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Full text of "Chemische Untersuchungen über die Vegetation"

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Saussure, Nicglas 
Th&odore de | a 

Chemische unter- 
suchungen 


BREUER 


Die Klassiker der exakten Wissenschaften umfassen 
ihrem Namen gemäss die rationellen Naturwissenschaften, von der 
Mathematik bis zur Physiologie und enthalten Abhandlungen aus 
den Gebieten der Mathematik, Astronomie, Physik, Chemie 
einschliesslich Krystallkunde) und Physiologie. 

Die allgemeine Redaktion führt Dr. W. Ostwald, o. Professor 
an der Universität Leipzig; die einzelnen Ausgaben werden durch 
hervorragende Vertreter der betreffenden Wissenschaften besorgt. 
Für die Leitung der einzelnen Abtheilungen sind gewonnen worden: 
fir Astronomie Prof. Dr. Bruns (Leipzig), für Mathematik Prof. Dr. 
Wangerin (Halle), für Krystallkunde Prof. Dr. Groth (München), 
für Pflanzenphysiologie Prof. Dr. W. Pfeffer (Leipzig), für Physik 
Prof. Dr. Arth. von Oettingen (Dorpat). 

Der Preis für den Druckbogen & 16 Seiten ohne etwaige 
textliche Abbildungen ist auf „4 —.25 festgesetzt. 


Erschienen sind: 


Nr. 1. H. Helmholtz, Erhaltung: der Kraft. (1847.) (60 S.) 80 2. 

. €. F. dauss, Lehrsätze in Beziehung auf die im verkehrten Verhält- 
nisse des Quadrats der Entfernung wirkenden Anziehungs- und Ab- 
stossungskräfte. (1840.) Herausg. von A. Wangerin. (60 S.) 80.9. 

» 3. J. Dalton u. W. H. Wollaston, Abhandlungen zur Atomtheorie. 
(1803—1808). Herausg. v. W.Ostwald. Mit1 Taf. (80 S.) 502. 

. Gay-Lussae, Jod. (1814.) Herausg. v. W. Ostwald. (525.) 80 2. 

. €. F. Gauss, Flächentheorie. (1827.) Deutsch herausg. v. A. Wan- 
gerin. (62 8.) 80 2. 

» 6. E. H. Weber, Über die Anwendung der Wellenlehre auf die Lehre 

vom Kreislaufe des Blutes ete. (1850.) Herausg. v.M. v. Frey. Mit 
1 Taf. (468) #4 1.—. 

» 7. F. W. Bessel, Länge d. einfachen Secundenpendels. Herausg. von 
RB. Bruns. Mit 2 Taf. (1718) # 3.—. 

» 8. A. Avogadro u. Ampere, Abhandlungen zur Molekulartheorie. 
(1811 u. 1814.) Mit 3 Taf. Herausg. v. W.Ostwald. (50 S.) 
AL. 

» 9. H. Hess, Thermochemische Untersuchungen. (1839—1842.) Herausg. 
v.W.Ostwald. (1028.) # 1.60. 

» 10. F. Neumann, D. mathem. Gesetze d. inducirten elektrischen Ströme. 
(1845.) Herausg. v. C. Neumann. (96 8.) „# 1.50. 

» 41. Galileo Galilei, Unterredungen u. mathematische Demonstrationen 

über zwei neue Wissenszweige etc. (1638.) 1. Tag mit 13 u. 
2. Tag mit 26 Fig. im Text. Aus d. Italien. übers. u. herausg. v. 
A. v. Oettingen. (142S) #3.—. 


Fortsetzung auf der dritten Seite des Umschlages. 


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EN 


CHEMISCHE UNTERSUCHUNGEN 


über die 


VEGETATION 


THEOD. DE SAUSSURE. 


in nova fert animus mutatas dicere form 


Di! Mer (nam vos mutastis et illas 
As spira ıte meis 


Ovid. lib. I. Met. 


PARIS 
Buchhändler, rue du Jardinet, No. 2., im Jahr XI. 
(1504.) 


Bei Nyon We., 


Mehrere soeitz7 
von 


Dr. A. Wieler. 


[Zweite Hälfte.] 


LEIPZIG 
VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 
1590. 


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[162] Fünftes Kapitel. 


Vom Humus. 


Sl. 


Untersuchungen über die Zusammensetzung des Humus. 


Ich verstehe unter dem Namen Humus jene schwarze Sub- 
stanz, mit welcher sich die todten Gewächse bedeeken, wenn sie 
der vereinigten Wirkung des Sauerstofigases und des Wassers 
ausgesetzt sind. Die Versuche, über welche ich im vorhergehen- 
den Kapitel berichtet habe, bezweckten, den Nachweis zu führen, 
dass diese Substanz nicht das Ergebniss einer Verbindung des 
Sauerstoffgases mit der todten Pflanze, sondern der Ueberrest 
des Gewächses nach Abzug einiger seiner Bestandtheile ist. 

Für die meisten meiner Untersuchungen benutzte ich fast 
reinen Humus, der durch ein enges Sieb von dem grössten Theil 
der nicht zersetzten, mit ihm immer vermischten Pflanzentheile 
befreit wurde. [163] Er enthielt kaum etwas anderes als die 
mineralischen Bestandtheile, welche aus der Pflanze, die sie ge- 
bildet hatte, stammten. Ich nahm ihn von hohen Felsen oder 
aus Baumstämmen,, wo er durch fremde Substanzen, welche 
der Zugang von Thieren, der Dünger und der Absatz von 


.Quellen gewöhnlich in den Boden einführen, nieht verändert 


werden konnte. Diese Humusarten scheinen mir fruchtbar zu 
sein, besonders wenn sie mit einer grossen Menge Sand oder 
Kies vermischt sind, der den Wurzeln als Stütze dient und dem 
Sauerstoffgas Zutritt gestattet; doch nehme ich den Humus 
aus, welcher sich im Stamm gewisser Bäume wie der Eiche 
bildet. Wenn das Wasser keinen Abfluss hat, so ist der Humus 
mit einer überreichlichen Menge Extractivstoffe beladen, welche 
die Gefässe der Pflanzen verstopfen. Diese löslichen Bestand- 
theile stammen in diesem Falle nicht in ihrer Gesammtheit aus 
dem Humus selbst, sondern zum Theil aus dem lebenden Baume 
und sind dann nicht für die Ernährung aller Gewächse geeignet. 

Die folgenden Operationen geben uns einen Ueberblick über 
die Verschiedenheiten, welehe man im Allgemeinen zwischen der 


1* 


4 Theod. de Saussure. 


Zusammensetzung des Humus und derjenigen der Pflanzen, aus 
welchen er stammt, beobachten kann. 

[164| Destillation des Eichenholzes. 10,614 Gramm 
(200 Gran) trockenes Eichenholz lieferten bei der bis zur Glüh- 
hitze fortgesetzten Destillation in einer zugekitteten Glasretorte 
229,3 Cubikeentimeter (116 Cubikzoll) Kohlenwasserstofigas + 
575 Cubikeentimeter (29 Cubikzoll) kohlensaures Gas + 4,25 
Gramm ($S0 Gran) Wasser, welches holzessigsaures Ammoniak 
mit einem Ueberschuss an Holzessig in Lösung hielt, + 589 
Milligramm (13 Gran) brenzliches bituminöses Oel. Die in der 
Retorte verbleibende Kohle wog 2,23 Gramm (42 Gran); sie 
enthielt 26 Milligramm (4 Gran) Asche. 

Destillation von braunem Humus aus Eichenholz. 
10,614 Gramm (200 Gran) trockener Humus aus Eichenholz, 
welcher wie das vorhergehende Holz destillirt wurde, gaben 2456 
Cubikeentimeter (124 Cubikzoll) Kohlenwasserstofigas + 673 
Cubikcentimeter (34 Cubikzoil) kohlensaures Gas + 2,81 Gramm 
(53 Gran) Wasser, das holzessigsaures und kohlensaures Ammo- 
niak gelöst enthielt, + 530 Milligramm (10 Gran) brenzliches 
bituminöses Oel. Die in der Retorte verbleibende Kohle wog 
3,13 Gramm (59 Gran); sie enthielt 424 Milligramm (S Gran) 
Asche. 

[165| Destillation ganzer Pflanzen von Rhododen- 
dron ferrugineum. 10,614 Gramm getrocknete Pflanzen lie- 
ferten nach der Destillation in einer zugeschmolzenen Glasretorte 
bis zur Glühhitze 1952 Cubikcentimeter (100 Cubikzoll) Kohlen- 
wasserstoffgas + 634 Cubikcentimeter (32 Cubikzoll) kohlensaures 
Gas + 3,34 Gramm (63 Gran) Wasser, welches holzessigsaures 
Ammoniak mit einem Ueberschuss an Holzessig enthielt, + 1,7 
Gramm (32 Gran) brenzliches bituminöses Oel. Die in der Re- 
torte zurückgebliebene Kohle wog 2,813 Gramm (53 Gran) ; sie 
enthielt 159 Milligramm (3 Gran) Asche. 

Destillation des schwarzen Humus von obigem 
Rhododendron. 10,614 Gramm (200 Gran) des getrockneten 
und biszur Glühhitze destillirten Humus lieferten 2040 Cubik- 
centimeter (103 Cubikzoll) Kohlenwasserstofigas + 673 Cubik- 
centimeter (34 Cubikzoll) kohlensaures Gas + 3 Gramm 
(57 Gran) Wasser, welches holzessigsaures und kohlensaures 
Ammoniak enthielt, + 557 Milligramm (11 Gran) brenzliches 
bituminöses Oel. Die Kohle des Destillationsrückstandes wog 
Ben Gramm (65 Gran); sie enthielt 689 Milligramm (13 Gran) 

sche. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 5 


Die Destillation des Humus von Gras und von der Tanne, 
sowie die dieser Pflanzen selbst, [166] lieferte mir Produete, 
welche die nämlichen Unterschiede darbieten. Hieraus geht 
hervor, dass die unzersetzten Gewächse bei gleichem Gewichte 
mehr Sauerstoffgas und weniger Kohlenstoff als ihr Humus ent- 
halten ; wir wissen jedoch nicht, ob der Kohlenstoff in demselben 
gänzlich an die anderen Bestandtheile gebunden ist. 

Das Stickgas findet sich in viel grösserem Verhältniss in dem 
Humus als in der unzersetzten Pflanze. Dies Ergebniss kann 
nicht überraschen, da die in Berührung mit der Luft gährenden 
Gewächse fast kein Stickgas entwickeln. Indessen kann man 
nicht dieser einzigen Ursache alles kohlensaure Ammoniak zu- 
schreiben, welches ich bei der Destillation erhielt; ohne Zweifel 
rührt es zum Theil von den Insecten her, welche im Humus 
leben und ihre Abfälle in demselben zurücklassen. 

Der berühmte Klaproth gewann bei der Destillation des 
Torfs Producte*), welche unzweifelhaft nur sehr wenig Stick- 
gas enthielten, weil der Holzessig in überreicher Menge vorhan- 
den war. Aber der Torf kann nicht als ein wirklicher Humus 
betrachtet werden. Er ist der Rückstand bei der im stagniren- 
den Wasser und zum Theil ohne Berührung mit Luft stattfinden- 
den Zersetzung der Gewächse; [167] denn in diesem Fall ent- 
wickeln sie Stickstoff in der Gestalt eines Gases. Der Torf scheint 
eine geringere Menge Kohlenstoff zu enthalten, als der ausge- 
gebildete Humus. Man vergleiche die Verkohlungen des Humus 
Nr. 8, 15 und 19 mit denen des Torfes Nr. 32 und folgende in 
der diesem Kapitel angehängten Tabelle. 

Die Säuren äussern in einem Gemisch mit Humus keine 
merkliche Wirkung, sie rufen in demselben kein Aufbrausen 
hervor, sie lösen den Humus nicht vollständig, sie beladen sich 
mit einem Theile des Eisens und der erdigen Bestandtheile, 
welche er enthält, aber mit sehr wenig der vegetabilischen Sub- 
stanz; die concentrirte Salz- und Schwefelsäure verwandeln 
diese in der Wärme in Kohle und entwickeln aus ihr nach einer 
Angabe von Vauquelin Essigsäure. 

Der Alkohol löst den Humus nicht, er entzieht ihm gewöhn- 
lich eine kleine Menge Extractivstoffe und Harz, welche höch- 
stens zwei oder drei Hundertsteln vom Gewicht des Humus ent- 
spricht. 


*) Beiträge zur chemischen Kenntniss, 3. Band. 


6 Theod. de Saussure. 


Kali und Natron lösen den Humus fast gänzlich auf; er ent- 
wickelt während ihrer Einwirkung Ammoniak. Diese Lösung 
wird von Säuren zersetzt, [168], sie fällen aus derselben ein 
im Verhältniss zu dem zu dieser Operation benutzten Gewicht 
wenig reichliches, braunes, brennbares Pulver. 


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Ivy 


Ueber die Extractivstoffe des Humus. 


Der Humus ist der Hauptsache nach im Wasser unlöslich. 
Dasselbe entzieht ihm Extraetivstoffe, welche nieht mehr der 
Humus selbst sind. In den folgenden Versuchen werde ich einen 
Ueberbliek über die Extractmenge geben, welche reines Wasser, 
das auf einen fruchtbaren Boden fällt, aufnimmt. 

Ich füllte ein grosses Gefäss mit fast reinem Grashumus und 
begoss denselben so lange mit destillirtem oder Regenwasser, bis 
er nichts mehr aufnehmen konnte; nach fünf Tagen wurde er 
der Wirkung einer Presse unterworfen. Zehntausend Gewichts- 
theile ausgepresste und filtrirte Flüssigkeit lieferten beim Ein- 
dampfen bis zur Trockenheit ein sechsundzwanzig Gewichts- 
theile wiegendes trockenes Extract. 

Denselben Versuch stellte ich die gleiche Zeit über mit der 
schweren Erde aus einem Gemüsegarten, der mit Mist gedüngt 
worden war, an. Zehntausend Gewichtstheile ausgepresstes 
Wasser lieferten ein trockenes Extract von zehn Gewichts- 
theilen. 

169) Dasselbe Experiment unter gleichen Verhältnissen mit 
dem leichten Boden eines Feldes, das eine schöne Getreideernte 
brachte, wiederholt, gab auf zehntausend Theile Wasser vier 
Theile Extract. 

Der Humus war vor dem Versuch troeken, und das zu seiner 
Benetzung benutzte Wasser enthielt kein kohlensaures Gas. 
Aber das Wasser verhielt sich nieht mehr ebenso, als es dem 
Humus nun wieder entzogen wurde; da trübte es Kalkwasser 
durch Bildung von kohlensaurem Kalk, aber nicht viel stärker als 
die gewöhnlichen Quellwasser. Hundert Cubikzoll Humuswasser, 
welches gleich in die Retorte ausgepresst worden war, in welcher 
ich dasselbe unmittelbar nach der Auspressung einer Kochung 
unterzog, lieferten eine Luft, die allerhöchstens 2 Cubikzoll 
kohlensaures Gas enthielt. Diese Bestimmung kann nicht sehr 
genau sein, aber andere Beobachtungen deuten daraufhin, dass 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 3 


die Menge kohlensaures Gas, welches die Wurzeln aus einem ge- 
wöhnlichen Boden schöpfen, nicht beträchtlich ist. 

Bringt man in einen Ballon den ganzen oberen Theil einer 
grünen in Humus wurzelnden Pflanze und schliesst sorgfältig 
den Hals dieses Gefässes an der Ursprungstelle des Stengels, so 
kann man erst nach mehreren Tagen oder selbstmehreren Wochen 
[170| eine kleine Verbesserung der Luft im Ballon bemerken, 
obgleich das Volumen des durch die Blätter ausgehauchten 
Wassers sehr gross war. 

Die Extraetmenge, welche kochendes Wasser aus reinen, 
natürlichen*) und auf freiem Felde gebildeten Humusarten ab- 
scheiden kann, ist unbedeutend. Ich unterwarf diese Humus- 
arten zwölf auf einander folgenden Abkochungen, von denen 
jede eine halbe Stunde dauerte und mit einer das vierund- 
zwanzigfache des Gewichtes des Humus übertreffenden Menge 
Wasser angestellt worden war. Die Extraetmenge, welche ich 
durch alle diese Operationen sammeln konnte, überstieg den 
elften Theil des Gewichtes des Humus nicht, häufig war sie 
viel geringer. Mir schien ein reiner Humus, der nach den 
zwölf erwähnten Abkochungen eine Extractmenge gleich dem 
elften Theil seines Gewichtes lieferte, unter gleichen Verhält- 
nissen für Saubohnen und Erbsen weniger fruchtbar zu sein als 
derselbe Humus, der nur die Hälfte oder zwei Drittel der ange- 
gebenen Extractmenge enthielt. 

(171] Wenn die Extractmenge, welche der Humus besitzen 
muss, um eine schöne Vegetation zu unterhalten, nicht zu gross 
sein darf, so darf sie auch nicht zu klein sein. Ich unterwarf 
einen fast reinen Humus zwölf auf einander folgenden Ab- 
kochungen unter Erneuerung des Wassers; in zwei mit ihm 
gefüllte Blumentöpfe säete ich Saubohnen, Erbsen und Gersten- 
körner und begoss sie mit Regenwasser, dessen Reinheit der- 
jenigen des destillirten Wassers gleichgesetzt werden konnte. 
Gleiche Samenkörner sind zur nämlichen Zeit in zwei den vor- 
hergehenden gleichen und mit demselben Humus gefüllte Töpfe 
gesäet worden; diesem Humus war jedoch sein Extraet nicht 
entzogen worden. Die Pflanzen trugen in beiden Versuchen 


*) Ich verstehe unter dieser Bezeichnung einen Humus, der nach 
seiner Verbrennung nur eine kleine Menge Asche hinterlässt, die nicht 
den zehnten Theil seines Gewichtes übersteigt. Auch setze ich vor- 
aus, dass der Humus nicht durch Dünger verbessert, noch durch eine 
künstliche Anhäufung von Gewächsen, welche zu gleicher Zeit abge- 
storben sind, gebildet wurde. 


S Theod. de Saussure. 


fruchtbare Samen, aber das Gewicht dieser Pflanzen und ihrer 
Samen war um ein Viertel grösser, wenn sie in dem mit seinem 
Extraect versehenen, als wenn sie in dem erschöpften Humus ge- 
wachsen waren. Indessen veränderte die Wirkung der Ab- 
kochungen seine äusseren Kennzeichen nicht; man kann ihn 
mit dem Auge und beim Berühren nicht von demjenigen unter- 
scheiden, der sein Extract behielt. Nur schien mir der er- 
schöpfte Humus eine grössere Menge Wasser einsaugen und an 
sich halten zu können. 

Hundert Theile trockner und seiner löslichen Bestandtheile 
zum grössten Theil beraubter Humus 172] konnte 477 Theile 
Wasser zurückhalten. 

Der trockene, nicht gewaschene Humus konnte höchstens 
400 Theile zurückhalten. 

Hierin verhält sich der Humus wie das Holz, er kann durch 
das Wasser nicht vollständig seiner Extractstoffe, wenigstens 
unter unseren Augen und in Berührung mit Luft, beraubt wer- 
den. Die ersten Macerationen oder Abkochungen entziehen ihm 
mehr Extract als die folgenden, aber bald gelangt man an einen 
Punkt, wo er eine constante Menge liefert, welche sich nicht 
mehr merklich vermindert. Wenn man den befeuchteten Humus 
der lange andauernden Einwirkung der äusseren Luft aussetzt, 
erleidet er, nachdem er dies Maximum der Erschöpfung erreicht 
hat, eine Veränderung, kraft welcher er eine grössere Menge Ex- 
tract als bei der vorhergehenden Abkochung liefern kann. Zehn- 
tausend Gewichtstheile trocknen schwarzen Humus von Rhodo- 
dendron ferrugineum, welche nach der Verbrennung 65 Theile 
Asche lieferten, wurden mit dem vierundzwanzigfachen ihres 
Gewichtes an destillirtem Wasser gekocht, diese Abkochung 
lieferte nach der Filtration ein 250 Theile wiegendes Extraet. 
Dasjenige der 9. Abkochung wog 40 Theile. Die 10.und 11. Ab- 
kochung gaben getrennt eine gleiche Menge. Der bis zu diesem 
Grade erschöpfte und befeuchtete Humus wurde drei Monate 
lang geschützt vor Staub der Wirkung der Luft ausgesetzt. [173] 
Nach diesem Zeitpunkt wurde er einer 12. Abkochung gleich der 
vorhergehenden unterworfen und lieferte ein 58 Theile wiegendes 
Extract. Maceration in kaltem Wasser bringt übereinstimmende 
Wirkungen hervor. Diese lange Zeit fortgesetzten und mehr als 
fünfzig Mal mit demselben schon durch die Abkochungerschöpften 
Humus wiederholten Macerationen riefen immer wenigstens in 
Berührung mit Luft durch ein sehr lösliches Extraet gefärbte 
Aufgüsse hervor. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 9 


Der durch die Abkochung zum Theil seiner Extractivstoffe 
beraubte Humus liefert bei der Destillation nahezu dieselben 
Producte wie der nicht erschöpfte Humus, nur ist die Menge der 
bei dieser Operation zurückbleibenden Kohle ein wenig beträcht- 
licher in dem theilweise erschöpften Humus. Hundert Theile 
dieses letzteren lieferten 334 Theile Kohle, die 51 Theile Asche 
enthielt. Hundert Theile des nämlichen, aber mit seinem Extract 
versehenen Humus lieferten bei der gleichen Operation 31 Gran 
Kohle, die 64 Theile Asche enthielt“). Diese Zunahme in dem 
Verhältniss des Kohlenstoffs des Humus liegt zwischen sehr 
engen Grenzen. |174| Als ich von Neuem diesen erschöpften 
Humus mehreren auf einander folgenden Abkochungen unter- 
warf, konnte ich das Kohlenstoffverhältniss nicht vergrössern, 
obgleich ich durch diese Operationen eine grosse Menge Ex- 
tract auszog. 

Das Humusextraet zerfliesst nicht ; bei der Destillation liefert 
es kohlensaures Ammoniak. Die der Syrupconsistenz genäherte 
wässerige Lösung dieses Extractes ist weder alkalisch noch sauer; 
sie hat einen zuckerigen Geschmack, an der Luft bildet sie einen 
Niederschlag, nach einigen Augenblicken wird sie durch Kalk- 
wasser, kohlensaures Kali und die meisten metallischen Lösungen 
getrübt. Wenn man sie mit Alkohol mischt, wird ein Theil ge- 
löst und ein anderer unlöslicher davon getrennt. Der in Alkohol 
lösliche Stoff zerfliesst leicht. Das durch die ersten Macerationen 
des Humus mit Wasser gewonnene Extract enthält bei gleichem 
Gewicht ein grösseres Maass des zerfliesslichen Stoffes als das 
durch die folgenden Macerationen gewonnene Extraect **). 


[175] 83. 
Von den im Humus enthaltenen Salzen. 


Die Reagentien lassen gewöhnlich durch ihren einfachen Zu- 
satz zu dem Aufguss eines natürlichen, auf freiem Felde gebildeten 
Humus keine nennenswerthen Mengen von Kali, salzsauren und 


*) Man sehe die zu diesen Verkohlungen benutzten Verfahren in 
der Anmerkung am Ende dieses Kapitels. 

**, Ich weiss nicht, ob dieser zerfliessliche extrahirte Stoff durch 
den nicht zerfliesslichen Stoff, der reichlich vorhanden ist, so einge- 
hüllt wird, dass er verhindert wird, aus der Luft Feuchtigkeit anzu- 
ziehen, oder ob der Alkohol in den Extractstoffen eine neue Verbin- 
dung bedingt. 


10 Theod. de Saussure. 


schwefelsauren Alkalien entdecken, wenn er nichts von ihnen 
aus dem Untergrunde, auf welchem er ruhte, aufgenommen hatte. 
Die meisten der in den Gewächsen enthaltenen alkalischen Salze 
verrathen ihre Gegenwart nur durch den Verbrennungsrück- 
stand; ebenso verhält es sich mit den in dem Humus enthaltenen 
Salzen. 

Mehrere Schriftsteller glaubten, dass die Pflanzen sich selbst 
die Salze, welche sie enthalten, schaffen, weil die Asche der 
meisten natürlich vorkommenden Humusarten keine Salze an 
kochendes Wasser abgeben. Diese Schlussfolgerung ist un- 
zweifelhaft voreilig. Alle von mir geprüften Humusarten ent- 
hielten alkalische Salze, obgleich ihre Aschen oft für Wasser 
unangreifbar waren. Diese Salze wurden jedoch in der Asche 
durch eine halbe Verglasung mit erdigen Stoffen zurückgehalten, 
da diese letzteren überreichlich vorhanden waren. Hundert 
Theile Grashumus lieferten mir bei der Verbrennung fünfzig 
Theile Sand oder Asche, [176) welche an kochendes Wasser keine 
salzigen Bestandtheile abgaben. Aber 100 Theile des trocknen 
Extractes von dem nämlichen Humus lieferten 14 Theile Asche, 
und 100 Theile dieser letzteren bildeten mit kochendem Wasser 
eine Lauge, welche 25 Theile Salze, nämlich freies Kali, salz- 
saure und schwefelsaure Alkalien enthielt. Eine weitere Analyse 
zeigte mir, dass das Wasser nur die Hälfte der in dieser Asche 
enthaltenen Salze ausgezogen hatte. 

Hundert Theile Rhododendron-Humus enthielten 64 Theile 
Asche. Hundert Theile dieser Asche konnten an das Wasser 
nur 4 Theil alkalischer Salze abgeben. Hundert Theile Asche 
von dem Extraet dieses nämlichen Humus gaben an das Wasser 
ein Drittel ihres Gewichtes an alkalischen Salzen ab und es 
fehlte noch viel, dass diese Flüssigkeit sie vollständig ausge- 
zogen hätte. 

Ich stellte dieselben Versuche mit sechs anderen sehr ver- 
schiedenen Humusarten an, sie lieferten mir alle übereinstim- 
mende Ergebnisse. 

[177] Sa. 


> 


Ueber die Veränderungen, welche das Sauerstoffgas durch seine 
Berührung mit dem Humus erleidet. 


Der Humus ist der Rückstand einer verfaulten Substanz, aber 
er ist selbst nicht mehr der Fäulniss fähig. Er kann sogar als 
Antisepticum betrachtet werden; denn die Extractivstoffe, welche 


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Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 11 


er enthält, sind isolirt fähig, in die faulige Gährung überzugehen ; 
sie unterliegen derselben nicht, wenn sie mit dem Humus ver- 
einigt bleiben. Ich hielt ein Jahr lang reine, nicht erschöpfte 
Humusarten in mit Wasser gefüllten und mit Quecksilber abge- 
schlossenen Recipienten; sie gaben dort kein Gas von sich ausser 
vielleicht jener kleinen Menge kohlensaures Gas, mit welcher 
sich das Wasser, das sie bedeckte, beladen konnte. 


Man kann nicht daran zweifeln, dass der Humus, wenn man 
seine salzigen und erdigen Bestandtheile ausnimmt, durch die 
vereinigte Wirkung der Luft und des Wassers vollständig zer- 
störbar ist. Ohne mich zum Beweis dessen auf kleinliche Unter- 
suchungen zu beziehen, kann ich nichts besseres thun, als die 
Beobachtungen meines Vaters (Voyages dans les Alpes $ 1319) 
über den Humus, welcher die Ebenen zwischen Turin und Mai- 
land bedeckt, und dessen Cultur bis ins graueste Alterthum zu- 
rückgeht, hierherzusetzen. 


[178] »Die geringe Dicke der Humusschicht, welche man in 
diesen Ebenen wahrnimmt, scheint mir daher zu beweisen, dass 
man die Menge dieser Erde nicht als einen Maasstab für die 
Zeit betrachten kann, welche verstrichen ist, seitdem das Land 
anfıng, Gewächse hervorzubringen; denn in einem Raume von 
10 Meilen zwischen Turin und St. Germano sah ich sie nirgends 
bis zur Dieke von einem Fuss gehen. Nun beweist aber meines 
Erachtens die Geringfügigkeit dieser Menge, dass diese Erde 
einer Zersetzung unterworfen ist, die ihrer Zunahme eine Grenze 
setzt; denn wie erklärt es sich ohne diese Zersetzung, dass ein 
flaches fruchtbares und seit mehr denn dreitausend Jahren eulti- 
virtes Land nicht eine diekere Humusschicht besitzt? 

»Diese Zerstörbarkeit des Humus ist eine über jede Ausnahme 
erhabene Thatsache, und die Ackerbauer, welche den Dünger 
durch häufiges Umpflügen ersetzen wollten, haben die traurige 
Erfahrung davon gemacht. Sie haben gesehen, dass ihre Land- 
güter allmählich verarmten, und dass ihre Felder durch die Ver- 
niehtung des Humus unfruchtbar wurden. « 

»Da also diese Erde zerstörbar ist, so muss die Menge, 
welche zerstört wird, bis zu einem bestimmten Grade ihrer ab- 
soluten Menge proportional sein, 179) und da andererseits die 
jährlich gebildete Menge begrenzt ist, so muss ihre Zunahme 
nothwendig bestimmte Grenzen haben. « 

»Die Grenzen dieser Zunahme müssen nach dem Klima, nach 
der Natur und der Lage des Grundes, welcher dem Humus als 


1? Theod. de Saussure. 
Unterlage dient, nach den Pflanzen, welche auf ihm wachsen, 
nach der Art der Cultur, welche man ihm angedeihen lässt, und 
schliesslich nach der Fruchtbarkeit des Landes verschieden sein. 
Aber selbst wenn die Ursachen, welche darauf hinzielen, die 
Dicke dieser Erdschicht zu vergrössern, sich vereinigt fänden, 
so könnte man nicht zweifeln, dass sie schliesslich ein gewisses 
Maximum erreichen würde, über welches hinaus die zersetzen- 
den Ursachen, welche den bildenden gleich geworden sind, ihr 
eine weitere Zunahme nicht gestatten würden. « 

Reine mit destillirtem Wasser imbibirte Humusarten, die in 
mit atmosphärischer Luft oder Sauerstofigas gefüllten und mit 
Quecksilber abgesperrten Reeipienten eingeschlossen waren, bil- 
deten in denselben kohlensaures Gas, indem sie das Sauer- 
stoffgas zum Verschwinden brachten; niemals jedoch konnten 
sie das Volumen dieser Atmosphäre um eine grössere Menge als 
das Volumen des Wassers, welches sie zu befeuchten diente, 
verkleinern, welches auch immer die Menge des Humus und die 
Dauer des Versuches war; |180] dieser wurde einige Male 
länger als ein Jahr fortgesetzt. Wenn dies Wasser vorher mit 
kohlensaurem Gas imprägnirt worden war, änderten die Humus- 
arten das Volumen ihrer Atmosphäre nicht. Das verbrauchte 
Sauerstofigas fand sich in genau gleicher Menge in dem gebil- 
deten kohlensauren Gas wieder, und es wurde weder Wasser- 
stoff noch Stickgas entwickelt. 

Augenscheinlich geht aus diesen Versuchen hervor, dass der 
Humus das atmosphärische Sauerstoffgas weder bindet noch ver- 
braucht. Die Wirkung des letzteren beschränkt sich blos dar- 
auf. dem Humus Kohlenstoff zu entziehen. 

Um die soeben mitgetheilten Ergebnisse zu erhalten, darf der 
Humus nicht mit eisenhaltigen oder thonigen Absätzen beladen 
sein. Das in diesen Absätzen enthaltene unvollkommen oxydirte 
Eisen verbindet sich in der That mit dem Sauerstofigas; aber 
diese Wirkung wird jedoch nicht durch den Humus, noch durch 
die reinen Erden, noch selbst durch das Eisen und Mangan, 
welche mit dem pflanzlichen Theil des Humus in Verbindung 
treten, und welche durch die Einäscherung in demselben angezeigt 
wurden, hervorgerufen. 

Das Sauerstoffgas entzieht dem mit seinen Extraetivstoffen 
versehenen Humus eine grössere Menge Kohlenstoff als demjeni- 
gen, der durch Abkochungen derselben beraubt ist. 

Dieser letztere bildete bei gleichem Gewicht mit dem atmo- 
sphärischen Sauerstoff die Hälfte weniger an kohlensaurem Gas 
als der nämliche nicht erschöpfte Humus. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 13 


[181] Der befeuchtete und in Gefässen, welche die Extractiv- 
stoffe nicht entweichen lassen, eingeschlossene Humus verliert, 
im trockenen Zustand betrachtet, einen Theil seines Gewichtes 
durch die Berührung mit dem Sauerstoffgas, und dieser Verlust 
ist grösser als das Gewicht des Kohlenstoffs, welcher ihm durch 
dies Gas entzogen wird. In einer Glaskapsel mischte ich 
30,57 Gramm (eine Unze) Rhododendron-Humus, der im Schatten 
bei einem bestimmten Grade des Thermometers und Hygrometers 
getrocknet worden war*), mit Wasser, bis er nichts mehr da- 
von aufsaugen konnte; diese Kapsel stellte ich unter einen mit 
atmosphärischer Luft gefüllten Recipienten, dessen Luft mehrmals 
erneuert und bei diesem Verfahren jedesmal eudiometrisch ge- 
prüft wurde. Der Versuch dauerte vier Monate; davon brachte 
der Humus drei unter einem Reecipienten zu, und brauchte einen 
um im Schatten in freier Luft bei dem nämlichen Grade zu 
trocknen, den er vor seiner Mischung mit dem Wasser besass. 
Dann fand ich, dass sich sein Gewieht um 849 Milligramm oder 
16 Gran vermindert hatte. [182] Während seiner Absperrung 
unter dem Recipienten brachte er 476 Cubikcentimeter (24 Cu- 
bikzoll) Sauerstoffgas zum Verschwinden und ersetzte sie durch 
das gleiche Volumen kohlensaures Gas. Demnach bildete er 
während des ganzen Versuches ungefähr 32 Cubikzoll kohlen- 
saures Gas, wenn vorausgesetzt wird, dass die Bildung des 
kohlensauren Gases während des Einschlusses und während des 
Trocknens die gleiche war.**) Da nun aber 32 Cubikzoll 
kohlensaures Gas nach Zavorsier 6 Gran Kohlenstoff enthalten, 
so muss der Humus ausser diesem Element eine 10 Gran Wasser 
entsprechende Menge Sauerstoff- und Wasserstofigas verloren 
. haben. 

Das Verhältniss des Kohlenstoffs vergrössert sich durch den 
Entzug des Wassers in dem Rückstande der Gewächse, welche 
sich in Humus verwandeln, aber der Kohlenstoff nimmt, wie ich 


*, Dieser Humus fühlte sich schon lange vollkommen trocken an; 
obgleich er nicht zerfliesslich war, schwankte sein Gewicht doch nach 
dem Stand des Thermometers und Hygrometers. 

**) Der Humus bildet wahrscheinlich weniger kohlensaures Gas 
unter sonst gleichen Umständen unter einem Recipienten als in freier 
Luft; da er aber fast keine Einwirkung auf das Sauerstoffgas in den 
letzten Stadien des Trocknens ausübt, die viel Zeit in Anspruch neh- 
men, so glaube ich, dass dasjenige kohlensaure Gas, welches ich dem 
arucknen zuschreibe, vielmehr im Ueberfluss vorhanden ist, als dass 
es fehlt. 


14 Theod. de Saussure. 


glaube, bei dieser Operation nicht in dem ausgebildeten Humus 
zu; er muss nahezu durch die Einwirkung der Luft und des 
Wassers sein Sauerstofigas, Wasserstofigas und seinen Kohlenstoff 
in dem nämlichen Verhältniss verlieren. [183] Wenn er sein 
Sauerstofigas und Wasserstoflgas in grösserem Verhältniss als 
seinen Kohlenstoff verlöre, so würde man oftmals auf einem 
seit langer Zeit von Vegetation entblössten Boden Rückstände 
finden, welche fast reiner Kohlenstoff oder Kohle sein müssten. 
Man begegnet aber niemals Derartigem, sie hefern alle bei der 
Destillation Producte, in denen der Kohlenstoff höchstens die 
Hälfte ausmacht. 

Der Kohlenstoff ist ein sehr kräftiges Antisepticum, und der 
Zustand, in dem er sich in dem Humus findet, scheint geeignet 
zu sein, diesem zum Theil jene Eigenschaft mitzutheilen. Ich 
füllte mehrere gleiche Gefässe mit verschiedenen reinen oder fast 
reinen Humusarten; in jedes der Gefässe legte ich eine gleich 
grosse Menge Rindfleisch. Derselbe Ver such wurde unter sonst 
gleichen Umständen mit Sägespänen von den Hölzern, von wel- 
chen diese Humusarten stammten, mit reiner Kohle, mit Kalk- 
sand, mit Kieselsand, mit thonigem Sande und bei freier Luft 
angestellt. Das Fleisch hielt sich ohne Veränderung ein wenig 
länger in der Kohle als in dem Humus, aber viel länger im 
Humus als in den Sägespänen, den verschiedenen Sandarten 
und als an freier Luft. [184 Es wird zum Theil aus dieser an- 
tiseptischen Wirkung des Humus ersichtlich, dass es etwas sehr 
Verschiedenes ist, ob man Pflanzen, um die Vegetation zu unter- 
halten, mit isolirten und erneuerten Extractlösungen ernährt, 
oder ob man ihnen Humus liefert. Der unlösliche Theil desselben 
verhindert die nicht zersetzten vegetabilischen Stoffe, den Pflan- 
zen in Gährung begriffene Säfte zu liefern, die der Vegetation 
stets schädlich sind. 


Rückblick. 


Der Kohlenstoff findet sich in grösserem Verhältniss im Humus 
als in den Pflanzen, aus denen dieser stammt. Indessen scheint 
das Verhältniss des Kohlenstoffs, welchen der Humus enthält, 
nicht ansehnlich durch die andauernde Wirkung derjenigen Ur- 
sachen, welche ihn bildeten, vergrössert werden zu können. 

Der befeuchtete, aber im trockenen Zustand betrachtete 
Humus verliert bei der Temperatur der Atmosphäre durch die 
Berührung mit Sauerstoffgas an Gewicht. Letzteres wird nicht 


- WU VOR E DS I 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 15 


in ihm gebunden, es vereinigt sich auch nicht mit dem Wasser- 
stoffgas des Humus, um Wasser zu bilden. Das Sauerstofigas 
entzieht ihm nur Kohlenstoff. Indem der Humus dies Element 
verliert, giebt er zu gleicher Zeit sein Sauerstofi- und Wasser- 
stoffgas in Gestalt von Wasser und einem im demselben löslichen 
Extract ab. |185] Der Humus scheint also bei der Tempe- 
ratur der Atmosphäre durch die vereinigte Wirkung des Sauer- 
stoffgases und wässeriger Abspülungen vollständig zerstörbar 
zu sein. 

Die extrahirten Säfte des Humus tragen bis zu einem gewis- 
sen Grade zu seiner Fruchtbarkeit bei; ihre Asche enthält alle 
Bestandtheile der Pflanzenasche. 


Der reine Humus ist antiseptisch. 


Anmerkung 
Ueber die V erkohlung verschiedener vegetabilischer Substanzen. 


Wenn man ein Gewächs oder einen seiner organischen Stoffe 
in einer zugekitteten Retorte destillirt, so genügt der Grad des 
Feuers, welchen dieselbe ohne zu schmelzen ertragen kann, oft 
nicht, um allen Wasserstoff, welcher mit der Kohle verbunden 
bleibt, und welcher bei höherer Wärme entbunden werden 
könnte, auszutreiben. Dies Verfahren würde indessen nicht un- 
geeignet sein, um über die relativen Mengen Kohle, welche in 
den nieht flüchtigen vegetabilischen Substanzen enthalten sind, 
ein Urtheil zu fällen, wenn bei einem höheren Grad des Feuers, 
als ihn die Retorte ertragen kann, die verschiedenen Kohlen den 
Wasserstoff stets in dem nämlichen Verhältniss zurückhielten, 


[186] Aber so verhält es sich nicht. Die vegetabilischen Sub- 


stanzen, welche wie gewisse Samen dicht sind und die Fähigkeit 
haben, durch die Wirkung des Feuers weich zu werden, halten 
den Wasserstoff in grösserem Verhältniss zurück als diejenigen, 
welche lockerer sind und nicht wie die meisten Hölzer weich 
werden. 


In den Ergebnissen, welche ich mitzutheilen im Begriffe stehe, 
überstieg der zur Verkohlung benutzte Feuerungsgrad denjeni- 
gen, welcher Silber in Fluss hält; und da das Gewicht der ver- 
schiedenen Kohlen sich nicht änderte, als sie einer höheren 
Temperatur unterworfen wurden, habe ich Grund zu glauben, 
dass sie unter einander vergleichbar sind. Die Art und Weise 
das Feuer zu behandeln, oder die Zeit, welche bis zur Erreichung 


16 Th£&od. de Saussure. 


des höchsten angewandten Wärmegrades verstrich, änderte ich 
nicht. 

Um solche Verkohlungen zu bewerkstelligen, hülle ich die 
trockene vegetabilische Substanz in Papier ein, woraus ich ein 
dichtes Knäuel mache, welches in eine eylindrische Eisenbüchse 
oder in ein an einem Ende offenes, am anderen Ende geschlos- 
senes Rohr von 9 Centimeter Höhe und 4 Centimeter Weite ein- 
geführt wird. Ueber dem Knäuel bringe ich einen Eisenstöpsel 
an, der mit einem verticalen Arm versehen ist, um ihn heraus- 
zuziehen, er nimmt genau den inneren Durchmesser des Cylin- 
ders ein. Die Eisenplatte wird in dieser Stellung mit Thon fest- 
gekittet |187] und mit einer Lage Kohlenstaub und einer zweiten 
Lage Asche bedeckt. 

Nach der Operation wiege ich das verkohlte Knäuel, olıne 
es zu verändern, so lange es warm ist, und ziehe davon das Ge- 
wicht der Papierkohle ab, das durch eine vorgängige Operation 
festgestellt worden war. 

Die zum Einsammeln, Trocknen und Veraschen der Gewächse 
benutzten Vorsichtsmaassregeln sind die nämlichen, wie sie im 
Kapitel IX werden angegeben werden. 

In mehreren Fällen kann man über die relativen Mengen 
der von verschiedenen Substanzen gelieferten Kohle nur urthei- 
len, wenn man sie als aschefrei berechnet. Das Ergebniss 
dieser Berechnungen ist in der fünften Spalte der Tabelle über 
die Verkohlungen eingetragen worden. Ich führe ein Beispiel 
dafür an; 100 Gewichtstheile Humus von Tannennadeln (No. 19) 
lieferten 28 Theile Asche; 100 Theile desselben Humus ga- 
ben 524 Theile aschehaltige Kohle. Indem ich diese Asche 
von dem Humus und der Kohle abziehe und die Proportion 
100 — 28 : 52,5 — 28 = 100: x ansetze, finde ich, dass 
100 Theile dieses aschefreien Humus 34 Theile Kohle geliefert 
haben würden. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 17 
Verkohlungen 
: ee Gewichtder 
Gewicht Gewicht N 
No. Bezeichnung | der von er = 
der Ver- 100 Theilen | 100 Theilen | nam 
k der Trocken- | Trocken- eh Bee 
oh- substanz substanz Kohl: 2 En 
lung Substanzen gelieferten | enthaltenen Ab g wi 
Kohle | Asche un, 
| $ | Asche 
1 | Eichenholz (Quercus robur), 19,75 0,2 19,69 
vom Splint getrennt | 
2 |Rinde zu dem vorstehenden | 17,5 0,4 |. 17,86 
Holz gehörig 
3 | Holz und Rinde der vorstehen- | 16,75 0,2 | 16,54 
den Eiche, durch wieder- | 
holte Abkochungen vom | 
Extract befreit 
4 |Rinde des Stammes der vor- 26 5 DA 
stehenden Eiche 
5 | Bast vorstehender Rinde 24,8 3,2 19,82 
Rinde von Eichenzweigen von | 26, 21,92 
1 Centimeter (5 — 6 Linien) 
Durchmesser 
7 | Berindete Eichenzweige von| 17 0,4 16,66 
1 Centimeter (5 —6 Linien) 
Durchmesser 
8 | Brauner Humus v. Eichenholz | 28,5 25,44 
9 |Eichenholz, welches ohne| 20 6,8 14, 
Luftberührung durch Fäul- 
niss weiss geworden war 
10 Im Mai gesammelte Eichen- | 30 5,3 26,1 
blätter 
11 |Im September gesammelte | 26 5,5%. 1,,621.69 
Eichenblätter 
12 | Levantische Galläpfel 30 2 28,57 
13 Kork 22 0,87 21,31 
14 |Ganze Pflanzen von Rhodo- 23,5 1,6 22,5 
dendron ferrugineum 
15 ‚Schwarzer aus vorstehender 31 6,5 26,2 
Pflanze gebildeter Humus 
16 |Der nämliche Humus, aber | 33,25 5,25 28,58 
dureh wiederholte Abkoch- 
ungen seines Extractes be- 
raubt | 


Ostwald’s Klassiker. 


16. 


190] 


191) 


18  — Theod. de Saussure. 


FT 


Verkohlungen 


| Gewicht Gewicht | Gewicht der 


No. Bezeichnun der von der in |Y0n100 Thei- 
derer: 5 100 Theilen | 100 Theilen |1®" ae Sn 
en: der Trocken- Trocken- ei orte 
koh- substanz substanz Eh Sn h 
lung Substanzen gelieferten | enthaltenen Ab © "ae 
Kohle Asche de h: a 
| R HR u]: | Asche 
1 — = mn 
17. | BerindetesHolzvonder Tanne 20, 0,34nach| 19,72 
(Pinus abies) Kirwan 
1S ‚Blätter vorstehender Tanne | 24,5 3 22,16 
19 | AusdenBlättern vorstehender 52,5 28 34 
Tanne gebildeter Humus 
20 \ VomSplintgetrenntesHolzdes| 23,25 A Rad Ba >: 
Maulbeerbaums (Morus nigra) | 
21 |Splint zudiesem Holz gehörig| 17,25 1,8. 
22 |Rinded.vorstehendenBaumes| 25 s,9 17,65 
23 \ Bast dieser Rinde 18,1 5,8 10,19 
24 | Berindete Zweige vom Hasel-| 16,5 05 1. .16,08 
strauch (Corylusavellana'v. | 
1 Centim. (5 Linien) Durchm. 
25 | Rinde dieser Zweige 25,6 6,2 20,68 
26 | Blätterd. vorstehendenHasel-| 29,25 5,8 24,9 
strauches, im Mai gesammelt 
27 \ Dieselben, im Juni gesammelt | 29,5 6,2 24,84 
28 | Dieselben, im September ge-| 28 7 22,58 
sammelt 
29 | Holz der Hainbuche (Carpinus 17,75 0,6 17,25 
betulus) 
30 | Zu diesem gehöriger Splint 17,3 0,7 16,92 
Bei diesem 
Baum war 
der Splint 
“sehr wenig 
vom 
Holz unter- 
schieden. 
31 \Rinded. vorstehendenBaumes| 30,5 13,5 19,74 
32 |Torf, von Klaproth analysirt| 38,75 | 18,5 23,62 
| Diese in 
| einer Glas- 
‘ retorte vor- 
| genommene 
Verkohlung 
kann nicht 
| vollendet ge- 
| wesen sein. 


192] 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 19 


Verkohlungen 


Gewicht Gewicht Gewicht der 


No. Bezeichnung | der von dor in | Vo 
der Ver- | 100 Theilen | 100’ Theilen er 
Eoh der Trocken- | Trocken- EZ 
oh- nn ; gelieferten 
x substanz substanz | Kon EN 
lung Substanzen | gelieferten | enthaltenen Ah: Pac 
Kohle Asche zug der 
| | Asche 
33 | Holländischer Torf 34,25 21,3 16,45 
34 | Weizenpflanzen, den 1. Mai,| 25 1,9 18,56 
einen Monatvorihrer Blüthe 
geerntet 
35 \ Dieselben in Blüthe, d.14.Juni| 25 54 20,71 
36 \Dieselben, reife Samen tra-| 26,6 3,3 19,95 
gend, den 22. Juli 
37 |Stroh der vorstehenden Pflan-| 23,6 4,3 20,13 
zen, von den Körnern ge- 
trennt ; 
38 | Körner vorstehender Pflanzen | 20,5 1,3 19,45 
39 | Weizenmehl 19,5- 0,82 18,83 
40 | Kleie 23,25 52 19,04 
41 | Stärke 10,75 0,16 10,6 
42 | Kleber 22,75 1,25 21,17 
43 | Gummi arabicum Is 2,5 15,64 
44 | Traganthgummi 16,75 > 15,05 
45 Kıystallisirter Zucker 13:5 A FO 18,41 
- | | 
46 | Weisses ungeleimtes Papier Na 3 | 0,88 10,2 
| | 
47 Holländ. Leinewand, mehr-, 14 3 11,34 
I 


mals ausgelaugt 


[193] Der grüne Theil scheint sich von den anderen Theilen 
der Gewächse durch einen grösseren Gehalt an Kohlenstofl zu 
unterscheiden. 

Das Verhältniss des Kohlenstoffs vermindert sich in den 
grünen Theilen im Herbste; dann werden sie ihrer Schleim- und 
Extractivsäfte beraubt. Diese Stoffe sind sehr reich an Kohlen- 
stoff, da, wie man sieht, ausgewaschenes Holz, Leinwand und 
Papier dies Element nur in sehr kleinem Verhältniss enthalten. 

Das Holz enthält mehr Kohlenstoff als der Splint. 

Rinde enthält gewöhnlich mehr Kohlenstoff als Holz und 
Splint. Dies Ergebniss ist nicht für alle Bäume constant, weil 


I* 


20 Theod. de Saussure. 
die Rinde keine homogene Substanz ist; ihre Epidermis allein 
verwandelt sich bei Berührung mit Luft in Kohlenstoff. Der 
Bast und die inneren Theile des Korkes erleiden durch dieselbe 
Ursache diese Veränderung oft nicht, und das Verhältniss ihres 
Kohlenstofls schwankt bei verschiedenen Pflanzen nach Umstän- 
den, welche zu bestimmen uns unmöglich ist. 


1194| Sechstes Kapitel. 
Ueber das Verhalten der Pflanzen in sauerstoflgasfreien 
Medien. 


Indem ich mich in den beiden vorhergehenden Kapiteln mit der 
Zersetzung, welche die Gewächse nach ihrem Tode erfahren können, 
beschäftigte, unterbrach ich den Gang meiner Untersuchungen über 
die Vegetation; aber diese Abschweifung war nothwendig, damit die 
Wirkung, welche der todten Pflanze oder der Gährung derselben zu- 
fällt, von derjenigen unterschieden werden kann, welche der Vegeta- 
tion angehört. 

Die Entwicklung mehrerer Gewächse in sauerstoffgasfreien Me- 
dien bietet Erscheinungen dar, welche auf diese beiden Ursachen 
zusammen zurückzuführen sind. 


$ı. 


Von den Pflanzen, welche im Stickgas nicht vegetiren können. 


Die Vegetation scheint in reinem Stickgas mit Hülfe von 
Wasser nur durch den Sauerstoff, welchen ihre grünen Theile 
aushauchen, unterhalten werden zu können. 

[195| Die Pflanzen, welche dieser Theile beraubt sind, oder 
welche dieselben nur in geringer Menge besitzen, können in 
dieser Atmosphäre nicht vegetiren. So keimen die Samen nicht 
in derselben, und wenn man glaubte, von dieser Regel Aus- 
nahmen zu finden, so rührte das daher, dass man zu diesen 
Versuchen eine zu grosse Menge Wasser anwandte, welches, da 
es nicht vollständig des in ihm gelösten Sauerstoffgases beraubt 
werden kann, eine für die erste Entwicklung ausreichende Menge 
lieferte. Es vollzieht sich nicht nur die Keimung nicht im Stick- 
gas, sondern auch die schon gekeimten Körner sterben regel- 
mässig, wenn sie in dasselbe gebracht werden, falls sie vorihrer 
Einführung in dies Gas nurihr Würzelchen getrieben hatten, ab. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 21 


Diese Versuche stellte ich mit Erbsen, mit den Samen der Gar- 
ten- und Brunnenkresse und denen von Polygonum amphibium 
an; sie faulten alle, ohne sich zu entwickeln. Aber die meisten 
Pflanzen, welche aus diesen Samen stammen, konnten sich in 
diesem Gase halten und unbegrenzt verlängern, wenn sie in das- 
selbe erst gebracht wurden, nachdem sie reichlich mit grünen 
Theilen oder Blättern versehen waren. 

[196] Die holzigen Zweige der Pappel (Populus nigra) und 
der Weide (Salix alba), deren Blätterknospen im Begriff waren, 
sich zu öffnen, konnten diese Entfaltung mit Hülfe des Wassers 
im Stickgas weder in der Sonne noch im Schatten vollziehen; 
nach vierzehn Tagen trat Fäulniss ein; Zweige derselben Pflan- 
zen beblätterten sich nach drei oder vier Tagen, als sie unter sonst 
gleichen Umständen unter mit gewöhnlicher Luft gefüllte Reei- 
pienten gebracht wurden; in derselben vegetirten sie mehrere 
Wochen lang weiter. 

Wird eine welke Pflanze an einen schwach erleuchteten Ort 
in einem mit gewöhnlicher Luft oder Sauerstofigas gefüllten und 
mit Wasser abgesperrten Recipienten gestellt, so bedeckt sie sich 
beständig mit Schimmel; sie thut das nicht im Stickgas. Ich 
brachte derartig ausgebildeten Schimmel in dies Gas; er ent- 
wickelte sich nieht weiter; doch muss das Gas vollkommen rein 
sein, denn die geringste Menge Sauerstofigas genügt diesen sehr 
kleinen Pflanzen zum Vegetiren. 

Zwei bis drei Stunden vor ihrem vollständigen Aufblühen ge- 
sammelte Rosen, Lilien und Nelken, die in der That nach diesem 
Zeitraum unter mit gewöhnlicher Luft gefüllten Reeipienten auf- 
blühten, konnten diesen Vorgang mit Hülfe des Wassers im Stick- 
gas nicht vollenden. [197] Sie faulten in demselben Entwieklungs- 
stadium, in welchem sie gesammelt worden waren, und schneller 
als in gewöhnlicher Luft; ebenso wirkte der luftleere Raum. 

Wenn man behauptet hat, dass die Rose sich im luftleeren 
Raum länger als in gewöhnlicher Luft hält, liess man sich durch 
falschen Schein täuschen. In letzterer verliert sie freilich eher 
ihre Kronblätter, aber das Abfallen derselben, das ein natür- 
licher Vegetationsvorgang ist, zeigt in der Pflanze keine Zer- 
setzung an. Die abgefallenen Kronblätter hauchen einen schwa- 
chen, aber angenehmen Geruch aus. Das Gegentheil tritt im 
luftleeren Raum oder im Stickgas ein; eine Rose scheint hier 
länger ihre Form und Farbe zu bewahren; wenn man nach vier- 
zehn Tagen aber glaubt, sie noch frisch herauszunehmen, so strömt 
sie einen übelriechenden Duft aus, ihre Kronblätter sind ver- 


22 Theod. de Saussure. 


dorben, und man sieht, dass sich hinter diesem scheinbaren Le- 
ben ein wirklicher Tod verharg. 


82. 


Von den Pflanzen, welche im Stickgas vegetiren können, 


Wie ich sagte, findet man, dass nur reichlich mit grünen 
Theilen versehene Pflanzen im Stickgas vegetiren können, und 
selbst diese nicht einmal gleich gut. 

[198] Es scheint mir, dass sie viel Oberfläche darbieten, und 
dass sie aus der Gruppe derjenigen genommen werden müssen, 
welche das wenigste Sauerstoffgas verbrauchen, wenn sie in 
atmosphärischer Luft im Dunkeln vegetiren. 

Cactus opuntia konnte mit Wasser ernährt drei Wochen lang 
an der Sonne im Stickgas vegetiren, doch litt er sehr; im Schatten 
ging er in fünf bis sechs Tagen zu Grunde. Fast ebenso verhielt 
sich Sedum telephium. Diese Pflanzen vegetiren unter mit ge- 
wöhnlicher Luft gefüllten Reecipienten eine unbegrenzte Zeit 
lang. 

Erbsenpflanzen, welche während der ersten vier oder fünf 
Tage einer Stiekgasatmosphäre widerstehen konnten (was nicht 
immer der Fall ist), fuhren fort, ganze Monate lang in der Sonne 
zu vegetiren; freilich war es immer nur ein Hinsiecheg. 

Ich werde einen mit diesen Gewächsen angestellten Versuch 
mittheilen. Man kann sein Ergebniss als ein aus mehreren Be- 
obachtungen gezogenes Mittel betrachten. 

Drei zum Theil entwickelte Erbsenpflanzen , welche zusam- 
men ungefähr drei Gramm wogen, nahmen in der Sonne in einem 
mit gewöhnlicher Luft gefüllten Reeipienten bei Ernährung mit 
reinem Wasser im Zeitraum von zehn Tagen um 1,27 Gramm 
(24 Gran) zu. [199] Als gleiche Pflanzen der Einwirkung des 
Stickgases widerstanden, erfuhren sie in der Sonne während des- 
selben Zeitraumes eine Zunahme, die 106 Milligramm (3 Gran) 
nicht überstieg. Wurden solche Pflanzen im Stickgas dem Schat- 
ten ausgesetzt, so gingen sie regelmässig in den ersten vier Ta- 
gen zu Grunde, während sie sich mehrere Wochen lang in ge- 
wöhnlicher Luft hielten. 

Das kleine Immergrün hielt sich sowohl in der Sonne wie im 
Schatten ebenso lange im Stiekgas wie in gewöhnlicher Luft, 
d. h. ungefähr drei Wochen lang; es starb in dem einen wie im 
anderen Fall nur, weil es eine zu feuchte Atmosphäre nicht er- 
tragen konnte. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 23 


Lythrum salicaria, Inula dysenterica, Epilobium hirsutum, 
E. molle, E. montanum und Polygonum persicaria, alles mehr 
oder weniger Sumpfpflanzen, vegetirten im Stickgas bewunde- 
rungswerth und führten unbegrenzte Zeit lang sehr bedeutende 
Entwieklungen aus gleich denjenigen, welche sie unter mit 
gewöhnlicher Luft gefüllten Reeipienten vollzogen; sie konnten 
selbst ganze Monate lang im Stickgas bei schwachem Lichte 
oder vor direeter Einwirkung der Sonne geschützt vegetiren. 
[200] Ich gehe jetzt zu den Veränderungen über, welche diese 
Pflanzen in ihrer Atmosphäre hervorrufen. 


In der Sonne liess ich Lythrum saliearia in 65 Cubikzoll 
Stickgas vegetiren, das durch Salpetergas [Stickoxyd] keine Ver- 
änderung erlitt. Diese Pflanze verdrängte ungefähr 4 Cubikzoll 
und tauchte nur mit ihren Wurzeln in eine Unze Wasser. Letz- 
teres hatte keine Verbindung mit dem Wasser, welches den Re- 
eipienten abschloss. Im Laufe des Versuchs musste ieh die 
Pflanze fünf- oder sechsmal erneuern, weil sie, während sie sich 
verlängerte, an den Wandungen des sie bedeckenden Gefässes 
festklebte und so verbrannt wurde. Nach zwei Monaten hatte sich 
ihre Atmosphäre um 3,4 Cubikzoll vermehrt. Alsdann zeigte 
das Eudiometer —,, Sauerstofigas an. Ich dehnte den Versuch 
noch um einen Monat in dieser verbesserten Atmosphäre aus, 
aber die Pflanze fuhr nicht fort, ihr Sauerstoffgas hinzuzufügen. 
Polygonum und andere Pflanzen lieferten mir hiermit überein- 
stimmende Resultate. Im Allgemeinen überzeugte ich mich durch 
mehrere Versuche davon, dass die im Stickgas entwickelte Menge 
Sauerstoffgas nicht im Verhältniss zur Dauer des Aufenthaltes 
der Pflanze unter dem Recipienten steht, [201] sondern dass ge- 
wöhnlich in den ersten Wochen eine Portion davon gebildet 
wird, welche sich in den folgenden Wochen nicht mehr ver- 
grössert, obgleich die Pflanzen zu allen Zeiten gleichmässig 
kräftig vegetirten. 

Eben solche Pflanzen, welche ich währenma derselben Zeit 
unter mit gewöhnlicher Luft gefüllten Recipienten vegetiren 
liess, fügten derselben niemals Sauerstofigas hinzu. 

Als ich diese Gewächse im Stickgas in vollständige Dunkel- 
heit *) brachte, indem ich sie alle zwölf Stunden erneuerte, damit 


*) Lythrum salicaria, Polygonum persicaria und andere Sumpf- 
pflanzen, welche schwachem oder diffusem Licht ausgesetzt werden, 
lassen in ihrer Stickgasatmosphäre kein kohlensaures.Gas zurück; sie 
fügen jener Sauerstoftgas hinzu; damit sie jedoch diese Wirkung her- 


74 Theod. de Saussure. 


ihre Lebensfähigkeit nicht erschlaffen möchte, bildeten sie kein 
Sauerstoflgas; sie vergrösserten ihre Atmosphäre durch kohlen- 
saures Gas, welches sie vollständig aus ihrer eigenen Substanz 
erzeugten. 

Als derselbe Versuch in gewönlicher Luft angestellt wurde, 
ward freilich noch kohlensaures Gas gebildet, |202| aber das 
Volumen der Atmosphäre vergrösserte sich nicht, noch ver- 
minderte es sich. Dies Gas hatte dann einen anderen Ursprung ; 
es wurde aus dem Kohlenstoff der Pflanze und dem Sauerstofi- 
gas der umgebenden Luft gebildet. 

Diese Beobachtungen zeigen uns die Quelle des im Stickgas 
ausgeschiedenen Sauerstoffgases; es rührt aus der Zersetzung 
des kohlensauren Gases her, welches die Pflanze ausschliesslich 
aus ihrer eigenen Substanz bildet. Verschafft sie sich so eine 
ausreichende Sauerstoffgasatmosphäre, so verbreitet sie jedoch 
kein Sauerstoffgas mehr, weil das kohlensaure Gas, welches sie 
alsdann bildet und wieder zersetzt, das Ergebniss der Vereinigung 
ihres Kohlenstofis mit vorgebildetem Sauerstofigas ist; während 
des Tages bringt sie das Sauerstoffgas fast vollständig wieder 
zum Vorschein, welches sie während der Nacht hatte verschwin- 
den lassen. 

Die geringe Menge Sauerstoffgas, welche Lythrum und Po- 
lygsonum im Stiekgas bildeten, war erforderlich, um die Ent- 
wicklung dieser Pflanzen zu bewerkstelligen; aber sie war viel 
grösser als diejenige, welche sie verlangen, um zu vegetiren, ohne 
sich zu entwickeln. 

Im oberen Theil eines Reeipienten, welcher 60 Cubikzoll 
Stickgas enthielt, hing ich ein Gemisch von einem Theil Eisen- 
feilspänen, zwei Theilen Schwefelblumen und ein und ein halb 
Theil Wasser*) auf. [203] Zu gleicher Zeit brachte ich in diese 
durch Wasser abgesperrte Atmosphäre zweiPflanzen von Lythrum 
salicaria, welche zusammen 4 Oubikzoll verdrängten ; ihre Wur- 
zeln allein tauchten unter dem Recipienten in ein kleines zwei 
Hundertstel Liter Wasser enthaltendes Gefäss; der Apparat war 
in einem Zimmer der durch die Glasscheibe eines Fensters 


vorbringen, und damit sie lange bei dieser Exposition vegetiren kön- 
nen, darf die Temperatur nicht zu hoch sein; denn die Pflanzen ver- 
langen und verbrauchen wie die Thiere um so weniger Sauerstoffgas, 
je niedriger die Temperatur ist. 

*, Jeder Theil war gleich 11,5 Gramm (3 Quentchen). Das richtige 
Verhältniss des Wassers ist eine wesentliche Bedingung, damit das 
Gemisch eine energische Wirkung auf das Sauerstoffgas ausübt. 


Chemische Untersuchungen iiber die Vegetation. 5 
fe) fe) oO 


gemilderten Wirkung der Sonne ausgesetzt worden. Zehn Tage 
später war die eine Pflanze todt, die andere vegetirte weiter und 
hielt sich vier Monate lang vom 3. Thermidor bis zum 2. Frimaire, 
ohne zu leiden, und ohne dass ein Blatt welkte; um diese Zeit 
nahm ich die Pflanze so gesund wie vor ihrer Einführung wieder 
heraus. Die Luft des Recipienten erfuhr durch das Salpetergas 
[Stickoxyd] keine Verminderung. Die Pflanze führte während 
ihrer Einsperrung keine Entwicklung irgend welcher Art 
aus; sie stellte das Vegetiren gleichsam ein. Das ist die einzige 
Wirkung, welche der Schwefel in diesem Versuche hervor- 
brachte. Dieselbe Pflanze verlängerte sich in zehn Tagen um 
5 bis 6 Zoll [204] in Stickgas, in welchem sich diese Sub- 
stanz nicht befand. Der Entzug des von Lythrum entwickelten 
Sauerstoffgases stellte sich als einziges Hinderniss seiner Ent- 
wickelung entgegen. Die Schwefelwasserstoffdämpfe haben an 
dieser Wirkung keinen Antheil. Denn gleiche Pflanzen verlän- 
gerten sich beträchtlich mit Schwefeleisen unter einem mit ge- 
wöhnlicher Luft, die alle drei Tage erneuert wurde, gefüllten 
Reeipienten. 

Eine Pflanze von Polygonum persicaria verhielt sich fünf 
Wochen lang in einem mit Stickgas gefüllten Reecipienten, in 
welchem ich eoncentrirtes Schwefelkali aufgehängt hatte, fast 
ebenso wie Lythrum; sie entwickelte sich nicht, sie verlor zwei 
Blätter in der Nähe der Wurzeln ; nach dem angegebenen Zeit- 
raum ist sie nur durch die Wirkung eines sehr starken Sonnen- 
strahles, vor dem ich nicht die Vorsicht gehabt hatte, sie zu 
schützen, zu Grunde gegangen. 

Die Pflanzen, welche ich in der Sonne in Stiekgas vegetiren 
liess, sind durch die Wirkung des in ihrer Nähe aufgehängten 
gebrannten Kalkes oder Kali viel eher zu Grunde gegangen als in 
gewöhnlicher Luft. 

Es ist sonderbar, die Sumpfpflanzen der Wirkung eines 
Schwefelmetalls [Hydrosulfure], das ihnen das Sauerstoffgas ent- 
zieht, und der Wirkung des Kalkes, der ihnen das kohlensaure 
Gas entzieht, widerstehen zu sehen. [205] Doch muss man be- 
achten, dass das Schwefelmetall ihnen das Sauerstoffgas erst 
nach seiner Bildung entzieht, während der Kalk oder das Kali 
ihnen dasselbe Gas vor seiner Entbindung raubt. 

Der Ueberfluss an kohlensaurem Gas ist den in Stickgas ve- 
getirenden schädlicher als den in gewöhnlicher Luft vegetiren- 
den Pflanzen. Anderswo habe ich ausgesprochen, dass die Bei- 
mischung des kohlensauren Gases zur atmosphärischen Luft, in 


26 Theod. de Saussure. 


welcher ich Erbsenpflanzen in der Sonne vegetiren liess, im Ver- 
hältniss von ein Zwölftel ihrer Entwickelung günstig war. Unter 
denselben Umständen schadete sie den Sumpfpflanzen nicht. 
Aber sie konnten niemals die Mischung mit reinem Stiekgas in 
den angegebenen Verhältnissen vertragen; nach wenig Tagen 
gingen sie in derselben ebenso wie die Erbsenpflanzen zu Grunde. 
Die Verarbeitung einer gewissen Menge Sauerstofigas scheint 
also zur Verarbeitung einer gewissen Menge kohlensauren Gases 
immer nöthig zu sein. Dies Gas wird den Gewächsen stets schäd- 
lich, wenn sie dasselbe nicht zersetzen können, 

Priestley glaubte zu erkennen, dass mehrere Pflanzen die 
Eigenschaft haben, Stickgas, in welchem sie vegetiren, zu ab- 
sorbiren. Er hat mitgetheilt, dass eine Pflanze von Epilobium 
hirsutum [206] in einem Reeipienten von 10 Zoll Höhe und ein 
Zoll Breite am Ende eines Monats sieben Achtel der in ihm ent- 
haltenen atmosphärischen Luft absorbirt hatte.*) 

Ingenhousz beschränkte diese Fähigkeit nicht auf eine kleine 
Zahl Pflanzen ; er beobachtete ** „dass durch alle in ihm vege- 
tirenden Pflanzen das Stiekgas in wenig Stunden eine merkliche 
Verminderung erfährt. Mit grosser Sorefalt verfolgte ich die Le- 
bensvorgänge von Epilobium hirsutum theils in reinem Stickgas, 
theils in gewöhnlicher Luft, indem ich das zu diesem Ver- 
such***) von Priestley angegebene Verfahren einschlug, und 
indem ich ihn bedeutend länger ausdehnte: doch konnte ich 
im Stickgas nach Abzug des in ihm gebildeten Sauerstofigases 
keine Verminderung wahrnehmen. Ebenso verhielt es sich mit 
allen anderen Gewächsen, welehe ich denselben Versuchen unter- 
warf. [207| Demnach verdichten die Pflanzen das Stickgas nicht 
merklich ; die Versuche von Senebier und Woodhouse bestätigen 
diese Behauptung. 

Wenn das Stickgas ein einfacher Körper, wenn er kein Be- 
standtheil des Wassers ist, so muss man anerkennen, dass die 
Gewächse ihn nur in den pflanzlichen und thierischen Auszügen, 


*) Exper. and observ. on diff. Kinds of airs, vol 3, p. 332, 
**, Exper. sur les Vegetaux, vol 2, p. 146. 

***), Das Verfahren besteht dari in, das Gewächs in einen mit Erde 
gefiillten Topf zu pflanzen, diesen Topf und die Ursprungsstelle des 
Stengels in das Wasser unter die Brücke der Wanne zu tauchen und 
den Rest der Pflanze mit einem mit Luft gefüllten Recipienten zu be- 
deeken. Alsdann entwickelt sie sich viel schneller, als wenn ihre 
Wurzeln in reines Wasser tauchen. Aus diesem Grunde war ich ge- 
zwungen, die Pflanze verschiedene Male zu erneuern. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 37 


in ammoniakalischen Dämpfen*) oder in anderen in Wasser lös- 
lichen Verbindungen, welche sie aus dem Boden und aus der 
Atmosphäre aufnehmen können, assimiliren. Es muss zugegeben 
werden, dass, wenn sie in einer nicht erneuerten Atmosphäre, 
mit Hülfe einer kleinen Menge reinen Wassers vegetiren, die sich 
entfaltenden Theile das Stickgas nur auf Kosten desjenigen er- 
werben, welches die anderen Pflanzentheile vor dem Versuch 
enthielten. 


[2083| S3. 


Von dem Verhalten der Pflanzen im Kohlenoxydgas **) (Bertliollet’s 
Hydrogene oxycarbure). 


Ich stellte dies Gas dar, indem ich bei Glühhitze in einem 
Flintenrohr ein aus gleichen Theilen Kalkspath und Eisenfeil- 
späne hergestelltes Gemenge erwärmte. Das erhaltene luft- 
förmige Fluidum enthielt, nachdem es von dem kohlensauren 
Gas befreit worden war, „4, Sauerstofigas, welches ich dureh 
Schwefelkali abschied. 

Die Pflanzen vegetirten im Kohlenoxydgas wie im Stickgas; 
diejenigen, welche ihrer grünen Theile beraubt waren, gingen 
zu Grunde. Die entwickelten Erbsenpflanzen vegetirten kraftlos 
in der Sonne, [209] sie konnten sich im Schatten gar nicht halten. 
Epilobium hirsutum, Lythrum salicaria und Polygonum persi- 
caria gediehen so vortrefilich in ihm wie in gewöhnlicher Luft. 
Selbst nach einer Vegetationsdauer von sechs Wochen in diesem 
Gase konnten sie es in der Sonne nicht zersetzen; sie vermehrten 
sein Volumen wie das des Stickgases durch eine entsprechende 
Menge Sauerstofigas. Bei vollkommener Dunkelheit vergrös- 
serten sie ihre Atmosphäre durch kohlensaures Gas. 


*) Man kann an der Gegenwart ammoniakalischer Dämpfe in der 
Atmosphäre nicht zweifeln, wenn man sieht, dass sich die schwefel- 
saure Thonerde an freier Luft schliesslich in Ammoniakalaun ver- 
wandelt. Die Ueberlegenheit des thierischen über den pflanzlichen 
Dünger scheint grösstentheils nur einem grösseren Gehalt des ersteren 
an Stickstoff zuzuschreiben zu sein. 

**) Die Ansicht, welche die Gegenwart des Wasserstoffs als eines 
wesentlichen Bestandtheiles des Kohlenoxydgases annimmt, beruht auf 
vielleicht nur zu indireeten Beobachtungen, als dass man ihr als sicher 
richtig zustimmen könnte. — Ich muss indessen zu Gunsten des hydro- 
gene oxycarbure bemerken, dass es sonderbar ist, dass die Gewächse 
das Kohlenoxydgas nicht zersetzen, und dass sie das kohlensaure 
Gas zu Kohlenoxydgas niemals direet oder ohne Gegenwart von 
Wasserstoffgas redueiren. 


38 Th£od. de Saussure. 


S 4. 
Ueber das Verhalten der Pflanzen im Wasserstoffgas. 


Alle von mir geprüften Samen keimen ohne Ausnahme im 
Wasserstoffgas nicht, wenn man sie mit einer kleinen Menge 
Wasser in dasselbe bringt. ‚Senebier beobachtete, dass sie in 
demselben eine sehr beträchtliche Volumenverminderung her- 
vorrufen. Sie bewirken diese Erscheinung durch ihre Fäulniss. 
Das luftförmige Fluidum, der Rückstand dieser Verdichtung, ist 
kohlensaures Gas. Das kohlensaure Gas, welches sie aus ihrer 
eigenen Substanz bilden, wird durch das Wasserstofigas mit 
Hülfe der bei der Gährung entwickelten Wärme zersetzt; |210] 
es entsteht Wasser und das kohlensaure Gas, eines Theiles seines 
Sauerstoffs beraubt, wird in Kohlenoxydgas verwandelt. 

Die vegetirenden grünen Pflanzen verhalten sich im Wasser- 
stoffgas fast genau so wie im Stickgas. Die Pflanzen, welche in 
diesem verschmachten, verschmachten auch im Wasserstoffgas 
und diejenigen, welche im ersteren gedeihen, gedeihen auch im 
letzteren. Wenn es einen Unterschied in der Ueppigkeit der in 
diesen beiden Gasen vegetirenden Pflanzen giebt, so fällt er, wie 
es scheint, zu Gunsten der Vegetation im Stickgas aus. Man hat 
behauptet, dass die im Wasserstoffgas vegetirenden Pflanzen ein 
dunkleres Grün annehmen; von dieser Erscheinung konnte ich 
nichts bemerken. 

Ich beobachtete beständig, dass die Sumpfpflanzen wie 
Lythrum salicaria und Polygonum persicaria, welche ich in der 
Sonne fünf oder sechs Wochen lang im Wasserstofigas vegetiren 
liess, in demselben nur wenig oder kein Sauerstoffgas zurück- 
liessen. während sie in demselben Zeitraum das Fünfzehn- oder 
Zwanzigfache ihres Volumens im Stickgas verbreiteten. Sehr 
wahrscheinlich rührt diese Erscheinung daher, dass die Pflanzen 
im Wasserstofigas nicht vollständig alles gebildete kohlensaure 
Gas zersetzen können, [211] weil ein grosser Theil dieses sauren 
Gases vom Wasserstofigas selbst zersetzt wird. Es entsteht, 
wie ich schon bemerkte, durch diese Zersetzung Wasser und 
Kohlenoxydgas. Das Sauerstoffgas, welches sie ohne Wasser- 
stoffgas ausgeschieden haben würden, findet sich in diesen bei- 
den Verbindungen verborgen. Hundert Theile (60 Cubikzoll) 
Wasserstoffgas, welches fünf Wochen lang einer dem Licht aus- 
gesetzten Pflanze von Lythrum salicaria als Atmosphäre gedient 
hatte, konnte nicht merklich durch Salpetergas |Stickoxyd| ver- 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 29 


kleinert werden. Das luftförmige Fluidum enthielt alsdann kein 
kohlensaures Gas; als ich dasselbe jedoch mit Sauerstoffigas im 
richtigen Verhältniss durch den elektrischen Funken verbrannt 
hatte, hinterliess es als Rückstand Wasser, drei Theile kohlen- 
saures Gas und vier Theile Stickgas. Weasserstofigas, in dem 
keine Pflanzen gewesen waren, und das zu einem Controllversuch 
benutzt wurde, lieferte bei der Verbrennung keine wahrnehmbare 
Menge kohlensauren Gases. 

Das Volumen der Atmosphäre der Lythrumpflanze verklei- 
nerte sich während ihres Vegetirens, aber in demselben Grade 
wie das Wasserstofigas, das durch Wasser*) abgesperrt war [212] 
und sich nicht mit der Lythrumpflanze in Berührung befand. 
Bedenkt man, dass diese Pflanze Kohlenoxydgas bildete, und 
dass diese Gaszunahme nicht durch eine Volumenzunahme in dem 
luftförmigen Fluidum, welches der Reeipient enthielt, bemerk- 
bar wurde, so ergiebt sich, dass ein Ausgleich stattfand, und dass 
das Wasserstoffgas durch die Wirkung der vegetirenden Pflanze 
vermindert wurde. Die Pflanzen scheinen dies Gas nicht absor- 
birt zu haben. Sie verdichteten es, indem sie auf indireetem 
Wege Wasser bildeten. 


85. 
Ueber das Verhalten der Pflanzen im luftleeren Raum. 


Einige Samen können in dem durch die besten Luftpumpen 
hergestellten luftleeren Raum ein Anzeichen von beginnender 
Keimung geben; diese Erscheinung kann nicht überraschen, da 
nachgewiesen wurde, dass die Luftleere nicht vollkommen 
sein kann, [213] und weil überdies selbst die vollkommensten 
Maschinen niemals sorgfältig genug schliessen, um das Eindrin- 
gen der Luft von aussen vollständig zu verhindern. Die Pumpe, 
deren ich mich bediente, stellte einen luftleeren Raum her, in 
welchem sich das Barometer zuerst auf drei Viertel Linien hielt, 
wenn kein Wasser in dem Reeipienten vorhanden war; durch 


*, Während eines Jahres hielt ich Wasserstoffgas in einem Reei- 
pienten, der Wasser enthielt und auf Quecksilber ruhte. Das Wasser 
nahm ungefähr sein eigenes Volumen Gas, aber nicht mehr auf. 
Als ich die metallische Flüssigkeit entfernte, hatte die Aufnahme des 
Wasserstoffgases durch das Wasser keine Grenzen. Es ist sehr wahr- 
scheinlich, wie Gxyton vermuthete, dass dies Gas von dem Wasser an 
die atmosphärische Luft abgegeben wird. 


30 Thcod. de Saussure, 


unmerkliches Eindringen der Luft von aussen stieg es in 24 Stun- 
den um eine Linie. Die Erbsen keimten nach zwölf Tagen, selbst 
wenn ich von Neuem täglich den luftleeren Raum herstellte; doch 
ist die Entwickelung niemals über das erste Erscheinen des Wür- 
zelchens hinausgegangen. 

Vollständig entwickelte und mit Blättern versehene Erbsen- 
pflanzen starben regelmässig ebenso wie die Sau- und Schmink- 
bohnen nach Ablauf von drei Tagen im luftleeren Raum so- 
wohl in der Sonne wie im Schatten ab, sie gehen gleichfalls im 
Schatten im Stickgas zu Grunde, doch halten sie sich zuweilen in 
der Sonne. Keine Pflanze mit zarten Blättern scheint mir ihre 
Lebensfähigkeit im luftleeren Raum in der Sonne bewahren zu 
können. Die dieksten Glieder oder Blätter von Cactus opuntia 
hielten sich während eines Monats in der Sonne im luftleeren 
Raum; ihre Epidermis allein vertrocknete zum Theil. Diese 
Blätter erlangten ihre Frische wieder, |214] als ich sie nach die- 
sem Versuch in Gartenerde pflanzte; die weniger dicken Blätter 
des Cactus starben nach einigen Tagen in der Sonne im luft- 
leeren Raum ab. 

Eine Pflanze von Polygonum persicaria von ein Fuss Höhe, 
deren Wurzeln in eine Unze Wasser tauchten, wurde in den 
leeren Raum, von dem ich gesprochen habe und den ich täg- 
lich erneuerte, gestellt; sie verlängerte sich in demselben um 
mehrere Zoll; als sie nach Ablauf von sechs Wochen heraus- 
genommen wurde, war sie ebenso gesund wie vor dem Versuch, 
wenn man zwei oder drei gelbgewordene Blätter aus der Nähe 
der Wurzeln ausnimmt. Dieselben Ergebnisse erhielt ich mit 
Epilobium molle, E.hirsutum, Lythrum salicaria und Inula dys- 
enterica; alle diese Gewächse gediehen ebenso gut im luftleeren 
Raum wie unter einem mit gewöhnlicher Luft gefüllten Reei- 
pienten. Ihre Transpiration war in beiden Fällen die gleiche. 

Die soeben besprochenen Versuche wurden am hellen, 
lichten Tage, aber im Schutze vor der direeten Wirkung der 
Sonne angestellt; die Pflanzen welkten, wenn sie derselben aus- 
gesetzt wurden, selbst wenn die Strahlen schwach waren, und 
wenn sie keine Wirkung auf gleiche in mit gewöhnlicher Luft 
oder reinem Stickgas gefüllten Reeipienten eingeschlossene Pflan- 
zen ausübten.-215| Wahrscheinlich halten die Pflanzen sich 
im luftleeren Raum nur mit Hülfe des in ihrem Parenchym ein- 
geschlossenen Sauerstoffgases, und leiden durch die Sonne, in- 
dem dies Gas durch die Ausdehnung, welche es durch sie er- 
fährt, ausgetrieben wird. Die Sonnenstrahlen üben im Stickgas 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 1 
o© 


auf die Pflanzen nicht denselben Einfluss aus, da das Sauer- 
stoffgas, welches sie enthalten, durch das ganze Gewicht der 
Atmosphäre zusammengedrückt wird. 

Die Pflanzen scheinen sich im luftleeren Raum nur mit Hülfe 
des durch die grünen Theile ausgeschiedenen Sauerstoffgases zu 
halten und zu entfalten. Die Samen, welche nur ihr Würzelehen 
trieben, sterben darin ab, Die Holzgewächse vermochten darin 
im Frühling ihre Blätterknospen nicht zu entfalten. 

Die Knospen von Rose, Lilie und Nelke sind darin wie ge- 
lähmt. Man sieht, dass die Pflanzen sich in vieler Beziehung 
im luftleeren Raum wie im Stickgas, Wasserstoffgas u. s. w. ver- 
halten. Die Beseitigung des Gewichtes der Atmosphäre oder 
die Ausdehnung, welche die Pflanze durch diese Beseitigung er- 
fahren muss, scheint keinen sehr merklichen Einfluss auf die 
vegetirenden Pflanzen zu haben. Der Entzug des Sauerstofigases 
allein ist ihr schädlich. 


[216] Rückblick. 


Nur die mit grünen Theilen versehenen Pflanzen scheinen in 
sauerstoffgasfreien Medien vegetiren zu können, weil sie in den- 
selben dies Gas verbreiten. Wenn man es ihnen in dem Maasse 
entzieht, wie sie es bilden, hält man ihre Entwicklung auf. Die 
Menge Sauerstoffgas, welche manche Pflanzen verlangen, um sich 
ohne Entwicklung erhalten zu können, ist nicht zu schätzen. 

Die Pflanzen absorbiren das Stickgas nicht, ebenso wenig 
das Wasserstoffgas;; sie verkleinern ein wenig die Menge des letz- 
teren, aber diese Verminderung rührt daher, dass das Wasser- 
stoffgas das von der Pflanze gebildete kohlensaure Gas zersetzt. 
Das Ergebniss dieser Zersetzung ist Wasser und Kohlenoxydgas. 

Die grünen Theile lassen weniger Sauerstoff im Wasserstoff 
als im Stickstoff zurück. 

Die in der Sonne im Kohlenoxydgas vegetirenden grünen 
Pflanzen zersetzen dasselbe nicht, sie fügen demselben Sauer- 
stoffgas hinzu. 

Die grünen Pflanzen vegetiren im Vacuum wie im Stickgas, 
vorausgesetzt, dass der Versuch vor der direeten Wirkung der 
Sonnenstrahlen geschützt angestellt wird. 


22 Theod. de Saussure. 
[217] Siebentes Kapitel. 


Von der Bindung und der Zersetzung des Wassers dureh 
die Gewächse. 


81. 


D 


Untersuchungen über die Bindung des Wassers durch die Pflanzen, welche 
in atmosphärischer Luft, die frei von kohlensaurem Gas ist, vegetiren- 


Diejenigen Schriftsteller, welche sich mit der Frage der 
Zersetzung des Wassers durch die Gewächse beschäftigt haben, 
brachten über diesen Gegenstand nur Vermuthungen vor, welche 
sich auf keinen directen Versuch stützen. ‚Senebrer sah niemals 
eine Pflanze, welche der Berührung mit dem kohlensauren Gas 
entzogen war, ein Volumen Sauerstoffgas ausscheiden, das 
grösser als das Volumen des Gewächses selbst war. (Physiologie 
v6gctale, vol. III, p. 228 u. ff.) Diese Wirkung schien ihm zu 
gering, um die Zersetzung des Wassers zu beweisen. Ueberdies 
erkannte er, dass diese kleine Menge Sauerstofigas [218], 
welche geringer ist als das Volumen des Blattes, dem in seinem 
Parenchym versteckten kohlensauren Gase zuzuschreiben ist. 
Dieser gelehrte Physiologe verwirft indessen diese Zersetzung 
durch die Gewächse nicht; auf Grund sehr gelehrter Erwägungen 
und von Schlüssen, welche er aus der Keimung einiger Samen 
in reinem Wasser ohne scheinbare Berührung mit Sauerstoffgas 
zieht, hält er sie für wahrscheinlich; aber diese Beobachtung 
würde, selbst wenn sie richtig wäre, noch kein Beweis sein. Ich 
habe gezeigt, dass dies Ergebniss der im Wasser gelösten und 
nicht in seine Zusammensetzung eintretenden Luft zuzuschreiben 
ist. Ingenhousz betrachtete das Wasser als eine einfache Sub- 
stanz. Indessen scheinen einige seiner Beobachtungen geeignet 
zu sein, die Zersetzung dieser Flüssigkeit anzuzeigen. Er 
sah, dass fleischige Pflanzen eine Atmosphäre nicht erneuerter 
gewöhnlicher Luft verbessern; da aber seine eudiometrischen 
Hülfsmittel nicht im Stande waren, absolute Mengen anzugeben, 
da das Volumen des Gewächses und das des gebildeten Gases 
nicht bekannt sind, so kann man immerhin glauben, dass das 
Volumen des ausgeschiedenen Sauerstoffgases kleiner ist, als das 
Volumen der zum Versuch benutzten Pflanze. Spallanzani*), 


*, Journal de Physique, pluviose au 7. 
ysıque, 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 33 


der dieselben Resultate mit in Kalkwasser untergetauchten flei- 
schigen Pflanzen erhalten hat, [219] lässt uns gleichfalls in Un- 
gewissheit über das Volumen des Gewächses. Senebier hat beim 
Zergliedern und Wiederholen dieser letzteren Versuche klar ge- 
zeigt, dass sie aus denselben Gründen, welche ich weiter oben 
mitgetheilt habe, nicht beweisend sind. 

Der berühmte Berthollet, dessen Urtheil stets von sehr 
grossem Gewicht ist, erkannte die Zersetzung des Wassers beim 
Vegetiren der Pflanzen als richtig an, aber vielmehr auf Grund 
eines Raisonnements, als neuer Versuche. Mehrere Schriftsteller, 
die zu eitiren überflüssig wäre, nahmen diese Zersetzung an, 
freilich ohne Beweise und sogar ohne die Frage zu erörtern. 

Die Pflanzen, welche mit Hülfe reinen Wassers in Sauerstoff- 
gas oder gewöhnlicher Luft vegetiren, die vor dem Versuche mit 
Kalkwasser gewaschen worden waren, können itn grünen saf- 
tigen Zustande ihr Gewicht darin vergrössern, wenn sie sich 
entwickeln, ohne irgend einen ihrer Theile zu verlieren oder 
vertrocknen zu lassen. Dies Ergebniss beweist weder die Zer- 
legung des Wassers noch selbst die Bindung des Sauerstoffs und 
Wasserstoffs des Wassers in der Pflanze; diese kann durch die 
blosse Einführung von flüssigem oder von Vegetationswasser in 
die saftleitenden Gefässe oder in das Zellgewebe an Gewicht zu- 
nehmen; denn die Erfahrung hat seit langem bewiesen, [220] 
dass das Wasser in den Pflanzen nach Verhältniss der Feuchtig- 
keit des Bodens und ihres Etiolements zunehmen kann. 

Ob die Trockensubstanz der Gewächse durch die Bindung 
der constituirenden Bestandtheile des Wassers zunimmt, kann 
man beurtheilen, wenn man bei Lufttemperatur eine ähnliche 
und an Gewicht derjenigen gleiche Pflanze, welche man im ge- 
schlossenen Gefäss mit Hülfe reinen Wassers und Sauerstoffgases 
vegetiren liess, trocknet, und wenn man zusieht, ob sie, nach- 
dem sie unter diesen Umständen vegetirt hat, mehr wiegt, als 
sie getrocknet vor dem Versuche wog, und als die Pflanze 
wiegt, welche zum Vergleich dient. Es ist überflüssig hinzuzu- 
fügen, dass die beiden Pflanzen in demselben Reifezustand und 
auf demselben Boden geerntet, und dass sie immer bei dem näm- 
lichen Grad des Thermometers und Hygrometers gewogen wer- 
den müssen. 

Die vielfachen Experimente, welche ich nach diesem Ver- 
fahren anstellte, zeigten mir, dass die Pflanzen, welche in einem 
verschlossenen Gefäss allein mit Wasser in atmosphärischer 
Luft, die frei von kohlensaurem Gas ist, vegetiren, kaum 

ÖOstwald’s Klassiker, 16. 3 


24 Theod. de Saussure. 


das Gewicht ihrer vegetabilischen Substanz, auf Trockensub- 
stanz bezogen, vergrössern, und dass sie es, wenn überhaupt, 
nur um eine sehr kleine und beschränkte Menge vergrössern, 
oder dass, wenn die Pflanze längere Zeit fortfährt zu vegetiren, 
es nicht mehr vergrössert werden kann. [221|) Aus den zahl- 
reichen Versuchen, welche ich über diesen Gegenstand anstellte, 
wähle ich diejenigen aus, welche mir die entschiedensten Er- 
gebnisse lieferten. 

Im Juni stellte ich in einen 4,95 Liter oder 250 Cubikzoll 
gewöhnliche Luft, welche frei von kohlensaurem Gas war, 
fassenden Reeipienten drei Lysimachiapflanzen (Lysimachia 
vulgaris), deren Wurzeln unter demselben in ein Hundertstel 
Liter destillirtten Wassers tauchten. Sie wurden der abwechseln- 
den Wirkung der Nacht und der in ihrer zu grossen Intensität 
gemilderten Sonne ausgesetzt; diese Pflanzen wogen grün 6,96 
Gramm oder 1294 Gran und nahmen einen Raum von 10 Cubik- 
centimetern oder 4 Cubikzoll ein. 

Andere Lysimachien von gleichem Gewicht wie dem ange- 
gebenen erntete und trocknete ich bei Lufttemperatur. Ihre ge- 
trocknete vegetabilische Substanz wog 2,05 Gramm (384, Gran) 
bei einem bestimmten Thermometer- und Hygrometergrad ; diese 
Pflanzen waren zu gleicher Zeit und an demselben Orte wie die- 
jenigen, welche unter dem Recipienten wuchsen, ausgerissen 
worden. 

Nach acht Tagen erlöste ich die letzteren aus ihrer Gefan- 
genschaft; sie waren vollständig gesund; |222| sie hatten sich 
verlängert, aber nicht merklich die sie umgebende Luft weder 
an Reinheit noch an Volumen verändert; sie wogen nun grün 
7,43 Gramm (141 Gran) und getrocknet bei dem nämlichen Grad 
wie die vorhergehenden 2,159 Gramm (4014 Gran). Sie hatten 
also ihre Trockensubstanz um 2,159 — 2,05 — 109 Milligramm 
oder um zwei Gran*) vermehrt. Wenn diese 109 Milligramm 
nur aus dem Wasserstoff des Wassers gebildet worden wären, 
so hätten die Pflanzen unter dem Reeipienten all den Sauerstoff 
ausscheiden müssen, mit dem die 109 Milligramm Wasserstoff 
verbunden gewesen sein mussten, d. h. wenigstens 436 Cubik- 


*) In diesen zwei Gran ist der Sauerstoff, welehen die Pflanze in 
der atmosphärischen Luft assimilirte, eingeschlossen; aber die Menge 
kohlensaures Gas, welches die Pflanze bildete, und welches sie bei der 
Assimilation zersetzte, ist so klein, dass ich diese Zunahme in meinem 
Resultat nicht in Rechnung stellen kann. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 35 


centimeter oder 22 Cubikzoll Sauerstofigas, eine Menge also, 
welche theils durch die Volumenzunahme, theils durch die eudio- 
metrische Probe hätte auffallen müssen. Da sie nun aber in 
diesem Versuch keine bestimmbare Menge Sauerstofigas aus- 
schieden, so ergiebt sich daraus, dass sie sich ausser dem Wasser- 
. stoff des Wassers fast die ganze Menge seines Sauerstofis aneig- 
neten. 

[223] Der soeben mitgetheilte Versuch wurde wiederholt, 
indem ich ihn auf die doppelte und dreifache Zeit ausdehnte, 
d. h. indem ich die Pflanze in einem geschlossenen Gefäss vier- 
zehn Tage und einen Monat vegetiren liess; aber die Lysimachien, 
von gleichem Gewicht wie die vorhergehenden, vermochten nie- 
mals ihre vegetabilische Substanz um mehr als 2 Gran zu ver- 
grössern, zuweilen vermehrten sie dieselbe überhaupt nicht, 
obgleich sie sich um mehrere Zoll verlängerten. 

Sieben Immergrünpflanzen (Vinca minor L.), welehe zusam- 
men 7,855 Gramm oder 148 Gran wogen, und welche 2,375 Gramm 
(442 Gran) Trockensubstanz enthielten, wurden in einen Reci- 
pienten unter ähnliche Verhältnisse wie im vorhergehenden Ver- 
such gebracht; sie nahmen einen Raum von 10 Cubikcentimetern 
(4 Cubikzoll) ein. Diese Pflanzen erfuhren nicht die geringste 
Veränderung, weder an Reinheit noch an Volumen veränderten sie 
ihre Atmosphäre; nach dem Trocknen wogen sie nun 46, Gran; 
ihre Trockensubstanz hat sich demnach um 93 Milligramm 
(13 Gran) vermehrt, welche nicht der blossen Assimilation des 
Wasserstofigases des Wassers zugeschrieben werden können, 
da diese Wirkung eine Ausscheidung von 19 Cubikzoll Sauer- 
stofigas voraussetzen würde, |224| welche nicht wahrgenommen 
worden ist. Diesen Versuch wiederholte ich mehrmals, indem ich 
ihn bedeutend verlängerte; aber die Assimilation von Wasser 
durch das Gewächs war niemals beträchtlicher gewesen. 

Zwei Pflanzen von Mentha aquatica, welche grün 157 Gran 
wogen, nahmen im frischen Zustande um 17 Gran an Gewicht 
zu, als sie in einem geschlossenen Gefäss mit Hülfe von rei- 
nem Wasser in atmosphärischer Luft vegetirten; ihre Trocken- 
substanz ist jedoch um nicht mehr als 1 Gran angewachsen. Als 
ich diesen Versuch mit gleichen Pflanzen längere Zeit fortsetzte, 
war die Zunahme nicht beträchtlicher. In diesem wie in den 
vorhergehenden Versuchen veränderte sich die Atmosphäre der 
Pflanze weder an Reinheit noch an Volumen. 

Ich muss bemerken, dass ich nur auf Ergebnisse Rücksicht 
genommen habe, bei welchen die Pflanzen nicht litten; denn 


3% 


36 Theod. de Saussure. 


sofern nur im Geringsten die vegetirenden Pflanzen welk wer- 
den, verlieren sie, weit davon entfernt, daran zuzunehmen, an 
Gewicht. 


1225] 82. 


Ueber die Bindung des Wassers durch die Pflanzen, welche in einem 
Gemisch aus gewöhnlicher Luft und kohlensaurem Gas vegetiren. 


Die Bindung des Wassers in den vorhergehenden Experi- 
menten lieferte so geringe Ergebnisse, dass sie kaum ausser- 
halb der Grenze der Beobachtungsfehler fallen ; ich glaube jedoch, 
dass die Ursache davon nicht schwer zu erklären ist. Es ist sehr 
wahrscheinlich, dass die Mengen Sauerstoff und Wasserstoff über 
gewisse Grenzen hinaus in den Gewächsen nicht vergrössert 
werden können, wenn nicht der Antheil ihres Kohlenstoffes in 
demselben Verhältnisse wächst. In Folge dessen liess ich Pflanzen 
in einem Gemisch aus gewöhnlicher Luft und kohlensaurem Gas 
vegetiren, damit sie Kohlenstoff assimiliıten. Alsdann waren 
die Ergebnisse jedesmal, wenn die Vegetation nicht gelitten 
hatte, deutlicher. Augenscheinlich vermehrten die Pflanzen ihre 
Trockensubstanz um eine grössere Menge, als diejenige betrug, 
welche sie aus den Elementen des sauren Gases schöpften. 

226| Bei dieser Gelegenheit komme ich auf die Versuche 
zurück, welche ich Kap. Il, $ 4 über die Zersetzung des kohlen- 
sauren Gases mittheilte.e Damals gab ich nicht alle Einzel- 
heiten an. Aus dem ersten Experiment ersah man, dass sieben 
Immergrünpflanzen, welche mit Hülfe reinen Wassers in einem 
Gemisch aus gewöhnlicher Luft und kohlensaurem Gas vegetirt 
hatten, den in 431 Cubikeentimetern (21% Cubikzoll) kohlen- 
saurem Gas enthaltenen Kohlenstoff oder nach Lavorsier eine 
Kohlenstoffmenge gleich 217 Milligramm (4,2 Gran) assimilirt 
hatten; ausserdem eigneten sie sich aus demselben Gase noch 
139 Cubikcentimeter (7 Cubikzoll) Sauerstofigas an; doch dart 
ich diese letztere Assimilation vernachlässigen, weil sie als Er- 
satz dafür eine gleich grosse Menge Stickgas verloren. Diese 
beiden entgegengesetzten Wirkungen heben sich nahezu gegen- 
seitig auf. Vor dem Versuch wogen diese Pflanzen grün 
8,955 Gramm (1682 Gran) und enthielten 2,707 Gramm (51 Gran) 
Trockensubstanz. Nach der Zerlegung des sauren Gases liefer- 
ten sie getrocknet 3,237 Gramm (61 Gran). Sie vermehrten 
also ihre T'rockensubstanz um 531 Milligramm (10 Gran‘, von 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 37 


denen nur 217 Milligramm (4,2 Gran) dem sauren Gase zuge- 
schrieben werden können. [227| Das Immergrün hat demnach 
bei diesem Versuch 315 Milligramm (5,8 Gran) Wasser gebunden 
oder in feste Substanz verwandelt. 

Zwei Pflanzen von Mentha aquatiea, Kap. II, $ 4, Exper. I, 
zersetzten 309 Cubikcentimeter (15,6 Cubikzoll) kohlensaures 
Gas, welche nach Zaroisier 159 Milligramm (3 Gran) Kohlen- 
stoff enthalten. Vor dem Versuch lieferten sie 1,698 Gramm 
oder 32 Gran, nach dem Versuch 2,016 Gramm oder 38 Gran 
Troekensubstanz; demnach vergrösserten sie ihre Trocken- 
substanz um 318 Milligramm oder 6 Gran, von denen 159 Milli- 
gramm (3 Gran) der Bindung von Wasser zugeschrieben werden 
müssen. 

Solche Ergebnisse setzen Bedingungen voraus, welche sieh 
nur selten zusammenfinden; die Pflanze muss in allen ihren Thei- 
len gesund bleiben; wenn nur ein einziges Blatt unter dem Reei- 
pienten welkt, oder wenn die Wurzeln Schaden leiden, zeigt sich 
im troeknen Zustande das Gewicht der Pflanze oft vermindert, 
obgleich sie eine grosse Menge kohlensaures Gas zerlegt. 


[228] 83. 
Von der Zerlegung des Wassers durch die Gewächse. 


Da die Pflanzen sich den Sauerstoff und Wasserstoff’ des 
Wassers aneignen, so kann man vermuthen, dass sie unter be- 
stimmten Umständen den Sauerstofi, welcher einen Bestandtheil 
dieser Flüssigkeit ausmacht, aushauchen müssen. Die über ein- 
ander gehäuften todten Gewächse, welche ohne Berührung mit 
Luft gähren, bilden kohlensaures Gas ausschliesslich aus ihrer 
eigenen Substanz. Bei diesem Vorgange verbindet sich, unter- 
stützt von der bei der Gährung entstehenden Wärme, der Sauer- 
stoff des während des Vegetationsprocesses gebundenen oder in 
feste Substanz übergeführten Wassers mit dem Kohlenstoff, um 
saures Gas zu bilden, und die vegetirenden Pflanzen scheiden, 
indem sie dasselbe zersetzen, den Sauerstoff aus, welcher ur- 
sprünglich dem Wasser angehört hatte. Doch scheinen sie in 
keinem Falle dasselbe direct zu zersetzen, indem sie sich seinen 
Wasserstoff aneignen und unmittelbar seinen anderen Bestand- 
theil in der Form von Sauerstoff entbinden. 

Die grünen Pflanzen, welche Tag und Nacht in Stickgas ve- 
getirten, verbreiten dort das Mehrfache ihres Volumens an Sauer- 
stoffgas, [229] weil sie, da sie in den ersten Stadien dieser Vege- 


38 Theod. de Saussure. 


tation der Berührung mit diesem Gase entzogen sind, kohlensaures 
Gas, welches sie zersetzen, ausschliesslich aus ihrer eigenen Sub- 
stanz bilden. Aber dieselben Pflanzen oder wenigstens diejeni- 
gen, welche nicht fleischig sind, fügen einer Atmosphäre aus 
sewöhnlicher Luft oder Sauerstofigas, worin sie Tag und Nacht 
vegetiren, kein Sauerstofigas hinzu; und nur in solehen Atmo- 
sphären kann man beurtheilen, ob sie direet Wasser zerlegen, 
weil das von ihnen dort gebildete kohlensaure Gas das Ergebniss 
der Verbindung ihres Kohlenstofis mit dem Sauerstoflgas der 
umgebenden Luft und nicht das ausschliessliche Produet ihrer 
eigenen Substanz ist*). 

[230] Mit Hülfe von Wasser liess ich vier Monate lang in 
der Sonne in 40 Cubikzoll atmosphärischer Luft, die durch Wasser 
und Quecksilber abgeschlossen war, Lythrum salicaria vege- 
tiren; mehrmals erneuerte ich diese Pflanze, damit sie keine Ver- 
änderung erleiden möchte. Nach diesem nn ausgedehnten 
Versuch enthielt die Luft des Reeipienten I, Sauerstoflzas 
weniger, als zu der Zeit, da sie der Wirkung der vegetirenden 
Pflanzen ausgesetzt wurde; und dennoch waren letztere i in ihr 
stets sehr kräftig. 

Ebenso liess ich unter denselben Umständen drei Monate 
lang Polygonum persicaria vegetiren ; die sie umgebende gewöhn- 
liche Luft erlitt keine Verbesserung, keine wahrnehmbare Ver- 
änderung. 

Alle anderen Pflanzen mit zarten Blättern, welche ich solehen 
Versuchen unterwarf, lieferten mir die nämlichen Ergebnisse. 


*) Die Ergebnisse der folgenden Versuche widersprechen nicht 
den soeben mitgetheilten. Ich liess in der Sonne drei Wochen lang 
mit Hülfe von Wasser unter zwei gleichen mit gewöhnlicher Luft 
gefüllten Reeipienten zwei Pflanzen von Mentha aquatica vegetiren. 
In jeden Recipienten brachte ich neben die vegetirende Pflanze eine 
verwelkte, aber nicht vertrocknete und nicht vollständig todte 
Mentha, doch war diese verwelkte Menthapflanze in dem einen Re- 
cipienten mit dem zu seinem Verschluss dienenden Wasser bedeckt, 
während sie in dem anderen Reeipienten in der in ihm enthaltenen 
Luft aufgehängt war. Die in der Nachbarschaft dieser letzteren vege- 
tirende Pflanze verbesserte ihre Atmosphäre nicht, während die 
mit der untergetauchten Pflanze das Mehrfache ihres Volumens an 
Sauerstoffgas der sie umgebenden gewöhnlichen Luft 'zufügte. Der 
verschiedene Ursprung [230] des unter diesen Umständen von den 
verwelkten Pflanzen gebildeten kohlensauren Gases erklärt diese 
Resultate. Die untergetauchte Pflanze lieferte das gesammte saure 
Gas aus ihrer eigenen Substanz , während diejenige aus der Luft nur 
den Kohlenstoff des sauren Gases hergab. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 39 


Die einzige Wirkung, welche überraschen könnte, besteht 
darin, dass sie ihre Atmosphäre nicht merklich verschlechterten, 
indem sie bei der Zersetzung des von ihnen gebildeten kohlen- 
sauren Gases dessen Sauerstofigas absorbirten. Doch muss 
beachtet werden, |231] dass die in das nicht erneuerte Wasser 
tauchenden Wurzeln, da sie der Berührung mit Sauerstofigas 
entzogen waren, ausschliesslich aus ihrer eigenen Substanz eine 
kleine Menge kohlensaures Gas bilden mussten, und dass die 
Zerlegung desselben durch die Blätter fast genau die Absorption 
des Sauerstofigases ausgleichen konnte. 

Ich bemerkte in der That bei diesen Versuchen oft, dass die 
Wurzeln eine kleine Menge Luft frei machen, besonders wenn 
sie dem Licht ausgesetzt wurden. Im Schatten wurde dies Gas 
von der Pflanze in dem Maasse absorbirt, wie es gebildet wurde. 

Wenn die Pflanzen im Wasser eine überflüssige Menge Sauer- 
stoffgas fänden, würden sie allen Sauerstoff des kohlensauren 
Gases, welches sie zersetzen, ausscheiden; die im Kap. II mit- 
getheilten Versuche haben jedoch bewiesen, dass sie einen Theil 
desselben assimiliren. Das Sauerstoffgas, welches sie in dem sie 
ernährenden Wasser fanden, genügte also nicht zu ihrer Er- 
nährung. 

Caetus opuntia (und wahrscheinlich auch andere fleischige 
Pflanzen)*) scheint auf den ersten Blick Ergebnisse darzubieten, 
die von den soeben mitgetheilten eine Ausnahme machen. [232] 
Der Cactus kann, indem er Tag und Nacht unter demselben mit 
atmosphärischer Luft, die vorher ihres kohlensauren Gases be- 
paubt wurde, gefüllten Receipienten wächst, das Mehrfache seines 
Volumens an Sauerstoffgas ausgeben. Mit dieser Pflanze stellteich 
den folgenden Versuch an; ich wiederholte ihn viermal unter 
denselben Verhältnissen und mit den gleichen Ergebnissen. Die 
Einzelheiten, welche ich mittheilen will, werden die Genauigkeit 
meines Verfahrens zeigen. 

Im Juni pflückte ich bei Sonnenuntergang ein Blatt oder ein 
Glied von Cactus ab, das einen Raum von 15 Cubikcentimeter 
(z Cubikzoll) einnahm; es wurde in ein Glas mit Fuss gesetzt, 
das auf dem Grunde 10 Cubikeentimeter oder 4 Cubikzoll de- 
stillirtes Wasser enthielt; das Blatt berührte bloss mit seiner Spitze 


*, Ich unterwarf denselben Versuchen Sempervivum teetorum, 
Stapelia variegata und Sedum telephium; doch konnten sie nicht 
lange genug, ohne Schaden zu nehmen, eine sehr feuchte Atmosphäre 
ertragen. 


40 Theod. de Saussure. 


oder mit seinem keilförmigen Ende die Oberfläche dieser Flüs- 
sigkeit. 

Das Ganze wurde mit einem genügend hohen Reeipienten 
bedeckt, damit die Veränderung um 4 Cubikzoll in dem vor- 
handenen Luftvolumen wahrnehmbar sein möchte. Diese Luft, 
welche frei von kohlensaurem Gas war, nahm 547 Cubikeenti- 
meter (42% Cubikzoll) ein. Als bei Erschöpfung des in dem 
Glase enthaltenen Wassers der Cactus ausser Berührung mit 
demselben kam, konnte ich ihn, ohne ihn herausnehmen zu 
müssen, [233] mit einer neuen Menge versehen, indem ich den 
Reeipienten in gekochtes Wasser tauchte und wieder emporhob. 
Durch diese in sein Inneres hineinsteigende Flüssigkeit war er 
abgesperrt,; und der Grund der Schale, auf welcher er ruhte, war 
mit Quecksilber erfüllt. Nach 31 Tagen nahm ich die Pflanze 
heraus, welche ebenso gesund zu sein schien wie damals, als 
ich den Versuch ansetzte; sie hatte Wurzeln von 2,7 Deeimeter 
(1 Zoll) Länge getrieben und ihre Atmosphäre hatte sich um 
69 Cubikeentimeter (34 Cubikzoll) vergrössert. Das Eudiometer 
zeigte in den 917 Cubikeentimetern (464 Cubikzoll) Luft (wenn 
wir das Mittel aus fünf Beobachtungen ziehen) 25 Hundertstel 
und vor der Einbringung der Pflanze 21 Hundertstel Sauerstofi- 
gas an. Aus diesen Angaben geht hervor, dass der Cactus in 
dem Zeitraum von einem Monat in der Sonne das dreiundein- 
halbfache seines Volumens an Sauerstofigas ausgeschieden hatte, 
das nur der Zersetzung des Wassers zugeschrieben werden 
konnte. 

Doch scheint es, dass die Pflanze nicht direet diese Zersetzung 
bewirkte, oder dass sie sich nicht unmittelbar den Wasserstoff des 
Wassers aneignete, indem sie dessen Sauerstoff ausschied. Ein 
vertiefteres Studium führt dazu zu glauben, [234] dass sie nur 
in der Sonne ausschliesslich aus ihrer eigenen Substanz kohlen- 
saures Gas bildete und wieder zersetzte. 

Man muss jedoch beachten 1., dass die inneren. Theile 
des Cactus mit Rücksicht auf seine geringe Oberfläche und den 
Mangel an Porosität seiner Epidermis*) nicht in unmittelbarer 
Berührung mit dem Sauerstofigas stehen, wenn die Sonne die 
freie Luft, welche in ihn eingedrungen war, austreibt; sie 
befinden sich nach dieser Austreibung fast unter denselben 


*) Die Blattepidermis der fleischigen Pflanzen hat viel weniger 
Poren als die anderer Pflanzen. Diese bemerkenswerthe Beobachtung 
verdankt man Decandolle, 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 41 


Verhältnissen, wie wenn man sie der Destillation in einem ge- 
schlossenen Gefäss unterworfen hatte, oder wenn sie in Stiekgas 
vegetirthätten; sie bilden das kohlensaure Gas ausschliesslich aus 
ihrer eigenen Substanz. Mit den zarten Blättern verhält es sich 
nicht ebenso; alle ihre Theile sind mit der umgebenden Luft in 
Berührung, nicht nur, weil ihr Parenchym weniger dicht ist, son- 
dern auch, weil ihre Epidermis unter sonst gleichenVerhältnissen 
mit einer viel grösseren Zahl von Poren versehen ist. Die Ver- 
besserung, welche der Cactus in seiner Atmosphäre bewirkt, ist 
sehr gering; [235] nach vierundzwanzig Stunden ist sie unter den 
günstigsten Umständen nur dem dreizehnten Theile des Blatt- 
volumens gleich. 


2. Ein direeter Versuch bewies mir, dass der Caetus Sauer- 
stoffgas nur in Folge der Zerlegung des kohlensauren Gases 
ausscheidet. Während eines Monats liess ich Cactusse unter 
solchen Verhältnissen vegetiren, in welchen sie dreiundeinhalbes 
Mal ihr Volumen an Sauerstofigas gebildet hatten; doch hing ich 
in dem oberen Theil des Recipienten ein mit Kalilauge gefülltes 
Gefäss auf; alsdann führte der Cactus seiner Atmosphäre kein 
Sauerstoffigas mehr zu; er veränderte dieselbe nicht, und die 
Kalilauge brauste auf; die Pflanze nahm indessen keinen Scha- 
den ; wie im vorhergehenden Versuch trieb sie Wurzeln. Das Kali 
entzog in diesem Versuch dem Gewächs nicht jenes kohlensaure 
Gas, welches dasselbe im Dunkeln mit dem Sauerstofigas der 
umgebenden Luft bildete: diese Kohlensäure hielt der Caetus in 
seinem dichten Parenchym zurück; das Kali entzog der Pflanze 
nur das Gas, welches sie aus ihrer eigenen Substanz erzeugte. 
Indem ich Kalkwasser unter den Reeipienten brachte, sah ich, 
dass dies letztere saure Gas nur in der Sonne gebildet wurde. 


3. In Kap. II, S 4, Exper. V zeigte ich, dass der Cactus, 
welcher mit Hülfe von Wasser in einem Gemisch aus gewöhn- 
licher Luft und kohlensaurem Gas vegetirt, wie andere Pflanzen, 
indem sie letzteres Gas zersetzen, einen beträchtlichen Theil des 
Sauerstoffs desselben zurückhält. 236] Diese Pflanze findet 
demnach im Wasser allein keine hinreichende Menge Sauerstoff; 
sie ist deshalb auch weit davon entfernt, unter den für sie gün- 
stigsten Vegetationsbedingungen diesen Bestandtheil des Wassers 
als überflüssig zurückweisen zu können. 

4. Mit der grössten Sorgfalt forschte ich nach, ob die Cac- 
tusse, welche dreiundeinhalbes Mal ihr Volumen an Sanerstofi- 
gas ausgeschieden hatten, als sie einen Monat lang in atmo- 


42 Theod. de Saussure. 
sphärischer Luft, welche frei von kohlensaurem Gas war, vege- 
tirten, bei diesem Verfahren ihre Trockensubstanz*) vermehrt 
hatten; ich fand jedoch keine Zunahme; es schien mir sogar, 
als ob diese Substanz beständig eine kleine Gewichtsverminde- 
rung erlitten hätte. 


Rückblick. 


Indem die Pflanzen sich den Sauerstoff und Wasserstoff des 
Wassers aneignen, verliert dasselbe so seinen flüssigen Zustand. 
[237] Diese Assimilation tritt nur deutlich hervor, wenn die 
Pflanzen sich zu gleicher Zeit Kohlenstoff einverleiben. 

Das durch die Gewächse gebundene oder in feste Substanz 
verwandelte Wasser kann wahrscheinlich seinen Sauerstoff in 
Form von Gas erst nach dem Tode der Pflanze oder eines seiner 
Theile verlieren. Wenn die Gewächse, welche Sauerstoff und 
Wasserstoff des Wassers assimilirten, ohne freie Berührung mit 
Sauerstoff zu gähren anfangen, so erzeugen sie alsdann kohlen- 
saures Gas ausschliesslich aus ihrer eigenen Substanz. Der 
Sauerstoff des gebundenen Wassers kann sich mit ihrem Kohlen- 
stoff zur Bildung von kohlensaurem Gas vereinigen; und die 
Pflanzen oder die vegetirenden Theile scheiden, indem sie den 
Sauerstoff dieses letzteren entbinden, mittelbar einen ursprüng- 
lich dem Wasser angehörenden Bestandtheil aus. 

So kann durch die Mitwirkung der Vegetation und der ohne 
Berührung mit Luft vor sich gehenden Gährung das Wasser 
seinen wichtigsten Bestandtheil in der Form von Sauerstofigas 
entweichen lassen. 

Aber in keinem Falle zersetzen die Pflanzen direet das Was- 
ser, indem sie seinen Wasserstoff assimiliren und seinen Sauerstoft 
in der Gestalt von Gas ausscheiden; sie hauchen das Sauer- 
stofigas nur bei unmittelbarer Zersetzung des kohlensauren Ga- 
ses aus. j 

238] Die Pflanzen mit zarten Blättern, welche mit Hülfe 
von reinem Wasser in einem Gemisch von Sauerstoffgas und Stick- 
gas unter der abwechselnden Einwirkung von Sonne und Nacht 
vegetiren, führen demselben kein Sauerstofigas zu und geben 
äusserlich nicht zu erkennen, dass das Wasser direet zersetzt 


*) Um den Cactus zu trocknen, tauchte ich ihn einige Augenblicke 
lang in kochendes Wasser und setzte ihn darauf der Sonne aus. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 43 


wird. Man kann das Sauerstoffgas, welches sie in reinem Stick- 
gas oder unter Wasser von sich geben, nicht der unmittelbaren 
Zersetzung des Wassers zuschreiben, weil sie jedesmal, wenn 
sie sich in einem sauerstoffgasfreien Medium befinden, kohlen- 
saures Gas ausschliesslich aus ihrer eigenen Substanz bilden. 

Einige fleischige Pflanzen fügen, wenn sie in gewöhnlicher 
Luft, welche frei von kohlensaurem Gas ist, vegetiren, dieser 
Atmosphäre eine Menge Sauerstoffgas zu, welche das Mehrfache 
ihres Volumens übersteigt; dies Gas rührt jedoch, obgleich es 
ursprünglich dem Wasser angehört haben kann, als letztes Er- 
gebniss nur von der Zersetzung des kohlensauren Gases her, 
welches sie in der Sonne vollständig aus ihrer eigenen Substanz 
erzeugen; denn wenn man in ihre Nähe einen Körper bringt, der 
fähig ist, dies saure Gas zu absorbiren, so führen sie dem Medium, 
in welchem sie Tag und Nacht vegetiren, kein Sauerstoffgas mehr 
zu; sie geben kein Anzeichen mehr von einer directen Zersetzung 
des Wassers, obgleich sie kräftig vegetiren. [239] Die Eigen- 
schaft, welche den fleischigen Pflanzen ausschliesslich zukommt, 
aus ihrer eigenen Substanz kohlensaures Gas zu bilden, rührt 
von der geringen Porosität ihrer Epidermis oder von der gerin- 
gen Berührung, welche ihre inneren Theile mit dem Sauerstofi- 
gas der umgebenden Luft hat, her. 

Man kann nicht daran zweifeln, dass der grösste Theil des 
Wasserstofis, welchen die einjährigen Pflanzen erwerben, indem 
sie sich an freier Luft mit Hülfe von destillirtem Wasser entwickeln, 
aus dieser Flüssigkeit stammt, welehe durch sie in feste Substanz 
verwandelt wird. Dasselbe muss man von dem Sauerstoff des 
Wassers behaupten; denn man kann theils aus dem kohlensauren 
Gas, welches diese Pflanzen in einem gegebenen Zeitraum zer- 
setzen können, theils aus der geringen Veränderung, welche 
durch sie gewöhnliche Luft erfährt, entnehmen, dass die Menge 
Sauerstoff, welche die Pflanzen aus den atmosphärischen Gasen 
schöpfen, nicht genügt, um die Menge zu erklären, welche sie 
in dem kurzen Zeitraum ihrer Entwickelung erlangen. Man darf 
nicht vergessen, dass bei der Zersetzung der meisten getrock- 
neten Gewächse Wasser am reichlichsten gebildet wird, und dass 
der Sauerstoff ihr wichtigster Bestandtheil ist. 


44 Theod. de Saussure. 


[240] Achtes Kapitel. 
Von der Aufnahme der Lösungen durch die Wurzeln der 
Pflanzen. 
BL 


Wasser und Luft sind als Nahrungsmittel unzureichend, um die 
vollständige Entwicklung der Gewächse zu bewirken. 


Die Wurzeln der Pflanzen sind zu enge Filter, um andere 
Stoffe als Flüssigkeiten aufnehmen zu können. Wenn sie feste 
Körper eindringen lassen, so müssen dieselben so verdünnt, so 
zerkleinert sein, dass ihre Vertheilung in der Flüssigkeit alle 
Anzeichen einer wirklichen Lösung besitzt*). Die Untersuchun- 
gen über die Aufnahme |241| von Lösungen durch die Gewächse 
sind für die Theorie ihrer Ernährung sehr wichtig, weil sie uns 
zur richtigen Schätzung der Menge und der Art der Nahrung, 
welche sie sich mit ihren Wurzeln aus dem Boden aneignen kön- 
nen, führen. 

Tull, Vanhelmont und selbst einige neuere Naturforscher 
versuchten zu zeigen, dass die Gewächse aus dem Humus**) 
nur Wasser schöpfen, und dass der Dünger 242] nur insofern 


*, Einen Monat lang ernährte ich dreissig Pflanzen von Poly- 
gonum persicaria und der Pfeffermünze mit destillirtem Wasser, dem 
ich ein bestimmtes Gewicht fein vertheilter Kieselerde beigemischt 
hatte, die zum Theil mit Hülfe einer kleinen Menge in dieser Flüssig- 
keit gelösten Zuckers suspendirt blieb. [241] Nach dem Versuch fand 
ich weder durch Veraschung der Pflanzen, noch durch eine genaue 
Prüfung des Rückstandes der eingesogenen Flüssigkeit, dass diese 
Erde in wahrnehmbarer Weise in das Gewächs eingedrungen war. 
Bonnet liess einige Gewächse Tinte aufnehmen, doch wurde von dem 
gefärbten nicht gelösten Theil nur eine unwägbare Menge aufgenom- 
men. Er würde viel reichlicher durch die vollkommensten Filter, die 
wir anfertigen können, eingedrungen sein. 

**) Ich halte es für unnöthig, hier die Versuche von Vanhelmont, 
Tillet, Bonnet und Duhamel, welche die hauptsächlichsten Stützen 
dieser Theorie waren, aufzuzählen. Die Unvollkommenheit ihrer 
Methoden ist genügend von Bergmann, Kirwan und Hassenfratz nach- 
gewiesen worden; sie hoben besonders hervor, dass die Gefässe, in 
welchen T'ilet und Vanhelmont Pflanzen vegetiren liessen, porös und 
in Humus eingegraben waren, was die von diesen Autoren erhaltenen 
Ergebnisse beeinflussen konnte. Duhamel’s Eiche wurde mit einem 
bereits von Natur mit Extractstoffen beladenen Wasser begossen; 
Bonnet's Pflanzen dienten zur Unterlage mehr oder minder in Wasser 
lösliche Substanzen. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 45 


auf den Boden wirke, dass er den Pflanzen ein mehr oder weniger 
geeignetes Hülfsmittel biete, um die Wärme und Feuchtigkeit 
zurückzuhalten. Diese Schriftsteller setzten voraus, dass die 
Lebenskraft sowohl der Thiere wie der Pflanzen, indem sie auf 
verschiedene Weisen die atmosphärische Luft und das Wasser 
zersetzt oder bindet, alle Stoffe, selbst die Salze, die Erden und 
die Metalle, welche die Analyse und die Veraschung in den Ge- 
wächsen aufweist, bilden könne. Diese verworrene Vorstellung 
kann ebenso wenig bewiesen werden wie diejenige, Gold zu 
machen aus Stoffen, welche keins enthalten. Vordem man seine 
Zuflucht nimmt zu unverständlichen und wunderbaren Verwand- 
lungen, die mit allen bekannten Beobachtungen in Widerspruch 
stehen, muss man sich sorgfältig versichern, dass die Pflanzen 
diese Stoffe nicht vorgebildet in den Medien finden, in denen sie 
sich entfalten, und dass dieselben sie nicht aus ihnen schöpfen. 

Andere Autoren näherten sich mehr dem Anschein von 
Wahrheit, wenn sie annahmen, dass alle Bestandtheile der 
Pflanzen mit Ausnahme des Wassers ihnen in Gasform geliefert 
würden. Wenn man jedoch auf die Ergebnisse der unmittelbaren 
Beobachtung Bezug nimmt, so ist diese Hypothese in ihrer Ge- 
sammtheit nicht haltbar. Das Sauerstofigas und das kohlensaure 
Gas sind die einzigen uns bekannten luftförmigen Stoffe, von 
denen sich die Pflanzen in unserer Atmosphäre ernähren können. 
(243) Die Erfahrung lehrt, dass die meisten unter ihnen das 
Stickgas nicht assimiliren; indessen macht der Stickstoff einen 
wesentlichen Antheil der Gewächse aus; man findet ihn beständig 
im Holz, in den Extraeten und in der grünen färbenden Materie. 
Die Pflanzen enthalten Erden, welche wie bei den Thieren dazu 
beitragen können, ihre festen oder knochigen Theilezu bilden; man 
kann nicht nachweisen, dass diese Substanzen im luftförmigen 
Zustande in unserer Atmosphäre vorhanden sind, doch erkennt 
man sie in derselben im suspendirten und dampfartigen Zustande; 
hingegen lässt sich zeigen, dass sie sich in den Quellen finden, 
welche die Pflanzenerde bespülen und in die Wurzeln eindrin- 
gen. Es lässt sich ferner darthun, dass die nämlichen Quellen 
Extraetivstoffe in Lösung halten, von denen der Stickstoff einen 
wesentlichen Theil ausmacht, und dass die Fruchtbarkeit des 
Bodens in gewisser Beziehung und innerhalb bestimmter Grenzen 
von der Menge und der Natur der in Wasser löslichen Bestand- 
theile, die er enthält, abhängig ist. Endlich erkennt man, dass 
die Gewächse, indem sie sich diese Stoffe aneignen, schliesslich 
den Boden erschöpfen oder unfruchtbar machen. 


46 Theod. de Saussure. 


Die Pflanzen, welche von Natur auf dürrem Felsen oder auf 
reinem Sande wachsen, finden in den Ueberresten von Gewächsen 
und Thieren, [244] die in unserer Luft schweben, Nahrungsstoffe, 
welche die gasförmigen Bestandtheile der Luft nicht zu liefern 
im Stande sind. Diese Körperchen lassen sich auf den Blättern 
nieder, lösen sich in dem Wasser, welches diese verdichten, und 
dringen in ihr Inneres ein. Das von den Wurzeln aufgenommene 
tegenwasser ist mit denselben Stofien beladen. 

Die Gewächse, welche sich vollständig entfalten können, 
indem sie auf diese Weise aus unserer Atmosphäre ihren ganzen 
Unterhalt schöpfen, sind nicht sehr zahlreich. Eine so wenig 
reichliche Nahrung kann nur denjenigen genügen, welche eine 
an ihren Standort angepasste Organisation haben, nur denjenigen, 
die ausdauernd sind, und deren sehr langsame Entwickelung 
der geringen Menge assimilirter Nahrungsstoffe entspricht. 
Die meisten unter ihnen wie die Moose, die Farnkräuter, die 
fleischigen Pflanzen, die Fichten sind immergrün; ihre Blätter 
zersetzen während des ganzen Jahres kohlensaures Gas; sie bieten 
den in unserer Atmosphäre herumschwimmenden Körperchen be- 
ständig Anhaltepunkte dar; sie transpiriren wenig; sie sind 
lederartig oder fleischig, und bei solcher Beschaffenheit verlieren 
sie unter der Einwirkung des Sauerstoffgases der umgebenden 
Luft nur eine geringe Menge Kohlenstoff. Aber man findet fast 
niemals auf einem humusfreien Boden einjährige Pflanzen, [245] 
ihr Wachsthum oder ihre Entwieklung dürfte zu schnell sein, 
als dass sie in unserer Atmosphäre die grosse Menge Nahrungs- 
stoffe, welche sie verbrauchen, finden könnten. 

Sie vergehen, sobald sie die in ihren Samen enthaltene Nah- 
rung aufgesogen haben. Ich versuchte, Samen von Saubohne, 
Bohne, Erbse und Kresse zur Entwickelung zu bringen, indem 
ich ihnen als Unterlage reinen Sand oder Pferdehaare in Trieh- 
tern darbot, welche das überschüssige destillirte Wasser, mit 
dem ich sie benetzte, ablaufen liessen. Sie blühten sehr oft, 
doch konnten ihre Samen niemals reifen. Dessen ungeachtet 
variirte ich diese Versuche mit aller möglichen Sorgfalt fünf auf 
einander folgende Jahre hindurch. Grobert, Hassenfratz und 
andere Naturforscher sind bei diesen Untersuchungen meine 
Vorgänger gewesen, ohne günstigere Ergebnisse erhalten zu 
haben. 

Diejenigen, welche glauben, dass die atmosphärisehe Luft 
und das Wasser die einzigen Bestandtheile und Nahrungsstoffe 
der Gewächse sind, werfen dagegen ein, dass der Sand, das Haar 


N 
EM 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 47 


und andere ähnliche Unterlagen keine geeigneten Medien dar- 
stellen, um die zum Unterhalt der Vegetation erforderliche Menge 
Wasser zu liefern. 

Dieser Einwand würde begründet sein, wenn nicht mehrere 
Beobachtungen bewiesen, |246| dass ein Boden zum grössten 
Theil seiner vegetativen Stoffe beraubt sein kann, ohne dass er 
von dem fruchtbaren Boden unterschieden werden kann durch 
die physikalischen Eigenschaften, nämlich durch diejenigen, 
Wärme und Feuchtigkeit zurückzuhalten, sich von den Wurzeln 
durchdringen zu lassen und ihnen als Stütze zu dienen. Deshalb 
verliert, wie bekannt, eine von Quell- und Regenwassern stark 
ausgewaschene Erde an Fruchtbarkeit, während sie dasselbe 
Aussehen, dieselbe Farbe, dasselbe Gewicht und dieselbe Festig- 
keit bewahrt. Als ich wie im Kapitel V, $ 2 fast reinem Humus 
den grössten Theil seiner Extractivstoffe entzog, behielt er seine 
äusseren Eigenschaften bei. Doch verminderte sich seine Frucht- 
barkeit. Wenn es möglich wäre, den Humus seiner löslichen 
vegetabilischen Stoffe vollständig zu berauben, so würde man 
ihn vielleicht dem reinen Sande in Bezug auf seine vegetativen 
Eigenschaften gleichmachen; diese vollkommene Entziehung 
ist jedoch unmöglich, und man kann hier nur von Annäherung 
sprechen. 

Wenn der Dünger die pflanzliche Ernährung hauptsächlich 
durch die Gase, welche er entwickelt, begünstigte, so müsste ein 
Feld, das nicht besäet ist und kein Gewächs hervorbringt, eben- 
so stark erschöpft werden wie dasjenige, welches eine reiche 
Ernte ernährt; doch beweisen alle landwirthschaftlichen Ope- 
rationen das Gegentheil; |247| man findet, dass die Ernten den 
Boden verarmen, und dass sie ihrer Natur entsprechend, diese 
Wirkung mehr oder weniger hervorrufen. Im Allgemeinen er- 
schöpfen die substanzreichen und mit reichlicher Transpiration 
versehenen einjährigen Pflanzen den Boden stärker als die aus- 
dauernden, deren Entwicklung weniger schnell vor sich geht, 
und als die wenig transpirirenden einjährigen Pflanzen mit saf- 
tigen Blättern wie Erbsen, Saubohnen und Buchweizen*). 

Man kann noch eine andere Beobachtung machen, die eine 
nothwendige Folge der vorhergehenden ist, und die dieser wieder- 
um als Beweis dienen muss, nämlich die, dass unter sonst glei- 


*), Bibliotheque Britannique. (M&moires sur la eulture du Bl£. 
Agriculture, vol. 5, p. 499.) 


48 Theod. de Saussure. 


chen Umständen die am meisten den Boden erschöpfenden 
Pflanzen diejenigen sind, welche den an Nährstoffen reichsten 
Boden verlangen. 


S2 


_. 


Nehmen die Pflanzen in demselben Verhältniss wie das Wasser die in ihm 
gelösten Substanzen auf? 


Ich habe mehrere Lösungen dargestellt, von denen jede 793 
Cubikeentimeter oder 40 Cubikzoll destillirtes Wasser, 637 Milli- 
gramm oder 12Gran von demKörper, den ich sogleich angeben 
werde, enthielt. [248] Ich werde diese 12 Gran gleich 100 Thei- 
len setzen. 


Die 1. Lösung enthielt 100 Theile salzsaures Kali 

- - - salzsaures Natron 

- 5 - salpetersauren Kalk 

-  verwittert. schwefels. Natron 
. - - salzsaures Ammoniak 

- essigsauren Kalk 

- schwefelsaures Kupfer 
un - - krystallisirten Zucker 

- arabisches Gummi 

- - 25 - Humusextraet*). 


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In jede dieser Lösungen liess ich mit Wurzeln versehene 
Pflanzen von Polygonum persicaria oder Bidens cannabina ein- 
tauchen. Für diese Untersuchungen wählte ich besonders Sumpf- 
pflanzen, damit sie weniger von dem Wasserüberschuss, der sie 
ernähren sollte, leiden möchten. |249) Ich füge hinzu, dass ich 
sie, vordem ich sie zu dem Versuch benutzte, einige Tage in de- 
stillirtes Wasser stellte, bis ihre Wurzeln anfingen, sich zu ver- 
längern, 


*) Ich löste keinen getrockneten und vorher zubereiteten Extraet 
in Wasser, weil, wenn man so verfährt, immer der Theil des Ex- 
tractes, der sich während der Verdunstung niedergeschlagen hatte, 
in der Lösung suspendirt bleibt; sondern ich stellte in der Kälte einen 
Wasseraufguss des Humus her. Die Verdampfung eines Theiles dieses 
Aufgusses zeigte mir, dass letzterer, in dem ich die Pflanzen wachsen 
liess, 25 Theile Extract enthielt. Die mit den Salzen erhaltenen Er- 
gebnisse sind genauer als die mit dem Extraet, dem Zucker und dem 
Gummi erhaltenen, weil die vegetabilischen Verbindungen durch die 
Berührung mit den Wurzeln immer etwas faulen. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 49 


Die Polygonumpflanzen vegetirten fünf Wochen lang im Schat- 
ten in den Lösungen von salzsaurem Kali, salpetersaurem Kalk, 
salzsaurem Natron, schwefelsaurem Natron und Humusextract, 
indem sie ihre Wurzeln entwickelten; sie siechten immer 
dahin in salzsaurem Ammoniak ohne irgend welche Entwick- 
lung ; im Zuckerwasser konnten sie sich nur halten, wenn die 
Lösung, welche sehr schnell faulte, erneuert wurde; nach acht 
bis zehn Tagen gingen sie im Gummiwasser und in der Lösung 
des essigsauren Kalks zu Grunde; sie konnten nicht länger als 
zweibis drei Tage in der Lösung von schwefelsaurem Kupfer leben. 

Die Bidenspflanzen zeigten nahezu das nämliche Verhalten 
in diesen verschiedenen Lösungen. Im Durchschnitt wider- 
standen sie denselben noch weniger als die Polygonumpflanzen. 

Als ich untersuchte, in welchem Verhältniss die gelösten 
Substanzen in Beziehung auf das Wasser von den saugenden 
Wurzeln aufgenommen wurden, |350) benutzte ich dieselben 
Lösungen; jedoch beendete ich den Versuch, sobald die Pflan- 
zen genau die Hälfte der sie ernährenden Flüssigkeit, nämlich 
397 Cubikcentimeter (20 Cubikzoll) Lösung aufgenommen hatten. 
Pflanzen waren in genügend grosser Zahl vorhanden, so dass die 
Aufnahme in dem Zeitraum von zwei Tagen stattfand. Würde sie 
länger gedauert haben, so würden die Wurzeln in den ihnen 
nicht zusagenden Lösungen gefault sein. Ueberdies hätten der 
Zucker, das Gummi und das Humusextract durch die Gährung 
den grössten Theil ihrer Bestandtheile verlieren können. 

Die Analyse der 397 Cubikcentimeter (20 Cubikzoll) Lösung, 
welche die Pflanzen in jedem Gefäss nach der Aufsaugung zu- 
rückliessen, gab mir die Menge Salze*) an, mit denen sie sich 
beladen haben; [251] sie würden 50 Theile aufgenommen ha- 
ben, wenn die Aufnahme der salzigen Substanzen in demselben 


*) Die Salzlösungen wurden mit Hülfe von Reagentien analysirt 
und zwar mit grösserer Genauigkeit als nach irgend einem andern 
Verfahren. Ich hatte mich überzeugt, dass 100 Theile des von mir 
benutzten salzsauren Kalis mit salpetersaurem Silber einen Nieder- 


schlag geben gleich . . . RE ERS ETT KThonan 
100 Theile salzsaures Natron mit demselben Reagens 2324 
Zink salzsaur. Ammoniak - - - a - 
zer.Z salpetersaurer Kalk mit oxalsaurem Kali 18 - 
Eu. essigsaurer Kalk mit demselben Reagens 811 - 
nor verwittertes schwefelsaures Natron mit essig- 
saurem Baryt 1674 - 


-  .- schwefelsaures Kupfer mit demselb. Reagens 944 - 
Die Gummi-, Zucker- und Humusextraetlösungen wurden bis zur 
Trockne eingedampft. Der Rückstand wurde gewogen. 


Ostwald's Klassiker. 16. 4 


50 Theod. de Saussure. 


Verhältnisse stattfände wie die des Wassers. Ich fand jedoch, 
dass Polygonum, indem es die Hälfte der für die Versuche be- 
stimmten Flüssigkeit aufsog, nur 


14,7 Theile salzsaures Kali 


10 -  salzsaures Natron 
4 -  salpetersauren Kalk 
14,4  - _ schwefelsaures Natron 
12 - salzsaures Ammoniak 
8 - essigsauren Kalk 
47 -  schwefelsaures Kupfer 
9 - Gummi 
29 - Zucker 


5 - Humusextraet 
aufgenommen hatte. 
Bidens nahm auf: 


16 Theile salzsaures Kali 


15  - salzsaures Natron 

S - salpetersauren Kalk 
10 - schwefelsaures Natron 
17 -  salzsaures Ammoniak 

S - essigsauren Kalk 
48  - schwefelsaures Kupfer 
32  - Zucker 

S - Gummi 

6  - Humusextraet. 


252] Im Allgemeinen sieht man, dass die Pflanzen alle Sub- 
Stanzen, die ich ihnen darbot, aufnahmen, dass sie jedoch das 
Wasser in viel grösserem Verhältniss als die in ihm gelösten Kör- 
per aufsogen. Man sieht ferner, dass sie die Nährstoffe, welche 
für sie am geeignetsten waren, nicht beständig in der grössten 
Menge aufnahmen. Das schwefelsaure Kupfer, welches am schäd- 
lichsten ist, wurde am reichlichsten aufgenommen. Das Gummi 
und der essigsaure Kalk, welche der Vegetation sehr nachtheilig 
sind, drangen nur in kleiner Menge in die Pflanzen ein. 

Diese Versuche wiederholte ich mehrmals, theils nach den- 
selben, theils nach anderen Verhältnissen, und erhielt immer 
dieselben allgemeinen Ergebnisse. Die Pflanzen nahmen immer 
mehr salzsaure und schwefelsaure Alkalien auf als essigsauren 
und salpetersauren Kalk; sie nahmen stets mehr Zucker als 
Gummi auf; doch schwankten die Ergebnisse im Einzelnen. Die 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 51 


aufgenommenen absoluten Mengen von Salzen, Gummi und Zucker 
waren in zwei gleichen Versuchen niemals die nämlichen. Ich be- 
merkte bald, dass diese Abweichungen von dem verschiedenen 
Zustand der Wurzeln, welche mehr gelöste Stoffe aufnehmen, wenn 
sie weniger lebenskräftig sind, herrühren. Ich machte den Versuch 
sie abzuschneiden:; [253] die Pflanzen litten alsdann sehr schnell . 
in allen Lösungen und nahmen zwei oder dreimal mehr von der 
gelösten Substanz aus dem Wasser aufalsin den vorhergehenden 
Versuchen. 

Ich glaube, dass man die sehr grosse Aufnahme von schwe- 
felsaurem Kupfer besonders der Desorganisation zuschreiben 
muss, welche die Wurzeln durch dasselbe erleiden. Aus den 
folgenden Ergebnissen wird man in der That sehen, dass die 
Hinzufügung dieses Salzes zu einer Lösung von essigsaurem oder 
salpetersaurem Kalk bewirkt, dass diese letzteren in viel grös- 
serer Menge in die Pflanzen eindringen, als wenn sie für sich oder 
mit einem für die Vegetation weniger schädlichen Salz als dem 
schwefelsauren Kupfer zur Anwendung kamen. 


Bevorzugen die Pflanzen bei der Aufnahme aus einer mehrere Substanzen 
gelöst enthaltenden Flüssigkeit bestimmte Substanzen vor anderen? 


Bisher bot ich derselben Pflanze in der Lösung nur ein Salz 
dar; nun werde ich ihr mehrere bieten; und ich will sehen, ob 
sie daraus theilweise Abscheidungen bewirkt. In 793 Cubik- 
centimetern oder 40 Cubikzoll Wasser löste ich zwei oder drei 
verschiedene Salze auf, [254] von denen jedes 637 Milligramm 
oder 12 Gran wog. Ich setze diese 12 Gran stets gleich 
100 Theilen. 

In diesen Versuchen analysirte ich wie in den vorhergehen- 
den den Rückstand der Lösung, als sie durch die Aufnahme ge- 
nau auf die Hälfte ihres Volumens gesunken war. Wurde die 
Menge des in diesem Rückstand enthaltenen Salzes von derjeni- 
gen, welche ‚die Flüssigkeit vor der Einführung der Pflanzen 
enthielt, abgezogen, so ergab sich mir die Menge Salz, welche 
dieselben aufgenommen hatten. Polygonum nahm 11,7 Theile 
schwefelsaures und 22 Theile salzsaures Natron auf, indem es 
bis zur Hälfte eine Lösung aufsog, die 100 Theile oder 637 Milli- 
gramm von jedem dieser Salze enthielt. Bidens nahm aus einer 
gleichen Lösung 7 Theile schwefelsaures und 20 Theile salz- 


4* 


52 Th£od. de Saussure. 


saures Natron auf. An der Hand dieses Beispiels wird man die 
Ergebnisse, welche ich in der folgenden Tabelle zusammenge- 
stellt habe, verstehen. 


[255] | Gewicht der Gewicht der 
Gewieht \ Stoffe, mit denen | Stoffe, mit denen 
= | sich Polygonum sich Bidens 
der in dem Wasser vor dem Versuch | belud, indem belud, indem 
7 - 2 | esdieHälfte des | es die Hälfte des 
gelösten Stoffe ‚ Lösungswassers | Lösungswassers 
aufnahm aufnahm 
100 Theile verwitt. A N ron] 11,7 7 
- -  salzsaures Natron 227 20 
- -  verwitt.schwefelsaur. Natron A 10 
- -  salzsaures Kali 17 17 
- - . essigsaurer Kalk 84 5 
- -  salzsaures Kali 33) 16 
- -  salpetersaurer Kalk 41 2 
-  - salzsaures Ammoniak 16} 15 
- -  essigsauren Kalk 31 35 
- -  schwefelsaures Kupfer 34 39 
= -  salpetersauren Kalk 17 ) 
= -  schwefelsaures Kupfer 34 36 
- -  schwefelsaures Natron 6 13 
- -  salzsaures Natron 10 16 
= Z essigsaurer Kalk unbest. Menge unbest. Menge 
- - Gummi 26 21 
- - Zucker 34 ++) 46 


*) Den nach der Aufsaugung verbleibenden Rückstand fällte ich 
mit essigsaurem Baryt; die decantirte Flüssigkeit fällte ich mit salpe- 
tersaurem Silber. 

**) Die Analyse wurde nach demselbenVerfahren angestellt. Man 
sieht, dass die Pflanzen Salze aufgenommen haben, welche sich gegen- 
seitig zersetzen ; aber diese Zersetzung findet hier nicht statt, weil die 
Lösungen zu verdünnt waren. Berthollet hat gezeigt, dass der Aus- 
tausch der Bestandtheile nur statthat, wenn er durch die Krystallisa- 
tionskraft bedingt ist oder, was auf dasselbe hinausläuft, durch die 
Unlöslichkeit der neuen Verbindung. 

***), Der nach der Aufsaugung bleibende Rückstand wurde in zwei 
gleiche Theile getheilt; der eine wurde durch oxalsaures Kali, der 
andere durch salpetersaures Silber gefällt. 

--) Der nach der Aufsaugung bleibende Rückstand wurde in zwei 
gleiche Theile getheilt; der einewurde mit oxalsaurem Kali, der andere 
mit essigsaurem Baryt gefällt. Nach der Abscheidung des schwefel- 
sauren Baryts ist die decantirte Flüssigkeit mit salpetersaurem Silber 
gefällt worden. 


+) Den Rückstand liess ich bis zur Syrupeonsistenz eindampfen 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 53 


256] Einige dieser Versuche wiederholte ich mit Pfeffer- 
münze, Kiefer und Wachholder; die Ergebnisse waren im Allge- 
meinen dieselben; diejenigen Salze, welche am meisten von 
Bidens und Polygonum aufgenommen wurden, wurden es auch 
von den anderen Pflanzen. Unterschiede giebt es in den abso- 
luten Gewichten der aufgenommenen Salze; sie müssen unzwei- 
felhaft für Gewächse, welche sich nicht ähnlich sind, vorhanden 
sein; aber die Pflanzen derselben Art bieten in dieser Hinsicht 
so vielfache Abweichungen dar, dass ich mit Sicherheit diese 
Verschiedenheiten nicht der Gattung des von mir geprüften Ge- 
wächses zuschreiben kann. 

Das Abschneiden der Wurzeln, ihre Zersetzung und im Äll- 
gemeinen auch die Mattigkeit der Vegetation begünstigen das 
Eindringen von im Wasser gelösten Stoffen in das Gewächs. 

Ich liess Pflanzen, denen ich die Wurzeln abgeschnitten hatte, 
Lösungen aufnehmen; alsdann vollziehen sie die oben erwähnten 
Ausscheidungen nicht in so ausgesprochener Weise; sie nahmen 
fast ohne Unterschied alle Salze, welche ich ihnen darreichte, 
auf; sie absorbirten sie alle in grosser Menge und fast in dem- 
selben Verhältniss wie das Lösungswasser. Durch Gummi, essig- 
sauren Kalk und schwefelsaures Kupfer gingen sie nach sieben 
bis acht Stunden zu Grunde, [257] und ich konnte den Versuch 
in den anderen Lösungen nur vollenden, indem ich mehrmals 
die welkenden Pflanzen durch neue ersetzte. Die mit Wurzeln 
versehenen Pflanzen nehmen also aus ein und derselben Lö- 
sung bestimmte Stoffe vorzugsweise vor anderen auf: sie be- 
laden sich zum Beispiel beständig in grösserer Menge mit salz- 
saurem Natron und salzsaurem Kali als mit essigsaurem und 
salpetersaurem Kalk; aus einer Lösung von Zucker und Gummi 
nehmen sie mehr Zucker als Gummi auf u.s.w. Alle diese Stoffe 
dringen nicht in dem Verhältniss ihres Einflusses auf die Vege- 
tation in das Gewächs ein. Sie werden in einem weit kleineren 
Verhältniss aufgenommen als das Wasser, welches sie gelöst 
enthält. 

Ich würde geneigt sein anzunehmen, dass die Pflanze, indem 
sie einen Stoff vorzugsweise vor einem anderen aus derselben 
Flüssigkeit aufnimmt, diese Wirkung nicht kraft einer besonderen 


und gab dann Alkohol zu, der den Zucker löste und das Gummi fällte. 
Ein vergleichender Versuch liess erkennen, dass das gefällte Gummi 
hartnäckig ungefähr ein Viertel seines Volumens an Zucker zurück- 
hielt. Die von mir mitgetheilten Ergebnisse sind an der Hand dieser 
Beobachtung corrigirt worden. 


54 Theod. de Saussure. 


Verwandtschaft hervorruft, sondern im Verhältniss des Grades 
des Flüssigseins oder der Zähigkeit der verschiedenen Stoffe. In 
der That findet man, dass destillirtes Wasser flüssiger ist, oder 
dass es leichter und schneller durch ein Filter eilt als Wasser, 
welches salzsaures oder schwefelsaures Natron gelöst enthält *). 
258] Man findet, dass essigsaurer und salpetersaurer Kalk mit 
derselben Menge Wasser zähere Lösungen bildet, die schwieriger 
durch das Filter dringen, als die salzsauren und schwefelsauren 
Alkalien. Die letzteren werden von dem Gewächs immer reich- 
licher als die ersteren aufgenommen. Gummi, da es zäher ist. 
als Zucker, wird in geringerer Menge aufgenommen. Indessen 
muss man beachten, dass die Wurzeln ausserordentlich enge und 
viel vollkommenere Filter sind als diejenigen, welche wir ge- 
wöhnlich herstellen ; denn wenn man aufein aus mehreren Lagen 
Papier gemachtes Filter eine Lösung von essigsaurem Kalk und 
salzsaurem Kali giesst, und wenn man die Filtration unterbricht, 
sobald die Hälfte der Flüssigkeit abgelaufen ist, [259] so findet 
man, dass diese Hälfte weniger essigsauren Kalk als die auf 
dem Filter gebliebene enthält. Ebenso verhält es sich mit einer 
Lösung von Zucker und Gummi. 

Die Wurzeln zersetzten die Salze, welche ich sie auf- 
nehmen liess, nicht wahrnehmbar; denn ich fand niemals, dass 
nach der Aufsaugung im Rückstand eine Säure oder ein Alkali 
frei geworden wäre. 

Durch die Veraschung überzeugte ich mich davon, dass die 
Salze wirklich in die Pflanzensubstanz eingedrungen sind. Ich 
liess bewurzelte Pflanzen von Polygonum, diegrün 173,13 Gramm 
oder 3262 Gran wogen, in destillirtem Wasser wachsen. Ich 
liess andere Polygonumpflanzen von genau gleichem Gewicht 
in 1,55 Liter Wasser wachsen, das 3 Gramm oder 564, Gran salz- 
saures Kali enthielt. In dem Maasse, wie die Pflanzen die Lösung 
aufnahmen, ersetzte ich sie durch destillirtes Wasser. Nach drei 
Wochen beendete ich den Versuch und fand, indem 'ich den 


*) Damit diese Erscheinungen wahrnehmbarer sind, müssen die 
Lösungen concentrirter sein als diejenigen, welche ich den Pflanzen 
zum Absorbiren darbot. Es scheint mir wahrscheinlich, dass eine 
verdünnte wässerige Salzlösung keine homogene Verbindung, sondern 
ein Gemisch aus gesättigtem und nicht gesättigtem Wasser ist. Es ist 
wohl bekannt, dass eine verdünnte wässerige Lösung von salzsaurem 
Natron, die vollkommener Ruhe überlassen ist, am Grunde des Ge- 
fässes dichter und salzhaltiger wird als an der Oberfläche. (Vergl. 
die Abhandlung von Zeblane, Sur la Crystallotechmie. Journal de 
Physique, an 11). 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 55 


Rückstand der Lösung analysirte, dass die Pflanzen 1,59 Gramm 
oder 30 Gran salzsaures Kali, nachdem es bei Glühhitze ge- 
trocknet worden war, zum Verschwinden gebracht hatten. 

‚ Nach dem Trocknen wogen die Pflanzen |260] 39,8 Gramm 
(750 Gran) und lieferten bei der Verbrennung 4,246 Gramm 
oder 80 Gran Asche. 

Die Polygonumpflanzen, welche in destillirtem Wasser ge- 
wachsen waren, wogen nach dem Trocknen 38,851 Gramm 
(132 Gran); sie gaben 2,76 Gramm oder 151 Gran Asche. 

Die Pflanzen hatten also ihre Asche um eine Menge ver- 
grössert, welche nahezu gleich derjenigen des aus der Lösung 
verschwundenen salzsauren Kalis war. Ich analysirte diese 
Asche und fand in derselben durch salpetersaures Silber alle in 
den hinzugefügten Salzen enthalten gewesene Salzsäure wieder. 
Das salzsaure Kali wurde nicht zersetzt. Die absolute Menge 
freien Kalis war in der Asche des Polygonums, welches reines 
Wasser aufgenommen, nicht grösser als in der Asche desjenigen 
Polygonums, welches salzsaures Kali aufgenommen hatte; die 
Wiederholung des Versuches mit Bidens lieferte mir nahezu 
gleiche Resultate. Man sieht, dass dieselben Gewächse sehr 
verschiedene Salzmengen enthalten, und dass man nicht mit zu 
grosser Sicherheit auf die Tabellen bauen darf, welche aufge- 
stellt worden sind, um jeder Pflanze ein bestimmtes Verhältniss 
von Asche oder Salzen zuzuweisen. [261] Diese Bestimmungen 
können nur so weit genau sein, als die Gewächse auf demselben 
Boden und während derselben Zeit wuchsen. 


84. 
Betrachtungen über die salzigen oder mineralischen Stoffe, welche in die 
Zusammensetzung der Gewächse eingehen. 


Mehrere Schriftsteller haben behauptet, dass die Mineral- 
stoffe, welche man in den Gewächsen findet, dort nur zufällig 
vorhanden und keineswegs für ihre Existenz nöthig seien, weil 
die Pflanzen sie nur in sehr kleiner Menge enthalten. Diese An- 
sicht, ohne Zweifel für die Stoffe, welche sich nicht immer in 
derselben Pflanze finden, richtig, ist nicht für diejenigen, welche 
eonstant in ihnen vorkommen, bewiesen. Ihre geringe Menge 
ist kein Anzeichen für ihre Nutzlosigkeit. Der in einem Thier 
enthaltene phosphorsaure Kalk macht vielleicht nicht einmal den 
fünfhundertsten Theil seines Gewichtes aus, aber Niemand zwei- 


56 Theod. de Saussure. 


felt daran, dass dies Salz für den Aufbau der Knochen durchaus 
nothwendig ist. Dasselbe Salz fand ich in der Asche aller von 
mir daraufhin untersuchten Gewächse, und wir haben keinen 
Grund zu behaupten, dass sie ohne dasselbe existiren können. 

262] Daraus, dass einige Salze in bestimmten Verhältnissen 
gewissen Pflanzen schädlich sind, hat man zuweilen geschlossen, 
dass alle Salze in allen Verhältnissen der Vegetation schädlich 
sind. Aber die Beobachtung bestätigt nur selten diese systema- 
tischen und allgemeinen Ideen; sie zeigt, dass mehrere Pflanzen 
ein salziges Nahrungsmittel verlangen, dass es jedoch in seiner 
Menge und seinen Stoffen gemäss der Natur des Gewächses, das 
dasselbe aufnehmen soll, geändert werden muss. Duhamel er- 
kannte, dass die Strandpflanzen |plantes marines] in einem von 
salzsaurem Natron freien Boden hinsiechen; dies Salz schadet 
dem Getreide in demselben Verhältniss, wie es den vorstehend 
genannten Pflanzen nützlich ist. Parietaria, Brennnessel und 
Borasch gedeihen nur dort, wo sie salpetersauren Kalk oder sal- 
petersaures Kali finden, Schwefelsaurer Kalk beschleunigt die 
Entwickelung der Luzerne, des Klees und der Esparsette, auf 
mehrere andere Pflanzen ist er ohne Wirkung. Man glaubte, 
dass die Salze die Vegetation begünstigten, nur weil sie die Ver- 
wesung der auf dem Boden ausgebreiteten abgestorbenen pflanz- 
lichen Substanzen beschleunigten, oder weil sie die Feuchtigkeit 
der Luft anzögen; aber der schwefelsaure Kalk zerfliesst nicht, 
und wenn er durch Beschleunigung der Verwesung nützlich wäre, 
so würde sich sein heilsamer Einfluss nicht auf eine so geringe 
Zahl Gewächse beschränken. 

[263] Die Landwirthe wenden ihn in zu kleiner Menge an, 
als dass er die ihm zugeschriebene septische Wirkung hervor- 
rufen oder dass er die physikalischen Eigenschaften des Bodens 
als einfacher Träger der Gewächse ändern könnte. 

Thouvenel und Cornette glaubten zu erkennen, dass die 
Salze als zusammenziehende und ätzende Mittel wirkten, indem 
sie die Oefinung der Gefässe schlössen und sich der Aufnahme 
von Wasser widersetzten. Indessen zeigte bis jetzt die Beobach- 
tung, dass die Pflanzen Salze enthalten, welche sich in dem Bo- 
den, auf dem sie wachsen, finden. Parietaria, Brennnessel u.s. w. 
speicherten Nitrate, die Strandpflanzen Seesalz‘; letztere liefern 
dasselbe nicht mehr, wenn man sie zwingt, fern von den Ufern 
des Meeres hinzusiechen. De Bullion (M&moires d’Agrieulture, 
1791) säete Sonnenblumensamen (Helianthus annuus) in einen 
salpeterfreien sandigen Boden; die Pflanzen, welche auf dem- 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 57 


selben wuchsen, lieferten beider Analyse keine Spur dieses Salzes. 
Er begoss andere gleiche Pflanzen auf dem nämlichen Boden 
mit einer Lösung von salpetersaurem Kali; und diese speicherten 
passelbe. 

Obgleich die Beobachtung zeigt, dass bestimmte salzige Stoffe 
[264] dem Gedeihen einiger Pflanzen günstig sind, so lässt dieselbe 
doch zu gleicher Zeit erkennen, dass dies Nahrungsmittel ihnen 
nur zusagt, wenn es ihnen in sehr kleiner Menge geboten wird. 
Der schwefelsaure Kalk verdankt wahrscheinlich zum Theil seiner 
geringen Löslichkeit den heilsamen Einfluss auf die Entwicklung 
einiger Gewächse. Die Unwirksamkeit der löslicheren Salze wie 
des Salpeters, des kohlensauren Kalis und des Seesalzes, wenn 
sie im reinen Zustand angewandt und unmittelbar dem Boden 
zugeführt werden, ist für die meisten Nutzpflanzen anerkannt. 
Die Nützlichkeit der Aschen, welche einige dieser Salze enthal- 
ten, wird nicht bestritten. Aber sie sind in der Asche mit Erden 
durch eine halbe Verglasung verbunden, welche die Löslichkeit 
vermindert, und welche bewirkt, dass sie nicht plötzlich, sondern 
langsam und wiederholt in kleinen Mengen in die Gewächse ein- 
dringen; die überflüssigen Salze häufen sich bei gewissen Pflan- 
zen an der Oberfläche ihrer Blätter an und bilden dort eine 
Inerustation, die ihren Untergang bewirkt, indem sie dieselben 
an der Transpiration hindert. Dies ist grösstentheils der Ursprung 
der weissen Krankheit, welche die Cueurbitaceen *) und mehrere 
Küchengewächse befällt. 


*), Diese Krankheit beginnt bei den Kürbisspflanzen mit der Aus- 
scheidung zäher Tropfen, welche besonders auf der Oberfläche der Blät- 
terin der Nähe des Blattstieles erscheinen. [265] Die Tropfen trocknen 
ein und bilden weisse hervorragende staubartige Flecke, welche sich 
ausdehnen und sich allmählich bis zum Blattumfang vermehren. Ich 
löste diese Incrustation ab; sie war nur zum Theil im Wasser und Alko- 
hol löslich. Wurden diese Lösungen bis zur Trockenheit eingedampft, 
so liessen sie ein zerfliessliches Salz zurück, welchesalle Eigenschaften 
des mit einer unbestimmbaren Menge Magnesia verunreinigten salz- 
sauren Kalkes aufwies ; es wurde reichlich gefällt von salpetersaurem 
Silber, oxalsaurem Kali und kohlensauren Alkalien, aber nicht von 
Barytwasser und war im Feuer fast unveränderlich. Der salzige und 
erdige Theil der Inerustation macht ungefähr ein Drittel ihres Gewich- 
tes aus; sie wurde von einer weissen in Wasser und Alkohol unlös- 
lichen vegetabilischen Substanz ziemlich reichlich eingehüllt, so dass 
die Incrustation selbst nicht merklich Feuchtigkeit anzog. Diese 
Krankheit greift besonders die alten Pflanzen an, welche auf einem an 
thierischem Dünger reichen Boden und in Mistbeeten wachsen, wo die 
Blätter nicht vom Regenwasser abgewaschen werden. 


58 Theod. de Saussure. 


1265| Die Gewächse schöpfen nicht alle ihre mineralischen 
Stoffe aus Salzlösungen gleich denen, welche man künstlich durch 
Auflösen z. B. von salzsaurem Kalk, Eisen oder Mangan in 
reinem Wasser darstellen kann, sondern sie nehmen sie zum 
grossen Theil aus Verbindungen auf, die wir nicht zusammen- 
zusetzen vermögen, namentlich aus solchen, in welchen die Ele- 
mente dieser Salze sich chemisch mit Sauerstoff, Wasserstoff, 
Stickstoff und Kohlenstoff im Humusextract verbunden finden, 
266] und wo sie nur durch die Veraschung nachgewiesen wer- 
den können. 


85. 


Ueber die Anwendung der vorstehenden Beobachtungen auf die 
Erforschung der Menge von Nahrungsstoffen, welche die Substanz des 
Humus allein den Wurzeln der Gewächse liefert. 


Wir sind zu weit davon entfernt, alle Wirkungen der Pflanze 
auf den Humus und des Humus auf die Pflanze zu kennen, um 
dahin gelangen zu können, sämmtliche Bestandtheile, welche sie 
aus demselben schöpft, zu berechnen und zu wägen. Beim Studium 
der Natur kann man nichts Besseres thun, als die Maxime *) des 
berühmten Haus zu befolgen: die Dinge werden geschätzt, 
soansich zu sein, wie sie sich unserer Beobachtung 
darbieten. Wenn wir uns mit Rücksicht hierauf auf diejenigen 
Beobachtungen beziehen, welche theils in diesem, theils in den 
vorhergehenden Kapiteln mitgetheilt worden sind, so finden wir, 
dass das Humusextraet, das kohlensaure Gas, das Sauerstoffgas, 
alle die in Wasser löslichen Verbindungen, welche aus dem Boden 
in eine grüne Pflanze durch ihre Wurzeln eindringen, [267] bei 
weitem nicht genügen, um den grössten Theil des Gewichtes 
dieses Gewächses, im Trockenzustand betrachtet, zu bilden **). 


*) Trait@ de Min£ralogie, par Hauy, voll, p. 7. 

**) Ich könnte mich auf das Experiment von Vanhelmont berufen, 
der, nachdem er eine Weide fünf Jahre lang in 200 Pfund Humus hatte 
wachsen lassen, fand, dass diese Weide im grünen Zustand ein Ge- 
wicht von 164 Pfund erlangt hatte, und dass der vor und nach dem 
Experiment im Ofen getrocknete Humus nur zwei Unzen von seinem 
Gewicht verloren hatte. Ueber diese Ergebnisse hat Kirwan jedoch 
sehr begründete Betrachtungen angestellt; er bemerkt: 1. dass der 
Humus in ein poröses nicht glasirtes Gefäss gethan wurde, das selbst 
wiederum in Dammerde eingegraben wurde, und dass diese letztere 
der Pflanze Extractivstoffe mitgetheilt hätte; 2. findet er, dass das im 
Ofen ausgeführte Trocknen vor und nach dem Versuch nicht identisch 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 59 


Aus Kapitel V, $ 2 sah man, dass Regenwasser, nachdem 
es mehrere Tage auf dem gut gedüngten Boden eines Gartens 
gestanden hatte, dort einen Aufguss bildete, welcher einen 
Theil trockenes Extract auf tausend Theile Wasser enthielt. 
Man sah ferner, dass ein Gewächs, welches diesen Aufguss 
aufsaugen sollte, nur ein Viertel des festen Extractes, welches 
er enthält, aufnehmen würde. Wenn das Humusextraet seine 
einzige Nahrung! wäre, würde dies Gewächs also sein Gewicht 
nur um ein Viertel Pfund im Trockenzustand vergrössern, wenn 
es tausend Pfund Aufguss aufsöge. [268] Eine einjährige Pflanze 
wie Helianthus, welche im Garten wuchs, konnte von ihrer 
Keimung an im Zeitraum von vier Monaten vier Kilogramm (acht 
Pfund) Frischgewicht oder ein halbes Kilogramm (ein Pfund) 
Troekengewicht erlangen*). Wenn man auf Grund der Versuche 
von Hales annimmt, dass die während vierundzwanzig Stunden 
aufgenommene und transpirirte Menge Wasser gleich der Hälfte 
des Gewichtes dieser Sonnenblume im nicht getrockneten Zu- 
stande ist, so finde ich, nachdem ich dieselbe in den verschiede- 
nen Zeiträumen ihrer Vegetation gewogen hatte, dass sienach Ab- 
lauf von vier Monaten nicht mehr als 100 Kilogramm (200 Pfund) 
Wasser oder Aufguss aufgenommen und transpirirt haben konnte. 
Die in diesen 100 Kilogramm enthaltene Menge trockenen Ex- 
tractes ist gleich 100 Gramm oder ! Pfund; davon nahm die 
Pflanze nur den vierten Theil oder 25 Gramm auf; doch muss 
man das in 100 Kilogramm Aufguss enthaltene kohlensaure Gas 
hinzufügen. Nach den im Kap. V, $ 2 mitgetheilten Versuchen 
schätze ich, dass dies 3,7 Gramm (70 Gran) wiegt; [269] nur 
die Hälfte hiervon eignete sich die Sonnenblume, welche, indem 
sie das kohlensaure Gas zersetzt, einen Theil ihrer Elemente 
aushauchte, an. Demnach schöpfte diese Pflanze aus dem Hu- 
mus, wenn von dem Wasser abgesehen wird, eine Menge vege- 
tabilischer Substanz gleich 25 + 1,55 Gramm, welche ungefähr 
nur den zwanzigsten Theil des Gewichtes ausmachen, das die 


sein könne; 3. dass die Weide in der Erde Wurzelfäserchen zurück- 
gelassen habe, deren Gewicht man nicht schätzen könne; 4. dass das 
Regenwasser, welches zum Begiessen gedient hatte, durch seine Un- 
reinigkeiten zur Ernährung der Pflanze beitragen musste. (M&moire 
sur les Engrais par Kirwan.) 

*) Hales sagt, dass eine in voller Vegetation stehende Sonnenblume 
nur ein Viertel ihres Gewichtes durch I'rocknen verliert. Dies Ergeb- 
niss ist gewiss ungenau, ebenso wie die Folgerungen, welche dieser 
Schriftsteller daraus ableitet. 


60 Theod. de Saussure. 


Sonnenblume, im getrockneten Zustande betrachtet, nach direeter 
Beobachtung erworben hatte. , 


Die Bereehnung, welche ich soeben anstellte, ist ohne 
Zweifel weit davon entfernt, genau zu sein; indem ich jedoch 
annehme, dass die Menge von Nährstoffen, welche die Pflanze 
mit ihren Wurzeln aus dem Boden schöpft, in meiner Schätzung 
zwei- oder dreimal zu gross oder zwei- oder dreimal zu klein sei, 
so bleiben doch die wesentlichen und allgemein gültigen Ergeb- 
nisse, welche ich im Auge habe, nichts destoweniger die näm- 
lichen. Sie beweisen gleichfalls, dass das Humusextraet, dass die 
Gase, dass alle in Wasser löslichen Stoffe, welche aus dem Boden 
herrühren, und welche in die Wurzeln einer grünen Pflanze ein- 
dringen, wenn man vom Wasser ganz absieht, nicht den grösseren 
Theil des Gewichtes der Pflanze im Trockenzustand ausmachen. 
Indessen findet man stets, dass sie merklich in dieselben eindrin- 
gen, und dass sie gleich Nährstoffen trotz ihrer geringen Menge 
einen mächtigen Einfluss auf das Wachsthum der Gewächse aus- 
üben. [270] Man erkennt, dass das Wasser, welches das Gewächs 
theils aus dem Boden, theils aus der Atmosphäre schöpft, und 
welches es in feste Substanz verwandelt, in Gewicht den ‘grössten 
Theil der Trockensubstanz der Pflanze ausmacht; dass ihr der 
Kohlenstoff in Gasform aus der Atmosphäre in grösserer Menge 
geliefert wird als aus irgend einer anderen Quelle; dass aber 
der Stickstoff, die Salze und die Erden, welche Bestandtheile 
am wenigsten reichlich in der Pflanze vorhanden sind, 1. aus 
den aus dem Humus durch die Wurzeln geschöpften Lösungen 
von extractiven und salzigen Stoffen, 2. aus den in der Atmo- 
sphäre suspendirten vegetabilischen und animalischen Stoffen, 
welche sich auf dem Gewächs niederschlagen, herrühren. 


Rückblick. 


l. Die Wurzeln der Pflanzen nehmen die Salze und die Ex- 
tracte auf, aber in kleinerem Verhältniss als das Wasser, welches 
diese Salze und diese Extraete gelöst enthält. 


2. Das Abschneiden der Wurzeln, ihre Zersetzung und im 
Allgemeinen das Hinsiechen der Vegetation begünstigen das Ein- 
dringen der Salze und Extracte in die Pflanzen. 

3. Ein Gewächs nimmt nicht im gleichen Verhältniss alle in 
ein und derselben Lösung enthaltenen Stoffe auf; es nimmt unter 
denselben besondere Ausscheidungen vor; [271] im Allgemeinen 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 61 


nimmt es in grösster Menge die Stoffe auf, deren Lösungen an 
sich am wenigsten zäh sind. 

4. Wenn man das Gewicht des Extraetes, welches der frucht- 
barste Boden liefern kann, mit dem Gewicht der getrockneten 
Pflanze, welche sich auf ihm entwickelte, vergleicht, so findet 
man, dass sie nur eine sehr kleine Menge ihrer eigenen Substanz 
aus demselben zu schöpfen vermag. 


[272] Neuntes Kapitel. 


Untersuchungen über die Asche der gewächse. 


$ı. 


Ueber die von einigen Schriftstellern angestellten Beobachtungen über 
die Mengen Asche, welche die Gewächse liefern. 


Die Erfahrung lehrte seit Langem, dass die Gewächse von 
gleichem Gewicht in Bezug auf die Menge von Asche, welche sie 
hervorbringen können, nach der Art variiren. Doch ging man 
auf die allgemeine Quelle dieser Erscheinung nicht zurück. Man 
forschte dem Ursprung dieser Aschen und der Ursache ihrer 
Verschiedenheit nicht nach. Vordem ich von meinen eigenen 
Beobachtungen spreche, will ich in wenig Worten die bereits be- 
kannten in das Gedächtniss der Leser zurückrufen. 

Die Inspeetoren der Salpeterfabrik in Frankreich, [273] 
Kirwan und Ruckert*), fanden, dass bei gleichem Gewicht 
die krautigen Pflanzen nach ihrem Trocknen mehr Asche als 
die holzigen Pflanzen liefern. Dies Ergebniss wurde von allen, 
welche sich mit den Produceten der Veraschung beschäftigten, 
bestätigt. Perturs lieferte für dies Prineip eine schöne Bestä- 
tigung, als er ermittelte, dass der Stamm der Bäume weniger 
Asche als die Zweige, und diese weniger Asche als die Blätter 
hervorbringen. (Annales de Chimie, tome XIX.) Dies ist aber 
auch Alles von den Ergebnissen dieses Schriftstellers, woran 
man sich halten kann; seine anderen Behauptungen, 1. dass die 
trocken verbrannten Pflanzen weniger Asche als die frisch ver- 
brannten enthalten, 2. dass faules Holz weniger Asche als ge- 


*) M&moire sur les Engrais, par Kirwan. Societe royale d’Irlande, 
vol. 5, p. 129, und Ruckert’s Feldbau. 


62 Theod. de Saussure. 


sundes Holz liefert, 3. dass die zur Reifezeit verbrannten Pflanzen 
mehr Asche als vor oder nach derselben geben, 4. dass die Ge- 
wächse im Allgemeinen um so mehr lösliche Salze an das Wasser 
abgeben, je mehr Asche sie enthalten, scheinen mir der Aende- 
rung bedürftig zu sein. Es ist zu bedauern, dass man unter den 
sechzig von Periuis ausgeführten Veraschungen nur vier findet, 
274] welche mit getrockneten Pflanzen und ohne Beimischung 
unbekannter Pflanzen angestellt worden sind. Die Unsicherheit, 
in welcher uns das unvollkommene Trocknen lässt, das in un- 
genauer Weise durch die Brüche ein Halb, ein Viertel, drei 
Viertel geschätzt wird, setzt den Schlussfolgerungen, welche man 
aus diesen Versuchen ziehen könnte, eine Grenze, besonders 
wenn die Gewächse, wie man nach den Ergebnissen argwöhnen 
muss, nicht vor Regen geschützt gehalten wurden, nachdem sie 
abgeschnitten worden waren. Trotz dieser geringen unvermeid- 
lichen Ungenauigkeiten im Verlaufe einer langwierigen Arbeit 
kann man den Nutzen der Untersuchungen dieses Schriftstellers 
nicht verkennen, der keine physiologische Beobachtungen, son- 
dern Extractionen von alkalischen Salzen im Grossen im Auge 
hatte. 


5% 


Ueber das Princip, nach dem die Asche an Menge in den holzigen oder 
krautigen Pflanzen schwankt. 


Bei einem so neuen und verwickelten Gegenstande, mit dem 
ich mich nun beschäftige, werden die von mir gegebenen Er- 
klärungen ohne Zweifel sehr oft gewagt sein; aber ich habe 
Grund zu glauben, dass die Beobachtungen, welche ihnen als 
Grundlage dienen, es nicht sind, wenigstens nicht für die von 
mir geprüften Arten; [275] denn, obgleich meine Veraschungen 
zahlreich sind, sind sie vielleicht nicht immer zahlreich genug, 
als dass wir uns zu allgemeinen Schlussfolgerungen erheben 
könnten. 

Ich werde die Gewächse nur im getrockneten Zustande und 
nach gleichen Gewichtsmengen betrachten; das Vegetationswasser 
wechselt nach der besonderen Constitution jedes Individuums ein 
und derselben Art, nach dem Alter der Pflanze und dem Klima 
so, dass es vor allen Dingen darauf ankommt, diese Quelle des 
Irrthums zu meiden. 

Die Untersuchungen der Schriftsteller, welche ich in dem 
vorhergehenden Paragraphen aufführte, und die meinigen wie 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 63 


man sie in der Tabelle der Veraschungen am Ende dieses Ka- 
pitels findet) zeigen übereinstimmend, dass die holzigen Pflanzen 
weniger Asche als die krautigen Pflanzen enthalten. Wenn die 
Gewächse, wie wir im Kapitel VIII erkannt haben, erdige und 
salzige Stoffe nur in flüssiger Form in ihr Inneres eindringen 
"lassen, so müssen sie um so mehr Asche enthalten, je reichlicher 
die Aufsaugung oder die Transpiration ist; denn diese beiden 
Funetionen sind stets wechselsweise von einander abhängig. 
Hales*) und Bonnet**) zeigten, |276] dass die krautigen Pflan- 
zen mehr Wasser als die holzigen transpiriren; diese letzteren 
müssen also weniger Asche enthalten. 

Die Blätter der immergrünen Bäume transpiriren nach der 
Beobachtung von Hales weniger als die der sich im Herbste 
entlaubenden Bäume. Die letzterem sind aus diesem Grunde 
aschereicher. Man vergleiche am Ende des Kapitels die Ver- 
aschungen der im getrockneten Zustande verbrannten Pflanzen 
Nr. 1, 2, 16, 31 mit den Veraschungen Nr. 67, 71, 74. 

Die Blätter immergrüner Bäume transpiriren in der That 
während des ganzen Jahres; doch ist die Wirkung im Winter 
sehr klein oder fast Null, und es ist wahrscheinlich, dass sie in 
dieser Jahreszeit durch die Waschungen des Regenwassers ebenso 
viel Asche verlieren, wie sie aufnehmen. 

Wenn eine Salzlösung in einem Gefäss enthalten ist, welches 
dieselbe durch ihre Poren hindurch verdunsten lässt, so setzt 
sich das Salz in grösster Menge dort ab, wo die Verdunstung am 
reichlichsten ist. Die Vertheilung der Asche in der Pflanze stimmt 
im Allgemeinen mit diesem Prineip überein. Da die Transpira- 
tion durch den Stengel geringer ist als durch die Blätter, so sind 
diese reicher an Asche. Man vergleiche die Veraschung Nr. 29 
mit der folgenden, Nr. 67 mit Nr. 69, Nr. 71 oder 72 mit der 
folgenden. 

[277] Nach den Beobachtungen von Hales transpiriren die 
Blätter mehr als die Früchte. Diese liefern viel weniger Asche. 
Man vergleiche unter den Veraschungen Nr. 30, 31 oder 32 mit 
Nr. 34, Nr. 51, 52, 53 mit Nr. 54 und Nr. 57, 58, 59 mit 
Nr. 61. 

Die Rinde ist der unmittelbare Sitz der Transpiration des 
Stammes und enthält viel mehr Asche als die inneren Theile. 
Man vergleiche unter den Veraschungen Nr. 5 und 6 mit Nr. 7, 


*) Statique des Vegetaux, Edition frangaise, p. 3 et 43. 
**) Recherches sur l’usage des Feuilles, p. 77, edit. in $°, 


64 Theod. de Saussure. 


siehe ferner Nr. 14 und 15, Nr. 20 und 21, Nr. 22, 23 und 24, 
Nr. 26, 27 und 28. 

Die Asche nimmt in den Blättern der Bäume zu von dem 
Augenblick an, wo sie aus der Knospe heraustreten, bis zu dem- 
Jenigen, wo sie gelb werden und abfallen. Siehe Nr. 1 und 2, 
Nr. 12 und 13, Nr. 16, 18 und 19, Nr. 30, 31 und 32. Die 
Pflanzen müssen in allen Theilen, welche keine Veränderung in 
ihrer Gestalt und ihrer Energie zu vegetiren mehr erleiden, Asche 
aufspeichern. In allen Zeitabschnitten wählte ich vollkommen 
grüne und gesunde Blätter aus; doch trug ich Sorge im Winter 
und Herbst nur diejenigen zu sammeln, welche die ältesten zu 
sein schienen. 

Die soeben von mir mitgetheilten Ergebnisse [278] können 
nicht mehr auf einjährige Pflanzen angewandt werden, welche 
in ihrer Gesammtheit mit Einschluss der todten Theile, die 
sie besitzen können, geerntet und verbrannt werden. Die Asche 
dieser Pflanze vermindert sich in dem Maasse, wie ihre Entwick- 
lung fortschreitet. Man vergleiche in der Tabelle der Veraschun- 
gen Nr. 35 und 36, Nr. 37, 38 und 39, Nr. 43, 44 und 45, 
Nr. 46, 47 und 48, Nr. 51, 52 und 53, Nr. 57, 58 und 59. Der 
Grund dieser Verschiedenheit rührt daher, dass die einjährigen 
Pflanzen in dem Maasse, wie sie altern und wie sie neue Bildun- 
gen hervorbringen, die untersten Blätter verlieren, welche die 
ältesten und folglich die aschereichsten sind. Wenn diese Blätter 
nicht abfallen, vergehen oder vertrocknen sie und geben in die- 
sem Zustande des Absterbens ihre löslichen Bestandtheile dem 
Regenwasser, dem Thau und selbst dem ‚Transpirationswasser 
preis. Könnte man das Verhältniss an Asche in einem einzel- 
nen Blatte einer einjährigen Pflanze, vordem dieser Theil eine 
Veränderung erleidet, verfolgen, so würde man wahrscheinlich 
sehen, dass die Asche zunimmt, wie man es an den Blättern der 
oben aufgeführten Bäume wahrnimmt. 

Die Aschemenge scheint bei den einjährigen Pflanzen in dem 
Maasse zuzunehmen, wie sie altern, wenn man sie im frischen 
Zustande betrachtet. Man vergleiche Nr. 37 und 38, Nr. 47 
und 48. |279] Doch ist dies nur eine durch das Vegetations- 
wasser hervorgerufene Täuschung Der Verlust dieses Wassers, 
der um so grösser ist, je weiter die Entwicklung vorgerückt ist, 
scheint das Verhältniss der Asche in dem Gewächse zu vergrös- 
sern, je näher dies durch denselben dem Trockenzustand ge- 
bracht wird. 

Die Asche häuft sich nieht in unbestimmter Weise im Stamm 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 65 


der Bäume an. Der Splint enthält mehr Asche als das Holz. Man 
vergleiche in der Veraschungstabelle Nr. 5 und 6, Nr. 22 und 23, 
Nr. 26 und 27. Wenn die Splintlagen erhärten und in den Zu- 
stand des Holzes übergehen, überlassen sie den aufsteigenden 
Säften die Asche, welehe sie während ihres Wachsthums aufge- 
speichert hatten. 

Ich nahm frische Nussblätter,, liess den einen Theil derselben 
trocknen und wusch den anderen Theil wiederholt mit kaltem 
destillirtem Wasser. Dieser letztere wurde dann gleichfalls 
getrocknet; hundert Gewichtstheile der gewaschenen Blätter 
lieferten weniger Asche als hundert Gewichtstheile der nicht ge- 
waschenen Blätter. Dies Ergebniss kann zum Theil als Grund- 
lage für die vorhergehende Erklärung dienen. 

Ein verfaultes Gewächs liefert bei gleichem Gewicht mehr 
Asche, als das nämliche Gewächs nicht gefault. Hundert Ge- 
wichtstheile faules Holz gaben mir mehr Asche als hundert 
Gewichtstheile gesundes Holz. Aber diese Erscheinung setzt in 
mehreren Fällen voraus, [280| dass das Gewächs nicht durch 
fliessendes Wasser während der Fäulniss ausgewaschen wor- 
den sei. 


S 3. 


Ueber die Zusammensetzung der Asche im Allgemeinen. 
Ueber den Einfluss des Bodens. 


Die alkalischen Salze des Kalis oder des Natrons, die phosphor- 
sauren Erden des Kalks oder der Magnesia, der freie oder kohlen- 
saure Kalk, die Kieselsäure und die Oxyde des Eisens und des 
Mangans bilden vereinigt oder getrennt die wichtigsten Bestand- 
theile der Asche und die einzigen, mit denen ich mich beschäf- 
tigen werde; die Asche enthält noch viele andere, welche aber 
durch ihre kleine Menge sehr häufig unserer Beobachtung ent- 
gehen. Die Asche umschliesst vielleicht alle Stoffe, welche durch 
die Wirkung des zur Verbrennung benutzten Feuers nicht ver- 
flüchtigt werden können. Denn es ist möglich, dass unsere 
Atmosphäre alle Elemente suspendirt enthält, und dass eine aus- 
gebildetere Analyse ihre Spuren auf allen Böden erkennen lässt. 

Die Analyse zeigt, dass die vorwaltenden Bestandtheile der 
Asche im Humus enthalten sind, und dass sein löslicher Bestand- 
theil, welcher allein in das Gewächs eindringt, diese Bestand- 
theile in viel grösserem Verhältniss enthält als der unlösliche 
Theil. [281] (Vergleiche in der Tabelle der Analysen Nr. 10 


Ostwald's Klassiker. 16. 5 


66 Theod. de Saussure. 


und 11, Nr. 76 und 77, Nr. 78 und 79.) Ihr Vorhandensein in 
der Pflanze ist demnach nur natürlich, und ihre Abwesenheit 
würde grösseres Erstaunen erregen. 

Die Natur des Bodens hat unter sonst gleichen Umständen 
einen merklichen Einfluss auf das Schwanken der Aschemengen 
bei den meisten Gewächsen. Ich habe die Einzelheiten eines 
Versuches mitgetheilt (Kap. VII), in welchem ich Polygonum 
persicaria in einer Salzlösung und in destillirtem Wasser wachsen 
liess. Die ersteren Pflanzen haben bei gleichem Gewicht fast 
zweimal mehr Asche geliefert als die letzteren. Ich liess Sau- 
bohnen sich nach drei verschiedenen Verfahren entwickeln. Die 
ersten wurden geschützt vor Regen mit destillirtem Wasser er- 
nährt. Hundert Theile der Pflanzen, welche diese Samen her- 
vorbrachten, enthielten im trockenen Zustande zur Blüthezeit 
3,9 Theile Asche. Gleiche Samen wurden in mit Kies gefüllte 
Glaskapseln gesäet und auf die Erde ins Freie gestellt; sie wur- 
den theils natürlich, theils künstlich mit Regenwasser begossen. 
Hundert Theile dieser blühenden Pflanzen lieferten getrocknet 
74 Theile Asche. [282] Schliesslich gaben blühende Saubohnen- 
pflanzen, welche im freien Lande in einem Gemüsegarten wuch- 
sen, 12 Theile Asche. 

Das Verhältniss der Bestandtheile der Asche steht fast immer 
in Beziehung zu demjenigen der Bestandtheile, welche den Boden 
aufbauen. Die Pflanzen, welche auf einer von einem kieselhal- 
tigen Gebirge herrührenden Erde wachsen, liefern unter sonst 
gleichen Umständen Asche, welche weniger Kalk und mehr 
Kieselsäure enthält als diejenigen, welche auf einer kalkhaltigen 
Erde wuchsen. (Man vergleiche in der Tabelle der Analysen 
Nr. 67 und 68, Nr. 71 und 72, Nr. 74 und 75.) Der Boden von 
Breven oder des Granitgebirges, auf welchem ich die kiesel- 
haltigen Ernten gewann, war viel reicher an Eisenoxyd als 
derjenige des Kalkgebirges. Der nämliche Unterschied ist in 
der Asche zu beobachten. Alle Pflanzen wurden zu derselben 
Jahreszeit geerntet, indessen war die Vegetation auf dem kiesel- 
haltigen Boden etwas mehr zurückgeblieben, und dieser Umstand 
bewirkte, wie ich im Folgenden zeigen werde, das Verhältniss 
der Kieselsäure und des Eisenoxyds in der Asche der Pflanzen, 
welche auf diesem Boden wuchsen, zu verkleinern. 

Die Unterschiede in den Produeten des kalkhaltigen und des 
kieselsäurehaltigen Bodens sind nur insoweit fühlbar, als die die 
Gewächse ernährenden Extraetivstoffe verschiedene Mengen Kie- 
selsäure und Kalk enthalten. [283] Die Pflanzen, welche auf 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 67 


mit dem nämlichen Dünger oder dem nämlichen Humus verbes- 
serten Kalk- und Granitsand wachsen würden, würden ähnliche 
Aschen enthalten; darüber kann man sich aus dem Versuch von 
Lampadius, welcher in dem Journal des mines Nr. 65 ver- 
zeichnet ist, ein Urtheil bilden. Dieser Schriftsteller liess in 
einem Garten fünf Beete von je vier Fuss Oberfläche und ein 
Fuss Tiefe herstellen; getrennt waren sie durch Bretter. Jedes 
Beet war mit sehr reiner Erde und acht Pfund Kuhdünger ge- 
füllt. Diese Erden waren Thonerde, Kieselsäure, Kalk, Magnesia 
und Gartenerde. Es wurde Roggen hineingesät und gefunden, 
dass seine Asche auf allen fünf verschiedenen Erden die näm- 
lichen Stoffe enthielt. Hieraus schliesst unser Autor, dass die 
Kieselsäure sich während des Vegetirens der Pflanzen bilde und 
keine Beziehung zur Natur des Bodens, auf dem die Pflanze 
wächst, habe. Da Lampadius jedoch die Asche des Kuhdüngers, 
welche allein den Roggen ernährte, nicht untersucht hat, so kann 
man diese Schlussfolgerung nicht ziehen. Das einzige sichere 
Resultat, zu dem das soeben mitgetheilte Experiment führen 
kann, ist das, dass die Erden nicht in die Gewächse eindringen, 
wenn sie sich nicht im löslichen Zustande befinden. [284] Uebri- 
gens werde ich im Folgenden zeigen, dass die freie Atmosphäre 
eine kleine Menge Asche in die Gewächse hineinbringt. 

Ich will jetzt untersuchen, warum die Pflanzen verschiedener 
Arten, die auf dem nämlichen Boden wachsen, nicht alle Be- 
standtheile ihrer Asche in demselben Verhältniss enthalten, und 
warum die Asche ausserdem in den verschiedenen Theilen ein 
und desselben Gewächses variirt. Die Erklärungen, welche ich 
in Bezug auf diesen Gegenstand geben kann, sind weit davon 
entfernt, vollständig zu befriedigen, da sie oft durch eine Kennt- 
niss bedingt sind, die mir fehlt, nämlich durch die von der vege- 
tabilischen Organisation. Aber sie sind weniger widersinnig als 
diejenigen, welche den Gewächsen eine schöpferische Kraft für 
alle ihre Elemente zuschreiben; und wenn meine Betrachtungen 
irrig sein sollten, so hoffe ich wenigstens die Aufmerksamkeit 
auf neue Beobachtungen zu lenken. Ich werde in der Asche 
ihre hauptsächlichsten Bestandtheile getrennt prüfen. 


5*+ 


68 Theod. de Saussure. 


S 4. 
Von den alkalischen Salzen in der Asche. 


I. Beobachtung. Die alkalischen Salze*) bilden ohne Ver- 
gleich den reichlichsten Bestandtheil der Aschen einer grünen 
krautigen Pflanze, |285| deren Theile sich alle im Zustand des 
Wachsthums befinden. Ich war erstaunt, als ich fand, dass die 
Asche der jungen Pflanzen von Goldruthe Nr. 43, die auf 
einem unfruchtbaren und nicht eultivirten Gebiet gewachsen 
waren, diejenige der Saubohne Nr. 37, der Sonnenblume Nr. 46, 
des Weizens Nr. 51 und des Mais Nr. 57 wenigstens drei Viertel 
ihres Gewichtes an alkalischen Salzen enthielt. Man kann fast 
das Nämliche von der Asche derjenigen Baumblätter sagen, 
welche aus ihren Knospen hervorbrechen; sie enthalten wenig- 
stens die Hälfte und zuweilen drei Viertel ihres Gewichts davon. 
Die Hälfte traf ich an in der Asche der Nuss- und Pappelblätter 
am 26. Mai, drei Viertel in den Eichenblättern am 10. Mai vor 
ihrer vollständigen Entfaltung; und alle diese Bäume wuchsen 
in einem uncultivirten Boden von schlechter Qualität. Diese 
Erscheinung kann nicht überraschen, da wir erkannt haben, dass 
die Asche des Extractes eines nicht eultivirten Humus mindestens 
die Hälfte ihres Gewichtes an alkalischen Salzen lieferte. (Man 
vergleiche Kap. V, $ 3 und in der Analysentafel Nr. 76 und 
folgende.) [286] Aber selbst wenn im Extract dies Product sehr 
viel kleiner wäre, könnte es in der Pflanze doch unendlich viel 
grösser sein, wenn die alkalischen Salze, was man annehmen 
muss, die feinsten, die am wenigsten zähen Theile von allen 
festen Theilen des Extractes sind. Ich zeigte im Kap. VII, 
dass die verschiedenen Substanzen, welche in ein und derselben 
Lösung enthalten sein können, nicht im gleichen Verhältniss, 
sondern im umgekehrten Verhältniss zu ihrer Zähigkeit in das 
Gewächs eindringen würden. 

2. Beobachtung. Das Verhältniss der alkalischen Salze ver- 
grössert sich niemals merklich, vermindert sich aber sehr oft in 
dem Maasse, wie sich die Pflanze entwickelt und auf dem näm- 
lichen Boden alt wird. Diese Beobachtung erstreckt sich nicht 


*) Ich adoptire hier die älteste Bezeichnung, welche den Namen 
alkalische Salze nur denjenigen beilegt, von denen Kali, Natron oder 
Ammoniak einen der Bestandtheile ausmachen ; nur ist hier letzteres 
auszuschliessen, weil es in die Zusammensetzung der Asche nicht ein- 
gehen kann. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 69 


nur auf die einjährigen Pflanzen, sondern auch auf die Baum- 
blätter im Laufe einer Vegetationsperiode. Eine Pflanze, welche 
aus der Erde hervorbricht, ein Blatt, das aus der Knospe heraus- 
tritt, enthält zu dieser Zeit eine Asche, welche ebenso oder ge- 
wöhnlich reicher an alkalischen Salzen ist, als in irgend einem 
anderen Zeitabschnitt der Vegetation. Man vergleiche in der Ana- 
lysentabelle Nr.1 und folgende, Nr. 12 und folgende, Nr. 16, 18 
und folgende, Nr. 30 und folgende, Nr. 35 und folgende, Nr. 43 
und folgende, Nr. 16 und folgende, 5l und folgende, 57 und 
folgende. [287| Dieser Entzug an salzigen Stoffen ist um so 
grösser, je weiter die Vegetation vorgerückt ist. Ein Gewächs, 
das im Mai aus der Erde hervorbricht, verliert weniger Salze 
zwischen Mai und Juli als zwischen Juli und September. 

Wäscht man eine frische Pflanze mit Wasser (Analysentabelle 
Nr. 16 und 17), so entzieht ihr die Flüssigkeit die alkalischen 
Salze in grösserem Verhältniss als alle anderen Bestandtheile 
der Asche. Um so weniger nimmt die Flüssigkeit von derselben 
auf, oder die Pflanze hält sie mit um se grösserer Energie 
zurück, je grösser ihre Lebenskraft oder je weniger weit ihre 
Entwickelung vorgerückt ist. Das Wasser, welches um die Wur- 
zeln eireulirt, das Regenwasser, welches auf die Blätter fällt, 
endlich dasjenige Wasser, welches sie transpiriren, entzieht die 
Salze, wie ich es soeben mitgetheilt habe, und zwar in grösserem 
Maasse, als die Pflanze sie aufnimmt. 

3. Beobachtung. Die alkalischen Salze sind in der Asche 
der Rinde in viel grösserem Verhältniss als in der Asche des 
Holzes und des Splintes enthalten. Siehe Nr. 4, Nr. 7, Nr. 15, 
Nr. 21, Nr. 24, Nr. 28. Die Rinde erneuert sich nur sehr lang- 
sam; sie ist das ganze Jahr über dem Abwaschen durch den 
Regen und den Thau ausgesetzt; sie ist mit einer todten Substanz, 
der Epidermis oder dem Kork, versehen; sie muss mehr denn 
irgend ein anderer Theil ihrer löslichsten Salze beraubt werden. 
288] Indessen scheint es nicht, dass dies Ergebniss ausschliess- 
lich den mitgetheilten Ursachen zugeschrieben werden könne. 

4. Beobachtung. Die Asche des ausgebildeten Holzes ist 
fast ebenso reich an alkalischen Salzen wie diejenige des ihm 
anhaftenden Splintes. Man vergleiche in der Analysentabelle 
Nr. 5 und 6, Nr. 22 und 23, Nr. 27 und 28. 

Dies Ergebniss ist eigenthümlich; es steht im Gegensatz zu 
der Verminderung der Asche im Holze und zu den anderen 
Stoffen der nämlichen Asche. Das wohl ausgebildete Holz 
gesunder und kräftiger Bäume wie dasjenige , welches ich 


70 Th£od. de Saussnre. 


verbrannt, ist keine todte Substanz; es dient dem Saft als 
Leitungsbahnen oder Canäle; und es ist wahrscheinlich, dass 
diese Canäle, sehr viel enger oder dichter als diejenigen des 
Splintes, nur den flüssigsten Säften wie denjenigen, welche die 
salzigen Substanzen enthalten, Zutritt gewähren, und dass diese 
nämlichen Canäle für die anderen Stofie ein unübersteigliches 
Hinderniss sind. Ueberdies ist das Holz den atmosphärischen 
Einflüssen entzogen und verliert durch dieselben fast gar nichts 
von den Salzen, die es erlangt. 

Es scheint mir, dass die Asche des Holzes unter sonst gleichen 
Verhältnissen um so reicher an salzigen Substanzen sein muss, 
289] je härter dasselbe ist, weil seine Canäle enger sind, und 
weil seine ganze Substanz sich weniger vom Regenwasser durch- 
tränken lässt. Die Langsamkeit des Wachsthums der Bäume mit 
hartem Holze jedoch bringt ohne Zweifel häufige Abweichungen 
von diesem Prineip mit sich. Werden die weichen Hölzer schneller 
der erworbenen Salze beraubt, so empfangen sie zum Ersatze 
dafür in der nämlichen Zeit sehr viel mehr davon durch die 
Schnelligkeit ihrer Aufsaugung und ihres Wachsthums. 

5. Beobachtung. Die Asche der Samen ist reicher an alka- 
lischen Salzen als die Asche der Pflanze, welche sie trägt: man 
vergleiche in der Analysentabelle Nr. 29, 32, 34, 40, 41, 54, 
55, 60, 61, 63 und 64. Die meisten Samen sind in sehr wenig 
porösen Hüllen eingeschlossen, welche sie vor atmosphärischen 
Einflüssen schützen; sie transpiriren wenig, sie müssen also ihre 
Salze behalten; überdies hängen sie mit der übrigen Pflanze nur 
durch sehr feine und zarte Canäle zusammen, welche nur die 
allerflüssigsten Säfte hinzutreten lassen. Der berühmte Vau- 
quelin hat eine meiner soeben mitgetheilten Beobachtung ent- 
gegengesetzte gemacht. Als er die Asche von Hafersamen mit 
derjenigen eines aus Körner tragenden Pflanzen gebildeten 
Schobers verglich, der zufällig zu Ecouen abbrannte, sah er (An- 
nales de Chimie, tom. 29), [290] dass keineswegs der. Same allein 
alkalische Salze enthält, sondern dass die ganze Pflanze damit 
ausgestattetist. Hiergegen habe ichim Allgemeinen zu bemerken: 
1. dass die Zeit der Ernte so grosse Veränderungen in der Zu- 
sammensetzung der Asche einführt, dass man die verschiedenen 
Theile eines und desselben Gewächses, wenn die Pflanzen nicht 
zu derselben Zeit und auf dem nämlichen Boden geerntet worden 
sind, nicht mit einander vergleichen kann; 2. dass dieser Che- 
miker nieht den reinen Samen des Hafers, sondern den Hafer 
mit der Spreu verbrannt, denn ich erhielt wie er 3,1 Theile 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. za 


Asche auf 100 Theile ungeschälten Hafer, aber ich fand nur 
1,7 Theile Asche in 100 Theilen spelzen- oder kelchfreiem 
Hafer. Die Spelze macht ungefähr den dritten Theil vom Ge- 
wicht des ungeschälten Samens aus; und 100 Theile dieser 
Hülle enthalten ungefähr dreimal mehr Asche als 100 Theile 
des nackten Samens. Die von Vauguelin geprüfte Asche ent- 
hielt also mehr als drei Viertel ihres Gewichtes den Spelzen zu- 
gehörige Asche. 

Ich analysirte die Asche der mit dieser Umhüllung ver- 
sehenen Haferkörner, sie lieferten mir mit rein wässeriger 
Lauge keine alkalischen Salze; als ich jedoch diese Asche mit 
Salpetersäure löste, [291] als ich die Kieselsäure durch das 
Filter und die erdigen Phosphate durch Ammoniak trennte, als 
ich endlich die übrig bleibende Flüssigkeit einer schrittweise bis 
zur höchsten Erwärmung getriebenen Verdampfung unterwarf, 
erhielt ich als Rückstand auf 100 Theile Asche des mit Spelzen 
versehenen Hafers 15 Theile alkalische Salze. 

Die Schwierigkeit, eine hinreichende Menge unbeschädigter 
nackter Hafersamen zu erhalten, verhinderte mich, eine genaue 
Analyse ihrer Asche anzustellen und sie mit derjenigen ihres 
Strohes zu vergleichen; aber ich habe Grund zu glauben, dass die 
Ergebnisse diejenigen, welche mir die anderen Samen lieferten, 
bestätigen würden, und dass sie zeigen würden, dass die Asche 
des nackten Haferkornes mehr als die Hälfte ihres Gewichtes an 
alkalischen Salzen enthält. Ich habe dieser Discussion mehr Zeit 
gewidmet, als sie verdiente. Die Ergebnisse Vauquelin’s sind 
ohne Zweifel vollkommen genau: aber der Zeitpunkt der Ernte 
oder der Umstand, dass der Same dem Regen ausgesetzt war, 
genügt, um die Verschiedenheiten unserer Analysen zu erklären. 

Auf dem nämlichen Boden enthält die Asche der Samen 
nahezu ebenso viel alkalische Salze wie die Asche der Pflanze, 
welche aus ihnen hervorgeht, zu einer Zeit, wo die Asche am 
meisten davon enthält, d. h. in den ersten Lebensabschnitten. 
[292] In dieser Beziehung erhielt ich nur sehr geringe Ab- 
weichungen, und man muss dieselben zum grossen Theil dem 
Umstand zuschreiben, dass meine Analysen mit dem ganzen 
Samen angestellt worden sind. Die gesammte Substanz dient 
dem Gewächs nicht als Nahrung; blos der innere Theil des 
Kornes wird zu dieser Funetion verwendet. Nun fand ich aber, 
dass die Kleie oder der äussere Theil des Weizenkorns ein Bis- 
chen weniger alkalische Salze enthielt als das Korn selbst, und 
dieser Kleie war eine bestimmte Menge Mehl beigemischt. 


The£od. de Saussure. 


—1 
189) 


Ich habe mich weit in Einzelheiten über die Vertheilung der 
alkalischen Salze in den Pflanzen eingelassen, weil die Verthei- 
lung der anderen festen Stoffe ihr an Bedeutung fast gänzlich 
nachsteht. 


85. 
Ueber die phosphorsauren Erden in der Asche. 


Die phosphorsauren Erden, nämlich diejenigen des Kalks 
und der Magnesia, bilden in den Humusextracten eine in Wasser 
lösliche Verbindung, welche nur die Natur hervorbringen kann. 
Es ist uns unbekannt, ob diese Salze dem Extraet wesentlich 
sind; wie dem aber auch sein möge, so verstehe ich, wenn ich 
von der Löslichkeit der Phosphate in Wasser rede, darunter nur 
die Löslichkeit des extraetiven Theiles, der sie enthält. [293] 
Es verhält sich ebenso mit der Kieselsäure, dem Kalk und den 
Metalloxyden. 

Die phosphorsauren Erden sind nach den alkalischen Salzen 
der reichlichste Bestandtheil der Asche einer grünen krautigen 
Pflanze, deren sämmtliche Theile sich im Zustande des Wachs- 
thums und des Vegetirens befinden. Man muss annehmen, dass 
sie nach den alkalischen Salzen den feinsten, am wenigsten zähen 
Theil der festen Bestandtheile des Extractes ausmachen. Diese 
beiden Arten von Salzen weisen fast immer bis auf die Menge 
und aus denselben Gründen das nämliche Verhalten in der 
Asche auf. 

Wenn man mit Wasser ein Gewächs abwäscht, so werden 
ihm durch dasselbe die phosphorsauren Erden in viel grösserem 
Verhältniss als alle anderen Aschenbestandtheile entzogen, aus- 
genommen die alkalischen Salze. Man vergleiche in der Analysen- 
tabelle Nr. 16 und 17. 

Das Blatt eines Baumes enthält an phosphorsauren Erden 
reichere Asche, wenn es aus der Knospe hervorbricht, als in 
irgend einem späteren Lebensabschnitt. Siehe Analysentabelle 
Nr au: 

Das Verhältniss der phosphorsauren Erden vermindert sich 
in der Asche der einjährigen Pflanzen von dem Zeitpunkt der 
Keimung bis zu demjenigen der Blüthe: Man vergleiche Nr. 37, 
38, 43, 44, 46, 47, 51 und 52. [294] Aber diese Phosphate 
scheinen zur Zeit der Reife der Samen zuzunehmen, wenn letz- 
tere in reichlicher Menge vorhanden sind. (Man vergleiche die 
Nummern, welche auf die soeben aufgeführten folgen.) Dieser 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 7a 


umgekehrte Gang ist eine durch die Veränderung von Bestand- 
theilen, welche bei dem Veraschungsvorgang statthat, hervorge- 
rufene Täuschung. Die Phosphate haben sich in der Pflanze 
vermindert und in ihrer Asche vermehrt. Die Asche der Samen 
ist reichlich mit phosphorsaurem Kali versehen und frei von 
kohlensaurem Kalk. Die Asche der Stengel und Blätter enthält 
zur Zeit der Fruchtreife nur wenig oder kein phosphorsaures 
Kali und als Ersatz dafür kohlensauren Kalk; man vergleiche 
die Analysen Nr. 40, 41, 54, 55, 60, 62, 63 und 64. Wenn 
die Asche der Stengel und der Samen sich während der Ver- 
aschung mischen, zersetzt der freie oder kohlensaure Kalk das 
phosphorsaure Kali, indem es phosphorsaure Erde bildet. Er 
verwandelt also ein alkalisches Salz in ein erdiges und lässt dies 
letztere in der Asche reichlicher erscheinen, als es in der Pflanze 
vorhanden ist. Dies Resultat ist sehr auffallend in den Aschen- 
analysen von Saubohnenpflanzen mit den reifen Samen und von 
diesen Pflanzen ohne Samen und von den Samen für sich: Nr. 
39, 40 und 41. 

[295] Die Menge der phosphorsauren Erde, welche der Same 
allein in viel grösserem Verhältniss enthält als der Stengel, ge- 
nügt nieht, um die durch die Veraschung der ganzen mit Samen 
versehenen Pflanze erhaltene Zunahme an phosphorsaurer Erde 
zu erklären, wenn man diejenige phosphorsaure Erde nicht mit 
dazu rechnet, die zum Theil von der Zersetzung des in den näm- 
lichen Samen enthaltenen phosphorsauren Kalis herrührt. 

Die Asche der Rinde enthält eine viel weniger grosse Menge 
phosphorsaurer Erden als diejenige des Splintes; man vergleiche 
in der Analysentabelle Nr. 6, 7, 14, 15, 20, 21, 23, 24, 27 und 
28. Der Grund davon ist der nämliche wie für die alkalischen 
Salze, $ 4. 

Die Asche des Splintes enthält mehr phosphorsaure Erden 
als diejenige des Holzes. Dies Ergebniss entspricht der Aschen- 
verminderung in letzterer Substanz (vergleiche die Tabelle der 
Veraschungen); aber es steht im Widerspruch mit der Gegen- 
wart der alkalischen Salze in demselben Holze. Ich habe $ 4 
versucht, eine Erklärung fürdiese Abweichung zu geben ; übrigens 
betrachte ich die angegebene Ursache nicht als vollkommen aus- 
reichend. Es ist möglich, dass die Theile, welche aufhören zu 
wachsen, ihre Phosphorsäure verlieren oder zersetzen und nur 
die Erde des Phosphats zurückhalten. 

[296] Die Entdeckung einer grossen Menge Phosphor in den 
Samen ist sehr alt; sie stammt aus der Zeit Pott’s und wurde 


74 Theod. de Saussure. 


von Margraff bestätigt*). Vauquelin erkannte, dass die Sten- 
gel des Weizens und des Hafers weniger Phosphate enthalten 
als die Samen. Diese Ergebnisse sind durch meine Beobach- 
tungen an mehreren anderen sehr verschiedenartigen Pflanzen 
bestätigt worden. Dieser berühmte Chemiker konnte in Gemein- 
schaft mit seinem Collegen Fowurcror phosphorsaure Ammoniak- 
Magnesia aus einigen Samen vor ihrer Verbrennung gewinnen: 
Wahrscheinlich bildet sich durch die Einwirkung des Kalis aut 
dies Phosphat phosphorsaures Kali, welches mich meine Ana- 
lysen in so reichlicher Menge in mehreren Aschen entdecken 
liessen. Es entsteht sicher auch noch durch die Einwirkung des 
Kalis auf die einfachen Phosphate des Kalks und der Magnesia, 
wie man ausführlich in $ 12 sehen wird. 


'297] 8 6. 
Vom freien oder kohlensauren Kalk in der Asche. 


Als ich Blätter mit Wasser wusch (Analysentabelle Nr. 16 
und 17), nahm das Verhältniss des kohlensauren Kalks in ihrer 
Asche durch diese Operation zu. Diese Wirkung fand nur durch 
einen grösseren Entzug der anderen festen Bestandtheile, näm- 
lich der alkalischen Salze und der Phosphate statt. Aus die- 
sem Grunde begreift man, warum ich in allen meinen Analysen 
Nr. 1,.2, 12, 13, 14, 16, 18, 35, 36 u. s. w. gefunden habe, 
dass das Verhältniss des kohlensauren Kalkes in dem Maasse 
sich vergrösserte, wie die Pflanze wuchs, weil sie ihre Salze und 
Phosphate in viel grösserem Verhältniss als den Kalk verlor. 

Man findet aber selten Pflanzen, welche durch eine beson- 
dere Beschaffenheit ihre Salze fast nahezu in dem nämlichen 
Verhältniss während ihrer ganzen Lebenszeit bewahren; bei 
diesen vermehrt sich der kohlensaure Kalk nieht merklich, wie 
es z. B. für die Saubohnenpflanzen zutrifft. 3 

In den grünen krautigen Pflanzen, [298]. deren sämmtliche 
Theile sich im Zustand des Wachsthums befinden, kommt der 
kohlensaure Kalk nur in sehr geringer Menge vor; sie enthalten 
kaum mehr als 10 oder 12 Hundertstel davon, und ich glaube, 
dass aus nahezu gleichen Theilen kohlensauren Kalks und alka- 
lischer Salze zusammengesetzte Asche für eine einzige dieser 
Pflanzen ein unmögliches Product sein würde, wenigstens auf 


*, Opusceules chimiques de Margraff, t. I. p. 68. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 75 


natürlichem Standort. Der Grund dieser Erscheinung liegt darin, 
dass die in der grünen Pflanze vorhandenen alkalischen Salze 
zum grossen Theil aus phosphorsauren Alkalien bestehen, welche 
sich bei der Veraschung in phosphorsaure Erden verwandeln. 

Wir schliessen also hieraus nicht, dass, weil gewisse Pflanzen 
(wie z. B. die Gramineen vor ihrer völligen Entwicklung) keinen 
freien oder kohlensauren Kalk bei der Veraschung liefern, die 
Substanz, welche diese Erde in den anderen Pflanzen hervor- 
bringt, in den uns beschäftigenden nicht vorkomme; es ist sogar 
sehr wahrscheinlich, dass sie sich darin findet. 

Die Asche der Rinden enthält eine ausserordentlich grosse 
Menge kohlensauren Kalk und viel mehr als der Splint, weil sie 
ihrer alkalischen Salze und ihrer phosphorsauren Erden beraubt 
sind. Siehe Nr. 6, 7, 14, 15, 23, 24, 27 und 28. 

Die Asche des ausgebildeten Holzes enthält mehr kohlen- 
sauren Kalk als der Splint, [299] weii sie frei von Phosphaten ist. 

Die Asche der meisten Samen und selbst aller der von mir 
geprüften enthält keinen kohlensauren Kalk, weil sie reichlich 
mit phosphorsaurem Kali versehen ist. Durch die Gegenwart 
dieses Salzes kann es sich ereignen, dass samenreiche Pflanzen 
zur Zeit der Blüthe an kohlensaurem Kalk reichere Asche liefern 
als zur Zeit der Fruchtreife. 

Die Samen mancher Lithospermumarten brausen mit Säuren 
leicht auf; sie enthalten kohlensauren Kalk oder Magnesia vor 
der Verbrennung; doch ist es möglich, dass ihre Asche diese 
Erden im freien Zustande oder als kohlensaure Verbindung nicht 
liefert. 


Sn; 
Von der Kieselsäure in der Asche. 


Die Kieselsäure ist nur in grosser Menge in der Asche vor- 
handen, wenn die Gewächse ihrer Salze und Phosphate beraubt 
sind. Viel alkalische Salze und viel Kieselsäure sind zwei un- 
vereinbare Bestandtheile in der Zusammensetzung einer jungen 
grünen krautigen Pflanze, [300] deren sämmtliche Theile sich 
im Zustand des Wachsthums befinden. 

Wenn man eine frische Pflanze mit Wasser wäscht, so nimmt 
das Verhältniss der Kieselsäure in der Asche der gewaschenen 
Pflanze zu. Siehe Nr. 16 und 17 der Analysentabelle. 

Die jungen Pflanzen, die Blätter, welche aus ihren Knospen 
hervorbrechen, enthalten Asche, welche sehr wenig reich an 


76 Theod. de Saussure. 


Kieselsäure ist. Das Verhältniss dieser Erde vergrössert sieh 
jedoch in dem Maasse, wie die Pflanze sich entfaltet und sich 
ihrer alkalischen Salze entäussert. Die reinsten, den atmosphä- 
rischen Einflüssen ausgesetzten Humusarten sind deshalb reich 
an dieser Erde. 

Das Verhältniss der Kieselsäure nimmt nicht merklich in den- 
jenigen Pflanzen zu, welche wie die Saubohnen während ihrer 
ganzen Lebenszeit das nämliche Verhältniss der alkalischen Salze 
bewahren. 

Ich säete zugleich Mais- und Weizenkörner in denselben 
Boden aus; als ich die Pflanzen einen Monat nach der Kei- 
mung oder einen Monat vor der Blüthe prüfte, fand ich, dass 
alle sichtbaren Theile des Mais sich im Zustande des Wachs- 
thums Bed pr [301] Ihre Asche enthielt damals „5, Kiesel- 
säure und „9, alkalische Salze; die Wurzelblätter des Weizens 
hingegen waren zu dieser Zeit schon trocken oder gelb ge- 
worden, obgleich sich die Pflanze im Zustande guten Geiaiuen 
befand. Ihre Asche enthielt damals 100 Kieselsäure und 6% 
alkalische Salze. Zur Zeit der Blüthe oder einen Monat nach den 
vorstehenden Beobachtungen vegetirte der Mais in allen Theilen 
u vorher und lieferte eine Asche, die „3, Kieselsäure und 
700 alkalische Salze enthielt. Der Weizen hingegen hatte, ob- 
gleich in lebenskräftigem Zustande, die Zahl seiner troeknen oder 
gelben Blätter vergrössert; seine Asche enthielt damals 32 Theile 
Kieselsäure und 54 Theile alkalische Salze. Diese Beobachtungen 
zeigen uns, wie in Folge von sehr einfachen, aber nach den Ve- 
getationsverhältnissen verschiedener Pflanzen abgeänderten Um- 
ständen die Gewächse ungleiche Asche enthalten müssen, selbst 
wenn vorausgesetzt wird, dass die aufgenommene Nahrung gleich 
sei. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass sie es nicht einmal 
auf dem nämlichen Boden ist, und dass die Wurzeln sie bei 
ihrem Eintritt je nach der mehr oder weniger grossen Port 
ihrer Poren verändern. 

Die meisten Gramineen unterscheiden sich von anderen Pflan- 
zen durch einen grösseren Gehalt an Kieselsäure; man kann dar- 
aus schliessen, [302] dass diese Gramineen viel mehr davon auf- 
nehmen und verlieren; man muss glauben, dass sie eine reich- 
lichere Nahrung aufnehmen, und dass sie sich derselben zum 
Theil ebenso wieder entäussern. Die an Kieselsäure reichsten 
Pflanzen müssten unter sonst gleichen Umständen die aussau- 
gendsten Pflanzen sein. 

Ich behaupte jetzt nicht, dass diese Gräser sich durch weitere 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 77 


Poren auszeichnen. Es ist im Gegentheil möglich, dass ihre 
Poren enger sind, da die Pflanzen in der Jugend weniger kohlen- 
sauren Kalk und oft mehr alkalische Salze enthalten als die an- 
deren Gewächse; allein man muss zugeben, dass sie eine viel 
grössere Saugkraft und viel reichlichere Ausscheidungen besitzen. 
In der That bemerkt man bei mehreren dieser Pflanzen eine sehr 
lebhafte besondere Ausdünstung. (Physiologie vegetale de Sene- 
bier, tome 4, p. 87.) 

Die ihrer äusseren Hüllen beraubten Samen enthalten weniger 
Kieselsäure als der beblätterte Stengel, der dieselben trägt. 

Indessen behaupte ich nicht, alles erklären zu können. In 
der Vertheilung der Kieselerde in den Bäumen treten Erschei- 
nungen auf, deren Ursache ich nicht einsehe. [303] Der Stamm 
der Bäume, ihre Rinde, ihr ausgebildetes Holz enthalten oft 
keine Kieselsäure, während ihre Blätter damit beladen sind, be- 
sonders im Herbst; durch ihren periodischen Fall wird den 
Bäumen diese Erde entzogen. Ich prüfte fünf verschiedene 
Baumrinden, diejenigen der Pappel, der jungen und alten 
Eiche, des Maulbeerbaumes und der Hainbuche, und nur in der 
Rinde des Maulbeerbaumes fand ich eine erhebliche Menge 
Kieselsäure. Fast keine fand ich in dem ausgebildeten Holze 
aller dieser Bäume. Ihre Blätter enthielten eine ansehnliche 
Menge und vier oder fünf Mal mehr als das Holz oder die Rinde. 


Ss. 
Von den Metalloxyden in der Asche. 


Das Verhältniss der Oxyde des Eisens und des Mangans 
nimmt in der Asche zu in dem Verhältniss, wie die Entwicklung 
der Pflanze vorrückt. Die Blätter der Bäume liefern im Herbste 
an diesen Bestandtheilen reichere Asche als im Frühjahr. Ebenso 
verhält es sich mit den einjährigen Pflanzen. Die Samen ent- 
halten die Metalle in weniger grossem Verhältniss als der sie 
tragende Stengel. Wäscht man eine Pflanze mit Wasser ab, 
[304] so vergrössert sich durch diese Operation das Verhältniss 
ihrer Metalloxyde. Die reinsten Humusarten finden sich immer 
sehr reichlich mit Metalloxyden versehen, und viel reichlicher 
als die Pflanzen, aus denen erstere hervorgehen. 


73 Theod. de Saussure. 


89. 
Ueber den Einfluss der Atmosphäre auf die Asche der Gewächse. 


Man kann erkennen, ob die Atmosphäre Erden und Salze in 
die Gewächse hineinschafft, wenn man die Samen sich mit Hülfe 
von destillirtem Wasser entwickeln lässt, und wenn man zusieht, 
ob das Gewicht der Asche dieser so entwickelten Pflanzen das 
Gewicht der Asche übersteigt, welches ein vorläufiger Versuch 
in dem Samen angab. 

Einundvierzig Saubohnen (Vicia faba), welche zusammen 
79,135 Gramm (21 Unze + 51 Gran) wogen, wurden auf den 
erweiterten Hals von einundvierzig Medizingläschen, von denen 
Jedes mit 594 Cubikcentimeter (30 Cubikzoll) destillirten Wassers 
gefüllt war, gesteckt; ich setzte sie der freien Luft und der 
Sonne auf einem Blumenbrett vor dem Fenster aus, wo sie vor 
Regen geschützt waren. Die Pflanzen erreichten eine Höhe von 
ein Fuss und selbst darüber ; [305] ihre Stengel waren schwach 
und konnten sich nur durch mancherlei Befestigungen aufrecht 
erhalten. Sie blühten, aber die Blüthen waren klein, unvoll- 
kommen und fast unkenntlich. Ich beendete den Versuch nach 
zwei und einem halben Monat während oder unmittelbar nach 
der Blüthezeit, weil die Pflanzen zu diesem Zeitpunkt ihre mäch- 
tigste Entwicklung erlangt hatten, und weil sie anfingen, matter 
zu vegetiren. Die Blätter und die äussersten Enden des Stengels 
wurden durch ihr eigenes Gewicht zu Boden gedrückt*). Sie 
nahmen 17,835 Liter (900 Cubikzoll) destillirtes Wasser auf. 
Die Fläschehen enthielten nach dem Versuch 3,963 Liter (200 
CGubikzoll) mit Conferven versehenes Wasser; die verdunstete 
Flüssigkeit hinterliess einen getrocknet 5,8 Decigramm (11 Gran) 
wiegenden Rückstand, der bei der Verbrennung 14 Gran Asche 
gab. [306] Diese schien mir aus drei Theilen Kalk, einen Theil 
Kieselsäure und einer unwägbaren Menge alkalischer Salze zu- 
sammengesetzt zu sein. ; 


*, Ich hätte eine viel kräftigere Vegetation erzielen können, 
welche sich von der Vegetation in freiem Lande wenigstens bis zur 
Zeit der Fruchtbildung nicht unterschieden hätte, wenn ich diese Sa- 
men in mit Sand oder reinem Kies gefüllte Töpfe gesät hätte; aber 
ich weiss nicht, ob die Säfte der Wurzeln nicht selbst die Steine an- 
greifen. Die Erosionen, welehe die Flechten zuweilen auf Felsen 
hervorrufen, sprechen dafür. Ueberdies brachte die überraschende 
Menge Insekten, die ihre Abgänge und Leichname in freiem Felde auf 
den Blättern zurücklassen, und die Ueberreste aller Art, welche der 
Wind ihnen zuführt, Unsicherheit in die Versuchsergebnisse. 


Chemische Untersuchungen 


Gewicht der Saubohnen 
vor dem Versuch . 
Ungefähres Gewicht der 
aus den vorstehenden 
Samen hervorgegange- 


über die Vegetation. 79 


79,135 Gramm (24 Unze + 51 Gran) 


nen grünen Pflanzen . 611 Gramm (20 Unzen) 
Gewicht derselben Pflan- 
zen getrocknet . . 84,337 Gramm (23 Unzen + 5 Gran) 
Gewieht der Asche der 
Samen vor ihrer Ent- 
wicklung . 2,601 Gramm (49 Gran) 
Gewicht der Asche der 
ausihnen hervorgegan- 
genen Pflanzen . . . 3,025 Gramm (58 Gran) 
Differenz oder Gewicht 
der aus der Atmo- 
sphäre niedergeschla- 
genen Asche. 424 Milligramm (9 Gran) 
58 Gran 
Die 58 Gran Asche der in 
Asche der im Blüthe ste- 
Die 49 Gran Asche der Samen destillirten henden, in 
5 Wasser ent- Humus ge- 
enthielten vor dem Versuch wiekelten _wachsenen 
Saubohnen- Saubohnen- 
enthielten pflanzen ent- 
hielten 
Kali . 10,9 13 33,2 
Phosphorsaures Kali 21,5 19,25 0 
Salzsaure und schwefel- 
saure Alkalien . 1,4 2,5 7 
Phosphorsaure Erden . 13,68 17,5 8,7 
Kohlensaure Erden . 0 0 3 
Kieselsäure 0 unwägb. Menge 2 
Metalloxyde . 0,25 0.25 0,25, 


[307] Aus dem Vorstehenden ersieht man, dass die Pflanzen 
424 Milligramm oder neun Gran Asche gewonnen haben, und 
dass die Zusammensetzung derjenigen Asche, welche die ganze 
in destillirtem Wasser erzogene Pflanze einschliesst, sehr wenig 


von der des Samens abweicht. 


Die Atmosphäre hat, wie ich glaube, in diesen Pflanzen alle 
gewöhnlichen Bestandtheile der Asche, aber besonders Kalk 


S0 Theod. de Saussure. 


abgelagert; diese Erde zersetzte einen Theil des phosphorsauren 
Kalis und bildete phosphorsauren Kalk. Während des Vegeti- 
rens der Pflanzen verflüchtigte sich eine kleine Menge Alkali. 
Der Unterschied zwischen der Asche der in destillirtem Wasser 
entwickelten Saubohnenpflanzen und der Asche, welche von den 
im Humus gewachsenen Pflanzen herstammt, zeigt uns, wie gross 
der Einfluss des Bodens auf ihre Zusammensetzung ist. 

Ich glaube nicht, dass man aus der kleinen Zunahme, welche 
wir bei den im destillirten Wasser gewachsenen Pflanzen be- 
obachten, schliessen darf, dass sie selbst aus den Gasen und 
dem Wasser diese hinzugekommenen- Bestandtheile bildeten. 
Wenn man bedenkt, mit welcher Schnelligkeit irgend ein der 
freien Luft ausgesetzter Körper sich mit Staub bedeckt durch 
die ungeheure Menge Körperchen, welche in unserer Atmosphäre 
herumfliegen; wenn man beachtet, dass die 41 Saubohnenpflan- 
zen [308] diesen Körperchen während zweier Monate einen Halt 
von mehr als einem Quadratfuss Oberfläche darbieten, so müsste 
man weniger überrascht sein, dass diese Zunahme vorhanden ist, 
als wenn sie nicht vorhanden wäre; ihre Menge bietet hier nichts 
Uebernatürliches. Berücksichtigen wir ferner, dass das destil- 
lirte Wasser selbst niemals rein ist; es enthält fremde Bestand- 
theile*), deren Gewicht wir nicht schätzen können, weil sie zu- 
sammen mit dem Wasser bei der Verdunstung entweichen. 


Ss 10. 
Näheres über die zur Veraschung angewandten Verfahren. 


Die einjährigen Pflanzen wurden vollständig mit den eventu- 
ellen todten Blättern geerntet; ich habe nur die stets mit anhaf- 
tender Erde versehenen Wurzeln abgeschnitten. 

[309] Die unteren Theile des Stengels wurden sorgfältig von 
angespritzter Erde befreit. Wenn ich die einjährigen Pflanzen 
mit ihren reifen Samen einsammelte, so geschah das genau 


*) Karsten und Westrumb bemerkten, dass das mit der grössten 
Sorgfalt destillirte Wasser, welches frisch bereitet durch Reagen- 
tien nicht verändert wird, Veränderungen erleidet, wenn es vier- 
zehn Tage dem Lichte oder vier Wochen der Dunkelheit ausgesetzt 
wird, welche alle Anzeichen von Gährungsproducten an sich tragen ; 
alsdann trübt es ein wenig die Lösungen von Blei und Silber ; es giebt - 
schwache Reactionen auf Ammoniak und zu anderen Zeiten auf Säure. 
ine physikalisch-chemische Abhandlungen von Westrumb. Zweites 

eit.) 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 81 


zur Zeit der Reife und nicht nach dem Tode der Pflanze. Die 
Baumblätter, selbst die herbstlichen, sind immer grün und in 
vollständig gesundem Zustand gewählt worden. Indessen wurde 
in dieser Jahreszeit Sorge getragen, dass nicht diejenigen der 
letzten, sondern der ältesten Triebe genommen wurden. 

Alle diese Gewächse wurden nach ihrer Einsammlung vor 
Regen geschützt aufbewahrt. Als sie trocken erschienen, wur- 
den sie für einige Wochen in einen auf 20° R. erwärmten 
Trockenschrank gelegt; ihre grünen oder weichen Theile wur- 
den hier grösstentheils brüchig und zerreiblich; in diesem ge- 
trockneten Zustande wurden die Pflanzen alsdann gewogen. Trotz 
dieser Vorsicht können die Pflanzen nicht auf ein und den- 
selben Grad der Trockenheit gebracht werden; derjenige, 
dessen sie bei der nämlichen Temperatur fähig sind, wech- 
selt nicht nur nach der Art, sondern auch bei derselben Pflanze 
nach dem Entwicklungsstadium. Im Allgemeinen schien es 
mir, als wenn die grünen, in der Jugend gepflückten Pflanzen 
[310] vollkommenerer Trockenheit fähig sind als diejenigen, 
welche in vorgerückterem Alter geerntet werden. Diese letzteren 
bewahren bei der weiter oben angegebenen Temperatur eine halbe 
Geschmeidigkeit, die ein gewisses Anzeichen von dem Vorhanden- 
sein von Wasser in Substanzen ist, welche, wie z. B. diejenigen, 
mit denen ich mich beschäftige, erst bei vtel höherer Temperatur 
steif und zerbrechlich werden. Die Unmöglichkeit, diese Menge 
flüssigen und der eigentlichen Zusammensetzung der Pflanze 
fremden Wassers zu schätzen, muss immer eine gewisse Unsicher- 
heit in die Ergebnisse der Pflanzenanalyse bringen. 

Die nach diesem Verfahren getrockneten Pflanzen wurden 
auf einem grossen Eisenblech verbrannt; der bei der Opera- 
tion bleibende Rückstand wurde von neuem in einem bis zur 
dunklen Rothgluth erwärmten Tiegel eingeäschert, bis die Kohle- 
theilchen nicht mehr verbrennungsfähig waren. Es giebt vege- 
tabilische Substanzen, die es mir nicht gelungen ist vollständig 
zu veraschen oder in graue oder weisse Asche zu verwandeln, 
z. B. Weizenstroh und Weizenkörner; Zucker, Amylum, Gummi, 
Maispflanzen und Maiskörner, ebenso Saubohnen-, Gerste- und 
Hafersamen hingegen konnten leicht in weisse Asche übergeführt 
werden. 

[311] Je mehr Zeit man für die Operation anwendet, je ge- 
mässigter die Wärme des Ofens ist, um so vollkommener ist auch 
die Veraschung. Man muss sich hüten, besonders bei der immer 
sehr schwierigen Verbrennung der Samen, die Asche oft umzu- 


Ostwald’s Klassiker. 16. 6 


s2 Theod. de Saussure. 


rühren. Dadurch zerstampft man die Salze, und die Kohle ver- 
diehtet diese, während sie ein wenig flüssig ist, und verhindert 
so ihre Verbrennung, ja macht sie zuweilen unmöglich. Meine 
Einäscherungsergebnisse sind im Allgemeinen geringer als die- 
jenigen der mir vorausgegangenen Forscher. Aber die meisten 
unter ihnen haben, da sie nur die Darstellung der Salze im 
Grossen im Auge hatten, die Veraschung des Rückstandes aus 
der ersten Verbrennung an freier Luft nieht im Tiegel vollendet. 

Die Gewächse liefern nach Pertuis mehr Asche, wenn sie 
grün, als wenn sie getrocknet verbrannt werden. Aber wahr- 
scheinlich theilt er dies Ergebniss nur darum mit, damit man die 
Pflanzen nach der Ernte nicht der Wirkung des Wassers aus- 
setze; denn mir haben sie, grün oder getrocknet, die nämliche 
Menge Asche geliefert. 

Alle Produete meiner Veraschungen sind heiss, wie sie aus 
dem Tiegel kamen, gewogen und ebenso analysirt worden. 


[312] $.11. 
Genaueres über das zur Analyse der Asche angewandte Verfahren. 


Das mir gesteckte Ziel besteht darin, die Regel in der Zu- 
sammensetzung der Asche nicht nur bei verschiedenen Pflanzen, 
sondern auch in ihren verschiedenen Theilen und nach den 
Lebensabschnitten kennen zu lernen. Mein Leben würde zu einer 
solehen Arbeit nicht ausreichen, wenn ich mich an sehr ein- 
gehende Analysen binden wollte. Die von mir befolgten Ver- 
fahrungsarten schienen mir für die allgemeinen Untersuchungen, 
die ich im Auge hatte, genau genug; sie bestehen in folgenden 
Operationen. 


A. Die bei Glühhitze getrocknete und, wenn sie zusammen- 
backte, gepulverte Asche wurde mit dem Zwanzigtausendfachen 
ihres Gewichtes destillirten Wassers aufgekocht. Die abfiltrirte 
Lauge wurde bis zur Trockenheit bei Glühhitze eingedampft. 
Das Gewicht des Rückstandes gab mir das der in Wasser lös- 
lichen, in der Asche enthalten gewesenen Salze an; dies Er- 
gebniss wurde in die erste Reihe der Tabelle eingetragen, wenn 
eine neue Lösung dieses Rückstandes in wenig Wasser nichts 
Unlösliches zurückliess; [313] im entgegengesetzten Falle wurde 
sie filtrirt und von Neuem eingedampft, bis die Salze eine voll- 
ständige Lösung bilden konnten. Der durch die Verdampfung 
unlöslich gewordene Theil ist kohlensaurer Kalk in den Aschen, 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 33 


welche wie die der Rinden viel von dieser Erde enthalten. Er 
besteht aus mit Kalk oder Magnesia verbundenem phosphor- 
saurem Kali in der Asche der Gramineen und derjenigen Samen, 
welche keinen freien oder kohlensauren Kalk, zum Ersatz dafür 
aber viel phosphorsaure Erden und phosphorsaures Kali ent- 
halten. Die Kieselsäure findet sich stets nur in unbedeutenden 
Mengen vor, wenigstens wenn, wie ich das stets zu thun versuchte, 
der niedrigste mögliche Grad des Feuers, um die Veraschung 
zu bewirken, in Anwendung kam. Meine Ausbeute an alkalischen 
Salzen aus den nämlichen Pflanzen ist im Allgemeinen weit 
grösser als die meiner Vorläufer. Ich kann diesen Unterschied nur 
der grösseren Vervollkommnung meiner Veraschungen und der 
Sorgfalt zuschreiben, welche ich bei der Ernte meiner Pflanzen 
auf das Trocknen verwandte. Das Wasser entzieht der Asche 
bei Weitem nicht alle alkalischen Salze; doch ist die Menge, 
welche man daraus gewinnen kann, immer nahezu derjenigen 
proportional, welche sie enthält, wenn kein phosphorsaures Kali 
vorhanden ist. [314] Wenn dies Salz in der Asche zugegen war, 
stellte ich fast immer eine genauere Analyse an, wovon ich 
weiterhin sprechen werde. 

B, Die gewaschene und in Wasser unlösliche Asche wird 
in einer Porzellankapsel mit dem Sieben- oder Achtfachen ihres 
Gewichtes gereinigter Salpetersäure gekocht. Der Rückstand 
wurde bei Glühhitze mit dem Sechsfachen seines Gewichtes ver- 
witterter Soda in einem Platintiegel behandelt. Das entstandene 
Glas wurde in Wasser gelöst und darauf mit Säure gemischt. 
Die Lösung wurde zur Trockne eingedampft; der Rückstand 
wurde mit der Säure digerirt und filtrirt. Die bei dieser Behand- 
lung ungelöst bleibende Masse wurde nach dem Trocknen bei 
Glühhitze unter der Bezeichnung Kieselsäure eingetragen. 

C. Die salpetersaure Lösung der Asche wurde durch blau- 
saures Kali gefällt und filtrirt; hierauf wurde sie durch Ein- 
dampfen eingeengt und mit wenig Wasser oder Säure verdünnt. 
Zum zweiten Male wurde sie mit blausaurem Kali gefällt. Die 
Trennung der Niederschläge geschah durch ein doppeltes Filter, 
und der Unterschied zwischen dem Product der Veraschung jedes 
einzelnen Filters zeigte die Menge Metalloxyde an, welche die 
Asche nach Abzug des Gewichtes der in das blausaure Kali ein- 
gegangenen Metalloxyde enthielt. 

[315] D. Die von den Metalloxyden befreite und durch. Ein- 
dampfen eingeengte salpetersaure Lösung wurde mit Ammoniak 
gefällt. Der bei Glühhitze getrocknete Niederschlag gab nahezu, 


b* 


s4 Theod. de Saussure. 


wenn man die Thonerde abzieht, das Gewicht der phosphor- 
sauren Erden. Unter diesen Namen ist phosphorsaurer Kalk und 
phosphorsaure Magnesia zu verstehen. 

E. Diese Phosphate löste ich in der Salpetersäure, sie wur- 
den dureh Kali im Ueberschuss gefällt, und das Gemisch wurde 
gekocht; die filtrirte Flüssigkeit wurde mit einer Säure gesät- 
tigt und mit Ammoniak gefällt, wodurch Thonerde zum Vorschein 
kam; diese Erde wurde durch eine neue Lösung und Fällung 
gereinigt. Nachdem sie bei Glühhitze getrocknet und pul- 
verisirt worden war, wurde sie mit Essig digerirt, um ihr die 
Erden, welche mit ihr vereinigt sind, zu entziehen. Aber ihre 
Menge ist ausserordentlich klein und häufig gleich Null; in mehr 
als vierzig Aschen, die ich daraufhin untersuchte, fand ich, 
dass sie ein Hundertstel vom Gewichte der Asche nicht über- 
stieg. Ich hatte geglaubt, in den Analysen, die ich vor einigen 
Jahren im Journal de physique über die Veraschung einiger auf 
verschiedenen Böden gewachsenen Pflanzen mittheilte, eine 
grosse Menge zu erkennen. [316| Aber ich habe seitdem ein- 
gesehen, dass mein Irrthum der Unreinheit der Asche und der 
Löslichkeit der phosphorsauren Erden im Kali entsprang. Eben- 
solche Pflanzen wurden von Neuem verbrannt und mit grösserer 
Sorgfalt analysirt. 

F. Die salpetersaure Lösung D, befreit von den Metall- 
oxyden und den phosphorsauren Erden, wurde durch krystalli- 
sirtes kohlensaures Natron gefällt; das Gemisch wurde lange 
gekocht und nach dem Erkalten filtrirt. Durch dies Verfahren 
werden die kohlensauren Erden getrennt, d. h. der kohlensaure 
Kalk und die kohlensaure Magnesia: ich führe diese letztere Erde 
nur an, nm sie nicht fortzulassen: denn es schien mir, als ob die 
reine oder kohlensaure Magnesia stets nur in unbedeutender 
Menge in die Asche eintritt. Es verhält sich nicht ebenso mit 
der phosphorsauren Magnesia, deren Entdeckung in der Asche 
von Fourcroy und Vauquelin herrührt. 

@G. Die in der Tabelle unter der Bezeichnung ‚Verlust « einge- 
tragene Columne giebt den Unterschied an, welcher sich zwischen 
der Summe der getrennten Bestandtheile und der zum Versuch 
benutzten Menge findet. Dieser Unterschied ist ausserordentlich 
und muss auf den ersten Blick ein ungünstiges Licht auf die Er- 
gebnisse werfen; aber ich habe mich überzeugt, dass dieser Ver- 
lust nicht auf alle Ergebnisse der Analyse vertheilt werden darf; 
317] er erstreckt sich nur auf die in Wasser löslichen alkalischen 
Salze, die während der Veraschung mit den Erden und den phos- 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. s5 


phorsauren Erden eine Verbindung bildeten, welche eine Ab- 
kochung mit Wasser nicht vollständig zerstören konnte. Man 
muss also den in die Tabelle eingetragenen Salzen diesen Ver- 
lust zurechnen, indem man vier oder fünf Hundertstel für den 
bei diesen Manipulationen unvermeidlichen Verlust abrechnet, 
wenn man nahezu die absolute Summe der in der Asche enthal- 
tenen Alkalien wissen will. Ich habe stets diese verlorenen Salze 
gefunden, wenn ich, nachdem ich die mit Wasser gewaschene 
Asche mit Salpetersäure behandelt und die saure Lösung durch 
Ammoniak und kohlensaures Ammoniak gefällt hatte, die filtrirte 
Flüssigkeit einer Verdampfung im Platintiegel bei grösstmög- 
lichster Wärme unterwarf. Diese Verdampfung erfordert von 
dem Augenblick an, wo die Salze zu gerinnen beginnen, ein 
stufenweise gesteigertes Feuer und ungefähr sieben oder acht 
Stunden, damit nichts durch Aufwallen und Aufspritzen verloren 
geht. Ist das Feuer nicht heftig genug gewesen, so schliessen 
die Salze ein wenig Salpetersäure ein, aber man kann sie sicher 
von derselben befreien, wenn man, während die Salze schmelzen, 
etwas Kohlenstaub hinzufügt. 

[318] Die erwähnten Verfahren befolgte ich bei den als die 
genaueren bezeichneten Analysen, aber ich habe nicht immer 
die Asche mit kochendem Wasser behandelt, sondern sie mit 
ihren Salzen in Salpetersäure gelöst; dies letztere Verfahren ist 
kürzer und viel genauer; denn wenn die Laugen kalihaltigen 
phosphorsauren Kalk enthalten, ist die Filtration oder selbst nur 
-ein genaues Decantiren fast unmöglich wegen der Zähigkeit*) 
der Flüssigkeit. Sie hält eine grosse Menge Kalk oder vielmehr 
phosphorsauren Kalk in Lösung, dessen Menge man nur be- 
stimmen kann, wenn man die Salze in einer Säure löst und sie 
dann durch Ammoniak fällt, Ich werde hier die Methoden an- 
geben, welche ich bei der Analyse der mit einer beträchtlichen 
Menge phosphorsauren Kalis versehenen Salze, die von phos- 
‚phorsauren Erden frei sind, befolgte. Es ist überflüssig, ersteres 


*) Die Zähigkeit der Lauge aus der Asche und ihre Gallertbildung 
beim Abdampfen ist ein fast sicheres Anzeichen für die Gegenwart 
von kalihaltigem phosphorsaurem Kalk oder kalihaltiger phospbor- 
saurer Magnesia ; indessen kann dies Salz auch ohne dies Anzeichen 
vorhanden sein, wenn ein grosser Ueberschuss an Kali zugegen ist. 
Das phosphorsaure Kali ist an sich nicht zäh oder gelatinös, welches 
auch immer das Verhältniss seiner Bestandtheile sein mag; es besitzt 
diese Eigenschaft nur, wenn es Kalk oder Magnesia ohne Ueberschuss 
an Kali enthält. 


6 Th&od. de Saussure. 


in der Asche, welche mehr als ein oder zwei Hundertstel reinen 
oder kohlensauren Kalk enthält, zu suchen. 

319] Das phosphorsaure Kali ist wohl in der Asche enthal- 
ten, welche diese Erde im grösseren Verhältniss enthält; es kommt 
jedoch in ihr in so geringer Menge vor, dass es vernachlässigt 
werden kann. 

a. Ich mische die Salze mit Essig und dampfe bis fast zur 
Troekne ein. Der Rückstand wird mit Alkohol gemischt, welcher, 
indem er das Acetat löst, die grösste Menge des in der Asche 
enthaltenen überschüssigen Kalis aufnimmt; dies Produet wird 
aufgehoben*). 

b. Die in Alkohol unlöslichen Salze wie das phosphorsaure 
Kali, die salzsauren und schwefelsauren Salze und ein wenig 
freies Kali werden in Wasser gelöst und mit essigsaurem Kalk 
im Ueberschuss gemischt; dieser letztere zersetzt das phosphor- 
saure Kali; das Gemisch wird stark gekocht und fast bis zur 
Trockne eingedampft. Diesen Teig verdünnt man mit viel 
Wasser, man trennt ihn durch, das Filter und trocknet ihn bei 
starker Hitze”*). |320) Der Teig wird mit Essig (c) gemischt, 
bis diese Säure ihm nichts mehr entzieht. Der bei dieser Ope- 
ration verbleibende unlösliche Rückstand ist reiner phosphor- 
saurer Kalk, der von der Zersetzung des phosphorsauren Kalis 
herrührt; der im Verhältniss von 100: 129 vermehrte reine phos- 
phorsaure Kalk giebt das Gewicht der phosphorsauren Alkalien 
(7), welche in der Asche ohne überschüssiges Kali enthalten sind. 

Alle essigsauren Lösungen (a und c), das Waschwasser in- 
begriffen, wurden zusammen bei Glühhitze eingedampft und 
filtrirt, dann wurden sie von Neuem bei Glühhitze eingedampft. 
Dieser Rückstand (e) wird gewogen; er enthält alles in der 
Asche vorkommende Kali mit Einschluss dessen, das in die 
Zusammensetzung des phosphorsauren Kalis eingeht, und ferner 
die salzsauren und schwefelsauren Alkalien. Man löst alle 
diese Salze lieber in Salpetersäure als in Wasser auf, weil das 
Kali ein wenig Kohlensäure enthält, deren Menge man aus 


*), Vielleicht würde es genauer sein, diese erste Operation (a), 
welche durch Essig und Alkohol nur einen Theil des überschüssigen 
Kalis entfernt, und welche ein wenig phosphorsaures Kali entzieht, 
zu unterlassen. Ich wandte dies Verfahren nur an, weil es die übrige 
Analyse weniger beschwerlich gestaltet, und weil es viel Essigsäure 
und essigsauren Kalk spart. 

**) Der Essig löst ein wenig phosphorsauren Kalk, wenn er nach 
der Fällung nicht getrocknet worden ist. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 87 


dem Gewichtsverlust des Gemenges bestimmt. Diese salpeter- 
saure Lösung wird nach einander mit salpetersaurem Baryt und 
salpetersaurem Silber gefällt; das Gewicht jedes einzelnen dieser 
Niederschläge giebt auf Grund bekannter Berechnungen salz- 
saure und schwefelsaure Alkalien; [321] man zieht die Summe 
dieser letzteren von dem Gewogenen (e) ab oder von derjenigen 
Summe, welche Kali, die salzsauren und schwefelsauren Salze 
enthält. Die Differenz giebt das Gewicht von allem in dem 
phosphorsauren Kali enthaltenen Kali und von demjenigen, das 
im Ueberschuss vorhanden war. Nun kennt man das Gewicht 
des Kalis, das in die Verbindung des schon unter d angegebe- 
nen phosphorsauren Kalis eingeht. Hundert Theile des’Salzes 
enthalten 65 Theile Kali. Demnach theilt man diesem Salze das 
Kali zu, welches ihm zukommt; das übrige ist das im Ueberschuss 
in der Asche vorhandene Kal. 


Bemerkung 
über die Verbindung des phosphorsauren Kalıs mit dem Kalke. 


Ich stellte phosphorsaures Kali dar, indem ich nach und 
nach auf feuchtem Wege Phosphorsäure mit Kali vereinigte, 
bis dies Gemenge neutralisirt war und die als Reagens ange- 
wandten Pflanzenfarben nicht mehr veränderte. Diese Ver- 
bindung troeknete ich bei Glühhitze und wog; [322] sie wurde 
in Wasser gelöst und durch salzsauren Kalk zersetzt. Das Ge- 
misch wurde bis zur Trockne eingedampft und, nachdem es 
in Wasser gelöst worden war, filtrirt. Nach den von Klaproth 
erkannten Prineipien habe ich für den phosphorsauren Kalk 
abgeleitet, dass 100 Theile getrocknetes phosphorsaures Kali 
bei dem weiter oben angegebenen Sättigungsgrade enthalten 


Kali 65 
Phosphorsäure 35. 


Um ein so zusammengesetztes phosphorsaures Kali handelt 
es sich bei den Aschenanalysen; 129 Theile dieses Salzes ver- 
mögen nur 100 Theile phosphorsauren Kalk zu bilden. 

Die wässerigen Lösungen des phosphorsauren Kalis sind 
nicht, wie man behauptet hat, zäh und gelatinös, sie gehen. viel- 
mehr leicht, selbst eoncentrirt, durch die engsten Filter hindurch. 

Wenn man dieser Lösung das Zwanzig- oder Dreissigfache 
ihres Volumens an Kalkwasser zumischt, so bewahrt das Gemisch, 


83 Th£eod. de Saussure. 


welches löslichen kalihaltigen phosphorsauren Kalk bildet, seine ° 
Durchsichtigkeit; es erleidet scheinbar keine andere Verände- 
rung als diejenige, zäh zu werden und nur mit äusserster Lang- 
samkeit durch die gewöhnlichen Filter hindurchzugehen. |323) 
Wenn man eine weitere Menge Kalkwasser hinzufügt, beginnt ein 
Niederschlag sich zu bilden. Dies ist kein phosphorsaurer Kalk, 
es ist durch einen Ueberschuss an Erde in Wasser unlöslich ge- 
wordener kalihaltiger phosphorsaurer Kalk: wenn man densel- 
ben in Salpetersäure löst, entzieht man ihm nur den vierten Theil 
oder die Hälfte seines Gewichtes an phosphorsaurem Kalk. Na- 
hezu dieselben Erscheinungen haben mit der Magnesia statt. 
Allein die Verbindungen dieser letzteren schienen mir weniger 
zäh zu sein. 

Man kann die nämlichen Ergebnisse aber weniger scharf 
ausgeprägt erzielen, wenn man an Stelle des Kalkwassers eine 
Lösung von essigsaurem Kalk anwendet. Ist die Lösung ver-- 
dünnt, so zersetzen die ersten Tropfen das phosphorsaure Kali 
nicht, oder der gebildete Niederschlag löst sich beim Umrühren 
der Flüssigkeit wieder auf. Diese Beobachtung beweist, dass der 
von Vauquelin in so reichlichem Maasse in den Pflanzensäften 
- aufgefundene essigsaure Kalk dort neben dem phosphorsauren 
Kali vorkommen kann. Dies Salz wird von irgend einem Kalk- 
salz nur zersetzt, wenn das Gemisch bis zur Trockne eingedampft 
wird; das Nämliche gilt von der Magnesia. 

Die wässerige Lösung des kalihaltigen phosphorsauren Kalks 
wird weder von Kali, Natron, Ammoniak, noch durch Phosphor- 
säure getrübt, [324] wird aber theilweise durch alle kohlensauren 
Alkalien zersetzt, indem dieselben aus ihr kohlensauren Kalk 
niederschlagen ; ebenso wirkt Oxalsäure ; schliesslich wird sie 
theilweise beim einfachen Trocknen bei Glühhitze zersetzt. In 
diesem Rückstand findet man phosphorsauren Kalk, der durch 
einen Ueberschuss an Erde unlöslich geworden ist, und in Was- 
ser löslichen kalihaltigen phosphorsauren Kalk, der jedoch we- 
niger Kalk als bei der ersten Lösung enthält. Diese Erschei- 
nung greift mehr oder weniger bei allen Aschenlaugen Platz, 
welche man bis zur Troekne eindampft und in Wasser löst. 

Die Wirkung des Kalis auf den phosphorsauren 
Kalk. Foureroy und Vauquelin haben sehr wohl gesehen (An- 
nales de Chimie, Jahrg. XI), dass, wenn man flüssiges Kali mit 
phosphorsaurem Kalk kocht, sich eine sehr kleine Menge Kalk 
abscheidet. Aber diese der alten Ordnung der chemischen Ver- 
wandtschaften entgegengesetzte Zersetzung, wovon Berthollet 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. sg 


für andere analoge Verbindungen so zahlreiche Beispiele ange- 
geben hat, ist nieht das einzige wahrnehmbare Ergebniss dieses 
Versuches. Ich beobachtete, dass eine sehr grosse Menge phos- 
phorsauren Kalks vollständig im Kali gelöst wird, und dass sich 
dann phosphorsaurer Kali-Kalk |potasse phosphatde de chaux] 
bildet. |325| Ich liess 300 Theile Kali (gelöst in ungefähr dem 
doppelten Gewicht Wasser) mit teigigem und durch Ammoniak 
frisch gefälltem phosphorsaurem Kalk eine Stunde lang kochen. 
Das bei Glühhitze getrocknete Phosphat wog vor dem Versuch 
25 Theile. Die Abkochung wurde filtrirt. Der durch das Kali 
nicht gelöste Rückstand wog nicht mehr als 9 Theile; er wurde 
in Salpetersäure gelöst und mit Ammoniak gefällt. Der bei 
Glühhitze getrocknete Niederschlag wog nur 6 Theile. Die fil- 
trirte Lösung wurde mit kohlensaurem Natron oder Ammoniak 
gemischt; dies Salz schied einen halben Theil kohlensauren Kalk 
daraus ab. Das Kali löste also in diesem Versuch drei Viertel 
des phosphorsauren Kalks und zersetzte wirklich nur den fünf- 
zigsten Theil davon. 

Ich erhielt fast genau dieselben Ergebnisse, als ich bei 
Schmelztemperatur in einem Platintiegel getrockneten phosphor- 
sauren Kalk mit getrocknetem Kali behandelte. Das Phosphat 
wog 20 und das Kali S0 Theile. Das undurchsichtige Glas, 
welches aus diesem Gemisch hervorgeht, wurde in Wasser ge- 
löst und filtrirt; der in dieser Flüssigkeit unlösliche Rückstand 
wog 12 Theile. Sie wurden in Salpetersäure gelöst und mit 
Ammoniak gefällt; dies schied nur 64 Theile phosphorsauren 
Kalk daraus ab. 

[326] Die filtrirte Lösung wurde mit kohlensaurem Natron 
gefällt, das aus ihr 24 Theile kohlensauren Kalk abschied. 

Die nach den soeben besprochenen Verfahren erhaltenen 
Verbindungen des überschüssigen Kalis mit phosphorsaurem 
Kalk unterscheiden sich durch einige Eigenschaften von der Ver- 
bindung, welche man aus der Mischung von Kalkwasser und 
phosphorsaurem Kali erhält. 

Folgende Eigenschaften beweisen, dass das überschüssige 
Kali nicht unwirksam ist, und dass es mit einer sehr mächtigen 
Affinität auf den Kalk einwirkt. Ich sagte, dass die wässe- 
rige Lösung des kalihaltigen phosphorsauren Kalks durch Oxa- 
late zersetzt wird. Aber der phosphorsaure Kali-Kalk |potasse 
phosphatee de chaux] trübt sich nicht durch diese Reagentien ; 
diese zeigen den Kalk nur an, wenn man das scheinbar über- 
schüssige Kali sehr genau durch eine Säure sättigt. Es fehlt 


90 Theod. de Saussure. 


viel, dass die Oxalsäure selbst unter diesen Umständen allen Kalk 
fällt; wahrscheinlich bildet sich hier eine vierfache Verbindung. 

Der flüssige kalihaltige phosphorsaure Kalk oder das Gemisch 
von Kalkwasser und phosphorsaurem Kali wird zum Theil beim 
Trocknen zersetzt; aber der flüssige phosphorsaure Kali-Kalk 
|potasse phosphatee de chaux] wird durch diese Operation nicht 
merklich verändert. [327] Der kalihaltige phosphorsaure Kalk 
bildet mit Wasser eine zähe oder gelatinöse, schwer filtrirbare 
Lösung. Der phosphorsaure Kali-Kalk geht sehr leicht durch 
das Filter und bildet beim Einengen keine Gallerte. 


Ende. 


Tabelle 


der 


Veraschungen und Analysen. 


Kap. IX. p. 327. 


92 Theod. de Saussure. 


Tabelle der Veraschungen. 


Pr s »2|sısSs|3#e2%| 
Sa SuE | SE 225 
5 ‘Name der Pflanzen. | =7Z Et» eb 
Fe rn R an | oa%|&S5| Bemerkungen 
s2| Zeit ihrer Emte |582 223 |3SE| 
Be SET =Se oem 
| : »|<«H5jleERA8]| 
1 |Eichenblätter (Quereus 13 53 | 745 |Aus einem Gehölz; kiesiger und fast 
robur) vom 10. Mai | unfruchtbarer Boden. 
| 
| 
| 
2 Dieselben vom 27. Sep- 24 55 | 549 |Ebendasselbe. 
tember 
3 \Berindete Stengel oder BE 4 |  -— |Ebendasselbe. Diese Stengel oder 
| Zwei d . | Zweige hatten ungefähr einen 
weige er Jungen Durchmesser von 1 (Centimeter 
Eiche 10. Mai | (5 bis 6 Linien). ; 
4 Die Rinde obiser Zwei-, —. 60 — |In der Rinde sind Bast und Epi- { 
= dermis inbegriffen, I 
| ge R 
5 'Splintfreies Eichenholz — 2 — |Es machte einen Theil eines Stam- 
mes aus, der einen Durchmesser 
| von ungefähr 2 Decimeter ($Zoll) 
hatte. 
6 Splint obigen Eichen- — 4| — r 
holzes 
| | ; 
7 Rinde obigen Eiechen- a 60 — [!In der Rinde sind Bast und Epi- 
hol dermis inbegriffen. 
nolzes | 
$ Bast dieser Rinde la — 
9 |Extraet aus obigem) — | 61 u 
Eichenhoiz | : 
| 4 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 93 


Tabelle der Analysen. 


Hundert Theile Asche enthalten | 
Nummer Sen Ye 
der Analyse, ent- 53 |. 5 | & | e 3 4oz 
sprechend der |23 2522| 2 5 x E Bemerkungen 
Nummer elle | SA = 8 = E 
der Veraschung | = 2 |# 3 | = g|&s | .@ 
ö er: a |= = 1 = 
| > 
1. Eichenblätter.|47 124 0,12) 3 |=2,| 0,64125,24|In dieser und den fol- 
Mai | Da gendenAnalysen kommt 
| zen der Verlust fast aus- 
3“ schliesslich auf Rech- 
| 55 nung der in Wasser lös- 
En lichen Salze. 
oo 
| er 
2. Dieselben. 17 18,25]23 14,55) — | 1,151 25,3 
September. 
3. Berindete 26 128,5 [12,25] 0,12) — |1 32,58 
Stengel oder 
Zweige von 
jungen Eichen. 
Mai 
. . li; al es E -r 
4. Rinde obiger! 7 4,5 103,25) 0,25] — | 1,75|22,75 
Zweige 
5. Splintfreies 38,6 | 4,5 |32 2 — | 2,25120,65 
Eichenholz 
‘ 
6. Splint dessel- 32 24 11 7155| — 2 23,5 |Die Kieselsäure war in 
ben Eichen- diesem Splint viel- 
leiebt nur zufällig vor- 
holzes handen; denninjungen 
Eichenzweigen fandich 
keine. 
7. Rinde obiger) 7 |3 166 |6,5| — |2 121,5 
Eichenstämme 
8. Bast dieser 7 | 3,7565 10,5 | — |1 [22,75 
Rinde 
9. Extract ausjl ee — | — En DE: eine 
P : # 2 albe Stunde lang in 
obigem Eichen a3 a destillirtem Wasser ge- 
holz 22 kocht ; die filtrirte Ab- 
Bor kochung wurde bei ge- 
200 5 linder Wärme bis zur 
NE Trockne eingedampft. 
zu 


Bu- 


Theod. de Saussure. 


Tabelle der Veraschungen. 


wit destillirtem Was- 
ser gewaschen 


u El nn an 4 a ln nie md an 


ee, SS 38 | SA 
53, Name der Pflanzen. | =7£ | =2& |=3& 
E23 EA 4 oS=|e5%|43} Bemerkungen 
ax Zeit ihrer Ernte |=82|=25 |*35 
Er naHeEloa 3| 2.» 
m < %]<«H3 1273 
) /Humus von Eiöhenkiets 41 

Extract des obigen Hu- — 111 
mus von Eichenholz 

Pappelblätter (Populus) 23 66 Von einer Wiese, thoniger Boden. 
nigra) vom 26. Mai 

\Dieselben vom 12. Sep-| 41 93 | 965 |Von demselben Zweige wie die vor- 
tember stehenden Blätter. 

Berindete Stämme obi- — Ss Von demselben Boden, Stamm von 
ger Pappeln vom 12. 2Decimeter ($Zoll) Durchmesser, 
September 
= ET =: In der Rinde sind Bast und Epi- 

Rinde obiger Stämme a dermis inbegrifan) p 
ee Kr, N Von dem nicht bebauten Saume ei- 

Blätter des Haselstrau 61 nes Gehölze. Bandizern 
Br lus avel- unfruchtbarer Boden. 
ana) 1. Mai 

7 Dieselben; inderKälte — 97 


2 u en ei A 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 95 


Tabelle der Analysen. 


Hundert Theile Asche enthalten 


Nummer - = 
der Analyse,ent- z2|.3|2 eins a 0 
sprechend der |2# 125 |33|=3 : | 3 | 2 Bemerkungen 
Nummer |E.|8.|:23|82 3 3|3 
der Veraschung | = 2 | = 3 = 2a | 5 er 
- 595511 M | eis 
m | 
10. Humus des!24 1105 110 32 1.114 8,5 |Dieser fast schwarze Hu- 
> 1 | mus ist mehrere Fuss 
obigen Holzes über dem Boden einem 
| | lebenden Eichenstamme 
| entnommen worden; er 
| | enthielt kleine weisse 
| | Klümpehen Kieselsäu- 
| | re. 
Zihimmusextract66 | — | — | — | — | — IP = Der ‘Humus wurde eine 
i 2 \ N halbe Stunde lang in 
al; Eichen | | destillirtem Wasser 
olz | gekocht; die filtrirte 
| | Abkochung wurde bei 
1 gelinder Wärme bis zur 
| | Trockne eingedampft. 
12.Pappelblätter 36 13 29 5 | — | 1,25115,75|In dieser und den fol- 
Mai | | genden Analysen ent- 
fällt der Verlust fast 
| ausschliesslich auf die 
in Wasser löslichen 
Salze. 
® | - „| | - 
13. Dieselben 26 |7 136 111,5 | — | 1,5 [18 
September | | 
14. Berindete 126 - 116,7527 133 | — | 1,5 124,5 | 
. | ; 3 
Pappelstämme | 
1} 1} 
PIE | | 
15. Rinde obiger 6 | 5,3 |60 Arte ne Me 22 
Stämme. Mai | | | 
en 
| | =o 
| 50 
16. Blätter des 26 123,3 22 112,5 a3: 1,5 24,7 In dieser und den fol- 
Haselstrauchs | 4o<| genden Analysen ent- 
Mai aD | | fällt der Verlust fast 
= 22 | einzigaufdiein Wasser 
| | 2=S löslichen Salze. 
\ | 
17.Dieselbenge- 8,2 119,5 44,1 | 4 2 22,2 |Die frischen Blätter sind 
Er asche zu Se we | ’“ | acht Mal in kaltes de- 
n | stillirtes Wasser ge- 
| | | | taucht worden; bei je- 
| | | | der Eintauchung hiel- 
| | } | ten sie sich eineViertel- 
I} 


} | | | | ‘stunde unter Wasser 
| | auf. 


96 Theod. de Saussure. 


Tabelle der Veraschungen. 


= ss 2|s38|388 
ne S355|1>°%: |2235 
5= | Name der Pflanzen. | =7& |=2% |E5£ 
= ons |vä$ sg Bemerkungen 
=# er r oez2|e5%|+$ 
E5 Zeit ihrer Ernte a8: 378 |3S5 
Kar „mZ was Sue 
| EiEcFier 
18 BlättervomHaselstrau- 28 62 | 655 Ebendasselbe. 
che; vom 22. Juni 
19 Dieselben vom 20.Sep- 31 10 | 557. Ebendasselbe. 
tember 
20 Berindete Zweige des. 5 Der grösste Durchmesser dieser 
abe Hucels ans Zweige betrug 1 Centimeter (4 Li- 
> a nien) 
ches vom 1. Mai 
21 Rinde obigerZweige — #2 _ h 
1 
22 Holz vom Rogenannten) — | 7 | — | yon Be 
u ie] (8 Zoll) Durchmesser. 
getrennt vom Splint. | 
November 
23 SplintobigenMaulbeer- — 13| — 
baumes 
| : 
24 Rinde desobigen Mau- — | 89 — |In der Rinde sind Bast und Epi- | 
beerbaumes dermis inbegriffen. 
I | + 
| 
25 Bast obiger Rinde — 2188 E= 
26 Holz der Hainbuche 4 6 | 346 [Von einer Wiese, thoniger Boden. 
(Carpinus  betulus), | u Deeimeter (6 Zoll) 1 
getrennt vom Splint. | 
November 4 
27 Splint obiger Hain-- 4 | 7 | 390 |Bei diesem Baume war der Splint 
buche | | } vom Holz sehr wenig unterschie- 
\ den. 
I 
? 
l 
M 
3 
’ 


AR 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 97 


Tabelle der Analysen. 


Hundert Theile Asche enthalten 


Nummer 

der Analyse, ent-| : 

sprechend der 
Nummer 

der Veraschung 


in Wasser 
Salze 
phosphor- 
saure Erden 


lösl. 


18. Blätter vom]22,7 
Haselstrauch. 
Juni. 


19. Dieselben. |11 
September 


20. Berindete |24,5 |35 
Zweige desHa- 
selstrauches 


21. Rinde dieser]12,5 | 5,5 


Zweige 


22. Holz desi21 2,25 
Maulbeerbau- 
mes, getrennt 
vom Splint 


23. Splint dieses|?6 127,25: 


Maulbeerbau- 
mes 


24. Rinde obi-| 7 8,5 
gen Maulbeer- 
baumes 


25. Bast dieser|]10 [16,5 
Rinde 


26.HolzderHain-|22 123 
buche, getrennt 
vom Splint 


27. Splint dieser|1S 36 
Hainbuche 


Kohlensaure 
Erden 


29 


36 


26 


Ostwald’s Klassiker. 16. 


E 


Kieselsäure 


Thonerde 


Metalloxyde 
Verlust 


Bemerkungen 


11,3 


ger als 1/100 


es Gewichtes 
der Asche 


d 


weni 


0,25120,38 


0,25121,5 


1,12|23,13 


1 24,38 In dieser und den fol- 


genden Analysen ent- 
fällt der Verlust fast 
ausschliesslich auf die 
in Wasser löslichen 
Salze. 


—1 


Bemerkungen 


In obiger Rinde sind Bast und Epi- 
dermis inbegriffen. 


Voneiner Wiese, fruchtbarer Boden, 


Von dem nämlichen Zweig. 


Von dem nämlichen Zweig. 


Von dem nämlichen Zweig. 


Von dem nämlichen Zweig. 


Aus einem Gemüsegarten; thonige 


Aus demselben Beet wie die vor- 
hergehenden. - 


98 Theod. de Saussure. 
Tabelle der Veraschungen. 
m ET Bar > Jo BESSERES 
FE Name der Pflanzen. | = sE 38 BER 
5 : : 23e| 25% |%35 
E85 Zeit der Ernte Fer 233 BE 
mi Kia I &|<#3 gazgrn? 
38 Rinde obiger Hain-| 88 | 134 | 346 
buche 
29 Stämme und entblät- — 35 _ 
terte Zweige von der 
Rosskastanie (Aescu- 
lus hippocastanum) 
10. Mai 
30 ‚Rosskastanienblätter. 16 72 | 782 |Ebendaher. 
10. Mai 
31 Dasselbe. 23. Juni 29 84 | 652 
32 Dasselbe. 27.September) 31 s6 | 636 
| 
33 Blüthen der vorstehen- gs Vi 82 
' den Rosskastanie. 
10. Mai 
34 ‚Reife Früchte von der) 12 34 | 647 
 nämlichen Rosskas- 
\ tanie. 5. October 
| 
35 |Blühende Erbsenpflan-- — 95 Zen 
zen (Pisum sativum) at 
36 'Dieselben, reife Samen — si1 _ 
tragend | 
37 |Saubohnenpflanzen (Vi- 16 | 150 | 895 


eia faba A vor der 
Blüthe. 23. Mai 


Aus einem Gemüsegarten; thonige: 
Boden. vu: 


L. Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 99 


Tabelle der Analysen. 


Hundert Theile Asche enthalten 
Nummer 


der Analyse, ent- 
sprechend der 

— Nummer 

_ der Veraschung 


Bemerkungen 


in Wasser 
lösl. Salze 
phosphor- 
saure Erden 
koh lensaure 
Erden 
Kieselsäure 
Thonerde 
Metalloxyde 
Verlust 


hei. 
or 
R=) 
fr 
1) 
[IC 
> 
co 
[0,0] 


28. Rinde obiger 
Hainbuche 


29. Stämme und 
entblätterte 
Zweige der 
Rosskastanie 


30. Rosskasta- 
nienblätter. 
Mai 


3 1. Rosskasta- 
nienblätter. 
Juli 


P. 
32. Dasselbe. 
September 


B3. Rosskasta- 
| nienblüthen. 


u | 


der Asche 


Mai 


3. Reife Früchte)7 15 105 | — | 0,75 0,5 \13,25) Genauere Analyse 
derselben Ross- rt dieser Asche: 


if Kali 51 
% kastanie phosphorsaur. Kali 28 


salz- u. schwefels. 
Alkalien 3 
phosphors. Erden 12 
kohlensaure Erden 0 
Kieselsäure 0, 
0, 
5, 


uns als! 
des Gewich 


Metalloxyde 


b) 
2 
Verlust 2: 


wor 


100 
49,8 17256 123| — -ı [24,65 


6. Erbsenpflan- 
zen, reife Sa- 
men tragend 


7. Saubohnen- 55,5 
pflanzen vor 
. der Blüthe 


=3502 a 11. | = | 25-475 


145 |35| 15 | — | 05 [24,50 


| 
I 
| 
ı 


100 Th&od. de Saussure. 


Tabelle der Veraschungen. 


> RO D 
Er 2.2 |28:|855 
s= | Name der Pflanzen. |=72 235 |E2E 
=: ER 2.|est 254 Bemerkungen 
5 eit der Ernte 28 225 |$S5 
zZ | HE |2=5| 9% 
rs Ne ae 
= 7 | 
38 'Dieselben während der| 20 | 122 | 876 |Von demselben Zweig wie die vor- 
Blüthe. 23. Juni. hergehenden. 
39 \Dieselben, reife Samen — 66 — |Ebendaher. 
tragend. 23. Juli. 
40 |Dieselben, von den rei- — | 115 — |Ebendaher. 
fen Samen getrennt. 
| 
41 ‚Samen dieser Pflanzen | — 33 — \Ebendaher. 
| | 
| 
! - 
42 |Blühende und in de- — | 39 |  — 
stillirtem Wasser ge- 
, wachsene Saubohnen- f 
pflanzen, die aus obi- ee 


gen Pflanzenstammen 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 101 


Tabelle der Analysen. 


Hundert Theile Asche enthalten 


Nummer - RE 
j © © © 
derAnalysg,ent| 52 |. 2 _|3|2|%| > 
sprechend der |2 7 =5|22| 2 5 = = Bemerkungen 
Nummer = EE A 
Be nelaz sel 818 |) | 
er 3 g|2=2|=2|73 Be! S y 
38. Dieselben, [55,5 13,5 | 4,12] 1,5 |=ez | 0,5 |24, 38 See Lan, se 
währ e 32 ? 
re der PIele Einfach kohlens. 
uthe “22 Kali 57,35 
Su salz- u. schwefels. 
A Alkalien 12 
os phosphors. Erden i5 
F kohlensaure Erden 5 
Kieselsäure 2 
Metalloxyde 0,5 
Verlust 8,25 
. 100 
39. Dieselb., reife 50 17,75) 4 1,7551 — | 0,5 |26 |Die in Wasser löslichen 
Samentragend Bi janibal Be 
| sphorsaures i. 
40. Dieselben, [42 5,75136 Io = 1 12,9 |G@enauere Analyse 
von den reifen ad in ae 
= Einfach kohlens. 
ron en Kali 31 
rennt salzsaur. Kali 14 
schwefels. Kali 2 
phosphors. Erden 6 
kohlensaure Erden 37 5 
Kieselsäure 2,75 
Metalloxyde 0,75 
Verlust 6 
100 
41.Samendieser — | —  — | — |22z | —| — gan zunlsa an 
at all 2,45 
Pflanzen ” FE phosphors, Kali 43,93 
we salzsaures Kali 0,9 
2, schwefelsaur. Kali 2 
nn phosphors. Erden 27,92 
Aa kohlensaur. Erden 0 
Fe Kieselsäure 0) 
Metalloxyde 0,50 
Verlust 2,30 
100 
ee 1.1 __ | |, — pßirkeitedechs 
in destillirtem BR er, 
ın des Kali 22,4 
Wasser ge- phosphorsaur. Kali 33,4 
wachsene Sau- al schwefels. R 
bohnenpflan- ren ” 
ohnenp phosphors, Erden 30 
zen, die aus \kohlensaure nn 0) 
Kieselsäur. unbest.Menge 
S; Be lenden |Metalloxyde 0,5 
amen stam- \Verlust 9,4 
. men. 100 


102 Theod. de Saussure. 


Tabelle der Veraschungen. 


— =] © o\ı Fr 5 & = 
52 | Name der Pflanzen. |.= „= |: |23% 
a B- we ı&ö » 
E2 En eaules%|#o$ Bemerkungen 
=5 Zeit ihrer Emte |333 |=28 |2=5 
a none Ins = Zr »„ 
@ AN j ? I 8]<H:jeAS 
43 IGoldruthe Solidareo — 93 | — |Von dem nichtbebauten Saum ei- 
vulgaris) ei Ei | nes Gehölzes, sandiger Boden, 
Blüthe. 1. Mai | 
44 Dieselbe, im Begriffzul — 57 — |Ebendaher. 
blühen. 15. Juli 
45 |Dieselben mit reifen — 50 — |Ebendaher. 
Früchten. 20. Sep- 
tember Er} 
46 |Sonnenblumenpflanzen — | 147 — Di SinpL Gemüsegarten, thouiger 
oden, j } 


(Helianthus annuus) 
vom 23. Juni, einen 
Monat vor der Blüthe 


47 |Dieselben im Beginn! 13 | 137 | 877 |Ebendaher, 
der Blüthe. 23. Juli. 


48 |Dieselben vom 20. Sep-| 23 93 | 753 |Ebendaher. 
tember mit reifen Sa- 


men. 
49 Aus einem fruchtbaren Felde, kie- 
siger Boden. 
50 Ebendaher. 
5l |Weizenpflanzen (Triti-; — 79 — |Ebendaher. 


cum sativum) vom 
1. Mai, einen Monat 
vor der Blüthe 


52 |Dieselben blühend,vom| 16 54 | 699 |Ebendaher. 
14. Juni 


Dieselben vom 28. Juli 
mit reifen Samen 


N 


53 a 33 —  |Ebendaher. 


Chemische Untersuchüngen über die Vegetation. 103 


———— 


Nummer 
der Analyse, ent-| = 
sprechend der | 2 
Nummer = 
der Veraschung | = 


43. Goldruthe im 67,5 10,75 


Mai. 


44. Dieselbe im/59 
Juli 


45, Dieselben mit 48 
reifen Früch- 
ten 


46. Sonnenblu- 63 
menpflanzen, 
einen Monat 
vor der Blüthe 


47. Dieselben im/61 
Beginn der 
Blüthe 


48, Dieselben mit 51,5 


reifen Samen 


49. Blühende 43,25112, 


Weizenpflan- 
zen 


50. Dieselben mit 11 
reifen Samen 


51. Weizenpflan- 60 
zen, einen Mo- 
nat vor der 
Blüthe 


52.Dieselbenblü-|41 
hend 


53. Dieselben mit 10 
reifen Samen 


Tabelle der Analysen. 


Hundert Theile Asche enthalten 


e 


lösl. Salze 
phosphor- 
saure Erden 
kohlensaure 
Erden 
Kieselsäure 
Thonerde 
Metalloxyd 
Verlust ! 


Bemerkungen 


| 


o 


des Gewichtes 
der Asche 


weniger als I/ıoo 


| 


0,12|16,67 


8 


0,5 117,75 


des Gewichtes 
der Asche 


weniger als 1/ıoo 


‚15118,25'Diese Pflanzen besassen 


nurihre Wurzelblätter. 


| 

In dieser und den fol- 
gen Analysen entfällt 
der Verlust fast aus- 
schliesslich auf die in 
Wasser löslichen Salze, 


0,5 112,25 Jahr 1802. 


75,Dasselbe Jahr. Reichlich 


Samen und von schön- 
ster Qualität. 


0,25 15,5 Im Jahre 1803 von dem- 


selben Boden, wie die 
früheren. 


Ebendasselbe. 


Geschrumpfter und we- 
nig reichlicher Same. 


104 "Theod. de Saussure. 


Tabelle der Veraschungen. 


ı 91508 
Sy SPEIEFFIRFFE 
=5| Name der Pflanzen. | =78 | =3£ E22 
22 Ship o@u|les2|#Sd Bemerkungen 
=E Zeit ihrer Ernte aas|ı=2:2|35% 
Be | 28 253 A = 
1 Eee un} 
54 |Stroh des obigen Wei- — 43 _ 
zens, getrennt von 
den Samen | 
| 
ji 
| 
55 Ausgewählt. Samenvon — 13|ı — 
obigem Weizen 
. | | 
N 
| 
| 
I 
56 |Kleie 3) == 
| 
| 
57 |Maispflanze (ZeaMays,)) — | 122 ‚er = Gemüsegarten, thoniger 
23. Juni, einen Monat IT 
vor der Blüthe | 
58 |Dieselben blühend,yom)| — 81 — |Ebendaher. 
23. Juli 
59 |Dieselben mit reifen — 46 — |Ebendaher. 
Samen. 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 105 
Tabelle der Analysen. 
Hundert Theile Asche enthalten 
Nummer 
ter Analyse,ent-/ = „s|E |& | = S r 
sprechend der | 25 sAla E 2 | 5 = = Bemerkungen 
Nummer Zesissts 2 | |: | 
der Veraschung |=2 = 3 = ge ° 
2 &-3 
4] = | 
: | ht u 
4. Stroh desobi- 9 5 1 61,5 | — | 1 22,5 | Genauere Analyse 
gen Weizens, K: are Az 
| ali 2,5 
getrennt von | | |phosphorsaur. Kali 5 
den Samen | salzsaures Kali 3 
| | schwefelsaures Kali 2 
] \ phosphors, Erden 6,2 
| kohlensaure Erden 1 
| Kieselsäure 61,5 
| Metalloxyde 1, 
| ‚Verlust 7,5 
| | 100 
5. Weizenkör- 21 38 | sh 0,5 = | 0,25! j20 ‚25 Genauere Analyse 
ner aus denje- | as| dieser Asche: 

R | 1 are Kali 15 
nigen Ausge- | | = == | phosphors. Kali 32 
wählt, welche | | az | |salzsaures a : 0,16 

® | End schwefelsaur. Kali 
das yorstehen \ | 2 = | |  unwägbares Wölkchen 
de Stroh trug | | phosphors. Erden 44,5 
| \ kohleusaure Erden 0 
| Kieselsäure 0,5 
| | Metalloxyde 0,25 
| | | Verlust 7,59 
| | 100 
. Baal 47. E12 | Kan 14 
6. Kleie | | | phosphorsaur. Kali 30 
| | salzsaures Kali 0,16 
| schwefelsaur. Kali 0 
N | \ \phosphorsaur.Erden 46,5 
| | !kohlensaure Erden 0 
| Kieselsäure 0,5 
| \Metalloxyde 0,25 
| Verlust 8,59 
| | 100 
7. Maispflanzen 69 | 5,75 0,251 7,5 | — | 0,25|17,25 
vor der Blüthe | | | 
\ | 
| | 
8. Dieselben 69 | 6 0,25 7,5 0,2517 
blühend \ 
9.Dieselbenmit| — | - | — | — a ed as 


reifen Samen 


weniger als /ıoo 


des Gewichtes 


der Asche 


106 a, do-Saussme.r ar 8 


Tabelle der Veraschungen. 


‚2 | #_o 
u S, S s SE 28 S 
= _ _ a 
-=2| Name der Pflanzen. | ="s | =3£ 222 RN 
oa au -I-R au Bar EIER or: 
=3 run o2.|e2%|#558 Bemerku 
= Zeit ihrer Emte |=32 |=25|335 za 
© 2'5-= oo 
== Aa Br 
in  H|<HE|2A8 
60 |Stengel obiger Mais- — s4 _ 
pflanzen, von ihren 
reifen Kolben ge- 
trennt 
61 ‚Kolben dieser Stengel | — 16 — 
62 Samen obiger Mais-- — 10 |. — u; 
pflanzen 
a 
63 ‚Gerstenstroh (Hordeum —. 42 — a er Felde mit kall 
vulgare),getrennt von NEE 
den reifen Samen 
64 |Samen dieses Gersten- _ 18 __ Dieser Same war s 
strohes j man ihn zum 


d.h. mit derinneren 
sehen. Be 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 107 


Tabelle der Analysen. 


H . 
Nummer undert Theile Asche enthalten 


ler Analyse, ent-| 5 & B a8 12:8 |:2.0% 
sprechend der | 23 25 32 & ö u E Bemerkungen 
Nummer Seele Ze 
I oO 2m R! u | = Fr © 
ler Veraschung | = 2 | 3 Ee 3 = E > 
;0. Stengel der!|56 5 1 18 | — 0,5 119,5 |Genauere Analyse 
obigen Mais- er der Asche: 
pflanzen, von Kabı 9 
* phosphorsaur. Kali 9,7 
denreifenKol- salzsaures Kali 35 
ben getrennt schwefelsaures Kali 1,25 
| phosphors. Erden 5 
kohlensaure Erden 1 
Kieselsäure 18 
Metalloxyde 0,5 
Verlust 3,05 
100 
1. Kolben obi- — | — | —|ı — | - | -| — 
ger Stengel | 
1 
»2. Samen dieser|24 34 — [1 0,12.40,88 Genauere Analyse 
Maispflanzen der Asche; 
Kali 14 
phosphorsaur. Kali 47,5 
| salzsaures Kalı 0,25 
| schwefelsaur. Kali 0. ‚25 
phosphors. Erden 36 
kohlensaure Erden H 
Kieselsäure 
Metalloxyde 0, 12 
| Verlust 0.88 
100 
: | 
3. Gerstenstroh, 4 | 7 [12,5 | 57 128,105 9 [Kali 16 
= S$s0 ’ | Dre, x 
von den reifen Je schwefelsaur. Kali 3,5 
m2a2 salzsaures Kali 0,5 
Samen ge- Bi 22 phosphorsanr. Erden 7,75 
trennt nd n | kohlensaure Erden 2 5 
EN Kieselsäure 57 
27 Metalloxyde 0,5 
Verlust 2, 25 
100 
4.Gerstensamen| 7 31 — | 36 | — | 0,2525,75) Genauere Analyse 
dieses Strohes gay sehe 
Kali 18 
phosphorsaur. Kali 9,2 
schwefelsaur. Kali 1,5 
salzsaures Kali 0,25 
phosphors. Erden 32,5 
kohlensaure Erden 0 
| | Kieselsäure 35,9 
| Metalloxyde 0,25 
| Verlust 2,8 
100 


108 Th£od. de Saussure. 
Tabelle der Veraschungen. 
» = e|3;8|3:88| 
En =53|2»5 | 225 
— r 8 I : 
== | Name der Pflanzen. |= „& | =3& |23% | 
= 5m al, ; © . 
SIE: Bun? H o2.|e.5%|825| Bemerkungen 
B5 Zeit ihrer Ernte 2221233 338 
= < 5221283] 
65 |Gerstensamen _ — 
| 
66 ‚Hafer — 31 — ‚Dieser Same war noch mit der 
Spelze versehen. 
67 ‚Blätter von Rhododen-ı — 30 — 
dron ferrugineum, auf 
dem Jura, einem 
Kalkgebirge, gewach- 
sen. 20. Juni 
68 |Dieselben auf demBre- — 25 — 
ven, einem Granit- 
gebirge, gewachsen. 
27. Juni 
69 Stengel und Zweigedes — 8 — ‚Diese, wie die folgenden Stengel 
aufdem Juragewach- a 
senenRhododendron. 
20. Juni 
70 /Auf dem Breven ge-ı — = 
wachsene Stengelvon 
Rhododendron. 27. 
' Juni 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 109 
Tabelle der Analysen. 
Nummer Hundert Theile Asche enthalten 
der Analyse, ent-| = 2 |. |: g P 2 ss] 
sprechend der |23 253 | 22| 3 3 Ebe DE Bemerkungen 
Nummer Falzolaejı|e S 315 
der Veraschung | = 3 #3 = Sae,:% er 
er a EEE Br =|28 Be = = | 
. | | 
65.Gerstensamen]2? |22 — 121 | 0,12,29,88| Obgleich diese Samen 14 
| 4 Tage vor vollständiger 
| | | Reife gepflückt wor- 
| den waren, waren sie 
| doch keimfähig. Als 
| ich die in der sauren 
Lösung zurückgeblie- 
benen Salze untersuch- 
te, fand ich, dass sie 
zusammen mit den 22 
angegebenen Theilen 47 
Theile wogen. 
Man muss in dieser 
undder vorhergehenden 
Analyse einen grossen 
Theil der Kieselsäure 
der Spelze zuschreiben, 
welche nicht entfernt 
worden war. 
66. Hafer 1 24 — 160 — 10,25 14,75 Aus einer eingehenden 
Analyse fand ich ausser 
‚ denselben Stoffen 10 
Theile Kali und5 Theile 
salz- u. schwefelsaure 
Alkalien in der Asche. 
Ber von]23 14 |43,25| 0,75) 0,12| 3,25|15,63jIn dieser und den fol- 
| genden Analysen ent- . 
enlron, | fait der Verlust fast 
alkhaltig. 20. ausschliesslich auf die 
Juni in Wasser löslichen 
Salze. 
68. Blätter vonl21,1 |16,75116,75) 2 | 0,12) 5,75|31,53/Die Vegetation war auf 
Rhododendron dem kieselhaltigen Bo- 
ki Ihalti I ' den weiter zurück als 
1eselhaltig. | auf dem kalkhaltigen. 
27. Juni | Diese Bemerkung be- 
zieht sich gleichfalls 
auf alle folgenden Ern- 
ten. 
69. Stengel von|22,5 |10 139 0,5 | 0,12| 5,4 |22,48 
Rhododendron. | 
kalkhaltig. 
No. 67. Juni 
70. Stengel von]?4 [11,5 [29 1 — 11 24,5 


Rhododendron, 
kieselhaltig. 
Juni. 


110 Theod. de Saussure, 


Tabelle der Veraschungen. 


= sıSs|lsas 
Ep S,2|385 885 
»=| Name der Pflanzen. | == | =32 23% 
= Ber er m RZ 
SE o&.|o=:4 | #28 Bemerkungen 
= Arztes, ER F- 5 : 
EE Zeit ihrer Ernte SEE 233 33% 
e SsEs|o 2 
a” s . << 5|«52]288 4 
71 Nadeln derTanne(Pinus — 29 = 
Abies), auf dem Jura 
gewachsen. 20. Juni. | | 
72 |DieselbenaufdemBre- - | 2939| — 
ven gewachsen. 27. | 
Juni. | | 
73 [Entnadelte Tamn- — 5 — 
zweige. 20. Juni 
74 |Heidelbeere(Vaceinium | — | 26 | — 
myrtillus), auf dem 
Jura gewachsen. 29. 
August. 
75 Dieselbe auf demBre- — | 2 — 
ven gewachsen. 20. | 
August 
76. Humus vonRhododen-| =. 65 I 7 — De einem 
ZEN . | Felsen von reinem kohlensauren 
dron. Kalkhaltig.Von Kalk entnommen, auf den keine 
No. 67 und 69. Thiere gelangen konnten; er war 
allen atmosphärischen Einflüssen 
. | des freien Himmels ausgesetzt. 
77 |Extraet dieses Humus End An — |Dieser trockene, schwarze und halb 
| durchscheinende Extract wurde 
durch wiederholtes Abkochen des 
| Humus mit destillirtem Wasser 
dargestellt, das nach jeder Ab- 
kochung erneuert wurde. * 
Die Abkochungen waren trübe 
| | und konnten nur mit dem Seih- 
| sack filtrirt werden, was sie nicht 
| aufbellte. 
| | 
1 
| | i 
78 Humus von Rhododen-| — | 6% — |Die grosse in diesem Humus rs 
R < = tene Aschenmenge rührt daher 
dr on. Kieselhaltig } dass er mitSand oder mit Gmeiss“ f 
No. 68 und 70. detritus, den re vermischt“ 
war. - 
9 |Extract dieses Humus | — | 142 — 
| 


Chemische Untersuchungen über die Vegetation. 111 
Tabelle der Analysen. 
Nummer Hundert Theile Asche enthalten 
der Analyse,ent- x 2 |. 2 | | Ze | due 
u a = I 2 B k 
sprechend der 2 = | =5|23| B = E emerkungen 
en | ri Z = S = 
Nummer E=|13:|25| 3 E = |> 
der Veraschung | .=:2- = 2 2... sr 
| 
71. Tannenna- 16 112,27143,5 | 2,5 — | 1,6 124,13 
‚deln. Kalkhal- | | 
tig. Juni | 
72. Tannenna- 15 112 29 19 — | 5,5 119,5 ee Bon mE 
deln. Kiesel- | | fällt'derVerlust fast aus- 
haltig. Juni schliesslich auf die in 
j Wasser löslichen Salze. 
73. Entnadelte 15 KT 
Tannenzweige! | | 
74. Heidelbeere, 17 |i8s 142 |05| — | 3,12|19,38 
Kalkhaltig. 29. | 
August | 
75.Dieselbe.Kie-24 22 22 5 — | 9,5 17,5 
selhaltig. 20. 
August | | 
76. Humus von 05 |6 29 28 |3 18 15,5 |Ich habe 12 Theile alka- 
Rhododen- | | lische Salze in der sau- 
2 | | ren Lösung dererde- u. 
dron. Kalkhal- oxydfreienAschegefun- 
tig. No. 67 und | den, DerVerlust beträgt 
En u ] | demnach nur 3 Theile. 
: | Dieser Humus er 
| | | mit Säuren nicht auf. 
77. Extract die-27 116,75|21 | 3 0,12) 3 129,13] Genauere Analyse 
ses Humus | nun, 
| | kohlensaures Kali 14 
| | salzsaures Kali 23 
| | schwefelsaur. Kali 16 
| phosphors. Erden 17,25 
| | kohlensaure Erden 21,5 
| | Kieselsäure 3,25 
/ | Thonerde 0,12 
| | Metalloxyde 3 
| Verlust 1,58 
| | 100 
mus von — | — | —-— | —| —| —l— 
Rhododendron. | 
Kieselhaltig | | 
| | | l | 
79. Extraet die-242 13 17 14 1012 m 21,88 
ses Humus Er | | 


Inhaltsverzeichniss. 


Fünftee Kapitel, VomHumus „ ... „u. 2. 2 zen 


$ 1. Untersuchungen über die Zusammensetzung des 
Humusit.) ee „Se BE [162] 


$ 2. Ueber die Extractivstoffe des Humus. . . . . [168] 
$3. Von den im Humus enthaltenen Salzen. . . [175] 
$4. Ueber die Veränderungen, welche das Sauer- 
stoffgas durch seine Berührung mit dem Humus 
erfährt :\\- (en... ’._.2 7, pa [177] 
Rückblick; Sa... 2... Wa [184] 
Anmerkung: Ueber die Verkohlung verschiedener 
vegetabilischer Substanzen . . ....... (185) 
Tabelle der Verkohlungen. ........ (188 u. ff.) 
SechstesKapitel. Ueber das Verhalten der Pflanzen 
in sauerstoffgasfreien Medien. . .- ..... 2... [194] 
$1. Von den Pflanzen, welche im Stiekgas nicht 
vegretirenikönnen =. 1... 2... 1 Ko [194] 
$2. Von den Pflanzen, welche im Stickgas vegeti- 
ren.kONDENBETRIEE Dein... nr ee [197] 


$5. Von dem Verhalten der Pflanzen im Kohlen- 
oxydgas (Hydrogene oxycarbur& de Berthollet) [208] 

$4. Ueber das Verhalten der Pflanzen im Wasser- 
stoBgas Ionen. = 20.00) [209] 

$5. Ueber das Verhalten der Pflanzen im luftleeren 
‚Raume. I RE [212] 


Siebentes Kapitel. Von der Bindung und der Zer- 


setzung des Wassers durch die Gewächse . . . [217] 
$ 1. Untersuchungen über die Bindung des Wassers 

durch die Pflanzen, welche in atmosphärischer 

Luft, die frei von kohlensaurem Gas ist, vegetiren [217] 


$ 2. Ueber die Bindung des Wassers durch die Pflan- 
zen, welche in einem Gemisch aus gewöhnlicher 
Luft und kohlensaurem Gas vegetiren. .... . [225] 
$3. Von der Zerlegung des Wassers durch die Ge- 
wächse |. ». „7. A SL er 2 Ve [228] 
Rückblick... ..u....: » „ame 22.7 Pe [236] 


Ächtes Kapitel. Von der Aufnahme der Lösungen 


durch die Wurzeln der Pflanzen . ...... [240] 
$1. Wasser und Luft sind als Nahrungsmittel un- 

zureichend um die vollständige Entwicklung der 

Gewächse zu bewirken . ... . . x „zes [240] 


Inhaltsverzeichniss. 


$2. Nehmen die Pflanzen in dem nämlichen Verhält- 
an wie das Wasser die in ihm gelösten Stoffe 
AUDA Ce ee i 


$3. Bevorzugen die Pflanzen bei der Aufnahme aus 


welche die Gewächse liefen. ..... .. F 
2. Ueber das Prineip, nach dem die Asche an Menge 


in denholzigen oder krautigenPflanzen schwankt [: 


3. Ueber die Zusammensetzung der Asche im All- 
gemeinen. Ueber den Einfluss des Bodens . 
4. Von den alkalischen Salzen in der Asche . 


6. Vom freien oder kohlensauren Kalk in der Asche 
7. Von der Kieselsäure in der Asche g 


S 

S 

S { | 
$ 5. Ueber die phosphorsauren Erden in der Asche 
S 

S 

S 

S 


Tabellen der Veraschungen und Analysen 


Aus der Buchdruckerei von Didot jeune, 


Ostwald’s Klassiker. 16, S 


1304) 


— 


Anmerkungen. 


it. Dies Heft bringt im Anschluss an Heft 15 von Saussure's 
Recherches chimiques sur la vegetation, 1504 die übrigen Ab- 
schnitte, welche sich vorwiegend auf die Aschenbestandtheile der 
Pflauzen beziehen. Indem wir bezüglich der bahnbrechenden 
Bedeutung dieser Untersuchungen auf die Anmerkung in Heft 15 
verweisen, möge noch bemerkt sein, dass bis dahin sogar die 
Annahme viel verbreitet war, die Pflanzen hätten die Fähigkeit, 
chemische Elemente zu erzeugen und in einander umzuwandeln. 
Dieser Vorstellung gegenüber führte Saussure den Nachweis, 
dass die Pflanzen nur durch Aufnahme von aussen Elementar- 
stoff gewinnen, und zeigte, dass Aschenbestandtheile zum Ge- 
deihen der Pflanzen nothwendig sind. Mit diesen und den an- 
derweitigen Erfahrungen über die Herkunft der organischen 
Substanz in den grünen Pflanzen war auch die wahre Bedeutung 
“des Bodens für die Pflanze eigentlich gekennzeichnet und die 
Humustheorie widerlegt, welche in unbegreiflicher Verwirrung 
und Verirrung einen Streitpunkt der folgenden Decennien bil- 
dete. Auch in Betreff der Stoffaufnahme und des Wahlvermö- 
gens der Pflanzen wurden von Saussure sehr beachtenswerthe 
Versuche angestellt, wenn auch der ganzen Sachlage nach erst 
spätere Zeit diese Probleme näher aufhellen konnte. 

Im ersten Heft ist auch schon bemerkt worden, dass diese 
Uebersetzung auf Veranlassung von Herrn Prof. Pfeffer aus- 
geführt worden ist. 

2. Die Zahlen in eckigen Klammern bedeuten die Seiten- 
zahlen des Originals. Sonstige Bemerkungen in eckigen Klam- 
mern sind Zusätze des Uebersetzers. 


Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


QK Saussure, Nicolas Th&odore de 
745 Chemische untersuchungen 
5265 

Hlfte,2 


BioMed 


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1.42: 


15. 


I. Kant, Theorie d. Himmels. (1{755.) Herausg. v. H. Ebert. 
(101 8.) # 1.50. 


. Coulomb, 4 Abhandlgen über d. Elektricität u. d. Magnetismus. 


(1785-1786.) Übers. u. herausg. v. W. König. Mit 14 Textt. 
(88 8.) # 1.80. 


. €. F. Gauss, D. 4 Beweise d. Zerlegung ganzer algebr. Functionen 


etc. (1790—1849.) Herausg. v. E. Netto. (818.) #4 1.50. 
Theod. de Saussure, Chem. Untersuch. üb.'d. Vegetation. (1804.) 
4. Hälfte. Mit 1 Taf. Übers. v. A. Wieler. (96 8.) „X 1.80. 
2. Hälfte. Übers. v. A. Wieler. (113 8.) 41.80. 


—— 


In Vorbereitung befinden sich: 


. Bravais, Abhandlgen üb. symmetr. Polyeder. (1849.) Übers. u. in 


Gemeinschaft mit P. Groth herausg. von C. u. E. Blasius. 


. €. Ludwig, Neue Versuche üb. d. Beihilfe d. Nerven zur Speichel- 


absonderung. Mit 2 Taf. — E. Becher u. (. Ludwig, Mitthlg. 
e. Gesetzes, w. d. chem. Zusammensetzg. d. Unterkiefer-Speichels 
b. Hunde bestimmt. — (, Rahn, Unters. üb. Wurzeln u. Bahnen ete. 
Herausg. von M. v. Frey, 


. Laplace, Jvory, Gauss, Abhandlgen üb. d. Anziehung homogener 


Ellipsoide, /1782—1812). Herausg. von A, Wangerin. 


. Huyghens, Abhandlung üb. d. Licht. Herausg. von E. L’ommel. 

. Liebig u. Wöhler, Untersuchungen üb. d. Radikal d. Benzoesäure. 
. Liebig, Üb. d. Constitution d. organischen Säuren. 

. Hittorf, Über d. Wanderung der Jonen bei der Elektrolyse. 

. Lavoisier u. Laplace, Über die Wärme. 


Wilhelm Engelmann.