiitzt namentlich die obermi 
Schichten der Agar-Serum-Eultur vor Austrocknung. 

VIII. Erhitzung von Kulturmedlen. 

Nach Noguchi soli der Nahrwert des Serums durch Erhitzung auf 
60° wahrend 30 Min. beeintrachtigt werden. Ito, Matsuzaki, Unger¬ 
mann und Wani erhitzten dagegen ihre Kulturmedien, je nach dem 
Zweck (Sterilisation oder Inaktivierung), bei Temperaturen von 50—60*0, 
ohne hiervon einen Nachteil zu sehen. Nach meinen Erfahrungen flbt 
eine Erhitzung des NQhrmediums bis zu 60° C auf das Wachstum der 
Spirochate keinen groBen EinfluB aus. Es ist ja auch kaum denkbar, 
daB Kulturmedien durch Erwarmen auf diese relativ niedrigen Tempe¬ 
raturen an Nahrwert einbOBen sollten. Mir schien sogar fflr die Er- 
reichung eines sicheren Angehens und einer Qppigen Entwicklung der 
neu flberimpften Kulturen eine solche Erhitzung, besonders bei Serum- 
kulturen, wie auch Ungermann meint, vorteilhafter zu sein. 


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Kaneko, Zur Kultur der Spirochaeta icterohaemorrhagiae etc. 353 


IX. Reaktion dcs Kultnrincdlums. 

Meine Ansicht fiber die Reaktion des Nfihrbodens stimmt mit der 
zaerst von In ado und Ido ausgesprochenen Meinung fiberein, die dann 
von alien fibrigen Forschern anerkannt worden ist, dafi eine ganz schwach 
alkalische Reaktion fflr die Knltivierung der Spirochfite am zweck- 
mfifiigsten ist. 


X. Einige BcmcrkongcH fiber die Untersehicdc, 


die bei dem Kulturverfahren zwischen den von mir untersuchten 3 Spiro- 
chfitenstfitamen gefunden wurden. 

Im allgemeinen konnte ich die 3 Stfimme, und zwar den deutschen 
und den japanischen Stamm der Spirochaeta icterohaemorrha¬ 
giae sowie den Stamm der Spirochaeta hebdomadis, unterden- 
selben Bedingungen zfichten. Aber hier und da machten sich bezfiglich 
des Wachstums kleine Differenzen bemerkbar. So z. B. war unter den 
3 Stfimmen die Spirochaeta hebdomadis am leichtesten kultivierbar. 
Dieser Stamm wuchs in alien von mir gebrauchten Kulturmedien fippig, 
oboe Schwierigkeiten, wShrend der deutscbe Weil-Stamm zuweilen der 
weiteren Vermehrung Wider stand leistete. Besonders schien der deutscbe 
Stamm auf Agarkulturen in den ersten Versuchsreihen schwer anzu- 
geben, wShrend spfiter seine Fortzfichtung in Agarkulturen gut gelang. 
Der japanische Stamm der Spirochaeta icterohaemorrhagiae 
stebt in dieser Hinsicht zwischen den beiden anderen Spirochfiten- 
stfimmen. Es ist dabei von Interesse, dafi die Unterschiede der Kultivier- 
barkeit mit den Unterschieden der Virulenz zwischen den 3 Stfimmen 
ubereinstimmten. Wie bereits in unserer frflheren Arbeit hervorgehoben 
wnrde, war der deutsche Stamm am stfirksten virulent, der Stamm der 
Spiroch. hebdomadis am schwfichsten. Also war hier der virulenteste 
Stamm am schwersten kultivierbar. Dies erklfirt vielleicht die Schwierig¬ 
keiten, die sich mitunter bei Zfichtungsversuchen, auch bei sonst be- 
wfihrter Technik, bemerkbar machen, indem eben die Kultivierbarkeit 
der Spirochfiten je nach dem Stamme mehr Oder weniger variieren kann. 


Zusamuienfassung. 

1) Menschliche Aszitesflfissigkeit ist als titissiger Nfihrboden zur 
Knltivierung der Spirochaeta icterohaemorrhagiae und der 
Spirochaeta hebdomadis gut brauchbar, wenn man ein wenig 
Blutfarbstoff hinzuffigt. 

2) Verschiedene Sera von Tieren und Menschen eignen sich gleicbfalls 
als flfissiges Kulturmedium, Kaninchenserum ist, wie auch andere 
Forscher feststellten, am gfinstigsten. 

3) Das Kaninchenserum wird am besten in verdfinntem Zustande, 
and zwar durch Verdfinnung mit 2—5 Teilen Ringerscher LOsung ge- 
braucht. 

4) Zur Kultivierung der genannten Spirochfiten ist die Anwesenheit 
von BLutfarbstoff notwendig, zum mindesten wirkt er ffirdernd auf 
das Wachstum der Mikroben. 

5) Agarzusatz wirkt auf das Wachstum der Mikroben in den 
genannten flfissigen Nfihrboden gflnstig. 

Ente Abt. Orif. Bd. 87. Heft 5. 23 

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354 


CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 87. Heft 5. 

6) Die Ueberschichtung der fliissigen oder halbstarren Kultarmedien 
mit flfissigem Paraffin ist zweckm&Big, wenn auch nicht anbedingt 
erforderlich. 

7) Schwach alkalische Reaktion des N&hrbodens gibt die 
gfinstigsten Knlturbedingungen. 

8) Die Entwicklung der Spirochfiten erfolgt am raschesten bd 
Brnttemperatur. Zur weiteren Konserviernng werden die ange- 
gangenen Kulturen dann zweckm&Bigerweise bei Zimmertemperator ge- 
halten. 

9) Das Wachstum der Spiroch&ten in diesen Kultarmedien kaon je 
nach dem Stamm der Spirocb&ten graduell variieren. Die Viralenz 
scheint vielleicht von EinfiuB zu sein. 

10) Auf Grand meiner Untersuchungen haben sich die folgenden 
Kulturmedien zur ZQcbtung der Spirochaeta icterobaemorrba- 
giae and der Spirochaeta hebdomadis besonders bewfihrt: 

a) Flfissiger Ndhrboden. In 2—3 ccm eines mit 2—5 Teilen 
Ringerscher LOsung verdfinnten Kanincbenserums wird ein Tropfen 
Kanincbenblut eingebracht. Die Mischung wird w&hrend 30 Min. im 
Wasserbad von 56—58° C erhitzt und darauf mit flfissigem, sterilem 
Paraffin fiberschichtet 

b) Halbstarrer Nfihrboden. Eine nach a) bereitete Mischang 
— Sera anderer Tiere und Aszitesfltissigkeit sind auch brauchbar — wird 
mit gewfihnlichem Agar in der Konzentration von etwa 0,3 Proz. ver- 
setzt. Man lfist zu diesem Zweck 3 g Agar in 100 ccm Ringer- 
Ldsung und gibt zu 9 ccm des verdfinnten Serums 1 ccm der Agar- 
108ung. Nach der Erhitzung (wie bei a) fiberschichtet man mit flOssigeni 
Paraffin. 

Das flfissige Substrat eignet sich zur Verwendung bei fortlaufenden 
Arbeiten im Laboratoriura, das halbstarre besonders zur Gewinnnog 
groBerer Spirochfitenmengen, z. B. ffir Immunisierungszwecke sowie znr 
lfingeren Konservierung der Kulturen. 

Literatur. 

Dietrich, Zeitechr. L Immunitatsf, Orig. Bd. 26. 1917. — Gieszczykiewici, 
Ann. Pasteur. 1920. — Inada u. Ido, Baikingaku Zasshi. Nr. 239. 1915. — Inadt, 
Ido, Kaneko, Hoki n. Ito, Journ. of exper. Med. Vol. 23. 1916. — Dieselben, 
Okuda u. Wani, MitteiJ. a. d. med. Fakult. d. Kaiserl. Univers. Kyushu. Bd. 3. 1917. 
H. 1. — Ito u. Matsuzaki, Journ. of exp. Med. Vol. 23. 1916.— Kaneko iu Mori- 
hana, Zeitechr. f. Immunitatef. Orig. Bd. 31. 1921. — Manteufel, Dtsch. mei 
Wochenschr. 1921.— Martin, Pettit u. Vaudremer, Compt. rend, des e&mc. d.L 
Soc. de Biol. Paris. T. 80. 1917. — Martin u. Pettit, 8piroch4tose ict&ohdmorrht* 
gique. Paris 1919. — Noguchi, Journ. of exper. Med. Bd. 25. 1917. — Ders‘, Ebenda 
Vol 27, 1918. — Oba, Zit. nach Wani. — Ohara, Zit. nach Wani. — Reiter uod 
Rarame, Dtsch. med. Wochenschr. 1916. Nr. 42. — Stefanopoulo, Compt rend. 
Soc. de Biol. Paris. T. 84. 1921. Nr. 16. — Uhlenhuth, Dtsch. med. Wochensdff 
1917. Nr. 50. — Uhlenhuth u. Frorame, Zeitschr. f. Immunitatef. Orig. Bd. 26 
1916. — Ungermann, Berliner klin. Wochenschr. 1916. — Ders., Arb. a.d. KaiserL 
Ges.-Amt. Bd. 51. 1918. — Wani, Verhandl. d. japan. Kongr. f. inn. Med. 1919. 


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Marcuse, Wassermannsche Reaktion und Kokzidiose beim Kaninchen. 355 


Naohdruok verboten. 

Wassermannsche Reaktion und Kokzidiose beim 

Kaninchen. 


|Ans dem Hanptgesundheitsarat der Stadtgemeinde Berlin, Hyg.-bakt. 
Institut (Vorsteher: Prof. Dr. Seligmann).] 


Von Dr. Knrt Marcuse. 


Schon bald nach Bekanntwerden der Wassermannscben Reaktion wurde die 
Beobachtung gemacht, dafi ein grower Teil der zum Vereuch benutzteo Kaninchen im 
Komplementbindungsversuch mit Wasserman nschen Extrakten positive Resultate 

a b, sowohl wenn das Serum von normalen, anecheinend gesunden, nicht voibehan- 
m Tieren stammte, wie auch, wenn es von Tieren herruhrte, die zu bestimmten 
Zwecken vorbehandelt waren (Fleischmann, Berl. klin. Wochenscbr. 1908; Wendt- 
Und, Ztschr. f. Iraraun. Bd. 30. S. 208; Hartog-Yakimof f, Wien. klin. Wochen- 
schrift. 1908; Schilling-v. Hofilin, Dtsch. med. Wochenschr. 1908; Levaditi- 
Yamonouchi, Bull. Soc. path. exot. T. I. zit. nach Schillin g; Schwarz-Flem- 
ming, Munchen. med. Wochenschr. 1910; Emanuel, Berl. klin. Wochenschr. 1910, 
1921; Friedemann, Ztschr. f. Hyg. 1910; Wassermann, Berl. klin. Wochenschr. 
1821 ). 

Ein Teil der Autoren hat diese Tatsache als eine physiologische Eigenheit des 
Kaninchenserums angesehen (Schilling, Wassermann). Andere Forscher n ah men 
in Analogieschlussen infektionen als Ursache an (Blumenthal, Berl. klin. Wochen- 
schrift. 1908. S. 618. Diskussionsbemerkung; Calc a terra. Ref. Centralbl. 1911. 8. 80). 

Fur die letzte Ansicht sprechen Versuche, wie sie Citron*Munk, Dtsch. med. 
Wochenschr. 1910; Bluinenthal-Meyer, Berl. klin. Wochenschr. 1911; Ztschr. f. 
Immun. Bd. 31. H. 3; Landsteiner-Potzel Muller. Wien. klin. Wochenschr. 
1907; Schilling-v. Hofilin, Dtsch. noed. Wochenschr. 1908; Hartog-Yakimoff, 
Wien. klin. Wochenschr. 1908 beschreiben. 

Es gelang ihnen namlich, teils durch Vorbehandlung mit luetischen Organextrakten 
(Citron-Munk, Blumenthal-Meyer), teils durch Infektion mit Proiozoen — Na- 
gana, Dourine — (Lan dstei ner-Potzel-M tiller, Schilling v. Hofilin, Har¬ 
tog- Yakimoff), ursprtinglich negative Sera in positive umzuwandeln. 

Alle Autoren aber betonen von vornherein, dafi ein grofier Teil ihrer Tiere von 
Anfang an poeitiv reagierte, und dafi dadurch der Gang der Versuche erheblich beein- 
trachtigt wurde. 

Blumenthal-Meyer halfen sich in diesem Falle durch Aenderung der Dosen 
von Serum und Extrakt und erzielten so bei nichfc vorbehandelten Tieren dauernd ne¬ 
gative Resultate. Nach Vorbehandlung mit luetischen Extrakten reagierten die Tiere 
ansteigend positiv. 

An das Auftreten der positiven Wassermannscben Reaktion nach entsprechen- 
der Vorbehandlung wurden infolgedessen weitgehende theoretische und praktische Fol- 
gerungen geknupft. Das schien urn so gerechtfertigter, als es spfiter auch gelang, vor- 
nandene positive Reaktiouen ohne Vorbehandlung und auch nach Vorbehandlung zum 
Verschwinden zu bringen, wenn die Tiere mit anti luetischen Mitteln, wie Quecksilber 
und Salvarsan behandelt wurden. Ja Wassermann will sogar aus der verschiedenen 
Wirkung der Praparate auf die Serumreaktion des Kaninchens Schliisse auf ihren 
Wirkungsmechanismu8 bei der Lues ziehen (Emanuel, Berl. klin. Wochenschr. 1910; 
Pribram-Epstein, Ztschr. f. exper. Path. u. Ther. Bd. 7. H.2; Schwarz-Flem- 
ming, Mtinenen. med. Wochenschr. 1910; Wassermann, Berl. klin. Wochenschr. 
1921). 

In letzter Zeit haben dann Much und Schmidt (Dtsch. med. Wochenschr. 1921. 
Nr. 21) im Anscblufi an die jtingste Wassermannsche Iheorie von der Lipoidanti- 
korpernatur der Reagine (Berl. klin. Wochenschr. 1921. Nr. 9) Versuche mitgeteilt, in 
denen die Tiere mit Aminoktirpern (Leuzin), oder mit Lipoiden (Tbk.-Partigen) behan¬ 
delt wurden. Die Verff. zeigten, dafi vorher seronegative Tiere nach solcher Behand- 

23l* 


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356 OentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 

long eine positive Reaktion aufwiesen, die je nacb der Starke der Vorbehandlong in 
4—24 bid. auftrat und nach 24 bid. wieder zurOckging. Sie bringen daraulhin dv 
Wesen der Wassermannscben Reaktion in Zusammenhang mit dem Aulueten tod 
A minot-auren und LipoidantikOrpern im Blute. 

Man sieht aus diesen Beispielen, zu wie weit gehenden Folgerungen die Beobach- 
tung poaitiver Serumreaktioneo beitn Kanincben Anlafi gegeben bat. Ob ee zulassig 
iat, auf Gruod einer hiufig normalerweise vorbandenen und offenbar leicbt wechselndeo 
EigenBchaften dee Kanincheneeroms derartige tichlfisse zu ziehen, scheint zum mindeatea 
zweifelhaft. - 

Eine neue Wendung erbielt die ganze Frage durch die Veroffentlicbangen too 
Kuszinski (BerL klin. Wochenschj-. 1921. bir. 6), der den poeitiven Aut-fall der 
Wassermannscben Reaktion bcim nicbt vorbehandelten Kanincben mit der ver- 
breitetaten Kaninchenkrankheit, der Kokzidioee, in engaten uraachlichen ZuaanimeB- 
bang brachte. Kuszinski land, dafl zwar eine Anzabl von lieren bei bestebender 
Kokzidioae — sowohl im friscben als auch im auagebeiiten Stadium — negativ reagiereo 
kdnne, dafl aber bei positivem Ausfall nie eine Kokzidioae vermiflt wurde. Die iSeein- 
flussung der Reaktion, die er bei kokzidiosekranken Tieren durch- Bebandluog mit 
Quecksilber und Saivarsan beobachtele, erklart er daher als Folge der direklen Ein- 
wiikung dieser Medikamente auf den Kokzidioseprozefl. 

Scbon vor Kuszinski batten Blumentbal (Bert. klin. Wocbenscbz. 1906. 
S. 618. DiskussioDsbemerkung) und Galcaterra (Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Kef. 
Bd. 50. 1911. S. 80) auf das bautige Zusammentreffen von positiver Wassermann- 
scher Reaktion und Kokzidioee hingewiesen und einen ursachlichen Zusammenhang ak 
mOglicb hinges tell t. 

Bei der prinzipiellen Wicbtigkeit der ganzen Angelegenheit hielten 
wir eine uml&ngliche Nachprfifung der Kuszinskischen Befunde fur 
angebracbt. 

Zur Untersuchung stand eine grfiBere Anzabl von Tieren des Haupt- 
gesundbeitsamts zur Verfflgung. 

Wenn irgeud mfiglich, wurden die Tiere wiederholt in bestimmten 
Zwischenr&umen untersucht. Wir wollten auf diese Weise nicht nur 
den einmaligen, von ZufSlligkeiten nicbt freien Befund erbeben, sondern 
gleichzeitig auch feststellen, ob die beobachtete Serumreaktion eine kon- 
stante Eigenschaft des betreffenden Serums ist. Es w&re durchaus mfig- 
lich, daB ReaktionsSnderungen eintreten, die entweder mit dem veriu- 
derten Gesundheitszustande des Tieres zusammenhSngen, oder aber der 
Ansdruck un.kontrollierbarer physiologischer Schwankungen sind. 

Gleichzeitig wurden alle Versuchstiere dauernd auf das Vorhanden- 
sein von Kokzidien untersucht (Kotuntersuchung) und, soweit ang&ogig. 
durch den Obduktionsbefund eine Kontrolle fiber etwaige nachweisbare 
Kokzidienerkrankung ausgefibt. Der Komplementbindungsversucb wurde 
nach den Vorschriften der Wassermannscben Reaktion durchgefiihrt 
(halbe Dosen): Das iuaktivierte Kanincheoserum, das mcist 24 Std. vor- 
her durch Venenpuuktiou entnommen war, wurde iu den Verdfinnungeu 
1 :5 und 1 :10 aDgesetzt. Als Antigen wurden die staatlichen Wasser- 
mann-Extrakte benutzt (ein Teil der Reaktionen wurde mit einem Ex- 
trakt, ein anderer mit zwei Extrakten angestellt). Kompleroentverdiln- 
nung 1:10 . Als Ambozeptordose wurde die 4-fach losende Menge 
benutzt, als Blut 5-proz. Hammelblut. Einige Versuche warden wegen 
der geringen Serummengen in 1 / i Dosen ausgeffihrt. Im Verlaufe der 
Untersuchungen wurden keine grundlegenden Unterschiede zwischen 
dem Verhalten der Verdflnnungen 1:5 und 1:10 gefunden. Manchmal 
reagierte die Verdiinnung 1:10 etwas schwficher, gelegentlich auch etwas 
starker als die VerdiinDung 1:5. Bei stark positiven Ausf&llen waren 
fiberhaupt keine Unterschiede zu bemerken. Der Nachweis der Kok¬ 
zidien im lebenden Tiere wurde analog den Untersuchungen des Kotes 


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Marcuse, Washermannsche Reaktioo und Kokzidiose beim Kaninchen. 357 

aof Parasiteneier vorgenoramen (vgl. Myajawa, Centralbl. f. Bakt. 
Abt. L Orig. Bd. 61. 1913). 

Die erbsengrofien Kotteilchen wurden mit einer Ldsung von 2 ccm 
konzentr. Saizs&ure plus 6 ccm destill. Wassers fein verrieben; dann mit 
ca. 7 ccm Aether vorsichtig durchgeschflttelt; das Ganze durch fein- 
maschigen mehrfach gelegten Mull filtriert. Das Filtrat wurde mSBig 
scbarf zentrifugiert. Es entsteben beim Zentrifugiereu 4 Schichten: zu 
oberst Aether, dann die Schicbt der Pflanzenreste, darauf Salzsaure, in 
der letzten Schicbt, dem Bodensatz, befinden sich die Parasiten. Da 
sich die Kokzidien im Darmsaft resp. Kot der meisten untersuchten 
Kaninchen vorfanden, gleichviel, ob die Tiere krank Oder gesund er- 
schienen, ist es nicht ang&ngig, in solchen Fallen ohne weiteres von 
Kokzidienerkrankung der Tiere zu sprechen. Das Auflreten von 
vereinzelten Kokzidien ist nicht pathognomonisch fflr die Kokzidiose als 
Krankheitsform, sondern nur als eine Form der aliment&ren Ausschei- 
dnng der mit der Nabrung aufgenommenen Parasiten aufzufassen. Wir 
sprechen als echte Kokzidiose nur die Fklle nachweisbarer Leber- und 
Darmerkrankungen an. 

Das Ergebnis der Untersuchungen legen wir in 2 Tabellen vor. 

1) Tiere obne nachweisbare Kokzidienerkrankung, Kot und Darmsaft entweder 
rrei von Kokzidien, oder gelegentlich mit vereinzelten Parasiten behaftet. Organe obne 
Rokzidienbefund [21 Tiere). 

2) Tiere mit n&chgewiesener Kokzidienerkrankung (13 Tiere). Die Bezeicbnung 
deB Reaktionsausfalies entspricht der fur die Wassermannsche Reaktioo iiblichen: 
4- + + + komplelle Hemmung, + + -f fast koraplette Hemmung, + -h Kuppe, ± Spur 
ungelost, E Eigenhemmung. 

Ergebnis der Tab. 1: Komplette Hemmung wurde bei diesen Tieren 
nur ganz vereinzelt beobachtet. Auch solche Tiere (Nr. 150) zeigten 
im Verlauf der Untersuchungen wechselndeu Reaktionsausfall, derzwischen 
+ und — ohne ersichtlichen Grund schwankt. Einige Tiere 
(Nr. 149, 4) zeigten mit einer gewissen RegelmaBigkeit fast komplette 
Hemmungen. Die Mebrzabl der auderen weist st&rkere Schwaukungen 
and Qberwiegend negative oder ganz scbwache Reaktionen auf. Eigen¬ 
hemmung wurde ziemlich haufig beobachtet. Bei keiuem dieser 
Tiere lieB sich in vivo oder in vitro der Nachweis einer 
Kokzidienerkrankuug fdhren. Die Tiere bliebeu entweder ge- 
snnd, oder sie gingen an interkurrenten Krankheiten (Sepsis, Pseudo- 
tuberkulose) ein. Ein Teil von ibnen litt an Genitalspiroch&tose. 

Ergebnis der Tab. II Nur 1 Tier von 13 gibt regelmfiBig positive 
Reaktionen. Dies Tier (Nr. 163) entstammt mit den Tieren 160—162 
einem Wurf von 6 Kaninchen, von denen 2 bereits vor Anstellung der 
Versuche an Kokzidiose eingegangen waren. Es handelt sich hier um 
eine besonders schwere Durchseuchung mit Kokzidien. Tier 163 ist das 
einzige, das die Infektion Qbersteht und am Leben bleibt. A lie an- 
deren Tiere, mit zum Teil schwersten anatomischen Ver- 
anderungen infolge Kokzidiose zeigen negative Serum- 
reaktionen. 

Aus den vorstehend mitgeteilten Untersuchungen ergibt sich, daB, 
im Gegensatz zu den Angaben von Kuszinski, ein Zusammenhang 
zwischen Wassermannscher Reaktion und Kokzidiose nicht zu er- 
weisen ist. Denn einmal verlAuft die Reaktion bei demselben Tiere 
durchans wechselnd: stark positive Resultate konnen von vdllig nega- 


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358 Tabelle I. Tiere ohne nach 


Nr. 

Alter 

UntersuchuogBergebQisse an verschiedeoen! 

147 

ansge- 

wachsen 

+++ 

+++ 

++ 

± 

E 

■ 

++ |++ +++! E 

. i 


148 

dgl. 

+++ 

++ 


E 

— 

^ j i zb ; + + + ! e I 

E 

149 

n 

+ + + 

+++ 

+++I+++ 

E 


. i 

* 

150 

. 

++++ 

+++ 

++ 

± 

I ■ 1 } 

+ + + I + + + ! E j + + + x ) — 

1 

• 

151 

rt 

+++ 

_ 



' 

E ' ± ± ± 

E 

zb 

152 

T» 

++ 

± 

++ 

+ + 

± 

E | ± ; ± i ± 

E 

Z£ 

153 

u 

+++ 


± 


_ 

E ' ± \ ± !++ 

E 

+ + 

154 

w 

+++ 


— 

— 


e>) | ±; . 

• 

* 

2 

B Mon. 

++ 

— 

± 

± 

• 

I j 

’ , ' j ' 

• 

. 

4 

dgl. 

++ 

+ + + 

E 

+ + + 

++ 

• i • 

• . 

• 

164 

6 Wo- 
chen 

— 

• 

• 

• 


j 

• i • j 

j i 


• 

105 

ausge- 

wachaen 

dt 

— 

• 



j ! 

i | 


• 

129 

dgl. 

+ + 

t 

— 


• 

* 

i 

• 

• 

144 

n 

E 

i 

. 

1 



t ' 

1 ’ ■ i 

i i . 1 

i 1 

1 . 

• 

14 

n 

— 

— 

• 

• 

■ 


1 

• ! 

! 

i 

1 


± 

• 

• 

• 

• 

i * ! 

• 

. 

137 

77 

— 

i 


1 ‘ 

• 

i 

• ■ • j ■ 

j " I 


3 

4 Mon. 

± 

; — 

j 


1 • 


. 1 


170 

8 Wo- 
chen 

— 

± 

± 

1 


’ ’ ; ’ ; 

i 

! 

- 

175 

10 Wo- 
chen 

+ + + 

— 

\ 



. ' I ‘ i ‘ 

i 

i 

• 

176 

dgl. 

— 

— 

1 1 

i ! 


• ; • • • ! 

i 

- 


1) Auftreten der Primaraffekte am Genitale (Kaninchensyphilis). 2) Beginn der Sepsis 


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359 


weisbare KokzidienerkrankuDg. 

Tagen _ Krankheitsverlauf und Sektionsbefund 

• • • In der letzten Zeit abgemagert. Darmkatarrh. 10 Tage nach der letzten 

Reaktion gee tor ben. Sektion: Pseudotuberk. Im Darmaaftausatrich Kok¬ 
zidien. Keine Orgaokokzidioae 

In letzter Zeit kranklich. 2 Tage nach der letzten Reaktion gestorbem 
Sektion: Pseudotuberk? Keine Kokzidioae 

Steta geaundea kraftigea Tier. Partus. 10 Tage nach der letzten Reaktion 
plbtzlich an Darmeinklemmung geatorbeo. Sektion: Im Darmsaft ver- 
einzelte Kokzidien, keine Organkokzidioae 

! • Steta geaundea Tier. Im Kot auch bei Anreicherung keine Kokzidien. 

I Das Tier lebt noch. Mitte Juni, ca. 18 Tage nach Koitus mit apirochatoee- 

krankem Bock, beginnende Genitalapirochatoae 

— dt — — Steta geaundea Tier. 2 Tage nach der letzten Reaktion interkurrent ge- 

atorben. Sektion: Keine Zeichen beatehender Kokzidioae. Im Auaatnch 
der Darmachleimhaut befinden sich Kokzidien 

— j zt — — Steta geaundea Tier; lebt noch. Im Kot nach Anreicherung ganz verein- 

zelte Kokzidien 

+ 4- j — — — Mafiig kraftigea Tier, zeitweiae kranklich und abgemagert. Hat aich in 
letzter Zeit wieder erholt; lebt noch. Im Kot auch nach Anreicherung 
keine Kokzidien 

• j . Kraftigea, steta geaundea Tier. Interkurrent an Sepsis erkrankt und ge- 

| atorben. 1. Tag nach der letzten Reaktion. Sektion: Keine Anzeichen 

von Kokzidioae 

In letzter Zeit abgemagert, spontan geatorben 3 Tage nach der letzten 
Blutentnahme. Sektion: Pseudotuberk., keine Kokzidioae 

... In letzter Zeit abgemagert, 3 Tage nach der letzten Blutentnahme. apon- 
tan geatorben. Sektion: Pseudotuberk., keine Kokzidioae 

Jungtier. Steta geaund. Plotzlich outer Krampfen erkrankt. Am Tage 
der Blutentnahme getotet. Sektion: Keine Zeichen von Kokzidioae 

. i . Altee Zuchtweibchen. Genitalapirochfitose. Im Kot auch bei Anreiche¬ 
rung keine Kokzidien. Am Tage der letzten Blutentnahme spontan ge- 
storben. Sektion: Pseudotuberk., keine Kokzidioae 

Altea Zuchtweibchen. Schwere Genitalspirochatoae. Im Kot ganz vereih- 
zett und nicht konatant Kokzidien. Spontaner Tod an Sepsis 2 Tage 
nach der letzten Blutentnahme. Sektion: Keine Kokzidioae 

. | . . . Schwere Genitalapirochatoae. 9 Tage nach der letzten Blutentnahme spon- 

) tan geatorben. Sektion: Alte Lebernarben (auageheilte Kokzidiose?) Peri- 

! carditis. Keine Zeichen beatehender Kokzidioae 

. i . . Kraftigea Tier. Schwere Genitalapirochatoae. Lebt noch. Im Kot auch 

| bei Aoreicherung keine Kokzidien 

j 

. | . In letzter Zeit aehr abgemagert. Am Tage der Blutentnahme getotet. Sek* 

; 1 tion: Schwerer Darmkatarrh. Pseudotuberk., im Darmaaft vereinzelte 

Kokzidien 

i . j . Altea krankliches Tier. 1 Tag nach der Blutentnahme geatorben. 8ek- 
! | tion: Alte Lebernarben (auageheilte Kokzidioae?). Koproataae, im Darm- 

inhalt durch Anreicherung ganz vereinzelte Kokzidien nachzuweiaen 

. . ! . Steta kranklich, hat aich in letzter Zeit erholt. Lebt noch, Im Kot bei 

! Anreicherung vereinzelte Kokzidien 

| . Geaund, lebt noch. Im Kot bei Anreicherung Kokzidien 

! 

j . . Geaundea Tier. Lebt noch. Im Kot bei Anreicherung vereinzelte Kok- 

| zidien 

. | . Geaundea Tier. Lebt noch. 'Im Kot bei Anreicherung vereinzelte Kok¬ 

zidien 


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360 


Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 


i 


Tabeile II. Tiere mit n&chweisbarer Kokzidiose. 


N, 

Alter 

Outers uchungsergebnisse an ver- 
echiedenen Tagen 

Krankheitsverlauf nnd Sektionsbefuod 

160 

8 Wo- 
chen 



I 

• i 

. i 

Schlechter Ernahrungszustanri, kranklieh j 
5 Tage nach der Blutentnahme spontan 
gestorben. Sektion: Darmkatarrh,adiwer* 
Leberkokzidiose 

161 

dgl. 

ZE. 

zk 

* 


Schlechter Ernahrungsznstand, krinklkh. 

Am Tage der letztenBlutem nahmegetotet 
Sektion: Darmkat&rrh, schwere Leber 
kokzidiose 

162 

r» 

1 


. 

# 

Schlechter ErnahrungszustaDd, krinkM | 
8 Tage nach der letzten Blutentnahme * 
spontan gestorben. Sektion: Darm* 
katarrh, schwere Leberkokzidiose 

163 

n 

• 

1 


+ + + + (Zeitweise krank, typische Zeichen der Kok 
zidio.se (Darmkaiarrh, feuchte Schnaoz* 
„SchnupfRD“). Im Kot masaenhaft Kok 
v zidien, hat sich in letzter Zeit wieder 
erholt. Lebt noch 

n 

V 


• 


Stets gesund. Plotzlich on ter Krampfeo er¬ 
krankt Am Tage nach der Bluteotnabai* 

; getdtet. Sekt: Schwere Leberkokzidio* 

11 

7 Wo- 
chen 

zt- 

* 

• 


Krankliches Tier, Zeichen von Kokzidio*: i 
(Feuchte Schnanze, D&rmkatarrb). Ab J 
Tage der Blutentnahme getotet Sktios ! 
Schwerste Leber- und Darm kokzidiose 

20 

8 Wo- 
chen 


• 

• 

. jPldtzlich erkrankt Am Tage der Blutem 

nahme spontan gestorben. Sektion 

1 Pseudotuberk., Kokzidiose der Leber 

171 

1 dgl. 





Gesund. In letzter Zeit infolge Fatter 
mangel abgemagert. Im Kot nach An 
reicberung vereinzelt Kokzidien. AraTagt 
nach der letzten Blutentnahme geetorbes 
Sektion: Mafiige Kokzidiose der Leber 

172 

V 





Gesund. In letzter Zeit infolge Fatter 
mangel abgemagert. Am Tage der letzten 
Blutentnahme spontan gestorbeo. Sek 
tion: Maflige Kokzidiose der Lebef 

177 

1 6 Wo- 
1 chen 




• 

Plotzlich unter Krampfen erkrankt As 
Tage der Blutentnahme getbtet Setter 
Kokzidiose der Leber 

8! 4 Monate 

± 


• 


Stets gesund gewesen. Plotzlich ante 
Krampfen erkrankt. Am Tage der Bias 
entnahrae getotet Sektion: Schwtf' 
Leberkokzidiose I 

5 

3 Monate 


_ 

i 

• 

Krankliches Tier. 11 Tage nach der leu 
ten Blutentnahme spontan gestorbeo 
Sektion: Leberkokzidiose, schwere Darm 
kokzidiose 

35 

ausge* 

wachsen 

+ + ! 

1 ± 

i 

! 

1 


In letzter Zeit* abgemagert DarmktUrri 
Am Tage der letzten Blutentnahme epos 
tan gestorben. Sektion: Schwere Dane 
kokzidiose 

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Marcuse, Wassermaunscbe Reaktion and Kokzidiose beim Kaaincben. 361 

tiven abgelOst warden, und zwar innerhalb knrzer Zeitspannen, sodann 
aber wnrde h&ufig beobachtet, daB kokzidiosekranke Tiere negativ rear 
gierten, w&hrend kokzidiosefreie Tiere positiven Ausfall der Reaktion 
zeigten. Worauf das wechselnde Verhalten des Kaninchens im Kom- 
plementbindungsversuch zurfickzuffihren ist, kann nach diesen Unter- 
sachungen nicht mit Sicherheit entschieden werden. Wir nehmen an, 
daB es sich hier uni physiologische, mit der Verdauungzusammenh&ngende 
Vorgange handeln kdnnte, die das Serum beeinflussen. Einen Hmweis 
in diesem Sinne gibt die Beobachtnng von Flemming und Schwarz 
(Mflnch. med. Wochenschr. 1910. Nr. 41), daB seropositive Tiere nach 
einer Hungerzeit seronegativ wurden. Auch die Versuche von Much 
and Schmidt (Dtsch. med. Wochenschr. 1921. Nr. 20), durch intra- 
venfise Injektion von Aminokdrpern (Leuzin), die auch beim normalen 
EiweiBabbau auftreten, positive Resultate zu erzielen, lassen sich in 
diesem Sinne verwerten. 

Bemerkenswert ist das Verhalten der Tierserie 147—154. Die Tiere 
waren Anfang April direkt vora Zflchter geliefert. Genaueres fiber Her- 
kunft und Ffitterungsverhfiltnisse beim Zfichter ist nicht bekannt. Jeden- 
falls erhielten die Tiere im Hauptgesundheitsamt sorgsamste Pflege und 
bestes Futter (viel Hafer, Mohrruben, wenig Heu). Vielleicht erklfirt 
sich hierdurch der Unterschied zwischen den ersten stark positiven Re- 
aktionen und den folgenden schwacheren, resp. negativen Ausffillen. In 
diesem Zusammenhange ist auch noch folgender Urastand zu erwahnen: 
Als Anfang Mai die frische Grfinfutterung einsetzte, nahm die Zahl der 
Sera mit Eigenhemmung und derjenigen mit positiver Reaktion vorfiber- 
gehend zu. Das alles spricht ffir Zusammenhange zwischen Verdauungs- 
vorgfingen und Serumreaktion; Zusammenhange, fiber deren Natur wir 
jedoch nor Vermutungen. fiuBern kdnnen. 

AuBer Komplementbindungsversuchen mit Wassermann-Extrakten 
haben wir uns bemfiht, neben dieser anscheinend unspezifischen Reak¬ 
tion spezifische Resultate zu erzielen, indem wir Experimente mit a Ik o- 
holischen Kokzidienextrakten analog der Echinokokkenkomple- 
mentbindungsprobe ansetzten. Als Ausgangsmaterial ffir das Kokzidien- 
extrakt wShlten wir die Leber eines an schwerster Leberkokzidiose ein- 
gegangenen Kaninchens. Die Kokzidienknoten wurden aus dem Paren- 
chym herausgeldst und nach Mdglichkeit von dem noch anhaftenden 
Lebergewebe befreit. Dann wurde zu je 10 g Substanz 50 ccm absol. 
Alkohol zugeffigt. Nach 24-stfind. Stehen wurde die Mischung mit 
sterilen Glasperlen versetzt und mehrere Stunden im Schtittelapparat 
geschflttelt, bis die 'Substanz zu einem homogenen Brei verarbeitet war. 
Nach abermaligem 24-stfind. Stehen folgte mehrfaches Filtrieren, bis das 
Filtrat vollstfindig klar blieb. 

Bei der 1. Austitrierung des Extraktes ergab sich als geringste 
nicht mehr hemmende Dosis die Menge von 0,02 ccm gelost in 0,5 phy- 
siologischer KochsalzHjsung. Im Verlaufe der Untersuchungen stieg 
dieser Wert auf 0,04 ccm in 0,5 ccm Gesamtvolumen. Die Versuchs- 
anordnung folgte im tibrigen genau der Wassermannschen Reaktion. 
Die Ergebnisse entsprachen mit geringen quantitativen DiflFerenzen dem 
Reaktionsausfall, den das gleiche Serum mit Wasserm an n-Extrakten 
gab. Diese Parallelitfit betraf nicht nur Kaninchensera, sondern auch 
Menschensera. Syphilitische Sera reagierten mit dem Kokzidienextrakt 
positiv, Sera von luesfreien Personen negativ. Das spricht dafur, daB 
es sich auch bei dem Kokzidienextrakt in erster Linie um die Wirkung 


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1 


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362 Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 

in Ldsung gegangener Lebersubstanz handelt, die, wie auch andere 
Organextrakte, zur Komplementbindung mehr oder weniger geeignet Bind. 
Die AusfQhrung einer spezifischen serologischen Kokzidiendiagaose ist \ 
daher in diesem Versuche nicht gelungen. 

Zum SchluB sei noch angefflhrt, daB wir Gelegenheit batten, eine j 
Anzahl Tiere zu beobachten, die an Genitalspirochfitose (sogenannte 
originfire Kaninchensyphilis) litten. Bei einera Teile dieser Tiere konnte 
die Erkrankung wfihrend der Versuchsdauer von ihrer Entstehung an 
verfolgt werden. Das Verhalten der Wassermannschen Reaktion 
bei dieser der menschlichen Lues verwandten Krankheit muBte beson- { 
deres Interesse erwecken. Keines der 5 in Betracht kommenden Tiere 
zeigte eine positive Reaktion. 1 Tier (Nr. 150) zeigte sogar insofern ; 

paradoxes Verhalten, als es in der ersten Versuchszeit stark positive 

Reaktion gab. Als, dann Mitte Juni — ca. 20 Tage nach dem Koitns j 

mit einem spirocbfitenkranken Bock — ein Primaraffekt am Genitale j 

auftrat, war die Reaktion negativ und ist ancb negativ geblieben, trotz j 
Fortschreitens des Prozesses (Zerfall des PrimSraffekts und Geschwfirs- I 
bildung). SSmtliche Tiere wiesen lokale Ver&nderungen auf. Generali- j 
sierte oder hereditfire Formen sind nicht zur Beobachtung gelangt, so ; 
daB immerhin die Moglichkeit offen bleibt, daB diese FSlle serologisch 
andere Resultate geben kdnnten. 

Zusammenfassung. j 

1) Ein Zusammenhang zwischen Wassermann seller Reaktion and 
Kokzidioseerkrankung beita Kanincben liefi sich nicht feststellen. Nor- 
male Kaninchen zeigen uokontrollierbare Schwankungen des Reaktions- 
ausfalles. Kokzidiosekranke Tiere konnen positiv, kokzidiosefreie Tiere 
negativ reagieren und umgekehrt. 

2) Eine spezifische Komplementbindung mit Kokzidioseextrakt liefi 
sich nicht erzielen. 

3) Kaninchen, die an Genitalspirochfitose litten, wiesen keine posi¬ 
tive Wassermannsche Reaktion auf. 

4) Auf Grund dieser Befunde ist fflr die Verwertung positiver Se- 
rumreaktionen beira Kaninchen, fiir die Verwertung ihres Auftretens 
und Verschwindens auBerste ZurQckhaltung geboten. 


Nachdruck verboten. 

Ueber die Eier unserer Anopheles. 

|Aus dem Institut f. Schiffs- und Tropenkrankheiten, Hamburg.! 

Von Dr. E. Martini. 

Mit 4 Abbildungeu im Text. 

Die Arbeit von Taenzer, Morphogenetische Untersucbungen und 
Beobachtungen an Culicidenlarven 1 ), erinnert mich daran, daB wir noch 

1) Arch. f. Naturgesoh. Jahrg. 87. A. 1021. S. 1UR. 


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Martini, Ueber die Eier unserer Anopheles. 


363 


iinmer keine Abbildungen besitzen, welche die wichtigsten Unterschiede 
der Eier unserer einbeimiscben Anophelen deutlich zeigen. Der Autor 
erw&hnt, daB die LSnge des Schwimmkammerapparates, welche Br ess - 
lan 1 ) als Unterscbied angibt, bei Stflcken der gleicheu Art. recht ver¬ 
schieden ist und daher nicht als zuverl&ssiges Merkmal verwendet werden 
kann. Darin hat er sehr recht. Er nimmt dann als Unterscbied die 
Verwerfungen der einzelnen Kammergrenzen, welche bei A. bifurcatus 
viel starker als bei A. maculipennis seien, und betont/ferner, daB 
die Schwimmkammern bei A. bifurcatus auf der ROckseite des Eies 
weiter gegen die Mittellinie bin vorgreifen. Er scheint iibersehen zu 
haben, daB icb bereits 1920 2 ) die unterscheidenden Merkraale angegeben 
habe mit den Worten: „Die Eier von maculipennis baben eine 
grbbere Fleckung des Grundes, auf der Unterseite noch mehr als auf 
der Oberseite. Der Saum, der vom Schwimmapparat bei beiden Arten 
durchbrochen wird, verlauft bei maculipennis am Rande, bei bi¬ 
furcatus auf der RUckseite des Eies. tt Taenzer hat offenbar meine 
Figur nicht beachtet, sonst hatte er seine Figuren von A. bifurcatus- 
Eiern, von denen la das Merkmal von A. maculipennis trfigt, wohl 
kaum so gegeben. Die Fig. 1—4 verdeutlichen die von mir gemeinten 
Merkraale. Ein Vergleich mit Bresslaus Figuren lebrt leicht, wie 
sehr dieser Autor der Unzuveriassigkeit des von ihm in den Vorder- 
grund gestellten Kennzeichens zum Opfer gefallen ist; denn die Fig. 16a 
und b sind zwar sicher A. bifurcatus, 15 jedoch ist im Gegensatz 
zu der Figurenerkl&rung mit groBter Wahrscheinlichkeit ebenfalls A. bi¬ 
furcatus, 20 aber, die als A. bifurcat us bezeichnet ist, ist A. ma¬ 
culipennis und 21 wohl sicher ebenfalls. So hervorragend also 
auch die Abbildungen bei Bresslau sind, kann es doch mit seiner 
Darstellung nicht sein Bewenden haben, und wir konnen auch nicht 
zustimmen, daB er einen Irrtum bei Eysell 3 ) wahrscheiniich gemacht 
habe. 

Unter den Merkmalen von Taenzer ist die Stellung der Schwimm- 
kammern gewissermaBen nur die 2. Seite der von mir erw&hnten Stel¬ 
lung des Schwimrarandes, da derselbe innen ja ziemlich gut bei beiden 
Arten mit den Schwimmkammern fluchtet. Die eigenartige starkere 
Kuickung der Grenzen der Kammern wird wohl niemand, der nach dem 
oben Gesagten die Abbildung von Bresslau betrachtet, als geeignet 
fur die Bestimmung halten. Dieselbe ist in der Tat in manchen Ge- 
legen von A. bifurcatus sehr auffailig, fehlt aber in vielen Gelegen 
ganz. Sie ist sehr unregelmSBig, einmal gegen das stumpfe, ein ander- 
mal gegen das spitze Ende des Eies gerichtet, flbrigens selbst bei Eicrn 
desselben Geleges so verschieden ausgebildet, daB man neben Eiern mit 
geradezu bizarren Verwerfnngen der Kammern solche sieht, bei denen 
fiberhaupt so gut wie nichts von Unregelm&Bigkeiten wahrzunehmen ist. 
Die Verwerfungen sind daher in meinen anliegenden Schemata auch 
nicht mitgezeichnet; sie ermoglichen meiner Meinung nach keine sichere 
Unterscheidung der Anopheleneier. 

Die beistehenden Fig. I und 3 zeigen deutlich die wesentlichen 
Unterscbiede bei Ansicht von oben. Man sieht, daB die L&nge der 
h'amraerreihe nicht sehr verschieden ist, wenn sie auch (im vorliegenden 


1) Biolog. Centralbl. 1920. IS. 317. 

2) Beih. Arch. f. Schilf*- u. Tropenhyg. Bd. ‘24. S. 57 u. Fig. 17. Taf. 1. 

3) Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. 16. 191*2. S. 421. 


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Ceutralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 


Falle) bei A. b ifu r cat us deutlich erheblicher erscheint als bei A. ma- 
culipennis. Ferner ist leicht zu sehen. daB die Kamraern uDd der 
Schwimmgurtel bei A. bifurcatus mehr auf die Rflckseite des Eies 
verschoben sind, wahrend bei A. raaculipennis der Schwimmgurtel 
dem Rande der RQckseite folgt, und auch die Kamraern nicht so weit 
gegen die Mittellinie reichen. Es wird daher bei A. bifurcatus zu 
beiden Seiten des Schwimmgurtels die dunkle Grund- 
farbe der Seitenteile des Eies noch einmal sichtbar. Ob 
dadurch das Ei von A. bifurcatus dem Auge schraaler erscheint als 
das von A. maculipennis, mochte ich nicht entscheiden. Es scheint 
rair das eine Frage der Subjektivit&t des Sehens. Dieses Merkmal ist 
urn so bequemer, als es bereits mit schwacher VergroBerung mit einem 
Blick die Eier erkennen laBt, ohne daB man die der anderen Art zum 



Fig. 1. 


Fig. 2. 


Fig. 3. 


Fig. 4. 





Vergleich daueben haben miiBte, da es eben kein relatives Merkmal und 
durchaus konstant ist. Ferner sieht man leicht die grobere Felderung 
des Exochoriums auf der oberen mittleren Flache bei A. maculipen¬ 
nis gegeniiber der ganz feinen Kornelung bei A. bifurcatus. Die 
kleine Nebenfigur bei 3 zeigt dann in gleichem MaBstabe die Felderung 
der unteren Teile des Exochoriums von demselben A. maculipennis- 
Ei. In der Seitenansicht des A. bifurcatus-Eies (Fig. 2) sieht man 
von einer solchen Felderung nichts; dagegen sind die Unterschiede in 
der Lage des Schwimmrandes naturlich in der Seitenansicht besonders 
auf der Zeichnung weniger leicht zu erkennen. 

Fig. 4 gibt endlich zur Vollstandigkeit ein Ei von A. nigripes in 
Ansicht von oben. Hier fehlen die Schwimmkammern vollstandig. Es 
ist nur der Schwimmgurtel vorhanden. Die Darstellung Ey sells am 
angegebenen Orte ist also vollstandig korrekt. Die Abbildung von 


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Blei, Drei neue Schafzestoden. 


365 


Galli-Valerio und Rochaz de Jongh 1 ) grtindet sich offenbar auf 
ein stark beschadigtes Ei und kann nicht zu dem Schlusse verwendet 
werdeo, den Bresslau zieht, daB die Eier dieser Art mit denen unserer 
beiden anderen Anopbelen ziemlich gut (ibereinstimmen. Sie sind sehr 
verscbieden, vie A. nigripes fiberhaupt trotz der grofien Aehnlich- 
keit der Weibchen sehr weit entfernt von A. bifurcatus steht. 

DaB man iiberhaupt etwas leichtsinnig die Bilder von A. maculi- 
pennis auf alien Anophelen verallgemeinert, lehren die Darstellungen 
im 3. Band von Theobald*) von sehr abweichenden Eiformen. 

Kerschbaumer 8 ) gibt an, die Eier seien blau; er habe auch 
einige Male rote Eier erhalten. Ich habe nie blaue Eier gesehen. Die 
Facetten des Exochoriums reflektieren jedoch gruppenweise das Licht 
blaugrau und geben dadurch in der Tat. ein sehr zierliches Bild und 
bei schwacher Vergrbfierung eine perlgraue Bereifung des Eies (conf. 
Eysell). Gelegentlich sah ich auch rotbraune Gelege, die nicht auf 
dem Wasser, sondern auf schwimmenden GegenstSnden lagen. Das Bild 
der normalen Eier andert sich aber auf Zusatz von Nelkenbl pldtzlich. 
Die Teile des Schwimmgflrtels werden einer nach dem anderen gelb 
gefarbt, die tlbrigen Teile des Eies erscheinen prachtvoll blau. Frisch 
abgelegt, sind die Eier bekanntllch ganz hell. 


Nachdruck verbotm. 

Drei neue Schafzestoden. 

Nebst Beitragen zur Kenntnis der Ubrigen Wiederkauerzestoden. 

[Aus dem Institut fflr Allgemeine Zoologie und Parasitenkunde der 
Tierfirztlichen Hochschule Wien (Vorstand Prof. Dr. Th. Pintner).] 

Von Tierarzt Dr. med. vet. Rudolf Blei. 

Mit 17 Abbildungen im Text. 

In der Zeit vom Nov. 1917 bis Ende M&rz 1919 gelang es mir, aus 
Schafen aus Ungarn, wohin sie entsprechend den damaligen Handels- 
verhaitnissen z. T. aus der Ukraine eingeffihrt worden waren, ein reiches 
Anoplocephaliden-Material zu sammeln. Es ist anzunehmen, dafi einzelne 
der gefundenen Arten typische Vertreter der osteuropSischen oder asiati- 
schen Fauna sind [Blei 1 )]. 

Gesammelt wurde das Material z. T. auf der Lehrkanzel fur pathol. 
Auatomie a. d. Tierarztlichen Hophschule in Wien und im stadt. Schlacht- 
haus in Meidling durch Vermittlung des H. Tierarztes Dr. Sknorzil; 
zum weitaus Qberwiegenden Teile jedoch im stadt. Schlachthaus zu 
St. Marx. 

Beim morphologischen Studium des Materials, das eine grofie Anzahl 
von Arten enthait, ergab sich, daB sich unter ihnen auch Formen be- 
fanden, die ich mit den bisher bekannten nicht identifizieren konnte; ich 
betrachtete es deshalb als eine erfolgversprechende Aufgabe, diese 
Formen neu zu beschreiben. 


1) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 67. 1913. S. 477. 

2) A Monograph of the Culicidae of the world. London 1903. p. 15. 

3) Malaria. Wien u. Leipzig 1901. 

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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 5. 


FQr alle Anregungen und RatschlSge, die mir H. Prof. Dr. Th. P i n t n e r 
im Verlaufe meiner Studien zuteil werden lieB, sowie fQr die stSndige 
Ueberlassung eines Arbeitsplatzes im Iastitut f. Zoologie und Parasiten- 
kunde spreche ich meinen warms ten Dank aus. Desgleicben dem Assi- 
stenten an der Lehrkanzel, H. Dr. pbil. et. med. vet. L. K. Bohm: 
weiter dem Vorstand der Lehrkanzel fQr patbol. Anatomie, H. Prof. Dr. 
R. Hartl, der mir das Sammeln von Parasiten gestattete, und dem 
Leiter des stadt. Schlachthanses zu St. Marx, H. Vet.-Rat Juritsch. 
Schliefilich danke ich dem H. Tierarzt Dr. Sknorzil fQr die Ueber- 
mittlung sehr wertvollen Materiales. 

Technik. Beim Sammeln des Materials ging ich ahnlich wie die 
DarmwSscher vor, um die damals sehr wertvollen DSrme moglichst zu 
schonen und die parasitenfreien nicht anschneiden zu mQssen. Zunachst 
trachtete ich, die noch warmen DSrme zu untersuchen. Ich nahm das 
hintere Ende des DQnndarmes in die rechte Hand und setzte kurz vor 
sie die linke derart, daB ich den in diesem Abschnitte sehr dflnnen. 
durchscheinenden und in der Regel mit sehr flQssigem Inhalt geiQllteu 
Darm fest zwischen Daumen und Zeigeiinger zusammenpreBte und nuu 
mit der recbten Hand den Darm schubweise nach rGckwarts zog. Sind 
BandwQrmer vorhanden, so werden auf diese Weise die abgestoBenen 
Teile Oder die Endabschnitte der Ketten etwas zusammengeschwemrot 
und heben sich infolge ihrer lichteren FSrbung ziemlich deutlich vom 
dunkler gefSrbten Darminhalt ab, indem sie durch die dQnne Darro- 
wand durchschimmern. Hatte ich Parasiten festgestellt, so schnitt ich 
den hintersten Teil des Darmes, der von ihnen frei war, ab und den 
parasitenhaltigen Teil mit einer gekndpften Schere, den Kopf gegen die 
obere Wand des Darmes gedrGckt, nach vorne zu vorsichtig auf, bis ich 
beim Kopf der Kette angelangt war; die freigelegten Individuen wurden 
einfach mit Spatel und Beinpinzetten in ein mit dem zugehdrigen Darm¬ 
inhalt (weil sie darin auf dem Transport am wenigsten mazerieren) 
gefQlltes Glas gegeben. Auf die geschilderte Weise war es mir mQglich. 
in der Stunde 10—20 D9rme zu untersuchen. 

Die so gewonnenen Bandwurmer, vom anhaftenden Darminhalt be* 
freit, zeigten nun jene Eigenschaften, die als „AeuBerer Habitus* an- 
gefQhrt sind. Ich konnte bald schon bei der Betrachtung des frischen 
Materiales sagen, in welches Genus die gefundenen Zestoden gehSrten. 
in vielen Fallen sogar die Spezies bestimmen. Die bequemste Fixierungs- 
art ist die mit Formalin. Ich ffillte eine grofiere Glaswanne etwa 3 cm 
hoch mit einer Formalinldsung, bestehend aus 9 T. Aqu. dest. +1 T. 
kfl. Formalin, gab eine Kette hinein, setzte etwa in deren Mitte eine 
Beinpinzette an und beschrieb nun Achtertouren am Boden der Wanne 
etwa 10—20 Minuten lang, bis sich die Kette schon gestreckt hatte; war 
dies der Fall, so gab ich sie direkt in eine Formalinlosnng, bestehend aus 
3 T. Aqu. dest. und 1 T. klf. Formalin, zur Konservierung bis zu ihrer 
Vcrarbeitung, oder ich ftihrte sie am nachsten Tage allmShlich in 75-proz. 
Alkohol fiber. Behufs Streckung des Materials wShrend der Fixierung 
bin ich auch ahnlich den Angaben von Gought (31) so vorgegangen, 
daB ich i(as hintere Ende der Kette, etwa 2 cm vor diesem, um eine 
Beinpinzette legte und nun vorsichtig den Bandwurm in die H6he zog. 
um ihn bald darauf wieder lanpsam in die Fixierungsflflssigkeit zurflck- 
sinken zu lassen (etwa 5mal); die Tiere streckten sich so in der Regel 
sehr schon infolge ihrer eigenen Schwere. Ferner habe ich die von 
Stiles und Has sal 1(16) angegebene Mischung: ges. wSssg. Sublimat- 

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Blei, Drei neue Schafzestoden. 


3*>7 

losung, 50 T. 75-proz. Alkohol und V 2 ccm Eisessig als Fixierungs- 
flussigkeit verwendet und 3 Stunden einwirken lassen, hierauf das 
Material 2 Stunden im fliefienden Wasser gewSssert und dann allin&hlich 
in 75 proz. Alkohl tibergeffibrt. 

Wenn die Tiere sebr kurz und nicht zu dflnn sind, so kann man 
sie nach Angaben von L 00 B (6) in einer groBeren Eprouvette schfltteln; 
bei liingeren Ketten kommt es aber da leicbt zu Knotenbildung. 

Bei der makroskopischen Bestimmung des friscben Materials be- 
siebtigte ich das vorliegende Individuum mit dem Binokularmikroskop. 
Hierauf farbte ich den Kopf, ein kurzes anschliefiendes Stiick der Stro- 
bila und einige gescblechtsreife Segmente. So ist es in vieien Fallen 
mOglich, eine einwandfreie Diagnose zu stellen; bei dickem und undurch- 
sichtigem Material ist man gezwungen, Schnitte anzufertigen. Zum Studium 
der Kalkkdrperchen habe ich stets frisches, nicht fixiertes Material 
zwischen zwei Glasplatten gequetscht. 

Zum FSrben der Totoprfiparate verwendete ich hauptsachlieh Borax- 
karmin; ich habe diesen Farbstoff auf das PrSparat je nach seiner Dicke 
2—3 Tage einwirken lassen; diese FSrbung liefert sehr schone Bilder. 
Aufgehellt habe ich die PrSparate sowohl mit Xylol als auch mit Zedern51. 
Schnitte habe ich fdr auatomische Untersuchungen in der Dicke von 
10—15 {t, fGr histologische Studien von 5—10 ji hergestcllt. Die Schnitte 
warden mit Alaunhamatoxylin nach Del afield, Hdmatoxylin-Eisen 
nach He idea hein, H&malaun Oder HSmatoxylin nach Grenacher 
gefBrbt; die letzte Methode lieferte die schnellsten und besten Ergeb- 
nisse. Stets wurde zur Kontrastf&rbung mit alkoholischem Eosin nach- 
gefirbt. 

Moniezia pellucida nov. spec. (Fig. 1—5). Dunndarm, Schaf. 
Ungaro, Ukraine. Jan. 1919 wurde mir im Meidlinger Schlachtbaus ein 
Glas mit Bandwflrmern ubergeben, die der stSdt. Tierarzt Dr. A. Sknorzil 
5 Wochen vorher fur mich gesammelt batte. Das Material war in einer 
Formalinlosung (1 T. kfl. Formalin + 9 T. Aqu. dest.) fixiert und wurde 
nach Erhalt z. T. in 75 proz. Alkohol, z. T. eine starke Formalinlosung (1 T. 
Form. + 3 T. Aqu. dest.) Gberfiihrt. Es waren insgesamt 8 Ketten in der 
L5nge von 30—119 cm, alle aus dem DGnndarm eines aus Ungarn bzw. 
der Ukraine stammenden Schafes. Die Untersuchung ergab, daB alle 
8 $ehr schon gestreckten Individuen einer bisher nicht beschriebenen 
Art angehdrten. 

Sofort fiel mir auf, daB die Tiere dGnn, sehr durchsichtig, nahezu 
wasserhell waren. Von Moniezia expansa unterschied sie eine aufier- 
ordentlich rasche, mehr fiir M. planissima sprechenne Breitenzunabme 
der Kette, von dieser aber die viel geringere Breite der geschlechtsreifen 
and hintersten Segmente sowie anderes. Als Grundlage der folgenden 
Beschreibung diente das 119 cm lange Individuum, das im hinteren 
Teil einen starken Stich ins Gelbliche infolge des sich entwickelnden 
und mit Eiern vollgepfropften Uterus zeigte. Diese gelbliche FSrbung 
ist bereits 45 cm hinter dem Kopf wahrzunehmen. Die Ventral- 
kanSle sind besonders durchsichtige Streifen; sie verlaufen bogen- 
fSrmig parallel zum entsprechenden Seitenrande und an der Gliedgrenze 
ziemlich eckig abgesetzt. Eine doppelte Anlage der Genitalien ist bereits 
LO cm hinter dem Kopf makroskopisch deutlieh zu erkennen; sie heben 
sich als weiBe Klflmpchen sehr scharf von der ubrigen, gallertartig aus- 
sehenden Kette ab und werden durch den entsprechenden Ventralkanal 
halbiert; ihr medialer Teil liegt schief und zwar zieht er von hinten 


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Centtalbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 


medial nach vorne lateral. Der Genitalporus ist wenig deutlich vor- 
springend. Anomalien in Form von Proglottidenverschmelzungen sind 
Vorhanden. Der Kopf erscheint klein und nach hinten verjungt Die 4 
Saugnfipfe sind makroskopisch noch voneinander zu nnterscheiden. Die 
Breite der Kette nimmt anfangs sehr rasch zn, wie bei M. planissima, 
spfiter nur. ganz allmfihlich und bleibt schlieBlich anscheinend gleich; 
die letzten Segmente sind wieder etwas schmfiler. Die auBerordentliche 
Durchsichtigkeit der Kette hat diese Art mit M. expansa gemeinsam. 
Sfimtliche Segmente sind rechteckig, bzw. anfangs trapezfbrmig, indem 
ihre vordere Begrenzung kilrzer ist, als die hintere; sie sind anfangs 
sehr kurz und gewinnen erst allmfihlich an Lfinge. Mit zunehmender 



Fig. 5. 


Entwicklung des Uterus werden die fibrigen Genitalorgane immer un- 
deutlicher. 

Der Kopf (Fig. 1, 2) geht in den Hals ziemlich kontinuierlich fiber. 
Von vorn betrachtet erscheint er rechteckig, fast quadratisch und ver- 
jfingt sich nach hinten. Die Vorderflfiche des Kopfes miflt in ihrer 
Diagonals 736 /u, seine Lange 320 ju, die Breite ist mehr als doppelt 
so groB. Die 4 Saugnfipfe sind diagonal angeordnet, fast kugelffirmig 
und haben einen Durchmesser von 208 /i. Die Oelfnungen der Saug¬ 
nfipfe stehen ebenfalls diagonal; ihre Rfinder sind geschweift, so dal 
sie einen birnfflrmigen UmriB zeigen. Die Oeffnungen der Saugnfipfe 
von M. planisima wurden bisher in dieser Form nicht beobacbtet 
(wobei ich wohl weiB, daB die Form der Saugnapffiffnungen bei ihrer 

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Blei, Drei neue Schafzestoden. 


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AbhSngigkeit vora jeweiligen Kontraktionszustand nur geringe diagno- 
stiscbe Bedeutung hat). Haken sind keine vorhanden. Eine Lappung 
des Kopfes ist bei deo einzelnen Exemplaren mehr oiler weoiger dcut- 
iich ausgeprSgt; ira Qbrigen weist auch hier der Kopf geradeso die 
mannigfaltigsten Variationen auf, wie der aller Gbrigen Moniezien. Bald 
ist er mehr gelappt, bald weniger, bald erscheint er rechteckig, bald 
quadratisch. Der unsegraentierte Teil (Fig. 2), ist vora segmeDtierten 
darch eine deutliche (bei planissima nicht beobachtete) EinschnQrung 
scharf getrennt, wShrend der Uebergang zum Kopf ein allm&hlicher ist. 
Er zeigt weder eine echte noch eine Scheingliederung nnd ist vollst£ndig 
glattrandig; er hat eine LAnge von 800 ft und unmittelbar hinter dem 
Kopf eine Breite von 485 //, am Uebergang zum gegliederten Teil eine 
solche von 288 /<, verjQngt sich somit nach hinten. Die ann&hernd gleich- 
breiten Dorsal- und VcntralkanQle haben einen Durchmesser bis zu 
50 ft. Der Dorsalkanal liegt deutlich dorsal und medial vom Ventral- 
kanal. Unmittelbar hinter der erw&hnten EinschnQrung beginnt die 
Oliederung, anfangs durch eine feine Querstreifung angedeutet, bald 
ganz deutlich; die Kette gewinnt jetzt sehr rasch an Breite. Die ersten 
Spuren der Genitalanlagen sind bereits 9 mm hinter dem Kopf jeder- 
seits wahrzunehmen. 

1 cm von Kopf ist das Segment 1220 ft breit, bis 40 ft lang. Die 
Gliederung ist bereits sehr scharf durchgefQhrt. Die Genitalanlagen 
sind deutlich in Form von dichten, langlichen Klfimpchen; sie sind 
40—50 ft lang, 25—30 ft breit und medial von den Exkretionsgef&fien 
gelegen; mit der LUngsachse stehen sie senkrecht auf die Gefaile. Der 
Ventralkanal ist bereit§ 60 ft breit. 3 cm vom Kopf ist die Proglottidis 
3 min breit, 240 ft lang. Die Segmente sind am hinteren Ende breiter 
als am vorderen und haben somit die Gestalt eines Trapezes. Der 
hintere Rand einer Proglottis ist Qber den vorderen Rand der folgenden 
Proglottis glockig hinubergestulpt und bildet einen Randsaum, ein Ve¬ 
lum, die Glieder sind deshalb im Sinne Pintners(ll) als „craspedot“ 
zu bezeicbnen. 

5 cm vom Kopf ist das Segment 4 mm breit, 395 ft lang; die 
aneinandcrstoEenden Render der einzelnen Proglottiden zeigen das be- 
schriebene Verhalten noch deutlicher. Dio Segmente sind mehr recht¬ 
eckig, nicht mehr so ausgesprochen trapezfOrmig. Die Genitalanlagen 
haben etwa die Gestalt eines quergestellten Rhomboids, das etwas 
schief von hinten medial nach vorne, lateral zieht und 100 — 180 /i lang, 
30—40 ft breit ist; von der lateralen Ecke zieht bereits ein verdichteter, 
aber weiter noch nicht ditferenzierter Gewebsstrang zum Seitenrand 
fgemeinsame Anlage der Vagina und des Vas def.), der Ventralkanal ist 
bereits 80 ft breit. 

10 cm vora Kopf (Fig. 4) ist die Proglottis 5 mm X 512 ft. Linien- 
formige Interproglottidendriisen sind bereits sehr deutlich in der Breite 
von 600 —650 ft nachzuweisen. Der hintere Rand eines Segments ist 
etwas wellenfSrmig, desgleichen der Ventralkanal, der 150 ft breit ist; 
der Dorsalkanal millt noch zirka 40 ft. Die Genitalanlagen haben eine 
ausgesprochen pistolenformige Gestalt, man kann an ihnen bereits eine 
deutliche Differenzierung wahrnehmen. Der Lauf der Pistole (Anlage 
von Vagina Vas def.) erreicht den Seitenrand in der vorderen Halite 
des Segmentes und hat den Rand bereits dorsal vom Dorsalkanal durch- 
brochen. In den Seitenfeldern sind die ersten Anlagen der Hoden 
als kleiuste KlQmpchen schon zu erkennen. 15 cm vom Kopf wird das 

Ema AM. Orig. Bd. 87 . llefl 5. 24 

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Centralbl. f. fiakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 5. 


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Glied 5 1 /* mm X 600—640 (x. Die Interproglottidendrfisen sind bereits 
sehr deutlich ausgeprfigt, desgleichen die Hoden mit eioem Durchmesser 
von 9—12 (.i jederseits in einem rechtwinkligen Dreieck angeordnet, 
eine Kathete parallel zum Hinterrand der Proglottis, die andere * 
parallel zum Seitenrande und die Hypotenuse die Proglottis schief von 
hinten medial nach vorne, lateral kreuzend; zwischen diesen beiden i 
Dreiecken bleibt ein zirka 1350—1450 (x breites Mittelfeld frei von * 
Hoden. Lateral vom Ventralkanal sind keine Testikeln anzutreffen. 
Man kann an den Genitalorganen bereits deutlicbe Ovarien, Dotter- and i 
Scbalendrttsen, Vagina ond Vas def. unterscbeiden. 30 cm vom Kopf 
wird das Glied 7 mm X 80Q und au6gesprochen rechteckig. Die i 
Interproglottidendrfisen kann man sebr schfin beobachten. Die Geschlechts- | 
reife ist fast erreicbt. Die Genitalien sind vollstfindig differenziert, das 
kreisrunde Ovarium setzt sicb aus parallel nebeneinanderliegenden R5hr- 
chen zusammen und schlieBt die traubenartigen, kugeligen Dotter- 
drfisen teiiweise ein; die wenigen deutlichen Schalendrflsen werden vom 
Ovarium und den Dotterdrfisen rings umgeben, ein Receptaculum seminis 
ist deutlich, der Dorsalkanal bereits obliteriert. Die Genitalkan&le ziehen . 
dorsal vom Ventralkanal (bis 200 fx breit). Die Vagina liegt dorsal oder , 
ventral vom Cirrusbeutel; ich habe sie auch teiiweise vor und fainter : 
ihm beobachtet. W&hrend im vorderen Teil der Kette der Genitalporns \ 
mebr in der vorderen H&lfte des Segmentes liegt, rfickt er jetzt mehr j 
gegen die Mitte, ist aber immer noch dem vorderen Rande genfihert: 
er ragt zapfenartig fiber den Seitenrand vor und ist durch eine ring- l 
ffirmige Einsenkung scharf abgesetzt; er ist 288 /x breit, 45 /u Iang. ’ 
Der Cirrusbeutel ist von birnformiger Gestalt, 200 X 80 //. Ein etwi 
800 ju breites Mittelfeld ist vom Hoden vollst&ndig frei. Die Hoden 
messen bis zu 75, die Ovarien baben einen Durchmesser von 400, 
die Dotterdrfisen von 240 fx\ Interprdr. sind in einer Breite von 
900—1000 |U angeordnet. 

45 cm vom Kopf (Fig. 5) ist das Segment 8 mm X 900 /<. Der 
Beginn der Gescblechtsreife ist schon etwas fiberschritten. Interpro- 
glottidendrfisen sind nicht mehr so deutlich wahrzunehmen. Der Ventral- 
kanal erreicht die kolossale Breite von 320 /a. Die rObrenffirmige Zo- 
sammensetzung der Ovarien ist deutlich; der Uterus beginnt sicb zu ent* 
wickeln und reicbt lateral auch fiber den Ventralkanal hinaus. 60 nun j 
vom Kopf ist ein Segment 9 mm X 1466 /w. Der Uterus ist mit Eiern ■ 
geffillt, Hoden, Ovarium, Dotter- und Schalendrfisen sind fast vollst&ndig 
rfickgebildet; Receptac., Vag., Vas def., Cirrusbeutel und Cirrus sind 
noch deutlich vorhanden. Der Genitalporus tritt nicht mehr so scbarf 
hervor. Der Ventralkanal ist nur mehr ca. 240 n breit; die Interpr. 
sind noch deutlich. 80 cm vom Kopf ist das Glied 9‘/ 2 mm X 1890 «- 
Es ist nur mehr der mit Eiern gefiillte Uterus, Receptac., Vag., Vas def.. 
Cirrusbeutel und der noch ausgestfilpte Cirrus nachzuweisen. Der Cirrus¬ 
beutel uberragt bedeutend weniger den Seitenrand, der nunmehr bogen- 
ffirmig gestaltet ist. Interpr. bereits sehr undeutlich. 

100 cm vom Kopf ist die Proglottis 8 mm breit, bis zu 1980 fi 
lang und prall mit Eiern gefiillt, Interpr. nicht mehr nachzuweisen, der 
Ventralkanal nur mehr 180 ju breit; 119 cm vom Kopf hat man 8 mm 
Breite und fiber 2 mm Laoge. Der mit Eiern vollgepfropfte Uterus 
nimmt das ganze Segment ein; auBerdem ist nur noch Receptac., Vag., 
Vas def., der Cirrusbeutel und der noch immer etwas ausgestfilpte Cirrus 
nachzuweisen; der Genitalporus ist bedeutend unansehnlicher. Die beiden 


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£Blei, Drei neue Schafzestoden. 


371 




letzten Proglottiden sind hantelformig und kiirzer; das letzte Segment 
bat in der Mitte eine Lange von 1040 ft, zu beiden Seiten 1600 ft\ aus 
allem zn schlieBen, dUrften zwischen der vorhaudenen letzten und der 
bereits abgestoBenen Endproglottis nur wenige Segments gewesen sein. 
Der Ventralkanal hat noch eine Breite von 150—180 ft. 

Wahrend die Durchsichtigkeit mindestens der von M. expansa 
gleichkommt [s. Neumann (8)J, ahneln die GrOBenverbaitnisse der M. 
planissima, bleiben jedoch in den BreitenmaBen hinter ibr alsbald 
zuruck, ein Hauptunterschied der vorliegenden Art von planissima; 
denn die neue Art erreicht 60 cm hinter dem Scolex mit 9 mm die grdBte 
Breite; weiter hinten verliert sie wieder etwas an Breite, wahrend bei 
M. planissima die Breite der Kette kontinuierlich zuuimmt und die 
reifen Segmente bis zu 26 mm breit sind. Die langste gefunden Kette 
mit 119 cm ist nicht vollstandig, die voile Lange der neuen Spezies 
dQrfte 120—150 cm betragen. Die einzelnen Segmente sind anfangs sehr 
kurz, gewinnen jedoch bis zu der drittletzten Proglottis konstant an Lange, 
so dafi die genannte Proglottis mit 2023 ft das Maximum erreicht. 

Die Exkretionskanale sind im Verlaufe des Halses annahernd gleich 
breit und messen hier ca. 50 ft. Nach hinten verliert der Dorsalkanal 
an Breite, wahrend der Ventralkanal kolossal gewinnt und 45 cm hinter 
dem Kopf mit einer Breite von 320 ft das Maximum erreicht; yon hier 
an verliert er wieder und miBt 119 cm vom Kopf entfernt nur mehr 
150—180 ft. Der Dorsalkanal ist 30 cm vom Kopf entfernt nicht mehr 
nachzuweisen; er liegt deutlich dorsal und etwas medial vom Ventral¬ 
kanal. 

Die deutlichst ausgesprochene Anordnung der Hoden 
in zwei Dreiecken mit einem zwischen beiden liegenden, 
sehr breiten, vollstandig hodenfreien Mittelfeld wurde 
bisher bei keiner Moniezia beschrieben. Wir linden zwar bei 
M. trigonophora ebenfalls eine Anordnung der Hoden in zwei Drei¬ 
ecken, jedoch verschmelzen bier die beiden Dreiecke meist vollstandig 
miteinander, und es ist kein, zumindest aber kein so breites hodenfreies 
Mittelfeld vorhanden. Von M. planissima berichteu S.tiles und 
Hassail (16), daB die Hoden anfangs in Dreiecken angeordnet, weiter 
hinten aber im Mittelfeld meist ebenso zahlreich wie in den beiden 
Seitenfeldern sind. Sauter (15) verneint diese Anordnung der Hoden 
im Dreiecke. Soweit meine diesbeztlglichen Untersuchungen reichen, 
schliefie ich mich der Meinung von Stiles und Has sail an, muB je¬ 
doch sagen, daB die Trennung der beiden Dreiecke keine so scbarfe wie 
bei meiner Art, mindestens aber kein so ausgesprochen breites, hoden¬ 
freies Mittelfeld vorhanden ist. Im Qbrigen ist ja bei planissima die 
Anordnung der Hoden in zwei Dreiecken nur in der vordersten Partie 
der Kette zu beobachten, weiter hinten sind sie in der ganzen Proglottis 
ziemlich gleichmaBig verteilt, wAhrend bei meiner neuen Art 
durchweg ein 0,8—1,5 mm breites hodenfreies Mittelfeld 
anzutreffen ist. Die neue Art ist somit betreffs Anordnung der 
mAnnlichen Keimdrusen leicht vom M. planissima zu differenzieren; 
eine Verwechslung mit M. trigonophora ist nebst anderen GrOnden 
schon deshalb nicht moglicb, weil meine Spezies lineare Interproglottiden- 
drflsen aufweist, somit der planissima-Gruppe zuzuweisen ist, im 
Gegensatz zu trigonophora, die mit ihrer Anordnung der Driisen 
um Blinds&cke der ex pa n sa-Gruppe zugehort. Die Testikeln erreichen 
einen Duichmesser von 75 ft. Das Vas def. ist in der Gegend des Ova- 

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;}7 2 OentralbL f. Baku etc. I. Abu Originate. Bd. 87. Heft 5.* 

riums kuBerst geschlfingelt, vor dem Eintritt in den Cirrnsbeutel fast 
garade verlaufend; im Cirrusbeutel selbst ist es ebenfalls nor wenig ge- 
wunden und stfilpt sicb schlieBlich aus ihm bei den geschlechtsreifen 
Proglottiden ais 55 langer und 32 /< breiter Cirrus aus. 

Die weiblichen Genitalien sind wie bei alien Moniezien gebant, nnr 
sind sie in ihren Formen nicbt ganz konstant. Das Ovarium ist ge- 
wdhnlich rund, kann jedocb bald mehr in die L&nge, bald mehr in die 
.Breite gezogen sein, so daB es ein elliptisches Ausseben erhalt. Das 
Receptaculum seminis ist eifSrmig, fast kugelig Oder birnfdrmig, der 
Dotterstock von mehr Oder weniger secbseckiger Gestalt und z. T. vom 
Ovarium eingeschiossen; die SchalendrQse schliefit sich direkt an die 
DotterdrQsen an und kommt vollst&ndig zwischen sie und das Ovarium 
zu liegen. Sie ist etwas unregelmSBig, nicht so kugelig und zentral vie 
bei M. planissima. Der Uterus begiDnt sich 45 cm hiuter dem Kopf 
zu entwickelh; je weiter er in seiner Entwicklung vorschreitet, urn so 
mehr bilden sich die anderen Organe zurOck. Er stellt ein stark ver- 
Ssteltes, von Eiern vollgepfropftes Netzwerk dar. Die Eier zeigen den 
fflr das Genus typischen Bau und erreichen einen Durchmesser von 
64 /<. Der Nerv liegt jederseits unmittelbar auBerhalb des Ventralkanales. 
Die L&ngsmuskulatur ist zu Buodetn gruppiert, was an der haufenweiseo 
Anordnung der Muskelquerschnitte deutlich zu sehen ist (Fig. 4). Kalk- 
korperchen sind ziemlich h&ufig, besonders im Mittelfeld. Sie sind von 
rundlicher Form, klein und gehen kaum liber die GroBe von 8 /< hinaus. 

In dcr Mitte eines jeden Segmentes in der Entfernung von 10-80 cm 
vom Kopf bemerken wir am hinteren Rand lineare Interprogtottideu- 
drflsen (Fig. 5), die sich 5—10 cm hinter dem Kopf zu eotwickeln be- 
ginnen. Am schonsten sind sie zu beobachten in den Proglottiden, die 
20—40 cm vom Kopf entfernt 1 sind. Mit fortschreitender Entwicklung 
des Uterus werden sie immer undeutlicher und sind 100 cm hinter dem 
Kopf nicht mehr nachzuweisen. Stiles und Hassall (16) teilen die 
beim Schaf vorkommenden Vertreter des Genus Moniezia nach der 
Anordnung der InterproglottidendrUsen in 3 Gruppen: In die planis- 
sima-Gruppe (planissima, Benedeni, Neumanni) mit linear 
angeordnetcn Driisen, in die expansa-Gruppe (expansa; trigono- 
phora) mit Gruppierung der genannten Driisen urn Blindsacke, und 
schlieBlich in die denticulata-Gruppe (denticulata, alba) ohne 
DrDsen. Sauter (15) hat durch die Neubeschreibung seiner beim Rind 
gefundenen Spezies M. conjungens gezeigt, daB die Differenziernng 
in diese 3 Gruppen nicht so scharf durchgefOhrt werden kann, sonders 
daB es Ueberg&nge gibt, indem bei conjungens in den jQngera 
Segmenten linear, in den Slteren, mit Eiern vSllig angefQllten Glieden 
um Blindsacke angeordnete Driisen anzutreffen sind. Trotzdem kann 
naturlich der bisherige BestimmungsschlQssel filr das Genus Moniezia- 
der auf dem Vorhandensein bzw. Fehlen, sowie der Gestalt der Driisen 
basiert, weiterhin Geltung behalten. 

Ich will nun alle mit linear angeordneten InterproglottidendrUsen 
bisher bekannten Arten in ihren wichtigsten, von meiner Spezies ab- 
weichenden Merkmalen kurz skizzieren. Zunachst die 3 Vertreter der 
planissima-Gruppe: planissima: Langel—4 m; 14 cm hinter dem 
Scolex bereits 8 mm breit; die reifen Segmente bis zu 26 mm breit. 
Keine durchgehendo Anordnung der Ilodcn in zwei Dreiecke, kein boden- 
freies Mittelfeld, Testikeln im Mittelfeld meist ebenso zahireich wie in 
den Seitenfeldern. Driisen 1,9 mm breit. Benedeni: L§nge bis liber 


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Blei, Drei neue Bchatzeetoden. 


373 


4m; die reifen Glieder 10—12 mm breit, 3 mm lang, 2 mm dick. Hoden 
nicht bekannt. Scolcx 1 mm breit Oder darflber; Hals 2—2,5 mm lang. 
Drflsen undeutlich. Kette sehr undnrchsichtig. Neumanni: Kopf and 
Hals haben dieselben MaBe wie Benedeni; Hals fadenfflrmig, Hoden 
in der ganzen Proglottis anzutreffen. — Die Unterscbiede dieser drei 
Arten von der oben beschriebenen Bind so auifallend, daB eine Identi- 
fizierung wohl ausgeschlossen ist. 1 

Non wire der beiden folgenden, nur sehr mangelhaft beschriebenen 
Arten zu gedenken, bei denen jedoch Angaben fiber Drflsen fiberhAnpt 
feblen: nullicollis: LAnge der Kette 40 cm; reife Segmente 1 mm 
lang. Der Kopf hat einen Durchmesser von 1,3 mm. Hals ist keiner 
vorhanden. Vogti: die breitesten Segmente sind 2,5 mm breit and 
5 mm lang. Auch hier ist eine Verwechslung mit meiner Art nicht 
mfiglich. 

Nun wfiren noch anzuschlieBen die von Sail ter (15) beim Rind ge- 
fundenen 4 nenen Spezies, deren Beschreibung allerdings etwas zn 
wfinschen fibriglABt: conjungens: reife Segmente 10 mm breit, 5 mm 
lang (2:1). Drflsen anfangs linear, spAter in 3 BlindsAcke angeordnet. 
latifrons: Kopf 1,9 mm breit; Segmente anffallend lang, Hals 1,5 mm 
lang. Die ersten Spuren der Genitalanlagen sind 20 cm hinter dem 
Kopf wahrzunehmen. crassicollis: LAnge der Kette 45 cm. Kopf 
1,26 mm breit, Hals 3 mm lang. Reife Segmente 10 mm breit, 3 mm 
lang, Interproglottidendrflsen undeutlich linienfftrmig. parva: LAnge 
der Kette 25— 30 cm, Hals 2,5 mm lang; reife Segmente 2,75 mm breit, 
1,25 mm lang. Auch hier ist nicht im entferntesten eine Verwechslung 
meiner Spezies mit einer der genannten moglich. 

Da somit alle in Frage kommenden Arten ausgeschlossen sind, so 
ist es gerechtfertigt, die gefundene als eine neue, bisher nicht be- 
schriebene auzusprechen, fflr die ich den Namen Moniezia pellucida 
vorschlage. 

Speziesdiagnose: Kette fiber 119 cm lang, dflnn, durchsichtig, 
in der vorderen Hfilfte nahezu wasserhell, in der hinteren HAIfte gelb 
pnnktiert, so daB die Segmente in ihrer Gesamtheit einen starken Stich 
ins Gelbliche haben. Die Strobila nimmt anfangs rasch an Breite zu; 
reife Segmente 2 mm lang, 8-9 mm breit. Kopf klein, verjflngt sich 
nach hinten; von vorn betrachtet rechteckig bis quadratisch; die Lappung 
tnebr Oder weniger deutlich ausgeprSgt, 500—800 n breit, 280—350 u 
lang. Die 4 SaugnApfe diagonal angeordnet, kugelfflrmig, nach vorn 
und answArts gerichtet, mit birnfflrmiger Ordnung, bis zu 208 y im 
Durchmesser. Haken fehlen. Der Hals verjflngt sich nach hinten, so 
daB Kopf und Hals, die allmAhlich ineinander flbergehen, zusammen- 
genommen, kegelfSrmig erscheinen; er ist 150 - 500 /i breit, 7(X)—1000 /< 
lang; vorn segmentierten Teil der Kette durch eine deutliche Ein- 
schnflrung srharf getrennt. Die ersten Spuren der Genitalanlagen 9 mm 
hinter dem Kopf bereits deutlich. Genitalien doppelt. Die Hoden be- 
ginnen in einer Entfernung von 10 cm vorn Kopf; sie sind von ihrer 
Entwicklung bis zu ihrer vollstAndigen Rfickbildung 
scharf in zwei Dreiecken angeordnet; zwisch-en den beiden 
Dreiecken bleibt durchgehend ein 0,8—1,5 mm breites 
voll stfindig hodenfreies Mittelfeld. Interproglottidendrflsen 
deutlich linear angeordnet. bis 800 // breit, bilden sich mit dem sich 
entwickelnden Uterus zurflck. Entwicklung unbekannt. Dflnndarm des 
Schafes; Ungarn, Ukraine. 

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374 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 


Avitellina laciniosa nov. spez. (Fig. 6—7). DQnndarm, Schaf, 
Ukraine, Ungarn. 

Am 12. Febr. 1918 kam ein ans Ungarn bzw. der Ukraine stammendes 
Schaf an der Hochschule znr Sektion, das am vorhergehenden Tage mit 
der klinischen Diagnose: „Leberegel, Lungenwflrmer und Kachexie“ ver- 
endet war. Bei ErOffnung des Darjnes wurden im vorderen Drittel ; 
Bandwflrmer gefunden. Leider stellte sich bald heraus, daB kein ein- 
ziges Exemplar vollst&ndig war, sondern nur einzeine Kettenstflcke vor- 
lagen, darunter ein 3 cm langes mit Kopf und ein 21 cm langes mit 
Endglied; das l&ngste Stflck miflt 46 cm. Schon die makroskopische 
Betracbtung lieB die Vermutung aufkommen, daB eine Stilesia, bzw. 
Avitellina vorliege. Die Anatomie der Genitalorgane, die Hoden, 
der elliptische, quergestellte Uterus sprachen ganz Iflr Avitellina. 
Trotz des mazerierten Materiales konnte ich in bezug auf das Paruterin- 
organ eine bedeutende Abweichung gegeniiber dem bisher bekannten 
Vertreter dieses Genus, der Avitellina centripunctata, feststellen. 

AeuBerer Habitus: Der Kflrper ist ein sehr dQnnes, anscheinend ' 
ganzrandiges, 1—2 mm breites, gallertartiges Band. In die Augen 
springend sind im durcbfallenden Licht 2 zu den Seitenr&ndern parallel 
verlaufende, besonders durchsichtige Streifen, die ventralen Exkretions- 
organe. Das Feld zwischen den belden Kan&len ist mehr Oder weniger 
undurchsichtig. Bei sebr genauer Betrachtung kann man auch schon . 
makroskopisch eine Gliederung in sehr kurze, aber relativ sehr breite 
Proglottiden nachweisen. ; 

Anatomie. Der Kopf (Fig. 6) ist vom Qbrigen Kflrper deutlieh 
abgesetzt, da er ziemlich unvermittelt in ihn flbergeht. Er ist mehr 
breit als lang (grofite Breite 832, L&nge 576 ju). Hiermit zeigt er ganz 
betr&chtliche Gr6Benunterschiede v gegeniiber dem Kopf von Avitellina 
centripunctata [Gough (4)]. Die 4 Saugn&pfe sind diagonal an- 
geordnet und nach vorn und auswflrts gerichtet; ihr Querdurchmesser 
betrflgt 404, ihre Hflhe 320 //. Die Oeffnungen der Saugn&pfe sind 
kreisformig bis elliptisch, ebenfalls diagonal nach vorn und auBen ge¬ 
richtet, keine Haken. Unmittelbar hinter dem Kopf konnte ich eine 
Breite von 500 ,u, 3 cm hinter dem Kopf eine solche von 280 /t messen. 
Auffallend ist hier eine Dunkelscbattierung im Mittelfeld, die sich anch 
weiter rttckwfirts verfolgen lflBt. Die beiden Exkretionskanale sind bier 
noch annahernd gleicht breit. Gliederung noch nicht nachweisbar. Die 
grQBte Breite der Kette, die flberhaupt gemessen wurde, betr§gt 2 mm 
bei geschlechtsreifen Segmenten. Bei einem Stflck von der Breite 788 p 
ist eine undeutliche Gliederung und eine schmale Schattierung in der 
Mitte vorhanden. Die beiden Exkretionskanale sind annahernd gleich 
(32 //). Genitalanlagen deutlich. Ein Stuck der Strobila, 1041 // breit, 
zeigt die Proglottis 36 lang; das Mittelfeld ist vom quergestellten, 
elliptischen Uterus eingenommen (260 n breit, 48 (i lang). Samtliche 
Teile der Genitalien entwickelt; der Cirrnsbeutel 12 (x lang, 32—48 p 
breit, von walzenformiger bis hantelformigen Gestalt; nur der Ventral- 
kanai (52 ft) nachweisbar; er halbiert ungefahr den Raum zwischen 
Uterus und Seitenwand. Cirrus ausgestiilpt, 42 /i lang. 

Bei 2 mm breiten Proglottiden ist voile Geschlechtsreife eingetreten. 
Proglottiden, die 20 cm von der Endproglottidis entfernt sind, messen 
977 64 u. Der Uterus bereits riickgebildet, an dessen Stelle tritt non 

ein Organ, das sich von dem bei A. centripunctata vorkommenden 
Paruterinorgan durch seine Gestalt weseutlich unterscheidet (Fig. 7). 

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Blei, Dret neue Schafzeetoden. 


375 


Es ist breiter als lang, ebenso quergestellt wie der Uterus und gegen 
das hintere Ende zu auch schon makroskopisch deutlich erkennbar; im 
frischen Zustande wie im ungeffirbten Totopraparate gelbbrfiunlich, im 
Gegensatz zn dem gewohnlich kugeligeu Paruterinorgan bei A. centri- 
pnnctata, das mebr weiB erscheint. Die Gestalt ist sebr unregelmfiBig 
and wechselnd; der hintere Rand gerade oder konkav, die vordere und 
seitliche Begrenzung sehr unregelmfiBig, mit zablreichen Ein- und Aus- 
buehtungen. Eine genaue histologische Untersuchung war nicht mdglich. 
Es erreicbt eine Breite bis zu 
240, eine Lfinge bis zu 112 /u. 

Hoden in einem Abstand von 
20 cm von der End proglottis 
bereits in Rbckbildung. Das 
Ovarium rdckt nfiher an den 
Ventralkanal heran, ist von 
mebr eif&rmiger Gestalt und 
steht mit der Lfingsachse senk- 
recht auf den Exkretionskanal; 
es mifit 60 y. im Lfings-, 4 im 
Querdurchmesser. Ventralka¬ 
nal (67 fi) von zahlreichen Nie- 
derschlfigen ausgefflllt. Der ausgestiilpte Cirrus 
78 ju lang, 12 /< breit. 

Segments 10 cm vor der Endproglottis 950 X 
68 ju. Ovarien nfibern sich noch mehr dem Ven¬ 
tralkanal und erreichen einen Durchmesser von 
64—80 ft. Hoden noch deutlich. Segmente 2 cm 
vor der Endproglottis: Paruterinorgan und Ovarien 
sehr deutlich, Hoden noch nachweisbar, Cirrus noch 
ausgestfllpt, Cirrusbeutel ebenfalls noch deutlich. 

Segmente 1 cm vor der Endproglottis: Paruterin¬ 
organ und Ovarien in RGckbildung. Segmente 3 mm 
vor der Endproglottis 800 X 46 j«. Hier ver- 
schwinden (Fig. 7) fast plbtzlich das Paruterinorgan 
and die allmfihlich kleiner gewordenen Ovarien. 

Das letzte Ovarium miBt 95 ^ im Durchmesser. 

Mit dem plotzlichen Verschwinden des Paruterin- 
organs und der Ovarien treten unmittelbar daran • 
anschlieBend etwas unregelmfiBige, kantige oder 
rondliche, verschieden groBe Gebilde auf, sowohl 
im Mittelfeld als auch lateral von den Exkretions- 
kanfilen; teilweise zu Haufen gruppiert; sie setzen sich bis in die End¬ 
proglottis fort und messen 32—72 n im Durchmesser. Ihre Bedeutung 
war wegen der schlechten Erhaltung des Materials nicht festzustellen. 

Noch mehr gegen das Ende sind die einzelnen Glieder nur mehr 
sehr schwer voneinander zu unterscheiden. Die beiden Rfinder werden 
unregelmfiBig wellenfdrmig begrenzt, um schlieBlich in die Endproglottis 
uberzugehen. 

Die Anatomie der vorliegenden Individuen deckt sich mit Ausnahme 
der auffallenden GroBenunterschiede des Kopfes, der abweichenden Ge¬ 
stalt des Paruterinorgans, der Anwesenheit zahlreicher Kalkkorperchen, 
der abweichenden Breiten und Dickenverhfiltnisse der Strobila und der 
eigentftmlichen Gebilde in der Strecke 3 mm vor der Endproglottis mit 

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376 


Centr&lbl. f. Bokt. etc. I. Abt. Origin ale. Bd. 87. Heft 5. 


der von A. centripunctata. Die einzelnen Segmente sind sebr kurz. 
verh&ltnism&Big breit, sehr dflnn und durchsicbtig. Bei den gescblecbts- 
reifen Proglottiden, die mit 2 mm die grbBte Breite erreichen, ist der 
Seitenrand, an dem sich der Genitalporns befindet, konvex gewdlbt and 
aufierdem etwas breiter, der andere Rand ist ganz flach. Proglottides 
vor und nach der Geschlechtsreife zeigen dieses Verhalten wesiger 
deutlicb. Die einzelnen Segmente folgen direkt aufeinander derart, da£ 
der hintere Rand der vorbergehenden Proglottis den vorderen Rand der 
nachfolgenden nicht Gberragt. Der Ventralkanal ist sebr stark ent- 
wickelt and erreicht eine Breite bis zu 90 ft. Die Genitalorgane sind 
einfacb. Die Genitalporen sind unregelmSBig alternierend, der Porus 
unscbeinbar. Die Hoden sind in 4 Reiben angeordnet, und zwar so, daB 
jederseits von den beiden Ventralkan&len eine Reibe zu liegen koromt. Die 
beiden lateralen vom Ventralkanal gelegenen Reiben sind scbmSler als die 
medialen. Die drsteren zfihlen 2-3 Hoden, die letzteren 2—5; niemals 
sind im Mittelfeld Testikel anzutreffen; sie erreichen einen Durcbmesser 
bis zu 55 ft. Das Vas def. bildet in seinem Verlauf zablreiche Schlingen, 
besonders vor dem Eintritt in den Cirrusbeutel und in diesem selbst; 
es bildet sich aus den Vasa eff. derjenigen Seite, die vom Genitalporns 
frei ist, ziebt quer tiber das Mittelfeld, nimmt die Vasa eff. der anderen 
Seite auf, erweitert sich zur Vesicula und mflndet endlich in den Cirrns* 
beutel. Der Cirrus stQlpt sich in der Mitte des Seitenrandes vor 
(120 X 12 ft) und ist nocb 2 mm vor der Endproglottis nacbweisbar. 
Der Cirrusbeutel bat etwa eine iSngliche, mebr zylindrische Gestalt 
(120—160 ft lang, 35—40 ft breit). Die Lage der Vagina zum Cirrus- 
beutel wecbselt; sie ist weniger geschlBngelt als das Vas def., die Ovaries 
sind von rundlicher bis elliptischer Gestalt, rGcken gegen das hintere 
Ende zu immer mehr gegen den Ventralkanal heran (70 ft Durcbmesser 
und darQber). Der Uterus ist ebenfalls einfach und zeigt die typische 
Form von A. centripunctata: elliptisch und quergestellt; er ist 
260 ft breit, bis 50 ft lang. An Stelle des Uterus tritt weiter hiotea 
das oben besebriebene Paruterinorgan. Dotterstock und Schalendrflseu 
feblen. Jederseits, lateral vom Ventralkanal, zieht ein Nerv, der die 
GuBere Hodenreihe nach der Seite zti abgrenzt. 

Kalkkdrperchen babe ich in auBerordentlich groBer Zahl im ganzen 
Kbrper zerstreut vorgefunden; im Gegensatz zu den Untersuchungen 
von Gough (4), der sie bei centripunctata als sehr selten be- 
zeichnet; sie sind eft direkt zu Ilaufen gruppiert. Man kann eine Unz&h) 
kleinster, lichtbrechender Korperchen von 2—4 ft bis zu solchen von 
15 ft auffinden. Ihr Formenreichtum ist sehr groB. Weiter sieht man 
nnregelm&Big gestaltete groBe Gebilde, die vielleicht fettiger Natur sind. 

Systematische Stellung. Fuhrmann (2) faBte das Genus 
Stile si a mit dem Genus Thysanosoma in eine Unterfamilie zu- 
sammen, die er Thysanosominae nannte. Gough (4) trennte, nacb- 
dem die Anatomie von Stilesia avitellina genauer bekannt geworden 
war, diese beiden Genera von dem Genus Thysanosoma und ver- 
einigte sie zu einer neuen Unterfamilie, der er den Namen Avitelli- 
ninae gab. 

Die von mir beschriebenen Individuen zeigen folgende Abweichungen 
von der von Gough gegebenen Genus und Speziesdiagnose: Das 
Paruterinorgan hat eine wesentlich verschiedene Gestalt. Kalkkorperchen 
sind sehr zahlreich, oft zu ganzen Ilaufen gruppiert. Die grbBte Breite 
wird von den geschlechtsreifen Proglottiden erreicht und nicht, wie bei 

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Blei, Drei none Schafzestoden. 


377 


A. centripunctata fast unmittelbar hinter dem Scolex. Der End- 
abschnitt mit der Endproglottis ist ebenso flach und durchsichtig wie 
alle flbrigen Teile der Kette und nicht nahezu zylindrisch. Die GrOfie 
des Kopfes bleibt bedeutend hinter der von centripunctata zurflck. 
SchlieBlich sind bei centripunctata, die bei der vorliegenden SpeziOs 
von mir beobachteten Gebilde im Endabschnitt der Kette nicht be- 
schrieben worden. 

Aus den angeffihrten Griinden, insbesonders infolge der abweichenden 
Gestalt des Paruterinorgans, glaube ich berechtigt zu sein, das gefundene 
Individuum als eine neue Spezies des Genus Avitellina ansprechen 
zu durfen. Ich schlage fflr diese neue Art den Namen „laciniosa tt 




vor (laciniosus = in Zipfel auslaufend) nach der oben beschriebenen 
Eigentfimlichkeit des Paruterinorgans. 

Speziesdiagnos e: Scolex mit 4 Saugn&pfen, ohne Haken. Strobila 
sehr dflnn, schmal und durchsichtig. Segmente bedeutend breiter als 
Iang. Genitalporen unregelmABig alternierend. 4 Reihen von Hoden, 
jederseits von den beiden VentralkanAlen eineReihe; niemals Hoden itn 
Mittelfeld. Ovarien einfach und treten gegen hinten immer mehr an den 
Ventralkanal heran; keine Dotterdrflsen; keine Schalendrflsen, Uterus 
einfach, quergestellt und elliptisch. Paruterinorgan ebenfalls quergestellt, 
breiter als lang, von unregeimABiger Gestalt und brauner Farbe. Dflnn- 
darm des Schafes, Ungarn, Ukraine. Entwicklung unbekannt. 

Hexastichorchis Pintneri nov. gen. nov. spec. (Fig. 8—17). 
DQnndarm, Schaf, Ungarn, Ukraine. 

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378 


CentralbL f. Baku etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 6. 


Am 29. Jan. 1919 fand ich im St. Marxer Schlachthans bei Erdff- 
nang des DQnndarmes eines aus Ungaro, bzw. der Ukraine stammenden 
Schafes die oben genannte neue Art. Schon mit unbewaffnetem Aoge 
konnte ich groBe Achnlichkeit mit A vitellina centripunctata and 
laciniosa feststellen, aber gleichzeitig, daB das vorbandene Exemplar 
betr&chtlich dicker nnd weniger dorcbsichtig als diese beiden Formen 
war. Weitere Abweichongen, besonders die anffallende Anordnnng der 
Hoden, lassen es nicbt einmal in das Genas Avitellinae einreihen. 



Fig. 12. 




sondern zwingen mich, ein neues Genas za schaffen und es unter gleich- 
zeitiger Erweiterung der von Goagh (4) gegebenen Diagnose fOr die 
Unterfamilie Avitellininae dieser Unterfamilie zuzuweisen. 

AeuBerer Habitus. Der Kdrper des Parasiten ist ein halbdorch- 
sicbtiges, auf beiden Seiten anschcinend ganzrandiges, 1—2 mm breites 
and 95 cm langes Band; die Kette ist unvollstfindig. Auffallend sind die 
zwei zu den beiden Seitenr&ndern parallel verlaufenden wellenfOrmigec 
VentralkanSle, die ira Querschnitt sich bereits dem unbewaffneten Auge 
als kreisfdrmige Lumina kundtun. Das Feld zwischen den beiden 
Kanalen ist anfangs. gleicb den Seitenfeldern, balb durchsichtig, wird 


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Blei, Drei neue Schafzestoden. 


379 


jedoch alsbald infolge des sich entwickelnden Uterus mit der zunehmenden 
Dicke der Kette iramer mehr und mehr uudurchsichtig, bis schlieBlich 
im Mittcifeld nur mehr der weifiliche, quergestellte Uterus und im Ab- 
stand von 85 cm vom Scolex das Paruterinorgan zu seben ist. Am Kopf 
kann man bereits makroskopisch die 4 Saugnfipfe deutlich voneinander 
unterscbeiden, ebenso eine Gliederung. 

Anatomie. Der Kopf (Fig. 8) ist vom iibrigen Korper scharf ab- 
gegrenzt und von vorn betrachtet quadratisch. Eine Seite mifit 1 mm, 
die Lange erreicht 720 /t; er ist somit breiter als lang. Die angefQhrten 
MaBe zeigen einen betrfichtlichen Unterscbied gegeniiber den beiden 
Avit.-Arten. Die Vorderflache ist schwacb, die Seitenflachen sind 
starker konvex gewolbt. Haken sind nicbt vorhanden. Die Saugnapfe 
sind diagonal angeordnet und nur nach auBen gerichtet, im Gegensatze 
zu Avit. centrip., bei der Gough die Saugnapfe nach vorn und 
auswarts, Railliet und Tempore nur nach vorwArts gerichtet fanden; 
sie unterscheiden sich auch von dfenen der Avit. laciniosa, wo sie 
nach vorn und auswarts gestellt sind. Sie sind eifdrmig, nfihern sich 
aber schon sehr der Gestalt einer Kugel (480 X 400 /*), und sind im 
zarten Gewebe des Kopfes eingeschlossen, jeder einzelne von einer, der 
Gestalt des Saugnapfes entsprechenden, eiformigen, hinten mehr eckigen 
Bildung umgeben, die sich, den Saugnapf hGllenartig umschliefiend, an 
(lessen vorderem Pole allmahlich verliert. Die auBere Seite des Gebildes 
geht nach hinten in die entsprechende Kante der Strobila ilber, die 
innere vereinigt sich mit der des benachbarten Saugnapfes. Das beschriebene 
Gebilde ist fur die neue Spezies typisch. Die Oeffnungen der Saug¬ 
napfe sind groB, langlich, haben ausgeschweifte Rander und sind eben- 
falls direkt diagonal nach auswarts gerichtet; ihr grSBter Durchmesser 
betrfigt 458 /u. 

Unmittelbar hinter dem Kopf konnte ich eine Breite von 720 f.i, 
eine Dicke von 590 f.t messen, also genau so breit, wie der Kopf lang 
and nur etwas breiter als dick. Die Dicke nimmt rasch ab und betrfigt 
1 cm hinter dem Kopf nur noch 45 /u; von hier ab wfichst sie wieder, 
anfangs ziemlich rasch, spater allmahlich. Auffallend bei der vor- 
liegenden Spezies und abweichend von Avit. centrip. und laciniosa 
ist eine schon ausgcpragte und durchgreifende Scheingliederung (Fig. 8, 
9. 10), die unmittelbar hinter dem Kopf beginnt und sich durch die 
gauze Strobila fortsetzt, anfangs allein, weiter hinten neben der echten 
Gliederung bestehend. Schon bald zu Beginn der Kette kann man 
scharf abgesetzte Seitenflfichen wahrnehmen (Fig. 8, 10, 12) die immer 
mehr an Breite zunehmen und dabei in der Mitte eine Einsenkung 
zeigen, aus der sich der Cirrus herausstiilpt. Im iibrigen gehen die 
beiden Seitenflachen weiter hinten mehr bogenformig ineinander iiber 
iFig. 13). Die beiden Avitellininiae weisen dieses Verhalten nicht 
auf. Eine bedeutende und fGr die neue Art charakteristische Abweichung 
uegenGber samtlichen Avitellininae weisen die Exkretionskanfile auf 
'Fig. 9—13). Sie sind anfangs annahernd gleich breit und messen beide 
1 cm hinter dem Scolex 32 /<. Wir konnen bereits in dieser Entfernung 
einen medialen, geschlfingelten, im Zickzack verlaufenden und einen 
lateralen, geradlinigen Kanal jederseits unterscheiden. Wie die folgenden 
Untersuchungen zeigen, stellt sich der medial gelegene geschlangelte 
Kanal im Gegensatz zu alien Avitellininae als der sich nach hinten 
kollosal verbreiternde Ventralkanal heraus; der lateral gelegene, gerad- 
finige als der Dorsalkanal, der sich nach hinten nicht verbreitert, son- 


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dern obliteriert. Der Dorsalkanal liegt also hier in typischer Weise 
lateral vom Ventralkanal, w&hrend er bei alien Stilesia- und Avitel- 
lina-Arten medial vom letzteren zu liegen kommt 

1 cm vom Kopf ist die Kette 1185 i* breit, in der Mitte mit dnnkler, 
etwa 50 fi breite Schattierung, LSngskanfile noch immer annihernd 
gleich breit, der Ventralkanal verl&uft scharf im Zickzack. 3 cm vom 
Kopf (Fig. 9) 1521 n breit. Der Ventralkanal mifit 35, der Dorsalkanal 
30 (t. Die dunkle Schattierung in der Mitte ist deutlicher. Der Seiten- 
rand weist infolge der Scbeingliederung keilformige Einschnitte a in, wo- 
durch er in verscbieden lange Abschnitte zerlegt wird. 8 cm vom Kopf 
1650 /t breit, Schattierung in der Mitte intensiver. Zu beiden Seiten 
des V.-K., besonders aber an dessen medialer Seite bereits in geringer 
Zahl die ersten Hoden, der V.-K. ttbertrifft den D.-K. ziemlich betrficht- 
licb an Breite. 13 cm vom Kopf (Fig. 10) 1729 n breit. Die Schein- 
gliederung ist sehr sch&n ausgeprfigt. Die Schattierung im Mittelfeld 
ist keine einheitliche mehr, sondern hat sich in eine querstrichfdrmige 
aufgelost und ist 160—180 n breit geworden. GrOBenunterschiede 
zwischen den L&ngskan&len schon ganz auffallend, Hoden schon sehr 
deutlich, in 4 bzw. 6 Reihen angeordnet, und zwar medial vom V.-K. 
Hoden vereinzelt vorzufinden, so daB eigentlich eine 5. nnd 6. Reihe 
von Hoden angelegt ist. 16 cm vom Kopf (Fig. 11) 1840 fj breit. Am 
Rande sind die Ans&tze zu einer wirklichen Gliederung bereits deutlkh 
vorhanden; ein Segment ist bis 44 ju lang. Die ersten Spuren de> 
Cirrusbeutels sind strichformig angelegt und unregelm&Big alternierend 
Die dunkle Schattierung in der Mitte der Kette ist geschwunden un« 
wir haben ein helles 112 /n breites Mittelfeld vor uns, zu dessen beida 
Seiten sich fast ebenso breite strichfdrmige Gebilde vorfinden, die weiter 
hinten mehr oder weniger kugelig werden. Es sind dies erste Entwick- 
lungsstufen der „Handgriffe der pistolenfdrmigen Genitalanlagen“ vos 
Stiles u. Hassall (16). Sie sind unregelmBBig alternierend und 
stehen mit dem sich entwickelnden Cirrusbeutel in Verbindung. 

Wir sehen in dieser Hinsicht hier eine auffallende UebereinstiiD- 
mung mit Avit. centripunctata. Daneben liegt jederseits ein etva 
82 n breiter lichter Streifen, hierauf nach auBen zu die breite, mediate 
Reihe der Hoden, dann der 80 /u breite Ventralkanal, schlieBlich eine 
zweite Reihe von Hoden zwischen V.-K. und dem 23 /i breiten D.-K. 
und noch vereinzelte Testikel lateral vom D.-K. 

20 cm vom Kopf ist das Glied 1819 fi breit. In ihrer gesamten 
Breite sind die einzelnen Glieder noch immer nicht voneinander at- 
gesetzt, sondern nur am Rande. Der Schaft der Genitalanlagen hat sich 
zweigeteilt; die beiden Str&nge stellen die ersten Entwicklungsstufen der 
maunlichen und weiblichen Genitalkan&le vor. Vom medialen Pol de> 
Handgriffes zieht ein dicker Gewebsstrang (Fig. 12) in entgegengesetzter 
Richtung vom Schaft und verliert sich zwischen zwei benachbarten Hand- 
griffen der gegeniiberliegenden Seite; zweifellos sind dies die ersten 
Anlagen des sich entwickelnden Uterus (Ahnlich bei Stiles und Has¬ 
sall). 25 cm vom Kopf ist eine Proglottis 1602 fi breit. Es sind sehr 
deutlich auf einer Seite 3, auf der anderen Seite 2 Reihen von Hoden 
nachzuweisen. Der D.-K. ist auf jener Seite, wo bloB 2 Reihen von 
Hoden vorhanden sind, bereits obliteriert, auf der anderen Seite, wo 
3 Reihen sich befinden, ist er noch deutlich, das lateral vom Dorsal¬ 
kanal gelegene Feld hat sich auf Kosten des zwischen den beiden 
Kanalen gelegenen Feldes verbreitert. Infolge der einseitigen Obfitera- 


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BLei, Drei neue Schafzestoden. 


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tion des D.-K. ist nun eine deutliche Anordnung der Hoden in 5 Reihen 
erlolgt; wir haben also bei der vorliegenden Spezies in der Tat 6 
(Fig. 10, 11), auf eine kurze Strecke vor der Obliteration des zweiten 
D.-K. 5 Reihen von Hoden (Fig. 12, 13). Es ist jederseits in jedem 
Segment eine mediale, medial vom V.-K. gelegene breite Reihe mit 
3—5 Hoden vorhanden, eipe laterale, zwischen D.-K. und dem Nerv ge¬ 
legene schmfilere Reihe mit 2—3 Hoden. und sehlieBlich eine mittlere, 
zwischen den beiden Langskan&len gelegene schmale Zone mit einem, 
selten zwei Hoden. Der Cirrusbeutel zeigt zwei bis drei kugelffirmige 
Auftreibungen. Der Cirrus beginnt sich bereits auszustOlpen. Der Nerv 
halbiert ungefShr das laterale Feld, den zwischen V.-K. und Seitenrand, 
der Proglottitis gelegenen Raum. 

Strobila, 30 cm vom Kopf (Fig. 12, 13), 1617 f.i breit. Der. 
Handgriff zeigt ein traubenartiges Aussehen und ist durch einen breiten, 
etwas geschlfingelten Kanal mit dem bereits mit Spermatozoon gefiillten 
Receptaculum (Fig. 12, 13, 17) in Verbindung, von dem die Vagina („the 
muzzle of the pistol — shape genital anlagen u , St u. H.) zum Seiten¬ 
rand hinzieht und dorsal, ventral, Oder was das h&ufigere ist, hinter dem 
Cirrusbeutel (Fig. 6) ausmundet. — 40 cm vom Kopf ist auch der zweite 
D.-K. bereits obliteriert und infolgedessen das mittlere und laterale 
Hodenfeld auch auf der zweiten Seite zu einer Reihe verschmolzen, so 
daB nun in der Tat nur mehr vier Reihen von Hoden existieren. — 60 cm 
vom Kopf erreicht die Kette mit genau 2 mm das Maximum ihrer Breite 
und mit 695 das Maximum ihrer Dicke. Die Gliederung ist noch 
immer keine durchgreifende. Am Rande mit dem Genitalporus erreicht 
ein Segment eine Lange von 78 /(, am entgegengesetzten eine solche 
von 36 /(. Der Cirrus ist bei meinem Individuum vollstfindig ausgestfllpt 
und erreicht die grfifite Lange von 127 p. Die Geschlechtsreife ist hier 
erreicht Der Uterus ist in vorgeschrittener Entwicklung. Der V.-K. 
ist in auffallender Weise darmartig gewunden (Fig. 14), so daB es den 
Anschein hat, als ob er von Querbalken durchzogen ware; diese Drehung 
ist bereits makroskopisch deutlich erkennbar; am Querschnitt erscheint 
er als kreisfOrmige Oeffnung schon bei Betrachtung mit freiem Auge. 
Er erreicht die kolossale Breite von 260 p, der zufolge die beiden Seiten- 
felder beulenartig aufgetrieben sind und der Querschnitt der Kette ein 
hantelformiges Aussehen erhalt. Die Ovarien sind kugel- bis eiffirmig 
und erreichen einen Durchmesser bis zu 78 /<. — 72 cm vom Kopf 
(Fig. 14, 15) ist eine Proglottis 1762 p breit; an der Porusseite 98 p, 
an der anderen 64 p lang. Erst jetzt ist eine schone, deutlich ab- 
gesetzte, durchgreifende Gliederung zu erkennen. Der Uterus ist be¬ 
reits mit Eiern gefflllt. Die Eier messen bis zu 26 p im Durchmesser. 
Am Wege vom Ovarium bis zum Uterus sind Eier wahrzunehmen. Der 
V.-K. ist besonders schfin darmartig aufgedreht. Die mannlichen Genital- 
organe sind in Rfickbildung begriffen, der Cirrus nur wenig ausgestfllpt. 
— 87 cm vom Kopf beginnt sich das Paruterinorgan zu entwickeln. Es 
ist 592 p breit und 114 p lang, zu beiden Seiten ein wenig aufgetrieben. 
am vorderen Rande etwas konkav, am hinteren etwas konvex gewolbt. 
Der V.-K. ist nicht mehr darmartig aufgewunden, in sein Lumen 
ragen kuppen- bis kegelfSrmige Parenchymvorspriinge hinein. Das 
Paruterinorgan geht fiber die Grenze des zugehorigen Segmentes hin- 
aus und fiberragt sowohl das vorhergehende als auch das nachfolgende 
(Fig. 16), so daB die Paruterinorgane teilweise fiber und untereinander 
zu liegen kommen. — 95 cm vom Kopf (Fig. 16) ist die Proglottis 


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1480 ft breit, 160 ft lang. S&mtliche Organe siod deutlich nachweisbar. 
Das Parnterinorgan ist bereits in vorgeschrittener Entwicklung, 450 (t 
breit, 210 fi lang. Der V.-K. erreicht eine Breite von 166 ft. 

Wie aus Bescbreibung und Abbildung hervorgeht, zeigt die vor- 
liegende Art zahlreiche Abweichungen von A. centrip. und A. laci- 
niosa, andererseits auch wieder manche Aehnlichkeiten. Die einzelnen 
Segraente sind stets breiter als dick und dicker ais lang. Die drei ge- 
nannten GroBen verhalten sich bei den gescblechtsreifen Proglottiden 
etwa wie 14:5:4; die Glieder sind also relativ sehr breit und dick, 
dagegen sehr kurz. Bemerkenswert ist nun, daB die Proglottiden gegen 
den Rand zu nicht keilformig verlaufen, sondern dafi die Dorsal- uod 
Ventralfiache ziemlich parallel zueinander sind, jederseits stumpf nm- 
biegen und eine Art Seitenfldche bilden, die in der Mitte eine Einsenknng 
aufweist, in der sich der unscheinbare Genitalporus befindet (Fig. 13). 
Die Seitenfiache mit dem Genitalporus ist gewdlbt und breiter als die 
gegenQberliegende und schmalere Fldche. Die einzelnen Segmente folgen 
so aufeinander, daB der hintere Rand der vorhergehenden Proglottis 
den vorderen Rand der folgenden Proglottis nicht flberragt (acrasped. 
Pintner, 11). 

Nochmals sei als Charakter fOr Genus und Art betont, daB der 
D.-K. lateral vom V.-K., also anders als sonst liegt, daB er gerade, der 
V.-K. aber wellig bis zickzackartig verlfiuft (Fig. 14). Die erwShnte 
fruhere Obliteration des einen D. K. ist jedenfalls eine Anomalie. 
Wahrend ferner der D.-K. zuerst das Feld zwischen Seitenrand and 
V.-K. mehr oder.weniger halbiert, tritt er weiter hinten itnmer mehr 
an den V.-K. heran, so daB sich das zwischen beiden Kan&len gelegene 
Feld immer mehr verschmalert, das laterale sich dagegen auf dessen 
Kosten verbreitert. Hierin liegt das Hauptmerkmal fflr die neue Spezies 
und das neue Genus: zun&chst tinden sich Hoden lateral vom D.-K. 
nur vereinzelt vor, so daB eine 5.-6. Reihe von Hoden in Erscheinnng 
tritt; nach der Obliteration des D.-K. tlieBt die mittlere und laterale 
Reihe zu einer Reihe zusammen, so daB hernach nur 4 Reihen da sind. 

Der V.-K. liegt, wie auf Querschnitten gut zu sehen ist (Fig. 13), 
ungefahr in der Mitte, der D.-K. meist auch in der Mitte, Oder bald 
mehr der einen, bald mehr der anderen Fiache genfihrt; das gleiche 
gilt von der Vagina. Da also einerseits die Lage des D.-K. keine kon- 
stante ist, andererseits die der Vagina zum Cirrusbeutel st&ndig wechselt 
und Dotter- und Schalendriisen iiberhaupt fehlen, entf&llt bei meiner 
Spezies jeder Anhaltspunkt dafilr, die eine Fiache als die dorsale, die 
andere als die ventrale zu bezeichnen. Bezflglich der Lage der Genital- 
kanale kann ich nur sagen, daB sie stets ein und derselben Flfiche mehr 
genahert sind, auch stets an derselben Seite des D.-K. zu liegen kommen; 
ob nun diese Fl&che als die dorsale oder als die ventrale anzusprecben 
ist, liiBt sich ira vorliegenden Falle nicht entscheiden. Die liezeicb- 
nungen „Dorsal u - und „Ventralkanal“ habe ich aus den fflr die beiden 
Kantile cliarakteristischen und unterschiedlichen Eigenschaften gefolgert. 
KalkkSrperchen habe ich trotz eifrigsten Suchens nur auBerst selten 
vorgefunden. 

Die vorliegende Spezies zeigt, kurz zusammengefaBt, folgende weseut- 
liche Abweichungen von den beiden Vertretern des Genus Avittelina: 
Die Kette ist dicker und infolgedessen weniger durchsichtig als bei 
centrip. und laciniosa nov. spec. Die Durchmesser des Kopfes 
.sind bedeutend kleiner als bei centrip. und nicht unerheblich grfiBer 

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Blei, Drei neue Schafzestodeu. 


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als bei laciniosa. Die Saugnfipfe sind direkt nach aufien gerichtet, 
im Gegensatz zu cent rip., bei der sie Gough nach vorn and aus- 
wfirts, Railliet und Tempfere nnr nach auswfirts gerichtet fan den 
uod laciniosa, bei der sie nach vorn und auswfirts gerichtet sind. 
Ferner sind die Saugnfipfe von der oben nfiher geschilderten charakte- 
ristischen Bildung umgeben. Der D.-K. liegt lateral vom V.-K., 
im Gegensatz zu sfimtlichen Vertretern der beiden Genera Avit. und 
Stilesia. Die Hoden sind bereits 8 cm hinter dem Kopf deutlich 
uachweisbar, bei centrip. erst 13 cm hinter dem Kopf entfernt; 
sie sind bis zur Obliteration der Dorsalkanfile in 6 deut¬ 
lich e Reihen voneinander geschieden. Der Querschnitt der Kette ist 
abgerundet rechteckig; bei Centrip. und Laciniosa ausgesprochen 
elliptisch. Die Genitalpori befinden sich in einer rinnenformigen Ein- 
seokung der Seitenflfiche, wfthrend bei Avit. centrip. und Avit. laci- 
niosa nov. spec, die Genitalkanfite einfach am Seitenrand ausmflnden. 
Durch die ganze Kette hindurch ist eine deutlich ausgeprfigte Schein- 
gliederung vorhanden und eine wirkliche Gliederung ist erst 72 cm 
hinter dem Kopf deutlich nachweisbar. Kalkkfirperchen sind selten, bei 
laciniosa dagegen hfiufig. 

Systematische Stellung. Es ist klar, dab das vorliegende 
Individuum als eine neue Art anzusprechen ist. Trotz grofier Aehnlich- 
keit mit A. centrip. und laciniosa, ist diese Art, insbesondere 
wegen der geschilderten Verhfiltnisse am Kopf, der Anordnung der Hoden, 
<ler gegenseitigen Lage der Lfingskanfile etc. auch nicht in das G. Avi- 
tellina einzureihen. Es ist ein neues Genus zu schaffcn und in die 
Unterfamilie Avitellininae einzureihen, unter Abfinderung der von 
Gough gegebenen Diagnose. Ftir das neue Genus schlage ich den 
Xamen „Hexastichorchis u vor. FOr die hier beschriebene typische Art 
dieses Genus schlage ich den Namen „Pintneri“ vor. 

Die Diagnose auf Grund der von mir neugefundenen Art hat zu 
lanten: Kopf ohne Haken, mit 4 Saugnfipfen. Segmente kurz; Genital; 
poren unregelmfibig alternierend. Der D.-K. liegt medial oder 
lateral vom V.-K.; die Hoden sind in 2—6 Reihen ange- 
ordnet, randstfindig, mentals im Mittelfcld. Ein einfaches Ovarium; 
weder Dotter noch Schalendrfiscn. Uterus einfach oder doppelt. Die 
Eier werden schlielllich in einem Paruterinorgan eingeschlossen. Typisches 
Genus: Avitellina, Gough, 1910. Stilesia, Railliet, 1893. 
Typische Art; globipunctata (Siv.) Raillet, 1893. Kopf mit vier 
Saugnfipfen, keine Haken. Kette dfinn und schmal. Genitalporus un- 
regelmfiBig alternierend oder doppelt. Segmente breiter als lang. Der 
D.-K. liegt medial vom V.-K. Zwei deutliche Reihen von Hoden 
in jedein Segment, jederseits eine Reihe, nie sind Hoden im Mittelleld. 
Ovarium auf der Porusseite gelegen. Keine Dotter-, keine Schalendrusen. 
Uterus doppelt und schlieBlich ohne Eier; diese sind in Eiersficken 
(Paruterinorgan) enthalten. Die Genitalkanfile ziehen dorsal vom Nerv 
und dem V*-K. Die Eier haben zwei Hfillen. Avittellina, Gough, 
1911; Typische Art; centrip. (Riv.) Gough 1911. Scolex mit 4 Saug¬ 
nfipfen, keine Haken. Kette dfinn und schmal. Segmente breiter als 
lang. Genitalporen unnregelmfifiig alternierend. Der D.-K. liegt 
medial vom V.-K. In jedein Segment vier deutliche Reihen von 
Hoden; jederseits der V.-K. eine Rcilte; niemals sind Hoden im Mittel- 
feld. Ovarium auf der Porusseite gelegen. Keine Dotter-, keine Schalen- 


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Blei, Drei neue Schafzeatoden. 


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drflsen. Ein einfacber Uterus. Die Eier sind schliefilich in Eiersficken 
(Paruterinorgan) eingeschlossen. 

Fflr das tod mir neugeschaffeue 6. Hexastichorcbis und die typische 
Art Pintneri gebe ich folgende Diagnose: Scolex mit 4 Saugn&pfen, 
keine Haken. SaugnSpfe von einer charakteristischen, der Gestalt der 
Sangn&pfe entsprechenden Hfllle nmgeben. Kette schmal und verhflltnis- 
mfiBig dick. Segmente breiter als dick und dicker als lang. Genital- 
poren unregelm&Big alternierend. Der D.-K. li&gt lateral vom V.-K. 
Bis zur Obliteration der beiden D.-K. sind in jedem Segment 6, nach- 
her 4 deutlich voneinander getrennte Reihen vob Hoden vorhanden. 
Keine Dotter-, keine SchalendrQsen. Die Eier sind schliefilich in Eier- 
stOcken (kein Paruterinorgan) eingeschlossen. Dflnndarm des Schafes, 
Ungarn, Ukraine. 

Beim Studium der Querschnitte mdchte ich vor einem Beobachtungs- 
fehler warnen, in den man fiufierst leicbt verfallen kann n&mlich, daB 
die Genitalorgane doppelt angelegt seien. Die Segmente sind, wie be- 
scbrieben, sehr kurz und dabei an den beiden R&ndern ungleich lang. 
So wird es nur kuBerst schwer gelingen, das PrSparat derart einzustellen, 
daB das Messer nur immer Schnitte einer Proglottis liefert, man wird 
in den gBnstigsten Fallen zwei Proglottiden anschneiden. Langs- und 
FlBcbenschnitte lassen leicht eine Entscheidung treffen. 


Geschichte der Unterfamilie A vi tellininae. 


Im Jahre 1874 beschrieb Rivolta 2 neue Zestoden aus dem Darm 
des Schafes: Taenia globipunctata und centripunctata (14). 
Perroncito akzeptierte die beiden Spezies in seinen Beschreibungen 
in den Jahren 1882 (4) und 1886 (15). 1893 fasste Railliet die beiden 
Spezies in ein Genus zusammen, das er Stilesia nannte. 1893 gaben 
Stiles und Hassall eine sehr gute Beschreibung von globipunctata 
und centripunctata, sie zweifelten jedoch schon damals wegen des 
anffallend verscbiedenen anatomiscben Banes an der Zugebdrigkeit der 
beiden Arten zu demselben Genus (16). 1896 bescbreibt Railliet (13) 

eine'neue St. vittata aus dem Darm des Dromedars, die groBe Aehn- 
lichkeit mit glob ip. zeigt. 1903 beschrieb M a r o t e 1 (7) cen trip, aus 
dem Darm einer Ziege, die aus Lahor (Indien) stammte. Er zweifelt 
ebenfalls an der Zugeh5rigkeit von cen trip, und globip. zu dem¬ 
selben Genus und mochte sie lieber in zwei verschiedene Genera unter- 
bringen. 1903 beschrieb Wolffhflgel (18) eine neue St. hepatica, 
aus den Galleng&ngen von Schafen und Ziegen aus SUd- und Ostafrika. 

1908 stellte Fuhrmann die beiden Genera Stilesia und Thysano- 
soma in eine Unterfamilie zusammen, dieerThysanosominae nannte. 

1909 beschrieb Fuhrmann (2) eine neue St. Sj5stedti, die aus 
Tragelaphus sylvaticus meruensis stammte. 1909 gab Gough eine voll- 
stfindige Beschreibung der Anatomie von centripunctata (Riv.) sowie 
Bemerkungen fiber hepatica. 1911, nachdem die Anatomie von centrip. 
(Riv.) einerseits und die von glob. (Riv.), vittata (Railliet), hepatica 
(Wolffh.) und SjSstedti (Fuhrm,) andererseits genauer bekannt ge- 
worden war, schuf Gough (4) fflr centrip. ein neues Genus, daB es 
„Avitellina“ nannte — nach dem Fehlen der Dotterstflcke — wShrend 
die flbrigen erwflhnten Spezies im Genus Stilesia vereinigt blieben. 
Hough trennte nun diese beiden Genera von der Unterfamilie Thy- 
sanosominae und faBte sie zu einer eigenen Unterfamilie zusammen, 
die er nach dem besser bekannten Genus Avitellina als Avitellini- 


Krste Abt. Orig. Bd. 87. 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 


nae bezeichnete. Er gab gleichzeitig eine Beschreibung der Anatomie 
der in diese Unterfamilie gehdrigen Arten und eine genaue bistologische 
Darstellung von centrip. Der Autor scbreibt fiber die systematische 
Stellung der Genera Stilesia und Avittellina (4). 

Die systematische Stellung der beiden Genera Stilesia 
and Avitellina. Fuhrmann (1908) steilte das Genus Stilesia 
mit dem Genus Thysanosoma in eine Unterfamilie zusammen, die 
er Thysanosominae benannte. Da jetzt die Anatomie der Arten 
von Stilesia und Avitellina um so viel besser bekannt ist, als dies 
frfiher' der Fall war,' ergibt sich die Notwendigkeit, ihre Stellung im 
System einer Revision zu unterzieben und zu untersuchen, in welchem 
Grade sie mit Thysanosoma verwandt sind. 

Die gemeinsamen Punkte der 3 Genera Stilesia, Avitellina 
und Thysanosoma sind die randstandige Anordnung der Hoden, die 
unregelmSBige Alternation der einfachen Genitalporen (ein Punkt, weicher 
nicht fflr Thysanosoma zutrifft, nachdem doppelporige Individuen 
haufig in Sfidafrika augetroffen werden) und der Besitz eines Paruterin- 
organs. Sie unterscheiden sich jedoch in manchen wesentlichen Merk- 
malen. Avitellina und Stilesia besitzen weder eine Schalendrflse 
noch einen Dotterstock; ihre ‘Eier werden von Ernfihrungszellen im 
Ovarium und Uterus ernfihrt. Die Punkte, in welchen die 3 Genera 
ubereinstimmen, sind kamn wichtig; die Lage der Hoden und Genital¬ 
poren ist mannigfaltigen Variationen innerhalb einer Unterfamilie unter- 
worfen, der Besitz eines Paruterinorgans kann, wie Fuhrmann gezcigt 
hat,, von Gattungen, die verschiedonen Unterfamilien angehdren, un- 
abhfingig erworben werden. Der Mangel an Dotter- und Schalendrfisen 
reicht demnach vollstfindig hin, um diese beiden Genera von alien anderen 
bekannten Zestoden zu trennen. Ich schlage daher vor, die Genera 
Stilesia und Avitellina aus der Unterfamilie Thysanosominae 
herauszunehmen und sie in eine neue Unterfamilie der Anoplocepha- 
liden zu stellen, die ich Aviteliininae nenne, nach dem Genus 
Avitellina, welches sicherlich das bekanntere der beiden Genera ist 
Diagnose fiir die Unterfamilie Aviteliininae und ffir das Genus Avi¬ 
tellina s. oben. 1912 gibt Gough (5) eine vollstandige Beschreibung 
der Anatomie von glob. Juni 1920 beschreibt Blei (1) eine neue 
Spezies des Genus Avitellina und weiter cine neue Spezies der Unter¬ 
familie Aviteliininae, fiir die er das Genus Hexastichorchis 
schafft. Die vorstehende Arbeit lag seit Juni 1920 vollig abgeschlossen vor. 

Literatar. 

lj Blei, Rudolf, Drei neue Schafzrstoden. Vorl. Mitteil. (Wien. Tierantl. 
MonatsBchr. Jahrg. 7. Heft 6. S. 183 — 184. Wien. Juni 1920). — 2) Fuhrmann, 0., 
Cestodea. (Wissonxchafll. Ergebn. d. Bchwed. zool. Exped. Kilimandjaro. 22. Verme*. 
p. 21— 22. Stockholm). — 3) Gough, L. H, The anatomy of Stilesia centripuncttta 
(lliv). (The Transvaal Veterinary Bnct. Lab. Pretoria 1909). — 4) Dera., A monograph 
of the tape-worms of the subfamily Aviteliininae, being a revision of the genii* 
Stilesia and an account of the histo!o?y of Avitellina ceDtripunctata. (Am. Journ. 
Micr. Sc (2). Vol. 56. 1911. p. 317—385. Taf. 12—24). — 5) Ders., The anatomy 
of Stilesia globipunetata (Riv.) (Parasitology. Vol. 5. 1911. Nr. 2. p. Ill—117. 2 fig). 
— 6) Loobb, A., Zur Sammel- und Konaervierungstechnik von Helminthen. (Zool. 
Anz. Bd. 24. Nr. 643. 644). — 7) Marotel, G., Contribution & R4tude zoologiqoe 
de Stilesia centripunctata (Riv.) [Note pr41iminaire.] (Journ. de m4d. v4t4r. l!w. 
Nr. 1. p. 24—25). — 8) Neumann, L. G., Observations sur lea Tenias du Mouton., 
(C. R. de la Soc. de l’hist. naturclle de Touloupe. Seance. 10 f4v. 1891). — ft) P«r- 
roncito, E., 1 parassiti dell’uomo e degli animali utili. Milano 1882. — 10) Ders., 
Trattalo teorico-pratico suite malattie pid comuni degli animali domeatici. Torino 
1886. — 11. Pintner, Th., Vorarbeiten zu einer Monograpbie der Tetrarhynchoidea. 

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Dir ska, Sterihsationsfrage komplizierter zahnarztlicher Instrumente. ;(87 

(Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch. in Wien, math.-nat. KL Bd. 122. Abt I. 1913)- 

12) R&illiet, A., Traits de zoologie m&iicale et agricole. 2. 6d. Paris 1805. — 

13) Ders., Sar qaelaues parasites du dromadaire. (C. r. Soc. de bioi. 22. mai 1896. 
p.489—492). — 14) Kivolta, S., Bopra alcuna specie di Tenie della Pecora. Pisa 
1874. — 15) Banter, K., Beitrage zur Anatomie, Histologie, Entwicklungsgeschicbte 
und Systematik der Rindertanien. [Inaug.-Dis*.] Kulmbach 1017. — 16) Stiles, C. W. f 
and Has sal, A., A revision of the adult Cestodes of cattle, sheep and allied ani¬ 
mals. (Bull. 4. Bureau of Animal Ind. U. S. Dep. of Agr. Washington. D. C. 1893. 
p. 1—134. 16 pis.). — 17) Terapfere, J., Les parasites internes de i’homme et des 
animaux domestiques. (Micr. pr£par. Vol. 14. 1904). — 18) Wolffhugel, K, Btilesia 
hepatica nov. spec., ein Bandwqrm aus den Gatlengangen von Bchafen und Ziegen Ost- 
afrikas. (Berl. tierarztl. Wochenschr. 1903. Nr. 43. B. 661—665. Fig. 1—6. 


Nachdruck verboton. 

Ein Beitrag zur Losung der Sterilisationsfrage komplizierter 
zahnarztlicher Instrumente. 

[Aus dem Medizinalamt der Stadt Dortmund (Loiter: Medizinalrat 
Dr. K5ttgen), Abteilung: Hygienisch-bakteriologisches Institut (Vor- 

steber: Dr. L5ns).] 

Von Dr. Carl Dirska, Dortmund. 

Mundflora. 

Die MundhOhle stellt eine wesentliche Eingangspforte und einen 
(lurch viele Verh&ltnisse, wie feuchte Wfirme, zerfallene Speisereste, be- 
dingten gttnstigen Nfthrboden fQr Mikroorganismen dar. 

Nach Untersuchungen von Miller und anderen sind Arten und Zahl der Mund¬ 
flora ungeheuer groS. Erwiesen ist, dafi unter dieser Mundflora sehr viel pathogene 
Mikroorganismen vorhanden sind, die wir bei bestimmten Krankheiten nachweisen 
konnen. Auch bei Gcsunden und besonders bei JRekonvaleszenten, noch lange Zeit 
nach uberstandenen Infektionskrankbeiten, wird eine reiche Zahl pathogener Keime im 
Munde beherbergt. Von bekannten Infektionserregern sind im Munde die Tuberkel-, In- 
fluenzabazillen, Meningokokken, Pneumokokken, Keuchhustenbazillen, Klebs-Loeff * 
lersche Diphtheric-, Pseudodiphlheriebazillen, Pestbazillen, die Bpirochaeta pallida 
und andere mehr anzutreffen. Oft sind die Krankheitserscheinungen der genannten 
Erreger allgemein oder lokal nachweisbar; sehr oft fehlen aber irgendwelehe Krankheits- 
symptorae. Auch bei Allgemeinerkrankungen weist die Inspektion des Mundes oft gar 
keine Krankheitssymptome auf, obwohl die Erreger im Munde anwesend sind. Hierzu 
kommen noch die bisher noch nicht ziichtbaren Mikroorganismen, iiber deren Art 
Form, Lebensweise und Wirken wir noch ohne Kenntnis sind. Die schweren Er- 
seheinungen von Btomatitiden und Alveolarpyorrhoe, die be-onders wahrend des Krieges 
endemisch und nach dem Kriege in erscbret kend grower Zahl auftraten, sind in ihren 
Ursachen sowohl in den disponierenden Verhaltnissen, als auch besonders in den Er- 
regern vollig ungeklart. Wenn wir auch bei diesen Munderkrankungen im Ausstrich 
Spirochaten, fusiforme Stabchen, Kokken in vertrchiedensten Formen nachweisen kdnnen, 
so befinden wir uns doch bis jetzt noch immcr im Dunklen uber die wirklichen Erreger. 
Aufier den vielfach im Munde auftretenden Keimen konnen aber stets neue Keime von 
aufien durch E6- und Trinkgef&Be, Blasinhtrumente, arztliche und zahnarztliche In¬ 
struments zugefuhrt werden. Wir miissen also im Munde mit einer ungeheuer gro&en 
Zahl von Mikroorganismen rechnen, die uns sogar grdBienteils noch nicht hinlanglicli 
bekannt sind. 


Notwendigkeiterschopfender Sterilisation im allgemeinen. 


Aus diesen Betrachtungen erwSchst daher vom zahn&rztlichen Stand- 
punkt die Pflicht, bei der Bebandlung der Patienten alles zu tun, um 
eine Uebertragung von pathogenen Keimeu auf dieselben auszuscliliefien, 
d. h. ZahnSrzte haben eine einwandfreie, erschOpfende Sterilisation aller 
bei den Pat. in Frage kommenden Instrumente zu iiben. Bei dieser 

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388 Oentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 

grofien Flora, die teilweise in ihrer Art und Lebensweise, teilweise in 
ihrer Resistenz unter den Mundverhflltnissen noch nicht genflgend er- 
forscht ist, mflssen wir also auch die allerhflchsten Anforderungen an 
die zahnflrztlichen Sterilisationsmethoden stellen. 

Notwendigkeit einwandfreiester Sterilisation der Bohr- 
maschinenhand- und Winkelstflcke. 

Bei der heutigen groBen Bedeutung der konservierenden Zahnheil- 
kunde dflrften wohl die Bohrmaschinenhand- und Winkelstflcke als In- 
strumente anznseben sein, die bei der zahn&rztlichen Behandlung mit 
am meisten im Munde benutzt werden. Die Zahn&rzte wissen sehr got, 
wie bei Arbeiten an oberen 2. nnd 3. Molaren die Hand- und Winkel- 
stflcke oft vom Speicbel geradezu eingehflllt sind, wie Speicbel in die 
inneren Teile dieser Instrumente, die inneren Hfllsen und Zahnr&der, 
eindringt. Wie oft linden wir beim Abschleifen von Wurzeln bis unters 
Zahnfleisch Blutspuren an den Handstflcken. Selbst eine einfache mecha- 
niscbe Reinigung ist an diesen, aus vielen Teilen bestebenden Instrumenten. 
die auch noch an ihrer Oberflflche zur besseren Handhabung Uneben- 
heiten und Rauheiten aufweisen, sehr schwer. Bedenken wir weiter, 
dad wir das Handstflck des ofteren auch bei grflBeren operativen Ein- 
griffen zum Abtragen und Glfltten der Alveolarrander mittels des Karbo- 
rundsteines, zum Abfrfiseu des Kieferknochens, um tief frakturierte 
Wurzeln wieder freizulegen, gebrauchen mflssen, dann dflrfte wohl noch 
ganz besonders die Notwendigkeit einer absoluten Sterilisation des Hand- 
stflckes als chirurgisches Instrument erwiesen sein. 

Grundforderungen fflr eine einwandfreie Sterilisation 
komplizierter zahnflrztlicher Instrumente. 

Es muB daher wundernehmen, wenn heute noch bei sonsteinwand- 
freier Praxisfflhrung, bei der eine gewissenhafte Sterilisation aller chirur- 
gischen und konservierenden Instrumente durchgefflhrt wird, die Sterili¬ 
sation der Hand- und Winkelstfleke vflllig unterlassen wird. Der Grand 
dflrfte wohl darin zu suchen sein, daB bis heute noch immer keine 
vftllig einwandfreie Methode far die Sterilisation dieser komplizierten 
Instrumente gefunden worden ist. Welche Grundforderung muB nan 
eine einwandfreie Sterilisationsmethode fflr komplizierte zahn&rztliche 
Instrumente erfflllen? 

1) Bei der Durchfflhrung der Sterilisation dflrfen die Instrumente 
nicht leiden. 

2) Die Sterilisationsmethode muB im Sprechzimmer durchgefflhrt 
werden kdnnen. Da ja die Handhabung der Sterilisation von unseren 
Helferinnen flbernommen werden muB, die Zuverlassigkeit unserer Hilfs- 
krflfte aber nicht einheitlich einwandfrei ist, mflssen wir Zahn&rzte jeder- 
zeit die Mdglichkeit der Kontrolle bei diesen wichtigen Hilfsleistungen 
behalten. Dies ist nur im Sprechzimmer mflglich. 

3) Die Sterilisationsmethode darf die Praxisfflhrung nicht erschweren. 

4) Die Sterilisationsmethode muB moglichst ohne groBe, komplizierte 
und teuere Apparate durchgeliihrt werden konnen. 

5) Das Sterilisationsmedium darf weder auf die SuBere Haut noch 
auf die Schleimhaut Reize, geschweige denn Aetzwirkungen auslosen. 

6) Es muB absolute AbtOtung, selbst des resistentesten Materials, 
in hochstens 15 Min. erzielt werden. Auch muB absolute Keimfreiheit 
in alien inneren Teilen dieser Instrumente erreicht werden. 


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Dirska, Sterilisationsfrage komplizierter zahnarztlicher Instrumente. 389 
* 

Sterilisationsmethoden. 

Als erstes Streben nach einer Sterilisation der Hand- und Winkel- 
stficke dtirften wohl die von Kieffer angegebenen Kondomflberztige 
flber die Handstucke und die von Hinrichsen 1907 mitgeteilten auS- 
kochbaren Blechhfllsen ftir Hand- und WinkelstGcke anzusehen seiri. 
Diese Methoden erfflllen selbstverstflndlich nicht unsere Grundforde- 
rungen, denn eine Sterilisation der inneren Teile wird hierbei nicht 
erzielt, auch bedeuten die Hinrichsenschen Hfllsen fflr die Winkel- 
stucke eine wesentliche Erschwerung der Praxisfuhrung, weil bei jedem 
Bobrerwechsel erst die HGlse abgenommen werden mufi. 

Die flbrigen sonst ublichen Desinfektionsmethoden, wie chemische 
Wirkungen durch wasserige antiseptiscbe Losuhgen, Oder die Beifl- 
wengersche Formaldehydmethode, wie physikalische Wirkungen durch 
kochendes Wasser, strdmenden Dampf, trockene Hitze sind fflr unsere 
komplizierten Instrumente aus dem Grunde nicht anwendbar, weil hierbei 
durchgehend die inneren Teile der Instrumente, die Hfllsen und Zahn- 
rflder, entweder infolge der Oxydation Oder durch die hohe Temperatur 
von 180° bei trockener Hitze leiden und nach kurzer Zeit unbrauchbar 
werden mflssen. Auch benfltigt die Trockensterilisation eine viel zu 
lauge Zeit. 

Oelsterilisation nach Andresen. 

Viggo Andresen lenkte 1907 zum ersteomal in der zahnarztlichen Literatur die 
Aufmerksamkeit darauf, unaere komplizierten zahnarztlichen Instrumente in Oel, und 
zwar in Paraffinum liquidum bei einer Temperatur von 120—150“ zu steriliaieren. Um 
ein Ueberhitzen des Oele§ auszuschlieflen, gab Andresen eineu Apparat an, bei dem 
bei einer bestimmten Temperatur der Gashahn selbsttsitig geschlossen wird. Bei dem 
(led»nken der Oelsterilisation folgte Andresen Anregungen der Chirurgen Forgue 
und Reclus, die bereits 1898 in „Trait6 de th4rapeutique chirurgicale“ Oel fiber 100“ 
als ein gutes Sterilisationsmedium bezeichnen, das weder Vernickelung noch Stahl, noch 
die Schneiden der Instrumente angreife. Auch Gonradi macht 1909 in der Dentsch. 
med. Wochenschr. aut die Vorzfige des Oels, und zwar des Jaffa-Sesamols, bei einer 
Temperatur von 200° fur chirurgische Instrumente aufmerksam. Andresen liefi in 
2 Kontiollanstalten die keimtotende Wirkung des Paraffinum liquidum bei 120° und 
bei 150° prfifen. Zur Prfifung wurden Sporen des Bacillus subtilis verwandt. Bei 
120° war nach 30 Min. und bei 150° nach 10 Min. noch keine Keimfreiheit erzielt 
worden. Erst bei 160° wurde nach 30 Min. Abtdtung der Sporen erreicht. Die Unter- 
suchung von Andresen erfolgte mit infizierten Handstficken. 

Methode Kieffer mit Paraff. liq. und mit Paraff. liq. plus 

2-proz. Thymol bei 120°. 

Kieffer unterzog nun ebenfalls das Paraffinum liquidum ein- 
gehenden Prufungen auf die keimtotende Wirkung bin. Als Testmaterial 
benutzte er 2 und 8 Tage alte Milzbrandsporen, 48 Std. alte Staphylo- 
kokken und 8 Tage alte Kartoffelbazillen. Das Infektionsmaterial trug 
Kieffer auf Messingdrahtgeflechte auf. Die infizierten Drahtgeflechte 
wurden nach der Sterilisation in Bouillon gebracht und die Bouillon- 
kultur nach 48 Std. geprflft. AuBerdem suchte Kieffer durch Zusatz 
von 2 Proz. Thymol zum Paraffinum liquidum eine erhflhtere Des- 
infektionskraft zu erzielen. 

Aus den Untersuchungen von Andresen und Kieffer geht hervor, 
dafi im Paraff. liq. bei einer Temperatur von 130° nach 20 Min. und 
bei 150° nach 10 Min. noch keine Abtotung sehr resistenten Materials, 
8 Tage alter Milzbrand- oder Subtilis-Sporen, erreicht worden ist. 
Wohl aber sind nach Kieffer in einer 2-proz. Thymol-Paraffin-Lflsung 
bei 120° nach 10 Min. selbst Me sen ter icus-Sporen, also das resisten- 


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390 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 

teste Material, abgetbtet wordeD. Als ganz einwandfrei sind aber die 
Beobachtungen von Kieffer aus dent Grande nicht anznsehen, veil er 
die Boaillonkulturen angeblich nur 48 Std. beobachtet hat. Es kann 
n&mlich nach einem Sterilisationsversuch eine starke Wachstumsbemmnng 
der Sporen eintreten, die dann erst nach 3, 4 oder auch 5 Tagen zum 
Auskeimen and Wachstum gelangen kdnnen. 

Kritik der Methoden nach Andresen und Kieffer. 

Praktisch sind auch sonst die beiden Methoden — die Anwendung 
des Paraff. liq. bei 150° und die Anwendung der 2-proz. Thymol-Paraffin- 
Idsung bei 120° — im Sprechzimmer nicht durchfflhrbar. Paraff. liq., 
l&ngere Zeit in geschlossenem Raum auf 150° erhitzt, fQUt das Zimmer 
so stark mit OelausdQnstungen, daB der Aufenthalt in diesem Raum un- 
mSglich wird. Eine 2-proz. Thymol-ParaffinlOsung babe ich mehrmals 
bei 120° anzuwenden versucht, bekam aber beim Aufenthalt in dem be- 
treffenden Raume starke Reizungen der Rachen- und Nasenschleimhinte, 
w&hrend bei meiner Helferin Reizung der Tr&nendrflsen eintrat Auch 
ein Kollege berichtete mir von einer Konjunktivitis, die er sich in einem 
Raum zugezogen hatte, in der ein Oelsterilisator mit einer 2-proz. 
Thymol-Paraffinlosung bei 120° im Betrieb war. Es erfQUten also bis 
jetzt die bisher aogegebenen Methoden nicht die eingangs gestellten 
Forderungen; denn es wird entweder keine Keimfreiheit erzielt, oder 
die Methode ist im Sprechzimmer undurchfQhrbar. 

Eigene Untersuchungen. 

Auf dem Wege, eine Sterilisationsmethode fflr komplizierte zahn- 
arztliche Instrumente zu linden, die alle gestellten Forderungen erfiillt, 
nahm ich zun&chst systematisch eine NachprQfung des Paraff. liq. als 
Sterilisationsmedium vor. Als Testmaterial verwandten wir stets an 
Seidenf&den angetrocknete Sporen des Mesentericus fuscus. Die 
Untersuchung nahm ich in dem Oelsterilisator nach H. Schulte (Dtsch. 
Zahn&rztl. Wochenschr. 1916. S. 252) in der Weise vor, daB ich in das mit 
Oel gefullte Oelgef&B Reagenzglfiser mit dem Sterilisationsmedium und in 
diese wieder das Testmaterial brachte. Der Spiegel des Sterilisations- 
mediums in den ReagenzglSsern stand unter dem Oelspiegel im Oei- 
gef&B. Die Temp, im OelgefSB und in den Reagenzgl&sern wurde durch 
2 Thermometer verglichen. In jedes Reagenzglas wurden 2, mit Mes- 
entericus-Sporen angetrocknete SeidenKiden gebracht, am stets eine 
Kontrolle zu haben. Die ReagenzglBser wurden dann zu verschiedenen 
Zeiten dem OelgefaBe entnommen und die Seidenf&den mit sterilen In- 
strumenten in Ndhrbouillon gebracht. Die folgenden angegebenen 
Methoden und Sterilisationsmedien prflfte ich vor den Untersuchungen 
im hygienischen Institut erst immer in meinem Sprechzimmer auf ihre 
praktische Durchfiihrbarkeit, d. h. auf die Ausdiinstung der Flflssigkeiten, 
auf das Verhalten den Instrumcnten gegenuber und auf eventuelle 
Reizungen auf Schleimhaut und auBere Haut. Die Resistenz des Mes- 
entericus-Stammes aus dem bakteriologischen Institut Dortmund 
stellten wir zuniichst im 0h 1 inu 1 lerschen SporenprQfer fest. Das 
Resultat dieser und aller weiteren Untersuchungen lasse ich aus dem 
Grunde in ausfiihrlichen Tabellen folgen, well bisweilen durch die Sterili¬ 
sation Wachstumshemmungen eintraten. und erst nach mehreren Tagen 
sich Kulturen entwickelten, so dad ein einwandfreies Bild nur eine 
Tabelle mit einer Beobachtungsdaucr von 8—10 Tagen ergeben konnte. 


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392 Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5. 


TabeUe IV. 

Sterilisationsmedium: Paraff. Jiq. Temperatur: 180°. 


Sterilisat.- 

Dauer 

Wachstum in Bouillon nach Tagen 

KontroUe. 

Wachstum in Bouillon nach Tagen 

Minuten 

i 

2 

3 

4 | 5 

6 

7 

8 

9 

10 

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3 

4 

5 

6 

7 

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10 

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TabeUe V. 

Sterilisationsmedium: Paraff. liq. plus 2 Proz. Thymol. Temp.: 120°. 


Sterilisat- 

Dauer 


Wachstum in Bouillon nach Tagen 


KontroUe. 

Wachstum in Bouillon nach Tagen 


Minuten 1 

i~i i 

1 2 

3 

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1 Ausfall wegen Neuinfektion d. Seiden* 












fadens beim Uebertragen i 

in Bouillon 

10 

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AusfaU aus dem 

gleichen Grunde 

20 

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25 

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Kieffer hatte bei seinen Untersuchungen im Paraff. liq. pins 
2 Proz. Thymol bei 120° in 10 Min. 8 Tage alte Sporfen dea Mes- 
entericus abtdten konnen. Da meine Untersuchungen laut Tab. V, 
wonach ich im Paraff. liq. plus 2 Proz. Thymol bei 120 0 selbst in 
30 Min. keine Keimfreiheit erzielen konnte, also von den Kieffer- 
schen Resultaten abwich, machte ich dieselbe Untersuchung wie Tab. V 
nochmals zur KontroUe und dehnte diesen Versuch auch auf 40 Min. 
aus. Auch bei 40 Min. trat schon am 1. Tage Wachstum ein. Die * 
Untersuchungen mit Paraff. liq. bei 150° und 180° und ebenso die Unter- • 
suchungen mit Paraff. liq. plus 2 Proz. Thymol habe ich lediglich nnr • 
aus theoretischen Grflnden vorgenommen, obwohl mir die Undurcbfuhr- 
barkeit dieser Methoden im Sprechzimmer wegen der starken Verdun- 
stungen bekannt war. Alle weiteren Versuche, irgendein stark wirkendes 
Antiseptikum auOer dem Thymol im Paraff. liq. zur Losung zu bringen. 
blieben erfolglos. Immer bildeten sich gflnstigstenfalls nur Emulsionen. 

Weitere Versuche mit pflanzlichen Oelen, besonders mit Rizinusfil, 
erwiesen sich auch als undurchfuhrbar, weil dieselben eindickten nod 
auf den Gang der Maschinenteile hemmend wirkten. 

In den weiteren Bereich meiner Untersuchungen zog ich daher nun 
reines, wasserfreies Glyzerin, das genflgend diinnfliissig ist, Instrument* 
geschmeidig macht und einen hinreichend hohen Siedepunkt (280°) be- 
sitzt. Da ja Glyzerin als ein dreiwertiger Alkohol auch als gutes Kon- 
servierungsinittel bevorzugt wird, hoffte ich, in Glyzerin bei hdherer 
Temp, ein zweckmaBiges Sterilisationsmedium zu finden. Hierzu kam 
noch, dall mir das Glyzerin die Moglichkeit bot, Losungen mit fast alien 
Antiseptika erzielen zu konnen. Das Resultat meiner Untersuchungen 
mit Glyzerin bei 120* erlautert folgende Tabelle: 


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Dirska, Sterilisationsfrage komplizierter z&hnarztlicher Jn^truraente. 393 


Tabelle VI. 

SterilUation8mediuin: Reines, wasserfreies Glyzerin. Temp.: 120*. 


Bterilisat- 

Dauer 


Wachstum in Bouillon nadi Tagen 


Kontrolle. 

Wachstum in Bouillon nach Tageu 


Minuten 

± 

2 

3 

4 

_ 

5 

6 

7 

8 

9 

10 

1 

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3 

4 5 

6 

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60 


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i + i 

i 4 i 


10 

4- 

+• 

4 


+ 


Die Uotersuchungen Tab. VI zeigten mir im Verhfiltnis zum Paraff. 
liq. and Paraff. liq. plus 2 Proz. Thymol, dafi Glyzerin ein zweifellos 
gfinstigeres Sterilisationsmedium ist, wenn auch dieses Resultat als nicbt 
abschliefiend zu bezeichnen ist. Deshalb ging ich bei meinen weiteren 
Versuchen zu einer Mischung von Glyzerin mit einem Antiseptikam 
fiber. Als letzteres benutzte ich zun&chst Formalin, war mir. aber hierbei 
von vornhqrein klar, dafi ich wegen der starken Verdunstung des Form- 
aldehyd weit niedrigere Temperaturen wie bei den frfiheren Versuchen 
wihlen muBte. Die nachfolgende Tabelle zeigt uns das Resultat meiner 
Untersuchungen mit Glyzerin plus 5 Proz. Formalin bei 50°. 


Tabelle VII. 

Sterilisationsmedium: Glyzerin plus 5 Proz. Formalin. Temp.: 50 s . 


Sterilisat.- 

Dauer 


Wachstum in Bouillon nach Tagen 


Kontrolle. 

Wachstum in Bouillon nach Tagen 


Miouten 

1 1 

2 

! 3 

4 

1 5 

|6 

1 7 

| 8 

o; io | 

1 

1 2 : 

I 3 

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Ll 

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4- 

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4 

4 

4- 

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1 + 

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+ 

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+ 1 

' + 

+ 

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4 

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15 

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4 

4- 

4- 

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4 

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4 

4 

4- 

4- 

20 

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4 

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4 

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25 

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— 

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4- 

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4 

4- 

4 

4- 

30 

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+ 

+ 

+ 

+ 4- 

— 

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4- 

+ 

4- 

+ 

4 

4- 

4 

4- 

40 

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+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

4* i *4 

— 

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+ 

+ 

4 

+ 

4 

4- 

4 

4- 

60 

i 

i 1 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ i + 

— 

i + 

; + ! 

+ 

4- 

+ 

4 

! + 

+ 

+ 


Bei dieser Tabelle ist die bakterienhemmende Wirkung des Formalins 
anschaulich dargetan. Erst am 2 Tage trat Wachstum auch bei nur 
5 Min. Sterilisationsdauer ein. Keimfreiheit war aber bei dieser Methode 
selbst nach 60 Min. nicht zu erzielen. 

Als ein geeignetes Antiseptikum ffir eine Glyzerinlosung glaubte ich 
nun, das Sagrotan, ein Chlor-Kresolseifenprfiparat, aus dem Grande zu 
sehen, weil dieses Prfiparat fast ganz geruchlos ist und auch bei starken 
Konzentrationen fast keine Reizung auf Haut und Schleimhaut auslSst. 
Schottelius berichtet im „Arch. f. Hyg.“ eingehend fiber die wesent- 
lich hfihere desinfizierende Wirkung des Sagrotans im Verh&ltnis zu 
den fibrigen Phenolen. Auch hat er die Reizlosigkeit einer 10-proz. 
Ldsung nach mehrstfindigem Einwirken auf die Inuenflfiche des Vorder- 
armes nachgewiesen. Selbst eine 2-stflnd. Einwirkung von 25 proz. und 
gar 100-proz. Sagrotan auf die rasierte Bauchhaut von Meerschweinchen 
und Kaninchen verursachte wohl eine Rotung der Haut, aber nieraals 


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394 


CentralbL t iiakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5- 


eine Ver&tzung. Ieh selbst babe bei Versuchen, die ich bei mir an der 
SuBeren Haut der Lippen nod an der Schleimbaut des Mundes vor- 
genommen babe, die diesbezuglichen Angaben von Schottelius be- 
statigt gefunden. Anch weist Schottelius praktisch genommen die 
Ungiftigkeit des Sagrotans dadurch nacb, daB er Hunden bis zn 10 g 
Sagrotan pro Kilogramm Kbrpergewicht durch die Scblundsonde ein- 
fflbrte, ohne daB Krankheitserscheinungen aufgetreten wSren, und ohne 
daB nach der TOtung der Tiere die Sektion irgendeine VerSndernng der 
Magenschleimbaut und der Nieren ergeben hstte. Stahlinstrumente, die 
icb wochenlang in reinem Sagrotan und in einer Sagrotan-Glyzerinlosung 
liegen hatte, zeigten in keiner Weise Oxydationserscheinungen. Alle 
diese Eigenschaften lieBen mir das Sagrotan als ein geeignetes Anti- 
septikum in einer Glyzerinldsung erscbeinen. Der Siedepunkt des Sagro¬ 
tans liegt nach Angabe der Firma SchQlke u. Mayr-Hamburg un- 
gefahr bei 100°. In einer 10-proz. Sagrotan-Glyzerinlbsung konnte ich 
den Siedepunkt bei ungef£br 106° feststellen. In den nachstehenden 
Tabellen sind die Eesultate eingehender Untersuchungen mit Sagrotan- 
Glyzerin in verschiedenen Ldsungen und Temperaturen zusammengestellt. 

Tabelle VIII. 

Sterilisati.onsmedium: Glyzerin plus 5 Proz. Sagrotan. Temp.: 110". 


Sterilis&t. 

Dauer 


Wachstum in Bouillon nach Tagen 


Kontrolle. 

Wachstum in Bouillon nach Tagen 


Minaten 

| 1 

2 

1 3 

4 ^ 

i 5 j 

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I 6 ! 

7! 

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10 

1 1 | 

2 

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9 j 10 

5 ! 

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10 

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15 

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+ 

+ 

+ 

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+ 

+ 

+ 

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+ 

+ 

+ 

+ 

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+ 

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20 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

! + 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

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25 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

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30 

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+ 

+ 

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40 


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— 

— 


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— 

— 


— 

— 

— i 

— 

— 

_i _ 

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Tabelle IX. 


Sterilisationsmedium: Glyzerin plus 10 Proz. Sagrotan. Temp.: 100*. 


Sterilteat.- 

Dauer 

Wachstum in 

Bouillon nach Tagen 

Kontrolle. 

Wachstum in Bouillon nach Tagea 

Minuten 

1 

a l 

3 

4 

5 | 6 

7 

8 

9 

10 

1 

2 

3 

4 

5 6 


8 9 

10 

5 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ + 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ + 

+ 

+ 1 + 

+ 

4- ' 4- 

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10 

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— 1 

— 

— 

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— 



— 


— 


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25 

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— 1 

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20 

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25 

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1 


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i 

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i 


— 

— 


—i— 

i_ 

! ! 

— 


Obige Untersuchungen (Tab. IX) kdnnte ich wohl bereits als eine 
Lbsung der ganzen Frage betrachten. Immerhin ist man bei Tempera¬ 
turen von 100° auf einen besonderen Apparat mit Thermometer und 
Thermoregulator angewiesen, der doch bei den sehr hohen Ausgaben 
einer allgemeinen Einfuhrung dieser Methode hinderlich ist. Um eventuell 
die 10-proz. Sagrotan-Glyzerinlbsung auch ohne grbBere Apparate, wenn 
mbglich im Wasserbad, vornehmen zu kbnnen, machte ich weitere Unter¬ 
suchungen in der Weise, daB ich die Reagenzglfiser mit dem Sterili¬ 
sationsmedium, in dem sich die mit dem Testmaterial getrockneten 


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Dirska, Sterilisationsfrage komplizierter zahnarztlicher Inetrumente. 395 


Seidenfaden befandeo, im offenen Wasserbad erhitzte. Je nach dem 
verschiedenen Verbaitnis des Wasser- und Glyzerinspiegels erhielt ich 
bei meinen Versuchen verschiedene Temperaturen, die ich stets durch 
ein Thermometer feststellte und kontrollicrte. 


Tabelle X. 

Sterilisationsmedium: Glyzerin plus 10 Proz. Sagrotan. 
_Temperatur: Wasserbad 90°._ 


Steriliaat.- 

Dauer 


Minuten 


5 

10 

15 

20 

25 

30 

40 

60 


Wachstum iu Bouillon nach Tagen 


12 3 4 5 6 7 8 910 


+ 1+ + 


+ 


+ 


+ 


+ 


Kontrolle. 

Wachstum in Bouillon nach Tagen 


— j Bouillonrohrchen zer- 
schlagen 


+ + 


I- 


12 3 4 5 6 7 8 910 


Nach dieseo UDtersuchungen mufite ich dud auch zu dem Versuch 
abergeheo, festzustelleo, ob das SterilisatioDsmedium auch geodgeod 
zwischeu die iDoereo Hfllseo der HandstQcke eindringe. Zu diesem 
Zvreck brachte ich io die iooere HQlse des HaodstQcks die mit dem 
Testmaterial verseheoeo SeideDffideo so tief, daC sie nicht aus der darQber 
sitzeodeo SuKeren HQlse hervorschauteo. Nach der Sterilisatioo schraubte 
ich die Qufiere HQlse ab und Qbertrug mit der sterileD Pinzette die 
Seidenf&den in die Bouillon. Das Resultat dieser Untersuchung, die 
ohne Kontrollversuche vorgenommen ist, erweist Tab. XI. 

Tabelle XI. 

Sterilisationsmedium: Glyzerin plus 10 Proz. Sagrotan. Temp.: 90*. 

Das an Seidenfaden angetrockbete Testmaterial befand sich in der inneren Htilse 
des Handhtilrkes. 


Stenlinat.-Dauer 



Wachstum 

in Bouillon nach Tagen 


Minuten 

1 

2 

3 * 


7 ! 8 | 9 

10 

10 

20 

30 

40 

60 


1 

j _ 

.... - y 

— 1 — 

~ 1 

j 

_ 1 _ _ 

1 


Tabelle XII. 

Sterilisationsmedium: Glyzerin plus 10 Proz. Sagrotan. 
Temperatur: Wasserbad 96°. 

<Abspulen der Seidenfaden in sterilem Wasser vor dem Ueber- 
t r a gen in Bouillon._ 


Sterilieat.- 

Dauer 

Wachstum 

in Bouillon nach Tagen 

Kontrolle. 

Wachstum in Bouillon nach Tagen 

Minuten 

1 1 

2 | 3 

4 5 

6 | 7 

Oi 

00 

10 

1 | 2 { 3 | 4 

5 ! 6 | 7 

8 j 9 |10 

5 

_ 


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_ 1 _ 

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_ j _ _ 

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10 

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1 

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— 

Aubfall, Fehler beim Ueberferagen 

15 

— 

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- - 

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20 

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396 


Oeotralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 5. 


Der Versuch Tab. X, wurde nochmals wiederholt, die Tempentar 
im Wasserbad ergab diesmal 96°. Das Resaltat war dasselbe wie 
Tab. X. Nach 10 Min. haben wir absolute Keimfreibeit. Die weiteren 
Versuche macbte ich in der bisherigen Form, nur mit dem Unterschied, 
daB icb einmal die Seidenf&den zwischen dem Uebertragen aus dem 
Sterilisationsmedium in die Bouillon in sterilem Wasser abspfllte, das 
andere Mai das Sterilisationsmedium in Kalilauge neutralisierte. 


Tabelle XIII. 

Sterilisationsmedium: Glyzerin plus 10 Proz. Sagrotan. 
Temperatur: Wasserbad 9& 9 . 

Neutralisation in 2-proz. Kalilauge vor dem Uebertragen in Bouillon. 


Steriligat.- 

Dauer 

| Wachstum in 

Bouillon nach Tagen 

Kontrolle. 

Wachstum in Bouillon nach Tagen 

Minuten 

1 

2 

1 3 

LlJ 

5 

6 

7 

8 

M 

10 

ij 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

I_ 8 J 

9 110 

1 - 

5 

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+ 

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10 

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— 

— 

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— 

— 

— 

— 

— 

— 

- 

15 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

i — 

— 

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— 

— 

— 


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20 1 

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— 

— 

- 

30 

— 

— 

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1 

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— 

— 

— 

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1 


Um nun schlieBlich noch ganz streng vorzugehen, verwandte icb 
nach der Sterilisation einen anderen Nfihrboden, und zwar 1-proz.Trauben* 
zuckerbouillon, die sich bei anderen Versuchen als NShrbodenoptimnm 
erwiesen hatte. 

Tabelle XIV.| 

Sterilisationsmedium: Glyzerin plus 10 Proz. Sagrotan. 
__Temperatur: Wasserbad 92°._ 


Sterilisat.- 

Dauer 

Wachstum in Traubenzuckerbouillon 
nach Tagen 

Wachstum 

Kontrolle. 

in Traubenzuckerbouillon 
nach Tagen 

Minuten 

1 


3 

4 | 5 

6 

7 

8 

9 

10 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

i* 

5 1 


_ 

_ 

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+ 

+ 

+ 

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_ 

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— 

— 

— 



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— 

— 




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— 

— 

- 

— 


15 

— 

— 

— 

— j - 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 



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20 ! 
30 

— 

— 

— 

-| 



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1 

-— 


— 


_ 

i _ 

- 

- 


Tabelle XV. 

Sterilisationsmedium: Glyzerin plus 10 Proz. Sagrotan. Temperatur 

Wasserbad 92°. 

Abspiilen der Seidenfaden in sterilem Wasser nach der Sterilisation 


Sterilisat.- 

Dauer 


Wachstum in Trau ben zuckerbouillon 
nach Tagen 


Kontrolle. 

Wachstum in Trau ben zuckerbouillon 
nach Tagen 


Minuten j 1 | 2 

i 3 ! 4 

j 5 j 0 j 7 j 8 

1 9 ! 10 

1 1 1 

1 1 

[ 2 | 3 | 

4 i 5 ! 

6 1 7 

8 

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10 ' — , — j 

j 

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30 — - I 

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i — j — 

— 1 — I 

|_i_! 

— 

i 

i i 

i 1 


Um nun den wirklichen Verhaltnissen der Praxis bei meinen Unter- 
suchungen naher zu kommen, nahm ich die weiteren Untersuchungen 
direkt an Hand- und Winkelslucken, und zwar im Oelsterilisator nach 
Dr. H. Schulte vor. Zunachst fiihrte ich in jedes Hand- und Winkel- 


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Dirska, Uterilisationsfrage komplizierter zahnarztlicher Instrumente. 397 


stiick 2 Seidenf&den ein und Qbertrug diese nach der Sterilisation in 
Bouillon. Ein Qberraschendes Ergebnis (Tab. XVI), das einer n&heren 
Erklarung bendtigt, trat insofern ein, als wir bei der gleichen Sterili- 
sationsmethode, wie vorher, hierbei nach 25 Min. noch Wachstum be- 
kamen. Der zweifellos interessante Grand ist darin zu sehen, daft ich 
die Hand- und WinkelstQcke meinem Oelsterilisator in der Praxis, in 
welcher ich bis dahin noch mit Paraff. liq. und zuf&llig gerade an diesem 
Tage mit einem nicht ganz reinen und etwas dickfiussigen Oel arbeitete, 
ohne weitere Reinigung der inneren Teile fQr die Versuche im hygieni- 
schen Institut entnahm. Die Seidenf&den waren daher so sehr in dem 
dickflflssigen Oel eingehilllt, dafi das Sterilisationsmedium an das Test- 
material nicht wirkungsvoll herantreteu konnte. Der Kontrollversuch 
iTab. XVII), den ich daher nachtrdglich, nach Reinigung der inneren 
Teile der Hand- and Winkelstiicke, sonst aber unter den gleichen Be- 
dingungen vornahm, best&tigte mir meine Annahme. 

Tabelle XVI. 

Sterilisationsmedium: Glyzerin plus 10 Proz. Sagrotau. 

Temperatur: 100® (Oelsterilisator nach Dr. H. Schulte). 

Die Seidenfade'n waren in die inneren Teile der Hand- und Winkelstiicke eiu- 
i^efugt ohne vorhergehende Reinigung von anhaftendem Paraff. liq. 


^Dau^" j Wach8tum in BouiUoa nach Ta « en Wachstum i^Kuion nach Tage, 


Minuten 

1 1 I.?. 

! 3 1 

4 

1 5 1 

1 6 

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7 

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8 

9 

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5 

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15 

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20 

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1 — 


I I I i 

Tabelle XVII. 


t Sterilisationsmedium: Glyzerin plus 10 Proz. Sagrotan. v 
Temperatur: 100° (Oelsterilisator nach Dr. H. Schulte). 

Die Seidenfaden waren in die inneren Teile der Hand- und Winkelstiicke ein- 
gefugt nach grundlicher Reinigung von Paraff. liq. 


Bauer 1- ' I Wach9tum in BouiIloD Dach Ta « en Wachstum i“ nach Tagen 



Den letzten Versuch, der die praktischen VerhSltnisse am natflr- 
licbsten darstellen sollte, fiihrte ich in der Weise aus, daB ich Bohr- 
maschinenhand- und -winkelstiicke in weitcm Reagenzglas mit meiner 
10 Tage alien Mesentericus-Kultur infizierte und diese Kulturen 
antrocknen lied. Die Hand- und Winkelstiicke brachte ich dann nach 
der Sterilisation in weite Reagenzglaser mit Bouillon. Nachstehende 
Tab. XVIII illustriert das Ergebnis. 

Durch meine vorstehenden Untersucbungen und Ausfuhrungen glaube 
ich den Beweis erbracht zu haben, daB wir mit Glyzerin plus 10 Proz. 
Sagrotan bei 95° C in 10 Min. eine absolute Sterilisation erzielen kdnnen. 

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398 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Origin ale. Bd. 87. Heft 5. 


Tabelle XVIIL 

S ter i lisation b mcd i um: Glyzerin plug 10 Proa. Sagrotan. 
Temperatur: 100° (Oelsterilisator nach Dr. tL Schulte). 

Hand- and Winkelstucke warden fur den Sterilisations versuch direkt infiziert. 

Sterilisat.-Dauer Wachsttim in Bouillon nach Tageo 


Minuten i 

1 2 3 ! 

! 4 ! 

5 1 

6 

| 7 

1 8 

9 

10 


5 


Da wir auBer der absolaten Keimfreiheit bei dieser Methode sogar eine 
Schooling unserer Instrumente erreichen, da weiter diese Methode im 
Sprechzimmer obne groBe. komplizierte und teoere Apparate and ohoe 
Erschwerung der Praxisfflhrung durchgefuhrt werden kann, and da 
schlieBlich noch unser angewandtes Sterilisationsmedinm keine schadi- 
genden Reize auf Haut Oder Schleimhaut ausflbt, dflrften wohl alle 
6 Bedingungen, die wir eingangs als Hauptforderung fflr eine zweck- 
m&Bige Sterilisation komplizierter zahn&rztlicher Instrumente gestellt 
haben, erfflllt sein. 

Nachtrag: Fflr die praktische Durchfflhrung der angegebenen Me¬ 
thode w&ren noch 2 Punkte nachzutragen: 

1) Unbedingt notwendig ist die Verwendung reinen wasserfreien 
Glyzerins. Glyzerin dickt ebenso wie Oele nach l&ngerem Gebranche 
ein, so daB es dann erneuert werden muB. 

2) Aus Grunden einer bequemeren Durchfflhrung der Sterilisations* 
methode und aus GrQnden eines besseren Gas- und Glyzerinverbrauchs 
ist der Oelsterilisator nach Dr. H. Schulte von groBer Zweckm&Bigkeit 

Iaiteratur. , 

l)Andresen, Ein neuer Oelsterilisator. (Dtsch. zahnarztl. Monatsschr. 1907,08.) 

— 2) Blessing, Bakteriologie des Mundes und der Zahne. — 3) Conradi, Dtsch. 
med. Wochenschr. 1900. S. 1015. — 4) Croner, Lebrb. d. Desinfektion. — 5) Flugge t 
GrundriG der Hygiene. — 6) Heim, Lehrb. d. Bakteriologie. — 7) Hinrichsen. 
Dtsch. zahnarztl. Monatsschr. 1907. S. 461. — 8) Lehman n-Neu raann, Bakterio- 
logie. — 9) Kief fer, Asepsis u. Antisepsis d. Zahnheilkunde. — 10) Kolle u. He tech, 
Bakteriologie u. Infektionskrankheiten. — 111 Mikulicz u. Kutnme), Die Krank- 
heiten des Mundes. — 12) Miller, Die Mikroorganismen der Mundhohle.— 13) Mul¬ 
ler, Erich, CJntersuchungen iiber das Vorhandensein von Diphtheriebazillcn in der 
Mundhdhle von nicht dipbtherischen Kindern. (Jabrb. f Kinderbeilk. Bd. 43 u. 54.) 

— 14) Schottel i us, Chlor-Xylenol Sapokreeol (Sagrotan) ein neues Desinfektions- 
mittel. (Arch. f. Hyg. Bd. 82. H. 2.) — 15) Schulte, H., Ein neuer Oelsterilisator. 
Dtsch. zahnarztl. Wochenschr. 1916.) 


Nachdruck verboten. 

' Eine neue Dunkelfeldlampe 1 ). 

Von Oberingenieur Falkcnthal, Berlin-Dahlem. 

Mit 1 Abbildung im Text. 

Fur Mikroskopierzwecke werden die Beleuchtungsquellen bekannt- 
lich unterschieden in solche fur Hell- und fur Dunkelfeldbeleuchtung. 
Wiihrend fur Beobachtung im Hellfeld fast alle kuustlichen Lichtquellen 

1) Die Lampe ist dureh DRGM. und DRPA. geschiitzt. 


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Falkenthal, Eine neue DuDkelfeldlampe. 


von der Gas-Gliihlichtlampe bis zur Bogenlampe Anwendung finden, 
konnen fur Dunkelfeldbeleuchtucg nur die starken Lichtquellen, vorzugs- 
weise kleine Bogenlampen und in neuester Zeit Starkstromglflhlampcn mit 
groBer LichtstBrke von 100—200 Kerzen und entsprechend hoheni Strom- 
verbrauch benutzt werden. 

Die nachstehend beschriebene neuartige Dunkelfeldbeleuchtung, welche 
in Laboratorien offentlicher Anstalten bereits erprobt wurde, ist ein vor- 
teilhafter Ersatz der zuletzt erwahnten Starkstromgluhlampen. Die Nach- 
teile, welche letzteren anhaften, wie groBer Energieverbrauch, hohe Kerzen- 
zahl, storende Heizwirkung, leichte Zerbrechlichkeit der langen, diinnen 
Faden und daher kostspielige Unterhaltung sind hier jedoch beseitigt. 

Die Konstruktion der neuen Lampe beruht auf der Erkenntnis, daB 
von dem ca. 1 m langen Gliihfaden der Starkstromgluhlampen, welcher 
bekanntlich in Zickzackform zu groBer FlSche in der Gliihbirne aufge- 
wickelt wird, von einer Linse odor Spiegel nur immer ein kleiner Bruch- 
teil der erzeugten Lichtenergie gesammelt und fur das Mikroskop nutz- 
bar gemacht werden kann. Dies hat seinen Grund darin, daB die gewohn- 
liche Linse bei geringen Abstanden zwi- 

schenLichtquelleund Linse nur dasjenige 

Licht sammelt, welches in ;1 u - 

punkt vorbanden ist. Man 
kanntlich mit der Bogen 
eine punktformige Licht 
des gliihenden Kohlekra 
gunstigste Lichtausbeute. 
haltnisse, wie sie bei der 
liegen, sind bei der neuen 







lampe nachgeahmt. Es wird daher zunacbst ei >3 Gluhlampe ver- 
wendet, bei welcher der gesamte Gluhdraht zu einer nur wenige Milli¬ 
meter messenden weiBgluhenden Spirale zusammengerollt ist. Infolge 
dieser Zusammendrangung des lichtspendenden Gluhfadens erreicht 
man mit ganz kleinen Energien von ca. 40 Kerzen im Mikroskop den 
gleichen Effekt, wie mit kleinen Bogenlampen oder den hochkerzigen, 
groBen Starkstromgluhlampen, deren Stromverbrauch 5 bis lOmal so 
groB ist. Da GHihlampen mit derartig eng zusammengerollten kurzen 
und dicken F&den zweckmaBig fur ganz kleine Spannungen von 2—12 Volt 
hergestellt werden, wurde, urn die Dunkelfcldlampe auch an Starkstrom- 
netze anschlieBen zu konnen, ein Spannungstransformator in das Lampen- 
gehause eingebaut. Dieser wandelt, wenn Wechselstrom vorhanden ist, 
die Netzspannung von beispielsweise 220 Volt praktisch ohne Verluste 
in die eigentliche Lampenspannung von 12 Volt urn. Da Spannungs- 
transformatoren fur Gleichstrornnetze z. Z. noch sehr kostspielig sind, 
empfiehlt sich in solchen Fallen der Betrieb der Lampe durch kleine 
Akkumulatoren. 


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Centr&ibl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 5 . 

Nachstehend seien die besonderen Vorztlge der neuen Dunkelfeld- 
lampe, welche sowobl fdr Hell- als auch Dunkelfeldbeleuchtung vie auch 
fQr Mikroaufnahmen benutzbar ist, zusammengefafit: 

Der Stromverbrauch betrSgt nur ca. 20 Watt, d. h. etwa soviel als 
eine gewOhnliche Zimmerlampe. 

Die Unterhaltungskosten belaufen sich daher nur auf etwa */s bis 
Vio aller bisher bekannten Dunkelfeldlampen. 

Da die Gliihbirne nur mit 6 — 12 Volt betrieben wird, kdnnen, wie 
vorher angedeutet, dort, wo kein Netzanschlufi vorhanden ist, auch kleine 
Akkumulatoren zur Speisung Anwendung fin den. 

Der Gluhfaden der Lampe besteht nur aus einer kurzen, dicken 
Drahtspirale von nur wenigen Milimeter Lange. Er ist daher, im Gegen- 
satz zu den Lampen fQr hohe Spannungen, sehr widerstandsfahig gegeo 
jede ErschOtterung. Die Lebensdauer der Lampe betrSgt daher auch 
mehrere 1000 Std.; die Ersatzkosten sind also sehr gering. 

Die Lampe arbeitnt, im Gegensatz von Dunkelfeldbogenlaropen, 
vollig geruch- und gerauschlos und erfordert keine Nachregulierung. Die 
Wflrmeentwicklung ist infolge des kleinen Stromverbrauches naturgemaB 
sehr gering. 

Das Licht der Lampe ist fast weiB und &hnelt sehr dem der Bogeo- 
lampe. Bei Betrachtung gefirbter Objekte erscheint dies besonders wert- 
voll. Die Abmessungen der Lampe sind sehr klein, sie nimmt etwa den 
Raum eines Mikroskops ein, ist also als sehr handlich zu bezeichnen. 
Urn das Arbeiten zu erleichtern, wird ein Distanzbalter zwischen Lampe 
und Mikroskop mitgeliefert. 

Zur bequemen Einstellung des Lichtkegels ist das Lampengehluse 
kipp- und in jeder Lage feststellbar, auch kann durch Ilerausziehei der 
Lampenlinse der Lichtkegel konvergierend gemacht und die Leuchtkraft 
dadurch fur besonders viel Licht erfordernde Beobachtungen noch etwas 
gesteigert werden. Fiir Heilfeldbelcuchtung wird die Leuchtkraft der 
Lampe im allgemeinen zu stark zu sein; hier schaltet man daher zwcck- 
mSBig eine Mattscheibe in den Weg des Lichtkegels ein, wie solche z. B. 
fOr jedes Mikroskop zum Auflegen auf die Irisblende des Abbekondea- 
sators mitgeliefert werden. 


Inhalt. 


Blei v Rudolf, Drei neue Schafzestoden. 
Nebst Bcitragen zur Kenntnis der iibrigen 
Wiederkauerzeatoden. Mit 17 Abbil- 
dungen im Text, 8. 365. 

Dir ska, Carl, Kin Beit rag zur Ldsung der 
8terilisaiionsfrage komplizicrlcr zahn- 
arztlirher ln»trumenle, 8. 3S7. 

Falkenthal, Kine neue Dimkelfoldlampe. 
Mit L Abbildung im Text, 8. 3i)8. 

Oaumitz, Hellmut, Beobachtungen liber 
das Auftreten von DiphLherie in einer 
Erziehung&anatalt, S. 32 i. 


Kaneko, Renjiro, Zur Kultur der Spiro- 
chaeta icterohaemorrhagiaeand 
der Spiroch&eta hebdomadi*, 

S. 345. 

Knorr, Maximilian, Experi men telle Sto- 
dien iiber die VVitkuna von Rinderplle 
auf Ruhrbazillen, 8. 319. 

Marouse, Kurt, Wassernaannsche Ra- 
aktion und Kokzidiose beim Kaniucto. 
8. 355. 

Martini, E., Ueber die Eier unserer Ano¬ 
pheles. Mit4 AbbildungenimText,6.3(2. 


Frommannsehe Bucbdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. 


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CeatnlhL f. Iikl etc. I. ML Origincli. 84.81 Heft 8. 

Ausgegeben am 30. Dezember 1921. 


Nachdruck verboten. 

Untersudumgen iiber die chemische Beschaffenheit der 
Kapselsubstanz einiger Kapselbakterien 1 ). 

[Au 8 dem Bakteriologischen Institut der Universit&t Budapest 
(Direktor: Prof. Hugo Preisz).] 

Von Dr. Engen Kram&r, Assistenten am Institut. 


Die Morpbologie der Bakterienkapseln gehbrt zu den wohlbearbeiteten 
Kapiteln der bakteriologischen Forscbung, und groBes Interesse wurde 
auch dem Parallelismus entgegenbracht, welcher zwischen der Kapsel- 
bildung der pathogenen Bakterien und ihrer Virulenz zweifellos besteht. 
In Bezug der chemischen Natur der Bakterienkapseln findet man da- 
gegen fiuBerst wenige Angaben niedergelegt. 

Aus den von verschiedenen Autoren an verschiedenen Bakterienarten 
angestellten Untersuchungen kann mit Bestimmtheit festgestellt werden, 
daB namlich die Kapselsubstanzen der verschiedenen Bakterien in 
chemischer Hinsicht bei weitem nicht identisch sind, sondern im Gegen- 
teil nicht einroal in den Rahmen einer durch cbemisch verwandte Sub- 
stanzen gebildeten Gruppe eingegliedert werden kdnnen. 

Bezfiglich der hierher gehorenden Literaturangaben sei auf die Arbeit 
Toenniessens verwiesen. Wir beschr&nken uns daher nur auf die 
Znsammenfassung der verschiedenen Untersuchungsresultate. Nach den 
gefundenen Tatsachen konnen die Kapselsubstanzen der verschiedenen 
bisher untersuchten Bakterienarten in 2 groBe Gruppen eingereiht 
werden: 

Zu der 1. Gruppe gehbren diejenigen, die keinen Stickstoff enthalten, 
nach vorherigem Kochen mit verdQnnten Sfihren schwere Metallsalze 
reduzieren und daher als Polymere verschiedener Monosaccharide auf- 
gefaBt werden kdnnen. Das schOnste Beispiel hierfflr ist die Kapsel- 
substanz des Pneumobazillus, weiche nach den Mitteilungen vonToen- 
niessen als Galaktan, ein Polymer von Galaktose, anzusehen ist. 
Das gleiche hat Emmerling fQr die Gummisubstanz des Bac. lactis 
aerogenes gefunden. Die Schleimsubstanz des Bac. radicicola 
besteht nach den Angaben Buchanans aus einem Kohlehydrat, welches 
nach der Hydrolyse Glykose liefert. 

Die 2. Gruppe bilden die Kapselsubstanzen, weiche Stickstoff ent¬ 
halten und im aligemeinen von glykoproteider Natur sind. So fanden 
Burri und Allemann bei dem Bac. casei eine cbitinartige Substanz, 
Ooethart bei dem Streptococcus hollandicus eine Art von 
Muzin. In seiner Arbeit fiber den Milzbrandbazillus hat sich Preisz 
auch dahin ge£ufiert, daB die Kapselsubstanz der Anthraxbazillen zu der 
Gruppe der Muzine gehdre. 


1) Nach einem in der Ungarischen Naturwissenschaftlichen Gesellschaft am 
10. Mai 1921 gehaitenen Vortrage. 


Kr*t« Abt. Orig^Bd. 87, 

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Heft 6. 


26 

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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


Die unserer Arbeit zugrunde liegenden Untersuchongen erstrecken 
sich auf 4 verschiedene Bakterienarten, und zwar: den Pneumobazillus 
Friedlfinder, den Milzbrandbazillus, den Bac. radicicola und auf 
einen aus fadenziehendem Wein von uns isolierten Kapselbaziilus. 

Zur Darstellung und Isolierung der Kapselsubstanz fanden wir von 
den verschiedenen Methoden die von Toenniessen ausgearbeitete am 
geeignetsten; dies Verfahren erwies sich bei den rein koblehydratartigen 
Bakterienkapseln ebensogut verwendbar, als bei den Kapselsubstauzen 
eiweifiartiger Natur. 

Bezflglich der Details des Verfahrens sei auf die betreffende Mit- 
teilung Toenniessens 1 ) verwiesen, hier m5ge nur das Wesen der 
Methode kurz angedeutet werden: 

Die von der Agaroberflache mit destilliertem Wasser abgewaschene Kulturmasse 
wird mittels Alkohol niedergeschlagen, gereinigt and getrocknet. Nach Zerreiben im 
M6rser gewinnt man ein femes Pulver, welches, in Wasser emulgiert und in Tu.-che 
untersucnt, die Kapseln um die Bazillenieiber unversehrt geblieben zeigt. Die Ab- 
trennung der Kapseln vou den Bazi lien lei bern erfolgt durch Kochen mit verdunnter 
Kalilauge, wodurch die Kapselsubstanz in Ldsung gebracht wird, wahrend die ibrer 
Kapseln beraubten Bazillen durch langes Zentrifugieren entfernt werden kbnnen. Die 
in Ldsung befindliche Kapselsubstanz wird dann mittels Alkohol gefallt, der N'ieder- 
schlag in dest. Wasser geldst, wieder mit Alkohol gefallt und der ganze ProzeB oiters 
wiederholt. Die derart gereinigte Substanz wird getrocknet und fein zerrieben der 
naheren Untereuchung unterzogen. 


Pneumobazillns FriedlSnder. 

Nach den Mitteilungen Toenniessens besteht die Kapsel des 
Pnenmobazillus aus einem kohlehydratartigen K5rper, welcher bei der 
Hydrolyse Galaktose liefert. Er kultivierte hierzu den Pneumobazillus 
auf 3% Glyzerin enthaltendem Heimschen Glyzerinnfihragar und fiufterte 
daber die Meinung, daft der Bazillus zur Bildung seiner Kapsel vielleicht 
dieses Glyzerin des Nfihrbodens verwende. 

Da aber der uns zur Verfugung stehende Pneumobazillusstamm 
anch auf gewShnlichem Nfihragar sehr fippig gedieh, begnflgten wir uns 
mit dem Kultiviercn auf gewdhnlichem Agar, um so mebr, als es nicbt 
ohne Interesse war, zu wissen, ob durch die Verfinderung des Nfihr¬ 
bodens sich nicht aucb die Natur der Kapselsubstanz verwandle. 

Die nach Toenniessens Verfahrens dargestellte Kapselsubstanz 
ist ein schneeweiftes, lockeres Pulver, welches sich in Wasser, Sfiuren 
und Laugen unter Opaleszenz leicht 16st. Sie gibt nicht die Farben- 
reaktionen des Eiweiftes, wird durch Kocheo nicht koaguliert; Essigsfiure, 
Sulfosalicylsfiure, Salpelersaure, Kupfersulfat, Quecksilberchlorid, Gerb- 
sfiure, Ferrozyankali-Essigsfiure bewirken in ihrer L5sung keinen Nieder- 
schlag. Alkohol, in Gegenwart von Neutralsalzen und bei schwach 
saurer Reaktion, ffillt sie als lockere Flocken aus; ebenso wird sie ge- 
ffillt durch Eisenchlorid und Bleiazetat. Bei Sfittigung mit Ammon- 
sulfat scheidet sie sofort aus, bei Halbsfittigung bildet sich der Nieder- 
schlag erst nach mehrstilndigem Stehen; die untere Greuze der Ausffill- 
barkeit liegt ungeffihr bei Vs-SfittiguDg. Die Lasseignesche Probe 
ist auch bei Verwendung grofterer Mengen (40— 50 mg) stets negaiiv. 

Die unverfinderte Kapselsubstanz reduziert schwere Metallsalze nicht; 
durch Ifingeres Kochen in verdiinnter Sfiure erhielt sie aber eine starke 
Reduktionsffihigkeit. Sie ist optisch aktiv, wirkt rechtsdrehend; durch 

1) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 85. H. 4. 


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Kramar,Chem. Beschaffenheit der Kapselsubstanz einiger Kapseibakterien. 403 


Hefe wird sie zwar langsam, aber vollstfindig vergoren. Den Zersetzungs- 
punkt des aus garbenformig angeordneten Nadeln bestehenden Phenyl- 
osazons fanden wir bei 193° C. 

Diese Angaben bestatigen die Untersuchungen von Toenniessen 
and machen es bdcbst wahrscheinlich, dafi die Kapsel des Pneumo- 
bazillus aus irgendeinem Polymere der Galaktose bestebt. 

Da wir aber bei unseren Untersuchungen gewohnlichen Agar zum 
NShrboden verwendeten, ergibt sich die Frage, welcher Bestandteil 
dieses Nahrbodens als unmittelbare Quelle bei der Kapselbildung zu 
betrachten ware? Die Annahme, dad hier selbst Agar-Agar als Kohle- 
hydrat eine Rolle spiele, ist wegen seiner bekanntlicb schweren An- 
greifbarkeit nicht wahrscheinlich; es konnen daher aufier den im Fleisch- 
extrakte befindlicben geringen Kohlehydraten nur die EiweiBsubstanzen 
and Peptone des Nahrbodens als jene angeseben werden, durch deren 
Hilfe die Bakterien mittels komplizierten Abbaues und Wiederaufbaues 
die nbtige Kohlehydratgruppe bereiten. 


Bacillus anthracis. 


Da die virulenten Milzbrandbazillen, auBer im TierkOrper, nur im 
Serum kultiviert Kapseln bilden und die Reindarstellung der Kapsel- 
snbstanz aus solcben Serumkulturen wegen der aus dem NShrboden 
stammenden Verunreinigungen auf Schwierigkeiten st5Bt, wShlte ich zu 
meiner Untersuchung einen von Herrn Prof. Preisz aus der Pasteur- 
schen Anthraxvakzine gezuchteten sog. milden Stamm. Dieser nur fflr 
MSuse pathogene Stamm zeichnet sicb, auch auf gewdbnlichem Agar 
gezflcbtet, durch seine iippige Kapselbildung aus und schien daher zum 
Stadium seiner Kapselsubstanz besonders geeignet. 

Die Kapselsubstanz der Milzbrandbazillen stellt ein grOnlich-weiBes 
Pulver dar, welches mit Wasser, Laugen und SSuren eine dickfltissige, 
viskdse, wenig opaleszierende Losung gibt. Da schon minimale Mengen 
(einige Zehntel Milligramm) dieser Substanz eine starke Lasseignesche 
Berlinerblau-Reaktion verursachten, so ergab sich die Frage, ob wir 
da nicht einem eiweiBartigen Kbrper gegenflberstehen. Dieser Richtung 
folgend, stellte sich dann heraus, dafi die Kapselsubstanz des Bac. 
anthracis die Farbenreaktionen des Eiweifies gut gibt, durch Kocben 
jedoch nicht koagulierbar und mittels Essigsfture, Sulfosalizylsfiure und 
Ferrozyankali-Essigsaure nicht ffillbar ist Von den schweren Metall- 
salzen bewirken Kupfersulfat, Eisenchlorid und Bleiazetat, unter den 
Alkaloidreagentien Gerbsfiure in ihren LSsungen einen grobflockigen 
Niederschlag. Sie wird schon bei ^-S&ttigung mit Ammonsufalt gleich- 
falls ausgeschieden. 

Sonderbar ist ihr Verhalten gegentiber Alkohol: ihre wSsserige 
LSsung enthalt schon bei 50 proz. Alkoholkonzentration eine milchartige 
Trfibung, welche mit der Erhohung der Konzentration allmahlich steigt. 
Nach 10—12 Std. kiart sich in Gegenwart von Neutralsalzen und bei 
schwach sauerer Reaktion die FlOssigkeit, wahrend der Boden und die 
Wandung des Becherglases mit einer diinnen Schicht einer weiBlich- 
grflnen, klebrigen Masse iiberzogen wird. 

Anlfifilich der qualitativen Analysen fanden wir regelmafiig Schwefel, 
wahrend der Nachweis von Phosphor uns nie gelang. Der Stickstoff- 
gehalt des bei verschiedenen Gelegenheiten dargestellten Materials 
schwankte zwischen 7.4 — 8,0 Proz. 


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404 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


Schwere Metallsalze warden dnrch die unver&nderte Kapselsnbstanz 
nicht reduziert; nach vorherigem Kochen mit verdttnnten S&uren (wenig- 
stens 10 Std. lang) and Einengen erfolgt eine zwar schwache, aber 
deutliche Rednktion. 

Auf Grund des Obenerw&hnten w&ren in betreff der chemischeo 
INatur der Kapselsubstanz der Milzbrandbazillen 2 Annahmen gerecht: 
sie kann in die Klasse der Glykoproteide gehOren, und dann mufi die 
nachgewiesene Kohlehydratgruppe als Komponent des EiweiBmolekfils 
betrachtet werden, Oder aber die Kapselsubstanz ist chemisch nicbt homo- 
gen, sondern enth&lt nebeneinander einen eiweiB- und einen kohlehydrat- 
artigen K6rper. 

Gegen die 1. Auffassung spricht nur der relativ (bei EiweiBen on- 
gewohnlich) niedrige Stickstoffgehalt der Kapselsubstanz, obwohl man 
ausnahmsweise auch EiweiB mit noch niedrigerem N-Gehalt findet; so 
fand Hammarsten in dem aus den EiweiBdriisen der Helix pomatia 
dargestellten sog. Helikoproteid kaum 6 Proz. Stickstoff. 

1m 2. Falle w&re es bei der heterologen Beschaffenheit der Kapsel¬ 
substanz dagegen unbedingt erforderlich, daB die EiweiBkomponente von 
dem kohlehydratartigen Korper dnrch einfache chemische Verfahren, 
ohne grdfieren Eingriff, getrennt wird, so daB wir am Ende einen eiweifi- 
freien Kbrper von der Natur eines Kohlehydrates gewinnen. Unsere 
bierauf gerichteten Versuche blieben aber immer erfolglos; die Abtrennung 
■der Kohlehydratgruppe war nur nach linger dauernder Hydrolyse mbglich, 
was nicht raehr einer Isolierung, sondern einer Abspaltung gleichkomml 

Dessen bewufit, daB man eine endgGltige Klfirung dieser Frage nor 
mach genau vollbrachter quantitativen Analyse gewinnen konne — wo- 
von wir aber wegen der geringen Menge des uns zur Verfflgung stehen- 
den Stoffes absehen muBten — halten wir es doch fflr wahrscheinlich, 
daB die Kapselsubstanz des Bac. anthracis einheitlich ist und einen in 
die Klasse der Glykoproteide passenden Eiweifikbrper darstellt. Da sie 
sich leicht in Wasser lost und mit Essigs&ure nicht ausf&llbar ist, kann 
sie noch am besten in die Gruppe der Pseudomuzine eingereiht werden. 

In letzterer Zeit bin ich zufallsweise in der Lage gewesen, eine 
andere, auch eiweiBartige Kapsel bildende Bazillenart zu prflfen. Bei 
der Untersuchung fadenziehender Weine isolierten wir einen, morpho- 
logisch dem Milzbrandbazillus fihnlichen Kapselbazillus. Schon bei do 1 
Darstellung und Reinigung der Kapselsubstanz fiel uns ihr an die 
Anthraxkapsel erinnerndes Verhalten auf: die mittels Alkohol nieder- 
geschlagene Substanz ist von der gleichen, klebrig-z5hen Beschaffenheit, 
wie wir sie bei dem Milzbrandbazillus so charakteristisch fanden. Im Laufe 
der ntiheren Untersuchung stellte sich dann heraus, daB diese Substanz 
mit jener der Milzbrandbazillen, wenn auch nicht identisch, so doch 
nahe verwandt ist. 


Bac. radlcicola. 

Gewisse Stamme des Bac radicicola werden dadurch gekenn- 
zeiclinet, daB ihre Kolonien, auf gewissen Agarn&hrb5den gezflcbtet, 
eine stark schleimig-sulzige Eigenschaft annehmen. Bei dem von nns 
gepriiften, schleimbildenden Stamm war es auffallend, daB die schleimige 
Masse die Bazillenleiber nicht als wohlbegrenzte Hiillen umfaBte, son¬ 
dern die Bazillen vielmehr in die schleimige Grundsubstanz eingebettet 
zu sein schienen. Infolgedessen war die Isolierung dieser, durch den 
Bac. radicicola erzeugten Schleimsubstanz erheblich erleicbtert 


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Kramar, Chem. Beechaffenheit der Kapeelsabstanz einiger Kapselbakterien. 4 Q 5 

Andererseits wird durch die Eigenschaft des Schleimes — daB er 
namlich mit Alkohol nicht als feiner Niederschlag ausgeschieden wird, 
sondern als eine durchsichtige Sulzmasse im ganzen erstarrt — die 
Entfernung der begleitenden Verunreingungen begflnstigt. 

Zur Darstellung des Schleimes kana der Bac. radicicola auch 
auf festem NBhrboden gezOchtet werden; zur Gewinnung grdBerer Men- 
gen wird man aber, eben wegen der oben erw&hnten begflnstigenden 
UmstSnde, auch einen flBssigen Nahrboden anwenden kSnnen. 

Wir benfitzten eine NShrflflssigkeit von 0,5 Proz. Pepton- und 
2 Proz. Saccharosegebalt, in groBe Kolben abgegossen. Nach Verlauf 
1 Monates nach dem Beimpfen nahm, bei Zimmertemperatur gehalten, 
der ganze Inhalt des Kolbens einen sulzig-schleimigen Charakter an; 
nach Zusatz von */, Proz. Lauge wurde aber diese Eigenschaft derart 
eingebQBt, daB die Entfernung der Bakterien durch Ausschleudern und 
Filtrieren moglich war. 

Die jetzt schon bakterienfreie, alkalische Ldsung wird angesSuert 
and mit der 3-fachen Menge Alkohols zusammengebracht. Die Schleim- 
substanz scheidet dann als gelbe, halbdurchsichtige Sulzmasse aus. Diese 
wird herausgefischt, in warmem dest. Wasser geldst, wieder geffillt und 
der ganze Vorgang dfters wiederholt. Die anfangs dunkelgelbe, wasserige 
Ldsung wird dann im Laufe des Reinigungsprozesses immer heller und 
die erstarrende Sulzmasse immer durchsicbtiger. Nach Trocknen und 
Verreiben erhalten wir endlich die Schleimsubstanz als gelbliches Pulver. 

Der in geschilderter Weise gereinigte Schleim des Bac. radicicola 
16st sich leicht im Wasser zu einer gelblichen, sehr dickfltissigen, syrup- 
artigen Fliissigkeit; auBer Alkohol bewirken in dieser Ldsung auch Eisen- 
chlorid, Bleiazetat und Ammonsulfat eine sulzartige Ausscheidung, w&hiend 
die ftbrigen, auch bei den vorerw&hnten Kapselsubstanzen beniitzten Rea- 
gentien auf ihn ohne Einflufi sind. 

Diese Schleimsubstanz gibt nicht die Farbreaktionen des EiweiBes, 
auch nicht die Lasseignesche Probe. W&hrend sie unver&ndert schwere 
Metallsalze zu reduzieren nicht imstande ist, erhfilt sie nach der Hydro¬ 
lyse eine starke Reduktionskraft. Sie dreht die Ebene des polarisierten 
Lichtes nach rechts und wird durch Saccharomyces leicht vergoren. 
Der Zersetzungspunkt ihrer Osazonkrystalle liegt bei 205° C. 

Es ist daher kein Zweifel, daB die durch den Bac. radicicola 
erzeugte Schleimsubstanz aus einem Kohlehydrat besteht, welches nach 
der Inversion Glykose liefert. 

Zusammenfassung. 

Es wurden 4 verschiedene Bakterienarten in bezug auf die chemische 
Natur ihrer Kapselsubstanz untersucht: 

1) Die Kapselsubstanz des Pneumobazillus Friedl&nder be¬ 
steht aus Galaktan, einem polymeren Kohlehydrat, welches nach der 
Inversion Galaktose liefert. Wir erhielten also bei Anwendung von 
gewdhnlichem Agar dasselbe Resultat, welches Toenniessen durch 
ZBchtung auf Heimschera Glyzerinagar erhalten hatte. 

2) Die Kapsel des geprtiften Milzbrandbazillus fanden wir eiweiB- 
artig. Da sie phosphorfrei, aber schwefelhaltig ist und eine durch 
lfingere Hydrolyse abspaltbare Kohlehydratkomponente enthalt, kann 
sie als ein Glykoproteid aufgefaBt werden. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 87. Heft 6. 


3) Die Eapselsubstanz des aus fadenziehendem Wein von nns iso- 
lierten Kapselbazillus ist der Milzbrandkapsel chemisch derart fihnlich, 
daB eine Vcrwandtschaft zwischen beiden mit Recht vermntet werden 
kann. 

4) Die Schleirasubstanz eines nns zur Verffigung stehenden Stammes 
des Bac. radicicola stellt ein polymeres Kohjehydrat dar, welches 
bei der Hydrolyse Glykose liefert und demnach als Dextran zn bezeichnen 
ware. 


Nachdruck verbotm. 

Ueber die Natur der leukozytaren Einscbliisse bei 
Encephalitis lethargica. 

Bemerknngen znr Arbeit der Herrn Prof. Dr. Hilgermann, 
Dr. Lauxen und Charlotte Shaw. 

[Aus dem Institut fiir allgemeine Pathologie der K. Universitat Pisa 
(Direktor: Prof. Dr. C. Sacerdotti).] 

Von Dr. Ugo Pardl, Privatdozenten and erstera Assistenten. 

In Heft 5 des 86. Bdes. dieses Centralblattes berichteten Herr Prof. 
Hilgermann, Dr. Lauxen und Charlotte Shaw fiber einige 
bakteriologische und klinische Befuude bei Encephalitis lethargica. 
bei welchen es ihnen gelungen ist, spezielle Gebilde ira Dunkelfelde 
sowie auch in nach Giemsa gefarbten Prfiparaten von Blutausstrichen. 
von Blutanreicherungen wie auch im Leberpunktate zu sehen, die sie 
ffir die Erreger dieser Krankheit ansehen und eingehend beschreiben. 

Ich beabsichtige nicht, hier auf das naher einzugehen, was Hilger¬ 
mann, Lauxen und Shaw fiber die Bildungen der Organzellen 
schreiben, welche fibrigens, wie aus den Figuren auf den Tafeln ihrer 
Arbeit deutlich hervorgeht, morphologisch und farberisch verschieden 
von denen der Leukozyten sind, sondern ich will hier nur hervorheben, 
daB die von ihnen in den Blutausstrichen festgestellten Befunde von 
mir (1) bereits beschrieben worden sind, und zwar sowohl bei der 
Encephalitis lethargica wie auch bei anderen morbSsen Zustanden, wor- 
fiber ich der Societk Toscana di Scienze Naturali am 9. Juli 1920 Mit- 
teilungen gemacht habe, die den Verfassern unbekannt geblieben sind. 
Ich teilte darin mit, daB man bei exanthematischem und dem Ileotyphns, 
bei bazillarer Dysenterie, bei Diphtheritis und der Encephalitis lethargic* 
mehr oder minder h&ufig im Zytoplasma einer Anzahl polynukleSrer 
neutrophiler Leukozyten ausgepragte Bildungen wahrnehmen kflnne, 
welche bei Farbung nach Giemsa durch ihre blaBblaue Farbe manch- 
mal ganz gut abgegrenzt waren, in anderen Fallen aber verschwommen 
und undeutlich aussahen und an der Peripherie des Zytoplasma, maneh- 
mal in dessen Zwischenpartien, lagern und manchmal dem Kern an* 
lagerten, von welchem sie jedoch immer durch ihre verschiedenen Farben- 
tone gut zu unterscheiden waren. 

Im Gegensatze jedoch zu Hilgermann, Lauxen und Shaw 
deute ich diese Gebilde als ahnlich denjenigen, welche bereits 1912 von 


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B5hm, Beitrage zur Kenntnis tierischer Parasiten. 


407 


DShle (2) aus dem Blute von Scharlachkranken beschrieben worden 
waren, und nehme an, dafi dieselben, anstatt spezifische, fur die Diagnostik 
oder Aetiologie wichtige, mehr als Entartungen des Plasmas der nentro- 
philen polymorphen Leukozyten anzusehen seien, die sich unter dem 
EinfiuB verschiedener Toxine bilden kbnnen, und zwar nicht allein auf 
Grand ihres Vorkommens in verschiedenen Krankheiten, sondern auch, 
and zwar haoptsfichlich weil man dieselben experimentell erzeugen kann, 
dnrch verscbiedene Vers ache mit infektibsen oder toxischen Reizen. 
Meine Untersuchungen an Meerschweinchen, denen ich subkutan be- 
stimmte Mengen von Typhusbazillen, Proteus X19 oder diphtberischen 
Toxinen einimpfte, ergaben das Vorkornmen der leukozytfiren Einschlfisse. 

Ich teile dies hier mit, nicht der Prioritatsfrage wegen', sondern nur 
am darauf hinzuweisen, dad unsere heutigen Kenntnisse fiber diese Ein¬ 
schlusse schon genfigend vorgeschritten sind, um mit Recht annehmen 
zn konnen, dafi diese leukozytfiren Einschlfisse, entgegen den Anschauungen 
von DOhle nnd anderen fiber den Scharlach, Vallejo (3) fiber den 
exanthematischen Typhus, und Hilgermann, Lauxen und Shaw 
fiber die Encephalitis lethargica, Keine fitiologische Bedeutung haben. 
Auch ihre diagnostische Bedeutung ist deshalb ziemlich gering, weil sie 
in verschiedenen morbosen Formen vorkornmen, die verursacht sind 
darch unbekannte oder durch jetzt allgemein bekannte Erreger in- 
fektibser Natur. 

Literatnr. 

1) Pardi, U., Contribute) alia conoacenza delle inclusioni leucocitarie di Dohle. 
(Atti d. Soc. Toacan. di Sc. nat. Proc. verb. Vol. 29. No. 4.) — D5hle, Leuko- 
zyteneioachliiase bei Scharlach. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 61. 1912.). — 
3) Vallejo, Laa inclusionea leucocitarias de Dohle en el tifo exantematico de la 
ciudad de Mexico. (Bol. Eatud. Biol. Mexico. 1917. No. 1.) 


Naohdruck verboten. 

Beitrage zur Kenntnis tierischer Parasiten. 

[Aus dem Institut ffir allgemeine Zoologie und Parasitenkunde der Tier- 
arztlichen Hochschule in Wien (Vorst.: Prof. Dr. Theodor Pintner).] 

Von Privatdozent Dr. phil. et med. vet. Leopold Karl BOhm. 

Mit 1 Tafel und 4 Abbiidungen im Text. 

Inhalt: Vorwort, S. 408. — 1) u. 2) Kokzidien-Oozysten im Darm einea Fasan- 
kfikena und einea Rehes. Auf Schnitten durch die Darmwand keinerlei vegetative 
Stadien. Bedeutung dieser Erscheinung, S. 408. — 3) Eigenartiges Krankheitsbild bei 
Befall durch Dicrocoelium lanceatum, S. 409. — 4) Diatomum sp. aus einem 
Fasankuken, 8. 409. — 5) Sogenannte „Bandwurrazyaten tt vom Peritoneum einea Wasser- 
froaches, S. 409. — 6) Cercariaeum lanceolatum nov. spec, aus Viviparua 
viviparu8 (L.), S. 410. — 7) Diphyllobothrium decipiena (Diesing) aus Felia 
parau8 L. Beitrag zur Teratologie der Bandwiirmer, S. 411. — 8) Diphy llobothr. 
decipiena aus dem Darm einea Hundea, S. 414. — 9) Erganzungen zur Erstbeschrei- 
bung von Davainea laticanalis Skrjabin. Das Haushuhn ala neues Wirtatier fiir 
Dav. laticanalis (dieser Bandwurm neu fiir Europa), S. 414. — 10) Untersuchungen 
fiber die Muakulatur dea Cirrusbeutels von Hymenolepia villosa (Bloch), S. 416. 
“7 11) Nachweia, dafi fiir die Unteischeidung zwischen Taenia serrata und T. mar- 
ginata das Merkmal des gespaltenen kurzen Wurzelfortaatzea der kleinen Roatellar- 
haken von keinerlei differentialdiagnostischem Wert ist. Der Lowe ala neues Wirtatier 
fur Taenia marginata (Batach). (Erater Befund dieser Bandwurmart in einem 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 6. 


katzenartigen Raubtier), S. 417. — 12) Fimbriaria plana v. Linstow aus eiuer | 
Wildente. Erganzungen zur ersten und bis jetzt einzigen Beschreibung, S. 419. - ] 

13) Das Trutbuhn als neues Wirtstier von Dithyridium variabile (Dieeineg ' 
Anatomisch-bistologische Beschreibung dieser Zestodenlarve. Eritik der beiden in aer j 
Literatur gebrauchlichen Gruppennamen Plerocercue und Pierocercoid, Unmog- 
lichlichkeit, diese beiden Larvenkategorien auseinanderzuhalten und Vorschlag, tile 
parencbymatosen Finnen mit dem IN amen Plerocercus zu bezeichnen, 8 . 419. - 
Literalurverzeicbnis, S. 426. 

Die vorliegenden Ausfflhrungen sind das Ergebnis von Unter- 
suchungen an tierischen Parasiten, welche ich aas dem Material heraus- 
gegriffen babe, das w&hrend meiner Assistententatigkeit am Institute 
von verschiedenen Stellen aus — amtlichen und privaten — zur Be- i 
stimmung eiigesendet'wurde. Mafigebend fflr die Auswahl der einzelnen 
bier angefuhrten Parasiten war stets die Erw&gung, ob sie parasito- 
logisch von irgendwelchem besonderen Interesse waren, sei es faunistisch, 
oder anatomisch-histologisch, Oder weil es sicb um neue Arten Oder did 
neue Wirte fflr bereits beschriebene Formen, oder schlielllich um bisher 
selten gefundene Parasiten handelte. Als Vergleicbsmaterial neben den 
zur Bestimmung eingesandten Parasiten stand mir unsere Institute- 
sammlung, die Sammlung des I. Zoolog. Institutes der Universit&t, die 
Privatsammlung des Herrn Prof. Dr. Th. Pintner, sowie die flel- 
mintbensammlung des Naturhistorischen Staatsmuseums, samtlich in 
Wien, zur Verfflgung. 

Die Untersuchungen wurden durchgefflhrt in dem eingangs an- 
gefiihrten Institute, dessen Vorstand, Herrn Prof. Dr. Th. Pintner. 
meinem verehrten Lehrer und Chef, ich ftir die zahlreichen, wertvollen 
Anregungen und Ratschlage, mit denen er mich ununterbrochen unter- 
sttitzte, zu dauerndem, warmem Danke verpflichtet bin. 

I. Elmerla tenella (Eailliet et Lucet) [= Eimer ia avium (Silvestrini 

et Rivolta)]. 

(Lehrk. f. patholog. Anatomie ) 1 ). 

Im Darme eines Fasankukens vereinzelte Oozysten; auf Schnitten 
durch verschiedene Darmabschnitte keine vegetativen Stadien zu finden. 

. 2 . Elmerla sp. 

(Lehrk. f. patholog. Anatomie.) 

Im Darminhalt eines Rehbocks zahlreiche Oozysten, auf Schnitten 
durch den Darm keinerlei Stadien. Bisher wurden Kokzidien 
beim Reh noch nicht beschrieben. 

Die Befunde, Nr. 1 u. 2, scheinen darauf hinzudeuten, daB die An- 
gaben Eckardts (14) einer Ueberpriifung wurdig w&ren, nach welchen 
„die Kokzidien nur fakultative Parasiten sind, die in feuchter 
Gartenerde etc. gedeihen, sich massenhaft bei schwfller Sommertempe- 
ratur in fauligen Futterresten etc. vermehren, und, wenn sie dann von 
V6geln (offenbar gilt dies auch von anderen Tieren) zuf&llig aufgenommen 
werden, sich im Darme weiter entwickeln 2 ).“ 

Bis jetzt findet sich allerdings in der Literatur keine einzige An- 

1) Bei jeder Nummer 1st die Stelle vermerkt, von der aus die betreffenden Psr»- 
si ten an die hiesige Lehrkanzel zur Untersuchung eingeschickt wurden. Die angefukren 
Institute bzw. Lebrkanzeln gehoren der Tierarztlichen Hocbscbule zu Wien an. 

2) Dieser Anscbauung E.s wird niemand zustimmen! Vielleicht sind die rer- 
meintliehen Eimerien gar keine Kokzidien. 


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Bdhm, Beitrage zur Kenntnis tieriscber Parasiten., 


409 


gabe, welche dafflr sprechen wttrde, dafi eine Vermehrang der Kokzidien 
aach im Freien stattfindet. Die Erscheinung, dafi im Darme von Tieren 
Oozysten gefunden werden, manchmal wenige, manchmal zahlreiche, ohne 
dafi auf Schnitten irgendwelche Stadien nachzuweisen wfiren [wie z. B. 
in meinen Befunden 1) and 2)J kann auch darin begriindet sein, dafi 
entweder das betreffende Individuum, welches die Oozysten per os auf- 
nahm, nicht infektionsfahig war (infolge bereits zu weit vorgeschrittenen 
Alters oder dergl.), Oder dafi es zu einer Art gehfirt, in welcher das 
betreffende Coccidiura keine gunstigen Bedingungen fflr sein Fortkoromen 
bzw. seine Vermehrang findet. 

S. Dicrocoeltam lanceatnm Stiles et Hass. 

(Nieder-Oesterr. Bez.-Tierarzt A. Grufi, Hainfeld.) 

Zahlreiche Individuen in einer Schafleber. Wegen des interessanten 
patholog.-anatom. Befundes will ich die die eingesendete Schafleber be- 
gleitende Zuschrift und den Befund anfflhren: 

„Herr E. R., Brauerei- und Wirtschaftsbesitzer in H. (Nied.-Oest.) bezog Ende 
Sept. 1916 durch die Viehverwertungs-Gesellschaft 100 Schafe (angeblich .Sieben- 
burgische Fluchtlinge“). Ende Nor. waren einige bereits derart erkrankt, dafi sie teils 
verendeten, teils der Notschlachtung zugefiihrt werden mufiten. Sie boten das Bild 
aUgemeiner Wassersucht. Ala Ursacbe wurde die maaaenhafte Anwesenheit von 
Faaciola bepatica festgeatellt. Am 4. Dez. wurde vom Gefert. die Verabreichung 
von K&mala angeraten und dies auch Mitte Dez. durcbgefiihrt. Das durch die hiesige 
Apotheke beschaffte Mittel griff die Schafe, von kleinen Durchfallen abgeeehen, nicht 
merklich an. Ein 24 Std. nach der Verabreichung notgeschlachtetea Schaf war bereits 
frei von Faac. hepatica* (? ?). „8eit einigen Wochen sind nun wieder einige Stiicke 
teils verendet, teils notgeschlachtet worden; allgemeine Wassersucht und Leberfaule. 
Als Ursache stellt Gefert. jetzt Dicroc, lanceatum fest. Obwohl nach Marek 
(Wien, tierarztl. Mon., Lit. 155. 1917), die Lanzettleberegel nur selten eine schwere Krank- 
heit verursachen u , nimrat Gefert. dies im vorliegenden Falle nach der durch Fasc. 
hepatica vorausgegangenen Schadigung dennoch an. Herr R. ersucht hiermit um ein 
Gutachten mit der gleichzeitigen Verstandigung, ob und wie er die von den anfang- 
lichen 100 Schafen jetzt nur eriibrigten 50 vielJeicht doch in irgeneiner Weise zu retten 
versuchen kdnnte.* 

Befund an der eingeschickten Schafleber: In den Gallongfingen 
allenthalben aufierordentlich zahlreiche Individuen von Dicroc, lan- 
ceatnm, keine einzige Fasc. hepatica. Leber nicht ver&ndert, 
anch die Galleng&nge fast gar nicht verdickt. 

Jedenfalls ist dieses Krankheitsbild von dem durch Fasc. hepatica 
hervorgerufenen, wo bei chronischem Verlaufe stets Starke Verfinde- 
rnngen in der Leber bzw. den Galleng&ngen zu konstatieren sind, wesent- 
lich verschieden. 

4. Distomum sp. 

(Lehrk. f. pathol. Anatomie.) 

1 kleines (2 mm langes, 0,6 mm breites) Individunm ans dem Darm 
desselben Fasankiikens wie Nr. 1. Eine n&here Bestimmung event. Neu- 
beschreibung ist zurzeit an dem einzigen Exemplar nicht mdglich. Bis- 
her ist noch kein Trematode aus dem Fasan beschrieben. 

5. Codonocephalus urnigerus (Rud.). 

(Lehrk. f. Physiologie.) 

Ans Rana esculenta L., wo diese Trematodenlarve in zahl- 
reichen, runden, subperitonealen Zysten sich vorfand. Nach Lflhe (25) 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 67. Hett 6. 


zweifellos die JageDdform einer Strigea (Trematoden-Familie der 
Holostomiden). In den physiologischen Instituten, wo Frosche massen- 
haft zu Versucbszwecken benfltzt werden, ist die Larve unter der irrigen 
Bezeichnnng „Bandwurmzysten“ allgemein bekannt. 

Der ausfflhrlichen Beschreibung dieser Jugendform dnrcb Kop* 
czynski (21) habe ich nicbts Wesentlicbes hinzuzuffigen. 

6. Cercariaeum lanceolatnm nov. spec, ans Viviparusviviparus(L.) 

= Paludina vivipara autt. (Lebrk. f. Fleischbyg.) 

Im Mai 1916 wurde neben einer Menge anderer Scbnecken auch 
eine Anzahl Sttlcke der lebendig gebdrenden Sumpfschnecke, welcbe aos 
Donautumpeln bei St. Andrae stammten, in das Fleischbygienische In- 
stitut gebracbt. Nach dem daselbst vorgenommenen Herauspraparieren 
von jungen Schnecken aus den alten fanden sich in der betreffenden 
Glasscbale Jugendstadien von Trematoden, welcbe der hiesigen Lehr* 
kanzel zur Bestimmung Qbermittelt wurden. Redien bzw. Sporozysten 
waren nicht vorhanden. Die Untersuchnng ergab, daB es sich um 
schwanzlose Trematodenlarven, also um Zerkari&en handelte, wie sie 
aus Landschnecken des bfteren beschrieben wurden, aus SuBwasser- 
scbnecken hingegen bloB in einigen wenigen (5) Formen bekannt sind. 
Aus Viv. viviparus (L.) fiihrt Lb he in der neuesten, zusammen- 
fassenden Uebersicht der Zerkarien (25) kein Cercariaeum an. 
v. Linstow verzeichnet in seinem „Compendium“ (23) aus dieser 
Scbnecke 2 Zerkariden, ndmlich Cere, ovatura Diesing und Cere, 
paludinae viviparae Diesing. Ersteres bat auszuscheiden, da es, 
wie Linstow in dem 12 Jahre spdter erschienenen Nachtrag zu seinem 
„ Compendium* zugibt, identisch ist mit Distomum luteum v. Baer, 
einer enzystierten Distomenlarve, welche der berflhmte, vielseitige Natur- 
forscher K. E. v. Baer (4) bereits 1827 beschrieben hatte; sie wurde 
spdter wiedergefunden und abgebildet von La Valette St George 
(44), Pagenstecher (34) und Wagener (45), zuletzt von Erco- 
lani (15), der sie fiir eine verirrte Larvenform hdlt, die sich in Viv. 
viviparus (L.) nicht zu Ende entwickelt, sondern daselbst dem Unter* 
gang geweiht ist. 

Diese Form unterscheidet sich in wesentlichen Belangen von der 
mir vorliegenden. 

Der Name Cercariaeum fiir die 2. der oben erwdhnten Formen 
ist auf eine falsche Auffassung der Nomenklatur Diesings (10 u. 11) 
zurbckzufiihren. 1818 beschrieb ndmlich der damalige Professor am 
Tierarznei-Institut in Wilna, L. H. Bojanus (7) seine Beobachtungen 
uber Redien und Zerkarien aus Limnaea stagnalis. Aus der bei- 
gefiigten Abbildung ist zu ersehen, daB er hierbei in Wirklichkeit ge- 
schwdnzte Zerkarien vor sich hatte. Die Redien, in denen diese ein* 
geschlossen waren, halt er noch fiir die Distomen selbst. Bei dieser 
Gelegenheit erwdhnt er nun von ihm schon vorher gemachte, dhnliche 
Funde aus der bier in Frage stehenden Schnecke Viv. vipiparus(L) 
mit folgenden wenigen Worten: „Ich bemerke hierbey, daB ich frflher 
schon in der Leber der Helix vivipara Distomata gefunden hatte, 
die dem ocreato Rud. nahe kamen und in ihrem Innern dasselbe 
Spiel eingeschlossener Brut zeigten. Doch waren hier die Jungen der 
Gestalt der Alten viel ahnlicher. u Diese hier erwdhnten Saugwurm- 
larven belegt nun Diesing 1850 in seinem zusammenfassenden Werke 
(10) mit dem Namen Cercaria helicis viviparae und reiht sie 


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6ohm, Beitrage znr Kenntnit tierischer Parasiteu. 


411 


in die Unterordnung der Cercariaea ein, die er, in Verkennung ihres 
Larvencharakters, als gleicbwertige Gruppe neben die Unterordnungen 
der Trematoden und 6 dell idea stellt, in welchen die endo-und ekto- 
parasitischen Saugwflrmer zusammengefafit erscheinen. In seiner 5 Jahre 
spfiter erschienenen „Revision der Cercariaeen“ (11) betrachtet Die sing 
diese Larvenformen immer noch als selbstSndige geschlechtslose Trema¬ 
toden und fflhrt die hier in Frage stehende Form in dem Kapitel *Cer- 
cariaea minus cognita u , diesmal aber unterdem Namen Cercariaeum 
paludinae viviparae an; unter diesem Namen wurde sie in die 
spitere Literatur ilbernommen. 

Fafit man nun die Worte von Bojanus „doch waren bier die 
Jungen der Gestalt der Alten Shnlicber tt so auf, daB er eine schwanz- 
lose, in Redien oder Sporozysten eingeschlossene Brut, also Zerkariaen 
im heutigen Sinne, vor sich batte, so braucht bei einer Neubeschreibung 
diese Notiz nicht berflcksichtigt zu werden; es gebt nicbt an, die er- 
wShnten wenigen Worte, welche die Larven gar nicht kennzeichnen und 
nicht mehr Wert besitzen als ein Nomen nudum im Sinne der Nomen- 
klaturregeln (46), als eine Beschreibung gelten zu lassen. Uebrigens 
ist es gar nicht wahrscbeinlich, daB Bojanus das so auff&llige Merkmal 
der Schwanzlosigkeit nicht besonders hervorgehoben hatte, wo doch die 
anderen in der Notiz beschriebenen, aus Limnaea stagnalis stam- 
menden Larven als geschw&nzt beschrieben und abgebildet werden. 
Hatte er also geschwfinzte Zerkarien vor sich, so fallt eine BerUck- 
sichtigung derselben bei der Neubeschreibung der mir vorliegenden un- 
geschwanzten Larven von selbst weg. 

Ich lasse die Beschreibung der von mir entdeckten Zerkarifien folgen: 

Cercariaeum lanceolatum mihi (vgl. Fig. 1). 

Der Korper ist breitlanzettfdrmig, flach, seine Lftnge betrBgt (an 
Alkoholmaterial, wie alle folgenden GrSBenwerte, gemessen) ca. 0.61 
bis 0,93 mm, seine groBte Breite (in der H6he des Aequators des Bauch- 
saugnapfes) ca. 0,30 mm. Die Farbe der Tiere ist eine opak-weiBe. 
An der Hautoberflache keinerlei Stachel- oder Wfirzchenbildungen. Mund- 
saugnapf etwas lfinger als breit, 0,13:0,11 mm, ohne Bohrstachel; hinter 
ihm der nicht ganz 1 / 2 so lange Pharynx. Bauchsaugnapf zur Gftnze 
in der hinteren Korperhaifte liegend, derart, daB sein vorderer Rand 
eine quer durch die Mitte des Kdrpers gezogen gedachte Linie erreicht. 
Er ist bedeutend gr8Ber als der Mundsaugnapf, ungefhhr kreisformig, 
ca. 0,22 mm im Durchmesser haltend (sSmtlichen Zahlenangaben mit 
Ausnahme der TotalgroBenmaBe sind Messungen an einem mittelgroBen 
Individuum von ca. 0,81 mm Lange zugrunde gelegt). Oesophagus 
ziemlich kurz, Darmschenkel ungefahr bis zur Mitte zwischen Hinter- 
rand des Bauchsaugnapfes und Korperende reichend. Die terminale 
Exkretionsblase birnformig, sehr klein, ca. 0,03 mm lang, nach vorn 
ziehende Schenkel konnten nicht beobachtet werden. Zwischen Ex¬ 
kretionsblase und Hinterende der Darmschenkel die 3-teilige, kornelige 
Anlage der Geschlechtsorgane. — Ob sich die Zerkariaen in Redien 
oder Sporozysten entwickeln, konnte nicht festgestellt werden, da der- 
artige Gebilde in meinem Materiale nicht vertreten waren. 

7. Diphyllobothrium declpiens (Diesing). 

4 Ketten mit Scoleces, die lfingste ca. 55, die kiirzeste ca. 25 cm 
lang aus dem Diinndarm eines schwarzen Panthers (Leopards, Felis 

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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


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pardus L.) von der Menagerie Schdnbrnnn (Lehrk. f. pathologische 
Anatomie). 

Auffailig waren bei diesen Ketten die vielen Anomalien. So fanden 
sich: Einzelne zentral gefensterte Proglottiden; ferner waren die letzten 





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Bdhm, Beitrage zur Kenntnis tierischer Parasiten. 


413 


Glieder sSmtlicher Ketten abnorm gestaltet, bzw. in ihrem anatomischen 
Baa von der Norm abweichend. Die eine Kette zeigte ein gegabeltes 
Hinterende (vgl. Fig. 2), and zwar setzte sich der eine, etwas langere 
Gabelast aus 3, der andere aus 2 Gliedern zusammen, welche ungefahr 
halb so breit waren wie die letzten normalen Proglottiden. Die letzten 
Genitalpori waren auf dem letzten ungegabelten Glied zu sehen, die 
Proglottiden der beiden Gabel&ste zeigten keine Genitalpori. 

Das letzte Glied der 2. Kette (vgl. Fig. 3) war ebenfalls bloB etwa 
halb so breit wie die vorhergehenden, unregelm&Big spitz zulaufend und 
wies keine Genitalbffnungen auf. 

Bei der 3. Kette (vgl. Fig. 4) gabelte sich wieder das drittletzte 
Glied in 2 Aeste, von denen der eine klein und zipfelfdrmig, der andere, 
welcher auch die Geschlechtsdffnungen trug, breiter und bedeutend in 
die LEnge gestreckt war; an ihn schlossen sich noch 2 ebenfalls lang- 
gestreckte, schmale Proglottiden ohne Geschlechtsdffnungen an. 

Bemerkenswerte Anomalien wies auch die 4. Kette auf, welche im 
ganzen ein tanioides Aussehen hatte, wie dies bei vielen Exemplaren 
von Dibothriocephalus latus (L.) aus dem Menschen vorkommt 
[vgl. Braun (9). S. 1612]. Besonders lang (im Verhaitnis zur Breite) 
waren die hinteren Proglottiden, und die beiden letzten von diesen waren 
noch dadurch ausgezeichnet, daB der mit den charakteristischen, ge- 
deckelten Eiern prall gefQllte Uterus des letzten Gliedes vor der Grenze 
zwischen diesem und dem vorletzten Gliede nicht halt machte, sondern 
bis in die Mitte des letzteren hineinreichte, so dafi also die beiden letzten 
Proglottiden, wenn nicht der deutlich ausgesprochene Einschnitt zwischen 
ihnen vorhanden gewesen ware, den Eindruck eines einheitlichen Ganzen 
hervorgerufen hatten. 

Das Auftreten so mannigfaltiger Anomalien bei alien Ketten er- 
scheint, wie erwahnt, auffailig. Ihre Ursachen wage ich nicht zu deuten, 
doch mdchte ich immerhin darauf hinweisen, dafi vielleicht ein Zu- 
sammenhang zwischen ihnen und dem Leben des Bandwurmtr&gers in 
der Gefangenschaft, fern von seiner eigentlichen Heimat, besteht. Ich 
denke an Degenerationsvorgfinge bei diesen Bandwnrmexemplaren, welche 
durch die abnormen Lebensverhfiltnisse ihres Wirtes sich wohl erklaren 
liefien; hiefflr wfirde auch die verhaitnismafiige Kleinheit der Ketten 
sprechen. Wahrend Die sing in seiner Erstbeschreibung filr die tin 
Frage stehende Art (12) eine Lange von 5' (= ca 162,5 cm) und eine 
grdfite Breite von 4"' (= ca 8,8 mm) angibt, ist von den mir vor- 
liegenden Ketten die lBngste bloB ca 55 cm lang und an ihrer breitesten 
Stelle nur ca 4 mm breit. — Zu einer anderen ErkiarungsmOglichkeit 
fflhrt die Erw&gung, ob die vielen Abnormitaten nicht etwa damit im 
Zusammenhang stehen, daB von Bothriozephaliden so oft zahlreiche, ja 
sehr viele Ketten in einem Wirte zu finden sind. Wenn die zahlreichen 
Parasiten lebhaft gegeneinander sich bewegen, sich umschlingen etc., 
k5nnen sie leicht stark mit Eiern gefQllte Uteri zum Platzen und da¬ 
durch die Kette zur Deformierung bringen. 

Auch an Verletzungen der Kette an jenen Stellen, wo die Spaltung 
beginnt, durch spitze, scharfkantige Korper im Darminhalt, etwa Steinchen, 
Knochensplitter u. dgl. ist zu denken. Braun gibt zwar in seinem 
groBen Zestodenwerke (9, S. 1618), wo er die 12 bis dahin bekannt 
gewordenen Falle von Bifurkation zusammenstellt, nur zwei MSglich- 
keiten fOr das Zustandekommen dieser Anomalie an: Einmal Fensterung 
von Gliedern und zweitens die Bildung von anormalen, an der Seite 


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Centralbl. £ Bakt etc. 1. Abt Originals. Bd. 87. Heft 6. 


von Gliedern gelegenen Knospen. Grohmann (18), der die Abnor* 
mitfiten in den Proglottiden, insbesondere der Bothriozephaliden zu- 
sammenfassend abhandelt, glaubt zeigen zu kdnnen, dafi bei Gabelnng 
von Bandwnrmketten „von nichts anderem die Rede sein kann als von 
einer Spaltung, welche voraussichtlich durch eine Verletzung entstanden 
sein dttrfte, die den in starkem Wachstum begriffenen vordersten Teil 
der Kette getroffen hat tt . Seine Argumente hieffir und die zu ihrer 
Sttitze herbeigezogenen Figuren erscheinen sehr beweiskrfiftig. 

Der Kadaver des die Bandwfirmer beberbergenden Leopards wurde 
von der Menagerieverwaltung Schfinbrunn an die Lehrk. f. pathol. Anat 
der Wiener Tierfirztlichen Hochschule behufs Feststellung der Todes- 
ursache fiberbracht. Der Sektionsbefund lautet 1 ): „Rechtsseitige sero- 
fibrindse und hamorrhagische Pleuritis, beiderseitige Endokarditis, 
Dfinndarmkatarrh, Bandwfirmer im Dfinndarm* 4 . 

In seiner Monographic der Bothriozephaliden fflhrt Ariola(2) aus 
dem Panther blofi die beiden Arten Bothrioceph. sulcatus (Mol.) 
und Bothrioceph. maculatus F. S. Leuck. (irrtflmlich! Soli heifien: 
Rud. Leuck.!) an; mit Unrecht, wie der vorliegende Befund zeigt and 
wie auch aus den Angaben von 0. v. Linstow (23), Stiles u. Has* 
sail (42) u. a. hervorgeht. 

8. Diphyllobothrlum decipiens (Diesing), 
ca. 60 cm lange Kette samt Scolex aus dem Darm eines Hundes 
(Lehrk. f. patholog. Anat.). In der Literatur ist, soweit mir bekannt, 
an einer einzigen Stelle diese Art als Parasit des Hundes angeffihrt, 
und zwar leider ohne Quellenangabe, nfimlich in der Wirtsliste der 
Gedoelstschen Parasitenkunde (16). 

Grubenkopf-Bandwfirmer sind in den fleischfressenden Hanstieren 
selten, fiber ihre pathogene Bedeutung ist fast nichts bekannt. Merkmale 
von Anfimie, wie sie beim Befall des Menschen mit dem breiten Gruben- 
kopf charakteristisch sind, wurden in vorliegendem Falle nicht kon- 
statiert. Ich lasse den Sektionsbefund folgen: 

„Hund (Ikterus). Paakreaskarzinom. Geschwiire im Duodenum, in der Umgebung 
der Ginmuudung des Lebergallenganges. Hochgradige blutige Injektion und Schwellung 
der Darmschleimhaut, mit leichten oberflachlichen Epithelverlusten und zahweichen 
Auflagerungen. Metastasen in der Leber. 1 

9. Davainea laticanalis Skijabin. 

3 Eetten (die lfingste 165 mm lang) aus dem Darm eines jungen 
Huhnes (Lehrk. f. patholog. Anat.). Skrjabin beschrieb diese Art 
vor wenigen Jahren (41) als 20. Davainea-Art aus Galliformes, 
und zwar aus einer brasilianischen Perdix sp. Mithin ist mein Be¬ 
fund neu ffirEuropa und Gallus ferrugineusGm., das Hans- 
huhn, ein neuer Wirt fflr diesen Bandwurm. 

Nun bedarf die Wirtsangabe Skrjabins „Perdix sp., Brasilien* 
noch einer Klarstellung. Die Verbreitung der Rebhfihner beschrftnkt 
sich nfimlich der einschlfigigen Literatur zufolge auf die Alte Welt, aus 
Sfidamerika ist keine freilebende Art bekannt. Nach einer Mitteilung des 
Herrn Hofrats R. Wettstein-Wester sheim, der Sfidamerika bereiste 

1) Ich fiige die Sektionsbefunde der von den hier abgehandelten Pansiten be- 
fallenen Wirtstiere, soweit sie mir zur Verfugung stehen, bei, da derartige Angaben 
sehr geeignet sind, wertvolle Beitriige zur Kenntnis der Biologic und pathogenen Be¬ 
deutung der betreffenden Parasiten zu liefern. 


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BObm, Beitrage zur Kenntnie tierischer Parasiten. 


415 


und den ich hieriiber urn Auskunft bat, bezeichnen jedoch die dortigen 
Pflanzer andere, an der OstkQste SQdamerikas weitverbreitete Angehflrige 
der Ordnung der HQhnervflgel, die eine den RebhQhnern Bhnliche Lebens- 
weise fQhren, nQmlich die HokkovOgel (Arten der Gattung Penelope 
Merr.) mit dem Namen „RebhQhner“, und so dfirfte die Wirtsangabe 
Skrjabins zu erklSren sein. 

Charakteristisch fQr die in Frage stehende Davainea-Art ist nach 
Skrjabin der Bau des Exkretionssystems: „Die beiden ventralen Lftngs- 
gefSBe sind am hinteren Rande der Proglottis durch einen Verbindungs- 
kanal vereinigt, der in seinem mittleren Teil 2 blasenfQrmige Anschwel- 
lnngen bildet; die letzteren sind mit ihren konvexen Seiten nach vorn 
gerichtet (vgl. Fig. 10 der zitierten Arbeit!). Dieses Merkmal halte ich 
tatsachlich fQr sehr charakteristisch, weil sich fQr keine der zahlreichen 
Davainea-Formen eine Qhnliche Angabe in der Literatur findet und 
weil ich bei vielen Arten dieser Gattung, teils aus meinem Material, 
teils aus dem des Wiener Naturhistorischen Staatsmuseums (aus den 
verschiedensten Wirten), die ich daraufhin untersuchte, vergeblich nach 
einer analogeu Bildung fahndete. Ich halte mich daher, da dieses 
charakteristische Artmerkmal neben anderen wichtigen (doppelte Haken- 
krone, gleiche Hakenlange, unregelmSBig abwechselnde Geschlechts- 
bffnungen, Qbereinstimmende L&nge der Bursa cirri) bei den mir vor- 
liegenden Ketten sehr deutlich ausgeprfigt ist, zur oben angefQhrten 
Artdiagnose berechtigt, will jedoch nicht verschweigen, daB eine Anzahl 
von Charakteren mit der Erstbeschreibung Skrjabins nicht Gberein- 
stimmt. Wahrend dieser Autor die Lange der Strobila mit 110 mm, 
bei einer Maximalbreite von 3,5 mm angibt, ist bei meinem Material 
die langste Kette, wie erwBhnt, 165 mm lang, bei einer Breite von 
1,8 mm. Ferner gibt Skrjabin ca. 160 Haken an, wahrend ich un- 
gefahr 220 zBhlen konnte. Diese Verschiedenheiten fallen jedoch bei der 
auBerordentlichen Variabilitat der Davaineiden nicht sonderlich ins Ge- 
wicht. Ich fQhre als analoges Beispiel die sehr voneinander abweichenden 
Beschreibungen einer anderen, jQngst beschriebenen HGhner-Davainea 
(Dav. penetrans Baczynska) beiihrer Erstbeschreiberin Baczynska (3) 
und bei Skrjabin (40), der sie nachuntersuchte. Wahrend erstere fQr 
diesen Zestoden eine Lange von bloB 40 mm angibt (Breite der reifen 
Glieder 0,48 mm) fand letzterer in Russisch-Turkestan, wo die in Frage 
stehende Davainea-Art als der weitverbreitetste HQhnerparasit er- 
scheint, Exemplare von 180 mm bei einer Breite von 3 mml Die Zahl 
der Rostellarhaken erreicht nach Skrjabin ca. 300, nach Baczynska 
240. Das ZQhlen der zahlreichen, dabei minutiosen Haken (ihre Lange 
variiert von 8—17 ju bei den einzelnen Arten) ist eben mit ziemlichen 
Schwierigkeiten verbunden, namentlich auch infolge des Umstandes, daB 
an den Seiten des Rostellums, wo die beiden Haiften des Hakenkranzes 
zusaramentreffen, eine oft bedeutende Anzahl der Haken beider Haiften 
einander decken, so dafi sie vom Mikroskop, auch bei Anwendung der 
starksten VergrOBerungen, nicht aufgelost werden k6nnen. Auf diese 
Weise erklQren sich die bei den einzelnen Autoren verschiedenen Zahlen- 
angaben. Vielleicht kommt noch dazu, daB die Hakenanzahl, wie so 
manche andere Charaktere bei den Davaineiden, innerhalb gewisser 
Grenzen variiert. — Noch eine Verschiedenheit zwischen dem mir vor- 
liegenden Parasiten und Dav. laticanalis nach der Erstbeschreibung 
muB ich erwBhnen: Wie bei alien Davainea-Arten zerfallt auch hier 
der Uterus in eine mehr Oder weniger groBe Anzahl von Parenchym- 


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416 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 

kapseln, in denen sich die „Eier tt (richtiger: Onkosphflren) in bei den 
einzelnen Arten wechselnder Zabl finden. W&hrend nun Skrjabin 
angibt, auf Flachenschnitten durch reife Proglottiden von Dav. lati- 
canalis 3—4 „Eier“ beobachtet zu haben, konnte ich auf Fl&chen- 
echnitten durch meine Exemplare blofi je 1 OnkosphSre in einer Uterus- 
kapsel sehen. Auch die Konstanz dieses Merkmales scheint mir nicht 
festzustehen. So konnte ich z. B. auf Flachenschnitten durch reife 
Glieder einer Fasan-Davainea (Dav. Friedbergeri Linstow ans 
dem Materiale des Naturhistorischen Staatsmuseums in Wien) 4 Onko- 
spharen in einzelnen Uteruskapseln zahlen, wahrend allgemein blofi 2 
bis 3 als fflr diese Art charakteristisch angefflhrt erscheinen. 

Alles in allem ergibt sich mir aus meinen Untersuchungen an 
Davaineiden aus Vflgeln, dafi diese wichtige Gruppe von Bandwfirmern 
einer modernen Bearbeitung in vieler Hinsicht bedflrftig ware. 

10. Hymenolepis villosa (Bloch). 

3 Ketten (400 mm, 330 mm und 290 mm lang, alle ohne Scolex) 
aus einer Trappe (Lehrk. f. patholog. Anat.). 

Die beiden Hauptmerkmale dieser Art, die ihr ein ganz eigenartiges 
Geprage geben, sind: An dem einen Seitenrand (der dem Genitalporus 
entgegengesetzt liegt) ist jedes Glied in einen langen Zipfel ausgezogen, 
der die Breite des Gliedes um die Halfte und mehr flbertreffen kann; 
dadurch bekommt die Kette ein eigentilmlich zerfranstes und ganz 
asymmetrisches Aussehen. Weiter ist fflr diese Art charakteristisch die 
ungewdhnlich starke muskulose Wandung des Cirrusbeutels. Dieser 
letztere Umstand legt den Gedanken nahe, Untersuchungen darflber an- 
zustellen, ob hier nicht ein Fall von quergestreifter Muskulatur bei 
einem Bandwurm vorliegt, etwa wie bei den quergestreiften Muskeln in 
den Rflsselkolben der Tetrarhynchen (jener interessanten Fischzestoden), 
wie sie zuerst Sanders (38) erwahnte und viele Jahre spater Pint- 
ner (35) bestatigte und genauer beschrieb. (Sonst sind quergestreifte 
Muskeln bei Zestoden nur noch durch K1 a p t o c z (20) bekannt ge- 
worden, der bei einem Bothriocephaliden quergestreifte Retraktoren und 
Protraktoren des Cirrus im Cirrusbeutel beschrieb.) In der Tat sah 
ich auf Flachenschnitten Bilder, welche tauschend den Eindruck quer¬ 
gestreifter Muskulatur hervorriefen (vgl. Tafelfig. 1). Fflr Zeicbnungen ein- 
zelner quergestreifter Muskelfasern, namentlich um die GroBenverhilt- 
nisse zwischen den sarcous elements und der einfach brechenden Sub- 
stanz darzustellen, fertigte ich nun am Binokuiarmikroskop Zupfprflparate 
an, konnte aber weder an gefflrbten noch an ungefarbten Exemplaren 
Querstreifung der einzelnen Fasern beobachten, ob ich nun in Glyzerin 
oder in Zedernol oder in 2-proz. Essigsflure untersuchte. Dadurch stutzig 
gemacht, stellte ich nochmals recht dflnne (4 fi dicke) Fiachenschuitte 
her und farbte mit Hamatoxylineisen nach Heidenhain, einem fflr 
das Studium quergestreifter Muskulatur besonders geeigneten Farbstoff. 
Da zeigte sich nun, dafi die Querstreifung der Muskulatur des Cirrus¬ 
beutels, wie ich sie zuerst beobachtet hatte, eben nur eine scbeinbare 
war und ihre Erklflrung in folgendem findet: Die die Muskulatur des 
Cirrusbeutels zusammensetzenden Muskelfasern sind fafidaubenartig ge* 
bogen, und zwar in um so stflrkerem Mafie, je mehr sie gegen die Ober- 
fl&che des Beutels zu gelegen sind. Auf Flachenschnitten durch die 
Proglottiden, in denen der Cirrusbeutel also lfingsgeschnitten erscbeint, 
und zwar namentlich auf solchen Schnitten, die sich der Medianebene 


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6ohm, Beitrage zur Kenntnis tierischer Farasiten. 


417 


dieses muskuldsen Organes nShern (aber auch auf meh{ gegen die Ober- 
fldche zu gelegenen) sieht mao nun neben den scbdn parallel nebenein- 
ander liegenden, mehr gestreckten Muskelfasern die quergeschnittenen 
Enden der starker gebogenen Fasern, und zwar in mehreren Lagen naher 
zum und entfernter vom Genitalporus, je nachdem sie eben starker oder 
weniger gebogen und daher naher Oder entfernter von ibren Endpunkten 
durchgeschnitten wurden. Diese Querscbnitte von Muskelfasern, die den 
Farbstoff viel intensiver aufnebmen als die Obrige Oberflache der Fasern, 
sind es, welche eine Querstreifung der Muskulatur vortauschen. 

Ich babe diesen Befund hierhergesetzt, um spatere Untersucher vor 
dem naheliegenden Irrtum, als ob es sich hier um quergestreifte Musku¬ 
latur bei einem Zestoden handle, zu bewahren. 


11. Taenia marginata Batscb. 

Ca 325 mm lange (nicbt vollstandige) Kette samt Scolex aus dem 
Duodenum eines an Pleuropneumonie umgestandenen Lowen. Der- 
selbe, ein mannliches Individuum, war 4 Jabre alt, aus der Menagerie 
des Zirkus Henry, seine Herkunft nicht eruierbar (Lehrk. f. patbolog. 
Anat.). 

Bis jetzt ist in der Literatur nur eine Tanie aus dem Ldwen er- 
wahnt, und zwar: Taenia taeniaeformis (Bloch) = T. crassi- 
collis Eudolphi, welche aus diesem Wirtstier in einer von Gough 
aufgestellten Liste der in Sfldafrika vorkommenden Zestoden, Trema- 
toden und Nematoden (17) angefflhrt wird. Nach AusschluB dieser Art, 
welche viel grSBere, klobigere Haken besitzt als die mir vorliegende 
Form, ergab die vergleichende Heranziehung samtlicher Tanien aus 
Earnivoren, daB es sich um Taenia marginata Batsch handle. 

Bei der Gelegenheit mochte ich einer Eigenthmlichkeit der kleinen 
Rostellarhaken bei dieser Art gedenken, die in den einschiagigen Be- 
schreibungen nicht genflgend hervorgehoben ist. Neben anderen Unter- 
schieden zwischen den beiden ahnlichsten typischen Hundebandwtirmern, 
T. pisiformis (Bloch) = T. serrata Goeze und T. marginata 
Batsch, ftlhrt Railliet in seiner klassischen Parasitenkunde (36) auch 
den an, daB bei ersterer der kurze Wurzelfortsatz gespalten („& garde 
bifide“), bei letzterer dagegen einfach sei („& garde simple 11 ). Ich 
scheute mich daher lange, obwohl alle anderen Merkmale stimmten, den 
mir vorliegenden LOwenbandwurm als T. marginata zu bestimmen, 
denn seine kleinen Rostellarhaken zeigten gespaltene kurze Wurzelfort- 
sfttze. Nun hatte bereits 1893 Schwarz (39) auf der Suche nach 
differentialdiagnostischen Merkmalen zwischen Cysticercus tenui- 
collis, der Finne von Taenia marginata, und Cyst, cellulosae, 
der Schweinefinne, „bei ca. 75 Proz. aller Hakenkrtlnze von C. tenui- 
collis einen Oder mehrere kleine Haken“ gefunden, „deren Hocker 
(Wurzelfortsatz) an seinem Ende gespalten war, so daB er die Form 
einer Flilgelmutter erhielt 11 . . .; auBerdem finden sich noch Original- 
abbildungen nach allerdings nicht deutlichen Photographien derartiger 
kleiner Haken mit gespaltenem kurzen Wurzelfortsatz von Cyst, tenui- 
collis bei Ostertag (33) mit ausdrticklichem Hinweis im Texte auf 
die Schwarzschen Befunde und von T. marginata bei Olt und 
Strdse (32), hier ohne Erw&hnung dieses Merkmales im Texte. (Auch 
in der vielverbreiteten Bakterienkunde und patbolog. Mikroskopie von 
Kitt (19) ist in einer zusammenstellenden Abbildung der Haken von 
T. coenurus, serrata und marginata [nach Leuckart] der kurze 

Elite Abt. Orig. Bd. 87. Heft 6. 27 


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418 


Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 6. 


Wurzelfortsatz des kleinen Hakens der letztgenannten Art gespalten 
dargestellt; doch*beruht dies auf einer Verwechslung der Elischees; was 
bei Kitt als T. serrata bezeichnet ist, ist in Wirklichkeit margi¬ 
nal a, und umgekehrt; ein Fehler, der sicb dnrch s&mtliche Auflagen 
dieses Werkes hindurchzieht.) 

Ich untersuchte nun eine gauze Anzahl von Scoleces der T. mar¬ 
gin at a und zur Kontrolle auch von deren Finne nnd fand, dafi bei 
alien kleinen Haken dieser Art der kurze Wurzelfortsatz gespalten ist 
Allerdings ist dies dentlich nur in der Ansicbt von vorne auf die Haken 
festzustellen und nicbt in der seitlichen bzw. Fl&chenansicht, in der sich 
die Haken auf dem Rostellum dem mikroskopiscben Beobachter zumeist 
darbieten. So erkl&rt sich auch der Umstand, daft Schwarz jeweilig 
nur bei einem oder mehreren kleinen Haken diese Eigentflmlichkeit vor- 
fand, und daB dieselbe bei einem so h&ufigen Hundebandwurm so vielen 
Beobachtern fiberhaupt entging. 

Fflr die Unterscheidung zwischen den beiden h&ufig- 
sten Hundebandwflrmern T. pisiformis (Bloch) = T. ser¬ 
rata Goeze und T. marginata Batsch ist das Merkmal des 
gespaltenen kurzen Wurzelfortsatzes der kleinen Haken 
daher von keinerlei differentialdiagnostischem Wert. 

Es diirfte diese Eigentflmlichkeit bei den Cystotflnien flberhaupt 
weit verbreitet sein. DafQr spricht das Auftreten dieses Merkmales in 
den Diagnosen so mancher moderner Neubeschreibungen, ich erw&hne 
in dieser Hinsicht bloB die von G. Neumann, betreffend Taenia 
novella n. sp. aus der Hauskatze (29) und die von M. Lflhe, betr. 
Taenia omissa n. sp. aus wilden Katzenarten (26). 

Der L5we als Wirtstier fflr Taenia marginata ist neu. 
Bis jetzt ist dieser Bandwurm iin erwachsenen Zustande nur im hunde- 
artigen Raubtiere gefunden worden, und zwar im Hund, Wolf und 
Schabrackenschakal. Der hier mitgeteilte Fund ist analog zu dem vor 
einiger Zeit von Dramard und Bdnoit-Bazille (13) gemeldeten, 
wo gleichfalls zum ersten Male ein anderer typischer Hundebandwurm, 
Taenia pisiformis Bloch = serrata Goeze, in einem katzenartigen 
Raubtiere (im Konigstiger) nachgewiesen wurde. 

Derartige Befunde sind parasitologisch von hohem Interesse. Dr a* 
mard und B6noit-Bazille erkl&ren die Invasion des Eflnigstigers 
mit T. pisiformis in folgender Weise: „En ce, qui concerne le 
Taenia serrata, nous avons dit plus haut que le tigre mangeait des 
lapins. Or, on sait que la larve de ce Tdnia, le Cystic, pisiformis 
Zeder, vit dans le pdritoine de ces rongeurs et se transformen Cestode 
adulte dans l’intestin du chien. — L’dtiologie est ici trfcs simple: le 
tigre a remplacd le chien.“ Derselbe Invasionsmodus ist auch in 
dem hier mitgeteilten Falle anzunehmen: Der Menagerieldwe dflrfte mit 
Innereien von Schweinen und Wiederkfluern die im Netz und Gekrose 
derselben befindlichen Finnen von T. marginata (Cyst. tenuicollis) 
gefressen haben. Die Finnen entwickelten sich im Lflwendarm bis zu 
einem gewissen Grade; dab die von mir gefundene Kette bloB ca. 325 mm 
lang war, wiihrend T. marginata einige Meter lang wird, lflfit sich 
ohne Zwang durch das fur einen Hundebandwurm ungewohnliche Milieu, 
als welches sich der Darm eines Feliden fur ihn darstellt, erkl&ren. 

Aus den oben angefuhrten Grflnden schlieBe ich das Sektionsprotokoll 
hiermit an: 


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Bohm, Beitr&ge zur Kenntnis tierischer Parasiten. 


419 


„Maunlicher, 4 Jahre alter Lowe, stark abgem&gert, am Kinn 2 grauulierende 
Fistelgeschwttre, an den sichtbaren Schleimhauten keine Veranderung. In beiden Pleura- 
sacken eine mafiige Menge eines braunroten, truben Exsudates, Pleura in ganzer Aus- 
dehnung lebhaft injiziert. Beide Herzlappen infiltriert, die ubrigen Lappen stark 
emphysema toe, bzw. leicht hyperfimisch. Magen schleimhaut lebhaft ger5tet 
und im Pylorus grau pigmentiert. Fleckige Rotungeu im Darm in 
gaozer Ausdehuung. Im Duodenum ein Bandwurm. Fast samtliche Korper uod 
E!ii||€!weide-Lymphdrii8en seros geechwollen. In der Leber in panzer Ausdehnung 
gelbliche, anscheinend anamische Partien, innerhalb welcher die einzelnen Acini deut- 
Rch sichtbar Bind. Bakteriologischer bzw. histologischer Befund: Streptokokken. tt 

12. Flmbrlarla plana v. Linstow. 

3 junge und ein reifes Exemplar aus einer Wildente (Lehrk. f. 
patholog. Anat.). 

Dieses Mitglied der merkwfirdigen Gruppe der Fimbriariiden wurde 
1905 von Otto v. Linstow beschrieben (24) und ist seitdem in der 
Literatur, auBer in Zitaten der Erstbeschreibung, nicht wieder aufgetaucht. 
Was die hierhergehdrigen Arten (bis jetzt sind 2 bekannt, die hier in 
Frage stehende und F. fasciolaris [Pallas] aus dem Huhn, der Ente 
u. a.) vor den meisten flbrigen Zestoden auszeichnet, ist das Fehlen 
jeglicher Proglottidenbildung; es sind Querfurchen vorhanden, doch 
reichen sie nicht tief und sind keineswegs der Ausdruck einer serialen 
Gliederung. Dies geht namentlich auch aus der Art der Anordnung der 
Genitalorgane hervor: Die Geschlechtsoffnungen finden sich massenbaft 
an einem Korperende in mehreren Lagen fibereinander, ganz regellos. 
Charakteristisch ist ferner ein mehr oder weniger umfangreicher Pseudo- 
scolex, das ist eine abnorme, mit reicher Faltenbildung einhergehende 
Verbreiterung des Vorderendes, eine vikariierende Bildung fflr den 
uberaus hinffllligen, unscheinbaren Scolex. — Der wesentlichste Unter- 
schied zwischen den beiden Arten besteht darin, daB der mitunter sehr 
umfangreiche Pseudoscolex von F. fasciolaris in 2 seitliche Zipfel 
ausgezogen ist, so dafi ein quer zur L&ngsachse des Kdrpers gestelltes, 
hammerformiges Gebilde entsteht (worauf der alte Name Taenia mal¬ 
leus von Goeze Bezug nimmt), w&hrend diese seitlichen Fortsatze bei 
F. plana fehlen, wie auch bei meinen Exemplaren deutlich ersichtlich. 
Ferner ist bei ersterer Art der dorsoventrale Durchmesser in der Mittel- 
linie im Verhaltnis zum Querdurchmesser sehr groB (1:2 bis 1:1), so 
daB ein rhombischer Durchschnitt resultiert, wahrend die hier vorliegende 
Art, wie ich namentlich an dem reifen Exemplar bestatigen konnte, ganz 
flach ist. Endlich sind bei unserer Spezies die Miindungen der Cirrus- 
beutel mit 10 Haken umgeben (ich konnte noch mehr beobachten), 
gegenflber den 8 Haken, die fflr die andere Form angegeben werden. 

Als Durchschnittsiange gibt v. Linstow 15 mm an. Die Lange 
meiner Exemplare betrug 25 mm (1 Stflck), 35 mm (2 Stflcke) und 
310 mm (das reife Individuum). v. Linstow hatte ganz junge Exem¬ 
plare vor sich, wie schon aus seiner Angabe: „Eier waren noch nicht 
entwickelt“ hervorgeht Auch fflr F. fasciolaris finden sich jedoch 
Angaben fiber die Lange von 1 mm bis 425 mm. Die bei Linstow 
fehlenden Daten flber die Uterusverhaitnisse und die Eier konnte auch 
ich nicht beistellen, da das bereits alte und sehr hergenommene Material 
sich fflr derartige Untersuchungen nicht mehr geeignet erwies. 


18. Dlthyrldium varlabile (Diesing); 
allenthalben an der Pleura costalis eines Truthahnes (Meleagris gal¬ 
lop avo L.) (Lehrk. f. patholog. Anatomie). 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


Diese interessante Finne ernes bis jetzt unbekannten Bandwurmes 
ist bloB in einigen wenigen Fallen zur Beobachtung gekommen. Zum 
ersten Male von dem Kustos am Wiener Hofmuseum J. 6. Bremser 
in einem Steinhuhn, Caccabis (Perdix) saxatilis M. W. gefunden, 
fand sie ihre Erstbeschreibung (jedoch obne Einreihung in eine be- 
stimmte Gattung) als „Dubium perdicis saxatilis** in der „Synopsis k 
von Eudolphi (37). (Fttr nahestehende Formen, deren „magna cam 
Taeniolis saxatilis affinitas** ihm auffiel, stellte er das Genus 
Dithyridium auf.) Einige Jabre spater begegnete ihr Hasse in 
einer Saatkr&he, Trypanocorax (Corvus) frugilegus L. (Lit- 
Nachweis: In dem dnrchschossenen Exemplar der „Synopsis u aus der 
Wiener „k. k. Naturalienkabinetskanzlei“ findet sich neben der betr. 
Nummer folgende handschriftliche Notiz: „In corvi frugilegi palm, 
vesiculis incl. Febr. 1835. Dr. Hasse u ). SpSter fand sie, gleicbfalls im 
Steinhuhn („in cavo abdominis**), der bekannte Wiener Helmintholog 
Diesing, in dessen „Systema Helminthnm (10) sie unter dem Namen: 
Piestocystis variabilis figuriert. Die erste branch bare Abbildung 
(einen Lkngsschnitt) von ihr gibt Leuckart (22,1. Bds. Abt. I. Fig. 184), 
der sie „in der Lunge der Kr8he“ beobachtete (eine andere „verwandte 
Form** entdeckte er im Unterhautbindegewebe der Nachtigall). DaB der 
von Baillet in seiner „Histoire naturelle des helminthes** angefflhrte 
Fund (5) — 3 enzystierte Tfinienfinnen am Peritoneum von Gallos 
domesticus, Skolex mit 4 Saugn&pfen, ohne Haken — wie Braun(9) 
behauptet, hierher gehdrt, ist wahrecheinlich, doch nicht ganz sicher. 
In neuerer Zeit fand ferner in Rom den in Frage stehenden Parasiten 
bei der Sektion eines spontan umgestandenen Huhnes, nnd zwar in 
dessen Lungen, Alessandrini (1). Er spricht auf Grund gewisser 
anatomischer Details der Finnq (Form des hakenlosen Scolex, Form der 
Saugnfipfe) als dazugehdrigen, geschlechtsreifen Bandwurm den Meso- 
cestoides lineatus (Goeze) an, ein Zusammenhang, auf den fibrigens, 
ohne n&here Begrflndung, schon Eudolphi (1. c.) hinweist (indem er 
bei Anffihrung seines Dubium perdicis saxatilis die Worte hinzo- 
fiigt: „Confer Taeniam lineam“) und nach Rudolphi spSter eine 
ganze Anzahl von Autoren (vgl. weiter unten). Endlich beschreibt noch 
L. G. Neumann in jtingster Zeit (30) vom Huhn, und zwar von der 
unteren FISche der Lunge und aus den „R6servoires diaphragmatiqnes 
anl^rieures et post6rieures“ (Cellae thoracicae craniales et caudales?) 
Finnen derselben Art und gibt eine gute Abbildung nach unaufgehellten 
TotoprSparaten. (Auch im Lungengewebe, sowie in der interkostalen 
und suprasternalen Muskulatur wurden von ihm einige Exemplare ge* 
funden.) 

Mithin sind hierhergehorige Finnen gefunden worden: Im Cavum 
abdominis von Steinhiihnern, in der Lunge von Corvus-Arten, am Peri¬ 
toneum eines Haushuhnes (? Fund von Baillet) und in der Lunge, 
den LuftsScken und der Thoraxmuskulatur des Haushuhnes. An diese 
reiht sich das Truthuhn, Meleagris gallopavo L., nach 
meinem Befund als neuer Wirt. 

Die Zugehorigkeit von Dithyridium variabile zu einem Band¬ 
wurm der Gattung Mesocestoides erscheint schon wegen der Aehn- 
lichkeit der Konhguration des Scolex und seiner Organe bei beiden 
plausibel. Es braucht sich jedoch nicht um die Art M. lineatus (Goeze) 
zu handeln, die bisher in der Wildkatze, der Hauskatze und dem Haas* 
hund, im Fuchs, im Luchs und im Wustenluchs gefunden wurde, sondern 


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B o h m , Beitrage zur Kenntnis tierischer Parasiten. 


421 


es kommen als Wirtstiere fflr den erwachsenen Bandwurm meiner An- 
sicht nach auch Tagraubvogel in Betracht, in welchen ja auch schon 
Mesocestoides-Formen beobacbtet wurden. 

Ob ferner alle unter dem Namen Dithyridinm variabile 
beschriebenen Funde aus mebreren, unter ganz verschiedenen Daseins- 
bedingungen lebenden Vbgeln auf eine und dieselbe Species zu beziehen 
sind, erscheint mir fraglich. Jedoch ist dieses Problem nur so einwand- 
frei zu losen, daB die den einzelnen Autoren vorgelegenen Typen, 
soweit sie noch vorhanden sind, einer genauen vergleichenden Unter- 
suchung unterzogen werden, eine Aufgabe, die ruhigeren Zeitlauften 
vorbehalten bleiben muB. 

Beschreibung der von mir beobaohteten Finnen. 

Die vom Wirtstier gelieferten Zysten, in denen der Parasit frei 
flottiert (vgl. Tafelfig. 2), sind dQnnwandig, ziemlich durchscbeinend, so 
daB man die Konturen der Finne gut durchsieht, meist ei- Oder herzfbrmig, 
seltener kugelrund, 2—5 mm im l&ngsten Durchmesser haltend. Die 
Larven selbst sind Plerozerken im Sinne Brauns 1 ): Kompakte, ab- 
geflachte, reinweifie Finnen ohne Scbwanzblase und obne Schwanzanhang, 
meist etwas linger als breit, 1 — 2 x / 2 mm lang mit queren Runzeln und 
mit je einem LSngsspalt an jedem KSrperende, von denen der vordere 
zu der Scolexeinstulpung, der hintere zu der Exkretionsblase in Beziehung 
steht. Schon bei nicht aufgehellten Exemplaren sieht man den eingestfllpten 
Scolex am Vorderende in Form einer milchweiBen, rundlichen Sckeibe 
bindurcbscbimmern. Auf Schnitten lafit sich feststellen, daB die Differen- 
zierung dieser Larven noch nicht sehr weit vorgeschritten ist, ein Umstand, 
der das Ausdinanderhalten der einzelnen Formen aus den verschiedenen 
Wirtstieren so erschwert. 

Zu oberst an dem LarvenkOrper liegt eine dflnne, strukturlose 
Membran (Tafelfig. 4 a); sie entspricht offenbar der H&rchenschicht der 
Zestoden. Unter ihr liegt eine breite, homogene, mit Eosin sich intensiv 
rot farbende Schicht (6), welcher der weitaus grbBte Anteil an der 
Zusammensetzung der Gesaratmasse der Cuticula zukommt. Auch Blu m - 
berg (6.), der diese Verhaitnisse fflr Dithyridium elongatum 
(Blumberg) aus Hund und Katze naher ausfQhrt, unterscheidet diese 
beiden Schichten. — Dann kommt eine wiederum schmaiere Schicht (c), 
die sich auf Fiachenschnitten, soweit sie ungefahr die Mitte der Gesamt- 
dicke der Larve treffen, als aus Stabchen zusammengesetzt reprasentiert, 
die zur Oberflache senkrecht stehen, etwa wie die feste, aus Stabchen 
aufgebaute kutikulare Embryonalschale einer Taenia solium. Auf 
Schnitten jedoch, welche der Oberflache benachbarte Teile des Dithy¬ 
ridium s trefl'en, (also auf tangentiale Anschnitten) erscheint diese 
Schicht netzffirmig infolge einer Streifung, die im rechten Winkel zu 
der zuerst erwahnten zieht. Blum berg fQhrt diese Schicht (nach ihm 
die 3. Kutikularschicht) als „einfache Lage von Muskelfasern an.“ In der 
Tat handelt es sich um jene 2 bei alien Zestoden unterhalb der Cuticula 
sich findenden, einander rechtwinkelig kreuzenden Fasersysteme, welchen 
von den meisten Autoren muskulose Natur zugeschrieben wird, und 
welche als sogenannter Hautmuskelschlauch den ubrigen Parenchyra- 
oder Kdrpermuskeln gegenflberstehen. Ihrem stabchenformigen, auBerst 

1) vergl. jedoch weiter unteo 

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422 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


zarten Aussehen nach ware man nach meinen Bildern weit eher geneigt, 
sie als ein fibrill&res Stfltzgewebe anzusprechen, eine Ansicht, die von 
manchen Autoren auch ausgesprochen wurde (vgl. Braun, Nr. 9, S. 1247). 

Die Gesamtdicke der 3 bis' jetzt beschriebenen Scbichten beUigt 
auf meinen Scbnitten ca 23 ju an der Peripherie, in den Fatten der 
SkolexeinstQlpung wird sie immer geringer, je weiter von der Ansatzstelle 
der EinstGlpung man mifit, bis die Dicke in der Nahe der SaugnSpfe 
bloB 4,5 iu halt. Unter der letzterwahnten Schicht folgt, aber stets durch 
eine schmale, bellere Partie (d) von ihr getrennt (Basalmembran V), eine 
Reihe palisadenartig angeordneter Zellen (e); es sind dies die Matrixzellen 
der Cuticula oder die Subcuticula. B1 u m b e r g (1. c.) zahlt sie unkor- 
rekterweise als vierte, „k6rnerreiche Subcuticularschicht“ der Cuticula 
zu. — Das KSrperparenchym ( f) weist keinen Besonderbeite auf und fflllt 
den ganzen, von anderen Organen nicbt eingenommenen Raum aus, so 
daft keinerlei der Mutterblase der Zystizerken entspnechender Hoblraum 
vorhanden ist. — Die Kalkkorperchen ( g ) finden sich im Kopf- and 
Halsteil resp. Zwischenstflck in grofier Zabl, in den seitlichen Rand- 
partien sind sie bloB in geringer Anzahl vorhanden, im hinteren Abschnitt 
fehlen sie nahezu vollstfindig. Sie sind meist lfinglich oval, seltener nfihern 
sie sich der runden Form, im Durchschnitt 7 n lang, und ruhen stets 
in einer langlich ovalen Hdhlung von durchschnittlicb 18X9 n Durch- 
messer. Ob dem ganzen Gebilde, Inbaltskorperchen + H6hlung, die 
Wertigkeit einer Zelle zukommt, wage ich nicht zu entscbeiden; immerhin 
ware eine diesbezflgliche Feststellung wichtig im Hinblick auf die nocb 
offene Frage der inter- oder intrazellularen Genese der KalkkOrperchen. 
Auch ihre verschiedenartige Verteilung im LarvenkOrper, namentlich ihr 
Fehlen im hinteren Abschnitt ist m. E. nicht ohne Bedeutung, insofern 
als planmafiig angestellte Untersuchungen in dieser Richtung an vieleu 
Formen Licht aut die noch umstrittene Frage der Funktion dieser 
offenbar so charakteristischen Gebilde werfen kdnnten. 

Von der Muskulatur fallt vor allem am Totopraparat sowobl wie 
auch auf Fiachenschnitten die Langsmuskulatur in die Augen (Tafelfig. 3. 
Im. b. u. Im. s.). An den Individuen mit eingestfllptem Skolex (und nur 
solche standen mir zur Verfugung) sieht man sie als einen an beiden Enden 
geschlossenen Sack, dessen eines Ende, entsprechend der Scolexein- 
stfllpung, gleichfalls handschuhfingerfOrmig eingestfllpt ist, so daB man 
von einem auBeren und inneren Blatt der Langsmuskulatur sprechen 
kann, vergleichbar etwa dem parietalen und viszeralen Blatt an Pleura 
und Peritoneum eines SSugers. Ersteres (Im. b.), welches der Parencbym- 
Langsmuskulatur des Blasenkorpers entspricht, zieht parallel zum AuBen- 
rande, ca 0,1 mm von ihm entfernt und scheidet so das Parenchym in 
eine Rinden- und Markschicht. Letzteres ( Im.s.), welches der Parenchym- 
Langsmuskulatur des Scolex entspricht, ist viel machtiger ausgebildet, 
an der Basis des Scolex bis zu 100 /r dick und kleidet auch die durch 
die Einstiilpungsfalten des Scolex entstehenden Divertikel aus (m. dir.) 
Die Diagonalmuskulatur ist nun- schwach ausgebildet; ich konnte nur 
einzelne schmale Ziige durch das PareDchym verfolgen. (diag. m.). 

Den Beschreibungen des rostellar- und hakenlosen Skolex, wie sie 
Neumann (1. c.) und Alessandrini (1. c.) geben, habe ich nichts 
hinzuzufiigen. 

Ich habe oben die Larven als Plerozerken im Sinne Brauns 
bezeichnet. Das Belegen von Larvenformen mit den verschiedenen Genus- 
namen ist, streng genommen, nomenklatorisch nicht ganz korrekt und 

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Bohm, Beitrage zur Kenntnis tierischer Parasiten. 


423 


auch nur provisorisch: Sobald die zugehdrigen geschlechtsreifen Formen 
eruiert sind, haben ja die Arten in das Genus der betr. Geschlechtsform 
eingereiht zu werden. Immerhin bilden bis dahin die Genusnamen auch 
der Larvenformen einen notwendigen Arbeitsbehelf, notwendig insofern, 
als eine Menge unnfltzer Umschreibungen wegfallen, wenn die Larven 
auf Grand wesentlicber Unterscheidungsmerkmale in einzelne groBe 
Gruppen zusammengefaBt erscheinen. Von diesen Erwflgungen ausgehend, 
baben die verscbiedensten Autoren im Laufe der Entwicklung der 
Helminthologie eine groBe Zabl von Namen fflr die mannigfaltigen 
Larvenformen der Zestoden in die Literatur eingeftihrt, bis der so 
anBerordentlich verdienstvolle Parasitologe Brann in der 1. Aufl. seiner 
Parasitenkunde (Nr. 8) die Finnenzust&nde der Zestoden in 4 groBe 
Kategorien einteilte, welche, mit einigen Erweiterungen allerdings, sicb bis 
hente erhaltenhaben: Cysticerci (Finnen mit Schwanzblase; bieher auch 
Coenurus und Echinococcus gehflrig), Cysticercoide (mit Schwanz¬ 
blase, aber ohne Flflssigkeit in derselben), Plerocerci 1 ) (parenchymatose 
Entwicklungsstadien, die keine Flflssigkeit enthalten) undPlerocercoide 1 ) 
(„Formen, welche den Plerocercen entsprechen, d. h. deren Schwanzteil 
ganz parenchymatos ist, aber sich nicht vom Kopf absetzt 1 *). M. E. ist 
es jedoch nicht mbglich, die beiden letzteren Kategorien 
auseinanderzuhalten. Braun fflhrt in der erwflhnten 1. Aufl. 
seines Parasitenwerkes (in alien sp&tereren Auflagen kommt er nie wieder 
auf die oben angefflhrte Einteilung der Finnen zurflck, der betr. Passus 
fehlt in ihnen vollstflndig) fflr alle 3 anderen Finnenformen Beispiele 
aus der Gruppe der Taniaden an, nur nicht fflr einen Plerocercus. 
BloB eine Figur (Fig 27) mit der Legende: „Plerocercus aus der 
Leibeshdhle von Lacerta agilis, rechts mit ausgestfllptem Kopf“ soli 
dem Verstflndnis des Gesagten dienen. Nun zeigt aber gerade nach 
dieser Figur die betr. Finne keinen deutlich vom Kopf abgesetzten 
Schwanzteil, w&re also vielmehr als Plerocercoid zu bezeichnen. Ganz 
dieselbe Figur trflgt bei Leuckart (1. c. I. Bds. Abtlg. 1 Fig. 185), woher 
sie Braun ttbernahm, die Inschrift: „Unbewaffneter Blasenwurm aus der 
Leibeshdhle von Lacerta crocea 2 ) [Pietocystis 3 ) Dithyridium 
Diesing],“ die Finne wurde also von ihm ganz richtig als eine nflchste 
Verwandte der von uns oben ausfflhrlich beschriebenen Dithyridium- 
Larve erkannt (Dithyridium Rudolphi = Piestocystis Diesing); 
flbrigens erkennt schon lange vor Leuckart Valenciennes von ihm 
entdeckte ganz gleichartig mit obigen aussehende Zestodenlarven aus 
Lacerta viridis L. gleichfalls als zum Genus Dithyridium gehdrig 
und beschreibt sie als Dithyridium lacertae (Nr. 43). 

In seiner klassischen Bearbeitung der Zestoden in Bronns „Klassen 
und Ordnungen des Tierreichs“ (Nr. 9) fflhrt Braun nun verschiedene 
Autoren an, welche Piestocystis-Formen als zu Me socestoides 
gehdrig betrachten (Neumann, v. Lin stow u. a.), ohne dieser Ansicht 
entgegenzutreten, ja er selbst sagt einige Seiten spfiter von Piestocystis 
crispa (Rud.) ... „sie dflrfte ein Plerocercoid sein“ ... und fflhrt in 
Anlehnung hieran aus (S. 1568): „Es ist gewiB bequem und erspart 
lange Beschreibungen, wenn man sagt, die Finne der T. solium ist ein 
Cy8ticercus, die der T. serialis ein Coenurus, die des Bothrio- 

1) Von rcX7]p*r)c voll, auBeefiillt fee. mit Parencbym) und xepxo<; Schwanz). 

2) Braun wirft die bei<ien verschiedenen Arten Lacerta crocea Wolf (jetzt L. 
vivipara Jacqu.), Bergeidechse, und L. agilis L., Zauneidechse, zibamracn. 

3) PietocyetiB von Leuckart irrtumlich fur Piestocystis. 

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CentralbL f. Bakt etc. I. Abt. Origin ale Bd. 87. Heft 6. 


ce phal us, des Triaenophorus, Mesocestoides (das sind 
Dithyridium-Formenl) etc. eiu Plerocercoid ... “ Braun selbst 
also l&Bt ganz zusammengehdrige Formen einmal Plero- 
zerken, daun wieder Pierozerkoide sein. Es ist auch nieht 
einzuseben, weshalb man die Finnen von Dibothriocephalus latus 
mit Braun als Plerozerkoide und die ganz gleichartig gebildeten yon 
Mesocestoides lineatus des Hundes und der Katze (Dithyridi- 
um elongatum, siehe oben) als Plerozerken bezeichnen sollte. Rail- 
lie t benennt denn auch ebendiese Larven nach Baillet, der sie aos 
dem Abdomen von Hund und Katze erwfihnt (Nr. 5) Plerocercoides 
Bailleti. — Bedeutsam erscheint mir, und kennzeichnend fflr das 
Schwanken der Autoren gegenfiber den beiden Begriffen Pier ocercus 
und Plerocercoid, daB Railliet in seiner Zoologie mddicale (Nr. 36) bei 
Gelegenheit der Klassifikation der Zestodenlarven (S. 213) folgende 
Formulierung fQr die beiden in Frage stehenden Kategorien gibt: 
„Plerocercu8 M. Braun. Larve solide, globuleuse. Plerocercoides 
M. Braun. (Piestocystis Dies.; Dithyridium Rud.) — Larve 
solide, rubanaire ou ovale, allong6e.“ Wie man sieht, sind unter Berufnng 
auf Braun hier 1) andere Unterscheidungsraerkmale eingefQbrt (die 
nach obigen Ausfflhrungen ebensowenig brauchbar sind), nfimlich, ob 
die betr. Finnen rund Oder bandfflrmig verl&ngert sind; und 2) werden 
Piestocystis Dies., Dithyridium Rud. und Plerocercoides 
Braun direkt als synonym nebeneinandergestellt, w&hrend doch Braun, 
wie oben erwflhnt, als Typus fflr seine Kategorie Plerocercus ein 
Dithyridium abbildet. 

Ein weiteres Beispiel fflr die vSUige Unsicherheit des Begriffes 
Plerocercus: Auf S. 1569 in Bronns „Klassen und Ordn.“ (1. c.) 
schreibt Braun: “... Eine Ausnahme macht nur T. murina und der 
Cysticercus maciocystis Dies., der nach den Untersuchungen 
Moniez’ einen Plerocercus darstellt.“ Er selbst bezeichnetalso 
diese Finne als Plerocercus, dean Moniez kennt diesen Ausdruck 
noch gar nicht, den Braun 3 Jahre spflter erst prflgte, und ich konnte 
ihn natflrlich deshalb in der Arbeit Moniez’(Nr. 28) auch nicht linden. 
‘Wie sieht es nun mit diesem „Plerocercus“ in Wirklichkeit aus? 
Moniez untersuchte besagten Cysticercus macrocystis aus einem 
Hasen eingehend, gibt sehr gute Abbildungen von ihm, aber leider auch 
eine ganz mifiverst&ndliche Deutung seiner morphologischen Charaktere. 
Diese Finne wurde n&mlich von Lflhe (Nr. 6) als zu einem Katzen* 
zestoden (Taenia macrocystis Lflhe) gehdrig erkannt, der unserem 
gewohnlichen Katzenbandwurm (Taenia crassicollis Rud.) fiuBerlich 
frappant Shnlich sieht und sich nur durch die wesentlich kleineren Haken 
des Rostellums, einen anders gestalteten Uterus etc. unterscheidet. Wie 
die erwachsenen Bandwflrmer, so gleichen sich auch ihre Finnen auff&llig. 
Es ist daher die „vesicule“ bei Cysticercus macrocystis, von der 
Moniez schreibt, dafi sie schmal und sehr lang (bis 80 mm) sei, obne 
hydropische Flflssigkeit, abgeplattet, mit Ausnahme des Hinterendes, welches 
eiformig aufgeblSht ist, nichts anderes, als das Zwischenstflck mit der 
daranh&ngenden verhaltnismflBig kleinen Mutterblase, ganz genau wie bei 
Cysticercus fasciolaris, der Finne von Taenia crassicollis, 
welche ja wegen dieses auffallig langen Zwischenstflckes bekannt ist 
Der angebliche Plerocercus ist also in Wirklichkeit ein 
echter Cysticercus. Braun hat zwar an einer frflheren Stelle 
(1. c. S. 1561) nach der Habitusfigur Moniez’ von Cystic, macro- 


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Bohm, Beitrage zur Kenntnis tieriecher Paraeiten. 


425 


cystis (Fig. 3, T. III.) auf die Aehnlichkeit mit Cystic. fasciolaris 
hingewiesen, aber der Umstand, daB das Kopfende eingezogen bzw. 
umgestQlpt und die, wie LQhe (1. c.) ausgefQhrt, irrige „Auffassung, daB 
die Schwanzblase im Gegensatz zu alien anderen Cystot&nienlarven von 
Bindegewebe gebildet werde, ohne hydropische Fliissigkeit“, haben ihn 
bewogen, Cystic, macrocystis als Beispiel fQr einen Plerocercus 
zu bezeichnen. 

Icb will aus der FQlle von Argumenten, die ich zur StQtze meiner 
Anschanung noch vorbringen konnte, nur zwei noch hervorheben: Die 
unter dem Gattungsnamen Gry porhynchns beschriebenen Cyclophylli- 
deenlarven aus Schleien gebbren zu den wenigen Schulbeispielen, die 
Braun fflr seine Plerozerkoide bei Gelegenheit der Neuaufstellung der 
4 Gruppen von Zestodenlarven anfflhrt (,,Paras. d. Menschen“ 1. Aufl. 
S. 100). Einige Jabre sp&ter jedoch, in seiner Bearbeitung der Zestoden 
in Bronns „Klassen u. Ordn.“, kora rat er wieder auf die 2 bis dahin 
(auch bis jetzt) bekannten Gryporhynchus-Arten zuriick, sagt aber 
hier: „Beide Formen sind Plerozerken.“ 

Nicht obne Bedeutung erscheint mir fQr meine Argumentation, daB 
bei LQhe Nr. (27) die Gryporhynchus-Larven wieder unter den 
Flerozerkoiden figurieren und dafi die Figur „Scbematischer L&ngsschnitt 
durch ein Plerocercoid“ bei LQhe (ibidem, Fig. 147) nichts anderes 
ist, als die vereinfachte Figur 184 bei Leuckart (Nr. 22) von einer 
Piestocystis, welche, wie oben nQher ausgefQhrt, Braun als Illustration 
zu seinem Plerocercus gibt. 

Aus der Gruppe der Bothriaden bringt Braun als Beispiel fQr seine 
Plerocerci die Larven der Tetrarhynchen. Er sagt von ihnen (Nr. 8, 
1 .Aufl. S. 102); „Als Plerocercus muB z. B. die Larvenform der 
Tetrarhynchen bezeichnet werden; wir erkennen an ihnen den Kopfteil ... 
darauf folgt ein kurzer Hals und die parenchymatbse Schwanzblase. ... 
Mitunter wSchst der anfangs kuglige Hinterteil bandfdrmig aus und erreicht 
eine bedeutende LSnge.“ Also auch hier wieder als Charakteristikum 
das deutliche Abgesetztsein der Schwanzblase vom Kopf bzw- Hals. 
An anderer Stelle aber (Nr. 9, S. 1570) lSBt er den Gryporhynchus- 
Larven, welche er doch ursprQnglich als Beispiel fQr die Gruppe der 
Plerozerkoide anfQhrt, ebendasselbe Merkmal zukommen; er schreibt hier 
nimlich; „Beide Kbrperteile (Scolex und Schwanz) trennt 
eine deutliche Ringfurche voneinander, wie auch die ver- 
schiedene Struktur beide leicht unterscheiden l&Bt.“ 

Ich fasse zusammen: Die Inkonsequenz in der Bezeichnung von 
Zestodenlarven bald als Plerocercus bald als Plerocercoid, die Ver- 
wirrung, die in der Literatur bezQglich dieser beiden Begriffe herrscht, 
endlich meine Erfahrungen selbst, denen zufolge es mir zu wiederholten 
Malen unmdglich erschien, mich bei der Bestimmung von Finnen fQr 
die eine Oder die andere Bezeichnung zu entscheiden, zeigen deutlich, 
daB es unmbglich ist, die beiden Begriffe scharf auseinanderzuhalten, 
und ich schlage daher vor: Die beiden Gruppennamen Plero¬ 
cercus und Plerocercoid mbgen nicht mehr auseinander- 
gehalten werden, sondern alle parenchymatdsen Finnen, 
d.h. Zestodenlarven ohne HohlraumimSchwanzteil,mbgen 
mit dem Namen Plerocercus bezeichnet werden 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


I*i ter atur verm eichnis. 

1) Allessandrini, Giulio, Su un Dithyridium Rud. del polmone di gallina. 
(Boll. Soc. Zoolog. Ital. Roma. Ser. II. Vol 8. 1907.) — 2) Ariola, V., Revisione deUa 
famiglia Bothriocephalidae s. str. (Arch, de Parasitol. III. Paris 1900.) — 
3) Baczynska, Helene, Etudes anatomiques et histologiques sur quelques nouvelles 
espfcces de cestodes d’oiseaux. (Bull. Hoc. Neuch&tel Sc. natur. T. 40. Ann. 1912—1914.1 

— 4) Baer, Karl Ernst v., Beitrage zur Kenntnis der niederen Tiere. (Nova Acta 
Acaa. Caes. Leop.-Carol. Bonn 1827. Bd. 5. Abt. II.) — 5) Baillet, H. C., Histoire 
naturelle des helminthes des principaux mammiteres domestiques. Paris 1866. (Abdr. 
aus „Helminthes u in: Diet, de m&lec., de chir. et d’hygtene vdt^rin. T. 8. 186*>.) — 
6) Blumberg, C., Ueber einen neuen Parasiten beim Hunde und der Katze (Cvsti- 
cercus elongatus). (Dtsch. Zeitschr. f. Tiermed. Bd. 8. 188J.) — 7) Bojanus, 
Ludw. Heinr., Kurze Nachricht iiber die Zerkarien und ihren Fundort. (^Lsis*. her- 
ausgeg. v. Oken. Bd. 1. H. 4. Jena 1818.) — 8) Braun, Max, Die tierischen Para¬ 
siten des Menschen. 1. Aufl. Wurzburg 1883; 2. Aufl. 1895; 5. Aufl. 1915. — 9) Ders., 
Cestodes. (In: H. G. Bronns „Klassen u. Ordnungen des Tierreichs tt . Bd. 4. Vermes. 
Abt. Ib. Leipzig 1894—1900.). — 10) Diesing, Carl Maurit., Systema Helminthum. 
Wien. Bd. 1. 1850; Bd. 2. 1851. — 11) Ders., Revision der Cercarieen. (Sitz.-Ber. Akad. 
Wise. Wien. Math.-naturw. Klasse. Bd. 15. 1855.) — 12) Ders., Zwanzig Arten von 
Cephalokotyleen. (Denkschr. Akad. Wiss. Wien. Math.-naturw. Klasse. Bd. 12. 1856.) 

— 13) Dramard et Benoit-Bazille, Deux nouveaux parasites du tigre royaL 
(Naturaliste. S£r. 2. 428. Paris 1905.) — 14) Eckardt, Ueber Coccidiosis intest-inalis 
beim Gefiiigel. (Berl. Tierarztl. Wochenschr. 1903. S. 177/80.) — 15) Ercolani, 
Giambattista, Dell'adattamento della specie airambiente, nuove ricerche sulla storia 
genetica dei Trematodi. (Mem. Accad. scienz. Istit. Bologna. Ser. 4. Vol. 2. 1880.) — 
16) Gedoelst, L., Synopsis de Parasitologie de l’homme et des animaux domes liquet 
Lier u. Brussel 1911. — 17) Gough, Lewis Henry, Notes on South African para¬ 
sites. (Ann Rep. South Afric. Assoc, for the advancem. of scienc. VI. Cape-Town. 
1908.) — 18) Grohmann, Werner, Die Abnormitaten in den Proglottiden der 
Cestoden, insbesondere der Botriocephaliden. [Dissert.] Giefien 1906. — 19) Kitt, Th., 
Bakterienkunde und pathologische Mikroskopie. Wien. 5. Aufl. 1908. — 20) Klaptocz, 
Bruno, Polyonchobothrium polypteri (Leydig). (Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. 
Orig. Bd. 41. 1906.) — 21) Kopczynski, Paul, Ueber den Bau von Codono- 
cephalus mutabilis Diesing. (Zool. Jahrb. Abt. f. System. Bd. 24. 1907.) — 
22) Leuckart, Rudolf, Die Parasiten des Menschen und die von ihnen herruhrenden 
Krankheiten. 2. Aufl. Leipzig 1879—1901. — 23) Li ns tow, Otto v., Compendium der 
Helminthologie. Hannover 1878; Nachtrag 1889. — 24) Ders., Helminthologi9che Be- 
obachtungen. (Arch. f. mikr. Anat. und Entwicklungsgesch. Bd. 66. Bonn 1905.) — 
25) Liihe, Max, Parasitische* Plattwiirmer. I. Trematodes.'’ (In: Suflwasserfauna 
Deutschlands, herausgeg. v. A. Brauer. H. 17. Jena 1909.) — 26) Ders., Cystotanien 
siidamerikanischer Feliden. (Zool. Jahrb. Supplem. XII. Jena 1910.) — 27) Ders., 
Parasitische Plattwiirmer. II. Cestodes. (In: SiiSwas9erfauna Deutschlands, herausgeg. 
v. A. Brauer. H. 18. Jena 1910.) — 28) Moniez, R., Essai monographique sur les 
Cysticerques. Paris 1880. (Trav. de PInstit. zoolog. de Lille. T. 3. fasc. 1.) — 29) Neu¬ 
mann, G., Notes sur des Tlniades du chien et du chat. 3. Sur un nouveau Tenia. 
T. novella n. sp. du chat domestique. (M6m. Soc. Zoolog. de France. IX. Paris 1896.) 

— 30) Neumann, L. G., Parasites et maladies parasitaires des oiseaux domestique 
Paris 1909. — 31) Neveu-Lemaire, Maurice, Parasitologie des animaux dome- 
stiques. Paris 1912. — 32) 011, A., u. St rose, A., Die Wild krankheiten und ihre 
Bekarapfung. Neudamm 1914. — 33) Ostertag, Rob. v., Handbuch der Fleiseh- 
beschau. 6. Aufl. Stuttgart. I. 1911; II. 1913. — 34) Pagenstecher, H. A., Trema- 
todenlarven und Trematoden. Heidelberg 1857. — 35) Pintner, Theodor, Unter- 
suchungen iiber den Bau des Bandwurrakorpers mit besonderer Beriicksichtigung der 
Tetrabothrien und Tetrarhynchen. (Arb. zoolog. Inst. Univ. Wien. Bd. 3. 18S1.) — 
36) Railliet, Alcide, Traite de Zoologie medicate. 2mo £d. Paris 1895. — 37) Ru- 
dolphi, Carol. Asmund, Entozoorum synopsis. Berolini 1819. — 38) Sanders, A, 
On an undescribed stage of development of Tetrar hynchus coroilatus. (Monthly 
micr. Journ. Vol. 3. 1870.) — 39) Schwarz, Zur Unterscheidung des Cysticercus 
cellulosae von dem Cystic, tenuicollis. (Zeitschr. Fleisch- u. Milchhyg. ILI 
1893.) — 40) Skrjabin, K. J., Vogelcestoden aus Russisch-Turkestan. (Zool. Jahrb. 
Abt. f. Syst. etc. Bd. 37. Jena 1914.) — 41) Ders., Beitrag zur Kenntnis einiger Vogel¬ 
cestoden. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 75. 1915.) — 42) Stiles, Ch. W., a- 
Hassall, Albert, Index-Catalogue of Medical and Veterinary Zoology. Subject?: 
Cestoda and Cestodaria. (Public Health and Marine Hospit. Service of the U. St. A. 
Hyg. Laborat. Bull. 85. 1912.) — 43) Valenciennes, A chi lie, Observation 


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m 














Rudovsky, Die Kokzidiose der Wanderratte etc. 


427 


d ; une esp&ce de ver de la cavity abdominale d’un Lizard vert-piquets . . . le Dithy- 
ridium lacertae Nob. (Ann. sc. nat. SSr. III. ZooL T. 1. Paris 1844.) — 44) Va- 
lette St. George, Adolph. Baro de la, Symbolae ad Trematodum evolutionis 
historiam. Berolini 1855. — 45) Wagener, G. R., Beitrage zur Entwicklungsgeschichte 
der Eingeweidewtirmer. (Natuurkuna. Verhand. v. de Hollandsch. Maatseh. d. Wetensch. 
Haarlem. II. Verz. XIII. Deel. 1857.) — 46) RSgles internationales de la nomenclature 
zoologique adoptSes par les congr&9 internationaux de zoologie. (In drei Sprachen.) 
Paris ly05. 


Tafelerkl&rnng. 

Fig. 1. Langsschnitt durch den Cirrusbeutel von Hymenolepis villosa 
(Bloch). Erklarung a. Text, S. 416 u. ff. 

Fig. 2. Mehrere Exemplare von Dithyridium variabile in ihren Zysten an 
der Pleura costalis eines Truthahnes. Natiirl. GroBe. 

Fig. 3. Flachenschnitt (ungefahr die Mitte der Geaamtdicke der Larve treffend) 
durch Dithyridium variabile. Schwache VergroB. (Okul. 3, Objekt. 3, Mikroak. 
von Leitz). Erklarung der Buchataben s. Text, S. 422 u. ff. 

Fig. 4. Flachenschnitt (ungefahr die Mitte der Geeamtdicke der Larve treffend) 
durch ein Divertikel der Scolexeinstulpung. Starker vergroBert ala in Fig. 3 (Okul. 0, 
Objekt. 7, Mikroak. v. Leitz). Erklarung der Buchataben a. Text, S. 421 u. ff. 

Die Textfiguren sind vom Verf. gezeichnet, die Figuren der Tafel nach Skizzen 
des Verfa. vom Universitatszeichenlehrer Herrn Adolf Kasper. 


Nachdruck verboten. 

Die Kokzidiose der Wanderratte (Mu s de cum anus Pall.) 
und Hire Beziehung zur Kaninclienkokzidiose. 

[Aus dem Institut fflr Allgemeine Zoologie und Parasitenkunde (Vor- 
stand: Prof. Dr. Theodor Pintner) der Tier&rztl. Hochschule in Wien.] 

Von Dr. med. vet. Franz £ndovsky. 

Mit 1 Tafel und 1 Abbildung im Text. 

E i n 1 e i t u n g. 

Unter dem Eindrucke der grofien wirtachaftlichen Schaden durch RattenfraB hat 
England 1919 daa Rattentilgungsgeaetz erlasaen. Der Schaden, den die Ratte durch 
Verbreitung verschiedener Parasiten veruraacht, ist nicht genau bekannt, vieileicht aber 
auch recht bedeutend. Die Untersuchungen vieler Forscher zeigten, welche verhiingnis- 
volle Rolle die Ratte und der Rattenfloh (Loemopsylla cheopis Rotsch. 1908) als 
Peatiibertrager spielen. Auf die Bedeutung der Ratte als Wirtstier der Trichin el la 
epiralis hat R. Leuckart (1860) hingewiesen. P. Uhlenhuth und M. Zuelzer 
(1920) zeigten in neuesten Untersuchungen, daB 10 Proz. der Berliner Ratten infiziert 
aind mit dem Erreger der ansteckenden Gelbsucht Leptospira icterogenes); weiter 
wurden von W. A. Hofmann (1920) Blutspirochaten in der Rattenniere nachgewiesen, 
welche beira Tierversuch „Zeichen der Weilschen Krankheit“ erzeugten. Auch die 
Verschleppung der Pferderaude wurde den Ratten zugeschrieben, doch bedarf diese 
Angabe noch der Ueberpriifung. Jedenfalls mussen die Ratten parasiten, deren grofie 
Zahl bei der Lebensweise der Ratte selbstverstandlich ist, genau morphologisch und 
biologisch untersucht werden, ob sie identisch sind mit den Parasiten der Haustiere 
bzw. des Menschen, oder nicht vielmehr anderen Arten zugehoren, die nur die Ratte 
zmn Wirtstier haben. 

In der Literatur finden sich zerstreut Angaben liber Kokzidien- 
erkrankungen der Ratte, und ein zuf&lliger Kokzidienfund in den Fazes 
einer Ratte gab AnlaB, mich naher mit dieser Frage zu beschaftigen 
in der Ueberlegung, daB sie flir den Kleintierzflchter wegen der Kok- 


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Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


zidienubertragung auf seine Zuchttiere vielleicht bedeutungsvoll sein 
kOnnte. Die diesbezOgliehen Literaturangaben sprecben von „grauer‘\ 
„ wilder" „schwarzer“ Ratte, doch findet sich nirgends die Artbestimmung. 
Ich untersuchte nur die Wanderratte, Mus decumanus Pallas (Epi- 
mys norvegicus Erxl.), die Bestimmnng erfolgte nach Tiraboschi 
(1903/04) (Farbe, Gaumenstaffel, Ohren- und Schwanzlfinge, Sohlenballen). 

Ueber Kokzidienerkrantung bei der Ratte schreibt Carazzi (1913). Ergebraocht 
den unbestimmten Ausdruck ratto und gibt S. 129 das JBild einer Rattenleber mit an- 
geblicben Kokzidien; es ergibt sich jedoeh bei genauerer Besichtigung, dafi eine Ver- 
wechslung mit Trichozephaleneiern stattfand. Auch seine Angabe uber Eimeria 
falciformis Eimer als seltener Leberbefund bei der Maus ware noch zu (iberprufen 
deehalb, weil Eimeria falciformis in der iibrigen Literatur nur als Darmschmarotzer 
beschrieben ist. Eine schone Abbildung von Nematodeneiern in der Rattenleber gibt 
M. C. Hall (1916) in seinem Werk; dieser weist auch S. 32 darauf hin, daB dieEier 
der HepaticoJa hepatica (Bancroft 1893, Hall 1916, Synon. Trichosoma hepa- 
ticum Bancroft 1893, Familie der Trichinellidae Stiles und Crane 1910) ofter zu 
Verwechslnngen mit Kokzidien Anlafi geben. Denselben Parasiten beobachtete anch 
Galli-Valerio (1904 und 1905) 2mal in der Leber von Mus decumanus. Die 
Arbeit Ohiras uber ein neues Rattenkokzidium (Eimeria Miyairii n. sp., woruber 
Fukuhara (1912) im Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 58 unzulanglich referierte. 
erhielt ich vom Autor, doch bleibt mir der genaue Inhalt der Arbeit unbekannt, weil 
ich den japanischen Text nicht verstehe. Auch Nissle hat, wie Wasielewski 
(1904) S. 102 angibt, im Darm grauer Ratten in Berlin eine Eimeria gefunden, doch 
geht aus der Angabe nicht hervor, ob und wo diese Arbeit veroffentlicht wurde. Gras?i 
(1888) macht darauf aufmerksam, dafi die Kafige, in denen mit Eimeria fa lei- 
for mis infizierte weifie Ratten gehalten wurden, einer sehr grundlichen Desinfektion 
bedfirfen, um weiteren Infektionen vorzubeugen. Grassi hat auch die Entwicklung 
der Sporozoiten in der Oozyste der Eimeria falciformis im Kot der weifien Ratte 
beobaehtet, doch nicht naher beschrieben. Erst Schuberg (1897) und Reich (1913) 
geben nahere Angaben und Bilder von der Entwicklung der Eimeria falciformis 
bei der Maus. 

Unter den jetzigen Verhaltnissen sind die kleinen Hanstiere in der 
Stadt zu Ebren gekommen, und es ist wicbtig, die Krankheitserreger von 
ibuen fernzuhalten. Nun ist es nicht ausgescblossen, dafi die Ratten 
solche Krankheitskeime in sich bergen und verschleppen; verschaffen 
sie sich doch ilberallhin Zutritt; die okonomische Frage erhebt sich, ob 
sie vielleicht bei der Kokzidiosisverbreitung unter den Kaninchen mit- 
beteiligt seien. Wie schon erw&hnt, veraniafite mich der Oozystenfond 
bei einer RattenfSzesuntersuchung, die Kokzidien der Wanderratte naher 
zu betrachten"wegen der Uebertragungsmoglichkeit auf das Kaninchen. 

Material and Technlk. 

Im allgemeinen scheinen junge Ratten ein dankbareres Objekt fur 
Entoparasitenstudien zu sein als alte, dagegen zeigen tr&chtigealte Weibchen 
wieder viele Ektoparasiten; bei einem z. B. fing ich 32F18he(Cerato- 
psyllus sp.). 

Fur ihre Hilfe bei der Materialbeschaffung muB ich Herrn Prof. 
Dr. Zaribnicky, Dr. Sknorzil und Dr. Niedoba danken. Herrn 
Prof. Dr. Th. Pintner danke ich fur die liebenswurdige Ueberlassung 
eines Arbeitsplatzes in seinem Institnt und die vielen Anregungen, 
Herrn Privatdozenten Dr. L. K. Bohm fflr wertvolle Ratschl&ge. 

Die mit Kokzidiose behafteten Kaninchen waren zum grdBten Teil 
aus einer Kleintierfarm bei H. Leider handelte es sich um leichter 
kranke Tiere, so daB ich eine Masseninfektion bei den Versuchstieren 
nicht ausfiihren konnte. Vielleicht entspricht diese Art der Infektion 
jedoeh mehr dem natflrlichen Vorgang. Die weitere Entwicklung der 


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Rudovsky, Die Kokzidiose der Wanderratte etc. 429 

P&r&siten und die Krankheitserscheinungen sind freilich schwieriger zu 
beobachten. 

Die Ratten meiner Untersuchung stammten: 

Ana dem RinderBchlachthaus St Marx 2 Tiere, aus der Kadaverkammer dee path.- 
aoat. Institute der Tierfirztlichen Hochechule in Wien 26 Tiere, ans dem Meidlinger 
Schlachthaus 7 Tiere, aus dem Pferdeschlachthaus 12 Tiere. aus der Qrofimarkthalle 
2 Tiere, aus dem Versucbstieretall der internen Klinik der Tierirztiichen Hochechule 
Wien 15 Tiere, aus dem XI. Bezirke 4 Tiere, aus dem Rainerspital Wien XIII 13 Tiere, 
aoe der Molkerei Wien V 18 Tiere, zueammen 99 Ratten. 

Sie warden mir lebead gebracht, worauf ich durch einige Zeit die 
Ffizes beobachtete. Da die Materialbeschaffang auf verschiedene Schwierig- 
keiten stieB, zog sicb die Untersuchung der Ratten durch ungef&hr 
1 Jabr hin. 

Die Fixierung und die Aufbewahrung des Materiales erfolgte meist 
in 10-proz. Formol, zum Teil fixierte ich in S c h a u d i n n scher Flflssig- 
keit (Sublimat-Alkohol-Eisessig); die bequeme Formol fixierung hat sich 
fQr meine Zwecke bewfihrt. Von F&rbungen wandte ich H&malaun, 
Delafield- und Heidenhain - H&matoxylin, auch Grenacher- 
Hftmatoxylin mit EosingegenfSrbung an. Die in der Literatur an ver- 
scbiedenen Stellen zum Ausdrucke gebrachte auBerordentliche Schwierig- 
keit der Oozystenf&rbung machte auch mir zu schafien. Versuche, die 
sporulierte Oozyste der Eimeria stiedae nach Reich mit Pankreatin- 
behandlung in Heidenhain-H&matoxylin zu f&rben, fflhrten zu keinem 
brauchbaren Ergebnis. Ich lieB die Objekte 2 Wochen in der Beize 
and 3-Wochen in der Farblflsung; es trat wohl Schrumpfung, doch keine 
gate Ffirbung ein. Moglicherweise ist daran schuld, dafi ich nicht 
Pankreatin-Gr Abler, wie es Reich empfiehlt, sondern ein aus dem 
Landeskrankenhaus Graz erhaltenes Prfiparat unbekannter Herkunft ver- 
wendete. Das Gr Abler -Pankreatin konnte ich nicht erhalten. 3-wOch. 
F&rbung mit alkoholischer Boraxkarmin- und Safraninldsung gab gleich- 
falls kein Resultat. Ich lieB weiter DarmstQcke infizierter Tiere (Ka- 
ninchen und Ratten) in Leitungswasser bei Luftzutritt liegen. Am 2. Tag, 
wenn in den Oozysten die Sporoblastenbildung zu sehen war, wurde 
das ganze Stfick fixiert und weiter behandelt. Die Oozyste war im 
Schnittpraparat etwas besser erhalten und geffirbt, doch zeigten sich 
gleichfalls Schrumpfungen, so daB das Pr&parat fflr die genauere Be- 
trachtung von Einzelheiten nicht zu brauchen war. Die Ausstrich- 
pr&parate, die ich anfangs machte, zeigten sich tiberfliissig, well die 
Kokzidien unter den Kotpartikeln schwer zu finden waren. Die Oozysten 
insbesonders blieben ungef&rbt und waren in kurzer Zeit undurchsichtig. 

Eigene Untersuchung. 

Bei s&mtlichen Ratten wurde die Leber im Nativ- und Schnitt- 
pr&parat untersucht, urn den Augaben Carazzis (1913) nachzugehen. 
Ich kann vorausnehmen, daB ich bei keiner Ratte in der Leber ein 
Coccidium land. Bei 42 Lebern zeigten sich makroskopisch kleine, 
gelbe Herde von Sandkorn- bis etwa StecknadelkopfgroBe, mehr Oder 
weniger zahlreich; hiervon waren bei 27 Tieren als Ursache die Hepati- 
cola hepatica bzw. ihre Eier zu finden. Auch krfimeliger Belag, 
weifigelbe Streifen in der Nahe des Hilus unter der G1 is son - Kapsel 
war zu sehen, hervorgerufen durch genannten Parasiten. Weiter fanden 
sich Zysten (Cysticercus fasciolar is?), Rundwurmzysten, binde- 

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430 


CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


gewebige, abgekapselte Herdchen, besonders hfiufig bei alten Ratten, 
vermutlich abgeheilte BohrgSnge nach tiberstandener Parasiteninvasion. 
Da R. Erdmann (zit. bei Reich 1913) bei der Maus im Magenepithel 
die Eimeria falciformis fand, so durchsuchte ich bei der Ratte 
auch Magenepithel und -Submucosa. 

Trotz vieler SchnittprSparate aus den verschiedensten Abschnitten 
des Magens konnte ich hier kein Coccidium Auden. Nur bei Ratte 
Nr. 89 fanden sich in der Submucosa bindegewebige Herdchen mit 
Trichozephaleneiern. Eine Leberkokzidiose bei der Ratte durch die Futte* 
rung von Eimeria stiedae bzw. falciformis konnte ich nicbt 
zustande bringen. Die Rattenkokzidien erscheinen daher, fihnlich vie 
Eimeria bovis Zueblin, auf den Darm beschrfinkt. Sie linden sich 
das ganze Jahr. Die Untersuchung des Darmes und der Fazes ist weit- 
aus interessanter als die der Leber. Makroskopisch, beim ersten An* 
blick kfinnten vielleicht die Lymphfollikel, die an verschiedenen Stellen 
in verschiedener Gr5Be durch die Serosa schimmern, den AnlaB geben 
zur Verwechslung mit Kokzidienherden, wie sie bei stark entwickelter 
Darmkokzidiose der Kaninchen auftreten. Solche gelbe Herdchen in 
der Darm wand konnte ich bei der Ratte in keinem Fall sehen; erst bei 
der mikroskopischen Untersuchung zeigten sich die manchesmal zahl- 
reich vorhandenen Kokzidien. Schwierig ist die Untersuchung der F&zes; 
Flagellaten und Amfibenzysten, Eimeria falciformis und stiedae, 
ferner Trichozephaleneier miissen unterschieden werden. In 1 Fall 
sah ich bei der Sektion eine auffallige MilzvergroBerung, Dfinndarm- 
katarrh und stark verschmutzten After; in Kctproben aus verschiedenen 
Teilen des Darmes fand sich zahlreich eine Amdbe. Da ich eine Am&be 
aus der Ratte nicht beschrieben fand, so wird es Gegenstand einer 
weiteren Arbeit sein, die morphologischen etc. Eigentfimlickeiten, die 
allf&llige Verwandtschaft oder ldentitat dieser Amdbe mit einer schon 
beschriebenen Entamoeba festzustellen. Eine Mitteilung darfiber er- 
schien in der Wien. tier&rztl. Monatsschr. Jahrg. 8. 1921. H. 7: Ueber 
Ratten am bbiase (1 Taf.). 

Von den untersuchten Ratten waren behaftet: 

1) Mit Eimeria falciformis zusammen 35 Tiere, und zwar: aus dem Schlacht- 
haus St. Marx 1 Ratte, aus der Kadaverkammer des palh.-anat. Institutes der Tierint- 
lichen Hochschule Wien 11 Ratten, aus dem Meidlinger Schlachthause 2 Ratten, am 
dem Versuchstierstall der internen Klinik der Tierarztlichen Hochschule Wien 9 Ratten, 
aus dem Pferdeschlachthaus 3 Ratten, aus dem XI. Bezirke 1 Ratte, aus dem Rainer- 
spital Wien XIII, 2 Ratten, aus der Molkerei Wien V, 6 Ratten. 

2) Mit Eimeria stiedae zusammen 4 Tiere, und zwar: aus dem path.-anal 
Institut der Tierarztlichen Hochschule Wien 1. Ratte, aus dem XI. Bezirke 1 Ratte, 
aus der Molkerei Wien V, 2 Ratten. 

Eimeria falciformis fand sich bei den jungen und anscheinend 
ganz gesunden Ratten sehr reichlich vertreten, bei den Slteren Ratten 
war sie in einzelnen Exemplaren in den F&zes des Coecum bei der 
Sektion zu finden. Da die mir zugangliche Literatur keine Angaben 
fiber das Vorkommen der Eimeria falciformis bei der Wander* 
ratte bringt, so ist diese als neues Wirtstier aufzuz&hlen. Auch die 
Eimeria stiedae finde ich nicht angeffihrt als Parasiten der Wander* 
ratte, doch bezieht sich vielleicht die Bemerkung Wasielewskis im 
Handbuch der Hygiene von Rubner-Gruber-Ficker (1913) S. 136 
darauf: „ffir Ziichter und Laboratoriumsversuche empfiehlt es sich, stets 
mit dem Aultreten von akuter Darmkokzidiose bei Ratten, M&usen und 
KanarienvSgeln zu rechnen. 44 

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Rud'ovakyi Die Kokzidiose der Wanderratte etc. 


431 


Das haufige Vorkommen von Eimeria falciformis bei jungen 
Batten erscheint analog dem Vorkommen der Eimeria stiedae bei 
jungen Kaninchen. Es erwcrben sich die Ratten wahrscheinlich so wie 
die Kaninchen mit zunehmendem Alter Immunitat. 

Bei den genannten 35 Ratten, die mit Eimeria falciformis in- 
fiziert waren, wurde die Sporulation beobachtet und der Parasit im 
Schnittpraparat nachgewiesen. Weitere 7 Falle, bei denen ich in den 
Fazes die kleinen Oozysten (Lange 20—23 ft, Breite 15—18 ft) beob- 
achtete, rechne ich nicht dazu, veil ich ihre Zugehorigkeit zu E. falci¬ 
formis mangels weiterer Beobachtung und Fehlen von Kokzidienformen 
in den histologischen Praparaten nicht mit Sicherheit aussprechen konnte. 
Die E. stiedae konnte ich, wie erwahnt, bei 4 Ratten sicher in den 
Fazes nachweisen. Ein Fall war deswegen bemerkenswert, weil die an 
Kokzidiosis umgestandenen Kaninchen von Ratten angefressen wurden; 
eine dieser mit E. stiedae behafteten Ratten stammte aus dem ver- 
seuchten Gehfifte (Mitteilung des Herrn Prof. Dr. Zaribnicky), auf 
welche Angabe ich mich noch spater beziehe. 

Die Bestimmung der Oozysten nach ihrer ZugehSrigkeit erfolgte 
nicht bloB morphologisch durch GrfiBenmessung, sondern auch biologisch 
(Weiterentwicklung des Oozysteninhaltes in Fliissigkeit bei Lul'tzutritt). 
Die Bestimmung lediglich nach Gestalt und GrfiBe der Oozyste, wie es 
meistens geschieht, dfirfte nicht gentigen. Die auBerordentlichen GroBen- 
und Formschwankungen der Oozysten (E. stiedae ist rnehr eiffirmig, 
E. falciformis nahert sich der Kugel; die Lfingendifferenz kann 4 ft 
nnd weniger ausmachen, in der Breite braucht gar kein Unterschied zu 
sein), das gleichzeitige Vorkommen verschiedener Arten von Eimerien 
machen die biologische Untersuchung notwendig. Ich beobachtete in 
einem Falle das Vorkommen von E. stiedae und falciformis zur 
selben Zeit in den Fazes eines Kaninchens, sah auch die Sporulation, 
so daB kein Zweifel war bezflglich der Zugehfirigkeit der Oozysten zu 
2 Arten von Eimerien. Mir scheint es fiberhaupt unwabrscheinlich, daB 
derselbe Parasit, Eimeria stiedae, so verschiedenen Wirten, wie 
sie alle angetfihrt werden, angepaBt sei; auch die verschiedenen Arten 
der Erkrankung der Kaninchen an Kokzidiose (Leber, Darm, oto-rhino- 
pharyngeale Erkrankung) waren noch genauer zu untersuchen, denn es 
scheint mir, daB es sich nicht iminer um ein- und dieselbe Art Eimeria 
stiedae handelt. Ich verweise nur, abgesehen von der erwahnten 
eigenen Beobachtung, auf die alteren Angaben Pachingers (1886) 
undRivoltas (zit. bei Neveu-Lemaire, 1912). Ersterer will E. fal¬ 
ciformis in der Pferdeniere gesehen haben, letzterer beobachtete 
E. falciformis und stiedae zu gleicher Zeit in der Kaninchenleber. 

Eine wichtige Aufklarung fiber das Heranreifen der Oozyste gibt 
die histologische Untersuchung des Darmes. Sie ist notwendig, um die 
intrazellulfiren Kokzidienformen nachzuweisen, die einzeln Oder zu 3, 4 
im Epithel einer Darmkrypte verborgen sind, wfihrend das fibrige Epi- 
thel frei von Parasiten biieb. Bei einer Lange des Darmes von fiber 
1 m bei einer grfiBeren Ratte konnte ich mich natfirlich nur auf Stich- 
proben beschrfinken. Daher sind auch die Falle hfiufiger (wie erwahnt 
7mal), wo in den Ffizes sich Oozysten befanden und im Schnitt nichts 
nachweisbar war. Ich ffihre den negativen Untersuchungsbefund auf 
den Umstand zurfick, daB eben nicht der ganze Darm in Schnitte zer- 
legt wurde. Eine andere Erklarungsmoglichkeit ware auch, daB unent- 
wickelte Oozysten den Darmtrakt durchwanderten. Um diesbezfiglich 

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432 


CeutralbL {. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87; Heft 6. 


etwas N&heres zu erfahren, beobacbtete ich, welche Zeit die nicht sporu- 
lierten Oozysten der E. stiedae, die in gef&rbter Nahrnng von der 
Ratte aufgenommen warden, zu dieser Wanderung benotigten: schon 
nach 6—7 Std. waren die ersten Oozysten zn linden. Sie passierten un* 
geschfidigt den Verdauungskanal, denn sie sporalierten hierauf ira Freien. 

Hier sei auch des zuffilligen Befundes von eosinophilen Zellen in 
Schnittpr&paraten gedacht. Der Fund ist wohl bedeutungslos, da bei 
der Ratte immer eine Mehrfacbinfektion von Parasiten vorliegt Es 
mfifiten Tiere zum Nachweis der Eosinophilie als Begleiterscheinung der 
Kokzidiose erst bei geeigneter Ffitterung aufgezogen werden unter Aus* 
schlufi jeglicber Infektion. Daher sind auch die Untersuchungen Pa- 
nizzas (1910) fiber Bluteosinophilie bei der Kaninchenkokzidiose von 
wenig Wert. Denn so wie bei der Ratte kommen auch beim Kanincben 
Mebrfacbinfektionen vor — nur gesunde Tiere, die eigens aufgezogen 
und kfinstlich erst mit Kokzidien infiziert werden, kfinnen einwandfrei 
auf Eosinophilie untersucht werden. 

Um die metagamen Formen zu beobachten, warden die RattenfSzes 
in Glasschalen mit groBer Oberflfiche und dickem Bodenbeleg aus Lfisch- 
papier mit wenig hoher Wasserschicht bei 18—20° C verbracht. Die 
Schalen blieben im Zimmer bei genannter Temperatur offen stehen. Am 
3. Tage waren die Kokzidien des Enddarmes sporuliert. Die Entwick* 
lungszeit, welche Reich (1913) ffir E. stiedae des Kaninchens angibt, 
ist l&nger; ich konnte, wie Metzner (1903), nach 3 Tagen beide Ei- 
merien mit entwickelten Sporozoiten beobachten. 

Schon die miBglflckten Ffirbungsversuche zeigten mir, wie auBer- 
ordentlich widerstandsffihig die Wand der Eimerienoozyste ist; noch 
mehr aber zeigte sich diese Widerstandskraft, als ich die Sporozoiten- 
entwicklung in sogenannten Desinfektionslosungen beobachtete. An- 
geregt wurde ich hierzu durch die Mitteilung in der Arbeit A. Ba- 
ranski (1879), welcher mit Oozysten der E. stiedae, die in Karbol- 
sfiure (3-proz. Losung), Chroms&ure, Chloroform je 2 Wochen gelegen 
waren, Infektionsversuche machte. Auch Wasielewski (1904) ffihrte 
Lfisungen an, in welchen die Sporulation zustande kam: Metbylen- 
blau-, Safraninlfisung, 4 Proz. Kal. bichrom. (die 10-proz. Lfisung h&lt 
er todlich ffir die Oozyste) — in 5-proz. Karbols&ure beobachtete er 
noch Sporoblastenbildung, in 1—2-proz. Formollfisung sah er Sporen- 
bildung. Die Sporulation der Eimeria Zfirni untersuchte Galli- 
Valerio (1919) in verschiedenen Lfisungen, darunter 10—50-proz. 
Schwefelsfiure und fand eine auBerordentliche Resistenz der Oozysten. 
Ich beobachtete die Sporozoitenbildung in Lfisungen, wie sie Hutyra- 
Marek (1913) bei verschiedenen Gelegenheiten der Besprechung der 
Haustierkokzidiosen angibt, zum Teil ffir Desinfektion, zum Teil als 
Medikamente; ich verwendete sie immer bei Zimmertemperatur und 
gleichzeitiger Kontrolle von Proben in Leitungswasser. 

Schwefelsaure 3 und 4 Proz. Kal. bichrom. 10 Proz. 

Karbolsaure 3 „ Resorzin 3 „ 

Borsaure 3 „ Natr. thiosulf. 4 „ 

Zink-Kupfervitriol 1 „ Tannin 3 „ 

Kreolin 1—5 „ Alaun 3 „ 

1) In der 2 proz. Kreolinlfisung erfolgte die Entwicklung der Sporo¬ 
zoiten so ungestort, daB ich in der Folgezeit statt des kostspieligen 
Thymolzusatzes zu den Fazes zur Verhinderung der Ffiulnis die ge- 
nannte Lfisung verwendete. 

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RudoYBky, Die Kokzidioee der Wanderratte etc. 


433 


2) Durch die 3-proz. Schwefels&ure sollen die Kokzidien unsch&d- 
lich gemacht werden (Hutyra-Marek): die Kokzidien, die sich im 
Enddarra der Ratte und des Kaninchens finden, entwickeln sich nach 
3—4 Tagen zu Sporozoiten, die groBen Oozysten, die beim Kaninchen 
wahrscheinlich aus der Leber stammen, gehen nach 5-6 Tagen, ein- 
zelne auch frGber, zugrunde, das Plasma in der Oozyste zerf&llt. 

3) Die gleiche Beobachtung konnte ich bei der 10-proz. Kal. bi- 
chrom.-Ldsung machen und ebenso bei Natr. thiosulf. in 4-proz. Losung 
— ich verneine daher die Frage Wasielewskis (1904), ob die 10- 
proz. Kal. biochrom.-LQsung fQr die Oozysten der E. stiedae tOdlich 
sei, fQr die Oozysten, welche sich im Enddarm des Kaninchens and der 
Ratte befinden. Diese widerstandsf&higen Oozysten hatten immer eine 
L&uge von 36 p, 26—30 n, Breite 11—20 //. 

Warura die groBen und kleinen Formen der Eimeria stiedae 
so verschieden von der Natur ausgestattet sind, ist mir nicht klar. Ob 
chemische Vorg&nge etwa mitspielen, die den Bau der Oozystenwand 
beeinflussen, w&re noch zu erforschen. Ich denke hierbei an die Be- 
obachtungen Metzners (1903), welcher durch CO,-Atmosph&re die 
Zweiteilung der Plasraakugel in der Oozyste statt der gewdhnlichen 
Vierteilung bewerkstelligte; vielleicht wird das GrOfienwachstura und 
die Widerstandsffihigkeit der Oozystenwand der E. stiedae gleichfalls 
darch chemische Vorg&nge bedingt 

Jedenfalls ist es fQr den Veterin&rhygieniker bedeutsam, zu wissen, 
wie wenig wirksam die gewdhnlich recht oberfl&chlicbe Desinfektion eines 
Kaninchenstalles nach einer Kokzidioseerkrankung ist und sich in der 
sogenannten Desinfektionsldsung die sporulierten Oozysten am Leben 
erhalten und eine neuerliche Infektion zustande bringen kOnnen. 

Die E. falciformis zeigt geringere Widerstandskraft infolge des 
dfinnen Baues der Oozystenwand. Sie entwickelte Sporozoiten noch in 
2 proz. Kreolin-, l-proz. Schwefels&ure, 4 proz. Kal. biochrom.-, 2-proz. 
Natr. thiosulf.-, 2 proz. Alaun-, Tannin-, ResorzinlQsung. 

Die Untersuchung auf Sporozoitenbildung in hOherprozentigen L5- 
sangen von Desinfektionsmitteln und die AufkI&rang der Frage, wie 
lange wieder die Sporozoiten in der LQsung lebens- und infektionsffihig 
bleiben, bleibt sp&teren Untersuchungen vorbehalten. 

Uebertrflgt man DarmstQcke von kokzidiosekranken Kaninchen ohne 
Znsatz einer f&ulniswidrigen Substanz in Leitungswasser bei Zimmer- 
temperatur und tlberl&Bt das Objekt der F&ulnis, so ist nach einigen 
Tagen die F&ulnis bereits weit vorgeschritten, die Darmwand fast zer- 
flieBend, mit Ansi zen von Pilzrasen; die groBen Oozystenformen zeigen 
dann ein teils scholliges, unregelra&Big geformtes Plasma, teils 16st sich 
das Plasma in fetttropfen&hnliche Kugeln auf. Die kleinen Formen der 
Oozysten hingegen zeigen am 3. Tage Sporoblasten oder Sporozoiten¬ 
bildung, nach 5—7 Tagen fast alle Sporozoiten; sie sind also bedeutend 
widerstandsf&higer. Im allgemeinen sah ich bei DarmstQcken (Enddarm) 
des Kaninchens die Sporulation der Oozysten in 2—3 Tagen, bei Leber- 
stQcken in 7—9 Tagen in Leitungswasser bei Zimmertemperatur und 
freiem Luftzutritt. 

Diese Beobachtungen (Verhalten der Oozysten in der Desinfektions- 
flOssigkeit bzw. im faulenden DarmstQck) zeigten mir. wie leicht ein 
empf&ngliches Tier die Kokzidien dort aufnehmen kann, wo sie gar 
nicht vermutet oder fQr abgetQtet gehalten werden. Hatte mich schon 
die Mitteilung des Herrn Prof. Dr. Zaribnicky auf die Ratten auf- 

K*tta Abt. Ori*. Bd. 87. Heft 6. 28 


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434 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6.| 


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merksam gemacht, welche den weggeworfenen Kaninchenkadaver aui- I 
fraBen, so gaben andere Befunde noch mehr Anregung. Es heifit, daB 
die Grflnfiitterung, nasse Jabreszeit etc. bei der Verbreitung der Kanin- 
chenkokzidiose eiue groBe Kolle spielen. Bei wilden Kaninchen ist e< 
nachgewiesen (Olt und StrOse, 1914), daB sie lQr das erste Auftreten ; 
der Hasenkokzidiose verantwortlicb zu machen sind, und wird die De.~ | 
infektion der Kaninchenlosung empfohlen. Nun spielen Futter- and 1 
Witterungseinflilsse in der GroBstadt, wo die Kaninchen in alten Rinder- 
stallungen etc., selbst in Wohnr&umen gehaiten werden, wohl eine sehr 
geringe Rolle. Und docb ist es unmogiich, hier in Wien ein kokzidieo- ' 
freies Kaninchen zu beschatfen. Ich untersuchte den Kot von Kamo- ; 
chen, die bei drmeren Leuten fast als Tischgenossen lebten, junge and 
alte Exemplare, und alle zeigten in den F&zes die Oozysten. Die M6g- 
lichkeit, daB Futter Oder Wasser von einer W'iese, die Kaninchendunger 
entbielt, verwendet wurde, kommt hier nicht in Frage: Grflnfutter wird 
nur ganz sp&rlich gegeben und stammt hdchstens von einem Park, vo 
es verbotenerweise abgerupft wurde. Ich erkundigte mich nacb der 
Ffltterung und erfuhr, daB gelegentlich und selten Heu gegeben wird. 
das von da und dort geuommen wurde; ich untersuchte hierauf Hen 
mikroskopisch bei 5 Pferdeh&ndlern meines Dienstbezirkes, von vo 
solches Heu stammte. Auch Heu aus der Molkerei M.. wo die Kanin- 
chen angeblich seit 2 Generationen vollkommen gesund waren und vo 
ich eine mit E. stiedae infizierte Ratte gefunden hatte, kam zur Uoter- 
suchung. In den Stallungen der 5 Pferdeh&ndler werden keine Kanin- 
chen gehaiten. Wohl aber leiden die Leute unter der Rattenplage; sie 
zernagen die Kisten und S&cke mit KOrnerfutter. Leider konnte ich 
von den Bediensteten niemand dazu bewegen, mir Ratten zu fangen 
Aus der Molkerei erhielt ich in der Folgezeit dauernd Material. 

Die zu untersuchende Heuprobe, wobei ich abgelegenes, verstaubtes. 
wie es die Kinder fflr ihre Kaninchen wegnehmen, bevorzugte, gab ich 
in ein groBes Glas mit Wasser und schOttelte tflchtig mehrmals dnrcb. 
Der erhaltene Bodensatz wurde mittels Pipette in ein Spitzglas uber- 
tragen und dann in NativprSparaten untersucht. Die langwierige Durei- 
suchung des Bodensatzes hatte Erfolg: es linden sich im Heu die Oo¬ 
zysten, und die weitere Beobachtung der Sporozoitenentwicklung zeigte 
mir in einem Falle, daB es sich urn E. stiedae handelte. Es entstebt 
nun die Frage, woher die Oozysten im Heu stammen. Im Heu, 
mit Kaninchen Oder Ratten in BerQhrung war, linden sich stets aoeb 
Haare Oder Fazespartikel. Die Herkunlt dieser Kotteilchen von der 
Ratte oder vom Kaninchen festzustellen, ist erleichtert dadurch, daB im 
Kaninchenkot stets die groBen Saccharomyces-Pilze (S. gutto- 
latus Robin 1847) in groBerer Zahl sich linden; besonders bei Diar- 
rhoe im AnschluB an Kokzidioseerkrankung sind sie Qberaus zahlreicb 
und zu ganzen Klumpchen vereinigt. Teile von Rattenfftzes jedoch ent- 
halten immer die Rattenhaare, die kenntlich sind an den Markzellen in 
der Form von kurzen und breiten Zylindern, oder, wenn nur die Haar- 
spitze zu sehen, eine runde Markachse und scharfkantige Epidermicnla > 

Diese Rattenhaare land ich in 2 Proben in Gesellschaft der Oozjste: 
die eine Probe war aus dem Stalle eines Pferdehfindlers, die andere au? 
der Molkerei M. Das Beisammensein der Oozysten mit den Ratten- 
haaren kann selbstverstSndlich auch zufSilig sein — doch lSBt mich die 
Abwesenheit der Saccharomyces-Pilze einen Zusammenbang ver 
muten, denn diese Pilze vermiBte ich nie im Heu, mit welchem kok- 

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Emil Zettnow. 

Am 31. Januar 1922 vollendet Herr Prof. Dr. E. Zettnow sein 
<10. Lebensjahr in beneidenswerter Rfistigkeit und Arbeitsfreudigkeit, 
die ihm sein ganzes Leben eigen war. Von Hans ans Naturwissen- 
schaftler, hat er den Geist der Medizin leicht erfafit; seit Robert Koch, 
auf seine mikrophotographischen Leistungen aufmerksam geworden, ihn 
in den 80er Jahren, da er noch am Sophien-Realgymnasium zn Berlin 
lehrte, kennen lernte, nnd vollends seitdem er nach seinem Uebertritt 
in den Ruhestand (1900) als dauernder wissenschaftlicher Mitarbeiter in 
das Kochsche Institut Gbergesiedelt war, hat seine erfolgreiche Arbeit 
eingesetzt. 

Das Centralblatt fQr Bakteriologie schatzt fast seit Anfang seines 
Bestehens den Jubilar als einen erfolgreichen Mitarbeiter, der nicht blofi 
dnrch seine meisterhaften Leistungen in der Mikrophotographie, die ihm 
unter anderem das „Zettnow-Filter" verdankt, sondern auch dnrch die 
Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Untersuchungen fiber die Morpho¬ 
logic der Bakterien und besonders durch die gleichfalls seinen Namen 
tragende GeiBelffirbungsraethode, den Fachmfinnern aller L&nder bekannt 
ist Sein vortrefflicher morphologischer Blick, verbunden mit einem 
scharfen, kritischen Urteil, und sein technisches Kfinnen haben ihn zu diesem 
Erfolg geffihrt. Viele, die im Laufe der langen Jahre sich bei ibm Rat 
anf den von ihm gepflegten Gebieten holten, haben von ihm gelernt, 
and manche Ansicht hat bei Besprechungen mit ihm eine Umstimmung 
oder Richtigstellung erfahren. 

Seine Liebe zur Natur zog ihn zu den Schdnheiten der Berge, ver- 
anla&te ihn zn Reisen in der Heimat und nach fernen Lfindern, sie 
ffihrte ihn zu gfirtnerischer Tfitigkeit und half ihm zur Erhaltung der 
Frische des Kdrpers und Geistes, der wir so manche mfihevolle und 
schfine Untersuchung auf wissenschaftlich - bakteriologischem Gebiete 
rerdanken. 

Heute widmen ihm die Herausgeber des Centralblattes fQr Bakterio¬ 
logie, die Mitglieder des Instituts fQr Infektionskraukheiten ^Robert 
Koch* und seine dankbaren Freunde in aufrichtiger Verehrung dieses 
Gedenkblatt mit dcm herzlichen Wunsche, die Schaffenskraft dieses ein- 
fachen, schlichten und aufrichtigen Mannes sich und der Wissenschaft 
noch lange erhalten zu sehen. 


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Budovsky, Die Kokzidioee der Waoderratte etc. 435 

zidiosekranke Kaninchen in Berflhrung waren. AnCerdem ergab die 
Nachfrage, daB in der Gegend Oder dem Platze, von welcbem das Hen 
stammte, das icb untersuchte, keine Kaninchen gehalten werden, daher 
eine Infektion durch KaninchendOnger auszuschiieflen war. Ich stelle 
mir daher die Beziehnngen zwischen der Ratten- und Kaninchenkok- 
zidiose derart vor, daB als ursprflngliches Wirtstier fQr die in 
Frage kommenden Kokzidien die Ratte anzusehen ist, bei der die Kok- 
zidiose ganz fihnlich wie die Trichinose enzootisch vorkommt. In den 
meisten, wenn nicht in alien F&llen, dflrfte sich das Kaninchen dnrch 
Fatter infizieren, dafi in irgendeiner Weise mit Rattenffizes beschmutzt 
wurde. In den F&llen, wo die Kaninchen, wie oben geschildert, in den 
Wohnrflumen ihrer Besitzer aufgezogen and so scheinbar in gar keine 
Berflhrung mit Ratten kommen konnten, ist an die Infektion durch 
Rauhfutter zu denken, welches in dem Fouragedepot wohl in den aller- 
meisten Fallen wieder durch Rattenf&zes beschmutzt wurde. Immerhin 
ist es moglich, dafi die Ratten sich umgekebrt wieder durch Berflhrung 
mit kokzidienkranken Kaninchen anstecken kflnnen, und zwar auf iol- 
gende Weise: Die Ratte frifit entweder, wie in dem einen nachge- 
wiesenen Fall, kokzidienhaltige Kaninchenkadaver an, Oder sie nimmt 
zur Nahrung weggeworfene Leber- bzw. Darmstflcke; auch Futter frifit 
sie vielleicht weg, das kokzidienkranken Kaninchen vorgesetzt und von 
diesen beschmutzt wurde. Wie oben erw&hnt, kommt es bei der Ratte 
zn baldigem Kotabsatz und die Verbreitung entwicklungsfahiger Oozysten 
nach verschiedenen Orten ist damit gegeben. DaB in der Aaskammer 
des Pathol.-anat. Institutes und im Versuchstierstall der hiesigen Hoch- 
schule eine Infektion der Ratte durch E. stiedae mdglich ist, bewiesen 
mir 2 Funde von Oozysten in den Rattenf&zes; bei 2 Ratten wurden 
aufierdem, wie oben erwfihnt, die E. stiedae im Darm nachgewiesen. 

In den Heuproben fanden sich die Oozysten mit von der Zysten- 
wand zurflckgezogener Plasmakugel und die Zystenhfllle anscheinend 
nnbescbftdigt. Ob die einzelnen feinen Linien auf der Zystenwand 
Falten Oder Risse vorstellen, konnte ich nicht entscheiden. Die Grdfie 
der Cysten war 17 p. in der Breite und 32 ft in der L&nge, vermutlich 
also eine Oozyste der E. stiedae. In einem Falle konnte ich, wie er- 
wShnt, die Entwicklung der Sporozoiten der E. stiedae beobachten. 
Ebenso fanden sich in den Heuproben kleine Oozysten, 16 /u breit, 20 
bis 22 p. lang mit deutlicher Delle an einem Ende; ich glaubte, hier 
eine andere Art, nicht E. stiedae, vor mir zu haben. 

Die Eintrocknung auf dem Heu scheint den Oozysten nicht zu 
schaden. Wie lange die Trockenheit dauern dflrfe, ist nicht bekannt. 
Nicht untersucht ist auch, wie lange der Aufenthalt in faulender Sub- 
stanz dauern dflrfe, damit die Sporozoiten in ihrer Lebensf&higkeit nicht 
geschfidigt werden. 

Tierversnche. 

Eine besondere pathogene Bedeutung konnte ich bei dem Mangel 
yon Krankheitszeichen sowohl bei den natflrlich wie bei den kflnstlich 
infizierten Ratten der E. falciformis und stiedae nicht beimessen. 
Die Tiere waren bei bestem Appetit, kletterten im K&flg auf und ab — 
auf die geringe Aenderung der Kotbeschaffenheit komme ich noch zu 
sprechen. — Wie schon frflher erwfihnt, konnte ich keine massigen In- 
fektionen von Kokzidien ausfflhren und sind vielleicht aus diesem Grunde 

28 * 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft (5. 


die Krankheitserscheinungen nicht grobsinnlich wahrnelimbar zum Aus- 
druck gekommen. 

Die kiinstliche Infektion der Ratte erfolgte im allgemeinen derart, 
daB die Ratte Zwieback (ital. galetta, Schiffszwieback) zur Nahrung er- 
hielt, der sehr poros war und die Oozysten mit der Fliissigkeit, in der 
sie sporuliert hatten, rasch aufsaugte. In ahnlicher Weise wurde das 
Kaninchen infiziert. Die Futterung der Kaninchen ist schwieriger; es 
muB sich an den Rauhfuttermangel gewohnen. Unter den herrschenden 
Verh&ltnissen ist es iiberaus schwer, alle MSglichkeiten einer Kokzidien- 
infektion durch das t&gliche Futter auszuschalten. Vorausgeben mu& 
dem Versuch auch mehrmalige Durchsuchung der Fazes nach Oozysten. 
und erst, wenn die oftere Untersuchung negativ ist, kann nut dem Ver¬ 
such begonnen werden. Ich war nur 2mal in der gliicklichen Lage, 
kokzidienfreie, junge Tiere zu erhalten. Ich zog das 1. Tier mit Suppen 
und Zwieback auf, doch schien es zu friih von der Mutter genommen. 
weil es nach kurzer Zeit einging. Erst das 2. Tier brachte ich weiter; 
daher konnte ich nur einen Uebertragungsversuch der E. stiedae aus 
den RattenfSzes auf ein kokzidiosefreies Kaninchen macben. Nachdem 
mir aber dieser Versuch gelang, gibt er inimerhin einen Anhaltspunkt 
filr weitere Untersuchungen. Um das Kaninchen kokzidiosefrei zu er- 


Fig. 1. Eine Diinndarmzotte des infizierten Kaninchens. Farbung nach Heiden- 
h'alin. Vergr. Reich. Okul. 4, Obj. 5. 

halten bis zum Versuch, erhielt es nur Suppen, Teile meiner Mahlzeit, 
Zwieback und als Lager eine Kiste, die t&glich mit Papier ausgelegt 
wurde an Stelle der Holzwolle. Das Kaninchen blieb auf diese Art 
kokzidiosefrei, n&hrte sich dauernd gut und zeigte erst gegen Ende der 
Versuchszeit leicht breiigen Kot mit den zahlreichen Oozysten. Vor 
kurzem entwohnt, 760 g schwer, wurde das Tier zuerst beobachtet durch 
2 VVochen; da Oozysten im Kote fehlten, wurde das Kaninchen zum 
Versuche verwendet und vom 13. MArz 1920 an durch ungefahr 1 Woehe 
mit den sporulierten Oozysten der Rattenfazes gefuttert. Am 9. Tage 
nach der 1. Futterung der Oozysten sah ich entwicklungsfahige Oozysten 
in den Fazes auftauchen; nach 5 Wochen wurde das Kaninchen, cs. 
1900 g schwer, getotet; die histologische Untersuchung lieferte ein po¬ 
sitives Ergebnis. 

Ich machte folgende Uebertragungsversuche: 

1) iibertrug ich E. falci formis a) von einer Ratte mittleren Alters auf einepleich- 
alte, welche nach 6 Tagen getotet wurde; b) von der gleicben Ratte auf zwei alte Ratw. 
die nach 8 Tagen getotet wurden. 2) iibertrug ich E. falciformis auf eiu Kaninch®, 
das an einer interkurrenten Tympanie einging. 3) iibertrug ich E. stiedae 
Kaninchen auf 2 Ratten; beide nnttleren Alters, a) nach 18 Tagen getotet, b) d»™ 
2 Monaten getotet. 4) iibertrug ich E. stiedae aus den Fazes der Ratten ties Vereuch«3 
auf ein Kaniuchen. 


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Rudovsky, Die Kokzidiose der Wanderratte etc. 


437 


Bei diesen Untersuchungen ergab sich folgendes: 

Im Fall la) war am 5. Tag der Kot nicht, wie sonst, dunkelgrQn 
and hart geballt, sondern mebr breiig und braun. Am 6. Tag aber war 
die Konsistenz bereits wieder fester und wurde die Ratte getdtet. Das 
histologische Bild zeigte in mebreren Darmepithelzellen zahlreicbe Aga- 
meten der E. falciformis. 

Im Fall 1 b) zeigten die Ratten gar keine VerSnderung, der Kot 
blieb von normaler Farbe und Konsistenz. Entwicklungsfahige Oozysten 
waren in der 2. Versuchswoche spfirlicb im Kot, verscbwanden aber 
wieder. Die Ratten wnrden nach 8 Wocben getOtet, im histologischen 
Scbnittpr3parat war kein Kokzidium zu seben. 

Fall 2) Der Versuch miBlang, da das Kanincben vorzeitig einging 
(in der Versucbswoche). Der Darm kam bereits in leicbter F&ulnis zur 
Bntersncbnng. Ein bistol. SchnittprSparat des Dickdarmes zeigte junge 
Kokzidienformen ganz vereinzelt. Da ich in den KanincbeDfazes keine 
Oozysten fand, die in der Sporozoitenentwicklung die Eimeria-Art klar 
batten zeigen kOnnen, so sind weitere Versuche n5tig, die vermutlich 
Erfolg baben werden. 

Fall 3a) Die Ratte zeigte dnrch 2 Tage breiigen Kot, und zwar 
am 6. - 8. Tag des Versucbes. Am 11. Tag beobacbtete ich entwicklungs¬ 
fahige Oozysten, am 18. Tag wurde die Ratte getdtet und fanden sich 
im bistol. Schnitt die intrazellul&ren Kokzidienformen. 

Fall 3b) zeigte gleichfalls durch 2 Tage breiigen Kot; am 13. Tag 
sab ich die entwicklungsfahigen Oozysten nach 2 Monaten wurde die 
Ratte getdtet; der bistol. Darmbefund war negativ. 

Fall 4) Sporulierte Oozysten der E. stiedae aus Ratten fazes des 
Falles 3a) auf ein kokzidienfreies Kaninchen flbertragen; Vorgang und 
Verlauf des Versuches wurde bereits oben geschildert. 


Folgerungen. 

1) Bei der Wanderratte kommen 2 Arten von Eitneria als Erreger 
von Kokzidiosen vor, E. falciform is (Eimer) und Eimeria stiedae 
(Lindemann). Fflr beide Arten ist die Wanderratte als neues Wirtstier 
anzusprecben. 

2) Es bestehen Beziehungen zwiscben der Ratten- und Kaninchen- 
kokzidiose in der Richtung, daB die Wanderratte als ursprdnglicbes Wirts¬ 
tier der fraglicben Kokzidien anzuprechen ist, und daB sie als Ueber- 
tr&gerin der Kokzidiose auf das Kaninchen eine wichtige Rolle spielt. 

3) Gegenflber vielen (im Text angefflhrten) Desinfektionsflflssigkeiten 
erwiesen sich die Oozysten dieser Kokzidien als auBerordentlich wider- 
standsf&hig, was bei der Desinfektion von Seuchest&llen mehr als bisber 
m berflcksichtigen sein wird. 

4) Die Uebertragung der Rattenkokzidiose auf das Kaninchen ist 
dnrch den Tierversuch gelungen. 

Ialteratur. 

Baranski, A., Psorosperraien der Hauppaugetiere. (Oesterr. Vierteljahrz. f. 
viaaeDbch. Veterinark. Bd. 51. 1879. 8. 101—131.) [Hier au«fuhrliche Angaben liber 
die iltere Literaturj. — Carazzi, Davide, Parabsitologia animale. Milano 1913. 


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Ceutraibl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


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p. 129. — Coles, A. C., Spirochaeta icterohaemorrhagiae in the com¬ 
mon rat in England. (ParasitoL Vol. 11. 1918. No. 1.) - Coy, M., George. W., 
Pathological conditions found in rats etc. (U. 8. PubL Health and Mar. Ho*p. 
Serv. Washington. Vol. 23. (39.) 1908. p. 1365—1377.) — Fiebiger, J., 8tu- 
dien iiber die Schwimmbiasenkokzidien der Gadus-Arten (Eimeria gadi n. gp.}. 
(Arch. f. Protistenk. Bd. 31. 1913.) — Galii - Valerio, B., Notes de parasitologie et 
technique parasitologiaue. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 35. 1904. 8. 8fcU — 
Ders., Ebenda. Abt. 1. Orig. Bd. 39. 1905. S. 240.) — Ders., Schweiz. Arch. f. Tier- 
heilkunde. Bd. 61. 1919. 8. 294. — Grassi, Battista, Significato patologico di pn>- 
tozoi parassitti deH’uomo. (Rend. d. R. Accad. d. Lincei. Vol. 4. 1888.1. Sem. p. 83-83.) 

— Hall, C. M., Nematode parasites ot mammals ec. Washington. (Governm. Print 
Office 1916.) — Hofmann, W. A., Gelbfieber, die neucste Spirochatenkrankheit. 
(Dtsch. med. W&chen**chr. 1920. S. 176) — Hutyra-Marek, Spez. Path, und The- 
rapie der Haustiere. Jena (Fischer) 1920. — Labb6, A., Sporozoa. (Tierreiclu Lief. 5. 
1899 ) — Lotsch, Ratten als Uebertrager der Pferderaude. (Zeitschr. f. Veteriuark. 
Bd. 30. 1918. 8. 360/361.) — Metzner, R., Untersuchungen an Coccidium cuni- 
culi. T. I. (Arch. f. Protistenk. Bd. 2. 1903. S. 13—72.) -• Moll, A. M., Animal 
parasites of rats of Matison. (Journ. of Parasit. Vol. 4. 1917. p. 89.) — Moroff- 
Fiebiger, Ueber Eimeria subepithelialis n. sp. (Arch. f. Protistenk. Bd 6. 
1905. S. 166—174.) — Neveu-Lemaire, M., Parasitologic des animaux domestique*. 
Paris 1912. (Angabe iiber Rivolta. p. 219.) — Ohira, Ein Beitrag zur Kokzidiea- 
forechung: Ueber ein bei Ratten gefundenes Kokzidium (Eimeria Miyairii). (Mitt 
d. med. Gesellscb. Tokio. Bd. 26. 1912. H. 17; das Referat Fukuharas, enthalteo 
im CentralbL f. Bakt Abt. J. Ret Bd. 58. 8. 308.). — Olt-Strose, A., Die Wikl- 
kr&nkheiten und ihre Bekampfung. Neudamm 1914. —Pachinger, J., Mitteilungeo 
uber Sporozoen. (Zool. Anzeig. Bd. 9. 1886. S. 471.) — Panizza, Alb., Eosinofilia 
nei comgli affetti da coccidiosi. (Clin, veter. Vol. 33. 1910. p. 81.)— Reich, Felix, 
Das Kaninchenkokzid Eimeria stiedae (Lindemann 1865), nebst einem B^itrag 
zur Kenntnis von Eimeria falciformis (Eimer 1870). (Arch. f. Protistenk. Bd. 28. 
1913. H. 1.) — Rubner-Gruber-Ficker, Handb. d. Hyg. Bd. 3. Abt. 3. Leipzig 
(Hirzel) 1913. — Schuberg, A., Die Kokzidien aus dem Darm der Maus. (Verh&ndL 
d. nat-med. Ver. Heidelberg 1897 Bd. 5. S. 369—398.) — Tiraboschi, C., Les rats, 
lee souris er leurs parasites cutan£s ec. (Arch. d. Parasit. T. 8. 1903/1904. p. 161-394.) 

— U hlenhuth, P., u. Zuelzer, M., Das Vorkommeu des Erregers der an^teckendea 
Gelbsucht bei freilebenden Berliner Ratten. (Dtsch. med. Wocbenscbr. 1920. Nr. 4 it 
Ref. d. Sitzber. d. Berlin, mikr. Ges. in Berlin, kliu. Wochenschr. 1902. 8. 306.) — 
v. Wasielewski, Th., Studien u. Mikrophotogramme zur Kenntnis path. Protozoco. 
H. 1. Leipzig 1904. — Wen yon, C. M., Observations on the Protozoa in the intestine 
of mice. (Arch. f. Protistenk. 8uppl.-Bd. 1. 1907.) 

Tafelerkl&rang. 

Fig. 1. E. stiedae im Rattendarm (Diinndarm). Farbung nach Heidenhain. 
Vergr. Reich. Ok. 4, Obj. 5. 

Fig. 2a. Schizogonie der Eimeria falciformis. Schnittpraparat aus dem 
Rattendarm (Dickdarm). Farbung nach Heidenhain. Vergr. Reich. Ok. 4. Obj. 5. 

Fig. 2b. Dasselbe Praparat wie oben. Vergr. Reich. Ok. 4. 1 / lJ hom. Imm. 
Apert. 1,30. 


Nachdruck verbot 

Einige Anoplocephaliden der VogeL 

Von Prof. Dr. 0. Fnhrmann, Universit&t Neuchatel. 

Mit 21 Abbildungen im Text. 

Seit wir die fiir S&igetiere so charakteristische Gruppe der Ado- 
plocephaliden auch bei Vbgeln konstatiert und dieselben zusammengestellt 


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Ctniralblall fBaktaiobgie Abt.l Ong.Bd.87. 


Fr. R lid ox'skv, /{athnkokz id ins*' 




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P Wcjse. Lith , Jrnd 


VerUy von Guslav Tischer in Jena 


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Fuhrmann, Einige Anoplocephaiiden der VogeL 


439 


haben 1 ), hat sich deren Zahl vermehrt und die systematische Stellang 
einiger Genera verSndert. 

Wie wir anderweitig*) beraerkt, hat es sich als notwendig erwiesen, 
das von uns unterdrOckte Genus Paronia Diamore wieder zu retablieren, 
da es, wie eigene Untersuchung der S&ugetiere - Moniezien ergeben, 
nicht, wie wir glaubten, mit Moniezia vereinigt. werden kann, indem 
namenilich der Uterus einen ganz verschiedenen Bau aufweist. 

Die als Bertia pinguis Fuhnn. beschriebene Form ist (wie weiter 
unten, S. 440, ausgefQhrt) in das Genus Anoplocephala zu stelleu. 

Das Genus Zschokkella Rans (syn. Zschokkea Fuhrm.) muB 
eine emeute Umtaufe erleiden, da Auerbach (Zool. Anz. 1909. 5. Okt.) 
eine Myxosporidienart mit diesem Genusnamen benannt hat. Wir schlageu 
fiir ohjges Genus den neuen Namen Multicapsiferina vor. 

Fflr die von uns frflher beschriebene 8 ) T. anoplocephaloides 
beantragen wir das neue Genus Triuterina mit folgender Diagnose: 
Knrzgliederige Anoplocephaiiden mit starker Parenchym- 
rauskulatur. Geschlech tsoffnungen unregelmaBig ab- 
wechselnd. DieGeschlechtsgfingegehenseitlichzwischen 
den beiden L&ngsstammen des Exkretionssystems durch. 
Die sehr zahlreichen Hoden liegen im ganzen Markparen- 
chym verteilt, namentlich antiporal in mehrfacher Lage, 
aber auch ziemlich zahlreich auf der poralen Seite des 
weiblichen DrQsenkomplexes, sowie in einfacher Lage 
fiber demselben. Die weiblichen Geschlechtsdrfisen liegen 
in der poralen H&lfte der Proglottis. Der Uterus ist deut- 
lich dreiteilig und besteht aus einem mittleren, vorderen 
und zwei seitlichen hinteren Teilen. Eier ohne birnfbr- 
migen Apparat. 

Folgendes sind die bis jetzt aus Vbgeln bekannten Anoplocephaiiden: 

Anoplocephala minima Mello 1912, aus Gallus dom.; Italien (ganz un- 
genugend beschrieben und wohl gar kein Anoplocephalide); Anoplocephala pin- 
guis Fuhrmann 1904 aus Coraciiformes, Afrika; Bertiella delafondi (Rail- 
liet) 1892 aus Columbiformes, Europa, Siidafrika; Bertiella meridionalis 
Obolod. 1913 aus Charadriiformes, Siidruflland; Triuterina anoploce¬ 
phaloides Fuhrmann 1902, aus Psittaci for mes, Afrika; Cittotaenia a vicola 
Fuhrm. 1897, aus Anseriformes, Fundort unbekannt; Cittotaenia psittaeea 
Fuhrm. 1904, aus Psittaciformes, Neuseeland; Cittotaenia rhea Fuhrm. 1904, 
aus Kheiformes, budamerika; Cittotaenia columba Skriabin 1914, aus Co- 
lumbiformes Neu-Guinea; Cittotaenia cuvaria (Shiplev) 1900 aus Columbi- 
formes, Sumatra. Bismarck-Archipel, Neu-Britanien; Paronia columba Fuhrm. 
1902, aus Col um bi formes, Australien, Neu-Guinea; Paronia carrinoi Diana. 
1900 (= T. trichoglossi Linst.), aus Psittaciformes, Australien, Neu-Guinea; 
Paronia ambigua Fuhrm., aus Psittaciformes, SQdamerika, Paronia beau- 
forti v. Jamcki, aus PsittaciformeB, Neu-Guinea; Paronia variabilis Fuhrm., 
aus Caraciiformes, budamerika; Moniezioi'des rouxi Fuhrm. 1918, aus 
Psittaciformes, Neu-Caledonien; Aporina alba Fuhrm., aus Psittaciformes, 
Siidamerika; Aporina fuhrmanni skriabin 19U>; Wirt unbekannt, budamerika; 
Multicapsiferina (Zschokkella) linstowi (Parona) 1885, aus Galliformes, 
Afrika. 

Als Wirte koramen, wie aus obigem zu ersehen, vor allem Papageien 
und Taubeo in Betracht, wahrend aus Coraciiformes nur 2 Arten, 


1) Fuhrmann, O., Die Cestoden der Vogel. (Zool. Jahrb. Bupplem. 1908.) 

2» Kuhrmann, O., Centodes d’oiseaux de laNouvelle(Jal&ionie et des lies Loyalty* 
(Id: F. Sarasin u. J. Roux, Nova Caledonia. Zoologie. Vol II. 1918.) 

3) Fuhrmann, O., Die Anoplocephaiiden der Vogel. (Centralbl. f. Bakt. Abt* I. 
Bd. 32. 1902. 8. 144.) 

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CentralbL f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


aus Rheiformes, Galliformes, Charadriiformes and Anseri- 
formes bis jetzt nur je 1 Spezies bekannt wurde. 

Wenn wir die geograpbiscbe Verbreitung dieser interessanten Formen 
flberblicken, so konstatieren wir, daC in dem helminthologisch am besten 
bekannten Europa sich nur eine sichere Anoplocephalide, Bertiella 
delafondi findet, w&hrend die meisten Arten in SQdamerika und Oze- 
anien angetroffen wurden. 

Im nachfolgenden sollen einige Arten, welcbe ich 1 ) frflher korz 
ohne Beigabe von Figuren charakterisiert habe, unten bescbrieben werden: 

Anoplocephala pinguis (Siebold). (Fig. 1—5). 

Synonymic: Taenia pinguis v. Siebold nom. nnd. Fnbrmann. 

Bertia pinguis (v. Sieb.) Fubrmann. 

Diese aus Bucorax abyssinicus Bodd. stammende, interessante 
Art habe icb 1904 kurz als Bertia pinguis bescbrieben, glaube aber 
nach genauer Untersucbung, dafi sie besser ins Genus Anoploce* 
phala zu stellen, obwohl sie auch bier, wie wir sehen werden, nicht 
ganz an ihrem Platze ist. Wie ich schon frOher bemerkt, fand sich 
diese Art unter dem Namen T. pinguis v. Siebold im Mnseum von 
Mttnchen. 

Die stark kontrahierte Strobila ist sehr kurzgliedrig* 70 mm lang, 
bei einer Dicke von 2 mm und einer maximalen Breite von 4 mm. Der 
Skolex zeigt einen Durchmesser von 0,5 mm, die leicbt ovalen Sang* 
nfipfe baben einen Lfingendurchmesser von 0,24 mm und einen Quer- 
durchmesser von 0,2 mm. 

Die Strobilation beginnt direkt binter dem Kopf; ein Hals feblt 
Da, wo die Geschlechtsorgane angelegt, sind die Glieder nur 0,08 mm 
lang, weiter binten, wo diese Organe wohlentwickelt, betrfigt die L&nge 
der Proglottiden 0,13 mm, bei einer Breite von 3,7 mm und einer Dicke 
von 0,17 mm. Die reifen Glieder zeigen eine Breite von 4 mm bei 
einer Lfinge von 0,17 mm. 

Die Kbrperkutikula ist sebr dick und zeigt deutlich 3 Zonen: eine 
dflnne, fiufiere, die sich mit Hamalaun stark ffirbt, eine mittlere dicke, 
hellblau, und eine dQnne, farblose, glfinzende, innere Zone, welcbe letz* 
tere wobl die sogenannte Basalmembran darstellt. Subkutikularmusku* 
latur und Subkutikuiarzellen sind sebr zart ausgebildet. Die Parencbym- 
muskulatur ist stark entwickelt und erfflllt mehr als */s der Dicke der 
Glieder. Die zahlreichen L&ngsbtiDdel zeigen das Auffallende, dafi die 
inneren bedeutend kleiDer als die Sufieren, welcbe boch und schmal sind 
(0,1 X 0,024 mm). Auch die Transversalmuskulatur ist sehr milchtig 
und die Dorsoventralfasern sehr zahlreich. Zwiscben den in etwa ffinf- 
fachen Lagen angeordneten L&ngsbtindeln liegen zahlreiche kleine Kalk- 
kdrperchen. 

DasExkretionssystem bestebt aus 2 mfichtigen ventralen Lfingsgeffifien, 
die einen Durchmesser von 0,24—028 mm haben und durch ein leicht 
sichtbares Quergefafi verbunden sind. Besonders deutlich sind am 
Hinterende jedes Gliedes die Klappenapparate ausgebildet, welche den 
Riickflufi der in den Exkretionsgefafien zirkulierenden Flflssigkeit V6f- 
hindern (Fig. 2 Kl). Das dorsale Gefafi ist dickwandig und eng und 


l)Fuhrmann, Otto, Neue Anoplocephaliden der Vogel. (Zool. An*. Bd.27.1904. 
S. 385-388.) 


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Fuhrmann, Einige Anoplocephaliden der V6gel. 


441 


nor im vorderen Toil der Strobila sichtbar, wo es deutlich dorsal and 
innerhalb der ventralen Gef&Be liegt. 

Die Geschlechtsoffnungen mQnden einseitig; das Genitalatrinm ist 
sehr eng and tief, an seinem Grande mQnden die beiden Genitalg&nge, 
welche Qber dera LfingsgefQB und dem LQngsnerven durchzieben. 

Der Cirrasbentel mQndet vor und Qber der Vagina aas; doch habe 
ich mehrfach beobachtet, dafi er gelegentlich auch deutlich unterhalb, 
d. h. ventral von der Vagina, in das Genitalatrium mQndet (Fig. 3). 
Der Cirrasbeutel ist zylindrisch, bis 0,68 mm, und miBt nur 0,04 im 
Dnrchmesser. Der Cirrus ist dickwandig und unbewaffnet, der Ductus 
ejaculatorius macbt nur einfache Schlingen und es bildet sich keine 
Vesicula interna. Beim ^ustritt aus dem Cirrusbeutel legt sich das Vas 
deferens in wenige Windungen, worauf es sich zu einer langgestreckten 



Fig. 3. A. pinguis. Fig. 5. 

Fig. 1. Querschnitt (lurch das Rindenparenchym. Lm Langsmuskulatur; 7V// 
Tran>versalmuskulatur; Dm Dorsoventralmuskulatur. 

Fig. 2. Fliichenschnitt durch den seitlichen Teil von 3 Proglottiden. Lm Liings- 
muskuJatur; N Liiiursncrv; Tg Transver^altrefafl; Kl Klappenapparat des ventralen 
Liingsgefaftes; K Keimstoek, H Hoden, Yg Vagina. 

Fig. 3. Querschnitt. Lq Lan<r*gefiiQ; N Langsnerv; Cb Cirrusbeutel; R Re- 
traktor des Cirrusbeufels; Vd Vas deferens; Vg Vagina; Rs Receptaculura seminis; Do 
botterstock. 

Fig. 4. Die woiblichen Genitalgiinge, Rokonstruktion. Rs Receptaculurn seminis; 
Vg Vagina, K Dotterstock mit Dottergang; Do Keimstock, Od Ovidukt; Sd Schalendriise; 
Vg Uteringang. 

Fig. 5. Seitlieher Toil oines Flachenschnitl.es durch cine Proglotti*. Ac Atrial- 
kanal; Cb Cirrrusbeutel: Yg Vagina; Lm Langsmuskulatur. 

Vesicula seminalis erweitert. Die Fortsetzung des Vas deferens zieht 
nicht, wie dies meist der Fall, dorsal von den Hoden durch, sondern 
drfingt sich zwischen die doppelte Lage von HodenblSschen ein, ver- 
zweigt sich stark und bildet Anastomosen und Erwciterungen. Die Hoden, 
etwa 100 an der Zahl, sind undeutlich in 2 Lagen angeordnet und er- 
fGllen die ganze Hohe des Markparenchyms; sie liegen natiirlich grdfiten- 
teils antiporal neben den weiblichen GeschlechtsdrQsen, doch zieht eine 

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442 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 6. 

einfache Reihe von Testikeln hinter dem Keimstock durch and liegen 
auch mehrere Hoden auf der poralen Seite des Ovariums. Ihr dorso* 
ventraler Darchmesser betr&gt 0,16—0,22 mm, ihr transver6aler 0,06 
bis 0,08 mm. 

Die Vagina, die, wie schon bemerkt, etwas hinter dem Cirrusbeutel, 
moist ventral, hier und da auch dorsal von ihm in das Genitalatrium 
mflndet, ist bis auf die HOhe des Lfingsgef&fies sehr dickwandig und 
muskulbs, wird dann etwas dQnnwandiger, ist aber von zahlreichen Zellen 
umgeben (Myoblasten oder Drflsenzellen). Auf der H6he des Dotter* 
stockes wird sie pldtzlich auf eine kurze Strecke sehr eng, um sich dann 
zu einem ziemlich grofien Receptaculum seminis zu erweitern. Aus 
diesem tritt die Vagina sehr dickwandig aus, strebt ventralw&rts, um 
sich mit dem kurzen, von der Ventralseite aufw&rts steigenden Ovidukt 
zu vereinigen. Da die Proglottiden sehr kurz (—0,13 mm), ist die 
zwiscben den QuergefiLfien gelegene Markparenchymzone sehr schmal 
und deshalb die beiden Keimdrfisen, Ovarien und Dotterstock in der 
L&ngsrichtung sehr schwach entwickelt, um so mehr, als hinter ihnen, 
wie oben bemerkt, eine Reihe von Hodenbl&schen liegt. Der Keimstock 
liegt deutlich poral verschoben, 0,7—0,9 mm breit, zeigt er bei voller 
Entwicklung breite, dorsale Lappen, die bis fast an die dorsale Trans* 
versalmuskulatur heranreichen. Der Dotterstock ist fiufierst schmal, 
aber verb&ltnismfifiig sehr breit (0,5 mm); er liegt ganz ventral und 
hinter dem Keimstock. Der Dottergang steigt senkrecht dorsal warts, 
wo er sich vor der dorsalen Schalendrflse mit dem Ovidukt vereinigt 
(Fig. 4). Dorsal tritt ein leicht gewundener Kanal aus, der dann, ven- 
tralwarts strebend, in den anfangs ventralen Uterus mfindet, der auch in 
reifem Zustande die lateralen Wassergeffifie nicht fiberschreitet. In 
ganz reifen Gliedern erfilllt der sackfdrmige Uterus das ganze Mark* 
parencbym und ist vorn und hinten, aber namentlich dorsal und ventral 
gelappt. Die Eier sind von 3 Hullen umgeben, von welchen die mittlere 
etwas dicker ist. Der Embryo hat einen Durchmesser von 0,034 mm, 
die Haken der Quersph&ren einen solchen von 0,02. Ein birnfdrmiger 
Apparat fehlt vollstandig. 

Die systematische Stellung dieser Art ist nicht leicht zu bestimmen; 
wir hatten dieselbe ursprtinglich in das Genus Rertia (Bertiella) ge- 
stellt, weil die Anordnung der Hoden (auch auf der poralen Seite des 
Keimshockes) und der Bau des Cirrusbeutels (ohne Vesicula seminalis 
interna) den Verhaltnissen im Genus Bertiella zu entsprechen schienen. 
Der Umstand aber, dafi T. pinguis die Genitalpori einseitig angeordnet 
hat, wahrend sie bei alien Bertiella alternierend, stdrte die Einheit 
dieses Genus, weshalb ich B. pinguis in das Genus AnoplocephaU 
stelle, als dem einzigen Genus der Unterfamilie der Anoplocepha^ 
linae, welches einseitige Genitalpori hat. Dazu kommt, dafi, wie bei 
Anoplocephala, die Vesicula seminalis externa gut entwickelt 
ist; die bei den Arten dieses Genus existierende Vesicula interna fehlt 
allerdings. Nicht mit Anoplocephala iibereinstimmend ist aufierdem 
die Anordnung der Hoden und das Fehlen eines birnfdrmigen Apparates, 
doch ist das Genus nicht so einheitlich gestaltet, dafi nicht auch diese 
Art vorlfiufig in ihm Platz linden kdnnte. 

Clttotaenta psittaeea Fuhrm. (Fig. 6—12.) 

Diese aus dem interessanten Erdpapagei, Stringops habro- 
philus stammende T&nie, die erste, welche aus diesem Vogel bekanot. 


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Fuhrmann, Einige Anoplocephaliden der VOgel. 


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ist eine Anoplocephalide und, wie auf S. 440 zu ersehen, nicht die erste 
ids dieser Vogelgruppe. Das ausgezeichnet erhaltene Material stammt 
ans der zoologischen Sammlu'ng des Wiener Museums. 

Der Cestode hat eine Lftnge von 13 cm, vom Skolex an langsam 
an Breite zunehmend, erreicht er erst nahe dem Hinterende sein grOBtes 



.j ** 

Fig. 11. 



Cittotaenia psittacea. 

Fig. 6. Strobila. 

Fig. 7. Skolex. 

Fig. 8. Die weiblichen Genitalg&nge. Rekonstruktion. Figurenerklarung siehe 
Fig. 4; Sa Schluckapparat 

Fig. 9. Querschnitt (lurch das Vaa deferens mit Prostatazellen. P 9 Ed Epithel- 
auskleidung dee Vaa deferens. 

Fig. 10. Reife Oncosphare. 

Fig. 11. Querschnitt durch eine Proglottis mit 4 weiblichen Geschlecbtsdrfisen. 
und EL normal© Keimstdcke; Do t und Do % normale Dotterstdcke; und . P,°% 
nnd I)o 4 uberzahiige Keim- und Dotterstdcke; Vg Vagina; Rs Receptaculum seminis; 
Si Schalendruse; Ut Uterus; Cb Cirrusbeutel; Vd Vas deferens; E Hoden; JV Lfcngs- 
nery; d W dorsales Wassergefafi; vW ventrales WassergefaS. 

Fig. 12. Querschnitt durch eine Proglottis mit nur einem uberz&hligen weiblichen 
| Drfisenkomplex Do v JE^, und einem uberzihligen Vas deferens Vd t ohne Cirrusbeutel. 

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444 Centr&IbL f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 6. 

Mafi von 6,5 mm. Von da an nehmen die stets reifen Glieder an Breite 
ab, an Lftnge aber etwas zu. 

Der Skolex mifit 0,57 mm im Querdurchmesser, seine Sangnipfe 
sind leicht oval, 0,23 in der Transversalrichtung, 0,26 mm in der L&ogs- 
richtung messend. Der Scheitel scheint in der Regel stark eingezogen. 

Die P&renchymmuskulatur fQllt das ganze Rindenparenchym aas 
nnd reicht fast an die Subkutikularzellen heran. Die Lfingsmuskulatur 
best eh t aus zahlreichen, nicht sehr deutlichen, sehr nngleichen Muskel* 
biindeln, welche nach der Peripherie immer kleiner werden. Eine An- 
ordnung in konzentrische Lagen von L&ugsbOndeln ist nicht sichtbar. 
Anf Flfichenschnitten sieht man, daB dieselben sehr wenig selbst&ndig 
und durch zahlreiche Fasern untereinander verbunden sind, die ein dichtes 
Netzwerk bilden. Die Transversalmusknlatur ist ziemlich stark, die 
Dorsoventralmuskeln sind dagegen sp&rlich. Im Hals konzentrieren sich 
die L&ngsmuskelbQndel in 2 Lagen. 

Das Nervensystem besteht im Skolex aus 2 mhchtigen Ganglien. 
die unter sich durch eine Nervenkommissur verbunden und von einem 
Nervenring umspannt sind, von welchem nach vorn 4 Nervenpaare aus* 
strahlen. Nach hinten in der Strobiia sieht man deutlich auBer deni 
m&chtigen LSngsnervenpaar deren dorsale und ventrale Begleitnerven. 
Das WassergefaBsystem besteht in der Strobiia aus den flblichen 4 Lings- 
gef&Ben, 2 ventralen, sehr weiten und 2 dorsal von ihnen gelegenen. 
die bedeutend enger sind. Im Hals sind die Querkommissuren des 
ventralen L&ngsgefaBes so weit, wie das Markparenchym hoch ist. Im 
Skolex selbst sieht man auf Schnitten nur 4 WassergefaBquerschnitte, 
die durch wenige ganz zentral gelegene GefSBe untereinander verbunden 
sind. Zwischen den Saugn&pfen, aber namentlich hinter denselben und 
im Hals, sieht man iiberaus deutlich eine sehr groBe Zahl von Wimper- 
flammen von bedeutender GroBe (0,018 mm), die oft zu 3 miteinander 
vereinigt sind. 

Im Skolex und auch im Markpareuchym finden sich wenig zahlreiche 
KalkkSrperchen. 

Da wir es hier mit einer typischen Cittotaenia zu tun haben. 
sind die Geschlechtsorgane in den sehr kurzen Gliedern doppelt an- 
gelegt. Sie mflnden beiderseits randstandig an der Grenze des 1. und 
2. Drittels. 

Was nun die doppelten mauulichen Geschlechtsorgane betrifft, so 
bestehen sie aus ca. 200 Hodenbliischen (von 0,08—0,16 mm Durch- 
messer), in deren Anordnung keine Treunung in 2 Hodenfelder sichtbar 
ist, indein sie in jungen Proglottiden den ganzen dorsalen Teil des 
Markparenchyms einnehmen, wahrend sie dagegen in ganz geschlechts- 
reiten Gliedern fast die ganze Hohe des Markparenchyms erfflllen. Sie 
gehen seitlich von den weiblichen Geschlechtsdriisen bis zum Cirrus- 
beutel. Auf Querschnitten zeigen sie sich teils in einfacher, teils in 
doppelter Lage. Ueberaus leicht sichtbar sind die ganz dorsalen Vasa 
efferentia und namentlich das Vas deferens; sie alle haben ihre deutlich 
sichtbare Waudung, welcher Zellkerne anliegen. Vor seinem Eintritt in 
den Cirrusbeutel, zwischen diesem und dem Keirastock, bildet das Vas 
deferens zahlreiche Schlingen, die die ganze Hohe des Markparenchyms 
einnehmen und von sehr groBen Zellen umkleidet sind, die sicher als 
Prostatazellen aufzufassen sind, denn Myoblasten kSnnen es nicht sein. 
da keine Muskelfasern diesen Teil des Vas deferens umgeben. Mit den 
Driisenzellen gemessen, hat das Vas deferens einen Durchmesser von 


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Fuhrmann, Einige Anoplocepbaliden der Vdgel. 


445 


0,04 mm, wobei auch das in reifen Gliedern von Plattenepithel aus- 
gekleidete Vas deferens einen Durchmesser von 0,009 mm hat. 

Bei seinem Eintritt in den Cirrusbentel verengt sich das Vas deferens, 
am in ganz reifen Proglottiden sich sofort zu einer spindelffirmigen 
Vesicnla seminalis zn erweitern, welche dann in den stark aufgerollten 
laagen Cirrus fibergeht. 

Der Cirrusbentel ist schlauchfdrmig, 0,5 mm lang, bei einem Durch¬ 
messer von nur 0,05 mm. Die ihn umhQllende Muskulatur ist meist 
gleichm&Big stark und besteht aus fiuBeren, dicken L&ngs- und sehr 
zahlreichen feinen inneren Ringmuskeln, welch letztere in der Umgebung 
des Eintritts des Vas deferens eine etwas dickers Lage bilden. Auf der 
InBeren Oberflfiche des Cirrusbeutels findet man in jfingeren Proglottiden 
eine Lage von Myoblasten in Form platter, polygonaler Zellen. Der im 
Cirrusbeutel gelegene Teil des Vas deferens ist in seiner ganzeu Lange, 
aach in der Region der sich erst nachtrSglich durch Spermaanh&ufung 
bildenden Vesicula seminalis von einer doppelten Lage von Ring- und 
Lfingsmuskelfasern umgeben. 

Auf dem zurflckgezogenen Cirrus findet man dicht gedrfingt, feme, 
nach der Mfindung des Kopulationsorganes gerichtete Haare. Von der 
Wandung des Cirrusbeutels ziehen schief randwfirts nach dem Cirrus 
zahlreiche Fasern elastischer oder muskulfiser Natur. Am Hinterende 
des Cirrusbeutels setzt auBen ein m&chtiger Retraktor an, der nach der 
dorsalen Transversalmuskulatur verlfiuft und sich in ihr verliert. Der 
Cirrusbeutel verlfiuft, wie die Vagina, fiber den beiden LfingsgeffiBen 
des Exkretionssystems durch, ebenso fiber dem lateralen Hauptnerven, 
aber zwischen ihm und dem dorsalen Begleitnerven durch nach dem 
Geoitalatrium. Auf einer Reihe von Querschnitten habe ich beobachtet, 
dafi auf der einen Seite der Glieder, wie bei Moniezia, der Cirrus¬ 
beutel ventral von der Vagina ausmfindet, w&hrend er auf der anderen 
Seite dorsal von derselben liegt. 

Die doppelten weiblichen Geschlechtsdrfisen bestehen aus dem ganz 
ventral gelegenen Keimstock, der fficherartig den etwas dorsaler ge- 
legenen Dotterstock umfafit. Da eine Hodenlage fiber den ganzen weib¬ 
lichen Drfisenkomplex wegzieht, so reichen die Ovarialschlfiuche nur 
etwa bis in die Mitte der Hfihe des Markparenchyms. Am moisten 
dorsal, fast direkt fiber der Mitte des Keim- und Dotterstockes, liegt 
die m&chtige sog. Schalendrfise. Das Ovarium hat eine Breite von 
0,8 mm, der Dotterstock eine solche von 0,28 mm und die SchalendrQse 
einen Durchmesser von 0,1 mm. Das tief gelappte Ovarium zeigt seine 
Eischlfiuche erffillt von 0,014 mm im Durchm. messenden Eiern. Der 
ziemlich stark gelappte Dotterstock besteht aus viel kleineren, sich dunkel 
flrbenden Zellen, und zeigt da, wo der Dottergang entspringt, einen 
weiten Hohlraum, der wobl als Dotterreservoir aufzufassen ist, in welchem 
die reifen Dotterzellen aufgespeichert werden. 

Der Verlauf der GeschlechtsgSnge lfiBt sich am besten in jfingeren 
Proglottiden verfolgen (Fig. 8). Der Ovidukt, der sich vom Ovar bis 
zur Einmfindungsstelle der Vagina erstreckt, ist sehr kurz und beginnt 
mit einem wenig muskulfisen, verhfiltnismSfiig grofien, glockenfdrmigen 
Ovarialtrichter. Er entspringt auf der Dorsalseite des Keimstockes und 
verlfiuft etwas dorsalwfirts, um, wie gesagt, sich bald mit der noch nfiher 
zu beschreibenden Vagina zu begegnen, von wo an er als Uterusgang 
immer weiter dorsalw&rtsstrebend zunachst den kurzen Dottergang em- 
pffingt. Nachdem er die sogenannte Schalendrfise durchquert, hat er 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 6. 


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die dorsale Flfiche des Markparenchyms erreicht, urn sich nan ventral- 
wfirts nmbiegend in den Uterus zu dffnen. In ganz geschlechtsreifen 
Gliedern ist der Uteringang bedeutend Unger and zeigt dann zahlreiche 
Windungen, bevor er sich in den Uterus ergieSt. Die Vagina verlinft 
meist unter dem Cirrusbeutel durch zur Genitalkloake, wobei der auBer- 
halb des WassergeUBsystems gelegene Teil ganz anders struiert ist als 
der innerhalb gelegene. Der erstere Abschnitt ist von dichten, feinen 
Hfirchen ausgekleidet, welche auf einer starken Mem bran aufsitzen. 
Diese wird umhfillt von Muskeln, welche namentlich in der Lfings- 
richtung zu verlaufen scheinen und auf welche nach aufien eine Lage 
dicht gedrfingter Zellen, wohl Myoblasten, folgt. Auf der Hohe des 
WassergeUBsystems wird die Struktur der Vagina sehr einfach, indem 
sie aus einer zarten Membran besteht Leicht gewellt zieht sie zum 
Keimstock und bildet ein langgestrecktes, mfichtiges Receptaculum se- 
minis (Fig. 8), von welchem dann ventralw&rts ein kurzer Kanal zom 
Ovidukt ffihrt. 

Der Uterus ist anfangs ein die ganze Breite der Proglottis durch- 
ziehender Schlauch, der auffalleuderweise in jungen Gliedern ganz am 
Hinterrand der Proglottis verl&uft, so dafi die Hoden samtlich vor ihm 
liegen. Er ist dem rechts- und linksseitig gelegenen Geschlechtsdrfisen- 
komplex gemeinsam und geht seitlich, wie die Geschlechtsgfinge, fibs’ 
den Lfingsstammen des WassergeUBsystems durch. Ffillt er sich mit 
Eiern, so erweitert sich der Schlauch, zeigt sackartige Ausbuchtungen, 
bis er schlieBlich das ganze Markparenchym erffillt und die auch his 
noch bestehenden Hoden gegen den Vorderrand der Proglottis drangL 

Die Onosphfiren sind von 3 Hfillen umgeben, von welchen die 
fiuBerste ziemlich starkwandig, die mittlere sehr zart, worauf der von 
3 nahe zusammengerfickten Zellen gebildete, birnfdrmige Apparat folgt, 
der den Embryo eng umhfillt. Letzterer ze gt einen Durchmesser von 
0,0144 mm, wfihrend die Anhfinge zusammengelegt 0.021 mm lang 
sind. C. psittacea ist die erste Anoplocephalidenart mit der nach- 
folgend zu beschreibenden C. rhea aus Vogeln, bei welcher wir den 
birnfdrmigen Apparat antreffen. 

Bei dem von uns speziell untersuchten Exemplar habe ieh eine 
interessante Anomalie beobachtet, welche sich fast auf die ganze Strobila 
erstreckte. Es fanden sich nfimlich in der Medianzone des Markparenchyms 
1 oder 2 kleinere, wohlentwickelte weibliche Geschlechtsdrfisenkomplexe 
in normaler Anordnung. Da, wo es sich nur urn einen fiberzShhgen 
Genitalapparat handelt (Fig. 12) ist derselbe nicht median, sondern links 
oder rechts von der Medianlinie gelegen. Keimstock und Dotterstock 
sind bedeutend gr5Ber als wenn, was ebenfalls vorkommt, 2 fiberzahlige 
Genitalapparate vorhanden sind. Dieser Drfisenkomplex, der kleiner ist, 
als die beiden normalen seitlichen, besteht aus einem gelappten Keim¬ 
stock, einem dorsalen Dotterstock und einer grofien Schalendrfise. Ovidukt 
Dotterkanal und Uteringang sind entwickelt. Interessant ist, daB neben 
diesen Organen ein gut entwickelter Knfiuel eines Vas deferens liegen 
kann, der dicht umhfillt ist von Prostatazellen, wie solche bei den nor¬ 
malen Organen sich finden. Spuren eines Cirrusbeutels habe ich sehr 
selten angetroffen. Da, wo es sich um 2 fiberzahlige Genitalapparate 
handelt (Fig. 11) sind sie nahe beisammen beiderseits der Medianlinie 
gelegen und ist Keimstock, Dotterstock und Schalendrfise klein. Auch 
hier treffen wir Ovidukt, Dottergang und Uteringang. Letzterer scheint 
Oberall in den Uterus zu mfinden, was ich allerdings nicht mit Sicher- 


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Fuhrmann, Einige Anoplocephaliden der Vftgel. 


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heit konstatieren konnte, mir abef deshalb sehr wahrscheinlich scheint, 
weil sich im Uterus zablreiche unbefrucbtete Eier fanden, welcbe wohl 
von diesen Geschlechtsdrflsen herstammen, aber natfirlich unbefrucbtet 
geblieben sind. Derartige Abnormit&ten sind sehr selten bei Cestoden, 
doch erwfihnt Riehm ahnliches von Cittotaenia denticulata. 
Riehm 1 ) sagt diesbezfiglich, dafi er hier und da in einem Glied nocb 
einen 3. Genitalapparat gefunden. Er bestand aucb bier nur aus den 
3 weiblichen Genitaldrfisen; Vagina und Cirrus feblten immer. Was die 
Lage anbetrifft, so beobachtete Riehm wie wir, dafi der 3. DrQsenappar&t 
so situiert war, als mfifite ihm auf der entgegengesetzten Seite noch ein 
4. Apparat entsprechen; er fand aber, im Gegensatz zu uns, nie Pro- 
glottiden mit 4 weiblichen Genitalkomplexen. 

Cittotaenia rhea Fuhrm. (Fig. 13—16.) 

In Rhea americana fand sich in sehr grofier Zahl (ca. 100 Exem- 
plare) eine interessante TSnie, die, obwohl ziemlich mazeriert, als zum 
Genus Cittotaenia gehdrig bestimmt warden konnte. Diese Art be- 
sitzt einen sehr grofien Skolex, der einen Durchmesser von 1,2 mm 
zeigt; der Hals ist in der Regel bedeutend schmfiler, so daB der Kopf 
deutlich abgesetzt erscheint. Die Saugn&pfe des Skolex sind iiberaus 
groB und m&chtig entwickelt, indem sie einen L&ngsdurchmesser von 
0,7 und einen Querdurchmesser von 0,55 mm aufweisen. Die Oeffnung 
der Saugn&pfe stellt sich meist als eine L&ngsspalte dar (Fig. 13). Die 
Strobilation, die etwa 1,7—2,3 mm hinter dem Skolex beginnt, ist sofort 
eine deutliche; die Glieder sind anfangs nur 0,04 mm lang, wfihrend sie 
hinten 0,28 mm lang und 2 mm breit sind. In den nicht kontrahierten 
Exemplaren ist die Breite auf der ganzen Lfinge fast dieselbe, n&mlich 
1,5—2 mm, wfihrend kontrahiert die 5—9 cm lange Strobila bis 3 mm 
breit ist. 

Die Muskulatur der Proglottis ist eine iiberaus mfichtige, so dafi 
die Hdhe des zentralen Markparenchyms kaum Vs der Dicke der Pro¬ 
glottis ausmacht. Die Lfingsmuskeln bilden 5—7 Lagen von kleinen, 
6—23 Fasern enthaltenden Muskelbflndeln, welche aber ganz unregel- 
mfifiig verteilt, d. h. nicht in deutlich konzentrische Lagen angeordnet 
sind. Die inneren Transversalfasern, sowie die Dorsoventralmuskeln 
sind sparlich entwickelt. 

Die ventralen, ganz lateral gelegenen Wassergefafie sind 0,06 bis 
0,08 mm weit, ebenso das QuergeffiB. Das dorsale, viel engere GeffiB 
liegt direkt fiber dem ventralen. 

Die Geschlechtsorgane scheinen sich sehr langsam zu entwickeln, 
denn erst im hinteren Teil der Strobila sind sie vollstfindig ausgebildet. 
In den 9 cm langen Strobila sind die Eier im Uterus noch nicht voll¬ 
stfindig entwickelt, so daB also der Wurm noch l&nger wird. Strobilen- 
fragmente enthielten ganz reife Oncosph&ren (Fig. 16). 

Die mfinnlichen Geschlechtsorgane zeigen, wie bei C. psittacea, 
einen langgestreckten, schlauchfdrmigen Cirrusbeutel, der fiber das Wasser- 
geffifi reicht, so dafi also diese Art in die Untergruppe mit dem Typus 
C. pectinata gehSrt. Das Genitalatrium mfindet zwischen dem 2. und 
letzten Drittel des Proglottidenrandes aus. Die Penistasche ist 0,4 bis 
0,6 mm lang und mifit nur 0,01—0,02 mm im Durchmesser. Das in 


1) Riehm, G., Studien an Cestoden. [Dias.] Halle 1881. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 87. Heft 6. 


ihr liegende Vas deferens verlSuft nur leicht gewellt, dagegen ist es 
direkt auBerhalb zu einem kleinen Knauel aufgerollt. 

Obwohl die Geschlechtsorgane doppelt sind, bilden die Hoden eine 
kontinuierliche Masse, welche in der Medianlinie nicht geteilt ist. Es 
sind etwas mehr als 100 Hoden bl&schen (Durchmesser 0,05—0,06 mm), 
welche die ganze Dorsalseite des zwischen den weiblichen Keimdrusen 
gelegenen Markparenchyms erfflllen, wobei ahnlich, wie bei C. pecti- 
nata, auch vor und hinter dem Keimstock einige Hoden liegen. 

Die beiden randstandigen weiblichen Geschlechtsdrflsengruppen sind 
ungefahr 1 mm voneinander entfernt. Das facherformige Ovarium ist 
0,5 mm breit, der von ihm umfaBte und hinter ihm gelegene Dotter- 
stock ist 0,19 mm breit. Die Vagina verlSuft leicht gewellt zum Pro- 


Fig. 15. 

Cittotaen ia rhea. 

Fig. 13. Seitenansicht des Skolex. 

Fig. 14. Gequetschter Skolex, von oben gesehen. 

Fig. 15. Horizontalschnitt durch den Uterus eines reifen Gliedes 
Fig. 16. Reife Oncosphare. 


glottidenrande und miindet dort in die flache Genitalkloake mit einem 
trichterfdrmigen, im Gegensatz zum flbrigen Kanal schwach gefSrbten 
Endteil, der sich in eine enge, dunkelblau sich farbende Vagina fort- 
setzt, die so lang wie der Cirrusbeutel ist. Weiter medianwarts erweitert 
sie sich zu einem birnformigen Receptaculum seminis. 

Der Uterus bildet anfangs ein querverlaufendes einfaches Rohr, das 
wie die Genitalwege uber die WassergefaBe hinaus bis an den Pro- 
glottidenrand reicht. Schon wenn nur wenige Eier in ihm liegen, zeigt 
er bereits stellenweise nach vorn und hinten gehende Ausbuchtungeo. 
In ganz reifen Gliedern ist das ganze Markparenchyrrf vom gelappten 
Uterus erfiillt und drangt er sich lateral bis ganz nahe der Cuticula. 
so daB nur eine ganz schmale Zone des Rindenparenchyms bestehea 
bleibt. Dorsal und ventral wird die m&chtige Muskulatur ebenfalls stark 
zusammengedrUngt. 


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Fnhrmann, Einige Anoplocephaliden der Vogel. 


449 


Die Eier sind von 3 HOllen umgeben; die ilufierste hat einen Durch- 
messer von 0.07 mm, die mittlere einen solcben von 0,054 mm, und die 
innere mifit 0,021—0,023 mm und tr&gt an den beiden Polen 2 0,01 bis 
0,012 mm lange, hSrnchenfOrmige Anh&nge. Die beiden Anh&nge gleicben 
in der Form denjenigen von C. marmotae, doch sind bei letzterer 
Art die zipfelformigen Verlfingerungen der inneren Hfllle nebeneinander 
nnd nicht an den beiden Polen gelegen. 

Paronia variabllis Fuhrm. 

(Syn. Moniezia variabilis.) (Fig. 17—21.) 

In mehreren Rhamphastos-Arten (Rh. culminatus Gould, 
Rh. dicolorus Lin., Rh. erythrorhynchus Gm. t Rh. toco Mtill.) 



Fig. 20. Fig. 21. 

Paronia variabilis. 

Fig. 17. Skolex. 

Fig. 18—20. Verschiedene Entwicklungsstadien von Proglottiden (nach TotalprS- 
paraten gezeichnet). Cb Cirrusbeutel; Vg Vagina; Rt Receptaculum Berninis; K Keim- 
stock, Do Dotterstock; Ut Uterus. 

Fig. 21. Seitlicher Teil des Flachenschnittes einer Proglottis, vg ventrales Ex* 
kretionsgeffiS; Kl Klappenapparat dee ventralen GefaSes; dg aorsalee Gef&fl; vTg ven¬ 
trales TransversalgefaS; dTg dorsales Transversalgefafi. 

land sich der nachfolgend nSher beschriebene, interessante Cestode, den 
wir in einer frflheren kurzen Bescbreibung in das Genus Moniezia 
gestellt batten (s. o.). Diese 4. Art des Genus Paronia Diam. schliefit 
sich den Qbrigen Formen und namentlich Rb. ambigua an, von der 
sie aber leicbt zu unterscheiden ist. 

Leider war das Material zu mangelhaft erbalten, urn auf Schnitt- 
serien untersucht werden zu kOnnen, doch konnten sehr gute Total- 
prSparate angefertigt werden, nach welchen nachfolgende kurze ana- 
tomische Beechreibung gemacht ist: 

Bnu Abt. Orig. Bd. 87. Heft 6. 29 

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450 


Central!)!, f. Bakt etc. 1. Abt Originate. Bd. 87. Heft 6. 


Das grofie Material bestand aus grOBeren and kleineren, reifen 
Exemplaren; die einen maBen bis 7 cm bei 2,5 mm Breite, andere eben- 
falls reife aus derselben Rbam p hast os-Art stammende dagegen waren 
nur 4 cm lang und 1,5 mm breit 

Der Skolex besitzt einen Durchmesser von 0,45 mm, ist rostellamlos 
and bewaffnet mit 4 starken, meist leicht ovalen Saugnfipfen, deren 
Lftngsdurchmesser 0,25 mm mifit, wShrend die Breite 0,19 mm betrSgt 
Die Strobiia ist knrzgliedrig and erreicbt ihre grfifite Breite etwas vor 
dem Hinterende, wo die reifen Glieder schm&ler und I5nger, ja fast 
quadratisch werden. Das Wassergef&Bsystem besteht aus 2 Paar sich 
im Kopf verzweigenden LSngsgefSBen, welcbe beide am Hinterende jeder 
Proglottis darch ein QuergefSB verbunden sind. Die ventralen Langs- 
wie QuergefftBe sind sebr weit, und bemerkt man an den TotalprSpa- 
raten sehr leicht, dafi am Hinterende jeder Proglottis, da, wo das Quer- 
gefSB entspringt, sicb eine Klappe findet (s. Fig. 21), welcbe das Ruck- 
strdmen der im Exkretionssystem befindlichen Flfissigkeit verhindert 
Urn das Ueberschlagen der Klappen zu verhindern, findet sich auf der 
fiufieren Wandung des WassergetSBstammes eine leicbte Erhebnng, auf 
welcher in geschlossenem Zustande die Klappe aufrubt Das dorsale Ex- 
kretionsgefafi und seine Querverbindung sind sebr eng. 

Die Geschlechtsdrfisen und Gange zeigen eine den tlbrigen Arten fast 
identische Disposition. 

Der Cirrusbeutel mfindet beiderseits sebr nabe dem Hinterende der 
Proglottis aus; er ist schlauchffirmig und sebr lang (0,27 mm) und ver- 
lauft scbief nach dem Vorderrand der Proglottis. Der in der Penis- 
tasche eingescblossene Teil des Vas deferens, dessen Ende der stark- 
wandige Penis bildet, ist kaum Ifinger als der Cirrusbeutel und bildet 
nie eine Vesicula seminalis im Inneren. Daffir ist aber das Vas deferens 
direkt auBerhaib des Kopulationsorgans stark aufgerollt und bildet einen 
dicbten, groBen Knfiuel nahe dem Vorderrand des Gliedes. Die Hoden, 
ca. 100, sind spharisch und messen 0,04 mm im Durchm. Sie erfOllen 
die ganze Dorsalseite des Markparenchyms und liegen sowohl fiber den 
weiblicben Geschlechtsdrfisen, als auch fiber den LfingsgefSBen des Ex- 
kretionssystems. Die doppelten weiblichen Geschlechtsdrfisen haben ganz 
die gleicbe Disposition wie beiden anderen Arten. Das fficherfSrmige 
Ovarium hat eine Breite von 0,32—0,4 mm, der hinter dem inneren 
Flfigel des Keimstockes geiegene Dotterstock nur eine solche von 
ca. 0,09 mm. Da, wo diese Organe in voller Entwicklung sind, ist das 
Receptaculum seminis sehr groB und liegt fiber dem Keimstock. Die 
Vagina mfindet mit einem trichterldrmigen Endteil etwas hinter dem 
Cirrusbeutel in das flache Genitalatrium, aber immer ist ihre Lage 
sehr deutlich auf der rechten Seite ventral, auf der linken dorsal vom 
Cirrusbeutel, wie solches auch ffir Moniezia typisch ist. Cirrusbeutel 
und Vagina gehen fiber den WassergeffiBen und Lfingsnerven durch. 

Der Bau des Uterus bildet den wichtigsten Speziescharakter dieser 
Art. Derselbe ist doppelt, ISnglich hufeiseufdrmig oder halbkreisfdrmig, 
je nachdem die Proglottis mehr oder weniger gestreckt ist; meist bildet 
er ein halbkreisformiges Gewfilbe um die weiblichen Geschlechtsdrfisen. 
Anffinglich sind die beiden Uteri jeder Proglottis getrennt, doch wenn 
sie voll Eier sind, findet eine teilweise Verschmelzung statt, und zwar 
ist diese deutlich verschieden von der von Paronia columbae und 
R. ambigua, indem dieselbe am hinteren Teil der beiden median sich 
berfibrenden Schenkel stattfindet, w&hrend bei R. ambigua die Ver- 


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Steiner, Beitrage zur Eenntnis der Mermithiden. 


451 


schmelzung vorn statthat. Diese Vereinigung zu einem Uterus vou sehr 
typischer Form (Fig. 20) findet erst in den letzten reifen Proglottiden 
statt Sie zeigt sich nicht immer anf dem gleichen Stadium der FQIlung 
des Uterus und der Entwicklung der Oncosph&ren. So fanden wir bei 
dem grSBten Exemplar (7 cm), das aus Eh. dicolor us stammte, dafl 
in den letzten Gliedern die Verschmelzung kaum begonnen hatte. An 
der binteren Berfihrungsstelle der beiden Uteri tritt eine Resorption der 
Wandung ein, welcbe dann die ziemlich weite Verbindung am Hinter- 
ende berstellt. Die Eier besitzen 3 Scbalen, der Embryo zeigt einen 
Dnrchmesser von 0,016—0,019 mm, die &uBerste Scbale einen solchen 
von 0,043 mm. Ein birnfbrmiger Apparat fehlt. 


Naohdruok verbotsn. 


Beitrage zur Kenntnis der Mermithiden. 

I. Teil. Mermithiden von Neu-Mecklenburg und Revision einiger 
v. Linstowscher Alien und Rudolphis Filaria truncatula = 

Mermis truncatula. 


Von Privatdozent Dr. ©. Steiner, Bern-Bflmpliz. 


I Mit 23 Abbildungen im Text. 


Die ordnungsm&fiige Gruppierung der individuellen Erscheinungs- 
formen in einem System ist Vorbedingung zu ersprieBlichem Schafl'en 
anf jedem Teilgebiet der Biologie. Bitterbdse steht es in dieser Be- 
ziebung mit den Nematoden. Eine wirklich brauchbare Gruppierung 
der Formen gibt es bis heute da nicht. Mancherlei Ans&tze dazu sind 
gemacht worden, aber gescheitert, einerseits weil bisber dabei wesent- 
Uch nur die Parasiten berucksichtigt und die ungeheure Fulle der frei- 
lebenden Formen nicht Oder kaum gewflrdigt wurden. Anderseits muBten 
?iele dieser Versuche ohne befriedigendes Ergebnis bleiben, weil eine 
groBe Zahl der bis beute beschriebenen parasitisch lebenden Nematoden- 
formen nur uagenOgeud bekannt sind. Die Parasitologic ist ja schon 
recht alt, und insbesondere sind parasitiscbe Nematoden schon sehr frfih 
beschrieben worden. Aber heute ist es oft sehr schwer, ja unmdglich, 
die dlteren Artbeschreibungen noch zu verwenden. In solchen Fallen kann 
dann nur ein Nachprilfen der Typenexemplare, falls sie noch vorhanden 
sind, zum Ziele fiihren. Das schier unentwirrbare Durcheinander, das 
nos heute die Nematodensystematik bietet mit ihren Synonyma und vielen 
anvollst&ndigen Diagnosen, ist das Ergebnis dieser Verhaitnisse. Die 
vorliegende Mitteilung entsprang dem Wunsche, die von v. Lin stow 
nicht immer in grOndlicher Weise aufgestellten Artdiagnosen einiger 
Mermithiden nacbzuprfilen. Die Bearbeitung eines recht umfangreichen 
diesbezQglichen Materials aus der Schweiz und Deutschland machte es 
wflnschenswert, ja notwendig, dies zu tun. In hbchst liebenwflrdiger 
Weise kamen mir das staatliche Zoologische Museum in Berlin und be- 
sonders der entsprechende Abteilungsvorstand, Herr Prof. Dr. Collin, 
entgegen. Nicht nur erhielt ich die gewflnschten Typenstflcke, soweit 

29* 


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452 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Origin ale. Bd. 87. Heft 6. 


sie noch vorhanden waren, sondern noch ein umfangreiches Material 
dazu. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen in einer Keihe kleinerer 
Mitteilungen in dieser Zeitscbrift verOffentlicht werden. Dem Zoologischen 
Museum Berlin und insbesondere Herrn Prof. Dr. Collin mochte ich 
an dieser Stelle noch herzlichst danken. Besondere Freude machte mir, 
daB unter den Tieren sich auch ein Typenstflck des von mir so boch- 
verehrten Vaters der wisseuschaftlichen Parasitologie, Carl Asmund 
Rudolphi, fand, namlich seine Filaria truncatula = Mermis 
truncatula. Sie wurde heute vor mehr als 100 Jabren beschrieben; 
leider handelt es sich nur um ein Bruchstflck einer Larve. 

Vorausgeheud mochte ich 2 Formen von Neu-Mecklenburg knrz 
darstellen, die daselbst ira Jahre 1911 durch Herrn Peckel gesammelt 
und dann dem Berliner Museum tibergeben wurden. Die weltweite Y r er- 
breitung der Angehorigen der Mermithidenordnung ist ja schon linger 
bekannt. In dieser Beziehung sind diese beiden ersten Funde von Neu- 
Mecklenburg nichts Besonderes. Unbedingt wird sich das Heer der 
Mermithidenformen in Zukunft noch ganz gewaltig vermehren, und die 
Tropengebiete roit ihrem ungeheuren Insektenreicbtum, den beliebtesten 
Wirtstieren unserer Parasiten, werden da sicher ein umfangreiches {Con¬ 
tingent stellen. 


a) Mermlthlden aus Neu Mecklenburg. 


Fundangabe: 2 $? bei 
19. Juli 1911 (Peckel). 

GrdBenverh&ltnisse: 

Lfinge » 

Dicke am Eopfe 
„ bei der Vulva 
Entfernung der Vulva 
vom Vorderende 


Neu-Mecklenburg am 


Qi 

Q2 

48,067 mm 

75,019 mm 

0,110 „ 

0,105 „ 

0.442 „ 

0^61 „ 

55,2 Proz. 

50,6 Proz. 


1. Mermis namatanalensis 1 ) n. sp. 
Fig. 1—6. 

Namatanai in 


Der KOrper ist nach vorn und hinten etwas verjQngt, das Kopf- 
ende schwach abgesetzt, da die Papillenregion leicht verbreitert ist 
(Fig. 1 u. 2). Haut glatt und ohne Kreuzfaserung; ihre Dicke 
beim Nervenring 15—16 ju. Die Zahl der L&ngswttlste ist unsicher; 
Lateral- und Medialwfllsle sind sicher vorhanden, die ersteren auch 
m&chtiger als die letzteren. An manchen Querscbnittsbildern sind auch 
Ventrosubmedialwiilste schwach zu sehen. Die‘allgemeine Korperfarbe 
ist ein ziemlich dunkles Gelbbraun (Alkoholkonservierung!) 

Kopf vorn fast gerade abgestutzt oder doch der Kopfvorderrand 
nur schwach vorgewdlbt; Kopfpapillen ganz nach vorn gerflckt, 
wenig vorragend, in flblicher Anordnung, je lateral und submedial eine. 
Die sie umgebenden Stfltzzellen sind nur schwach entwickelt, die End- 
organe der Papillen ebenfalls nur schwach (Fig. 1 u. 2). 

Die Seitenorgane liegen den Lateralpapillen sehr eng an (Fig. 1 
u. 2), sind becher- bzw. taschenformig, besitzen eine ovale Mflndung 
und eine ansitzende Drflsenzelle; die Endfasern, d. h. die Endorgane 
des Nerven konnte ich nicht erkennen. 


1) Nach Namatanai, dem Fundorte, benannt. 


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Steiner, Beitrage zur Kenntnis der Mermitbiden. 


453 


Das Oesophagusrohr ist nur schwach kutikularisiert und lieB sich 
nur auf eine kurze Strecke verfolgen, ja bei dem einen Tiere war tiber- 



Fig. 2. 


Fig. 1. Mermis na- 
matanai’eesis d. sp. 
Kopfende, seitlich gesehen. 
Vergr. etwa 500. 

Fig. 2. Mermis na~ 
matanaiensis n. sp. 
Kopfende, medial gesehen. 
Vergr. etwa 500. 

Fig. 3. Mermis na- 
matanai'ensis n. sp. 
Vorderende, seitlich ge¬ 
sehen, mit Exkretion^porus 
und den beiden Ventral 
drusenzeilen. Vergr. etwa 
125. 


haupt kein Rohr zn sehen, sondern nor ein gelbbrauner Strang (Fig. 2); 
immerhin sind, wie Fig. 1 zeigt, schwach entwickelte Retraktoren vor- 
handen. 


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454 


CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


Der FettkOrper des einen Tieres zeigte am Vorderende deatlich 
eine Doppelreihe groBer Zellen (Fig. 4). 

Der Nervenring war bei dem 75,019 mm langen Tiere0,425mm 
vom Vorderende entfernt; nicbt weit dahinter, d. b. 0,544 mm vom 
Vorderende, dffnet sich ein gut ansgebildeter Exkretionsporns (Fig.3 
u. 4). Das Bemerkenswerteste und filr unsere Art Pr&gnanteste sind 
aber zwei groBe Ventraldrflsenzellen, die unmittelbar hinter 
dem Porus ventromedial nebeneinander liegen; die eine der Zellen ist 
etwas l&nger (Fig. 4). Diese Zweizahl der VentraldrQsenzellen ist meines 
Wissens bei Mermithiden bisher noch nie beobachtet worden; Ventral- 
drflsen sind da Qberhaupt eine seltene Erscheinung. 




Fig. 5. 



Fig. 4. Mermie namatanie naia n. ap. Ab- 
echnitt hinter dem Nervenring, medialgeaehen. N Nerven¬ 
ring, E Ezkretionsporoa, V\ a. V t Ventraldrflaenzdlen, 
Z vorderater zeliiger Abachnitt dea FettkOrpera. Vergr. 
etwa 125. 


Fig. 5. Mermia namatanaienaian. ep. Me¬ 
diate Ansicht der Vulva, Vagina und der beiden Utvne- 
rohre einee Weibchena. Vergr. etwa 62. 

Fig. 6. Mermia namatanalenaia n. ap. 
Schwanzende einee 9* Vergr. etwa 62. 


Die Vagina des Weibchens ist S-fdrmig gewunden (Fig. 5) nnd 
fOhrt in einen doppelten, nacb vorn und hinten ausgestreckten, ebenfalls 
schlauchfdrmigen Uterus mit radiirer Muskulatur. Die Ovarien sind 
gerade ausgestreckt; die Eier haben kurz-ovale bis nahezu kugelige 
Form und einen Durcbmesser von 68—70 /u. 

Das Scbwanzende des Weibchens ist auf Fig. 6 dargestellt; es 
ist also stumpf gerundet 

Die vorliegende neue Form ist vor allem durch die 
weit nach vorn verschobenen Kopfpapillen, die unmittel¬ 
bar binter den Lateralpapillen liegenden becherfCrmigen, 
kleinen Seitenorgane, durch den beim Weibchen (ob auch 


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Steiner, Beitrage zor Kenntnis der Mermithiden. 


455 


beim <J?) stumpf gerundeten Schwanz und die 2 groBen, 
mSchtig entwickelten Ventraldrflsenzellen gekennzeichne.t. 
Das Wirtstier ist unbekannt. 


2. Mermis nigrescens Dujardin var. athysanota 1 ) n. var. 

Fig. 7—9. 


Fundangabe: 1 ? bei Namatanai auf Neu-Mecklenburg, 
1911 (leg. Peckel). 

Verbreitung der typischen Art: Earopa. 
GrdBenverhSltnisse: 

9 

Lange 208,845 mm 

Durcbmeeser, Mitte 0,141 „ 

Entfernung dee Nervenringes vom Voider- 
ende 0,425 „ 

Entfernung der Vulva vom Vorderende 47,05 Proz. 


Bemerkungen. Auf den ersten Blick glaubte ich eine typische 
Mermis nigrescens vor mir zu haben und fflr diese das Vorkommen 
auf Neu-Mecklenburg feststdllen zu kdnnen. Ein nShores Zusehen er- 
gab aber, dafi es sich bei dem vorliegenden Tiere keinesfalls um die 
typische Form handeln konnte, sondern um eine dieser nahestehende 
VarietSt PrSgend fflr diese ist der Ban der Eier, der von jenem der 
typischen Form ganz wesentlich abweicht. Die Eier der letzteren tragen 
an den beiden Polen je einen quastenartigen Anhang, besitzen eine 
glatte OberflSche und eine Ringfurche als vorgebildete RiBstelle. Den 
Eiern der neuen VarietSt fehlen die QuastenanhSnge v51- 
lig, ebenfalls die Ringfurche, und die Eischale besitzt 
eine nnebene, rauhe, fast kleinwarzige OberflSche (Fig. 8 
u. 9). Die allgemeine Eiform entspricht sonst jener der typischen Art 
ziemlich gut; sie ist etwas abgeflacht (Fig. 9), von der Breitseite ge- 
sehen aber kreisrund (Fig. 8). Die Schale ist an manchen Stellen etwas 
dicker als an anderen und besteht aus 2 Schichten, die sich unter Druck 
voneinander lflsen; die SuBere Schale zerfSUt dann in einzelne Stflcke, 
wShrend die innere nur aufspringt und als Ganzes aus der SuBeren 
herausgleitet. Im Innern ist, wie bei der typischen Form, ein Embryo 
vorhanden. 

Die Fig. 7 gibt uns noch eine submediale Ansicht des Kopfendes 
der neuen VarietSt Die OrganisationsverhSltnisse entsprechen ganz 
jenen der typischen Form, nur sind die vorderen nur lateral vorhandenen 
Kopfpapillen, die sogenannten Mundpapillen, statt kegelfdrmig, zylindrisch, 
wie die Fig. 7 es ja deutlich zeigt. Auch die Einschnflrung gleich hinter 
dem Kopfe ist recht stark betont; sie betrifft allerdings nicht den SuBeren 
Umrifi, sondern nur die unter der Haut liegenden Teile. Die Cuticula 
ist da plStzlich, wie die Fig. 7 zeigt, stark verdickt, indem ihre innerste 
Schicht viel mSchtiger wird; letztere zeigt flbrigens auch eine radiSre 
Streifung, wShrend die oberflSchliche Schicht in FISchenansicht deutlich 
Ereuzfaserung erkennen ISBt. Die Haut ist flbrigens vielfach wellig 
quer gefaltet und tSuscht so an manchen Kdrperstellen eine Ringelung vor. 

Die von anderen Forschern fflr die typische Form erwShnte brSun- 
liche Pigmentierung hinter der Kopfregion war auch hier vorhanden. 

1) dv 0 cmoT& = mit Quasten vereehen, a = alpha privativom vom Fehlen der 
Qoastenanhange an den Eiern. 


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456 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 6. 

Das vorliegende Weibchen hatte seinen Fettkbrper schon ziemlich 
aufgebraucht, doch war der Kbrper gleichwohl undurchsichtig, wenigstens 
stellenweise; die Hauptmasse der Eier schien schon abgelegt zu sein. 
Das Wirtstier ist unbekannt. 



Fig. 7. 


Fig. 7. Mermis nigrescens Duj. var. athysanota n. var. Eopfende, 
submedial gesehen. Vergr. etwa 500. M zylindrische Mundpapille, <S Seitenorgan, 
K Kreuzfaaerung der obemachlichen Hautschicht, R radiar gestreifte Hautschicht. 

Fig. 8. Mermis nigrescens Duj. var. athysanota n. var. Ein Ei, von 
der Breitseite gesehen. Vergr. etwa 500. 

Fig. 9. Mermis nigrescens Duj. var. athysanota n. var. Ein Ei, von 
der Schmalseite gesehen. Vergr. etwa 500. 


b) Revision einlger Typcnstiicke der von v. Lins tow 
beschriebenen Mermithiden-Arten. 

v. Lin stow hat wahrend seines Lebens eine groBe Zahl von 
Nematodenformen beschrieben, aber leider oft die Diagnosen so kurz 
und unscharf gehalten und so stark schematisierte Abbildungen bei- 
gegeben, daB es oft einfach unmoglich ist, sich ein brauchbares Bild 
dieser Formen zu machen. Freilich ist auch hier mancher Mangel auf 
die UnvollstSndigkeit des Materials und namentlich auf die SuBeren 
Schwierigkeiten von Nematodenuntersuchungen an sich zurflckzufuhren. 


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Steiner, Beitrage zur Kenntnia der Mermithiden. 457 



Fig. 11. 


Fig. 10. Mermia pneilla v. Linstow. Ansieht des Kopfendea von der rechten 
Kdrperseite. Vergr. etwa 1000. S Seitenorgan. 

Fig. 11. Mermia pnsilla v. Linstow. Anaickt dee Kopfendea von der Ventral- 
eeite. Vergr. etwa 1000. 

Fig. 12. Mermia puailla (v. Linatow). Aaaicht dea Vorderendea. Vergr. 
etwa 500. 


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458 


CentralbL t Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 6. 


Immerhin glaube ich die Formen durch die nachfolgenden Angaben and 
die Abbildungen, soweit mdglich, erkennbar gemacht za haben. Da 
sich manche Beschreibung nur auf larvale Tiere grflndet, ist natOrlich 
von vornherein Unvollst&ndigkeit gegeben. 

3. Mermis pusilla (v. Linstow). 

Fig. 10—12. • 

Pseudomermis pusilla v. Linstow 1906. S. 248. Taf. 5. 
Fig. 25, 26. 

Fundangabe: 1 jngendliches Tier Langenburg, Nyassa-See, 
Deutsch-Ostafrika (leg. Dr. Ffllleborn). 

Bemerkungen: Dr. v. Linstow hat die vorliegenden Tiere 
seinerzeit znm de Manschen Genus Pseudomermis gestellt. Dies, 
wie seine kuBerst dOrftige Beschreibung erkennen lkfit, wohl nur deshalb, 
weil die Haut keine Kreuzfaserung besitzt. Das de Mansche Genas 
ist aber tats&cblich durch die nur 4 Eopfpapillen und die kurze, 
nicht gewundene Vagina gekennzeichnet, wfthrend dem Fehlen 
Oder Vorhandensein der Kreuzfaserung in der Haut kein derartiger Wert 
zukommt, daft auf Grund dessen Gattungen voneinander getrennt werden 
kdnnten. Wir sehen uns infolgedessen gendtigt, die vorliegende Art zar 
Gattung Mermis zu stellen; denn es sind 6 Kopfpapillen vorhanden, 
und auch die flbrigen Bauverh&ltnisse scheinen mir auf dieselbe Gattung 
zu weisen. Der Bau der Vagina und allf&llig der mfinnlichen Geschlechts* 
organe ist freilich an dem jugendlichen Tiere nicht zu erkennen; aber 
wir glauben trotzdem in der Zuordnung nicht fehlzugehen. Jedenfalls 
gehOrt sie nicht in die Gattung Pseudomermis, wie wir diese heute 
fassen. Auch Paramermis kann nicht in Frage kommen, da die so* 
genannte Dorsalkommissur zwischen den Seitonorganen fehlt. 

Das Tier (Larve) ist, wie v. Linstow schreibt, 17—18 mm lang 
und 0,12 mm dick. Der Haut fehlt die Kreuzfaserung; es scheinen 
mindestens 6, vielleicht sogar 8 L&ngswQlste vorhanden zu 6ein, von 
denen die lateralen und medialen aus aufierordentlich groBen Zellen 
bestehen, w&hrend die submedialen sehr schmal sind. 

Das Kopfende ist, wie v. Linstow dies gut erkannt hat, in eigen* 
artiger Weise verdickt (Fig. 10—12); es sind 6 niedrige, k&um etwas 
vorragende Papillen vorhanden. Die Seitenorgane sind an den Larven 
nur schwer zu sehen (Fig. 10 u. 11) und stellen kleine Taschen mit 
enger Oeffnung dar; sie lie gen genau lateral etwas hinter den Seiten- 
papillen. 

Das Oesophagusrohr besitzt ganz vorn ansetzende RQckziehmusbeln 
(Fig. 11); der FettkOrper reicht bis nahe zum Nervenring nach vorn; 
die Fig. 12 gibt eine Darstellung der diesbezQglichen Verhftltnisse. 

Die eigenartige Verdickung des Kopfes und die Lage und 
Form der Kopfpapillen und Seitenorgane bilden die Haupt- 
merkmale der Art. 

4. Mermis quadripartita v. Linstow. 

Fig. 13, 14. 

Mermis quadripartita v. Linstow 1906. S. 247. Fig.18. Taf.4 

Fundangabe: Insel Reunion, Plaine des palmistes. Aus einer 
Phasmide (leg. Frau Sikora). 


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Steiner, Beitrage zur Kenntnis der Mermithiden. 


459 


Die wenigen Angaben v. Lin stows kann ich kanm erg&nzen, so 
daS die vorliegende Art nach wie vor als ungenfigend gekennzeicbnet zu 
gelten bat. FQr v. L in sto w war die von ihm anQuerschnitten festgestellte 
eigenartige Vierteilung des Fettkfirpers (dnrch membranflse Scheide- 
wfinde) scheinbar das Hauptkennzeichen der Form (s. Fig. 18, Taf. 4 bei 
v. Lin stow). Vermutlicb handelt es sich da noch urn Ankl&nge an den 
in der Pbylogenese ehemals zelligen Bau des FettkSrpers, dies um so 
mehr, als er auch in der Richtung der Korperachse zellig gegliedert 
scbeint. Wenigstens lieBen sich in etwas unregelmafiigen Abstanden 
schwache Einschnfirungen nnd an diesen scheinbar Querwfinde feststellen. 
Ob nun diese Ankl&nge an einen zelligen Bau nur gewissen onto- 
genetischen Stufen zukommen Oder ob sie auch der Fettkfirper eines 
geschlechtsreifen Tieres zeigt, w&re erst noch festzustellen; sollte letzteres 




Fig. 14. 


Fig. 13. Mermis quadripar- 
tita v. Linetow. Ansicht dee 
Eopfendes. Vergr. etwa 125. 

Fig. 14. Mermis quadripar¬ 
tite v. Linetow. Ansicht dee 
Schwanzendee. Vergr. etwa 125. 


nicht zutreffen, so w&re natQrlich auch der systematische Wert dieser 
Eigenschaft kaum hoch einzusch&tzen. 

Wie v. Lin stow schon erw&hnt, sind 6Kopfpapillen vorhanden; 
sie stehen sehr weit vorn (vgl. Fig. 13). Leider gelang mir nicht, die 
Seitenorgane sicher aufzufinden. Ich vermute aber, dafi sie hinter den 
Seitenpapillen liegen nnd nur eine enge Oeffnung nach aufien besitzen, 
fiberhaupt sehr klein sind. 

Die Munddffnnng liegt in der Mitte der wenig ausgepr&gten 
KopfvorwQlbung. Das Oesophagusrohr war nnr wenig fiber das 
Vorderende des Fettkfirpers hinaus zu verfolgen, da letzterer kompakt 
war und alles verdeckte. 

Der Nervenring war noch sehr undeutlich ausgepr&gt. 

Das Schwanzende ist, wie die Fig. 14 zeigt, stumpf gerundet 
und zeigt bei dem einen Tier noch ein kleines Anh&ngsel. v. Lin stow 
zeichnet auf seinem Querschnitt je einen breiten Lateral-, je einen 
8chmfileren Medial- und einen ganz feinen Ventrosubmedialwulst. Er 


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460 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 6. 


scheint das Tier etwas hinter dem Vorderende des Fettkfirpers geschnitten 
zu haben. Seine Angaben fiber die prozentualen Ausdehnnngen der 
Muskelfelder im Querscbnitt scbeinen nicht ganz richtig zu sein, da er 
dabei die in Abzug zu bringenden Prozente 
der Lfingswfilste nicbt berficksichtigt. 

Wie aus diesen Angaben hervorgeht, 
muB die Art als noch sehr unsicher und 
ungenfigend bekannt angesehen werden. 



Fig. 16. 




Fig. 15. Mermis involute v. Linetow. Aneicht des 
Kopfendee von einer Medialseite. Vergr. etwa 600. M sogeo. 
Mundpapiiie, L Lateralpapille oder vielleicht Seitenorgan. 

Fig. 16. Mermis involata 7. Linstow. Seitliche An- 
sicht des Vorderendee. Vergr. etwa 260. M sogen. Mnndpa- 
pi lie, R Retractor oesophagi, L Lateralpapille oder vielMcht 
Seitenorgan. 

Fig. 17. Mermis involnta y. Linstow. Schwanzend*. 
Vergr. etwa 62. 


5. Mermis involuta v. Linstow. 

Fig. 15—17. 

Mermis involuta v. Linstow 1906. S. 247. Taf. 4. Fig. 22; 
Taf. 5. Fig. 23. 

Fundangabe: 2 jugendliche Tiere in Amedjowe in Togo, 
von „Yam“-Wurzeln abgenommen (leg. Graf Zecb). 


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Steiner, Beitrage zur Kenntnis der Mermithiden. 


461 


Gr5fienverh&ltnisse: L. = 103—158 mm; D. = 0,39—0,47 mm. 

Bemerkungen: Die Haut besitzt ziemlich grobe Kreuzfaserung 
und ist sebr dick (15—16 fi in der Gegend des Nervenringes). 

Das Kopfende ist breit gerundet; die von v. Lins tow erw&hnte 
„Vorragung u der OesophagusmOndung habe ich nicht bernerkt. Die 
Zahl und Anordnung der Kopfpapillen ist anders, als der erwahnte 
Forscher dies darstellt. Er scbeint nur die Submedialpapillen geseben 
zu baben, wfihrend ich dafbr halte, daB 6 Kopfpapillen und 2 so- 
genannteMundpapillen vorhanden sind. Die letzteren liegen lateral 
and weiter vorn ganz nahe der Mundbffnung. Ihr Bau (Fig. 15) scheint 
eher auf ein rudimentdres Organ zu weisen. In der FISchenansicht 
(Fig. 16) war lediglich ein kleines feines Kreischen zu sehen. In der 
Profilansicht (Fig. 15) erweist sich die Haut an dieser Stelle verdunnt, 
und von innen sieht man einen Faden (vielleicht nervbser Art!) an die 
Oberfldcbe streicben; er ist aber von keinen StQtzzellen umgeben, wie 
dies sonst bei den Papillen der Mermithiden der Fall ist. Der „Faden“ 
scheint aucb keinem Fapillenendkdrpercben zu entsprechen. 

Die Frage liegt nun nabe, ob es sich bier noch urn eine funktions- 
fdbige oder eine schon funktionslose, rudiment&re Bildung handle. Ich 
glaube, daB es sich hier urn die gleiche Bildung, die Hagmeier als 
Mundpapillen bezeichnet(z.B. bei M. arenicola Lauterborn), handelt 

Was nun die 6 Kopfpapillen betrifft, ist folgendes zu bemerken. Die 
submedialen haben ganz Papillennatur; betreffend der lateralen bin ich 
einigermallen im Zweifel; es k6nnte sich auch um die Seitenorgane 
handeln. Von der FISche gesehen, treten sie kaum hervor (Fig. 16); 
in Profilstellung (Fig. 15) waren, wenigstens bei dem vorliegenden 
Stflcke, die Papillenorgane nicht sicher und deutlich zu erkennen. 

Der ganze Bau des Vorderendes erinnert an jenen der Mermis 
arenicola Lauterborn (s. bei Hagmeier S. 574. Taf. 18. Fig.22; 
Taf. 20. Fig. 43 u. 43 a). Diese letztere Art scheint aber 6 einander 
durchaus gleiche Papillen und dann viel deutlichere und hdher gestielte 
Mundpapillen zu besitzen. Weiter konnte ich bei den vorliegenden Tieren 
an der Stelle, wo bei M. arenicola die Seitenorgane liegen, diese 
nicht auffinden. 

Das Schwanzende ist breit gerundet (Fig. 17); auch in dieser 
Beziehung ergibt sich grolle Aehnlichkeit mit Mermis arenicola 
Lauterborn. 

Die L&ngswtllste bat v. Linstow an einem Querschnittsbild bereits 
dargestellt (Fig. 22, Taf. 4 seiner Arbeit). Falls seine Darstellung richtig 
ist, hstten wir etwas dorsal verschobene Lateralwiilste, schmale Ventro- 
submedialwfllste und je einen dorsalen und ventralen Medialwulst, von 
denen der letztere wieder etwas krfiftiger ist. 

Der Nervenring liegt 0,357 mm vom Vorderende entfernt; der Fett- 
kdrper beginnt 0,153 mm weiter hinten. 

SchlieBlich wfire noch die Frage zu berflhren, ob nicht die Formen 
mit Mundpapillen zweckmafiig n&her vereinigt wiirden, indem sie als be- 
sonderes Subgenus zu Mermis gestellt, allfallig sogar als eigenes Genus 
von diesem getrennt wflrden. Hindernd zur Entscheidung und Stellung- 
nahme ist leider immer wieder das unvollstandige Material. Von vielen 
Mermithidenformen kennen wir nur noch die Larven, was auBerordentlich 
binderlich ist fOr die Aufstellung einer befriedigenden systematischen 
Gruppierung. 


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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 6. 


6. Mermis pachyderma v. Linstow. 

Fig. 18—20. 

Mermis pachyderma v. Linstow 1906. S. 248. Taf. 4. Fig. 24; 
Taf. 5. Fig. 23. 

Fun dan gabe: 1 jngendliches Tier. Mftrz 1906, Colonia popular 
(Ozaco), Buenos Aires, aus der Wanderbeuschrecke Schistocerca para- 
nensis (leg. Prof. Dr. Wolffhflgel). 

Bemerkungen: v. Linstow scheint mehrere Stficke dieser 
Art zur Verfflgung gehabt zu haben; mir lag ein einziges vor. 
Auch fflr diese Form sind die Angaben des erwfihnten Forschers nicht 



Fig. 18. 


Fig. 19. 


Fig. 18. Mermis pachyderma v. Linstow. Kopf- 
ende, seitlich geseben. Vergr. etwa 250. M sogen. Mund- 
papille, L Lateralpapille Oder vielleicht Seitenorgan. 

Fig. 19. Mermis pachyderma ▼. Linstow. Kopf- 
ende, medial gesehen. Vergr. etwa 250. M Mundpapille, 
L Lateralpapille Oder vielleicht Seitenorgan, Sm Submetiial- 
papille. 

Fig.20. Mermis pachyderma v.Linstow. Schwanz- 
ende. Vergr. etwa (52. 

ganz zutreffend. Immerhin bandelt es sicb nur 
um larvale Tiere, und so muB die Beschreibung 
sehr unvollstandig bleiben. Nach Aufhellen des 
einzigen Stuckes in essigsaurem Glyzerin und sorg* 
ffiltiger Untersuchung namentlich des Vorderendes kann ich v. Lin¬ 
stow s Angaben etwas vervollst&ndigen. 

Die H a u t ist in der Tat sehr dick; ich mail 80—85 ; die Kreuz- 

faserung ist gut sichtbar, ja auffailig. 

Das Kopfende ist breit und stumpf gerundet. Die Zabl der Kopf- 
papillen ist nicht nur 4 wie der genannte Forscher meint; wir haben 
vielmehr lateral je eine sogenannte Mundpapille, die sehr weit vorn liegt; 
v. Linstow hat sie auch gesehen, was aus seiner Fig. 23 Taf. 5 deutlich 
hervorgeht; aber er wurde sich der Papillennatur dieser Bildung nicht 
bewuBt, da er die Tiere nur in Seitenlage untersucht zu haben scheint. 
In der Mediallage (Fig. 19) werden sie als solche sehr gut erkennbar; 
immerhin bin ich der Ansicht, daB es sich hier um Papillen in Rflck- 
bildung handelt; die Fig. 19 zeigt eine derselben noch mit nervOsen 



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Steiner, Beitr&ge zur Kenntnis der Mermithiden. 


463 


Endbildungen, die andere nicht mehr; es war mir nicht mfiglich, genauen 
AufschluB fiber das wirkliche Vorhandensein von Endiasern Oder End- 
st&bchen zn erhalten. 

Merkwflrdig verhalten sich die weiter hinten stehenden eigentlichen 
Kopfpapillen. Ibre Zabl betrfigt 6; je eine steht submedial und 
lateral, v. Linstow scheint nor die 4 submedialen erkannt zn haben. 
Non muB allerdings gleich bemerkt werden, daB die letzteren deutlicber 
Bind als die lateralen, und wir es hier vermutlich mit ungleichwertigen 
Bildnngen zn ton baben; die lateralen ragen kaom etwas vor und scheinen 
auch etwas abweichend nnd leicbt dorsal verschoben zu sein (vgl. Fig. 18 
a. 19). Ja, man mdchte vermuten, daB bier ein papillenartig ge- 
bildetes Seitenorgan vorliegen wfirde; denn trotz alien Snchens 
gelang es mir nicht, die letzteren aufzufinden. 



Fig. 21. 


Fig. 21. Mermiei gracilis r. Linstow. 
geeehen. Vergr. etwa 500. 


Fig. 22. Mermis gracilis v. Linstow. 


Fig. 22. 

Kopfende, scheinbar leicht submedial 
Schwanzende. Vergr. etwa 125. 


Das Schwanzende ist stumpf gerundet und etwas verjflngt (Fig. 20); 
fiber den inneren Aufbau gibt das Querschnittsbild v. Lin stows (s. seine 
Fig. 24 Taf. 4) etwelcben AufschluB. 

Grfifienverh&ltnisse: L. = 108,0 mm; D. = 0,595 mm; Dicke 
bei den Kopfpapillen = 0,160 mm. 

Schliefilich mfissen wir noch auf die groBe Aehnlicbkeit dieser Form 
mit M. involuta hinweisen. Der Bau des Vorderendes ist SuBerst 
ihnlich; die Papillenzahl und Anordnung ist dieselbe. Die Vermutung, 
daB wir es hier mit derselben Form zu tun baben, ist gewiB berechtigt. 
Die Verschiedenbeit des Fundortes (hier Argentinien, dort Togo) spricht 
gewiB nicht dagegen. Das Auffinden geschlechtsreifer Tiere wird da 
Licht zu bringen vermogen. 


7. Mermis gracilis v. Linstow. 

• Fig. 21 u. 22. 

Mermis gracilis v. Linstow 1906. S. 247. Fig. 19,20. Taf. 5. 
Fnndangabe: 4 larvale Tiere aus Raupen in Ost-Java (leg. 
Zim mermann). 


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464 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 

Bemerkungen: Es gelang mir nicht, zur Kennzeichnung dieser 
Art wesentlich mehr beizubringen, als schon v. Lin stow auffQbrt Die 
Haut ist tats&chlich mit Kreuzfasern versehen, aber sehr dQnn (in der 
Gegend des Nervenringes 3,8—4 n). Das Kopfende hat 6 Papillen, die 
sich breit und flach vorwSlben und stark nach vorn gerflckt sind (Fig. 21). 
Die Seitenorgane waren nicht mit Sicherheit aufzufinden; vielleicht, daB 
sie etwas hinter dem Papillenkreis und leicht dorsal verschoben liegen, 
dort wo sie auf Fig. 21 hingesetzt sind. 

Das Schwanzende (Fig. 22) hat v. Linstow gut dargestellt; es 
ist verl&ngert. Das Oesophagusrohr war sehr schwach; vorn sah ich 
bei einem Tiere noch deutlich die Spitze eines Mundstachels. Nach der 
Fig. 19 bei v. Linstow kdnnte man meinen, es wire ein mit radiSrer 
Muskulatur ausgerflstetes Oesophagusrohr vorhanden, was aber nicht 

zutrifft. Was der erw&hnte For- 
scher als zum Oesophagusrohr ge- 
hdrend bezeichnet, ist ein vor dem 
Nervenring liegender plasmatischer 
K6rper (vielleicht ein weit nach 
vorn ragender Teil des FettkSrpers 
oder eine grofie Zelle unbekannter 
Natur), dessen Deutung mir nicht 
mOglich war. Der Nervenring nnd 
die umgebenden Ganglien bilden 
einen sehr kompakten Kdrper, Jhn- 
lich wie etwa bei jugendlichen Her- 
mis nigrescens. 

v. L i n s t o w ftlhrt eine Kdrper- 
lftnge von 122 mm und eine Dicke 
von 0.26 mm an. 

SchlieBlich mag noch erwfihnt 
sein, daB ich die von v. Linstow 
erw&hnte dor sale und ventrale lip* 
penartige Erhebung am Kopfende 
nicht sah. 

Mermis gracilis bleibt so 
eine recht ungenflgend beschrie* 
bene zweifelhafte Art. 


c) Rudolphls Filarla trancatula = Mermis trnnc&tnla (Bndolphl). 

Fig. 23. 

Filaria truncatula Rudolphi 1819. S. 214. 

Gordius truncatulus Diesing 1851. Bd. 2. S. 87. 

Mermis truncatula MeiBner 1856. S. 48. 

Mermis truncatula v. Linstow 1899. S. 158. 

Rudolphi hat diese Form 1819, wie folgt, beschrieben: 

Cel. de Baer, Professor Regiomontanus Filariam misit in Pha- 
langii Opilionis abdomine a se repertam, in aqua autem disruptam, 
ut integram non acceperim. 

Pars mihimet oblata fere bipollicaris tenuissima, alba; capite 
truncata; ore, ni fallor, sex papillis cincto; parte posteriore paulnlnm 
increscente. 

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Steiner, BeitrSge znx Kenntnis der Mermithiden. 


465 


Tabus cibarias rectas, in qaadam ab ore distantia constrictns. 

Meifiner hat dann als erster erkannt, dafi es sich bei vorliegender 
Form wohl am eiae Mermis baadelt. 

v. Lin stow scbeint (I8b9) Radolphis Stflck ebeafalls unter den 
Hlinden gehabt zu haben, macht aber keine weiteren Angaben anfier 
bezQglich der Lfinge, far die er 54—136 mm aaffQbrt. Wie er za diesen 
Mafien kam, ist mir nicht klar. Das mir vorliegende Tier Radolphis 
ist tats&chlich nor ein vorderes TeilstQck. 

Ich habe versucht, den Baa dieses Teilstflckes, das, wie Qbrigens 
y. Lin stow bereits erkannt hat, einer Larve angehOrt, eingehender za 
antersachen; leider gestattete der Erhaltungszustand nicht, za be- 
friedigenden Ergebnissea za kommen. Das Vorderende ist in Fig. 23 
dargestellt. Die Hant weist dentliche Kreuzfasernng auf and 
scheint auch noch verhfiltnismfifiig dick za sein. Die Zahl der Kopf- 
papillen hat Rudolphi in richtiger Weise mit 6 angegeben; sie ragen 
deatlich als runde Hdcker vor. Vergeblich mflhte ich mich am die 
Seiteaorgane. Vermutlich liegen sie den Seitenpapillen eng an, so 
wie es die Fig. 23 zeigt; aber was dort dargestellt ist, darf nicht als 
endgflltig feststehend angesehen werden; das Tier war za wenig dorch- 
sichtig, als dafi diese Verhfiltnisse mit der nbtigen Sicherheit hfitten 
erkannt werden k5nnen. 

Der Oesophaguskanal war nnr ganz vorne deatlich erkennbar. Die 
yon Rudolphi erwfihnte Einschnfirang des Verdaaangskanals scheint 
mir aaf Tfiuschung za berahen; das vorderste Stack des Fettkbrpers ist 
nach meinem Dafflrhalten beim vorliegenden Tiere losgerissen; die Rifi- 
stelle hat dann einige Aehnlichkeit mit einer Einschnflrung. 

Mehr liefi sich bezaglich der Organisationsmerkmale an diesem 
TypenstOck Radolphis heate nicht mehr feststellen. Jedenfalls handelt 
es sich am eine Mermis-Form. 

Als Wirtstiere werden Yon Rndolphi (1819. S. 6) Phalangium 
cornntum und Opilio angegeben. 

▲ufgefthrte Sdurifton. 

Diesing, C. M., Systems Helmintbum. Vindobonae 1850. — Dujardin, 
M. Felix, Histoire naturelle des Helminthes on vere intestinaux. Paris 1845. — 
flagmeier, Arthur, Beitr&ge zur Kenntnis der Mermithiden. I. Biologische Notizen 
nod svstematische Beschreibung einiger alter und neuer Arten. (Zool. Jahrb. Abt. 
8yst. Bd. 32. 1912.) — Li ns tow, O. v., Qordiiden und Mermithiden des Kgl. Zool. 
Museums in Berlin. (Mitt. a. d. ZooL Mus. zu Berlin. Bd. 3. 1906.) — MeiBner, G., 
Beitrage zur Anatomie und Physiologie der Gordiaceen. (Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 7. 
1856.) — Rudolphi, C. A., Entozoorum synopsis. Berolini 1819. 


Unit Abt. Otic. Bd. 87. 


Heft 6. 


30 


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466 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


Naehdruck verhoten. 

Ueber Rattenvertilgiingsmittel. 

Von Tierarzt L. Bahr, Laboratoriumsvorsteher in Kopenhagen. 

Im Centralblatt fttr Bakteriologie etc. Abt. I. Orig. Bd. 87. 1921. 
S. 39-50 haben Dr. Eugen Neumark und Dr. H. Heck kfirzlich 
dieses Thema behandelt. 

Die Genannten haben eine grfiBere Anzahl verschiedener, zur Ratten- 
vertilgung im Handel befindlicher Bakterienpr&parate bakteriologisch 
untersucht, mit dem Ergebnis, dafi von 10 untersucbten Kulturen nor 
3 Prfiparate Bakterien aus der Paratyphus- Gfirtner-Gruppe enthielten. 
Sie waren aber in der Mebrzahl der Ffille stark mit andersartigen Keimen 
verunreinigt. Nur bei 2 Prfiparaten, nfimlich bei „Ratin“ nnd „Ratten- 
fort u wurdeeineReinkultur gefunden, und zwar „Enteritidis Gfirtner*. 

Diesen Untersnchungsresultaten kann ich auf Grand vieljfihriger 
Erfahrungen bei Untersuchung vieler anderer „zur Rattenvertilgnng* 
im Handel befindlicher Bakterien prfiparate (z. B. „Azoa“, „ Raticide 4 , 
„Pehrs Rfittbaciller" (Schweden), „Reefers Rat Virus", „Fragile“, „Liver¬ 
pool Virus" (Kartoffelkultur) etc. vollstfindig beistimmen. Die meisten 
der unter dem Namen „rattentfitende Bakterienkulturen" in den Handel 
kommenden Prfiparate enthalten entweder grobe Verunreinigungen von 
Coli, Kokken u. a. Saprophyten, und nur bei genauester Untersuchung 
lassen sich in einigen derselben „Rattenschfidlinge“ in sehr geringen 
Mengen nachweisen, oder — und das ist meistens der Fall — sie ent¬ 
halten gar keine „Rattenschfidlinge“, in mebreren Fallen sogar Rein- 
kulturen von unschadlichen Saprophyten. 

Wenn die oben genannnten Untersucher darum fiber MiBstfinde im 
Verkehr mit bakterienhaltigen Ratten- und Mfiusevertilgangsmitteln 
sprechen, und wenn sie hervorheben, daB, wenn z. B. eine Firma ein 
bakterielles Rattenprfiparat herstellen und vertreiben will, glaubt nor 
ndtig zu haben, von einer anderen Firma eine passende Kultur zu be- 
schaffen, die sie nun im eigenen Betriebe recht und schlecht weiter- 
impfen IfiBt, so ist dies sicher als richtig zu bezeichnen, und diese Tat- 
sache sollte Veranlassung dazu geben, alle Bakterienkulturen zur Ratten- 
und Mfiusevertilgung einer stfindigen amtlichen bakteriologischen Ron- 
trolle auf ihre Reinheit zu unter werfen, ehe die Freigabe im Handel 
erfolgt, zur Bestfitigung, daB solcbe Prfiparate wirklich „Rattenschid- 
linge" in Reinkultur oder so gut wie Reinkulturen enthalten. Zweifels- 
ohne werden diese Untersuchungen den AnstoB dazu geben, solche 
Kontrollmafinahmen einzuffihren. Dieselben werden mit Freuden von 
solchen Laboratorien begrfiBt werden, die immer bestrebt waren, ein- 
wandfreie Kulturen abzugeben. 

Soweit bin ich in voller Uebereinstimmung mit den genannten 
Forschern. Wenn aber Neumark und Heck auf Grand der von ibnen 
vorgenommenen Ffitterungsversuche an Ratten den SchluB ziehen wollen, 
daB auch keins der als Reinkulturen bezeichneten Prfiparate als Ratten- 
vertilgungsmittel von Bedeutung ist, so muB dieser SchluB mit Rfick- 
sicht auf das von ihnen veroffentlichte Versuchsmaterifil als vdllig un- 
berechtigt bezeichnet werden. Denn welche Versuche haben sie vor- 


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Babr, Ueber Batten vertilguugsmittel. 


467 


genommen? Im ganzen haben sie mit „tiber 40 Ratten“ experimentiert, 
wie sie sagen, das soil wahrscheinlich heiBen, daB sie mit ca. 40 Ratten 
alle Prfifungen vorgenommen haben. Eine bestimmte Anzabl von Ratten 
zn jedem Versuche nennen sie nicht, so daB es schwierig ist, die ein-. 
zelnen Versuche kritisch zu beurteilen. Haben sie nun aber, sagen wir, 
40—42 Ratten im ganzen benutzt, dann haben sie, wenn 10 verschie- 
dene Babterienkulturen untersucht worden sind, von diesen Tieren durch- 
schnittlich ca. 4 Ratten fur jeden Versuch gehabt, ein gar zu kleines 
Tiermaterial (siehe unten), wenn man aus den Versuchen beweiskrfiftige 
Schliisse ziehen will, wie es Neumark und Heck gemacht haben (siehe 
S. 45—46). Denn wir wissen ja, daB Ratten den zu der Gruppe der 
„Rattenschadlinge“ gehdrigen Bazillen gegenflber von verschiedener Em* 
pf&uglichkeit sind, und daB durchscbnittlich nur ein gewisser Prozent- 
satz davon infizierbar ist, daB es also Rattenst&mme gibt, welche so 
gut wie immun sind. Versuche mit solchen Ratten sind nicht maBgebend. 

Gehen wir n&her auf das Versuchsmaterial Neumarks und Hecks 
ein, dann ergibt sich folgende Uebersicht: 


(Im ganzen) 

Mit „Rattoleum“ haben sie 2 eingef&ng. Ratten gefiitt., d. h. 2 Ratten 

„ „Rattapan“ ,, yy 5 » „ „ iy » 5 yy 

?» v Rattenfort u I. V. (1920) » » 2 » yy ff yy ,, 2 „ 

„ „Rattenfort“ 2. V. „ „ 2(?) 4 ) „ „ „ „„ 2 „ 

« »Pogrom“ i) ft 4 (?) *) }J yy yy yy ff 4 yf 

>i „Pestigen“ yy „ 2(?) 8 ) „ „ yy yy ,, 2 ,, 

ii „Rattagalin“ yy yy 5 n » » i» » ^ » 

u „Maurabazillin“ yy yy 12 yy yy yy 19 yy 12 yy 

ii jjOanysz Bacil.“ „ 1 ,, ,, yy yy ,, 1 yy 

Im ganzen = 35 Ratten 


Im Sommer 1920 haben N. und H. angeblich auch Versuche mit der 
in bakteriologischer Hinsicht als einwandfrei bezeichneten Ratinkultur 
vorgenommen. Sie geben an, daB sie „eine grOBere Anzahl Ratten, 
die sfimtlich aus Berlin stammten 44 , mit dieser Kultur geffittert haben. 
1 Ratte haben sie intraperitoneal und 1 subkutan injiziert, welche beide 
der Ratininfektion erlagen. Von der „gr6Beren Anzahl 44 Berliner-Ratten, 
die mit Ratin geffittert wurden, starben keine. Vergleicht man die von 
N. und H. im ganzen benutzte Anzahl von Ratten und die oben an- 
geffihrten Zahlen, so ergibt sich, dafi N. und H. gar nicht berech- 
tigt sind, zu schreiben, daB sie eine „gr5Bere Anzahl 44 
Berliner-Ratten mit Ratin geffittert haben, sondern es geht 
aus diesem Vergleich der von denAutoren selbst angegebenen 
Zahlen mit aller Deutlichkeit hervor, daB sie hfichstens 4-5 Ratten 
mit Ratin geffittert haben kOnnen (35 + 2 + 5 = 42). Also haben sie 
nicht mit einer „gr5Beren Anzahl 44 Berliner-Ratten experimentiert, sondern 
mit einem sehr kleinen Material, das vie! zu gering ist, um 


1) Genaue Angaben fiber gefutterte Ratten wurden beim 2. Versuch nicht ge¬ 
macht, da aber N. u. H sagten: „Eine rattenpathogene Wirkung war auch diesmal 
nicht featzu8tellen tt , mussen also Ratten — ich nabe angenommen, wenigstens 2 Ratten 
— beim Versuch eingegangen sein. 

2) Hier sind ebenfalls keine genauen Zahlen mitgeteilt, aber wenn es bei N. u. H. 

heifit: ^Futterungsversuche an einer Anzahl von Ratten fielen-voilig negativ 

aus*, habe ich unter „einer Anzahl* mindestens 4 Ratten verstanden. 

3) Auch hier ist keine bestimmte Zahl von Ratten angegeben; es wird nur mit- 

S eteilt, „eine rattentfitende Wirkung war nicht festzustellen*. Hier mussen also min- 
estens 2 Ratten verwendet worden sein. 

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468 


Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


allgeraeine Schlflsse ziehen zu kSnnen. Als ezakte wissenschaftliche 
Untersuchungen kdnnen derartige kleine Versuche nicht gelten. 

Ich habe in einer Abhandlnng in dieser Zeitschrift bereits 1905 
(Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 39. 1905) folgende Schlflsse ge- 
zogen auf Grnnd umfassender Ffltternngsversnche mit Ratin an Ratten: 

s Zar Benrteilung des Katins als rattentdtendes Mittel warden 
desbalb (d. h. weil Ratten von verschiedenen Btelien sehr verschteden empfinglicb 
gcgen fiber Katin sind) nur eolche Versnche sich verwerten lessen, die an 
Batten von verschiedenen Orten angestellt warden, da man erst dann 
das richtige Resultat erhalt Als Basis dieser BchluSfoIgerung teUte ich da¬ 
rnels das Ergebnis einer Reihe von FntternngsverBUchen an Ratten von einer groBerec 
Anzahl verschiedener Stellen mit. Diese batten nachstehendes Ergebnis: 


10 Ratten ans „R6dovre“, geffitt. m. Ratin, starben 8 an Ratininfekt., 2 uberiebt. 

10 

tt 

ft 

„Vanlo»e“, „ 

ff 

ft 

tf 

8 

ft 

tf 

2 


6 

It 

ft 

„Leraee“, „ 

„Zoolog. Gart.“, „ 
(Kphg.) 

tf 

tt 

tt 

6 

tt 

tt 

0 


20 

if 

ft 

tt 

ft 

tf 

14 

tt 

V 

6 


10 

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„Aluminia“, 

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„Knutnenborg“, „ 

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- 


Von 166 Ratten von 16 Orten, gefiitt. m. Ratin, starben also 114 Ratten an Ratininfektion. 

Die Durchschnittsresnltate dieser Versnche sind also znfrieden- 
stellend hinsichtlich der Virulenz der Ratinkultnr bei Ffltterung Ratten 
gegenfiber. Hfitte man zuffillig nur mit Ratten ans „Aluminia“ experi- 
mentiert, dann hfitte man wahrscheinlich sehr wenig befriedigende Re¬ 
sultat e erhalten, nnd umgekebrt, hfitte man ausschlieBlich mit Ratten ans 
„Marienborg u gearbeitet, hfitte man wahrscheinlich zn gfinstige 
Schlflsse aus den Versuchen gezogen. Arbeitete man ferner nicht 
mit 8—20 Ratten von jedem Ort, sondern nur mit z. B. 1—3 nnd nur 
mit hdchstens 2-4 Ratten in jedem Versuch, dann dflrfte der Spiel - 
ranm fflr Zuffille noch grofler sein. In dieser Belenchtong 
mflssen nach meiner Meinung N. nnd H.s Untersuchungen gesehen 
werden, dann wird man zu dem SchluB kommen, dafi diese Versuche 
ohne Bedeutung bei Benrteilung der untersnchten Enltnren anf ihre 
Brauchbarkeit als rattentfltende Mittel sind. 

N. nnd H. haben die vorgenannten Versuche mit Ratin 1920 vor- 
genommen. In demselben Jahre hat zum Vergleich die schwedische 
Staatskontrolle ! ) Ffitterungsversuche an Ratten angestellt mit Ratin, das 
von den Stockholmer Vertriebsstellen bezogen wurde. 94 Proz. der 
Ratten erlagen der Futterungsinfektion! 

In demselben Jahre habe ich selbst 27 Ratinknltnren durch 
Ffltterung an Ratten untersucht. Das Ergebnis dieser Versuche war. 
daB 81 Proz. der Ratten der Ratininfektion erlagen. 


1) Prof. Dr. Arvid M. Bergmann, AarBredogbrelse for statekontrolien i Sverige 
over ratin prepara ten under 1920. Afgiven till kungl. medicinalstyrelsen den 31. Januari. 
1921 (Ref. Skand. Vetr. Tidskrift XI. 1921. p. 13). 


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Bahr, Ueber Rattenvertilgungsmittel. 


469 


Weiter mflchte ich darauf aufmerksam machen, daB ich im Centralbl. 
f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 80. 1917. S. 213—219 meine 10-jfihrigen Er- 
fahruogen liber Ffltterungsversnche tnit Katin verdffentlicht habe, wobei 
ca. 6000 Katten zur Verwendung kamen. Durch das Studium dieser 
Abhandlung werden leicht verscbiedene MiBversthndnisse betreffs „Ratin tt 
und der Virulenz des Ratinbazillus aufgekl&rt werden. Wenn N. und H. 
nicht imstande waren, aus Ratten, die bei subkutaner Oder intraperi- 
tonealen Injektionen von Ratinknitnr gestorben waren, fQtterungswirk- 
same Ratinkulturen herzustellen, dann ist dieses eine nacb meinen viel- 
jShrigen Erfabrungen sehr natflrliche Sache. Diese Erscbeinnng wird 
auch beobachtet, wenn Ratten nach Fiitterun gsinfektionen mit 
Ratin sterben, und bedeutet nur, dafi einige Ratten imstande sind, die 
Virnlenz zu vermindern. Das Entgegengesetzte ist aber auch moglich! 
Ich werde mich jetzt nicbt mit dieser Virulenzfrage hier n&her be- 
sch&ftigen, sondern beschr&nke micb darauf, auf eine spStere Arbeit 
darliber zu verweisen. 

Auf Grund dieser verschiedenen EmpfSnglichkeit der Ratten sind 
Bakterienkulturen allein nicht genQgend als wirksames Ratten ver¬ 
tilgungsmittel, insofern, als bei einem Teil der rattengeplagten Stellen 
es sich zeigen wird, daB der Erfolg zu gering ist. Dies baben wir hier 
iu Danemark schon 1906 beobachtet und infolgedessen als Supplement- 
prfiparat das r Ratinin“ (ein Scilla-Pr8parat) hergestellt zur 2. Aus- 
iegung an den Stellen, wo die Bakterienkultur zu geringe 
Wirkung gezeigt hat. Diese Kombination einer virulenten ratten- 
totenden Bakterienkultur und eines wirksamen Meerzwiebelprfiparates, 
wie das Ratio system, ist z. B. bekanntlich auch von Xylan der als 
das am besten geeignete Mittel zur rationellen Vertilgung der Ratten 
bezeichnet werden. Bakterienkulturen allein haben irn groBen und 
gauzen in der Praxis nicht geniigend Wirkung. Gifte allein, darunter Meer- 
. zwiebel und andere, wie Phosphor, Arsenik, Strychnin etc., sind auch nicht 
zuverlassig und bewirken unter anderem einen schnellen Tod von vielen 
Individuen in kurzer Zeit, die oft widerwartige Geriiche hervorrufen 
und oft zu groBen Reparaturkosten Veranlassung geben. Es miissen 
z. B. haufig FuBboden etc. abgehoben werden, um die Kadaver zu ent- 
fernen. Also auch vom hygienischen Standpunkt ist dieser Vertilgungs- 
modus nicht zu empfehlen. Wenn nun z. B. N. und H. scheiubar 
Phosphor etc. empfehlen, dann zeigt dies, daB sie eine gar zu geringe 
Kenntnis von den praktischen Verhhltnissen haben. AuBerdem ist der 
Phosphor ein sehr gefahrliches Mittel, besonders wenn es sich darum 
liandelt, Dbrfer und Stiidte von Ratten zu befreien, abgesehen von der 
Feuersgefahr. Ein gutes Meerzwiebelpraparat ist absolut immer vor- 
zuziehen, d. h. wenn dieses (wie z. B. „Ratinin u ), elie es von den Labo- 
ratorien abgegeben wird, an Ratten kontrolliert und so hergestellt wird, 
daB es von den Ratten gern aufgenommen wird. Hingegen ist die An- 
wendung von Meerzwiebel und Meerzwiebelpraparaten ohue vorherigen 
Tierversuch ohne praktische Bedeutung, denn der Giftgehalt der Meer¬ 
zwiebel wecliselt im hohen Grade je nach Art und Standort u. dgl. 
Verhaltnisse, und darum gibt es viele — darunter die meisten im Handel 
befindlichea Meerzwiebelpraparate — die keine Oder zu wenig ratten- 
tStende Eigenschaften besitzen und daher von keiner oder zweifel- 
hafter Wirkung sind. 

DaB es in vielen Giiteru, Dorfern uud St&dten etc. gelungen ist, 
mit Hilfe des Ratinsystems eine so gut wie vollstandige Vertilgung 


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470 


CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 6. 


der Ratten zn bewirken, geht unter anderem ans meiner oben zitierten 
Abbandlung in dieser Zeitschrift bervor. In Deutschland hat man fihn- 
liche Resultate aufzuweisen •). in Schweden and Norwegen desgleichen. 

Die Bekfimpfung der Ratten ist jetzt eine Weltfrage, veil die Pest- 
gefahr Europa n&her and nfiher kommt, and die Ratten bekanntlich 
wichtige Verbreiter der Krankheit sind. Es ist leicht, eine oberfllch- 
liche Kritik an einem PrSparat auszaflben, schwieriger aber etwas 
Besseres an dessen Stelle zu setzen, daher muB man verlangen, daB 
nur umfassende Untersuchungen zu Allgemeinschlfissen verwendet werden. 

Kopenhagen, den 12. Oktober 1921. 


Naehdruek verbotm. 

Agglutinationsversuche mit polyvalenten Coli-Seris. 

Von Dr. Eagen Rom&n, Seraminstituts-Bakteriolog in Budapest. 

Die grollen Schwierigkeiten, welche ans in der Haman- wie in der 
VeterinfLr-Serum therapie bezflglich der Bearteilung der Wirkung ver- 
schiedener Schatz- und Heilsera lediglich auf Grund der klinischen Be- 
obachtung begegnen, lassen das Bestreben, den Wirkungsmechanismos 
dieser Sera auch mit Hilfe des Laboratoriumsversuches zu ergrfinden, 
notwendig erscbeinen. Besondere Schwierigkeiten bietet die rein klini- 
sche Beurteilung der Wirkung und des Wirksamkeitsradius der Heil¬ 
sera bei denjenigen Krankheiten, deren Benennung auf Grund ihrer 
klinischen Symptome erfolgt, bei denen wir aber fiber den Grad ihrer 
Einheitlichkeit in Stiologischer Beziehung noch immer nicht im klaren 
sind. Im folgenden will ich einige BeitrSge zur Frage der Polyvalenz 
der gegen die Coli-Ruhr der Kfilber benutzten Sera liefern. 

Meine Untersuchungen beziehen sich zwar, mit Ausnahme einiger, 
aus kranken Tieren stammender, pathogener C o 1 i - St&mme, auf solche 
StSmme, die aus gesunden Kalbern gezfichtet wurden. Doch lassen so* 
wohl die positiven als auch die negativen Ergebnisse im wesentlichen 
Folgerungen auf die analogen Verh&ltnisse bei pathogenen Coli - Arten zu. 

Eine Erfirterung der Frage, ob eine passive Immunisierung gegen 
die Ruhr der K&lber fiberhaupt gelingt, liegt auBerhalb des Rahmens 
dieser Arbeit. Neben dieser in erster Linie wichtigen Frage ist es von 
grofier Bedeutung, zu entscheiden, ob und inwieweit durch ErhShung 
der Serumpolyvalenz die Wirksamkeit des Serums gegen Erkrankungen, 
die durch verschiedene Coli-StSmme verursacht wurden, erhfiht wird. 

Als Indikator ffir die Polyvalenz benutzte ich die Agglutination. 
Obwohl die Agglutination ffir die Beurteilung der Schutz- Oder Heil* 
wirkung eines Serums nur von beschrfinktem Wert ist, sind wir doch 
zu der Annahme berechtigt, daB die Stfimme, die sich bei der Aggluti¬ 
nation verschieden verhalten, auch gegenfiber den Serumschutzstoffen 
verschieden reagieren. Wenn z. B. 2 Coli-St&mme verschieden agglu- 
tinieren, so ist es ganz unwahrscheinlich, daB das Schutzserum des einen 
gegen die Infektion mit dem anderen Stamme schfitzt. 

1) Prof. Dr. H. Baebiger in Halle a. S. hat mir erst kfirzlich wieder aaf Anfnge 
bestatigt, dafi seine in der Prov. Sachsen, Anhalt und Thuringen seit vielen Jahren mit dem 
Batinverfahren gemachten Erfahrungen vollkommen mit den hiesigen flbereinstinuDea. 


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Roman, Agglutinationsvereache mit polyvalenten Coli-Seris. 


471 


Die fflr meine Untersuchungen benutzten 6 pathogenen Coli- 
St&mme zflchtete ich zum Teil selbst aus rubrkranken Kfilbern, teils 
erhielt ich sie von verscbiedenen anderen Institutes Stamm A wurde 
im Dezember 1919, Stamm B und C im Mai, D und E im November 
1920, F im Febrnar 1921 gezflchtet. Von diesen sind die St&mme A, 
D und F auch m&usepathogen. Aufierdem babe ich im August 1920 
aus den F&zes von 13 gesunden K&lbern 48 und im M&rz 1921 von 
10 Kfilbern 30 Coli-Stfimme gezflchtet. Von je 1 Tier babe ich 2 bis 
5 Stamme isoliert, die ich mit gemeinsamen arabischen Ziffern und 
aufierdem mit dem Index a, b, c, d, e bezeichnet habe. Jeder Stamm 
wurde genau identifiziert. Als Coli betrachte ich die Stfimme, welche 
gramnegativ, beweglich sind und sowohl Trauben- als auch Milchzucker 
vergfiren. (Endo, Drigalski rot.) 

Unter Benutzung dieser Stfimme habe ich aus Kaninchen je 4 1-, 
3- und 10-valente Sera hergestellt. Bei der Herstellung der Sera habe 
ich folgende Erfahrungen gemacht: WAhrend der grofite Teil der Autoren 
Radziewsky, Jatta, Achard, Reiter, teilweise auch Burk und 
Rothberger, mit RQcksicht auf die Toxizitfit der Co 1 i-Bakterien ab- 
getdtete Kulturen als Antigen benutzten, fand ich, dafi man unter Be- 
obachtung einer gewissen Vorsicht auch gut lebende Kulturen verimpfen 
kann. Dabei ist dieses Verfahren weniger zeitraubend. 

Bei Herstellung der monovalenten Sera erhielten die Kaninchen 
zum erstenmal eine Emulsion von 1 Normalise 24-stflnd. Agarkultur 
in 1 ccm physiol. KochsalzlOsung intravenos und nach 5 Tagen 2 Oesen. 
Nach weiteren 5 Tagen wurde eine Probeagglutination ausgeiflhrt. Wenn 
das Serum den homologen Stamm mindestens in einer Verdflnnung von 
1: 1000 agglutinierte, so wurden dem Tiere 10 ccm Blut entzogen. 
Anderenfalls erhielten die Tiere nochmals 3 Oesen Kultur, eventuell 
mehrfach, bis der Titer von 1:1000 erreicht war. Nach erfolgter Blut- 
entnahme immunisierte ich die Kaninchen mit 3 St&mmen und nach 
Ueberstehen dieser Immunisierung mit 10 St&mmen. Nach Herstellung 
der trivalenten Sera erhielten die Tiere zun&chst Vs Oese von jedem 
Stamm, dann je Vs Oese und endlich je 1 Oese in 1 ccm KochsalzIOsung 
in 5-t&gigen Intervallen. Bei 10-valenten Seris babe ich die Immuni¬ 
sierung mit je Vio Oese begonnen, dann je Vs Oese gegeben und diese 
Dosis 1—2mal wiederholt. bis der Serumtiter gegenflber den benutzten 
St&mmen ann&hernd 1:1000 betrug. Hierbei konnten naturlich St&mme 
beobachtet werden, welche den Titer von 1:1000 nicht erreichten. Tier- 
verluste kamen anfangs selten vor; erst bei der Immunisierung mit 
10 St&mmen sind mehrere Kaninchen verendet. Von 13 verwendeten 
Kaninchen verendeten, bevor ihr Serum brauchbar war, 4, so dafi die 
12 Sera mit 9 Kaninchen hergestellt wurden. Die Sera wurden mit 0,5- 
proz. Phenol konserviert. Auf diese Art habe ich folgende Sera erhalten: 


a) Monovalent* Sera: 1)601 eeinAntig.: 

2) 531 „ „ 

3) 591 „ „ 

4) 621 „ „ 

b) Trivalente Sera: 1)69111 „ „ 

2) 53 III „ „ 

3) 59111 „ „ 

4) 62111 „ „ 

c) Decern valente Sera: 1) 69 X „ „ 

2) 73 X „ „ 

3) 76 X „ „ 

4) 74 X „ „ 


A 

B 

la 

6a 

A, B, la 

B, 7a, 9d 
la, lOd, lie 
6a, 12a, 13b 

A, B, la, 6e, 7e, 9e, lOe, 15 e, 17d, 18e 

B, lb, 6b, 7a, 9d, 10b, 11a, 12b, 13a, 14a 
la, 6c, 7c, lOd, lie, 12c, 15c, 16a, 17c, 18c 
Id, 6a, 7b, 10c, lib, 12a, 13b, 15a, 16d, 17a. 


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100 

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— 200 

_ 

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— 6400 


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100 + 
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Roman, Agglutinationsversuche mit polyvalenten Coli-Seris. 


473 


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Agglutinationstiter mit Serum Nr. 




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601 

69 III 

69 X 

531 

53111 

73 X 

591 

59 III 

76 X 

621 

62 III 

74 X 

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200 


400 




6400 

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6 400 

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16 b 

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200 

— 

200 

— 

50 

— 

6400 

— 

6400 

1600 

16d 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

60 + 

16 e 










50 + 


100 + 

17 a 









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100 + 


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17 c 

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— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

800 

— 

— 

400 

17 d 

50 + 

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800 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1600 

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400 

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— 

200 

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3200 

800 + 

6400 + 

1600 

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12800 + 
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— 

400 


800 

1600 + 
800 

50 

— 

3200 

400 

6400 

1600 


Alle geziichteten Stfimme babe ich znnSchst mit sSmtlichen Seris eioer 
Probeagglutination anterworfen. Hierzu stellte ich in Agglutinations* 
rOhrcben VerdQnnungen von 1:50 und 1:100 her und setzte je 1 Tropfen 
einer Aufscbwemmung 24-stfind. Agarkultur zu. Die Rbhrchen blieben 
24 Std. im Brutschrank. Von einer Bestimmnng der Normalagglutinine 
der Kaninchensera babe ich abgesehen, weil nach den Untersuchungen 
▼on Jatta, Reiter nnd anderen sich in den Kaninchenseris nor aus- 
nahmsVeise Normalagglutinine gegen Coli-Bakterien, und dann auch 
nor hdchstens in Verdflnnungen von 1:30 bis 1:40, linden. Daher 
babe ich nur die StSmme mit den entsprecbenden Seris bis zur Titer- 
grenze agglutiniert, die bei der Probeagglutination mindestens bei 1:50 
ein positives Ergebnis zeigten. 

Bei den Hauptagglutinationsversuchen (Dezember und Januar) bin 
ich von einer Verdflnnung von 1:50 ausgegangen und babe die StSmme 
bis zur Titergrenze agglutiniert. Daneben wurden immer Kontrollen 
angesetzt. Die Resultate wurden nach 24 Std. abgelesen und sind in 
Tab. I wiedergegeben 1 ). 

Die Agglutination der frisch (im MSrz 1921) gezficbteten StSmme, 
die bei der Herstellung der Sera nicht Verwendung fanden, zeigt die 
Tabelle Nr. II. 

Auf Grund dieser Daten wollen wir zu der viel umstrittenen Frage 
Stellung nehmen, ob alle zu derselben Zeit aus dem Darmtraktus eines 
Individuums geziichteten Coli-StSmme identisch sind. Sidney Wolf 
bebauptet an Hand eines Immunisationsversuches, daB in einem Darm nur 
1 Art Coli vorhanden ist Dagegen fanden Jatta, Burk, Radziewsky, 
daB die zu gleicber Zeit geziichteten Coli-StSmme in ihrem Agglu- 
tinationsvermdgen verschieden sind, obgleich ihre kulturellen un'i bio- 
logiscben Eigenschaften Qbereinstimmen. 


1) Die Nummern der Hera stimmen uberein mit den Nummern der Raninchen; die 
nebenstehende romiacbe Zabl zeigt die Valenz an. Die Agglutinationstiter der bei der 
Herstellung der Hera benutzten isobomologen Stamme sind in der Tabelle mit fett ge- 
drnckten Zahlen wiedergegeben. 


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474 


Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originate. Bd. 87. Heft 6. 
Tabelle II. 


Gruppe 

Coli- 




Agglutinationetiier nut 8erum Nr. 




y tarn m 

601 

69 III 

| 69 X 

| 531 

53 mi 

73 X 

591 

59 III 

76X 

621 

62 III 

741 

20 

21a 

— 

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— 

— 

— 

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— 

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— 

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— 

— 

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— 

100 

— 

— 

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— 

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— 

— 

— 

— 


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— 

— 

— 

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— 

50 


— 

— 

— 

— 

— 

23 

24a 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

_ 

— 

— 


24b 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


— 


24c 

— 

— 

— 

— 

— 

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— 

— 

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_ 

_ 

_ 

— 

— 

— 

— 


26c 

— | 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

26 

27a 


_ 

400 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

800 

— 

3200 

3200 


27b 

— 

— 

400 

_ 

_ 

_ 

— 

— 

1600 

— 

3200 

3200 


27c 


— 

200+ 
400 ± 

— 

— 


— 

— 

1600 


3203 

320. 

27 

28a 



_ 




_ 

_ _ 

800 

— 

100 

50 


28b 

— 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

400 

400 

1600 

160) 


28c 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

800 

400 

*1600 

1600 

28 

29a 

_ 

_ 

800 

50± 

_ 

200 

_ 

200 

200 

— 

800 

ax 


29b 


— 

200 


_ 

200 

_ 

100 

400 

— 

400 

100 


2Wc 

— 

— 

— 

— 

— 

100 

— 

100 

400 

— 

800 

100 

29 

30a 

— 

— 

1600 

50 + 
100 ± 


— 

— 


800 

— 

1600 

200 


30b 

— 

— 

400 

_ 


_ 

_ 


800 

— 

1600 

200 


30c 

— 

— 

400 

— 

— 

— 

— 

j - 

50 

— 

400 

50 


Aus den Tabellen ist festzustellen, dafi alle von je einem Kalbe stam- 
menden Stamme — mit wenig Ausnahmen — von einem und demselben 
Serum agglutiniert werden. Doch sind die Agglutinationstiter innerhalb 
dieser Gruppen fast immer verschieden. 

So z. B. agglutiniert Serum Nr. 69 X 4 StSmme der Gruppe 11 
bis zur Verdunnung 1:100, den 5. bis 1:200. Serum 621 agglutiniert 
seinen isohomologen Stamm bis 25600, dagegen die anderen 4 Stamrae 
dieser Gruppe bis 1:800—1:3200. Stamm 1 wird uur durch die 
10-valenten Sera agglutiniert, wahrend die anderen zu dieser Gruppe 
gehorigen Stamme auch mit anderen Seren reagieren. In anderen Fallen 
wieder agglutiniert jeder Stamm von einer Gruppe bis zum gleichen 
Titer. Daraus konnen wir folgern: Die aus dem Darm eines Indivi* 
duuras geziichteten Coli-Bazillen sind einander nahe verwandt, be- 
sitzen aber immunbiologische Verschiedenheiten. Ihre Rezeptorapparate 
sind nur teilweise gleich. Mit Rucksicht auf ihre ahnliche Aggluti- 
nabilitMtstendenz miissen wir sie in unserem Versuche bei der Beurteilung 
des Polyvalenzvermogens als gleich ansehen. Aus diesem Grunde be* 
trachten wir im folgenden die aus einem Tiere stammenden Stamme 


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' 

I 


I 

j 

I 


I 


i 

i 










Rom&n, Agglutinationaversuche mit polyvalenten Coli-Seris. 475 

al8 1 Gruppe. Wir haben also insgesamt 29 Gruppen mit 84 Bakterien- 
individuen. 

Hinsichtlich der Titer zeigen die einzelnen Sera bedeutende Ver- 
schiedenheiten. Eine Beeinflussung des Titers gelang durch ErhShung 
der Impfdosis nod mehrmalige Wiederhoiung der Behandlung mit dem 
Antigen nur bis zn einer bestimraten Grenze. Auf die Hobe des Titers 
war vielmehr die Agglutinabilit&t des betreflfenden Stammes, noch mehr 
aber die AntikOrperbildungsf&higkeit des mit dem Antigen geimpften 
Kaninchens von Einflufi. Eine erhbhte Einwirkung der Virulenz des 
Stammes auf die Agglutininbildung habe ich nicht beobacbten kdnnen. 
Zwar gelang es mir, mit den pathogenen St&mmen hochwertige Sera 
herzustellen, doch waren mit Hilfe der apatbogenen ebenso hohe, mitunter 
sogar nocb hohere. Titer zu erzielen. Das 1- und 3-valente Serum dgs 
Kaninchens Nr. 62 hat den grbBten Titer (ca 25000 bezw. 100000), 
w&brend das Serum Nr. 591 den niedrigsten Titer zeigt. Dieses letztere 
kdnnen wir im folgenden als gleichwertig mit 69III bezeichnen, weil 
die hier vorbandenen A- und B-Komponenten aufier dem eigenen Stamm 
andere St&mme obnehin nicht agglutiuieren, und, wie wir aus der 
Tabelle sehen, die 2 Sera aucb vollst&ndig gieich wirken. Gerade aus 
diesetn Grunde kdnnen wir das Serum Nr. 53 III als bivalent betrachten, 
weil in diesem Serum aufier den Stgmmen 7 a und 9d auch der Stamm B 
vorhanden ist Der Titer dieses Serums betr&gt gegen 1 : 1000. Die 
mit pathogenen A-und B-Stfimmen hergestellten Sera Nr. 601 und 531 
haben einen hohen Titer (beide 32000). Das Serum Nr. 69 X hat 
einen niedrigen Titer (unter 1000). Die Titer der Sera 73X und 59III 
betragen ann&bernd 1:1000. Nr. 76 X hat einen Wert von 3000—6000, 
Nr. 74 X steht zwischen den beiden vorigen. 

Die Agglutinationswirkung der Coli- Sera gegen die verschiedenen 
Coli- St&mme, besonders in serodiagnostischer Hinsicht, wurde von 
mehreren Autoren untersucht. Dabei wurde festgestellt, dafi die Coli- 
Sera aufier ibren eigenen St&mmen nur ausnahmsweise und auch nur 
wenige fremde St&mme agglutiuieren. Mit polyvalenten Coli- Seris haben 
Rodet und Rothberger experimentiert. Die 2 10 valenten Seren von 
Rothberger agglutinierten von den zur Immunisierung benutzten St&m¬ 
men nur 2—3, von 5 fremden St&mmen nur 1. Sein 20-valentes Pferde- 
aerum agglutinierte aber 5 von 8 fremden St&mmen. 

Aus unseren Versuchen geht hervor, dafi die mit Hilfe der patho¬ 
genen St&mme A und B hergestellten monovalenten Sera 601 und 531, 
trotz ibres hohen Titers, aufier ibren eigenen Stgmmen weder einen 
anderen pathogenen noch apatbogenen Stamm agglutinieren. Die Ursache 
hierfflr kann darin liegen, dafi der Zeitpunkt und der Ort der ZQchtung 
dieser St&mme weit von den anderen untersuchten St&mmen entfernt 
lag, auch w&re es mdglich, dafi ihre Rezeptorapparate in dem Organism us 
des erkrankten Tieres eine spezielle und individuelle Ver&nderung er- 
fahren haben. Doch diese 2 erw&hnten wie die anderen pathogenen St&mme 
agglutinieren auch mit denjenigen polyvalenten Seris, welche ohne patbo- 
gene St&mme hergestellt wurden. Ich bemerke aber, dafi die St&mme 
A, B und C bei der Probeagglutination negativ waren und vielleicht 
nur durch die kQnstliche WeiterzQchtung sp&ter agglutinabel wurden; 
eine Erscheinung. welche mit der Auffassung Rodets in Einklang 
stehen wflrde. Uebrigens fand ich, dafi die pathogenen Coli St&mtne 
serologisch gerade so voneinander abweichen wie die nicht pathogenen. 
Das Serum des einen pathogenen Stammes agglutiniert den anderen 

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476 Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originate. Bd. 87. Heft 6. 

Stamm nicht, wfihrend sie doch selbst eventuell mit anderen Seren eine 
positive Reaktion geben. 

Daa mODOvalente Serum Nr. 691 (=69111) agglutiniert von den 28 heterologen 
Gruppen inegeeamt 2—3 Gruppen (10,7 Proz.), daa bochwertige Serum Nr. 621 aul«r 
seiner eigenen, achon 9 Gruppen (32 Proz.), obwobl viel niednger ala aein Titer iat 

Daa trivalente Serum Nr. 62 III agglutiniert von den 26 fremden Stammgruppcn 
15 (55,6 Proz.) daa Serum Nr. 59111 7 Gruppen (27 Proz), Nr. 53111 (eigentlich 
bivalent) 10 Gruppen (38,4 Proz.). 

Daa dezemvalente Serum Nr. 69 X agglutiniert von den 19 heterologen Gruppu 
10 (52.6 Proz.), Nr. 73 X 9 Gruppen (47 Proz.), Serum Nr. 76 X 12 Gruppen (63 Proa), 
Nr. 74 X agglutiniert 10 Gruppen (52,6 Proz.) 

Das heifit, die monovalenten Sera agglutiniereo von den untersochten 
fremden Stfimmen 10—30 Proz., die trivalenten 27—55 Proz., die dezem- 
valenten 47—63 Proz. Diese Resultate zeigen, dad zwar die ErhShung 
der Polyvalenz zu einer grfiBeren Wirkungsbreite der Sera ffihrt, daB wir 
aber bei der Agglutination der untersuchten Stfimme doch nicht wit 
fiber 50—55 Proz. hinausgekommen sind. Diesen Prozentsatz haben 
wir aber auch bei den trivalenten Seris fast erreicht. Es ist daher 
bei der Steigerung der Polyvalenz fiber diese Grenze hinaus ein erheb- 
lich besseres Resultat nicht zu erwarten, die weitere Steigerung daher 
nicht zweckmfiBig. 

Eine starke Erhfihnng des Titers wirkt auch vorteilhaft auf die 
Verst&rkung der Wirkungsbreite des Serums. Das kfinnen wir an 
den hochwertigsten Seris Nr. 621, 62 III und 76 X feststellen, die von den 
heterologen Stfimmen den grdBten Prozentsatz beeinflussen. Doch betrftgt 
auch bei diesen Seris der Agglutinationstiter gegenfiber den weiter ab- 
stehenden Stfimmen nur einen Bruchteil des Titers gegen den homologen 
Stamm. 

Bei Zusammenfassung unserer Untersuchungsergebnisse scheinen 
uns die vorliegenden Laboratoriumsversuche zu folgendem Schlusse zu 
berechtigen: Bei Coli-Seris ffihrt die ErhOhung des Titers und der 
Polyyalenz zwar zu einer VergrfiBerung der Wirkungsbreite, doch l&Bt 
sich diese Erhfihung durch beliebige Vermehrung der ffir die Seram- 
herstellung benutzten Stfimme nicht so weit fortsetzen, daB der hierdurch 
erzielte Wirkungsumfang des Serums bei alien durch C o 1 i-Bazillen 
verursachten Erkrankungen einen spezifischen Schutz Oder therapeutischen 
Erfolg erwarten lieBe. 

Zum Schlufi mdchte ich Herrn Privatdozenten Dr. Ludwig Dienes fur die An* 
regung zu den Versuchen, sowie fiir das meinen Arbeiten entgegengebrachte standige 
Interesse meinen ergebenen Dank aussprechen, ebenso den oeiden Serum institute* 
Dr. Pd pay und „Laboratorium fiir Bchutzimpfstoffe, A.—G.“ in Budapest, fiir die Ueber- 
lassung des Materials. 


Literatur. 

1) Burk, A., Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. 45. — 2) Jatta, Mauro, 
Zeitschr. f. Hyg Bd. 33. — 3) Kli en eberger, C M Dtsch. Arch. f. Klin. Med. Bd. 90. — 
4) Pfaund ler, M., Centralbl. f. Bakt. Abt 1. Bd. 23. — 5) Radziewsky, AL, Ebeoda 
Bd. 14. — Reiter, Hans, Zeitschr. f. Imm.-Forbchg. Bd. 21. — Rothberger,C. 
Zeitschr. f. Hyg. Bd. 34. — 8) Sidney, Wolf, Centralbl. f. Bakt. Abt I. Bd. 25.— 
9) Totsuka, K., Zeitschr. f. Hyg. Bd. 45. 


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Kister, Hefeoahrboden aus Hefeextrakt und Hefepepton. 


477 


Nachdruck verboten. 

Hefenahrboden aus Hefeextrakt und Hefepepton. 

[Aus dem Hygienischen Institut zu Hamburg (Direktor: 

Prof. Dr. Dunbar.)] 

Von Prof. Dr. J. Kister. 

Als w ah rend des Krieges der Mangel an Fleisch, Fleischextrakten 
und Peptonen die Herstellung der NShrbflden in der bisber gebr&uchlicken 
Weise in Frage stellte, lag die Notwendigkeit vor, fflr das Fehlende 
Oder schwer zu Beschaffende Ersatzstoffe heranzuzieben. Eine groBe 
Reihe von pflanzlichen Ersatzmitteln, Infusen, Extrakten, Abkochungen, 
ist von verschiedenen Seiten geprflft und empfoblen worden. Es lag nahe, 
dabei aucb an die eiweifireiche Hefe zu denken, die frflher sebon in 
Form von Hefeextrakten vielfach fflr N&hrbdden verwendet worden war. 
Earn mann ist es gelungen, durch ein besonderes Verfabren aus dem 
Hefeeiweifi anch ein Pepton herzustellen, das einen Ersatz fflr das in 
der Bakteriologie frflher allgemein angewendete, nun aber nicht mebr 
Oder nicht in der gleichen Gfite erhaitliche Witte-Pepton bieten sollte. 

Die mit Hefeextrakt und Hefepepton angestellten Untersuchungen 
ergaben so zufriedenstellende Resultate, daB im hiesigen Hygienischen 
Institut seit 1916 allm&hlich diese Ersatzstoffe immer mehr verwendet 
worden. Auch fflr die Herstellung von Impfstoff, der 1914—1916 im 
biesigen Institut in grdfieren Mengen hergestellt wurde, baben sich die 
HefenflhrbOden bestens bew&hrt. Quantitative Untersuchungen ergaben 
beispielsweise folgendes Resultat: 


Datum 

der 

Pr&fuug 

Art dee 
Nahrbodens 

Bakterienart 

Knbikzentimeter 

Impfstoff 

Milligram in 
Kulturmasse 
berechnet 

9. Juni 1916 

Fleisch wasseragar 

Typhnsbakterien 

1000 

666 

dgL 

FleiscHextr&ktagar 

iy 

500 

3o3 

fj 

Hefeagar 

7J 

1200 

800 

n 

Hefeagar 

jj 

1000 

666 

4. Jan. 1917 

Fleisch waseeragar 

n 

1800 

1200 

dgl. 

Hefeagar 

>> 

1600 

1066 

n 

Fleisch waseeragar 

Choleravibrionen 

225 

900 

» 

Hefeagar 

99 

285 

1140 


Hefeagar 

99 

250 

1000 


Die ersten Prflfungen waren mit einem Hefeextrakt von der Kon- 
sistenz des Liebigschen Fleischextraktes und eines Hefetrockenpeptons 
vorgenommen. Bei dem groBen Bedarf des Institutes war es aber nicht 
mOglich, die erforderlichen Mengen Trockenpeptons und eines hin- 
reichend eingedickten Extraktes mit den im Institut zur Verfflgung 
stehenden Hilfsmitteln fortlaufend darzustellen. Es muBte daher mit 
flilssigen 5—10-proz. Peptonstammlflsungen und einem dickflflssigen 
Hefeextrakt als Ausgangsmaterial gearbeitet werden. Auch diese gaben 
im allgemeinen gute Resultate. Jotten (Arb. a. d. Reichs-Ges.*Amt 


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478 Centralbl. f. Bakt. etc. Abt I. Originale. Bd. 87. Heft 6. 

Bd 52.. H. 2.), der die von verschiedenen Autoren empfohlenen HefenShr- 
boden und auch den Hamburger Nfihrboden eingebend untersucht hat, 
ist hinsichtlich der Verwendbarkeit der Hefe im groBen und ganzen zn 
gflnstigen Ergebnissen gekommen. Seine Versuche mit Hefepepton- 
fltissigkeit ergaben, daB alle zur Prflfung herangezogenen Bakterien ein 
ebenso typisches, morphologisch ganz eiuwandfreies und Qppiges Wachstum 
zeigten, wie in der gewbhnlichen Fleischbrflhe. Aucb die Verwendung 
als Peptonwasser zur Anreicberung der Choleravibrionen war vdllig 
ausreichend. Ein fast ebenso befriedigendes Resultat lieB sich bei der 
Heranziehung der Hefepeptonlbsung zu den Agarn&hrbdden erzielen. Auch 
zu Elektivnahrboden war die Hefepeptonldsung verwendbar. Nurempfiehlt 
Jdtten, Fucbsinagarldsungen jedesmal friscb herzustellen, da sie 
infolge Rotung der Agarmasse bald unbranchbar werden. Zur Impfstoff- 
bereitung konnen bei Fehlen der erforderlichen Fleischmengen diese 
durch Hefepepton ersetzt werden, da die Unterschiede gegenQber den 
mit Fleischwasserpeptonnfibrbdden erhobenen Resultate nur nnerheblicb 
waren. 

Leider machte sich aber bei unseren HefenfihrbOden im Laufe der 
Zeit ein groBer Uebelstand bemerkbar. Die gelieferte PreBhefe war 
h&ufig von dunkler Farbe und minderwertiger Beschaffenheit. Das war 
von ungiinstigem EinfluB auf die aus ibr gewonnenen Hefeextrakte und 
Peptone. Bei dem ungleichartigen Ausgangsmaterial fielen die Nfihr- 
bdden weniger durchsichtig und in ihrer Gtite sebr verscbiedenartig aus. 
Ferner buBten die flflssigen Peptonvorr&te wegen ihrer begrenzten 
Haltbarkeit mit der Zeit an Brauchbarkeit ein. Ein Versuch, mit Toluol 
die Haltbarkeit zu erhfihen, fflhrte, auch wenn das Toluol vor der 
Verwendung des Nahrbodens wieder vollst&ndig entfernt wurde, zu keinem 
zufriedenstellenden Ergebnis. Diese Ungleichartigkeit in der Beschaffen- 
heit des Hamburger HefenShrbodens ist auch Jbtten bei seinen Unter- 
suchungen aufgefallen. Auch nach unseren Erfahrungen kann unter Um- 
st&nden der im kleinen selbst hergestellte HefenShrboden sogar v511ig 
ungeeignet ausfallen. Andere empfohlene HefenBhrbdden kdnnen aus 
gleichen Grflnden gelegentlich ebenso versagen, insbesondere wenn bei 
der Herstellung auch nur kleine Abweichungen vorkommen. Ein Nfihr- 
boden von stets gleicher Zuverl&ssigkeit kann nur gewahrleistet werden, 
wenn die Zutaten von gleichmBBiger Beschaffenheit sind. Die Vorbedingung 
dafur ist, daB Hefeextrakt und Hefepepton aus gleichm&Bigem Ausgangs¬ 
material hergestellt werden, die Herstellung in stets gfeichm&Biger Weise 
vor .sich geht und Extrakt wie Peptone hinreichend haltbar gemacht 
werden konnen. Dieses ist jetzt ermoglicht, seitdem nach Ueberwindung 
der mit der Herstellung im groBen anfangs noch verbundenen Schwierig- 
keiten das Hefepepton und der Hefeextrakt nach dem neuen Kammann- 
schen Verfahren fabrikmSBig hergestellt werden. Bei der groBen Be- 
deutung, die einem stets zuverl&ssigen Nahrboden in der Praxis zukommt 
der zugleich einen billigen vollwertigen Ersatz fBr die Fleischn&brbdden 
darstelit, erscheint ein Hinweis auf diese Hefeextrakte und besonders 
Hefepeptone angezeigt. 

Die Herstellung der Hefeprfiparate erfolgt in folgender Weise: 

Als Ausgangsmaterial dient eine fur diesen Zweck besonders her¬ 
gestellte Trockenhefe, also von bestimmtem EiweiB- und Extraktivgehalt. 
Aus dieser Trockenhefe werden die Extraktivstoffe herausgelost und zu 
einem stets gleichmtlBigen sirupartigen Produkt eingedickt. Diese stellt 
den gebrauchsfertigen Hefeextrakt dar. 


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Kid ter, Hefenahrboden aus Hefeextrakt und Hefepepton. 


479 


Bei obigem Vorgang werden die eigentlichen HefeeiweiBtoffe koagu- 
liert Dieses Koagulum, aus unldslichen EiweiBstoffen und Zell mem bran en 
bestebeud, wird durch gespanuten Wasserdanipf zu wasserloslichen 
Peptonen aufgespalten. Es komrnt hierbei auf die Innehaltung besonderer 
PuDkte an, deren ErSrterung zu weit fflhren wflrde. Die von den Zell- 
resien abgetrennte Peptonlosung wird in Apparaten modernster Kon- 
struktion in ein volumin&ses und schwachgelblicbes Trockenprodukt ver- 
wandelt, das scbon in kaltem Wasscr restlos klarloslicb ist und alle 
' erf order lichen Peptonreaktionen gibt. Dieses Pulver stellt in stets gleich- 
maBiger Zusammensetzung das gebrauchsfertige Pepton dar. 

Wenn man einen Hefenfihrboden von derselben Be- 
schaffenheit wie die frfiheren Fleischwasserpeptonnfihr- 
bOden herstellen will, so mufi man sowohl Hefeextrakt als 
auch Hefepepton verwenden. In dem Hefeextrakt ist n&mlich kein 
Pepton enthalten. Die EiweiBstoffe der Hete mflssen erst nach Ent- 
fernung der Extraktivstoffe in geeigneter Weise durch hydrolytische 
Spaltung der EiweiBkdrper mittels SalzsSure unter Druck Oder mit 
Pepsinsalzs&ure bei Bruttemperatur zu wasserldslichem Pepton umge- 
wandelt werden. Der Hefeextrakt ersetzt also nur das Fleischwasser 
Oder den Fleiscbextrakt. Das Hefepepton tritt an Stelle des frflheren 
Witte-Peptons. Die von beiden Hefepr&paraten zuzusetzenden Mengen 
entsprechen den bekannten Vorschriften der N&hrbodenbereitung. 

Bei der Herstellung der N&hrb5den und insbesondere der Hefe- 
nihrbSden ist die Einstellung einer den betreffenden Bakterienarten 
zusageuden Alkaleszenz von nicbt zu untersch&tzender Bedeutung. Die 
Alkaleszenz des fertiggestellten Nahrbodens wird meist mit Lackmus- 
papier nach der TQpfelmethode bestimmt. Diese Einstellung mit Lackmus- 
papier als Indikator kann unter Umstanden zu TrugschlQssen fflhren; 
es ist dabei von Bedeutung, ob und inwieweit die in dem Nahrboden 
enthaltenen Phosphate bei der Bestimmung der Alkaleszenz eine Rolle 
spielen. Die Frage der Alkaleszeozbestimmung wird von Noll zurzeit 
eiogehend bearbeitet und die Ergebnisse werden demnachst in einer 
Verdffentlichung zusammengestelIt. 

In vorgeschriebener Weise hergestellte und richtig 
alkalisierte HefenShr boden aus dem oben erwahnten 
Hefeextrakt und Hefepepton, sind, wie neuere Unter- 
suchungen ergeben haben, den alten Fleischwasserwitte- 
peptonnahrbdden der Vorkriegszeit voll und ganz an die 
Seite zu stellen. Alle in Frage kommenden Krankheitserreger 
wacbsen auf Hefeextraktpeptonagar tippig und ebensogut wie auf dem 
zum Vergleich beimpften Fleichwasserwittepeptonagar. Durch quantitative 
Bestimmung der Kulturmasse konnten nur ganz geringe, nicht ins Gewicht 
fallende Unterschiede auf den beiden NfihrbSden festgestellt werden, 
z. B. ergab sich gelegentlich auf Fleischwasseragar eine Cholerakultur- 
masse von 440 mg, auf dem Hefeagar eine solehe von 420 mg. Auch 
fflr die Herstellung von SpezialnShrboden eignet sich der Hefeextrakt und 
Hefepepton durchaus. Ein aus den Hefeersatzmitteln bereiteter Endo-Agar 
lSBt deutlich das verschiedenartige Wachstum der Typhus-, Paratyphus- 
nnd Coli-Bakterien erkennen und nimmt auch, wenn seine Alkaleszenz 
richtig eingestellt ist, nicht allzu frflh die stbrende rote Farbe an. Mebr- 
fach wiederholte Prflfungen des HefenShrbodens mit den verschiedensten 
Bakterienarten, immer die richtige Herstellung des Nfihrbodens voraus- 
gesetzt, ergaben stets zufriedenstellende Resultate. Besonders gut wachsen 

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480 CentralbL f. Bakt. etc. Abt. I. Originate. Bd. 87. Heft 6. 

Vibrionen in dent Hefepeptonwasser. Gelegentlich zeigte es sich allerdings 
bei der Prflfung von Peptonwasser zur Anreicherung von Cholera- and 
cholera&hnlichen Vibrionen, daB die Cholerarotreaktion ausblieb; dieses 
war aber nicht nur der Fall im Hefepeptonwasser, sondern ebenso in 
dem mit Witte-Pepton nach Angabe von Wolffel hergestellten 
Peptonwasser. Einige Vibrionenst&mme waren offenbar nicht imstande, 
das fflr das Eintreten der Reaktion erforderliche Indol zu bilden. Sobald 
aber dem Peptonwasser Tryptophan (1,0 ccm einer 1-proz. Tryptophan- 
I6sung auf 10 ccm PeptonlSsung) zugesetzt wurde, trat, sobald Wachstum' 
in den RShrchen eingetreten war, nach Zusatz von Schwefelsiure die 
Rotreaktion mit burgunderroter Farbe auf. 

DaB auch die verschiedenen Hefen£hrb5dem dem gewOhnlichen 
Fleischwasserpeptonagar bezuglich des Antigenwertes der Kulturen nicht 
nachstehen, hat bereits J 811 e n nachgewiesen. Es braucht daher darauf 
nicht n&her eingegangen zu werden. 

Es kann also nach unseren Erfahrungen der Hefeextrakt an Stelle 
des Fleichwassers oder Fleischextraktes und das Hefepepton an Stelle 
des Witte Peptons als zuverlassiges und billiges Ersatzmittel empfohlen 
werden. Es wird jetzt auch ein Gemisch von Hefeextrakt, Hefepepton 
und Kochsalz in den vorgescbriebenen Mengen in Trockenform im 
Handel vertrieben, wodurch die N&hrbodenherstellung wesentlich verein- 
facht wird. 


Druekfehlerberiehtlgung. 

Id der Arbeit Bach „Ueber Spirochaten in Wasserleitungen" (CentralbL f. Bakt 
Abt I. Grig. Bd. 87. H. 3. 3. 198) mufi ea heifien auf 8. 201, Zeile28: Spirochaeta 
plicatilis Ehrbg. anstatt Spirochaeta pallida Ehrbg. 


Inhalt 

Bahr, L., Ueber Rattenvertilgungsmittel, 

8. 46t>. 

BOhm, Iteopold Karl, Beitrage zur Ffennt- 
nis tieriHi'her Parasiten. Mit 1 Tafel und 
4 Abbildungen im Text, S. 407. 

Puhrmann, O., Einige Anoplocephaliden 
der Vogel. Mit 21 Abbildungen im Text, 

8. 438. 

Kiater, J., Hefenahrboden aus Hefeextrakt 
und Hefepepton, 8. 477. 

Kram&r, Eugen, Untersuchungen fiber 
die chemische Beschaffenheit der Kapsel- 
sub-*tanz einiger Kap*elbakterien, 8. 401. 

Pardi, Ugo, (Jeber die Natur der leuko- 
zytaren EinschliisBe bei Encephalitis Je- 
thargica. Bemerkungen zur Arbeit der 
Herrn Prof. Dr. Hilgermann, Dr. 


Lauxen und Charlotte Shaw, 
S. 406. 

Rom&n, Eugen, A ggluti nations versuche 
mit poly valen ten Coli-Serfs, 8. 470. 

2tndov8ky, Frans, Die Kokzidioee der 
Wanderratte (Mus decuman us PlalL) 
und ihre Beziehung zur Kaninchenkok- 
zidiose. Mit 1 Tafel und 1 AbbUdung 
im Text, 8. 427. 

Steiner, G., Beitrage zur Kenntnis der 
Mermithiden. I. Teil. Mermithiden von 
Neu-Meckienburg und Revision einiger 
v. Linstowscher Arten und Rudol¬ 
ph is Filaria truncatuia = Mermia tran- 
catula. Mit 23 Abbildungen im Text, 
8. 451. 


Prommannsche Buchd nicker ei (Hermann Pohle) In Jens. 


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CentralM. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7|8. 

Ausgegeben am 31. Januar 1922. 


Nachdruak verboten. 

Ueber die Bcdeutung der Eigenwasserstoflzahl 
(des H*Ionenoptinmm) der Bakterien. 

[Aus der Heidelberger Kinderklinik (Prof. Moro).] 

Von Dr. A. Adam, Assistenten. 

Jedem Bakteriologen ist gelSnfig, daB die MikroorgaDismen ver- 
schiedene Reaktionsgrade des Nahrbodens bevorzugen. Die meisten 
Bakterien, insbesondere die pathogenen, zfichtet man auf lackmnsneu- 
tralen oder scbwach alkalischen Medien, Hefen und Schimmelpilze da- 
gegen auf sauren. 

Die Reaktion eines NShrbodens ist abhkogig von der Menge darin 
enthaltcner Wasserstoffionen. Bestimmen wir den Lackmusneutralpnnkt, 
so weisen wir damit einen pH-Wert von annQhernd 6,8 nach, bei dem 
Phenolphthaleinumschlag einen solchen von etwa 8,9. 

Wir sind aber in der Lage, die H-Ionenkonzentration, die auch kurz 
als „ Wasserstoffzahl" bezeicbnet wird, viel genauer zu bestimmen, nnd 
zwar mit der Gaskettenmethode oder einer feineren Indikatorenmethode. 

In der gesamten Biologie hat sich die genaue Beachtung der Wasser¬ 
stoffzahl als auBerordentlich fruchtbar erwiesen. In der bakteriologischen 
Technik hat sie aber noch verh&ltnism&Big wenig Eingang gefunden. 
Nur aus Amerika liegt aus der Zeit w&hrend und nach dem Kriege eine 
Reihe zum Teil schwer zug&nglicher Arbeiten vor, die auf diese Ver- 
haitnisse bei bakteriologischen Arbeiten ROcksicht nehmen 1 ). 

Ira Folgenden sei an der Hand einiger Beispiele gezeigt, welcher 
bedeutende EinfluB der Wasserstoifzahl bei der ZQchtung von Bakterien 
zakommt, und welche Aussichten ihre genauere Berficksichtigung auch 
in der Bakteriologie bietet. 

Gelegentlich der ZQchtung schwer kultivierbarer, anaerober Bakterien- 
arten des SQuglingsstuhles, insbesondere des Bacillus bifidus, machte 
sich die Erscheinung sehr stSrend bemerkbar, daB der Bifidus in 
zuckerhaltigen NQhrboden sehr rasch zugrunde ging. OfTenbar lag dies 
an dcr starken S&ureproduktion dieses exquisiten G&rnngserregers. In 
zuckerfreien Medien lQBt sich aber der Bifidus nicht gut zQchten. 

Die genauere BerQcksichtigung der Wasserstoffzahl des N&hrbodens 
ffihrte zu dem wichtigen Ergebnis, daB der Bifidus bei bestimmten 
S&uregraden (pH 5,5 — 5,9) am Oppigsten gedieh, wShrend er auf 
schwBcher sauren, alkalischen oder stQrker sauren entweder nicht an- 
wuchs, oder seine charakteristischen Degenerationsformen (Verzweigungen, 
Plasmolyse) aufwies 2 ). 

Der EinfluB der Wasserstoffzahl machte sich auch bei der Stunden- 
g&rnng bemerkbar. Ging man von einem annfihcrnd neutralen Nahr- 
boden aus (etwa ph 6,5), in dem die Entwicklung etwas gehemmt wird, 

]) Clark, W. M. f The determination of hydrogen ions. Baltimore 1920. 

2) Adam, Ueber den Einflufi der H-Ioneukonzentration des Nahrbodens auf die 
Entwicklung dee Bacillus bifidus. (Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 29. 1921.) 

Erst* Abt. Orig. Bd. 87 Heft 7/8. 31 

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ICeatr&lbi. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


so sah man, daft die Hemmuug nur so lange anhielt, bis infolge der 
SSuerung durch Zuckerspaltung uugefahr ein p H von 5,9 erreicht war. 
Dann setzte plotzlich eine starke Zunahme der Vermebrung ein. Der 
Bifid us bildet sich also innerhalb gewisscr Grenzen selbst sein Op¬ 
timum. Die Sauerung geht dann aber rasch vorwarts und iiberschreitet 
noch betr&chtlich das Optimum. Sie erreicht beim Bifid us konstant 
den Wert von ph 4,3—4,1. 

Da dieser End-pH-Wert weit das MaB des fQr die Erhaltung des 
Lebens der Zelle Ertiaglichen iibersteigt — auf N&hrboden mit diesem 
AusgangspH geht der Bifid us sofort zugrunde — so kann als Ur- 
sache desselben nur die Wirkung des beim Zellzerfall frei gewordenen 
Fermentes in Frage kommen. 

Da es sich bei den Versuchen urn Anstellung groBer Reihen handelt, 
ist es vielleicht nicht ohne Interesse, mitzuteilen, wie die Schwierigkeiten 
der Anagrobenzflchtung dabei flberwunden wurden. 

Als einfachste Methode hat sich mir in vielen Hunderten von An- 
aerobenkulturen der Zusatz von Koks (in eibseogroBen StQckchen) zur 
Bouillon bewahrt. Die Verwendung von Koks als Adsorbens ist zwar 
schon versucht worden, hatte aber bisher nicht zu ermutigenden Ergeb- 
nissen gefQhrt. Wahrscheinlich spielt dabei auch die Vorbchandlung 
des Koks eine Rolle. Er muB sehr sorgfaltig mit reichlich destilliertem 
Wasser ausgekocht werden. Das Wasser muB so oft erneuert werden, 
bis die DSmpfe geruchlos werden. Die Reagenzgl&ser werden 6—8 cm 
hoch mit den getrockneten Kokssttickchen angeftillt und trocken sterili- 
siert. Die Nahrbodenfltissigkeit wird in 10 ccm Menge zugefBgt und 
nur 1—2 mm hoch mit sterilera, fliissigem Paraffin ilberschichteL 

Mit derartiger Mcthodik gelang es mir bedeutend schneller, An- 
aerobenwachstum zu erzielen als z. B. mit sorgfaltig ausgekochter Bouillon 
im Buchner-Rohr. Die empfindlichen Kopfchenbakterien des Meko- 
nium konnte ich in einigen Fallen iiberhaupt nicht im Buchner-Rohr 
zur Vermehrung bringen, wahrend sie in Koksbouillon fippig gediehen. 
Ebensogut gelang die ZQchtung der anaeroben Buttersaurebazillen. Be- 
sonders hat sich mir die Methode bewahrt in Versuchen, in denen der 
EinfiuB bestimmter Nahrstofte auf das Wachstum des Bifidus und der 
KQpfchenbakterien festgestellt werden sollte, weil der Koks eben ein 
indifferentes Material ist. Seine Wirkungsweise ist wahrscheinlich eine 
komplexe, bei der die Adsorption des Sauerstoffes, der Nahrstoffe, der Fer- 
mente und nicht zura mindesten der Bakterien selbst (mit Verminderung 
der Oberflachenspannung der Zellmembran) zusaramen wirken dQrften 1 ). 

Die Bedeutung der Wasserstoffzahl des Nahrbodens bei der Zflch- 
tung des Bifidus kam in ganz entsprechender Weise bei der Kultor 
der sporenbildenden Kopfchenbakterien, der anaeroben beweglichen und 
unbeweglichen Buttersaurebazillen und verschiedener Coli-Rassen zur 
Geltung. In jedem Falle lieB sich ein Optimumbereich feststellen. 

Nun sind aber diese Optima sehr verschieden. Der Bifidus hat 
seine giinstigste Entwicklungsmoglichkeit zwischen Ph 5,5 und 5,9, die 
Kopfchenbakterien zwischen 6,9 und 8,2, die beweglichen Buttersaure¬ 
bazillen um ph 6,3, die unbeweglichen urn 5,1, die bisher untersuchten, 
aus dem DUnndarm schwer dyspeptischer Sauglinge gezQchteten 6 Coli- 
Rassen samtlich zwischen ph 6,4 und 7,1. Eine aus dem Stuhl ge- 


1) Adam, Ziichtung der Buttersaurebazillen auf Koksrailch. Ein Beitrag zor 
Theorie dor Auaerobenkullur urter Luftzutntt. (Zeitachr. f. Kinderheilk. Bd. 20. 1921.) 


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Adam, Eigenwasserstoffzahl (dew H-Ionenoptimnm) der Eakterien. 


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zuchtete Coli-Rasse wuchs am bcsten bei pn 7,1 —8,2. Dabei war es 
gleicbgflltig, ob die NSbrboaillon Zucker enthielt Oder nicht. Die opti- 
male Produktion eines zuckerspaltenden Fermentes ist also an einen 
besonderen Kolloidzustand der Zelle gebnnden, der durch die Wasser- 
stolfzahl beeinfluBt wird und auch fOr die Vermehrung von ausschlag- 
gebender Bedeutung ist. 

Diese Optima sind so konstant, daB ich den BegriflF der Eigep- 
wasserstoffzahl dafiir vorgeschlagen babe. Dieser besagt, daB eine be- 
stimmte H-Ionenkonzentration des ernShrenden Mediums die gflnstigste 
Entwicklungsmoglichkeit fflr die betretfende Bakterienart bietet Dieses 
Optimum bezieht sich aber nicht allein auf die Ernte. 

Dabei ist selbstverstandlich zu beriicksichtigen, dafi man die Ernte nicht blofi 
nach der Zahi der iiberlebenden, sondern auch der geatorbenen Keime beurtcilt. Denn 
das Absterben in der Kultur erfolpt um so schncller, je rascher die Nahrstoffe ver- 
braucbt werden. Dieses geschieht aber in vitro dort am ausgiebigsten, wo die giinstig- 
sten Lebensbedingungen sich darbieten. 

Im Bereich der Eigenwasserstoffzahl kora men auch die Normal- 
formen, wenn man es so bezeichnen will, die gesundesten Individuen, 
zur Entwicklung. Gerade bei der Ziichtung des Bifid us war es bis- 
ber nicht gclungen, iippige Reinkulturen derjenigen Normalformen zu 
gewinnen, vie sie im Stuhle des gesunden Brustkindes vorkommen. In 
den tiblichen Agarkulturen degenerieren sie sehr rasch, wie jetzt ver- 
stSLndlich, infolge des tiblichen Alkaligehaltes derselben. Bei dem pn* 
Optimum entstehen aber sofort normale Formen. 

Das Gleiche gilt von den anderen, bisher von mir untersuchten 
Arten. Immer ist die Formbildung im Gebiete der Eigenwasserstoffzahl 
am gleichmaBigsten, wShrend zu beiden Seiten mehr oder weniger ent- 
artete Individuen entstehen. Bei den Kopfchenbakterien war zu beob- 
acbten, daB im Optimum keine oder nur geringe Sporenbildung auftrat, 
wfihrend zu beiden Seiten derselben auffalleud viel Sporen gebildet 
wurden *). Das lenkt die Aufmerksamkeit auf den EinfluB der H-Ionen- 
konzentration auf die Sporenbildung. 

Aber auch der Stolfwechsel der Bakterienzelle ist, wie ohne weiteres 
verstandlich, im Optimum am gunstigsten. So war die Indolbildung der 
untersuchten Coli-Rassen im Optimumbereiche aufierordentlich stark, 
wfthrend sie auBerhalb desselben bedeutend schwacber war, ja trotz 
ziemlich guter Vermehrung vtillig fehlen konnte. 

Diese Beobachtungeu liaben meines Erachtens auch praktiscbes In- 
teresse. Folgender Versuch lSBt dies z. B. erkennen: Ich stellte mir 
2 N&hrboden von genau gleicher Zusammensetzung her*) und variierte 
nur die H-Ionenkonzentration. In dem einen bildete ich durch Zusatz 
von Essigsaure ein p« von 5.0, in dem anderen durch NaOH-Zusatz 
ein Ph von 7,0. Der 1. enthiilt das Optimum desBifidus, der 2. das 
der K6pfchenbakterien. Dann beimpfte ich beide Nahrboden mit genau 
gleichen Mengen frischer Reinkulturen von Bifid us und Kopfchen¬ 
bakterien, stellte also gewissermaBen eine VeruDreinigung des Nfihr- 
bodens her. Nach kurzer Zeit (etwa 3—4 Tagen) war in dem Nfihr- 
boden mit Ph 5,0 — wenigstens im Ausstrich — eine Reinkultur von 
Bifid us und im anderen eine solche von Kopfchenbakterien entstanden. 


1) Adam, Uober das H-Jonenoptimwn der Kopfchenbaklericn des Mekonium. 
Beitra^ zur Entstehung der phygiologischen Daimilora. (Zeitbchr. f. KinderheilL 
Bd. 30. 1921.) 

2) Koks, lackmu.^nfutrale Bouillon, 1 Proz. Milchzucker, 0,5 HamatinlSsung. 
(Vgl. Zeitbchr. f. Kindeiheilk. Bd. 29. 1921. S. 65.) 


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Central bl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


Es erubrigt sich, zu erwahnen, daB die NSbrboden in neutralem Zustande 
beide Arten durchaus zur Entwicklung bringen, dafi es sicb also nicht 
um einen Mangel an Nahrstoffen handeln kann. 

Darait kiindigt sich eine neue Moglichkeit an, durch alleinige Diffe- 
renzierung der H-Ionenkonzentration des Niihrbodens zum mindesten 
Anreicherung, in manchen Fallen wahrscheinlich sogar Reinkulturen be- 
stimmter Bakterienarten zu gewinnen. Auf diese VVeise habe ich mir 
jedenfalls schon die Isolierung des Bifid us wesentlich erleichtern 
konnen. Fiir die Ziichtung pathogener Arten, z. B. der Ruhrbazillen 
aus einera Coli-Gemisch, ware eine solche Metbode event von Werte. 

Sie eroffnet aber auch noch andere Aussichten. Es unterliegt keinem 
Zweifel, daB die Giftproduktion der Bakterien innig mit ihrem Stoff- 
wechsel zusammenhangt. Es ist daber moglich, daB die Menge und 
StSrke der Endo- und Ektotoxine bei Ziichtung im Bereiche der Eigen- 
wasserstoffzahl besonders groB ist. 

Wahrscheinlich wird auch die Differenzierung nahe verwandter Bak- 
terienrassen dadurch erleichtert werden. Meine Beobachtungen haben 
jedenfalls den ausgesprochenen Artcharakter im Verhalten der H-Ionen- 
menge gegeniiber erwiesen. 

Bei jungen Coli-Kulturen fand ich, daB im Optimum die meisten 
Iudividuen und am lebhaftesten bewcglich waren. Fiir die Feststellang 
der BegeiBelung in schwierigen Fallen scheint mir daher die Methode 
unerlaBlich. Ferner ermoglicht die optimale Formbildung die Darstel- 
stellung der Normalform leicht degenerierender Arten. 

Bei Fermentstudieu, Studien iiber Farbstoftbildung, bei Gewinnung 
von Stoffwechselprodukten wird die Eigenwasserstoffzahl unbedingt zu 
beachten sein. Das Verhalten der Virulenz, die Mutationsfrage lassen 
sich mit dieser Methode bearbeiten. 

Endlich gewinnt die Erforschung der Darmbakterienflora ein neoes 
Arbeitsfeld. Die Besiedelung des Darmkanales mit Bakterien, die gerade 
in der Padiatrie eine groBe Bedeutung besitzt, hSngt sicher mit der 
Entstehung der Eigenwasserstoffzahl fur die betreffenden Arten zn- 
sammen. So stimmt z. B. die Eigenwasserstoffzahl des Bifid us ther¬ 
ein mit dem haufigsten pH-Werte des normalen Brustmilchstuhles. Der 
Bifid us kommt aber bei jedein mit Frauenmilch ernahrten Saugling 
nahezu in Reinkultur vor. Es besteht also bei dieser Nahrung die M5g- 
lichkeit, daB die Eigenwasserstoffzahl des Bifid us im Dickdarm ent- 
steht und unterhalten wird. Bei Ernahrung mit einfacher Kuhmilch 
dagegen verschwindet der Bifid us sofort. Aber auch die Wasserstoff- 
zahl des Kuhmilchstuhles wird eine ganz andere, und zwar eine solche, 
bei der der Bifid us nicht melir gedeihen kann. 

Derartige Beobachtungen lenken die Aufmerksamkeit auch auf die 
Beziehung der Infektion zur Eigenwasserstoffzahl. Es ist hochst wahr¬ 
scheinlich, daB eine pathogene Art nur daun den geeigneten Boden tindet, 
wenn die Moglichkeit zur Entstehung ihrer Eigenwasserstoffzahl gegeben 
ist. Wir wissen nun aus der Fermentlehre, daB auch die Zellfermente 
ihr bestimmtes H-Ionenoptimum haben. Ist dieses vorhanden, so kann 
z. B. ein der Zelle angebotener Nahrstoff gespalten werden. Wird es 
aber nur wenig verschoben, so ist die Spaltung unvollkommen oder 
verzogert, oder gar aufgehoben. Ist die fur das Zellferment ungeeignete 
H-Ioneukonzentration aber gerade eine optimale fQr eine oder mehrere 
an dieser Stelle vorhandene Bakterienarten, so belegen diese unter Um- 
stiinden die vorhandenen Nahrstoffe mit Beschlag und konnen sich ver- 


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Adam, Eigen was tseratoffzahl (dee H-Ionenoptimum) der Bakterien. 


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mehren. Wenn auch sicher noch andere Faktoren dabei mitspielen, 
meine Studiea fiber die Ernahrungsphysiologie des Bifidus, die aa 
anderer Stelle veroffentlicht werden, haben bereits ergeben, daB auch das 
Augebot bestiramter Nahruugsstoflfe eine sehr wichtige Rolle spielt, 
so bietet die Berficksichtigung der Eigenwasserstoflfzahl doch eine neue 
experimentelle Grundlage, um die Frage der Iofektion auch mit physi- 
kalisch-chemischer Methodik in Angriff zu nehraen. Es w&re natflrlich 
verfehlt, nun alle biologischen Wechselspiele mit der Eigen wasserstoflf- 
zahl erkl&ren zu wollen. 

Zum SchluB mfichte ich noch einige Angaben fiber die eigentliche 
Methodik machen. Das Wichtigste ist die Herstellung und Messung 
bestimmter H-Ionenkonzentrationen. Die bisher geflbte Methode der 
Bestimmung mittels Gaskettenmethode war urast&ndlich und zeitraubend. 
Dagegen erleichtert die Indikatorenmethode von Michael is 1 ) ganz 
auBerordentlich die Ausfuhrung zahlreicher Messungen. Ihre Brauch- 
barkeit auch fQr die Untersuchung stark getrfibter Bakterienkulturen 
kann ich durchaus best&tigen. 

FQr die einfachsten VerhSltnisse genfigt der Zusatz von bestimmten 
Essigsfiure- und Natronlaugemengen zur Herstellung von flttssigen Nfihr- 
bdden mit verschiedenen pn-Werten. So kann man z. B. folgende 


Reihe herstellen: 

1. 2. 3. 4. 5. 6. 

N/l Essigaaure 1,5 0,8 0,4 0,1 N/10 Eseigsaure 0,6 0,4 

Ijackmusneutral- 

Bouillon 8,5 9,2 9,6 9,9 9,4 9,6 

7. 8. 9. 10. 11. 12. 

N/10 NaOH 0,2 0,8 1,6 N/l NaOH 0,2 0,4 0,8 

Lackmusneutral- 

Bouillon 9,8 9,2 8,4 9,8 9,6 9,2 


Die Messung der H-Ionen erfolgt in ebenso hergestellten Kontrollen 
nach fertiger Sterilisierung. Man erhfilt mit obigen Reihen ungeffihr 
folgende Werte: 

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 

p H 4,1 4,45 4,7 5,5 5,8 6,4 7,0 7,75 8,15 8,6 8,6 8,7 

Die in der Bouillon enthallenen Salze wirken nur kurze Zeit als 
Puffer gegen die von den Bakterien gebildete Sfiure Oder Alkali, da sie 
zum Teil zum Aufbau der Zelle verbraucht werden. Will man stfirkere 
Pufiferung erzielen, so muB man sich eines Phosphat- oder Azetatge- 
misches bedienen 2 ). Eine absolute Dauerpufferung, d. h. eine mehr oder 
weniger vollstILndige, stetige Neutralisierung etwa gebildeter Sfiure, kann 
man in einfachster Weise durch Zusatz von CaC0 8 erreichen, eine Me¬ 
thode, die schon in der Bakteriologie gebrauchlich ist. Um bei Anaeroben- 
zuchtung gleichzeitig die Oberfiachenwirkung eines Adsorbens damit zu 
verbinden, habe’ich mit gutem Erfolge erbsengroBe Marmorstfickchen ver- 
wendet. Auf Marmor-Milchzuckerbouillon habe ich z. B. auch bei hoher 
Zuckerkonzentration (bis zu 10 Proz.) das uppigste Wachstum des Bi¬ 
fidus erhalten 8 ). Der End-pH-Wert, welcher auf diesen Marmornfihr- 

1) Mich&elis, Vereinfachung der Indikatorenmethode. (Dtsch. med. Wochen- 
achrift. 1921. Nr. 17.) 

2) Michael is, Die Wasserstoffionenkonzentration. Berlin 1914. 

3) Adam, Ziichtung des Bac. bifidus auf Hamatinnahrbdden. (Zeitschr. f. 
Kinderheilk. Bd. 29. 1921. 

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Centralbl. t Bakt etc. L Abt Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


bflden entsteht, geht aber nicbt immer bis zum Neotralpunkte, teils vreil 
die Oberflflche nicbt ausreichend mit der Saure in Berfihrung kommt, teils 
weil sich unter Umst&nden schlieBlich eine Kruste von unldslichen Salzen 
darum bildet. Will man eine vollstflndige Neutralisierung erreicben, so 
verwendet man pulverisierte Kreide and rflhrt den N&hrboden 6fter$ 
auf, weil die Kreide zn Boden sinkt. 


Hachdntek verbote*. 

Kann der Paratyphus B abdominalls in klinischer, patho- 
logisch-anatomischer, epidemiologischer und bakteriolo- 
giscber Hinsiclit von der sogenannten Gastroenteritis para- 
typhosa B abgetrennt werden? 

[Ans dem Hygienischen Institut in Kiel (Direktor: Prof. KifikaltM 
Von Dr. Wolf Gfirtner, Privatdozent, Assistent am Institut. 

Mit 2 Kurven im Text. 

Seitdem A chard und Bensaude (77), Schottmflller, 
Kurth (103) u. a. einen Bazillus beschrieben hatten, der ein typhus- 
Shnliches Bild hervorruft, wurden in der Folgezeit Erreger nachgewiesen, 
die diesem biologisch und morphologisch auBerordentlich nahe standen. 
Teils wurden sie bei Einzelffillen, teils bei Epidemien gefunden. Je mehr 
Erreger solcher Art beschrieben wurden, zu denen nocb solche aus der 
Tierpathologie traten, wurde es immer schwieriger, eine allgemeingflltige 
Einordnung in ein bakteriologisches System vorzunehmen. Daher schien 
es ratsam, die sich nahestehenden Erreger zu Gruppen zusammenzufassen. 
Man spricht desbalb heute von der „Paratyphus B-Gruppe“ und stellt 
ihr diejenige Gruppe gegeniiber, deren Vertreter viel aus kranken Tieren 
gezflchtet wurden. Die letztere, sogenannte G fir tn er-Gruppe, ist 
morphologisch und biologisch gegeniiber der 1. Gruppe gut abtrennbar. 
In der Paratyphus B-Gruppe aber sind Erreger vereinigt, die zum Teil 
aus Kranken gezflchtet wurden, die nicbt nachweislich mit krankem 
Fleisch in Berflhrung gekomraen waren, die vielmehr ihre Erkrankung 
auf gleiche Art erworben hatten, wie es fflr den Abdominaltyphus 
charakteristisch ist; andererseits finden sich aber viele Erreger, die 
flhnlich wie bei der Gflrtner-Gruppe aus Nahrungsmitteln, insbesondere 
aus Fleisch stammen. Aber die Aufteilung der Erreger der Paratypbus- 
gruppe in 2 Untergruppen bzw. die Schaffung von 2 gleichberechtigten 
Gruppen stieB vornehmlich deshalb auf Schwierigkeiten, weil bei rein 
bakteriologischer Betrachtung nicht genflgend Charakteristika vorzuliegen 
schienen. Immerhin ist es der Muhe wert, diese Frage erneut zu prufen. 
zumal bei der klinischen, pathologisch-anatomischen uud auch bei der 
epidemiologischen Betrachtung verschiedene Krankheitsbilder vorliegep. 
Im allgemeinen unterscheidet man bier 2 bzw. 3 besondere Formen, die 
man mit Schottmflller (31) folgendermafien benennt: 1) Paratyphus B 
abdominalis, 2) Gastroenteritis paratyphosa B, 3) Cholera nostras para- 
typhosa. Die Abtrennung der Cholera nostras von der gastroenteritischen 
Form ist nicht so scharf durchfuhrbar wie gegeniiber der typhflsen Form 


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Gartner, Paratyphus B abdominalis — Gastroenteritis paratyphosa B. 487 


uad wird nicht mehr strong innegehalten. Die beiden hauptsSchlichen 
Krankheitsbilder sollen von ein und demselben Erreger herrfihren, and 
os sind eine Reihe von Ansichten in der Literatur niedergelegt, die zu 
erkl&ren suchen, weshalb einmal dieses, das andere Mai jenes Krankheits- 
bild zur Entwicklung kommt. Es sei bier an die Arbeiten von Htlbner (95), 
HQbschmann (8), Roily (27), Schottmfiller (31), Trautmann (128, 
129) u. a. erinnert Die wesentlichen Momente werden in der ver- 
scbiedenen Wirksamkeit der Toxine, in der Masse der aufgenommenen 
Erreger und in der Reaktionsfahigkeit der befallenen Individuen erblickt. 
Anffallend bleibt aber trotz aller Erklarungsversuche, 
daB es relativ haufig Epidemien gibt, die entweder nur 
das typhfise oder nur das gastrointestinale Bild darbieten 
(s. w. u.). Demgegenfiber sind einzelne Massenerkrankungen bescbrieben, 
die beide Arten dargeboten haben sollen. Hierin gehSrt die von Levy 
[zit. nach Uhlenhuth und Hfibner (130)J beobachtete Epidemic, bei 
der innerhalb einer Familie 6 Kranke das toxische Bild darboten und 
1 Fall das typhose; ferner die von Prigge und Sachs-Mfike (115), 
bei der neben mehreren gastroenteritischen Erkrankungen 1 einen typhus- 
ahnlichen Verlauf nahm. Aehnlich ist die von Jakob (96) bescbriebene 
Epidemie. Hierzu treten noch 2 Epidemien nach dem Genufi von SflB- 
speisen. Bei ihnen kamen hauptsSchlich typhfise Formen vor, die aber 
mit solcben vermischt waren, die man als gastroenteritische anzusprechen 
pflegt [Walser (135), Hamburger und Rosenthal (41)]. Im ein- 
zelnen wird auf die hier geschilderten Verhaltnisse bei Betrachtung der 
Epidemiologic eingegangen. 

Im Kieler Hygienischen Institut wird nun seit Jahren versucht, 
sowohl die einzelnen Ffille, wie auch die zur Kenntnis kommenden 
Epidemien danacb zu trennen, ob eine typhfise Oder eine gastro¬ 
intestinale Form vorliegt. Aus den Arbeiten von B. Fischer (85, 86), 
Reiner Mfiller (66, 111), L. Bitter (52, 80, 81) und G. Wagner 
(131—134) geht hervor, daB mit einer an Sicherheit grenzenden Wahr- 
scheinlichkeit eine bakteriologische Differenzierung der beiden haupt- 
sacblichen Krankheitsbilder vorgenommen werden kann. Die systematische 
Untersuchung hat ergeben, daB bei der typhosen Erkrankung (Para¬ 
typhus B abdominalis) das Bact. paratyphi B (Schottmfiller) gefunden 
wird, daB dahiogegen bei der sogenannten Gastroenteritis paratyphosa 
der von Kaensche (59) aus dem Fluggeschen Institut beschriebene 
B. enteritidis Breslavensis als Erreger anzusprechen ist. Letz- 
terer ist als identisch mit dem Aertrykstabchen anzusehen. 

Diese Trennung wurde nicht nur im Untersuchungsamt durchgefiihrt, sondern 
auch gegenuber den einsendenden Kliniken und Aerzten. Somit sind seit Jahren die 
einsendenden titellen an diese hier gciibte Differenzierung gewohnt, und es ist sicherlich 
kein Zufall, daB sich auch in der klinischen Beurteilung der Krankheitsfaile diese 
Trennung durchecsetzt hat. Zur Illustration mag folgendes dienen: Bei akut ein- 
setzenden Krankheitsfallen, die mit Durchfallen, Erbrechen und einem toxischen 
Krankheitsbild einhergchen, senden die Aerzte das Material mit der Bitte um Unter¬ 
suchung auf „Fleischvergifter“ oder auf „Bact. Breslav 1 * oder G artner ein. Es koramt 
neuerdings iramer seltener vor, dad bei derartigen Fallen an uns die Anfrage auf Para- 
typhusbazillen gestellt wird. Insbesondere ist diese Art der Differenzierung von der 
hiesigen medizinischen Klioik aufgenoramen worden, wie aus der Arbeit von tic hi tten- 
helm (1 IS) zu entnehmen ist. tielb-dverstandlicb ist eine klinische Verwechselung mit 
einem durch das Bact. en teri tid is Gartner erzeugten Krankheitsbild nieauszuschlieden, 
da eine Trennung dieser Krankheitsbilder kauin jemals am Krankenbett bzw. in der 
Bprechstunde moglich sein diirfte. Daher hat sich hier die Zusammenfassung des 
klinisch bedingten Begriffs: Fleischvergifter auf das Bact. enteritidis Bres¬ 
lavensis und Gartner zu erstrecken. 


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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


Zur Prflfung des wichtigsten Punktes, namlich ob eine Trennung 
der beiden Krankheitsbilder flberhaupt dnrchfflhrbar ist, sollen neben 
der bakteriologischen Betrachtung auch die klinische, die pathologisch- 
anatomische und die epidemiologische herangezogen werden. Denn wenn 
sie zu Recht besteht, so rauB sie in gleicher Weise bei diesen 4 Unter- 
suchungsmethoden durchfuhrbar sein. Hierbei ist spezielles Angenmerk 
auf die sogenannten Uebergangsformen zn richten. 

Elinik der „paratyph6sen“ Erkranknngen. 

Von Schottmttller (31), Jochmann (98),.Roily (27, 117) u. a. 
liegen so eingehende Beschreibungen der verscbiedenen Krankheitsbilder 
vor, dafi hier nur die fur das vorliegende Thema wichtigen Pnnkte hervor- 
gehoben zu werden brauchen. 

Die typhose Form setzt nach iibereinstimmenden Ansichten vieler Autoren und 
nach den Beschreibungen der Epidemien relativ haufig mit gastrointestinalen Symptomen 
ein, die von Temperatursteigerung, eventuell auch von Schuttelfrost begleitet sind. Dabei 
bestehen Kopfschmerzen, Uebelkeit, Erbrechen. Die Zahl der Durchfalle erreicht nur 
auSerst selten die Zahlen wie bei der gastrointestinalen Form. Meist werden diese 
initialen Symptome, die schon wenige Stunden nach der Infektion auftreten, nicht in 
vollem Mafie erfafit. Die Erkrankten kommen erst dann dem Arzt zu Gesicht, wenn 
die Erscheinungen den typhosen Charakter darbieten. Immerhin ist dieser Einsatz, dem 
ich aus spater darzusteilenden 'Griinden eine besondere Bedeutung zumesse, oft beob- 
achtet una beschrieben worden. Am deutlichsten ist er aus Fieberkurven derjenigen 
Falle zu entnehmen, die von Anbeginn der Erkrankung in arztlicher Beobachtung 



standen. Es liegt in der Natur der Dinge, dafi uuter militarischen Verhaltnissen der 
Krankheitsbeginn besser erfafit werden kann. Aber auch sonst wird der beschriebene 
Einsatz beobachtet. So beschreibt Roily (27) einen Fall, der nach dem 30. Tag im 
Krankenhaus an Paratyphus erkrankte. Nach den heutigen Kenntnissen uber die In- 
kubation bei echtem Paratyphus B mufi man annehmen, dafi die Infektion im Kranken> 
haus erfolgt ist. Nach anderweitigen Beobachtungen mochte ich schliefien, dafi die 
Infektion wenige Stunden vor dem akuten Einsatz erfolgt iet. Auch Jochmann 
bildet eine derartige Kurve ab (p. 83), ebenso Htibner (95) (p. 165), und Otto (68« 
(Kurve 7), sowie Mann und Pette(12) (Kurve7), Stephan (124) Kurve 1), Freund(88) 
(p. 328), de Feyfer und Kayser(38) (Fall 5). Ferner finden sich unter den von Kon- 
rich (44) abgebildeten Kurven solcne, die einige Tage vor Einsetzen der typhosen Fieber- 
kurve derartige Temperatursteigerungen erkennen lassen. Nachstehend ist eine solche 
Kurve wiedergegeben, die hier beobachtet wurde. Im 1. Fall handelt es sich um die 
Erkrankung eines Arztes, San.-Rat Dr. B. Er hatte am Abend des 27. Sept einen 
Buckling gegessen, der nach den angestellten Nachforschungen als Infektionsquelle an- 
gesehen werden raufi. In der Nacht stellten sich Durchfalle ein, die sehr heftiger Natur 
waren und mit Tenesmen einhcrgingen. Sie dauerten am folgenden Tag iu gleicher 
Starke fort Wie aus der Kurve zu entnehmen ist, bestand Fieber, das aber nach 
3 Tagen abfiel. Gleichzeitig fiihlte sich der Kranke subjektiv besser. Der vorher zu 
Rate gezogene Arzt hatte inzwischen Blut und Stuhl mit der Bitte um Untersuchung 
auf B. „Breslau u eingeschickt. Hier wurde jedoch ein Bakterium geziichtet, das in 
alien seinen Eigenschaften, einschliefilich der fehlenden Mausepathogenitat, dem echten 
B. paratyphi B entsprach. Der einsendende Kollege war, wie er zunachst selbst 
zugab, nicht von der Richtigkeit der bakteriologischen Diagnose uberzeugt und sandte 
noch mehrmals Material ein, aus dem aber jedesmal der gleiche Erreger geziichtet wurde. 
Als dann an den sturmischen Einsatz sich ein rein typhdses Bild anschlofi, erkanote 
er die hier gestellte bakteriologische Diagnose an. Der weitere Verlauf der Erkrankung 


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Gartner, Paratypku* B abdominalis — Gastroenteritis paratyphosa B. 489 


entsprach dem Bilde eines mittelschweren Falles. Es bestand Milztumor, dahingegen 
fehlten Roseolen. 

Ein ahnlicher Fall kam hier jungst auf der Wochenstation eines Krankenhauses 
zur Beobachtung. Nach vollig norraaler Geburt bekam die Frau plotzlich Durchfiille; 
es traten Temperaturen auf, der Fall bot den Eindruck einer schweren Erkrankung. 
Man dachte zuerst an eine septisehe Infektion. Das Fieber Bank zunachst ab und ale 
es sich dann wieder erhob, achopfte man Verdacht, dafi eine typhose Erkrankung vorlage. 
Hier wurde B. paratyphi B geziichtet. Der weitere Verlauf entsprach vollig dem 
eines Typhus. 

Dieser akute „gastrointestinale“ Einsatz ist besonders schon aus den Kurven 2, 
3, 4, 6, 8, 9, 10 und 12 der von Hamburger und Rosenthal (41) beschriebenen 
Epidemie unter Militarpersonen zu sehen (a. w. u.). 

Die zeitliche Dauer dieses gastroin testinalen Einsatzes schwankt zwischen 1 bis 
4 Tagen. Die Temperatur kehrt gelegentlieh vollig bis zur Norm zuriick, in anderen 
Fallen einkt sie nur auf 37 °, dann schliefit sich die eigentliche Typhuskurve an. 

Die Dauer der Erkrankung schwankt und ist im allgeineinen von der Schwere 
des Falles abhangig. Schottmiil ler (31) hat die durschnittliche Dauer auf 21 Tage 
berechnet. Die abortiven Falle pflegen nur einige Tage zu dauern, ohne dafi es zu einem 
eigentlichen Krankcnlager kommt. Schon hier sei bemerkt, dafi es akut einsetzende 
„gasfcrointestinaie“ Formen gibt, deren typhoses Bild abortiv verlauft. Diese, allerdinge 
selteneu, P'alle beansprucben ein besonderes intereese, weii sie innerhalb tvphos 
verlaufender Epidemien den Eindruck erwecken konnen, dali hier 
echte gastroin testinale Verlau fsformen vorlagen. 

Die Inkubation der paratyphosen Erkrankungen betragt im Durchschnitt 4—6 Tage. 
In denjenigen Fallen, die einen gastrointestinalen Einsatz darbieten, ist die Iukubatiou 



^Kurve 2. 

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auf wenige Stunden reduziert. Aber auch in diesen Fallen setzt das typhose 
Bild mit der sonst ublichen Zeitspanne von rund 6 Tagen ein. 

Von den weiteren Symptomen aei hier auf die Roseola eingegangen. Sie wird 
nicht in alien Fallen gefunden. So sah sie Konrich nur 5mal unter 18 Krankheits- 
fallen einer Epidemie, die auf der Kinderabteilung der Jenaer chirurgischen Xlinik aus- 
gebrochen war. Im allgerneinen trat sie zwischen dem 6. und 10. Tage auf. Gelegent- 
lich wird berichtet, daB sie eine sehr starke Ausbreitung darbietet. Bilder bringen 
Jochmann (98) und Hamburger und Rosenthal (41). 

Die Milz wird nicht sehr einheitlich beurteilt. Die Mehrzahl der Untersucher 
spricht sich dahin aus, dafi die Milz auf der Hohe der Krankheit zu fiihlen ist. Ihre 
Konsistenz ist nach Jochmann (98) derb. 

Der Krankeitsverlauf ist in einer nicht unerheblichen Zahl der Falle leicht bzw. 
uncharakteristisch, worauf bei der Besprechung der Epidemiologie einzugehen ist. Er- 
krankungen, die zu lokalen Prozessen fiihren (Abszesse usw.), sind keineswegs selten. 

Die Gastroenteritis paratyphosa ist in ihren klinischen P>scheinungen von 
den gleichen Autoren beschrieben, die auch die typhose Form geschildert haben. Hinzu 
tritt die spezielle Beschreibung 8 ch i 11 en hel m s (118). 

Der Einsatz ist stets ein plotzlicher: 6—12 8td. nach dem Genufl des infektidsen 
Nahrungsmittels treten Uebelkeit, P^rbrechen, Kopfechmerz und Durchfiille ein. Letztere 
konnen bis zu 40 in 24 Std. betragen. Vielfach sind sie mit ausgesprocbenen Tenesmen 
verkniipft. Die Temperatur steigt sogleich an und erreicht in schweren P'allen 40° und 
darilber. Der Einsatz der Erkrankung ist in den meisten Fallen abhangig von der 
Menge der aufgenommenen und inlizierten Nahrung. Die Dauer des Fiebers schwankt 
zwischen 3 und 10 Tagen, moist iiberschreitet es jedoch nicht die Dauer von 4—5 Tagen. 
Der Abfall der Temperatur erfolgt hiiufig kritisch und es kann zu deutlichen sub- 
norm alen Temperaturen kommen. lu gleicher Weise kehrt dieser Temperaturabfall 
bei der sog. choleraahnlichen P'orm wieder und fehlt stets beim Paratyphus B abdominalis. 


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Centra!bL f. Bakt. etc. i. Abt. Originate. Bd. 87. Heft;]7/8. 


Auffallend ist die Zirkulationsschwache, auf die neuerdings Schi ttenhelm (118) 
hinweist. Der Puls ist schwach, kaum fiihlbar. In den Fallen mit reichlichen Durch- 
fallen macht sich der Wasserverlust bemerkbar. Wadenkrampfe konnen auftreten, die 
Stimme wird aphouisch. Die Kranken werden sehr hinfallig. 

Diese Falle werden meist in der Literatur als Cholera nostras paratyphosa be- 
zeichnet. Sie sind die Todesform der Gastroenteritis. Diese Todesfalle werden our bei 
Epidemien mit gastroenteritischen Krankheitszeichen gefunden, soweit sie nicht als 
sporadische Falle in die Erscheinung treten. Bei typhos verlaufenden Epi¬ 
demien ist bisher kein derartiger Todesfall beschrieben. Die sonstigen 
todlich verlaufenden Falle von Gastroenteritis sterben an den Folgen der Intoxik&iion, 
die den Kreislauf und die parenchymatosen Organe schadigt. Die Intoxikation macht 
sich ofters an den Nieren bemerkbar, indem sie hier zu einer Nephritis fiihrt [Joch- 
mann (98), Schitteuhelm (118), Ruge und Rogge (70) u. a.]. 

Eine typische Roseola ist meines Wissens nie beschrieben, wohl aber vereinzelt 
eine urtikarielle Eruption in den allerersten Erkrankungstagen. Sie ist sicherlich einer 
Roseola nicht gleichzusetzen, da man sie als eine toxische Erscheinung auffassen mo£ 
[Jochmann (98)]. Sie hat eher Beziehungen zu den Arzneiexanthemen. Eine Milz- 
vergrofierung wird relativ selten beschrieben. Sie ist nur selten ausgesprochen pal- 
pabel, perkutorisch lafit sie sich ofters nachweisen. 

Die Rekonvaleszenz gestaltet sich in der Regel giinstig. Nacbkrankheiten werden 
kaum beobaehtet. Bitter (52) berichtet, dafi 2 Falle der Alakrelenepidemie, die eine 
hinausgezogerte Rekonvaleszenz hatten, keinerlei Anzeichen einer typhosen Erkrankung 
darboten. Erkrankungen, die mit lokalen Froze seen einhergehen, sind nach dem 
gastroenteritischen Krankheitsbild noch nicht beobaehtet. 

Stellt man die beiden hauptsachlichen Krankheitsbilder gegenflber. 
so zeigen sie wesentlich verschiedene ZGge. Nur insofern kann eine 
Aehnlichkeit vorget&uscht werden, als beim Paratyphus B abdominalis 
wenige Stunden nach Aufnahme des infizierten Nahrungsmittels ein 
gastroenteritischer Krankheitsbeginn zustande kommt, der aber nach der 
fur Paratyphus B-Infektionen charakteristischen Inkubation von einem 
typhosen Bild gefolgt wird. 

Pathologische Anatomic der beiden Krankheiten 1 ). 

B Wer den Versuch untemimmt, das gesammelte, zurzeit vorliegende Material an 
einzelnen Sektionsergebnissen neb>t den allgemeinen Ableitungen der Autoren zu sichten, 
urn daraus den Typus fur das Sektionsbild der Erkraukung abzuleiten, gerat in em 
Labyrinth von VViderspruchen und betindet sich bei deru Versuch, den leiteuden Faden 
der GesetzmaOigkeit zu finden, bald in einer sich fast bis zur Mutlosigkeit steigernden 
Verlegenheit. tt Diese VVorte Picks (17) wird jeder UDterschreiben, der sich mit dt-m 
vorliegendcn Thema befafit, und man geht sicherlich nicht zu weit, wenn man die 
Worte auch auf die Klimk, Epidemiologie und Bakteriologie ausdehnt. 

Erst bei eingehendem Studium gelingt es einige Richtlinien herauszuschilen. 
Berucksichtigt man lnfektionsalter, Schwere der Infektion, interkurrierende Einfliisse 
usw., so treten auch in der paikologischen Anatomic die beiden im klinischen Teil be- 
schriebenen Bilder scharfer hervor. Aber neben dicsen sind noch andere beschrieben, 
die dem einen oder dem anderen mehr odcr weniger gleichen. Insbesondere seien die- 
jenigen Formen erwahnt, die unter dem Bilde emer Ruhr verliefen, bei der Sektioo 
ruhrartige Darmveranderungen darboten, aber in der bakteriologischen UntersuchuDg 
Paratyphus B-Bazillen ergabeu. Solche Falle hat Stephan (124) beschrieben, auch 
Sluka und Strisower (122) leiten solehe Falle aus ihren klinisch-epidemiologischen 
Betrachtungen ab. Bei Koh 1 i sch (101) finden sich gleichfalls ahnliche lleberlegungeu. 
Beitzke (l), der 2 Bektionen dieser Art sah, nimmt — sicherlich mit Recht — kom- 
binierte Krankheitsbilder an. Er warnt davor, Ruhr deshalb auszu$chlie£en, weil ihre 
Erreger nicht bakteriologisch nachgewiesen wurden. Bchittenhelm (118) hat bei 
derartigen Fallen den Emdruck gehabt, dab Mischinfektionen vorlagen. Auch ein F&li 
von Herxheirner (7) gehort hierher. Bternberg (125), der iiber ein reichhaltiges 
Bektionsmaterial verfugr, hat ebrnialls 6 solcher Fiille beschrieben. Er rechnet sie 
selbst nicht zum eigentlichen Bilde des Paratyphus B. Ganz im Binne dieser Ueber- 
legungen sprechen die Bektionen Picks (17), der bei 4 Fallen neben Para B Bak tenor 
auch Ruhrerreger kulturell nachweisen konnte. Einen ahniichcn Fall hat A. Bauer (Tv 

1) Zusammenfassende Darstellungen s. bei fliibschmann (8), Loele (2Si 
Sternberg (125). 


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Gartner, Paratyphus B abdominalis — Gastroenteritis paratyphosa B. 491 


serfert und beschrieben. Diese Falle betreffen Sektionen, die im Felde gemacht wurden, 
und es ist hinlanglich bekannt, daB im Felde Mischinfektionen recbt haufig beobachtet 
wnrden; es sei bier an die Feststellungen Meggendorfers erinnert Ich babe daher 
diese Falle nicht mit in die Betrachtung hineingenommen, weil icb mich bierzu durch 
die Untersuchnngen Picks (17), Bauers (79) und Sternbergs (115) berechtigt 
balte. 

In den Tabellen I und II sind die Sektionen ausschlieBlich nach dtm patho- 
logischen Befund geordnet. Diejenigen Falle, die nicht binreicbend genau anatomisch 
beschrieben sind, und diejenigen, die in den vorliegenden RefeTaten nicht klar den Be¬ 
fund erkennen lieBen, mufiten weggelassen werden. Fiir das, was hier gezeigt werden 
soli, reicht das vorliegende Material aus. 

Bezuglich des Geschlechts laBt sich — auch bei Beriicksichtigung der nicht zur 
Kriegszeit gemachten Sektionen — nichts Beetimmtes aussagen. Bezuglich des Alters 
ergeben sich gleichfalls keiue wesentlichen Gesichtspunkte, die nicht durch die Infektions- 
gelegenheit erkiart werden konnten. Auffallend ist vielleicht die relativ hohe Zahl der 
Kinder und der alten Personen bei der Gastroenteritis, zumal bei der typhosen Form 
die Kinder fast vollig fehlen. 

Bei der Gastroenteritis liegt der Todestag in den ersten 6 Tagen. Bei den Fallen 
mit typhosem Krankheitsverlauf liegt er meist nach dem Ende der 2. bis in die 4. Woche 
hinein. Sicherlich ist nicht in alien Fallen der Todestag absolut richtig. Aber man 
wird eher annebmen durfen, daB er falschlich zu frtih gelegt wird, zumindest bei der 
typhosen Erkrankung, da der Infektionstag hier viel schwerer zu fixieren ist, als bei 
der gastroenteritisohen. Fall I von Hiibschmann (8), der auch in anderer flinsicht 
Besonderheiten darbietet, kann hier nicht verwertet werden, weil er an einet operativen 
Blutung (bei bestehendem Ikterus) zugrunde ging. Ebenso fallt der Fall von Buday (3) 
aus dem Rahmen; hier trat der Tod durch Embolie in der Rekonvaleszenz ein. (Phlebi- 
tiden bzw. Thrombosen sind bei Paratyphus wiederholt beschrieben worden [Sick(121)] 
und erklaren so derartige Todesfalle). Fall II von Bei tzke (1) starb an einer Stapnylo- 
kokkenpleuritis, auch hier ist der Todestag nicht zu verwerten. 

Die klinischen Symptome sind leider in vielen Fallen recht sparlich, so daB 
sie oft keinen RuckschluB gestatten. Hier tritt stdrend hervor, daB jede Disziplin die 
sie interessierenden Facta in den Vordergrund stellt, wodurch die zusammenfassende Be- 
arbeitung sehr erschwert wird. 

Ich habe mit Stichworten die Angaben tabellarisch zusammengestellt. 
Tabellen konnen naturgem&ft Sektionsprotolle nicht ersetzen, aber da 
die Lektflre so vieler Beschreibungen die Uebersicht erschwert, muBte auf 
diese Art der Darstellung zuruckgegriflfen werden. 

In Tab. I findet sich ein vornehmlich typhbses Krankheitsbild. Soweit 
Angaben dariiber vorliegen, sind Roseolen, Milzvergrofierung und Leukopenic aufgefiihrt. 
In einem Fall war eine Peritonitis infolge Perforation eines Geschwiires eingetreten. 
Hier sei angefiihrt, daft sowohl Heidler (92) wie auch SuBenguth (127) solche para- 
typhose Peritonitis in Heilung iibergehen sahen. In dem Fall von SuBenguth (127) 
liefi sich bei der Operation ein Geschwiir nachweisen, das kurz vor der Perforation 
stand und bezuglich seines Sitzes einem Peyerschen Haufen entsprach. 

Der Sitz der Darm geschwiire entspricht in vieler Beziehung dem Bild des 
Typhus. Die Geschwiire entsprechen im allgemeinen der Stadieneinteilung beim Typhus. 
*/, aller hier wiedergcgebenen Todesfalle bieten diese Geschwiire dar, und wenn man 
diese zu dem Todestag in Beziehung bringt, so entsprechen sie etwa der 2. Woche. 
Auf der anderen Seite finden sich unter den Fallen, die keine Geschwiire darbieten, 
solche, die nur eine markige Schwellung der Lymphknoten erkennen lassen; diese Falle 
kamen also im 1. typhosen Stadium zu Tode. Das 3. Stadium, das der Vernarbune 
bieten der Fall 4 von Marchand (13) und Fall 2 von Rings (18) dar. Gelegeotlich 
finden Bich Geschwiire, die nicht so unbedingt wie bei Typhus an den lymphatischen 
Apparat gebunden sind. Hierroit in Verbindung steht wohl auch, daB die mesenterialen 
Lymphdriisen nicht so sehr in Mitleidenschaft gezogen sind. Die Schwellung der 
Follikel und der Peyerschen Haufen wird selten vermiBt, aber sie hat nicht immer 
den ausgesprochcn markigen Charakter, der fur Typhus bezeichnend ist. Haufiger 
als beim Typhus linden sich Geschwiire im Dickdarm [Brion und Kayser (2), 
Ellermann (5), Buday (3), Luksch (11), Burckhardt (4), Jaff6 (9), Herx* 
heimer (7) u. a.]. Ein Milztumor ist offers gefunden, aber er ist auch nicht von der 
Beschaflenheit der Tvphusmilz. Gegeniiber dem Typhus ist noch zu bemerken, daB 
die alJgemeine Enteritis ausgesprochcn ist. Hierauf weist besonders Herxheimer (7) 
hin, aber auch in verschiedenen anderen Sektionsprotokollen ist diese Enteritis, die neben 
den typhbsen Gesehwiiren besteht, zu finden. Hier ist ein Zusammenhang mit 


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S . Journ. of infect.] Darmblutung. 

•mo* 1904. 1 





Gartner, Paratyphu6 B abdominalis — Gastroenteritis paratyphosa B. 495 


den anfanglichen Durchfallen unverkennbar. Besonders charakteristisch ist Fall 3 tod 
Beitzke (l). In etwas gekurzter Darstellung lautet das Protokoll folgendermafien: 
Mmketier H., 18 J., erkrankt 10. Marz 1918 mit Dttrchfall, Kopf- und Leibschiuerzen, 
Schut tel frost. Lazarettaufnahme 11. Marz mit 39,7°, Puls 81, ciikrot Einzelne bron- 
chitiache Gerausehe. Leib maBig gespannt, druckempfindlich, Milz fuhlbar. Erbsbrei- 
artige, diarrhoische Stiihle. 14. Marz Entfieberung, geformte Stiihle; 21. Marz erneuter 
Fieberanstieg, Kontinua. Stuhl wird wicder schuppenartig (?), Benommenheit, Roseolen, 
kein Diazo, am 23. Marz Paratyphus B Bazillen im tilut nachgewiesen. Tod am 31. Marz. 

A us dein Sektionsprotokoll: „Magen fast leer, weit; im Fundus stark getullte 
Kapillaren, am Magenausgang einige kleine Blutpunkte in der Schleimbaut. Duodenum 
weit, schlaff. gallig. Auf der Hohe einiger Falten kleine Blutungcn. Die Schleimbaut 
des oberen Dunndarms ist sehr feucht, leicht gerotet, 6cblaff, hie und da kleine Blut¬ 
punkte. Darrainhalt breiig, gelblichgrun. In den tieferen Dunndarmabscbnitten wird 
die Farbe der Schleirahaut ein ganz dunkles Rot. Hie bat ein samtartiges Aussehen. 
Die zusamraenstebenden Lymphknotchen sind ganz leicht geschwellt, ubernll von un- 
versehrter Schleimhaut uberzogen. Die einzelnen Lympbknoten springen haufig knopf- 
artig in die Darmlichtung vor, sind stecknadelkopf- bis linsengrofi. Im allgemeinen 
sind sie graurot, ganz vereinzelt jedoch gelblichweiB und zeigen dann beginn nde Substanz- 
verluste an der Oberflache. Diehl vor der Bauhinschen Klappe eine Menge solcher 
oberflaehlich nekrotisch geschwellter, grauweiBer bis graugelber Lympbknoichen. Auch 
die Schleimbaut im auf^teigenden Dickd&rm und Querdarm stark gerotet. Fast iiberall 
finden sich HnsengroBe, vorspringende Lymphknotchen, die stellenweise nekrotisch, grau- 
gelblich sind. Besonders an den Flexurstellen treten solche zerfallende Knotchen ver- 
mehrt auf.“ 

Hier zeigt sich deutlich ein Nebeneinander von beginnenden typhSsen 
und von enteritischen Veranderungen, die wohl zwanglos durch die auf- 
einander folgenden Krankheitsbilder erklfirt werden konnen. 

Derartige enteritische Veranderungen bieten nicht nur bezQglich der 
pathologischen Abtrennung des Paratyphus vom Typhus ein besonderes 
Interesse, sondern sie scheinen mir darflber hinaus einer genauen Analy- 
sierung wert, um die sogenannten UebergSuge zur Gastroenteritis zu 
verstehen. In vielen Fallen wird der akute, toxogen bedingte Einsatz 
ohne bleibende Folgen verlaufen, aber wie bei alien anderen Darm- 
erkrankungen organische Irritationen angenommen werden mflssen, so 
wird man sie hier nicht ausschlieBen konnen. Jedenfalls scheint mir hier 
der Schliissel znm Verstandnis der Uebergangsformen zu liegen. 

Zu den weiteren Symptomen, die Aehnlichkeit mit dem Typhus haben, gehoren 
die eogenannteq Typhuszellen, die vornehmlich in den Mescnterialdrusen zu finden 
sind und groBe, vakuolenreiche, in phagozytischer Tatigkeit bogriffene Zellen darstellen. 
Leider ist nicht in alien Fallen auf sie geachtet worden, aber sie werden bei darauf ge- 
richteter Aufmerksamkeit kaum vermiBt [Beitzke (1), Buday (3), Burckhardt (4). 
Sternberg (125)]. 

Hier diirfen die miliaren Lebernekrosen erwahnt werden, die gleichfalls 
dem Bilde des Typhus entsprechen. Sie stellen bedeutendere Oder geringere Men gen 
von epitheloiden Zellen, kleinen Rundzellen oder Leukozyten dar, die haufig von kleinen 
Hamorrhagien begleitet sind [Pick (17), Lewy (110), Beitzke (1), Burckhardt (4). 
Bauer (79), Hubschmann (8), Jaff6 (9, 97), Longcope (10), Sternberg (125)). 
In der Regel sind sie nur m kroskopisch sichtbar, konnen aber auch makroskopisch 
sichtbar sein, wie aus der Beschreibung und dem Bild von Pick (17) hervorgeht. Leider 
ist auf diesen Befund gleichfalls nicht regelmaBig geachtet worden 1 ). 

Bei der gastroen teritischen Erkrankung fehlfc in der Vorgeschichte aus- 
nahmslos die Roseola. Die Anamnese wird vollstandig von schweren Durchfallen und 
Tenesmen beherrscht. Wiederholt haben diese Durchliille einen choleraartigen Eindruck 
^eraacht. Es darf erwahnt werden, daB in einigen Fallen, die in Kiel zur bakterio- 
logischeo Untersuchung eingingen, die Fragesteilung auf Cholera und auch auf Arsen- 
vergiftung lautete. Pathologisch-anatomisch im Vordergrund stehen naturgemiiB 
die gastrointestinalen Veranderungen. Der Magen zeigt fast ausnahmslos einen 

1) Hier sei insbesondere auf die Arbeit von Wagner und Emmerich (134): 
„Experi men teller Paratyphus (A und B) durch Gallenbiaseninfektion** verwiesen. Sie 
konnten bei Meerschweinchen die analogen Veranderungen in der Leber nachweisen. 
Daselbst bildliche Wiedergabe der Nekroseherde5 


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Gartner, Paratyphus B abdominalis — Gastroenteritis paratyphosa B. 499 


schweren Katarrh, vereinzelt wird eine Gastritis purulenta bericbtet. [Habscbmann (8) r 
Beitzke(l), Bracbt (22)]. Die Veranderungen der Darmschieimhaut sind im 
gToflen und ganzen ziemlieb einheitlicb: Starke Schwellung und Rotung, vereinzelte 
Blutungen greifen ausnahmsios auf den Dickdarm tiber. Gelegentlich finden sich 
kleine Gescbwure, nur in 5 Fallen von 30 fctektionen; sie bieten aber sowohl nach Grfifie 
als aucb nach Konfifforation ein ganz anderes Bild dar als die typhbsen. Charakte- 
rietisch fiir diese Erkrankung sind die Blutungen in die DarniFchleimhaut. Sie 
werden aber auch auf der Darmserosa, im Kierenbecken, in der Harnblase und auf der 
Pleura und dem Epikard gefunden. 

Die me8enterialen Lymphdriisen und die Milz sind im allgemeinen von 
normaler Grtifie oder nur wemg vergrofiert. 

Die sog. Typhuszellen und die Lebernekrbsen sind in keinem Fall be- 
schrieben. 


Epidemiologic (s. Tab. Ill und IV). 


Die Epidemien mit gastroenteritischen Erscheinungen iibertreffen 
sowohl der Zabl als auch der Grdfie nach diejenigen mit typhdsen Er¬ 
scheinungen. Anch die absolute Zabl der Toten ist bei der 1. Er¬ 
krankung grOBer. Demnach darf man schlieBen, daB der Verlauf ein 
eindrucksvollerer sein muB. Sie fordern daher zur Bearbeitung und zur 
Beschreibnng auf. Diese Ueberlegung scheint nicht unwichtig, denn die 
Tfitigkeit der Laboratorien zeigt ein anderes Bild. Hier stehen die Einzel- 
f&lle ira Vordergrund, bei entsprechenden Erkundigungen erfabrt man, 
daB diese eiuen typhSsen Charakter tragen und daB sie vereinzelt ge- 
blieben sind. Bei gehauften Fallen wird man, entsprechende Nach- 
forschungen vorausgesetzt, beide Krankheitsformen antreffen kdnnen, 
aber ein Vorkommen beider Formen zu gleicher Zeit, bei einer Epidemie 
wird man so gut wie nie beobachteu. Nur selten werden die bakterio- 
logischen Stellen den akuten Einsatz an ihrem Material allein beobachteu 
kronen. Man ist daher auf die spStere epidemiologische Erfassung der 
Fille angewieseu. Das vorliegend gegenfibergestellte Material zeigt 
diese Verscbiedenheit in sehr ausgesproebenem Mafie, insofern als die 
gastroenteritischen Epidemien akut und plfltzlich einsetzen, 
wahrend die typhosen niebt so akat und nicht so schlagartig beginnen. 
Besonders bei den durch Wasser bedingten Epidemien ziebt sich die 
Erkrankungszeit tiber mehrere Tage Oder Wocben bin. Im allgemeinen 
sind die Eins&tze der Nahrungsmittelepidemien auf einige Stunden oder 
1—2 Tage zusammengedrUngt; langere Infektionszeitr&ume sind aus- 
gesprochen selten. 


Zu letzteren gehort die tod Matthes, Wollenweber und Dorsch (29) be- 
sebriebene Fleischepidemie im Regierungsbezirk Arnsberg. Hier war das anscheinend 
sehr stark bakteriell durchsetzte Fleiscn im Verlauf menrerer Tage an verschiedenen, 
auseinanderlregenden Orten in die Hande der Konsumenteu gekommen und hatte so 
einen protrahierten Epidemieeinsatz vorgetauecht. Ganz abnlich ist der epidemiologische 
Ablauf der kleinen von uns in Kiel beobachteten Epidemie (s. Tab. IV). bei der ein 
Geheimscblacbter verschiedenen Fleischern Fieisch eines anscheinend kranken Tieres 
mZUT Wurstbereitung“ abgab. Aber betrachtet man den Krankhcitsheginn in bezug auf 
aie Nahrungsmittelaufnabme, so zeigt sich auch hier die plotzliche Erkrankung kurz 
nach dem GenuB der ypeisen. Ganz ahnlich liegen die Nahrungsmittelepidemien nach 
GenuB von Mehl- und SuBspeisen, wenn die Abgabe nicht mit einem Male beendet war. 
Am klarsten lassen sich die verschiedenen Epideraietypen bei den Trup|>enteilen beob- 
achten; es sei hier auf die Saarbriickener Paratyphu>»epidemie (35—37) auf der einen 
und anf die Greifswalder Epidemie (75) auf der anderen Seite verwiesen. Eines darf 
man allerdiugs auch beim Militar nicht vergessen, daB man namlicb die Angaben ein- 
seiner Leute mit Vorsicht aufnehmen muB, weil es immer solche gibt, die kraftiger als 
ihre Kameraden sein wollen und daher nicht einen riebtigen Infektionstermin angeben 
wollen. Auch bei der den Lenten so gut instruierten Fleckfiebererkrankung konnte man 
die Beobachtung machen, daB sie nicht krank sein w oil ten. 

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5(X> Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 

Das Auftreten der Epideraie ist ontrennbar von der Frage der 
Bazillentrager und Dauerausscheider. Fiir die Verbreitong 
der Epidemien kommen iD erster Linie diejenigen in Betracht, die selbst 
derartige Erkranknngen durchgemacht haben. Es ist daber erlaubt, zn 
fragen, ob diejenigen, die derartige Erkrankungen zu Epidemiezeiten 
durchgemacht haben, zu Dauerausscheidern werden. Yon den Para- 
typhus B-Kranken weiB man seit langer Zeit, daB sie relativ haufig zn 
Dauerausscheidern werden. Das lehren die Nachbeobachtungen beim 
Militar und in den Irrenanstalten, sowie auch die Nachbeobachtung vieler 
Einzelfalle. Auch weiB man seit langem, daB die Frauen hier ein er- 
heblich grOBeres Kontingent stelien, genau wie beim Typhus. So zeigt 
z. B. eine systematische Durchuntersuchung einer Irrenanstalt, daB alie 
gefundenen Bazillenausscheider Frauen betrafen, wie aus den Arbeiten 
von Fleischauer (87) und von Knauer (100) zu entnehmen ist. 
Diese prinzipiell wichtige Tatsache sei wegen der Gefahr der Weiter- 
verbreitung der Keime auf Nahrungsmittel durch krank gewesene Frauen 
angefQhrt. Von gleicher Wichtigkeit ist die Bedeutung der Kontakt- 
infektionen. Bei den meisten Epidemien mit typhosem Charakter 
werden solche erwahnt. Sie geben ihrerseits diesen Epidemien eio be- 
sonderes Bild, indem bereits gegen Ende der direkt bedingten Er¬ 
krankungen solche sich anschlieUen, die auf Ansteckung bei der Pflege 
zuruckgefiihrt werden mOssen. Insofern gleicht der epidemische Ablauf 
dem des Abdominaltypbus. 

Bei der gastroenteritischen Krankheitsform ist das Verhalten ein 
ganz anderes. Es ist bisher kein Fall beschrieben, daB ein Erkrankter 
mit Sicherheit zum Dauerausscheider geworden ware. 

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Bitter, der in den letzten Jahren hierauf geachtet hat, Bah Bazillenausscheidunj: 
bis zum Ablauf von hfichstens 5 Wochen. Jakobson (01) teilt mit, daB bei der 
Epidemie im (Men Berlins die Bazillen 2 Wochen nach der Erkrankung im Stuhl nicht 
mehr nachweisbar waren. Nur im Urin waren sie in mehreren Fallen vorhanden. Von 
ganz besonderem interesse sind hier die Untersuchungen von Matthes, Wollen- 
weber und Dorsch (29) fiber die Zeit der Baziilenausscheidung naeh der Fleisch- 
epidemie im Regierungsbez. Arnsberg, bei der die Erkrankungen nusschlieBlich von 
irastrointestinaler Form waren. Danach fanden sich Bazillen im Btuhi bis 


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Huge und Rogge (70) sahen nur bis zur 5. Woche Ausscheidung der Errestr 
bei ihren nach Nahrungsmittelinfektion Erkrankten. Bei der von Marx (6b) be- 
schriebenen Militarepidemie (43 Falle) wurde niemand zum Dauerausscheider. Nur 
Brum m u nd (54) berichtet fiber einen Fail, der erst nach 3 Monatcn die Erreger veTlor 
Nach U hlen h nth und H fibner (130) stammten von den 10 in der Saaibruckener 
Untereuchungsanstaltfostge^ellten Dauerausscheidern keiner vonNahrungsmittelepidemien 
(die anderen Falle betrafen ubrigens au>schlioBlich Frauen). Die Seltenheit der Kontakt- 
infektionen geht aus der Literatur einwandfrei hervor [Rimpau (110) u. v. a.]; nidbt 
nur, dafi keine solchen erwahnt werden, sondern verschiedene Autoren [From me (56) 
Jakob son (61), Kutscher (00), Uhlenhuth (75)] weisen ausdrficklich auf da- 
Fehlen derselbon bei ihren Beschreibungen hin. In der Literatur sind nur weoisc 
Kontaktinfektionen bekannt geworden, so einmal ein Fall, der auf das Waschen be- 
schmutzter Wasche zuruckgefiihrt wird [Matthes (29)]. In dieser Beziehung zeigt 
also diese Erkrankung starke Achnlichkeit mit der Gartner-Bakterieninfektion, mit 
der sie auch in klinischer und pathologisch-anatomischer Beziehung viel Aehnlichkeit 


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Gartner, Paratyphus B abdominalis — Gastroenteritis paratypbosa B. 501 


hat. Otto (68) nirmnt allerdings an, dnB bei der Osnabrucker Epidemie einige Leute 
durch Kontakt infiziert worden sind. Es handelt sich z. T. um Leute, die mit der Pflege 
Erkrankter betraut waren. 

Auch in der von Bruns und Casters (53) beschriebenen Epidemie sind einige 
Kontaktinfektionen be^chrieben, aber die Zahl ist auifallend gering, denn bei der auf 
2000erkrankte Personen geschalzten Epidemie wurden ^httchstens 12—20 Falle tt beobacbtet. 
Die Selteuhcit der Kontaktfalle laBt daran denken, daft es sich weniger um direkten 
Kontakt, ala vielmehr um indirekten handelt. Man muB annebmen, daB die direkte 
Aufnahme der Erreger nicht so sehr zur Krankheit fiihrt, als die auf irgendeinem 
Nahrungsmittel angereicherten Keime. Erst dann scheinen die Verhaltnisse gegeben, 
die zum Haften der Keime ausreichen. Bei Umgebuogsuntcrsuchungen, die nach auf- 
getretenen Fieiachvergiftungsepidemien vorgenommen wurden, hat man recht haufig 
Personen, insbesondere Fleiacner, festgestellt, die die fraglichen Erreger ausschieden. 
Auch in einer spater noch zu beeprechenden Epidemie an Bord 8. M. IS. Posen wurden 
auffallend viele Leute ermittelt, die die fraglichen Keime ausschieden. In diesem Zu- 
sammenhang muB auch daran erinnert werden, daB ali men tare Ausscheidung von Para* 
typhusbakterien beschrieben sind [Conradi (83)]. Man wird sich jetzt die Frage vor- 
legen miissen, ob es sich hier um echte Paratyphusbakterien gchandelt hat, oder aber 
um Erreger, die dem Bact. enterit. Breslau ent^prechen oder nahe stehen. DaB 
eine Ausscheidung von echten Paratyphus B Keimen vorkommt, geht an sich schon 
aus der Tatsache hervor, daB es Bazillenausseheider gibt, also Menschen, die ohne 
nachweisbare Erkrankung die fraglichen Keime ausscheiden. Wir hatten unlangst bei 
der in der Tab. Ill angegebenen Epidemie auf einer Krankenabteilung Gelegenheit, 
zu verfolgen, wie durch eine Dauerausscheiderin eine bisher gesunde Person durch mitlel- 
baren oder unmittelbaren Kontakt aneresteckt wurde, diese jedoch nicht erkrankte, aber 
die Keime nicht verlor, mit anderen Worten, tinier unseren Augen zur Bazillentragerin 
wurde. 

Wir sehen also bei der typhffscn Form relativ hSufig: Kontakt- 
infektionen,Dauerausscheider, fernerUebertragung der 
Krankheit von Kranken aufden Gesunden oder aber durch 
infizierte Nahrungsmittel und durch Wasser, bei der 
gastrointestinalcii Form: nie oder nur auBerst selten 
Kontaktinfektionen, nie Dauerausscheider, kaum jemals 
Uebertragung der Krankheit von Kranken auf den Ge¬ 
sunden, dahingegen stets als Vermittler ein Nahrungs¬ 
mittel, und zwar meist Fleisch, vielleicht gelegentlich 
Wasser. Auf der einen Seite viele sporadische F&lle, 
aberwenigEpidemien,aufderanderenSeiteseltenEinzel- 
f&lle, aber relativ viele, z.T. rechtumfangreiche Epidemie n. 
Letztere treten ausgesprochen explosionsartig auf. 

Eine Ueberlegung sei in diesem Zusammenhang noch angefiigt: 
Sowohl bei den tjphusahnlichen wie auch bei den gastroenteritischen 
Erkrankungen findet man vielfach die Keime in enormen Mengen. In- 
fektionsstotf ist also bei den beiden Krankheitsformen reichlich und 
wahrscheinlich in ann&hernd gleicher Menge vorhanden. Bedenkt man 
nun, daB oft enorme Fleischvergiftungsepidemien beschrieben wurden, 
von denen eine einzige mehr Kranke aufweist, als viele Typhusepidemien 
zusamraen. und daB bei den ersteren nie, bei den letzteren aber fast 
ausnahmslos Kontaktinfektionen gefunden werden, so drSngt sich doch 
der Gedanke auf, daB auBer dem Erreger noch ein wichtiger Faktor 
zum Zustandekommen der Infektion gehohrt. Hfibner (95) nimmt 
zwar an, daB bei der gastrointestinalen Form der pldtzlicbe Krankheits- 
einsatz eine besondere Vorsicht mit den Dejekten wecke, daB hier also 
gleich mit Beginn der Erkrankung die wichtigste Infektionsquelle be- 
seitigt werde. Bei der typhosen Krankbeitsform trete aber die Auf- 
merksamkeit zurflck, zumal die Benommenheit der Kranken ungQnstig 
einwirke. Aber mag man die Benommenheit beim Typhus noch so sehr 
in Rechnung setzen, beim Paratyphus B tritt sie schon erheblich zuriick. 


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Tabelle III. 

Paratyphus B-Epidemieu. 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 





Gartner, Paratyphus B abdominalis — Gastroenteritis paratyphosa B. 507 


Andererseits sind die spritzenden Entleerungen der anderen Erkrankung 
sicheriicb sehr geeignet, den InfektionsstofF zu verstreuen. 

Man wird daran denken mflsscn, daB zum Zustandekommen einer 
Infektion mehrere Momente zusammenwirken mussen. Das Wicbtigste 
scheint mir die Einbringnng von vorgebildcten Toxinen, die bei der 
gastrointestinalen Erkrankung in den Verdauungstraktus koratnen mussen. 
Hierbei ist anscbeinend eine notwendige Bedingung, daB diese Toxin- 
bildung auBerhalb des Korpers vor sich geht, denn sonst mflBten 
auch in den Verdauungstraktus eingebracbte Keime den gleichen Effekt 
hervorrufen konnen. Wie aber wflrde man sich zu erklflren haben, daB 
die Toxinbildung auBerhalb des Organismus eine wesentliche Voraus- 
setzung sein muB? Das scheint schwieriger zu beantworten, da hierfflr 
entsprechende Experimentaluntersuchungen notwendig w&ren, die aber 
noch nicht vorliegen. Hier ist vielleicht das EiweiB der notwendigste 
Faktor fflr die Toxinbildung. Wie wichtig das animalische EiweiB zum 
Zustandekommen einer kliniseben Erkrankung ist, gebt fur den Gflrtner- 
Bazillus aus Untersucbungen hervor, die Aug. Gartner (90) 1888 
angestellt hat. Er schreibt: 

„Sehr erwahnenswert ist, daB 3 Mause, 2 weifie und 1 grane, von welchen 2 schon 
mehrere Tage erfolgios mit frischer Kartoffel-Kullur gefiittert waren, innerhatb 
24—30 Bid., und zwar unter den ausgesprochenen Zcichen der Intoxikation star ben, 
ala eie das infizierte, ausgekochte Fleisch zur Nahrung erhiellcn.* 

Einerseits weifi man, daB auf eiweiBhaltigen Nabrungsmitteln die 
Toxinbildung eine gute ist, andererseits sind hauptsachlich eiweiBreiche 
Nahrungsmittel die wichtigsten Verbreiter der Infektionen. Wird nun 
ein Nahrungsmittel mit den Erregern der gastrointestinalen Form ver- 
unreinigt und steht dieses Nahrungsmittel bei entsprerhenden Temperatur- 
bedingungen genQgend lange Zeit, so sind die Bedingungen zum Zu¬ 
standekommen einer. Erkrankung gegeben. Werden aber die Keime 
unter Umgehung des eiweiBhaltigen Nahrbodens in {len Verdauungs¬ 
traktus aufgenommen, so fflllt die causa nocens fflr die Darmschleimhaut 
weg; die Erreger linden im Verdauungstraktus nicht die notwendigen 
Vorbedingungen. 

Verfolgt man diesen Gedankengang weiter, so wird man zu der 
Annahme gedr&ngt, daB die Gastroenteritis in allcrerster Linie eine 
toxogene Erkrankung darstellt, und dafi das bakteriell im Kdrper be- 
dingte Krankheitsbild demgegenuber sehr weit in den Hintergrund tritt. 
Bei der Paratyphus B-Erkrankung liegen die Verh&ltnisse bei Beginn 
der Erkrankung ahnlicb, und zwar moglicherweise gerade in den Fallen, 
die auf mit Paratyphus B-Bazillen infizierte Nahrungsmittel zurflek- 
zufflhren sind. In den direkten Kontaktfallen, und wie mir aus dem 
Studium der Paratyphus B-Epidemiologie hervorzugehen scheint, bei 
den Wasserepidemien fehlt der toxische Einsatz; hier werden eben die 
Toxine nicht mit in den Organismus aufgenommen. In solchen FSllen 
verlfluft die Krankheit vom 5.-7. Tage ab wie ein Typhus. Beim 
Typhus selbst gibt es scheinbar keine Beeinflussung des Krankheits- 
bildes durch auBerhalb des Korpers gebildete Toxine. 

Unter Berucksichtigung der klinischen Symptome kann man die 
Krankbeitsbilder in 2 Komponenten zerlegen: eine toxogene, und eine 
bakteriell bedingte. Das ist in gewissem Sinn ein Widerspruch da auch 
die toxogene Krankheitskomponente die Bakterien zur Voraussetzung 
hat; aber hier liegt der Unterschied in der Einverleibung auBerhalb 
des Kbrpers gebildeter Toxine und in der Aufnahme leben- 


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508 


(Jeutralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


der Keime mit dem iDfizierenden Nahrungsmiltel, die nun ibrerseits 
im Kdrper krankmachend wirken. Die schematiscbe Darstellnng er- 
mdglicht auch die anderen Nahrungsmittelvergifter mit in die Betrachtung 
hineinzunehmen: 


bediDgte Krankheitsbild ist: 
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stark 
stark 

ausgesprochen bis fehlend 
fast fehlend 
fehlt 


Das bakterielle 
fehlt] 

wenig ausgespr. 
wenig ausgespr. 
ausgesprochen 
ausgesprochen 
sehr ausgesprochen 


DaB diese Darstellung nur schematisch aufgefaBt werden darf, ver- 
steht sich von selbst; selbstverst9ndlicb gibt es wohl bei alien Er- 
krankungen Abweichungen vom Mittel nach beiden Seiten hin. Ins- 
besondere wird man der aufgenommenen Toxinmenge bei der Beurteilung 
Recbnung tragen mflssen. Ist sie grofi, so wird der Effekt groB sein; 
ist sie klein Oder hat eine ScbSdigung derselben durch Kochen statt- 
gefunden, so wird der Effekt geringer sein. Ferner wird die Giftmenge 
noch von der individuellen Verschiedenheit der Giftbildner abh&ngig 
sein. 

Es taucht noch die Frage auf, ob es bei den typhus&hnlichen Er- 
regern Krankheitszustfinde gibt, die nur durch die aufierhalb deS Kdrpers 
gebildeten Toxine zu erklSren sind. Bei den G&rtner-Bakterien sind 
die Vorh&ltnisse schon hinreichend geklSrt, und zwar in bejahendem 
Sinn. 


Schon bei der Entdeckung des Erregers hat Aug. Gartner (90) festgestellt, daB 
Meerschweinchen bei Verfutterung gekochler Bouillonkulturen an akuter Gastroenteritis 
erkrankten 1 2 * * ). Kruse fand das Gift in Filtraten noch wirksam. Es folgten dann eioe 
Reihe weiterer Nachprufungen, die keinen Zweifel lassen, daB die Gifte alleiu wirksam 
sind. Zur Abtotung der Erreger genii gen bei entsprechenden Bedingungen auch wecent- 
lich niedere Tempcraturen, wodurch die Wahrscheinlichkeit, mit den Giften Krankheits- 
erschein ungen zu erzeugen, wachsen mufi. 

Das in Frage stchende Gift wird aber nur von frisch geziicbteten Kultnren in 
deutlicher Menge geliefert. Die Toxizitat geht bald verloren, worauf auch Aug. 
Gartner (!iO) schon seinerzeit hinwies. 

Bezilglich der Paratyphus B-Bazillen hat Schottmuller (119) bereits 1903 nach- 
weisen koiinen, dafi gekochfe Bouillonkulturen bei der Futterung an Meerschweinchen 
krankmachend wirken 8 ). (Weiteres s. IS. 511). 

Eine noch offeno Frage ist die der Immunitat. Ich mochte an- 
nehmen, daB man hier zweierlei unterscheiden muB. Einmal eine Gift- 
immunitat und eine Immunitat gegenuber dem Erreger. 
Letztere ist vielleicht abzuleiten aus der Tatsache, dafi beim Paratyphus 6 
in vielen Fallen auf die Dauer die Erreger aus dem K6rper ver- 
schwinden, d. h. der Organismus erwirbt auf die Dauer die Ffihigkeit, 
die Erreger zu beseitigen. Bei der gastroenteritischen Erkrankung 
verschwinden, wie wir sahen, die Erreger fiber kurz Oder lang ausnahms- 
los. Also mtissen bier die ImmunitatsverhSltnisse gfinstiger liegen. 
Die Giftimmunitat ist in diesem Zusammenhang meines Wissens noch 
nicht untersucht worden. DaB bei beiden Erkrankungsarten Gifte eine Rolle 


1) Er war zu dieser Versuchsanordnung veranlafit worden, weil bei der Franken- 
hausencr Epidcmie nicht nur Leute erkrankt waren, die robes Fleisch, sondern auch 
solche, die gekochtes Fleisch. ja sogar nur Suppc genossen batten. 

2) Nach B. Fischer (85i besteht aber dor gut begriindete V’eidacht, dafi Schott¬ 

muller damalu, als er den Begriff der Gastroenteritis paratyphosa schuf, mitKulturen 

von B. enterit. Breslau gearbeitet hat. 


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Gartner, Paratyphus B abdominalis — Gastroenteritis paratyphosa B. 509 


spielen, dOrfte nach den vorstehenden Angaben nicht zu bezweifeln sein. 
Ob man aber Erkrankungen annehmen darf, die nur aufToxine zurGck- 
gefuhrt werden konnen (d. h. Aufnahme solcher ohne gleichzeitige Auf- 
Dalime lebender Keirae) muB z. Z. fur die beiden vorliegenden Krank- 
beiten noch als unbewiesen gelteu. Fur die G&rtner-Enteritis wird 
man sie aus der damaligeu BeobacbtUDg ableiten kdnnen, da auch Per- 
sonen erkrankt waren, die nur Suppe genossen hatten. Die toxischen 
Krankheitserscheinungen versehwinden bei alien Erkrankungen relativ 
scbnell, nach 2—4 Tagen. Nach dieser Zeit sind die Erreger oft noch 
wochenlang im Stuhl Oder Urin nachweisbar, auch werden sie mitunter 
im Blut nach Abklingen alter Krankheitserscheinungen gefunden. Ei- 
weiB und Sauerstoff sind genfigend vorhanden, die Temperatur ist eine 
gflnstige, auch erweisen sich die Erreger, wenn sie frisch vom Kranken 
gezttchtet werden, als besonders toxisch; daher muB man also annehmen, 
daB die F&higkeit zur Toxinbildnng auch im Kdrper in 
unvermindertem MaBe besteht. Wenn aber eine „Krankheit“ 
nach Abklingen der ersten Erscheinungen nicht nachweisbar ist, dann 
muB man aunehmen, daB der Organismus schneller die F&higkeit er- 
wirbt, mit den Toxinen fertig zu werden als mit den Erregern selbst. 
DaB diese Giftimmunit&t gelegentlich verloren gehen kann, lfiBt sich 
vielleicht aus den Rezidiven ableiten, die der Ausdruck einer Immuni- 
tatsschwache sind. Allerdings wird man die Rezidive wohl in erster Linie 
als Immunitatsschw&che gegenflber den Erregern auffassen mflssen 
(Typhus). Aber es treten auch bei den hier hauptsSchlich besprochenen 
KrankHeiten gelegentlich erneute Durchfaile auf, die an diese Verh&ltnisse 
denken lassen. 

Die klinisckcn Ucbergangsformcn nnd die gemlschtcn Epldemicn. 

Die UebergGnge bed (lr fen zunhchst einer Besprecbung, weil sie, wie 
gezeigt werden wird, bei den gemischten Epidemien eine besondere 
Rolle spielen. Sie sollen nach der Annahme einzelner Autoren die 
Bindeglieder zwischen den sonst so scharf getrennten Krankheits- 
formen sein. 

Ich greife zunachst einen Fall von Roily (27, Tab. II) herans, den er zu den gastro- 
enteritischen rechnet. Es bandelt sich hier um den beieits erwahnten Kranken, der 
am 30. Tag seines Krankenhausaufentbaltes plotzlich ein sehweres Krankbeitsbild dar- 
bot. Die Temperatur blieb zunacbst 2 Tage boob (40°, Durchfaile), sank dann auf 38° 
and erst im Anschlufi an diese Absenkung entwickelte sich das eigentliche typhose 
Bild. Milz palpabel, am 9. Krankheitstag Roseolen. Verlauf der Temp, absolut 
typhusahnlich. Meines Erachtens mufi man dieseu Fall zu den typhosen Verlaufs- 
formen rechnen. 

Den aDderen Fall, den Roily (27) zu den gastrointestinalen rechnet, mochte icb 
auch dazu rechnen. Der Kranke war plotzlich 6 Std. nach einer Alahlzeit erkrankt 
und 3 Tage spater unter den Symptomen der Cholera nostras gestorben. Ich sche 
hier von den weiteren Untersuchungen ab, die Roily zur Jdentifizierung der Er¬ 
reger vornahm, und beschranke mich auf die Wiedergabe der Fiitterungsversuche an 
Mausen. Er veriiitterte die aus den Krankheitsfiillen gewonnenen Keime auf Brot. 
Am 13. V er such stage starb die Maus, welche die Erreger des tod lichen 
gastroenteritischen Fades erhalten hatte. Die ubrigen Erreger vermochten 
die Mause nicht zu to ten, obgleich sie 7 Wochen lang den Tieren gegeben wurden. 

Diese FQtterungsversuche raSchte ich als sehr wichtig ansehen, weil 
sie sich vollstSndig mit den Beobachtungen decken, die das hiesige In- 
stitut bei den Erregern der beiden Krankheitsbilder gemacht hat. 

Bei derartigen Fallen wie dem vorstehenden besteht keine Schwierig- 
keit, sie in die jetzt tibliche Nomenklatur einzufiigen; daB hier von 
einer wirklichen Gastroenteritis nicht die Rede sein kann, durfte jedem 
klar sein, der die klinischen Symptome richtig wertet. Nicht so einfach 


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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


liegen die VerhSltnisse bei denjenigen Erkrankungen, die im Verlauf von 
geuiischten Epidemien vorkommcn. Es erscheint daher erforderlich, an 
dieser Stelle eioe Betrachtung der Epidemien vorzunchmen. 

Es kommen folgende in Frage: Die Epidemie im Orte A. in der Schweiz, beschrieben 
von Walter (13>), die von Jakob (96) beschriebene am Lehrseminar in Wurzburg, 
die von Hamburger und Rosenthal (41, Tab. Ill) beschriebene SuBspeisenepi- 
demie bei Alilitarpeminen und die von Prigge nnd S&chs-Miike (115) beschrie- 
benen Erkrankung* fall e in F. 

Leider mull gesagt werden, daB diese Epidemien gerade in den 
Ponkten, die hier von ausscblaggebender Bedeutung sind, nicht hin- 
reichend untersucht sind. llier muB eine genaue epidemiologische Durch- 
arbeitung verlangt werden, und es darf nicht, wie es offensichtlich ge- 
schehen ist, eine Zusammenstellung der Ffille vorgenommen werden, die 
schlieBlich den einzelnen Fall in diese oder aber in jene Verlaufsform 
hineinpreBt. Ein wenig mehr oder weniger Gewalt wird dabei nicht 
gescheut, um einereine Scheidung zu bekommen. Damit ist aber gerade 
eine groBe Gefahr verbunden, es werden die abortiven Ffille falsch 
rubriziert. 

Was zunachst die Erkrankungsfalle von Prigge und Sachs-Miike (115) an- 
betrifft, kann ich mich kurz fassen, indem ich die Worte wiedergebe, mit denen von 
der gemischten Epidemie gesprochen wird. „Die akut einsetzenden Erscheinungen be- 
standen lediglich in geringem Fieber, Kopfschmerzen, Appetitlo?dgkeit und Durcbfallen. 
Sie gingen mit Ausnahme eines Falles, der typhusahuiichen Verlauf mit Milzschwellung, 
Roseolen, und langsamen typischen Fieberaubtieg zeigte, in wenigen Tagen voriiber/ 

Diese Angaben reichen in keiner Weise aus, um sie als Stutze fur 
die verschiedene Verlaufsform einer Epidemie gelten zu lassen. So fehlt 
der Nacbweis der einheitlichen Infektionsquelle, des gleichen Epidemie- 
beginns, und es ist nicht zu ersehen, ob die als gastroenteritische Er¬ 
krankungen angesprochenen Bilder tatsachlich solche waren und nicht 
abortiv verlaufende typhusfihnliche. Auch ist nicht die MQglichkeit be- 
rucksichtigt, daB die Krankheitsbilder mbglicherweise nur toxisch 
waren, wahrend der eine typhose Fall auf lebende Erreger zuruck- 
zufQhren ist. 

Den letzteren Ein wand muB man gegen die Arbeit von Jakob (96) 
erheben. Hier sind die epidemiologischen Nachforschungen flberhaupt 
nicht mitgeteilt. Ueber die Aetiologie findet sich nur folgender Satz: 

„Ara 3. Marz erkrankten im hiesigen Lehrerseminar nach dem Genufi von Leber- 
wurst eine grofiere Anzahl von Seminaristen an starken Kopfschmerzen, Frostgefuhl, 
Leibschmerzen, Erbrechen und heftigen Durchfailen. 44 Spater findet sich noch der 
Satz: „Aus den verdorbenen Nahrungsmitteln konnte leider der Erreger nicht mehr 
gezuchtefc werden, weil bei Beginn der bakteriologischen Untersuchung keine Reste mehr 
vorhanden waren.' 4 Auch ist nicht ersichtlich, ob das fragliche Nahrungsmittel in ge- 
kochtcm oder rohem Zuatand genosseu worden war. Nach der Jakobschen Beschrei- 
bung dauerte bei* der ersten Gruppe der Patienten (20 nicht ins Spital eingelicferten 
und 4 daselbst aufgenommenen) die ganze Erkrankung nicht langer als eine Woche. 
,Nach 4—6, hochsten 7 Tagen kohrte die Temperatur zur Norm zuriick, und zwar 
moistens in ziemlich steilem Abfali, so dnO die Patienten in 1—2 Tageu fieberfrei 
wurden. Durchfall und Albuminurie, sowie alle anderen Symptome verschwanden, 
und eine ausgesprochene Pulsverlangsamung stellte sich wahrend des Ab- 
klingens der akuten Erscheinungen bei den meisten ein. 

Anders bei der 2. Gruppe. Hier dauerte die ganze Erkrankung langer, denn an 
das Stadium des akuten Brecbdurchfalls, das diese Pat. ebenso wie die der 1. Gruppe 
durchgemacht hatten, schloS sich eine etwas langere Fieberperiode an und die Tempera- 
tureo kehrten dann erst allmiihlich in statfcllormigem Abstieg zur Norm zuriick. & 
war also der Verlauf, abgesohen vom Beginn, dem eines Typhus ahnlich. „Es folgt 
dann eine Fieberkurve, die vdllig dem Bill entspricht, wie ich oben ein solches wieder- 
gegeben habe. Auffallend ist noch das Verhalten der Agglutinationen. 41 Von 32 Unter* 
suchten waren 27 krank, 5 gesund. Bei letzteren war die Reaktion negativ, ebenso bei 
f 5 der Erkrankten (davon 4 ziemlich schwer, 11 nur leicht). Bei 12 Patienten war die 


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Gartner, Paratyphus B abdominalis — Gastroenteritis paratyphosa B. 5H 

Reaktion positiv (sowohl bei Prufung mit einem L&boratoriumsstamm ala gegen die 
verachiedenen, ana dem Blute geziichteten Stamme), und zwar waren von diesen 3 
schwerer erkrankt, 4 nur leicht“ 

Bei dieser Krankheitsbeschreibung fallt zunachat auf, dafi aueh die ©rate Gruppe 
eine Pulaverlangaamung darbot, die sonst bei diesera Krankheitsbild fehlt, worauf 
bereita an anderer tftelle hingewiesen ist. Die klinische Beschreibung iat zu unvoll- 
atandig, wohl deshalb weil dieae Kranken kaum zur Aufnabme ins Krankenhaua kamen. 
Immerhin ist zu erwagen, ob es aich nicht ura abortive typhusahnliche Falle gehandeit 
hat. Die Agglutinationen, die 8—lOTage nach der Entfieberung vorgenommen wurden, 
sind nicht einheitlich. Aber alle dieae UeberJegungen bleiben bei der ungenauen Dar- 
stellung der Epidemie mehr oder weniger fcpekulation. 

Die wichtigate Epidemie auf dieaem Gebiete ist die von Hamburger und Rosen¬ 
thal (41, Tab. Ill) beschriebene, die aich beim Militar ereignete. Die lnfektion erfolgte 
durch eine Reispuddingspeise und durch Oremeschnitten, welche von einem Backer 
hergestellt waren, der Paratyphus B-Bazillenausacheider war. Der epidemische Verlauf 
zeigt 2 Krankheitsanhiiuf ungen, die auf die jeweiligen, an verschiedenen Tagen bereiteten 
Speisen zuriickzufiihren sind. Im ganzen handelt es aich um 65 Kraukheitsfalle. Nur 
in 4 —6 von diesen Fallen war eine Kontaktinfektion anzunehmen. Genaueres wird 
iiber letztere nicht gesagt, aber aua den reichlichen beigegebeuen Abbildungen der 
Fieberkurven lafit sicn, wie spater gezeigt wird, doch schliefien, dafi gerade diese spat- 
liegenden Fall© eine beatimmte VerJaufsform darbieten. Hamburger und Rosen¬ 
thal nehmcn bei 41 Fallen das klinische Bild des Paratyphus B. abdominalis an. 
Die Inkubation berechnete sich auf wenige bis hochstens 24 Std. In 9 Fallen ver- 
gingen 3—6 Tage bis zum Auftreten der typischen Krankheitserscheinungen. Leider 
ist nicht ersichtlich, um welche Falle es sich bei letzteren Erkrankungen gehandeit hat, 
insbesondere, ob die Kontaktinfektionen hierher zu rechnen sind. Sie kommen zu der 
Annahme, dafi die Erreger in dem Korper lediglich in der person lichen Resistenz des 
Kranken ein Hindernis finden, wodurch der Krankheitsprozefi bestimmt wird. An- 
scheinend ist den Autoren nicht der Gedanke gekommen, dafi neben der pereonlichen 
Disposition die Menge der vorgebildeten aufgenommenen Toxine zunachat das Krank¬ 
heitsbild bestimmen kann. Die auagezeichneten Fieberkurven lassen auf das deutlichste 
erkennen, dafi der toxische Krankheitseinsatz geradezu ein integrierender Bestandteil 
dieser Epidemie gewesen ist. Ich kann auf die genauen Krankengcschichten nicht 
eingehen, nalte mich aber fur verpllichtet, auf diese hinzuweisen. Bei der 1. Gruppe 
der Erkrankungen dauerte die lnfektion 9—23 Tage, nur 3 Fall© zogen sich bis zum 
36. Tage hin. Das Sensorium blieb frei; zwischen dem 6. und 10. Tage trat bei samtlichen 
Fallen der typhosen Form eine Roseola auf, die zum Teil sehr ausgesprochen war. 
Ruhrahnliche Erscheinungen wurden nie gesehen, ebensowenig Darinblutungen. Die 
Milz war in 35 Fallen weder palpatorisch noch perkutorisch vergrofiert. In 6 Fallen 
war sie mit derber Beschaffenheit fiihlbar. Meist bestand eine relative Bradykardie. 
Eine typische Leukopenie war nicht deutlich nachweisbar. Erwahnt sei noch in 
3 Fallen eine toxische Albuminuric. 1 dieser Falle kam ad exitum. Er ist von mir 
in der Tab. Nr. I aufgefiihrt. Die weiteren 14 Falle rechnen die Autoren zur para- 
typhosen akuten Gastroenteritis. „Sie verliefen in 9 Fallen unter dem von den friiher 
genannten Autoren, vor allem von Schottmiiller, beschriebenen Bilde des hoch- 
fieberhaften, mit toxischen Allgemeinsymptomen einhergehenden Darmkatarrhs, der be- 
reits nach wenigen Tagen abklang und von einer ruehr oder minder lang anhaltendeu 
Verstopfung gefolgt wurde. In 5 weiteren Fallen trat die paratyphose Gastroenteritis 
so mild, unter den Symptomen leichter uncharakteristischer Durchfiille, in die Erschei- 
nung, dafi nur das Ergebnis der bakteriologischen Untersuchung eine Identifikation der 
Krankheitsprozesse ermoglichte. Da derartige Abortivfiille gewohnlich der klinischen 
Beobachtung zu entgehen pflegen, seien folgende Beispiele wiedergegeben“: (Es folgen 
dann einige Beispiele.) Die Milz war bei einer iiberwiegenden Zabl nicht nachweisbar 
vergrbfiert, Roseolen und Herpes wurde nie gesehen. „Die auf den Darm beschrankte 
Ansiedelung des Erregers bei den paratyphosen Gastroenteritiden erklart, dafi wir neben 
dem Fehlen von Roseolen eine Bakteriiimie niemals angetroffen haben. Ferner blieb 
auch in samtlichen Fallen dieser Art die Diazoreaktion dauernd negativ. Choleraahn- 
liche Falle fehlen unter unserem Beobachtungsmaterial.“ Im weiteren Verfolg dieser 
Fall© geben Hamburger und Rosenthal 2 Kurven, die auch einen gastroenteriti- 
schen Emsatz erkennen lassen, die dann nach einigcn Tagen „fieberfreien Interval!* 
einen kurzen erneuten Fieberanstieg, eine Exazerbation“ darbieten. Gerade diese FaJle 
scheinen mir deutlich zu zeigen, dafi hier ein abortiver Typhusverlauf beim Para¬ 
typhus vorlag, und zwar trotz ausgesprochen toxischen Einsatzes. Weiterhin er- 
wahnen sie einen Fall von Paratyphus Jevissimus, der am 3. Krankheitstag Bazillen im 
Blut hatte. Dieser Blutbefund spricht deutlich gegen die friiher gemachte Annahme, 
dafi bei einzeluen Erkrankungen dieser Krankheitsform die Bazillen nicht ins Blut iiber- 


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Centralbl. f. Eakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


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ireten. Sicherlich wurde man haufiger positive Befunde bei rechtzeitiger Blutentnahme 
haben. Gs wird dann noch die sogenaonte Pseudoinfluenzaform des Paratyphus be- 
schrieben, die mit reiativ uncharakteristischem Fieberbild und sonstigen Anzeichen eiu- 
hergeht. Im ganzen wurden 7 solcher Faile gesehen. Auch wird noch erwahnt, da* 
i»ei einigen Fallen nur die bakterioiogische Jstuhluntersuchung bzw. der positive Ausfail 
^ier G r u b e r - W i d a 1 schen Beaktion die Diagnose gesichert habe. 

Diese Epidemic macht in der Tat den Eindruck, ais ob hier ein und derselbe Er- 
reger 2 verschiedene Krankheitsbilcler hervorgerufen habe. Aber bei genauerem Zu- 
seken zeigt sich, daB von der rem typhosen Form alle moglichen Uebergange von 
Hamburger und Rosenthal beschrieben werden. Auch die fieberfreien Faile, die 
imr durch bakterioiogische Uutersuchungen festgestellt wurden, fehlen nicht. Ganz be- 
Konders charakteristisch ist der toxische Krankheitseinsatz, der kaum auf einer der vieleu 
Fieberkurven vermiRt wird. Von besouderem Interesse ist die Kurve 6, weil aus dem 
Vergleich ihres Kopfes mit der graphischen Darstellung des zeitlichen Aufeinander- 
tolgens der Infektionen hier eine Kontaktinfektion angenommen werdeu mub. Dieaer 
Kail liegt ca. 3 Wochen nach den iibrigen. Er zeigt keinen toxischen Krankheite* 
ein>atz, sondern bietet nur ein typhbses Bild. Auch Fall 7 scheint nach dem Kopf und 
dem Vergleich mit den Kulminationspunkten der Epidemie ein Kontaktfall zu sein. 
Insbesondere bei der Saarbriickener YVasserepidemie, die von Priefer (37) in ihrem 
epulemiologischen Teil beschrieben ist, kann man sehr deutlich erkennen, dafi der gastro* 
tmteritische Einsatz fehlt. Damals war ein Paratyphuskranker in einer JSaarbriickener 
Kaserne der Ausgangspunkt der Epidemie gewesen. Er hatte ein Kiosett benutzt, von 
dem der Inhalt in die Wasserleitung iibertrat. Es erkrankten fiber 80 Leute. Der 
Krankheitsverlauf, der von Priefer (37) gcnau beschrieben wird, entsprach im allge- 
meinen dem typhosen Krankheitsbild; allerdings waren die anfiinglichen Symptome in- 
fluenzaartig. VVas hier am meisten interessiert, ist, daB keine gastrointeetinalen Krank- 
heitseinsatze vorhanden waren, was ich darauf zuriickfiihren mochte, dafl die Krank* 
heit in erster Linie durch die Bakterien als solche, und nicht durch vorgebildete Toxine 
bedingt war. Der klinische Verlauf zeigte alle Grade der Verlaufsformen von den 
schweren bis zu den ambulant verlaufenden. 

Eine weitere v Mischepidemie“ ist die von Walser (135) l ) beschriebene Epidemie 
hi dem schweizer Ort A. Es erkrankten damals innerhalb 22 Tagen 37 Pereonen. 
„Die ersten erkrankten unter den Erscheinungen eines akuten Magen-Darmkatarrhs, 
die spateren unter dcnen eines Typhus. Fur diese Diagnose sprachen Roseola, Milz- 
lurnor, Erbsbreistuhle und Triibung des Sensoriums bei mehreren Kranken.“ „Als Aus* 
piugspunkt der Epidemie konnte mit Sicherheit eine Konditorei festgestellt werden, und 
/war konnte die JSehuld mit grower Wahrscheinlichkeit gewissen Cremeschnitten zuge- 
-vhoben werden/* „Wir haben Familien- und Einzeierkraukungen zu verzeichnen. Die 
Familienepidemien hatten nicht alle den gleiehen Charakter: nei der einen traten die 
Faile innerhalb 1—2 Tagen auf, bei anderen, namentlich in der Konditorei, verteilt* 
-ich der Beginn der einzelnen Faile auf mehrere Wochen. Klinisch haben wir alle 
Uebergange von einem akuten Magen-Darmkatatarrh oder Cholera nostras zu emeni 
klassiHchen Typhus abdominalis/ 4 Die Epidemie ist nicht so restlos geklart. wie es 
wiin^chenswert ware. Aber man wird zugeben miissen, da£ zunachst das Bild den 
• Eindruck einer gemischteu Epidemie macht; bei jeder grofieren Epidemie, die sich uber 
iiingere Zeit erstreckt, besteht die Gefahr, daB Faile mit eingerechnet werden, die atio- 
iogisch nicht hinzu gehoren. Auffallend ist, worauf der Autor ausdriicklich hin* 
weist, dafi die ersten Faile den Eindruck ein er Gastroenteritis gemacht 
haben und dafl die spateren Faile typhusartig verlaufen sind. Mir 
scheint, die Erkliirung hierfiir ist darin zu suchen, dafi die gastroenteritischen Faile 
durch Nahrungsmittel verursacht waren, die neben den Erregern auch Toxine enthielteo, 
wabrend die anderen Faile als Kontaktfalle zu erklaren sind. Fur diese Annahoie 
findet man auch eine weitgehende Bestatigung in den Angaben Waisers, da auch 
bei den meissen gastrointestinalen Fallen sich ein typhusahnliches Bild zum Teil 
nach 1— 2-tagigcra fieberfreien Intervall anschloB. Bei einigen, klinisch nicht genauer 
bciobachteten Fallon findet sich die Bemerkung, da£ die Kranken sich einige Tage 
nach dem akuten Einsatz nicht wohlfiihlten. 

Genaucre Untersuchuugen iiber die Erreger der letztbeschriebenen Epidemien liegen 
3iirht vor. Nur von Hamburger und Rosenthal (41) sind einige Versuche an- 
gestelll, die Schliisse auf die spezielle Art gestatten. „Die Tierpathogenitat des BazilJua 
bei Fiitterung (Ratte, Mans) war gering ocler negativ. Fiir seine geringe TierviruJeox 
-pricht auch, daft die todliche Dosis fiir Miiuse bei subkutaner Einverleibung 0,5 ccm 
emer 24-stundigen Bouillonkultur war. Aus den Organen der nach langerer Zeit unter 

1) In der Literatur findet sich der Verfasser irrtiimlicherweise als Walker iui- 

• ‘i'tbrt. 

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Gartner, Paratyphus B abdominalis — Gastroenteritis paratyphosa B. 51 3 


starker Abmagerung erlegenen Tiere konnten die Keime nicht zuruckgeziichtet werdeu, 
was fur ein Erliegen durch Intoxikation spricht. 1 ccm einer 6 Tage alten, 10 Min. 
gekochten Bouillon (hitzebestiindiges Gift) vermochte Mause innerhalb 36 Std. zu to ten, 
wahrend mit 0,5 ccm gespritzte Mause sich nach schweren Krankheitserscheinungen 
wieder erholten.“ loi bakteriologischen Teile meiner Ausfuhrungen ist gezeigt woraen, 
dafi Mause, welche mit Paraty phusbazillen im hiesigen Institut gefiittert wurden, 
niemals zugrunde gegangen sind, wahrend die mit dem Breslau-Bakterium gefutterten 
Mause ausnahmslos gestorben sind. Hierdurch komme ich zu der Annahme, dafi 
der Erreger der von Hamburger undBosenthai beschriebenen Epidemic ein echter 
Para B gewesen ist. Nach personlicher Mitteilung ist der Stamm Jeider verloren ge- 
gangen. 

Hier miissen noch 2 Epidemien besprochen werden, die der Einordnung Schwierig- 
keiten machen. Es sind die von Prigge (114) und die von v. Wilucki (136) be¬ 
schriebenen Massenerkrankungen, die auf Wassergenufl zuruckzufiihren sind. 

In der von Prigge (114) beschriebenen Epidemie handelt es sich um den Ein- 
bruch von verseuchtem Bachwasser in eine Zentralwasserleitung. Den fraglichen Er¬ 
reger beschreibt Prigge folgendermafien: „Die kulturelle und serologische Priifung 
der gefundenen Stiimme bewies ihre Zugehorigkeit zur Paratyphusgruppe, sie stimmten* 
in alien Merkmalen mit anderen, in der Anstalt friiher gefundenen Paratyphusstammen 
vou Kranken und chronischen Bazillentragern ubereiQ und zeigten alle Eigensch&ften, 
die als charakteristisch fiir Paratyphus B-Bazillen angesehen werden miissen. Auf der 
Drigalski-Conradi-Platte trat deutliche Nestbildung auf, wie sie von Fischer als 
typisch fur diejenigen Bakterien der Paraty.-Gruppe, welche bei sporadisch Erkrankten 
gefunden werden, angegeben sind. Man wiirde die Stamrue somit unter der Voraus- 
setzung,.dafi die Mitteilungen Fischers iiber die Moglichkeit einer Trennung zwischen 
Fleischvergiftern der Paratyphusgruppe und Stammen, die bei vereinzelten Erkran- 
kungen isoliert werden, sich bestatigen sollten, nicht zur Gruppe der Fleischvergifter zu 
rechnen haben.“ 

Die eingehenden Ermittlungen, die von Prigge angestellt wurden, ergaben, dafi 
von 6227 Einwohnern der beiden in Frage kommenden Orte 744 Personen = 12 Proz. 
der Einwohnerschaft erkrankt waren. Die Dauer der Epidemie erstreckte sich auf iiber 
2 Monate. Von den Erkrankten benotigten nur 64 — 8,3 Proz. arztlicher Hilfe. Die 
Dauer der Erkrankungen verteilte sich folgendermafien: 

1 Tag waren krank 67 Personen 

2 Tage „ „ 95 

d » M 111 >! 

4 85 

6 >, ,, >> 30 ,, 


Der Verlauf dieser Erkrankungen bestand mit auffallender Gleichmafiigkeit in den- 
selben Erscheinungen: plotzlicher Beginn, Erbrechen, einige Tage anhaltender Durch - 
fall, echnelle Rekonvateszenz. 

Einen typhosen Verlauf nahmcn nur 7 = 0,1 Proz. aller Erkrankungen. Bei 
ihnen betrug die durchschnittliche Krankheitsdauer 21 Tage. 

Die Erklarung der Epidemie ergab sich durch die Feststellung, dafi Wasser eines 
Baches, der Hausabwasser und Abortgrubeninhalt fiihrte, in starkem Strahl in das 
Sammelbassin der Wasserleitung eintrat. 

Mit der von mir geforderten Trennbarkeit der Erkrankungen steht diese Epidemie 
in Widerspruch, deun der Erreger zeigt so wesentliche Aehnlichkeit mit dem Paraty. 
B-Bakterium, dafi eine Verwechslung mit dem Bacterium enterit. Breslau nicht 
angenomoien werden darf. Aber trotz der genauen Erhebungen Prigges (114) wird 
man doch zweiteln diirfen, dafi die iiberwiegende Zahl der Erkrankungen (echte) Para- 
typhen in unserem Sinn gewesen sind. Zuniichat gelangten iiberhaupt nur 8,3 Proz. 
der Erkrankungen zur arztlichen Kenntnis; die iibrigen Erkrankungen wurden dnrch 
nachtragiiche Feststollungen (Sehulversautnnis usw.) ermittelt. Da die Epidemie in 
den Monaten Juli bis August herrschte, konnen sehr wohl Darmkatarrhe andcrer 
Aetiologie sich in die statistische Erfassung eingeschlichen haben. Bei 37 von den 
744 Fallen sind bakteriologische Untersuchuneen vorgenommen worden; bei alien fand 
sich eine Agglutination von wenigstens 1 :100 gegen Paraty. B-Baktenen und bei 22 
wurden die Erreger im Blut odor iStuhl und Urin nachgewiesen. 

Prigge ist der Ansielit, dafi die von ihm besehriebene Epidemie gegen die An- 
sicht spreche, dafi nur Nahrungsmittelinfektionen mit Brechdurchfall einsetzen. Er 
fiihrt als Stiitze die von Hetsch (93) besehriebene Epidemie an. Meines Eracbtens 
darf man diese Epidemie nicht zu weitgehenden Schlussen heranziehen, weil hier die 

Erst© Abt. Orig’. Bd. 87. Heft 7/8, 33 


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Centralbl. f. Bakt* etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


Entstehungsursachen nicht restlos geklart werden konnten und moglicherweise mehrere 
atiologische Momente in Betracht aamen. Aber es existieren einige andere Wweer- 
epidemien, die fur den echten Paratyphus erweisen , daB geradedas Durch- 
fallbild feblt. Es sei bier an die Saarbriickener Epidemie und an die von Keller- 
mann (43) beschriebenen Erkrankungen nach Wassergenufi bei Soldaten bei einer 
Felddienstiibung errinnert; hier ist aucb die von Grisar beschriebene Was6erepidemie 
zu erwahnen, die^ucb auf Einbruch von Fakalabwassern zuruckgefuhrt werden muB, 
Man kann daher den Einwand nicbt von der Hand weisen, daB in der Prigge- 
schen Epidemie mehrere, moglicherweise sich nahestehende Erreger in Frage kommeD. 
Hierzu berechtigt schon die Ueberlegung, daB der mehrere Wochen dauernde 
Einbruch von verunreinig tem Bachwaseer nicht nur Paratyphus- 
bakterien in die Wasserlei tung geBpiilt haben wird. Auch hier mufl an 
die Grisarsche Epidemie (40) erinnert werden, bei der neben Paratyphen auchTypheu 
vorkamen. Ob das Bacterium enterit. Breslau der hauptsachlichste andere Keim 
gewesen ist, lafit sich jetzt nicht mehr entscheiden. Ob dieser Erreger, wenn er in* 
Wasser eingcbracht wird, auch das sonst bekannte Bild beim Menschen hervorroft. 
ist bisher nicht mit Sicherheit erwiesen. Hieriiber gibt vielleicht die nun zu beschreibende 
Epidemie neue Gesichtspunkte. 

Es handelt sich um eine Reiha von 33 Paratyphus B-Erkrankungen an Bord 
8 . M. 8. Posen in der Zeit vom 19. Sept. 1914 bis 12. Jan. 1915. Nach der von 
v. Wilucki gegebenen Darstellung kommt mit groBer Wahrscheinlichkeit das den 
Trink- und Waschwassertanks entnommene Wasser als Infektionsvermiltler in Frage. 
Dieses ist sowohl aus einigen epidemiologischen Beobachtungen abzuleiten, als auch 
aus dem Ergebnis der bakteriologischen Wasseruntersuchung vom 25. Okt., die neben 
hohem Keimgehalt auch Keime ergab, die „sehr paratyphusahnlich* waren; der mit 
Dampf vorgenommene Desinfektionsverauch hatte keirien Erfolg, sodaB erst einige Zeit 
spater die VVasserleitung als desinfiziert angesehen werden konnte. V. Wilucki(136> 
gibt im wesentlichen eine Darstellung fiber den klinischen Verlauf, ohne im einzelnen 
auf die epidemiologische Aufeinanderfolge einzugehen. Er hat die Beschreibung der 
Erkrankungen in folgende Gruppen geteilt: 

Gastroenteritis paraty. 3 Falle 
Enteritis paraty. 9 „ 

Influenza paraty. 7 „ 

Paratyphus levissimus 6 „ 

Bazillentrager 8 „ 

34 FiilJe 


Hier interessiert zunachst die Feststellung, daB keine typischen typhdsen Verlauis- 
formen vorkamen. Die als Paraty. levissimus gedeutete Verlaufsform lalat jeden Anhalts- 
punkt fur einen typhosen Verlauf vermissen; in alien 6 Fallen liegt nach Ausweis der 
Krankengeschichten eine akut einsetzende, allerdings mehr oder weniger ambulatorisch 
verlaufende Uebelkeit oder Appetitlosigkeit vor. Diese beiden Symptome stehen aoch 
bei alien iibrigen Erkrankungen im Vordergrund, sind aber mit mehr oder weniger 
aosgesprochenen anderen Erscheinungen vergesellschaftet. Dio recht genau mitgeteilten 
Krankengeschichten ermoglichen eine Aufeinanderfolge der Erkrankungen aufzustellen 
Hiernach ergibt sich folgendes; es erk rank ten: 

am 18. Sept. 1 Mann 

am 29. Sept. 1 „ 

zw. 31. Okt. u. 1. Nov. 9 „ 

16. Dez. 1 „ 

18. Nov. 1 „ 

am 21. Nov. 1 ,, 

2. Dez. 2 ,, 

7. Dez. 1 „ 

12. u. 15. Dez. 5 „ 

am 28. Dez. 1 „ 

am 12. Jan. 1915 1 „ 


am 

am 


am 

am 


zw. 


Demnach handelt es sich um einen protrahierten Epidemieverlauf, mit 2 deutlicheu 
Haufungen von Erkrankungen. (Die Bazillentrager und 2 Erkrankungen, bei deneii 
die Angaben fehlen, konnten iu diese Zusammenfassung nicht mit aufgenommen werden.) 
Nach Lage der Trinkwasserversorgung an Bord von Kriegsschiffen erscheint es veil* 
korumen im Rahmen der Mflglichkeiten zu liegen, daB sich Epidemien iiber so lance 
Zeit binzieben, denn aus secnuinnischen und anderen Gesichtspunkten werden die Trips* 
wassertanks wechselweise in Gebrauch genommen. Wenn nun ein solcher Tank infiziert 
ist, so kann die Verstreuung des Infektionsstoffes iiber das Schiff dadurch scheinbar aul- 


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Gartner, Paratyphus B abdorainalis — Gastroenteritis paratypbosa B. 515 


boren, dafi ein nicht infizierter Tank in Betrieb genommen wird. Mit Ingebrauehnahme 
des erateren beginnt wieder ein neuer Scbub von Erkrankungen. Die vereinzelt bleiben- 
den Krankheitsfalle riihren entweder aus der infizierten Pumpleitung her oder 
8 ie stammen von Waseer, das zur Zeit der Verseuchun^ in Wasserkaraffen gefiillt, 
aber nicht gleich verbraucht war. Ein solcber Fall wird von v. Wilucki bei dieser 
Epidemic beschrieben. Ein Wachtmeister erkrankte mit Bchweren Durchfallen, wenige 
Stunden nachdem er in der Nacht aus starkem Durst seine Wasserflasche geleert hatte 
die bereits seit inehreren Tagen in seiner Kammer stand. 

Diese Epidemie liiflt somit mit Recht vermuten, daB bier eine durch infiziertes 
WaBser bedingte Epidemie vorliegt, und wenn der Erreger „sehr paratyphusabnlich u 
war, bo wird man an das Bacterium enter. Breslau denken diirfen. Jedenfalls 
wird man in Zukunft auf die Moglichkeit einer solchen Epidemie achten miissen. Ob 
bei derartigen Epidemien die Zabl der — wahrscheinlich voriibergehenden — Bazillen- 
auBBcbeider immer so groB ist wie hier und ob hier besondere Verhaltnisse patho- 
genetischer Art vorliegen, sei zunachst dahingestellt, auffallend ist jedenfalls, daB von 
dem Kiichenpersonal, das allein auf Bazillenausscheidung untersucht wurde, 8 als Aus- 
scheider festgestellt wurden. Wieviel Leute mogen von der rund lOOOkopfigen Be- 
satzung die fraglichen Keime ausgeschieden haben! Wenn trotzdem so wenig Erkran¬ 
kungen vorgekoinmen sind, dann bat fraglos der Erreger Eigenschaften, die ihn nicht 
leicht befahigen, im Organismus eine Kraukheit hervorzurufen; denn Infektionsmoglich- 
keiten gibt es an Bord trotz ausgezeichneter Organisation des Sanitatsdienstes genug, es 
gibt kerne Menschenanhaufung, die so dicbt ist, wie die Unterbringung einer Kriegs- 
schiffsbesatzung in See und im Kriege. 


Die Bakterlologle des (echtcn) Paratyphus B abdominalis und der 
Gastroenteritis „Breslau“ (Fltiggc-Kaeuschc). 

Die aus echten, d. h. typhusShnlichen Verlaufsformen der Para- 
typhus B-Erkrankungen gezflchteten Erreger steheu bakteriologisch den 
Erregern der gastroenteritischen Erkrankung so nahe, daB eine Differen- 
zierung in der allgemeinen bakteriologischen Praxis kaum durchfiihrbar 
erschien. Erschwerend kommt hinzu, daB eiu Unterschied zwischen 
alten Laboratoriumsst&mmen und frischen Kulturen besteht, ferner gibt 
es eine groBe Zahl von Varianten, die mehr oder weniger groBe Ab- 
weichungen von der Norm darbieten. Einige aus Tieren gezuchtete sind 
vielleicht nicht menschenpathogen, andere konnen gelegentlich den Men- 
schen krank machen. Jedenfalls liegt hier ein wichtiges Moment, urn 
die Erreger zu Gruppen zusammenzufassen. 

Nachdem in den vorhergehenden Ausfiihrungen gezeigt worden ist, 
daB die typhosen Verlaufsformen sowohl in klinischer und pathologisch- 
anatomischer Beziehung, als auch in epidemiologischer Hinsicht von der 
gastroenteritischen abtrennbar sind, erscheint es notwendig, die bakterio¬ 
logischen Charakteristika der beiden Keime gegeniiberzustellen. 

Bei der Darstellung der bakteriologischen Einzelheiten halte ich 
mich im wesentlichen an die aus dem hiesigen Institut hervorgegangenen 
Arbeiten von B. Fischer, Reiner Muller, L. Bitter und G. Wagner. 


Die Erreger haben folgende gemeinsame Merkmale: 

1) Auf der Platte leichte Alkalibildung schon nach 16 Std. 2) Die Kolonien sind 
ahnlich beziiglich ihrer Wachstumsform nach 16 Std. Brntscbrankaufenthalt (s. Tab.). 
3) Gasbildnng nach 24 Std. in Neutralrottraubenzuckeragar. [Es gibt jedoch gelegent- 
lioh gaslose Paraty. B-Stamme (Oette (112), G. Wagner)]. 4i Kein Indol. 5) Trii- 
bung der Molke nach 24 Std. 6 ) Blauung dcr Chmablaumolke nach 24 Std. (Rd- 
tnng der Lackmusmolkei. 7» Aufhellung dcr Chinablaumolke nach mehreren Tagen 
(bzw. Blauung der Lackmusmolkc). Eine absolute zeitliche GesetzmiiCigkeit lafit Mch 
bisher nicht aufstellen. 8 | Alle bis jetzt gepriiften Zuckerarten verhaiten eich gleich- 
maflig. (Raffinoseniihrboden b. epatcr.) 

Folgende Unterschiede bestehen bei den beiden Er¬ 
regern (vgl. auch nachstehende Tab. V). 

33* 


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516 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


1) Schleimwallbildung auf Agarnahrboden: Bact. paraty. B. bildet 
Schleimwalle. Bact. enterit Breslau bildet sie nicht. Man bringt 
sie folgendermaBen zur Darstellung: Das ansgestrichene Material kommt 
fflr 1 Tag (oder bei sparlichem Wachstum fflr 2 Tage) in den Brutschrank. 
Alsdann lSBt man die Platten mindestens 1 Tag bei Zimmertemperatur 
stehen. In manchen Fallen genfigt jedoch fflr die makroskopische Sicht- 
barkeit 1 Tag nicbt, roan muB die Platten dann lSnger stehen lassen 
(2—3 Tage). Im Winter, wenn die Zimmertemperatur nachts zu kalt 
wird, bleibt infolge geringen Wachstums das Wallbildungsphfinomen ans. 
Es empfiehlt sich dann, die Platten auf den Brutschrank zu stellen, da 
hier meist eine ausreichende W&rme vorhanden ist. 

Am besten ist eine Wallbildung bei frisch kultivierten Kolonieu 
zu sehen. Bei alten Kulturen kann sie abnehmen. Jedoch habe ich sie 
noch bei den im Krdlschen Museum fortgezuchteten Original-Schott- 
mflller-Stammen und dem Stamm „B“ von Achard und Bensande 
gesehen. Versnche, die Wallbildung wieder zu wecken durch Zflchten 
auf rohem Fleisch bei Brutschranktemperatur, haben zu keinero verlail- 
lichen Ergebnis geffihrt. Bei zu dichten Platten ist die Wallbildung 
nicht gut zu sehen. Am deutlichsten tritt sie bei alleinstehenden 
Kolonie zutage. Es wird am besten in durchfallendem, wie in auf- 
fallendem Lichte beobachtet. Im durchfallenden Licht fallt sehr leicht 
die weiBliche Verfarbung der Randzone auf, die bei der dann folgenden 
Betrachtung im autfallenden Licht einer Aufwulstung entsprechen muB. 
Es sei hier hervorgehoben, daB nicht jede weiBliche Verfarbung der 
Randzone (durchfallendes Licht) einer Wallbildung entspricht. Fur den 
weniger Getibten empfiehlt es sich aber, zuerst immer nach dem leicht 
wahrnehmbaren Farbunterschied zu suchen. 

Die Wallbildung kann sehr deutlich zur Anschauung gebracht werdeu. 
wenn man von den fraglichen Kolonien auf neuen Platten Striche oder 
Punkte weit voneinander entfernt anlegt und in der oben dargelegten 
Form verfdhrt. Man sieht dann die W&lle besonders charakteristisch 
an den Randern. 

Mikroskopisch (VergroBerung 1:60) liiBt sich die Wallbildung bereits 
nach 16 Std. Zimmertemperatur sehen. (Selbstverstandlich muB die 1-tag. 
Bebrfltung vorausgegangen sein.) 

Man stellt auf den Rand ein. Hier zeigt sich eine grobe radiare 
Streifung; in dem Bereich, der spater dem makroskopischen Wall entspricht. 
Diese dunkle Strichelung hebt sich von dem homogcnen Zentrum ab. 

Photographische Bilder finden sich bei Reiner Mflller und bei 
G. Wagner. Mit einiger Uebung wird man sehr schnell entscheiden 
konnen, ob Wallbildung vorliegt oder nicht. Die Wallbildung wurde 
zuerst von B. Fischer und unabhangig von v. Drigalski und Con¬ 
rad i (35) beschrieben. 

2) Strichkultur auf Schraggelatine: Paraty. B-Bakterien zeigen 
nach 4—5 Tagen ein schlcimiges, rahmartiges Wachstum. Die Kultur 
„rutscht“ (Fischer), der Schwere folgend, nach unten. Das Bacterium 
enterit. Breslau wiichst weniger iippig, trockener und gleitet nicht 
ab. Abbildung bei Reiner Muller (111). 

3) Raffinosereaktion nach Reiner Muller (111). 

Die Parat 3 r phus B-Bakterien zeigen auf gewohnlichem Nfihragar mit 
1 Proz. Raffinosezusatz nach 14-tiig. Aufenthalt viele Tochterkolonien. 
die knopfartig auf den Knlturen sitzen. 


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Gartner, Paratyphus B abdominalis — Gastroenteritis paratyphoea B. 517 


Bact. enterit. Breslau laBt diese Knfipfe vermissen oder zeigt 
sie in geringerem Grade. Nach Mil Her (111) wird „der diagnostische 
Wert der Reaktion hierdurch aber ebensowenig beeintrfichtigt, wie etwa 
der W T ert der spezifiscben Agglutination durch die sogenannte Mitagglu- 
tination* 1 . 

4) Pathogenitat der Reinkulturen gegenuber MSusen. 

Bact. paratyphi B in Reinkultur auf Brot tQtet MSuse nicht. 
auch wenn man sie mehrere Tage mit den Keimen ffittert. BeiTotung 
gelingt es nicht, die Bakterien aus dem Herzblut zu zfichten. Es 
empfiehlt sich nicht, die Bakterien auf Fleisch zu geben, da bei langerem 
FleischgenuB die Tiere spontan zugrunde gehen. 

Bact. enterit Breslau totet MSuse innerhalb 7—10 Tagen. Aus 
den Organen konnen die Erreger in Reinkultur geziichtet werden. Erst 
bei iSngere Zeit fortgezfichteten Stammen geht vielleicht diese Patho- 
genitSt verloren. Ich habe sie noch bei altcn MuseumstSmmeu 
(Kaensche, Greifswald) beobachtet. Bei einigen Fallen, die sonst 
wio Breslau sich verhalten, fehlt sie jetzt; allerdings fehlt auch der 
Nachweis, daB sie fruher vorhanden war. 

5) Agglutination der fraglichen Erreger mit spezifischen Sereu. 

Erforderlich sind hochwertige Sera; das hiesige Institut verwendet 

solche vom Titer 1:100000, Agglutination mit dem liomologen Stamm. 
Der andere Erreger wird nur in geringem Mafie mitagglutiniert (siehe 
nachstehende Tabelle (S. 518 u. 519) nach Bitter aus Brugsch und 
Schittenhelm). 

Die Mitagglutination anderer Erreger ist bei Typhus-, Paratyphus und Enteritis 
Breslau und Gartner nicht so ganz selten. Gelegentlich werden vom Typhuskran- 
kenserum Paratyphusbakterien gleich hoch oder sogar hoher mitagglutiniert. Aehnlich 
iiegen die Verhiiltnisse zwischen Gartner-Bakterien und Typhuskeimen. Auch beini 
Paratyphus und bei dor Enteritis kommt ein derartiges Uebergreifen der Agglutination 
im Beginn der Erkrankung oder in der Rekonvaleszenz vor. Der Wert der Agglu¬ 
tination wird aber durch diese gelegentJichen, und zwar meist voriibergehenden Erschei- 
nungen nicht beeintriichtigt. 

Nach den Untersuchungen von Vorschiitz (137) besteht auch ein Unterschied 
in der Agglutinabilitat durch Losung von Lantbannitrat in 0,85 Proz. NaCl. Wahrend 
Typhus, Paratyphus A und B-Bakterien bis zu einer Verdiinnung von m / ltH)f) agglu- 
tiniert werden, agglutinieren Breslau- (und Gartner-)Bakterien nur bis Ueber 

diese Verhaltnisse werden von Prof. Bitter weitere Versuche angeatellt. 

Fur die bakteriologische Praxis kommt man fast stets mit dem 
Wallbildungsphanomen und der Agglutination aus. Hierbei ist es aber 
wichtig, daB man sich wirklich spezifischer Sera bedient. Wahrscheiil¬ 
licit erklaren sich aus der Nichtverwendung absolut spe¬ 
zifischer Seren viele widersprechendeAngaben in der Li¬ 
ter at ur. Der Wert der spezifischen Agglutination wird in einer sehr 
eingehenden Arbeit von S el ter betont. Die von ihm auf Grund dieser 
Untersuchung vorgenommene Einteilung der Krankheitserreger deckr 
sich sowohl mit der alten Trautmannschen Einteilung als auch mit 
der sich aus dieser Arbeit ergebenden Trennung der klinischen und 
epidemiologischen Ergebnisse. 

Erwahnt sei noch, daB mir von Wien ein Stamm flberschickt war. 
der die Bezeichnung „Dauerausscheider“ trug. Nach dem, was hier 
fiber das Fehlen der Dauerausscheider bei den gastroenteritischen 
Erkrankungen ausgefiihrt wurdo, lag fur uns die Vermutung auf der 
Hand, daB es sich hier urn einen echten Paratyphus B-Stamm handeln 
mfisse; in der Tat ergab die Durchuntersuchung alle Eigenschaften, die 
ffir einen solchen Stamm cliarakteristisch sind. 


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518 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


Bakteriam 

Wachs- 

Form der 

Sehleira- 

Gas aus 

Reduktion v. 

Lack 

turn 

Kolonie 

wall 

Glukose 

Neutralrot 

Rotung i 

Typbi 

zart 

rundl., unregelmf fi. 
gerand., Weiublatt, 

1 

; _ i 

— 

— 

Paraty. B 

iippig 

rundl., im allgem. 
scharf gerandet 

+ 

H- 

4 

1 4 

Enterit. 

Breslau 


rundl., oft unregel- 
mafiig gerandet 

— 

i + 

1 

+ 

i 

Enterit- 

Gartner 

«» 

rundl., im allgem. 
scharf gerandet 

4- 

[ + 

+ 

_L 


Toxizitat und ImmunitSt. 

Die Toxizitat der beiden Keime ist gleichfalls verschieden, aber 
sie ist nur schwer vergleichbar, da von den Autoren nicht einheitliche 
Metboden angewendet wurden. Im allgemeinen hat man sich auf die 
Injektion durch Hitze abgetoteter Reinkulturen beschrankt. Diese hitze- 
bestandigen Toxine sind beispielsweise durch Bach (49), From me (56). 
Heller (26), Schottmtiller (119), Tiberti (33), Trautmann (128), 
de Kobele (67), Roily (27), Uhlenhuth (75) nnd Vagedes (76) bei 
gastroenteritischen Erkrankungen nacbgewiesen worden. Auch tiltrierbare 
Gifte sind vereinzelt beschrieben, so von Tiberti (33) bei der Bologneser 
Fleischvergiftung und von Uhlenhuth (75) bei der Greifswalder Epidemie. 
Die Toxizitat scheint aber nicht vbllig constant zu sein, wie aus einigen 
Bemerkungen zu entnehmen ist. Andererseits existieren fur die echten 
Paratyphusstamme einige Untersuchungen, die dafQr sprechen, daB die 
abgetoteten Kulturen nicht toxisch wirken. So vermiliten Knrth (103! 
und Korte (102) die Toxizitat bei ihren auf 100 Oder auf 60° bzw. 56* 
erhitzten Kulturen. Die von Ad. Fischer (84) isolierten Paratyphus 
B-Bakterien von Dauerausscheidern schadigten nach Abtdtung bei 56 s 
und intraperitonealer Injektion Meerschweinchen nur vorflbergehend. 
Bei der Saarbriickener Epidemie waren Kulturen, die mittels Chloroforms 
abgetotet waren, unwirksam. Der Erreger der von Konrich (44) 
beschriebenen Paratyphusepidemie zeigte bei Meerschweinschen den 
gleichen Befund wie bei den eben genannten Kulturen, jedoch waren 
sowohl Bouiilonkulturen als auch Filtrate fOr Mause toxisch. Ebenso 
fielen die Versuche von Brion und Kayser aus. Die Kulturfiltrate 
der beiden eingangs beschriebenen toxisch einsetzenden Paratyphus 
B-Falle waren bei intraperitonealer Injektion von 2,5 ccm bei Meer¬ 
schweinchen nicht giftig. Die getoteten Tiere zeigten normalen Befund. 
Ebensowenig sch&digte die Tiere intrastomachale Einverleibung von 
10 ccm des Filtrates. 

Da mir bei der Bearbeitung der Klinik und Epidemiologie des 
Paratyphus auffiel, daB bei einer ganz betrachtlichen Zahl von Krankheits- 
fallen ein toxischer Einsatz besteht, habe ich versucht, dieses toxische 
Kranheitsbild bei mir experimentell zu erzeugen. Ich habe mir zunachst 
von etwa 8-tag. Bouiilonkulturen Berkefeld-Filtrate hergestellt und 
dieselben getrunken (5 und 10 ccm), nachdem die Kontrollen die Keimfreiheit 
ergeben batten. Ich habe hiervon keinerlei krankhafte Erscheinungen 
bekommen. Sodann habe ich eine 48 std. Agarkultur eines friscli isolierten 
Keimes der bereits erwahnten Kieler Krankenhausepidemie getrunken. 


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Gartner, Paratyphus B abdominalis — Gastroenteritis paratyphoea B. 519 


mu&moike 

Agglutination durch 

Trubuog 

Nachtragl. 

Blauung 

! Typhus- 

| Paraty. B- | Breslau- 
Serum 

| Gfirtner- 

: 

— 

bis zum End- 
titer 

schwach bis 
mittel 

schwach 

hoch 

+ ! 

1 

+ 

schwach bis 
mittel 

bis zum End- 
titer 

hoch 

schwach 

+ 

+ 

schwach 

hoch 

bis zum End- 
titer 

schwach 

+ 

+ 

hoch 

1 

schwach 

i 

1 

schwach 

1 j 

bis zum End- 
titer 


Hierbei handelte es sich um die Kranke, deren Fieberkurve eiDgangs 
wiedergegeben ist. Die Kultur war Dach vorherigem Zusatz von Phenol 
(V 2 Proz.) wflhrend 20 Min. im Wasserbad bei 60 0 abgetotet. Wiedernm 
habe ich keinerlei Erscheinungen bemerkt. Daraufhin habe ich frisches 
Hackfleisch beimpft und es 3 Tage kflhl und 3 Tage bei Ziratner- 
temperatur stehen lassen. Nach 20 Min. Aufenthalt im Dampftopf habe 
ich etwa 80 g gegessen. Einige Std. spater bemerkte ich eine lebhaftere 
Darmtfitigkeit als sonst, Erbrechen und Durchf&lle traten nicht auf, nur 
war der Stubl dflnner und hflufiger als gewohnlich. Ich mflchte hierin 
noch keinen Beweis erblicken, daB die Toxizit&t auf diese Weise nach- 
weisbar w5re. Vorlaufig ist man also noch auf die Deduktion aus dem 
klinischen Bild und aus der Epidemiologie angewiesen. Sicherlich handelt 
es sich nur um eine geringe und leicht zerstflrbare Giftwirkung. 

Ein weiterer Prflfstein fflr die Verschiedenheit der beiden Erreger 
ist die Immunity t. Die Tierexperimente, die in spflrlicher Zahl vor- 
liegen, geben noch kein vollig klares Bild. Es sei daher auf die ent- 
sprechende Darstellung von Uhlenhuth undHfibner (130) verwiesen. 
Bisher fehlten Beobachtungen am Menschen. Hier fQllt nun eine sehr 
interessante Fesstellung von Baradachzi und Barabas (50) eine 
Ltlcke aus. Bei der in der Tab. IV dargestellten Schweinefleischepidemie 
in Przemysl mit ausgesprochenen gastroenteritischen Symptomen be- 
schreiben sie folgende klinische Beobachtung: „DaB das Ueberstehen 
einer Paratyphus B-Iufeklion nicht gegen eine neuerliche Erkrankung 
schfltzt, zeigte folgende Beobachtung: Ein 29-jflhriger Jflger, der am 
1. Aug. an mittelschwerem Paratyphus mit positivem Blutbefund erkrankt 
war, und sich bereits in voller Rekonvaleszenz befand, erkrankte trotzdem 
zur Zeit der beschriebenen Massenerkrankung am 9. Okt. von neuem 
und bot dieselben Erscheinungen dar wie die flbrigen Erkrankten.* 
Da hier von einem mittelschweren Paratyphus und von Rekonvaleszenz 
gesprochen wird, darf man annehmen, daft eine typh6se Verlaufsform 
vorgelegen hat. Demnach wtirde das Ueberstehen der einen Art keinen 
Schutz fQr die andere hinterlassen. 

Es sei hier noch auf die praktisch wichtigen Gesichtspunkte der 
Trennbarkeit eingegangen. weil von einzelnen Seiten fu. a. Spitta (123)] 
eine solche fflr bedeutungslos gehalten wird. Die Verbreitung des 
Paratyphus B abdominalis erfolgt im wesentlichen wie beim Typhus; es 
haben demgemaB die gleichen BekampfungsmaBnahmen einzutreten, und 
in prophylaktischer Uinsicht wird man ebenso wie beim Typhus vorzu- 
gehen haben. Bei der Gastroenteritis (Breslau und Gfirtner) ist 

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520 


CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


die Prophylaxe schwieriger, solange nicht in alien verdachtigen Fallen 
die obligatorische bakteriologische Fleischbeschau zur Anwendung kommt. 
DaB die iibrigen hygienischen SchutzmaBnahmen durchgefuhrt werden 
iniissen, ist naturgemaB zu fordern, aber man wird, wie auch Frigge 
hervorhebt, den Wert derartiger MaBoahmen nicht zu hoch anschlagen 
diirfen, weil es in der Natur dieser Epideinien liegt, daB sie nur SuBerst 
selten zu Kontaktfallen fubren. 

Aus den Epidemiebeschreibungen und aus der gelegentlichen Dnrch- 
sicht von Medizinalakten gewinnt man den Eindruck, daB nacb Bekannt- 
werden des bakteriologischen Befundes: „Paratyphus B-Bakterien" die 
Aufmerksamkeit in allererster Linie auf das Fleisck als Infektionsvermittler 
gerichtet wurde. Wenn man jetzt mit Sicherheit wird entscheiden 
konnen, daB keine Breslau-Infektion vorliegt, wird man mit groBerer 
Berechtigung als frflher von vornherein auch den anderen Infektionswegen 
nachgeben rnussen. Bei Epideipien, dieganzpldtzlich mit gastroenteritischen 
Erscheinungen einsetzen, wird man an die UntersuchungsSmter direkt 
die Anfrage auf „Fleischvergifter Breslau Oder Gartner" richten 
konnen, um so die bakteriologische Bearbeitung auch auf diese Moglich- 
keit hinzuweisen. Ob es in Zukunft mdglich sein wird, allein aus dem 
kliniscben und epidemiologischen Krankheitsablauf die Diagnose Para- 
typhus B abdominalis zu steflen, muB fraglich erscheinen. Voraussichtlicb 
wird eine Abtrennung vom Typhus sehr schwierig bleiben, wenn nicht 
gerade die oben geschilderten gastroenteritischen Einsatze auf die richtige 
Diagnose hinlenken. 

In diesem Zusammennang muB auch auf die Schutzimpfungs- 
frage hingewiesen werden. Der Krieg hat die geographische Verteilung 
der einzelnen typhusartigen Krankheiten gelehrt. Je nach der H&ufigkeit 
der einen oder anderen wird man die SchutzmaBnahmen einzuricbten 
haben, wie es ja auch bereits geschehen war (z. B. Paratyphus B-Schutz- 
impfung vor Verdun oder Paratyphus A-Schutzimpfung bei der Marine 
in der Tiirkei). Wollte man nun auf die Wirksamkeit der Paratyphus 
B-Schutzimpfung nach der bisherigen Differenzierung schlieBen, so 
wiirde man dann zu sehr unzuverlassigen Ergebnissen kommen, wenn 
nicht die gastroenteritischen Erkrankungen gewissenhaft 
ausgeschaltet werden. 


Iii der Literatur nfedergclegte und eigcnc Bcobacktungen Uber die 
bakteriologische Versckicdenheit der Erreger. 

Die Frage der bakteriologischen Trennbarkeit der bisherigen typhSsen 
und gastroenteritischen Form muB noch insofern nachgepriift werden, 
als sich durch eine nachtragliche Untersuchung mittels der oben 
geschilderten Methoden noch jetzt eine Verschiedenheit der Erreger 
nachweisen l£Bt. Hierzu liegt um so mehr Veranlassung vor, als sowobl 
von Fischer als auch von Bitter und Wagner bei einzelnen ander- 
weitig beschriebenen Epidemien die Trennbarkeit durchgefiihrt werden 
konnte. Ich babe nun, um zu einem auf breiterer Basis beruhenden 
Ergebnis zu kommen, verscliiedene St&mme, die aus der Literatur 
bekannt wareD, zur Nachpriifung erbeten. Allen denen, die auf diese 
Weise meine Untersuchungen ermoglichten, bin ich zu groBem Dank 
verpflichtet, insbesondere den Herrn Dr. Buss on und Prof. Pribram 
in Wien, denen ich die Uebersendung der im Kr&lschen Museum fort- 
geziichteten Stamme verdanke. Von den ubersandten Stfimmen habe 


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Gartner, Paratyphos B abdominalis — Gastroenteritis paratyphosa B. 521 


ich diejenigen ausgeschieden, die nicht absolnt rein waren, und ferner 
diejenigen, die sich bei den hiesigen Untersuchungen als andersartige 
Erreger (Gfirtner- Oder Typhusbakterien) erwiesen. 

In der nachfolgenden Tab. V (S. 522) sind zunSchst diejenigen Er¬ 
reger zusammengestellt, die hier nachgepriift sind. Auch die filteren 
Stamrae zeigen noch jetzt die gleichen Merkmale, wie wir sie bei frisch 
isolierten Kulturen zu sehen gewohnt sind. Beim Bacterium para¬ 
typhi B (Schottmfiller) habe ich zunfichst die Schleimwallbil- 
dung nur bei dem Stamm „B“ von Achard uncf Bensaude (77) 
vermifit, indessen ergab eine erneute Aussaat nach 48 Std. deutiiche 
While, wfihrend ille tibrigen hierhergehorigen Stfimme sofort das Schleim- 
wallbildungsvermfigen aufwiesen. Dali die Schleimwfille in hlteren Kul¬ 
turen verloren gehen kfinnen, ist besonders fur die Gfirtner-Bakterien 
erwiesen. Auch bei meinen Nachuntersuchungen anderweitig fortge- 
ztichteter Gfirtner-Bakterien fehlten die While fitters. Auf die Ver- 
finderlichkeit der Kolonien bei Paraty. B-B. hat auch Gildemeister 
(90a) hingewiesen. Das Wachstum auf Schrfiggelatine war aus- 
nahmslos so, wie wir es hier zu sehen gewohnt sind. Ebenfalls stimmte 
die spezifische Agglutination mit den sonstigen Befunden tiberein. Eine 
Tierpathogenitfit wurde nie beobachtet. Einige Stfimme vermfigen 
kein Gas zu bilden. Sie haben aber auch fiber Jahre hinaus diese Eigen- 
tfimlichkeit bewahrt (Oette, Wagner). Der letzte Stamm hat das 
Wallbildungsvermfigen verloren. 

Bei den Stfimmen, die als identisch Oder als sehr nahe mit dem 
B. enter it. Breslau verwandt angesehen werden mfissen, zeigte sich 
gleichfalls kein wesentlicher Unterschied gegenfiber dem sonst gewohnten 
Bild. Der Typus. der Kolonien, das Wachstum auf der Schrfiggelatine, 
entsprach vfillig den sonstigen Befunden. Die Mfiusepathogenitfit 
scheint vielleicht etwas modifiziert, indem der Tod etwas spfiter erfolgte. 
Bei 3 Stfimmen, die agglutinatorisch und kulturell zum Bacterium 
Breslau zu rechnen sind, fehlte die Mfiusepathogenitfit; ob sie hier vorhan- 
den war, lfiBt sich nicht entscheiden. Frisch isolierte Kolonien toten Mause im 
allgemeinen in 8 Tagen. Hier schien es, als ob bei hlteren Kulturen der 
Tod erst nach 10—12Tagen eintrat. Jedenfalls habe ich in keiuem 
Fall, wo nach den Literaturangaben (Epidemiologic, patho- 
logischer Befund, Klinik) Oder nach den Krankheits- 
geschichten eine Gastroenteritis vorlag, die Mfiusepatho- 
geuitht vermillt. 

Bezfiglich der Agglutination ergaben sich bei einigen Stfimmen 
Schwierigkeiten da eine spontane Agglutination vorlag, die kaum zn 
fiberwinden war. Die von uns verwendeten spezifischen Seren (hergestellt 
von Prof. Bitter) waren insbesondere ffir Paratyphus und Breslau 
sehr hochwertig, so daB die Mitagglutination dementsprechend auch 
hoch war. Aber der Abstand der spezifischen Agglutination von der Mit¬ 
agglutination war in alien Fallen so ausgesprochen, dad die Beweiskraft 
nicht leidet. Die Mitagglutination ffir die anderen Erreger (Gartner 
und Typhus) ist bei den einzelnen Erregern verschieden; am niedrigsten 
ist sie ini allgemeinen ffir Gfirtner-Bakterien (s. Tab. V, S. 522). 

Vergleicht man mit den bier gewonnenen Ergebuissen noch die 
Angaben, welche sich in der Literatur finden und differentialdiagnostisch 
in unserem Sinn verwertet werden kfinnen, so ergibt sich aus unseren 
Tabellen und aus den anderweitigen Literaturangaben) Folgendes: 

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522 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Origin ale. Bd. 87. Heft 7/8. 
Tabelle V. 


Name 

des Stammea 

Paraty B 

Wall- Gelatine- Mause- 

bildung atrich pathogenitat-- — 

t : 100000 | 

Agglutination mil 
enter it. enter.l Ty- 
Breal. Gart.! pbik 
Titer 

1:100 000| 1:5000 ! 1 :5M‘ 


Paratyphus B- 

Bakterieu. 


„B“ Achard u. Ben- 

nach 3 Tag. achw. feucht, 

fehlt 


Spec- 

eaude (Krdl, Wien/ 

bei 3. Ausaaat rahmig 



! tanagi. 


deutlich „rut 8 cht“ 



; 

„Thot“ Schottmiiller 

deutlich dgl. 


100000 + 

20000 +! 500 —' 2000 x 

(Krdl, Wien) 



200000 + 

50 0.0 — j 

„Seemann“ Schottrafll- 

nach 2 Tag.schw. „ 


100000 + 

50 000 +• 2000 +! 1000 - 

ler (Krai, Wien) 

„ 3 „ deutl. 


200000 + 

100000 — 5000—i 

B. bremens. febris 

deutlich „ 


50000 + 

5 000 + 500 +! 1000 X 

gastricae Kurth 



100000 + 

loooo— : 1000 - 20 . 0 - 

(Krdl) 




1 ) 

Burckhardt(Krdl,Wien) 

nur mikroakop. „ 


200000 + 

5C00+! 500 ± 2000 t 

8 . Tab. I, Nr. 4 

i 



10000 —; 

„Dauerau 88 cheider“ 

deutlich „ 


20000 + 

5 000+; . i . 

Wien (Krdl, VVien) 



50000 + 


non gasoformans Oette 



200000 + 

5 000 + 200 — 50'Jt 

(Krdl) 




10000 —' 1000 - 

„HaBsee“ non gasofor- 

fehlt jetzt! „ 




mans (Wagner) 





Station 24 a (Pfeifer, 

deutlich „ 


100000 + 

5000+! 500- son- 

Breslau) 

i 



, ■ 1000 - 

„Behn“. S. Kranken- 

1 


100000 + 

2 000 +i 200 — i 1000 - 

gesch. S. 488 

| 



5 000—; 20X1- 

Qustabel. 8 . Kranken- 



100000 + 

2000+! 500— 2000 — 

gesch. S. 489 

1 



i ; 1 

Epid. Flenaburg 20/21. 

1 

1 


100 000 + 

2 000+1 500- 200- 

8 . Tab. Ill, Nr. 46a 






Bact. enteritidis Breslau. 


B.brealauenseKaenache 

fehlt l fpSrlirh, n< 

10 Tag. 

+ | 5 000+ 100 000+1 500 ±11000 - 

(Krdl, Wien) 

trocken, 
rutscht mcht 


10000 + 

11000 - 2000 ' 

Cohn —. (Krdl, 

77 77 

lebt 

5 000 ±1100 000 + j 1000 ± 2000 t 

Wien) 

1 


1 

; 

„Bari H.“ Sobemheim 

i ! 

77 77 

77 

1 5 000 — 

20 000+' 500+ ! 2000 r 

(Krdl, Wien) 



! 

50 COO +1000—; 

„Meer“ Sobernheim 

77 l 71 i 

77 

! 5000 — 

20 OOO + 2000 + 1000 i 

(Krdl, Wien) 

| 


1 

50000 + 

Greifswald Uhlenhuth 

M 77 

10 Tag. 

+ 5 000 + 

50 000 +! 200 ±! 100t*i- 

(Krdl, Wien) 

1 

1 


10 000 + 

100 000 ±i 500 — 1 2000 t 

„B. paraty. B Nr. 2“ 

1 

77 »> T» 

11 

+ 5 000 + 

iooooo +i . ; • 

Wien (Krdl, Wien) 

1 1 


100C0 ± 200000—1 | 

Hammelfleiach. Bruns 

77 | 77 1 7/7 

8 „ 

+ 10000 + 

. 1 

u.GaHters. 8 .Tab. IV, 

1 

, ! 



1 

Nr. 53. 

i 




Makrelenyergift. Bitter. 

77 77 i 71 

8 . 

+ 

. . ' 

S. Tab. IV, Nr. 52 

| : 



1 

Mettwnrat Kiel 1920. 

77 1 77 1 71 

8 ., 

+ f) 000 + 

100000 +! 200 — 200 - 


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| 

1 

I 



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Gartner, Para typhus B abdominalis — Gastroenteritis paratyphosa B. 523 


Fur Bacterium paratyphi B (Schottmiiller) spricht: 

Wallbildung beobachtet bei dem Erreger der 
Saarbriickener Epidemie 1902 [Couradi, v. Drigalski, Jurgens (35)J f 
Kieler Epidemie '11)03 [Fischer (85)], 

Jenaer Epidemie 11*07 [Konrich (44)], 

Flensburger Epidemie 1917 (vgl. Tabelle III), 

Kieler Epidemie 19JO/21 (vgi. Tabelle III), 

„Rutschen“ der Bakterien masse auf Schraggelatine 
Die beiden Kieler und die Flensburger Epidemien, 

Jenaer Epidemie 1907 [Konrich (44)], 

Sektion, mitgeteilt von Burckhardt (4). 

Mausepathogeni tat fehlte bei der Verfutterung von Reinkultur bei der 
Saarbruckener(35), den beiden Kieler, der Flensburger, der J enaer(44) 
und der von Hamburger und Rosenthal beschriebenen Militar- 
epidemie; 

bei den Krankheitefallen, beschrieben von Kurth (103) und von Korte (102). 
z. T. bei den von Bonhoff (82) und Kutscher u. Meinicke (108) 
untersuchten Stammen, ferner in dem in dieser Arbeit zitierten Fall von 
Roily (27); 

bei der Sektion I, mitgeteilt von Hiibschmann (8); 

bei dem von Horowitz (94) aus New&wasser geziichtetem Paraty. BSt&mm, 
untersucht von Wagner (131). 

Fur Bacterium enterit. Breslau spricht: 

Fehlende Wallbildung. die nur beiden Epidemien und Einzelerkrankungen 
beschrieben wurde, die im hie.sigen In*titut bakteriologisch geklart wurden 
(Fischer, Reiner Muller, Bitter, Wagner). 

W N icht-Rutschen tt der Bakterienmasse auf Schraggelatine wie vorstehend. 
Fischer macht noch auf die Beobaehtung Schottmtillers 1904 (119) auf- 
merksam, dafi die von ibm bei Fallen von Gastroenteritis paratyphosa beob- 
achteten Kulturen *den viel uppigeren, fast schleimartigen fliekcnden Belag tt ver- 
missen liefien. Fischer identifiziert diese Stamme auf Grund des Wachstums, 
der Mausepalhogenitat sowie nach der Serumnachprufung mit dem B. enterit 
Breslau. 

Mausepathogenitat wurde beschrieben nach Verfutterung von Reinkulturen: 

bei den Epidemien von Bach (49), Bitter (52) [Makrelenvergiftung und fest- 
gestellt bei dem Erregcrder Hammelfleischvcrgiftung von Bruns und Gasters(53)], 
Brum und (54), Bin gel (51), Gunther (58), From me (56), Kaensche (59), 
K utscher (60), Marx (65), Reiner Muller (66, 111), Otto (68), Tiberti (33), 
Trautmann (128), Uhlenhuth (75), Vagedes (76), Schiitz (71), Liebe- 
trau (64), ferner bei der Epidemie in Flensburg 1917 und Kiel 1920/21; 

bei den Bektionen von Berg (21), Hiibschmann (7) [bzw. Roily (27)], 
sowie in dea Fallen, die in Kiel seziert und dcren Erreger teils von Bitter, 
teils von mir gepriift sind. Bei einzelnen anderen Sektionen dcckt sich der 
Befund mit den zugehorigen Epidemien. Ebenso pathogen waren die Stamme 
von Symanski und Gunther, nachuntersucht von Wagner (131). 

Gruppierungen der verschiedenen Erreger nach agglu- 
tinatorischen Gesich tspunkten sind von verschiedenen Autoren 
vorgenommen worden, so von Trautmann (128), Kutscher u. 
Meinicke (108), Selter (120) und Uhlenhuth (75). Vollige Einigung 
ist noch nicht erzielt, aber im groBen und ganzen kann man auch hier schon 
eine Trennung der echten Paratyphen von den Gastroenteritiden erkennen. 
Auf diese Arbeiten sei hier ausdriicklich verwiesen. Nach den sonst in 
der Literatur sich findenden Angaben sind noch folgende Beziehungen 
auf diesem Wege festgestellt: Der Erreger der von Abraham (47) 
beschriebenen Epidemie wird mit dem Aertrykstamm (= Breslau) 
identifiziert. Ebenso liegen die Verhaltnisse bei dem Kutsch erschen 
Stamm (60), auch der Stamm, jder von Krehl, Kayser und Cahn (63) 
beschriebenen Epidemie zeigte hoheMitagglutination fiir „Breslau tt und 
pGaustad*. Tiberti (33) rechnet seinen Erreger zur Aertrykgruppe, 
Trautmann (128) den Stamm der Dfisseldorfer Epidemie zur Gruppe 
„Breslau a und ^Gunther-Posen*. In gleicher Weise ordnet Selter (120) 

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524 


Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Origmale. Bd. 87. Heft 7,8. 


den Fleischvergifter HoDnef ein, wfihrend er den Erreger der Rbeydter 
Epidemie, die eincn typhfisen Verlauf dargeboten hatte, agglutinatonsch 
zu den echten Paratyphen rechnet. 

FaBt man alle Angaben, die sich in der Literatnr fin den. 
zusamraen, so muB man zn demErgebnis kommen, daB die 
Auffassungen fiber die Trennbarkeit in ibr eine sehr 
wesentliche Stfitze finden. Es erscheint daber erforderlicb, daB 
man auch an anderer Stelle die Erreger derartiger Epidemien, die man 
bisher als paratyphdse aufgefafit hat, auf die hier geschilderten Verb alt- 
nisse hin untersucbt. 

Bezflglich der Benennnng der Erreger sei hier noch einiges 
bemerkt. Sobald man sich zu der Ansicbt bekennt, daB der Erreger der 
Gastroenteritis nicht dem echten Bact. paratyphi B entspricht, 
dann muB man den Zusatz „paratyphosa B u logischerweise fortlassen. 
An seine Stelle hat die Bezeichnong zn treten, die anf den wirklichen 
Erreger binweist. Dieser Zusatz wird in Analogic zn dem Erreger der 
klinisch nnd epidemiologisch am nfichsten verwaodten Krankheit zu 
wahlen sein. Diese Erkranknng ist die durch das Gfirtner-Bakterium 
hervorgerufene Gastroenteritis. Man wird also von einer Gastroenteritis 
„Breslauensis tt zu sprechen haben. Diese Bezeichnung hat auch eine 
gewisse historische Berechtigung, da die Gastroenteritis fitiologisch vor 
dem Paratyphus durch A. Gfirtner bzw. durch Flfigge u. K&nsche 
nnd durch van Ermengem geklart wurde. Erst durch Schott- 
mfiller sind die Formen 1904 auf Grund bakteriologischer Forschungen. 
die aber die Epidemiologic end Pathologie nicht entsprechend zur 
Geltung kommen lieBen, zusammengefafit worden. Die Zusammenfassung 
hat sich dann in der Folgezeit erhalten. Eine weitere Verwendung des 
Zusatzes paratyphfis verbietet sich auch deshalb, weil unter dem Be- 
grifF „Paratyphus u ein klinisch und epidemiologisch einheilliches Krank- 
heitsbild verstanden werden kann J ). Daran fin der t auch die Tat- 
sache nichts, daB beim Paratyphus Krankheitsablfiufe gefunden werden. 
die in mancher Beziehung vom klassischen Bild abweichen, sei es dafi 
ein gastroenteritiseher Einsatz besteht, sei es daB die Verlaufsform 
weniger typhfis ist. Wenn aber Stephan u. a. diese letztere Form, 
deren Berechtigung ich nach meinen Erfahrungen anerkenne, eine 
,typhoide u nennt, dann muB hierzu bemerkt werden, daB diese Bezeichuung 
deshalb wenig glficklich ist, weil man im Franzdsischen und im Englischen 
unter „Typhoid u die Krankheit versteht, die wir mit „Typhus“ bezeichnen. 
wfihrend dort unter „Typhus“ unser Fleckfieber verstanden wird. Der 
Zusatz „typhoid u wirkt also eher verwirrend als klfirend. 

Zusammenfassend komme ich zu dem SchluB: Sowohl die 
Klinik, die anatomische Pathologie, als auch die Epidemiologic und 
die Bakteriologie lassen eine Trennung des Paratyphus B abdomioalis 
(Schottmfiller) von der sogenannten Gastroenteritis paratypbosa B 
wfinschenswert erscheinen. Die hier besonders interessierende Bakteriologie 
lfiBt eine Trennung sowohl im Wachstum (Wallbildung, Gelatinestrich). 
als auch durch die spezifische Agglutination und durch die M&use- 

1 ) Bei der gagtroenteritiRcben Epidemie im Osten Berlins lehnten die praktirierrodexi 
Aerzte nach Jakobson (61) die Bezeichuung ^Paratyphus* a b, da sie hier unter eine 
Krankheit verstanden, die typhusahnlich verlaufe! 


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Gartner, Paratyphus B abdominalis — Gastroenteritis paratyphosa B. 525 


pathogenitat, die ToxizitSt und wahrscheinlich auch darch die Immunit&ts- 
verhaltnisse erkennen. Bei alten „Breslau“-Kulturen nimmt vielleicht 
die M3usepathogenit3t im Laufe der Jahre ab. 

Hieraus folgt, dafi man die bisher zu 2 Gruppen zusammengefaJJten 
Erreger der Fleischvergiftungen und des Paratyphus B in 3 Gruppen wird 
scheiden mOssen, und zwar: B. enteritidis GSrtner-Gruppe, B. 
enteritidis Breslau-Gruppe, B. Paratyphus B-Gruppe. 

Gruppenbildung wird auch weiterhin erforderlich sein, weil bei den 
3 verschiedenen Gruppen Erreger vorkommen, die Abweichungen erkennen 
lassen. Der Begriff Gastroenteritis paratyphosa verlieit somit seine 
Berechtigung und ist am besten durch Gastr. Breslau (in Analogie 
zur Gastr. Gartner) zu ersetzen. 

Litaratur. 

Die Literaturangaben 1—76 sind in den ersten Rubriken der Tabellen I—-IV enthalten. 

77) Achard u. Bensaude, Soc. m6d. des hdp. de Paris. — 78) Aumann, 
Centralbi. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 57. — 79) Bauer, R., Wien. klin. Wocbenschr. 
1920. — 80, 81) Bitter, L., Centralbi. f. Bakt. Atyt I. Orig. Bd. 85. IS. 110 u. 339. — 
82) Bon ho f f, Virch. Arch. Bd. 216. 1914. — 83) Con rad i, Klin. Jahrb. Bd. 21. 1909. — 
84) Fischer, Adolf, Centralbi. f. Bakt. Abt I. Orig. 1913. — 85), 86) Fischer, 
Klin. Jahrb. Bd. 15. 1905. u. Zeitschrf. f. Hyg. Bd. 39. 1902. — 87) Fleischhauer, N., 
Zeitschr. f. Psych, usw. Bd. 76. — 88) Freund, Arch. f. klin. Med. Bd. 107 1912. 
S. 328. — 89) Galambos, Kriegsepidemiolog. Erfahrungon. Wien u. Leipzig 1917.— 
90) Gartner, A., Bresl. arztl. Zeitschr. 18-8; Korresq.-Bl d. allg. &rtztl. Ver. Thiir. 
1888. — 90a) Gilderaeister, Centrbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 78. — 91) Graichen, 
Ein Fall von Paratyphussepsis [Diss.] Jena 1913. — 92) H eidler, Wien. klin. Wochenschr. 
1918. Nr. 38. — 93) Hetsch, Klin. Jahrb. Bd. 16. 1905. — 94) Horowitz, Centralbi. 
f. Bakt Abt. II. Bd. 3,8. 8. 527. — 95) Hiibncr, Fleischvergiftungen u. Paratyphus- 
infektionen. Jena 1910. — 96) Jakob, Miinch. med. Wochenschr. 1920. Nr. 48. — 
97) Jaff6, Virch. Arch. Bd 228. I92u S. 377. — 98 Jochmann, Lehrb. d. Infekt- 
Krankh. Berlin (Springer) 1914. — 99) Junghans, [Diss.] Kiel 1918. — lC0)Knauer, 
CentralbL f. Bakt. Bd. 8.5 i920. — 101) Kohlisch, Berlin, klin. Wochenschr. 1916. 
H. 14. — 102) Korte, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 44. 1913. — 103) Kurth, Dtsch. med. 
Wochenschr. 1901. H. 30,31. — 108) Kutscher und Meinicke, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 
52.1906. —109) Kwasniewsky, Arch. f. Hyg. Bd. 88. 1920. — 110) Lewy, Beih. z. 
Arch. f. Schilf9- u. Tropenhyg. Bd. 23. 1920. 8. 337. — 111) Muller, Reiner, Dtsch. 
med. Wochenschr. 1910. H. 10. — 112) Oette, Centralbi. f. Bakt Abt I. Orig. 
Bd. 68 — 113) Pribram E. Mikroorganisraen der vorm. Krdlschen Sammlung. Wien 
191w. — 114) Prigge, Klin. Jahrb. Bd. 26. 1912. — 115) Prigge u. Sachs-M tike, 
Klin. Jahrb. Bd. 21. 1919. — 116) Rimpau, Arb. a. d. Kais. Gesdh.-Amt. Bd. 41. — 
117) Roily. Miinch. med. Wochenschr. 1907. — 118) Schittenhelm. Miinch. med. 
Wochenschr. 1920.Nr. 46. — 119) Schottmiiller, Ebenda. 1914.Nr. 8. — 120) Selter. 
Zeitschr. f. Hyg. Bd. 81. 1916. — 121) Sick, Miinch. med. Wochenschr. 1918. 8. 237. — 
122) Sluka u. Strisower, Wien. klin. Wochenschr. 1917. S. 337. — 1*3) Spitta, 
Hyg. Rundsch. 1921. H. 1/2. — 124) Stephan, Berlin, klin. Wochenschr. 1916, 8. 569; 
Beitr. z. Klin. d. lnfektionskrankh. Bd. 5. 1916. — 125) Sternberg, Zieglers Beitr. 
Bd. 64. 1918. — 126) Stin tzi n g, Kongr. f. inn. Med. in Warscbau. — 127)Siilenguth, 
Miinch. med. Wochenschr. 1918. 8. 915. — 128, 129) Trautmann, Zeitschr. f. Hyg. 
Bd. 44 u. 45. — 130) Uhlenhuth u. Hiibner, in Kolle-Wasserman n, 2. Aufl. 
Bd. 3. — 131), 132), 133) Wagner, (Diss.) Centralbi. f. Bakt Abt. 1. Orig. Bd. 71. 
1914. (Mikrobiologentagung Jena 1920.) — 134) Wagner u. Emmerich, Centralbi. 
f. Bakt Bd. 79. 1916. — 135) Walser, [Dies.] Zurich. 1908. — 136) v. Wilucki, 
Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. 19. 1915. — 137) Vorschiitz, PIliigers Arch. 
Bd. 186. 1921. 8. 295. —. 


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526 


Oentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


Nachdruek verbotm. 

Ueber das Vorkommen von Protozoen in der Zerebrospinal- 
fliissigkeit von Fleckfiebererkrankten. 

[Axis der Bakteriologischen Abteilung des Laboratoriums des milit&r. 

Hauptsanitfitsamtes und dera Bakteriologischen Institut der Reichs- 
medizin. Hochschule in Moskau (Direktor: Prof. J. L. Kritsche wsky).] 

Von Prof. Dr. med. et phil. J. L. Kritscliewsky. 

Mit 5 Abbildungen im Text. 

Der Flecktyphus gehOrt zn den wenigen Erkrankungen, bei denen 
der Erreger, obwohl er morphologisch unbekannt ist, sehr grflndlich in 
seinen biologischen Eigenschaften erforscht ist. So wertvoll an sich 
diese Feststellungen auch sein mbgen, so durfte doch erst durch die 
morphologische Eutdeckung des Erregers die Aussicht geschaffen werden, 
neue Hilfsinittel im Kampfe gegen den Flecktyphus (Vakzination, Sero- 
therapie und insbesondere Cheinotherapie) zu finden. 

Gotschlich 1 ) glaubt, dad das Auffinden des Flecktyphnserregers 
hentzutage nur einen bedingten Wert besitzt. Ich selbst jedoch war 
niemals dieser Ansicht. Die Erfahrung des letzten grofien Ivrieges gibt 
allerdings einigen Grund fQr den von Gotschlich vertretenen Stand- 
punkt, denn dank der ausgedehnten Erfahrungen, die in der Flecktyphus- 
lehre seit den klassischen Arbeiten von Nicolle gesammelt waren, war 
es mbglich, dad das Fleckfieber in diesem Kriege trotz der ungeheuren 
Ansammlung von Menschen niemals solche katastrophalen Dimonsionen 
wie in friiheren Kriegen annahm. Aber das letzte Jahr in Rudland hat 
bewiesen, dad es im Leben der Menschen Momente gibt, in denen der 
Kampf mit der Infektion, der auf normale kulturelle, fiuBere Lebensbe- 
dingungen aufgebaut war, zur Unmoglichkeit wird. Und wenn noch bis 
vor kurzem der Hygieniker oder der Bakteriologe glaubte, die Epidemic 
des Flecktyphus auf einen gewissen Rayon begrenzen und relativ schnell 
bekSmpfeu zu konnen, so steht er jetzt fast machtlos der Seuche gegen- 
flber und ist in die Rolle eiues Zuschauers oder Opfers gedrSngt. 

Bei solcher Sachlage bot die Eutdeckung des Erregers dieser Er- 
krankung Aussicht, bei gunstigem Zusammentreflen der Umst&nde nene 
Mittel zur Bekampfung des Flecktyphus zu schaffen. 

Von Beginn meiner Arbeit an babe ich auf die Idee, daB der Er¬ 
reger bakterieller Natur sei, verzichtet, weil mit dieser Idee alle unsere 
wissenschaftlichen Erfahrungen uber den Flecktyphus unvereinbar sind. 

Als Erreger des Flecktyphus kann nur ein Protozoon in Frage kom- 
men, und jeder Forscher, dor die bakteriologische Literatur mit unniitzem 
Ballast zu vermehrert vermeidet, kann auf keinem anderen Standpunkte 
stehen, weil die Erfahrungen des Krieges und die Literatur der letzten 
Jahre zwingend auf die animalische, aber in keinem Falle auf die vege- 
tabilische Natur des Erregers hinweisen. 

Ich muB erkliiren, warum ich gerade die ZerebrospinalflQssigkeit 
zum Objekt meiner Untersuchungen gew2,hlt habe. Schon seit Mot- 

1) Gotschlich, Ueber den jetzisren Stand der Lehre vom Fleckfieber. (Ergebn. 
d. Hyg., lmmunitiitbf. u. exper. Thor. Bd. 2. 1907.) 


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Kritsche waky, Protozoeo in der Zerebroapinalflussigkeit tuw. 527 

schutkowskys Zeiten (1900) ist festgestellt, dad das Virus des Fleck- 
typhus im filute sich aufhfilt; Nicolle, Conseil und Conors 1 2 3 ) 
Uutersuchungen haben dieses Faktum an einem groBen Material experi¬ 
mented einwandfrei best&tigt Dieselben Autoren haben nachgewiesen, 
da& das Virus in den geforinten Blutelementen, und zwar, wie es scheint, 
in den weifien KOrperchen (Nicolle, Conseil und Conor) und m6g- 
licherweise auch in den Erythrozyten (Anderson und Goldberger)*) 
enthalten ist. Trotz alledem ist der Erreger des Fleckfiebers bisher nicht 
entdeckt. Erfolglos bleiben, wie es scheint, alle BemQhungen, ihn im 
Organismus und in jenen spezifischen Herden in den perikapillfiren Ge- 
ffiBen, welche von Fr fink el beschrieben wurden, nachzuweisen. Wo 
liegen die Ursachen einer solchen paradoxen Tatsache? 

Der Organismus reagiert auf das Eindringen des Virus durch Anti- 
kOrperproduktion und aktive Tfitigkeit der Zelle, infolgedessen nimmt 
der Mikroorganismus des Flecktyphus im Blute die fQr seine Arterhal- 
tuug gQnstigste Form an. Solche Metamorphosen sind bekannt bei den 
Bakterien, aber auch bei den Protozoen; ich erinnere an die Kapsel- 
bildung bei Anthrax, bei Pneumokokken, an die Leishmania-fihnliche 
Form des Schizotrypanum Cruzi in den Geweben und an die 
Trypanosomenform im Blute, an den Uebergang der Rekurrensspirochfite 
im Verlauf von 24 Std. nach dem BiB in dem Organismus der Laus in 
ein mit unseren optischen Mitteln unsichtbares Entwicklungsstadium 
und an die Uinbildung dieser unsichtbaren Formen in Spirochfiten im 
Verlauf von 8 Tagen 8 ), 4 5 * * ). 

Nach meiner Ansicht kommen hier 3 MQglichkeiten in Frage: ent- 
weder existiert das Flecktyphusvirus im Blute in einer Form, die mit 
unseren optischen Mitteln nicht erkannt werden kann, oder es handelt 
sich um Gebilde, welche mit den Ffirbemethoden unserer heutigen Technik 
nicht sichtbar gemacht werden kdnnen, oder endlich, die Gebilde sind 
in den Zelien nicht mit Sicherheit zu erkenneu oder wie die Prowa- 
zekschen Kdrperchen noch umstritten. Es scheint mir, daB derartige 
Erwfigungen nicht ganz willkflrliche sind. Die Metamorphose der afri- 
kanischen Rekurrensspirochfiten, wie oben schon gesagt wurde, und die 
Umwandlung der Protozoen, welche von mir bei Flecktyphus entdeckt 
wurden, sprechen fQr meine Voraussetzung. Wenn aber die UnmQg- 
lichkeit, den Mikroorganismus des Flecktyphus an den Tag zu bringen, 
durch das Vorhandansein der von ihm selbst im Blute hervorgerufenen 
Immunkdrper abhfingig ist, wie lfifit sich diese Schwierigkeit umgehen? 

Die RQckenmarksflQssigkeit hat im Organismus in dieser Beziehung 
eine Sonderstellung. Im normalen gesunden Organismus enthalt sie 
nicht jene Antikorper, welche im Serum sind s ). Bei krankhaften Zu- 
stfinden gchen diese Antikftrper aus dem Blute in die RQckenmarks- 
flilssigkeit entweder gar nicht uber oder nur in geringer Menge im Ver- 
gleich zu den im Serum nachweisbaren AntikQrpern. 

FQr mich war die Erklfirung dieser Frage bezuglich des Verhaltens 
der Zerebrospinalflussigkeit der Flecktyphuserkrankten von Wichtigkeit. 


1) Ann. de Flnstit. Pasteur. 1911. 

2) Zitiert nach Gotschlich etc. 

3) Nicolle, Blaizot vt Conseil, Ann. de l’lnstit. Pasteur. 1913. 

4) Nicolle et Blanc, Compfc. rent!, de l’Acad. de Sc. 1915. 

5) Weil u. Kafka, Wien. klin. Wochenschr. 1911. Nr. 10, haben bewiesen, dafi 

die Hamoiysine gepen die Hammelerythrozyten, die im Serum vorhanden, in der Riicken- 

markeflussigkeit fehlen. 


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528 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


Zu diesem Zwecke wurde die Weil-Felixscbe Reaktion sowohl mit 
der Lumbalflfissigkeit wie mit dem Serum von 31 Fallen der verschie- 
densten Krankheitsstadien ausgeffihrt. Es wurde festgestellt, daB Agglu- 
tinine nur in 7 Fallen in der Zerebrospinalililssigkeit nachweisbar waren, 
wobei die quantitativen Verhfiltnisse zwischen Blutserum und Lumbal¬ 
flfissigkeit folgende waren: 


Titer des Blutserums 

Titer der ZerebrospinaK 
fliissigkeit 

L: 300 

1:25 

1:400 

1: 100 

1: 5u0 

1:300 

1:400 

I 1:50 

1 :3(X) 

1:100 

1:300 

1:100 

1:300 

1:50 


NormalhSmolysine (Weil-Kafkas Reaktion) des menschlichen Se¬ 
rums gingen in unseren Fallen in die FlQssigkeit nur 6mal fiber, dabei 
war ihre Quantit&t so klein, daB 10 ccm FlQssigkeit kein einziges Mai 
eine vollstSndige Hfiraolyse ergaben. 

Wir konnen also mit vollem Rechte bei Flecktyphus die Zerebro- 
spinalflfissigkeit als ein Medium sui generis betrachten, in dem Antikorper 
vollstfindig feblen (24 Ffille) Oder nur in geringer Menge vorhanden 
sind. Und wenn wirklich der Mikroorganismus des Flecktyphus im 
Blute in einer Form eines Protozoons existiert, die mit unseren gewfibn- 
lichen Methoden der Bearbeitung und mit unseren optischen Mitteln 
nicht zu fassen ist, so muB er in der Zerebrospinalflfissigkeit in einer 
durchaus ffir unsere Wahrnehraung zugSnglichen Form vorhanden sein. 

Diese „Arbeitshypothese tt diente mir bei meinen Untersuchungen 
als Leitfaden und hat mir zu einigen positiven Resultatcn verholfen, 
fiber die ich nachstehend bericbten will. 

Notwendig ist es zunfichst, auf die Frage, unter welchen Be- 
dingungen der Uebergang der Mikroorganismen in die Rfickenmarks- 
flfissigkeit stattfindet, n&her einzugehen. Bekanntlich ist der Ueber¬ 
gang der Mikroorganismen nur mfiglich bei Affektion der Hirnh&ote. 
Unter denselben Bedingungen muB auch der Uebergang der Erreger des 
Flecktyphus in die Zerebrospinalflfissigkeit stattfinden. Als Indikator 
einer Hirnhauterkrankung dient beim Lebenden die Pleozytose. Man 
kann also nur in jenen Fallen des Flecktyphus das Eindringen ihrer 
Erreger in die Zerebrospinalflfissigkeit erwarten, in denen bei der Puok- 
tion dio Pleozytose nachweisbar ist, und zwar um so reichlicher, je in- 
tcnsiver die Pleozytose ist. 

Wir rcsumieren also: Wenn bei Flecktyphus eine Affektion der 
Hirnhaute sich findet, welche durch die Pleozytose konstatiert wird, so 
mtissen in der Zerebrospinalflfissigkeit, welche im Gegensatz zum Blute 
Antikorper nicht Oder nur in kleiner Menge enthfilt, die Erreger der 
Krankheit. sich finden. 

Und in der Tat wurden unter diesen Bedingungen in 4 Fallen Pro- 
tozoen entdeckt. Ich bringe hier kurz die Krankheitsgeschichten und 
Protokolle der Flussigkcitsuntersuchung: 

1) P„ 23 J. alt. Das Flecktyphnsexanthem ist scharf ausgepragt auf der Brest 
und auf dem Bauch. 5. Tag der Erkiankung. Keine Normabwcichung der inuer«*n 
Organc. Von seiien des Nervensysteins keine Erschemungcn. Bei der Punklion wunicn 
15 ccm Icicbt triiber Flustigkeit erhalten, die ein an geformten Eleiuenten armes Ge- 
erinnsel ausschied. 


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K ritschewsky, Protozoen in der Zerebrospinalfliissigkeit uaw. 


529 


2) F., 24 J. alt. Flecktyphusexanthera trat zuerst auf dem Bauch und anf den 
Extremitaten auf. 10. Tag der^ Erkrankung. Von aeiten der inneren Organe keine 
Abweichungen, von aeiten dea Ncrvcnwystems wurde Irrereden beobachtet. Man erhielt 
10 ccm ganz durchsichtiger Lumbnlilussigkeit. 

3) b.. 28 J. alt. Stark auagepragtea Exantbem auf der Bruat, auf dem Bauch 
und auf aen Endgliedern. Die inncrin Organe o. B. Von aeiten dea Nervensys terns 
nicbta Beaonderea. Die Punktion ergab 12 ccm durchaichtiger Fliissigkeit. 14 Er- 
krankungatag. 

4) K., 23 J. alt. Exanthem wenig scharf auageprSgt auf der Bruat und dem 
Bauch. 7. Erkrankungatag. In der Lunge diaaeminicrte, trockene Oerauache. Keine 
nervosen Eracheinungen. Die Punktion ergab ungefahr 10 ccm Fluaaigkeit. 

Die bakteriologische Untersuchung, welche (lurch Beimpfen von 
Bouillon und Agar sowie von Ascitesbouillon und Ascitesagar ausgefOhrt 
wurde, ergab in alien diesen 4 Fallen ein negatives Ergebnis; die be- 
impften NahrbOden blieben steril. 


Ergebnis der Untersuchung der Cerebroapinalflussigkeit der 
4 Kranken, bei welchen Protozoen gefunden wurden. 


Nr. 

Reaktion 

Wei 1 - Felix- 
Beaktion 

Ra fkas- 

Bakterio¬ 

logische 

Unter- 

suchung 

Protozoen 

Tag der Er¬ 
krankung 

dea Blut- 
serums 

der Zere- 
bro*pinal- 
fliiiasi^keir 

Reaktion 

1 . 

scharf 

poaitiv 

1:300 + 

negativ 

positiv 

steril 

sebr 

reicblich 

5. 

2. 

scbwach 

positiv 

1:100 + 


negativ 

»» 

dgl. 

10. 

3. 

mittel- 

mafiig 

poaitiv 

1:300 + 

1 :100 + 


if 

vereinzelt 

14. 

4. 

mittel- 

mafitg 

pobitiv 

1:200- 

negativ 


71 

wenige 

7. 


Bei 2 Erkrankten (Fall 1 und 2) wurden Protozoen in groBer Menge 
gefunden, in den bciden anderen Fallen dagegen nur wenige Exemplare. 
In 27 Fallen fanden sich in der ZerebrospinaltiQssigkeit keine Protozen. 
Haben nun die Bedingungen, unter welchen von mir in der Zerebro- 
spinalflflssigkeit Protozoen nachgewiesen wurden, mit denjenigen leitenden 
Grflnden, welche ich mir im Anfange meiner Untersuchung gestellt habe, 
fibereingestimmt? 

Ich mochte diese Frage bejahen. Der Uebergang der Protozoen in 
die ZerebrospinalflOssigkeit ist in der Tat nur mfiglich beim Vorhanden- 
sein von Hirnhauilasionen, fftr die als Indikator die Pleozytose anzu- 
sehen ist. Wir haben nun starke Pleozytose unter 31 Fallen 2inal, 
Pleozytose mittleren Grades 4mal beobachtet und, wie ich erwartete, in 
3 von diesen 6 Punktaten Protozoen gefunden. Aus 6 Punktaten mit 
Behr schwacher Pleozytose wurden Protozoen nur bei 1 Kranken nach- 
gewiesen. 

Was nun die Abhangigkeit des Nachweises der Protozoen von dem 
Gchalt der Lumbalflflssigkeit an Antikdrpern anbetrifft, so hat meine 
Annahme sich als richtig erwiesen. Bei denjenigen Kranken, bei denen 
Protozoen in groBer Zalil gefunden wurden, waren ImmunkOrper gar 
nicht oder nur in unbedeutender Menge vorhanden. Dort aber, wo Im- 
munkbrper in die Flilssigkeit in relativ grSBerer Menge tlbergingen, 
wurden die Protozoen entdeckt. Den Mikroorganismus, der von mir in 

Em* Abt. Orig. Bd. 87. Uefl 7/8. 34 


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530 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


der Zerebrospinalflussigkeit gefunden wurde 1 ), habe ich Nicollia ag- 
gregata genannt zu Ehren des GrUnders der heutigen Lehre von der 
Aetiologie des Flecktyphus. Der Artname beweist die innewohnende 
Neigung dieses Organismus zur Koloniebildung und zur Bildung von 
mehr Oder weniger groBen Anhaufungen. 

Bei der Untersuchung der Nicollia stellte ich das Vorhandensein 
von 2 Formen fest, welche zwischen sich keine UebergSnge haben. 
Die Frage, welche Verh&ltnisse diese zueinander haben, ob sie manuliche 
oder weibliche Individuen sind. oder Verh&ltnisse anderer Natur sind, 
muB wegen meines geringen Materials zunachst unbeantwortet bleiben. 

Alle anderen Nicollia 



Fig. 5. 



Fig. 3. 



Fig. 4. 


lassen UebergSnge un- 
tereicander ohne wei- 
teres erkennen. 

Die Nicollia stel- 
len sich des Sfteren als 
lSngliche Gebilde dar; 
seltener sind runde 
Formen von ca. 1,8 n 
GroBe. Siebesitzeneine 
scharf ausgepragte 
Hulle; ihr Protoplasma 
ist fein rosablaulich ge- 
fSrbt. Der Kern ist zu- 
meist stabformig, zu- 
weilen auch oval; er 
liegt perpendikular zu 
dem iangeu Diameter 
der Zelle nahe der Mitte, 
ist aber nicht selten 
gegen die Hulle, die 
violett-rot gefarbt ist, 
zu verschoben (Fig. 1 
und 2). 

Bei der Teilung, 
welche perpendikular zu 
dem LSugsdurchmesser 
erfolgt,wird derKern zu* 
erst verdickt; er sch willt 
an und teilt sich pa¬ 


rallel zur LUnge in 2 Halften 2 ) (Fig. 2). Meistenteils beginnt die 


HUlle sich gleichzeitig mit dem Protoplasma einzuziehen; nach dem all- 


1) Wegen der gebrauchten Methodik will ich nur einigo Wortesagen: Die Fliissig- 
keit wurde bald nach der Ankunft ira Laboratoriura bakteriologisch untersucht und 
nachdern zentrifugiert. Das Sediment rauB auf Glas geschmiert werden als diinnes 
Deckglaspraparat, wie man Blut behandelt. Leider habe ich selbst solehc Deckglaa- 
praparate nur gebraucht, wenn die Pleozytose komplett und das Sediment in groSer 
Wcnge vorhanden war. In der Mehrheit der Falle war das Sediment unbedeutend. so 
dafi es nui zur Anfertigung tropfenweiser Deckglaspraparate nach Ravant (zur Zah- 
lung der geforraten Elemente) gentigt; gleichzeitig aient es far das Auffinden der Pro- 
tozoen, ist aber fur diese Zwecke unbedingt cine unvollkommcne Method©. Die Deck¬ 
glaspraparate werden in Spiritus und Aether ca. 5 Min. fixiert und mit Gru biers 
G iemsa-Losung gefarbt, wobei 1 oder 3 Tropfen zu 1 com Aqua destill, gegeben 
wurde; einige Praparate wurden nachdern mit Spiritus differenziert. 

2) Ee ist moglich, daft die Individuen, welche eincu pravalierenden Durchmesser 


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Kritschewsky, Protozoen in der ZerebrospinalfluBsigkeit usw. 532 

mShlichen Auseinandergehen beider H&lften schnflren sich die Kerne ab 
ond teilen sich zusammen mit dem Protoplasma; endlich dringt die 
Hfille selbst in die Mitte der Zelle durch, womit die Teilung der letz- 
teren vollendet ist. Zuweilen (Fig. 2) begleitet die Kernteilung nicht 
die Zellteilung, wie Fig. 5 zeigt; zuweilen fangt umgekehrt die Ilfllle 
mit dem Protoplasma sich friiher zu teilen an als der Kern (einzelne 
Nicollia in Fig. 1). 

In Fig. 5 sind Parasiten abgebildet, die durch ihre Grdfie an sich 
und die Dicke ihrer Hfllle ausgezeichnet sind. 

Andererseits gibt es auch Nicollia, die ganz ohne Hiillen sind; 
ihre GrbiSe betr&gt 0,9 ft. Sie sind in Fig. 4 abgebildet. Mit den Ni¬ 
collia der Fig. 1 sind sie durch allmahliche stufenweise UebergSnge 
verbunden (Nicollia 2 mit dtinneren Hiillen als in Fig. 1; 2 Individuen 
in dem oberen Teil der Fig. 3 mit sehr diinuen Hullen). Parallel mit den 
dCtnner werdenden Hullen hort das Protoplasma des Parasiten mehr und 
mehr auf, sich zu fSrben, so daB die Nicollia in Fig. 4 Bildungen mit 
ungefSrbtem, durch starke Lichtbrechung jedoch ausgezeichnetem Proto¬ 
plasma darstellen 1 ), und umgekehrt ist das Protoj)lasma je nach der 
Verdickung der Hulle starker gefSrbt. Als ProgreBausdruck des Ver- 
dflnnungsprozesses dienen die Nicollia, welche ein durch Lichtbrechung 
dnterschcidbares Protoplasma nicht besitzen; solche Formen konnen 
leicht als Bakterien angesehen werden 2 ), insbesondere bei der Verfarbungs- 
verfinderung des Kernes, von welchem Irrtum uns das aufmerksame 
Studium der Nachbarindividuen bewahrt, welche ein lichtbrechendes 
Protoplasma noch besitzen. Die Acnderung in der Verfarbung des 
Kernes findet auch bei Individuen statt, welche unverfarbtes Protoplasma 
aufweisen; es ist erkennbar an einer blauen, statt violetten FSrbung des 
Kernes. 

Welches ist nun die Ursache fQr diesen scheinbaren Polymorphismus 
der Nicollia? Meiner Ansicht nach ist es der auBerliche Ausdruck 
jencr komplizierten Beziehungen, welche zwischen dem Mikro- und 
Makroorgauismus im Zwischenkainpfprozesse stattfinden. Als Schutz- 
erscheinung des Mikroorganismus dient das Verdickungsstreben der Hulle 
und damit das Streben, seinen KSrper der Wirkung der ImmunkSrper 
zu entziehen, deren Sieg, wie es scheint, in der allmahlichen Zerstorung 
der HQllen und in der Abschwachung sowie in dem Verlust der Farb- 
barkeit des Protoplasmas durch Vernichtung desselben und in der Ver- 
inderung der Kernfarbung zum Ausdruck kommt. 

Bezfiglich der Stellung der Nicollia in dem Protozoensystem kann 
ich auf Grund des bei mir vorhandenen Materials nur sagen, daB die 
Nicollia in keiner Beziehung zu den bisher beschriebenen pathogenen 
Protozoen des Menschen steht. 

Was nun meine Ansicht hinsichtlich des Verhaitnisses der Nicollia 
aggregata zum Flecktyphus anbetrifft, so glaube ich, daB sie sehr 
wahrscheinlich die Erreger des Flecktyphus sind. 

Weitere Untersuchungen der Zerebrospinalfliissigkeit unter den von 


in der Lange haben, die anfanglichen Stnfen vor dem Momente der Teilung des Kernea 
dan-tellen. Dann darf man die runde Nicollia als im Ruhezu&tande bleibende Zelle 
belracbten. 

1) Auf der Photograpbie bnben auch die Pedimentzcllen um eicb eine helle Zone; 
in der Tnt jcdoch ist es abcr bloli ein Lichtcffekt bei der Phoiogrnpbie. 

2) Mir acbeint dninit zum 1. Mai auf die wirkliche Mctamorpbosemoglichkeit der 
Protozoen in bakterielle Formen (Strongy loplasma Lipschiiiz) bingewiesen zu sein. 

34* 


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532 


CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


mir oben angegebenen Bedingungen werden diese Frage entscheiden. 
Es ist jedoch notig, zu beachten, daB leider der kliniscbe Verlauf der 
Krankheit Indikationen fflr die PleozytosemOglichkeit nicht gibt. Meine 
mit VV. I. Autonomow zusammen ausgefQhrten Untersuchungen haben 
dargetan, daB bei den schwersten Erscheinungen von seiten des Nerven- 
systems die Pleozytose feblen kann, und daB umgekehrt bei Fehlen alter 
klinischen Erscheinungen diese scharf ausgedrflckt sein kann. 

Figurenerkl&rimffen. 

Mikrophotographiert wurde bei einer VergrdBerung von 1:1400. 

Fig. 1. Eine Gruppe von 15 Ni colli a. 14 Bind zusaroraengefugt, 1 liegt be- 
Bonders. Das Protoplasms ist rosablaulich, der Kern violettrot. Die Hiillen Bind scharf 
auBgedruckt, etwas dicker aU auf Fig. 2. 2 Individuen im Anfang der Teilung. 

Fig. 2. 5 Nicollia mtt klar au^edriickten Hiillen, etwas feiner als Fig. 1. Die 
Kerne Bind Btabformig. 3 Nicollia Bind im Teilungsstadium: in 1 rechts oben hat 
sich der Kern bald geteilt, aber noch nicht auseinanderzugchen angefangen, und Hulle 
nnd Protoplasma, sich iiberschnurend, haben sich noch nicht geteilt. Die unten liegenden 
Nicollia haben Bich auch nicht ganz geteilt, und obgleich die Kerne schon genug 
auseinandergingen, Bind die Kftrper noch nicht mit einer Scheidewand abgegrenzt. In 
dem dem letzteren sich anschlie&enden Individuum ist der TeiJungsprozei} im Proto¬ 
plasma beendigt. 

Fig. 3. Unten Bind 2 Nicollia mit scharf ausgebildeter Hulle (aber feiner als 
Fig. 5). Eine hat 2 Kerne. Oben Bind 6 Nicollia mit sehr feinen Hiillen. Das 
Protoplasma ist fast unverfarbt. Die Kerne Bind Btabformig. 

Fig. 4. Eine grofie Anhaufung von Nicollia. Die Hiillen fehlen schon. Proto- 
plasma nicht verfarbt, aber bei deu moisten Individuen deutlich sichtbar durch ihre 
Btarke Lichtbrechung; nur bei einigen Bind sie nicht zu .unterscheiden. Kern meist 
violett rot, nur einzelne blau; Mehrzahl Btabformig, einige teilen sich. 

Fig. 5. 8 Nicollia mit dickeren Hiillen. Protoplasma in hohem Grade ver¬ 
farbt. Ganz oben liegt 1 im Teilungsstadium, rechts 2 ohne Hulle. 


Nachdruck verboten. 

Ueber einen meningokokkenahnlichen Erreger bei einem 
klinischen Fall von Meningitis. 

[Aus dem Hygieuischeu Institut der Universit&t GieBen (Direktor: Prof. 

Dr. Gotschlich).] 

Von Dr. Wilhelm Rcufi, 

Assistenzarzt am Philippshospital bei Goddelau in Hessen. 

Im folgenden soil das mikroskopische und kulturelle Verhalten eines 
meningokokkenabnlichen Stammes beschrieben werden, der aus der 
eitrigeu SpinaldQssigkeit eines unter den klinischen Zeichen der Meningitis 
cerebrospinalis verstorbenen 8V 2 -j4hrigeu Knaben gezQchtet worden ist 

Auszug aus der Krankengeschichte. 

Albin Lenz, 8'/* Jahre. Aufgenommen am 9. Jan. 1921. Erkran- 
kung plotzlich mit hohem Fieber und Kopfschmerzen. 


Auszug aus dem Sektionsprotokoll. 

Eitrige Meningitis der GroBhirnbasis, besonders im Bereiche des 
Chiasma opticum und nach dem Kleinhirn zu entlang deu stark gefflllten 
Venen nach beiden Seiten auf die Konvexitat Obergreifend. Hydro¬ 
cephalus iuteruus acutus. Starke eitrige Meningitis spinalis, die unter 

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Reufi, Meningokokkenahnl. Erreger bei einem klin. Fall von Meningitis. 533 


vblliger Freilassung des Ilalsmarkes am Brustmark beginnt and bis 
zur Cauda equina reicht. Auffallend weites Herunterreicben des eigent- 
lichen Rtickenmarkes bis zu den Kreuzbeinwirbeln. Eitrige EntzQndung 
des 1. Auges (Panophthalmie). Schwellung im Bereiche des Handgelenkes. 
Offenes Foramen ovale. Bronchien und Lunge o. B. 

Die bakteriologische Untersuchung des Falles „Lenz“, ausgefOhrt im 
Hygienischen Institut der Universit&t GieBen, zeitigte folgende Ergebnisse: 

Zur Untersuchung gelangten das am 9., 11. und 14. Jan. entnom- 
mene Lumbalpunktat und ein bei der Sektion am 17. Jan. entnommenes 
Gewebsstflckchen mit eitrigem Exsudat. Aus s&mtlichen 4 Proben wurde 
derselbe Stamm mit stets den gleichen Eigenschaften gezflchtet, der von 
echten Meningokokken in mehrfacher Beziebung deutlicb abwich. 

1) Originalausstrich (Gram-F&rbung). Im PrSparat zahlreicbe poly- 
nukleilre Leukozyten, wenig Lymphozyten, gramnegative sowie grampositive 
Diplokokken von verschiedener GroBe, zum Teil intrazellulSr, jedoch meist 
extrazellul&r. Oft schwer zu unterscheiden, ob grampositiv Oder gramnegativ. 
In dem aus der Leiche, aus dem RQckenmark gewonnenen Originalpr&parat 
▼erhielten sich die Diplokokken &hnlich wie im Lumbalpunktatausstrich. 
Die meisten Diplokokken waren extrazellul&r gelagert, viele jedoch aucb 
intrazellulSr. W&hrend im Lumbalpunktatausstrich hbchstens bis zu 
4 Diplokokken intrazellul&r gefunden wurden, lagen hier bis zu 10 in 
ein und demselben Leukozyten. In ihrem Verhalten zur Gramschen 
F&rbung verhielten sie sich wechselnd, so daB es oft schwierig war, sie 
als grampositiv Oder gramnegativ zu erkennen. Die meisten wurden 
jedoch als grampositiv erkannt. Die Leukozyten enthielten oft gram¬ 
positiv gef&rbte Granula, die vielleicht als verdaute Diplokokken aufzu- 
fassen sind. 

2) Agarplatten. Wachstum in kleinen, ca. 1—2 mm Durchm., wenig 
durchsichtigen, grauweiBlichen, loicht erhabenen, scheibenfdrmigen Kolo- 
nien, die bei schr&g auffallendem Lichte blfiulich opaleszieren. Aus- 
8tricbprSparat nach Gram gefarbt. Gramnegative Diplokokken von ver- 
schiedener GrbBe und Farbe in staphylokokkenShnlichen Haufen, da- 
zwischen zahlreiche, besonders groBe Diplokokken, die am intensivsten 
gefarbt sind. Die Kokken liegen oft zu 4 zusammen. In den frischen 
Kulturen sind die Kokken ausnahmslos gramnegativ, ftltere Kulturen 
(3—5 Tage) zeigen in der Mitte brSunliche Verfarbung und Knopfbildung 
an den Randern und im mikroskopischen PrSparate Involutionsformen 
yon sehr ungleicher GrbBe und teilweisen grampositiven Verhaltens. 

3) Ascitesagarplatten. Wie 2. 

4) Agglutination. Mit Meningokokken serum des Reichsgesundheits- 
amtes (Tit. 1:2000): Bei 50° 1 Std. und bei 37° 24 Std. 

1:25 

1 • 100 ne 8 atlv > 

1:200 J 

auch bei bfterer Wiederholung des Versuches mit langer fortgezOchteten 
Stammen. Kontrolle mit 2 verschiedenen typischen Meningokokken- 
stAmmen positiv. 

Andererseits zeigt das Serum eines mit dem Stamm „Lenz“ ge- 
impften Kaninchens mit dem eigenen Stamm deutlich Agglutination bis 
zu einer Verdflnnung von 1 :400 nach 24-stiiud. Stehen im Brutschranke, 
sowie auch nach 1 Std. bei 55°. Dagegen koine Agglutination echter 
Meningokokken mit r Lenz“-Serum. 

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534 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


Zur Gewinnung des Serums wurde einem Kaninchen in 8-tSgigem 
Abstande 3mal je V 8 Oese abgetoteter Kultur intravenbs injiziert. 

Der negative Agglutinationsausfall ibr sich allein wfirde nicht gegen 
die Zugehorigkeit des Stammes „Lenz tt zur Spezies Meningococcus 
sprecben, da auch echte Meningokokkenstfimme oft nur schwer oder gar 
nicht mit Meningokokkenserum agglutinieren, das nicht ffir den zu ag- 
glutinierenden Stamm spezifisch ist [Kutscher (1), Rautenberger 
(2), K olle und v. Wassermann (3), Eberle (4), Eisner und Hun- 
t o o n (5), K fl s t e r (6), M a r m a n n (7), Neumann (8), S1 6 v e s a n d (9), 
Trautmann u. Fromme (10), Zeissleru. Gassner(ll), Klinger 
u. Fourmann (12), Gotschlich (13) Hancken (14), Huntemtll- 
ler (15), Vonderweidt (16)]. 

5) v. Lingelsheimsche Lackmus-Ascites-ZuckernShrbSden. Die 
Lackmus-Ascites*Zuckernfihrboden wurden hergestellt nach der Vorschrift 
von v. L i n g e 1 s h e i m. Maltose, LSvulose, Dextrose unverandert. (Kon- 
trolle mit echten Meningokokken, M+, L—, D +.) 

Die Aussaat gescliah mit 24-stilnd. Kulturen. In Slteren Kultnren 
jedoch zeigte sich Vergarung von Maltose schwach schon vom 2., deut- 
lich vom 4. Tage ab. Vergarung der Dextrose nur lmal bei einer 
14-tSg. Kultur. 

Atypisches Verhalten bei der Vergarung der verschiedenen Kohle- 
hydrate ist mehrfach beschrieben worden [K utscher (1), Arkwright 
(17), Bruckner (18), Ghon (19), Stbvesand (9), Gotschlich (13), 
Vonderweidt (16), Zeissler u. Gassner(ll), Klinger u. Four- 
man (12), Hancken (14)J. 

6) In Bouillon bilden sich an der OberflSche kleine, grauweifie 
Schiippchen, die bei Erschfltterung zu Boden sinken, sowie TrQbung der 
Bouillon. Bei langerem Stehen bildet sich ein Bodensatz. 7) Auf 
Gelatine kein Wachstum (nach 10 Tagen). 8) Lackmusmolke wird blau 
und trtibe. 9) Traubenzuckeragar (Stiehkultur): keine Vergarung. Aus- 
schlieBlich Obeiflachenwachslum. 10) Milch wird nicht verandert. 11) Auf 
Blutplatten keine HStnolyse. 

Ausstriche von der Bouillonkultur, Lackmusmolke und Trauben- 
zuckeragar nach 7 Tagen auf Ascitesplatten zeigen dasselbe Wachstum 
wie oben beschrieben. Der Milchausstrich ergab kein Wachstum. 

Der von mir beschriebene Stamm unterscheidet sich also von 
typischen Meningokokken durch eine Reihe verschiedener wichtiger Merk- 
male: 

1) Wechselndes Verhalten gegenuber der Gram-Ffirbung, ins- 
besondere im Originalausstrich aus Liquor cerebrospinalis und in filteren 
Kulturen. 2) Solortiges Wachstum auf gewbhnlichem Agar. 3) Wachs¬ 
tum bei 22°. 4) Felilen von Vergarung von Maltose und Dextrose bei 
frischen Kulturen, wahrend in alteren Kulturen Maltose vergoren wird. 
5) Felilen der Agglutination mit echtem Meningokokkenserum und rezi- 
prokes, negatives Ergebnis bei der Prufung echter Meningokokken mit 
Serum „Lenz“. 6) Erhohte Resistenz gegenGber fiufieren EindQssen. 
Im Brutschrank hielten sich die Kulturen auf SchrSgagar und Ascites- 
rfihrchen lange lebensiahig (bis zu 54 Tagen). Der Stamm Lenz er- 
wies sich noch lebensfahig nach 10 Min. dauernder Erhitzung auf 45® 
und 5 Min. dauernder Erhitzung auf 47°, w&hrend die entsprechenden 
Kontrollversuche mit echten Meningokokken ein negatives Resultat er* 
gaben. 

Es entsteht nun die Frage, ob es sich in unserem Falle um einen 


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Reufl, Meningokokken&hnl. Erreger bei einem kiin. Fall von Meningitis. 535 

atypischen, weitgehend veranderten Stamm Oder urn eine, von Meningo- 
kokken artverschiedene Kultnr handelt. 

In der Literatur sind mebrere Fade von atypischen Meningokokken 
[Ceradini (20), Vicenci (21), Huntemfiller (15), Klinger u. 
Fonrmann (12) u. a.], sowie meningokokkenahnliche Diplokokken be- 
schrieben worden [Harzer u. Lange (23), Frenzel (22), Eich- 
hoff (26)]. 

Die aitesten Befunde sind die von jager (24, 25) und Heubner 
(27), bei denen es jedocb nicht immer klar war, ob es sich urn den 
Meningococcus Weichselbaum allein gehandelt hat. Ferner er- 
wahnt v. Lingelsheim (28) den Diplococcus crassns, der sowohl 
als Begleitbakterium als auch allein bei Meningitis, bei Tuberkulose und 
nach Traumen gefunden worden ist. Interessant ist, daB auch im Fade 
„Lenz u ein Trauma stattgefunden hat. Der Dipl, crassus ist im 
vorliegenden Falle nicht anzunehmen, da er sich durch seine Vergarung 
von Maltose, Dextrose und Lavulose und seine Farbbarkeit nach Gram 
unterscheidet. Es ist anzunehmen, daB es sich im Fade „Lenz“ um 
einen auf der Schleimhaut der oberen Luftwege vegetierenden Mikroben 
handelt, der sich an dem durch das Trauma hervorgerufenen Orte ge- 
ringeren Widerstandes festgesetzt hat und dort pathogen geworden ist. 
Da es sich um einen vereinzelten Fad mit vorangegangenem Trauma 
und ohne weitere anschlieBende Ansteckung handelt, ist der in Rede 
stehende Stamm wahrscheinlich als „unfertiger Infektionserreger im 
Sinne von Gotschlich (13) anzusehen. 

Als atypischer oder durch Mutation (KShlisch, 29) verSnderter 
Meningokokkenstamm kann der Stamm „Lenz“ nicht aufgefaBt werden, 
da er zu viele Abweichungen von echten Meningokokken aufweist, mit 
denen er auBer dem klinischen Bilde der Erkrankung und dem patho- 
logisch-anatomischen Befunde nur die Diplokokkenform gemeinsam hat. 

Bei geh&uftem, bzw. gruppenweisen Auftreten gleicher Fade ware 
naan berechtigt, von Parameningokokken zu sprechen, da die gleichen 
klinischen Symptome durch verschiedene, untereinander verwandte Er¬ 
reger hervorgerufen werden kSnnen (Typhus, Paratyphus, Ruhr). 

Vora praktischen Standpunkte aus, besonders unter Berflcksichtigung 
der Frage der Seuchenbekampfung, sind dem Fade „Lenz tt identische 
Fdlle stets als Seuchen anzusprechen, da es filr den praktischen Arzt 
meist unmSglich sein wird, festzusteden, ob es sich um einen typischen, 
atypischen oder nur um einen dem typischen Erreger ahnlichen Mikroben 
handelt. 

Die Krankengeschichte und einen Teil der Originalausstriche des 
Lumbalpunktates verdanke ich der Freundlichkeit des Direktors der 
GieBener Universitatskinderklinik, Herrn Prof. Dr. Koeppe, wahrend 
das Sektionsprotokod und ein Ruckenmarkssegment rair vom Direktor 
des Pathologisch-anatomischen Institutes, Herrn Geheimen Medizinalrat 
Prof. Dr. Bostroem, giitigst dberlassen wurde. Es sei mir erlaubt, 
an dieser Stelle den beiden vorgenannten Herren ergebenst zu danken. 

Zum SchluB erlaube ich mir, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn 
Prof. Dr. Gotschlich filr die Ueberlassung der Arbeit, sowie filr die 
liebenswflrdige Unterstfltzung bei derselben meinen besten Dank aus- 
zusprechen. 

Literaturverceichnis. 

Fliigge, GrundriS der Hygiene, Anhang (Gram-Farbung). — R6the, Centralbl. 
f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 46. 8. 645 (v. Lingelsheimeche Lackraus-Ascites-Zucker- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. 87. Heft 7/8. 


nahrboden). — 1) Kutscher, Handb. d. pathog. Mikroorganiamen v. Kolle und 
y. Wassermann. 2. Aufl. Bd. 4. — 2) Rauten berger, VerSffentl. a. <L Ueb. d. 
MiL-San.-Wesen. 1905. H. 31. — 3) Kolle u. v. W a^ermann, Klin. Jahrb. Bd. 15. 
1906. — 4) Eberle, Arcb. f. Hyg. Bd. 64. 1908. — 5) Elser u. 11 an toon, Journ. of 
med. Ree. Vol. 20. 1909. — 0) Kiister, Hyg. Rund^ch. 1909. Nr. 8. — 7) M*t- 
m aon, Ibid. 1908. Nr. 17. — 8) Neumann, Ibid. 1908. Nr. 8. — 9) StSvesand, 
Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 46. 1908 — 10) Trautm&nn u. Fromme, 
Miiuchen. med. Wochenechr. 19i8. S. 791. — 11) Zeissler u. Gassner, Zeitscbr. i 
Hyg. Bd. 84. 1917. 8. 294. — 12) Klinger u. Fourmann, Miincben. med. Wochen- 
schrift 1915. 8. 1037. — 13) Gotschlich, Dtsch. med. Woehensrhr. 1919. Nr. 22. — 
14) Hancken, Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. 78. 1916 S. 365. — 15) Hunte- 
miiller, ZeiUchr. f. Hyg. Bd. 81. 8.316.— 16) Vondefweidt, Ibid. Bd. 88. 8. 481. 
— 17) Arkwright, Journ. of Hyg. Vol. 9. 1908. — 18) Bruckner, Compt. rend. 
Soc. Biol. 1908. Nr. 15. — 19) Ghon, Wien. klin. Wochenschr. 1907. 8. 1277. — 
10) Ceradini, Ceniralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 40. 1907. S. 372. — 21) Vicenci. 
Ibid. Abt. I. Orig. Bd. 59. 1911. — 22) Frenzel, Ibid. Bd. 83. 1919. S. 509. - 
23) Harzer u. Lange, Miinchen. med. Wocheneenr. 1916. 8. 950. — 24) Jatrer, 
Ceniralbl. f. Bakt. Abt I. Orig. Bd. 33. 1903. S. 23. — 25) Ders., Zeitschr. f. mg. 
Bd. 44. 8. 241.* — 26) Eichhoff, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 84. S. 461. — 
27) Heubner, Jahrb. f. Kmderhcilk. Bd. 43. 1896. — 28) v. Lingel9heim, Klin. 
Jahrb. Bd. 15. 1906. — 29) Kohl inch, Zeitechr. f. Hyg. Bd. 80. 1915. 8. 404. 


Naehdruek verbotm. 

Ueber die fusospirillare Symbiose, die Gattung Fuso- 
bacterium (K. B. Lehmann) und Spirillum sputi- 

genum. 

(Zugleich ein Beitrag zur Bakteriologie der Mundhohle). 

[Aus dem Hygienischen Iostitut der Universitfit Wflrzburg and der 
BakteriologischeD Untersuchungsanstalt Erlangen.] 

I. Mitteilung. 

I. Die Epidemiolosrie der fasospirlllftren Symbiose, besonders der 
Plaut-Vincentsclien Angina. 

Von Dr. med. Maximilian Knorr. 

In den Nachkriegsjahren, jedoch auch schon in den ietzten Kriegs- 
jahren, wurde flber ein geh&ultes Auftreten von Eikrankungen berichtet, 
bei denen das cbarakteristische mikroskopische Bild der fusospirillSren 
Symbiose fflr den Bakteriologen im Vordergrunde des Interesses steht. 
Obwohl ja das gleiche Bild bei Stomatitis ulcerosa, gangraenosa, mer- 
curialis, Gingivitis, Noma, Hospitalbrand, Phaged&nismus usw. erscbeint 
[Matzenauer (1), Vincent (2) u. a.), wird jetzt gerade die Hftufig- 
keit der P.V.A. 1 ) betont. 

Den Grund fur die Haufigkeit dieser Angina sieht der eine in Ein schlep* 
pung durch unsere Balkan- Oder die Besatzungstruppen [Kronenberg (3), Rosen¬ 
berg er (4)], der andero in der Schwachung des KOrpers durch Unterernahrun^ 
[E. Huber (5), H Heck (6) u. a.]. P. Eisen (7) hat schon 1905 auf sozt&lhygiem* 
sche Momente, wie grofiere Unsauberkeit, speziell schlechtere Mundpflege als dispo- 
nterend hingewiesen, was neuerdings wieder von H. Heck betont wird. 

Experiment und Erfahrung eprechen gcgen eine Uebertragung von Mensch in 
Mensch, so dafl die Einschlfppung kaum eine wesentlicbe Kolle bei der Haufigkeit der 
P.V.A. gespielt haben diirfte. Uebrigens kann ich W. Gartner (8) dann beistiroroeo, 
dafl in der Tiirkei keine groflere Haufigkeit oder ein andersartiger Verlauf derarliger 
Krankheiten bemerkbar war. Denn den Epidemien Heinemanns (9) und Saner* 

1) Plaufc-Vincentsche Angina. 


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Knorr, Fusospirillare Symbiose der Gattung Fueobacterium usw. 537 

Walds (10) mil 76 Ffillen auf dem Balkan steht die Angabe E. Hubers gegenhber, 
dafl Weinbard Ende dee Kneges Koropagnien roit 10—20 Pro*, an Stomatitis er- 
krankten Leuten land (wo, ist nicbt bemerkt). Aucb Kolle (11) wies schon in den 
letzten Kriegsjabren auf diese haufige Erkrankung der Truppen im Osten bin. 

Die Scbwachung des Organistnus durch mangelbafte Ernabrung 
und ihren Folgen (Avitaminosen), vielleicht gememsam mit anderen Momenten, wie 
mangeiude Muudpflege, ist vor aUem pradisponierend fur derartige Er- 
kraukungen, wie aus der Literatur bervorgebt. Wir sehen da 2 Gruppen von An- 
ginen Oder Erkrankuugen mit glenbem mikroskopischen Befunde: die einen verlaufen 
scbwer, meist todlich, die andertn aulfallend leicht, so dafl der Arzt sebon desbalb sel- 
tener in die Lage kommt, derartige Erkrankungen zu sehen, und wenn, dann nicbt im 
Prodromalstadium. Die Scbwere 1 st nicht etaa durcb die fusospirillare Symbiose, son- 
deru den Krafiezustand der Patienten bedmgt; so waren z. B. die Kranken Sauer- 
walds und tieinemanns stark untereruahrt, ja sie litten sogar an ausgepragtem 
Skorbut, ganz abgeseben von noch bestebenden oder abgeklungenen Infektiouen (Re- 
currens). Reichel (12), der sonst einen guten Verlauf sah, erlebte gerade bei einem 
scbwacbiicben Knaben und H ijmans (13) bei lymphatischer Leukamie einen Todesfall. 
Andere Autoren, die bei Erkrankungen mit fusospirillarem Befunde todlichen Ausgang 
saben, erwahnen ebenfalls fast durcbweg eine scbwere vorausgegangene oder gleicb- 
zeitige Storuug des Allgemeinbefindens durch Scharlacb, Skorbut, Leukamie, Tuber- 
kulose, Pyamie. Gleicbzeitig tritt bervor, dafl die Lokalisation dieser fuK^pirillaren 
Erkrankungen bei scbwer gestorter Konstitution oft keine sebarfe ist. Es kann scbliefi- 
lich eine gewisse Generalisation eintreten. So fiihrt z. B. eine P.V.A. zu schwerer 
Stomatitis gangraenota und Zerstorung der Knocben. 

Prad^pomerend fur fusospirillare Erkrankungen ist ferner z. B. auch Nikotin 
(vielleicht Lt die engliscbe Zigarette ale Reiz gar nicbt so unscbuldig, wie Schotz (14) 
meint), Alkohol (Vincent), nicbt selten findet man gerade bei Jugendlichen gleicb¬ 
zeitig Diphtheriebazillen. 

Obwohl die Unterernfihrung, besser vielleicht mangelhafte EmSh- 
rnng, frQher am haufigsten als pradisponierendes Moment fflr fuso¬ 
spirillare Erkrankungen anerkannt wurdjs, bestreitet man dies beutzu- 
tage aus folgenden Grttnden: Als wientigsten Punkt fflhrt man die 
Tatsache an, daB gerade 15—30-Jabr. von P.V.A. befallen wurden. An- 
dere Autoren beobachteten P.V.A. bei wohlgenahrter Landbevtilkerung 
and wieder andere betonen, dad die fusospirillaren Erkrankungen erst 
nach dem Kriege haufiger geworden seien, wo die scblimmste Hungerzeit 
schon lange Qberwunden war. Diese Punkte sind nicbt stichhaltig: 

Mangeiude Nahrungszufuhr trifft gerade das kraftigste Alter am 
schwersten. Wie wir weiter aus Weinhards und Kolles Mitteilung 
sahen, bauften sich die fusospirillaren Erkrankungen schon in den letzten 
Kriegsjahren. Ferner machte sich gerade die Unterernahrung auch 
spater durch Haufung von Tuberkulose, Spatrachitis und Neigung zu 
Infektionen als pradisponierender Faktor reebt deutlich bemerkbar. Den 
vereinzelten Beobachtungen von P.V.A. bei wohlgenahrter Landbevfilke- 
rung stehen die zahlreichen Erkrankungen der von mangelhafter Ernahrung 
betroffenen Klassen gegentiber. Man darf in epidemiologiscben Fragen 
nicht sebematisieren, sondern muB Hauptursachen hervorheben und nicht 
dnreb den einen oder anderen Fall, der aus der Reihe herausfSilt, ver- 
decken. So mufi man auch bertlcksichtigen, daB die Vorkriegszahlen der 
Erkranknngen an P.V.A. in den Nachkriegszahlen entbalten sind. 

* An dieser Stelle sei hervorgehoben, daB man in den Nachkriegs- 
jabren den weseDtlichsten Punkt, die Beschreibung des KOrperzustandes, 
bei P.V.A. oder ahnlichen Erkrankungen, vernacblassigte. Nur R. Fischer 
(15) schreibt: „Objektiv findet man unter den Patienten mit 
P.V.A. haufig Leute von einem gewissen hochaufgeschos- 
senen und blutarm aussehenden Typus.“ 

Fflr die Epidemiologie dieser fusospirillaren Erkrankungen ware es 
sehr erwttnscht, zu wissen, ob anamnestisch P.V.A. und Influenza, eine 


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538 Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 

Massenerkrankung, die dann auch die Landbev51kernng und besonders 
das krfiftige Alter betroffen hatte, in Zusammeuhang gestanden hatten. 
Bevor jedoch nicht genfigend Unterlagen vorliegen, ist ein SchluB kaum 
berecbtigt. Lediglich der Vollstfindigkeit halber sei angeftlhrt, daB Heine- 
mann (16) in 76 Fallen den Zusamtnenhang von Grippe und Stomatitis 
ulcerosa feststellen konnte und spanische Aerzte sich fihnlich auBern. 

Weiterhin finden wir, daB Mfinner hfiufiger an P.V.A. erkrankten 
als Frauen [0. S. Tarnow (17) 33:20, W. Gftrtner 188:106J. Nur 
wenige Autoren finden beide Geschlechter in gleicher Weise beteiligt. 
Es ist mdglich, daB hier das starke Rauchen der Nachkriegszeit bei der 
Mfinnerzahl kumulierend gewirkt hat. 

Auch bezfiglich der jahroszeitlichen Verteilung der Erkrankungen 
besteht in den Angaben nicht vfillige Uebereinstimmung. 

Somit ergibt sich: 

1) Die Annahme, die Angina sei eingeschleppt worden, widerspricht 
den Experimenten und Erfahrungen fiber (Jebertragbarkeit der Symbiose 
von Mensch zu Mensch. 

2) Die P.V.A. resp. die fusospirillfiren Erkrankungen sind nicht erst 
in den Nachkriegsjahren, sondern bereits in den letzten Kriegsjahren 
hfiufiger gewesen als vor dem Kriege. 

3) Es ist auffallend, daB in den Nachkriegsjahren bei Mitteilungen 
fiber P.V.A. das Wesentlichste, der Kdrperzustand und kurz zurfick- 
liegende Erkrankungen nicht oder nur mangelhaft berficksichtigt 
werden. 

4) In der Unterernfihrung, besser mangelhaften Ernfihrung (A vita- 
mi nose) und ihren Folgen, Tiegt eine genfigende Erklfirung ffir das 
hfiufigere Vorkommen der fusospirillfiren Erkrankungen in den letzten 
Kriegs- und Nachkriegsjahren. Vielleicht ist auch Grippe ein bcgfin- 
stigender Faktor, der manchen bisher schwer zu deutenden Fall er- 
klfiren lfiBt. 


Die Biologle dor fusospirillfiren Symbiose. 

A. Entstehung und P athogenitfit der fusospirillfiren 

Symbiose. 

Als die ergiebigsten Fundorte der Fusobakterien, Spirillen und Spiro- 
chfiten seien der Belag des Zahnhalses, hfiufig auch Zungenbelag, ferner 
die Krypten der Tonsillen, sowohl bei Mensch als bei Tier, angeffihrt 
Ferner kommen diese Organismen bei zahlreichen Erkrankungen des 
menschlichen und tierischen Korpers, die durch f6ti<le Eiterungen und 
Nekrose charakterisiert sind, z. B. Lungengangrfin, Leberabszesse, vor. 
Neuerilings faBt man nicht ganz glucklich alle diese Erkrankungen unter 
dem Namen „Fusospirochatosen“ zusammen. 

Diese Organismen finden sich auch im Darm des Menschen und 
vieler Tiere und auBerhalb in stagnierenden Gewfissern. 

Vorwiegend interessiert den Mediziner die Aetiologie der P.V.A., 
mit der ja die fusospirillare Symbiose eng verknupft ist. Da anscheinend 
alle Fusospirochatosen resp. Spirillosen die gleiche Genese haben, mochte 
ich sie am Beispiel der P.V.A. eutwickeln. 

Schon Muhlens (26) fand bei vollig normalen Mundhfihlen das 
bezeichnende Bild der P.V.A. Zahlreiche Nachprfifungen bestfitigten 


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Knorr, Fueoepirillaxe SymbioBe der Oattuog Fueobacterium uew. 539 

dies. Die Erkl&rung scheint einfacb. SSmtliche Gattungen der Sym- 
biose sind normale Bewohoer der menschlichen Mundhohle, ausge- 
sprocben serophil und anaerob. Nun genflgen Zahnfleischtaschen, 
Krypten und sonstige Nischen des Mundes an und fflr sich zur Erifil- 
lung der Anaerobiose. Sie kann jedoch durch eine Symbiose ohne 
AnaOrobiose weitgehend ersetzt werden. Und nun zur Serophilie! 
Die geringste Exsudation bietet dieser fusospiiillSren Symbiose ein Op¬ 
timum der Ernfihrung. Schnell baben die Kokken, die ja in jeder 
Mundhohle zu finden sind, die Vorbereitung des Serums fflr eine raschere 
und sichere Ansiedlungsmoglichkeit der scbon in geringen Mengen vor- 
handenen Fusobakterien tibernommen, so daB wiederum Spirillen Oder 
Spirochflten alles zum besten Gedeihen vorfinden. Unbediugt erforder- 
lich sind vielleicht die Kokken gar nicht, sie gestatten nur eine schnellere 
Entwicklung der Symbiose, denn, wie sp&ter mit Reinkulturen gezeigt 
werden soli, genflgen scbon kleinste Spuren nativen Fiweifies zur besten 
kulturellen Entwicklung dieses Organismus, so daB das fast konstante 
Vorkommen gerade in den Zahnfleischtaschen ein Indikator fflr die ge- 
riDge Exsudation ist, die sich naturgemSB nach jeder Mahlzeit einstellen 
kann. In schlecht gepflegten Mundlidblen und bei zeitlichen odcr chro- 
niscben Keizen (z. B. Rauchen) baben wir natflrlich die gleichen Ver- 
hflltnisse. Der Bedarf an nicht oder wenig verandertem EiweiB ist auch 
im Reagenzglase ganz ausgesprochen, so daB ohne Zugabe, wenn auch 
kleinster Mengen, ein Fortkommen fflr die gezflchteten Fusobakterien 
nicht mOglich ist. Jetjoch konnen diese Organismen in unver&ndertem 
Serum, das unter dem Einflusse von Kokken stand, wachsen. 

Wie kommt es nun, daB nicht bei alien Menschen bei der Hflufig- 
keit derartiger exogener Reizursachen das bezeichnende Bild entsteht? 
Als Erklflrung seien aus einer Anzahl Beobachtungen 2 herausgegriifen, 
die diese Frage beantworten: 

In einer normalen, sehr gut gepflegten Mundhbhle, in der kaum 
Fusobakterien, SpirochSten oder Spirillen selbst an den Prfidilektions- 
stellen gefunden wurden, wurde die Wurzel eines Molaren heraus- 
gemeiBelt. Diese ausgiebige Alteration fflhrte zum Bible der fusospiril- 
lfiren Symbiose nicht nur am Orte der LSsion, sondern im ganzen 
Munde, ohne aber irgendwelche Erscheinungen zu machen. In einer 
anderen Mundhohle, die schon normaliter viele derartige Keime auf- 
v?ies, wurde durch einen geringffigigen AnlaB, wie kleine Magen- 
verstimmung mit der Folgeerscheinung mangelhaften Speichelflusses, 
bald das mikroskopische Bild der P.V.A. hervorgerufen. In der zu- 
erst genannten Mundhdhle genflgten derartige kleine Storungen nicht, 
um das Bild auszulosen. Die 2. Mundhohle besaB also in gewissem 
Sinne eine Disposition fflr das Bild der P.V.A. Alle Individuen, 
die nun so disponiert sind, dflrlten bei Schfldigungen, die eine Ex¬ 
sudation im Gefolge haben, zum mikroskopischen Bible der fusospiril- 
I3ren Symbiose neigen x ). Kommt nun eine noch grbBere Schfldigung 
binzu, oder wurde diese Exsudation durch eine derartige SchSdigung 
ausgelflst, wie z. B. bei mangelhafter Nahrungszufuhr (beobachtete doch 
schon Babes 1884 diese Symbiose bei Skorbut), so kflnnen sekund&r 
diese Organismen zur Entwicklung der genannten Krankheitspiozesse 
( n Fusospirochatosen u ) fflhren. An dieser Stelle sei erwiihnt, daB auch 
Rahnenfflhrer (18) nach Zahnextraktion klinisch die Entstehung von 


1) O. Lubarsch fuhrt die P.V.A. auf Zirkulatioiisstorungen zuruck. 


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540 Ccntralbl. f. Baku etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 

P.V.A. sah. Jedoch neigen bei schwer gestdrtem Allgemeinbefindeu alle 
diese Fusospirochatosen Oder Spirillosen zur Generalisation. 

Wir haben somit primar eine ursachlich verschieden- 
artig hervorgerufene Ezsudation, sekundar, je nach dem 
normalen Stande der Mundhbhle, inehr Oder weniger aus- 
gepragt, das bezeichnende Gernisch, das wiederum ent- 
sprechend deraKbrperzustande auch kliniscb in Erschei- 
nung treten kann. Die primare atiologische Bedeutung 
der fusospirillaren Symbiose ist deshalb allgemein zo 
verneinen. Von zahlreicben Autoren wird allerdings auf Grand pa- 
thologisch-histologischer Praparate dem widersprochen and der Nachweis 
dieser Organismen an der Grenze des kranken und gesunden Gewebes 
Oder selbst in den nachsten Schicbten des gesunden Gewebes als Gegen* 
beweis angefflhrt. Es fehlt jedoch der Nachweis der primaren Gewebs- 
schadigung durch die Symbiose oder durch einen ihrer Vertreter, so 
daB das Ueberhandnehmen des typischen Gemisches als Folge einer 
Gewebsscbadigung aufzufassen ist und die Bdsartigkeit derartiger Er- 
krankungen auf das schwer gestdrte Allgemeinbefinden zurfickgefQhrt 
werden mufi. Fast alle experimentellen Angaben und meine Erfahrungen 
sprechen fflr diese Stellungnahme. Es ist doch auffallend, daB nur 
Mischkulturen der fusospirillaren Symbiose mit Kokken pathogene Wir* 
kung hatten; das fusospirillare Gernisch allein nicht einwandfrei und 
nur in ganz wenigen Fallen. 

Wenn man jedoch bei patbologischen Prozessen in Prkparaten die 
fusospirillare Symbiose allein antrifft, dann wird man bei genauerem 
Nachforschen meist auch nicht allzuschwer irgendein vorhergegangenes 
schadigendes Agens nachweisen konnen. 

Es muB betont werden, daB es noch nie gelungen ist, mit Rein- 
kulturen von Fusobakterien, Spirochaten des Spir. sputige- 
num oder auch des Gemisches ihrer Reinkultur einwandfrei eine 
Infektion ahnlich oder gleich der P.V.A. oder einem anderen pathologi- 
schen Prozesse hervorzurufen, so daB diesen Organismen als ubiqui- 
taren Saprophyten nicht primare pathogene Wirkung zugesprochen werden 
kann, wenn sie auch sekundar durch ihre ungeheure Anzahl bei man- 
chen Prozessen dem Korper nicht indifferent gegenflberstehen. 

Die Behauptung, die Fusiformen erfflhren durch die Spirochaten 
eine Virulenzsteigerung, entbehrt vollig des experimentellen Beweises. 


B. Die experimentelle Analyse der fusospirillaren 

Symbiose. 

E i n 1 e i t u n g. Die Bezeichnung fusospirillare Symbiose (Assoziation), 
auch fusospirillares Gernisch, ist nicht eindeutig. Ebenso haufig wie Spirillen 
kommen namlich Spirochaten vor und umgekehrt. Ferner gibt es Falle, 
wo nur Spirillen oder nur Spirochaten vorhanden sind. So erfaBt also 
die Bezeichnung „Fusospirochatose u das mikroskopische Bild dieser Er- 
krankung auch nicht ganz; Die Spirillen erscheinen als Einzelindividuen 
(Vibrionen), meist aber in langeren Verhanden und sind in Nativprapa* 
raten im letzteren Falle nur dem Getibten als Spirillen erkenntlich. 
Das Gemeinsame der Fusobakterien, Spirillen und Spirochaten ist bio- 
logisch strenge Anaerobiose und Serophilie, morphologisch eine Pro- 
teus-artige Polymorphie, die es unmoglich macht, in den gewdhnlichen 


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Knorr, Fuaospirillare Symbiose der Gattung Fueobacterium usw. 541 


gef&rbten PrQparaten von manchen gewundcuen Verb&nden die Gattung 
zu bestimmen. Diese morphologischen Eigenschaften haben ebenso wie 
die Verwechslung Spirochete uud Spirille zu groBen IrrtQmern gefflhrt; 
es sei nur an die Behauptung erinnert, daB die Fusiformen die „Mutter- 
scbiffchen" der Spirochftten seien [R. Tun i cl iff (19) u. a.]. Trotz 
der mehrfach gewonnenen Reinkulturen der beiden Qrganismen wird 
die Spirochete noch in jflngster Zeit als „Evolutionsform des Bact. fusi¬ 
form e u angesprochen (20). 

Experimentelle Untersuchungen. Etwas Zahn- Oder Ton- 
sillenbelag wurde nach genauer mikroskopischer PrQfung auf Vorhanden- 
sein der Symbiose in Serumbouillon mit ParaffinabscbluB gegeben. Schon 
nach 4— 5 Std. erschienen lange Streptokokken, am 2. und 3. Tage 
Fusobakterien, zugleich war Gas- und Gestankbildung wahrzuneh- 
men, nach weiteren 3—4 Tagen traten Spirillen und auch Spirocheten 
auf. Veszprgmi (21) konnte ehnliche Befunde erheben. Spirocheten 
kamen nur in Kapillarkulturen zur Entwicklung. Die Aufeinanderfolge 
der Streptokokken, Fusobakterien und Spirocheten resp. Spirillen kann 
man gut mit dem Kommen und Gehen der Mikroorganismen bei der 
Feulnis vergleichen. Ein Organismus bereitet den Boden fOr den anderen, 
der dann das Bild beherrscht. Am 5.-6. Tage sind die Streptokokken 
meist so tlberwuchert, daB das Bild der fusospirilieren Symbiose im 
Reagenzglas entstanden ist. Bei diesen Beobachtungen erscheint es auf- 
feilig, daB nie andere Keime, etwa StBbchen, zur nachweisbaren Ent¬ 
wicklung kamen. Allerdings wurde, wie schon erwBhnt, nur Material 
ausgeset, das fast durchweg diese Organismen dem mikroskopischen Bilde 
nach enthielt. 

1) Die Symbiose zwischen Fusobakterien und Strepto¬ 
kokken. 

Die Meinungen, ob die Fusobakterien durch Streptokokken ge- 
fdrdert oder gescbadigt werden, si nd geteilt. R. Abel (22) konnte in Mtsch- 
kulturen ein Bact. f usiforme mit Streptokokken in 2 Generationen aerob zuchten, ein 
Zeichen iur die fordernde, vor allem die reduzierende Eigenscbaft der Streptokokken. 
Ellermann (23) hingegen kommt zu dem Resultat, daB Streptokokken den Nahrboden 
fur die Fusiformen vergiften. Veszprdmi wiederum gelang nur die Kultur der 
Fusiformen gemeinsam mit Kokken. 

Auch ich fand, daB die Trennung der Fusobakterien von den be- 
gleitenden Streptokokken schwer ist, was biologisch f(ir eine gegen- 
seitige Forderung spricht. Die meiste Schwierigkeit verursacht das 
schnelle, die Fusobakterien QberflQgelnde Wachstum der Streptokokken. 
Dadurch sind die Streptokokken in der Lage, den gUnstigen Nahrboden 
fUr Fusobakterien zu bereiten. Ueberdies haben die zur Zuchtung 
ndtigen SerumnShrboden anreichernde Wirkung auf die Begleitkokken, 
und da die meisten Arten dieser Gattung auch anaerob gut, manchmal 
besonders die Arten des Mundes besser wuchsen als aerob, begegnet 
schon die Analyse des 1. Teiles der Symbiose groBen Schwierigkeiten. 
So konnten Rosenow und Tunicliff (24) bei Aussaat von Pyamie- 
eiter nie von den Fusiformen anaerobe, Maltakokken fihnliche Organis¬ 
men trennen. 

Eine Isolierung der fordernden Stoffe der Kokken fQr die Fuso¬ 
bakterien war nicht mQglich. Schon Babes (25) versuchte dies zu er- 
reichen, indem er Nahrboden mit Ausgangsmaterial beimpfte, diese dann 
sterilisierte und nun nochmals mit Ausgangsmaterial beimpfte. In zahl- 
reichen Versuchen mit verschiedenen Moditikationen der NShrbdden 


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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Origin&le. Bd. 87. Heft 7/8. 


glQckte mir auf diese Weise eine Kultur der Fasobakterien nicht Jedoch 
konote ich auf anaeroben gewObulichen Agarplatten bei direkter Aussaat 
zahlreicbe Kolonien erhalten, die im Zentrum groBenteils aus Kokken, 
am Raude, der ganz unregelmfiBig zerscblissen war, dagegen aus Fuso- 
bakterieo bestanden. Eine Treuoung gelang nicht Wenn man be- 
denkt, daB Fusobakterien in jungen Generationen fiberhaupt nie auf 
serumfreien NShrbQden und nie auf der Oberfl&che wachsen, so bat 
zweifellos die Symbiose mit den Kokken die zu diesem Wachstum 
ndtigen Faktoren ersetzt, die sonst das Serum nicht einmal volt bietet 
Ob es sicb hier um Stoife handelt, die chemisch zu definieren sind, oder 
ob diese Wachstumsmdglichkeiten mit dem Zusammenleben der Or- 
ganismen eng verknQpft sind, kann noch nicht mit Sicherheit gesagt 
werden. Es scheint, daB diese Stoffe durcb Erhitzen ibre Eigenscbaft, 
die Fusobakterien zu fdrdern, verlieren. JedenfallsistdieAnsicht, 
daB die Streptokokken Fusobakterien fdrdern, richtig, 
ja sie ernioglichen ihr Fortkommen unter Bedingungen, 
die ftir Reinkulturen ein Wachstum ausschlieBen. Es er- 
scheint so wahrscbeinlich, daB der ersten Entwicklung der fusospirillSren 
Symbiose im Organismus eine Streptokokkeninfektion h&ufig vorausgebt. 

2) DieSymbiose zwischen Fusobakterien und Spirillen. 

Als Beispiel sei angefiihrt: Gingivitismaterial wurde in steriler 
physiol. Kochsalzlosung verrieben, in die stark verddnnte Aufschwem- 
mung eine Nadel getaucht und eine Reihe halb erstarrter Rinderserum- 
rdhrchen beimpft. Bald gingen bei 37° Kokkenkolonien auf, nach 
3 Tagen bildeten sich strahlige Kolonien, wie sie spfiter im Photogramm 
festgehalten sind, teils aus den Kokkenkolonien hervorgehend, teils 
isoliert stehend, und endlich am 7. Tag begannen feine hauchartige Trfi- 
bungen in der Umgebung der strahligen Kolonie. Diese mondnebel- 
artigen Trfibungen wurden als Spirillen, durch genauere Untersuchungen 
als Spirillum sputigenum (MQhlens), identifiziert, die strahligen 
Kolonien erwiesen sich als Fusobakterien Diese Symbiose von Fuso- 
bakierien und Spir. sputigenum konnte ich noch 5fter beobachten 1 ). 

Nun liegen viele Angaben vor, wo die Symbiose von Bact. fuel forme und 
Spirochate beobachtet wurde. Ich habe diese auch gesehen, mud jedoch wiederum be- 
tonen, daB aus der Literatur nur zu deutlich hervorgeht, daB Spirillum und Spiro- 
chale oft verwechselt wurden. P. Sdguin (26 a), der ebenfalls die fusispirillare Sym¬ 
biose zu analysieren versuchte, beschreibt eine Mischkultur von Bact. fusiforme 
und einer abgeplatteten „Spirochate“ mit zugespitzten Enden (Spir. acuta). Nabere 
Beschreibungen f eh ten, und es ist so schwer, mit Sicherheit zu urteilen, jedoch sind 
die zugespitzten Enden sehr charakterislisch, gerade fur Spir. sputigenum (siehe 
spater Photogramm). Sdguin beobachtete die Symbiose von Bact. fusiforme 
und Spir. acuta in Ascitesagar nach Veillon. bie gleicht der Beschreibung nach 
vollig meinen Aufzeichnungen liber Symbiose Fusobakterium Spir. sputigenum, 
so daB alle gemachlen Angaben fur Spir. sputigenum sprechen. Es gelang 
Sdguin einige Male, etwas weiter von den Fusobakterienkolonien stehende iso- 
lierle Kolonien dieser Spir. acuta abzustechen. Sie waren jedoch allein in Serum- 
agar, Ascitesagar usw. nicht zum Wachstum zu bringen. Der Autor scbloB daraus, 
daB das Bact. fusiforme eine sehr begiiustigende Wirtung auf die Ernahrung der 
Spir. acuta ausiibt. Neu ist, daB es ihm gelang, diese Wacbstumsforderung noch 
dann nacbzuweisen, wenn man beide Organismen durch eine Kollodiummembran trennte. 
Im iibrigen haben die Beobachtungen Sdguins liber die Leichtigkeit der Ziichtung 
von Mundspirochiiten im Gemisch mit andercn Baklerien. besonders Kokken und Fusi- 
formen, bcreits alle Autoren gemacht, die iiber dieses Gebiet arbciteten. Ich mdchte 


1) M iihlens (32) widerlegte die Annahme Plauts, daB das Spirillum sputi¬ 
genum eine Entwicklungsform des Bac. fusiformis sei. 


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Knorr, Fusospirillare Symbiose der Gattung Fusobacterium usw. 543 

sie auch auf Spirillen ausgedehnt wissen. 86guin gibt ferner an, daft die Reia- 
kulturen dieser „Spirocbfitenart u bald eingeben, ira Gegensatz zu den Mischkuituren. 
Ich konnto bei Spir. sputigenum wochenlange Lebensfahigkeit in balb erstarrtem 
Kinder serum beobachten. Diese Dinge sind eben schr abhangig von Art des Nahr- 
mittels und Temperatur, bo da8 ohne diese genauen Angaben ein Vergleich unrooglich 
iat. Zur Angabe doe ansbleibenden Wachstuma bei Abimpfung isolierter Kolonien in 
die erwahnten Nahrboden sei angefugt, daft aua unbekannten Griinden bei den Rein- 
kulturen dea Spirillum eben fails zahlreiche Ueberimpfungen nicht angingen, andere 
jedocb sehr uppig. 

Y. Ozaki (27), auf dessen Bericht ich erst spater eingehen kann, hatte ebenfalls 
ein Spirillum und keine Spirochate in Handen. 

3) Die Symbiose von Fusobakterien und Spirochaeten. 
Spiroeh&ten kommen fast in jeder MundhOhle vor. Aufgestellt 
hat man die verschiedensten Arten mit mehr Oder weniger groBer Kritik, 
indem man es sich geniigen lieB, diese Organismen im Dunkelfeld und 
hfingenden Tropfen im AnschluB an verschieden gef&rbte PrSparate zu 
beobachten* Gezflchtet wurde nur eine Art: die Spirochaeta 
dentium (Muhlens). 

Die Muhlenssche Reinkultur eteht so unumstdOlich fest, daft Gande (28) die 
Bemerkung, daft die Miihlenssche Kultur vielleicht doch noch niebt ganz ieoliert 
war, besser nicht gemachl hatte. Sehr treffend untersebeidet nun Muhlens (26) 
„Normaltypcn‘ und , f Modifikationen der Normaltypen 44 , die alle mbg lichen Verwechs- 
lungen obne die sichere Basis der Reinkultur zugelas^en batten. Aus der 
einen Reinkultur sind nun meines Erachtens mebr Schliisse erlaubt, als aus den 
Hunderten gefarbter und ungefarbter Nativpraparate. Sie gehen dahin, daft nur 
ganz wenige Arten, vielleicht nur 1, in der Mundhohle vorhanden sind. AuchM. Ziii- 
zer (29) spriebt sicb ahnlich aus. 

Kranz und Schloftberger (30) erwahnen, in Uebereinstimmung mit zahl- 
reicben anderen Autoren, daft ihre Mischkuituren dann das Wachstum der Spirocbaten 
ermogliebten, wenn das Serum peptonisiert war, so daft der Bewris erbrachi sei, daft 
gewint-e chemische Veranderungen des Substrates die Votbedineung ffir eine Vermehrung 
aer Spirochaten im kiinstlichen Nabrmiltel, wahrschemlich auen im lebenden Organism us, 
darstellten. Nun findet man in der Literatur Angaben, wonach die Ziichtung der 
Spir. dentium (Muhlens, Shraamine) erst nach 6 — 8 Tagen gliiekte und 
dann zum erfolgreichen Weiterziichten die Uebertragung eines „Kulturpartikelchens tt 
ndtig war. 

Die Erfahrung lehrt, daft sowohl Kokken wie Fusobakterien Stoffwechselprodukte 
bilden, die besonders in diesen balbstarren Serum nahrboden weit diffundieren, und so 
befinden sich natiirlicb auch die zum Wachstum des Symbionten notigen Stoffe in 
dem mit der Kultur iibertragenen Nahrboden. Daraus geht hervor, daft diese das 
Wachstum ermoglichen, da die Substanzen nur in aufierst geriuger Menge voihanden 
zu sein brauchen. 


Die ohemischen Leistungen der Symbiose. 

In erster Linie sei auf die Gestankbildung eingegangen. Am 
bekanntesten dOrfte der Foetor ex ore bei Stomatitis und P.V.A. sein. 
Da nun auch Autoren, die Reinkulturen von Fusobakterien in Handen 
hatten, teilweise Gestankbildung beobachteten, priifte ich 3 isolierte Fuso¬ 
bakterien - Arten besonders auf diese Eigentumlichkeit. Es ergab 
sicb, daB in jiingeren Generationen die Kulturen vollig gerucblos waren 
und nur bei einer Art sich unter den speziellen Bedingungen der Ka- 
pillarkulturen in Slteren Generationen Geruch-, aber nicht Gestankbil¬ 
dung einstellte. Naheres wird spater berichtet. Ebenfalls gerucblos 
waren die Reinkulturen des Spir. sputigenum. Auffallend war je- 
doch, daB Aussaaten von den bereits erwfihnten Fusobakterien- 
Kokken-Oberflachenkolonien, in N&hrflussigkeiten (L.L.B.) 1 ) verimpft, Ge- 


1) L.L.B. = Leber-Leber-Briihe. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 7/8. 


stankbildung erzeugten. Nach Isolier.ung der beiden Keime 
konnte bei keinem diese Eigenschaft festgestellt werden, 
und die kflnstliche Vereinigung hatte das gleiche Ergeb- 
nis. Eine sichere experimentelle Klarstellung war nicht mdglich, da die 
Fusobakterien aus SuBeren Griinden eiogingen. Vielleicht gelingt 
es aber bei neugezuchteten Stdmmen, durch wechselnde BeimpfuDg von 
Reinkulturen mit den Kokken in gewissen Intervallen das Auftreten der 
Gestankbildung in der Originalmischkultur zu erklSren. Es ist nahe- 
liegend, daB einer der beiden Organismen die F&higkeit besitzt, aus 
gewissen, im Verlaufe der Symbiose auftretenden Stoffwechselprodukten 
stinkende Stoffe zu erzeugen. Da es nun sicher ist, daB es eine ganze 
Gruppe fusiformer Organismen gibt (siehe hierflber und flber die Gat- 
tung Fusobacteriu m die spStere Mitteilung), so gelten natflrlich der- 
artige Beobachtungen nur fQr den betreffenden Stamm. 

Das Gemisch von Fusobacterium und Spirillum sputi- 
genum erzeugte keinen Geruch bei Prtlfung mit den Reinkulturen von 
2 Fusobakterienarten. 

Angaben fiber Gestankbildung von Reinkulturen der Spir. 
dentium lauten auch nicht Qbereinstimmend, selbst nicht bei Beob- 
achtung ein und derselben Kultur. 

Bo betont Shmamiae (31), daB die Reinkulturen einen eigenartigen, jedoch nicht 
derartig iiblen Geruch hat ten, wie man ibn regelmfifiig bei Mischkulturen findet. 
Dort werde er durch die Begleitbakterien hervorgernfen. In einetn 
Nahrsubstrat (1—2 g Na. nucl., 20 ccm NaCl, 1000 ccm Pferdeaerum) war beim Vet- 
fahren nach Buchner uberhaupt kein Geatank nachweinbar. Man sieht, 
wie schwankend diese Verhaltniase eind. Leider wird hierauf nur selten bingewirsen. 
(Jffenheimer und Dopter (siehe 26) sind der Meinung, daB bei der Entwicklang 
des Gestaukes die Spirochateu die Hauptrolle epielen; andererseits sind Falle beachneben, 
wo man Bact. fusiforme und Bpirochaten fand, und uberhaupt keinen Gcslank 
wahrnahm (Matth4 nach Veszpr4mi). Ellermann betont, daB vielleicht die 
Gestankbildung uberhaupt mit anderen Anaerobionten in Zusammenhang steht 

Gas wird von der Symbiose anscheinend nur erzengt, wenn gleich- 
zeitig Streptokokken vorhanden sind. In Reinkultur und in gegenseitiger 
Mischkultur bildeten weder Fusobakterien noch das Spir. sputi- 
genura Gas. Manche Autoren sahen angeblich Reinkulturen des Bact 
fusiforme „wenig“ oder fl kaum“ Gas bilden. Dies beobachtete ich 
nur bei Verunreinigung mit Kokken. Da Gasbildung auch bei Spiro- 
ch&tenreinkulturen nicht gesehen wurde, so folgt, daB die Kokken fttr 
die Gasbildung von Bedeutung sind. Es sei aber darauf hingewiesen, 
daB die Kokken in Reinkultur diese Eigenschaft nicht hatten, so d&fi 
wiederum auch diese Leistung durch das Zusammenwirken der ein- 
zelnen Organismen zustande kommt. 

Wir erblicken somit in der fusospirill&ren Symbiose 
eine Vereinigung von Organismen, die wechselseitig in 
lhrem Fortkommen und ihren biologischen Leistungen in 
groBer Abhdngigkeit stehen. 

Iaiteratnr. 

]) Matzenauer, Arch. f. Dermat. Bd. 4. 1901. — 2) Vincent, Arch- ded^rmat- 
at syphilogr. 1905. p. 401. — 3) Kronen berg, E., Med. Klin. Bd. 20. S. 317. 

4) Rosenberger, F., Dtsch. med. Wochenschr. Bd. 21. S. 868. — 5) Huber, E., 
Miinchen. med. Wochenschr. Bd. 21. H. 393. — 6) H eck. H., Med. Klin. Bd. 21. 8. 347. — 
7) Risen, P., [Inaug.-Diss.J Heidelberg 1905. — 8) Gaortner, W., Dtsch. med. 
Wochenschr. Bd. 21. 8. 950. — 9) Heinomann, Berlin, klin. Wochenschr. Bd. 17 

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v. Gutfeld, Ernte Mafinahmen bei Laboratoriumsinfektionen. 


545 


S. 110. — 10) Sauerwald, ebenda 8. 111. — 11) Kollo, W., Med. Klin. Bd. 17. 
8. 59. — 12) Reiche, F., ebenda Bd. 21. S. 282. — 13) UijmauR, H. M., Dtach. 
med. Wochenachr. Bd. 19. 8. 51. — 14) 8chdtz, Med. Kim. Bd. 20. 8. 151. — 
15) Fischer, R., ebenda S. 594. — 16) Heinemann, Dtch. Monatsschr. f. Zahnheilk. 
Bd. 20. 8. 374.— 17) Tarnow, O. 8., Med. Klin. Bd. 21. 8. 1924. — 18) Rahnen- 
fuhrer, ebenda 8. 718. — 19) Tunicliff, R., Journ. of inf. Dis. Vol. 3.1906. No. 1. 
— 20) Kurzer Abrifl von Krankheitabildern, Med. Klin. 1921. S. 11. — 21) Veaz- 
pr6mi, D., Ceutralbl. f. Bakt. Abt 1. Orig. Bd. 44. 8. 332. — 22) Abel, R., ebenda. 
Bd. 24. 8. 1. — 23) Ellermann, V., ebenda. Bd, 38. 8. 383. — 24) RoBenow, E. C., 

u. Tunicliff, R., Journ. of inf. Die. Vol. 10. No. 1. — 25) Babes, V., Dtech. 
med. Wochenachr. 1893. 8. 1035. — 26) Miihlens, P., u. Hartmann, M., Zeitschr. 
f. Hyg. Bd. 55. 8. 81. — 26a) 84guin, P., C. r. Acad. Sc. T. 171. 1920. p. 1243. — 
27) Ozaki, Y„ Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. 76. 8. 469. — 28) Ganae, Samml. 

v. Abhandl. a. d. Zahnheilk. u. ihr. Grenzgeb. 1919. H. 14. — 29) Zulzer, Marg., 

8. Tag. d. fr. Verein. f. Mikrobiol. Jena 1920. — 30) Kranzu. SchloSberger, Dtsch. 
MonaiBschr. f. Zahnheilk. Bd. 21. 8. 494. — 31) Shmamine, T., Centralbl. f. Bakt. 
Abt. I. Orig. Bd. 65. 8. 311. — 32) Miihlens, P., Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. 
Bd. 65. 8. 311. • 


Nachdrucb verboten. 

Erste Massnahmen bei Laboratorimsinfektionen 

] Aus dem Hygienisch-bakteriologischen Institut des Hauptgesundheitsamtes 

der Stadtgemeinde Berlin.] 

Von Dr. Fritz t. Gutfeld, Bakteriologe. 

Eine Laboratoriumsinfektion, die sich eine Laborantin zugezogen 
hatte, gab mir Veranlassung, mich mit den Laboratoriumsinfektionen 
und ihrer Verhfltung eingehender zu beschfiftigen. Aus der Literatur 
sind besonders zwei Arbeiten hervorzuheben: Kisskalt 1 ) hat fiber 
eine grQBere Anzahl von Typhusinfektionen genaue epidemiologische Mit- 
teilungen geraacht und Fricke 2 ) hat „Schutzmafinahmeu bei bakterio- 
logischen und serologischen Arbeiten tt angegeben. In dem kleinen Buch 
von Fricke, das flbrigens auch Literaturhinweise enthait, ist der Haupt- 
wert, dem Titel entsprechend, auf die VerhQtung von Laboratoriums¬ 
infektionen gelegt, wShrend die Mafinahmen, die nach doch eingetretener 
Infektion ergriffen werden mflssen, nur ganz kurz gestreift ‘werden. 
Anlfifilich des oben erwahnten Falles konnte ich feststellen, daB die von 
verschiedenen Seiten vorgeschlagenen Mafinahmen sich zum Tcil direkt 
widersprachen. Es schien mir daher wOnschenswert und notwendig, 
Richtlinien anzugeben, die es bei eingetretenen Laboratoriumsinfektionen 
ermoglichen, durch planmaBiges Vorgehen die flblen Folgen abzuwenden, 
oder wenigstens zu mildern. 

Trotzdem es selbstverstandlich ist, daB in einem bakteriologischen 
Laboratorium alle nicht sterilisierten Gegenstande (z. B. Tische, Brenner, 
Federhalter usw.) praktisch als infiziert zu gelten haben, bringt doch 
die Gewohnheit des Umgangs mit infektiSsem Material eine gewisse 
Gleichgilltigkeit gegenflber den Gefahren der Ansteckung mit sich. Diese 
GleichgQltigkeit ist aber nicht ein Zeichen von Mut, sondern Leichtsinn 
und um so mehr zu verwerfen, als die betreffende Person sich nicht nur 
selbst nutzlos in Gefahr begibt, sondern unter Umstanden (beispielsweise 
als Bazillentrager) auch die Umgebung gefahrdet. Es ist naturgemafi 

1) Kisskalt, Zeilschr. f. Hyg. Bd. 80. 1915. 

2) Fricke, Jena (Gust. Fischer). 

Ertte Abt. Orig. Bd. 87. Ueft 7/8. 

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546 Ceotr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Origin ale. Bd. 87. Heft 7/8. 

nicht mdglicb, eine Vorschrift zu geben fflr das nfitige MaB von Vorsicht 
beim bakteriologiscben Arbeiten; zuviel ist besser als zo wenig. Trotz 
aller Vorsicht komtnen, wie die Erfahrung lehrt, von Zeit zu Zeit Labo¬ 
ratoriumsinfektionen vor. Nur solcbe Infektionen, bei deren Zustande- 
komnien keinerlei FahrlSssigkeit nachweisbar ist, kann man (auch in 
versicherungsrecbtiicbem Sinne) als UnfSlle bezeichnen. 

Die Mehrzahl der Laboratoriumsinfektionen unterscheidet sich von 
den natfirlich vorkommenden in zweierlei Weise: 1) ist fast immer der 
Erreger und 2) der Zeitpunkt der Infektion bekannt. Diese beiden 
Umstande erleichtern die Bekfimpfung bzw. Verhiitung der Infektions- 
folgen ganz bedeutend. 

Das Eindriogen von pathogenen Bakterien in den Kdrper kann ver- 
schiedene Folgen haben: 

1) Die eingedrungenen Keime gehen bereits an.der Eintrittspforte 
zugrunde; es kommt weder zur Erkrankung, nocb zur Bazillenans- 
scheidung. 2) Die Keime verursachen die betreffende Erkrankung; im 
spRteren Verlauf kann nachweisbare Bazillenausscheidung ansbleiben 
oder auftreten. 3) Es kommt nicht zur Erkrankung, aber zur Ans- 
scheidung von Bakterien. 

Den sichersten Erfolg unserer MaBnahmen werden wir erzielen, 
wenn es uns gelingt, die Keime an der Eintrittspiorte in den Organismus 
zu erfassen und zu vernichten. Das wird aber nur in gewissen Falien 
mfiglich sein. In den anderen Fallen, in denen mit der Moglichkeit der 
Keimvernichtung an der Infektionsstelle nicht gerechnet werden kann, 
ist es haufig noch moglich, die Keime im Innern des KOrpers wenig- 
stens zu schadigen, so dafi sie ihre krankmachende Wirkung gar nicht, 
oder doch nur abgeschwacht entfalten kfinnen. Zur Beurteilung der 
hierbei anzuwendenden Mittel ist die Inkubationszeit bei den einzelnen 
Erkrankungen mit in Betracht zu ziehen. Wahrend der Inkubationszeit 
befindet sich der Erreger bzw. seine krankmachenden Produkte auf dem 
Wege von der Eintrittspforte zu den Erfolgsorganen (im weitesten Sinne 
des Wortes). Es wird also unter Umstanden noch mOglich sein, ihn 
auf diesem Wege wirksam zu bekampfen. 

Eine spatere Sorge ist die urn die Ausscheidung der Erreger durch 
den Genesenen oder nicht erkrankt gewesenen Infizierten. Es ist selbst- 
verstandlich, daB bei alien Laboratoriumsinfektionen mit Keimen, bei 
deren Verbreitung Trfiger und Dauerausscheider eine Rolle spielen 
(Typhus, Ruhr, Cholera, Diphtherie), nach Ablauf der fiblichen Frist 
untersucht werden muB, ob die infizierte Person etwa zum Keimtrager 
geworden ist. 

Eine wichtige, nie zu unterlassende MaBnahme bei alien Labora¬ 
toriumsinfektionen ist die Meldung des Vorfalls an den diensthabenden 
Arzt. Gerade bei dem Hilfspersonal (Laborantinnen, Diener) besteht 
haufig eine Scheu, Laboratoriumsinfektionen zu melden, namentlich wenn 
eine Fahriassigkeit vorliegt. Im tibrigen ist es auch nicht unzweckmaig, 
wenn ein Arzt, der sich im Laboratorium infiziert hat, mit einem Kol- 
legen den Vorfall bespricht, da bei der mitunter folgenden begreiflichen 
Aufregung des Infizierten der Rat eines objektiven Beurteilers von 
Nutzen ist. 

Es dfirfte sich vielleicht auch empfehlen, von Zeit zu Zeit mit dem 
gesamten Laboratoriumspersonal Besprechungen fiber Verhtttung von 
Laboratoriumsinfektionen und erste BekfimpfungsmaBnahmen nach er- 
folgten Infektionen abzuhalten. Namentlich ffir jfingere und neu ein- 

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v. Gutfeld, terete Mafinahiuen bei Luboratoriumsinfektionen. 


547 


getretene Mitglieder konnten derartige Besprechnngen von Nutzen sein. 
Auch ware es mbglich, bei solcben Gelegenheiten in erzieherischer Hin- 
sicht besonders auf das Unterpersonal einzuwirken. 

Zur Vernichtung patbogener Keime steben uns sehr verschiedene 
Mittel zur VerfQgung. Bei dem rein praktiscben Zweck, der hier vor- 
liegt, ist es natiirlich wichtig, auf mbglichste Einfacbheit bei grSBter 
Wirksamkeit der Mittel zu achten. Es werden daber in den folgenden 
Ausfiibrungen nur solcbe Mittel zum Gebrauch empfohlen, die entweder 
in jedem Laboratorium vorhanden, oder aber einfacb herzustellen und 
haltbar sind. Es wird beispielsweise von der Verwendung des Wasser- 
stoffsuperoxyds abgeseben, da dieses nicht immer ira wirksamen, frischen 
Zustande vorhanden ist. 

Es soil nun zunachst besprochen werden, mit welchen Mitteln man 
versuchen kann, Infektionserreger an der Eintrittspforte zu vernichten. 

Eintrittspforten der Infektionserreger. 

1) Haut. Das Eindringcn pathogener Keime durch die Haut wird 
im allgemeinen nach Verletzungen vorkommen. Das Aussaugen einer 
mit pathogenen Keimen infizierten Wunde mit dem Mund ist in jedem 
Falle zu unterlassen! Wenn die Wunde stark blutet, so werden die Er- 
reger sicher zum groBen Teil mit dem Blutstrom ausgeschwemmt; es 
soli also die Blutung zunachst nicht unterdriickt werden. Spater kann 
eine weitere Desinfektion durch Alkoholverband versucht werden. Bei 
Ideinen, nicht Oder nur wenig blutenden Verletzungen, z. B. Stich mit 
einer Kaniile, ist die moglichst tiefe Veratzung der Stichstelle das wirk- 
samste Mittel. Man benutzt dazu Jodtinktur oder rauchende Salpeter- 
saure. Sublimat wirkt nicht geniigend in die Tiefe. 

2) Augenbindehaut. Es soli schon an dieser Stelle betont 
werden, dad das Hineingelangen - von Infektionserregern in den Augen- 
bindehautsack nicht immer als ein lokales Ereignis aufzufassen ist, 
sondern dad durch die Kommunikation des Bindehautsackes mit der 
Nase und infolgedessen mit dem Nasenrachenraum und Verdauungs- 
kanal von dort aus Allgemeininfektionen mit Typhus, Cholera etc. ihren 
Ausgang nehmen kdnnen. Erreger, die nur lokal wirken, kann man 
mit emer gewissen Wahrscheinlichkeit im Bindehautsack abtoten, wenn 
man eine 1-prom. Lbsung von Hydrarg. oxycyanat. ins Auge eintr&ufelt 
und dies mehrfach wahrend mehrerer Minuten wiederholt. Bei dem 
geschilderten Verfahren ist die Hauptsache das mechanisehe Auswaschen. 
Das Auswischen des Bindehautsackes mit Wattetupfer ist unzweckmaBig. 
Urn eine langer dauernde Desinfektionswirkung zu erzielen, kann man 
nach der Auswaschung etwas 1-prom. Oxyzyanatvaseline in den Binde¬ 
hautsack einstreichen. Handelt es sich urn Erreger, deren Eindringen 
in den Tr&nennasengang (und damit in den Verdauungskanal) vermieden 
werden muB, so ist das Schnauben der Nase zunachst mSglichst zu ver- 
meiden, da durch die hierbei entstehende Luftverdflnnung FlQssigkeit 
aus dem Bindehautsack in den TrSnennasenkanal gepreBt wird. 

3) Magendarmkanal. Die haufigste Ursache des Eindringens 
von Infektionserregern in den Magendarmtraktus ist das Pipettieren mit 
Pipetten ohne Sicherung. Aufschwemmungen pathogener Keime dOrfen 
grundsatzlich nur mit gesicherten Pipetten angesaugt werden. 
Andere MSglichkeiten fQr das Hineingelangen von Infektionserregern 
in den Magendarmkanal sind gegeben, wenn infektiQses Material in den 
Bindehautsack ( r ins Auge“) oder in die Nase gelangt. Ueber die 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


Desinfektion des Bindehautsackes ist oben das Notwendige gesagt. Eine 
primSre Infektion der Nase gehOrt zu den extremen Seltenheiten. Die 
Abtdtung der Erreger an dieser Eintrittspforte kann durch Einstreichen 
1-prom. Oxyzyanatvaseline versucht werden. Sind Keime in den Mund 
gelangt, so bat man sofort auszuspeien, and zwar nicbt auf den Fufi- 
boden, sondern in ein mit Sublimatlosung gefQlltes GeffiB, das Oberall 
vorhanden sein muB. AnschlieBend hat die Desinfektion der Mnndhdhle 
zti erfolgen. Theoretisch erscbeint es zun&chst unmoglich, Keime in 
der Mundhohle restlos zn vernicbten. Es muB aber trotzdem in manchen 
Fallen gelingen, da eine ganze Anzabl von Laboratoriumsinfektionen 
keine Erkrankung hervorgerufen hat, nacbdem die gleich zu beschrei- 
benden DesinfektionsmaBnahmen ergriffen worden waren. Es kommen 
MundspUIungen und das Trinken keimtotender FlQssigkeiten in Frage. 
Abzulehnen ist Sublimatlfisung wegen ihrer hohen Giftigkeit auch zum 
Spfllen, da bierbei doch etwas verschluckt werden konnte. Die von 
Fricke empfohlene mechanische Reinigung der Zahne mit einer Zahn- 
bQrste mag nutzlich sein; im gegebenen Augenblick wird es doch wahr- 
scbeinlich vergessen werden Oder aber am Nichtvorbandensein einer 
ZabnbOrste scheitern! — Als gleichsam physiologisches Desinfektions- 
mittel kommt verdOnnte (0,2-proz.) SalzsBure in Betracht. Diese kann 
erstens zu MundspQlungen l ) benutzt werden, wobei ein etwaiges Ver- 
schlucken nicbt nur nicht schadet, sondern sogar von Nutzen ist, da 
die keimtotende Wirkung der normalerweise im Magen vorhandenen 
Salzsaure hierdurcb unterstfltzt wird. Im einzelnen ist also folgender- 
maBen zu verfahren: Ausspeien der in den Mund gelangten keimbaltigen 
FlQssigkeit in ein GefaB mit Sublimatldsung. Langdauernde (mehrere 
Minuten) Mundspfllung mit 0,2-proz. Salzsaurelbsung Oder Kalium- 
permanganatlosung (1 :4000), Trinken eines Glases (etwa 150 ccm) einer 
0,2-proz. Salzsaureldsung und Wiederbolung dieser Prozedur noch 2 
bis 3mal im Verlauf der nachsten Stunde. — Die Verwendung von Al- 
kobol zur Desinfektion des Mundes und zur AbtOtung der in den Magen 
gelangten Keime balte ich nicht fbr zweckmSBig. Geringe Mengen 
konzentrierten bzw. groBe Mengen vcrdQnnten Alkobols baben keine 
gentlgend sichere Wirkung; grSBere Quantitaten sind zu vermeiden, und 
zwar aus zweierlei GrQnden. 1) wird die berauscbende Wirkung groBer 
Alkoholmengen leicht dazu verleiten, die Gefahr nicht mit der nbtigen 
Sorgfalt zu bekampfen; 2) bringt der Qberreichliche GenuB von Alkobol 
eine Katarrh erzeugende, also die Abwehrkrafte direkt schadigende 
Wirkung hervor. Diese ungflnstige Nebenwirkung muB aber um des- 
willen vermieden werden, weil man in den nachsten Stunden nach der 
Infektion noch damit rechnen muB, dafi Keime, die im oberen Teil des 
Verdauungstraktus zurflckgeblieben sind, nachtraglich noch in den Magen 
hinuntergespiilt werden khnnen. 

Je nach der Art des Erregers und seiner jeweiligen Eintrittspforte 
sind die zu ergreifenden MaBnahmen verschieden. Ob gleich alte Labo- 
ratoriumskulturen im allgemeinen weniger virulent als frisch ans dem 
Korper gezuchtete Stamme zu sein ptlegen, soli doch jede Labora- 
toriumsinfektion, auch mit alten Stammen, genau ebenso 
sorgfaitig behandelt werden wie eine Infektion mit fri¬ 
se h e d hochvirulenten Erregern. 

1) Btarkere Salzsaurekonzentrationen scheinen nicht put aDwendbar zn aein. Porch 
eigene Vcrsuche babe ich mich davon iiborzcugt, dnfi z. B. eine 1 proz. Balza&oreldaong, 
wie aie tod Emmerich (zit. nach Fricke) empfohlen wird, kaum crtragiich ist. — 
Als weiteres Mittel zum Mundspulen sei Kaiiumporujanganatloeung 1:4000 angetuhrt. 

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v. Gutfeld, Erste Madnahmen bei Laboratoriumsinfektiouen. 


549 


Im einzelnen sind folgende Madnahmen zu ergreifen: 

I. Typhus und Paratyphus. 

Vorbemerkung: Das fflr Typhus Gesagte gilt in gleicher Weise auch 
ftlr Paratyphus A und B. 

Als iufektiflses Material kommen im Laboratorium aufier Reiukul- 
turen in Frage: Stuhl-, Blut*, Urin- und Sputumproben. So selbstver- 
st&ndlich es fflr jeden im Laboratorium Arbeitenden ist, dad in den 
genannten Arten von Untersuchungsproben Typhusbazillen enthalten sein 
konnen, so auffallend ist es, dad namentlich das Absaugen des Serums 
vom Blutkuchen zum Anstellen der Widal schen Reaktion hflufig mit 
groder Unvorsichtigkeit, namlich mit ungesicherten Pipetten, vorge- 
nommen wird. Obwohl die Zflchtung der Bazillen aus dem verbleibenden 
Blutkuchen eine ganz gelfiutige Arbeit darstellt, wird das flberstehende 
Serum meist als harmlos betrachtet. 

Die Erkrankung an Typhus ist eine Sepsis mit Typhusbazillen, 
welche sich im ganzen Kflrper finden kdnnen. Die Infektion ge j 
schieht sowohl vom Magendarmkanal (weitaus am h&ufigsten), als 
auch vom Unterhautzellgewebe aus. Es sind demnach folgeude 

Eintrittspforten 

zu berficksichtigen: Augenbindehautsack, Nase, Mund, Hautverletzungen. 

Das Hineingelangen von Typhusbazillen in den Bindehautsack 
ist kein rein lokales Ereignis, sondern es kann zu einer Allgem sin- 
infektion infolge Weiterdringens der Keime (Tr&nennasengang—Nasen- 
racbenraum — Speiserflhre—Magendarmkanal) fflhren. 

Madnahmen: Grflndliches Spfllen des Augenbindehautsackes mit 
1-prom. Oxyzyanatlflsung w&hrend mindestens 5 Min. Danach Einstreichen 
von 1-prom. Oxyzyanatvaseline in den Bindehautsack. Das Scbifauben 
der Nase ist zu vermeiden. Das gescbilderte Verfahren bietet zwar eine 
gewisse Wahrscheinlichkeit, die Erreger abzutflten, aber keine voile 
Sicherheit. Als weitere Madnabme sei deshalb das Gurgeln mit 0,2-proz. 
SalzsSureldsung bzw. Kaliumpermanganat 1:4000 (wfihrend der nflchsten 
Stunde mehrfach zu wiederholen) sowie auch das Trinken von 0,2-proz. 
SalzsSure empfohlen. 

Um alles zu tun, was getan werden kann, dflrfte auch noch eine 
Schutzimpfung ausgefflbrt werden. Bei der verhflltnismfldig langen 
Inkubationszeit des Typhus braucht man die „negative Phase" nicht zu 
fflrchten, sondern mao kann damit rechnen, dad eine kurze Zeit nach 
der Infektion vorgenommene Schutzimpfung noch ihren immunisatori- 
schen Zweck erfflllt. Es empfiehlt sich daher, in den Laboratorien 
Impfstoff gegen Typhus fflr Unglflcksf&lle bereitzuhalten. Hat man 
keinen Impfstoff vorrStig, so bietet es keine Schwierigkeit, ihn von dem 
Stamm, mit dem die Infektion erfolgt ist, zu bereiten. Wenn man mit 
der Her8tellung am Tage der Infektion beginnt, kann der Impfstoff nacb 
2 bis 3mal 24 Std. fertig sein; die Schutzimpfung kommt dann noch nicht 
zu spflt Es ist flbrigens sehr leicbt, einen jahrelang unverSndert halt- 
baren Impfstoff herzustellen, wie ich an anderer Stelle 1 ) beschrieben habe. 
Dieser kflme fflr den hier geschilderten Zweck in erster Linie in Betracht. 

Trotz aller dieser genannten Madnahmen, wenn sie auch 
noch so sorgfflltig durchgefflhrt worden sind, ist niemals die vollo 


1) Zurzeit im Druck. 


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550 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 87. Heft 7/8. 


Sicherheit dafflr gegeben, daB die Erreger auch wirklich abgetCtet 
sind, and daB der Ausbruch der Erkrankung Oder die Aasscheidung der 
Erreger vermieden werden. Es muB daher in jederp Falle einer Infek- 
tion init Typhus die infizierte Person sich l&ngere Zeit (mindestens 
2 VVochen) beobachten und alsbald sowie etwa 3 und 4 Wochen nach 
stattgehabter Iofektion ihren Stuhl und Urin bakteriologisch untersuchen 
lassen. Bei Anwesenheit yon Bazillen treten die gesetzlichen Bestim- 
mungen in Kraft. 

In extrem seltenen Fallen kann es zu einem Eindringen von Ty- 
phusbazillen in die Nase kommen. Die anzuwendenden MaBnahmen 
sind folgende: Einstreichen von 1-prom. Oxyzyanatvaseline in die Nase, 
Gurgeln mit Salzs&ureldsung und Trinken derselben Losung wie bei 
Infektion des Bindehautsackes angegeben. Schutzimpfung, Beobachtung, 
sowie Stuhl- und Urinkontrollen alsbald sowie 3 und 4 Wochen nach 
der Infektion ebenfalls wie dort. 

Bei weitem am baufigsten werden Typhusbazillen durch den Mund, 
und zwar meist bei unvorsichtigem Pipettieren, aufgenommen. Sofortiges 
Ausspeien in ein mit Subhmatlosung geffllltes Gef&B, ausgiebige Mund- 
spQlung mit 0,2-proz. SalzsSure oder Kaliumpermanganatlosung 1:4000, 
Trinken 0,2 proz. Salzsaurelbsung und Wiederholung der Prozedur 2 bis 
3mal im Laufe der n&chsten Stunde. Ferner Schutzimpfung, Beobach¬ 
tung, Stuhl- und Urinkontrollen wie oben. 

Auch das Eindringen der Typhusbazillen in das Unterhautzell- 
gewebe (bei Verletzungen mit zerbrochenen Kulturrdhrchen, Stich mit 
der an einer gefQllten Spritze befindlichen KanUle) kann zur Allge- 
meininfektion filhren. Stark blutende Verletzungen soli man zu- 
n&chst ruhig bluten lassen, da mit dem Blute sicherlich ein grofier Teil 
der Erreger ausgeschwemmt wird. Spater kann man einen Alkohol- 
verband machen. Die Gefahr, daB es trotzdem zur Erkrankung bzw. 
zur Ausscheidung von Bazillen kommt, bleibt aber besteben. Eine 
Schutzimpfung ist daher dringend zu empfehlen. Beobachtung, sowie 
Stuhl- und Urinkontrollen sind selbstverst&ndlich. — Bei Stichverletz- 
ungen wird es in einem Teile der Falle gelingen, durch Veratzung der 
betreffenden Hautstelle mittels Jodtinktur oder der starker und tiefer wir- 
kenden rauchenden Salpetersaure die Keime restlos zu vernichten. Ist man 
sich aber seiner Sache nicht absolut sicher, so sind auch in diesen Fallen 
Schutzimpfung, Beobachtung, Stuhl- und Urinkontrollen erforderlich. 

Infektionen mit Typhus infolge Eindringens der Keime in das Unter- 
hautzellgewebe scheinen ubrigens auBerordentlich selten zu sein; unter 
den 57 von K is ska It (1) zusammengestellten Fallen von Laboratoriums- 
infektion ist kein einziger derartiger. 

II. Ruhr. 

Infektios sind auBer Reinkulturen nur Stuhlproben; im Urin und 
im Blute werden Ruhrbazillen kaum jemals gefunden. Zur Erkrankung 
an Ruhr kommt es nur dann, wenn Ruhrbazillen In den Darm gelangen. 
Die Ei ntrittspforten sind demgemaB: Augenbindehautsack, Nase, 
Mund; ungefahrlich ist das Eindringen von Ruhrbazillen in das Unter- 
hautzellgewebe. 

Die zu ergreifenden MaBnahmen zur Keimvernichtung bei Infektion 
von Auge, Nase und Mund sind die gleichen wie bei Typhus, eine Schutz¬ 
impfung kommt nicht in Frage. Beobachtung wahrend der nBchsten 
8 Tage sowie Stuhlkontrollen auch nach 8 und 14 Tagen sind unerl&Blich. 


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v. Gutfeld, Erste Maflnahmen bei Laboratoriumsinfektionen. 


551 


III. Cholera. 

Die Erkrankung an Cholera kommt durch das Eindringen der Keime 
in den Darm zustande; die Eintrittspforten sind also: Bindehaut- 
Back, Nase, Mund. Die MaBnahmen zur Keimvernichtung sind dieselben 
wie bei Typhus. 

Die Eigenart der Erkrankung an Cholera macht nun noch beson- 
dere MaBnahmen notwendig. 

Da die Inkubationszeit der Cholera eine sehr kurze ist — mitunter 
erfolgt der Ausbruch der Krankheit schon wenige Stunden nach der 
Aufnahme der Keime — kommt eine Schutzimpfung nicht in Frage. 
Man ist allerdings leicht geneigt, an cine Schutzimpfung zu denken, da 
diese wBhrend des Krieges sich gut bewShrt zu haben scheint. Man darf 
aber dabei nicht vergessen, daB die Impfung damals an Gesunden, Nicht- 
infizierten vorgenommen wurde, und daB man mit einem Schutz ersteinige 
Zeit. (etwa lOTage) nach erfolgter Impfung rechnen kann. Vorher ist nicht 
nur kein Schutz, sondern vielleicht sogar eine erhbhte Empfindlichkeit 
(negative Phase) die Folge der Impfung. Die Schutzimpfung nach 
einer Laboratoriumsinfektion mit Cholera ist also zu unterlassen. 

Die auBerordentliche Gefiihrlichkeit der Cholera besteht in ihrer 
bohen Infektiositat und der grolien LetalitSt der Erkrankten. Es miissen 
daher vor alien Dingen auch MaBnahmen zum Schutz der Allgemeinheit 
getroffen werden. 1st eine Laboratoriumsinfektion vorgekommen, Oder 
auch nur anzunehmen, so ist die betr. Person unverziiglich in 
Quarantine zu nehmen, auch wenn die oben angegebenen Vorschriften 
aufs sorgf&ltigste befolgt worden waren. Sind nach einer Beobachtungs- 
zeit von 5 Tagen keincrlei Erscheinungen aufgetreten, und hat die drei- 
malige Stuhluntersuchung jedesmal die Abwesenheit von Choleravibrionen 
ergeben, so kann die Quarantine aufgehoben werden. 

Es ist selbstverstandlich kein leichtcr EntschluB, bei dem bloBen 
Verdacht, sich mit Cholera infiziert zu haben, auf mehrere Tage in 
Quarantine zu gehen. Das Bekanntwerden des Unfalles bzw. der eigenen 
Fahrlissigkeit sowie auch die Frage der Kostendeckung spielen eine nicht 
zu unterschfitzende Rolle. Gerade in solchen Fallen zeigt es sich aber, 
ob die einzelnen im Laboratorium titigen Personen das geniigende Ver- 
antwortlichkeitsgefulil der Allgemeinheit gegenflber besitzen. Durch ge- 
meinsame Besprechungen, wie ich sie oben vorgeschlagen habe, wird es 
gelingen, auch das epidemiologist und irztlich nicht gebildete Personal 
davon zu tiberzeugen, daB die Isolierung im Interesse des Gemeinwohls 
liegt, und daB persbnliche Empfindungen und Interessen in solchem 
Falle hintangesetzt werden miissen. — Die Kostendeckung wird wohl 
im allgemeinen von der Krankenkasse, einer Unfallversicherung, oder 
von dem betreffenden Laboratorium flbernominen werden. Es empfiehlt 
sich nicht, die Kosten der infizierten Person, gleichsam als Strafe, auf- 
zuerlegen; man veranlaBt auf diese Weise unter Umstanden nur, daB 
eine lnfektion verschwiegen wird. 

IV. DIplithcrIe. 

Die Diphtheriebazillen Oben ihre krankmachende Wirkung von den 
SchleimhSuten (Bindehaut, Nase, Rachen) und von der verletzten Haut 
her (Wunddiphtherie) aus. 

Beim Eindringen von Diphtheriebazillen in den Bindehautsack 
wird man sich mit Spulung des Bindehautsackes mittels 1-prom. Oxy- 
zyanatldsung begnQgen konnen. 

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CentraibL f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


In den Rachenraum gelangte Diphtheriekeime sind znnSchst 
nach Mdglichkeit durch Ausspeien in ein Sublimatgef&B za entfernen, 
nachtr&gliches Gurgeln ist znr mechanischen Elirninierung weiterer Keime 
zu empfehlen. Man wiederholt das Gurgeln entweder mehrfach itn Laufe 
der n&chsten Stunden Oder man pinselt Mandeln und hintere Rachenwand 
mit Jodtinktur bzw. Lugolscber Losung. Was fQr eine FlQssigkeit 
man zum Gurgeln niinmt, ist von geringer Bedeutung, da es vor allem 
auf eine mechanische Entfernung der Keime ankommt. Es ist also nichts 
dagegen einzuwenden, wenn man die oben scbon mehrfach vorgescblagene 
Kaliumpermanganatlbsung benutzt. 

Mit Diphtheriebazillen infizierte Hantverletzungen werden mit 
Jodtinktur gepinselt. Von der Anwendung der rauchenden Salpetersflure 
kann man abseben. 

Die Schutzimpfung mit Diphtheriebeilserum sollte, wenn flber- 
baupt, mit antitoxischem Rin der serum vorgenommen werden. Man 
braucht dann, bei sp&ter etwa notwendig werdender Reinjektion zu Heil- 
zwecken, anaphylaktische Erscheinungen nicht zu fQrcbten, wenn man zur 
zweiten Injektion vom Pferd gewonnenes Heilserum benutzt. 

V. Eltcrcrrcgcr (Staphylo- nnd Streptokokken). 

Hautwunden, in welche Eitererreger gelangt Bind, IfiBt man zun&chst 
in Sublimatldsung ansbluten. Danacb Ver&tzung mit Jodtinktur odor 
rauchender Salpetersdure. Alkobolverband. Falls EntzQndungserschei- 
nnngen auftreten, ist Hilfe eines Cbirurgen in Anspruch zu nehmen. 

VI. Gonokokkcn. 

Nur die Infektion des Augcnbindehautsackes kommt bier in Betracht. 
Es genflgt eine grQndliche Auswaschung des Bindehantsackes mit 1-prom. 
Oxyzyanatldsung mit nachfolgendem Einstreichen l-%o Oxyzyanatvaseline. 

VII. Syphilis. 

Die Mdglichkeit, sich im Laboratorium mit Syphilis zu infizieren, 
ist beim Arbeiten mit Reizserum und bei Tierversuchen gegeben. Das 
Absaugen des Serums vom Blutkuchen bei den zur Wassermann- 
schen Reaktion eingesandten Blutproben scbeint, obwohl das Blut des 
Syphilitikers zu gewissen Zeiten sicherlich infektids ist, noch nie za 
Laboratoriumsinfektionen Veranlassung gegeben zu baben. Infektions- 
pforten sind Haut und Schleimh&ute. 

Die Keimvemichtung auf der Haut oder bei kleinen Wunden ge- 
schieht am besten mittels rauchender Salpeters&ure. 

Der Bindehautsack wird mit 1-prom. Oxyzyanatldsung grQndlicb 
ausgespQlt, dann wird l prom. Oxyzyanatvaseline eingestrichen. 

Die Lip pen werden mit 1-prom. Oxyzyanatldsung grQndlicb ge- 
waschen, wobei das Verschlucken der Ldsung sorgf&ltig zu vermeiden ist. 

Ist infektioses Material in den Mund gelangt, so wird nach Ans- 
speien grQndlich mit 0,2-proz. Salzsaureldsung gegurgelt. 

Eine prophylaktische Luesbehandlung bei Infektionsver- 
dacht ist vdllig unzweckmaBig, da man in solchen Fallen niemals 
wissen kann, ob das Ausbleiben der Symi>tome eine Wirkung der statt- 
gehabten prophylaktischen Behandlung darstellt, Oder ob vielleicht Qber- 
baupt gar keine Infektion stattgefunden hatte. Treten im Laufe der aaf 
die vermutliche Infektion folgenden 4 Wochen keine Erscheinungen aut 
und ist die eventuell nach 6 Wochen angesetzte (nur zur psychischen 


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Epstein, Beitrage zur Kenntnis der Rickettsia Prowazeki. 553 

Beruhigung erforderliche) Wassermannsche Reaktion negativ, so kann 
man mit Sicberheit damit rechnen, daB etwa seinerzeit eiogedrungene 
Spirochaten sofort an Ort und Stelle vernichtet worden waren. 

ErfahrunpsgemaB ist die wirkliche oder vermutete Infektion mit 
Syphilis mit starken psychischen Erscheinungen verbunden; in derartigen 
Fallen soil daher sofort der Rat einer objektiv urteilenden Person ein- 
geholt werden. — 

Es empfiehlt sich, die Mittel, welche bei einer etwa eingetretenen 
Laboratoriumsiofektion anzuwenden sind, in jedem Laboratorium an fQr 
jeden erreichbarer Stelle vorratig za halten, was bei der geringen Anzahl 
und der groBen Haltbarkeit der betreffenden Medikamente obne Schwierig- 
keit ausfQhrbar ist. NOtig sind: 

1) eine braune Literflasche mit 1-prom. OxyzyanatlOsung, 

2) eine kleine Porzellan- oder Steingutbtlchse (10 g) 1-prom. Oxy- 

zyanatvaseline, 

3) eine kleine Flasche (20 ccm) Jodtinktur, 

4) eine kleine Flasche (20 ccm) Lugolsche LQsung, 

5) eine kleine Flasche (5 ccm) rauchende SalpetersQure, 

6) eine Literflasche mit 0,2-proz. SalzsQureldsung, 

7) eine Literflasche mit KaliumpermanganatlOsung 1:4000, 

8) einige Glasstahe und Augenpipetten, zum Schutz gegen Ver- 

staubung in Papier gewickelt. 


Nachdruck verboten. 

Beitrage zur Kenntnis der Rickettsia Prowazeki 

[Aus der Protozoologischen Abteilung des Instituts fflr Infektionskrank- 
heiten „Elias Metchnikov u in Moskau.] 

Von Dr. H. Epstein 1 ). 

I. Tccknisckcs. 

Die Lanse wurden unter der Binokularlupe zerzupft und der Darm- 
inhalt in physiologischer NaCl-L5sung aufgeschwemmt Auf diese VVeise 
gelang es, auBer ihm auch die Darmcpithelzellen wie auch die akzessori- 
schen Drilsen des Darmes sehr schon darzustellen. Fixiert wurde mit 
Methylalkohol oder mit Osmiumsauredampfen. AIs bestes Farbungs- 
mittel erwies sich die G iemsa-Losung, welche in Qblicher Verdflnnung 
schon nach 3—5 Min. Vorzflgliches leistete. 

Um Material fQr biologische Experimente zu gewinnen, wurden die 
Lause vor der Praparierung in 5-proz. AgN0 3 -Losung lebend ca. 1 Std. 
lang behandelt und dann in steriler NaCI-Losung abgespQlt. Auf diese 
Weise gelang es, etwaige QuBere bakterielle Verunreinigungen der Lause 
auszuschlicBen. 

Die Qblichen bakteriologischen Anilinfarben eignen sich fur die 
Rickettsiendarstellung sehr wenig. Mit Loefflers Methylenblau sowie 
mit Methylenblau nach Man son werden sie nur ganz schwach gefarbt. 
Die Gram-Farbung ist negativ. Safranin, Toluidinblau, HQmatoxylin 

1) Vortrag, gehalten auf dem Bakteriologischen Kongrefi in Moskau im August 1920. 


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554 Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 

nach Bdhmer und Del afield wie auch MethylgrOngeraiscbe schlagen 
fehl, desgleicben auch verschiedene Granulaf&rbungen. Die Eiseobfima- 
toxylinfarbung nach Heidenhain gelang uns nicht. Die Rickettsien 
wurden sehr rasch entffirbt, doch sind in dieser Richtung weitere Ver- 
guche erforderlich. 


II. Morphologlsches. 

1) Die Mittelwerte fur die Lange der Rickettsien aus verschiedenen 
Lausen schwanken in einigen Serien zwischen 0,2—0,4 //, in anderen 
Serien zwischen 0,4—1,0 /<. In Ausnahmefailen wurden Exemplare von 
1,5 pi angetroffen. Die Dicke der Rickettsien betragt ungefahr 0,2 pi. 
Exemplare von 0,3 pi Dicke kommen nur selten vor. 

2) Am haufigsten baben die Rickettsien das Aussehen von korzen 
Stabchen. Doch kommen nicht selten auch kokkenartige Forrnen und 
verschiedene Uebergangsstadien vor. Sehr charakteristisch sind die 
Biskuitformen, welche am wahrscheinlichsten den Teilungsstadien ent- 
sprechen. 

3) Im Gesichtsfelde liegen die Rickettsien gleichmaBig zerstreut 
Recht haufig werden Gruppen von parallel geordneten Rickettsien an¬ 
getroffen. Manchmal fimlet man kokkenartige Forrnen in Ketten von 
6—8 Gliedern oder stabchenartige Forrnen in 4—6 gliedrige Ketten ge- 
reiht, die an den Bacillus von Ducrey erinnern. 

4) Die Rickettsien weisen verschiedene Grade der inneren Diffe- 
renzierung auf. In vielen Fallen ist es moglich, bei ihnen eine Kern- 
struktur nachzuweisen. Im letzten Falle erscheinen sie als zarte, manch¬ 
mal von beiden Seiten zugespitzte Gebilde von 0.5—0,6 pi Lange. Die 
Farbung nach Giemsa laftt bei ihnen ein rotes Kornchen in der Milte 
eines biaulichen Plasmakflrpers differenzieren. Die Existenz von ver- 
schieden differenzierten Rickettsienformen lafit unter anderem eine ent- 
wicklungsgeschichtliche Deutung vermuten. Aehnliche Gebilde mit diffe¬ 
renzierten Kornchen im Plasmaleibe kommen auch als Entwicklungs- 
stadien der Rickettsia-Forrnen vor. Doch dQrfen diese beiden 
Forrnen nicht untereinander verwechselt werden, zumal da zwischen 
den letzteren auch die allerkleinsten Rickettsia-ahnlichen Gebilde 
niemals weniger als 3 Kbrnchen im Innern haben, wahrend wir bei den 
wahren Rickettsien immer nur ein einziges KSrnchen sehen. 

Uebrigens erscheinen die Rickettsia-Forrnen stark polymorph, 
da in einem Gesichtsfelde alle moglichen Uebergange von den kleinsten 
(0,2—0,3) bis zu 2 pi langen, mit 4 — 6 Kfirnchen versehenen Exein- 
plaren angetroffen werden. Bei Rickettsia-Infektionen wurde ein 
derartiger Polymorphismus niemals beobachtet. Es ist sehr wahrschein- 
lich, daB einige von den bei den Strickeria-Formen gefundenen 
Kbrnchen metachromatischer Natur sind. 

<111. Biochcmischcs. 

Die Rickettsien sind in konzentrierter EssigsBure nnldslich, in kon- 
zentrierfen Alkalien werden sie oline weiteres aufg«l6st. Durch kochen- 
des, destill. Wasser, 2 proz. NaCl-Losung, Aether, Azeton, Toluol, Xylol, 
Benzin, Alkohol und Alkohol-Aethermischung werden sie nicht ange- 
gritfen, durch Pepsin aber verdaut, dagegen nicht durch Trypsin. ' 


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Epstein. Beitrage zur Kenutnis der Rickettsia Prowazeki. 


555 


IT. Experimentallcs. 

1) Beobachtung eines Falles von kontrollierter, freiwilliger Labora- 
toriurosinfektioa beim Menschen. Die subkutane Einspritzung eiaer 
Rickettsienaufschwemmung (ca. Vio eines LSusedarminhalts) rief nach 
einer Inkubationsdauer von 12 Tagen eine sehr schwere und vielfach 
komplizierte Erkrankung an T. exanthem, hervor (vollstandige Genesung). 

2) 2 gesunden Meerschweinchen wurde je 1 L&usedarminhalt mit 
lebenden Rickettsien in NaCl-Ldsung intraperitoneal eingespritzt. Die 
Tiere gingen binnen 12 Std. ohne makroskopisch merkliche anatomische 
Ver&nderungen zugrunde. 

T. Blologlsche Rcaktionen. 

1) Die Rickettsien wurden mit Fleckfieber-Rekonvaleszentenserum 
agglutiniert (1:1000). Spontane Agglutination im Lausedarm wurde 
nicht selten beobachtet; im letzten Falle am haufigsten in Anwesenheit 
von noch unveranderten Erythrozyten. Es liegt also die Vermutung 
nahe, daB hier die Agglutination durch das noch nicht verdaute F.F.- 
Serum bedingt wurde. 

2) Die Rickettsien lenkten mit F. F.-Rekonvaleszentenserum das 
Kompleinent ab. Zur Kontrolle wurde eine Aufschwemmung eines 
Rickettsia-freien LSusedarms und N-Serum benutzt. 

3) F. F.-Rekonvaleszentenserum enthait spezifische Opsonine fflr die 
Rickettsien. 

Zu diesem Versuche dienten: a) eine Aufschwemmung von Rickett¬ 
sien in physiol. NaCl-Losung, b) normals Leukozyten aus Zitratblut, 
c) F. F.-Rekonvaleszentenseruin, d) N-Serum als Kontrolle. 

Nach Verlauf von 10 Min. warden bei 37° im KontrollprBparat 
groBe Mengen von freiliegenden Rickettsien gefunden, dagegen keine 
pbagozytierten. Im F. F.-Serumpraparat waren die meisten Rickettsien 
bereits durch die weiBeu Blutzellen phagozytiert. 

Die Praparate wurden mit Man so ns Borax-Methylenblau gefarbt, 
was gewissermaBen vor einer etwaigen Verwechslung der phagozytierten 
Rickettsien mit Leukozytengranulis sicherte. 

Hervorgehoben sei, daB die Phagozytose der Rickettsien nicht nur 
durch die polymorphkernigen Leukozyten, sondern vielmehr von Mono- 
nuklearen stattfand. Im AnschluB daran sei noch erwahnt, daB am 
4. —6. Tage der F. F.-Erkrankung wir im peripheren Blute regelmaBig 
Zellen voin Monozytentypus im typischen Zerfallszustande fanden. Beim 
Zerfall dieser Zellen wurden sehr haufig Rickettsien-ahnliche Gebilde 
von deutlich ditferenziertera Typus (s. oben) freigelegt. 

4) Eine Rickettsienaufschwemmung in 30 Proz. Glyzerin laBt eine 
verdQnnte Methylenblaulosung auch nach 15 Min. bei 37° unverandert, 
wahrend im Kontrollversuch mit Vakzinevirus die Methylenblaulosung 
in ihre Leukobase leicht reduziert wird (v. Prowazek). 

VI. Tlicorctischcs. 

Die angefflhrten Beobaclitungen fiber den Bau der Rickettsien, die 
Pathogenitat und die Toxizitat dos Rickettsien-haltigen Materials und 
das Verhalten der Rickettsien gegenOber spezifischen AntikSrpern im 
Zusammenhang mit den allgeraein bekannten Tatsachen flber ihr Ver- 

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556 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


halten in Fleckfieberiausen sowie mit den Befunden verschiedener An- 
toren Qber das Vorkommen von Rickettsien&hnlichen Gebilden in Or- 
ganen von lleckfieberinfizierten Tieren berechtigen uns in dieser Frage 
zum AnschluB ao jeoe Richtung, welche die Rickettsien zu Protozoen- 
(resp Chlamydozoen-)ahnlichen Gebilden rechnet und ihre fitiologische 
Bedeutung verteidigt 

Moskau, Mai 1921. 


Nachdruch verbote 

Ueber das intra vitam beobachtete Vorkommen des 
grossen Leberegels (Fasciola hepatica L) bei einem 

Kinde. 

[Aus dem Zoologischen Institut der UniversitSt TQbingen.] 

Von Prof. Dr. R. Vogel. 

Im September 1920 erhielt ich Stuhlproben eines 8-j5hr., ans der 
Gegend von Ravensburg (Oberschwaben) stammenden M&dchens zur 
Untersuchung auf Wurmeier aus eiDer hiesigen Klinik zugesandt. 
Die erste, wie alle anderen, in mebrtSgigen Abst&nden vorgenommenen 
Untersuchungen ergaben zahlreiches Vorkommen von frisclien Eiern des 
grofien Leberegels (Fasciola hepatica L.), so dafi an einer Infektion 
der Pat. mit diesem Parasiten nicht mehr zu zweifeln war. Urn den 
Fall far die zoologische Literatur zu retten, entscblofi ich mich, ihn in 
dieser Zeitschrift zu veroffentlichen. 

Obwohl ich die Eier des groBen Leberegels genau kenne, babe ich 
doch, urn alien Zweifeln die Spitze abzubrechen, noch Messungen vor- 
genommen, welche Uebereinstimmung mit den Angaben in der Literatur 
ergaben. Wer nicht haufiger mit der Untersuchung von Wurmparasiten- 
eiern zu tun hat, sollte stets, wenn die Sachlage nicht ganz klar ist, 
Messungen (nicht gedrflekter) Eier vornehmen, um Verwechslungen aus- 
zuschlieBen, wie sie z. B. zwischen Dibothriocephalus latus und 
Fasciola hepatica nicht selten vorgekommen sind. 

Als Sitz der Parasiten sind im vorliegenden Falle wohl, wie ge- 
wohnlich, die Gallengange anzunehmen. Die klinischen Befunde und die 
Behandlung sind von Ilerrn Dr. G. Bihlmeyer in der Monatsschr. f. 
Kinderheiik. kurzlich mitgeteilt worden. Hier sei der Blutbefund 
bei der Aufnahme der Pat. mitgeteilt: „Iiamoglobin 26 Proz., rote 
Blutkorperchen 2370000, weiBe 2480.“ 

Ende November 1920 erhielt ich wieder frische Stuhlproben der 
Pat. zugesandt. Sie enthielten itnmer noch reichlich Eier, wenn auch 
nicht ganz so zaldreich wie bei den fruheren Untersuchungen. Das 
Allgemcinbefinden der Pat. hatte sich bedeutend gebessert. Der Zustand 
wird folgendermaBen charakterisiert: „Wohlbehnden, geht zur Schule, 
sehr fett, gelldich, blaB. Hamoglohingehalt 38 Proz., rote Blutk6r|>er- 
clien 3640000, weiBe 5600.“ Im November 1921, also l Jahr spliter, 
war Herr Dr. Bi h 1 in eyer (Ravensburg) so freundlich, mir wieder eine 
Stuhlprobe des Madchens zuzusenden. Es waren iturner noch Eier von 


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Galli-Valerio, Beobachtungen fiber Culiciden uaw. 


557 


Fasciolahepatica vorhanden, etwa 20— 30 Stflck in einer linsen- 
groBen Probe! Das Kind erfreute sich dabei aber bester Gesundheit. 
Ich werde diesen Fall auch ferner im Auge behalten. 

Ueber die n&heren Ursachen der Infektion liefi sich Sicheres nicht 
mehr ermitteln. Bei uns gehdren Infektionen mit dem grofien Leber- 
egel bekanntlich zu den Seltenheiten. In der Literatur werden 30 bis 
40 Ffille erwfihnt; die fast alle von Obduktionen herzuriihren scheinen. 
Ob es sich bei Perroncitos Angaben, der bei den mit Ankylo- 
stom a infizierten Arbeitern am Gottliardtunnel neben den Eiern dieses 
Parasiten in manchen FSllen auch Eier von Fasciola hepatica ge- 
gefunden hat, um Infektion Oder um Verunreinigung durch GenuB in- 
fizierter Leber handelt, ist ungewiB. 

Der vorliegende Fall gibt Veranlassung, erneut darauf hinzuweisen, 
daB man in Gegenden, wo die Leberseuche der Schafe h&ufiger auftritt, 
keinenfalls Kinder — Erwachsene nur mit Vorsicht — zum Sammeln 
der als Zwischenwirte des Leberegels dienenden Schnecken (Limnaeus 
minutus Drap. — L. truncatulus MAIL) verwenden sollte, wie es 
tats&chlich vorgekommen ist. Es ist durch neuere Beobachtungen be- 
kannt geworden, daB die Infektion nicht nur, was allerdings die Regel 
ist, durch den GenuB der an GrSsern und anderen PHanzen enzystierten 
jungen Egel erfolgt, sondern daB auch die Schneckenschalen selbst mit 
Zysten bedeckt sein kdnnen, die an der Hand kleben bleiben und Ver¬ 
anlassung zur Infektion der Sammler geben kdnnen. Es besteht auch 
die Moglichkeit, daB cerkarienhaltiges Schneckengewebe direkt in den 
Darm gelangt und zur Infektion fiihrt (s. Braun). 

Literatur. 

Braun -Seifert, Die tierischen Parasiten des Menschen. 5. Aufl. 1015. — Leh¬ 
manns mediz. Atlanten. Bd. 11. Tierische Parasiten. Bearbeitet von R. O. Neu¬ 
mann und M. Mayer. 1915. —Leuckart, R., Die Parasiten des Menschen und die 
yon ihnen herruhrenden Krankheiten. 2. Aufl. Leipzig 1879. — v. Ostertag R., Hdb. 
d. Fleischbe&chau. 1913. 


Nachdruch verboten . 

Beobachtungen iiher Culiciden, nebst Bemerkungen liber 

Tabaniden und Simuliden. 

[Hygienisch-parasitologisches Institut der Universitat Lausanne.] 

Von B. Galli-Yalcrio. 

1. Culiciden (Ende Oktober 1920 bis Ende Oktober 1921). 
a) Beobachtungen in den verschiedenen Jahreszeiten. 
Noch am 18. Nov. 1920 habe ich Larven und Puppen von Th. annu- 
lata und zahlrciche kleine Larven von A. bifurcatus in Vidy gelunden 
(Luftiemp. +<>°, Wassertcmp. + 10°). Im Dezember war die Mehrheit der 
Plfiizen von Vidy ganz eingetrocknet, nur in einer mit noch elwas W'asser 
fand ich am 14. Dez. Larven von Th. annulata, A. bifurcatus und 
Sayomyia, die alle noch am 22. Jan. 1921 lebten (Lufttemp. -f- 7°, 

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Centralbl. f. fiakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


Wassertemp. +5°). Im Februar war auch diese Pffitze fast ganz aua- 
getrocknet und am 19. Februar wimmelte es mnter dem Eise im feuchten 
Moos vod Sayomyia-Larven. Nachher war diese PfQtze ganz aus- 
getrocknet und erst am 3. Juui fand ich wieder etwas Wasser darin und 
zahlreiche kleine Larven von Culex und Dixa, etwa 3 Tage alt Am 
24. Juni (Lufttemp. +27°, Wassertemp. +24°) erschienen die ersten 
Puppen von Culex, undam 9. Juli(Lufttemp. -J-26°, Wassertemp. +24*) 
junge Larven von Th. ann ulata und A. bifurcatus. Nach 2 Regen* 
wocben fand ich am 26./VIII. (Lufttemp. +17°, Wassertemp. 22°) viel 
Wasser in der PfQtze von Vidy und sehr viele Larven von C. pip ions, 
Th. annulata, A. bifurcatus, einige von A. maculipennis und 
viele Puppen von C. pipiens. Am 26. Sept. (Lufttemp.-j-17°, Wasser¬ 
temp.-fl7°) fand ich nochmals viele Larven und Puppen von C. pi¬ 
piens und Th. annulata. Am 28.Okt. (Lufttemp. -f-10°, Wassertemp. 
+ 10°) war nur noch sehr wenig Wasser in einigen PfQtzen und darin 
sehr kleine Larven von Culex pipiens, Th. annulata und A. bifur¬ 
catus sehr zahlreich, selten die Puppen von Th. annulata. 

b) Beobachtungen fiber die Brutpl&tze der Culiciden. 

Cbarakteristisch fflr dieses Jahr war in Vidy die starke Trockenheit. 
Die groBe Mehrzahl der PfQtzen war eingetrocknet und der Genfersee 
sehr gesunken. Die MQndung einiger AbfluBkanftle in den See war durch 
Sand versperrt und das stagnierende Wasser dieser KanSle war ein 
Brutort fQr die Culiciden geworden. Wegen Mangels an stagnierenden 
Gewassern kSnnte man denken, daB diesen Sommer die Culiciden sehr 
selten geworden waren, statt dessen ist im Kanton Waadt eine wahre 
Culicidenplage gewesen, und zwar deshalb, weil wegen des Wassermangels 
man in jedem Garten in Tonnen, GefaBen usw. Wasser zum BegieBen 
sammelte, und dadurch sehr gute Brutpl&tze fQr die Culiciden hergestellt 
ljat. Speziell im September und Oktober, wo die groBe Verschiedenheit 
zwischen der Temperatur von Tag und Nacht herrschte, waren die Culi¬ 
ciden sehr zahlreich in die HQuser eingedrungen. Ein weiterer Beweis, 
daB die Culicidenplage durch Aufsicht Qber die G&rten zu bek&mpfen 
ware. 

c) Beobachtungen Qber die Biologie und die Verbreitung 

der Culiciden. 

Gegen die immer von mir verteidigte Ansicht, daB im allgemeinen 
die Winde keine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Culiciden spielen, 
wQrde eine Beobachtung von Ball 1 ) sprechen, der angibt, daB beim 
Leuchtturm von Tortugas (Florida) sich nur MQcken finden, wenn der 
Wind von Florida, Cuba Oder den Marquesas her wehten. Nach Ball 
kommen diese Culiciden mit dem Winde von Cuba (95 Meilen) und Kap 
St. Antonio (230 Meilen). Wahrscheinlich rollen bei solchen Winden 
und starken Wellen an den Leuchtturm von Kuba und St Antonio auch 
PHanzen und Baumstamme an, die die MQcken tragen, was noch wahr- 
scheinlicher ist, weil Ball sagt, daB die gefundenen Culiciden im Salz- 
wasser leben. Mein Schuler de Bruyn, der lange Zeit in Neu-Guinea 
lebte, sagte mir, daB man dort oft Mueken in kleinen Hohlen von Baum- 
stQmmen findet, die auf dem Meerwasser treiben. 


1) Carnegie Instit. of Washington. Yearbook No. 16.1917. p. 167. [Washington 1918.] 


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Galli-Valerio, Beobachtungen iiber Golicideo uaw. 


559 


Bezttglich der Verbreitaog der Culiciden in der Schweiz kann ich 
bemerken: Die Anwesenheit eines groden Herdes von A. raaculipennis 
an der Miindung der Venoge in den Genfersee, von Th. annulata in 
Al&ze (600 m Kt. Wallis) und von Mansonia-Larven in Vidy. 1907 l ) 
habe ich eine Culiciden-Larve aus Vidy beschrieben, die ich und 
Prof.Theobald far eine A e d e s - Larve hielten. Am 8. und 21.Jan. 1921 
fand Dr. Bornand in derselben PfQtze wie 1907 nochmals einige jener 
Larven. Diese Larven, graugelb oder grtin gef&rbt, habe ich jetzt als 
solche von Mansonia erkannt; sie zeigten die charakteristischen Merk- 
male, die Wesenberg-Lund beschrieben hat 2 3 ). Diese Larven kamen 
sehr selten an die OberflSche des Wassers, wo sie eine fast horizontal 
Stellung annahmen. Im allgemeinen aber blieben sie unter Wasser, wo 
sie mit ihrem kurzen Atmungsrohr an Wasserpfianzen (Elodea cana¬ 
densis, Utricularia) fixiert waren, und so unbeweglich gegen 17 Tage 
blieben. Leider sind diese Larven gestorben, bevor sie sich in Puppen 
und Imagines entwickelt hatten. 

2. Tabanidcn. 

Die Tabaniden waren niemals so zahlreich auf den Alpenweiden von 
Waadt und Wallis wie im Sommer 1921. Schon in den ersten Tagen 
des Juni waren sie eine schreckliche Plage. Gegen die sehr verbreitete 
Ansicht, dad die Tabaniden auf Alpenweiden mit dem Vieh erscheinen, 
bemerke ich, dad am 5. Juni auf Alpenweiden, die seit dem Sommer 1920 
ohne Vieh geblieben waren, die Tabaniden so zahlreich waren, dad meine 
Kleider ganz bedeckt von diesen Parasiten waren. Sie kamen wie Wolken 
aus dem Grase heraus und stachen so, dad meine Hftnde mit roten 
Flccken bedeckt und ganz geschwollen waren. Verletzungen, Jucken 
und Schmerz dauerten 2 Tage, und es war mir fast unm5glich, zu 
schlafen. Experimentell habe ich bemerkt, dad die Tabanidae sich far 
5* fixieren und bis zwei Male das Gewicht ihres Kftrpers saugen. Die 
meisten Tabanidae fixicrten sich auf den schwarzen Teilen meiner Kleider; 
es scheint also immermehr moglich, mit schwarzen. mit Vogelleiro Ober- 
schichteton Lappen sie zu zerstoren 8 ). Nach den Tabaniden, die sich auf 
mich fixiert hatten, wurde ich nicht von T. bovinus gestochen, wohl 
aber von T. bromius, Therioplectes sol/stitialis, Atylotus 
ater, Chrysops coecutiens und Haem, plnvialis 4 ). Alle waren 
Weibchen. 

8. Simulidcn. 

Die Biologie der Simuliden, die auf den hohen Alpen leben, ist 
noch im Dunkeln. Da sie auf Bergen von 2000 m Hdhe sehr weit von 
fliedenden GewSssern in groden SchwSrmen fliegen, mOssen sie sich ent- 
weder nicht in fiiedendem GewSsser entwickeln oder sehr weit vom 
Produktionszentrum wegfliegen konnen. FOr die erstere und gegen die 
letztere Vermutng sprcchen die Untersuchungen, die ich in diesem Jahre 
gemacht habe. Wegen der groden Trockenheit waren nicht nur die 


1) Centralbl. f. Bakt Abfc. I. Orig. Bd. 43. 1907. p. 471. 

2) Sacrtr. af Videnak. Medd. fra Dan*k Naturhi&t. Foren. Bd. 69. 1918. 

3) B. Galli-Valerio, Centralbl. f. Bakt Abt. I Orig. Bd. 60. 1911. 8. 362. 

4) Ich daake Herrn Prof. Bezzi fur die freuudiiche Unterauchung dieser Arteu. 


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560 


Centralbl. f. Baku etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


Pfiitzen, sondern auch viele kleine Seen anf den Alpen eingetrocknet. 
wahrend in den T&lern noch Gewasser flossen. Man h&tte, wenn die 
Alpen - Simuliden sich in UieBenden GewSssern entwickeln, sie auch 
dieses Jahr zahlreich anf den Bergen finden mussen. Anstatt dessen 
waren sie aber sehr selten und felilten an einigen Punkten ganz. Ich 
babe auch in vielen AlpenbScben nach Larven und Puppen der Simu¬ 
liden gesucht, habe aber nur Larven von Per la, Ephemera und 
Dixa gefunden. Nachdem es im August geschneit und geregnet hatte, 
und sich ncue PfGtzen entwickelt batten, sind auf den Hochalpen die 
Simuliden erschienen. GrOnberg 1 ) hat eine Shnliche Vermutung aus- 
gesprochen; er schreibt: „Die Larven leben vorzugsweise in flteBendem 
Wasser, meist in B&chen, selten in feuchter Erde Oder zwischen nassem 
Moos.“ 

Ich habe nochmals probiert, mich von S. gallii steeben zu lassen. 
aber ohne Resultat. Sie nahmen auch keinen Honig und sind nach 
2 Tagen gestorben. Simuliden, die in Mullkafige gesetzt waren, die 
sehr brauchbar for Culiciden sind, traversieren sehr gut die sehr kleinen 
Maschen, indem sie ihren Kopf in die Maschen stecken und sich so 
schnell bewegen, daB sie die Oeffnung erweitern und fortfliegen. 


Naehdruek verboten . 

Die Konservierung von agglutinierenden und hamolysie- 

renden Seren. 

[Aus dem Hygienischen Institut in Kiel (Direktor: Prof. Dr. 

K. Kisskalt).] 

Von Prof. Dr. med. Ludwig Bitter. 

1m Jahre 1908 bat Loeffler anlaBlich eines von Weidanz auf 
der 2. Tagung der Freien Vereinigung fQr Mikrobiologie gehaltenen 
Vortrages meines Wissens zuerst die Konservierung von ImmunsereD 
mit Glyzerin erw&hnt. Es handclte sich um prSzipitierende 
Seren, und Loeffler stellte fest, dad zu ihrer llaltbarmacbung ein 
Zusatz von 20 Proz. Glyzerin ungeeignet sei, weil dadurch die Re- 
aktion mit diesen Seren verlangsamt wflrde. 1913 hat Reiner Muller 
im Hygienischen Institut in Kiel versucht, agglutinierende Sera 
durch Zusatz von gleichen Teilen reinen Glyzerins haltbar zu machen. 
Er hat nach einer personlichen Mitteilung an mich von der Fortsetzung 
dieser Versuche und von ihrer Verbffentlichung Abstand genommen. 
weil er den Eindruck hatte, dafi „der Titer dieser Sera doch etwas starker 
zurflckging als bei den mit Karbol versetzten“. Ich habe im April 1914 
im Untersuchungsamt fQr anstcckende Krankheiten in Kiel ein von 
Reiner MQller hergestelltes agglutinierendes Choleraimmun- 
serum (Kaninchen) Qbernommen, das den aufgezeichneten Titer 1:5000C> 


1) Die blutsaugenden Dipteren. Jena 1007. S. 115. 


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Bitter, Konservierung von agglutinierenden und hamolysierenden Seren. 561 


bis zum Ende des Jabros 1920 unverfindert beibebalten hat. Das Serum 
war und blieb bis zum letzten Rest vollst&ndig klar. Seit April 1914 
habe ich selbst agglutinierende Sera verschiedeuster Art mit hobem und 
niedrigem Titer mit gleichen Teilen Glyzerin versetzt und ge- 
funden, dad der durch den Glyzerinzusatz selbstverst&ndlich urn die 
Hfilfte erniedrigte Titer sich in diesen Seren mindestens 3 Jahre 
bei den fiblichen Temperaturscbwankungen unver&ndert halt. Allerdings 
wurden die Sera dunkel aufbewahrt. Ich besitze Typhus-, Para- 
typhus- und En ter iti s-Sera, die einen ungewdhnlich ho hen Titer von 
1:200 000 aufweisen. Ich erhielt diese Sera, indem ich weibliche 
Kaninchen mit abgetoteten Erregern in Abstfinden von je 5 Tagen 4mal 
intravenos spritzte. Die AbtOtung der etwa V 3 Oese im Kubikzenti- 
meter entbaltenden Abschwemmungen von 24 Std. alten Agarkulturen 
erfolgte bei 53—56° (Typbusimpfstoff) Oder nach der von mir ange- 
gebenen Salzs&uremethode 1 ). Die Injcktionsmengen betrugen jedes- 
mal 1 ccm. Zwischen letzter Injektion und Entnahme lieB ich winder 
5 Tage verstreichen. Diese Sera habe ich, mit gleichen Teilen Glyzerin 
versetzt, zum Teil seit fiber 2 Jahren, mit dem unver&nderten Titer von 
1 :100000 im Gebrauch. Sie haben mir und anderen besonders bei der 
Unterscheidung von Angehfirigen der Paratyphus-Enteritis-Gruppe 
wertvollste Dienste geleistet. 

Die Sera bleiben meistens vdllig klar und von Bakterienwachs- 
tum frei. Auch die in den karbolisierten Seren so hfiufig auftretenden 
Torula-Arten fehlen in ihnen. Gelegentlich allerdings vermfigen sich 
in ihnen Schimmelpilze, insbesondere Angehfirige der Gruppe 
Aspergillus, anzusiedeln, ohne dad darunter aber, wie gesagt, der 
Titer leidet. Ich halte die geschilderte Art der Konservierung ffir 
empfehlenswert; cine vorherige Sterilisierung des verwendeten, im Handel 
erhfiltlichen, reinen Glyzerins erscheint mir unnfitig. 

Seit Mitte 1917 habe ich auch hfimolysierende Sera (Ambo- 
zeptoren) mit Glyzerin konserviert und den gleichen guten Er- 
folg gehabt. Die Sera bleiben bis zum letzten Tropfen voll leistungs- 
f&hig und zeigeu meiner Meinung nach nicht die immerhiu erheblichen 
Schwankungen in der jedesmaligen Gebrauchsmenge, wie die mit Karbol 
versetzten. Die Gegenwart von Glyzerin stfirt den Ablauf der Komple- 
mentbindungsreaktion in keiner Weise. Selbst erhebliche Mengen, wie 
sie bei einem Titer des Ambozeptors von nur 1:1000 ohne Glyzerin 
in die RQhrchen kommen, fiben auf Zeit und Art der Reaktion, wie mir 
weit fiber 2000 Kontrollversuche gezcigt haben, keinen EinfluB aus. 
E. H. Ruediger 2 ) in Manila hat offenbar Shnliche Erfahrungen ge- 
macht. Er schlfigt nfimlich, wie mir nachtrSglich zur Kenntnis gekommen 
ist, 1916 vor, die an die Untersuchungsstellen einzusendenden, nach 
v. Wassermann zu prfifenden Serumproben mit gleichen Mengen 
sterilisierten, reinen, neutralen Glyzerins zu versetzen. Dieser Vor- 
schlag wird erklfirlich, wenn man bedenkt, daB in den heiBen Kli- 
maten die oft lange Zeit unterwegs befindlichen Serumproben sehr hfiufig 
vfillig zersetzt an der Untersuchungsstelle eintreffen. Auch bei uns ist 


1) Fischer, Bitter, Wagner, Vereinfachung und Verbilligung der Heretel- 
iung von Choleraimpfxtoff. (Miinchen. med. Wochenschr. 1915. S. 813.) 

2) Ruediger, E. H., WaBBermann-EraHion wilh glycerinatcd human Be- 
rum. (The Philippine Journ. of 8c. Vol. 11. B. 1916. No. 2.) 

Ente Abt. Orig. Bd. 67 . Deft 7,8. 36 

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562 Centraibl. f. Bakt. etc. I. Abt. Origiu&le. Bd. 87. Heft 7/8. 

dieser Uebelstand in der w&rmeren Jabreszeit in UntersuchungsSmtern 
mit grdfierem Wirkungskreise nianchmal unangenebm bemerkbar. Es 
dflrfte sich empfehlen, Ruedigers Vorschlag gelegentlich auch in un- 
seren Breiten zu entsprechen. Freilich darf nach diesbezGglichen eigenen 
Versuchen nur das Serum mit Glyzerin versetzt werden. Fflgt man das 
Glyzerin der Blutprobe — also Serum -+* Blutkuchen — hinzu, so leidet 
die anzustellende Reaktion im Sinne einer positiven Beeinflussung. 


Nachdruck verbotam. 

Zur Reinkultivienmg der pathogenen Schimmelpilze. 

1 Aus dem Institut fOr tropische Hygiene des Kolonialinstitutes in Amsterdam] 
(Direktor: Prof. Dr. J. J. van Loghem).] 

Von Dr. nenrik Egyedl. 

Bekanntlich stdfit die Befreiong der Schimmelpilze von Mitparasiten 
in der 1. Kultur oft auf unflberwindliche Schwierigkeiten. Wenn wir 
auch durch die von Sabouraud angegebenen K&hrbdden in einer 
groBen Zahl der Ffille mit einiger Vorsicht zum Ziele gelangen, kdnnen 
sicb doch hfiufig F&lle ergeben, in denen wir durch einfaches Auslegen 
des Untersuchungsmaterials auf Sabouraudschen Agar keine Rein- 
kultur gewinnen kdnnen. Ich denke hier speziell an Ffille, wo, wie 
beim eiterigen Material von Kerion Celsi, das Grundmaterial stark 
infiziert erscheint. 

Die von verschiedenen Autoren zur Gewinnung von Reinkulturen 
angegebenen chemischen und physikalischen Verfahren erfreiien sich 
keiner besonderen Popularity, da durch Zerreiben des Ausgangsmate- 
rials oder Versetzen mit chemischen Mitteln sehr oft die Erreger selbst 
leiden. 

Bevor ich auf mein eigentliches Thema eingehe, mdchte ich die 
Beschreibung einer Eigenbeit des Achorion Schdnleinii and der 
Trichophy ton-Arten vorangehen lassen, einerseits um diesbezugliche 
MBDgel in den Lehrbdchcrn zu ergfinzen und die Aufmerksamkeit auf 
die charakteristischen Artmerkmale der genannten Pilze zu lenken. 
andererseits, um meine Methode verstfindlich zu machen. 

Bei der Beschreibung der kulturellen Eigenschaften der pathogenen 
Schimmelpilze fand ich nSmlich in der mir zugSnglichen Literatur 
nirgends Rucksichtnahme auf das Tiefenwachstum dieser Erreger im 
Agar. Die hier folgenden Erdrterungen sollen daher den tiefen Aesten 
der Schimmelpilze gelten, die ich hier weiterhin der Einfachheit halber 
als Wurzel bezeichnen mdchte. 

Die Entwicklung dieser Wurzel schreitet im Agar parallel mit der 
Ausbreitung an der Obertlache ziemlich rasch vor, so dafi nach 1 Woche. 
wenn das Oberflachenwachstum 2—3 mm betragt, auch die Wurzeln einige 
Millimeter tief vorgedrungen sind. Dabei erweist sich zwischen Favus 


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Egyedi, Zur Rernkultivierung der pathogenen Schimmelpilze. 563 

und Tricbophytie (die Mikrosporie aufier acht lassend) ein viel charakte- 
ristiscber Unterscbicd als bei BetracbtuDg der Oberflfichenkolturen. 
Dieser besteht in folgendem: Die Wurzeln der Trichophyton-Artec, 
die ich nntersucbte, sind bei seitlicber Betracbtung der Scbielagarkulturen 
gegen das Licht als schwach sicbtbare, schmale, strahlenfOrmige Gebilde 
zu sehen, die immer einen geradlinigen Verlauf zeigen. Ihre Ausbreitung 
entspricht dem Durchmesser der Oberflfichenkultur. 

Die Wurzeln des Favuserregers jedoch weichen davon in folgenden 
Punkten ab: 1) dafi sie im ganzen Verlaufe und speziell an den Enden' 
gut sichtbar und scbarf abgegrenzt sind, 2) dafi sie stark gewunden 
erscbeinen, also nie gerade verlaufen, 3) dafi sie mehr ausgebreitet sind 
als die Oberfl&chenkolonie. Dadurcb sind sie auch von oben sichtbar. 
Im allgemeinen erwecken sie den Eindruck eines flockigen Niederschlags 
im Agar. 

Bei mikroskopischer Betracbtung findet man die Erklfirung dafiir 
1) in der viel grdfieren Anzahl der Verzweigungen, 2) in der relativen 
Dicke der A chorion-Wurzeln, 3) in der zahlreichen, oft gruppenweisen 
Anwesenheit dicker Sporen, Chlamydosporen und Spindelformen. 

Diese elektive Eigenschaft der Schimmelpilze, das Tiefenwachstum, 
benutze ich zu ihrer Isolierung. 

Ich lege nach Vorschrift von Sabouraud kleine Stilckchen des 
zu untersuchenden Materials auf Sabouraudscben Agar, Oder streiche 
den Eiter nach den Regeln der Bakteriologie aus. Dann lasse ich die 
Kulturen bei Zimmertemperatur stehen, bis die Erreger eine gewisse 
GrOfie erreicht haben, unbekiimmert um das Wachstum saprophytischer 
Bakterien, grbfitenteils Staphylokokken. Nachdem die Wurzeln einige 
Millimeter tief gewuchert sind, erfolgt die Isolierung und Ueberimpfung 
auf folgende Weise: Mit einem Feuerstein, einer Feile, oder besser Dia- 
mant ritze ich das Kulturrohrchen an einer Stelle, welche der H6he 
der Kolonie entspricht, rings um. Mit einem glQhenden, noch weichen 
Glasstab berilhre ich hierauf diese Stelle, wodurch die Eprouvette hier 
regelmafiig bricht. Nun ziehe ich die beiden Teile auseinander und 
bekomme so die entsprechende Agarfliiche frei. Hierauf wird der Agar 
mit einem scharfen Instrument von der nicht infizierten, der Glaswand 
zugewandten Flache des Nahrbodens in der Hohe der Kolonie abge- 
schnitten. So erhSIt man 2 getrennte Teile. 

Mit einem scharfen spatelfdrmigen Instrument trennt man nun 
in einem der Teile die inttzierte Oberflache von ihrer Unterlage ab, 
wodurch man die tiefe, reine Agarpartie mit den darin gelegenen 
Schimmelpilzwurzeln freibekommt, befreit von den Mitparasiten. Ich 
fiberimpfe nun von hier auf trischen Sabouraudschen oder Maltose- 
Agar. 

Beziiglich der Ausfflhrung der Methode faDd ich als spatelformiges 
Instrument entwcder eine breite Platinlanzette geeignet oder in Er- 
mangelung deren einen Teil eines Gillette-Messers, den ich in das 
Ende eines Glasstabes fafite. Dasselbe mufi vor Gebrauch in der Flamme 
sterilisiert werden. Ferner ist es zweckmafiig, um beide Hfinde frei- 
zubekommen, die Eprouvette in die Branchen eines Eprouvettenstativs 
zu setzen und so die Manipulationen auszufQhren. 

Die Methode versagte nur in jenen FSlIen, wo die Kulturen kiinst- 
lich mit beweglichen Bakterien (Bact. coli, oder Proteus) versetzt 

3C* 

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Centr&lbl. f. Bakt, etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


waren, weil diese Bakterien einige Male auch in die Tiefe wacherten und 
so die Isolierung der Schimmelpilze erschwerten. Da aber unter ge- 
wohnlichen Verhaltnissen die Verunreinigung fast durchweg aus Kokken 
besteht, komrat dieses Moment kaum in Betracht. 

Es sei mir noch gestattet, bier dem Herrn Dr. Muys, Leiter der 
„Stedelijke-Favus-Polykliniek“, fflr seine RatschlSge nnd Bereitwilligkeit 
bei der Beschaffung des Untersnchungsmaterials meinen Dank aus- 
zusprechen. 


Naehdruck verboten. 

Ueber Thermoregulatoren 1 ). 

|Aus der Dermatologischen Klinik ZQricb (Direktor Prof. Dr. B. Bloch).] 

Von Dr. K. v. Neergaard. 

Mit 4 Abbildungen im Text 

Je inehr Laboratoriumsmethoden in den Dienst unserer kliniscben 
Arbeiten treten, um so groBer werden auch die Anforderungen, die wir 
an die Genauigkeit und Betriebssicberheit unserer instrumentellen Hilfs- 
mittel stellen miissen. 

Besonders die immer zunehmende Berucksicbtigung physikalisch-chemiecher Vor- 
gange erheischt auch ofter die Berucksichtigung des Temperaturfaktors, d. h. die Ein- 
haltung bestimroter Teraperatur. Ein vie! gebrauchte* Hiltsmittel im Laboratonum be¬ 
steht daher in Vorrichtungen, um eiue bestimrnte Temperatur wahrend iangerer Zeit 
konstant zu erhalten, so vor allem im Brutschrank unu im ParaffinH'hrank. Aufier- 
dem kommeu in der Biologie noch Temperaturen von ca. 2b° fiir Gelatinekulturen in 
Frage, sowie solche zwischen 50 und 00° zur {Sterilisation oder Inaktivierung von 
Serum, sowie Wasserbader von 37° fiir Versuche an iiberlebenden Organen etc. Grofi 
ist die Zahl der Gelegenheiten in der Chemie und physikalischen Chemie sowie in der 
Technik, wo die Einhaltung bestimmter Temperaturen wichtig ist. Die Zahl der im 
Handel befindlichen Modelle ist aufierordentlich grofi. Aber jeder, der viel im Labo- 
ratorium gearbeitet hat, weifi, wie oft sie versagen und wie oft muhsauie und wertvolle 
Versuche dadurch scheitern. Der Grund ist der, dafi die meistcu der kaufiichen Ke- 
gulatoren physikalisch nicht durchkonstruiert sind und die quantitativen Abhanigkeits- 
verhaltnisse nicht geniigend beriicksichtigen. Manchmal geben wir uns auch nicht die 
Miihe, die physikalischen Verhaltnisse der von uus taglich benutzten instrumentellen 
Hilfamittel zu verstehen. Denn sonst wiirden wir oft in der Lage sein, die Uraache 
der Storungen zu erkennen und leicht zu beseitigen. 

Da man in den Hilfsbiichern der klinischen und physiologischen 
Methodik nur sp&rliche Auskunft liber dieses so vielfach benutzte Hilfs- 
instrument findet, so seien in den folgenden Zeilen die Hauptprinzipieo 
der Thermoregulierung kurz dargelegt und einige Ausffihiungen im ein- 
zelnen besprochen, die sich auf Grund eingehender praktischer Versuche 
gut bewahrt haben. Ferner sollen diese Zeilen im konkreten Falle er- 
moglichen, den Fehler eines Regulators zu erkennen und zu beseitigen. 

1) Die folgenden Erfahrungen baben sich bei Gelegenheit kolloid-chemischer Unter- 
suchungen ergeben und werden vielleicht dem einen oder anderen von Nutzen sein und 
die Arbeit erleiehtern. 


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Neergaard, Ueber Thermoregulatoren. 


565 


Sfimtliche Regulatoren beruhen auf der Eigenschaft gasffirmiger, 
flfissiger Oder fester Kdrper, sich bei Erwfirmung auszudebnen 1 ). Durch 
die dabei eintretenden Form verSn derun gen der sich ausdehnenden Teiie 
wird die Wfirmezufuhr mehr Oder weniger gesperrt, bis durch die dann 
eintretende Abkflhluug des konstant zu erhaltenden Kfirpers wieder eine 
Formverfinderung dcs Regulators im entgegengesetzten Sinne eintritt, 
wodurch die Wfirmezufuhr wieder verraehrt wird. So ist es, streng ge- 
uoramen, unmoglich, eine Temperatur absolut konstant zu erhalteu, viel- 
mehr handelt es sich am ein Pendeln zwischen 2 Temperaturen. Die 
Aufgabe gestaltet sich also so, daB wir durch geeignete Abmessungeu 
daffir sorgen, daB diese beiden Temperaturen, namlich die hdhere, bei 
der die Warmezufuhr gesperrt wird, und die niedere Temperatur, bei 
der die Warmezufuhr wieder freigegeben wird, mfiglichst nahe beiein- 
ander liegen. Anders ausgedrfickt, es muB die GrdBe dieser Schwan- 
kungen den Anforderungen des Einzelfalles angepaBt werden. Eine 
2. wichtige Anforderung ist die der Betriebssicherheit, d. h. ohne viel 
Wartung muB der Apparat durch lange Zeit hindurch sicher funktio- 
uieren ; er muB also mfiglichst einfach gebaut sein. Diese beiden Haupt- 
anforderungen konnen wir kurz formulieren als: 1) gentigende Empfind- 
lichkeit, 2) Betriebssicherheit. 

Nach der Art der Regulierung konnen wir folgende Gruppen 2 ) von 
Thermoregulatoren unterscheiden, je nach dem Zustande des sich aus¬ 
dehnenden KSrpers. Derselbe ist 1) luftformig, d. h. ein UDgesattigtes 
Gas, 2) ein gesattigtes Gas, das mit seiner Mutterfllissigkeit in Berfih- 
rung steht, 3) eine Flfissigkeit von mfjglichst hohem Ausdehnungsver- 
mfigen, 4) ein fester KOrper. 

1) Luftregulatoren: Nach den Gasgesetzen dehnt sich ein un- 
gesattigtes Gas, resp. ein Gemisch von solchen, wie die Luft eines ist, 
um 1 / tia seines Volumens bei 1° Erwarmung aus. Wenn wir also in 
die Flitssigkeit des Brutschrankes Oder Wasserkastens ein GefaB hangen, 
das mit Luft gefiillt ist und das in ein U-formiges, mit Quecksilber ge- 
ffllltes Rohr endigt, so wird bei einer Erwarmung infolge des groBen 
AusdehnungsvermSgens der Luft das als Sperrflttssigkeit dienende Queck¬ 
silber in dem einen Schenkel um eine gewisse Niveaudifferenz steigen 
und ist so imstand^, ein fiber dem Quecksilber mfindendes Kapillarrohr, 
das mit der Gasleitung in Verbindung steht, zu verschlieBen und so die 
Gaszufuhr zu sperren. Bei der Abkfihlung zieht sich die Luft zusam- 
men, das Quecksilber sinkt wieder und gibt die Gaszufuhr frei. Aus 
dem Volumverhfiltnis des Luftraumes und dem Durchmesser des Queck- 
silberschenkels laBt sich die Empfindlichkeit fflr ein beliebiges Tempe- 
raturintervall leicht berechnen, und die Empfindlichkeit eines solchen 
Regulators laBt sich ohne Mfihe auBerordentlich hoch gestalten. Gfinstig 
ffir die Empfindlichkeit ist noch die auBerordentlich geringe spezifische 
Warme der Luft, d. h. es bedarf einer sehr geriogen Wfirmezufuhr von 
auBen, um eine gewisse Luftmenge, sagen wir um 1 °, zu erhohen. Die 
Folge davon ist, daB die Lufttemperatur sehr rasch der wechselnden 
Temperatur der Flfissigkeit des Thermostaten folgt, d. h. der Regulator 
besitzt eine geringe Trfigheit. Ein wesentlicher Nachteil dieser Systeme 


1) Denn die Temperatur durch enteprechend gewahlte Gefriergemische oder durch 
Wahl geeigneter FiuKsigkeiten, deren Biedepunkt koufitant bleibt, gleich zu erhalten y 
kommt fiir uneeren Zweck kaum in Bctracht. 

2) Oetwald, Luther u. Drucker, Hand- und Hilfsbuch der Physiko-chem. 
Meflmethoden. 


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566 Oentralbl. f. Bakt. etc. i. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 

ist aber die grofie Empfindlichkeit gegen Schwankungen des Barometer- 
druckes, die z. B. eine Schwankung der Temperatur des Thermostaten 
von 0,37° fflr 1 mm Barometerdruckdifiereuz bei dem HOhenniveau von 
ZOrich (420 m) ausmacbt 1 ). Das sind Schwankungen, die bei einem 
Wettersturz mit einem Sinken des Barometerdruckes urn 20—25 mm 
Fehler in der Einstellnng des Tbermostaten ansmachen, die das prak- 
tiscb zulSssige MaB fflr manche Anfgaben flbersteigen. Eine nicbt ge- 

ringe Schwierigkeit bestebt darin, das 
System auf Iflngere Zeit genflgend 
luftdicbt zu machen. Sie sind da- 
gegen auBerordentlich einfach und ffir 
kuzfristige Versucbe, wo die Baro- 
meterschwankungen keine wesentliche 
Rolle spielen, gut branchbar. 

Wie wir durch eine geeignete 
Vorrichtung auch die Luftregulatoren 
von Luftdruckschwankungen unab- 
bfingig machen und somit fflr gewisse 
Aufgaben mit groBem Vorteil ver- 
wenden konnen, wird weiter unten 
gezeigt werden. 

2) Dampfdruckregulatoren: 
Bei geringem Volumen haben die Re- 
gulatoren, bei denen ein Gas mit seiner 
Mutterflflssigkeit in Berflbrung steht, 
den Vorteil noch grSBerer Empfind¬ 
lichkeit wie die Luftregulatoren, wobei 
die Empfindlichkeit sich je nach dem 
Siedepunkte der gewahlten Flflssigkeit 
beliebig den Anfordernngen *des Ein- 
zelfalles anpassen lSBt. Ein einfacbes 
Modell zeigt Fig. 1. 

In dem linken, oben geschlossenen 
Schenkel befindet sich eine Flussig- 
keit, im unteren*Teile des U-formig 
gebogenen Rohres Quecksilber. Wird 
dieses System erwflrmt, so wird ein 
Teil der Flflssigkeit verdampfen und 
einen Druck nach unten ausflben — 
da der linke Schenkel nach oben ge- 
schlossen ist — nnd so das Queck¬ 
silber ira rechten, langen Schenkel 
beben, bis es die gaszufflhrende Kapil- 
lare verschliefit und so die Gasznfuhr sperrt. Da mit steigender Tempe¬ 
ratur der Gasdruck w&chst, indem einfach mehr Flflssigkeit verdampft, so 
wird das Quecksilber im anderen Schenkel um so mehr steigen, je hflher 
die Temperatur ist. Da es hier absolut nicht auf das Volumen 
des Gasraumes, wie bei den Luftregulatoren ankommt, son der n 
auf den Druck, der nur von der Temperatur abh&ngig ist, so kann 



Fig. l. Fig. 2. 

Fig. 1. Schema eines ein- 
fachen Dampfdruckregulators 
(nach Luther und Drucker) Hg — 
Quecksilber, FI = FlQssigkeit, D — 
Dampfraum. 

Fig. 2. Elektriecber Dampf- 
druckregulator, unabhangig vom 
Luftdruck. (Wegen Raumersparnie sind 
die MaSe in der UQhe verkurzt.) Hg = 
Quecksilber, Hg x = Abdichtungsman- 
schette gegen den Luftdruck mit Queck- 
•ilberfulhiDg, 11 = FHissigkeit, D = 
Dampfraum, P = Platinkontakte (fur 
Gasheizung wurde die Manschetten- 
dichlung = M fortfallen und die Gaszu- 
und Abfuhr wie bei Fig. 1 atattfinden. 


1) Auf Meeresniveau betragt dieeer Wert 0,36° fur 1 mm und nimmt mit der 
HOhe zu, um z. B. auf der H6be von Daroa (1560 m), wo die Versuche mit den Re- 
gulatoren hauptsaeblich ausgefiihrt wurden, 0,43°/mni zu betragen. 


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Neergaard, Ueber Thermoregulatoren. 


567 


Gas- and FlQssigkeitraum sehr klein sein. Durch Ineinanderschachteln 
der beidenSchenkel laBt sich die Form noch bequemer gestalten (Fig. 2). 
Wenn wir auBerdem den untcren Teil des Aufienmantels kolbig erweitern, 
so vergrOBern wir damit das untere, d. h. fiuBere Quecksilberniveaa. 
Damit wird bei sonst gleicben Bedingungen die Empfindlichkeit erhOht, 
weil nun nicht mehr ein betrOchtlicher Teil der Druckdifferenz durch 
Senkung des OuBeren Quecksilberniveaus nutzlos verloren geht, sondern 
sich fast reio im Stcigen des Quecksilbers im inneren Steigrohr aus- 
wirkt. Wfihlen wir z. B. eine Flflssigkeit, deren Siedepunkt nahe der 
gewOnschten Temperatur ist, so wird ihr Gas bei dieser Temperatur 
etwa den Druck von 1 Atmosphere ausilben. Denn der Siedepunkt 
einer FlOssigkeit ist ja eben die Temperatur, wo ihr Gasdruck den 
Atmosphftrendruck gerade flberschreitet. In diesem Falle werden wir 
also auBerordentlich groBe Niveaudifferenzen des Quecksilbers bei ver- 
hSltnismSBig kleinen Temperaturunterschieden haben. Eine so groBe 
Empfindlichkeit ist aber praktisch vollig unnotig. Dazu kommt, daB 
sehr bald wieder, wie bei dem Luftregulator, sich der Fehler durch Be- 
eintlussung des wechselnden Barometerstandes unangenehm bemerkbar 
macht. 

Wichtig ist noch folgender Umstand: Warden wir den kurzen, ge- 
schlossenen Schcnkel ganz mit der regulierenden Flflssigkeit fallen, so 
sind 2 Moglichkeiten vorhanden, wenn wir annehmen, daB das Queck- 
silber in beiden Schenkeln gleich hoch steht, also far das Gleichgewicht 
des Systems keine Rolle spielt. 

1. kann der Fall eintreten, daB der Siedepunkt der FlOssigkeit hflher 
ist als die gewunschte Temperatur des Thcrmostaten. Der Gasdruck 
der regulierenden FlOssigkeit wird geringer als 1 Atmosphere sein, also 
geringer als der Luftdruck, dcr auf dem Quecksilber des otfenen Schenkels 
lastet. Es wird also keine Verdampfung und damit keine Regulierung 
eintreten, wenn wir von der viel zu geringen Volumvermehrung der 
kleinen Flflssigkeitsmenge durch Ausdehnung absehen. 

Die andere Mdglichkeit ist die, daB der Siedepunkt der FlOssigkeit 
niedriger ist als der des Thermostaten. Dann wird der Dampfdruck 
der FlOssigkeit bei der gewttnschten Temperatur groBer sein als 1 Atmo¬ 
sphere. Wegen Siedeverzug mangels Berflhrung mit einem Gasraum 
wird es zu einer plotzlichen starken Gasentwicklung kommen und das 
Quecksilber in dem oflenen Schenkel rapid in die H6he getrieben werden, 
da ja der auf ihm lastende Luftdruck von 1 Atmosphere das Gleich¬ 
gewicht nicht zu halten vermag. Wenn nun der oftene Schenkel nicht 
sehr lang ist und der geschlossene ein groBes Quecksilbcrreservoir dar- 
stellt, so wird durch die fast explosionsartige Gasentwicklung Queck¬ 
silber und Flussigkeit zum offeuen Schcnkel herausgejagt werden. Be- 
sonders gem wird das, wie schon erwehnt, dann eintreten, wenn in der 
unbewegten, vollig abgeschlossenen FlOssigkeit ein Siedeverzug eintritt 
und die Gasentwicklung erst wesentlich tiber dem Siedepunkt ganz 
plStzlich einsetzt. Mit anderen Worten, weder der 1., noch der 2. Weg 
ist praktisch gangbar. 

Wenn wir nun Qbor der Flflssigkeit noch eine klcine Luftblase 
lassen, die so groB ist, daB sie auch bei lOngerem Stehen sich nicht in 
der Flflssigkeit lost, so haben wir — wieder Gleichstand des Quecksilbers 
in beiden Schenkeln vorausgesetzt — folgendes Kralteverh&ltnis: in dem 
oflenen lastet auf dem Quecksilber 1 AtmosphOro Luftdruck, in dem ge- 
schlossenen steht die Luftblase zusammen mit dem noch niedrigen 


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568 Oentralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 

Dampfdruck der FlQssigkeit gleichfalls unter 1 Atmosphere Druck (das 
geringe Gewicht der FlQssigkeit auf dem Quecksilber kdnnen wir ver- 
nachlQssigen). Wenn wir dud den Regulator erwfirmen, so tritt zweierlei 
ein: 1) wird sich die Luftblase eutsprecheud dem Gay-Lussacscben 
Gesetz bei jedem Grad Erwftrmuog um Vj78 ihres VolumeDS ausdehnen. 
Bei dem geringen Yolumeu der Luft wird das praktisch keioe groBe 
Rolle spicleu. 2) wird ein Teil der FlQssigkeit verdampfen, und da bei 
einem gesQttigten Gase der Druck nur von der Temperatur abhSngig ist, 
so wird sich zu dem Druck der Luftblase noch der Dampfdruck der 
FlOssigkeit entsprechend der jeweiligen Temperatur hinzugesellen und 
das Quecksilber iin offenen Schenkel so viel heben, wie dem Dampfdruck 
der FlQssigkeit bei dieser Temperatur entspricht. Da nun der Dampf¬ 
druck um so rascher pro Tempcratureinheit wQchst, je nfiher die be- 
treffende Temperatur dem Siedepunkt der FlQssigkeit ist (Fig. 3), so 
wird die Niveauschwankung. des Quecksilbers und damit die Empfind- 



Fig. 3. Kurve der Sattignngsdrucke der Dampfe von / Aether, U Chloro¬ 
form, 111 Alkohol, IV Benzol, V VVaaser. 

lichkeit des Regulators um so grOBer sein, je weniger der Siedepunkt 
der FlQssigkeit uber der Thermostatentemperatur liegt. Dadurch haben 
wir durch Wahl des Siedepunktes der FlQssigkeit es in der Hand, die 
Empfiodlichkeit des Regulators, d. h. die Grdfie der Niveauschwankung 
des Quecksilbers bei 1° Temperaturdifferenz, nach Bclieben zu walilcn. 
Und wenn wir grade keine FlQssigkeit vom gewQnschten Siedepunkt 
haben, so konnen wir durch Mischen einer FlQssigkeit mit zu hobem 
und einer mit zu niedrigem ein Gemisch von passendem Siedepunkt 
herstellen, da hier nicht die Partialdrucke der Komponenten, sondero 
der Gesamtdruck entschcidct. Durch die Luftblase, die immer scbon 
etwas Dampf der darunter befindlichen FlQssigkeit enthSlt, werden wir 
den unliebsamen Siodevcrzug und allzu bruske Niveauschwankungcn des 
Quecksilbers verhindcrn. 

Leider steht den groBen Vorteilen dieses Systems, nSmlich der kom- 
pendidscn Form und beliebig groBen Empfindlichkeit, ein groBcr Nacbteil, 
den wir schon erwQhnten, gepenQbcr: die AbhQngigkeit vom Barometer- 
druck. Wenn wir Leuchtgas zum lleizcn benutzcn, dQrfte dieser Febler 


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Neergaard, Deber Thermoregulatoren. 


569 


nicht auszuschalten sein, selbst wenn man sehr komplizierte Vorrich- 
tungen anbringt, die fur immer glcichen Gasdruck sorgen, dcnn die 
Oeifnung des Brenners wird immer die Einwirkung des wechselnden 
Barometerstandes zulassen. Dagegen gelang es, fur elektrische Re- 
gulierung eine Vorrichtung zu finden, die das Rcgulatorsystera voll- 
stSndig von der Einwirkung des wechselnden Luftdruckes abschliefit, 
wie Fig. 2 zeigt. Am oberen Ende ist dcr Regulator mit einem durch- 
bohrten Kork verschlossen; durch die Durchbohrung geht ein dflnnes 
Glasrobr, in dem sich 2 isolierte, dlinne DrShte bcfinden. An deren 
Unterende sind kurze Platindr&hte angeldtet und das Glasrobr ist um 
diese Platinstiickchen herum zugcschmolzcn. Durch vertikales Ver- 
schieben des Glasrohres lassen sich die Platinspitzen auf die gewflnschte 
Niveauhdhe des Quecksilbers und damit auf die entsprechende Tempe- 
ratur einstellen. Sind diese beiden DrShte nun mit den Polen einer 
Stroraquelle verbunden, so wird durch Steigen oder Fallen des Queck¬ 
silbers ein StromschluB resp. eine Stromunterbrechung stattfinden. Mit 
diesem Strom konnen wir nun ein zwischengeschaltetes Relais bedienen, 
das seinerseits den Heizstrom einschaltet, wenn der Regulatorstrom 
unterbrochen wird, d. h. wenn bei AbkOhlung des Thermostaten das 
Quecksilber sinkt, dagegen steigende Thermostatentemperatur Steigen 
des Quecksilbers, Einschaltung des Regulatorstroraes und Ausschalten 
des lleizstrome8 durch Vermittlung des Relais bewirkt. Die genaue 
Einstellung der gewflnschten Temperatur erfolgt nun einfach durch verti¬ 
kales Verschieben des dttnnen Rohres in der Korkdurchbohrung. Weil 
wir diese Regulierung dringend notig haben, kdnnen wir den AbschluB 
des Regulators vom Luftdruck nicbt einfach durch Zuschmelzen be- 
wirken. Wenn wir dagegen den Regulator oben mit einem etwas weiteren, 
kurzen Glasrobr versehen, das den Kork um einige Zentimetcr ttber- 
ragt, in diese aufgeseizte Manschette und auf den Kork Quecksilber in 
etwa 2,5 cm hoher Schicht gieficn, so wird der Innenraum des Regu¬ 
lators deu Einwirkungen des wechselnden Luftdruckes entzogen. Denn 
nehmen wir an, wir batten den Regulator bei normalem Barometerstand 
eingestellt, und es trete jetzt ein Luftdruckmaximum auf, so wird dieses 
nicht imstande sein, das Quecksilber durch die Poren des Korkes durch- 
zupressen, sondern das Quecksilber wird einen luftdichten AbschluB be- 
wirken. Andererseits wird bei einem Wettersturz ein Luftdruckminimum 
der Umgebung nicht zur Geltung kommen, da der Ueberdruck ini Innern 
des Regulators nicht grofi genug ist, um die dartiberlagerndo Quecksilber- 
schicht zu durchbrechen. Voraussetzung ist natiirlich, dad die H6he der 
Quecksilberschicht etwas groBer ist als die groBten Luftdruckschwan- 
kungen unterhalb des Normal-Barometerstandes. Der Regulator muB 
selbstvcrstfindlich bis oben in den Thermostaten eintauchen, damit nicht 
der tote Luftraum fiber dem inneren Quecksilbermeniskus infolge 
Schwankungcn der Zimmertemperatur seinen Druck Sndert und einen 
Fehler hineinbringt, der die Ausschaltung des Barometerdruckes illu- 
sorisch macht. So ist ein luftdichter AbschluB des Regulatorinnern be¬ 
wirkt und doch durch Vertikalverschiebung des Kapillarrohres eine be- 
liebige Einstellung des Regulators gewahrleistet. Eine Einstellung des 
Regulators mit einer seitlich angebrachten Regulierschraube, die den 
Quecksilberspiegel holier oder tiefer zu stcllen erlaubt, hat verschiedene 
UnzutrSglichkeiten und kommt fiir genauere Anforderuncen nicht in 
Frage. Wir kbnnen so den Vorteil der groBen Empfindlichkeit der Re- 
gulatoren mit ges&ttigten Gasen voll ausnutzen. Bei Bedarf kann natflr- 


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Centr&lbL f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


lich das elcktrisch bctriebcne Relais ebensogut eine Gasheizung wie 
einen elektrischen Ilcizstrom aus- und einschalten. 

Wo es also auf groBte Empfindlichkeit und exaktestes Arbeiten an- 
kommt, und dort vor allem, wo der Thermostat elektrisch geheizt wird, 
kbnnen wir den eben beschriebenen Dampfdruckregulator mil elektriscber 
Unterbrechung anwenden *). Als Regulierfiilssigkeit fQr Temperaturen 
um 37° eignct sicb am besten ein Gemisch von ca. 35 Proz. Alkobol 
und ca. G5 Vol.-Proz. Aether, dessen Siedepunkt etwas fiber 40 Grad 
liegt. Ffir niedrigere Temperaturen wird man mehr Aether oder reinen 
Aether, ffir hohere mehr Alkohol nehmen und dabei nacb den oben ge- 
gebenen Gcsichtspunktcn den Siedepunkt der gewfinschten Empfindlich- 
keit anpassen. Der Aether ist zuvor durch SchUtteln rait Quecksilber 
zu reinigen. 

Die Empfindlichkeit steht in folgendcr Bezichung zum Sattigungs- 
druck des Dampfcs: Wie Fig. 3 zeigt, wfichst der Sfittigungsdruck nicht 
linear mit der Temperatur, sondern immer rascher mit steigender. So 
nimmt z. B. beim Aethylalkohol der Dampfdruck von 0-20° um 44,1 
bis 12.5 -= 31,6 mm zu, wahrend er im gleich groBen Intervall von 
60—80° um 812—351 = 461 mm wfichst. Ffir 1° Temperaturschwan- 
kung wird der Regulator zwischen 0 und 20° im Durchschnitt 1,6 mm 
Ausschlag geben, wfihrend ffir den gleichen Temperaturunterschied 
zwischen 60 und 80° der Ausschlag, d. h. die Empfiudlichkeit, im Mittel 
23 mm betrfigt. Je nfiber die durch den Regulator innezuhaltende Tempe¬ 
ratur dem Siedepunkt der verwandten Flfissigkcit liegt, um so grdfier 
wird die Empfindlichkeit demnach sein 1 2 ). Es ist nun bchauptet worden, 
daB es keinen Zweck babe, die Empfindlichkeit dicser Regulatoren aufs 
fiuBerste zu treiben, da die Fehler durch den wechselnden Barometer- 
stand bald grdBere Schwankungen bedingen. Das ist aber nur zum Teil 
richtig. Dean der EiafiuB des Baromcterstandes ist folgender: Nehmen 
wir an, der auf dem otfenen Schenkel ruhende Luftdruck babe um 1 mm 
zugenommen. Dann wird das Quecksilber um 1 mm heruntergedrfickt 
und durch vermehrte Gaszufuhr die Temperatur im Regulator so lange 
steigen, bis diese Niveaudifferenz wieder ausgeglichen ist. Bei unserem 
obigen Beispicl wird beim Alkohol zwischen 0 und 20° die Temperatur 
des Thermostaten demnach um 0,63° steigen, wahrend die gleiche Baro- 
meterschwankung zwischen GO und 80° nur einen Fehler von 0,04* be- 
wirken wird. FQr eine ja ofter vorkommende Luftdruckschwankung von 
10 mm macht das bei niedriger Temperatur einen Fehler von 63°, bei 
hfiherer nur von 0,4°. Allgem ein ausgedrfickt, ist der durch 
den Baromctcrstand bewirkte Fehler also umso geringer, 
je h fiber der Sfittigungsdruck bei der verlangten Tempe¬ 
ratur ist. Dadurch haben wir es in der Hand, den Barometerfeiiler 
dieser Art von Regulatoren weitgehend zu verrii gern. 

Ivennen wir von einer FlQssigkeit den Sfittigungsdruck bei 3 ver- 
schiedcuen Temperaturen, so kfinnen wir nach folgender Formel den 
Sfittigungsdruck und damit, wie gesagt, die Empfiudlichkeit und Ab- 


1) Der bcsehricbene Regulator wird nach meinen Angabcn von der Gasbla*erei 
Kunz & Cie., Zurich, Uuivensiiauslr., hergcsiellt und den Dcduriuibscn dea Einzel- 
faliea angepnfit. 

2) Selbstver*tandlich ateht Iheorctnch nichts im Wcge, bei Renutzung genugend 
hoher Regulatoren uml von KliUsigkeilcn, deren Siedepunkt tiefer ala die verlangte 
Temperatur liegt, die Euipliudlichkcit uoeh mehr zu ateigern. 


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Neergaard, Ueber Thermoregulatoren. 


571 


hSngigkeit vom Barometerdrack n&herungsweise fQr jede beliebige 
Temperatur erhalten: 

10 10 . 

4,57 log p = a log (273+t) — 273+t + c 

Darin sind a, b und c aus den Beobachtungen zu bcstimmende Eon- 
stanten, p der Sattigungsdruck bei der dazu gehbrigcn Temperatur t 1 ). 

Wenn wir also praktisch einen Dampfregulator mdglichst empfindlich 
und gleichzeitig moglichst unabh&ngig vom wechselnden Lulidruck machen 
wollen, so werden wir eine Fliissigkeit wfihlen, deren Siedepunkt nahe 
der verlangten Temperatur liegt. Wenn wir aber den gleicben Regulator 
fflr verschiedene Temperaturen benutzen wollen, so mQssen wir besonders 
bei den niedrigen Temperaturen mehr Oder weniger auf UnabhSngigkeit 
vom Luftdruck verzicliten, oder nach der oben angegebenen Form den 
Luftdruck ausscbalten. 

Aus der Bereclinung der Eonstante f der van der Waalschen 
Znstandsgleichung der Gase 



(p = Sattigungsdruck bei der absoluten Temperatur T, p k = kritischer 
Druck bei der kritischen Temperatur T k , f = Eonstante) ergibt sich, 
daB die Eriimmung der Dampfdruckkurve urn so geringer ist, je kleiner 
f ist. Bei Wasser und Aethylalkohol ist f nun infolge teilweiser Dis- 
soziation abnorm groB, w&hrend z. B. Benzol eine normale Eonstante f 
aufweist, d. h. bei niedrigen Temperaturen ist sein Druck relativ hoch, 
bei hohen relativ niedriger. Es wird also Benzol bei niedrigen Tempe¬ 
raturen weniger unempfindlich und vom Barometerdruck abhSngig sein, 
also eine etwas glcichmiiBigere Empfindlichkeit tiber einen grdBeren 
Tcmperaturbereich aufweisen als z. B. Alkohol. Dazu ist er wegen 
seines etwas hSheren Sicdcpunktes auch noch gflnstiger als Alkohol (vgl. 
die Eurve). 

Nun sind noch einige Bemerkungen am Platze tiber verschiedene 
praktische Einzelheitcn. Bei den meisten Regulatoren, besonders dem 
Qblichen Quecksilberregulator, wird das gasfuhrende, innere Kapillarrohr 
unten schrag abgeschniitcn in dem Glauben, dadurch eine feinere Re- 
gulierung dcr Gaszufuhr zu erreichen. Man vergiBt aber dabei ganz, 
daB es viel groBerer Niveauschwankungen des Quecksilberspicgcls be- 
darf, urn eine wesentliche Aenderung der Gaszufuhr zu bewirken, als 
wenn man die Eapillare unten ganz gerade abschneidet. WShrend bei 
gerade abgeschnittenem Rohr das Quecksilber eben noch das Glasrohr 
Qberall bertihrt und das Gas so ganz sperrt, kann schon im nSchsten 
Augenblick eine sehr geringe Senkung des Quecksilberspiegels von 
Bruchteilen eines Millimeters schon cine bctrSchtliche Gaszufuhr erlauben. 
Bei der Kapillare ist aber noch ein anderer Umstand zu beachten, namlich 
die Weite derselben. SclbstverstSndlich muB sie weit genug sein, um 
bei der niedrigsten, im Laboratorium vorkommenden AuBcntemperatur 
genQgcnd Gas durchzulassen, um den Thermostaten auf gcwilnschter 
WSrmehohe zu erhalten, d. h. ihm so viel Warme zuzufuhren, wie er 
durch Abgabe an W3rme an die Umgebung verliert. Auf der anderen 
Seite darf die Eapillare im VerhSltnis zu dem sie umgebenden Rohr, 


1) Kohlrnuflch, Prakt. Phyeik. 1914. 

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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. ; 


in deni sich das Qnecksilber auf and ab bewegt, nicht zn weit sein, da 
sonst bei nicht exakt konzentrischer Stellung der beiden Rohre eine un- 
regelmfiBige, gebuchtete Gestaltung der Quecksilberoberflfiche eintritt, 
die zu unregelmfiBiger Regulierung und verminderter Empfindlichkeit 
AnlaB gibt. 

3) FlQssigkeitsregulatoren, d. h. Regulatoren, bei denen die 
Warmeausdehnung von Flussigkeiten eine Unterbrechung der Heizung 
bewirkt. 

Die meist gebrauchte Form der Regulatoren gehort in diese Gruppe. 
Es sind die fiblichen Quecksilberregulatoren, die, fihnlich wie bei einem 
Thermometer, unten ein groBeres Oder kleineres QuecksilbergeffiB haben, 
dessen Ausdehnung einen AbschluB des Gases durcb den oberen Meniskus 
bewirken soil. Sie funktionieren bekanntermaBen in der Mehrzahl der 
Ffille recht schlecht. Das liegt nicht nur an prinzipiellen Fehlern, die 
diesem System anhaften, sondern oft auch an f'alscher Konstruktion. 

Urn uns fiber die Eignung einer Fltissigkeit fur diesen Zweck ein 
Urteil zu bilden, mfissen wir uns fiber die verschiedenen Eigenschaften 
der Flfissigkeiten, die liier in Betracht kommen, klar werden. In 1. Linie 
ist natfirlich ein moglichst groBer Ausdehnungskoeffizient zu verlangen, 
um mit einem nicht zu groBen Flfissigkeitsreservoir groBe Ausschlage, 
d. h. eine genfigende Empfindlichkeit zu erzielen. Dann muB die Flfissig- 
keit noch die Eigenscbaft einer geringen spezifischen War me haben, 
denn je kleiner die letztere ist, um so weniger Wfirmezufuhr von auBen 
braucht es, um die gleiche Flflssigkeitsmenge um eine bestimmte Tem¬ 
peratur zu erwfirmen. Nehmen wir als Beispiel an, daB die Temperatur 
im Wassermantel des Brutschrankes um 7io° boher sei als die der Re- 
gulatorflussigkeit, dann wird eine Flfissigkeit mit geringer spezifiscber 
Wfirme — gleiche Leitfahigkeit des RegulatorgefaBes vorausgesetzt — 
viel rascher die gleiche Temperatur des Wassermantels annehmen als 
eine mit hoher spezifischer Wfirme, die viel grfiBere Wfirmezufuhr zu 
gleicher Temperaturerhohung bedarf. Bei geringer spezifischer Wfirme 
wird infolgedessen der Regulator viel rascher den Temperaturschwan- 
kungen des Wassermantels folgen, daher rascher regulieren, und es 
werden die Temperaturschwankungen z. B. im Brutkasten geringere sein. 
DaB ferner chemisch die Regulatorsiissigkeit genfigend bestfindig sein 
muB, ist eine weitere selbstverstfindliche Eigenscbaft. AuBerdem ist der 
gleiche Regulator ffir niedrige und hohe Temperaturen gleichzeitig zu 
verwenden, wenn der Siedepunkt der Flfissigkeit mdglichst hoch liegt. 

Wie stelit es nun mit diesen Eigenschaften beira Quecksilber? Die 
wichtigste, der groBe Ausdehnungskoeffizient, ist nun gerade nicht vor- 
handen, denn der Ausdehnungskoeffizient desselben ist 0,00018, d. h. 
bei einer Temperaturerhohung um 1° C dehnt sich ein bestimmtes Vo- 
lumen Quecksilber um nicht einmal 2 /ioooo seines Volumens aus. Fast 
den gleichen Ausdehnungskoeffizienten hat das Wasser. Wenn wir nun 
also mit Quecksilber eine genfigende Empfindlichkeit erzielen wollen, 
dann mfissen wir unverhfiltnisinfiBig groBe Mengen davon benutzen, wo* 
durch der Regulator nicht nur unnotig kostspielig und schwer wird, 
sondern auch durch das nfitige groBe Volumen der Vorteil der geringeo 
spezifischen Wfirme des Quecksilbers zunichte gemacht wird (spez. 
YVfirme 0,0333). 

Ueber die Unzulfinglichkeit der Qblichen Quecksilberregulatoren wird 
uns am besten die Durchrechuung eines konkreten Beispieles aufklfiren: 
Kin MaB ffir die Empfindlichkait dieser Regulatoren, die durch Steigen 

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Neergaard, Ueber Thermoregulatoren. 


573 


und Fallen eines Quecksilbernfveaus die Gas- Oder Stromzufuhr dffnen 
oder schliefien, gibt uns wieder* wie bei den unter 1) und 2) genannten 
Regulatorsystemen, die Ilohe der Niveauschwankung des Quccksilbers 
bei einer bestimmten Temperaturschwankung, sagen wir von 1°. Es 
ergibt sich folgende Formel: 



worin bedeutet: hti=H6he der Niveauschwankung des Hg im Millimeter 
bei 1 0 Temperaturdifferenz, d. h. MaB der Empdndlichkeit des Regulators. 

V = Volumen der sich ausdehnenden FlQssigkeit im Regulatorreser- 
voir in Kubikmillimeter. 

k = Ausdehnungskoeffizient der Regulatorfllissigkeit. 

Q = Querschnitt in Quadratmillimeier des Regulators an der Stclle, 
wo durch die Niveauschwankung die Unterbrechung der Heizung er- 
folgt. 

Da haben wir nun z. B. einen der iiblichen Quecksilberregulatoren, 
dessen Reservoir 5 ccm Quecksilber enth&lt und dessen regulierender 
oberer Meniskus einen Durchmesser von 7 mm hat. 


Es ist daher Q = r 2 7c = 3,5**3,1415 = 38,4 qmm, wir erhalten also 

durch Einsetzen dieser Werte in obige Formel: 

, 5000.0,00018 nn9 ,- m 

h« =--= 0,0235 mm. 


Der Schlitz der Kapillare, die in die obere Quecksilberkuppe eintaucht 
und zur Regulierung mehr oder weniger verschlossen werden soli, ist 
nun aber 5 mm hoch. Da begreift man, daB eine Niveauschwankung 
von Vso mm pro Grad absolut wirkungslos sein muB. Selbst wenn wir 
die 5 fache Quecksilbermenge nehmen, also 25 ccm, die schon i / 9 kg 
Quecksilber darstellt und so groB ist, wie wir sie noch in keinem Queck- 
silberregulator gesehen haben, so erhalten wir erst bei 1 0 Temperatur¬ 
differenz ein Steigen des Quecksilbers urn V10 mm. Wie sollen da 
Bruchteile eines Grades reguliert werden? Und haben wir doch schon 


Aetbylazetat 

Aetbylather 

Aetbylbromid 

Aelhyljodid 

Benzol 

Chloroform 

Essigsiiure 

Metbylalkohol 

Methyljodid 

Schwefelkohlenstoff 

Toluol 

Wasser 

Quecksilber 

Glyzerin 

Paraffin 


Ausdehnungs- 
koeffizient 
bei 18° 

Spezifisches 
Gewicht 
bei 18° 

Spezifische 
Warme 
bei 18° 

Siede- 

temperatur 

1 0,00137 

0,90 

0,48 

1 77,1 

i 163 

0,717 

0,56 

34,5 

i 137 

1,46 

0,21 

! 38,0 

116 

1,9 

0,16 

73,0 

124 

0,881 

0,41 

80,2 

126 

1,493 

| 023 

62,0 

1 107 

1,053 

0,50 

118,5 

122 

0,80 

0,60 

64,7 

121 

2,3 


43,0 

121 

1,265 

0£4 

46,2 

109 

1 0,89 

0,40 

1 110,8 

018 

l 0,999 

0,999 

100,0 

0181 

13,551 

0,033 

i 356,7 

I 050 

1,26 

1 0,58 

290,0 

1 065 

0,84 

] ~ 

ca. 290,0 


1) Die Korrekkion durch Ausdehnung des Glases, die eine geringe Verminderung 
der Erapfindlichkeit bewirkt. ferner der EinfluQ von Temperaturschwankungen der Um- 
gebung auf die aus dem Thermostaten herautragenden Teile des Kegulatora etc. sind 
n ihrer Grdfienordnung so goring, dafl sie hier praktisch vernachlossigt werden kdnnen. 



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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


Rcgulatoren mit einem Reservoir von nur 2,5 ccra gesehen bei gleichem 
Querschnitt ties oberen Meniskus! 

Nun gibt es aber Flussigkeiten, die wesentlich groCere Ausdehnungs- 
koeffizienten besitzen und dabei viel leichter und billiger sind. Einige 
dieser Fliissigkeiten mit ihren physikalischen Ivonstanten zeigt vor- 
stehende Tabelle. 

Eine groBere Ausdehnung wie reines 
Wasser haben einige konzentrierte Salz- 
losungen, z. B. Kalziumchlorid, docb 
komnien dieselben hochstens auf den 2 
bis 3-fachen Wert des Wassers, also niclit 
entfernt so hoch wie einige der oben ge- 
nannten organiscben Flussigkeiten. So 
hat z. B. Chloroform eine 7mal st&rkere 
Volumausdehnung wie Quecksilber und 
Wasser. Bei der gleichen Flussigkeit 
steigt die AusdehnungsfShigkeit mit zu- 
nehmender Temperatur. Da also ge- 
wohnlich bei hoheren Temperaturen als 
18° gearbeitet wird, wird der praktisch 
in Bctracht kommende Ausdehnungskoef- 
fizicnt je nach der Temperatur etwas 
boher, als in der Tabelle angefuhrt 
liegen. 

Ich versuchte nun mit Hilfe dieser 
Flussigkeiten, einen Regulator zu kon- 
struieren, der bei Unabliangigkeit von 
Barometcrschwankungen eine genOgende 
Empfindlichkeit mit guter Betriebssicher- 
heit und einfacher Bedienung gewalir- 
leistet, indem ich teilweisc schon fruher 
von Physikochemikern benutzte Konstruk- 
tionsprinzipien kombinierte, resp. fur 
unscre Zwecke umanderte *). Es wurden 
eine Reihe hierzu bisher niclit benutzter 
Flussigkeiten theoretisch und praktisch 
auf ilire Eignung fur unsere Zwecke un- 
tersucht und die quantitativen VerhSlt- 
nisse aller zusammenwirkenden Faktoren 
gegeneinander in moglichst optimale Ab- 
hangigkeit gebracht. Besonderc Aulmerk- 
samkeit wurde auch der Erscheinung des 
„Durchkriecliens“ gewisser, fOr diesen 
Fall besonders wertvoller Flflssigkeiten geschenkt. Da das „Durch- 
kriechen“ eine konstante Einstellung verhindert, ist seine Beseitigung 
bei langerem Betriebe uncrlaBlich. Gute Regulierfahigkeit, auch der 
StichHamme, und bequeme Form wurden wegen ihrer praktischen Be- 
deutung gebiihrend berticksichtigt. Der Platzmangel verbietet es, eine 
ganzc Reihe theoretisch moglicher Formen, deren praktische Erprobung 
niclit stand hielt, und die dabei gemacliten Erfahrungen alle aufzu- 
fiiliren. 



Fig. 4. 8 c hem a einets 

F1 ii h sigkcit«rcgu 1 ators. li = 
Rczipicnt, FI = Ausdchnung>flus- 
eigkcit, Zw = ZwipchenBchaltlliissig- 
keit, 7/, = RegulatoThnhn, 0= Re¬ 
servoir tier ZwiechenscbaltlluBsigkeit, 
mit VerschluBkork Kr v lbj = Que< k- 
Bilber, Kp = Knpillare mit zufiih- 
rcndcm Schlaucbaneatz S x und Kork- 
fassung Kr 2 , 8’ = abtiihrcnder 

Scblaucbansatz, Zwiscbenstuck: 

= Regulierhahn fiir die Dauer- 
flamme, T x = gaszufiihrcndcr 8chcn- 
kel dew Zwipfhen»tucke8 mit //, zu 
verbinden, = gapabfubreudcr 

Scbenkel zum Brenner. 


1) Luther n. Drucker, Hand- u. Hilfsbuch d. pbyaikal.-chem. MeBmithoden. 


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Ncergaard, Ueber Thermoregulatoren. 


575 


Fig. 4 zeigt die Konstruktion') eines erprobten Modells. Ein zy- 
lindrisches GeffiB aus nicht zu dickwandigem Glase — um den W&rme- 
austausch mOglichst wenig zu verzogern 1 2 ) — taucht in den Wasser- 
mantel des Therniostaten und ist mit der (lurch ihre Ausdehnung regn- 
lierenden Fliissigkeit gciQIlt. Als solche kommen verschiedene in Frage, 
je nach der Temperatur, auf die eingestellt werden soli. 

So hat z. B. einen recht gflnstigen Ausdehnungskoeffizienten das 
Chloroform, doch ist es wegcn seines Siedepunktes nur bis ca. 60° 
im Maximum verwendbar. Das AusdehnungsgefaB (Rezipient R) lBuft 
in ein dickwandiges Glasrohr von ziemlich engcm Querschnitt aus, das 
nach Durchtritt durch die Muffe des Brutschrankes rechtwinklig umbiegt 
und in ein U-formiges Rohr von etwa gleichem Durchmesser miindet. 
Am oberen Teil des Schenkels des U-Rohres, in den das Ausdehnungs¬ 
gefaB miindet, befindet sich ein gut eingeschliffener Glashahn, der die 
Verbindung mit einem darliber beiindlichen, durch einen Kork verschlos- 
senen Gel&B herstellt. Der andere Schenkel des U-Rohres trSgt seitlich 
einen Schlauchansntz, wahrend in einer Erweiterung oben mittels eines 
durchbohrten Korks, ein rechtwinklig gebogenes, vertikal verschiebbares 
Rohr eingefiihrt wird, das nach unten in eine Kapillare ausgezogen ist. 
Die Kapillare ist unten gerade, nicht schrag abgeschnitten. Nicht in 
fester Verbindung 3 ) mit dem Regulator befindet sich ein H-f5rmiges 
Rohr, das an seinem Verbindungsschcnkel einen Glashahn trfigt, der 
vermbge eines besonderen Sohlifles eine sehr feine Einstellung erlaubt. 

Im unteren Teil des U-Rohres des Regulators befindet sich etwas 
Quecksilber (in der Fig. bei Ilg), das,durch Steigen und Fallen die 
Gaszufuhr durch VerschlieBcn ties Kapillarrohres unterbricht. Das 
Quecksilber dient also nur als Sperrfliissigkeit und es bedarf bloB etwa 
1—2 ccm. Zwischen Quecksilber und Chloroform ist nun noch Chlor- 
kalziumlosung eingeschaltet ( Zw ), und zwar aus zwei Grlinden: Wflrde 
namlich das Chloroform direkt an das Quecksilber angrenzen, so zeigt sich 
bei langerem Gebrauch eine langsame Veranderung der Einstellung des 
Regulators, weil das Chloroform zwischen Quecksilber und Glaswand 
„durclikriecht“. Das gleiche gilt auch flir verschiedene andere der in 
Frage kommenden organischen Flussigkeiten. Dieses sehr stfirende 
„Durchkriechen“ berulit auf der Kapillaritat und hat zur Yoraussetzung, 
daB die durchkricchende Fliissigkeit das Quecksilber und die Glaswand 
gut benetzt, was ja eben bei den meisten organischen Fliissigkeiien der 
Fall ist, und hat ferner zur Voraussetzung, daB das Quecksilber das 
Glas nicht benetzt. Dadurch muB ein auBerordentlich feiner Spalt 
zwischen Quecksilber und Glas entstehen. Durch Zwischenschalten von 
Wasscr Oder einer Fliissigkeit, die dieses „Durchkriechen tt nicht zeigt, 
zwischen Quecksilber und Clilorofoim, wird dieser Fehler verraieden. 
Diese Zwischenschaltfliissigkeit darf also das Glas und Quecksilber nicht 
zu sehr benetzen. Nicht absolut reines Glas wird nun von Wasser 
schon mangelhaft benetzt, noch weniger z. B. von gewissen konzen- 


1) Auch die Heretellung dieses Modelles hat die obeu genannte Glasblaserei Kunz 
A Cic. in Ziirich ubernomnien. 

2) Kin RJetallgcfiifl wiirde die Warroe zwar bcsscr leifen, aber die Verbindungs- 
stelle mit dem Glase wiirde auf die Dauer nicht dichl zu haltcn scin und sein grofierer 
Aubdrhnnngskocfbzient wiirde hinderlich sein. 

3) Zur Vermeidung unniitiger ISchlauchverbindungen und wegen der handlieheren 
Form wird neuerdings der Rcgulierhahu fiir die Dauerilamme an den Regulator feat 
angcschmolzen. 


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CentralbL. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. » 


trierten Neutralsalzlbsungen, etwa CaCl,. Ween das Quecksilber zur 
Benetzung mit dem Glas zu bringen ware, so wflrde selbstverstandlicli 
diese Schwierigkeit ausgeschaltet sein. Es wurde daher versucht, durch 
Versilbern des U-Rohres ^n der Glaswand eine Silberamalgamschicht 
zu erzeugen, die das Glas beuetzen und nach inneo allm&hlich in das 
reine Quecksilber tibergehen wflrde. Es wird aber fast momentan der 
Silberbelag ganz aufgelost. Eventuell ware eine st&rkere Benetzung bei 
noch fliissigem Silberamalgam — die anderen Araalgame oxydieren zu 
rasch an der Oberfl&che — zu erreichen, aber es ist dann auch, weun 
es wirklich gelingen sollte, ein Klebenbleiben des Quecksilbermeniskus 
an der MOndung der Ivapillare zu beffirchten, was natQrlich die Regu- 
lierung sehr behindern wurde. 

Ein 2. Grund, eine FlQssigkeit dazwischen zu schalten, ist folgender : 
Der Hahn (H^) ist zur Dichtung mit Vaseline geschmiert und wurde 
die Vaseline in den meist gut Fett losenden AusdehnungsflQssigkeiten 
sich Ibsen, der Hahn undicht werden und so die Einstellung sich ver- 
andern. Durch Verwendung von Glyzerin als Hahnschmiermittel laBt 
sich zwar auch eine Dichtung fiir fettlbsende organische FlQssigkeiten 
erreichen. 

Nun kommen wir zum Zweck dieses Hahnes: Soil der Regul&tor 
iu Betrieb gesetzt werden, so wird der Rezipient R in den Wasser- 
mantel des Brutkastens geh&ngt, der Hahn H x gebffnet, der Brutkasten 
erwSrmt. Dann dehnt sich die Ausdehnungsdussigkeit aus und dr&ngt 
das leichtere Wasser in das Aber dem Hahn befindliche Gef&8, 
w ah rend das Quecksilber im U-Rohr unbeeinduBt bleibt. Sobald die 
gewOnschte Temperatur im Thefmostaten erreicht ist, wird der Hahn H v 
geschlossen und die Regulierung der Gaszufuhr durch Steigen und 
Fallen des Quecksilbers tritt in Funktion. Kleinere Differenzen der 
Einstellung konnen dann imraer noch durch Vertikalverschiebung des 
Kapillarrohres Kp bewirkt werden. Zu diesem Zweck darf das Kapillar- 
rohr nicht mit einem Gummistopfen, in dem durch Verkleben mit dem 
Glase die Verschieblichkeit bald aufhbren wBrde, sondern mit einem 
guten Kork eingefflhrt sein. Der Hahn 2^ erlaubt nun nicht nur eine 
auBerordentlich bequeme Einstellung auf jede gewflnschte Temperatur, 
sondern verhutet auch bei Erkalten des Regulators, indem man ihn 
dffnet, ein Eindringen von Luft zwischen Quecksilber und Chloroform. 
Das ist praktisch besonders zu beachten. Denn wenn wir den Regulator 
erkalten lieBen und sich die Ausdehnungsdussigkeit zusammenzoge, so 
wurde ohne Oeffnung des Hahnes das Quecksilber im einen Schenkel 
bis zum untersten Punkt des U-Rohres fallen, dann aber wiirde Luft 
aspiriert werden. Wollte man das sicher verhindern, so ware das nur 
mdglich durch Einschalten eines wieder viel Quecksilber erfordernden 
Reservoirs; die Ftillung des Regulators und vor allem die Einstellung 
waren eine viel schwierigcre. Das Volumen der auBerhalb des Thermo- 
staten befindliehen Flussigkeit des Regulators muB aber, was ein weiterer 
tirund ist, moglichst gering sein, damit die durch die Schwankungen 
der Zimmertemperatur entstandenen Fehler praktisch ausgeschaltet 
werden. 

Das T Stuck (T t u. 8 ) hat den Zweck, eine Dauerdamme zu regu- 
lieren. Wie wir gesehen haben, ist es fiir die Empfindlichkeit des Re¬ 
gulators von groBer Wichtigkeit, daB die Kapillare Kp unten gerade 
abgeschnitten ist. So wttrde bei Berflhrung mit dem Quecksilber jedes- 
ma’ die Gasflamme ganz abgeschlossen und daher auslbschen. Das 

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Neerg&ard, Ueber Thermoregtiiatoreo. 


577 


konote nun, wie das bei einigen Rcgulatorsystemen friiher geschehen 
ist, durch eine kleine, seitliche Oeffnung in der Glaskapillare, die eine 
dauernde kleine Gaszufuhr erlauben wurde, vermieden werden. Aber 
dann wSre dicse Stick- oder Dauerflamme in ihrer Grdfie nicht regu- 
lierbar, was absolut nbtig ist. 

Die Gr5Be dieser Dauerflamme muB so bemessen sein, daB sie von 
sich aus den Thermostaten auf einige Grade unterhalb der gewQnschten 
Temperatur halt. Denn jo geringer das Warmedefizit ist, was durch 
den Pendelbetrieb des Regulators noch auszugleichen ist, um so kleiner 
werden die einzelnen Temperaturschwankungen sein. Die Regulicrung 
dieser Dauerflamme ist nun durch den Hahn H t mdglich. Das von der 
Gasleitung kommende Gas strdmt durch den Hahn H t direkt zum 
Brenner und speist die Dauerflamme. Das T-StOck ist durch Schlauch- 
stiicke von wenigstens 20 cm Lange mit den Ansatzstiicken S L und 
des Regulators verbunden, oder direkt an den Regulator angeschmolzen. 
Das Gas strdmt von der Gasleitung S t durch die Kapillare und, wenn 
diese nicht durch Quecksilber verschlossen ist, durch S t zum Brenner, 
worauf die Flamme groBer wird. 

Die Einstellung der Dauerflamme und der vollen Flamme erfolgt 
nun am besten so: 

a) Ausprobieren der ungefahren durchschnittlichen Flammenhdhe. 
Mittels des Gashahnes stellt man die Flamme durch Regulierung von 
Hand so ein, daB sie ungefahr die gewilnschte Temperatur konstant er- 
hait. Je nach der GrdBe des Thermostaten wird man in kflrzerer oder 
langerer Zeit die ungefahr richtige Flammenhohe ausprobiert haben, 
spatestens aber in 1, 2 Tagen. 

b) Einstellung der Regulierflamme. Nachdem die Schlauchverbin- 
dungen mit dem Regulator hergestellt sind, also die Gasleitung mit S L 
und S t mit dem Brenner verbunden ist (nicht umgekehrtl), die Kapil¬ 
lare Kp so weit heraufgezogen, daB ihre untere Oeffnung sich ca. 1 mm 
fiber dem Quecksilber befiudet. Nun wird der Hahn der Gasleitung 
allmahlich so weit geschlossen, daB die Flamme etwas groBer als die 
des Vorversuches ist und sicher auch bei den niedrigsten vorkommenden 
Zimmertemperaturen den Thermostaten genilgend erwarmen kann. Dabei 
ist darauf zu achten, daB eine leuchtende Flamme den Boden des 
Thermostaten nicht berflhrt, damit sich kein RuBzapfen bildet. Ferner 
ist auBerordentlich wichtig, daB nie das Gas bei St zustromt, weil sonst 
der Ueberdruck des Gases das Quecksilber bei Bertihrung mit der 
Kapillare in die. letztere hinaufdrficken und so eine Regulierung ver- 
hindern wtirde. 

Sollte der Gasdruck nicht kraftig genug sein, um durch die Kapil¬ 
lare eine genflgend groBe Flamme zu erzeugen, so muB eine etwas 
weitere Kapillare gewaklt werden, wobei man aber einen unnbtig groBen 
Durchmesser, wie schon erwahnt, vermeiden muB. 

c) Einstellung der Dauer- oder Stichflamme. Nun wird zur Ein¬ 
stellung der Dauerflamme des Regulators geschritten, der mit gefiffnetem 
Hahn H t zweckmaBigerweise schon wahrend des Vorversuches sich ini 
Thermostaten befand, um vfillig durchzuwarmen und allfailige Spannungen 
im Glas zu beseitigen. Jetzt wird der Hahn //* geoffnet, durch geringe 
Tieferstellung der Kapillare Kp die Gaszufuhr fiber den Regulator ge- 
sperrt und nun durch allmfihliches Zudrehen des mit einem Spezial- 
schliff zur feineren Einstellung versehenen Hahues H t die Dauerflamme 
so weit verkleinert, daB sie sicher den Thermostaten von sich aus nicht 


£r*te AbU Qrip. Bd. 87L. 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


ganz auf der gcwflnschten Temperatur erhalten kann, also etwas kleiner 
ist als die Flamme des Vorversuches. Darauf wird die Kapillare wieder 
bis zur Bertihrung des Quecksilbcrs gehoben, Dauerflamme und voile 
Flamme sind eingestellt und der Regulator kaun funktionieren. 

d) Einstellung der gewflnschtcn Temperatur. Nunraehr wird, vor- 
ausgesetzt daB der Thermostat jetzt die gewflnschte Temperatur hat, 
der Hahn H y geschlossen, der Kork Ko v aufgesetzt, urn ein Verdunsten 
und Verstauben des Wassers im GefaB G zu verhindern. Ist die Tem¬ 
peratur noch zu hoch, so laBt man nach Loschen der Flamme bei ge- 
bffnetem Hahn H x die Temperatur langsam sicken, wodurch am 
ehesten gleichmSBige Erwarmung des ganzen Thermostaten erzielt wird. 
Bei Erreichung der gewiinschten Temperatur wird angezQndet und i?, 
geschlossen. FOr alle groBeren Temperaturverfinderungen muB H v ge- 
bffnet werden. 

e) Zur Auswahl der Flflssigkeiten sei noch folgendes bemerkt: 
Beim Chloroform ist darauf zu achten, daB es, ehenso wie das Wasser 
zur Ueberschichtung, unmittelbar vor dent Einlflllen ausgekocht wird, denn 
sonst wird durch die geldste Luft, Oder richtiger durch den darin ent- 
haltenen Sauerstoff die schon frilher bei Narkoscn so unangenehm be- 
kannt gewordene Phosgenbildung bewirkt. Das Sufiert sich im Auf- 
steigen von Gasblasen, die durch Vermehrung des Volumens im Regulator 
ein dauerndes Sinken der eingestellten Temperatur zur Folge haben. 
Durch Austreiben der Luft wird wegen Sauerstoffmangel diese Reaktion 
unmoglich. Unter diesen Kautelen ist cs bis ca. 60° gut brauebbar. 
Wegen „Durchkriechens“ bedarf es nnbedingt einer Zwischenschalt- 
losung. 

Eine grdfiere Bestandigkeit hat das Toluol, das sich auch wegen 
seines hohen Siedepunktes gut eignen wilrde, dagegen leichter wie 
Wasser ist und daher durch dasselbe nicht vom Quecksilber und dem 
Hahn getrennt werden kann. Der Ausdehnungskoeffizient ist auch 
ein nicht so hoher wie beim Chlorlorm. Da das Toluol stark durcb- 
kriecht, miiBte oberhalb des Quecksilbers bis zur Abzweigung des Re- 
zipienten eine Zwischenschaltflussigkeit eingeschaltet und Hahn JB t mit 
Glyzcrin geschmiert werden 1 ). 

Bei seinem niedrigen Siedepunkt eignet sich far nicht zu hohe 
Temperaturen bis ca. 40—45° auch der Schwefelkohlenstoff, der 
mit eincm Ausdchnungskoeffizienten von 0,00121 noch relativ gQnstige 
Ausdehnungsbedingungen bietet, schwerer wie Wasser ist und eine ebenso 
geringe spezifische Warme wie das Chloroform besitzt. Er ist gleich- 
falls wegen Durchkriechcns durch eine Zwischenschaltflussigkeit zu iso- 
lieren. 

Gewisse Vorteile bietet fur manche Falle die Essigs&ure wegen 
ihres hohen Siedepunktes von 18,5°. Da sie durchkriecht, bedarf sie 
einer Zwischenschaltflussigkeit. Als solche kommt wegen der Mischung 
mit wSsserigen Losungen nur ein Oel, am ehesten Paraffin51, in Frage. 
Letzteres ist dann vom Quecksilber seinerseits wieder durch eine wSsse- 
rige Losung zu trennen, das bis zur Abzweigungsstelle des Rezipienten 
reicht. Zuin Sclnniercn des Hahnes dient wieder Glyzerin. Das ist 
etwas umstandlich, dazu kommt der etwas niedrige Ausdebnnngskoef- 
fizient von 0,00107, der ein etwas grSBeres Rczipientenvolumen erfordert. 


1) Bet-ser noch cine Dextrinlosung in Glyzcrin (s. Zsigmondy, Kolloidchemic. 
*"'• Hi), eog. Ramsey-Fctt, ist in diesen Flussigkeiten auch etwas loslich. 


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Neergaard, Ueber Thermoregulatoren. 


579 


Letzteres muB Qberhaupt dem Einzelfall angepaBt werden, doch wird 
in der Regel eine GrdBe von 50 ccm bei einem Innendurchmesser des 
U-Rohres von 4 bis 5 mm genilgen. Denn unter eine Niveauschwan- 
kong des Quecksilbers von 2 mm fOr 1°, d. h. von 0,2 mm fdr ‘/jo 0 
sollte man in der Empfindlichkeit nicbt heruntergehen. 

Aethylbromid hat ein sehr gflnstiges AusdehnungsvermSgen, 
zersetzt sich aber viel zu rasch und ist daher unbrauchbar. Ebcnso 
sind die anderen Grenzkohlenwasserstoff-Halogcno zu unbest&ndig. 

Einen sehr gflnstigen Ausdehnungskoeffizienten hat der A ethyl- 
ather mit 0,001G3, ist aber wegen seines niedrigen Siedepunktes von 
34,5 ftir Thermostaten von 37° und daruber daher nicht mehr geeignet. 
Der Siedepunkt kann aber durch Zusatz von Aelhylazetat mit dera 
Siedepunkt 77,1° leicht entsprechend erhdht werden, ohne wesentlich 
am Ausdehnungskoeffizienten zu verlieren, da das Aethylazelat mit 
0,00137 fQr sich allein schon einen gfinstigeren Ausdehnungskoeffizienten 
wie das Chloroform hat. Schwierigkeiten macht bei diesen beiden Sub- 
stanzen wegen des spezifischen Gewichtes und der Mischbarkeit die 
ZwischenschaltflQssigkeit, da Wasser nicht geeignet ist. Oele sind wegen 
ihrer Mischbarkeit nicht brauchbar. 

Aethylazetat ist leichter als Wasser, hat eine sehr gfinstige 
Ausdehnung und ist doch bis 77° verwendbar. Wegen starken Durch- 
kriechcns ist im U-Rohr Wasser einzuschalten und der Hahn mit 
Glyzerin einzuschmieren. 

Glyzerin ist wegen seines sehr hohen Siedepunktes von 290° fQr 
hohere Temperaturen zu empfehlen; es kriecht aber durch und hat einen 
geringen, aber noch geniigenden Ausdehnungskoeffizienten. 

In letzterer Beziehung giinstiger ist das ParaffinSl, dessen Aus- 
dehnungskoeffizient ich bei der mir vorliegenden Sorte zu 0,00065 be- 
stimmte und das wegen geringer spezifischer WSrme rasch reagiert und 
dabei auch bis ca. 290° verwendet werden kann. Es bedarf bei lSngerera 
Gebrauch einer w&sserigen Zwischenschaltflussigkcit. 

Bei nicht zu groBen AnsprQchen an die Empfindlichkeit w&re auch 
die Verwendung konzentrierter Neutralsalz- Oder ZuckerlSsungen zu be- 
rflcksiclitigen. Je nach der Konzentration und Art des Salzes sind Aus¬ 
dehnungskoeffizienten bis 0,00040 zu erreichen. 

Die Form des Rezipienten ist nicht ohne Belang. WShlen wir den 
Durchmesser zu groli, so braucht es zu lange Zeit, bis der Regulator 
die Temperatorschwankungen des Wassermantels mitmacht. WShlen wir 
dagegen ein diinnes, aber sehr langes Reservoir, das durch die ganze 
Holie des Thermostaten bis auf den Boden geht, so zeigt sich folgende 
Erscheinung: Auch bei BrutschrSnkcn mit relativ dickem Wassermantel 
und guter Isolierung werden je nach der Stromungsrichtung zwischcn 
den unteren und oberen Wasserschichten gewisso Temperaturdifferenzen 
von wechselnder GroBe, je nach der AuBentemperatur und dem dadurch 
entstehenden TemperaturgcfSlle, sich vorfinden. Der Regulator wird also 
die Mitteltemperatur der vcrschiedenen Schichtcn einhalten. Wenn wir 
nun mit den Ublichen Thermometern die Tempcratur messen, so kann 
bei Wechsel dor Temperaturdifi'crenz zwischen oberen und unteren 
Wasserschichten scheinbar eine zicmlich betrSchtliche Schwankung zu- 
stande kommen, obwohl dcr Regulator die gleiche Durchschnittstempe- 
ratur innegchalten hat. 

Das gleiche, in Fig. 4 bezeichnete Modell kann nun auch sehr gut 

87 * 


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580 


Oentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 87. Heft 7/8. 


als Luftregulator benutzt werden. Es braucht dann lediglicb in das U- 
Rohr als abscblieBendo FlQssigkeit etwas Quecksilber gegossen zu werden, 
w&hrend der Rezipient mit Luft gefflllt ist, die durch ihre WSrmeaus- 
dehnung die Regulierung besorgt. Da die Luft sich als ungesSttigtes 
Gas bei 1 0 Erwarmung um 7273 ibres Volumens, also als Dezimalbruch 
ausgedrtickt, utn 0,00306 ausdchut, das ist fast 3mal soviel wie Chloro¬ 
form, brauchen wir daher einen 3mal kleineren Rezipienteo. Wegen 
dcr oben aogegcbenen starken Beeinflussung durch Luftdruckschwan- 
kungen wird dieser Fchler bei ldngerem Gebrauch zu groB und sind 
die Luftregulatoren daher nur fflr kurze Versuche geeignet, wo jedesroal 
neu eingestellt wird. FQr lSngere Zeit ist auch eine genflgende Dichtung 
schwer zu erzielen. 

Bei elektrischer Regulierung und Heizung I&Bt sich allenfalls auf 
die gleiche Art wie bei dem Dampfdruckregulator durch eine Queck- 
silberdichtung oberhalb des vertikal verstellbaren Vertikalrohres, Oder, 
wenn man es vorzieht, durch eine seitliche Regulierschraube durch 
eingeschmolzenen Platinkontakt das System von jeder Luftdruckschwan- 
kung unabhangig machen. Wir gewinnen damit noch den Vorteil, den 
gleichen Regulator fQr die verschiedensten Temperaturen verwenden zn 
konnen. 

4) Metall regulatoren. Auch die W&rmeausdehnung fester 
KOrper, speziell der Metalle, kann zur Regulierung benutzt werden. 
Da dieselbc aber recht klein ist, benutzt man sogenannte Bimetall- 
streiien, die aus 2 verschiedenen Metallcn zusammengelStet werden. 
welclie sich durch moglichst groBe Unterschiede in ihrem Ausdehnungs- 
vermbgcn unterscheiden. Wenn das eine Ende fixiert ist, kdnnen leicht 
genflgend groBe Ausschlfige des anderen Endes erzielt werden. Durch 
diese Bewegung kann dann ein elektrischer Hilfsstrom zur Bedieoung 
des Rclais oder der Ileizstrom selbst geoffnet Oder geschlossen werden. 
Die geeignetste Form, um mdglichst groBe Anschldge zu erhalten, ist 
die Schraubenform, oder, wo diese aus r&umlichen GrQnden unpraktisch 
ist, die Schnecken- oder Spiralform. Erstere bietet auch die gunsligsten 
Bcdingungen zu raschem Warmeaustauch mit der Umgebung, die nicht, 
wie man das bei Fabrikware otter sieht, durch schlccht wSrmeleitende 
Lacke crschwert werden darf. Gewflhnlich sind die Konstruktionen viel 
zu plump und auch viel zu dicke Streifen gebraucht, wodurch eine rasche 
Regulierung nur erschwert wird. Fur uuscre Zwecke werden Streifen 
von etwa 5 mm Breile, 1 mm Dicke und ca. 30 cm L&nge — um un- 
gefahre MaBe zu nennen — geniigen. 

Fur Thermostaten mit Wassermantel sind diese Regulatoren nicht 
sehr gut geeignet, weil die Metalle von der umgebenden FlQssigkeit 
allmahlich angegriffen werden und eine ExtraumhQllung zu sehr ver- 
langsamt. Dagegen sind diese Regulatoren fQr Thermostaten mit Luft- 
mantel sehr geeignet, da die gute Leilfahigkeit der Metalle und die 
diinnen Schichten einen guten Warmeausgleich mit der Luft erlauben. 
In diesetn Fall sind sie den Gas- und FlQssigkeitsregulatoren, die in 
Luftumgebung viel trager sind, cntschieden iiberlegen. 

Als geeignetste Metalle waren zu nennen: einerseits Stahl mit cinem 
linearen Ausdchnungskoelfizicnten von nur 0,000010 oder noch besser 
Invar (04 Teile Eisen, 30 Teile Nickel) mit noch 5inal geringerer Aus- 
dehnung, und auf der anderen Seitc Messing mit 0,000018, Silber 
0.0000185 und vor allem Zink 0,000020. 


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Neergaard, Ueber Therm oregulatoren. 


581 


Wegen immer im Metall vorhandener Spannungen, die auch durch 
sogenanutes „kunstliches Altern“ (Auskochen) nie ganz beseitigt werden, 
wird die Stetigkeit dieser Regulator en bei langer Benutzung die der 
FlQssigkeitsregulatoren oie erreichen. 

Es mdgen nun noch ein ige Bern erkun gen fiber die Konstruktion 
der Thermostaten, spezieil der Brutschrfinke gesagt sein. Deon es 
ist klar, wenn auch nicht immer beacbtet, dafi auch der beste Regulator 
in einem mangelhaften Thermostaten seinen Zweck verfehlt. 

Zunfichst rnfige besonders hervorgehoben sein, dafi es mebrere Tage 
dauert, bis einer der genannten Regulatoren, wie fast jedes pbysikalische 
Prfizisionsinstrument, sich im Gleichgewicht betindet und erst nach 
ISngerem ununterbrocbenen Betriebc richtig funktioniert. Man darf also 
die Geduld bei der Einstellung nicht verlieren. 

Der Grund hierffir ist neben dem Ausgleich von Spannungen im 
Glas des Regulators die Eutstehung von Konvektionsstromen im YVasser- 
oder Luftmautel. Durch die Heizquelle erwfirmt, steigt das Wasser an 
bestimmten Stellen des Wassermantels empor, um nach einer grfifieren 
oder geringeren Abkuhlung an anderen Stellen wieder hinabzusinken. 
Die Lage der aufsteigenden uud absteigenden Strome ist ablr&ngig von 
der Form des Wassermantels, seiner Dicke, von der Isolierung nach 
aufien, von dem Temperaturgefftlle gegen die Umgebung und a. m. 
und Ififit sich im voraus nie berechnen. Auch bei dem gleichen Ther¬ 
mostaten kann die Lage dieser Strtimungen wechseln, infolgo verfinderten 
Temperaturgefallcs zur Umgebung. Auch die Gr5Be der hierbei auf- 
tretenden Temperaturdilferenzen im Wassermantel ist in jedem Fall ver- 
schieden, nicht vorauszusehen und kann von Stunde zu Stunde wechseln. 
Dieser Faktor ist auficrordentlich wichtig und kann unter Umstfinden 
die Wirkung des feinsten Regulators illusorisch machen. 

Ffir gewohnlich werden diese Stromungen einen bestimmten Weg 
einhalten, und Mittel, die diese Strfimungen in eine bestimmte Bahn 
leiten, werden daher auch die Regulierung erleichtern. So wfirde es 
ffir die Zirkulation ein Vorteil sein, wenn der innere Boden und Deckel 
des Brutschrankcs nicht wie bei den fiblichcn Brutschrfinken horizontal 
und parallel den AuBenwfinden, sondern etwas geneigt angebracht wfirden. 
Gerade bei etwas grofiercn Hasten wfirde es weniger zu einer Stagnation 
des erw&rmtcn Wassers am Boden und dann regcllosem Emporsteigen 
nach verschiedensten Richtungen kommen. Dadurch wfirde die auf- 
steigende Stroinung auf einer bestimmten Seite stattfinden und um- 
gekehrt durch Neigung der inncren Decke das abgekuhlte Wasser an 
gewfinschter Seite wieder abtlicfien. So wfirde sich eine ganz bestimmte 
Zirkulationsrichtung einstelien und die Unbcrechenbarkeit der Kon- 
vektionsstrfime sich wesentlich vermindern. Neben diesem Ilauptstrom 
wird allerdings immer ein gewisser Wasserteil an der warmen Innen- 
wand emporsteigen, um an der benaclibarten Stelle der kalten Aufien- 
wand wieder abzusiuken. Durch diese 2. Art der Strfimung, die bei 
horizontalcn Inncnboden und -decken vorherrschen wird, wird bei der 
fiblichen Form die Wasserschioht zwischen Innen- und Aufiendecke sich 
nur mangelliaft an dcr Zirkulation beteiligen, wahrend bei schrfigen 
Decken auch dieser Wasserraum zur Zirkulation gezwungen wfirde. Bei 
schon vorliandenen Brutschifinkcn wird eine Erhohung des ganzen 
Hastens vorn Oder hintcn um einigo Zentimetcr einen filinliclien Erfolg 
haben und die Zirkulation in bestimuiter Richtung befordern. Denn 


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582 Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Origioale. Bd. 87. Heft 7/8. 

das beste Mittel, die Fehler mangelhafter Zirkulation zu beseitigen, 
nSmlich durch eio Rflhrwerk fflr dauernde Durcliinischung zu sorgen, 
ist fOr die gewflhnlichen Zwecke zu umstSndlicb und auch unnfltig. Je 
groBer die gesamte Wassermasse ist, besooders im Verhaltnis zur Ober- 
flache, urn so groBere Tragheit, d. h. ura so geringere Schwankungen 
wird der Thermostat zeigen. Es muB also der NVassermantel genugend 
dick seiu und sollte auch bei kleioen Brutschranken wenigsten 6—7 cm 
betragen. Bei groBcren mufi die Dicke naturlich steigen, wenn auch 
nicht proportional zur fluBeren Obertlache des Thermostaten. Da bei 
groBen Brutschranken wegen des bctrachtlichen Wasserdruckes zwischen 
Innen-und AuBenwand zahlreiche, die Wasserzirkulation behindernde 
Versteifungen angebracht sind, so ist die Dicke des Wasserraantels bei 
groBen Brutschranken meist eine zu geringc. Als Metall ist nicht nur 
wegen dor Dauerhaftigkeit, sondern auch wegen der guten Warnie- 
leitung, Kupfer andcren Metallcn vorzuziehen. Wellblech fflr den 
Innenkasten bietet neben groBerer Stabilitat den Vortcil, das Kasten- 
innere nach dem Oeffnen wioder rascher auf die richtige Temperatur zu 
erwarmen. 

Von auBerordentlicher Bedeutung ist eine gute Isolierung des ganzen 
Thermostaten nach aufien. Dcnn es wird dadurch nicht nur die Re- 
gulierung wesentlich erleichtert, sondern auch viel Heizkraft erspart 
Als Isoliermaterial ist ein guter, dicker Filz dem Linoleum wesentlich 
flberlegen; Asbest ist noch ungeeigneter als Linoleum. Letztcres ist da- 
gegen vorteilhaft als AuBenbekleidung fflr den leicht verstaubenden Filz- 
belag zu benutzen. Ich erwShne diese mehr technischcn Einzelheiten, 
weil es manchem bei der Auswahl als Wegleitung vielleicht von Vorteil 
sein kann und die im Handel befindlichen Thermostaten manchm&l 
mangelhaft sind. 

Die Rcgulatoren sind dort anzubringen, wo die grOBten Temperatnr- 
schwankungen sind, also bei Bassin-Thcrmostatcn am besten Ober dem 
Boden des GefaBes, bei Brutschranken, wo das technisch unbequem wire, 
in den auf- Oder zur Not auch absteigenden Wasscrstrom, Da in den 
hinteren Ecken durch das Zusammenstolien zweier Seitcn des Wasser- 
mantels die gunstigsten Bedingungcn fflr rasche Zirkulation sind, so ist 
hier auch der gegebene Ort fur den Regulator. Denn bei den Therroo- 
staten mit Flussigkeitsfflllung gchort der Regulator selbstverstSndlich in 
die von dcr Ileizquellc zunflehst erw&rmte und durch die groBo spezi* 
fische WSrme triige Fiussigkeitshullo und nicht in den Luftraum, der 
durch Oeffnen viel zu groben Schwankungen ausgesetzt ist. Das gleiche 
gilt auch fflr den Thermometer, der zur Kontrolle und Einstellung des 
Regulators dient. Dieser sollte in moglichster Nflhe und in gleicher 
Niveauhohe wie der Rezipient des Regulators sich itn VVassermantel be- 
finden. Ein zweiter Thermometer im inneren Luftraum gibt die erzielte 
Mittcltempcratur an und damit die Wcgleitung im allgemeinen fur die 
Regulierung der Temperatur des Wassermantels. 

Wo der Versuchszweck es gestattet, z. B. Serum-Inaktivierung und 
Sterilisierung, sind die einfachstcn Thermostaten groBo Tflpfc oiler 
Wannen, die bei ihrer groBen WassermaS'e itn Verhflltnis zur Obcr- 
flache und wegen der sehr giinstigen ZirkulationsverhSltnisse auch 
ohne jede Isolierung ausgezeichnet funktionieren. Dazu hahen sie 
den Vortcil, daB die konstant zu erhaltenden VersuchsgefaBo direkt 
iin Wasser die verlaugto Temperatur viel rascher als in warmer Luft 


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Neergaard, Ueber Thermoregulatoren. 588 

annehmen. Es liefien sich so auch Brutschr&nke sehr gut improvi- 
sieren. 

Als Heizung kommt heutzutage wohl nur noch Gas oder Elektrizitat 
in Frage. Gasheizuug ist technisch einfacher und daher leichter betriebs- 
sicher zu gestalten, zumal die mehr theoretisch vorhandenen Gefahren 
durch die automatische SchlieBvorrichtung des Hahnes des Brenners 
beim Ausloschen des Brenners beseitigt sind. Elektrische Heizung ist 
dagegen sauberer, kann am besten in den unteren Wasserboden einge- 
baut sein, wodurch am wenigsten Warme nacb aufien verloren geht. 
Dagegen muB, wie schon erwfihnt, zur Ein- und Ausschaltung des Heiz- 
stromes ein Relais zwischengeschaltet werden, das durcb einen sekundfiren 
Stromkreis des Netzstromes oder eine kleine Schwachstromquelle in Be- 
trieb gesetzt und durch den Regulator ein- und ausgeschaltet wird. Das 
Relais besteht, ahnlich wie eine elektrische Klingel, aus einem kleinen 
Elektromagneten und einem Anker, der angezogen wird und durch seine 
Bewegung StromscbluB und -dffnung besorgt. Fttr Wechselstrom muB 
der Elektromagnet einen Blattkern haben. 

In den letzten Jabren benutzt man wegen der geringen Anschaffungs- 
kosten vielfach Brutscbrknke aus Holz ohne Wassermantel mit Heizung 
durch Kohlenfadenlampen, die unten im Hasten angebracht sind. Diese 
KSsten haben verschiedene groBe Nachteile. Infolge der geringen spe- 
zifischen Warme der Luft hat das ganze System eine sehr geringe Sta- 
bilitat und kommen grofie Temperatursprilnge in kurzer Zeit vor. Durch 
strablende Warme der Heizquelle haben die Bakterienkulturen oft eine 
ganz andere Warme, als das Thermometer nach der Lufttemperatur an- 
gibt. Diese Nachteile kdnnen nur dadurch auf ein praktisch gentigendes 
MaB reduziert werden, daB man in den Holzkasten einen kleineren Hasten 
aus ziemlich dickem (ca. 3 mm) Aluminiumblech mit Asbcstboden stellt. 
Der Einsatzkasten muB von einem nicht zu dfinnen Luftmantel (ca. 
8—10 cm) umgeben sein, in dem sich unter dem Einsatzkasten die 
Heizquelle und an einer Seite der Metallregulator befindet. Die zu er- 
wkrmenden Gegenstande sind dann vor direkter Strahlung der Hitze 
geschfltzt, und bis die Temperatur im auBeren Luftmantel sich durch 
das dicke Aluminiumblech mit seiner relativ groBen spezifischen Warme 
fortgcpflanzt hat, sind die raschen Einzelschwankungen im AuBen- 
mantel ausgeglichen und im Innern des Einsatzkastens herrscht 
eine gleichmaBige Mitteltemperatur, vorausgesetzt, daB sein Inneres 
durch eine Glastiire an der Vorderseite gegen den Luftmantel abge- 
schlossen ist. 


Zusammenfassung. 

Zur Regulierung von Thermostaten werden je nach den Auforde- 
rungen des Einzelfalles folgende Regulatoren empfohlen: 

1) Fflr Dauerbetrieb eignet sich fflr Gazbeizung ein von den Baro- 
meterschwankungen unabhangiger Flflssigkeitsregulator, dessen Regula- 
tionspr||^ip auf der groBen Warmeausdehnung gewisser organischer 
Flflssigkeiten beruht, der filr verschiedene Temperaturen leicht einstellbar 
ist und dessen genaue Konstruktion und Anwendung angegeben wird. 
Die Temperaturkonstanz ist eine sehr gute. 


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584 Oentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originaie. Bd. 87. Heft 7/8. 

2) Fflr kleine Brutschranke und Paraffinofen, wo es auf Temperatur- 
schwankungen von ca. 1—2° C infolge verschiedenen Barometerstandes 
nicht ankommt, sowie wenn auf kleines Volumen des Regulators Gewicht 
gelegt wird, sind die sehr empfindlichen Dampfdruckregulatoren zu em- 
pfehlen. 

Das unter 1) uud 2) Gesagte bezieht sich auf Gasheizung. 

3) Fflr elektrische Heizung und grdfite Erapfindlichkeitsanspruche 
wird eine besondere Konstruktion der unter 2) genannten Luft- sowie 
besser der Dampfdruckregulatoren angegeben, die bei groBer Empfind- 
lichkeit unabhSngig von Feblern infolge von Luftdruckschwankungen sind. 

4) Fflr Thermostaten ohne Wassermantel, wie z. B. die einfachen 
Brutschrflnke aus Holz, sind Bimetallregulatoren mit elektrischer Heizung 
vorzuziehen, deren geeignete Form angegeben wird. AuBerdem wird 
eine bequeme Vorrichtung gezeigt, um die einfachen hdlzernen Brut- 
schrSnke durch einen Aluminiumblecheinsatz von den groBeu, praktisch 
recht hinderlichen Nachteilen dieses Systems fflr die gewflhnlichen An- 
forderungen genflgend zu befreien. 

5) Es werden die physikalischen Richtlinien fflr die geeignete Kon¬ 
struktion von Thermostaten mit Wassermantel angegeben. 


Inhalt. 


Adam, A., Ueber die Bedeutung der Eigen- 
wasserstoffzahl (des H - Ionenoptimum) 
der Bakterien, S. 481. 

Bitter, Ludwig, Die Konservierung von 
agglutinierenden und hamolysierenden 
Seren, 8. 560. 

Bgyedi, Henrik, Zur Reinkultivierung der 
patbogenen 8chimmelpilze, 8. 562. 

Epstein, H. ? Beitrage zur Kenntnis der 
Rickettsia Prowazeki, S. 553. 

G&rtner, Wolf, Kann der Paratyphus B 
abdominalis in klinischer, pathologisch- 
anatomischer, epidemiologischer und bak- 
teriologischer Hinsieht von der soge- 
nannten Gastroenteritis paratyphosa B 
abgetrennt werden? Mit 2 Kurven ira 
Text, S. 486. 

Galli- Valerio, B., Beobachtungen iiber 
Culiciden, nebst Bemerkungeu iiber Ta 
baniden und Simuliden, 8. 557. 

v. Gutfeld, Frits, Erste MaSuahmen bei 
Laboratoriumsinfektionen, 8. 545. 


Knorr, Maximilian, Ueber die fusospiril- 
lare Symbiose, die Gattung Fu so bac¬ 
terium (K. B. Lehmann) und Spiril¬ 
lum sputigenura. (Zugieich ein Bei- 
trag zur Bakteriologie der Mundhohlei. 
I. Mitteilung. 1. Die Epidemiologie der 
fusospirillaren Symbiose, besonders der 
Plaut-Vincentschen Angina, S. 536. 

Xritachewsky, J. L., Ueber das Vorkom- 
men von Protozoen in der Zerebro- 
spinalfliissigkeit von Fleckfieberer- 
kVankten. Mit 5 Abbildungen ini Text, 
8. 526. 

Neerg&ard, K. ▼., Ueber Thermoregula- 
toren. Mit 4 Abbildungen im Text, 8.564. 

HeuB, Wilhelm, Ueber einen meningo- 
kokkenahn lichen Erreger bei ein cm kli- 
nischen Fall von Meningitis, S. 532. 

I Vogel, Ueber das iutra vitpii beob- 
achtete Vorkommen dee Leber- 

j egels (Fasciola hepatnTa L.) bei 
einem Kinde, S. 556. 


Frommannsche Buchdnickerei (Hermann Pohle) in Jena. 


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I nhalts verzeich n is 


I. Yerzeiehnis der in Band 87 enthaltenen Arbeiten. 


▲dam, A., Ueber die Bedeutung der Eigen- 
waferstoffzahl (dee H-Ionenoptimume) 
bei Bakterien. 481 

Baeh, F. W., Ueber Spirochaten in Was- 
serleitungen. 198 

Baehmann. Werner, Zur Diagnoetik der 
Peeudotu Derkuloee. 171 

Bahr, L ? Ueber Rattenvertilgungsmittel, 

46(5 

Becker, Rudolf Die aufiere Gestalt der 
Pferdeband wiirmer. 110 

-Weitere Beitrage zur Anatomie der 

Pferdebandwurmer. 216 

Beger, II. 8. Manteufel, P. 

Bela, Johan, Beitrage zur Biologie dee 
Bacillus pyogenes anaerobius. 290 

Bender, Willy? Ein Fall von Septikamie 
bei einem Saugling, hervorgerufen durch 
das Bacterium lactis aerogenes. 289 

-Meningitis durch Influenzabazillen. 

175 

Berablum, Wilhelm, VergleichendeUnter- 
suchungen der von Ziehl-Neelsen, 
Gasis -Telemann, Kronberger, 
und K on rich angegebenen Farbeme- 
thoden zum Nachweis von Tuberkel- 
bazillen. 23 

Bitter, Ludwig, Die Konservierung von 
agglutinierenden und hamolysierenden 
Seren. 560 

Biel, Rudolf, Drei neue Schafzeetoden. 
Nebst Beitragen zur Kenntnis der fibrigen 
Wiederkauerzestoden. §65 

Blumenthal, Georg, Universalpipette fiir 
serologische Arbeiten (speziell ffirWas- 
sermann* Untersuchungen mit */ 4 Dosen). 

317 

Bdhm, Leopold Karl, Beitrage zur Kennt¬ 
nis tierischer Parasiten. 407 

Brinkmann, Studien fiber den Komple- 
mentgehalt des menschlichen Blutes. 50 
Dtrska, Carl, Ein Beitrag zur Losung der 
Sterilisationsfrage komplizierter zahn- 
arztlicher Instrument©. 387 

Egvedl, Henrik, Zur Reinkultivierung 
der pathogenen Schimmelpilze. 562 
Epstein,%!(., Beitrage zur Kenntnis der 
Rickettfig- Prowazeki. 553 

Falkenthal, Eine neue Dunkelfeldlampe. 

398 

Felumann, liL, Die Flecktyphusepidemie in 
Riga in den Jahren 1918—1920. 33 


Fornet, W., Ueber die Reinknltur des 
Pockenerregers. 6. Mitteiluug. 36 

Frieber, Walther, Beitrage zur Frags 
der Indolbildung und der Indolre&r- 
tion sowie zur Kenntnis des Ver- 
haltens indolnegativer Bakterien. 254 
Fuhrmann, O., Einige Anoplocephaliden 
der VfigeL 438 

Galli-Yalerio, B., Beobachtungen fiber 
Culiciden, nebst Bemerkungen fiber Ta- 
baniden und Simuliden. 557 

GUrtner, Wolf, Kann der Paratyphus B 
abdominalis in klinischer, pathoiogisch- 
anatom ischer, epidemiologischer und 
bakteriologischer Hinsicht von der so- 
genannten Gastroenteritis paratyphosa B 
abgetrennt werden? 486 

Gaumitz, Uellmut, Beobachtungen fiber 
das Auftreten von Diphtheria in einer 
Erziehungsanstalt. 321 

Gildemeister, E., Ueber Ersatz von Nu- 
trose in itakteriendifferentialnahrbdden. 

75 

— Ueber Variabilitatserscheinungen bei 
Vibrionen. 241 

Gutfeld, Fritz, Erste Mafinahmen bei 
Laboratoriumsiofektionen. 545 

Hausherr, Otlo, Beitrag zur Frage der 
pbysiologischen Agglutination von Y- 
Ruhrbazillen. 95 

neek, Heinrich s. Neumarb, Eugen. 
HflppH, IL, Untersuchungen fiber Schar- 
lach. Experimentelle Erzeugung von 
Leukozyteneinschliissen. 228 

Jungeblut, Claus W., Zum Nachweis des 
Bacterium coli im Wasser mittels der 
B u I i r schen Probe. 63 

Kalkbrenner, Beitrage zur Biologie dee 
Inlluenzabazillus. 277 

Kasparek. Theodor, Bemerkung zum Ar- 
tikel „Ein praktisches Reagenzglas". 319 
Kaneko, Renjlro, Zur Kultur der Spiro- 
chaeta icterohaemorrhagiae und der Spi- 
rochaeta hebdomadis. 345 

Klster, J., Hefenahrboden aus Hefeextrakt 
und Hefepepton. 477 

Klarenbeek, JL, Ueber das spontane Vor- 
jcommen der dem Hyphilisparasiten ahn- 
lichen Spiroohate beim Kaninchen (Tre¬ 
ponema pallidum var. cuniculi). 203 
Knorr, Maximilian, Ueber die fusospiril- 
lare Symbiose, die Gattuog Fusobac- 


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586 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. 86. Heft 7/8. 


terium (K. B. Lehmann) und Spirillum 
sputigenum. (Zugleich ein Beitrag zur 
Bakteriologie der Mundhohle). I. Mit- 
teitung, I. Die Epidemiologie der fuso- 
spiriilaren Symbiose, besondera derPlau t- 
Vincentschen Angina. 536 

Knorr, Maximilian, Experimented© Stu- 
dien iiber die Wirkung yon Rindergalle 
auf Ruhrbazillen. 339 

Kram&r, Eugen, Unterauchungen iiber 
die chemiache Beschaffenheit der Kapsel- 
substanz einiger Kapselbakterien. 401 
Kritscliewsky, I. L., Ueber das Vor- 
kommen von Protozoen in der Zerebro- 
spinalfluseigkeit von Fleckfiebererkrank- 
ten. 526 

Lange, Arthur. Ueber die Koktostabilitat 
gebundener Antikorper. Bemerkung zu 
der Arbeit Spat, dieses Centralbl. Bu. 86. 
II. 3, S. 241. 227 

Lantzsch, Kart, Beitrag zur Kenntnis der 
FI uorescen agru ppe. 81 

?. Linden, Grafin, Entwicklungahemmende 
Wirkung von Kupfer-Glasverbindungen 
auf das Wachstum von Bakterren. 310 
Llpschtitz, B., Der Zellkern als Vims- 
trager. (Die Karyooikongruppe der 
Chlamydozoa-Strongyloplasmen). 303 
—, Ueber Chlamydozoa-Strongyloplasmen. 

VIII. Ueber Gefliigelpocke. 191 

Loesberg, E., Ein Blasenabszett unit B. 
pyocyaneus und B. Proteus anindolo- 
genes van Loghem als Mischerreger. 

185 

Mantenrel, P., u. Beger, n., Weitere Un- 
tersuchungen zur Paratyphusfrage, in- 
eonderheit zur praktischen Brauchbarkeit 
desAbsattigungsverfahrensfiirdieTypen- 
trennung. 161 

Marcuse, KurL Wassermannsche Re- 
aktion und Kokzidiose beim Kaninchrn. 

355 

Martini, E., Ueber die Eier unserer Ano¬ 
pheles. 362 

v. Neergaard, K«, Ueber Thermoregula- 
toren. 564 

Nenmark, Eugen, und neck, Heinrich, 
Ueber Rattenvertilgungsnnttel. 39 
Oeliler, Rudolf, Wirkung von Bakterien- 
giften auf Ziliaten. 302 

Oelze, F. W., Dunkelfelduntersuchungen 
und Azimutfehler. 76 


Pardl, Ugo, Ueber die Natur der leuko- 
zvtaren Einschlusse bei Encephalitis ie- 
thargica. Bemerkungen zur Arbeit der 
Herren Prof. Dr. Hilgermann, Dr. 
Lauxen und Charlotte Shaw. 406 
Pfeiffer, Robert, und Robitsckek, Waller, 
Elio neuesTuberkelbazillenanreicherungs- 
verfahren mit Mastixemulsion. 27 
PlasaJ, 8., und Pribram, E., Beit rage zur 
Sy^tematik der Mikroorgaoismen. Zur 
Systematik der Bacteria bipolaria. Bak- 
terien der bamorrhagischen Septikimie 
im weiteren Sinne. 1 

Preuss, Max, Epidemiologische und mor- 
hologiache Influenzabazillenstudien aur 
era Ende der letzten Pandemie. 283 
Pribram, E. s. Plasaj, S. 

Reichert, Fr., Beschreibuug einee neuen 
Kontrollinstrumentes fur Dampfdesin- 
f ek tionsapparat e. 239 

—, Eine neue Methode zur Bestimmung 
der Konzentration der Hammelblot- 
korperchenaufschwemmungfur die W as- 
sermanusche Reaktion. 315 

—, Ueber den Ablauf vitaler Bakterien- 
farbung und die biologische Wirkune 
der Farbung auf die Keime. llS 

Reuss, Wilhelm, Ueber eiuen meningo* 
kokkenahnlichen Erreger bei einem kli- 
nischen Fall von Meningitis. 532 

Robitschek, Walter s. Pfeiffer, Robert. 
Kom&n, Eugen, Aggluiitiaiionsversuche 
mit polyvalenten Coli-Seris. 470 

Rotky, Ilans, Ueber die Analyse der Ag¬ 
glutination bei Typhuskranken. 16 
Rudovsky, Franz, Die Kokzidiose der 
Wanderratte (Alus decumanus Pall.) uud 
ihre Beziehung zur Kaninchenkokzidiose. 

Simons, Hellmuth, Ueber Selenomonas 
pal pi tans n. sp. 50 

Sleiuer, (L, Beitrage zur Kenntnis der 
Mermithiden. I.leil. Mermithiden von 
Neu-Mecklenburg und Revision einiger 
v. Linstowscher Arten und Rudol- 
phis Filaria truncatula = Mermis trun- 
catula. 451 

Yogel, R.. Ueber das intra vitam beob- 
achtete Vorkommen des groBen Leber- 
egels (Fasciola hep&tica L.) bei einem 
Kinde. ^ 


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Lnhalteverzeichni*. 


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EL Sachrcrzciclmis. 


Agglutination bei Typhuskranken. 16 

— in it Coli. 470 

— von Y-Ruhrbazillen. 95 

Anophclcs-Eier. 362 

Anoploccphala magna. 110. 217 

— mamiliana 116. 219 

— perfoliata. 114. 219 

— pinguis. 440 

Anoplocephaliden der Vogel. 438 

Anreicherungsverfahren fiir Tuberkelba- 

zillen. 27 

Antikorper, gebundene, Koktostabilitiit. 

227 

Avitellina laciniosa n. sp. 374 

Aziinutfehler. 76 


Bac. influenzae s. Influenzabazillen. 


Bac. proteus anindoIogene3. 185 

Bac. pyocyaneus. 185 

Bac. pyogenes anaerobius. 290 

Bacteria bipnlaria. 1 

— rnultoseptica. 1 

Bact. coli, Agglutination. 470 

-, Nachweis in Wasser. 63 

— lactis aerogenes. 289 

Bakterien der hamorrhagischen Septik- 

itrnie. 1 

Bandwurmer des Pferdes. 110. 216 

BI ut k orperchenaufsch wem mung, Bestim- 
mung der Konzentration. 315 

Bulirsche Probe. 63 

Oercariaeum lanceolatum. 410 

Chlamydozoa-Strongyloplasmen. 191. 303 
Cittotaenia psittaeea. 442 

— rhea. 447 

Codonoeephalus urnigerus. 409 

Culiciden. 557 

Dampfdesinfektionsapparat, Kontrollin- 

strument. 239 

Davainea laticanalis. 414 

Desinfektion zahniirztlicker Instrumente. 

387 

Dicrocoelium lanceatum. 409 

Diphtherie-Epidemie. 321 

Distomum. 409 

Diphyllobothrium dccipiens. 411. 414 
Dithyridium variable. 419 

Dunkelfeldlampe. 398 

Dunkelfelduntersuchungen. 76 

Eimeria tcnella. 408 

Encephalitis lethargica. 406 

Fiirbung von Tuberkelbazillen. 23 

—, vitale, der Bakterien. 118 


Fasciola hepatica. 556 

Fimbriaria plana. 419 

Fleckfieber in Riga. 33 

-Protozoen. 526 

Ftuorescens-Gruppe. 81 

Fusobacterium. 536 

Galle, Wirkung auf Ruhrbazillen, 339 
Gastroenteritis paratyphosa B. 486 

Gefliigelpocke. 191 

Hamorrkagische Septikamie, Bakterien der 

1 

Hefenahrboden. 477 

Hexastichorchis Pintneri n. g., n. sp. 377 
H-Ionenoptimum der Bakterien. 481 

Hymenoiepis villosa. 416 

Indobildung. 254 

Influenzabazillen, Biologie. 277 

—, epidemioiogische und morphologische 
Studien. 283 

—, Meningitis. 175 

Kaninchenspirochiitose. 203 

Kapselbnkterien, Kapseisubstanz. 401 

Karyooikongruppe. 303 

Kokzidiosc des Kaninchens. 855 

— der Wanderratte. 427 

Komplementgehalt des menschlichen Blutes. 

50 

Konservierung von Seren. 560 

Kupferglasverbindungen, entwicklungs- 
hemmende Wirkung. 310 

Laboratoriumsinfektionen, erste MaB- 

nahmen. 515 

Leu k ozy teneinschl iisse, bei Encephali t is 
lethargica. 406 

— bei Scharlach. 228 

MastixemuLsion zum Nachweis von Tu¬ 
berkelbazillen. 27 

Meningitis. 175. 532 

Mermis gracilis. 463 

— involute. 460 

— namatanai'ensis n. sp. 452 

— nigrescens Dujardin var. athysanota 

n. var. 455 

— paehyderma. 462 

— pusilla. 458 

— quadripartita. 458 

— truncatula. 464 

Mermithiden. 451 

Moniezia pellucida n. sp. 367 


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(Jentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Origiaale. Bd. 87. Heft 7/8. 


Nahrhoden a us Mefeextrakt und Hefe- 


]x j plon. 477 

Ersatz der Nut rose. 75 

—, Reakt ion. 481 

Nicollia aggregata. 520 

Nut roe, Ersatz derselben. 75 

Parasiten, tierisclie. 407 

Paratyphus, Systematik. 161 

Paratyphus *B abdominal is. 486 

Paronia variabilis. 449 

Pferdebandwurmer. 110, 216 

Pipette, Universal-, fur Wasserinann- 
Reaktion. 317 

Pookenerreger, Reinkultur. 36 

Protozoen bci Fleckficber. 526 

Pseudol utx*rkulose, Diugnostik. 171 

Rattemertilgungsmittel. 39. 466 

Reagenzglas, praktisches. 319 

Rickettsia Prowazeki. 553 

Rudoiphis Filaria truneafula. 464 

Ruhrbazillen, Agglutination. 95 

- , VVirkung von Rindergalle. 339 

Salonoinonas palpitans n. sp. 50 

Schafzestoden. 365 

Seharlach, Leukozyteneinsehliisse. 228 
Sehimmelpilze, pathogene, Ziichtung. 562 
Septikiimie durch Bact. lactis aerogenes. 

289 

Sera, Konservierung. 560 

Sirnulid^n. 557 


Spirillum sputigenum. 536 

Spirochaeta hebdomadis, Ziichtung. 345 
—- icterohaemorrhagiae, Ziichtung. 345 
Spirochiiten bei Kaninchen. 203 

— in Wasserleitungen. 198 

Sterilisation zuhmirztlieher Instrumente. 

387 

Systematik derBakterieu der humorrhagi- 
schen Septikamie. 1 

Tabaniden. 557 

Taenia marginata. 417 

Thermoreguiatoren. 564 

Treponema pallidum var. cuuiculi. 203 
Tuberkelbazilien, Anreicherungsverfahren. 

27 

—, Fiirbung. 23 

Typhus, Agglutination. 16 


Universal pipette fur Wassennann-Reaktion. 

317 

Variabilitiitserscheinungeii bei Vibrionen. 

241 

Vibrionen, Variabilitiitserscheinungen. 241 
Vitalfarbung der Bakterien. 118 

Wassermann-Reaktion 815. 317. 355 
Wasserstof fzahl. 4S l 

Ziliaten, Wirkung von Bakteriengiften. 

302 


III. Vorzcichnis 

Anopheles. Eier. 364 

AnoplnoepliaLa rnagua. 111. 218 

- - marnillana. 117. 221 

— perfoliata. 114. 115. 224. 225 

AnopI(x*epbaliden der Vogel. 441—449 
Azirrmtfehler. 77—79 


Bac. proteus anindologenes. 186. 187 

Bac. pyogenes anaerobius. 295. 296 

Bakterien der hiimorrhagischen Sept i a- 


ainie (Taf.). 

15 

I >iphyIlobothrium decipieus. 

412 

FI u o res( *e n s-G r u p pe. 

83 

Fornefscher Aetherdainpfapparat. 

37 

KaniiiidumapiroHiiitcsc (Taf.). 

216 

Kokzidiose der Wanderratte. 

436 

der Wanderratte (Taf.). 

138 


der Abbildungen. 

Kont rol linst rument f u r Damp* do* i n f e k - 


tionsapparate. 24< 

Leukozyteneinschlusse. 237 

Meningitis (lurch Inf luenzabazi I : • m. iso 

Me rm ith i den. k >3—4 0 4 

Parasiten, tierische (Taf.). A '2 7 

Protozoen bei Fleckfieber. * 

Schafzestoden. 3H^ s 

Spirochiitc in Wasserleitung. 

Thermoregulator. 56*' » i 

Universalpipette. 31 * 

Vi b rionen, Va r iabili tii tse rschei 11 ui •. 'zeu. 

245—203 

Vitale Bakterienfarbung. 147—154 


Frommannflche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 4943 


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