Saussure, Nicglas
Th&odore de | a
Chemische unter-
suchungen
BREUER
Die Klassiker der exakten Wissenschaften umfassen
ihrem Namen gemäss die rationellen Naturwissenschaften, von der
Mathematik bis zur Physiologie und enthalten Abhandlungen aus
den Gebieten der Mathematik, Astronomie, Physik, Chemie
einschliesslich Krystallkunde) und Physiologie.
Die allgemeine Redaktion führt Dr. W. Ostwald, o. Professor
an der Universität Leipzig; die einzelnen Ausgaben werden durch
hervorragende Vertreter der betreffenden Wissenschaften besorgt.
Für die Leitung der einzelnen Abtheilungen sind gewonnen worden:
fir Astronomie Prof. Dr. Bruns (Leipzig), für Mathematik Prof. Dr.
Wangerin (Halle), für Krystallkunde Prof. Dr. Groth (München),
für Pflanzenphysiologie Prof. Dr. W. Pfeffer (Leipzig), für Physik
Prof. Dr. Arth. von Oettingen (Dorpat).
Der Preis für den Druckbogen & 16 Seiten ohne etwaige
textliche Abbildungen ist auf „4 —.25 festgesetzt.
Erschienen sind:
Nr. 1. H. Helmholtz, Erhaltung: der Kraft. (1847.) (60 S.) 80 2.
. €. F. dauss, Lehrsätze in Beziehung auf die im verkehrten Verhält-
nisse des Quadrats der Entfernung wirkenden Anziehungs- und Ab-
stossungskräfte. (1840.) Herausg. von A. Wangerin. (60 S.) 80.9.
» 3. J. Dalton u. W. H. Wollaston, Abhandlungen zur Atomtheorie.
(1803—1808). Herausg. v. W.Ostwald. Mit1 Taf. (80 S.) 502.
. Gay-Lussae, Jod. (1814.) Herausg. v. W. Ostwald. (525.) 80 2.
. €. F. Gauss, Flächentheorie. (1827.) Deutsch herausg. v. A. Wan-
gerin. (62 8.) 80 2.
» 6. E. H. Weber, Über die Anwendung der Wellenlehre auf die Lehre
vom Kreislaufe des Blutes ete. (1850.) Herausg. v.M. v. Frey. Mit
1 Taf. (468) #4 1.—.
» 7. F. W. Bessel, Länge d. einfachen Secundenpendels. Herausg. von
RB. Bruns. Mit 2 Taf. (1718) # 3.—.
» 8. A. Avogadro u. Ampere, Abhandlungen zur Molekulartheorie.
(1811 u. 1814.) Mit 3 Taf. Herausg. v. W.Ostwald. (50 S.)
AL.
» 9. H. Hess, Thermochemische Untersuchungen. (1839—1842.) Herausg.
v.W.Ostwald. (1028.) # 1.60.
» 10. F. Neumann, D. mathem. Gesetze d. inducirten elektrischen Ströme.
(1845.) Herausg. v. C. Neumann. (96 8.) „# 1.50.
» 41. Galileo Galilei, Unterredungen u. mathematische Demonstrationen
über zwei neue Wissenszweige etc. (1638.) 1. Tag mit 13 u.
2. Tag mit 26 Fig. im Text. Aus d. Italien. übers. u. herausg. v.
A. v. Oettingen. (142S) #3.—.
Fortsetzung auf der dritten Seite des Umschlages.
[a0
»
[eb Bag SS
y\v
EN
CHEMISCHE UNTERSUCHUNGEN
über die
VEGETATION
THEOD. DE SAUSSURE.
in nova fert animus mutatas dicere form
Di! Mer (nam vos mutastis et illas
As spira ıte meis
Ovid. lib. I. Met.
PARIS
Buchhändler, rue du Jardinet, No. 2., im Jahr XI.
(1504.)
Bei Nyon We.,
Mehrere soeitz7
von
Dr. A. Wieler.
[Zweite Hälfte.]
LEIPZIG
VERLAG VON WILHELM ENGELMANN
1590.
er
| oh, 3
"a
AR Le E \ .“
(u
‚2
Ar
In
NEE)
\ ur
= Asa R
6.
(r2 77° h N\rs
e j Wo
: i
\
a
|
fr
ke
x
[162] Fünftes Kapitel.
Vom Humus.
Sl.
Untersuchungen über die Zusammensetzung des Humus.
Ich verstehe unter dem Namen Humus jene schwarze Sub-
stanz, mit welcher sich die todten Gewächse bedeeken, wenn sie
der vereinigten Wirkung des Sauerstofigases und des Wassers
ausgesetzt sind. Die Versuche, über welche ich im vorhergehen-
den Kapitel berichtet habe, bezweckten, den Nachweis zu führen,
dass diese Substanz nicht das Ergebniss einer Verbindung des
Sauerstoffgases mit der todten Pflanze, sondern der Ueberrest
des Gewächses nach Abzug einiger seiner Bestandtheile ist.
Für die meisten meiner Untersuchungen benutzte ich fast
reinen Humus, der durch ein enges Sieb von dem grössten Theil
der nicht zersetzten, mit ihm immer vermischten Pflanzentheile
befreit wurde. [163] Er enthielt kaum etwas anderes als die
mineralischen Bestandtheile, welche aus der Pflanze, die sie ge-
bildet hatte, stammten. Ich nahm ihn von hohen Felsen oder
aus Baumstämmen,, wo er durch fremde Substanzen, welche
der Zugang von Thieren, der Dünger und der Absatz von
.Quellen gewöhnlich in den Boden einführen, nieht verändert
werden konnte. Diese Humusarten scheinen mir fruchtbar zu
sein, besonders wenn sie mit einer grossen Menge Sand oder
Kies vermischt sind, der den Wurzeln als Stütze dient und dem
Sauerstoffgas Zutritt gestattet; doch nehme ich den Humus
aus, welcher sich im Stamm gewisser Bäume wie der Eiche
bildet. Wenn das Wasser keinen Abfluss hat, so ist der Humus
mit einer überreichlichen Menge Extractivstoffe beladen, welche
die Gefässe der Pflanzen verstopfen. Diese löslichen Bestand-
theile stammen in diesem Falle nicht in ihrer Gesammtheit aus
dem Humus selbst, sondern zum Theil aus dem lebenden Baume
und sind dann nicht für die Ernährung aller Gewächse geeignet.
Die folgenden Operationen geben uns einen Ueberblick über
die Verschiedenheiten, welehe man im Allgemeinen zwischen der
1*
4 Theod. de Saussure.
Zusammensetzung des Humus und derjenigen der Pflanzen, aus
welchen er stammt, beobachten kann.
[164| Destillation des Eichenholzes. 10,614 Gramm
(200 Gran) trockenes Eichenholz lieferten bei der bis zur Glüh-
hitze fortgesetzten Destillation in einer zugekitteten Glasretorte
229,3 Cubikeentimeter (116 Cubikzoll) Kohlenwasserstofigas +
575 Cubikeentimeter (29 Cubikzoll) kohlensaures Gas + 4,25
Gramm ($S0 Gran) Wasser, welches holzessigsaures Ammoniak
mit einem Ueberschuss an Holzessig in Lösung hielt, + 589
Milligramm (13 Gran) brenzliches bituminöses Oel. Die in der
Retorte verbleibende Kohle wog 2,23 Gramm (42 Gran); sie
enthielt 26 Milligramm (4 Gran) Asche.
Destillation von braunem Humus aus Eichenholz.
10,614 Gramm (200 Gran) trockener Humus aus Eichenholz,
welcher wie das vorhergehende Holz destillirt wurde, gaben 2456
Cubikeentimeter (124 Cubikzoll) Kohlenwasserstofigas + 673
Cubikcentimeter (34 Cubikzoil) kohlensaures Gas + 2,81 Gramm
(53 Gran) Wasser, das holzessigsaures und kohlensaures Ammo-
niak gelöst enthielt, + 530 Milligramm (10 Gran) brenzliches
bituminöses Oel. Die in der Retorte verbleibende Kohle wog
3,13 Gramm (59 Gran); sie enthielt 424 Milligramm (S Gran)
Asche.
[165| Destillation ganzer Pflanzen von Rhododen-
dron ferrugineum. 10,614 Gramm getrocknete Pflanzen lie-
ferten nach der Destillation in einer zugeschmolzenen Glasretorte
bis zur Glühhitze 1952 Cubikcentimeter (100 Cubikzoll) Kohlen-
wasserstoffgas + 634 Cubikcentimeter (32 Cubikzoll) kohlensaures
Gas + 3,34 Gramm (63 Gran) Wasser, welches holzessigsaures
Ammoniak mit einem Ueberschuss an Holzessig enthielt, + 1,7
Gramm (32 Gran) brenzliches bituminöses Oel. Die in der Re-
torte zurückgebliebene Kohle wog 2,813 Gramm (53 Gran) ; sie
enthielt 159 Milligramm (3 Gran) Asche.
Destillation des schwarzen Humus von obigem
Rhododendron. 10,614 Gramm (200 Gran) des getrockneten
und biszur Glühhitze destillirten Humus lieferten 2040 Cubik-
centimeter (103 Cubikzoll) Kohlenwasserstofigas + 673 Cubik-
centimeter (34 Cubikzoll) kohlensaures Gas + 3 Gramm
(57 Gran) Wasser, welches holzessigsaures und kohlensaures
Ammoniak enthielt, + 557 Milligramm (11 Gran) brenzliches
bituminöses Oel. Die Kohle des Destillationsrückstandes wog
Ben Gramm (65 Gran); sie enthielt 689 Milligramm (13 Gran)
sche.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 5
Die Destillation des Humus von Gras und von der Tanne,
sowie die dieser Pflanzen selbst, [166] lieferte mir Produete,
welche die nämlichen Unterschiede darbieten. Hieraus geht
hervor, dass die unzersetzten Gewächse bei gleichem Gewichte
mehr Sauerstoffgas und weniger Kohlenstoff als ihr Humus ent-
halten ; wir wissen jedoch nicht, ob der Kohlenstoff in demselben
gänzlich an die anderen Bestandtheile gebunden ist.
Das Stickgas findet sich in viel grösserem Verhältniss in dem
Humus als in der unzersetzten Pflanze. Dies Ergebniss kann
nicht überraschen, da die in Berührung mit der Luft gährenden
Gewächse fast kein Stickgas entwickeln. Indessen kann man
nicht dieser einzigen Ursache alles kohlensaure Ammoniak zu-
schreiben, welches ich bei der Destillation erhielt; ohne Zweifel
rührt es zum Theil von den Insecten her, welche im Humus
leben und ihre Abfälle in demselben zurücklassen.
Der berühmte Klaproth gewann bei der Destillation des
Torfs Producte*), welche unzweifelhaft nur sehr wenig Stick-
gas enthielten, weil der Holzessig in überreicher Menge vorhan-
den war. Aber der Torf kann nicht als ein wirklicher Humus
betrachtet werden. Er ist der Rückstand bei der im stagniren-
den Wasser und zum Theil ohne Berührung mit Luft stattfinden-
den Zersetzung der Gewächse; [167] denn in diesem Fall ent-
wickeln sie Stickstoff in der Gestalt eines Gases. Der Torf scheint
eine geringere Menge Kohlenstoff zu enthalten, als der ausge-
gebildete Humus. Man vergleiche die Verkohlungen des Humus
Nr. 8, 15 und 19 mit denen des Torfes Nr. 32 und folgende in
der diesem Kapitel angehängten Tabelle.
Die Säuren äussern in einem Gemisch mit Humus keine
merkliche Wirkung, sie rufen in demselben kein Aufbrausen
hervor, sie lösen den Humus nicht vollständig, sie beladen sich
mit einem Theile des Eisens und der erdigen Bestandtheile,
welche er enthält, aber mit sehr wenig der vegetabilischen Sub-
stanz; die concentrirte Salz- und Schwefelsäure verwandeln
diese in der Wärme in Kohle und entwickeln aus ihr nach einer
Angabe von Vauquelin Essigsäure.
Der Alkohol löst den Humus nicht, er entzieht ihm gewöhn-
lich eine kleine Menge Extractivstoffe und Harz, welche höch-
stens zwei oder drei Hundertsteln vom Gewicht des Humus ent-
spricht.
*) Beiträge zur chemischen Kenntniss, 3. Band.
6 Theod. de Saussure.
Kali und Natron lösen den Humus fast gänzlich auf; er ent-
wickelt während ihrer Einwirkung Ammoniak. Diese Lösung
wird von Säuren zersetzt, [168], sie fällen aus derselben ein
im Verhältniss zu dem zu dieser Operation benutzten Gewicht
wenig reichliches, braunes, brennbares Pulver.
UN
Ivy
Ueber die Extractivstoffe des Humus.
Der Humus ist der Hauptsache nach im Wasser unlöslich.
Dasselbe entzieht ihm Extraetivstoffe, welche nieht mehr der
Humus selbst sind. In den folgenden Versuchen werde ich einen
Ueberbliek über die Extractmenge geben, welche reines Wasser,
das auf einen fruchtbaren Boden fällt, aufnimmt.
Ich füllte ein grosses Gefäss mit fast reinem Grashumus und
begoss denselben so lange mit destillirtem oder Regenwasser, bis
er nichts mehr aufnehmen konnte; nach fünf Tagen wurde er
der Wirkung einer Presse unterworfen. Zehntausend Gewichts-
theile ausgepresste und filtrirte Flüssigkeit lieferten beim Ein-
dampfen bis zur Trockenheit ein sechsundzwanzig Gewichts-
theile wiegendes trockenes Extract.
Denselben Versuch stellte ich die gleiche Zeit über mit der
schweren Erde aus einem Gemüsegarten, der mit Mist gedüngt
worden war, an. Zehntausend Gewichtstheile ausgepresstes
Wasser lieferten ein trockenes Extract von zehn Gewichts-
theilen.
169) Dasselbe Experiment unter gleichen Verhältnissen mit
dem leichten Boden eines Feldes, das eine schöne Getreideernte
brachte, wiederholt, gab auf zehntausend Theile Wasser vier
Theile Extract.
Der Humus war vor dem Versuch troeken, und das zu seiner
Benetzung benutzte Wasser enthielt kein kohlensaures Gas.
Aber das Wasser verhielt sich nieht mehr ebenso, als es dem
Humus nun wieder entzogen wurde; da trübte es Kalkwasser
durch Bildung von kohlensaurem Kalk, aber nicht viel stärker als
die gewöhnlichen Quellwasser. Hundert Cubikzoll Humuswasser,
welches gleich in die Retorte ausgepresst worden war, in welcher
ich dasselbe unmittelbar nach der Auspressung einer Kochung
unterzog, lieferten eine Luft, die allerhöchstens 2 Cubikzoll
kohlensaures Gas enthielt. Diese Bestimmung kann nicht sehr
genau sein, aber andere Beobachtungen deuten daraufhin, dass
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 3
die Menge kohlensaures Gas, welches die Wurzeln aus einem ge-
wöhnlichen Boden schöpfen, nicht beträchtlich ist.
Bringt man in einen Ballon den ganzen oberen Theil einer
grünen in Humus wurzelnden Pflanze und schliesst sorgfältig
den Hals dieses Gefässes an der Ursprungstelle des Stengels, so
kann man erst nach mehreren Tagen oder selbstmehreren Wochen
[170| eine kleine Verbesserung der Luft im Ballon bemerken,
obgleich das Volumen des durch die Blätter ausgehauchten
Wassers sehr gross war.
Die Extraetmenge, welche kochendes Wasser aus reinen,
natürlichen*) und auf freiem Felde gebildeten Humusarten ab-
scheiden kann, ist unbedeutend. Ich unterwarf diese Humus-
arten zwölf auf einander folgenden Abkochungen, von denen
jede eine halbe Stunde dauerte und mit einer das vierund-
zwanzigfache des Gewichtes des Humus übertreffenden Menge
Wasser angestellt worden war. Die Extraetmenge, welche ich
durch alle diese Operationen sammeln konnte, überstieg den
elften Theil des Gewichtes des Humus nicht, häufig war sie
viel geringer. Mir schien ein reiner Humus, der nach den
zwölf erwähnten Abkochungen eine Extractmenge gleich dem
elften Theil seines Gewichtes lieferte, unter gleichen Verhält-
nissen für Saubohnen und Erbsen weniger fruchtbar zu sein als
derselbe Humus, der nur die Hälfte oder zwei Drittel der ange-
gebenen Extractmenge enthielt.
(171] Wenn die Extractmenge, welche der Humus besitzen
muss, um eine schöne Vegetation zu unterhalten, nicht zu gross
sein darf, so darf sie auch nicht zu klein sein. Ich unterwarf
einen fast reinen Humus zwölf auf einander folgenden Ab-
kochungen unter Erneuerung des Wassers; in zwei mit ihm
gefüllte Blumentöpfe säete ich Saubohnen, Erbsen und Gersten-
körner und begoss sie mit Regenwasser, dessen Reinheit der-
jenigen des destillirten Wassers gleichgesetzt werden konnte.
Gleiche Samenkörner sind zur nämlichen Zeit in zwei den vor-
hergehenden gleichen und mit demselben Humus gefüllte Töpfe
gesäet worden; diesem Humus war jedoch sein Extraet nicht
entzogen worden. Die Pflanzen trugen in beiden Versuchen
*) Ich verstehe unter dieser Bezeichnung einen Humus, der nach
seiner Verbrennung nur eine kleine Menge Asche hinterlässt, die nicht
den zehnten Theil seines Gewichtes übersteigt. Auch setze ich vor-
aus, dass der Humus nicht durch Dünger verbessert, noch durch eine
künstliche Anhäufung von Gewächsen, welche zu gleicher Zeit abge-
storben sind, gebildet wurde.
S Theod. de Saussure.
fruchtbare Samen, aber das Gewicht dieser Pflanzen und ihrer
Samen war um ein Viertel grösser, wenn sie in dem mit seinem
Extraect versehenen, als wenn sie in dem erschöpften Humus ge-
wachsen waren. Indessen veränderte die Wirkung der Ab-
kochungen seine äusseren Kennzeichen nicht; man kann ihn
mit dem Auge und beim Berühren nicht von demjenigen unter-
scheiden, der sein Extract behielt. Nur schien mir der er-
schöpfte Humus eine grössere Menge Wasser einsaugen und an
sich halten zu können.
Hundert Theile trockner und seiner löslichen Bestandtheile
zum grössten Theil beraubter Humus 172] konnte 477 Theile
Wasser zurückhalten.
Der trockene, nicht gewaschene Humus konnte höchstens
400 Theile zurückhalten.
Hierin verhält sich der Humus wie das Holz, er kann durch
das Wasser nicht vollständig seiner Extractstoffe, wenigstens
unter unseren Augen und in Berührung mit Luft, beraubt wer-
den. Die ersten Macerationen oder Abkochungen entziehen ihm
mehr Extract als die folgenden, aber bald gelangt man an einen
Punkt, wo er eine constante Menge liefert, welche sich nicht
mehr merklich vermindert. Wenn man den befeuchteten Humus
der lange andauernden Einwirkung der äusseren Luft aussetzt,
erleidet er, nachdem er dies Maximum der Erschöpfung erreicht
hat, eine Veränderung, kraft welcher er eine grössere Menge Ex-
tract als bei der vorhergehenden Abkochung liefern kann. Zehn-
tausend Gewichtstheile trocknen schwarzen Humus von Rhodo-
dendron ferrugineum, welche nach der Verbrennung 65 Theile
Asche lieferten, wurden mit dem vierundzwanzigfachen ihres
Gewichtes an destillirtem Wasser gekocht, diese Abkochung
lieferte nach der Filtration ein 250 Theile wiegendes Extraet.
Dasjenige der 9. Abkochung wog 40 Theile. Die 10.und 11. Ab-
kochung gaben getrennt eine gleiche Menge. Der bis zu diesem
Grade erschöpfte und befeuchtete Humus wurde drei Monate
lang geschützt vor Staub der Wirkung der Luft ausgesetzt. [173]
Nach diesem Zeitpunkt wurde er einer 12. Abkochung gleich der
vorhergehenden unterworfen und lieferte ein 58 Theile wiegendes
Extract. Maceration in kaltem Wasser bringt übereinstimmende
Wirkungen hervor. Diese lange Zeit fortgesetzten und mehr als
fünfzig Mal mit demselben schon durch die Abkochungerschöpften
Humus wiederholten Macerationen riefen immer wenigstens in
Berührung mit Luft durch ein sehr lösliches Extraet gefärbte
Aufgüsse hervor.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 9
Der durch die Abkochung zum Theil seiner Extractivstoffe
beraubte Humus liefert bei der Destillation nahezu dieselben
Producte wie der nicht erschöpfte Humus, nur ist die Menge der
bei dieser Operation zurückbleibenden Kohle ein wenig beträcht-
licher in dem theilweise erschöpften Humus. Hundert Theile
dieses letzteren lieferten 334 Theile Kohle, die 51 Theile Asche
enthielt. Hundert Theile des nämlichen, aber mit seinem Extract
versehenen Humus lieferten bei der gleichen Operation 31 Gran
Kohle, die 64 Theile Asche enthielt“). Diese Zunahme in dem
Verhältniss des Kohlenstoffs des Humus liegt zwischen sehr
engen Grenzen. |174| Als ich von Neuem diesen erschöpften
Humus mehreren auf einander folgenden Abkochungen unter-
warf, konnte ich das Kohlenstoffverhältniss nicht vergrössern,
obgleich ich durch diese Operationen eine grosse Menge Ex-
tract auszog.
Das Humusextraet zerfliesst nicht ; bei der Destillation liefert
es kohlensaures Ammoniak. Die der Syrupconsistenz genäherte
wässerige Lösung dieses Extractes ist weder alkalisch noch sauer;
sie hat einen zuckerigen Geschmack, an der Luft bildet sie einen
Niederschlag, nach einigen Augenblicken wird sie durch Kalk-
wasser, kohlensaures Kali und die meisten metallischen Lösungen
getrübt. Wenn man sie mit Alkohol mischt, wird ein Theil ge-
löst und ein anderer unlöslicher davon getrennt. Der in Alkohol
lösliche Stoff zerfliesst leicht. Das durch die ersten Macerationen
des Humus mit Wasser gewonnene Extract enthält bei gleichem
Gewicht ein grösseres Maass des zerfliesslichen Stoffes als das
durch die folgenden Macerationen gewonnene Extraect **).
[175] 83.
Von den im Humus enthaltenen Salzen.
Die Reagentien lassen gewöhnlich durch ihren einfachen Zu-
satz zu dem Aufguss eines natürlichen, auf freiem Felde gebildeten
Humus keine nennenswerthen Mengen von Kali, salzsauren und
*) Man sehe die zu diesen Verkohlungen benutzten Verfahren in
der Anmerkung am Ende dieses Kapitels.
**, Ich weiss nicht, ob dieser zerfliessliche extrahirte Stoff durch
den nicht zerfliesslichen Stoff, der reichlich vorhanden ist, so einge-
hüllt wird, dass er verhindert wird, aus der Luft Feuchtigkeit anzu-
ziehen, oder ob der Alkohol in den Extractstoffen eine neue Verbin-
dung bedingt.
10 Theod. de Saussure.
schwefelsauren Alkalien entdecken, wenn er nichts von ihnen
aus dem Untergrunde, auf welchem er ruhte, aufgenommen hatte.
Die meisten der in den Gewächsen enthaltenen alkalischen Salze
verrathen ihre Gegenwart nur durch den Verbrennungsrück-
stand; ebenso verhält es sich mit den in dem Humus enthaltenen
Salzen.
Mehrere Schriftsteller glaubten, dass die Pflanzen sich selbst
die Salze, welche sie enthalten, schaffen, weil die Asche der
meisten natürlich vorkommenden Humusarten keine Salze an
kochendes Wasser abgeben. Diese Schlussfolgerung ist un-
zweifelhaft voreilig. Alle von mir geprüften Humusarten ent-
hielten alkalische Salze, obgleich ihre Aschen oft für Wasser
unangreifbar waren. Diese Salze wurden jedoch in der Asche
durch eine halbe Verglasung mit erdigen Stoffen zurückgehalten,
da diese letzteren überreichlich vorhanden waren. Hundert
Theile Grashumus lieferten mir bei der Verbrennung fünfzig
Theile Sand oder Asche, [176) welche an kochendes Wasser keine
salzigen Bestandtheile abgaben. Aber 100 Theile des trocknen
Extractes von dem nämlichen Humus lieferten 14 Theile Asche,
und 100 Theile dieser letzteren bildeten mit kochendem Wasser
eine Lauge, welche 25 Theile Salze, nämlich freies Kali, salz-
saure und schwefelsaure Alkalien enthielt. Eine weitere Analyse
zeigte mir, dass das Wasser nur die Hälfte der in dieser Asche
enthaltenen Salze ausgezogen hatte.
Hundert Theile Rhododendron-Humus enthielten 64 Theile
Asche. Hundert Theile dieser Asche konnten an das Wasser
nur 4 Theil alkalischer Salze abgeben. Hundert Theile Asche
von dem Extraet dieses nämlichen Humus gaben an das Wasser
ein Drittel ihres Gewichtes an alkalischen Salzen ab und es
fehlte noch viel, dass diese Flüssigkeit sie vollständig ausge-
zogen hätte.
Ich stellte dieselben Versuche mit sechs anderen sehr ver-
schiedenen Humusarten an, sie lieferten mir alle übereinstim-
mende Ergebnisse.
[177] Sa.
>
Ueber die Veränderungen, welche das Sauerstoffgas durch seine
Berührung mit dem Humus erleidet.
Der Humus ist der Rückstand einer verfaulten Substanz, aber
er ist selbst nicht mehr der Fäulniss fähig. Er kann sogar als
Antisepticum betrachtet werden; denn die Extractivstoffe, welche
re
ee Dit Do
u a
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 11
er enthält, sind isolirt fähig, in die faulige Gährung überzugehen ;
sie unterliegen derselben nicht, wenn sie mit dem Humus ver-
einigt bleiben. Ich hielt ein Jahr lang reine, nicht erschöpfte
Humusarten in mit Wasser gefüllten und mit Quecksilber abge-
schlossenen Recipienten; sie gaben dort kein Gas von sich ausser
vielleicht jener kleinen Menge kohlensaures Gas, mit welcher
sich das Wasser, das sie bedeckte, beladen konnte.
Man kann nicht daran zweifeln, dass der Humus, wenn man
seine salzigen und erdigen Bestandtheile ausnimmt, durch die
vereinigte Wirkung der Luft und des Wassers vollständig zer-
störbar ist. Ohne mich zum Beweis dessen auf kleinliche Unter-
suchungen zu beziehen, kann ich nichts besseres thun, als die
Beobachtungen meines Vaters (Voyages dans les Alpes $ 1319)
über den Humus, welcher die Ebenen zwischen Turin und Mai-
land bedeckt, und dessen Cultur bis ins graueste Alterthum zu-
rückgeht, hierherzusetzen.
[178] »Die geringe Dicke der Humusschicht, welche man in
diesen Ebenen wahrnimmt, scheint mir daher zu beweisen, dass
man die Menge dieser Erde nicht als einen Maasstab für die
Zeit betrachten kann, welche verstrichen ist, seitdem das Land
anfıng, Gewächse hervorzubringen; denn in einem Raume von
10 Meilen zwischen Turin und St. Germano sah ich sie nirgends
bis zur Dieke von einem Fuss gehen. Nun beweist aber meines
Erachtens die Geringfügigkeit dieser Menge, dass diese Erde
einer Zersetzung unterworfen ist, die ihrer Zunahme eine Grenze
setzt; denn wie erklärt es sich ohne diese Zersetzung, dass ein
flaches fruchtbares und seit mehr denn dreitausend Jahren eulti-
virtes Land nicht eine diekere Humusschicht besitzt?
»Diese Zerstörbarkeit des Humus ist eine über jede Ausnahme
erhabene Thatsache, und die Ackerbauer, welche den Dünger
durch häufiges Umpflügen ersetzen wollten, haben die traurige
Erfahrung davon gemacht. Sie haben gesehen, dass ihre Land-
güter allmählich verarmten, und dass ihre Felder durch die Ver-
niehtung des Humus unfruchtbar wurden. «
»Da also diese Erde zerstörbar ist, so muss die Menge,
welche zerstört wird, bis zu einem bestimmten Grade ihrer ab-
soluten Menge proportional sein, 179) und da andererseits die
jährlich gebildete Menge begrenzt ist, so muss ihre Zunahme
nothwendig bestimmte Grenzen haben. «
»Die Grenzen dieser Zunahme müssen nach dem Klima, nach
der Natur und der Lage des Grundes, welcher dem Humus als
1? Theod. de Saussure.
Unterlage dient, nach den Pflanzen, welche auf ihm wachsen,
nach der Art der Cultur, welche man ihm angedeihen lässt, und
schliesslich nach der Fruchtbarkeit des Landes verschieden sein.
Aber selbst wenn die Ursachen, welche darauf hinzielen, die
Dicke dieser Erdschicht zu vergrössern, sich vereinigt fänden,
so könnte man nicht zweifeln, dass sie schliesslich ein gewisses
Maximum erreichen würde, über welches hinaus die zersetzen-
den Ursachen, welche den bildenden gleich geworden sind, ihr
eine weitere Zunahme nicht gestatten würden. «
Reine mit destillirtem Wasser imbibirte Humusarten, die in
mit atmosphärischer Luft oder Sauerstofigas gefüllten und mit
Quecksilber abgesperrten Reeipienten eingeschlossen waren, bil-
deten in denselben kohlensaures Gas, indem sie das Sauer-
stoffgas zum Verschwinden brachten; niemals jedoch konnten
sie das Volumen dieser Atmosphäre um eine grössere Menge als
das Volumen des Wassers, welches sie zu befeuchten diente,
verkleinern, welches auch immer die Menge des Humus und die
Dauer des Versuches war; |180] dieser wurde einige Male
länger als ein Jahr fortgesetzt. Wenn dies Wasser vorher mit
kohlensaurem Gas imprägnirt worden war, änderten die Humus-
arten das Volumen ihrer Atmosphäre nicht. Das verbrauchte
Sauerstofigas fand sich in genau gleicher Menge in dem gebil-
deten kohlensauren Gas wieder, und es wurde weder Wasser-
stoff noch Stickgas entwickelt.
Augenscheinlich geht aus diesen Versuchen hervor, dass der
Humus das atmosphärische Sauerstoffgas weder bindet noch ver-
braucht. Die Wirkung des letzteren beschränkt sich blos dar-
auf. dem Humus Kohlenstoff zu entziehen.
Um die soeben mitgetheilten Ergebnisse zu erhalten, darf der
Humus nicht mit eisenhaltigen oder thonigen Absätzen beladen
sein. Das in diesen Absätzen enthaltene unvollkommen oxydirte
Eisen verbindet sich in der That mit dem Sauerstofigas; aber
diese Wirkung wird jedoch nicht durch den Humus, noch durch
die reinen Erden, noch selbst durch das Eisen und Mangan,
welche mit dem pflanzlichen Theil des Humus in Verbindung
treten, und welche durch die Einäscherung in demselben angezeigt
wurden, hervorgerufen.
Das Sauerstoffgas entzieht dem mit seinen Extraetivstoffen
versehenen Humus eine grössere Menge Kohlenstoff als demjeni-
gen, der durch Abkochungen derselben beraubt ist.
Dieser letztere bildete bei gleichem Gewicht mit dem atmo-
sphärischen Sauerstoff die Hälfte weniger an kohlensaurem Gas
als der nämliche nicht erschöpfte Humus.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 13
[181] Der befeuchtete und in Gefässen, welche die Extractiv-
stoffe nicht entweichen lassen, eingeschlossene Humus verliert,
im trockenen Zustand betrachtet, einen Theil seines Gewichtes
durch die Berührung mit dem Sauerstoffgas, und dieser Verlust
ist grösser als das Gewicht des Kohlenstoffs, welcher ihm durch
dies Gas entzogen wird. In einer Glaskapsel mischte ich
30,57 Gramm (eine Unze) Rhododendron-Humus, der im Schatten
bei einem bestimmten Grade des Thermometers und Hygrometers
getrocknet worden war*), mit Wasser, bis er nichts mehr da-
von aufsaugen konnte; diese Kapsel stellte ich unter einen mit
atmosphärischer Luft gefüllten Recipienten, dessen Luft mehrmals
erneuert und bei diesem Verfahren jedesmal eudiometrisch ge-
prüft wurde. Der Versuch dauerte vier Monate; davon brachte
der Humus drei unter einem Reecipienten zu, und brauchte einen
um im Schatten in freier Luft bei dem nämlichen Grade zu
trocknen, den er vor seiner Mischung mit dem Wasser besass.
Dann fand ich, dass sich sein Gewieht um 849 Milligramm oder
16 Gran vermindert hatte. [182] Während seiner Absperrung
unter dem Recipienten brachte er 476 Cubikcentimeter (24 Cu-
bikzoll) Sauerstoffgas zum Verschwinden und ersetzte sie durch
das gleiche Volumen kohlensaures Gas. Demnach bildete er
während des ganzen Versuches ungefähr 32 Cubikzoll kohlen-
saures Gas, wenn vorausgesetzt wird, dass die Bildung des
kohlensauren Gases während des Einschlusses und während des
Trocknens die gleiche war.**) Da nun aber 32 Cubikzoll
kohlensaures Gas nach Zavorsier 6 Gran Kohlenstoff enthalten,
so muss der Humus ausser diesem Element eine 10 Gran Wasser
entsprechende Menge Sauerstoff- und Wasserstofigas verloren
. haben.
Das Verhältniss des Kohlenstoffs vergrössert sich durch den
Entzug des Wassers in dem Rückstande der Gewächse, welche
sich in Humus verwandeln, aber der Kohlenstoff nimmt, wie ich
*, Dieser Humus fühlte sich schon lange vollkommen trocken an;
obgleich er nicht zerfliesslich war, schwankte sein Gewicht doch nach
dem Stand des Thermometers und Hygrometers.
**) Der Humus bildet wahrscheinlich weniger kohlensaures Gas
unter sonst gleichen Umständen unter einem Recipienten als in freier
Luft; da er aber fast keine Einwirkung auf das Sauerstoffgas in den
letzten Stadien des Trocknens ausübt, die viel Zeit in Anspruch neh-
men, so glaube ich, dass dasjenige kohlensaure Gas, welches ich dem
arucknen zuschreibe, vielmehr im Ueberfluss vorhanden ist, als dass
es fehlt.
14 Theod. de Saussure.
glaube, bei dieser Operation nicht in dem ausgebildeten Humus
zu; er muss nahezu durch die Einwirkung der Luft und des
Wassers sein Sauerstofigas, Wasserstofigas und seinen Kohlenstoff
in dem nämlichen Verhältniss verlieren. [183] Wenn er sein
Sauerstofigas und Wasserstoflgas in grösserem Verhältniss als
seinen Kohlenstoff verlöre, so würde man oftmals auf einem
seit langer Zeit von Vegetation entblössten Boden Rückstände
finden, welche fast reiner Kohlenstoff oder Kohle sein müssten.
Man begegnet aber niemals Derartigem, sie hefern alle bei der
Destillation Producte, in denen der Kohlenstoff höchstens die
Hälfte ausmacht.
Der Kohlenstoff ist ein sehr kräftiges Antisepticum, und der
Zustand, in dem er sich in dem Humus findet, scheint geeignet
zu sein, diesem zum Theil jene Eigenschaft mitzutheilen. Ich
füllte mehrere gleiche Gefässe mit verschiedenen reinen oder fast
reinen Humusarten; in jedes der Gefässe legte ich eine gleich
grosse Menge Rindfleisch. Derselbe Ver such wurde unter sonst
gleichen Umständen mit Sägespänen von den Hölzern, von wel-
chen diese Humusarten stammten, mit reiner Kohle, mit Kalk-
sand, mit Kieselsand, mit thonigem Sande und bei freier Luft
angestellt. Das Fleisch hielt sich ohne Veränderung ein wenig
länger in der Kohle als in dem Humus, aber viel länger im
Humus als in den Sägespänen, den verschiedenen Sandarten
und als an freier Luft. [184 Es wird zum Theil aus dieser an-
tiseptischen Wirkung des Humus ersichtlich, dass es etwas sehr
Verschiedenes ist, ob man Pflanzen, um die Vegetation zu unter-
halten, mit isolirten und erneuerten Extractlösungen ernährt,
oder ob man ihnen Humus liefert. Der unlösliche Theil desselben
verhindert die nicht zersetzten vegetabilischen Stoffe, den Pflan-
zen in Gährung begriffene Säfte zu liefern, die der Vegetation
stets schädlich sind.
Rückblick.
Der Kohlenstoff findet sich in grösserem Verhältniss im Humus
als in den Pflanzen, aus denen dieser stammt. Indessen scheint
das Verhältniss des Kohlenstoffs, welchen der Humus enthält,
nicht ansehnlich durch die andauernde Wirkung derjenigen Ur-
sachen, welche ihn bildeten, vergrössert werden zu können.
Der befeuchtete, aber im trockenen Zustand betrachtete
Humus verliert bei der Temperatur der Atmosphäre durch die
Berührung mit Sauerstoffgas an Gewicht. Letzteres wird nicht
- WU VOR E DS I
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 15
in ihm gebunden, es vereinigt sich auch nicht mit dem Wasser-
stoffgas des Humus, um Wasser zu bilden. Das Sauerstofigas
entzieht ihm nur Kohlenstoff. Indem der Humus dies Element
verliert, giebt er zu gleicher Zeit sein Sauerstofi- und Wasser-
stoffgas in Gestalt von Wasser und einem im demselben löslichen
Extract ab. |185] Der Humus scheint also bei der Tempe-
ratur der Atmosphäre durch die vereinigte Wirkung des Sauer-
stoffgases und wässeriger Abspülungen vollständig zerstörbar
zu sein.
Die extrahirten Säfte des Humus tragen bis zu einem gewis-
sen Grade zu seiner Fruchtbarkeit bei; ihre Asche enthält alle
Bestandtheile der Pflanzenasche.
Der reine Humus ist antiseptisch.
Anmerkung
Ueber die V erkohlung verschiedener vegetabilischer Substanzen.
Wenn man ein Gewächs oder einen seiner organischen Stoffe
in einer zugekitteten Retorte destillirt, so genügt der Grad des
Feuers, welchen dieselbe ohne zu schmelzen ertragen kann, oft
nicht, um allen Wasserstoff, welcher mit der Kohle verbunden
bleibt, und welcher bei höherer Wärme entbunden werden
könnte, auszutreiben. Dies Verfahren würde indessen nicht un-
geeignet sein, um über die relativen Mengen Kohle, welche in
den nieht flüchtigen vegetabilischen Substanzen enthalten sind,
ein Urtheil zu fällen, wenn bei einem höheren Grad des Feuers,
als ihn die Retorte ertragen kann, die verschiedenen Kohlen den
Wasserstoff stets in dem nämlichen Verhältniss zurückhielten,
[186] Aber so verhält es sich nicht. Die vegetabilischen Sub-
stanzen, welche wie gewisse Samen dicht sind und die Fähigkeit
haben, durch die Wirkung des Feuers weich zu werden, halten
den Wasserstoff in grösserem Verhältniss zurück als diejenigen,
welche lockerer sind und nicht wie die meisten Hölzer weich
werden.
In den Ergebnissen, welche ich mitzutheilen im Begriffe stehe,
überstieg der zur Verkohlung benutzte Feuerungsgrad denjeni-
gen, welcher Silber in Fluss hält; und da das Gewicht der ver-
schiedenen Kohlen sich nicht änderte, als sie einer höheren
Temperatur unterworfen wurden, habe ich Grund zu glauben,
dass sie unter einander vergleichbar sind. Die Art und Weise
das Feuer zu behandeln, oder die Zeit, welche bis zur Erreichung
16 Th£&od. de Saussure.
des höchsten angewandten Wärmegrades verstrich, änderte ich
nicht.
Um solche Verkohlungen zu bewerkstelligen, hülle ich die
trockene vegetabilische Substanz in Papier ein, woraus ich ein
dichtes Knäuel mache, welches in eine eylindrische Eisenbüchse
oder in ein an einem Ende offenes, am anderen Ende geschlos-
senes Rohr von 9 Centimeter Höhe und 4 Centimeter Weite ein-
geführt wird. Ueber dem Knäuel bringe ich einen Eisenstöpsel
an, der mit einem verticalen Arm versehen ist, um ihn heraus-
zuziehen, er nimmt genau den inneren Durchmesser des Cylin-
ders ein. Die Eisenplatte wird in dieser Stellung mit Thon fest-
gekittet |187] und mit einer Lage Kohlenstaub und einer zweiten
Lage Asche bedeckt.
Nach der Operation wiege ich das verkohlte Knäuel, olıne
es zu verändern, so lange es warm ist, und ziehe davon das Ge-
wicht der Papierkohle ab, das durch eine vorgängige Operation
festgestellt worden war.
Die zum Einsammeln, Trocknen und Veraschen der Gewächse
benutzten Vorsichtsmaassregeln sind die nämlichen, wie sie im
Kapitel IX werden angegeben werden.
In mehreren Fällen kann man über die relativen Mengen
der von verschiedenen Substanzen gelieferten Kohle nur urthei-
len, wenn man sie als aschefrei berechnet. Das Ergebniss
dieser Berechnungen ist in der fünften Spalte der Tabelle über
die Verkohlungen eingetragen worden. Ich führe ein Beispiel
dafür an; 100 Gewichtstheile Humus von Tannennadeln (No. 19)
lieferten 28 Theile Asche; 100 Theile desselben Humus ga-
ben 524 Theile aschehaltige Kohle. Indem ich diese Asche
von dem Humus und der Kohle abziehe und die Proportion
100 — 28 : 52,5 — 28 = 100: x ansetze, finde ich, dass
100 Theile dieses aschefreien Humus 34 Theile Kohle geliefert
haben würden.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 17
Verkohlungen
: ee Gewichtder
Gewicht Gewicht N
No. Bezeichnung | der von er =
der Ver- 100 Theilen | 100 Theilen | nam
k der Trocken- | Trocken- eh Bee
oh- substanz substanz Kohl: 2 En
lung Substanzen gelieferten | enthaltenen Ab g wi
Kohle | Asche un,
| $ | Asche
1 | Eichenholz (Quercus robur), 19,75 0,2 19,69
vom Splint getrennt |
2 |Rinde zu dem vorstehenden | 17,5 0,4 |. 17,86
Holz gehörig
3 | Holz und Rinde der vorstehen- | 16,75 0,2 | 16,54
den Eiche, durch wieder- |
holte Abkochungen vom |
Extract befreit
4 |Rinde des Stammes der vor- 26 5 DA
stehenden Eiche
5 | Bast vorstehender Rinde 24,8 3,2 19,82
Rinde von Eichenzweigen von | 26, 21,92
1 Centimeter (5 — 6 Linien)
Durchmesser
7 | Berindete Eichenzweige von| 17 0,4 16,66
1 Centimeter (5 —6 Linien)
Durchmesser
8 | Brauner Humus v. Eichenholz | 28,5 25,44
9 |Eichenholz, welches ohne| 20 6,8 14,
Luftberührung durch Fäul-
niss weiss geworden war
10 Im Mai gesammelte Eichen- | 30 5,3 26,1
blätter
11 |Im September gesammelte | 26 5,5%. 1,,621.69
Eichenblätter
12 | Levantische Galläpfel 30 2 28,57
13 Kork 22 0,87 21,31
14 |Ganze Pflanzen von Rhodo- 23,5 1,6 22,5
dendron ferrugineum
15 ‚Schwarzer aus vorstehender 31 6,5 26,2
Pflanze gebildeter Humus
16 |Der nämliche Humus, aber | 33,25 5,25 28,58
dureh wiederholte Abkoch-
ungen seines Extractes be-
raubt |
Ostwald’s Klassiker.
16.
190]
191)
18 — Theod. de Saussure.
FT
Verkohlungen
| Gewicht Gewicht | Gewicht der
No. Bezeichnun der von der in |Y0n100 Thei-
derer: 5 100 Theilen | 100 Theilen |1®" ae Sn
en: der Trocken- Trocken- ei orte
koh- substanz substanz Eh Sn h
lung Substanzen gelieferten | enthaltenen Ab © "ae
Kohle Asche de h: a
| R HR u]: | Asche
1 — = mn
17. | BerindetesHolzvonder Tanne 20, 0,34nach| 19,72
(Pinus abies) Kirwan
1S ‚Blätter vorstehender Tanne | 24,5 3 22,16
19 | AusdenBlättern vorstehender 52,5 28 34
Tanne gebildeter Humus
20 \ VomSplintgetrenntesHolzdes| 23,25 A Rad Ba >:
Maulbeerbaums (Morus nigra) |
21 |Splint zudiesem Holz gehörig| 17,25 1,8.
22 |Rinded.vorstehendenBaumes| 25 s,9 17,65
23 \ Bast dieser Rinde 18,1 5,8 10,19
24 | Berindete Zweige vom Hasel-| 16,5 05 1. .16,08
strauch (Corylusavellana'v. |
1 Centim. (5 Linien) Durchm.
25 | Rinde dieser Zweige 25,6 6,2 20,68
26 | Blätterd. vorstehendenHasel-| 29,25 5,8 24,9
strauches, im Mai gesammelt
27 \ Dieselben, im Juni gesammelt | 29,5 6,2 24,84
28 | Dieselben, im September ge-| 28 7 22,58
sammelt
29 | Holz der Hainbuche (Carpinus 17,75 0,6 17,25
betulus)
30 | Zu diesem gehöriger Splint 17,3 0,7 16,92
Bei diesem
Baum war
der Splint
“sehr wenig
vom
Holz unter-
schieden.
31 \Rinded. vorstehendenBaumes| 30,5 13,5 19,74
32 |Torf, von Klaproth analysirt| 38,75 | 18,5 23,62
| Diese in
| einer Glas-
‘ retorte vor-
| genommene
Verkohlung
kann nicht
| vollendet ge-
| wesen sein.
192]
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 19
Verkohlungen
Gewicht Gewicht Gewicht der
No. Bezeichnung | der von dor in | Vo
der Ver- | 100 Theilen | 100’ Theilen er
Eoh der Trocken- | Trocken- EZ
oh- nn ; gelieferten
x substanz substanz | Kon EN
lung Substanzen | gelieferten | enthaltenen Ah: Pac
Kohle Asche zug der
| | Asche
33 | Holländischer Torf 34,25 21,3 16,45
34 | Weizenpflanzen, den 1. Mai,| 25 1,9 18,56
einen Monatvorihrer Blüthe
geerntet
35 \ Dieselben in Blüthe, d.14.Juni| 25 54 20,71
36 \Dieselben, reife Samen tra-| 26,6 3,3 19,95
gend, den 22. Juli
37 |Stroh der vorstehenden Pflan-| 23,6 4,3 20,13
zen, von den Körnern ge-
trennt ;
38 | Körner vorstehender Pflanzen | 20,5 1,3 19,45
39 | Weizenmehl 19,5- 0,82 18,83
40 | Kleie 23,25 52 19,04
41 | Stärke 10,75 0,16 10,6
42 | Kleber 22,75 1,25 21,17
43 | Gummi arabicum Is 2,5 15,64
44 | Traganthgummi 16,75 > 15,05
45 Kıystallisirter Zucker 13:5 A FO 18,41
- | |
46 | Weisses ungeleimtes Papier Na 3 | 0,88 10,2
| |
47 Holländ. Leinewand, mehr-, 14 3 11,34
I
mals ausgelaugt
[193] Der grüne Theil scheint sich von den anderen Theilen
der Gewächse durch einen grösseren Gehalt an Kohlenstofl zu
unterscheiden.
Das Verhältniss des Kohlenstoffs vermindert sich in den
grünen Theilen im Herbste; dann werden sie ihrer Schleim- und
Extractivsäfte beraubt. Diese Stoffe sind sehr reich an Kohlen-
stoff, da, wie man sieht, ausgewaschenes Holz, Leinwand und
Papier dies Element nur in sehr kleinem Verhältniss enthalten.
Das Holz enthält mehr Kohlenstoff als der Splint.
Rinde enthält gewöhnlich mehr Kohlenstoff als Holz und
Splint. Dies Ergebniss ist nicht für alle Bäume constant, weil
I*
20 Theod. de Saussure.
die Rinde keine homogene Substanz ist; ihre Epidermis allein
verwandelt sich bei Berührung mit Luft in Kohlenstoff. Der
Bast und die inneren Theile des Korkes erleiden durch dieselbe
Ursache diese Veränderung oft nicht, und das Verhältniss ihres
Kohlenstofls schwankt bei verschiedenen Pflanzen nach Umstän-
den, welche zu bestimmen uns unmöglich ist.
1194| Sechstes Kapitel.
Ueber das Verhalten der Pflanzen in sauerstoflgasfreien
Medien.
Indem ich mich in den beiden vorhergehenden Kapiteln mit der
Zersetzung, welche die Gewächse nach ihrem Tode erfahren können,
beschäftigte, unterbrach ich den Gang meiner Untersuchungen über
die Vegetation; aber diese Abschweifung war nothwendig, damit die
Wirkung, welche der todten Pflanze oder der Gährung derselben zu-
fällt, von derjenigen unterschieden werden kann, welche der Vegeta-
tion angehört.
Die Entwicklung mehrerer Gewächse in sauerstoffgasfreien Me-
dien bietet Erscheinungen dar, welche auf diese beiden Ursachen
zusammen zurückzuführen sind.
$ı.
Von den Pflanzen, welche im Stickgas nicht vegetiren können.
Die Vegetation scheint in reinem Stickgas mit Hülfe von
Wasser nur durch den Sauerstoff, welchen ihre grünen Theile
aushauchen, unterhalten werden zu können.
[195| Die Pflanzen, welche dieser Theile beraubt sind, oder
welche dieselben nur in geringer Menge besitzen, können in
dieser Atmosphäre nicht vegetiren. So keimen die Samen nicht
in derselben, und wenn man glaubte, von dieser Regel Aus-
nahmen zu finden, so rührte das daher, dass man zu diesen
Versuchen eine zu grosse Menge Wasser anwandte, welches, da
es nicht vollständig des in ihm gelösten Sauerstoffgases beraubt
werden kann, eine für die erste Entwicklung ausreichende Menge
lieferte. Es vollzieht sich nicht nur die Keimung nicht im Stick-
gas, sondern auch die schon gekeimten Körner sterben regel-
mässig, wenn sie in dasselbe gebracht werden, falls sie vorihrer
Einführung in dies Gas nurihr Würzelchen getrieben hatten, ab.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 21
Diese Versuche stellte ich mit Erbsen, mit den Samen der Gar-
ten- und Brunnenkresse und denen von Polygonum amphibium
an; sie faulten alle, ohne sich zu entwickeln. Aber die meisten
Pflanzen, welche aus diesen Samen stammen, konnten sich in
diesem Gase halten und unbegrenzt verlängern, wenn sie in das-
selbe erst gebracht wurden, nachdem sie reichlich mit grünen
Theilen oder Blättern versehen waren.
[196] Die holzigen Zweige der Pappel (Populus nigra) und
der Weide (Salix alba), deren Blätterknospen im Begriff waren,
sich zu öffnen, konnten diese Entfaltung mit Hülfe des Wassers
im Stickgas weder in der Sonne noch im Schatten vollziehen;
nach vierzehn Tagen trat Fäulniss ein; Zweige derselben Pflan-
zen beblätterten sich nach drei oder vier Tagen, als sie unter sonst
gleichen Umständen unter mit gewöhnlicher Luft gefüllte Reei-
pienten gebracht wurden; in derselben vegetirten sie mehrere
Wochen lang weiter.
Wird eine welke Pflanze an einen schwach erleuchteten Ort
in einem mit gewöhnlicher Luft oder Sauerstofigas gefüllten und
mit Wasser abgesperrten Recipienten gestellt, so bedeckt sie sich
beständig mit Schimmel; sie thut das nicht im Stickgas. Ich
brachte derartig ausgebildeten Schimmel in dies Gas; er ent-
wickelte sich nieht weiter; doch muss das Gas vollkommen rein
sein, denn die geringste Menge Sauerstofigas genügt diesen sehr
kleinen Pflanzen zum Vegetiren.
Zwei bis drei Stunden vor ihrem vollständigen Aufblühen ge-
sammelte Rosen, Lilien und Nelken, die in der That nach diesem
Zeitraum unter mit gewöhnlicher Luft gefüllten Reeipienten auf-
blühten, konnten diesen Vorgang mit Hülfe des Wassers im Stick-
gas nicht vollenden. [197] Sie faulten in demselben Entwieklungs-
stadium, in welchem sie gesammelt worden waren, und schneller
als in gewöhnlicher Luft; ebenso wirkte der luftleere Raum.
Wenn man behauptet hat, dass die Rose sich im luftleeren
Raum länger als in gewöhnlicher Luft hält, liess man sich durch
falschen Schein täuschen. In letzterer verliert sie freilich eher
ihre Kronblätter, aber das Abfallen derselben, das ein natür-
licher Vegetationsvorgang ist, zeigt in der Pflanze keine Zer-
setzung an. Die abgefallenen Kronblätter hauchen einen schwa-
chen, aber angenehmen Geruch aus. Das Gegentheil tritt im
luftleeren Raum oder im Stickgas ein; eine Rose scheint hier
länger ihre Form und Farbe zu bewahren; wenn man nach vier-
zehn Tagen aber glaubt, sie noch frisch herauszunehmen, so strömt
sie einen übelriechenden Duft aus, ihre Kronblätter sind ver-
22 Theod. de Saussure.
dorben, und man sieht, dass sich hinter diesem scheinbaren Le-
ben ein wirklicher Tod verharg.
82.
Von den Pflanzen, welche im Stickgas vegetiren können,
Wie ich sagte, findet man, dass nur reichlich mit grünen
Theilen versehene Pflanzen im Stickgas vegetiren können, und
selbst diese nicht einmal gleich gut.
[198] Es scheint mir, dass sie viel Oberfläche darbieten, und
dass sie aus der Gruppe derjenigen genommen werden müssen,
welche das wenigste Sauerstoffgas verbrauchen, wenn sie in
atmosphärischer Luft im Dunkeln vegetiren.
Cactus opuntia konnte mit Wasser ernährt drei Wochen lang
an der Sonne im Stickgas vegetiren, doch litt er sehr; im Schatten
ging er in fünf bis sechs Tagen zu Grunde. Fast ebenso verhielt
sich Sedum telephium. Diese Pflanzen vegetiren unter mit ge-
wöhnlicher Luft gefüllten Reecipienten eine unbegrenzte Zeit
lang.
Erbsenpflanzen, welche während der ersten vier oder fünf
Tage einer Stiekgasatmosphäre widerstehen konnten (was nicht
immer der Fall ist), fuhren fort, ganze Monate lang in der Sonne
zu vegetiren; freilich war es immer nur ein Hinsiecheg.
Ich werde einen mit diesen Gewächsen angestellten Versuch
mittheilen. Man kann sein Ergebniss als ein aus mehreren Be-
obachtungen gezogenes Mittel betrachten.
Drei zum Theil entwickelte Erbsenpflanzen , welche zusam-
men ungefähr drei Gramm wogen, nahmen in der Sonne in einem
mit gewöhnlicher Luft gefüllten Reeipienten bei Ernährung mit
reinem Wasser im Zeitraum von zehn Tagen um 1,27 Gramm
(24 Gran) zu. [199] Als gleiche Pflanzen der Einwirkung des
Stickgases widerstanden, erfuhren sie in der Sonne während des-
selben Zeitraumes eine Zunahme, die 106 Milligramm (3 Gran)
nicht überstieg. Wurden solche Pflanzen im Stickgas dem Schat-
ten ausgesetzt, so gingen sie regelmässig in den ersten vier Ta-
gen zu Grunde, während sie sich mehrere Wochen lang in ge-
wöhnlicher Luft hielten.
Das kleine Immergrün hielt sich sowohl in der Sonne wie im
Schatten ebenso lange im Stiekgas wie in gewöhnlicher Luft,
d. h. ungefähr drei Wochen lang; es starb in dem einen wie im
anderen Fall nur, weil es eine zu feuchte Atmosphäre nicht er-
tragen konnte.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 23
Lythrum salicaria, Inula dysenterica, Epilobium hirsutum,
E. molle, E. montanum und Polygonum persicaria, alles mehr
oder weniger Sumpfpflanzen, vegetirten im Stickgas bewunde-
rungswerth und führten unbegrenzte Zeit lang sehr bedeutende
Entwieklungen aus gleich denjenigen, welche sie unter mit
gewöhnlicher Luft gefüllten Reeipienten vollzogen; sie konnten
selbst ganze Monate lang im Stickgas bei schwachem Lichte
oder vor direeter Einwirkung der Sonne geschützt vegetiren.
[200] Ich gehe jetzt zu den Veränderungen über, welche diese
Pflanzen in ihrer Atmosphäre hervorrufen.
In der Sonne liess ich Lythrum saliearia in 65 Cubikzoll
Stickgas vegetiren, das durch Salpetergas [Stickoxyd] keine Ver-
änderung erlitt. Diese Pflanze verdrängte ungefähr 4 Cubikzoll
und tauchte nur mit ihren Wurzeln in eine Unze Wasser. Letz-
teres hatte keine Verbindung mit dem Wasser, welches den Re-
eipienten abschloss. Im Laufe des Versuchs musste ieh die
Pflanze fünf- oder sechsmal erneuern, weil sie, während sie sich
verlängerte, an den Wandungen des sie bedeckenden Gefässes
festklebte und so verbrannt wurde. Nach zwei Monaten hatte sich
ihre Atmosphäre um 3,4 Cubikzoll vermehrt. Alsdann zeigte
das Eudiometer —,, Sauerstofigas an. Ich dehnte den Versuch
noch um einen Monat in dieser verbesserten Atmosphäre aus,
aber die Pflanze fuhr nicht fort, ihr Sauerstoffgas hinzuzufügen.
Polygonum und andere Pflanzen lieferten mir hiermit überein-
stimmende Resultate. Im Allgemeinen überzeugte ich mich durch
mehrere Versuche davon, dass die im Stickgas entwickelte Menge
Sauerstoffgas nicht im Verhältniss zur Dauer des Aufenthaltes
der Pflanze unter dem Recipienten steht, [201] sondern dass ge-
wöhnlich in den ersten Wochen eine Portion davon gebildet
wird, welche sich in den folgenden Wochen nicht mehr ver-
grössert, obgleich die Pflanzen zu allen Zeiten gleichmässig
kräftig vegetirten.
Eben solche Pflanzen, welche ich währenma derselben Zeit
unter mit gewöhnlicher Luft gefüllten Recipienten vegetiren
liess, fügten derselben niemals Sauerstofigas hinzu.
Als ich diese Gewächse im Stickgas in vollständige Dunkel-
heit *) brachte, indem ich sie alle zwölf Stunden erneuerte, damit
*) Lythrum salicaria, Polygonum persicaria und andere Sumpf-
pflanzen, welche schwachem oder diffusem Licht ausgesetzt werden,
lassen in ihrer Stickgasatmosphäre kein kohlensaures.Gas zurück; sie
fügen jener Sauerstoftgas hinzu; damit sie jedoch diese Wirkung her-
74 Theod. de Saussure.
ihre Lebensfähigkeit nicht erschlaffen möchte, bildeten sie kein
Sauerstoflgas; sie vergrösserten ihre Atmosphäre durch kohlen-
saures Gas, welches sie vollständig aus ihrer eigenen Substanz
erzeugten.
Als derselbe Versuch in gewönlicher Luft angestellt wurde,
ward freilich noch kohlensaures Gas gebildet, |202| aber das
Volumen der Atmosphäre vergrösserte sich nicht, noch ver-
minderte es sich. Dies Gas hatte dann einen anderen Ursprung ;
es wurde aus dem Kohlenstoff der Pflanze und dem Sauerstofi-
gas der umgebenden Luft gebildet.
Diese Beobachtungen zeigen uns die Quelle des im Stickgas
ausgeschiedenen Sauerstoffgases; es rührt aus der Zersetzung
des kohlensauren Gases her, welches die Pflanze ausschliesslich
aus ihrer eigenen Substanz bildet. Verschafft sie sich so eine
ausreichende Sauerstoffgasatmosphäre, so verbreitet sie jedoch
kein Sauerstoffgas mehr, weil das kohlensaure Gas, welches sie
alsdann bildet und wieder zersetzt, das Ergebniss der Vereinigung
ihres Kohlenstofis mit vorgebildetem Sauerstofigas ist; während
des Tages bringt sie das Sauerstoffgas fast vollständig wieder
zum Vorschein, welches sie während der Nacht hatte verschwin-
den lassen.
Die geringe Menge Sauerstoffgas, welche Lythrum und Po-
lygsonum im Stiekgas bildeten, war erforderlich, um die Ent-
wicklung dieser Pflanzen zu bewerkstelligen; aber sie war viel
grösser als diejenige, welche sie verlangen, um zu vegetiren, ohne
sich zu entwickeln.
Im oberen Theil eines Reeipienten, welcher 60 Cubikzoll
Stickgas enthielt, hing ich ein Gemisch von einem Theil Eisen-
feilspänen, zwei Theilen Schwefelblumen und ein und ein halb
Theil Wasser*) auf. [203] Zu gleicher Zeit brachte ich in diese
durch Wasser abgesperrte Atmosphäre zweiPflanzen von Lythrum
salicaria, welche zusammen 4 Oubikzoll verdrängten ; ihre Wur-
zeln allein tauchten unter dem Recipienten in ein kleines zwei
Hundertstel Liter Wasser enthaltendes Gefäss; der Apparat war
in einem Zimmer der durch die Glasscheibe eines Fensters
vorbringen, und damit sie lange bei dieser Exposition vegetiren kön-
nen, darf die Temperatur nicht zu hoch sein; denn die Pflanzen ver-
langen und verbrauchen wie die Thiere um so weniger Sauerstoffgas,
je niedriger die Temperatur ist.
*, Jeder Theil war gleich 11,5 Gramm (3 Quentchen). Das richtige
Verhältniss des Wassers ist eine wesentliche Bedingung, damit das
Gemisch eine energische Wirkung auf das Sauerstoffgas ausübt.
Chemische Untersuchungen iiber die Vegetation. 5
fe) fe) oO
gemilderten Wirkung der Sonne ausgesetzt worden. Zehn Tage
später war die eine Pflanze todt, die andere vegetirte weiter und
hielt sich vier Monate lang vom 3. Thermidor bis zum 2. Frimaire,
ohne zu leiden, und ohne dass ein Blatt welkte; um diese Zeit
nahm ich die Pflanze so gesund wie vor ihrer Einführung wieder
heraus. Die Luft des Recipienten erfuhr durch das Salpetergas
[Stickoxyd] keine Verminderung. Die Pflanze führte während
ihrer Einsperrung keine Entwicklung irgend welcher Art
aus; sie stellte das Vegetiren gleichsam ein. Das ist die einzige
Wirkung, welche der Schwefel in diesem Versuche hervor-
brachte. Dieselbe Pflanze verlängerte sich in zehn Tagen um
5 bis 6 Zoll [204] in Stickgas, in welchem sich diese Sub-
stanz nicht befand. Der Entzug des von Lythrum entwickelten
Sauerstoffgases stellte sich als einziges Hinderniss seiner Ent-
wickelung entgegen. Die Schwefelwasserstoffdämpfe haben an
dieser Wirkung keinen Antheil. Denn gleiche Pflanzen verlän-
gerten sich beträchtlich mit Schwefeleisen unter einem mit ge-
wöhnlicher Luft, die alle drei Tage erneuert wurde, gefüllten
Reeipienten.
Eine Pflanze von Polygonum persicaria verhielt sich fünf
Wochen lang in einem mit Stickgas gefüllten Reecipienten, in
welchem ich eoncentrirtes Schwefelkali aufgehängt hatte, fast
ebenso wie Lythrum; sie entwickelte sich nicht, sie verlor zwei
Blätter in der Nähe der Wurzeln ; nach dem angegebenen Zeit-
raum ist sie nur durch die Wirkung eines sehr starken Sonnen-
strahles, vor dem ich nicht die Vorsicht gehabt hatte, sie zu
schützen, zu Grunde gegangen.
Die Pflanzen, welche ich in der Sonne in Stiekgas vegetiren
liess, sind durch die Wirkung des in ihrer Nähe aufgehängten
gebrannten Kalkes oder Kali viel eher zu Grunde gegangen als in
gewöhnlicher Luft.
Es ist sonderbar, die Sumpfpflanzen der Wirkung eines
Schwefelmetalls [Hydrosulfure], das ihnen das Sauerstoffgas ent-
zieht, und der Wirkung des Kalkes, der ihnen das kohlensaure
Gas entzieht, widerstehen zu sehen. [205] Doch muss man be-
achten, dass das Schwefelmetall ihnen das Sauerstoffgas erst
nach seiner Bildung entzieht, während der Kalk oder das Kali
ihnen dasselbe Gas vor seiner Entbindung raubt.
Der Ueberfluss an kohlensaurem Gas ist den in Stickgas ve-
getirenden schädlicher als den in gewöhnlicher Luft vegetiren-
den Pflanzen. Anderswo habe ich ausgesprochen, dass die Bei-
mischung des kohlensauren Gases zur atmosphärischen Luft, in
26 Theod. de Saussure.
welcher ich Erbsenpflanzen in der Sonne vegetiren liess, im Ver-
hältniss von ein Zwölftel ihrer Entwickelung günstig war. Unter
denselben Umständen schadete sie den Sumpfpflanzen nicht.
Aber sie konnten niemals die Mischung mit reinem Stiekgas in
den angegebenen Verhältnissen vertragen; nach wenig Tagen
gingen sie in derselben ebenso wie die Erbsenpflanzen zu Grunde.
Die Verarbeitung einer gewissen Menge Sauerstofigas scheint
also zur Verarbeitung einer gewissen Menge kohlensauren Gases
immer nöthig zu sein. Dies Gas wird den Gewächsen stets schäd-
lich, wenn sie dasselbe nicht zersetzen können,
Priestley glaubte zu erkennen, dass mehrere Pflanzen die
Eigenschaft haben, Stickgas, in welchem sie vegetiren, zu ab-
sorbiren. Er hat mitgetheilt, dass eine Pflanze von Epilobium
hirsutum [206] in einem Reeipienten von 10 Zoll Höhe und ein
Zoll Breite am Ende eines Monats sieben Achtel der in ihm ent-
haltenen atmosphärischen Luft absorbirt hatte.*)
Ingenhousz beschränkte diese Fähigkeit nicht auf eine kleine
Zahl Pflanzen ; er beobachtete ** „dass durch alle in ihm vege-
tirenden Pflanzen das Stiekgas in wenig Stunden eine merkliche
Verminderung erfährt. Mit grosser Sorefalt verfolgte ich die Le-
bensvorgänge von Epilobium hirsutum theils in reinem Stickgas,
theils in gewöhnlicher Luft, indem ich das zu diesem Ver-
such***) von Priestley angegebene Verfahren einschlug, und
indem ich ihn bedeutend länger ausdehnte: doch konnte ich
im Stickgas nach Abzug des in ihm gebildeten Sauerstofigases
keine Verminderung wahrnehmen. Ebenso verhielt es sich mit
allen anderen Gewächsen, welehe ich denselben Versuchen unter-
warf. [207| Demnach verdichten die Pflanzen das Stickgas nicht
merklich ; die Versuche von Senebier und Woodhouse bestätigen
diese Behauptung.
Wenn das Stickgas ein einfacher Körper, wenn er kein Be-
standtheil des Wassers ist, so muss man anerkennen, dass die
Gewächse ihn nur in den pflanzlichen und thierischen Auszügen,
*) Exper. and observ. on diff. Kinds of airs, vol 3, p. 332,
**, Exper. sur les Vegetaux, vol 2, p. 146.
***), Das Verfahren besteht dari in, das Gewächs in einen mit Erde
gefiillten Topf zu pflanzen, diesen Topf und die Ursprungsstelle des
Stengels in das Wasser unter die Brücke der Wanne zu tauchen und
den Rest der Pflanze mit einem mit Luft gefüllten Recipienten zu be-
deeken. Alsdann entwickelt sie sich viel schneller, als wenn ihre
Wurzeln in reines Wasser tauchen. Aus diesem Grunde war ich ge-
zwungen, die Pflanze verschiedene Male zu erneuern.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 37
in ammoniakalischen Dämpfen*) oder in anderen in Wasser lös-
lichen Verbindungen, welche sie aus dem Boden und aus der
Atmosphäre aufnehmen können, assimiliren. Es muss zugegeben
werden, dass, wenn sie in einer nicht erneuerten Atmosphäre,
mit Hülfe einer kleinen Menge reinen Wassers vegetiren, die sich
entfaltenden Theile das Stickgas nur auf Kosten desjenigen er-
werben, welches die anderen Pflanzentheile vor dem Versuch
enthielten.
[2083| S3.
Von dem Verhalten der Pflanzen im Kohlenoxydgas **) (Bertliollet’s
Hydrogene oxycarbure).
Ich stellte dies Gas dar, indem ich bei Glühhitze in einem
Flintenrohr ein aus gleichen Theilen Kalkspath und Eisenfeil-
späne hergestelltes Gemenge erwärmte. Das erhaltene luft-
förmige Fluidum enthielt, nachdem es von dem kohlensauren
Gas befreit worden war, „4, Sauerstofigas, welches ich dureh
Schwefelkali abschied.
Die Pflanzen vegetirten im Kohlenoxydgas wie im Stickgas;
diejenigen, welche ihrer grünen Theile beraubt waren, gingen
zu Grunde. Die entwickelten Erbsenpflanzen vegetirten kraftlos
in der Sonne, [209] sie konnten sich im Schatten gar nicht halten.
Epilobium hirsutum, Lythrum salicaria und Polygonum persi-
caria gediehen so vortrefilich in ihm wie in gewöhnlicher Luft.
Selbst nach einer Vegetationsdauer von sechs Wochen in diesem
Gase konnten sie es in der Sonne nicht zersetzen; sie vermehrten
sein Volumen wie das des Stickgases durch eine entsprechende
Menge Sauerstofigas. Bei vollkommener Dunkelheit vergrös-
serten sie ihre Atmosphäre durch kohlensaures Gas.
*) Man kann an der Gegenwart ammoniakalischer Dämpfe in der
Atmosphäre nicht zweifeln, wenn man sieht, dass sich die schwefel-
saure Thonerde an freier Luft schliesslich in Ammoniakalaun ver-
wandelt. Die Ueberlegenheit des thierischen über den pflanzlichen
Dünger scheint grösstentheils nur einem grösseren Gehalt des ersteren
an Stickstoff zuzuschreiben zu sein.
**) Die Ansicht, welche die Gegenwart des Wasserstoffs als eines
wesentlichen Bestandtheiles des Kohlenoxydgases annimmt, beruht auf
vielleicht nur zu indireeten Beobachtungen, als dass man ihr als sicher
richtig zustimmen könnte. — Ich muss indessen zu Gunsten des hydro-
gene oxycarbure bemerken, dass es sonderbar ist, dass die Gewächse
das Kohlenoxydgas nicht zersetzen, und dass sie das kohlensaure
Gas zu Kohlenoxydgas niemals direet oder ohne Gegenwart von
Wasserstoffgas redueiren.
38 Th£od. de Saussure.
S 4.
Ueber das Verhalten der Pflanzen im Wasserstoffgas.
Alle von mir geprüften Samen keimen ohne Ausnahme im
Wasserstoffgas nicht, wenn man sie mit einer kleinen Menge
Wasser in dasselbe bringt. ‚Senebier beobachtete, dass sie in
demselben eine sehr beträchtliche Volumenverminderung her-
vorrufen. Sie bewirken diese Erscheinung durch ihre Fäulniss.
Das luftförmige Fluidum, der Rückstand dieser Verdichtung, ist
kohlensaures Gas. Das kohlensaure Gas, welches sie aus ihrer
eigenen Substanz bilden, wird durch das Wasserstofigas mit
Hülfe der bei der Gährung entwickelten Wärme zersetzt; |210]
es entsteht Wasser und das kohlensaure Gas, eines Theiles seines
Sauerstoffs beraubt, wird in Kohlenoxydgas verwandelt.
Die vegetirenden grünen Pflanzen verhalten sich im Wasser-
stoffgas fast genau so wie im Stickgas. Die Pflanzen, welche in
diesem verschmachten, verschmachten auch im Wasserstoffgas
und diejenigen, welche im ersteren gedeihen, gedeihen auch im
letzteren. Wenn es einen Unterschied in der Ueppigkeit der in
diesen beiden Gasen vegetirenden Pflanzen giebt, so fällt er, wie
es scheint, zu Gunsten der Vegetation im Stickgas aus. Man hat
behauptet, dass die im Wasserstoffgas vegetirenden Pflanzen ein
dunkleres Grün annehmen; von dieser Erscheinung konnte ich
nichts bemerken.
Ich beobachtete beständig, dass die Sumpfpflanzen wie
Lythrum salicaria und Polygonum persicaria, welche ich in der
Sonne fünf oder sechs Wochen lang im Wasserstofigas vegetiren
liess, in demselben nur wenig oder kein Sauerstoffgas zurück-
liessen. während sie in demselben Zeitraum das Fünfzehn- oder
Zwanzigfache ihres Volumens im Stickgas verbreiteten. Sehr
wahrscheinlich rührt diese Erscheinung daher, dass die Pflanzen
im Wasserstofigas nicht vollständig alles gebildete kohlensaure
Gas zersetzen können, [211] weil ein grosser Theil dieses sauren
Gases vom Wasserstofigas selbst zersetzt wird. Es entsteht,
wie ich schon bemerkte, durch diese Zersetzung Wasser und
Kohlenoxydgas. Das Sauerstoffgas, welches sie ohne Wasser-
stoffgas ausgeschieden haben würden, findet sich in diesen bei-
den Verbindungen verborgen. Hundert Theile (60 Cubikzoll)
Wasserstoffgas, welches fünf Wochen lang einer dem Licht aus-
gesetzten Pflanze von Lythrum salicaria als Atmosphäre gedient
hatte, konnte nicht merklich durch Salpetergas |Stickoxyd| ver-
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 29
kleinert werden. Das luftförmige Fluidum enthielt alsdann kein
kohlensaures Gas; als ich dasselbe jedoch mit Sauerstoffigas im
richtigen Verhältniss durch den elektrischen Funken verbrannt
hatte, hinterliess es als Rückstand Wasser, drei Theile kohlen-
saures Gas und vier Theile Stickgas. Weasserstofigas, in dem
keine Pflanzen gewesen waren, und das zu einem Controllversuch
benutzt wurde, lieferte bei der Verbrennung keine wahrnehmbare
Menge kohlensauren Gases.
Das Volumen der Atmosphäre der Lythrumpflanze verklei-
nerte sich während ihres Vegetirens, aber in demselben Grade
wie das Wasserstofigas, das durch Wasser*) abgesperrt war [212]
und sich nicht mit der Lythrumpflanze in Berührung befand.
Bedenkt man, dass diese Pflanze Kohlenoxydgas bildete, und
dass diese Gaszunahme nicht durch eine Volumenzunahme in dem
luftförmigen Fluidum, welches der Reeipient enthielt, bemerk-
bar wurde, so ergiebt sich, dass ein Ausgleich stattfand, und dass
das Wasserstoffgas durch die Wirkung der vegetirenden Pflanze
vermindert wurde. Die Pflanzen scheinen dies Gas nicht absor-
birt zu haben. Sie verdichteten es, indem sie auf indireetem
Wege Wasser bildeten.
85.
Ueber das Verhalten der Pflanzen im luftleeren Raum.
Einige Samen können in dem durch die besten Luftpumpen
hergestellten luftleeren Raum ein Anzeichen von beginnender
Keimung geben; diese Erscheinung kann nicht überraschen, da
nachgewiesen wurde, dass die Luftleere nicht vollkommen
sein kann, [213] und weil überdies selbst die vollkommensten
Maschinen niemals sorgfältig genug schliessen, um das Eindrin-
gen der Luft von aussen vollständig zu verhindern. Die Pumpe,
deren ich mich bediente, stellte einen luftleeren Raum her, in
welchem sich das Barometer zuerst auf drei Viertel Linien hielt,
wenn kein Wasser in dem Reeipienten vorhanden war; durch
*, Während eines Jahres hielt ich Wasserstoffgas in einem Reei-
pienten, der Wasser enthielt und auf Quecksilber ruhte. Das Wasser
nahm ungefähr sein eigenes Volumen Gas, aber nicht mehr auf.
Als ich die metallische Flüssigkeit entfernte, hatte die Aufnahme des
Wasserstoffgases durch das Wasser keine Grenzen. Es ist sehr wahr-
scheinlich, wie Gxyton vermuthete, dass dies Gas von dem Wasser an
die atmosphärische Luft abgegeben wird.
30 Thcod. de Saussure,
unmerkliches Eindringen der Luft von aussen stieg es in 24 Stun-
den um eine Linie. Die Erbsen keimten nach zwölf Tagen, selbst
wenn ich von Neuem täglich den luftleeren Raum herstellte; doch
ist die Entwickelung niemals über das erste Erscheinen des Wür-
zelchens hinausgegangen.
Vollständig entwickelte und mit Blättern versehene Erbsen-
pflanzen starben regelmässig ebenso wie die Sau- und Schmink-
bohnen nach Ablauf von drei Tagen im luftleeren Raum so-
wohl in der Sonne wie im Schatten ab, sie gehen gleichfalls im
Schatten im Stickgas zu Grunde, doch halten sie sich zuweilen in
der Sonne. Keine Pflanze mit zarten Blättern scheint mir ihre
Lebensfähigkeit im luftleeren Raum in der Sonne bewahren zu
können. Die dieksten Glieder oder Blätter von Cactus opuntia
hielten sich während eines Monats in der Sonne im luftleeren
Raum; ihre Epidermis allein vertrocknete zum Theil. Diese
Blätter erlangten ihre Frische wieder, |214] als ich sie nach die-
sem Versuch in Gartenerde pflanzte; die weniger dicken Blätter
des Cactus starben nach einigen Tagen in der Sonne im luft-
leeren Raum ab.
Eine Pflanze von Polygonum persicaria von ein Fuss Höhe,
deren Wurzeln in eine Unze Wasser tauchten, wurde in den
leeren Raum, von dem ich gesprochen habe und den ich täg-
lich erneuerte, gestellt; sie verlängerte sich in demselben um
mehrere Zoll; als sie nach Ablauf von sechs Wochen heraus-
genommen wurde, war sie ebenso gesund wie vor dem Versuch,
wenn man zwei oder drei gelbgewordene Blätter aus der Nähe
der Wurzeln ausnimmt. Dieselben Ergebnisse erhielt ich mit
Epilobium molle, E.hirsutum, Lythrum salicaria und Inula dys-
enterica; alle diese Gewächse gediehen ebenso gut im luftleeren
Raum wie unter einem mit gewöhnlicher Luft gefüllten Reei-
pienten. Ihre Transpiration war in beiden Fällen die gleiche.
Die soeben besprochenen Versuche wurden am hellen,
lichten Tage, aber im Schutze vor der direeten Wirkung der
Sonne angestellt; die Pflanzen welkten, wenn sie derselben aus-
gesetzt wurden, selbst wenn die Strahlen schwach waren, und
wenn sie keine Wirkung auf gleiche in mit gewöhnlicher Luft
oder reinem Stickgas gefüllten Reeipienten eingeschlossene Pflan-
zen ausübten.-215| Wahrscheinlich halten die Pflanzen sich
im luftleeren Raum nur mit Hülfe des in ihrem Parenchym ein-
geschlossenen Sauerstoffgases, und leiden durch die Sonne, in-
dem dies Gas durch die Ausdehnung, welche es durch sie er-
fährt, ausgetrieben wird. Die Sonnenstrahlen üben im Stickgas
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 1
o©
auf die Pflanzen nicht denselben Einfluss aus, da das Sauer-
stoffgas, welches sie enthalten, durch das ganze Gewicht der
Atmosphäre zusammengedrückt wird.
Die Pflanzen scheinen sich im luftleeren Raum nur mit Hülfe
des durch die grünen Theile ausgeschiedenen Sauerstoffgases zu
halten und zu entfalten. Die Samen, welche nur ihr Würzelehen
trieben, sterben darin ab, Die Holzgewächse vermochten darin
im Frühling ihre Blätterknospen nicht zu entfalten.
Die Knospen von Rose, Lilie und Nelke sind darin wie ge-
lähmt. Man sieht, dass die Pflanzen sich in vieler Beziehung
im luftleeren Raum wie im Stickgas, Wasserstoffgas u. s. w. ver-
halten. Die Beseitigung des Gewichtes der Atmosphäre oder
die Ausdehnung, welche die Pflanze durch diese Beseitigung er-
fahren muss, scheint keinen sehr merklichen Einfluss auf die
vegetirenden Pflanzen zu haben. Der Entzug des Sauerstofigases
allein ist ihr schädlich.
[216] Rückblick.
Nur die mit grünen Theilen versehenen Pflanzen scheinen in
sauerstoffgasfreien Medien vegetiren zu können, weil sie in den-
selben dies Gas verbreiten. Wenn man es ihnen in dem Maasse
entzieht, wie sie es bilden, hält man ihre Entwicklung auf. Die
Menge Sauerstoffgas, welche manche Pflanzen verlangen, um sich
ohne Entwicklung erhalten zu können, ist nicht zu schätzen.
Die Pflanzen absorbiren das Stickgas nicht, ebenso wenig
das Wasserstoffgas;; sie verkleinern ein wenig die Menge des letz-
teren, aber diese Verminderung rührt daher, dass das Wasser-
stoffgas das von der Pflanze gebildete kohlensaure Gas zersetzt.
Das Ergebniss dieser Zersetzung ist Wasser und Kohlenoxydgas.
Die grünen Theile lassen weniger Sauerstoff im Wasserstoff
als im Stickstoff zurück.
Die in der Sonne im Kohlenoxydgas vegetirenden grünen
Pflanzen zersetzen dasselbe nicht, sie fügen demselben Sauer-
stoffgas hinzu.
Die grünen Pflanzen vegetiren im Vacuum wie im Stickgas,
vorausgesetzt, dass der Versuch vor der direeten Wirkung der
Sonnenstrahlen geschützt angestellt wird.
22 Theod. de Saussure.
[217] Siebentes Kapitel.
Von der Bindung und der Zersetzung des Wassers dureh
die Gewächse.
81.
D
Untersuchungen über die Bindung des Wassers durch die Pflanzen, welche
in atmosphärischer Luft, die frei von kohlensaurem Gas ist, vegetiren-
Diejenigen Schriftsteller, welche sich mit der Frage der
Zersetzung des Wassers durch die Gewächse beschäftigt haben,
brachten über diesen Gegenstand nur Vermuthungen vor, welche
sich auf keinen directen Versuch stützen. ‚Senebrer sah niemals
eine Pflanze, welche der Berührung mit dem kohlensauren Gas
entzogen war, ein Volumen Sauerstoffgas ausscheiden, das
grösser als das Volumen des Gewächses selbst war. (Physiologie
v6gctale, vol. III, p. 228 u. ff.) Diese Wirkung schien ihm zu
gering, um die Zersetzung des Wassers zu beweisen. Ueberdies
erkannte er, dass diese kleine Menge Sauerstofigas [218],
welche geringer ist als das Volumen des Blattes, dem in seinem
Parenchym versteckten kohlensauren Gase zuzuschreiben ist.
Dieser gelehrte Physiologe verwirft indessen diese Zersetzung
durch die Gewächse nicht; auf Grund sehr gelehrter Erwägungen
und von Schlüssen, welche er aus der Keimung einiger Samen
in reinem Wasser ohne scheinbare Berührung mit Sauerstoffgas
zieht, hält er sie für wahrscheinlich; aber diese Beobachtung
würde, selbst wenn sie richtig wäre, noch kein Beweis sein. Ich
habe gezeigt, dass dies Ergebniss der im Wasser gelösten und
nicht in seine Zusammensetzung eintretenden Luft zuzuschreiben
ist. Ingenhousz betrachtete das Wasser als eine einfache Sub-
stanz. Indessen scheinen einige seiner Beobachtungen geeignet
zu sein, die Zersetzung dieser Flüssigkeit anzuzeigen. Er
sah, dass fleischige Pflanzen eine Atmosphäre nicht erneuerter
gewöhnlicher Luft verbessern; da aber seine eudiometrischen
Hülfsmittel nicht im Stande waren, absolute Mengen anzugeben,
da das Volumen des Gewächses und das des gebildeten Gases
nicht bekannt sind, so kann man immerhin glauben, dass das
Volumen des ausgeschiedenen Sauerstoffgases kleiner ist, als das
Volumen der zum Versuch benutzten Pflanze. Spallanzani*),
*, Journal de Physique, pluviose au 7.
ysıque,
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 33
der dieselben Resultate mit in Kalkwasser untergetauchten flei-
schigen Pflanzen erhalten hat, [219] lässt uns gleichfalls in Un-
gewissheit über das Volumen des Gewächses. Senebier hat beim
Zergliedern und Wiederholen dieser letzteren Versuche klar ge-
zeigt, dass sie aus denselben Gründen, welche ich weiter oben
mitgetheilt habe, nicht beweisend sind.
Der berühmte Berthollet, dessen Urtheil stets von sehr
grossem Gewicht ist, erkannte die Zersetzung des Wassers beim
Vegetiren der Pflanzen als richtig an, aber vielmehr auf Grund
eines Raisonnements, als neuer Versuche. Mehrere Schriftsteller,
die zu eitiren überflüssig wäre, nahmen diese Zersetzung an,
freilich ohne Beweise und sogar ohne die Frage zu erörtern.
Die Pflanzen, welche mit Hülfe reinen Wassers in Sauerstoff-
gas oder gewöhnlicher Luft vegetiren, die vor dem Versuche mit
Kalkwasser gewaschen worden waren, können itn grünen saf-
tigen Zustande ihr Gewicht darin vergrössern, wenn sie sich
entwickeln, ohne irgend einen ihrer Theile zu verlieren oder
vertrocknen zu lassen. Dies Ergebniss beweist weder die Zer-
legung des Wassers noch selbst die Bindung des Sauerstoffs und
Wasserstoffs des Wassers in der Pflanze; diese kann durch die
blosse Einführung von flüssigem oder von Vegetationswasser in
die saftleitenden Gefässe oder in das Zellgewebe an Gewicht zu-
nehmen; denn die Erfahrung hat seit langem bewiesen, [220]
dass das Wasser in den Pflanzen nach Verhältniss der Feuchtig-
keit des Bodens und ihres Etiolements zunehmen kann.
Ob die Trockensubstanz der Gewächse durch die Bindung
der constituirenden Bestandtheile des Wassers zunimmt, kann
man beurtheilen, wenn man bei Lufttemperatur eine ähnliche
und an Gewicht derjenigen gleiche Pflanze, welche man im ge-
schlossenen Gefäss mit Hülfe reinen Wassers und Sauerstoffgases
vegetiren liess, trocknet, und wenn man zusieht, ob sie, nach-
dem sie unter diesen Umständen vegetirt hat, mehr wiegt, als
sie getrocknet vor dem Versuche wog, und als die Pflanze
wiegt, welche zum Vergleich dient. Es ist überflüssig hinzuzu-
fügen, dass die beiden Pflanzen in demselben Reifezustand und
auf demselben Boden geerntet, und dass sie immer bei dem näm-
lichen Grad des Thermometers und Hygrometers gewogen wer-
den müssen.
Die vielfachen Experimente, welche ich nach diesem Ver-
fahren anstellte, zeigten mir, dass die Pflanzen, welche in einem
verschlossenen Gefäss allein mit Wasser in atmosphärischer
Luft, die frei von kohlensaurem Gas ist, vegetiren, kaum
ÖOstwald’s Klassiker, 16. 3
24 Theod. de Saussure.
das Gewicht ihrer vegetabilischen Substanz, auf Trockensub-
stanz bezogen, vergrössern, und dass sie es, wenn überhaupt,
nur um eine sehr kleine und beschränkte Menge vergrössern,
oder dass, wenn die Pflanze längere Zeit fortfährt zu vegetiren,
es nicht mehr vergrössert werden kann. [221|) Aus den zahl-
reichen Versuchen, welche ich über diesen Gegenstand anstellte,
wähle ich diejenigen aus, welche mir die entschiedensten Er-
gebnisse lieferten.
Im Juni stellte ich in einen 4,95 Liter oder 250 Cubikzoll
gewöhnliche Luft, welche frei von kohlensaurem Gas war,
fassenden Reeipienten drei Lysimachiapflanzen (Lysimachia
vulgaris), deren Wurzeln unter demselben in ein Hundertstel
Liter destillirtten Wassers tauchten. Sie wurden der abwechseln-
den Wirkung der Nacht und der in ihrer zu grossen Intensität
gemilderten Sonne ausgesetzt; diese Pflanzen wogen grün 6,96
Gramm oder 1294 Gran und nahmen einen Raum von 10 Cubik-
centimetern oder 4 Cubikzoll ein.
Andere Lysimachien von gleichem Gewicht wie dem ange-
gebenen erntete und trocknete ich bei Lufttemperatur. Ihre ge-
trocknete vegetabilische Substanz wog 2,05 Gramm (384, Gran)
bei einem bestimmten Thermometer- und Hygrometergrad ; diese
Pflanzen waren zu gleicher Zeit und an demselben Orte wie die-
jenigen, welche unter dem Recipienten wuchsen, ausgerissen
worden.
Nach acht Tagen erlöste ich die letzteren aus ihrer Gefan-
genschaft; sie waren vollständig gesund; |222| sie hatten sich
verlängert, aber nicht merklich die sie umgebende Luft weder
an Reinheit noch an Volumen verändert; sie wogen nun grün
7,43 Gramm (141 Gran) und getrocknet bei dem nämlichen Grad
wie die vorhergehenden 2,159 Gramm (4014 Gran). Sie hatten
also ihre Trockensubstanz um 2,159 — 2,05 — 109 Milligramm
oder um zwei Gran*) vermehrt. Wenn diese 109 Milligramm
nur aus dem Wasserstoff des Wassers gebildet worden wären,
so hätten die Pflanzen unter dem Reeipienten all den Sauerstoff
ausscheiden müssen, mit dem die 109 Milligramm Wasserstoff
verbunden gewesen sein mussten, d. h. wenigstens 436 Cubik-
*) In diesen zwei Gran ist der Sauerstoff, welehen die Pflanze in
der atmosphärischen Luft assimilirte, eingeschlossen; aber die Menge
kohlensaures Gas, welches die Pflanze bildete, und welches sie bei der
Assimilation zersetzte, ist so klein, dass ich diese Zunahme in meinem
Resultat nicht in Rechnung stellen kann.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 35
centimeter oder 22 Cubikzoll Sauerstofigas, eine Menge also,
welche theils durch die Volumenzunahme, theils durch die eudio-
metrische Probe hätte auffallen müssen. Da sie nun aber in
diesem Versuch keine bestimmbare Menge Sauerstofigas aus-
schieden, so ergiebt sich daraus, dass sie sich ausser dem Wasser-
. stoff des Wassers fast die ganze Menge seines Sauerstofis aneig-
neten.
[223] Der soeben mitgetheilte Versuch wurde wiederholt,
indem ich ihn auf die doppelte und dreifache Zeit ausdehnte,
d. h. indem ich die Pflanze in einem geschlossenen Gefäss vier-
zehn Tage und einen Monat vegetiren liess; aber die Lysimachien,
von gleichem Gewicht wie die vorhergehenden, vermochten nie-
mals ihre vegetabilische Substanz um mehr als 2 Gran zu ver-
grössern, zuweilen vermehrten sie dieselbe überhaupt nicht,
obgleich sie sich um mehrere Zoll verlängerten.
Sieben Immergrünpflanzen (Vinca minor L.), welehe zusam-
men 7,855 Gramm oder 148 Gran wogen, und welche 2,375 Gramm
(442 Gran) Trockensubstanz enthielten, wurden in einen Reci-
pienten unter ähnliche Verhältnisse wie im vorhergehenden Ver-
such gebracht; sie nahmen einen Raum von 10 Cubikcentimetern
(4 Cubikzoll) ein. Diese Pflanzen erfuhren nicht die geringste
Veränderung, weder an Reinheit noch an Volumen veränderten sie
ihre Atmosphäre; nach dem Trocknen wogen sie nun 46, Gran;
ihre Trockensubstanz hat sich demnach um 93 Milligramm
(13 Gran) vermehrt, welche nicht der blossen Assimilation des
Wasserstofigases des Wassers zugeschrieben werden können,
da diese Wirkung eine Ausscheidung von 19 Cubikzoll Sauer-
stofigas voraussetzen würde, |224| welche nicht wahrgenommen
worden ist. Diesen Versuch wiederholte ich mehrmals, indem ich
ihn bedeutend verlängerte; aber die Assimilation von Wasser
durch das Gewächs war niemals beträchtlicher gewesen.
Zwei Pflanzen von Mentha aquatica, welche grün 157 Gran
wogen, nahmen im frischen Zustande um 17 Gran an Gewicht
zu, als sie in einem geschlossenen Gefäss mit Hülfe von rei-
nem Wasser in atmosphärischer Luft vegetirten; ihre Trocken-
substanz ist jedoch um nicht mehr als 1 Gran angewachsen. Als
ich diesen Versuch mit gleichen Pflanzen längere Zeit fortsetzte,
war die Zunahme nicht beträchtlicher. In diesem wie in den
vorhergehenden Versuchen veränderte sich die Atmosphäre der
Pflanze weder an Reinheit noch an Volumen.
Ich muss bemerken, dass ich nur auf Ergebnisse Rücksicht
genommen habe, bei welchen die Pflanzen nicht litten; denn
3%
36 Theod. de Saussure.
sofern nur im Geringsten die vegetirenden Pflanzen welk wer-
den, verlieren sie, weit davon entfernt, daran zuzunehmen, an
Gewicht.
1225] 82.
Ueber die Bindung des Wassers durch die Pflanzen, welche in einem
Gemisch aus gewöhnlicher Luft und kohlensaurem Gas vegetiren.
Die Bindung des Wassers in den vorhergehenden Experi-
menten lieferte so geringe Ergebnisse, dass sie kaum ausser-
halb der Grenze der Beobachtungsfehler fallen ; ich glaube jedoch,
dass die Ursache davon nicht schwer zu erklären ist. Es ist sehr
wahrscheinlich, dass die Mengen Sauerstoff und Wasserstoff über
gewisse Grenzen hinaus in den Gewächsen nicht vergrössert
werden können, wenn nicht der Antheil ihres Kohlenstoffes in
demselben Verhältnisse wächst. In Folge dessen liess ich Pflanzen
in einem Gemisch aus gewöhnlicher Luft und kohlensaurem Gas
vegetiren, damit sie Kohlenstoff assimiliıten. Alsdann waren
die Ergebnisse jedesmal, wenn die Vegetation nicht gelitten
hatte, deutlicher. Augenscheinlich vermehrten die Pflanzen ihre
Trockensubstanz um eine grössere Menge, als diejenige betrug,
welche sie aus den Elementen des sauren Gases schöpften.
226| Bei dieser Gelegenheit komme ich auf die Versuche
zurück, welche ich Kap. Il, $ 4 über die Zersetzung des kohlen-
sauren Gases mittheilte.e Damals gab ich nicht alle Einzel-
heiten an. Aus dem ersten Experiment ersah man, dass sieben
Immergrünpflanzen, welche mit Hülfe reinen Wassers in einem
Gemisch aus gewöhnlicher Luft und kohlensaurem Gas vegetirt
hatten, den in 431 Cubikeentimetern (21% Cubikzoll) kohlen-
saurem Gas enthaltenen Kohlenstoff oder nach Lavorsier eine
Kohlenstoffmenge gleich 217 Milligramm (4,2 Gran) assimilirt
hatten; ausserdem eigneten sie sich aus demselben Gase noch
139 Cubikcentimeter (7 Cubikzoll) Sauerstofigas an; doch dart
ich diese letztere Assimilation vernachlässigen, weil sie als Er-
satz dafür eine gleich grosse Menge Stickgas verloren. Diese
beiden entgegengesetzten Wirkungen heben sich nahezu gegen-
seitig auf. Vor dem Versuch wogen diese Pflanzen grün
8,955 Gramm (1682 Gran) und enthielten 2,707 Gramm (51 Gran)
Trockensubstanz. Nach der Zerlegung des sauren Gases liefer-
ten sie getrocknet 3,237 Gramm (61 Gran). Sie vermehrten
also ihre T'rockensubstanz um 531 Milligramm (10 Gran‘, von
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 37
denen nur 217 Milligramm (4,2 Gran) dem sauren Gase zuge-
schrieben werden können. [227| Das Immergrün hat demnach
bei diesem Versuch 315 Milligramm (5,8 Gran) Wasser gebunden
oder in feste Substanz verwandelt.
Zwei Pflanzen von Mentha aquatiea, Kap. II, $ 4, Exper. I,
zersetzten 309 Cubikcentimeter (15,6 Cubikzoll) kohlensaures
Gas, welche nach Zaroisier 159 Milligramm (3 Gran) Kohlen-
stoff enthalten. Vor dem Versuch lieferten sie 1,698 Gramm
oder 32 Gran, nach dem Versuch 2,016 Gramm oder 38 Gran
Troekensubstanz; demnach vergrösserten sie ihre Trocken-
substanz um 318 Milligramm oder 6 Gran, von denen 159 Milli-
gramm (3 Gran) der Bindung von Wasser zugeschrieben werden
müssen.
Solche Ergebnisse setzen Bedingungen voraus, welche sieh
nur selten zusammenfinden; die Pflanze muss in allen ihren Thei-
len gesund bleiben; wenn nur ein einziges Blatt unter dem Reei-
pienten welkt, oder wenn die Wurzeln Schaden leiden, zeigt sich
im troeknen Zustande das Gewicht der Pflanze oft vermindert,
obgleich sie eine grosse Menge kohlensaures Gas zerlegt.
[228] 83.
Von der Zerlegung des Wassers durch die Gewächse.
Da die Pflanzen sich den Sauerstoff und Wasserstoff’ des
Wassers aneignen, so kann man vermuthen, dass sie unter be-
stimmten Umständen den Sauerstofi, welcher einen Bestandtheil
dieser Flüssigkeit ausmacht, aushauchen müssen. Die über ein-
ander gehäuften todten Gewächse, welche ohne Berührung mit
Luft gähren, bilden kohlensaures Gas ausschliesslich aus ihrer
eigenen Substanz. Bei diesem Vorgange verbindet sich, unter-
stützt von der bei der Gährung entstehenden Wärme, der Sauer-
stoff des während des Vegetationsprocesses gebundenen oder in
feste Substanz übergeführten Wassers mit dem Kohlenstoff, um
saures Gas zu bilden, und die vegetirenden Pflanzen scheiden,
indem sie dasselbe zersetzen, den Sauerstoff aus, welcher ur-
sprünglich dem Wasser angehört hatte. Doch scheinen sie in
keinem Falle dasselbe direct zu zersetzen, indem sie sich seinen
Wasserstoff aneignen und unmittelbar seinen anderen Bestand-
theil in der Form von Sauerstoff entbinden.
Die grünen Pflanzen, welche Tag und Nacht in Stickgas ve-
getirten, verbreiten dort das Mehrfache ihres Volumens an Sauer-
stoffgas, [229] weil sie, da sie in den ersten Stadien dieser Vege-
38 Theod. de Saussure.
tation der Berührung mit diesem Gase entzogen sind, kohlensaures
Gas, welches sie zersetzen, ausschliesslich aus ihrer eigenen Sub-
stanz bilden. Aber dieselben Pflanzen oder wenigstens diejeni-
gen, welche nicht fleischig sind, fügen einer Atmosphäre aus
sewöhnlicher Luft oder Sauerstofigas, worin sie Tag und Nacht
vegetiren, kein Sauerstofigas hinzu; und nur in solehen Atmo-
sphären kann man beurtheilen, ob sie direet Wasser zerlegen,
weil das von ihnen dort gebildete kohlensaure Gas das Ergebniss
der Verbindung ihres Kohlenstofis mit dem Sauerstoflgas der
umgebenden Luft und nicht das ausschliessliche Produet ihrer
eigenen Substanz ist*).
[230] Mit Hülfe von Wasser liess ich vier Monate lang in
der Sonne in 40 Cubikzoll atmosphärischer Luft, die durch Wasser
und Quecksilber abgeschlossen war, Lythrum salicaria vege-
tiren; mehrmals erneuerte ich diese Pflanze, damit sie keine Ver-
änderung erleiden möchte. Nach diesem nn ausgedehnten
Versuch enthielt die Luft des Reeipienten I, Sauerstoflzas
weniger, als zu der Zeit, da sie der Wirkung der vegetirenden
Pflanzen ausgesetzt wurde; und dennoch waren letztere i in ihr
stets sehr kräftig.
Ebenso liess ich unter denselben Umständen drei Monate
lang Polygonum persicaria vegetiren ; die sie umgebende gewöhn-
liche Luft erlitt keine Verbesserung, keine wahrnehmbare Ver-
änderung.
Alle anderen Pflanzen mit zarten Blättern, welche ich solehen
Versuchen unterwarf, lieferten mir die nämlichen Ergebnisse.
*) Die Ergebnisse der folgenden Versuche widersprechen nicht
den soeben mitgetheilten. Ich liess in der Sonne drei Wochen lang
mit Hülfe von Wasser unter zwei gleichen mit gewöhnlicher Luft
gefüllten Reeipienten zwei Pflanzen von Mentha aquatica vegetiren.
In jeden Recipienten brachte ich neben die vegetirende Pflanze eine
verwelkte, aber nicht vertrocknete und nicht vollständig todte
Mentha, doch war diese verwelkte Menthapflanze in dem einen Re-
cipienten mit dem zu seinem Verschluss dienenden Wasser bedeckt,
während sie in dem anderen Reeipienten in der in ihm enthaltenen
Luft aufgehängt war. Die in der Nachbarschaft dieser letzteren vege-
tirende Pflanze verbesserte ihre Atmosphäre nicht, während die
mit der untergetauchten Pflanze das Mehrfache ihres Volumens an
Sauerstoffgas der sie umgebenden gewöhnlichen Luft 'zufügte. Der
verschiedene Ursprung [230] des unter diesen Umständen von den
verwelkten Pflanzen gebildeten kohlensauren Gases erklärt diese
Resultate. Die untergetauchte Pflanze lieferte das gesammte saure
Gas aus ihrer eigenen Substanz , während diejenige aus der Luft nur
den Kohlenstoff des sauren Gases hergab.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 39
Die einzige Wirkung, welche überraschen könnte, besteht
darin, dass sie ihre Atmosphäre nicht merklich verschlechterten,
indem sie bei der Zersetzung des von ihnen gebildeten kohlen-
sauren Gases dessen Sauerstofigas absorbirten. Doch muss
beachtet werden, |231] dass die in das nicht erneuerte Wasser
tauchenden Wurzeln, da sie der Berührung mit Sauerstofigas
entzogen waren, ausschliesslich aus ihrer eigenen Substanz eine
kleine Menge kohlensaures Gas bilden mussten, und dass die
Zerlegung desselben durch die Blätter fast genau die Absorption
des Sauerstofigases ausgleichen konnte.
Ich bemerkte in der That bei diesen Versuchen oft, dass die
Wurzeln eine kleine Menge Luft frei machen, besonders wenn
sie dem Licht ausgesetzt wurden. Im Schatten wurde dies Gas
von der Pflanze in dem Maasse absorbirt, wie es gebildet wurde.
Wenn die Pflanzen im Wasser eine überflüssige Menge Sauer-
stoffgas fänden, würden sie allen Sauerstoff des kohlensauren
Gases, welches sie zersetzen, ausscheiden; die im Kap. II mit-
getheilten Versuche haben jedoch bewiesen, dass sie einen Theil
desselben assimiliren. Das Sauerstoffgas, welches sie in dem sie
ernährenden Wasser fanden, genügte also nicht zu ihrer Er-
nährung.
Caetus opuntia (und wahrscheinlich auch andere fleischige
Pflanzen)*) scheint auf den ersten Blick Ergebnisse darzubieten,
die von den soeben mitgetheilten eine Ausnahme machen. [232]
Der Cactus kann, indem er Tag und Nacht unter demselben mit
atmosphärischer Luft, die vorher ihres kohlensauren Gases be-
paubt wurde, gefüllten Receipienten wächst, das Mehrfache seines
Volumens an Sauerstoffgas ausgeben. Mit dieser Pflanze stellteich
den folgenden Versuch an; ich wiederholte ihn viermal unter
denselben Verhältnissen und mit den gleichen Ergebnissen. Die
Einzelheiten, welche ich mittheilen will, werden die Genauigkeit
meines Verfahrens zeigen.
Im Juni pflückte ich bei Sonnenuntergang ein Blatt oder ein
Glied von Cactus ab, das einen Raum von 15 Cubikcentimeter
(z Cubikzoll) einnahm; es wurde in ein Glas mit Fuss gesetzt,
das auf dem Grunde 10 Cubikeentimeter oder 4 Cubikzoll de-
stillirtes Wasser enthielt; das Blatt berührte bloss mit seiner Spitze
*, Ich unterwarf denselben Versuchen Sempervivum teetorum,
Stapelia variegata und Sedum telephium; doch konnten sie nicht
lange genug, ohne Schaden zu nehmen, eine sehr feuchte Atmosphäre
ertragen.
40 Theod. de Saussure.
oder mit seinem keilförmigen Ende die Oberfläche dieser Flüs-
sigkeit.
Das Ganze wurde mit einem genügend hohen Reeipienten
bedeckt, damit die Veränderung um 4 Cubikzoll in dem vor-
handenen Luftvolumen wahrnehmbar sein möchte. Diese Luft,
welche frei von kohlensaurem Gas war, nahm 547 Cubikeenti-
meter (42% Cubikzoll) ein. Als bei Erschöpfung des in dem
Glase enthaltenen Wassers der Cactus ausser Berührung mit
demselben kam, konnte ich ihn, ohne ihn herausnehmen zu
müssen, [233] mit einer neuen Menge versehen, indem ich den
Reeipienten in gekochtes Wasser tauchte und wieder emporhob.
Durch diese in sein Inneres hineinsteigende Flüssigkeit war er
abgesperrt,; und der Grund der Schale, auf welcher er ruhte, war
mit Quecksilber erfüllt. Nach 31 Tagen nahm ich die Pflanze
heraus, welche ebenso gesund zu sein schien wie damals, als
ich den Versuch ansetzte; sie hatte Wurzeln von 2,7 Deeimeter
(1 Zoll) Länge getrieben und ihre Atmosphäre hatte sich um
69 Cubikeentimeter (34 Cubikzoll) vergrössert. Das Eudiometer
zeigte in den 917 Cubikeentimetern (464 Cubikzoll) Luft (wenn
wir das Mittel aus fünf Beobachtungen ziehen) 25 Hundertstel
und vor der Einbringung der Pflanze 21 Hundertstel Sauerstofi-
gas an. Aus diesen Angaben geht hervor, dass der Cactus in
dem Zeitraum von einem Monat in der Sonne das dreiundein-
halbfache seines Volumens an Sauerstofigas ausgeschieden hatte,
das nur der Zersetzung des Wassers zugeschrieben werden
konnte.
Doch scheint es, dass die Pflanze nicht direet diese Zersetzung
bewirkte, oder dass sie sich nicht unmittelbar den Wasserstoff des
Wassers aneignete, indem sie dessen Sauerstoff ausschied. Ein
vertiefteres Studium führt dazu zu glauben, [234] dass sie nur
in der Sonne ausschliesslich aus ihrer eigenen Substanz kohlen-
saures Gas bildete und wieder zersetzte.
Man muss jedoch beachten 1., dass die inneren. Theile
des Cactus mit Rücksicht auf seine geringe Oberfläche und den
Mangel an Porosität seiner Epidermis*) nicht in unmittelbarer
Berührung mit dem Sauerstofigas stehen, wenn die Sonne die
freie Luft, welche in ihn eingedrungen war, austreibt; sie
befinden sich nach dieser Austreibung fast unter denselben
*) Die Blattepidermis der fleischigen Pflanzen hat viel weniger
Poren als die anderer Pflanzen. Diese bemerkenswerthe Beobachtung
verdankt man Decandolle,
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 41
Verhältnissen, wie wenn man sie der Destillation in einem ge-
schlossenen Gefäss unterworfen hatte, oder wenn sie in Stiekgas
vegetirthätten; sie bilden das kohlensaure Gas ausschliesslich aus
ihrer eigenen Substanz. Mit den zarten Blättern verhält es sich
nicht ebenso; alle ihre Theile sind mit der umgebenden Luft in
Berührung, nicht nur, weil ihr Parenchym weniger dicht ist, son-
dern auch, weil ihre Epidermis unter sonst gleichenVerhältnissen
mit einer viel grösseren Zahl von Poren versehen ist. Die Ver-
besserung, welche der Cactus in seiner Atmosphäre bewirkt, ist
sehr gering; [235] nach vierundzwanzig Stunden ist sie unter den
günstigsten Umständen nur dem dreizehnten Theile des Blatt-
volumens gleich.
2. Ein direeter Versuch bewies mir, dass der Caetus Sauer-
stoffgas nur in Folge der Zerlegung des kohlensauren Gases
ausscheidet. Während eines Monats liess ich Cactusse unter
solchen Verhältnissen vegetiren, in welchen sie dreiundeinhalbes
Mal ihr Volumen an Sauerstofigas gebildet hatten; doch hing ich
in dem oberen Theil des Recipienten ein mit Kalilauge gefülltes
Gefäss auf; alsdann führte der Cactus seiner Atmosphäre kein
Sauerstoffigas mehr zu; er veränderte dieselbe nicht, und die
Kalilauge brauste auf; die Pflanze nahm indessen keinen Scha-
den ; wie im vorhergehenden Versuch trieb sie Wurzeln. Das Kali
entzog in diesem Versuch dem Gewächs nicht jenes kohlensaure
Gas, welches dasselbe im Dunkeln mit dem Sauerstofigas der
umgebenden Luft bildete: diese Kohlensäure hielt der Caetus in
seinem dichten Parenchym zurück; das Kali entzog der Pflanze
nur das Gas, welches sie aus ihrer eigenen Substanz erzeugte.
Indem ich Kalkwasser unter den Reeipienten brachte, sah ich,
dass dies letztere saure Gas nur in der Sonne gebildet wurde.
3. In Kap. II, S 4, Exper. V zeigte ich, dass der Cactus,
welcher mit Hülfe von Wasser in einem Gemisch aus gewöhn-
licher Luft und kohlensaurem Gas vegetirt, wie andere Pflanzen,
indem sie letzteres Gas zersetzen, einen beträchtlichen Theil des
Sauerstoffs desselben zurückhält. 236] Diese Pflanze findet
demnach im Wasser allein keine hinreichende Menge Sauerstoff;
sie ist deshalb auch weit davon entfernt, unter den für sie gün-
stigsten Vegetationsbedingungen diesen Bestandtheil des Wassers
als überflüssig zurückweisen zu können.
4. Mit der grössten Sorgfalt forschte ich nach, ob die Cac-
tusse, welche dreiundeinhalbes Mal ihr Volumen an Sanerstofi-
gas ausgeschieden hatten, als sie einen Monat lang in atmo-
42 Theod. de Saussure.
sphärischer Luft, welche frei von kohlensaurem Gas war, vege-
tirten, bei diesem Verfahren ihre Trockensubstanz*) vermehrt
hatten; ich fand jedoch keine Zunahme; es schien mir sogar,
als ob diese Substanz beständig eine kleine Gewichtsverminde-
rung erlitten hätte.
Rückblick.
Indem die Pflanzen sich den Sauerstoff und Wasserstoff des
Wassers aneignen, verliert dasselbe so seinen flüssigen Zustand.
[237] Diese Assimilation tritt nur deutlich hervor, wenn die
Pflanzen sich zu gleicher Zeit Kohlenstoff einverleiben.
Das durch die Gewächse gebundene oder in feste Substanz
verwandelte Wasser kann wahrscheinlich seinen Sauerstoff in
Form von Gas erst nach dem Tode der Pflanze oder eines seiner
Theile verlieren. Wenn die Gewächse, welche Sauerstoff und
Wasserstoff des Wassers assimilirten, ohne freie Berührung mit
Sauerstoff zu gähren anfangen, so erzeugen sie alsdann kohlen-
saures Gas ausschliesslich aus ihrer eigenen Substanz. Der
Sauerstoff des gebundenen Wassers kann sich mit ihrem Kohlen-
stoff zur Bildung von kohlensaurem Gas vereinigen; und die
Pflanzen oder die vegetirenden Theile scheiden, indem sie den
Sauerstoff dieses letzteren entbinden, mittelbar einen ursprüng-
lich dem Wasser angehörenden Bestandtheil aus.
So kann durch die Mitwirkung der Vegetation und der ohne
Berührung mit Luft vor sich gehenden Gährung das Wasser
seinen wichtigsten Bestandtheil in der Form von Sauerstofigas
entweichen lassen.
Aber in keinem Falle zersetzen die Pflanzen direet das Was-
ser, indem sie seinen Wasserstoff assimiliren und seinen Sauerstoft
in der Gestalt von Gas ausscheiden; sie hauchen das Sauer-
stofigas nur bei unmittelbarer Zersetzung des kohlensauren Ga-
ses aus. j
238] Die Pflanzen mit zarten Blättern, welche mit Hülfe
von reinem Wasser in einem Gemisch von Sauerstoffgas und Stick-
gas unter der abwechselnden Einwirkung von Sonne und Nacht
vegetiren, führen demselben kein Sauerstofigas zu und geben
äusserlich nicht zu erkennen, dass das Wasser direet zersetzt
*) Um den Cactus zu trocknen, tauchte ich ihn einige Augenblicke
lang in kochendes Wasser und setzte ihn darauf der Sonne aus.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 43
wird. Man kann das Sauerstoffgas, welches sie in reinem Stick-
gas oder unter Wasser von sich geben, nicht der unmittelbaren
Zersetzung des Wassers zuschreiben, weil sie jedesmal, wenn
sie sich in einem sauerstoffgasfreien Medium befinden, kohlen-
saures Gas ausschliesslich aus ihrer eigenen Substanz bilden.
Einige fleischige Pflanzen fügen, wenn sie in gewöhnlicher
Luft, welche frei von kohlensaurem Gas ist, vegetiren, dieser
Atmosphäre eine Menge Sauerstoffgas zu, welche das Mehrfache
ihres Volumens übersteigt; dies Gas rührt jedoch, obgleich es
ursprünglich dem Wasser angehört haben kann, als letztes Er-
gebniss nur von der Zersetzung des kohlensauren Gases her,
welches sie in der Sonne vollständig aus ihrer eigenen Substanz
erzeugen; denn wenn man in ihre Nähe einen Körper bringt, der
fähig ist, dies saure Gas zu absorbiren, so führen sie dem Medium,
in welchem sie Tag und Nacht vegetiren, kein Sauerstoffgas mehr
zu; sie geben kein Anzeichen mehr von einer directen Zersetzung
des Wassers, obgleich sie kräftig vegetiren. [239] Die Eigen-
schaft, welche den fleischigen Pflanzen ausschliesslich zukommt,
aus ihrer eigenen Substanz kohlensaures Gas zu bilden, rührt
von der geringen Porosität ihrer Epidermis oder von der gerin-
gen Berührung, welche ihre inneren Theile mit dem Sauerstofi-
gas der umgebenden Luft hat, her.
Man kann nicht daran zweifeln, dass der grösste Theil des
Wasserstofis, welchen die einjährigen Pflanzen erwerben, indem
sie sich an freier Luft mit Hülfe von destillirtem Wasser entwickeln,
aus dieser Flüssigkeit stammt, welehe durch sie in feste Substanz
verwandelt wird. Dasselbe muss man von dem Sauerstoff des
Wassers behaupten; denn man kann theils aus dem kohlensauren
Gas, welches diese Pflanzen in einem gegebenen Zeitraum zer-
setzen können, theils aus der geringen Veränderung, welche
durch sie gewöhnliche Luft erfährt, entnehmen, dass die Menge
Sauerstoff, welche die Pflanzen aus den atmosphärischen Gasen
schöpfen, nicht genügt, um die Menge zu erklären, welche sie
in dem kurzen Zeitraum ihrer Entwickelung erlangen. Man darf
nicht vergessen, dass bei der Zersetzung der meisten getrock-
neten Gewächse Wasser am reichlichsten gebildet wird, und dass
der Sauerstoff ihr wichtigster Bestandtheil ist.
44 Theod. de Saussure.
[240] Achtes Kapitel.
Von der Aufnahme der Lösungen durch die Wurzeln der
Pflanzen.
BL
Wasser und Luft sind als Nahrungsmittel unzureichend, um die
vollständige Entwicklung der Gewächse zu bewirken.
Die Wurzeln der Pflanzen sind zu enge Filter, um andere
Stoffe als Flüssigkeiten aufnehmen zu können. Wenn sie feste
Körper eindringen lassen, so müssen dieselben so verdünnt, so
zerkleinert sein, dass ihre Vertheilung in der Flüssigkeit alle
Anzeichen einer wirklichen Lösung besitzt*). Die Untersuchun-
gen über die Aufnahme |241| von Lösungen durch die Gewächse
sind für die Theorie ihrer Ernährung sehr wichtig, weil sie uns
zur richtigen Schätzung der Menge und der Art der Nahrung,
welche sie sich mit ihren Wurzeln aus dem Boden aneignen kön-
nen, führen.
Tull, Vanhelmont und selbst einige neuere Naturforscher
versuchten zu zeigen, dass die Gewächse aus dem Humus**)
nur Wasser schöpfen, und dass der Dünger 242] nur insofern
*, Einen Monat lang ernährte ich dreissig Pflanzen von Poly-
gonum persicaria und der Pfeffermünze mit destillirtem Wasser, dem
ich ein bestimmtes Gewicht fein vertheilter Kieselerde beigemischt
hatte, die zum Theil mit Hülfe einer kleinen Menge in dieser Flüssig-
keit gelösten Zuckers suspendirt blieb. [241] Nach dem Versuch fand
ich weder durch Veraschung der Pflanzen, noch durch eine genaue
Prüfung des Rückstandes der eingesogenen Flüssigkeit, dass diese
Erde in wahrnehmbarer Weise in das Gewächs eingedrungen war.
Bonnet liess einige Gewächse Tinte aufnehmen, doch wurde von dem
gefärbten nicht gelösten Theil nur eine unwägbare Menge aufgenom-
men. Er würde viel reichlicher durch die vollkommensten Filter, die
wir anfertigen können, eingedrungen sein.
**) Ich halte es für unnöthig, hier die Versuche von Vanhelmont,
Tillet, Bonnet und Duhamel, welche die hauptsächlichsten Stützen
dieser Theorie waren, aufzuzählen. Die Unvollkommenheit ihrer
Methoden ist genügend von Bergmann, Kirwan und Hassenfratz nach-
gewiesen worden; sie hoben besonders hervor, dass die Gefässe, in
welchen T'ilet und Vanhelmont Pflanzen vegetiren liessen, porös und
in Humus eingegraben waren, was die von diesen Autoren erhaltenen
Ergebnisse beeinflussen konnte. Duhamel’s Eiche wurde mit einem
bereits von Natur mit Extractstoffen beladenen Wasser begossen;
Bonnet's Pflanzen dienten zur Unterlage mehr oder minder in Wasser
lösliche Substanzen.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 45
auf den Boden wirke, dass er den Pflanzen ein mehr oder weniger
geeignetes Hülfsmittel biete, um die Wärme und Feuchtigkeit
zurückzuhalten. Diese Schriftsteller setzten voraus, dass die
Lebenskraft sowohl der Thiere wie der Pflanzen, indem sie auf
verschiedene Weisen die atmosphärische Luft und das Wasser
zersetzt oder bindet, alle Stoffe, selbst die Salze, die Erden und
die Metalle, welche die Analyse und die Veraschung in den Ge-
wächsen aufweist, bilden könne. Diese verworrene Vorstellung
kann ebenso wenig bewiesen werden wie diejenige, Gold zu
machen aus Stoffen, welche keins enthalten. Vordem man seine
Zuflucht nimmt zu unverständlichen und wunderbaren Verwand-
lungen, die mit allen bekannten Beobachtungen in Widerspruch
stehen, muss man sich sorgfältig versichern, dass die Pflanzen
diese Stoffe nicht vorgebildet in den Medien finden, in denen sie
sich entfalten, und dass dieselben sie nicht aus ihnen schöpfen.
Andere Autoren näherten sich mehr dem Anschein von
Wahrheit, wenn sie annahmen, dass alle Bestandtheile der
Pflanzen mit Ausnahme des Wassers ihnen in Gasform geliefert
würden. Wenn man jedoch auf die Ergebnisse der unmittelbaren
Beobachtung Bezug nimmt, so ist diese Hypothese in ihrer Ge-
sammtheit nicht haltbar. Das Sauerstofigas und das kohlensaure
Gas sind die einzigen uns bekannten luftförmigen Stoffe, von
denen sich die Pflanzen in unserer Atmosphäre ernähren können.
(243) Die Erfahrung lehrt, dass die meisten unter ihnen das
Stickgas nicht assimiliren; indessen macht der Stickstoff einen
wesentlichen Antheil der Gewächse aus; man findet ihn beständig
im Holz, in den Extraeten und in der grünen färbenden Materie.
Die Pflanzen enthalten Erden, welche wie bei den Thieren dazu
beitragen können, ihre festen oder knochigen Theilezu bilden; man
kann nicht nachweisen, dass diese Substanzen im luftförmigen
Zustande in unserer Atmosphäre vorhanden sind, doch erkennt
man sie in derselben im suspendirten und dampfartigen Zustande;
hingegen lässt sich zeigen, dass sie sich in den Quellen finden,
welche die Pflanzenerde bespülen und in die Wurzeln eindrin-
gen. Es lässt sich ferner darthun, dass die nämlichen Quellen
Extraetivstoffe in Lösung halten, von denen der Stickstoff einen
wesentlichen Theil ausmacht, und dass die Fruchtbarkeit des
Bodens in gewisser Beziehung und innerhalb bestimmter Grenzen
von der Menge und der Natur der in Wasser löslichen Bestand-
theile, die er enthält, abhängig ist. Endlich erkennt man, dass
die Gewächse, indem sie sich diese Stoffe aneignen, schliesslich
den Boden erschöpfen oder unfruchtbar machen.
46 Theod. de Saussure.
Die Pflanzen, welche von Natur auf dürrem Felsen oder auf
reinem Sande wachsen, finden in den Ueberresten von Gewächsen
und Thieren, [244] die in unserer Luft schweben, Nahrungsstoffe,
welche die gasförmigen Bestandtheile der Luft nicht zu liefern
im Stande sind. Diese Körperchen lassen sich auf den Blättern
nieder, lösen sich in dem Wasser, welches diese verdichten, und
dringen in ihr Inneres ein. Das von den Wurzeln aufgenommene
tegenwasser ist mit denselben Stofien beladen.
Die Gewächse, welche sich vollständig entfalten können,
indem sie auf diese Weise aus unserer Atmosphäre ihren ganzen
Unterhalt schöpfen, sind nicht sehr zahlreich. Eine so wenig
reichliche Nahrung kann nur denjenigen genügen, welche eine
an ihren Standort angepasste Organisation haben, nur denjenigen,
die ausdauernd sind, und deren sehr langsame Entwickelung
der geringen Menge assimilirter Nahrungsstoffe entspricht.
Die meisten unter ihnen wie die Moose, die Farnkräuter, die
fleischigen Pflanzen, die Fichten sind immergrün; ihre Blätter
zersetzen während des ganzen Jahres kohlensaures Gas; sie bieten
den in unserer Atmosphäre herumschwimmenden Körperchen be-
ständig Anhaltepunkte dar; sie transpiriren wenig; sie sind
lederartig oder fleischig, und bei solcher Beschaffenheit verlieren
sie unter der Einwirkung des Sauerstoffgases der umgebenden
Luft nur eine geringe Menge Kohlenstoff. Aber man findet fast
niemals auf einem humusfreien Boden einjährige Pflanzen, [245]
ihr Wachsthum oder ihre Entwieklung dürfte zu schnell sein,
als dass sie in unserer Atmosphäre die grosse Menge Nahrungs-
stoffe, welche sie verbrauchen, finden könnten.
Sie vergehen, sobald sie die in ihren Samen enthaltene Nah-
rung aufgesogen haben. Ich versuchte, Samen von Saubohne,
Bohne, Erbse und Kresse zur Entwickelung zu bringen, indem
ich ihnen als Unterlage reinen Sand oder Pferdehaare in Trieh-
tern darbot, welche das überschüssige destillirte Wasser, mit
dem ich sie benetzte, ablaufen liessen. Sie blühten sehr oft,
doch konnten ihre Samen niemals reifen. Dessen ungeachtet
variirte ich diese Versuche mit aller möglichen Sorgfalt fünf auf
einander folgende Jahre hindurch. Grobert, Hassenfratz und
andere Naturforscher sind bei diesen Untersuchungen meine
Vorgänger gewesen, ohne günstigere Ergebnisse erhalten zu
haben.
Diejenigen, welche glauben, dass die atmosphärisehe Luft
und das Wasser die einzigen Bestandtheile und Nahrungsstoffe
der Gewächse sind, werfen dagegen ein, dass der Sand, das Haar
N
EM
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 47
und andere ähnliche Unterlagen keine geeigneten Medien dar-
stellen, um die zum Unterhalt der Vegetation erforderliche Menge
Wasser zu liefern.
Dieser Einwand würde begründet sein, wenn nicht mehrere
Beobachtungen bewiesen, |246| dass ein Boden zum grössten
Theil seiner vegetativen Stoffe beraubt sein kann, ohne dass er
von dem fruchtbaren Boden unterschieden werden kann durch
die physikalischen Eigenschaften, nämlich durch diejenigen,
Wärme und Feuchtigkeit zurückzuhalten, sich von den Wurzeln
durchdringen zu lassen und ihnen als Stütze zu dienen. Deshalb
verliert, wie bekannt, eine von Quell- und Regenwassern stark
ausgewaschene Erde an Fruchtbarkeit, während sie dasselbe
Aussehen, dieselbe Farbe, dasselbe Gewicht und dieselbe Festig-
keit bewahrt. Als ich wie im Kapitel V, $ 2 fast reinem Humus
den grössten Theil seiner Extractivstoffe entzog, behielt er seine
äusseren Eigenschaften bei. Doch verminderte sich seine Frucht-
barkeit. Wenn es möglich wäre, den Humus seiner löslichen
vegetabilischen Stoffe vollständig zu berauben, so würde man
ihn vielleicht dem reinen Sande in Bezug auf seine vegetativen
Eigenschaften gleichmachen; diese vollkommene Entziehung
ist jedoch unmöglich, und man kann hier nur von Annäherung
sprechen.
Wenn der Dünger die pflanzliche Ernährung hauptsächlich
durch die Gase, welche er entwickelt, begünstigte, so müsste ein
Feld, das nicht besäet ist und kein Gewächs hervorbringt, eben-
so stark erschöpft werden wie dasjenige, welches eine reiche
Ernte ernährt; doch beweisen alle landwirthschaftlichen Ope-
rationen das Gegentheil; |247| man findet, dass die Ernten den
Boden verarmen, und dass sie ihrer Natur entsprechend, diese
Wirkung mehr oder weniger hervorrufen. Im Allgemeinen er-
schöpfen die substanzreichen und mit reichlicher Transpiration
versehenen einjährigen Pflanzen den Boden stärker als die aus-
dauernden, deren Entwicklung weniger schnell vor sich geht,
und als die wenig transpirirenden einjährigen Pflanzen mit saf-
tigen Blättern wie Erbsen, Saubohnen und Buchweizen*).
Man kann noch eine andere Beobachtung machen, die eine
nothwendige Folge der vorhergehenden ist, und die dieser wieder-
um als Beweis dienen muss, nämlich die, dass unter sonst glei-
*), Bibliotheque Britannique. (M&moires sur la eulture du Bl£.
Agriculture, vol. 5, p. 499.)
48 Theod. de Saussure.
chen Umständen die am meisten den Boden erschöpfenden
Pflanzen diejenigen sind, welche den an Nährstoffen reichsten
Boden verlangen.
S2
_.
Nehmen die Pflanzen in demselben Verhältniss wie das Wasser die in ihm
gelösten Substanzen auf?
Ich habe mehrere Lösungen dargestellt, von denen jede 793
Cubikeentimeter oder 40 Cubikzoll destillirtes Wasser, 637 Milli-
gramm oder 12Gran von demKörper, den ich sogleich angeben
werde, enthielt. [248] Ich werde diese 12 Gran gleich 100 Thei-
len setzen.
Die 1. Lösung enthielt 100 Theile salzsaures Kali
- - - salzsaures Natron
- 5 - salpetersauren Kalk
- verwittert. schwefels. Natron
. - - salzsaures Ammoniak
- essigsauren Kalk
- schwefelsaures Kupfer
un - - krystallisirten Zucker
- arabisches Gummi
- - 25 - Humusextraet*).
SCH)
ou.
I
I
|
un
er)
l
I
I
) =1
|
j
xD
)
)
_
—
In jede dieser Lösungen liess ich mit Wurzeln versehene
Pflanzen von Polygonum persicaria oder Bidens cannabina ein-
tauchen. Für diese Untersuchungen wählte ich besonders Sumpf-
pflanzen, damit sie weniger von dem Wasserüberschuss, der sie
ernähren sollte, leiden möchten. |249) Ich füge hinzu, dass ich
sie, vordem ich sie zu dem Versuch benutzte, einige Tage in de-
stillirtes Wasser stellte, bis ihre Wurzeln anfingen, sich zu ver-
längern,
*) Ich löste keinen getrockneten und vorher zubereiteten Extraet
in Wasser, weil, wenn man so verfährt, immer der Theil des Ex-
tractes, der sich während der Verdunstung niedergeschlagen hatte,
in der Lösung suspendirt bleibt; sondern ich stellte in der Kälte einen
Wasseraufguss des Humus her. Die Verdampfung eines Theiles dieses
Aufgusses zeigte mir, dass letzterer, in dem ich die Pflanzen wachsen
liess, 25 Theile Extract enthielt. Die mit den Salzen erhaltenen Er-
gebnisse sind genauer als die mit dem Extraet, dem Zucker und dem
Gummi erhaltenen, weil die vegetabilischen Verbindungen durch die
Berührung mit den Wurzeln immer etwas faulen.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 49
Die Polygonumpflanzen vegetirten fünf Wochen lang im Schat-
ten in den Lösungen von salzsaurem Kali, salpetersaurem Kalk,
salzsaurem Natron, schwefelsaurem Natron und Humusextract,
indem sie ihre Wurzeln entwickelten; sie siechten immer
dahin in salzsaurem Ammoniak ohne irgend welche Entwick-
lung ; im Zuckerwasser konnten sie sich nur halten, wenn die
Lösung, welche sehr schnell faulte, erneuert wurde; nach acht
bis zehn Tagen gingen sie im Gummiwasser und in der Lösung
des essigsauren Kalks zu Grunde; sie konnten nicht länger als
zweibis drei Tage in der Lösung von schwefelsaurem Kupfer leben.
Die Bidenspflanzen zeigten nahezu das nämliche Verhalten
in diesen verschiedenen Lösungen. Im Durchschnitt wider-
standen sie denselben noch weniger als die Polygonumpflanzen.
Als ich untersuchte, in welchem Verhältniss die gelösten
Substanzen in Beziehung auf das Wasser von den saugenden
Wurzeln aufgenommen wurden, |350) benutzte ich dieselben
Lösungen; jedoch beendete ich den Versuch, sobald die Pflan-
zen genau die Hälfte der sie ernährenden Flüssigkeit, nämlich
397 Cubikcentimeter (20 Cubikzoll) Lösung aufgenommen hatten.
Pflanzen waren in genügend grosser Zahl vorhanden, so dass die
Aufnahme in dem Zeitraum von zwei Tagen stattfand. Würde sie
länger gedauert haben, so würden die Wurzeln in den ihnen
nicht zusagenden Lösungen gefault sein. Ueberdies hätten der
Zucker, das Gummi und das Humusextract durch die Gährung
den grössten Theil ihrer Bestandtheile verlieren können.
Die Analyse der 397 Cubikcentimeter (20 Cubikzoll) Lösung,
welche die Pflanzen in jedem Gefäss nach der Aufsaugung zu-
rückliessen, gab mir die Menge Salze*) an, mit denen sie sich
beladen haben; [251] sie würden 50 Theile aufgenommen ha-
ben, wenn die Aufnahme der salzigen Substanzen in demselben
*) Die Salzlösungen wurden mit Hülfe von Reagentien analysirt
und zwar mit grösserer Genauigkeit als nach irgend einem andern
Verfahren. Ich hatte mich überzeugt, dass 100 Theile des von mir
benutzten salzsauren Kalis mit salpetersaurem Silber einen Nieder-
schlag geben gleich . . . RE ERS ETT KThonan
100 Theile salzsaures Natron mit demselben Reagens 2324
Zink salzsaur. Ammoniak - - - a -
zer.Z salpetersaurer Kalk mit oxalsaurem Kali 18 -
Eu. essigsaurer Kalk mit demselben Reagens 811 -
nor verwittertes schwefelsaures Natron mit essig-
saurem Baryt 1674 -
- .- schwefelsaures Kupfer mit demselb. Reagens 944 -
Die Gummi-, Zucker- und Humusextraetlösungen wurden bis zur
Trockne eingedampft. Der Rückstand wurde gewogen.
Ostwald's Klassiker. 16. 4
50 Theod. de Saussure.
Verhältnisse stattfände wie die des Wassers. Ich fand jedoch,
dass Polygonum, indem es die Hälfte der für die Versuche be-
stimmten Flüssigkeit aufsog, nur
14,7 Theile salzsaures Kali
10 - salzsaures Natron
4 - salpetersauren Kalk
14,4 - _ schwefelsaures Natron
12 - salzsaures Ammoniak
8 - essigsauren Kalk
47 - schwefelsaures Kupfer
9 - Gummi
29 - Zucker
5 - Humusextraet
aufgenommen hatte.
Bidens nahm auf:
16 Theile salzsaures Kali
15 - salzsaures Natron
S - salpetersauren Kalk
10 - schwefelsaures Natron
17 - salzsaures Ammoniak
S - essigsauren Kalk
48 - schwefelsaures Kupfer
32 - Zucker
S - Gummi
6 - Humusextraet.
252] Im Allgemeinen sieht man, dass die Pflanzen alle Sub-
Stanzen, die ich ihnen darbot, aufnahmen, dass sie jedoch das
Wasser in viel grösserem Verhältniss als die in ihm gelösten Kör-
per aufsogen. Man sieht ferner, dass sie die Nährstoffe, welche
für sie am geeignetsten waren, nicht beständig in der grössten
Menge aufnahmen. Das schwefelsaure Kupfer, welches am schäd-
lichsten ist, wurde am reichlichsten aufgenommen. Das Gummi
und der essigsaure Kalk, welche der Vegetation sehr nachtheilig
sind, drangen nur in kleiner Menge in die Pflanzen ein.
Diese Versuche wiederholte ich mehrmals, theils nach den-
selben, theils nach anderen Verhältnissen, und erhielt immer
dieselben allgemeinen Ergebnisse. Die Pflanzen nahmen immer
mehr salzsaure und schwefelsaure Alkalien auf als essigsauren
und salpetersauren Kalk; sie nahmen stets mehr Zucker als
Gummi auf; doch schwankten die Ergebnisse im Einzelnen. Die
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 51
aufgenommenen absoluten Mengen von Salzen, Gummi und Zucker
waren in zwei gleichen Versuchen niemals die nämlichen. Ich be-
merkte bald, dass diese Abweichungen von dem verschiedenen
Zustand der Wurzeln, welche mehr gelöste Stoffe aufnehmen, wenn
sie weniger lebenskräftig sind, herrühren. Ich machte den Versuch
sie abzuschneiden:; [253] die Pflanzen litten alsdann sehr schnell .
in allen Lösungen und nahmen zwei oder dreimal mehr von der
gelösten Substanz aus dem Wasser aufalsin den vorhergehenden
Versuchen.
Ich glaube, dass man die sehr grosse Aufnahme von schwe-
felsaurem Kupfer besonders der Desorganisation zuschreiben
muss, welche die Wurzeln durch dasselbe erleiden. Aus den
folgenden Ergebnissen wird man in der That sehen, dass die
Hinzufügung dieses Salzes zu einer Lösung von essigsaurem oder
salpetersaurem Kalk bewirkt, dass diese letzteren in viel grös-
serer Menge in die Pflanzen eindringen, als wenn sie für sich oder
mit einem für die Vegetation weniger schädlichen Salz als dem
schwefelsauren Kupfer zur Anwendung kamen.
Bevorzugen die Pflanzen bei der Aufnahme aus einer mehrere Substanzen
gelöst enthaltenden Flüssigkeit bestimmte Substanzen vor anderen?
Bisher bot ich derselben Pflanze in der Lösung nur ein Salz
dar; nun werde ich ihr mehrere bieten; und ich will sehen, ob
sie daraus theilweise Abscheidungen bewirkt. In 793 Cubik-
centimetern oder 40 Cubikzoll Wasser löste ich zwei oder drei
verschiedene Salze auf, [254] von denen jedes 637 Milligramm
oder 12 Gran wog. Ich setze diese 12 Gran stets gleich
100 Theilen.
In diesen Versuchen analysirte ich wie in den vorhergehen-
den den Rückstand der Lösung, als sie durch die Aufnahme ge-
nau auf die Hälfte ihres Volumens gesunken war. Wurde die
Menge des in diesem Rückstand enthaltenen Salzes von derjeni-
gen, welche ‚die Flüssigkeit vor der Einführung der Pflanzen
enthielt, abgezogen, so ergab sich mir die Menge Salz, welche
dieselben aufgenommen hatten. Polygonum nahm 11,7 Theile
schwefelsaures und 22 Theile salzsaures Natron auf, indem es
bis zur Hälfte eine Lösung aufsog, die 100 Theile oder 637 Milli-
gramm von jedem dieser Salze enthielt. Bidens nahm aus einer
gleichen Lösung 7 Theile schwefelsaures und 20 Theile salz-
4*
52 Th£od. de Saussure.
saures Natron auf. An der Hand dieses Beispiels wird man die
Ergebnisse, welche ich in der folgenden Tabelle zusammenge-
stellt habe, verstehen.
[255] | Gewicht der Gewicht der
Gewieht \ Stoffe, mit denen | Stoffe, mit denen
= | sich Polygonum sich Bidens
der in dem Wasser vor dem Versuch | belud, indem belud, indem
7 - 2 | esdieHälfte des | es die Hälfte des
gelösten Stoffe ‚ Lösungswassers | Lösungswassers
aufnahm aufnahm
100 Theile verwitt. A N ron] 11,7 7
- - salzsaures Natron 227 20
- - verwitt.schwefelsaur. Natron A 10
- - salzsaures Kali 17 17
- - . essigsaurer Kalk 84 5
- - salzsaures Kali 33) 16
- - salpetersaurer Kalk 41 2
- - salzsaures Ammoniak 16} 15
- - essigsauren Kalk 31 35
- - schwefelsaures Kupfer 34 39
= - salpetersauren Kalk 17 )
= - schwefelsaures Kupfer 34 36
- - schwefelsaures Natron 6 13
- - salzsaures Natron 10 16
= Z essigsaurer Kalk unbest. Menge unbest. Menge
- - Gummi 26 21
- - Zucker 34 ++) 46
*) Den nach der Aufsaugung verbleibenden Rückstand fällte ich
mit essigsaurem Baryt; die decantirte Flüssigkeit fällte ich mit salpe-
tersaurem Silber.
**) Die Analyse wurde nach demselbenVerfahren angestellt. Man
sieht, dass die Pflanzen Salze aufgenommen haben, welche sich gegen-
seitig zersetzen ; aber diese Zersetzung findet hier nicht statt, weil die
Lösungen zu verdünnt waren. Berthollet hat gezeigt, dass der Aus-
tausch der Bestandtheile nur statthat, wenn er durch die Krystallisa-
tionskraft bedingt ist oder, was auf dasselbe hinausläuft, durch die
Unlöslichkeit der neuen Verbindung.
***), Der nach der Aufsaugung bleibende Rückstand wurde in zwei
gleiche Theile getheilt; der eine wurde durch oxalsaures Kali, der
andere durch salpetersaures Silber gefällt.
--) Der nach der Aufsaugung bleibende Rückstand wurde in zwei
gleiche Theile getheilt; der einewurde mit oxalsaurem Kali, der andere
mit essigsaurem Baryt gefällt. Nach der Abscheidung des schwefel-
sauren Baryts ist die decantirte Flüssigkeit mit salpetersaurem Silber
gefällt worden.
+) Den Rückstand liess ich bis zur Syrupeonsistenz eindampfen
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 53
256] Einige dieser Versuche wiederholte ich mit Pfeffer-
münze, Kiefer und Wachholder; die Ergebnisse waren im Allge-
meinen dieselben; diejenigen Salze, welche am meisten von
Bidens und Polygonum aufgenommen wurden, wurden es auch
von den anderen Pflanzen. Unterschiede giebt es in den abso-
luten Gewichten der aufgenommenen Salze; sie müssen unzwei-
felhaft für Gewächse, welche sich nicht ähnlich sind, vorhanden
sein; aber die Pflanzen derselben Art bieten in dieser Hinsicht
so vielfache Abweichungen dar, dass ich mit Sicherheit diese
Verschiedenheiten nicht der Gattung des von mir geprüften Ge-
wächses zuschreiben kann.
Das Abschneiden der Wurzeln, ihre Zersetzung und im Äll-
gemeinen auch die Mattigkeit der Vegetation begünstigen das
Eindringen von im Wasser gelösten Stoffen in das Gewächs.
Ich liess Pflanzen, denen ich die Wurzeln abgeschnitten hatte,
Lösungen aufnehmen; alsdann vollziehen sie die oben erwähnten
Ausscheidungen nicht in so ausgesprochener Weise; sie nahmen
fast ohne Unterschied alle Salze, welche ich ihnen darreichte,
auf; sie absorbirten sie alle in grosser Menge und fast in dem-
selben Verhältniss wie das Lösungswasser. Durch Gummi, essig-
sauren Kalk und schwefelsaures Kupfer gingen sie nach sieben
bis acht Stunden zu Grunde, [257] und ich konnte den Versuch
in den anderen Lösungen nur vollenden, indem ich mehrmals
die welkenden Pflanzen durch neue ersetzte. Die mit Wurzeln
versehenen Pflanzen nehmen also aus ein und derselben Lö-
sung bestimmte Stoffe vorzugsweise vor anderen auf: sie be-
laden sich zum Beispiel beständig in grösserer Menge mit salz-
saurem Natron und salzsaurem Kali als mit essigsaurem und
salpetersaurem Kalk; aus einer Lösung von Zucker und Gummi
nehmen sie mehr Zucker als Gummi auf u.s.w. Alle diese Stoffe
dringen nicht in dem Verhältniss ihres Einflusses auf die Vege-
tation in das Gewächs ein. Sie werden in einem weit kleineren
Verhältniss aufgenommen als das Wasser, welches sie gelöst
enthält.
Ich würde geneigt sein anzunehmen, dass die Pflanze, indem
sie einen Stoff vorzugsweise vor einem anderen aus derselben
Flüssigkeit aufnimmt, diese Wirkung nicht kraft einer besonderen
und gab dann Alkohol zu, der den Zucker löste und das Gummi fällte.
Ein vergleichender Versuch liess erkennen, dass das gefällte Gummi
hartnäckig ungefähr ein Viertel seines Volumens an Zucker zurück-
hielt. Die von mir mitgetheilten Ergebnisse sind an der Hand dieser
Beobachtung corrigirt worden.
54 Theod. de Saussure.
Verwandtschaft hervorruft, sondern im Verhältniss des Grades
des Flüssigseins oder der Zähigkeit der verschiedenen Stoffe. In
der That findet man, dass destillirtes Wasser flüssiger ist, oder
dass es leichter und schneller durch ein Filter eilt als Wasser,
welches salzsaures oder schwefelsaures Natron gelöst enthält *).
258] Man findet, dass essigsaurer und salpetersaurer Kalk mit
derselben Menge Wasser zähere Lösungen bildet, die schwieriger
durch das Filter dringen, als die salzsauren und schwefelsauren
Alkalien. Die letzteren werden von dem Gewächs immer reich-
licher als die ersteren aufgenommen. Gummi, da es zäher ist.
als Zucker, wird in geringerer Menge aufgenommen. Indessen
muss man beachten, dass die Wurzeln ausserordentlich enge und
viel vollkommenere Filter sind als diejenigen, welche wir ge-
wöhnlich herstellen ; denn wenn man aufein aus mehreren Lagen
Papier gemachtes Filter eine Lösung von essigsaurem Kalk und
salzsaurem Kali giesst, und wenn man die Filtration unterbricht,
sobald die Hälfte der Flüssigkeit abgelaufen ist, [259] so findet
man, dass diese Hälfte weniger essigsauren Kalk als die auf
dem Filter gebliebene enthält. Ebenso verhält es sich mit einer
Lösung von Zucker und Gummi.
Die Wurzeln zersetzten die Salze, welche ich sie auf-
nehmen liess, nicht wahrnehmbar; denn ich fand niemals, dass
nach der Aufsaugung im Rückstand eine Säure oder ein Alkali
frei geworden wäre.
Durch die Veraschung überzeugte ich mich davon, dass die
Salze wirklich in die Pflanzensubstanz eingedrungen sind. Ich
liess bewurzelte Pflanzen von Polygonum, diegrün 173,13 Gramm
oder 3262 Gran wogen, in destillirtem Wasser wachsen. Ich
liess andere Polygonumpflanzen von genau gleichem Gewicht
in 1,55 Liter Wasser wachsen, das 3 Gramm oder 564, Gran salz-
saures Kali enthielt. In dem Maasse, wie die Pflanzen die Lösung
aufnahmen, ersetzte ich sie durch destillirtes Wasser. Nach drei
Wochen beendete ich den Versuch und fand, indem 'ich den
*) Damit diese Erscheinungen wahrnehmbarer sind, müssen die
Lösungen concentrirter sein als diejenigen, welche ich den Pflanzen
zum Absorbiren darbot. Es scheint mir wahrscheinlich, dass eine
verdünnte wässerige Salzlösung keine homogene Verbindung, sondern
ein Gemisch aus gesättigtem und nicht gesättigtem Wasser ist. Es ist
wohl bekannt, dass eine verdünnte wässerige Lösung von salzsaurem
Natron, die vollkommener Ruhe überlassen ist, am Grunde des Ge-
fässes dichter und salzhaltiger wird als an der Oberfläche. (Vergl.
die Abhandlung von Zeblane, Sur la Crystallotechmie. Journal de
Physique, an 11).
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 55
Rückstand der Lösung analysirte, dass die Pflanzen 1,59 Gramm
oder 30 Gran salzsaures Kali, nachdem es bei Glühhitze ge-
trocknet worden war, zum Verschwinden gebracht hatten.
‚ Nach dem Trocknen wogen die Pflanzen |260] 39,8 Gramm
(750 Gran) und lieferten bei der Verbrennung 4,246 Gramm
oder 80 Gran Asche.
Die Polygonumpflanzen, welche in destillirtem Wasser ge-
wachsen waren, wogen nach dem Trocknen 38,851 Gramm
(132 Gran); sie gaben 2,76 Gramm oder 151 Gran Asche.
Die Pflanzen hatten also ihre Asche um eine Menge ver-
grössert, welche nahezu gleich derjenigen des aus der Lösung
verschwundenen salzsauren Kalis war. Ich analysirte diese
Asche und fand in derselben durch salpetersaures Silber alle in
den hinzugefügten Salzen enthalten gewesene Salzsäure wieder.
Das salzsaure Kali wurde nicht zersetzt. Die absolute Menge
freien Kalis war in der Asche des Polygonums, welches reines
Wasser aufgenommen, nicht grösser als in der Asche desjenigen
Polygonums, welches salzsaures Kali aufgenommen hatte; die
Wiederholung des Versuches mit Bidens lieferte mir nahezu
gleiche Resultate. Man sieht, dass dieselben Gewächse sehr
verschiedene Salzmengen enthalten, und dass man nicht mit zu
grosser Sicherheit auf die Tabellen bauen darf, welche aufge-
stellt worden sind, um jeder Pflanze ein bestimmtes Verhältniss
von Asche oder Salzen zuzuweisen. [261] Diese Bestimmungen
können nur so weit genau sein, als die Gewächse auf demselben
Boden und während derselben Zeit wuchsen.
84.
Betrachtungen über die salzigen oder mineralischen Stoffe, welche in die
Zusammensetzung der Gewächse eingehen.
Mehrere Schriftsteller haben behauptet, dass die Mineral-
stoffe, welche man in den Gewächsen findet, dort nur zufällig
vorhanden und keineswegs für ihre Existenz nöthig seien, weil
die Pflanzen sie nur in sehr kleiner Menge enthalten. Diese An-
sicht, ohne Zweifel für die Stoffe, welche sich nicht immer in
derselben Pflanze finden, richtig, ist nicht für diejenigen, welche
eonstant in ihnen vorkommen, bewiesen. Ihre geringe Menge
ist kein Anzeichen für ihre Nutzlosigkeit. Der in einem Thier
enthaltene phosphorsaure Kalk macht vielleicht nicht einmal den
fünfhundertsten Theil seines Gewichtes aus, aber Niemand zwei-
56 Theod. de Saussure.
felt daran, dass dies Salz für den Aufbau der Knochen durchaus
nothwendig ist. Dasselbe Salz fand ich in der Asche aller von
mir daraufhin untersuchten Gewächse, und wir haben keinen
Grund zu behaupten, dass sie ohne dasselbe existiren können.
262] Daraus, dass einige Salze in bestimmten Verhältnissen
gewissen Pflanzen schädlich sind, hat man zuweilen geschlossen,
dass alle Salze in allen Verhältnissen der Vegetation schädlich
sind. Aber die Beobachtung bestätigt nur selten diese systema-
tischen und allgemeinen Ideen; sie zeigt, dass mehrere Pflanzen
ein salziges Nahrungsmittel verlangen, dass es jedoch in seiner
Menge und seinen Stoffen gemäss der Natur des Gewächses, das
dasselbe aufnehmen soll, geändert werden muss. Duhamel er-
kannte, dass die Strandpflanzen |plantes marines] in einem von
salzsaurem Natron freien Boden hinsiechen; dies Salz schadet
dem Getreide in demselben Verhältniss, wie es den vorstehend
genannten Pflanzen nützlich ist. Parietaria, Brennnessel und
Borasch gedeihen nur dort, wo sie salpetersauren Kalk oder sal-
petersaures Kali finden, Schwefelsaurer Kalk beschleunigt die
Entwickelung der Luzerne, des Klees und der Esparsette, auf
mehrere andere Pflanzen ist er ohne Wirkung. Man glaubte,
dass die Salze die Vegetation begünstigten, nur weil sie die Ver-
wesung der auf dem Boden ausgebreiteten abgestorbenen pflanz-
lichen Substanzen beschleunigten, oder weil sie die Feuchtigkeit
der Luft anzögen; aber der schwefelsaure Kalk zerfliesst nicht,
und wenn er durch Beschleunigung der Verwesung nützlich wäre,
so würde sich sein heilsamer Einfluss nicht auf eine so geringe
Zahl Gewächse beschränken.
[263] Die Landwirthe wenden ihn in zu kleiner Menge an,
als dass er die ihm zugeschriebene septische Wirkung hervor-
rufen oder dass er die physikalischen Eigenschaften des Bodens
als einfacher Träger der Gewächse ändern könnte.
Thouvenel und Cornette glaubten zu erkennen, dass die
Salze als zusammenziehende und ätzende Mittel wirkten, indem
sie die Oefinung der Gefässe schlössen und sich der Aufnahme
von Wasser widersetzten. Indessen zeigte bis jetzt die Beobach-
tung, dass die Pflanzen Salze enthalten, welche sich in dem Bo-
den, auf dem sie wachsen, finden. Parietaria, Brennnessel u.s. w.
speicherten Nitrate, die Strandpflanzen Seesalz‘; letztere liefern
dasselbe nicht mehr, wenn man sie zwingt, fern von den Ufern
des Meeres hinzusiechen. De Bullion (M&moires d’Agrieulture,
1791) säete Sonnenblumensamen (Helianthus annuus) in einen
salpeterfreien sandigen Boden; die Pflanzen, welche auf dem-
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 57
selben wuchsen, lieferten beider Analyse keine Spur dieses Salzes.
Er begoss andere gleiche Pflanzen auf dem nämlichen Boden
mit einer Lösung von salpetersaurem Kali; und diese speicherten
passelbe.
Obgleich die Beobachtung zeigt, dass bestimmte salzige Stoffe
[264] dem Gedeihen einiger Pflanzen günstig sind, so lässt dieselbe
doch zu gleicher Zeit erkennen, dass dies Nahrungsmittel ihnen
nur zusagt, wenn es ihnen in sehr kleiner Menge geboten wird.
Der schwefelsaure Kalk verdankt wahrscheinlich zum Theil seiner
geringen Löslichkeit den heilsamen Einfluss auf die Entwicklung
einiger Gewächse. Die Unwirksamkeit der löslicheren Salze wie
des Salpeters, des kohlensauren Kalis und des Seesalzes, wenn
sie im reinen Zustand angewandt und unmittelbar dem Boden
zugeführt werden, ist für die meisten Nutzpflanzen anerkannt.
Die Nützlichkeit der Aschen, welche einige dieser Salze enthal-
ten, wird nicht bestritten. Aber sie sind in der Asche mit Erden
durch eine halbe Verglasung verbunden, welche die Löslichkeit
vermindert, und welche bewirkt, dass sie nicht plötzlich, sondern
langsam und wiederholt in kleinen Mengen in die Gewächse ein-
dringen; die überflüssigen Salze häufen sich bei gewissen Pflan-
zen an der Oberfläche ihrer Blätter an und bilden dort eine
Inerustation, die ihren Untergang bewirkt, indem sie dieselben
an der Transpiration hindert. Dies ist grösstentheils der Ursprung
der weissen Krankheit, welche die Cueurbitaceen *) und mehrere
Küchengewächse befällt.
*), Diese Krankheit beginnt bei den Kürbisspflanzen mit der Aus-
scheidung zäher Tropfen, welche besonders auf der Oberfläche der Blät-
terin der Nähe des Blattstieles erscheinen. [265] Die Tropfen trocknen
ein und bilden weisse hervorragende staubartige Flecke, welche sich
ausdehnen und sich allmählich bis zum Blattumfang vermehren. Ich
löste diese Incrustation ab; sie war nur zum Theil im Wasser und Alko-
hol löslich. Wurden diese Lösungen bis zur Trockenheit eingedampft,
so liessen sie ein zerfliessliches Salz zurück, welchesalle Eigenschaften
des mit einer unbestimmbaren Menge Magnesia verunreinigten salz-
sauren Kalkes aufwies ; es wurde reichlich gefällt von salpetersaurem
Silber, oxalsaurem Kali und kohlensauren Alkalien, aber nicht von
Barytwasser und war im Feuer fast unveränderlich. Der salzige und
erdige Theil der Inerustation macht ungefähr ein Drittel ihres Gewich-
tes aus; sie wurde von einer weissen in Wasser und Alkohol unlös-
lichen vegetabilischen Substanz ziemlich reichlich eingehüllt, so dass
die Incrustation selbst nicht merklich Feuchtigkeit anzog. Diese
Krankheit greift besonders die alten Pflanzen an, welche auf einem an
thierischem Dünger reichen Boden und in Mistbeeten wachsen, wo die
Blätter nicht vom Regenwasser abgewaschen werden.
58 Theod. de Saussure.
1265| Die Gewächse schöpfen nicht alle ihre mineralischen
Stoffe aus Salzlösungen gleich denen, welche man künstlich durch
Auflösen z. B. von salzsaurem Kalk, Eisen oder Mangan in
reinem Wasser darstellen kann, sondern sie nehmen sie zum
grossen Theil aus Verbindungen auf, die wir nicht zusammen-
zusetzen vermögen, namentlich aus solchen, in welchen die Ele-
mente dieser Salze sich chemisch mit Sauerstoff, Wasserstoff,
Stickstoff und Kohlenstoff im Humusextract verbunden finden,
266] und wo sie nur durch die Veraschung nachgewiesen wer-
den können.
85.
Ueber die Anwendung der vorstehenden Beobachtungen auf die
Erforschung der Menge von Nahrungsstoffen, welche die Substanz des
Humus allein den Wurzeln der Gewächse liefert.
Wir sind zu weit davon entfernt, alle Wirkungen der Pflanze
auf den Humus und des Humus auf die Pflanze zu kennen, um
dahin gelangen zu können, sämmtliche Bestandtheile, welche sie
aus demselben schöpft, zu berechnen und zu wägen. Beim Studium
der Natur kann man nichts Besseres thun, als die Maxime *) des
berühmten Haus zu befolgen: die Dinge werden geschätzt,
soansich zu sein, wie sie sich unserer Beobachtung
darbieten. Wenn wir uns mit Rücksicht hierauf auf diejenigen
Beobachtungen beziehen, welche theils in diesem, theils in den
vorhergehenden Kapiteln mitgetheilt worden sind, so finden wir,
dass das Humusextraet, das kohlensaure Gas, das Sauerstoffgas,
alle die in Wasser löslichen Verbindungen, welche aus dem Boden
in eine grüne Pflanze durch ihre Wurzeln eindringen, [267] bei
weitem nicht genügen, um den grössten Theil des Gewichtes
dieses Gewächses, im Trockenzustand betrachtet, zu bilden **).
*) Trait@ de Min£ralogie, par Hauy, voll, p. 7.
**) Ich könnte mich auf das Experiment von Vanhelmont berufen,
der, nachdem er eine Weide fünf Jahre lang in 200 Pfund Humus hatte
wachsen lassen, fand, dass diese Weide im grünen Zustand ein Ge-
wicht von 164 Pfund erlangt hatte, und dass der vor und nach dem
Experiment im Ofen getrocknete Humus nur zwei Unzen von seinem
Gewicht verloren hatte. Ueber diese Ergebnisse hat Kirwan jedoch
sehr begründete Betrachtungen angestellt; er bemerkt: 1. dass der
Humus in ein poröses nicht glasirtes Gefäss gethan wurde, das selbst
wiederum in Dammerde eingegraben wurde, und dass diese letztere
der Pflanze Extractivstoffe mitgetheilt hätte; 2. findet er, dass das im
Ofen ausgeführte Trocknen vor und nach dem Versuch nicht identisch
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 59
Aus Kapitel V, $ 2 sah man, dass Regenwasser, nachdem
es mehrere Tage auf dem gut gedüngten Boden eines Gartens
gestanden hatte, dort einen Aufguss bildete, welcher einen
Theil trockenes Extract auf tausend Theile Wasser enthielt.
Man sah ferner, dass ein Gewächs, welches diesen Aufguss
aufsaugen sollte, nur ein Viertel des festen Extractes, welches
er enthält, aufnehmen würde. Wenn das Humusextraet seine
einzige Nahrung! wäre, würde dies Gewächs also sein Gewicht
nur um ein Viertel Pfund im Trockenzustand vergrössern, wenn
es tausend Pfund Aufguss aufsöge. [268] Eine einjährige Pflanze
wie Helianthus, welche im Garten wuchs, konnte von ihrer
Keimung an im Zeitraum von vier Monaten vier Kilogramm (acht
Pfund) Frischgewicht oder ein halbes Kilogramm (ein Pfund)
Troekengewicht erlangen*). Wenn man auf Grund der Versuche
von Hales annimmt, dass die während vierundzwanzig Stunden
aufgenommene und transpirirte Menge Wasser gleich der Hälfte
des Gewichtes dieser Sonnenblume im nicht getrockneten Zu-
stande ist, so finde ich, nachdem ich dieselbe in den verschiede-
nen Zeiträumen ihrer Vegetation gewogen hatte, dass sienach Ab-
lauf von vier Monaten nicht mehr als 100 Kilogramm (200 Pfund)
Wasser oder Aufguss aufgenommen und transpirirt haben konnte.
Die in diesen 100 Kilogramm enthaltene Menge trockenen Ex-
tractes ist gleich 100 Gramm oder ! Pfund; davon nahm die
Pflanze nur den vierten Theil oder 25 Gramm auf; doch muss
man das in 100 Kilogramm Aufguss enthaltene kohlensaure Gas
hinzufügen. Nach den im Kap. V, $ 2 mitgetheilten Versuchen
schätze ich, dass dies 3,7 Gramm (70 Gran) wiegt; [269] nur
die Hälfte hiervon eignete sich die Sonnenblume, welche, indem
sie das kohlensaure Gas zersetzt, einen Theil ihrer Elemente
aushauchte, an. Demnach schöpfte diese Pflanze aus dem Hu-
mus, wenn von dem Wasser abgesehen wird, eine Menge vege-
tabilischer Substanz gleich 25 + 1,55 Gramm, welche ungefähr
nur den zwanzigsten Theil des Gewichtes ausmachen, das die
sein könne; 3. dass die Weide in der Erde Wurzelfäserchen zurück-
gelassen habe, deren Gewicht man nicht schätzen könne; 4. dass das
Regenwasser, welches zum Begiessen gedient hatte, durch seine Un-
reinigkeiten zur Ernährung der Pflanze beitragen musste. (M&moire
sur les Engrais par Kirwan.)
*) Hales sagt, dass eine in voller Vegetation stehende Sonnenblume
nur ein Viertel ihres Gewichtes durch I'rocknen verliert. Dies Ergeb-
niss ist gewiss ungenau, ebenso wie die Folgerungen, welche dieser
Schriftsteller daraus ableitet.
60 Theod. de Saussure.
Sonnenblume, im getrockneten Zustande betrachtet, nach direeter
Beobachtung erworben hatte. ,
Die Bereehnung, welche ich soeben anstellte, ist ohne
Zweifel weit davon entfernt, genau zu sein; indem ich jedoch
annehme, dass die Menge von Nährstoffen, welche die Pflanze
mit ihren Wurzeln aus dem Boden schöpft, in meiner Schätzung
zwei- oder dreimal zu gross oder zwei- oder dreimal zu klein sei,
so bleiben doch die wesentlichen und allgemein gültigen Ergeb-
nisse, welche ich im Auge habe, nichts destoweniger die näm-
lichen. Sie beweisen gleichfalls, dass das Humusextraet, dass die
Gase, dass alle in Wasser löslichen Stoffe, welche aus dem Boden
herrühren, und welche in die Wurzeln einer grünen Pflanze ein-
dringen, wenn man vom Wasser ganz absieht, nicht den grösseren
Theil des Gewichtes der Pflanze im Trockenzustand ausmachen.
Indessen findet man stets, dass sie merklich in dieselben eindrin-
gen, und dass sie gleich Nährstoffen trotz ihrer geringen Menge
einen mächtigen Einfluss auf das Wachsthum der Gewächse aus-
üben. [270] Man erkennt, dass das Wasser, welches das Gewächs
theils aus dem Boden, theils aus der Atmosphäre schöpft, und
welches es in feste Substanz verwandelt, in Gewicht den ‘grössten
Theil der Trockensubstanz der Pflanze ausmacht; dass ihr der
Kohlenstoff in Gasform aus der Atmosphäre in grösserer Menge
geliefert wird als aus irgend einer anderen Quelle; dass aber
der Stickstoff, die Salze und die Erden, welche Bestandtheile
am wenigsten reichlich in der Pflanze vorhanden sind, 1. aus
den aus dem Humus durch die Wurzeln geschöpften Lösungen
von extractiven und salzigen Stoffen, 2. aus den in der Atmo-
sphäre suspendirten vegetabilischen und animalischen Stoffen,
welche sich auf dem Gewächs niederschlagen, herrühren.
Rückblick.
l. Die Wurzeln der Pflanzen nehmen die Salze und die Ex-
tracte auf, aber in kleinerem Verhältniss als das Wasser, welches
diese Salze und diese Extraete gelöst enthält.
2. Das Abschneiden der Wurzeln, ihre Zersetzung und im
Allgemeinen das Hinsiechen der Vegetation begünstigen das Ein-
dringen der Salze und Extracte in die Pflanzen.
3. Ein Gewächs nimmt nicht im gleichen Verhältniss alle in
ein und derselben Lösung enthaltenen Stoffe auf; es nimmt unter
denselben besondere Ausscheidungen vor; [271] im Allgemeinen
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 61
nimmt es in grösster Menge die Stoffe auf, deren Lösungen an
sich am wenigsten zäh sind.
4. Wenn man das Gewicht des Extraetes, welches der frucht-
barste Boden liefern kann, mit dem Gewicht der getrockneten
Pflanze, welche sich auf ihm entwickelte, vergleicht, so findet
man, dass sie nur eine sehr kleine Menge ihrer eigenen Substanz
aus demselben zu schöpfen vermag.
[272] Neuntes Kapitel.
Untersuchungen über die Asche der gewächse.
$ı.
Ueber die von einigen Schriftstellern angestellten Beobachtungen über
die Mengen Asche, welche die Gewächse liefern.
Die Erfahrung lehrte seit Langem, dass die Gewächse von
gleichem Gewicht in Bezug auf die Menge von Asche, welche sie
hervorbringen können, nach der Art variiren. Doch ging man
auf die allgemeine Quelle dieser Erscheinung nicht zurück. Man
forschte dem Ursprung dieser Aschen und der Ursache ihrer
Verschiedenheit nicht nach. Vordem ich von meinen eigenen
Beobachtungen spreche, will ich in wenig Worten die bereits be-
kannten in das Gedächtniss der Leser zurückrufen.
Die Inspeetoren der Salpeterfabrik in Frankreich, [273]
Kirwan und Ruckert*), fanden, dass bei gleichem Gewicht
die krautigen Pflanzen nach ihrem Trocknen mehr Asche als
die holzigen Pflanzen liefern. Dies Ergebniss wurde von allen,
welche sich mit den Produceten der Veraschung beschäftigten,
bestätigt. Perturs lieferte für dies Prineip eine schöne Bestä-
tigung, als er ermittelte, dass der Stamm der Bäume weniger
Asche als die Zweige, und diese weniger Asche als die Blätter
hervorbringen. (Annales de Chimie, tome XIX.) Dies ist aber
auch Alles von den Ergebnissen dieses Schriftstellers, woran
man sich halten kann; seine anderen Behauptungen, 1. dass die
trocken verbrannten Pflanzen weniger Asche als die frisch ver-
brannten enthalten, 2. dass faules Holz weniger Asche als ge-
*) M&moire sur les Engrais, par Kirwan. Societe royale d’Irlande,
vol. 5, p. 129, und Ruckert’s Feldbau.
62 Theod. de Saussure.
sundes Holz liefert, 3. dass die zur Reifezeit verbrannten Pflanzen
mehr Asche als vor oder nach derselben geben, 4. dass die Ge-
wächse im Allgemeinen um so mehr lösliche Salze an das Wasser
abgeben, je mehr Asche sie enthalten, scheinen mir der Aende-
rung bedürftig zu sein. Es ist zu bedauern, dass man unter den
sechzig von Periuis ausgeführten Veraschungen nur vier findet,
274] welche mit getrockneten Pflanzen und ohne Beimischung
unbekannter Pflanzen angestellt worden sind. Die Unsicherheit,
in welcher uns das unvollkommene Trocknen lässt, das in un-
genauer Weise durch die Brüche ein Halb, ein Viertel, drei
Viertel geschätzt wird, setzt den Schlussfolgerungen, welche man
aus diesen Versuchen ziehen könnte, eine Grenze, besonders
wenn die Gewächse, wie man nach den Ergebnissen argwöhnen
muss, nicht vor Regen geschützt gehalten wurden, nachdem sie
abgeschnitten worden waren. Trotz dieser geringen unvermeid-
lichen Ungenauigkeiten im Verlaufe einer langwierigen Arbeit
kann man den Nutzen der Untersuchungen dieses Schriftstellers
nicht verkennen, der keine physiologische Beobachtungen, son-
dern Extractionen von alkalischen Salzen im Grossen im Auge
hatte.
5%
Ueber das Princip, nach dem die Asche an Menge in den holzigen oder
krautigen Pflanzen schwankt.
Bei einem so neuen und verwickelten Gegenstande, mit dem
ich mich nun beschäftige, werden die von mir gegebenen Er-
klärungen ohne Zweifel sehr oft gewagt sein; aber ich habe
Grund zu glauben, dass die Beobachtungen, welche ihnen als
Grundlage dienen, es nicht sind, wenigstens nicht für die von
mir geprüften Arten; [275] denn, obgleich meine Veraschungen
zahlreich sind, sind sie vielleicht nicht immer zahlreich genug,
als dass wir uns zu allgemeinen Schlussfolgerungen erheben
könnten.
Ich werde die Gewächse nur im getrockneten Zustande und
nach gleichen Gewichtsmengen betrachten; das Vegetationswasser
wechselt nach der besonderen Constitution jedes Individuums ein
und derselben Art, nach dem Alter der Pflanze und dem Klima
so, dass es vor allen Dingen darauf ankommt, diese Quelle des
Irrthums zu meiden.
Die Untersuchungen der Schriftsteller, welche ich in dem
vorhergehenden Paragraphen aufführte, und die meinigen wie
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 63
man sie in der Tabelle der Veraschungen am Ende dieses Ka-
pitels findet) zeigen übereinstimmend, dass die holzigen Pflanzen
weniger Asche als die krautigen Pflanzen enthalten. Wenn die
Gewächse, wie wir im Kapitel VIII erkannt haben, erdige und
salzige Stoffe nur in flüssiger Form in ihr Inneres eindringen
"lassen, so müssen sie um so mehr Asche enthalten, je reichlicher
die Aufsaugung oder die Transpiration ist; denn diese beiden
Funetionen sind stets wechselsweise von einander abhängig.
Hales*) und Bonnet**) zeigten, |276] dass die krautigen Pflan-
zen mehr Wasser als die holzigen transpiriren; diese letzteren
müssen also weniger Asche enthalten.
Die Blätter der immergrünen Bäume transpiriren nach der
Beobachtung von Hales weniger als die der sich im Herbste
entlaubenden Bäume. Die letzterem sind aus diesem Grunde
aschereicher. Man vergleiche am Ende des Kapitels die Ver-
aschungen der im getrockneten Zustande verbrannten Pflanzen
Nr. 1, 2, 16, 31 mit den Veraschungen Nr. 67, 71, 74.
Die Blätter immergrüner Bäume transpiriren in der That
während des ganzen Jahres; doch ist die Wirkung im Winter
sehr klein oder fast Null, und es ist wahrscheinlich, dass sie in
dieser Jahreszeit durch die Waschungen des Regenwassers ebenso
viel Asche verlieren, wie sie aufnehmen.
Wenn eine Salzlösung in einem Gefäss enthalten ist, welches
dieselbe durch ihre Poren hindurch verdunsten lässt, so setzt
sich das Salz in grösster Menge dort ab, wo die Verdunstung am
reichlichsten ist. Die Vertheilung der Asche in der Pflanze stimmt
im Allgemeinen mit diesem Prineip überein. Da die Transpira-
tion durch den Stengel geringer ist als durch die Blätter, so sind
diese reicher an Asche. Man vergleiche die Veraschung Nr. 29
mit der folgenden, Nr. 67 mit Nr. 69, Nr. 71 oder 72 mit der
folgenden.
[277] Nach den Beobachtungen von Hales transpiriren die
Blätter mehr als die Früchte. Diese liefern viel weniger Asche.
Man vergleiche unter den Veraschungen Nr. 30, 31 oder 32 mit
Nr. 34, Nr. 51, 52, 53 mit Nr. 54 und Nr. 57, 58, 59 mit
Nr. 61.
Die Rinde ist der unmittelbare Sitz der Transpiration des
Stammes und enthält viel mehr Asche als die inneren Theile.
Man vergleiche unter den Veraschungen Nr. 5 und 6 mit Nr. 7,
*) Statique des Vegetaux, Edition frangaise, p. 3 et 43.
**) Recherches sur l’usage des Feuilles, p. 77, edit. in $°,
64 Theod. de Saussure.
siehe ferner Nr. 14 und 15, Nr. 20 und 21, Nr. 22, 23 und 24,
Nr. 26, 27 und 28.
Die Asche nimmt in den Blättern der Bäume zu von dem
Augenblick an, wo sie aus der Knospe heraustreten, bis zu dem-
Jenigen, wo sie gelb werden und abfallen. Siehe Nr. 1 und 2,
Nr. 12 und 13, Nr. 16, 18 und 19, Nr. 30, 31 und 32. Die
Pflanzen müssen in allen Theilen, welche keine Veränderung in
ihrer Gestalt und ihrer Energie zu vegetiren mehr erleiden, Asche
aufspeichern. In allen Zeitabschnitten wählte ich vollkommen
grüne und gesunde Blätter aus; doch trug ich Sorge im Winter
und Herbst nur diejenigen zu sammeln, welche die ältesten zu
sein schienen.
Die soeben von mir mitgetheilten Ergebnisse [278] können
nicht mehr auf einjährige Pflanzen angewandt werden, welche
in ihrer Gesammtheit mit Einschluss der todten Theile, die
sie besitzen können, geerntet und verbrannt werden. Die Asche
dieser Pflanze vermindert sich in dem Maasse, wie ihre Entwick-
lung fortschreitet. Man vergleiche in der Tabelle der Veraschun-
gen Nr. 35 und 36, Nr. 37, 38 und 39, Nr. 43, 44 und 45,
Nr. 46, 47 und 48, Nr. 51, 52 und 53, Nr. 57, 58 und 59. Der
Grund dieser Verschiedenheit rührt daher, dass die einjährigen
Pflanzen in dem Maasse, wie sie altern und wie sie neue Bildun-
gen hervorbringen, die untersten Blätter verlieren, welche die
ältesten und folglich die aschereichsten sind. Wenn diese Blätter
nicht abfallen, vergehen oder vertrocknen sie und geben in die-
sem Zustande des Absterbens ihre löslichen Bestandtheile dem
Regenwasser, dem Thau und selbst dem ‚Transpirationswasser
preis. Könnte man das Verhältniss an Asche in einem einzel-
nen Blatte einer einjährigen Pflanze, vordem dieser Theil eine
Veränderung erleidet, verfolgen, so würde man wahrscheinlich
sehen, dass die Asche zunimmt, wie man es an den Blättern der
oben aufgeführten Bäume wahrnimmt.
Die Aschemenge scheint bei den einjährigen Pflanzen in dem
Maasse zuzunehmen, wie sie altern, wenn man sie im frischen
Zustande betrachtet. Man vergleiche Nr. 37 und 38, Nr. 47
und 48. |279] Doch ist dies nur eine durch das Vegetations-
wasser hervorgerufene Täuschung Der Verlust dieses Wassers,
der um so grösser ist, je weiter die Entwicklung vorgerückt ist,
scheint das Verhältniss der Asche in dem Gewächse zu vergrös-
sern, je näher dies durch denselben dem Trockenzustand ge-
bracht wird.
Die Asche häuft sich nieht in unbestimmter Weise im Stamm
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 65
der Bäume an. Der Splint enthält mehr Asche als das Holz. Man
vergleiche in der Veraschungstabelle Nr. 5 und 6, Nr. 22 und 23,
Nr. 26 und 27. Wenn die Splintlagen erhärten und in den Zu-
stand des Holzes übergehen, überlassen sie den aufsteigenden
Säften die Asche, welehe sie während ihres Wachsthums aufge-
speichert hatten.
Ich nahm frische Nussblätter,, liess den einen Theil derselben
trocknen und wusch den anderen Theil wiederholt mit kaltem
destillirtem Wasser. Dieser letztere wurde dann gleichfalls
getrocknet; hundert Gewichtstheile der gewaschenen Blätter
lieferten weniger Asche als hundert Gewichtstheile der nicht ge-
waschenen Blätter. Dies Ergebniss kann zum Theil als Grund-
lage für die vorhergehende Erklärung dienen.
Ein verfaultes Gewächs liefert bei gleichem Gewicht mehr
Asche, als das nämliche Gewächs nicht gefault. Hundert Ge-
wichtstheile faules Holz gaben mir mehr Asche als hundert
Gewichtstheile gesundes Holz. Aber diese Erscheinung setzt in
mehreren Fällen voraus, [280| dass das Gewächs nicht durch
fliessendes Wasser während der Fäulniss ausgewaschen wor-
den sei.
S 3.
Ueber die Zusammensetzung der Asche im Allgemeinen.
Ueber den Einfluss des Bodens.
Die alkalischen Salze des Kalis oder des Natrons, die phosphor-
sauren Erden des Kalks oder der Magnesia, der freie oder kohlen-
saure Kalk, die Kieselsäure und die Oxyde des Eisens und des
Mangans bilden vereinigt oder getrennt die wichtigsten Bestand-
theile der Asche und die einzigen, mit denen ich mich beschäf-
tigen werde; die Asche enthält noch viele andere, welche aber
durch ihre kleine Menge sehr häufig unserer Beobachtung ent-
gehen. Die Asche umschliesst vielleicht alle Stoffe, welche durch
die Wirkung des zur Verbrennung benutzten Feuers nicht ver-
flüchtigt werden können. Denn es ist möglich, dass unsere
Atmosphäre alle Elemente suspendirt enthält, und dass eine aus-
gebildetere Analyse ihre Spuren auf allen Böden erkennen lässt.
Die Analyse zeigt, dass die vorwaltenden Bestandtheile der
Asche im Humus enthalten sind, und dass sein löslicher Bestand-
theil, welcher allein in das Gewächs eindringt, diese Bestand-
theile in viel grösserem Verhältniss enthält als der unlösliche
Theil. [281] (Vergleiche in der Tabelle der Analysen Nr. 10
Ostwald's Klassiker. 16. 5
66 Theod. de Saussure.
und 11, Nr. 76 und 77, Nr. 78 und 79.) Ihr Vorhandensein in
der Pflanze ist demnach nur natürlich, und ihre Abwesenheit
würde grösseres Erstaunen erregen.
Die Natur des Bodens hat unter sonst gleichen Umständen
einen merklichen Einfluss auf das Schwanken der Aschemengen
bei den meisten Gewächsen. Ich habe die Einzelheiten eines
Versuches mitgetheilt (Kap. VII), in welchem ich Polygonum
persicaria in einer Salzlösung und in destillirtem Wasser wachsen
liess. Die ersteren Pflanzen haben bei gleichem Gewicht fast
zweimal mehr Asche geliefert als die letzteren. Ich liess Sau-
bohnen sich nach drei verschiedenen Verfahren entwickeln. Die
ersten wurden geschützt vor Regen mit destillirtem Wasser er-
nährt. Hundert Theile der Pflanzen, welche diese Samen her-
vorbrachten, enthielten im trockenen Zustande zur Blüthezeit
3,9 Theile Asche. Gleiche Samen wurden in mit Kies gefüllte
Glaskapseln gesäet und auf die Erde ins Freie gestellt; sie wur-
den theils natürlich, theils künstlich mit Regenwasser begossen.
Hundert Theile dieser blühenden Pflanzen lieferten getrocknet
74 Theile Asche. [282] Schliesslich gaben blühende Saubohnen-
pflanzen, welche im freien Lande in einem Gemüsegarten wuch-
sen, 12 Theile Asche.
Das Verhältniss der Bestandtheile der Asche steht fast immer
in Beziehung zu demjenigen der Bestandtheile, welche den Boden
aufbauen. Die Pflanzen, welche auf einer von einem kieselhal-
tigen Gebirge herrührenden Erde wachsen, liefern unter sonst
gleichen Umständen Asche, welche weniger Kalk und mehr
Kieselsäure enthält als diejenigen, welche auf einer kalkhaltigen
Erde wuchsen. (Man vergleiche in der Tabelle der Analysen
Nr. 67 und 68, Nr. 71 und 72, Nr. 74 und 75.) Der Boden von
Breven oder des Granitgebirges, auf welchem ich die kiesel-
haltigen Ernten gewann, war viel reicher an Eisenoxyd als
derjenige des Kalkgebirges. Der nämliche Unterschied ist in
der Asche zu beobachten. Alle Pflanzen wurden zu derselben
Jahreszeit geerntet, indessen war die Vegetation auf dem kiesel-
haltigen Boden etwas mehr zurückgeblieben, und dieser Umstand
bewirkte, wie ich im Folgenden zeigen werde, das Verhältniss
der Kieselsäure und des Eisenoxyds in der Asche der Pflanzen,
welche auf diesem Boden wuchsen, zu verkleinern.
Die Unterschiede in den Produeten des kalkhaltigen und des
kieselsäurehaltigen Bodens sind nur insoweit fühlbar, als die die
Gewächse ernährenden Extraetivstoffe verschiedene Mengen Kie-
selsäure und Kalk enthalten. [283] Die Pflanzen, welche auf
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 67
mit dem nämlichen Dünger oder dem nämlichen Humus verbes-
serten Kalk- und Granitsand wachsen würden, würden ähnliche
Aschen enthalten; darüber kann man sich aus dem Versuch von
Lampadius, welcher in dem Journal des mines Nr. 65 ver-
zeichnet ist, ein Urtheil bilden. Dieser Schriftsteller liess in
einem Garten fünf Beete von je vier Fuss Oberfläche und ein
Fuss Tiefe herstellen; getrennt waren sie durch Bretter. Jedes
Beet war mit sehr reiner Erde und acht Pfund Kuhdünger ge-
füllt. Diese Erden waren Thonerde, Kieselsäure, Kalk, Magnesia
und Gartenerde. Es wurde Roggen hineingesät und gefunden,
dass seine Asche auf allen fünf verschiedenen Erden die näm-
lichen Stoffe enthielt. Hieraus schliesst unser Autor, dass die
Kieselsäure sich während des Vegetirens der Pflanzen bilde und
keine Beziehung zur Natur des Bodens, auf dem die Pflanze
wächst, habe. Da Lampadius jedoch die Asche des Kuhdüngers,
welche allein den Roggen ernährte, nicht untersucht hat, so kann
man diese Schlussfolgerung nicht ziehen. Das einzige sichere
Resultat, zu dem das soeben mitgetheilte Experiment führen
kann, ist das, dass die Erden nicht in die Gewächse eindringen,
wenn sie sich nicht im löslichen Zustande befinden. [284] Uebri-
gens werde ich im Folgenden zeigen, dass die freie Atmosphäre
eine kleine Menge Asche in die Gewächse hineinbringt.
Ich will jetzt untersuchen, warum die Pflanzen verschiedener
Arten, die auf dem nämlichen Boden wachsen, nicht alle Be-
standtheile ihrer Asche in demselben Verhältniss enthalten, und
warum die Asche ausserdem in den verschiedenen Theilen ein
und desselben Gewächses variirt. Die Erklärungen, welche ich
in Bezug auf diesen Gegenstand geben kann, sind weit davon
entfernt, vollständig zu befriedigen, da sie oft durch eine Kennt-
niss bedingt sind, die mir fehlt, nämlich durch die von der vege-
tabilischen Organisation. Aber sie sind weniger widersinnig als
diejenigen, welche den Gewächsen eine schöpferische Kraft für
alle ihre Elemente zuschreiben; und wenn meine Betrachtungen
irrig sein sollten, so hoffe ich wenigstens die Aufmerksamkeit
auf neue Beobachtungen zu lenken. Ich werde in der Asche
ihre hauptsächlichsten Bestandtheile getrennt prüfen.
5*+
68 Theod. de Saussure.
S 4.
Von den alkalischen Salzen in der Asche.
I. Beobachtung. Die alkalischen Salze*) bilden ohne Ver-
gleich den reichlichsten Bestandtheil der Aschen einer grünen
krautigen Pflanze, |285| deren Theile sich alle im Zustand des
Wachsthums befinden. Ich war erstaunt, als ich fand, dass die
Asche der jungen Pflanzen von Goldruthe Nr. 43, die auf
einem unfruchtbaren und nicht eultivirten Gebiet gewachsen
waren, diejenige der Saubohne Nr. 37, der Sonnenblume Nr. 46,
des Weizens Nr. 51 und des Mais Nr. 57 wenigstens drei Viertel
ihres Gewichtes an alkalischen Salzen enthielt. Man kann fast
das Nämliche von der Asche derjenigen Baumblätter sagen,
welche aus ihren Knospen hervorbrechen; sie enthalten wenig-
stens die Hälfte und zuweilen drei Viertel ihres Gewichts davon.
Die Hälfte traf ich an in der Asche der Nuss- und Pappelblätter
am 26. Mai, drei Viertel in den Eichenblättern am 10. Mai vor
ihrer vollständigen Entfaltung; und alle diese Bäume wuchsen
in einem uncultivirten Boden von schlechter Qualität. Diese
Erscheinung kann nicht überraschen, da wir erkannt haben, dass
die Asche des Extractes eines nicht eultivirten Humus mindestens
die Hälfte ihres Gewichtes an alkalischen Salzen lieferte. (Man
vergleiche Kap. V, $ 3 und in der Analysentafel Nr. 76 und
folgende.) [286] Aber selbst wenn im Extract dies Product sehr
viel kleiner wäre, könnte es in der Pflanze doch unendlich viel
grösser sein, wenn die alkalischen Salze, was man annehmen
muss, die feinsten, die am wenigsten zähen Theile von allen
festen Theilen des Extractes sind. Ich zeigte im Kap. VII,
dass die verschiedenen Substanzen, welche in ein und derselben
Lösung enthalten sein können, nicht im gleichen Verhältniss,
sondern im umgekehrten Verhältniss zu ihrer Zähigkeit in das
Gewächs eindringen würden.
2. Beobachtung. Das Verhältniss der alkalischen Salze ver-
grössert sich niemals merklich, vermindert sich aber sehr oft in
dem Maasse, wie sich die Pflanze entwickelt und auf dem näm-
lichen Boden alt wird. Diese Beobachtung erstreckt sich nicht
*) Ich adoptire hier die älteste Bezeichnung, welche den Namen
alkalische Salze nur denjenigen beilegt, von denen Kali, Natron oder
Ammoniak einen der Bestandtheile ausmachen ; nur ist hier letzteres
auszuschliessen, weil es in die Zusammensetzung der Asche nicht ein-
gehen kann.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 69
nur auf die einjährigen Pflanzen, sondern auch auf die Baum-
blätter im Laufe einer Vegetationsperiode. Eine Pflanze, welche
aus der Erde hervorbricht, ein Blatt, das aus der Knospe heraus-
tritt, enthält zu dieser Zeit eine Asche, welche ebenso oder ge-
wöhnlich reicher an alkalischen Salzen ist, als in irgend einem
anderen Zeitabschnitt der Vegetation. Man vergleiche in der Ana-
lysentabelle Nr.1 und folgende, Nr. 12 und folgende, Nr. 16, 18
und folgende, Nr. 30 und folgende, Nr. 35 und folgende, Nr. 43
und folgende, Nr. 16 und folgende, 5l und folgende, 57 und
folgende. [287| Dieser Entzug an salzigen Stoffen ist um so
grösser, je weiter die Vegetation vorgerückt ist. Ein Gewächs,
das im Mai aus der Erde hervorbricht, verliert weniger Salze
zwischen Mai und Juli als zwischen Juli und September.
Wäscht man eine frische Pflanze mit Wasser (Analysentabelle
Nr. 16 und 17), so entzieht ihr die Flüssigkeit die alkalischen
Salze in grösserem Verhältniss als alle anderen Bestandtheile
der Asche. Um so weniger nimmt die Flüssigkeit von derselben
auf, oder die Pflanze hält sie mit um se grösserer Energie
zurück, je grösser ihre Lebenskraft oder je weniger weit ihre
Entwickelung vorgerückt ist. Das Wasser, welches um die Wur-
zeln eireulirt, das Regenwasser, welches auf die Blätter fällt,
endlich dasjenige Wasser, welches sie transpiriren, entzieht die
Salze, wie ich es soeben mitgetheilt habe, und zwar in grösserem
Maasse, als die Pflanze sie aufnimmt.
3. Beobachtung. Die alkalischen Salze sind in der Asche
der Rinde in viel grösserem Verhältniss als in der Asche des
Holzes und des Splintes enthalten. Siehe Nr. 4, Nr. 7, Nr. 15,
Nr. 21, Nr. 24, Nr. 28. Die Rinde erneuert sich nur sehr lang-
sam; sie ist das ganze Jahr über dem Abwaschen durch den
Regen und den Thau ausgesetzt; sie ist mit einer todten Substanz,
der Epidermis oder dem Kork, versehen; sie muss mehr denn
irgend ein anderer Theil ihrer löslichsten Salze beraubt werden.
288] Indessen scheint es nicht, dass dies Ergebniss ausschliess-
lich den mitgetheilten Ursachen zugeschrieben werden könne.
4. Beobachtung. Die Asche des ausgebildeten Holzes ist
fast ebenso reich an alkalischen Salzen wie diejenige des ihm
anhaftenden Splintes. Man vergleiche in der Analysentabelle
Nr. 5 und 6, Nr. 22 und 23, Nr. 27 und 28.
Dies Ergebniss ist eigenthümlich; es steht im Gegensatz zu
der Verminderung der Asche im Holze und zu den anderen
Stoffen der nämlichen Asche. Das wohl ausgebildete Holz
gesunder und kräftiger Bäume wie dasjenige , welches ich
70 Th£od. de Saussnre.
verbrannt, ist keine todte Substanz; es dient dem Saft als
Leitungsbahnen oder Canäle; und es ist wahrscheinlich, dass
diese Canäle, sehr viel enger oder dichter als diejenigen des
Splintes, nur den flüssigsten Säften wie denjenigen, welche die
salzigen Substanzen enthalten, Zutritt gewähren, und dass diese
nämlichen Canäle für die anderen Stofie ein unübersteigliches
Hinderniss sind. Ueberdies ist das Holz den atmosphärischen
Einflüssen entzogen und verliert durch dieselben fast gar nichts
von den Salzen, die es erlangt.
Es scheint mir, dass die Asche des Holzes unter sonst gleichen
Verhältnissen um so reicher an salzigen Substanzen sein muss,
289] je härter dasselbe ist, weil seine Canäle enger sind, und
weil seine ganze Substanz sich weniger vom Regenwasser durch-
tränken lässt. Die Langsamkeit des Wachsthums der Bäume mit
hartem Holze jedoch bringt ohne Zweifel häufige Abweichungen
von diesem Prineip mit sich. Werden die weichen Hölzer schneller
der erworbenen Salze beraubt, so empfangen sie zum Ersatze
dafür in der nämlichen Zeit sehr viel mehr davon durch die
Schnelligkeit ihrer Aufsaugung und ihres Wachsthums.
5. Beobachtung. Die Asche der Samen ist reicher an alka-
lischen Salzen als die Asche der Pflanze, welche sie trägt: man
vergleiche in der Analysentabelle Nr. 29, 32, 34, 40, 41, 54,
55, 60, 61, 63 und 64. Die meisten Samen sind in sehr wenig
porösen Hüllen eingeschlossen, welche sie vor atmosphärischen
Einflüssen schützen; sie transpiriren wenig, sie müssen also ihre
Salze behalten; überdies hängen sie mit der übrigen Pflanze nur
durch sehr feine und zarte Canäle zusammen, welche nur die
allerflüssigsten Säfte hinzutreten lassen. Der berühmte Vau-
quelin hat eine meiner soeben mitgetheilten Beobachtung ent-
gegengesetzte gemacht. Als er die Asche von Hafersamen mit
derjenigen eines aus Körner tragenden Pflanzen gebildeten
Schobers verglich, der zufällig zu Ecouen abbrannte, sah er (An-
nales de Chimie, tom. 29), [290] dass keineswegs der. Same allein
alkalische Salze enthält, sondern dass die ganze Pflanze damit
ausgestattetist. Hiergegen habe ichim Allgemeinen zu bemerken:
1. dass die Zeit der Ernte so grosse Veränderungen in der Zu-
sammensetzung der Asche einführt, dass man die verschiedenen
Theile eines und desselben Gewächses, wenn die Pflanzen nicht
zu derselben Zeit und auf dem nämlichen Boden geerntet worden
sind, nicht mit einander vergleichen kann; 2. dass dieser Che-
miker nieht den reinen Samen des Hafers, sondern den Hafer
mit der Spreu verbrannt, denn ich erhielt wie er 3,1 Theile
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. za
Asche auf 100 Theile ungeschälten Hafer, aber ich fand nur
1,7 Theile Asche in 100 Theilen spelzen- oder kelchfreiem
Hafer. Die Spelze macht ungefähr den dritten Theil vom Ge-
wicht des ungeschälten Samens aus; und 100 Theile dieser
Hülle enthalten ungefähr dreimal mehr Asche als 100 Theile
des nackten Samens. Die von Vauguelin geprüfte Asche ent-
hielt also mehr als drei Viertel ihres Gewichtes den Spelzen zu-
gehörige Asche.
Ich analysirte die Asche der mit dieser Umhüllung ver-
sehenen Haferkörner, sie lieferten mir mit rein wässeriger
Lauge keine alkalischen Salze; als ich jedoch diese Asche mit
Salpetersäure löste, [291] als ich die Kieselsäure durch das
Filter und die erdigen Phosphate durch Ammoniak trennte, als
ich endlich die übrig bleibende Flüssigkeit einer schrittweise bis
zur höchsten Erwärmung getriebenen Verdampfung unterwarf,
erhielt ich als Rückstand auf 100 Theile Asche des mit Spelzen
versehenen Hafers 15 Theile alkalische Salze.
Die Schwierigkeit, eine hinreichende Menge unbeschädigter
nackter Hafersamen zu erhalten, verhinderte mich, eine genaue
Analyse ihrer Asche anzustellen und sie mit derjenigen ihres
Strohes zu vergleichen; aber ich habe Grund zu glauben, dass die
Ergebnisse diejenigen, welche mir die anderen Samen lieferten,
bestätigen würden, und dass sie zeigen würden, dass die Asche
des nackten Haferkornes mehr als die Hälfte ihres Gewichtes an
alkalischen Salzen enthält. Ich habe dieser Discussion mehr Zeit
gewidmet, als sie verdiente. Die Ergebnisse Vauquelin’s sind
ohne Zweifel vollkommen genau: aber der Zeitpunkt der Ernte
oder der Umstand, dass der Same dem Regen ausgesetzt war,
genügt, um die Verschiedenheiten unserer Analysen zu erklären.
Auf dem nämlichen Boden enthält die Asche der Samen
nahezu ebenso viel alkalische Salze wie die Asche der Pflanze,
welche aus ihnen hervorgeht, zu einer Zeit, wo die Asche am
meisten davon enthält, d. h. in den ersten Lebensabschnitten.
[292] In dieser Beziehung erhielt ich nur sehr geringe Ab-
weichungen, und man muss dieselben zum grossen Theil dem
Umstand zuschreiben, dass meine Analysen mit dem ganzen
Samen angestellt worden sind. Die gesammte Substanz dient
dem Gewächs nicht als Nahrung; blos der innere Theil des
Kornes wird zu dieser Funetion verwendet. Nun fand ich aber,
dass die Kleie oder der äussere Theil des Weizenkorns ein Bis-
chen weniger alkalische Salze enthielt als das Korn selbst, und
dieser Kleie war eine bestimmte Menge Mehl beigemischt.
The£od. de Saussure.
—1
189)
Ich habe mich weit in Einzelheiten über die Vertheilung der
alkalischen Salze in den Pflanzen eingelassen, weil die Verthei-
lung der anderen festen Stoffe ihr an Bedeutung fast gänzlich
nachsteht.
85.
Ueber die phosphorsauren Erden in der Asche.
Die phosphorsauren Erden, nämlich diejenigen des Kalks
und der Magnesia, bilden in den Humusextracten eine in Wasser
lösliche Verbindung, welche nur die Natur hervorbringen kann.
Es ist uns unbekannt, ob diese Salze dem Extraet wesentlich
sind; wie dem aber auch sein möge, so verstehe ich, wenn ich
von der Löslichkeit der Phosphate in Wasser rede, darunter nur
die Löslichkeit des extraetiven Theiles, der sie enthält. [293]
Es verhält sich ebenso mit der Kieselsäure, dem Kalk und den
Metalloxyden.
Die phosphorsauren Erden sind nach den alkalischen Salzen
der reichlichste Bestandtheil der Asche einer grünen krautigen
Pflanze, deren sämmtliche Theile sich im Zustande des Wachs-
thums und des Vegetirens befinden. Man muss annehmen, dass
sie nach den alkalischen Salzen den feinsten, am wenigsten zähen
Theil der festen Bestandtheile des Extractes ausmachen. Diese
beiden Arten von Salzen weisen fast immer bis auf die Menge
und aus denselben Gründen das nämliche Verhalten in der
Asche auf.
Wenn man mit Wasser ein Gewächs abwäscht, so werden
ihm durch dasselbe die phosphorsauren Erden in viel grösserem
Verhältniss als alle anderen Aschenbestandtheile entzogen, aus-
genommen die alkalischen Salze. Man vergleiche in der Analysen-
tabelle Nr. 16 und 17.
Das Blatt eines Baumes enthält an phosphorsauren Erden
reichere Asche, wenn es aus der Knospe hervorbricht, als in
irgend einem späteren Lebensabschnitt. Siehe Analysentabelle
Nr au:
Das Verhältniss der phosphorsauren Erden vermindert sich
in der Asche der einjährigen Pflanzen von dem Zeitpunkt der
Keimung bis zu demjenigen der Blüthe: Man vergleiche Nr. 37,
38, 43, 44, 46, 47, 51 und 52. [294] Aber diese Phosphate
scheinen zur Zeit der Reife der Samen zuzunehmen, wenn letz-
tere in reichlicher Menge vorhanden sind. (Man vergleiche die
Nummern, welche auf die soeben aufgeführten folgen.) Dieser
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 7a
umgekehrte Gang ist eine durch die Veränderung von Bestand-
theilen, welche bei dem Veraschungsvorgang statthat, hervorge-
rufene Täuschung. Die Phosphate haben sich in der Pflanze
vermindert und in ihrer Asche vermehrt. Die Asche der Samen
ist reichlich mit phosphorsaurem Kali versehen und frei von
kohlensaurem Kalk. Die Asche der Stengel und Blätter enthält
zur Zeit der Fruchtreife nur wenig oder kein phosphorsaures
Kali und als Ersatz dafür kohlensauren Kalk; man vergleiche
die Analysen Nr. 40, 41, 54, 55, 60, 62, 63 und 64. Wenn
die Asche der Stengel und der Samen sich während der Ver-
aschung mischen, zersetzt der freie oder kohlensaure Kalk das
phosphorsaure Kali, indem es phosphorsaure Erde bildet. Er
verwandelt also ein alkalisches Salz in ein erdiges und lässt dies
letztere in der Asche reichlicher erscheinen, als es in der Pflanze
vorhanden ist. Dies Resultat ist sehr auffallend in den Aschen-
analysen von Saubohnenpflanzen mit den reifen Samen und von
diesen Pflanzen ohne Samen und von den Samen für sich: Nr.
39, 40 und 41.
[295] Die Menge der phosphorsauren Erde, welche der Same
allein in viel grösserem Verhältniss enthält als der Stengel, ge-
nügt nieht, um die durch die Veraschung der ganzen mit Samen
versehenen Pflanze erhaltene Zunahme an phosphorsaurer Erde
zu erklären, wenn man diejenige phosphorsaure Erde nicht mit
dazu rechnet, die zum Theil von der Zersetzung des in den näm-
lichen Samen enthaltenen phosphorsauren Kalis herrührt.
Die Asche der Rinde enthält eine viel weniger grosse Menge
phosphorsaurer Erden als diejenige des Splintes; man vergleiche
in der Analysentabelle Nr. 6, 7, 14, 15, 20, 21, 23, 24, 27 und
28. Der Grund davon ist der nämliche wie für die alkalischen
Salze, $ 4.
Die Asche des Splintes enthält mehr phosphorsaure Erden
als diejenige des Holzes. Dies Ergebniss entspricht der Aschen-
verminderung in letzterer Substanz (vergleiche die Tabelle der
Veraschungen); aber es steht im Widerspruch mit der Gegen-
wart der alkalischen Salze in demselben Holze. Ich habe $ 4
versucht, eine Erklärung fürdiese Abweichung zu geben ; übrigens
betrachte ich die angegebene Ursache nicht als vollkommen aus-
reichend. Es ist möglich, dass die Theile, welche aufhören zu
wachsen, ihre Phosphorsäure verlieren oder zersetzen und nur
die Erde des Phosphats zurückhalten.
[296] Die Entdeckung einer grossen Menge Phosphor in den
Samen ist sehr alt; sie stammt aus der Zeit Pott’s und wurde
74 Theod. de Saussure.
von Margraff bestätigt*). Vauquelin erkannte, dass die Sten-
gel des Weizens und des Hafers weniger Phosphate enthalten
als die Samen. Diese Ergebnisse sind durch meine Beobach-
tungen an mehreren anderen sehr verschiedenartigen Pflanzen
bestätigt worden. Dieser berühmte Chemiker konnte in Gemein-
schaft mit seinem Collegen Fowurcror phosphorsaure Ammoniak-
Magnesia aus einigen Samen vor ihrer Verbrennung gewinnen:
Wahrscheinlich bildet sich durch die Einwirkung des Kalis aut
dies Phosphat phosphorsaures Kali, welches mich meine Ana-
lysen in so reichlicher Menge in mehreren Aschen entdecken
liessen. Es entsteht sicher auch noch durch die Einwirkung des
Kalis auf die einfachen Phosphate des Kalks und der Magnesia,
wie man ausführlich in $ 12 sehen wird.
'297] 8 6.
Vom freien oder kohlensauren Kalk in der Asche.
Als ich Blätter mit Wasser wusch (Analysentabelle Nr. 16
und 17), nahm das Verhältniss des kohlensauren Kalks in ihrer
Asche durch diese Operation zu. Diese Wirkung fand nur durch
einen grösseren Entzug der anderen festen Bestandtheile, näm-
lich der alkalischen Salze und der Phosphate statt. Aus die-
sem Grunde begreift man, warum ich in allen meinen Analysen
Nr. 1,.2, 12, 13, 14, 16, 18, 35, 36 u. s. w. gefunden habe,
dass das Verhältniss des kohlensauren Kalkes in dem Maasse
sich vergrösserte, wie die Pflanze wuchs, weil sie ihre Salze und
Phosphate in viel grösserem Verhältniss als den Kalk verlor.
Man findet aber selten Pflanzen, welche durch eine beson-
dere Beschaffenheit ihre Salze fast nahezu in dem nämlichen
Verhältniss während ihrer ganzen Lebenszeit bewahren; bei
diesen vermehrt sich der kohlensaure Kalk nieht merklich, wie
es z. B. für die Saubohnenpflanzen zutrifft. 3
In den grünen krautigen Pflanzen, [298]. deren sämmtliche
Theile sich im Zustand des Wachsthums befinden, kommt der
kohlensaure Kalk nur in sehr geringer Menge vor; sie enthalten
kaum mehr als 10 oder 12 Hundertstel davon, und ich glaube,
dass aus nahezu gleichen Theilen kohlensauren Kalks und alka-
lischer Salze zusammengesetzte Asche für eine einzige dieser
Pflanzen ein unmögliches Product sein würde, wenigstens auf
*, Opusceules chimiques de Margraff, t. I. p. 68.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 75
natürlichem Standort. Der Grund dieser Erscheinung liegt darin,
dass die in der grünen Pflanze vorhandenen alkalischen Salze
zum grossen Theil aus phosphorsauren Alkalien bestehen, welche
sich bei der Veraschung in phosphorsaure Erden verwandeln.
Wir schliessen also hieraus nicht, dass, weil gewisse Pflanzen
(wie z. B. die Gramineen vor ihrer völligen Entwicklung) keinen
freien oder kohlensauren Kalk bei der Veraschung liefern, die
Substanz, welche diese Erde in den anderen Pflanzen hervor-
bringt, in den uns beschäftigenden nicht vorkomme; es ist sogar
sehr wahrscheinlich, dass sie sich darin findet.
Die Asche der Rinden enthält eine ausserordentlich grosse
Menge kohlensauren Kalk und viel mehr als der Splint, weil sie
ihrer alkalischen Salze und ihrer phosphorsauren Erden beraubt
sind. Siehe Nr. 6, 7, 14, 15, 23, 24, 27 und 28.
Die Asche des ausgebildeten Holzes enthält mehr kohlen-
sauren Kalk als der Splint, [299] weii sie frei von Phosphaten ist.
Die Asche der meisten Samen und selbst aller der von mir
geprüften enthält keinen kohlensauren Kalk, weil sie reichlich
mit phosphorsaurem Kali versehen ist. Durch die Gegenwart
dieses Salzes kann es sich ereignen, dass samenreiche Pflanzen
zur Zeit der Blüthe an kohlensaurem Kalk reichere Asche liefern
als zur Zeit der Fruchtreife.
Die Samen mancher Lithospermumarten brausen mit Säuren
leicht auf; sie enthalten kohlensauren Kalk oder Magnesia vor
der Verbrennung; doch ist es möglich, dass ihre Asche diese
Erden im freien Zustande oder als kohlensaure Verbindung nicht
liefert.
Sn;
Von der Kieselsäure in der Asche.
Die Kieselsäure ist nur in grosser Menge in der Asche vor-
handen, wenn die Gewächse ihrer Salze und Phosphate beraubt
sind. Viel alkalische Salze und viel Kieselsäure sind zwei un-
vereinbare Bestandtheile in der Zusammensetzung einer jungen
grünen krautigen Pflanze, [300] deren sämmtliche Theile sich
im Zustand des Wachsthums befinden.
Wenn man eine frische Pflanze mit Wasser wäscht, so nimmt
das Verhältniss der Kieselsäure in der Asche der gewaschenen
Pflanze zu. Siehe Nr. 16 und 17 der Analysentabelle.
Die jungen Pflanzen, die Blätter, welche aus ihren Knospen
hervorbrechen, enthalten Asche, welche sehr wenig reich an
76 Theod. de Saussure.
Kieselsäure ist. Das Verhältniss dieser Erde vergrössert sieh
jedoch in dem Maasse, wie die Pflanze sich entfaltet und sich
ihrer alkalischen Salze entäussert. Die reinsten, den atmosphä-
rischen Einflüssen ausgesetzten Humusarten sind deshalb reich
an dieser Erde.
Das Verhältniss der Kieselsäure nimmt nicht merklich in den-
jenigen Pflanzen zu, welche wie die Saubohnen während ihrer
ganzen Lebenszeit das nämliche Verhältniss der alkalischen Salze
bewahren.
Ich säete zugleich Mais- und Weizenkörner in denselben
Boden aus; als ich die Pflanzen einen Monat nach der Kei-
mung oder einen Monat vor der Blüthe prüfte, fand ich, dass
alle sichtbaren Theile des Mais sich im Zustande des Wachs-
thums Bed pr [301] Ihre Asche enthielt damals „5, Kiesel-
säure und „9, alkalische Salze; die Wurzelblätter des Weizens
hingegen waren zu dieser Zeit schon trocken oder gelb ge-
worden, obgleich sich die Pflanze im Zustande guten Geiaiuen
befand. Ihre Asche enthielt damals 100 Kieselsäure und 6%
alkalische Salze. Zur Zeit der Blüthe oder einen Monat nach den
vorstehenden Beobachtungen vegetirte der Mais in allen Theilen
u vorher und lieferte eine Asche, die „3, Kieselsäure und
700 alkalische Salze enthielt. Der Weizen hingegen hatte, ob-
gleich in lebenskräftigem Zustande, die Zahl seiner troeknen oder
gelben Blätter vergrössert; seine Asche enthielt damals 32 Theile
Kieselsäure und 54 Theile alkalische Salze. Diese Beobachtungen
zeigen uns, wie in Folge von sehr einfachen, aber nach den Ve-
getationsverhältnissen verschiedener Pflanzen abgeänderten Um-
ständen die Gewächse ungleiche Asche enthalten müssen, selbst
wenn vorausgesetzt wird, dass die aufgenommene Nahrung gleich
sei. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass sie es nicht einmal
auf dem nämlichen Boden ist, und dass die Wurzeln sie bei
ihrem Eintritt je nach der mehr oder weniger grossen Port
ihrer Poren verändern.
Die meisten Gramineen unterscheiden sich von anderen Pflan-
zen durch einen grösseren Gehalt an Kieselsäure; man kann dar-
aus schliessen, [302] dass diese Gramineen viel mehr davon auf-
nehmen und verlieren; man muss glauben, dass sie eine reich-
lichere Nahrung aufnehmen, und dass sie sich derselben zum
Theil ebenso wieder entäussern. Die an Kieselsäure reichsten
Pflanzen müssten unter sonst gleichen Umständen die aussau-
gendsten Pflanzen sein.
Ich behaupte jetzt nicht, dass diese Gräser sich durch weitere
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 77
Poren auszeichnen. Es ist im Gegentheil möglich, dass ihre
Poren enger sind, da die Pflanzen in der Jugend weniger kohlen-
sauren Kalk und oft mehr alkalische Salze enthalten als die an-
deren Gewächse; allein man muss zugeben, dass sie eine viel
grössere Saugkraft und viel reichlichere Ausscheidungen besitzen.
In der That bemerkt man bei mehreren dieser Pflanzen eine sehr
lebhafte besondere Ausdünstung. (Physiologie vegetale de Sene-
bier, tome 4, p. 87.)
Die ihrer äusseren Hüllen beraubten Samen enthalten weniger
Kieselsäure als der beblätterte Stengel, der dieselben trägt.
Indessen behaupte ich nicht, alles erklären zu können. In
der Vertheilung der Kieselerde in den Bäumen treten Erschei-
nungen auf, deren Ursache ich nicht einsehe. [303] Der Stamm
der Bäume, ihre Rinde, ihr ausgebildetes Holz enthalten oft
keine Kieselsäure, während ihre Blätter damit beladen sind, be-
sonders im Herbst; durch ihren periodischen Fall wird den
Bäumen diese Erde entzogen. Ich prüfte fünf verschiedene
Baumrinden, diejenigen der Pappel, der jungen und alten
Eiche, des Maulbeerbaumes und der Hainbuche, und nur in der
Rinde des Maulbeerbaumes fand ich eine erhebliche Menge
Kieselsäure. Fast keine fand ich in dem ausgebildeten Holze
aller dieser Bäume. Ihre Blätter enthielten eine ansehnliche
Menge und vier oder fünf Mal mehr als das Holz oder die Rinde.
Ss.
Von den Metalloxyden in der Asche.
Das Verhältniss der Oxyde des Eisens und des Mangans
nimmt in der Asche zu in dem Verhältniss, wie die Entwicklung
der Pflanze vorrückt. Die Blätter der Bäume liefern im Herbste
an diesen Bestandtheilen reichere Asche als im Frühjahr. Ebenso
verhält es sich mit den einjährigen Pflanzen. Die Samen ent-
halten die Metalle in weniger grossem Verhältniss als der sie
tragende Stengel. Wäscht man eine Pflanze mit Wasser ab,
[304] so vergrössert sich durch diese Operation das Verhältniss
ihrer Metalloxyde. Die reinsten Humusarten finden sich immer
sehr reichlich mit Metalloxyden versehen, und viel reichlicher
als die Pflanzen, aus denen erstere hervorgehen.
73 Theod. de Saussure.
89.
Ueber den Einfluss der Atmosphäre auf die Asche der Gewächse.
Man kann erkennen, ob die Atmosphäre Erden und Salze in
die Gewächse hineinschafft, wenn man die Samen sich mit Hülfe
von destillirtem Wasser entwickeln lässt, und wenn man zusieht,
ob das Gewicht der Asche dieser so entwickelten Pflanzen das
Gewicht der Asche übersteigt, welches ein vorläufiger Versuch
in dem Samen angab.
Einundvierzig Saubohnen (Vicia faba), welche zusammen
79,135 Gramm (21 Unze + 51 Gran) wogen, wurden auf den
erweiterten Hals von einundvierzig Medizingläschen, von denen
Jedes mit 594 Cubikcentimeter (30 Cubikzoll) destillirten Wassers
gefüllt war, gesteckt; ich setzte sie der freien Luft und der
Sonne auf einem Blumenbrett vor dem Fenster aus, wo sie vor
Regen geschützt waren. Die Pflanzen erreichten eine Höhe von
ein Fuss und selbst darüber ; [305] ihre Stengel waren schwach
und konnten sich nur durch mancherlei Befestigungen aufrecht
erhalten. Sie blühten, aber die Blüthen waren klein, unvoll-
kommen und fast unkenntlich. Ich beendete den Versuch nach
zwei und einem halben Monat während oder unmittelbar nach
der Blüthezeit, weil die Pflanzen zu diesem Zeitpunkt ihre mäch-
tigste Entwicklung erlangt hatten, und weil sie anfingen, matter
zu vegetiren. Die Blätter und die äussersten Enden des Stengels
wurden durch ihr eigenes Gewicht zu Boden gedrückt*). Sie
nahmen 17,835 Liter (900 Cubikzoll) destillirtes Wasser auf.
Die Fläschehen enthielten nach dem Versuch 3,963 Liter (200
CGubikzoll) mit Conferven versehenes Wasser; die verdunstete
Flüssigkeit hinterliess einen getrocknet 5,8 Decigramm (11 Gran)
wiegenden Rückstand, der bei der Verbrennung 14 Gran Asche
gab. [306] Diese schien mir aus drei Theilen Kalk, einen Theil
Kieselsäure und einer unwägbaren Menge alkalischer Salze zu-
sammengesetzt zu sein. ;
*, Ich hätte eine viel kräftigere Vegetation erzielen können,
welche sich von der Vegetation in freiem Lande wenigstens bis zur
Zeit der Fruchtbildung nicht unterschieden hätte, wenn ich diese Sa-
men in mit Sand oder reinem Kies gefüllte Töpfe gesät hätte; aber
ich weiss nicht, ob die Säfte der Wurzeln nicht selbst die Steine an-
greifen. Die Erosionen, welehe die Flechten zuweilen auf Felsen
hervorrufen, sprechen dafür. Ueberdies brachte die überraschende
Menge Insekten, die ihre Abgänge und Leichname in freiem Felde auf
den Blättern zurücklassen, und die Ueberreste aller Art, welche der
Wind ihnen zuführt, Unsicherheit in die Versuchsergebnisse.
Chemische Untersuchungen
Gewicht der Saubohnen
vor dem Versuch .
Ungefähres Gewicht der
aus den vorstehenden
Samen hervorgegange-
über die Vegetation. 79
79,135 Gramm (24 Unze + 51 Gran)
nen grünen Pflanzen . 611 Gramm (20 Unzen)
Gewicht derselben Pflan-
zen getrocknet . . 84,337 Gramm (23 Unzen + 5 Gran)
Gewieht der Asche der
Samen vor ihrer Ent-
wicklung . 2,601 Gramm (49 Gran)
Gewicht der Asche der
ausihnen hervorgegan-
genen Pflanzen . . . 3,025 Gramm (58 Gran)
Differenz oder Gewicht
der aus der Atmo-
sphäre niedergeschla-
genen Asche. 424 Milligramm (9 Gran)
58 Gran
Die 58 Gran Asche der in
Asche der im Blüthe ste-
Die 49 Gran Asche der Samen destillirten henden, in
5 Wasser ent- Humus ge-
enthielten vor dem Versuch wiekelten _wachsenen
Saubohnen- Saubohnen-
enthielten pflanzen ent-
hielten
Kali . 10,9 13 33,2
Phosphorsaures Kali 21,5 19,25 0
Salzsaure und schwefel-
saure Alkalien . 1,4 2,5 7
Phosphorsaure Erden . 13,68 17,5 8,7
Kohlensaure Erden . 0 0 3
Kieselsäure 0 unwägb. Menge 2
Metalloxyde . 0,25 0.25 0,25,
[307] Aus dem Vorstehenden ersieht man, dass die Pflanzen
424 Milligramm oder neun Gran Asche gewonnen haben, und
dass die Zusammensetzung derjenigen Asche, welche die ganze
in destillirtem Wasser erzogene Pflanze einschliesst, sehr wenig
von der des Samens abweicht.
Die Atmosphäre hat, wie ich glaube, in diesen Pflanzen alle
gewöhnlichen Bestandtheile der Asche, aber besonders Kalk
S0 Theod. de Saussure.
abgelagert; diese Erde zersetzte einen Theil des phosphorsauren
Kalis und bildete phosphorsauren Kalk. Während des Vegeti-
rens der Pflanzen verflüchtigte sich eine kleine Menge Alkali.
Der Unterschied zwischen der Asche der in destillirtem Wasser
entwickelten Saubohnenpflanzen und der Asche, welche von den
im Humus gewachsenen Pflanzen herstammt, zeigt uns, wie gross
der Einfluss des Bodens auf ihre Zusammensetzung ist.
Ich glaube nicht, dass man aus der kleinen Zunahme, welche
wir bei den im destillirten Wasser gewachsenen Pflanzen be-
obachten, schliessen darf, dass sie selbst aus den Gasen und
dem Wasser diese hinzugekommenen- Bestandtheile bildeten.
Wenn man bedenkt, mit welcher Schnelligkeit irgend ein der
freien Luft ausgesetzter Körper sich mit Staub bedeckt durch
die ungeheure Menge Körperchen, welche in unserer Atmosphäre
herumfliegen; wenn man beachtet, dass die 41 Saubohnenpflan-
zen [308] diesen Körperchen während zweier Monate einen Halt
von mehr als einem Quadratfuss Oberfläche darbieten, so müsste
man weniger überrascht sein, dass diese Zunahme vorhanden ist,
als wenn sie nicht vorhanden wäre; ihre Menge bietet hier nichts
Uebernatürliches. Berücksichtigen wir ferner, dass das destil-
lirte Wasser selbst niemals rein ist; es enthält fremde Bestand-
theile*), deren Gewicht wir nicht schätzen können, weil sie zu-
sammen mit dem Wasser bei der Verdunstung entweichen.
Ss 10.
Näheres über die zur Veraschung angewandten Verfahren.
Die einjährigen Pflanzen wurden vollständig mit den eventu-
ellen todten Blättern geerntet; ich habe nur die stets mit anhaf-
tender Erde versehenen Wurzeln abgeschnitten.
[309] Die unteren Theile des Stengels wurden sorgfältig von
angespritzter Erde befreit. Wenn ich die einjährigen Pflanzen
mit ihren reifen Samen einsammelte, so geschah das genau
*) Karsten und Westrumb bemerkten, dass das mit der grössten
Sorgfalt destillirte Wasser, welches frisch bereitet durch Reagen-
tien nicht verändert wird, Veränderungen erleidet, wenn es vier-
zehn Tage dem Lichte oder vier Wochen der Dunkelheit ausgesetzt
wird, welche alle Anzeichen von Gährungsproducten an sich tragen ;
alsdann trübt es ein wenig die Lösungen von Blei und Silber ; es giebt -
schwache Reactionen auf Ammoniak und zu anderen Zeiten auf Säure.
ine physikalisch-chemische Abhandlungen von Westrumb. Zweites
eit.)
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 81
zur Zeit der Reife und nicht nach dem Tode der Pflanze. Die
Baumblätter, selbst die herbstlichen, sind immer grün und in
vollständig gesundem Zustand gewählt worden. Indessen wurde
in dieser Jahreszeit Sorge getragen, dass nicht diejenigen der
letzten, sondern der ältesten Triebe genommen wurden.
Alle diese Gewächse wurden nach ihrer Einsammlung vor
Regen geschützt aufbewahrt. Als sie trocken erschienen, wur-
den sie für einige Wochen in einen auf 20° R. erwärmten
Trockenschrank gelegt; ihre grünen oder weichen Theile wur-
den hier grösstentheils brüchig und zerreiblich; in diesem ge-
trockneten Zustande wurden die Pflanzen alsdann gewogen. Trotz
dieser Vorsicht können die Pflanzen nicht auf ein und den-
selben Grad der Trockenheit gebracht werden; derjenige,
dessen sie bei der nämlichen Temperatur fähig sind, wech-
selt nicht nur nach der Art, sondern auch bei derselben Pflanze
nach dem Entwicklungsstadium. Im Allgemeinen schien es
mir, als wenn die grünen, in der Jugend gepflückten Pflanzen
[310] vollkommenerer Trockenheit fähig sind als diejenigen,
welche in vorgerückterem Alter geerntet werden. Diese letzteren
bewahren bei der weiter oben angegebenen Temperatur eine halbe
Geschmeidigkeit, die ein gewisses Anzeichen von dem Vorhanden-
sein von Wasser in Substanzen ist, welche, wie z. B. diejenigen,
mit denen ich mich beschäftige, erst bei vtel höherer Temperatur
steif und zerbrechlich werden. Die Unmöglichkeit, diese Menge
flüssigen und der eigentlichen Zusammensetzung der Pflanze
fremden Wassers zu schätzen, muss immer eine gewisse Unsicher-
heit in die Ergebnisse der Pflanzenanalyse bringen.
Die nach diesem Verfahren getrockneten Pflanzen wurden
auf einem grossen Eisenblech verbrannt; der bei der Opera-
tion bleibende Rückstand wurde von neuem in einem bis zur
dunklen Rothgluth erwärmten Tiegel eingeäschert, bis die Kohle-
theilchen nicht mehr verbrennungsfähig waren. Es giebt vege-
tabilische Substanzen, die es mir nicht gelungen ist vollständig
zu veraschen oder in graue oder weisse Asche zu verwandeln,
z. B. Weizenstroh und Weizenkörner; Zucker, Amylum, Gummi,
Maispflanzen und Maiskörner, ebenso Saubohnen-, Gerste- und
Hafersamen hingegen konnten leicht in weisse Asche übergeführt
werden.
[311] Je mehr Zeit man für die Operation anwendet, je ge-
mässigter die Wärme des Ofens ist, um so vollkommener ist auch
die Veraschung. Man muss sich hüten, besonders bei der immer
sehr schwierigen Verbrennung der Samen, die Asche oft umzu-
Ostwald’s Klassiker. 16. 6
s2 Theod. de Saussure.
rühren. Dadurch zerstampft man die Salze, und die Kohle ver-
diehtet diese, während sie ein wenig flüssig ist, und verhindert
so ihre Verbrennung, ja macht sie zuweilen unmöglich. Meine
Einäscherungsergebnisse sind im Allgemeinen geringer als die-
jenigen der mir vorausgegangenen Forscher. Aber die meisten
unter ihnen haben, da sie nur die Darstellung der Salze im
Grossen im Auge hatten, die Veraschung des Rückstandes aus
der ersten Verbrennung an freier Luft nieht im Tiegel vollendet.
Die Gewächse liefern nach Pertuis mehr Asche, wenn sie
grün, als wenn sie getrocknet verbrannt werden. Aber wahr-
scheinlich theilt er dies Ergebniss nur darum mit, damit man die
Pflanzen nach der Ernte nicht der Wirkung des Wassers aus-
setze; denn mir haben sie, grün oder getrocknet, die nämliche
Menge Asche geliefert.
Alle Produete meiner Veraschungen sind heiss, wie sie aus
dem Tiegel kamen, gewogen und ebenso analysirt worden.
[312] $.11.
Genaueres über das zur Analyse der Asche angewandte Verfahren.
Das mir gesteckte Ziel besteht darin, die Regel in der Zu-
sammensetzung der Asche nicht nur bei verschiedenen Pflanzen,
sondern auch in ihren verschiedenen Theilen und nach den
Lebensabschnitten kennen zu lernen. Mein Leben würde zu einer
solehen Arbeit nicht ausreichen, wenn ich mich an sehr ein-
gehende Analysen binden wollte. Die von mir befolgten Ver-
fahrungsarten schienen mir für die allgemeinen Untersuchungen,
die ich im Auge hatte, genau genug; sie bestehen in folgenden
Operationen.
A. Die bei Glühhitze getrocknete und, wenn sie zusammen-
backte, gepulverte Asche wurde mit dem Zwanzigtausendfachen
ihres Gewichtes destillirten Wassers aufgekocht. Die abfiltrirte
Lauge wurde bis zur Trockenheit bei Glühhitze eingedampft.
Das Gewicht des Rückstandes gab mir das der in Wasser lös-
lichen, in der Asche enthalten gewesenen Salze an; dies Er-
gebniss wurde in die erste Reihe der Tabelle eingetragen, wenn
eine neue Lösung dieses Rückstandes in wenig Wasser nichts
Unlösliches zurückliess; [313] im entgegengesetzten Falle wurde
sie filtrirt und von Neuem eingedampft, bis die Salze eine voll-
ständige Lösung bilden konnten. Der durch die Verdampfung
unlöslich gewordene Theil ist kohlensaurer Kalk in den Aschen,
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 33
welche wie die der Rinden viel von dieser Erde enthalten. Er
besteht aus mit Kalk oder Magnesia verbundenem phosphor-
saurem Kali in der Asche der Gramineen und derjenigen Samen,
welche keinen freien oder kohlensauren Kalk, zum Ersatz dafür
aber viel phosphorsaure Erden und phosphorsaures Kali ent-
halten. Die Kieselsäure findet sich stets nur in unbedeutenden
Mengen vor, wenigstens wenn, wie ich das stets zu thun versuchte,
der niedrigste mögliche Grad des Feuers, um die Veraschung
zu bewirken, in Anwendung kam. Meine Ausbeute an alkalischen
Salzen aus den nämlichen Pflanzen ist im Allgemeinen weit
grösser als die meiner Vorläufer. Ich kann diesen Unterschied nur
der grösseren Vervollkommnung meiner Veraschungen und der
Sorgfalt zuschreiben, welche ich bei der Ernte meiner Pflanzen
auf das Trocknen verwandte. Das Wasser entzieht der Asche
bei Weitem nicht alle alkalischen Salze; doch ist die Menge,
welche man daraus gewinnen kann, immer nahezu derjenigen
proportional, welche sie enthält, wenn kein phosphorsaures Kali
vorhanden ist. [314] Wenn dies Salz in der Asche zugegen war,
stellte ich fast immer eine genauere Analyse an, wovon ich
weiterhin sprechen werde.
B, Die gewaschene und in Wasser unlösliche Asche wird
in einer Porzellankapsel mit dem Sieben- oder Achtfachen ihres
Gewichtes gereinigter Salpetersäure gekocht. Der Rückstand
wurde bei Glühhitze mit dem Sechsfachen seines Gewichtes ver-
witterter Soda in einem Platintiegel behandelt. Das entstandene
Glas wurde in Wasser gelöst und darauf mit Säure gemischt.
Die Lösung wurde zur Trockne eingedampft; der Rückstand
wurde mit der Säure digerirt und filtrirt. Die bei dieser Behand-
lung ungelöst bleibende Masse wurde nach dem Trocknen bei
Glühhitze unter der Bezeichnung Kieselsäure eingetragen.
C. Die salpetersaure Lösung der Asche wurde durch blau-
saures Kali gefällt und filtrirt; hierauf wurde sie durch Ein-
dampfen eingeengt und mit wenig Wasser oder Säure verdünnt.
Zum zweiten Male wurde sie mit blausaurem Kali gefällt. Die
Trennung der Niederschläge geschah durch ein doppeltes Filter,
und der Unterschied zwischen dem Product der Veraschung jedes
einzelnen Filters zeigte die Menge Metalloxyde an, welche die
Asche nach Abzug des Gewichtes der in das blausaure Kali ein-
gegangenen Metalloxyde enthielt.
[315] D. Die von den Metalloxyden befreite und durch. Ein-
dampfen eingeengte salpetersaure Lösung wurde mit Ammoniak
gefällt. Der bei Glühhitze getrocknete Niederschlag gab nahezu,
b*
s4 Theod. de Saussure.
wenn man die Thonerde abzieht, das Gewicht der phosphor-
sauren Erden. Unter diesen Namen ist phosphorsaurer Kalk und
phosphorsaure Magnesia zu verstehen.
E. Diese Phosphate löste ich in der Salpetersäure, sie wur-
den dureh Kali im Ueberschuss gefällt, und das Gemisch wurde
gekocht; die filtrirte Flüssigkeit wurde mit einer Säure gesät-
tigt und mit Ammoniak gefällt, wodurch Thonerde zum Vorschein
kam; diese Erde wurde durch eine neue Lösung und Fällung
gereinigt. Nachdem sie bei Glühhitze getrocknet und pul-
verisirt worden war, wurde sie mit Essig digerirt, um ihr die
Erden, welche mit ihr vereinigt sind, zu entziehen. Aber ihre
Menge ist ausserordentlich klein und häufig gleich Null; in mehr
als vierzig Aschen, die ich daraufhin untersuchte, fand ich,
dass sie ein Hundertstel vom Gewichte der Asche nicht über-
stieg. Ich hatte geglaubt, in den Analysen, die ich vor einigen
Jahren im Journal de physique über die Veraschung einiger auf
verschiedenen Böden gewachsenen Pflanzen mittheilte, eine
grosse Menge zu erkennen. [316| Aber ich habe seitdem ein-
gesehen, dass mein Irrthum der Unreinheit der Asche und der
Löslichkeit der phosphorsauren Erden im Kali entsprang. Eben-
solche Pflanzen wurden von Neuem verbrannt und mit grösserer
Sorgfalt analysirt.
F. Die salpetersaure Lösung D, befreit von den Metall-
oxyden und den phosphorsauren Erden, wurde durch krystalli-
sirtes kohlensaures Natron gefällt; das Gemisch wurde lange
gekocht und nach dem Erkalten filtrirt. Durch dies Verfahren
werden die kohlensauren Erden getrennt, d. h. der kohlensaure
Kalk und die kohlensaure Magnesia: ich führe diese letztere Erde
nur an, nm sie nicht fortzulassen: denn es schien mir, als ob die
reine oder kohlensaure Magnesia stets nur in unbedeutender
Menge in die Asche eintritt. Es verhält sich nicht ebenso mit
der phosphorsauren Magnesia, deren Entdeckung in der Asche
von Fourcroy und Vauquelin herrührt.
@G. Die in der Tabelle unter der Bezeichnung ‚Verlust « einge-
tragene Columne giebt den Unterschied an, welcher sich zwischen
der Summe der getrennten Bestandtheile und der zum Versuch
benutzten Menge findet. Dieser Unterschied ist ausserordentlich
und muss auf den ersten Blick ein ungünstiges Licht auf die Er-
gebnisse werfen; aber ich habe mich überzeugt, dass dieser Ver-
lust nicht auf alle Ergebnisse der Analyse vertheilt werden darf;
317] er erstreckt sich nur auf die in Wasser löslichen alkalischen
Salze, die während der Veraschung mit den Erden und den phos-
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. s5
phorsauren Erden eine Verbindung bildeten, welche eine Ab-
kochung mit Wasser nicht vollständig zerstören konnte. Man
muss also den in die Tabelle eingetragenen Salzen diesen Ver-
lust zurechnen, indem man vier oder fünf Hundertstel für den
bei diesen Manipulationen unvermeidlichen Verlust abrechnet,
wenn man nahezu die absolute Summe der in der Asche enthal-
tenen Alkalien wissen will. Ich habe stets diese verlorenen Salze
gefunden, wenn ich, nachdem ich die mit Wasser gewaschene
Asche mit Salpetersäure behandelt und die saure Lösung durch
Ammoniak und kohlensaures Ammoniak gefällt hatte, die filtrirte
Flüssigkeit einer Verdampfung im Platintiegel bei grösstmög-
lichster Wärme unterwarf. Diese Verdampfung erfordert von
dem Augenblick an, wo die Salze zu gerinnen beginnen, ein
stufenweise gesteigertes Feuer und ungefähr sieben oder acht
Stunden, damit nichts durch Aufwallen und Aufspritzen verloren
geht. Ist das Feuer nicht heftig genug gewesen, so schliessen
die Salze ein wenig Salpetersäure ein, aber man kann sie sicher
von derselben befreien, wenn man, während die Salze schmelzen,
etwas Kohlenstaub hinzufügt.
[318] Die erwähnten Verfahren befolgte ich bei den als die
genaueren bezeichneten Analysen, aber ich habe nicht immer
die Asche mit kochendem Wasser behandelt, sondern sie mit
ihren Salzen in Salpetersäure gelöst; dies letztere Verfahren ist
kürzer und viel genauer; denn wenn die Laugen kalihaltigen
phosphorsauren Kalk enthalten, ist die Filtration oder selbst nur
-ein genaues Decantiren fast unmöglich wegen der Zähigkeit*)
der Flüssigkeit. Sie hält eine grosse Menge Kalk oder vielmehr
phosphorsauren Kalk in Lösung, dessen Menge man nur be-
stimmen kann, wenn man die Salze in einer Säure löst und sie
dann durch Ammoniak fällt, Ich werde hier die Methoden an-
geben, welche ich bei der Analyse der mit einer beträchtlichen
Menge phosphorsauren Kalis versehenen Salze, die von phos-
‚phorsauren Erden frei sind, befolgte. Es ist überflüssig, ersteres
*) Die Zähigkeit der Lauge aus der Asche und ihre Gallertbildung
beim Abdampfen ist ein fast sicheres Anzeichen für die Gegenwart
von kalihaltigem phosphorsaurem Kalk oder kalihaltiger phospbor-
saurer Magnesia ; indessen kann dies Salz auch ohne dies Anzeichen
vorhanden sein, wenn ein grosser Ueberschuss an Kali zugegen ist.
Das phosphorsaure Kali ist an sich nicht zäh oder gelatinös, welches
auch immer das Verhältniss seiner Bestandtheile sein mag; es besitzt
diese Eigenschaft nur, wenn es Kalk oder Magnesia ohne Ueberschuss
an Kali enthält.
6 Th&od. de Saussure.
in der Asche, welche mehr als ein oder zwei Hundertstel reinen
oder kohlensauren Kalk enthält, zu suchen.
319] Das phosphorsaure Kali ist wohl in der Asche enthal-
ten, welche diese Erde im grösseren Verhältniss enthält; es kommt
jedoch in ihr in so geringer Menge vor, dass es vernachlässigt
werden kann.
a. Ich mische die Salze mit Essig und dampfe bis fast zur
Troekne ein. Der Rückstand wird mit Alkohol gemischt, welcher,
indem er das Acetat löst, die grösste Menge des in der Asche
enthaltenen überschüssigen Kalis aufnimmt; dies Produet wird
aufgehoben*).
b. Die in Alkohol unlöslichen Salze wie das phosphorsaure
Kali, die salzsauren und schwefelsauren Salze und ein wenig
freies Kali werden in Wasser gelöst und mit essigsaurem Kalk
im Ueberschuss gemischt; dieser letztere zersetzt das phosphor-
saure Kali; das Gemisch wird stark gekocht und fast bis zur
Trockne eingedampft. Diesen Teig verdünnt man mit viel
Wasser, man trennt ihn durch, das Filter und trocknet ihn bei
starker Hitze”*). |320) Der Teig wird mit Essig (c) gemischt,
bis diese Säure ihm nichts mehr entzieht. Der bei dieser Ope-
ration verbleibende unlösliche Rückstand ist reiner phosphor-
saurer Kalk, der von der Zersetzung des phosphorsauren Kalis
herrührt; der im Verhältniss von 100: 129 vermehrte reine phos-
phorsaure Kalk giebt das Gewicht der phosphorsauren Alkalien
(7), welche in der Asche ohne überschüssiges Kali enthalten sind.
Alle essigsauren Lösungen (a und c), das Waschwasser in-
begriffen, wurden zusammen bei Glühhitze eingedampft und
filtrirt, dann wurden sie von Neuem bei Glühhitze eingedampft.
Dieser Rückstand (e) wird gewogen; er enthält alles in der
Asche vorkommende Kali mit Einschluss dessen, das in die
Zusammensetzung des phosphorsauren Kalis eingeht, und ferner
die salzsauren und schwefelsauren Alkalien. Man löst alle
diese Salze lieber in Salpetersäure als in Wasser auf, weil das
Kali ein wenig Kohlensäure enthält, deren Menge man aus
*), Vielleicht würde es genauer sein, diese erste Operation (a),
welche durch Essig und Alkohol nur einen Theil des überschüssigen
Kalis entfernt, und welche ein wenig phosphorsaures Kali entzieht,
zu unterlassen. Ich wandte dies Verfahren nur an, weil es die übrige
Analyse weniger beschwerlich gestaltet, und weil es viel Essigsäure
und essigsauren Kalk spart.
**) Der Essig löst ein wenig phosphorsauren Kalk, wenn er nach
der Fällung nicht getrocknet worden ist.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 87
dem Gewichtsverlust des Gemenges bestimmt. Diese salpeter-
saure Lösung wird nach einander mit salpetersaurem Baryt und
salpetersaurem Silber gefällt; das Gewicht jedes einzelnen dieser
Niederschläge giebt auf Grund bekannter Berechnungen salz-
saure und schwefelsaure Alkalien; [321] man zieht die Summe
dieser letzteren von dem Gewogenen (e) ab oder von derjenigen
Summe, welche Kali, die salzsauren und schwefelsauren Salze
enthält. Die Differenz giebt das Gewicht von allem in dem
phosphorsauren Kali enthaltenen Kali und von demjenigen, das
im Ueberschuss vorhanden war. Nun kennt man das Gewicht
des Kalis, das in die Verbindung des schon unter d angegebe-
nen phosphorsauren Kalis eingeht. Hundert Theile des’Salzes
enthalten 65 Theile Kali. Demnach theilt man diesem Salze das
Kali zu, welches ihm zukommt; das übrige ist das im Ueberschuss
in der Asche vorhandene Kal.
Bemerkung
über die Verbindung des phosphorsauren Kalıs mit dem Kalke.
Ich stellte phosphorsaures Kali dar, indem ich nach und
nach auf feuchtem Wege Phosphorsäure mit Kali vereinigte,
bis dies Gemenge neutralisirt war und die als Reagens ange-
wandten Pflanzenfarben nicht mehr veränderte. Diese Ver-
bindung troeknete ich bei Glühhitze und wog; [322] sie wurde
in Wasser gelöst und durch salzsauren Kalk zersetzt. Das Ge-
misch wurde bis zur Trockne eingedampft und, nachdem es
in Wasser gelöst worden war, filtrirt. Nach den von Klaproth
erkannten Prineipien habe ich für den phosphorsauren Kalk
abgeleitet, dass 100 Theile getrocknetes phosphorsaures Kali
bei dem weiter oben angegebenen Sättigungsgrade enthalten
Kali 65
Phosphorsäure 35.
Um ein so zusammengesetztes phosphorsaures Kali handelt
es sich bei den Aschenanalysen; 129 Theile dieses Salzes ver-
mögen nur 100 Theile phosphorsauren Kalk zu bilden.
Die wässerigen Lösungen des phosphorsauren Kalis sind
nicht, wie man behauptet hat, zäh und gelatinös, sie gehen. viel-
mehr leicht, selbst eoncentrirt, durch die engsten Filter hindurch.
Wenn man dieser Lösung das Zwanzig- oder Dreissigfache
ihres Volumens an Kalkwasser zumischt, so bewahrt das Gemisch,
83 Th£eod. de Saussure.
welches löslichen kalihaltigen phosphorsauren Kalk bildet, seine °
Durchsichtigkeit; es erleidet scheinbar keine andere Verände-
rung als diejenige, zäh zu werden und nur mit äusserster Lang-
samkeit durch die gewöhnlichen Filter hindurchzugehen. |323)
Wenn man eine weitere Menge Kalkwasser hinzufügt, beginnt ein
Niederschlag sich zu bilden. Dies ist kein phosphorsaurer Kalk,
es ist durch einen Ueberschuss an Erde in Wasser unlöslich ge-
wordener kalihaltiger phosphorsaurer Kalk: wenn man densel-
ben in Salpetersäure löst, entzieht man ihm nur den vierten Theil
oder die Hälfte seines Gewichtes an phosphorsaurem Kalk. Na-
hezu dieselben Erscheinungen haben mit der Magnesia statt.
Allein die Verbindungen dieser letzteren schienen mir weniger
zäh zu sein.
Man kann die nämlichen Ergebnisse aber weniger scharf
ausgeprägt erzielen, wenn man an Stelle des Kalkwassers eine
Lösung von essigsaurem Kalk anwendet. Ist die Lösung ver--
dünnt, so zersetzen die ersten Tropfen das phosphorsaure Kali
nicht, oder der gebildete Niederschlag löst sich beim Umrühren
der Flüssigkeit wieder auf. Diese Beobachtung beweist, dass der
von Vauquelin in so reichlichem Maasse in den Pflanzensäften
- aufgefundene essigsaure Kalk dort neben dem phosphorsauren
Kali vorkommen kann. Dies Salz wird von irgend einem Kalk-
salz nur zersetzt, wenn das Gemisch bis zur Trockne eingedampft
wird; das Nämliche gilt von der Magnesia.
Die wässerige Lösung des kalihaltigen phosphorsauren Kalks
wird weder von Kali, Natron, Ammoniak, noch durch Phosphor-
säure getrübt, [324] wird aber theilweise durch alle kohlensauren
Alkalien zersetzt, indem dieselben aus ihr kohlensauren Kalk
niederschlagen ; ebenso wirkt Oxalsäure ; schliesslich wird sie
theilweise beim einfachen Trocknen bei Glühhitze zersetzt. In
diesem Rückstand findet man phosphorsauren Kalk, der durch
einen Ueberschuss an Erde unlöslich geworden ist, und in Was-
ser löslichen kalihaltigen phosphorsauren Kalk, der jedoch we-
niger Kalk als bei der ersten Lösung enthält. Diese Erschei-
nung greift mehr oder weniger bei allen Aschenlaugen Platz,
welche man bis zur Troekne eindampft und in Wasser löst.
Die Wirkung des Kalis auf den phosphorsauren
Kalk. Foureroy und Vauquelin haben sehr wohl gesehen (An-
nales de Chimie, Jahrg. XI), dass, wenn man flüssiges Kali mit
phosphorsaurem Kalk kocht, sich eine sehr kleine Menge Kalk
abscheidet. Aber diese der alten Ordnung der chemischen Ver-
wandtschaften entgegengesetzte Zersetzung, wovon Berthollet
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. sg
für andere analoge Verbindungen so zahlreiche Beispiele ange-
geben hat, ist nieht das einzige wahrnehmbare Ergebniss dieses
Versuches. Ich beobachtete, dass eine sehr grosse Menge phos-
phorsauren Kalks vollständig im Kali gelöst wird, und dass sich
dann phosphorsaurer Kali-Kalk |potasse phosphatde de chaux]
bildet. |325| Ich liess 300 Theile Kali (gelöst in ungefähr dem
doppelten Gewicht Wasser) mit teigigem und durch Ammoniak
frisch gefälltem phosphorsaurem Kalk eine Stunde lang kochen.
Das bei Glühhitze getrocknete Phosphat wog vor dem Versuch
25 Theile. Die Abkochung wurde filtrirt. Der durch das Kali
nicht gelöste Rückstand wog nicht mehr als 9 Theile; er wurde
in Salpetersäure gelöst und mit Ammoniak gefällt. Der bei
Glühhitze getrocknete Niederschlag wog nur 6 Theile. Die fil-
trirte Lösung wurde mit kohlensaurem Natron oder Ammoniak
gemischt; dies Salz schied einen halben Theil kohlensauren Kalk
daraus ab. Das Kali löste also in diesem Versuch drei Viertel
des phosphorsauren Kalks und zersetzte wirklich nur den fünf-
zigsten Theil davon.
Ich erhielt fast genau dieselben Ergebnisse, als ich bei
Schmelztemperatur in einem Platintiegel getrockneten phosphor-
sauren Kalk mit getrocknetem Kali behandelte. Das Phosphat
wog 20 und das Kali S0 Theile. Das undurchsichtige Glas,
welches aus diesem Gemisch hervorgeht, wurde in Wasser ge-
löst und filtrirt; der in dieser Flüssigkeit unlösliche Rückstand
wog 12 Theile. Sie wurden in Salpetersäure gelöst und mit
Ammoniak gefällt; dies schied nur 64 Theile phosphorsauren
Kalk daraus ab.
[326] Die filtrirte Lösung wurde mit kohlensaurem Natron
gefällt, das aus ihr 24 Theile kohlensauren Kalk abschied.
Die nach den soeben besprochenen Verfahren erhaltenen
Verbindungen des überschüssigen Kalis mit phosphorsaurem
Kalk unterscheiden sich durch einige Eigenschaften von der Ver-
bindung, welche man aus der Mischung von Kalkwasser und
phosphorsaurem Kali erhält.
Folgende Eigenschaften beweisen, dass das überschüssige
Kali nicht unwirksam ist, und dass es mit einer sehr mächtigen
Affinität auf den Kalk einwirkt. Ich sagte, dass die wässe-
rige Lösung des kalihaltigen phosphorsauren Kalks durch Oxa-
late zersetzt wird. Aber der phosphorsaure Kali-Kalk |potasse
phosphatee de chaux] trübt sich nicht durch diese Reagentien ;
diese zeigen den Kalk nur an, wenn man das scheinbar über-
schüssige Kali sehr genau durch eine Säure sättigt. Es fehlt
90 Theod. de Saussure.
viel, dass die Oxalsäure selbst unter diesen Umständen allen Kalk
fällt; wahrscheinlich bildet sich hier eine vierfache Verbindung.
Der flüssige kalihaltige phosphorsaure Kalk oder das Gemisch
von Kalkwasser und phosphorsaurem Kali wird zum Theil beim
Trocknen zersetzt; aber der flüssige phosphorsaure Kali-Kalk
|potasse phosphatee de chaux] wird durch diese Operation nicht
merklich verändert. [327] Der kalihaltige phosphorsaure Kalk
bildet mit Wasser eine zähe oder gelatinöse, schwer filtrirbare
Lösung. Der phosphorsaure Kali-Kalk geht sehr leicht durch
das Filter und bildet beim Einengen keine Gallerte.
Ende.
Tabelle
der
Veraschungen und Analysen.
Kap. IX. p. 327.
92 Theod. de Saussure.
Tabelle der Veraschungen.
Pr s »2|sısSs|3#e2%|
Sa SuE | SE 225
5 ‘Name der Pflanzen. | =7Z Et» eb
Fe rn R an | oa%|&S5| Bemerkungen
s2| Zeit ihrer Emte |582 223 |3SE|
Be SET =Se oem
| : »|<«H5jleERA8]|
1 |Eichenblätter (Quereus 13 53 | 745 |Aus einem Gehölz; kiesiger und fast
robur) vom 10. Mai | unfruchtbarer Boden.
|
|
|
2 Dieselben vom 27. Sep- 24 55 | 549 |Ebendasselbe.
tember
3 \Berindete Stengel oder BE 4 | -— |Ebendasselbe. Diese Stengel oder
| Zwei d . | Zweige hatten ungefähr einen
weige er Jungen Durchmesser von 1 (Centimeter
Eiche 10. Mai | (5 bis 6 Linien). ;
4 Die Rinde obiser Zwei-, —. 60 — |In der Rinde sind Bast und Epi- {
= dermis inbegriffen, I
| ge R
5 'Splintfreies Eichenholz — 2 — |Es machte einen Theil eines Stam-
mes aus, der einen Durchmesser
| von ungefähr 2 Decimeter ($Zoll)
hatte.
6 Splint obigen Eichen- — 4| — r
holzes
| | ;
7 Rinde obigen Eiechen- a 60 — [!In der Rinde sind Bast und Epi-
hol dermis inbegriffen.
nolzes |
$ Bast dieser Rinde la —
9 |Extraet aus obigem) — | 61 u
Eichenhoiz | :
| 4
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 93
Tabelle der Analysen.
Hundert Theile Asche enthalten |
Nummer Sen Ye
der Analyse, ent- 53 |. 5 | & | e 3 4oz
sprechend der |23 2522| 2 5 x E Bemerkungen
Nummer elle | SA = 8 = E
der Veraschung | = 2 |# 3 | = g|&s | .@
ö er: a |= = 1 =
| >
1. Eichenblätter.|47 124 0,12) 3 |=2,| 0,64125,24|In dieser und den fol-
Mai | Da gendenAnalysen kommt
| zen der Verlust fast aus-
3“ schliesslich auf Rech-
| 55 nung der in Wasser lös-
En lichen Salze.
oo
| er
2. Dieselben. 17 18,25]23 14,55) — | 1,151 25,3
September.
3. Berindete 26 128,5 [12,25] 0,12) — |1 32,58
Stengel oder
Zweige von
jungen Eichen.
Mai
. . li; al es E -r
4. Rinde obiger! 7 4,5 103,25) 0,25] — | 1,75|22,75
Zweige
5. Splintfreies 38,6 | 4,5 |32 2 — | 2,25120,65
Eichenholz
‘
6. Splint dessel- 32 24 11 7155| — 2 23,5 |Die Kieselsäure war in
ben Eichen- diesem Splint viel-
leiebt nur zufällig vor-
holzes handen; denninjungen
Eichenzweigen fandich
keine.
7. Rinde obiger) 7 |3 166 |6,5| — |2 121,5
Eichenstämme
8. Bast dieser 7 | 3,7565 10,5 | — |1 [22,75
Rinde
9. Extract ausjl ee — | — En DE: eine
P : # 2 albe Stunde lang in
obigem Eichen a3 a destillirtem Wasser ge-
holz 22 kocht ; die filtrirte Ab-
Bor kochung wurde bei ge-
200 5 linder Wärme bis zur
NE Trockne eingedampft.
zu
Bu-
Theod. de Saussure.
Tabelle der Veraschungen.
wit destillirtem Was-
ser gewaschen
u El nn an 4 a ln nie md an
ee, SS 38 | SA
53, Name der Pflanzen. | =7£ | =2& |=3&
E23 EA 4 oS=|e5%|43} Bemerkungen
ax Zeit ihrer Ernte |=82|=25 |*35
Er naHeEloa 3| 2.»
m < %]<«H3 1273
) /Humus von Eiöhenkiets 41
Extract des obigen Hu- — 111
mus von Eichenholz
Pappelblätter (Populus) 23 66 Von einer Wiese, thoniger Boden.
nigra) vom 26. Mai
\Dieselben vom 12. Sep-| 41 93 | 965 |Von demselben Zweige wie die vor-
tember stehenden Blätter.
Berindete Stämme obi- — Ss Von demselben Boden, Stamm von
ger Pappeln vom 12. 2Decimeter ($Zoll) Durchmesser,
September
= ET =: In der Rinde sind Bast und Epi-
Rinde obiger Stämme a dermis inbegrifan) p
ee Kr, N Von dem nicht bebauten Saume ei-
Blätter des Haselstrau 61 nes Gehölze. Bandizern
Br lus avel- unfruchtbarer Boden.
ana) 1. Mai
7 Dieselben; inderKälte — 97
2 u en ei A
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 95
Tabelle der Analysen.
Hundert Theile Asche enthalten
Nummer - =
der Analyse,ent- z2|.3|2 eins a 0
sprechend der |2# 125 |33|=3 : | 3 | 2 Bemerkungen
Nummer |E.|8.|:23|82 3 3|3
der Veraschung | = 2 | = 3 = 2a | 5 er
- 595511 M | eis
m |
10. Humus des!24 1105 110 32 1.114 8,5 |Dieser fast schwarze Hu-
> 1 | mus ist mehrere Fuss
obigen Holzes über dem Boden einem
| | lebenden Eichenstamme
| entnommen worden; er
| | enthielt kleine weisse
| | Klümpehen Kieselsäu-
| | re.
Zihimmusextract66 | — | — | — | — | — IP = Der ‘Humus wurde eine
i 2 \ N halbe Stunde lang in
al; Eichen | | destillirtem Wasser
olz | gekocht; die filtrirte
| | Abkochung wurde bei
1 gelinder Wärme bis zur
| | Trockne eingedampft.
12.Pappelblätter 36 13 29 5 | — | 1,25115,75|In dieser und den fol-
Mai | | genden Analysen ent-
fällt der Verlust fast
| ausschliesslich auf die
in Wasser löslichen
Salze.
® | - „| | -
13. Dieselben 26 |7 136 111,5 | — | 1,5 [18
September | |
14. Berindete 126 - 116,7527 133 | — | 1,5 124,5 |
. | ; 3
Pappelstämme |
1} 1}
PIE | |
15. Rinde obiger 6 | 5,3 |60 Arte ne Me 22
Stämme. Mai | | |
en
| | =o
| 50
16. Blätter des 26 123,3 22 112,5 a3: 1,5 24,7 In dieser und den fol-
Haselstrauchs | 4o<| genden Analysen ent-
Mai aD | | fällt der Verlust fast
= 22 | einzigaufdiein Wasser
| | 2=S löslichen Salze.
\ |
17.Dieselbenge- 8,2 119,5 44,1 | 4 2 22,2 |Die frischen Blätter sind
Er asche zu Se we | ’“ | acht Mal in kaltes de-
n | stillirtes Wasser ge-
| | | | taucht worden; bei je-
| | | | der Eintauchung hiel-
| | } | ten sie sich eineViertel-
I}
} | | | | ‘stunde unter Wasser
| | auf.
96 Theod. de Saussure.
Tabelle der Veraschungen.
= ss 2|s38|388
ne S355|1>°%: |2235
5= | Name der Pflanzen. | =7& |=2% |E5£
= ons |vä$ sg Bemerkungen
=# er r oez2|e5%|+$
E5 Zeit ihrer Ernte a8: 378 |3S5
Kar „mZ was Sue
| EiEcFier
18 BlättervomHaselstrau- 28 62 | 655 Ebendasselbe.
che; vom 22. Juni
19 Dieselben vom 20.Sep- 31 10 | 557. Ebendasselbe.
tember
20 Berindete Zweige des. 5 Der grösste Durchmesser dieser
abe Hucels ans Zweige betrug 1 Centimeter (4 Li-
> a nien)
ches vom 1. Mai
21 Rinde obigerZweige — #2 _ h
1
22 Holz vom Rogenannten) — | 7 | — | yon Be
u ie] (8 Zoll) Durchmesser.
getrennt vom Splint. |
November
23 SplintobigenMaulbeer- — 13| —
baumes
| :
24 Rinde desobigen Mau- — | 89 — |In der Rinde sind Bast und Epi- |
beerbaumes dermis inbegriffen.
I | +
|
25 Bast obiger Rinde — 2188 E=
26 Holz der Hainbuche 4 6 | 346 [Von einer Wiese, thoniger Boden.
(Carpinus betulus), | u Deeimeter (6 Zoll) 1
getrennt vom Splint. |
November 4
27 Splint obiger Hain-- 4 | 7 | 390 |Bei diesem Baume war der Splint
buche | | } vom Holz sehr wenig unterschie-
\ den.
I
?
l
M
3
’
AR
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 97
Tabelle der Analysen.
Hundert Theile Asche enthalten
Nummer
der Analyse, ent-| :
sprechend der
Nummer
der Veraschung
in Wasser
Salze
phosphor-
saure Erden
lösl.
18. Blätter vom]22,7
Haselstrauch.
Juni.
19. Dieselben. |11
September
20. Berindete |24,5 |35
Zweige desHa-
selstrauches
21. Rinde dieser]12,5 | 5,5
Zweige
22. Holz desi21 2,25
Maulbeerbau-
mes, getrennt
vom Splint
23. Splint dieses|?6 127,25:
Maulbeerbau-
mes
24. Rinde obi-| 7 8,5
gen Maulbeer-
baumes
25. Bast dieser|]10 [16,5
Rinde
26.HolzderHain-|22 123
buche, getrennt
vom Splint
27. Splint dieser|1S 36
Hainbuche
Kohlensaure
Erden
29
36
26
Ostwald’s Klassiker. 16.
E
Kieselsäure
Thonerde
Metalloxyde
Verlust
Bemerkungen
11,3
ger als 1/100
es Gewichtes
der Asche
d
weni
0,25120,38
0,25121,5
1,12|23,13
1 24,38 In dieser und den fol-
genden Analysen ent-
fällt der Verlust fast
ausschliesslich auf die
in Wasser löslichen
Salze.
—1
Bemerkungen
In obiger Rinde sind Bast und Epi-
dermis inbegriffen.
Voneiner Wiese, fruchtbarer Boden,
Von dem nämlichen Zweig.
Von dem nämlichen Zweig.
Von dem nämlichen Zweig.
Von dem nämlichen Zweig.
Aus einem Gemüsegarten; thonige
Aus demselben Beet wie die vor-
hergehenden. -
98 Theod. de Saussure.
Tabelle der Veraschungen.
m ET Bar > Jo BESSERES
FE Name der Pflanzen. | = sE 38 BER
5 : : 23e| 25% |%35
E85 Zeit der Ernte Fer 233 BE
mi Kia I &|<#3 gazgrn?
38 Rinde obiger Hain-| 88 | 134 | 346
buche
29 Stämme und entblät- — 35 _
terte Zweige von der
Rosskastanie (Aescu-
lus hippocastanum)
10. Mai
30 ‚Rosskastanienblätter. 16 72 | 782 |Ebendaher.
10. Mai
31 Dasselbe. 23. Juni 29 84 | 652
32 Dasselbe. 27.September) 31 s6 | 636
|
33 Blüthen der vorstehen- gs Vi 82
' den Rosskastanie.
10. Mai
34 ‚Reife Früchte von der) 12 34 | 647
nämlichen Rosskas-
\ tanie. 5. October
|
35 |Blühende Erbsenpflan-- — 95 Zen
zen (Pisum sativum) at
36 'Dieselben, reife Samen — si1 _
tragend |
37 |Saubohnenpflanzen (Vi- 16 | 150 | 895
eia faba A vor der
Blüthe. 23. Mai
Aus einem Gemüsegarten; thonige:
Boden. vu:
L. Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 99
Tabelle der Analysen.
Hundert Theile Asche enthalten
Nummer
der Analyse, ent-
sprechend der
— Nummer
_ der Veraschung
Bemerkungen
in Wasser
lösl. Salze
phosphor-
saure Erden
koh lensaure
Erden
Kieselsäure
Thonerde
Metalloxyde
Verlust
hei.
or
R=)
fr
1)
[IC
>
co
[0,0]
28. Rinde obiger
Hainbuche
29. Stämme und
entblätterte
Zweige der
Rosskastanie
30. Rosskasta-
nienblätter.
Mai
3 1. Rosskasta-
nienblätter.
Juli
P.
32. Dasselbe.
September
B3. Rosskasta-
| nienblüthen.
u |
der Asche
Mai
3. Reife Früchte)7 15 105 | — | 0,75 0,5 \13,25) Genauere Analyse
derselben Ross- rt dieser Asche:
if Kali 51
% kastanie phosphorsaur. Kali 28
salz- u. schwefels.
Alkalien 3
phosphors. Erden 12
kohlensaure Erden 0
Kieselsäure 0,
0,
5,
uns als!
des Gewich
Metalloxyde
b)
2
Verlust 2:
wor
100
49,8 17256 123| — -ı [24,65
6. Erbsenpflan-
zen, reife Sa-
men tragend
7. Saubohnen- 55,5
pflanzen vor
. der Blüthe
=3502 a 11. | = | 25-475
145 |35| 15 | — | 05 [24,50
|
I
|
ı
100 Th&od. de Saussure.
Tabelle der Veraschungen.
> RO D
Er 2.2 |28:|855
s= | Name der Pflanzen. |=72 235 |E2E
=: ER 2.|est 254 Bemerkungen
5 eit der Ernte 28 225 |$S5
zZ | HE |2=5| 9%
rs Ne ae
= 7 |
38 'Dieselben während der| 20 | 122 | 876 |Von demselben Zweig wie die vor-
Blüthe. 23. Juni. hergehenden.
39 \Dieselben, reife Samen — 66 — |Ebendaher.
tragend. 23. Juli.
40 |Dieselben, von den rei- — | 115 — |Ebendaher.
fen Samen getrennt.
|
41 ‚Samen dieser Pflanzen | — 33 — \Ebendaher.
| |
|
! -
42 |Blühende und in de- — | 39 | —
stillirtem Wasser ge-
, wachsene Saubohnen- f
pflanzen, die aus obi- ee
gen Pflanzenstammen
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 101
Tabelle der Analysen.
Hundert Theile Asche enthalten
Nummer - RE
j © © ©
derAnalysg,ent| 52 |. 2 _|3|2|%| >
sprechend der |2 7 =5|22| 2 5 = = Bemerkungen
Nummer = EE A
Be nelaz sel 818 |) |
er 3 g|2=2|=2|73 Be! S y
38. Dieselben, [55,5 13,5 | 4,12] 1,5 |=ez | 0,5 |24, 38 See Lan, se
währ e 32 ?
re der PIele Einfach kohlens.
uthe “22 Kali 57,35
Su salz- u. schwefels.
A Alkalien 12
os phosphors. Erden i5
F kohlensaure Erden 5
Kieselsäure 2
Metalloxyde 0,5
Verlust 8,25
. 100
39. Dieselb., reife 50 17,75) 4 1,7551 — | 0,5 |26 |Die in Wasser löslichen
Samentragend Bi janibal Be
| sphorsaures i.
40. Dieselben, [42 5,75136 Io = 1 12,9 |G@enauere Analyse
von den reifen ad in ae
= Einfach kohlens.
ron en Kali 31
rennt salzsaur. Kali 14
schwefels. Kali 2
phosphors. Erden 6
kohlensaure Erden 37 5
Kieselsäure 2,75
Metalloxyde 0,75
Verlust 6
100
41.Samendieser — | — — | — |22z | —| — gan zunlsa an
at all 2,45
Pflanzen ” FE phosphors, Kali 43,93
we salzsaures Kali 0,9
2, schwefelsaur. Kali 2
nn phosphors. Erden 27,92
Aa kohlensaur. Erden 0
Fe Kieselsäure 0)
Metalloxyde 0,50
Verlust 2,30
100
ee 1.1 __ | |, — pßirkeitedechs
in destillirtem BR er,
ın des Kali 22,4
Wasser ge- phosphorsaur. Kali 33,4
wachsene Sau- al schwefels. R
bohnenpflan- ren ”
ohnenp phosphors, Erden 30
zen, die aus \kohlensaure nn 0)
Kieselsäur. unbest.Menge
S; Be lenden |Metalloxyde 0,5
amen stam- \Verlust 9,4
. men. 100
102 Theod. de Saussure.
Tabelle der Veraschungen.
— =] © o\ı Fr 5 & =
52 | Name der Pflanzen. |.= „= |: |23%
a B- we ı&ö »
E2 En eaules%|#o$ Bemerkungen
=5 Zeit ihrer Emte |333 |=28 |2=5
a none Ins = Zr »„
@ AN j ? I 8]<H:jeAS
43 IGoldruthe Solidareo — 93 | — |Von dem nichtbebauten Saum ei-
vulgaris) ei Ei | nes Gehölzes, sandiger Boden,
Blüthe. 1. Mai |
44 Dieselbe, im Begriffzul — 57 — |Ebendaher.
blühen. 15. Juli
45 |Dieselben mit reifen — 50 — |Ebendaher.
Früchten. 20. Sep-
tember Er}
46 |Sonnenblumenpflanzen — | 147 — Di SinpL Gemüsegarten, thouiger
oden, j }
(Helianthus annuus)
vom 23. Juni, einen
Monat vor der Blüthe
47 |Dieselben im Beginn! 13 | 137 | 877 |Ebendaher,
der Blüthe. 23. Juli.
48 |Dieselben vom 20. Sep-| 23 93 | 753 |Ebendaher.
tember mit reifen Sa-
men.
49 Aus einem fruchtbaren Felde, kie-
siger Boden.
50 Ebendaher.
5l |Weizenpflanzen (Triti-; — 79 — |Ebendaher.
cum sativum) vom
1. Mai, einen Monat
vor der Blüthe
52 |Dieselben blühend,vom| 16 54 | 699 |Ebendaher.
14. Juni
Dieselben vom 28. Juli
mit reifen Samen
N
53 a 33 — |Ebendaher.
Chemische Untersuchüngen über die Vegetation. 103
————
Nummer
der Analyse, ent-| =
sprechend der | 2
Nummer =
der Veraschung | =
43. Goldruthe im 67,5 10,75
Mai.
44. Dieselbe im/59
Juli
45, Dieselben mit 48
reifen Früch-
ten
46. Sonnenblu- 63
menpflanzen,
einen Monat
vor der Blüthe
47. Dieselben im/61
Beginn der
Blüthe
48, Dieselben mit 51,5
reifen Samen
49. Blühende 43,25112,
Weizenpflan-
zen
50. Dieselben mit 11
reifen Samen
51. Weizenpflan- 60
zen, einen Mo-
nat vor der
Blüthe
52.Dieselbenblü-|41
hend
53. Dieselben mit 10
reifen Samen
Tabelle der Analysen.
Hundert Theile Asche enthalten
e
lösl. Salze
phosphor-
saure Erden
kohlensaure
Erden
Kieselsäure
Thonerde
Metalloxyd
Verlust !
Bemerkungen
|
o
des Gewichtes
der Asche
weniger als I/ıoo
|
0,12|16,67
8
0,5 117,75
des Gewichtes
der Asche
weniger als 1/ıoo
‚15118,25'Diese Pflanzen besassen
nurihre Wurzelblätter.
|
In dieser und den fol-
gen Analysen entfällt
der Verlust fast aus-
schliesslich auf die in
Wasser löslichen Salze,
0,5 112,25 Jahr 1802.
75,Dasselbe Jahr. Reichlich
Samen und von schön-
ster Qualität.
0,25 15,5 Im Jahre 1803 von dem-
selben Boden, wie die
früheren.
Ebendasselbe.
Geschrumpfter und we-
nig reichlicher Same.
104 "Theod. de Saussure.
Tabelle der Veraschungen.
ı 91508
Sy SPEIEFFIRFFE
=5| Name der Pflanzen. | =78 | =3£ E22
22 Ship o@u|les2|#Sd Bemerkungen
=E Zeit ihrer Ernte aas|ı=2:2|35%
Be | 28 253 A =
1 Eee un}
54 |Stroh des obigen Wei- — 43 _
zens, getrennt von
den Samen |
|
ji
|
55 Ausgewählt. Samenvon — 13|ı —
obigem Weizen
. | |
N
|
|
I
56 |Kleie 3) ==
|
|
57 |Maispflanze (ZeaMays,)) — | 122 ‚er = Gemüsegarten, thoniger
23. Juni, einen Monat IT
vor der Blüthe |
58 |Dieselben blühend,yom)| — 81 — |Ebendaher.
23. Juli
59 |Dieselben mit reifen — 46 — |Ebendaher.
Samen.
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 105
Tabelle der Analysen.
Hundert Theile Asche enthalten
Nummer
ter Analyse,ent-/ = „s|E |& | = S r
sprechend der | 25 sAla E 2 | 5 = = Bemerkungen
Nummer Zesissts 2 | |: |
der Veraschung |=2 = 3 = ge °
2 &-3
4] = |
: | ht u
4. Stroh desobi- 9 5 1 61,5 | — | 1 22,5 | Genauere Analyse
gen Weizens, K: are Az
| ali 2,5
getrennt von | | |phosphorsaur. Kali 5
den Samen | salzsaures Kali 3
| | schwefelsaures Kali 2
] \ phosphors, Erden 6,2
| kohlensaure Erden 1
| Kieselsäure 61,5
| Metalloxyde 1,
| ‚Verlust 7,5
| | 100
5. Weizenkör- 21 38 | sh 0,5 = | 0,25! j20 ‚25 Genauere Analyse
ner aus denje- | as| dieser Asche:
R | 1 are Kali 15
nigen Ausge- | | = == | phosphors. Kali 32
wählt, welche | | az | |salzsaures a : 0,16
® | End schwefelsaur. Kali
das yorstehen \ | 2 = | | unwägbares Wölkchen
de Stroh trug | | phosphors. Erden 44,5
| \ kohleusaure Erden 0
| Kieselsäure 0,5
| | Metalloxyde 0,25
| | | Verlust 7,59
| | 100
. Baal 47. E12 | Kan 14
6. Kleie | | | phosphorsaur. Kali 30
| | salzsaures Kali 0,16
| schwefelsaur. Kali 0
N | \ \phosphorsaur.Erden 46,5
| | !kohlensaure Erden 0
| Kieselsäure 0,5
| \Metalloxyde 0,25
| Verlust 8,59
| | 100
7. Maispflanzen 69 | 5,75 0,251 7,5 | — | 0,25|17,25
vor der Blüthe | | |
\ |
| |
8. Dieselben 69 | 6 0,25 7,5 0,2517
blühend \
9.Dieselbenmit| — | - | — | — a ed as
reifen Samen
weniger als /ıoo
des Gewichtes
der Asche
106 a, do-Saussme.r ar 8
Tabelle der Veraschungen.
‚2 | #_o
u S, S s SE 28 S
= _ _ a
-=2| Name der Pflanzen. | ="s | =3£ 222 RN
oa au -I-R au Bar EIER or:
=3 run o2.|e2%|#558 Bemerku
= Zeit ihrer Emte |=32 |=25|335 za
© 2'5-= oo
== Aa Br
in H|<HE|2A8
60 |Stengel obiger Mais- — s4 _
pflanzen, von ihren
reifen Kolben ge-
trennt
61 ‚Kolben dieser Stengel | — 16 —
62 Samen obiger Mais-- — 10 |. — u;
pflanzen
a
63 ‚Gerstenstroh (Hordeum —. 42 — a er Felde mit kall
vulgare),getrennt von NEE
den reifen Samen
64 |Samen dieses Gersten- _ 18 __ Dieser Same war s
strohes j man ihn zum
d.h. mit derinneren
sehen. Be
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 107
Tabelle der Analysen.
H .
Nummer undert Theile Asche enthalten
ler Analyse, ent-| 5 & B a8 12:8 |:2.0%
sprechend der | 23 25 32 & ö u E Bemerkungen
Nummer Seele Ze
I oO 2m R! u | = Fr ©
ler Veraschung | = 2 | 3 Ee 3 = E >
;0. Stengel der!|56 5 1 18 | — 0,5 119,5 |Genauere Analyse
obigen Mais- er der Asche:
pflanzen, von Kabı 9
* phosphorsaur. Kali 9,7
denreifenKol- salzsaures Kali 35
ben getrennt schwefelsaures Kali 1,25
| phosphors. Erden 5
kohlensaure Erden 1
Kieselsäure 18
Metalloxyde 0,5
Verlust 3,05
100
1. Kolben obi- — | — | —|ı — | - | -| —
ger Stengel |
1
»2. Samen dieser|24 34 — [1 0,12.40,88 Genauere Analyse
Maispflanzen der Asche;
Kali 14
phosphorsaur. Kali 47,5
| salzsaures Kalı 0,25
| schwefelsaur. Kali 0. ‚25
phosphors. Erden 36
kohlensaure Erden H
Kieselsäure
Metalloxyde 0, 12
| Verlust 0.88
100
: |
3. Gerstenstroh, 4 | 7 [12,5 | 57 128,105 9 [Kali 16
= S$s0 ’ | Dre, x
von den reifen Je schwefelsaur. Kali 3,5
m2a2 salzsaures Kali 0,5
Samen ge- Bi 22 phosphorsanr. Erden 7,75
trennt nd n | kohlensaure Erden 2 5
EN Kieselsäure 57
27 Metalloxyde 0,5
Verlust 2, 25
100
4.Gerstensamen| 7 31 — | 36 | — | 0,2525,75) Genauere Analyse
dieses Strohes gay sehe
Kali 18
phosphorsaur. Kali 9,2
schwefelsaur. Kali 1,5
salzsaures Kali 0,25
phosphors. Erden 32,5
kohlensaure Erden 0
| | Kieselsäure 35,9
| Metalloxyde 0,25
| Verlust 2,8
100
108 Th£od. de Saussure.
Tabelle der Veraschungen.
» = e|3;8|3:88|
En =53|2»5 | 225
— r 8 I :
== | Name der Pflanzen. |= „& | =3& |23% |
= 5m al, ; © .
SIE: Bun? H o2.|e.5%|825| Bemerkungen
B5 Zeit ihrer Ernte 2221233 338
= < 5221283]
65 |Gerstensamen _ —
|
66 ‚Hafer — 31 — ‚Dieser Same war noch mit der
Spelze versehen.
67 ‚Blätter von Rhododen-ı — 30 —
dron ferrugineum, auf
dem Jura, einem
Kalkgebirge, gewach-
sen. 20. Juni
68 |Dieselben auf demBre- — 25 —
ven, einem Granit-
gebirge, gewachsen.
27. Juni
69 Stengel und Zweigedes — 8 — ‚Diese, wie die folgenden Stengel
aufdem Juragewach- a
senenRhododendron.
20. Juni
70 /Auf dem Breven ge-ı — =
wachsene Stengelvon
Rhododendron. 27.
' Juni
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 109
Tabelle der Analysen.
Nummer Hundert Theile Asche enthalten
der Analyse, ent-| = 2 |. |: g P 2 ss]
sprechend der |23 253 | 22| 3 3 Ebe DE Bemerkungen
Nummer Falzolaejı|e S 315
der Veraschung | = 3 #3 = Sae,:% er
er a EEE Br =|28 Be = = |
. | |
65.Gerstensamen]2? |22 — 121 | 0,12,29,88| Obgleich diese Samen 14
| 4 Tage vor vollständiger
| | | Reife gepflückt wor-
| den waren, waren sie
| doch keimfähig. Als
| ich die in der sauren
Lösung zurückgeblie-
benen Salze untersuch-
te, fand ich, dass sie
zusammen mit den 22
angegebenen Theilen 47
Theile wogen.
Man muss in dieser
undder vorhergehenden
Analyse einen grossen
Theil der Kieselsäure
der Spelze zuschreiben,
welche nicht entfernt
worden war.
66. Hafer 1 24 — 160 — 10,25 14,75 Aus einer eingehenden
Analyse fand ich ausser
‚ denselben Stoffen 10
Theile Kali und5 Theile
salz- u. schwefelsaure
Alkalien in der Asche.
Ber von]23 14 |43,25| 0,75) 0,12| 3,25|15,63jIn dieser und den fol-
| genden Analysen ent- .
enlron, | fait der Verlust fast
alkhaltig. 20. ausschliesslich auf die
Juni in Wasser löslichen
Salze.
68. Blätter vonl21,1 |16,75116,75) 2 | 0,12) 5,75|31,53/Die Vegetation war auf
Rhododendron dem kieselhaltigen Bo-
ki Ihalti I ' den weiter zurück als
1eselhaltig. | auf dem kalkhaltigen.
27. Juni | Diese Bemerkung be-
zieht sich gleichfalls
auf alle folgenden Ern-
ten.
69. Stengel von|22,5 |10 139 0,5 | 0,12| 5,4 |22,48
Rhododendron. |
kalkhaltig.
No. 67. Juni
70. Stengel von]?4 [11,5 [29 1 — 11 24,5
Rhododendron,
kieselhaltig.
Juni.
110 Theod. de Saussure,
Tabelle der Veraschungen.
= sıSs|lsas
Ep S,2|385 885
»=| Name der Pflanzen. | == | =32 23%
= Ber er m RZ
SE o&.|o=:4 | #28 Bemerkungen
= Arztes, ER F- 5 :
EE Zeit ihrer Ernte SEE 233 33%
e SsEs|o 2
a” s . << 5|«52]288 4
71 Nadeln derTanne(Pinus — 29 =
Abies), auf dem Jura
gewachsen. 20. Juni. | |
72 |DieselbenaufdemBre- - | 2939| —
ven gewachsen. 27. |
Juni. | |
73 [Entnadelte Tamn- — 5 —
zweige. 20. Juni
74 |Heidelbeere(Vaceinium | — | 26 | —
myrtillus), auf dem
Jura gewachsen. 29.
August.
75 Dieselbe auf demBre- — | 2 —
ven gewachsen. 20. |
August
76. Humus vonRhododen-| =. 65 I 7 — De einem
ZEN . | Felsen von reinem kohlensauren
dron. Kalkhaltig.Von Kalk entnommen, auf den keine
No. 67 und 69. Thiere gelangen konnten; er war
allen atmosphärischen Einflüssen
. | des freien Himmels ausgesetzt.
77 |Extraet dieses Humus End An — |Dieser trockene, schwarze und halb
| durchscheinende Extract wurde
durch wiederholtes Abkochen des
| Humus mit destillirtem Wasser
dargestellt, das nach jeder Ab-
kochung erneuert wurde. *
Die Abkochungen waren trübe
| | und konnten nur mit dem Seih-
| sack filtrirt werden, was sie nicht
| aufbellte.
| |
1
| | i
78 Humus von Rhododen-| — | 6% — |Die grosse in diesem Humus rs
R < = tene Aschenmenge rührt daher
dr on. Kieselhaltig } dass er mitSand oder mit Gmeiss“ f
No. 68 und 70. detritus, den re vermischt“
war. -
9 |Extract dieses Humus | — | 142 —
|
Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 111
Tabelle der Analysen.
Nummer Hundert Theile Asche enthalten
der Analyse,ent- x 2 |. 2 | | Ze | due
u a = I 2 B k
sprechend der 2 = | =5|23| B = E emerkungen
en | ri Z = S =
Nummer E=|13:|25| 3 E = |>
der Veraschung | .=:2- = 2 2... sr
|
71. Tannenna- 16 112,27143,5 | 2,5 — | 1,6 124,13
‚deln. Kalkhal- | |
tig. Juni |
72. Tannenna- 15 112 29 19 — | 5,5 119,5 ee Bon mE
deln. Kiesel- | | fällt'derVerlust fast aus-
haltig. Juni schliesslich auf die in
j Wasser löslichen Salze.
73. Entnadelte 15 KT
Tannenzweige! | |
74. Heidelbeere, 17 |i8s 142 |05| — | 3,12|19,38
Kalkhaltig. 29. |
August |
75.Dieselbe.Kie-24 22 22 5 — | 9,5 17,5
selhaltig. 20.
August | |
76. Humus von 05 |6 29 28 |3 18 15,5 |Ich habe 12 Theile alka-
Rhododen- | | lische Salze in der sau-
2 | | ren Lösung dererde- u.
dron. Kalkhal- oxydfreienAschegefun-
tig. No. 67 und | den, DerVerlust beträgt
En u ] | demnach nur 3 Theile.
: | Dieser Humus er
| | | mit Säuren nicht auf.
77. Extract die-27 116,75|21 | 3 0,12) 3 129,13] Genauere Analyse
ses Humus | nun,
| | kohlensaures Kali 14
| | salzsaures Kali 23
| | schwefelsaur. Kali 16
| phosphors. Erden 17,25
| | kohlensaure Erden 21,5
| | Kieselsäure 3,25
/ | Thonerde 0,12
| | Metalloxyde 3
| Verlust 1,58
| | 100
mus von — | — | —-— | —| —| —l—
Rhododendron. |
Kieselhaltig | |
| | | l |
79. Extraet die-242 13 17 14 1012 m 21,88
ses Humus Er | |
Inhaltsverzeichniss.
Fünftee Kapitel, VomHumus „ ... „u. 2. 2 zen
$ 1. Untersuchungen über die Zusammensetzung des
Humusit.) ee „Se BE [162]
$ 2. Ueber die Extractivstoffe des Humus. . . . . [168]
$3. Von den im Humus enthaltenen Salzen. . . [175]
$4. Ueber die Veränderungen, welche das Sauer-
stoffgas durch seine Berührung mit dem Humus
erfährt :\\- (en... ’._.2 7, pa [177]
Rückblick; Sa... 2... Wa [184]
Anmerkung: Ueber die Verkohlung verschiedener
vegetabilischer Substanzen . . ....... (185)
Tabelle der Verkohlungen. ........ (188 u. ff.)
SechstesKapitel. Ueber das Verhalten der Pflanzen
in sauerstoffgasfreien Medien. . .- ..... 2... [194]
$1. Von den Pflanzen, welche im Stiekgas nicht
vegretirenikönnen =. 1... 2... 1 Ko [194]
$2. Von den Pflanzen, welche im Stickgas vegeti-
ren.kONDENBETRIEE Dein... nr ee [197]
$5. Von dem Verhalten der Pflanzen im Kohlen-
oxydgas (Hydrogene oxycarbur& de Berthollet) [208]
$4. Ueber das Verhalten der Pflanzen im Wasser-
stoBgas Ionen. = 20.00) [209]
$5. Ueber das Verhalten der Pflanzen im luftleeren
‚Raume. I RE [212]
Siebentes Kapitel. Von der Bindung und der Zer-
setzung des Wassers durch die Gewächse . . . [217]
$ 1. Untersuchungen über die Bindung des Wassers
durch die Pflanzen, welche in atmosphärischer
Luft, die frei von kohlensaurem Gas ist, vegetiren [217]
$ 2. Ueber die Bindung des Wassers durch die Pflan-
zen, welche in einem Gemisch aus gewöhnlicher
Luft und kohlensaurem Gas vegetiren. .... . [225]
$3. Von der Zerlegung des Wassers durch die Ge-
wächse |. ». „7. A SL er 2 Ve [228]
Rückblick... ..u....: » „ame 22.7 Pe [236]
Ächtes Kapitel. Von der Aufnahme der Lösungen
durch die Wurzeln der Pflanzen . ...... [240]
$1. Wasser und Luft sind als Nahrungsmittel un-
zureichend um die vollständige Entwicklung der
Gewächse zu bewirken . ... . . x „zes [240]
Inhaltsverzeichniss.
$2. Nehmen die Pflanzen in dem nämlichen Verhält-
an wie das Wasser die in ihm gelösten Stoffe
AUDA Ce ee i
$3. Bevorzugen die Pflanzen bei der Aufnahme aus
welche die Gewächse liefen. ..... .. F
2. Ueber das Prineip, nach dem die Asche an Menge
in denholzigen oder krautigenPflanzen schwankt [:
3. Ueber die Zusammensetzung der Asche im All-
gemeinen. Ueber den Einfluss des Bodens .
4. Von den alkalischen Salzen in der Asche .
6. Vom freien oder kohlensauren Kalk in der Asche
7. Von der Kieselsäure in der Asche g
S
S
S { |
$ 5. Ueber die phosphorsauren Erden in der Asche
S
S
S
S
Tabellen der Veraschungen und Analysen
Aus der Buchdruckerei von Didot jeune,
Ostwald’s Klassiker. 16, S
1304)
—
Anmerkungen.
it. Dies Heft bringt im Anschluss an Heft 15 von Saussure's
Recherches chimiques sur la vegetation, 1504 die übrigen Ab-
schnitte, welche sich vorwiegend auf die Aschenbestandtheile der
Pflauzen beziehen. Indem wir bezüglich der bahnbrechenden
Bedeutung dieser Untersuchungen auf die Anmerkung in Heft 15
verweisen, möge noch bemerkt sein, dass bis dahin sogar die
Annahme viel verbreitet war, die Pflanzen hätten die Fähigkeit,
chemische Elemente zu erzeugen und in einander umzuwandeln.
Dieser Vorstellung gegenüber führte Saussure den Nachweis,
dass die Pflanzen nur durch Aufnahme von aussen Elementar-
stoff gewinnen, und zeigte, dass Aschenbestandtheile zum Ge-
deihen der Pflanzen nothwendig sind. Mit diesen und den an-
derweitigen Erfahrungen über die Herkunft der organischen
Substanz in den grünen Pflanzen war auch die wahre Bedeutung
“des Bodens für die Pflanze eigentlich gekennzeichnet und die
Humustheorie widerlegt, welche in unbegreiflicher Verwirrung
und Verirrung einen Streitpunkt der folgenden Decennien bil-
dete. Auch in Betreff der Stoffaufnahme und des Wahlvermö-
gens der Pflanzen wurden von Saussure sehr beachtenswerthe
Versuche angestellt, wenn auch der ganzen Sachlage nach erst
spätere Zeit diese Probleme näher aufhellen konnte.
Im ersten Heft ist auch schon bemerkt worden, dass diese
Uebersetzung auf Veranlassung von Herrn Prof. Pfeffer aus-
geführt worden ist.
2. Die Zahlen in eckigen Klammern bedeuten die Seiten-
zahlen des Originals. Sonstige Bemerkungen in eckigen Klam-
mern sind Zusätze des Uebersetzers.
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
QK Saussure, Nicolas Th&odore de
745 Chemische untersuchungen
5265
Hlfte,2
BioMed
PLEASE DO NOT REMOVE
CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET
UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY
1.42:
15.
I. Kant, Theorie d. Himmels. (1{755.) Herausg. v. H. Ebert.
(101 8.) # 1.50.
. Coulomb, 4 Abhandlgen über d. Elektricität u. d. Magnetismus.
(1785-1786.) Übers. u. herausg. v. W. König. Mit 14 Textt.
(88 8.) # 1.80.
. €. F. Gauss, D. 4 Beweise d. Zerlegung ganzer algebr. Functionen
etc. (1790—1849.) Herausg. v. E. Netto. (818.) #4 1.50.
Theod. de Saussure, Chem. Untersuch. üb.'d. Vegetation. (1804.)
4. Hälfte. Mit 1 Taf. Übers. v. A. Wieler. (96 8.) „X 1.80.
2. Hälfte. Übers. v. A. Wieler. (113 8.) 41.80.
——
In Vorbereitung befinden sich:
. Bravais, Abhandlgen üb. symmetr. Polyeder. (1849.) Übers. u. in
Gemeinschaft mit P. Groth herausg. von C. u. E. Blasius.
. €. Ludwig, Neue Versuche üb. d. Beihilfe d. Nerven zur Speichel-
absonderung. Mit 2 Taf. — E. Becher u. (. Ludwig, Mitthlg.
e. Gesetzes, w. d. chem. Zusammensetzg. d. Unterkiefer-Speichels
b. Hunde bestimmt. — (, Rahn, Unters. üb. Wurzeln u. Bahnen ete.
Herausg. von M. v. Frey,
. Laplace, Jvory, Gauss, Abhandlgen üb. d. Anziehung homogener
Ellipsoide, /1782—1812). Herausg. von A, Wangerin.
. Huyghens, Abhandlung üb. d. Licht. Herausg. von E. L’ommel.
. Liebig u. Wöhler, Untersuchungen üb. d. Radikal d. Benzoesäure.
. Liebig, Üb. d. Constitution d. organischen Säuren.
. Hittorf, Über d. Wanderung der Jonen bei der Elektrolyse.
. Lavoisier u. Laplace, Über die Wärme.
Wilhelm Engelmann.