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Full text of "Christliche glaubenslehre hauptsächlich von ihrer praktischen seite"

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x Chriftlide | 2 
Glaubenslehre 
| hauptſaͤchlich 
von ihrer praktiſchen Seite 


bearbeitet 


und 


fuͤr den Canzelgebrauch 
und 
Katechetiſchen Unterricht 
| beftimmt, 
in alphabetifcher Ordnung. 
Vom Herausgeber 
der 
chriſtlichen Moral fuͤr den Canzelgebrauch 


in alphabetiſcher Ordnung. 


Dritter und letzter Theil. 


Leipzig, 
bei Paul Gotthelf Kummer, 1803. 





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— — — 
— — ẽ 


Vorrede. 


Bis auf den Tag, an welchem ich dieſes ſchreibe, 


ſind mir von oͤffentlichen Beurtheilungen dieſes Werks 


feine andere bekannt geworden, als dieienigen, welche 
man in den neuen theol. Annalen 1902, Stud 


45. ©. 952-956 (eine fo fehr mit Nachſicht abge-⸗ 


faßte und fuͤr mich ſo —— Recenſion der 
beyden erſten Theile, daß die dadurch bewieſene Guͤte 
meinen Dank erfordert) und in der Gothaiſchen 
gel. Zeitung ı902, 8ıs Stüf, ©. 700:703, 
welche blos den erften Theil betrifft, findet. Ich 
wünfchte recht fehr dem gemäß, was ich in der Vors 
vede zum erften Theil ©. XXI gefagt babe, 
diefe Deurtheilung frühgeitiger erhalten zu haben, 
damit ih mich nach) den mitgetbeilten drey Bemerz 
Fungen hätte richten Fünnen. Gie kamen aber mir 
Leider erft zu Gefichte, als ich ſchon das Manuſcript 
von dem größten Theil des Dritten Bandes in 
die Druderei abgeſchickt hatte. Es fey mir erlaube, 
über das, mas der Mecenfent in der Goch. gel. 
Zeitung (welcher nad feiner biffigen Anfiht kei— 
neswegs dieſem Werfe allen Nutzen abfprihe) an 
diefer Schrift vermißt, einiges zu außen. 
Derfelbe meint erfilid, daß verſchiedene Leh⸗ 
ren, welche nicht fuͤr die Canzel geeignet waͤren, und 
welchen es an zureichenden Gruͤnden fehlte, nicht in 
diefem Werfe hätten aufgenommen werden ſollen. 


9 
u) 








iv. | WVorrede. | 
Er führe deshalb die Lehren von der Dreieinig- 
feit und von den Engeln an. Allein der Herr 
Beurtheiler beachtefe bey dieſem Vorwurfe nicht, wie 
ih theils Allen nüglidy zu werden fuchte, und mic) 
zum Iheil auch nach ienen Altern Religionslehrern 
beguemte, welche fogern dogmatifche Predigten halten, 
Dazu Firchliche Dogmen wählen, aber nicht das Prak— 
tifche, was fi) damit verbinden fäßt, an Diefelbe 
fnüpfen, wenn ich gleich mit dem Necenfenten darin 
einverjtanden bin, daß ſich das Praftifche auch ohne 
Das Dogma von der Dreieinigfeit befördern laffe); — 
fheils, wie verfchiedene Neligionslehrer in Der 
That es noch nicht wiffen, wenigftens es noch nicht 
wiſſen wollen, weshalb gewiffe Eirchliche Lehren nicht 
von der Canzel vorzutragen find. Ihrentwegen war 
es nothwendig, dieſe Dogmen felbft, aber vorzüglich 
in der erwähnten praftifchen Beziehung und nad) 
der angewandten Tendenz aufzuführen und abzu— 
handeln. Theils ift dieß Werf, Dem Titel ge- 
mäß, auch für die Katecheren beſtimmt. Recen— 
fene ‚dürfte fih nur an die Menge der bisher an fo 
vielen Orten in Schulen und bey SKatechifationen 
eingeführten und zum Grunde des Neligionsunter- 
vichts liegenden und zum Theil zmangsweife einge- 
führten fleinen 2ehrbücher erinnern, in welchen meh— 
rere Firchlihe — und gewiß Die beyden erwähnten 
Lehren vorfommen, um es felbft zu fühlen, wie man 
noch nicht allgemein feiner — hellen Meinung ift: 
daß die Lehren von der Trinität und fogar von den 


— — 





*) Von dieſer Lehre ſelbſt, und zur hiſtoriſchen Vertheidi— 
gung derſelben, und der von Chriſti Gottheit, leſe man 
Chriſt. Freymunds gutgemeynte Belehrung einiger 
Herren Journaliſten und Necenfenten u. |. m. Leipzig 
1503. 8 


BUrEEDE \,*. IM 


Engeln niche für die Canzel und Katechifationen 
geeignet wären. Billig richtet fi der Schriftiteller 
auch nach den Anhängern des altern chr. Lehrbegriffs. 
Es kommen überdieß Fälle vor, wo Der angehende 


‚und mwirflihe Religionslehrer über die erwähnten 


Dogmen, fo wie über die Gottheit Chrifti zu 


predigen hat. Einzig und allein, glaube ich, dürfen 


Doch nicht Die dogmatifchen Säße in dem Fatecher. 
Unterricht nah dem praftifchen Maafftabe beſtimmt 
werden, Es kommt in demfelben auch auf Beleh— 
rung an, welche auch in Hinſicht Der veralterten 
Lehren des Syſtems deshalb gegeben werden muß, 
weil der Zögling durch Lectüre oder im Umgange 
mit altern Perfonen, welche dem Kirchenſyſtem ge— 
huldige Haben, von denfelden reden hört. 

Wenn der Herr Dec. fürs andere ©. 703 
Daumgarten’s Evang. laubensiehre, Halle 
1759: 4., Öruner’s prafe. Einleitung ꝛc. 1773» 
gr. 8. und einige andere — ältere (bey diefem 


Werke blos in praftifcher Ruͤckſicht benutzte) Werfe 


als feine zweckmaͤßige Anleitungen anſieht, 
wie man im “Jahre 1802 predigen ſollte: fo wuͤrde 
er Diefe Bemerkung gewiß zurück behalten haben, 
wenn er genau unterſucht hatte: was, wie viel oder 
wie wenig, und auf welche umgeanderte Art aus 
diefen Schriften winkweiſe zur prakt. Anwendung 
der Dogmen benutzt worden ift. Iſt das Gute des- 
halb vermerflih, weil es in ältern Schriften ange: 
tropfen wird? Fann das Wahre antiquirt werden? 

Wenn der Hr. Rec. drittens glaubt, daß 
mir Die DVerfertigung des. erften Bandes menig 
Fleiß und Muͤhe gekoſtet haͤtte; ſo muß ich, ſo ſehr 
ich auch von den vielen Maͤngeln des Werks innigſt 
uͤberzeugt bin, nach Pflicht und Gewiſſen geſtehen, 
allen Fleiß bewieſen zu haben. 


vi | Vorrede. 


\ 

Zwar bin ich weit davon entfernt, mich einem 
Reinhard, Löffler, Zeller, Grießbach, Gab- 
ler, Ammon, Efermann, Junge und mehrern 
andern verehrungswürdigen Theologen aleich zu ſchaͤz— 
zen; allein ich bitte die kuͤnftigen Necenfenten bie: 
mie Dringend, nicht deshalb eine Schrift zu verdam— 
men, meil fie von feinem Meijter in Iſrael ber- 
rühre, oder weil der Verf. bey weitem Fein Stern 
erfter, zweiter oder dritter Größe ift. sch bin mir der 
vedlichjten Abficht bewußt: der Beförderung der 
praftifchen Anfichten der Dogmen, und zu— 
gleich durch die eingeftreuten neuen Aufdellungen in 
der chriftl. Glaubenslehre eine freiere Erfenntniß zu 
befördern und Prüfung zu veranlaffen, wozu gewiß 
diefes Werk nüslich feyn dürfte, Dieſes mit der 
angewandten Mühe fey es, was mich bey allen un: 
partheiiſchen Nichtern rechtfertige, 

Man Fünnte diefem Werfe den Vorwurf machen, 
daß bey der gewählten alphabetifchen Ordnung die 
foftematifche Verbindung der Dogmen verloren gebe. 
Allein dieß wird, da es ein Neperforium für 
den Meligionslehrer ift, welcher iedesmal nur ber 
ein Dogma und oft nicht einmal vollendet einen 
Religionsvortrag halten Fann, alfo eine einzelne Ma— 
ferie wähle und nad) den ihm vorgefihriebenen oder 
felbit fih gewählten Terten wahlen muß, unſchaͤdlich 
ſeyn. Durch das muͤhvolle öffere Nachweiſen ift 
auch die hie und da nothwendige Berbindung zur 
Vermeidung der Wiederholung befoͤrdert worden. 
Der academifhe Vortrag der Glaubenslehre fordert 
zunächft eine fuftematifche Ordnung und Verbindung 
der Lehren. _ | 

Es fommen freilih hie und da einige nicht 
fir den Cangelvortrag veritändliche und fehiefliche 
Ausdrüde, z. B. ſittlich, Sittlichkeit, Jdeal, 


Borrede EN 


Triebfeder und andere mehr vor, allein wer das 
in der Vorrede zum erften Th. ©. XIH. XIV. Ge— 
fügte beachtet, oder wer es bedenft, Daß dieß Werf 
ia niche zu Predigten — abgefhrieben werden 
foll und kann, dürfte mid) deshalb auch mit Vor: 
würfen verfehonen. 

Sch babe hie und da einige Hypothefen, Para: 
dorien, Probleme ꝛc. neuerer Theologen angeführt, 
aber nicht gerade deshalb, um mich als einftimmig 
mit Denfelben darzuftellen und um Diefelben zu bifli- 
gen, fondern damit der Leſer folche prüfen und von 
denſelben in der Erkenntniß fortfehreiten fünne *). 

Einige Dogmen wird man in diefem Werke, 
befonders im zn Theile deffelben, ausführlicher als 
andere behandelt finden, meil diefelben von vorzüg- 
lihem Intereſſe und befonders für Die Canzel geeig: 
net find, 3 B.-Seligkeit nach d. Tode, Un- 
ferblichfeit, Borfehung, Wiederfehnu.a. m. 
Man hört gern Darüber mehrere Vortraͤge. Ich 
bitte wegen dieſer Ungleichheit um Verzeihung. 

Gewiß aber darf ic) erwarten, wie man an 
diefem Werfe es fehr vermiffen wird, daß es nicht 
nach den Grundfägen des Puris'm, oder der crifi- 
ſchen Philoſophie bearbeitet worden ift, allein vor 


*) Alle, die fi diefes Werks bedienen, würden wohl thun, 
folgende Abhandlungen zu lefen und den Inhalt zu beher: 
sigen: „über den weifen Vortrag neuer Mei: 
nungen und Borfiellungen auf der Canzel von 
Joh Ludwig — in J. R._©. Deyer’s Mufeum 
für Drediger,” an DB. 28 Stüd, Leipzig 1798. 8. ©. 
279 ff.; — „Unterſuchung der Frage: ob der Dre 
diger auf die Nefultate neuerer Theologen Rückticht neh: 
men dürfe, von D. J. Chr. Löfler” — vor dem Zten 
Dand der Dredigten diefes achtungswürdigen Gottesge: 
lehrten, nac) der 2n Aufl. Jena und Leipz. 1798. (im 

uszuge in der neueften dDeutfchen Lit. für Pred., 
Schullehrer und Erzieher, 38 Quart. ©. 33:45.) 


VIII — Vorrede. 


der Abfaffung deflelben, feit dem es — wor⸗ 
den iſt und bis ietzt bin ich noch der Meinung: 
die Grundſaͤtze des neuern Moralſyſtems find nur 
fuͤr die Wenigen, welche ihre Vernunft ſehr gebildet 
haben; der groͤßere — nach ſeiner großen Unſittlich— 
keit noch nicht hinlaͤnglich den Verehrern des Cri— 
ticism bekannt gewordene Haufe iſt noch nicht da— 
fuͤr empfaͤnglich, und kann noch nicht dafuͤr empfaͤng⸗ 
lich gemacht werden. Belohnung und Strafe, Him— 
mel und die Ungluͤckſeligkeitnach dem Tode ſind weit 
wirkſamere Beweggruͤnde, wodurch der große Haufe 
zum Gehorſam gegen die goͤttlichen Geſetze und zur 
Ausuͤbung des Praktiſchen der Dogmen gebracht werden 
kann. Religionslehrer haben es uͤbrigens zu ihrer 
Pflicht, dem Eigennutz in der Tugend — ent⸗ 
gegen zu arbeiten. — 

Der Th. I. ©, 210 — —— Art. Ver— 
ſuchung Chriſti konnte, um den letzten Th. nicht 
zu ſtark zu machen, nicht — werden. 

Die angehaͤngten Nachtraͤge und Verbeſ— 
ſerungen (keinesweges Folgen der Uebereilung) 
bitte ich nicht zu uͤberſehen. 


— den 2oſten May 1803. 


Der Verfaſſer. 





Sarramente. 


1. Die Ehe find von Jeſus Chriſtus angeordnefe 
bildliche und bedeutende Neligionshandlungen und 
wichtige Neligionsgedräuche, welche theils von un: 
ferm Befenneniffe zum Chriftenehume zeugen, theils 
unfern Glauben beleben, ung zur Srommigfeit erwecken, 
und uns des geftlichen Wohlwollens verfichern, oder 
ung zu Zengniffen v. demfelben dienen und ung (beim 
techemäßigen und gehsrigen Gebrauche derfelben) ae- 
wiffe Wohlthaten verfchaffen ſollen. Bei denfelben 
liegt 1) etwag Heußerlihes — Sichtbares und Irdi⸗ 
ſches, was etwas Geiſtiges abbilden und davon ein 
Zeichen ſeyn ſoll, zum Grunde. Deshalb ſind es in 
die Augen fallende — aber 2) feierliche u. heilige Hand— 
lungen; 3) fie find von der Art, daß fie bei ung und 


Andern gewiffe Vorfielungen und Empfindungen ers 


wecken, oder auch gemiffe Nechte anzeigen und an ge- 
wiffe Pflichten erinnern follen; 4) fie find chrifil. Re— 
ligionshandlungen, alfo Jeſus Chriſt. felbft bat 
diefelben angeordnet; 5) fie Fönnen nur dann 
nüßlich werden, wenn man fie recht 9% 
braucht. Sie müffen deshalb die Borftelungen und 
Empfindungen erwecken, die fie erwecken follen. Bei 
- einer unfittlichen Denkungsart u. Geſinnung nüßt dag 
bloße Mitmachen dieſer Gebräuche nichts. — De 
kanntlich ſind ihrer nur zwei, bie heil. Taufe u. das 
heil. Abendmapl. — 


—— St. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 TB. | U 


23 | ©. | 
Sacramente, (die, — das Praftifche v. denfelben.) 


I. Anwendung. | Ä 

ı) Es war fehr mweife, daß der Stifter der chriftl. Kel. 
nur zwei heil. Rel.» Gebr., die an fich fehr einfach 
und zweckmaͤßig find, einfeste. Eine zur Verbrei— 
fung auf der ganzen Erde beſtimmte Religion durfte 
nicht mit unmefentlichen Ceremonien überhäuft wers- 
den, denn Jeſus Chriſtus hafte bei der unter den Men- 
ſchen eingeführten Rel., die Abfiche, die Mel. zu dem, 
was fir eigentlich ift, zu einer Sache für den Geift 
umzufchaffen, ohne dieſes geiftige Gefihäfte durch viele 
aͤußere Meligionsgebränche zu erfehmweren. Aber von 

allem Aeußeren ganz entbloͤßt ließ er fie nicht. Eine 
Menge von folchen äußeren religiefen Gebräucen 
führe wenisftens bei dem größten Haufen den Miß— 
brauch faft unvermeidlich in fich, daß man ihren gan— 
sen Werth in die Vollziehung derfelben fest, und ihre 

Beziehung auf fronme Gefinnungen, welche fie als 
Huͤlfsmittel zu denfelben befördern follen, vernach— 
läßigt, indem man ſich ſchon wegen der (bloßen) Voll⸗ 
ziehung für fittlich gut halt. Der finnliche M, vers 
weile zu Teicht bei den Gebräuchen, die feine Sinne be» 
fchäftigen, und denfe nicht an das Heberfinnliche und 
Beiftige, er ficht nicht auf dag, was die Sacram. be» 
zeichnen, und thut dag nicht, woran fie erinnern und 
wozu fir aufmuntern follen. | 

Jene zmei Gebräuche find dabei ganz einfach, von 
aller Pracht entfernt, erfordern feinen Aufwand und 
föonnen, wenn der M. nur mitwürft, dennoch fehr 
fräftige Würkungen haben. Zwei geiftvolle Gebräuche 
an die. Stelle einer Menge und Laſt von Geremonien 
bei dem mofaifchen Öpftegdienft und in der heidnifchen 
Mel. zu fesen, beweißt, daß die von Ihm geftiftete 
chriftliche Mel. die vollkommene el. iſt, melche ung 
Gott auf eine geiftige Art u. mic einem durch Wahrh. 
aufgeflärten Geifte anzubeten anführt, Joh. 4 24 
und 28. — — 

2) E8 war nöthig für Menfchen, die fo fehr von der 
Sinnlichkeit abbangen, die an ein fortgefeßtes Nach— 
denken nicht gervshnt und auch Dazu «nicht angeführt 

worden find, denen e8 zu fihwer halt, ſich ohne alle 
äußere Beihülfe mit folchen anhaltenden geiftigen Be— 
trachtungen zu befchäftigen, daß folche Keligiongge- 


S. 3 
Sacramente, (das Praktiſche von denſelben.) 


braͤuche angeordnet wurden; denn das Sicht bare wuͤrkt 
auf ſolche Menſchen lebhafter und ſtaͤrker, und eg 
macht auf fie mehr Eindrüfe, als went die chriſtl. 
Rel. ganz geiſtig waͤre. Durch etwas aber, was in 
die Sinne fällt, und zum Theil ihren Korper angeht 
oder beſchaͤftigt, wird bei ihnen das Geiſtige aufgeregt. 
Die beiden chriſil. Mel.» Gebr. find fo — aus ge⸗ 
waͤhlt, daß ſie fuͤglich etwas — d Religioſes 
bezeichnen, andeuten und — abb: HR Sie fin 
nen allerdings ein dienliches Mittel feyn, geiſtige Be 
ſchaͤftigungen zu befördern, zu religiofen Gefianungen 
und frommen Handlungen su fuͤhren. Man muß es 
iedoch auch nicht überfehen, daß es allerdings dem M. 
möglich ift, wenn er nur will, aud) ohne Sacramente 
ächt Fromm su fenn und zu werden. Es hängt aud) 
die Fünftige GSeligfeit von den Sacram. allein nicht 
ab. Nicht das Waſſer in der Taufe oder Brod 
u. Wein im h. Abendm., ſondern allein die damit 
verbundenen Wahrheiten der Rel. aͤuſſern heilſame 
Wuͤrkungen am M. Taufe u. U haben an ſich 
keine leibl. Wuͤrkungen. Beide Sacramente wuͤrken 
wie alle ſittliche Mittel, nicht gleich einer mechaniſchen 
Kraft, ſondern nie anders, als beim gehörigen Ges 
brauch der damit verbundenen goͤttlichen Wahrhei— 
ien.. — 
3) Man hüte fih ia vor dem Mifbrauche der Sacra— 
mente; vergl. chrifil. Moralf. d. Canzelgebr. 
sten 3. ıfle Abth. SG. 1. Da der Hauptzweck der 
Sacram. Bildung zur Froͤmmigkeit, Lebensbeſſerung u. 
Fortgang im etlichen Guten iſt: fo muß diefer Miß—⸗ 
brauch um fo mehr wegfallen. Durd den rechten Öe> 
brauch wird allein iener Hauptzweck erreicht. ing 
Chrift darf deshalb nicht blos bei den aͤußerlichen R 
ligionsgebranchen *) der beiden Religionshandl. Men 
hen bleiben, und davon glauben, daß er fich fchon das 
durch Gott wohlgefaͤllig mache. Es reicht auch bloße 
Ruͤhrung bei der Feier derſelben nicht hin. Glaube 
an die Wuͤrkſamkeit muß da ſeyn, wenn — 46 
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— — — 


*) Beim Formellen. 


4 en 
Salbung, (mas?) Schickſale, Schöpfung. 
der Glaube geftärft werden foll. Durch diefelbe müffen 


gute Vorſaͤtze erweckt und * Befolgung belebt wer⸗ 
‚den. — 


Salbung, JJoh. 2, zo und 27; I Cor. F 21. 


(Weide), 

Die chriftl. Salbung iſt fo. viel als die erſte 
Anleitung oder der erfte linterricht zur (in der) richti- 
gen Erkenntniß und Verehrung Gottes, welchen die 
erſten Schüler der Apoſtel, oder die erſten Chriſten er- 
Halten und genoffen hatten, und die dadurch erhaltene 

‚ bellere und beffere Erkenntniß von der (chriſtl.) Wahr⸗ 
heit. Salben heißt naͤmlich etwas Gutes mittheilen. 
Johannes ſieht in iener Stelle die erſte Belehrung 
im Chriſtenthum als eine Einweihung in demſelben an. 
Von V. 20 iſt der Sinn: ihr habt von Gott — durch 
ſeine ee eine gehörige Neligionserfenntnif durch 
die chriftl. Del. erhalten und ihr behaltet das mit der 
Wahrh. übereinftimmende Chriſtenthum, wozu euch 
Gott Gelegenheit und Anleitung gegeben hat. V. 27 
will der Ap. ſagen: Gott ſelbſt hat euch geſalbt, d. h. 

‚euch iſt noch der Inhalt der chriſtl. Rel. bekannt, wie 
fie euch anfänglich befannt gemacht worden ft, und 
durch diefe Belehrung habe ihr über alles Einficht er— 
halten, was euch zu erfennen nüßlich und nothwendig 

iſt, und wie ihr euch. in iedem Verhaͤltniß und Lage 
zu verhalten habt. Dieſe Erkenntniß iſt für euch hiñ— 
laͤnglich u. ihr verdankt dieſer Belehrung die en. 
der wahren Neligion. — — 


Satan, f. Teufel, — 


Schidfale — Gott regiert unfere Schie— 
ſale, ſiehe den Art. Regierung Gottes. 


Bel, D.F. ©. Bi ir hard's im J. 1799 gehaltene Predd. 27 B. 
Nr. 43, ©. 379:99: „daß wir als Ehriften auf alles vor⸗ 
bereitet * — was uns begegnen duͤrfte,“ am * Sn, 
Zrin. über Maͤtth. 25, I: 13. — — 


Schöpfung (Erſchaffung) Bar Welt, 
IMof. 15 Nehem. 9, 6; Pf, 33, 65 102, 26. 


‘ 


Schoͤpf. (üb. d. Wichtigk. d. Lehre v. d. —u. üb. IMof. 1.) 


Bol. Döderlein’3 inf. Th, chr. T.L.L.I. cap 2. ©. 471⸗ 
496; deffeiben Rel.-Unterr. Ville Th. ©. 1⸗ ne Mori 
Comm, exeg. hift. in epit, rel. chr. Vol. 1. .p. 292 2303; 
Hende:s Mas, f. Rel.-Philoſ. B. IL St L S. 1. f.: 
„Dr. W. &. 2. Biegler’s Krit. über d Art, v. dv. Schoͤ⸗ 
pfung ; ‘ vergl. auch - 4n B. 33 ©t. ©, 5355. u. 2n B. 28 
&t, ©. 283 #5 Materialien für alle Theile der 

+ Amtsführung der Pred. 5r B. 48 St. Lpz. 1801. ar, 
8. © 434:44. „Grundriß der Lehre v. d. Weltfhöpfung” 
von Dr. Rullmann. 

Ich bin nicht der Meinung des Herrn Gen. Super. Canna⸗ 
Bih’3 cArit. alter u. neuer Lehren ꝛc. 2te A. ©. 172): 
„daß die Lehre von der Schoͤpfung Eeine befondere Abhandl. 
„nothig mache, da darüber nichts weiter gefagt werten Tonne, 

als dab Seit alles durch feine Allmacht erichaffen Habe; es 
zwaͤre dann, daB man daher Gelegenheit naͤhme, v. ven man⸗ 
cherlei Geſchopfen zu handeln, welches aber nicht in die Dogs 
„matik, jondern im Die Naturlehre oder Naturgeſchichte ge— 
„hoͤre“ — denn wenn's auch freilich richtig iſt, daß man von 
der Art, wie Gott alles erſchuf, nichts erfläre 
kann, indem dieſes außer dem Kreiſe des menſchl. W ns 
liegt, und wenn es auch gleich abzurathen ift, ſich im eine gez 
lehrte Erklärung der moſaiſchen Schoͤpfungsgeſchichte und über 
die Unterſuchung: ob fie Sefihichte, oder Allegorie oder Mythos 
it? einzulaſſen: fo iſt doch das Allgemeine von der 
Schöpfung, die Idee: Gott iſt Weltſchoͤpfer, 
das Nachdenken über die einzelnen Gejchöpfe, ihre wundervolle 
„Einrichtung und den Zuſammenhang unter einander u, fs w. als 
Yerdings zu prakt. Neligionsvorträgen geeignet. Diefe Lehre 
kann unſere Borftiellung von Gottes Größe immer mehr erhoͤ— 
ben und es Fann ſogar die Mofaifche @. h. die in Miofes 
Item B. befindliche) Erzählung uns fogar uͤber die finnlichen 
Begriffe ver Urwelt v. d. Schöpfung der Erse binausführen, 
Es ift diefe Lehre ſogar eine Grundlage ver Net. und bt: 
teserfenntniß für und Menſchen. 

Ueber die Erzählung von der Shoe ung I M of. 1. amd 2, gibt es 
vielerlei Meinungen. Weil die Gelehrten darüber fo ſehr 
meins find, muß man die Unterſuchung venfelben überlaifen 
und den Ehriften als Chriſten damit verichonen »). Sie bes 
flieht aus zwei Theilen, naͤmlich Kap. 1. ganz und pickeicht 
auch noch. Kap. 2, 2. 3. welche Verſe aber wahrſcheinlich ein 

Zuſatz ipäterer Zeiten find) mit ber Schlußfoͤrmel des augen, 





*) Man findet Diefe verich, Meinungen in Bellermann’s 
Handb, d. bibl. Lit. ır B. ate verb. U. 18 und 28 
Kap. $. 1. fg. ©. 1:31, befonders ©. 16, vergl, Dr, C. 
Fr. Ammons bibl. Theol. ır Th 








Be S. a 
Schöpfung d. Welt, (überd.mof. Erz. IMoſ. 1. 2.) 


Kap. 2. I, und — Kap. 2, 4. Beide Arfchritte ruͤhren von 
zwei verichiedenen Verfaffern ber, Nach Dr. Gabler (neuer 
Verſuch über die moſ. Schöpfungsaefh. Altd. 1795. 8, deſſen 
Meinung Bellermann in der ©. 5, angef. Schrift ©. 20, 
am deutlichſten angist) uns Dr. Chr. Fr. Ammon ib! 
Theol. iv Th. ote U, ©, 264 f5 if es cin uralter poeti⸗ 
her Mythus über die Schöpfung, vormojaiz 
ſchen Urſprungs; aber Fein Sabbathsgeſang, und ift mehr 
nur ein Schöpfungsgemälde. Der Dichter fense nur V. 1. bie 
eigentliche Schoͤpfung des Weltalls nach feiner Vorſtellung, 8 
b. der Erde mit ihrer Nimosphäre em Himmen, die Hervor⸗ 
bringung der rohen — unansgebildeten Maffe der Erde voraus, 
Ihm iſt die Erde ter Mittelpunkt der Schöpfung, aber die 
Beichreibung der einzelnen Ehopfungsacte ber 
sieben fin nur auf die Ausbildung, nidtauf 
die Erfbaffung der Erde, Wie und wann sie übrige 
Schoͤpfung entſtanden fey, meldet Mofes nicht, ver Ab⸗ 
ſicht auch dieß nicht war, Dom 2ten Vers an iſt nur von ter 
Ausbildung unſers Erdkoͤrpers die Rede ). Aus Moſis 
Erzählung laͤßt ſich nicht entſcheiden, daß Gott da gerade das 
ganze AU geſchaffen habe, als derſelbe 9. und E. ſchuſ. Mops 
ſes wollte nur die fir uns nörhige Nachridit vom Urſprung 
unferer Erde mittheilen. Vergl. Dr. €. Fr. Bahrots 
Verſ. e. bibl. Syſt. d. Dogm. ır Th. ©. 208.9. — Wahre 
Geſchichte it vie angebliche mofaifche Erz. nicht, weil 1) 
von einer Begebenheit geredet wird, Don welcher Niemand ein 
Zeuge hat feyn koͤnnen, und weil 2) mehrere Völker ſolche 
Cosmogonieen und Geogonieen Haben, f. hieruͤber Dr. ©. L. 
Bauer’s betr, Mythol. des a, und n. Te. ır B. ©, 63: 
65. Nimmt man an, daß es ein dichteriſches Gemälde 
ift, To iſt es auch wahrſcheinlich, daß diefe fchöne und erhabene 
Vorfiellung eines alten Meifen, erſt blos durch muͤndl. Ueber— 
lieferung als Sage oder Volkslied fortgepflanzt, nach der Erz 
findung der Schreibekunſt endlich aufgezeichnet und darauf von 
Moſes in feine Geſchichte aufgenommen worden iſt #9. „Of⸗ 
fenbar iſt es als eine dichteriſche, der Faſſungskraft der alten 
Welt angemeßne Ausführung der einfachen: Wahrheit, daß 
Gott die Welt gefchaffen Habe, anzunehmen, ***) „Nach anz 











woſelbſt ©. 169 ff. die Gründe, weshalb die bisher ge: 
woͤhnliche Moſaiſche (2) Erzählung v. d. Weltſchoͤpfung zu 
verfieben, nicht zulailig ift, angegeben werden. 

*) S. über diefe Meinung Doͤderlein's Nel, » Unterr. 
ch VIL © 35:39 


=) Schmid's Lehrb. d. chriſtl. Doamat. ©. 124, 


©. | age 


Schöpfung d. Welt, (überd.mof. Erz. IMof. 1,2.) 


dern ¶. Bauer am a. O. S. 65), 3. B. Eichhorn, ift 
es entweder ein philoſophiſcher Mythus 2% 
eine philoſophiſche Speculation uͤber das Entſtehen der Erde, 
im Gewande der Geſchichte dargeſtellt, welche die Wahrheit: 
von Gott ruͤhrt alles her, angeben fol. Alles Uebrige 
iſt ſinnliche Darſtellung aus dem Zeitalter der Kindheit. 
In ihr iſt Sprache — Mahlerei. Die Tagewerke und alles an— 
dere iſt Gewand und Einkleidung, um den großen und wichti— 
gen Gedanken: Gott fhuf alles, recht anſchaulich zu ma= 
chen. Ziefe Naturphiloſophie oder gelehrte Phys 
fiE muß man hier nicht fuchen. Es find Vorfiellungen, wie 


fie ſich bei den hebr. Sängern z. DB, Pi. 104. finden, vergl, 


Dr. 5. Pott>s Miofes und Davio Feine Geologen, oder auch 
unter dem Zitel: Berſuch über den Schoͤpfungshym— 
nus Genes. I. Berlin 1799. 8. Dder (mad) Dr. Staͤud⸗ 
linin — DogmatiE und Dogmengeſch. Ir Th. ©. 390. 91. 
und 2r Th. ©. 492.) feste ein alter Weife feine Vorftellun 


‚gen vom Urfprung der Welt ſowohl durch eigenes Nacyforfchen, 


durch einene Erfahrungen und Beobachtungen, z. B. aus Ueber— 
ſchwemmung, als auch aus alten Ueberlieferungen, die man 
wahrſcheinlich von göttlichen Offenbarungen ableitete, zuſam— 
men. Diefe Vorſtellung zeigt, daß der Verf. noch eine unvoll⸗ 
kommene phyſikaliſche Kenntniß und wenig wiſſenſchaftliche Bil— 
dung hatte, -—— Erklaͤrt man nun 1IMoſ. J. u. 2. wie man 
euch Wil, jo liegt doch darin der Öetanfe: alles, was da 
if — die Wels if durch den Willen und durch die Macht 
eines von der Welt verfchiedenen Weſens theils hervorge— 
bracht, theils wieder ausgebildet worden. Es ift durchaus 
nichts, Großes vier Kleines, Nahes oder Fernes, das nicht fein 
Dafeyh durch den allmächtisen Willen des Gottes, den die 


Israeliten verehren, erhalten babe, Diefen wichtisen Say 


Enz 


lehrt iene Beſchreibung, die im dichterifch = gefchichtlichen „Stile 
abgefaßt if, deutlih m. unwiderfpredlid. 

Bolfsvorträge gehoͤrt wohl nicht die Erwähnung der verfchier 
denen Erklärungsverfuche. Falls man aber davon einiges er= 
wähnte, fo füge man: es fiehe uns Chriften frei, nach unferer 
beften Ueberzeugung diefe nder jene Meinung zu wählen, z. B. 
ob man die inofaifche 2) Erzaͤhlung von einer Umſchaffung u. 
Erneuerung der Erde verfichen, wie es Leß Hrifil, Religionsth. 


—S. 305 u. 323 fo wie in deſſelben philof. Eurfus ver 
chriſti. Rel. ©, 144 ff.) und Cludius Theil 1. ©. 294 fe 
erkl. od.ob man ine Alter mehr erhöhen u. um tauſend Millio⸗ 


nen Jahre den erfien Anfang der Schoͤpfung zurüdfegen, over 
es den bibl. Vorſtellungen gemäßer finden wolle, bei d. Vuchſtaben 
iener alten Geſchichte zu bleiben. Behalten ‚fie nur die große 


Srundwahrheit: Gott ſchuf einft durch feine Allmacht die 


Welt — von ihm rührt alles — daS ganze — Weite Weltall 
mit allen feinen Einwohnern Der: fo verlieren fie bei den verz 
Fhiedenen Meinungen immer nur wenig oder nichts, 


Schöpfung, (der Welt, Erklärung des Begriffs.) 


Sollte nicht in der Stelle Palm 90, 2, die Gradation liegen: daß 
erſr das Weltatl — dann die Berge — danu die Erde 
feipft aefdaffen worden ns? Von ber Schöpfung der Erde 
redet Mofes oder der Verf. der beiden Fragmente Genes, 1. 
et II, | j a 2 

Bol, FSreimütbige Unterff einiger Gegenſtaͤnde der 
Neil, Beriin 1794. ar. 8, Nr. 2. „über das Schoͤpfungsge⸗ 
mälde des Miofes;” Dr, Ilgens Urkunden des erfien 8, Mo: 
ſes, ir Th. Halle 1798. ar. 8.5; D. J. Pott Mofes u. Da: - 
vid Feine Geolsgen. Berlin 1799. 8. (1311); I.©, VBater’s 
Eoimmeltar über den Pentateucht ır Th. Halle 1802. "gr. 8.5 
D. Ammons bibl. Theol, ır Th. 2te verb. W. ©. 20605, 
274, Ras ⸗ 


J. Theorie, fo weit fieauf Canzeln u in /En- 
tehifetionen gehoͤrt. | 
A. Schaffen — cerfhaffen beißt etwas, was bor- 
her noch nicht weder zum Thell, noch im Ganzen da 
. War (was weder nah Materie noch nach Form bisher 
vorhanden war), durch ein unmittelbares Wollen her— 
vor - und zur Würflichfeit bringen, Bauen — 
errichten und einrichten beißt Dagegen vorhan- 
dene Materialien zufammenfegen und war nach einer 
andern und neuen Korm. Gott fchufealleg heiße: 
er war und iſt der Grund von allem, Was ſt oder 
die Scheprfung der Welt ift die durch Gottes 
Willen und Macht erfolgte Bewärfung des Daſeyns 
derfeiben im Ganzen fo wohl als nach ihren einzelnen 
Theilen, oder das Dafeyn der Dinge nach den Weſen 
und nach der Form und Einrichtung bat Gott zur 
hoaͤchſten, erſten u. unabhaͤngigen Urſache. Das Wort 
Welt *) faßt alles, was außer Gott iſt, Die unzaͤh— 
liche Menge und Arten von Weltforpern, Firfterne u. 
Planeten, (wovon eine Sternenhele Nacht fo viele un- 
ferer Blife in: Erftaunen feßt, wovon noch Mehrere 
unfern fihwachen Augen entgeben u. welche alle durch 
die Gefene der Bewegung zu einem großen Ganzen ver- 
bunden find) — lebloſe — Lebende und empfindende 
und vernünftige Geſchoͤpfe — u. nicht blog Diefe Erde, 
unfern Wohnort, welcher in Gottes unermeßlichem 
Reiche ein fehr Fleiner undebeutender Punft, ia em 
*) Es kommt das altteutfhe Wort Werelt vom alten Wort 
Weren (Üdefen) ber. 





— 


N; S. | 9 
Schöpfung, (der Welt, Erkl. des Begriffs) 


Sonn enſtaͤubchen iſt, in ſich. Die Welt iſt alſo das 
verbundene und bollsndete Ganze von Wefen u. Sräf 
ten, welche außer und und Gott durch Gott zu einem 
gewiſſen hoͤchſten Endiwed Ba if. Die heil. Schrift 
nennt den Inbegriff aller. erſchaffnen Dinge das gro- 
ße — unermeßliche Weltel Himmel u Erde Es 
iſt dieſer bewundernswürdige und weit laͤufige Staat — 
dieß weite Reich Gottes (mit fo vielen Bes wohnern u. 
Gefſchepfen) — ohne Graͤnzen; denn durch kuͤnſtliche 
und fleißig? Beobachtungen werden faſt taͤglich immer 
noch) neue I: ltforper und Kreaturen entdeckt, — 

wor unzaͤhlichen Jahrmillionen war naͤmlich außer 
en Emwigen nichts — fein Ding — fein Stoff vor— 

| — Gott aber — wollte, daß ein unermeß— 
lich: 8 Meltali ent tſtehen u. fortdanern follte. Augen—⸗ 
blicklich war das jeßige Weltall vorhanden. 
Sein Wille m. feine Macht bios bracht e nach 

Geſtalt und nach Materie das Ganze mit allen feinen 
Theilen, in feinem Weſen, in feiner vollftändigen Einricht. 
u. Dronung, herver, — Durch Sott erhielt — einſt — 
in der Zeit dag elta mit allen feiren Kräften oder 
dem Bernegen, eine beſtimmte Art von Wuͤrkungen 
hervorzubringen, und war ganz fein Dafıyn. Er gab 
jedem Dinge fein Weſen, feine Natur, feine Kräfte u. 
Beftimmung u. feßte Die Berhältniffe feft, worinnen dag 
‚eine gegen dag andere ſtehen follte. Es ift alfo die Welt 
weder burch fich ſelbſt, noch Durch einen Zufall — ober 
durch ein Dhngefäkt da, ſo wenig, wie nur eine 
ſchlechte Hatte von fich felbft fich errichtet. Sie ift 
auch nicht v. Ewigkeit, fondern fie hat durch Gott ih» 

ren Anfang erhalten. Das, woraus die Welt beſteht, 
Erde, Waſſer, Luft und Feuer iſt eben ſo wenig von 

ſelbſt entſtanden, oder von Ewigkeit geweſen. Die fein— 
ſten Beſtandtheile, aus welchen die verſchiedenen Kor— 
per auf mannichfaltige Art zuſammengeſetzt ſind, ha— 
ben durch ihn ebenfalls ihren Urſprung erhalten. Ehe 
Gott alles fch ‚uf, wer außer ihm noch nichts da, und 
nichts iſt außer ihm da, was er nicht gemacht hatte. — 

Gottes Wille war Urfahe — Mittel u. Werk— 
zeug. Materialien brauchte er eigentlich nicht. Nun 
fie vorhanden find, kann er fie zu neuen Werfen ans 
wenden, fann durch Auftoſung, neue Miſchung und 


10 | ©. 
Schöpfung, (was zur Welt gehöre?) 


Verbindung der Materie einer Welt eine veraͤnder— 
fe GeftalE geben; aber die erften Materialien ent> 

al. durch er Allmacht ohne Er und 
ulfe. — 


B. Um ung von der Se der W. gcho- 
rige Degriffe zu machen, fo müffen wir an 
das Diele gedenken, wag zur Welt gebort. 


Allein wer fann es nur in Gedanfen faffen, u. wer 
zählen die Werke Gottes?! Die Größe des Weltallg 
uͤberſteigt alle Borftelung unendlich meit. 


ı) Dan denfe an die Elemente: Waffer, Luft, 5 euer 
u. Erde. Sie find durch Gott da, aber wie — 2 
Man denke beſonders an die Eu ft, welche sum Wachg- 
thum der Pflanzen fo unentbehrlich iſt. Menſchen u. 
Thiere een ia ohne fie gar nicht athmen und le⸗— 
ben. Die Luft traͤgt die das Waffer an fich ziehenden 
und —— Wolfen, Die ung den zum Wachs⸗ 
thum der Früchte, Gewächfe und Pflanzen fo fehr 
nothwendigen - Negen geben, welcher das trockne 
Erdreich uͤberall befeuchtet. Weislich vertheilte Gott 
das Waſſer auf der Erde und laͤßt es unter derſelben 
rinnen, ohne welches Menſchen und Thiere verſchmach⸗ 
ten und manche Pflanzen und Kraͤuter verdorren wuͤr— 

den. Fluͤſſe und Brunnen find als Mittel gegen den 
Durft, gegen Unreinigfeie und um Heuer zu löfchen, die 
größten Wohlthaten Gottes. — 


2) Erheben wir uber ung unfere Blicke, fo werden wir 
Spanne, Mond und Sterne und dadurch die mantich- 
faltigften, zahlreichfien und größten Weltförper als v. 
Gott erfchaffene Werke gewahr, Pf. 19, 1; Hiob 9 
95 Pf. 147, 4. 5. Die Sonne ift eine große feurig 
fcheinende Welt m. doch nach aller Ueberlegung einer 
der Fleinften Sigfterne, fireuee durch Mikionen Meilen 
Leben, 5 u. Fruchtbarkeit aus. Sie laͤßt ihre 
wohlthaͤttgen Einfluͤſſe ſieben Hauptplaneten und zwoͤlf 
Trabanten genießen. Ohne fie würde Fein Fichte und 
feine Wärme feyn, alles würde vor Kälte erflarren, 
die Erde Feine Kräuter, Gewächfe u. Früchte hervor⸗ 
bringen und die M. nicht Ieben Eonnen. - Gott gab 
ihr die angemeffenfte Stellung. Die neun entdeckten 


©. 


Schoͤpf un g, (was zur Welt gehoͤrt?) 


Maneten *) mit ihnen 10 big 12 Nebenplaneten, wor- 
unter auch der — die Nacht erhellende, fanft und lieb- 
lich firahlende Mond gehoͤrt. — Welch, einen ungeheu⸗ 
ren. Raum müffen die 40 bis a5 zur Sonne gehsrigen 
Weltkoͤrper LU wenn ihre Dunftfreife nicht auf 
einander ſchaͤdlich wuͤrken ſollen. Kein Sterblicher 
kann aber fügen, wie weit ſich unſer Planetenſyſtem 
erſtrecke. Zahllos ſehen wir bie Fixſterne im weiten 
Himmelsranme ausgeſaͤet, wovon man fchon mit bin- 
fen Angen 3000 ge— sähe bat. Sie Hiel größer aber 
wird die zahl derer ſeyn, Die 5 weit von uns ab⸗ 
‚feehn, dag wir fie auch mit ben Sernrohren nicht ent⸗ 
beten fonnen. Die Zahl der Sandförner an des 
Weltmeers Ufer iſt nur etwas geringes gegen Die Zahl 
der Welten und Weltſyſteme. Schnell bewegen fi 
ie Himmelskörper, aber - —— verirren fie fi 
je aus ihrem Öfeife, werden nicht weggeſchleudert, 
em auch nicht in ihrem Laufe, Pondern be al En 
nach Endigung ihres lähelichen Umlaufg Ihre Bahn 
neuem. Die entlegenſten Sternhaufen erſcheinen Be 
wie ein: ſchwacher Lichtſchimmer. Wer vermag alſo 
die Sterne zu zaͤhlen **)? Jeder dieſer Sterne iſt eine 
Sonne, und zwar weit 5 als die ah iſt. Jede 
dieſer Sonnen erleuchtet und wärmer ihre Welt, d. h. 
vielleicht mehrere Dlanetenfpfteme. Jeder diefer Sterne 
leuchtet ale Sonne gewiß nicht fraurigen geſchoͤpflo— 
fen Wüfteneyen, Das feritte offenbar mit Gottes fonft 
befannter Güte und Weisheit. Feder diefer zahllofen 
Weltkoͤrper ift vielmehr, wie unfere Erde bewohnt, — 
. bewohnt von vernünftigen und vernunftlofen Geſchoͤ— 
pfen in unendlichen Abartungen von den Erdgefcho- 
pfen; vergl. Doderl. chriftl. Nel.»Unterr. Th. VIL 


— — 


*) Veber den sten, ſ. Ir Th. ©. 77. *) VerglJ. €. 
Bode von dem neuen zwiihen Mars und Jupiter ent: 
dedten achten Hauptplaneten des Sonnenſyſtems mit e. 

Kupf. Berl. 1802. 8. Den gten entdedte am zsften 

März 1802. Dlbers, die Pallas, einen Stern ster Grüße. 

**) Allein im Orion, (einem Sternbilde) hat man 2000 
Sterne unterfhieden, und im Siebengeſtirn 200 gezaͤhlt. 

Bas find fie aber gegen die übrigen vielen Sternbilder ?! 


—— — 
Schöpfung, (mas zur Welt gehöre?) 


G.88. Cludius ır Th. ©.308 f.; 317=19. Eſaias 
45, 18. — Alle diefe unzählbare Weltforper haben ihr 
eigenes Gebieth, ihren eigenen Wuͤrkungskreis, ihre 
eigenen Bahnen, die ſie in einer ungeſtörten Drdnung, . 
in Zeiträumen, an welchen auch nicht der Eleinfie Zeitz 
; theil fehle, ohne andere zu hindern, oder von ihnen 
gehindert zu werden, burchlaufen. | 

3) Betrachten wir unfern Eleinen Wohnort — die Er- 
de, deren Befchaffenheit und Einrichtung wir genauer 
u. — gewiſſer kennen, ſo wird ung die,große Schö— 
pferfraft Gottes noch naher verfinnlicht; 

a) Schen diefe Wiege der Menfchheit — diefer Wohn- 
ort während unſeres Kinderſtandes ift ein — für uns 
ganz unermeßliches und unbegreifli ches Reich. Die 
Erde bat in ihrer Oberfläche über 9 Niflionen Meilen 
ing Gevierfe. Ungeheuer groß ift ihre Mae. Und 
doc) verliert fie fih in- dem AU wie ein Punkt, Ef, - 
40, 13. 17. Gie beſteht aus 2 Reichen, erflaunlich 

‚in ihrem Umfange, gleich ſtark bewohnt, bevolfert und 
faft gleich glücklid — dem Meltmeer und dem trock— 
nen Boden. Ihre Oberfläche ift durchgehends unter 
dem Meere oder dem Waffer wie auf dem Trocknen 

feftes Land, verfehen mit unzählich rohen u. Funf- 
voll eingerichteten Korpern und bewohnt von zahlloſen 
empfindenden Wefen. Das fefte Land oder der Theil, 
auf welchen Menfchen wohnen, ſchwimmt mitten im 
Weltmeer. In und unter den Fluthen des umgeben— 
den Weltmeers leben und freuen ſich Millionen Ges 
(höpfe und Menfchen wohnen in feiner Mitte. An 
zwei Drittheile dieſes Weltmeers bedecken. die Erbe. 
b) Welch eine bequeme u. vortheilhafte tage, 
gab Gott der Erde, welde nüßliche Einrichtungen 
traf er auf derfelben! 5. B. wie vortreflich ift ihre La— 
ge gegen die Sonne, um das ung nöthige Maaß von 
Lichte und Wärme — zu ertheilen, welch eine ange» 
meßne Bewegung in der Sonnenbahn, um aud) Die 
nördlichen Känder bewohnbar zu machen, welch eine 
mweife Vertheilung des Gewaͤſſers! Welch eine heil— 
ſame Verbrennung ſchaͤblicher Ausduͤnſtungen durch 
maͤchtige Gewitter, die durch Darreichung der Salze, 
Steine, Metalle, Kohlen u. ſ. w. nuͤtzlichen Gebirge! 
Welche nuͤtzliche Lagen von Kleß, Mergel, Thon und 





©. . ee 
Schöpfung, (mas zur Welt gehört?) 


verfchiedenen fruchtbaren Erdarten! Reine diefer Arten 
it ohne Nutzen. Man nehme in Gedanfen die Sanp- 
ſieine, dag Eifen, das Blei 2c. weg, welch ein großer 
Berfut würde entfieben! So wie dieErde ießt einge- 
richtet it, fehle e8 an Feiner Hauptſache, und Fein Na— 
| urerjehgnig iſt —— Welch eine Menge von Baͤu— 
men, Gewächfen, Stauden u. Kräutern, die zur Stab: 
rung, Bekleidung, Wohnung, Erhaltung und Wieder: 
herſtellung der Gefundheit und zum Bergnügen A; B. 
die Blumen) dienen! Berge, Wälder, Klippen, Thaͤler, 
Flaͤchen, Duellen, Slüffe, Ströme, Seen, Teiche und 
Meere verfcehönern die Erde, zeigen unferm Anblicke die 


angenehmſten Abwechſelungen und haben in Abſicht der 


Winde, Nebel und Gewitter den größten Nutzen. Laͤ⸗ 
gen die Bergketten anders, waͤren ſie hoͤher und nie— 
driger, ſo wuͤrde die Temperatur der Luft, ſo wuͤrden 
die Winde, die Gewitter, Regen und Sonnenſchein in 
den Laͤndern, woſelbſt das waͤre, ganz anders ſeyn. 
Alle erdenklichen Abaͤnderungen wuͤrden nachtheili ‚ger 
ſeyn, als e8 die vorhandene Einrihfung if. Im 

oflanzenreiche zeigt fih, wenn man fih vom 


ſichtbaren Moofe Bis zur gewaltigen Ceder oder 300 


jahrigen Ei: bindenft, die Große, aber auch die 
Güte des Emigen! Man ficht da hohe Schönheit, 
aber auch weſentliche Vortheile. Giebts nicht unge- 
‚zählte Arten von Gewaͤchſen auf den Gipfeln der Eis— 
und Schneeberge wie in den dunkeln Thaͤlern, auf den 
Fluren und auf des Meeres Boden? Sind fie nicht, 
wenn fie ſich auch in den Haupttheilen (Burzeln, 
Stamm und Blättern) gleichen, doch an Form und 
Bau, Farbe, Blumen, Früchten, und in den Kräften 
derfelben verfchieden? Dem Auge gewähren fie bie 
angenehmften und abmwechfelnde Farben, dem Geruch 
mwohlriechende Düfte, der Zunge Wohlgefhmaf, und 
der Gefundheit und dem. Leben Nahrung und Stärke. 
Sie verfchönern die Erde und vergnügen Verſtand und 
Herz... Sie füllen die Gärten an, geben dem M. Hol; 
zu Käufern, Hütten, zum Geräthe und zur Wärme. 
Sie nähren die Thiere. Sie geben die Lieblichften 
Speiſen, : man bereitet aus ihren Srüchten die beften 
Getraͤnke und durch ihre Afche werden wichtige Kunf- 
eczeugniſſe hervorgebracht. 





14. > 
Schöpfung, (was gehöre zur Belt?) 


c) Allenthalben find Gefchspfe Gottes, nirgends if 
leerer Raum. Sjeder Tropfen Waffer iſt voll von Ge 
fchöpfen, und iedes Geſchoͤpf iſt wieder eine von an— 
dern Gefchöpfen bewohnte Well. Eben fo ift jedes 
Sandforn eine belebte Welt im Kleinen mitten in ber 
großen. Mit einem Zußtritt vernichtet oft der Wan- 
derer einen ganzen Staat Heiner Thiere u. wenn wir 

einen Tropfen Feuchtigkeit wegwiſchen, todten wir 
Hillionen von Geſchöpfen. — Unausſprechlich ift alfo 
die Zahl der lebloſen und ‚belebten empfindenden Ge— 
ſchoͤpfe auf ihrer Oberfläche u, in ihren Eingemeiden. 
Jedes Fleckchen Erde hat feine Bewohner, die oft ın 
einem Eleinen Puͤnktchen bei faufenden sufammen leben. 
Diefe Fleinen, aber deſto zahlreichern Staaten gibts in 
der Tiefe wie in der Höhe, in Sumpfen wie im Sans 
de, zwifchen den Steinritzen, mie auf dem Laube ver 
Pflanzen und Bäume. | | N 

Die Arten u. Gattungen der Gefchöpfe auf 
der Erde find ungemein mannichfaltig und 
zahlreich, (Pſ. 104, 24=28) v. mannichfaltiger Größe 
und Bildung, Schönheit und an Lebensart, Trieben 
und Kunftfertigfeiten und an Fruchtbarkeit. fehr ver- 
fihieden, aber in ihrer Are vollkommen, in ihrer Bil- 
dung und Nahrung, in ihren Trieben und Werkzeu— 
gen ganz harmoniſch. — Welch eine Menge v. Land⸗ 
thieren, ſowohl zahmen als milden, da man fihon 450 
Gefchlechter derſelben kennt? Welche Heere von aller- 
lei Vogeln Deren man ſchon 600 Gefihlechter — wo» 
von iedes eine andere Stimme, einen ander Flug, eis 
nen eigenen Geſchmaͤck dem Sleifche nach hat — Des 
fchrieben hat), die mit ihrem Gefang oder Gefchrei die 
Lüfte erfüllen. Wie viele Thiere, Die auf dem Lande 
und auch im Waffer leben Eönnen! — wie ungeheuer 
viele Kerb- und Schaalthiere! Kurz allenthalben wo 
wir auch find, find wir von Geſchopfen Gottes umge» 
ben. Allenthalben ſtehen wir in Gottes Gebieth. Die 
ganze Schöpfung ift demnach ſein Tempel. 
Hei weiten fennen wir die Gefchöpfe Gottes noch 
nicht ale, da noch fo viele Länder im ihrem Innern 
unbekannt find. Schon bei den befannten feh— 
len uns Zahlen — Kamen und Sinne, um ihre 
unüberfehbare Reihe zu faffen. Beachten wir es, Daß 





©. ' ıs 


Schöpfung, (was gehört zur Welt?) 


außer den vielen ung noch unbefannten Thieren, fo 
viele Schaaren ſchon auf der Erde gelebt Haben, noch 
feben und in der Solge noch leben werden, und daß 
fo vieler Kerbthiere Leben fo fehr kurz ift, daß ſchnell 
Myriaden von ihnen entſtehen und ſchnell wieder ver— 
gehen: fo muß man über den großen Umfang der 
Schöpfung als ein Werk Gottes erflaunen. So piele 
1000 Gefchlechter der Thiere und in iedem fo zaͤhl— 
fchwere einzelne Thiere find, wenn fie ihre befondern 
Neigungen, Bedärfniffe und Intereſſe haben, doch alle 
fo geordnet, daß fie zuſammen gluͤcklich leben koͤnnen. 
Die Fiſche ſtehen z. E. nicht den Landthieren, dieſe 
nicht den Vogeln, den Kerbthieren nicht die Fiſche im 
Wege. Der Waſſervogel naͤhrt fih anders als der 
Raubvogel. Sie alle find Fünftlich gebaut, befonders 
bewaffnet, und fie haben ihre eigenen Kunfttriebe. Gie 
find son berfchiedener, aber alle von fehöner Geſtalt. 
Selbft die, welche auf den erſten Anblick haͤßlich find, 
ſind doch, fey es den Farben, oder der Form u. dem Eben- 
maaß der Theile nach, fhon. Sie alle haben einen 
fünftlichen — aus vielen taͤuſend Theilchen eingerichte- 
ten Bau, und zwar fo eingerichtet, daß bei ihnen dag 
Dlut und die Kebensgeifter slücklich umlaufen fonnen. 
ie unbegreiflich müffen nicht die Gefäße, Eingeweide, 
‚Glieder und Einne der Thierchen feyn, die man nicht 
mit bloßem — fondern nur mit bewaffneten Auge fe- 
hen kann, da fchon größere Keibestheile an einem gro— 
Ben Geſchoͤpf uns in Erftaunen fegen! Damit nicht Die 
Arc einer Thiergattung zu fehr fich vermehre oder ein 
zelne Thiere vor Hunger und Ulter fterben, bat iedes 
Thier feine eigene Feinde, aber auch feine eigene Waf— 
fen, oder e8 weiß fich durch Eift zu helfen. Was dies 
ſem Thiere Nahrung ift, iſt dem andern ungenießbar 
oder Gift. Sie leben in der Luft, im Waffer, in 
Sümpfen, in den Wäldern, in der Erde, in Mauren, 
Kleidern, Effen, Büchern u. few. Sp viele der 
Gefhöpfe man kennen lernt, fo viele neue 
Wunder ſieht man. 


Vergl. (Schu) Verſuch e. Gittent, falle M. ır Th. ate 
A, Berlin 1786, ©. 13 fir: „v. d. Seſchoͤpfen auf d. Erde 
| überhaupt.“ | 


160 | S. | 
Schöpfung, (was gehöre zur Welt?) 


Diefe Bewunderung wacht, wenn man erwägt: 
wie viele Vortheile ung die Landthiere, Fiſche, 
Vögeln. f. w. geben, wie ſelbſt denen, die uns ſchaͤd⸗ 
lich find, eine Furcht eigen ft, fo dag fie dor ung 
flieben — mie die Thiere durch ihr fchmackhaftes 
Fleiſch, Miley u. f. f. ung Speife — aus verfchiede- 
nen Theilen ihres Leibes ung Arzeneyen — durch ihre 
Wolle over Zelle ung Kleidung gewähren, — wie fie 
für ung arbeiten und wachen — wie verfchiedene Thie- 

re ung entweder durch ihr Unfehn, ‚oder durch ihren 
Geſang — oder durch ihre Gefähieklichfeit, wozu fie 
ſich abrichten laffen, ung ergötzen. Dann ſieht man 
‚indem Allen die Weish. und Güte des Schoͤpfers. 
Selbſt die Gifte in der Natur haben in vielen Gewer— 
fen und in der Heilkunſt ihren großen Nutzen. Wer- 

. den fin wohl angewandt, fo werden Dadurch Die gs 
faͤhrlichſten Krankheiten und die traurigfien Gifte ge- 
hoben. RECHTE Thiere gibt eg nur wenige, Die 
reiffenden Thiere vermehren fi) wenig. Sie find in 
heiffe Länder verwiefen. Kurz, Die —— 
der Natur iſt vortrefflich. 


d) An uns felbſt bemerken wir um ſo mehr den 
Schoͤpfer, ie mehr wir durch die Koͤrperbildung u. des 
nfterblichen Geiſtes ——— — uͤber alle andere 
Thiere fo weit erhaben ſind. Die Menſchen machen 
ia eine neue Ordnung der Wefn de, aber fie haben 
den erfien Grund ihres Daſeyns gänzlich in dem Ur- 
wegen. Gott ſchuf die beiden erfien Menfchen, Adam 
u. Eva, d. h. den Erdenfohn und die Lebensmutter. 
Wenn man auch IMof. 1, 26; 2, 7. 21 als bildlich 
oder als finnliches Gemälde anfieht, fo liegt darinnen 
doch die Wahrheit: Gott gab d. Urmenſchen duch 
feine unmittelb. Schöpferfraft das Daſeyn 
und ließ fie die Erde mit vollendeten Anlagen des Lei- 
bes und Geiſtes betreten; vergl. Ammons wiſſen⸗ 
ſchaftlich prakt. Theol S. 109. 110 Anmm.: An der 
Moſaiſchen — — — Ichs ausmacht. — Gott gab dem 
erfien IR. einen der Erde, feinen Wohnſitze, angemeſſenen 
Leib. Er ſchuf denſelben aus Erbe d.h. er gab ihm 
einen dem Weſen nach thieriſchen Leib, belebte denſel— 
ben und verband damit eine unfichtbarg, vernünftige 
und 





©. | 17 
Schöpfung, (mas gehöre zur Welt?) 


und unſterbliche Seele, eine Seele Gott aͤhnlich, die 
gleichſam ein Theil ſeines Weſens, ein Hauch ſeiner 
Gottheit, d. i. gleichſam aus ſich ſelbſt war (Die Seele 
ift alfo nicht wie der Leib irdi schen, ui sen göttlichen 
Urſprungs, und göttlicher Katur), TMoſ. 1, 26. 27. 
Er fielte am Leibe das Haupt des M. oberwaͤrts, das 
mit er ich empor und feine Hungen gen Himmel richten, 
oder achtſam alles um ſich her bemerken könnte. Weil 
ihm noch eine Freundin, — eine Gehülfin, eine Ges 
fellfchafterin und ein Beiſtand fehlte (denn Unſterbliche 
ſind nur des Gluͤcks der Freundſchaft fe sig), fchuf er 
einen dem Adam oder erftei Dessen ſo vollkommen 
gleichen Menſchen weiblichen G ———— (aber auch 
einer unſterblichen Seele BR zu feiner beffän- 
digen Geſellſ chaft beſtimmt, als wenn er (Gott) den 
Adam die Seite geoͤfnet m. ein Stuͤck feines Leibes — 
eine Rippe, herausgenommen und daraus feine Gattin 
gebildet hätte *). — Beide waren vollſtaͤndig erwach⸗ 
fen, waren gleich mit dem Gebrauch der ihnen eigenen 
Vernunft versehen und auch zum Sprechen mit einan—⸗ 
der fähig gemacht. Denn als unverſtaͤndi ge, huͤlfsloſe 
und ſchwache Kinder, wie wir nun geboren werden, 
hatten ſie ſich ſelbſt nicht forthelfen Eonnen, va fie 
nur noch allein und da —— ihnen noch Feine andere 
Menfhen waren; vergl. Doderlein’g Mel - Unterr. 
MEBEVEL 8.150. 6. * ff.: „über den Urſpr. des 
Menſchengeſchlechts;“ Götz Auszz. aus den Predd. üb. 
die chriſtl. Gl. u. Sittenl. 2te verb. A. Gotha 1794. 
gr. 8. ©. 32:37: „Bon dem M. nach ſeinem Urs- 
fprung — nach feiner Beſchaffenheit u. Beſtimmung.“ 
Von dieſem einzigen Menfchenpaar —— das ganze 
Geſchlecht der M. auf der Erde ab. 1Moſ. 1, 27. 
28; Matth. 19, 4; Ap. ©. 17, 26. beſtaͤtigen dieſes 
und es iſt dieſes auch ſowohl dem Gefese der Spar⸗ 
jamfeit, als auch der Einrichtung ber jerglieberten Koͤr⸗ 
per aller Menſchenarten, — fie weiße oder Neger 





*) So erelart Les (chriſtl. Rel.“Theorie ste, ©. 328) die 
BEDEDEE „Gott (auf Die Eva aus Adams Rippe.“ 
Dieie Redensart heist bios; Eva wurde ein Geſchoͤpf von 

Be ſelben Art. 


Chriſtl. St, Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. . B 


18 A | 
Schöpfung ‚ (was zur Welt gehört?) 


feyn, gemäß. Auch wir flammen insbefondere v. ienen 
beiden erſten M. ab. Nun beachte man, um die Größe 
des Schopfers su bewundern, die zaͤhlreiche Menge der 
Menſchen, die in alien Himmelsgegenden vertbeilt find. — 
Durch Gott erhielten alfo auch wir dag Leben u. mit 
demfelben unfäglich viel Gutes. Durch ihn erhalten wir 
den Geift, der denfen, und die Dinge außer fi empfins 
den, fich faſt ins Unendliche verbeffern un usbilden, 
und fih auf die mannichfaltigfte Art freuen Tann, 
Durch Gott erhielten wir den Leib, durch welchen 
die Seele Begriffe erhält, und durch den wir ung eins 
ander mittheilen.s Durch Gott erhielten wir unfer 
Daſeyn an Diefem oder ienem Orte, von diefen oder 
ienen — zu dieſer oder iener Zeit. 

e) Außer uns und den Geſchoͤpfen, Die unfer Erdboden 
ernährt, hat Gott auch noch andere Weſen erfchaffen, 
Geiften, die vollkommner und erhabener find als wir, 
namlich die Engel; denn da wir in der Natur, oder 
in Nückficht der auf unferer Erde befindlichen irren v. 
Geſchoͤpfen eine Stufenfolge ſtatt finden fehen, fo hans 
gen nach berfelben die verfchiedenen Arten derfelb. gleiche 
ſam wie die Glieder einer Kette zufammen und die ei— 
ne übertrifft die andere an Vollkommenheit. Gewiſſe 

tittelgattungen füllen auf diefer GStufenleiter den 
Uebergang von einem Neiche der Natur zum andern, 
von einen Gefchlecht zum andern aus. Der M. ge 
höre nun zur Hälfte den Thieren u. der edlern Hälf- 
te nach dem Geifterreiche an. Wir find gewiß nicht 
die volifommenften Gefchöpfe. Bon uns bis zu dem, 
der Alles in Allem erfüllt, ware offenbar, wenn nicht 
Engel eriftirten, die mit m. und Gott in Berbindung 
fichen, eine große Luͤcke; von uns big zw Goft kann 
e8 immer höhere u. — Naturen geben. Vgl. 
ır Sh. Engel l. B. Er 

Das ift nur — — nur der Anfang der Werke 
Gottes. Weit groͤßere und erhabenere kennen wir noch 
nicht. Syr. 43, 465 42,:175.43, 29. 34. Gegen 
diefe — gegen das unermeßlihe Ganze ift dag, was 
wir einfeyen, wenig, aber es ift fhon genug, um Die 
Große und Herrlichk it, Macht und Weisheit, Wohl: 
ehatigfeit und Güte Gottes zu erkennen. Ja unfere 

Sorfellung erliegt unter dem Gewicht der 





S 19 
Schöpfung, Gott har alles erſchaffen — 


Schoͤpfung. ınfere Bernunft finfe in den 

Staub vor dem Schöpfer nieder voll Staw 
nen n. Anbetung. 

I. Gott ſelbſt Hat alles mit göttl. Allfraft 
u. Allweisheit erfhaffen Er iff allein Urhe⸗ 
ber des ganzen Weltalls. 2 

— Theologen, z. B. Reinhard Gorleſſ. uͤber d. Dogm. ©, 
3166), Junge in Düderiein’s Rel.Unterr. 6. V ©, 
28233. u. 0. m. nehmen Joy. 1, 3. (wabrſcheinlich HE Asyas 

nur eine Eigenſchaft im Sort, z. B. eine Weisheit; ſ. Dia 
derieins Rei, Unterr. &b. VI. S 29.) Esoiſ. . 16.17 
und Ebr. I, 3 eigentlich cher glauben, daß wuͤrklich Ehriax 
ſt u s alles erſchaffen habe. Andere aber ſagen dagegen, daß 
Gott — der Vaͤter, ver Schoͤpfer ſey; das a, Teſt. weiß Ton 

iener Meinung gar nichte. Im ienen neunte. Stellen wird 
deshalb Jeſus Chriſtus Schoͤpf. der W. beigelegt, weil da— 
bei auf den Zweck Jeſu, Menſchen zu beſſern, zu veraͤdeln und 
zu befelisen, auf die fittliche Schöpfung gejchen wird, vergl. 
Hezels Schhriftforicher ar B. ©. 3735 exeger, Handb. der 

bibl. Beweißfielien in der Dogmat. 2ten Th. ıfie Abth. S. 3795. 

vorzuͤglich S. 385. 389 f. 


Beweiſe, daß die Welt erſchaffen worden 
if und zwar durch Gott. *) 

Nach unfern finnlichen Erfabr: ungen ift Die Melt 
vorhanden, aber durch wen? Wir feben die Pflanzen 
entiichen aus ben Saamenkorn der vorbergebenden ſchon 

verdorrten Dilanze oder aus ihrer Wurzel. Woher 
entficht die verborrte? aus der vor ihr vorhandenen. 
Wir gehn alfo von Urfache zu Urfache ruͤckwaͤrts, um 
die erite, von welcher alle übrigen — ihrer ganzen uns 
abſehlichen Reihe nach **) — bloße Wuͤrkungen ſind, 
aufzufinden und, da ſie in der Reihe des Gegruͤndeten 
nicht befindlich iſt, außer derſelben zu ſuchen. Man 
muß zuletzt alſo auf eine erſte Ur ſache kommen, um 
ſich das Vorhandenſeyn ver Welt zu erklaͤren. Ends 
— muß unſer Nachdenken Bei einer Urſache ſtehen 


B 2 


⸗ 





Lersl. Reimarus Wahrheiten d nat, Rel. te 
h 


> =) Man vergl, das, Theil IL, ©. 94-100 im Art. Gott, 
Geſagte. 


⸗ 


20. | S. | 
Schöpfung, (Beweife, daß Gott Urheber der — if.) 


bleiben, die nicht wieder eine Würfung von einer an 
dern — die vielmehr ohne Zuthun einer andern vor— 
handen — die für fich und nochwendig da if. Man 
muß alfo, wenn man nicht dag Nichts zum Urheber 
alles des, was erfchaffen ift, annehmen will, etwas 
Emwiges und Nothwendiges annehmen. Bei allen Ein» 
richtungen, die Verſtand und Abficht verratben, muß 
man einen ordnenden Verſtand als die erfte Urſache 
diefer Würfungen voraugfegen. — Iſt dieß — erfo- 
dern die fittlichben Naturen in: der Welt einen Scho- 
pfer, der nad) dem Endzweck und Plan einer volf. 
fittl. Vernunft fchuf und kann die Vernunft in ung 
nicht ohne einen legten Grund aller Vernunft u. fittl. 
Geſetzgebung begriffen werden, fo ift es nothwendig, 
Gott als die erfie Urfache anzunehmen, welchen wir 
zwar nicht fehen, der aber die Sinnenwelt als vors 
handen darſtellt. 
1) Außer Gott kann nichts ewig und durch eine innere 
- „Mothmwendigfeit beftehend feyn. Dffenbar mußte alfo 
Die Reihe der erfchaffenen Dinge— die Welt einen An- 
fang nehmen. Nicht wahr, fie ift der Erfolg einer 
Würfung? fann aber wohldie Würfung eher 
als die Urfache ſeyn? So menig, wie diefeg 
möglich ift, fo ift gewiß diefe Welt fpater entftanden, 
als Gott, die Urfache derfelben, ift u. war. Es kann 
 alfo die Welt nicht von Ewigf. feyn. Die Annahme 

von einer Ewigkeit des Grundfioffs der Welt oder v. 
Entftehung der Welt durch einen Zufall, von einem 
Rückgang ins Unendliche m. f. w. find vollig der Ver- 

nunft unerklaͤrbar, räthfelbaft und unannehmlich, aber 

die Annahme einer Schöpfung eines hoͤchſten Wefeng 
Loft diefe Raͤthſel und bleibe unferer Vernunft allein 
reimlich. / | * 

2) Wenn ein Gott iſt — wie er da iſt, fo iſt er auch 
Schoͤpfer der Welt. Dieß bringt ſchon der Begriff 
eines vollkommenſten Weſens mit ſich. Iſt Gott hoͤch— 
ſter ſittlicher Geſetzgeber und Richter, ſo mußte er ſei— 

“ nen vernünftigen Geſchoͤpfen Freiheit ſchenken, welches 
nicht gefshehen fonnte, wern er als Schöpfer von der 
mwüften Maffe der Welt abhängig gewefen, oder wenn 
Die Melt ein Theil von ihm wäre Bom Dafıyn Got—⸗ 
tes ift feine Weltſchoͤpfung unzertrennlich. | 


©. z 21 
Schöpfung, (wie fhuf er alles?) 


3) Die Natur Fann felbft nicht alles, was da ift, her- 
Be sebracht haben; denn mag ift die Natur anders, 
als der Inbegriff aller Dinge und Kräfte, die wir in 
der Welt bemerken und antreffen? Kann fie wohl ge- 
würft haben, ehe fie vorhanden war? Kann efwas 
fich felbft fchaffen? Nimmt man aber unter dem Aus— 
druck Natur die erfte Urfache aller Kräfte u. Wuͤr— 
kungen in der Welt, fo ift fie und Gott einerlei-und 
dann nenne man lieber. Gott als den Weltſchoͤpfer. 
4) Die Bibel gibt Gott für den Weltſchoͤpfer aus; es 
iſt dieß der erſte Satz, mit welchem ſie anfaͤngt, IMof. 
15: fie wiederholt dieß fehr oft und nachdrücklich, 5 7 
a 23, 6; 102; €. 45, 183566, 25 Jet: 10, — 
Neh. 9, 6; Ti Maccab. 7, 28; Amos gr en Ehrr TI, 
3; Ap. ©. 17, 245 Rom. 4, 17. — Sin alfen diefen 
Stelien liegt die Wahrheit: Gott ift allein Urheber 
des Weltalls und er hat alles mit gstel. Kraft und 
Weisheit aefchaffen. 
5) In Anſehung des Menfchengefchlechts Taffen fih un 
endliche Reihen von vorhergehenden Geburten nr 
gedenfen, alfozc. ſ. Reimarus Wahrhh.d. nat. Re 
Dar avi. 3. 4,53.3.-©8.65 1.757. uf w. 


II. Wie hat Gott alles erfhaffen? 

Auf welde Art und Weife der unendliche Geift 
etwas hervorgebracht hat, kann man freilich nicht an- 
geben, (f. Bellermann a a. D. ©. 25 f.) aber 
folgendes ift durch Nachdenfen doch einleuchtend: 

ı) Gott fhuf alles aus Nichts, Ebr. 1,22%). 
Die Redensart: Gott ſchuf alles aus eg 
heißt nicht, daß dag Nichts die Materie, oder der 
Stoff geweſen wäre, deren fich Gott beim Welterſchaf— 
fen bedient babe, denn aus Nichts — wird nichts, 
fondern c8 zeige nur an: e8 mar fein ewiger Urſtoff 
da, aus welhem Gott die Welt fchuf. Vielmehr war 
der Grundftoff, aus dem fie befteht, felbft eine Wuͤr— 
fung Gottes. Es heißt: alles wurde ohne eine 


*) Ta a4 ovrz ift — das, was vorher nod nicht da war, 
was deshalb nicht wahrgenommen werden Eonnte — das 
Unfistbare. Es tft bier alfo das gemeint, was vorher 

noch nit vorhanden war. 


22 Be: ya 
Schoͤpfung, (wie hat Gott alles erfchaffen?) 


vorhbergängige Materie Der letzte und einzige 
Grund des Daſeyns von allem, war Gott. Er ſtand 
nicht in der Zeit an der Spiße aller ſinnli chen Urſa— 
chen der Weltwuͤrkungen. Vielmehr bewuͤrkte er das 
Dot er der Welt Durch feine eigene Kraft. Er bes 
urfte hierzu feines d J nett. Stoffs — feiner Materia⸗ 
lien, noch einer Bern — und Ausgießung ſeines 
eigenen Weſens. Er wuͤrkte zeitlos, alfo ewig. Die 
Elemente der ganzen * He — bie erfie Maferie oder 
der urferüungl. Stoff der Welt entſtand Durch die uns 
‚endl. Kraft ſ. Wollens, ohne alles Werkzeug, ohne 
fremde Hulfe. Da wir M. auf dieſe Are nicht banen, 
nd ee nn richt einmal denken —— wie ſich ſo 
bauen laſſe, indem aterialien, Mittel und 
Werkzeuge zu allen unſern Arbeiten erfordert wer— 
den; — da wir bemerken, daß jebes Gewaͤchs aus dem 
Saamen oder a. d. Wurzel entftehr: fo ift eg ung 
freilich ſchwer, dieſe rt der Schoͤp fung zu fen. 
Aber dennoch feige fe euf diefelbe Art. Denn nite 
gende = erwähnt d. 6. Schrift etwas dv. einer vorhan⸗ 
denen Matkterie, Die Sort vorgefunden babe, fondern fie 
laͤßt die Welt ganz und in jeder Hinficht von Gott 
abhangen. b) Sie ſchreibt ihr auch einen Anfang zu, 
‚mworinnen ber Gedanke liegt: die Welt war einmal - 
nicht, IMoſ. 1,15: Bf. 102, 26..275. Sp 8: 22.6) 
Nach Ebr. 11, 3 ik die Welt ausdruͤcklich aus dem, 
was vorher noch nicht war, gemacht, vergt il Nacc. 
—— 
2) Gott ſchuf alles kraft feiner Allfraft, 
durch fernen bloßen — freien Willen, ohne 
Anfrengung u. Mühe, Ser, 32, 175 Bf. 33,6. °) 
Ebr. ı1, 3 (dur Gottes Wort v. h. auf ſein 
allmaͤcht ges Gebiethen — durch ſeine Allkraft.) Offenb. 
4. 11 (Willen). In der Redensart Gott ſprach: 
es werde! verbunden mit Bf 33, 9 wder: Er 
ſprach — u. eg wurde; Er wollte u. es. 
geſchah, lest ſhon die Wahrheit: Durch Gottes 
allmaͤchtigen Willen entſtand alles — die Koͤrper- wie 





*) Die Ausdruͤcke: W. des Herrn md — Geiſt ff 
Mundes bezeichnen bier feinen allmaͤchtigen Befehl, 





S. 23 
Schoͤp fu ng, (Wie ſchufG. alles? wann? in6 Tagen?) 


die Geiſterwelt. Die Erhabenheit in dieſen Wor— 

ten wird hervorſtechender durch die Kuͤrze des Aus— 

drucks, der an ſich kraftvoll iſt. Blos das all— 
maͤchtige Werde (gleichſam ſchon der Hauch des 

Allmaͤchtigen) ſetzte die ungeheure Erdkugel 
in Bewegung, gab allem, was darauf und 
darinnen if, Daſeyn u. Leben u. gruͤndete 

Die Geſetze u. die Ordnung, bie feitdem un- 

verruücdt bis auf unfere Zeit fortwähren, 

ISRof. 1, 3 Big Ende Gein Wille ward Ur- 

ſache — Mittel u. Werfzeug. Nur ſo kann der 

Ewige ſchaffen! 

3) Gott ſchuf alles in einer gewiſſen Zeit, aber 

feleft Zeitlos, d. h. ohne daß er felbft den Be dingun⸗ 

gen der Zeit unterworfen war. Er ſchuf die Welt 
nicht von Ewigkeit. Es muß einmal eine Zeit vorhan— 
den ſeyn, wo Dinge auſſer Gott anfingen zu ſeyn — 
der Anfang aller Zeit. Die h. Schrift fihreibt auch 
der Welt, nicht blog der gegenwaͤrtigen Weltverfafung 
und der iegigen ABeltform, RER überhaupt der Ma— 
ferie und Form einen Anfang u. Urſprung zu, Elf. 
1, 1. Sie behauptet alfo damit, daß ſie einmal nicht 
geweſen iſt, Seh. 17, 5. vergl. V. 24 und Ephef. 1, 
4 wird diefes auch deutlich verfichert. — 

Ob Gott das ganze Weltall aufeinmal oder — nach und nach, 
u. nach der&rzähl, des moſgiſchen Schpfungsgemaͤldes 
in ſechs Tagen GSeitraͤumen) erſchaffen habe, iſt eine Frage, 

welche zuverlaͤſſig zu beantworten zu ſchwer if und welche 
feine Erbauung Eeförtert. „Laßt man Gott die Welt in 6 
„Perioden fyaffen, fo beberzigt man nicht, daß feine Befehle 
„unendlid) find, ‚wie er ſelbſt; man ſchraͤnkt ihn dadurch In 
„Raum u. Seit ein, und macht ibn zum endlichen Geſchoͤpf. 
„Die Paturgefdjichte macht auch unaufloͤsliche Einmwürfe acgen 
„eine perivvifche Schoͤpfung nad) der moſaiſchen Angabe. Wur⸗— 
„en 3. B. die Pflanzen in der Zten, die Thiere aber in ver 
„sten Periode erfchaffen, wann wurden wohl Me Polypen oder 
„die Corallen hevvorgebencht, die weder Thiere noch Pflanzen 
—— ———— 

Nach der moſaiſchen Erzählung konnten Leim Anfang der Scho— 
„pfung noch keine eigentliche abgemeßne Tage da ſeyn, weil sie 
Erde erſt am gten Zage ihre beſtimmte Laufbahn um bie 





*) Gablers neueſtes theol. Journ. ır D. ©. AT. 48. 


24 ©. | 
Echöpfung, (erfolgte fie in 6 Tagen oder Zeiträumen ?) 


„Sonne antrat; folglich erft alsdann in dieienige Verbindung 
a Planetenſyſtems einrücte, aus weicher die Ränge der Tas 
„ae und Naͤchte und die Abwechlelung der Sahresgeiten begreifz 
„ich wird. Die iesige Einrichtung der Erde it erft nach und 
‚nach zu Stande gefoinmen. Der Almächtige Eonnte freitich 
„ohne eine größere Anwendung feiner Kraft der ganzen Erde 
„ihre völlige Schönheit und die ihr. beſtimmte Vollkommenheit 
„in einem einzigen Augenblicke geben. Denn Ihm iſt es eis 
„nerlei, ob er alles auf einmal, oder in einer gewiſſen ihm 
„belienigen Ordnung und Zeitfolge fchaffe? Nur für uns if 
„es faßlicher, wenn wir uns die Cache auf die letztere Art 
„vorfielen,” ”) 

Man kann fich under den 6 Tagen unterm Zeiträume denken, 
in denen ſich die ſchaffenden Kraͤfte, die Gottes Wundermacht 
in die Narur des Erden-Chaos u. d. Elemente gelegt hatte u. 
die zur Erde gehörigen Dinge, nad) u. nach — oder ſtafenweiſe 
zum herrlichſten Ganzen durch Gottes Kraft” entwickelten. 
Der Gedanke: die Schdpiuna erfolgte allmählich 
d. b, all maͤhlich entwicelte fich alles, ift nur bilds 
lich ausgedruͤctt — Gott ging bier nach dem Geſetz ver Gparz 
ſamkeit zu Werke. Es Heißt. aber nicht: Gott ſchuf als 
les zu verſchiedenen Zeiten, over: er fchaf erii ven 
Urfioff des Welrolls oder auch unſere Erde, und dann erſt Bilz 
dete er nad) und nach ven Erdball aus. Dieß ifi zu menſch— 
lic) gedahhts; Pi, 33, 6. 9% 


4) Gott fhuf alles allein, ohne! Kuchgeker 
und Helfer, (Rom. ı1, 38. Zt.) und ohne Werk— 
zeuge, denn des alfen bedurfte er nicht. 

5) Gott ſchuf alles ſehr weiſe und —— 

a) weife; dieß zeige der Anblick der Welt, ihrer Ein— 
richtungen ꝛc.; Ei felbft am kleinſten Wurme ift dieß 
fichtbar. Die Erfahrung ift dafür Zeune Go alle 
Vorſtellung überfleigend dag Weltall auch ift, fo fin- 
den wir doch darin die Inniafte Verbindung und Die 
genanefte Ordnung. Alles haͤngt wie eine Kette und 
wie eine GStufenleiter in einem Dafeyn entweder u 
aleicher Zeit, oder eines auf dag andere folgend zu— 


— — — — — — 


) J. A. Hermes Handb. d Rel B. ©, 232. 233. 
„Gott hatte keine Zuſchauer, die an ſolche Zeitmaaße, als 
„24ſtündige Tage find, gewohnt waren, Wann er iedes— 
„mal 24 Stunden paufirt haben foll, verfiehe ih nicht. 
Dr, € Fr. Bahrdts Syſtem d. Dogm. ıfler B. 
©. 215. 


2 &; ; 25 
Schoͤpfung, (Gott ſchuf alles allein — weiſe u. gut.) 


ſammen. Genau find die mannichfaltigſten Geſchoͤpfe 
durch allmaͤhliche Uebergaͤnge mit einander verbunden. 
Das Größte iſt mit dem Kleinſten zuſammengeſetzt und 
beide hangen genau mit einander zuſammen; die Erd— 
ſcholle mit dem vollen Halm, dieſer mit dem Thier, 
dieſes mit dem Menſchen, dieſer mit dem Engel. Das 

Amulerkleinſte iſt alſo wie dag Allergroͤßte ein Ring und 
Glied in der unermeßlichen Kette des Weltalls. Die— 

ſes macht nur ein einziges Ganze aus, welches aus 
lauter Urſachen und Wuͤrkungen und aus Wuͤrkungen 
und Urſachen beſteht. In demſelben ſteigt die Natur 
vom Kleinern Dis zum immer Großern herauf, und 
zwar durch tauſend (zahlloſe) Glieder fort Sig zu dem 

der Gottheit Geiſte. Die Geiſter werden gewiß 
ſo ſehr uͤber den M. erhaben ſeyn, als der M. uͤber 
das kleinſte der Thiere. Aus dieſer faſt endloſen und 

Doch harmonſchen Verſchiedenheit entſpringt die aller— 
volton monſte Pracht und Schoͤnheit des Weltalls. — 
Wie reichlich ſchoͤn iſt die Natur! Welch' eine Fuͤlle 
von Kraͤften iſt in der Schöpfung, die alle unabläßig 
nach erwigen Gefeßen und nicht zur Zerfisrung wuͤrken, 
und thätig find. Don der Pflanze bis zum Menschen 
ift eine unſaͤgliche Schaar empfindender und fühlender 
Weſen und Gott erfreuet fie nach ihrer Genuffähig- 
feit — regelmäßig — alle Auch die Ieblofe Schoͤ— 
pfung iſt ganz fo eingerichtet, wie fie gerade folchen 
Geſchoͤpfen, mit folchen Gliedmaßen, Trieben u. Kraͤf— 
— angemeſſen und ihre Wohlfahrt zu befoͤrdern im 

Stande ſind. — Offenbar iſt alſo die Welt ein Schau— 
platz der goͤttl. Weisheit. 

In Ruͤckſicht der Schöpfung der erften Men« 
ſchen zeigte fich ingbefondere Gott weife, z. B. mehr 
als ein Menfchenpaar war nicht nöthig. Die M. 
wurden zuleßt, als ſchon alle zur Erde gehörigen Din— 
ge da waren, erfchaffen; ſie follten die Gefchopfe und 
alles Lebrige der Erde zu ihrem Vortheil gebrauchen 
fonnen, IMof. 1, 26-29. 

b) Gott ſchuf alles fehr gut, IMef. 1, 31; 
Syr. 37, 29. Alles ift fo erfchaffen, wie es die Vollk. 
und dag Glück des Sanzen erfordert. Alles, was anf 
Erden ift, zeigt offenbar, daß es beſtimmt ift, zur. 
Gluͤckſeligkeit lebendiger Weſen zu dienen. Jedes Werk 


26 $ "I: 
Schöpfung, (Gott fihuf alles weife u. gut.) 


Gottes Al gut gerathen. Keins feiner Geſchoͤpfe ift 
böfe. Jedes wurde fo, wie es feinen weiſen Abſichten 
gemäß iſt. Zwar find die Geſchoͤpfe in verſchiedenem 
Grade gut; denn. ein iedes Gefſchoͤpf konnte nicht 
gleich aut — gleich vollkommen ſeyn. Sonſt hätte 
feine Mannichfaltigkeit ſtatt finden koͤnnen, bie ar, 
zur groͤßern Vollk. des Ganzen unentbehrlich iſt, 8 
nicht iedes Metall konnte Gold und icht ein ber 
Stein ein Diemant ſeyn. Nicht alle Pfianzen fonnten 
einerlei Schoͤnheit, nicht alle Blumen einerles Farbe u. 
Gerud — auch nicht alle baue eineclei Hol haben, | 
und biefelben Krüchte ragen. Auch unter den Tiies 
ven mußte eine Verſchiede heit fatt finden, . wornad). 
diefes int Wafler, tenes auf der Erde, dieſes in * 
Luft lebt und darinnen feine NRahrung finden kan: 
Darnach behielt ieder Theil feine beſtimmte Einrichtu 
und eine beſondere ae Aber iedes iſt im feiner . 
Art nuͤtzlich, und ſtellt Gottes Größe dar, Eyr. 39 
39 +41. aleß, felbft das Kleinfte und Unanfe liche 
trägt: zur V Doll, des Ganzen dad Seinige bei. Go if 
z. DB. manche Thierart log dazu da, daß fie die fod- 
ten Koͤrper versehren und dadurch die Anhaͤufung der 
für die Geſundheit der Lebenden nachtheiligen Ausduͤn— 
ftungen verhuͤten folen. Was ung Gi fe ift, ift ihnen 
Die zut raͤglichſte Nahrung, Pſ. 104, 10-32. Und der 
Menſch iſt in ſeiner Art gut. Er war zunaͤchſt für 
dieſe Erde — um ſie zu bewohnen, die verſchiedenen 
Geſchoͤpfe zu beherrſchen, ſie zu feinem Vortheil zu ge— 
bramchen und durch e. kluge Benutzung derſelben fein 
zeitliches Wohlſeyn immer mehr zu befoͤrdern — ge— 
ſchaffen. Gott mußte ihm alſo eine ſolche Ratur fchen- 
fen, daß er die ird. Dinge zu feinem Gluͤck gebrau⸗ 
chen fonnie. Es reichte dazu nicht zu, daß ver einen 
thierifchen Körper, mit mehreren kaͤnſtvollen Gliedern u. 
Werkzeugen zum final. Empfinden verfehen, befam. 
Um glücklicher als ein Saͤugt hier oder als ein Fiſch 
im 8 aſſer zu werden, mußte er feinere Empfin- 
dungen t. Kröfte befigen. Um alles zu behert- 
ſchen, waren bloße Triebe und ſinnliche Gefühle zu we- 
nig. Gott verſah ihn alſo mit dem. Vermögen, Die ver- 
ſchledene Befchaffenheit und Brauchbarfeit der um ihn 
her befindlichen Di ge zu unterſuchen, des Nuͤtzlichſte 


Schöpfung, (wozu ſchuf Gottalles?) 


einzufehen, iede Sache nach ihrem Werth zu beurthei— 
fen, des sehen fich ‘zu erinnern, es mit dem 
Gegenmwärtigen zu vergleichen, das Zukünftige zu über 
denfen und alſo fotsof e für fein Zeitliches als auch 
| — f. folgendes Sf . zu forgen — mit der Bernänft. 
Dur) diefe vortreffl. Schigfeit wurde Der Menſch in 
den Stand gefist, das Boͤſe und alles ihm Schaͤdliche 
2: daB Gute auszuwaͤhlen und burch fortge— 
Kbfe bung und Eı Fahrung immier mehr gluͤ ckli ch zu 
werd f. unten Welt. — — 


IV. Wozu bat Gott — erfchaffen? 
El: Niheum fein felbft willen, um etwa dadurch 
- feine, Breße und Herrlich ir. su enfdecden, oder, dag 
er etwa ber Gefchöpfe zu feiner hoͤchſten Seliskeit be— 
duͤrfte. Denn wer koͤnnte wohl von Gott denken, daß 
er von ſelbſt ſo eingenommen, oder — ſo duͤrftig 
waͤre, daß er von anen her noch einer Erweiterung 
feiner Gluͤckſeligkeit fäbig g waͤre und notbig hatte. Der 
weiße kann ı BT altes bios deswegen gefchaf- 
‚fen Heben, um gefannt — geruͤhmt und ver: 
ehrt zu werden. Dieß wäre ſonſt eine dem Allerhoͤchſten 
——— eine Welt zu ſchaffen, blos um die 
Frende der Anbetung zu genleßen, und bald mit Ber: 
gnuͤgen zu ſehen t, wie die vernuͤnftigen Geſchoͤpfe feine 
Werke anſtaunen und kindiſch bewundern, bald aber 
mitleidig und felbft genügfam zu bemerken, mie Diefel- 
ben Weſen ber Sehler und Berirrungen klagen u. wie 
er ibre Kräfte dazu in Thätigfeit gefegt hätte! Hat 
dennGott, der. niemandes bedarf, dieß noͤthig, um ſich 
ſeiner Groͤße zu freuen? ) ſondern 
2) Die Bewuͤrkung von Gluͤckſeligkeit außer 
ſich war der Zweck der Schövfung und die Hauptſache 
bei der Aa der Welt. Darauf und zwar 
ganz allein beruht die Ehre des Schöpfers_ als Schoͤ— 
pfers. Da diefer dag allerfelisfte Weſen ift, fo muß 
fie auch ledigli ch der alleinige Zweck ſeyn und Die Ber— 





*) Hinge Gott von — Verehrung der Geſchoͤpfe ab, ſo waͤre 
er ia, ehe ſie waren, elend geweſen. Ein ſo ſchwachſinniges 
und eigennuͤtziges Weſen koͤnnte auch nicht die Welt zu ſei— 
nem Vortheil erſchaffen haben. 


28 | | S; | 
Schöpfung, (legter Zweck Gottes bei der —) 


herrlichung Gottes kann hier nur als ein unentbehrl. 

Mittel für vernünftige Geſchoͤpfe, um vollk. u. glück 

lich zu werden,in Betracht kommen. Dieß lehrt auch 

die 5. Schrift in allen den Stehen, mo fie Gottes 

Güte gegen die Geſchoͤpfe preißt, und die abfichtsvol- 

Ten Einrichtungen der Erde bemerkt, die ſaͤmmtlich da- 

zu dienen follen, iedes Gefchopf ein reichliches Maaß 

von Glücfeligk. genießen zu laffen, Pf. 104, gan; 

Ap. ©. 14, 175 17, 245 da nun aber die Glückfeligk. 

vern. Gefchöpfe nur dadurch moglich ift, daß fie Gott 

erkennen und durch Tugend verehren, und dadurch des 

Wohlſeyns ımmer mehr würdig zu werden trachfen, u 

hierinnen Gottes Ehre befteht, fo wird diege Bekannt— 

machung der Ehre Gottes in der b. Schr. auch als 
ein Zweck der Schoͤpfung angegeben, Ap. ©. 17, 26: 
28; Rom. 1, 20. Dach Col. 3, 17 follen dit. M. al: 
leg zur Ehre Gottes verrichten. Dieß bezieht fih aber 
offenbar auf die Gluͤckſ. der Gefchöpfe. Dieſe bleibe 

aber immer der letzte Zweck der Schöpfung. Gottes 
Ehre iſt offenbar nichts anders, als die auf Erf. und. 
Empfindung der höchften Macht, Weisheit und Güte 
Gottes fich gründende Liebe und Ehrfurcht der ver- 
nünftigen Wefen gegen ihren Schöpfer. Gie ift alfo 
eine Würfung und Folge der verbreitegen und noch zu 
verbreitenden Glückfeligfeie. — Gott wollte alfo, 
daß durh die Schoͤpfung möglidhfi das 
hoͤch ſte Gut, u. eine ber Sittlichkeit außer 
ihm entfprechende Gluͤckſeligk. bewuͤrkt würde. 

„Fraͤgt man nach dem letzten Zwecke Gottes in ber 
„Schöpfung der Welt, fp muß man nicht die Glüc- 
„ſeligkeit der vernünftigen Weſen in ihr, fondern 
„das BEST: Gut nennen, welches jenem Wunſche 
diefer Weſen noch eine Bedingung, nämlich ie 
d.ht Slüdfeligfeit- würdig zu feyn db. 
„bie Sittlichfeie dieſer Bernunffwefen — 52 — 
„allein n den Maasſtab enthält, nach dem fie allein der 
„Gluͤckſeligkeit durch die Hand eines weiſen Urhe— 
„bers theilhaftig zu werden hoffen koͤnnen.“ *) 


*) % Kant Krit. d. prakt. Vern. neue A. Frfrt. m. Lpz. 
234 


| >: | | 29 
Schöpfung, (hoͤchſter Zweck der —) 


Gott ſchuf alles zur Gluͤckſeligkeit und Sittlichkeit 
vernuͤnftiger Weſen und — den Menſchen zur Bildung 
ſeiner ſelbſt. Unter Gluͤckſeligk. iſt hier nicht koͤr— 
perliche, ſondern zugleich geiſtige Gluͤckſeligk. 
zu verſtehen, wozu Ausbildung der geiſtigen Vollk., 
ſtetes Streben nach e. richtigen Einficht, u. wahre Zus 
gend gehoͤrt, und welche Gluͤckſeligk. nicht blos auf 
dieſes Leben, ſondern auch auf das L. nach dem Tode 
fich erftreckt, alfo unfer ganzes Dafeyn umfaßt. Al—⸗ 
lesift zurallgem. Gluͤckſeligk. da. Jedes Ge- 
ſchoͤpf fol entweder genießen oder — Genug gemahren 
oder beides zugleich — zum Genuß empfaͤnglich und 
Genuß darreicend fen. Im Leben — in Erhaltung 
beffelben, in den Trieben und deren DBefriedigungen, in 
den Kräften, ihrem Gebrauch, ihrer Berbefferung, im 
Vergnügen und in der Abmechfelung darin fol alles 
glücklich feyn, u. eben deshalb find die Geſchoͤpfe mit 
einander verkettet. Beſtaͤndig haben fie auf einander 
Einfluß. Was ohne Sinne ift — alfo was nicht ge— 
nießen kann, fol genoſſen werden. Die lebloſe Natur 
ſoll der belebten zu ſtatten kommen, um ein Ganzes zu 
bilden. Der Werth des Genoffenen fol! durch die Se: 
ſellſchaft vieler Genießenden — die Sreude derfelben durch 


die Mannichfaltiafeit und Abwechſelung des Stoffes 


erhoͤht werden. Allein blos zum Genuffe fhuf 
Gott die Welt auch nicht. Dieß wäre der Hei- 
ligfeit und Weish. Gottes nicht gemäß. Denn für 
vernuͤnftige Bewohner des Weltalls kann eine 
dauerhafte Gluͤckſeligk. nur Folge der Sittlichk. ſeyn. 
Nun ſtehn wir Menſchen aber als Bewohner des nie— 
drigſten Planeten auch auf der niedrigſten Stufe ver— 
nuͤnftiger Weſen. Die Erde iſt alfo nur der Anfang 
unſerer fitel. Bildung, und erft in hoͤhern — über 
- uns ohne Zahl ausgebreiteten — Welten, kann e8 uns 
beſchieden ſeyn, durch eine höhere Wolf. einer reinern 
und dauerhaftern Glückfeligfeit würdig zu werden. 
Tugend u Glüdfeligf. in Webereinftim- 
mung ift alfo der Endzweck der Welt und 
ein unendliches Fortfchreiten zu beiden — 
iſt unfere Beffimmung. PTR 
Gott fchuf freilich Die Welt aus Iaufer Güte und 
um allen lebenden Gefchöpfen wohl zu hun, u. frei- 


30 Se ©. 
S ch op fun g, (boͤchſter Zweck Gottes bei der — 


lich ſind lebloſe und lebende Geſchoͤpfe im Erd-⸗Thier— 
und —— zum Nutzen u. Vergnuͤgen da. Xi: 
les gweft darauf ab, um den M. froh und gluͤcklich 


Ei: ‚machen, und ſelbſt die Naturuͤbel und das ſittliche 


Boͤſe muͤſſen durch Leitaug Gottes ſogar zum Beſten 
der M. dienen; allein die M. haben nicht blos Kor— 
per, fondern auch unfterbl. Seelen. Der M. ſoll an 
den Geſchoͤpfen den Schöpfer und deſſen Willen, aber 
wieder zu feinem (des DM.) Wohl Fennen lernen. Denu 
jedes Gefchöpf gibt ung, Anleitung, die Kräfte des 


later su betwundern, feine übrigen— herrlichen — 


chahmur ——— gen Eigenſchaften einzuſchen und ſ. 
Gute zu preifen. Gene Werke zeigen ung, was wir 
M. von ihm denen u. erwarten follen. Gene Werke 
reiten auch fein ehe Al su den Geſchoͤpfen deutlich 
Dar. Über man muß es au — be — en, daß, wenn 
gleich die Erde eine Weit für die M.iſt, Die Erde 
aber nicht her Mittelpunft und dag Hauptgebaude der 
Schöpfung If. Sie iſt nur ein kleiner Punkt im un: 
ermeglihen Raume des Weltalls (f. oben ©. 10 ff.). 
Wir M. find die allerunterſten in Gottes Geifterflast, 
find alfo sicht der Mittelpunkt der ganzen Schöpfung. 
Um des Menfhen allein willen ift ia 


nicht alles erſchaffen. Die Bemerkung, daß 


der M. faft alles zu feinem Nutzen per venden kann, 
daß für ihn unter ver teitung der Bi —— alles 


Gewinn für feine Geſundheit, Bequemlichk. u. Vergnuͤ—⸗ 


gen wird, Darf nicht zu dieſer Einbildung verleiten. 
Wie wenig laͤßt es ſich denken, daß Gott ſo große 
Koͤrper dahin geſtellt habe, um in hellen Nächten ei— 
nen schwachen Schimmer auf die Erde zu werfen! 
Welche Heine Zwecke müßte Gott bei fo aroßen Wer⸗— 
fen gehabt haben! Wie hätte er feine Allmacht ver- 
ſchwendet und fo große Anſtalten vergeblich getroffen! 
Das märe gegen feine —— und Güte. Wer mag 
e8 glauben, daß die Blumen blogs gefchaffen worden 
find, um unfere Augen zu erquicken, und unferer Naſe 
angen. Empfind». zuzuführen — die Sonne, blog um 
ung M. zu leuchten, die Sterne, um des Abends 
für unfern Anblick den Himmel zu zieren ꝛc. Diefer 
Gedanke wäre zu Eindifey ſtolz! Der 3 .. verliert 


S. a 
Schöpfung, (Anwendung der Lehre von der —) 


ſich ja im umermeßlichen Weltall als Elein und unbe 
 deutend. Wie Faun er alſo Dad einsige Bei hof von 
ichtiefeit fen?! Wäre nicht der Vater ungerecht 
gegen feine Kinder, Fels er alles um des. Erfige- 
bornen willen ıbut? Sat Gott nicht auch außer dem 
SR, viele Rinder? Er wird fie ni icht verſaͤumen, da er 
ihnen Sinn und Empfän glichfeit für Genuß und Ver— 
gnügen anerfchaffen hat. Die Thiere, wenn fie gleich) 
- feine — ſondern aA Empfindung haben, find 
nicht blos zu den Bedürfuiffen des Menfchen, fondern 
auch um ihres eigenen Wohls willen, vorhanden. Der 
wit Vernunft, Freiheit und Empfindung begabte I. 
ift auch nicht blog um Anderer willen, tondern um 
fein feibft willen da, um fein fittliches Weſen gu der 
ihm angemeßnen Stufe der Bohr. auszubilden, und 
der ihm beſtimmten geiftigen und koͤrperl. Glückfeligfeig 
theilhaftig su werden. Er ſoll zwar nit feinen Gaben 
und Kräften Andern dienen, aber auch ſich ſelbſt ver— 
vollkommnen. 


Man vergl, hicruͤber Reimarus Wahrhh. d. nat, Rel. VIſte Abh. 
9. 1. 5ie U. Zus. 1732: ©. 509 und 9te Abh. 9. 7. ©. 
225 f.: Denee’s Mag. zten B. ıfles ©t. ©, 188-190: 
„Velthuſens DBemerf, über d. Streit: ob Gluͤckſeligkeit 
oder fittliche Vollk. yon Seiten des Schoͤpfers letzter Zweck 
war?“ 


—J Das Angewandte der Lehre von der Schoͤ— 
pfung. Die Lehre: Gott fihuf alleg, ift fehr 
wichtig. Ohne die Erfenneniß, Daß Gott unfer 
Schöpfer ift, miffen wir nicht, wem wir angehoͤren, 
welches das Ziel unſers Beſtrebens iſt, und was wir 
uns von der Gegenwart und Zukunft zu verſprechen 
haben. Dieſe Lehre gibt unfern Hofnungen von der 
Beſtimmung des M. nad) dem Tode mehr Deutlichkeit 

und Leben. 

1) Die Schöpfung Gottes iſt von fo unbefchreiblich 
großem Umfange, (f. oben I. B. S. 10 f.). Man 
lerne alfo aus Gottes Werfen feine unend- 
liche Größe erfennen. Sft Gott gleich nach fei- 
nem Wefen ımerfennbar, fo läßt uns bach die Schoͤ— 
pfung das von ihm erfennen, was für ung miffens- 
würdig, befjeend und berupigend if. Sie verfinnlicht 
und veraufhauliche uns recht Gotfes Größe. Die Be— 


32 a ©. 
Schöpfung, Anwendung der Lehre von der —). 


frachtung feiner Werke gibt ung genug Anlaß und 
Stoff, Gott nad) feiner Herrlichkeit zu beiyundern. 
Groß und fihon ift der Tempel Gottes — die Welt — 
glänzend und herrlih. Wer denfelben forafältig bes 
trachtet, findet nichts darinnen mangeln, nichts Darin- 
nen überäffig, nichts am unrechten Drte, nichts ſchlecht, 
fondern alles unaͤbertref fflich und unverbeſſerlich gut. 
Alles traͤgt das Gepräge von des Unendlichen hoͤchſter 
Bortrefflichkeit. Faßt ſchon unfere Erde fo viele Wun— 
der der Macht und Welsh. in Ach, und hat Gott al- 
les darauf mis Geſchoͤpfen angefallt, die leben — em— 


pfinden und der Guͤte Östtes fich freuen, wie unaus- 


forechlich groß muß dann bie Menge von Wundern' 
feyn, die auf andern Wohnplaͤtzen Gottes Größe ver- 
herrlichen, wie unendlich groß die Menge von Geſchoͤ— 
pfen, womit Gott alles erfülte! BE 111, 2; Rehem. 
9,.6. Eine gehoͤrige aufmerffame Betrachtung nnd 
Beobachtung der Natur führt ficher zur innigften Be⸗ 


wunderung ihres Schöpfers. Ohnſtreitig laͤßt ung die 


Größe des Weltallg, die unzählbare Menge der erfchaf- 
fenen Dinge Gottes Unendlichkeit und Allmacht, bie 
Vortrefflichkeit feiner Werfe, welche Feine menſchl. Kunft 
nachahmen, noch weniger hervorbringen Fan, — die 
Drdnung, welche fih nad gewiſſen Regeln richtet, — 
die Dertheilung — Die Beränderungen — die allmäh- 
lichen Abwechfelungen, die Verbindungen u. die Ueber— 
einſtimmung, womit alles zuſammenhaͤngt und fich ein- 
ander wechfelfeitig diene — lafen uns ſeine Weis— 
heit; — die Kräfte der Dinge, die Wuͤrkungen, die 
fie für uns und für die Gefchöpfe haben, dag viele 
uns und den Geſchoͤpfen Nuͤtzliche, wovon wir leben, 
el ung feine Allgüte einfhen. Man maß nur 
alle Geſchoͤpfe und den uns vortheilhaften und ange- 
nehmen Gebrauch und Genuß derfelben- zu Erfennts 
nißquellen machen, um daraus bie göttlichen Bolfom- 


9% menbeiten einsufehen, fie ung lebhafter und deutlicher 


porzuftellen und folche zu bewundern. Man fehe bie 
Geſchopfe als Spiegel Gottes an. Man fleige gleiche 
fam auf denfelben zur Gottheit hinauf. — Da mir 
überall in der Natur die zweckmaͤßigſte Zuſammen— 
ſetzung, Ordnung und Verbindung bemerken, — da 


wir in iedem ſinnlichen Gegenſtaͤnde ein in feiner Art 
voll: 


Schöpfung, (Anwendung der Lehre von der—) 


volendetes Ganze finden — da befanders in 
richtung der lebenden Geſchoͤpfe Abſichten un 
‚unverkennbar find: fo fieht man, DaB ber Urhebe 
dem elkm und insbefondere son uns mie en 


? 
Willen und Freiheit begabten Menſchen emen imer- 
Pr, . 
E = 


meßlichen Verſtand und eine hoͤchſt vollk. Weishe: 


‚Güte und eine alles bewuͤrkende Kraft babe Das 
alles bewegt uns billig, ein fo majeſtaͤteſches Weſen 
anzubeten und vor daſſelbe Die tiefſte Ehrfurcht zu 
außern. Dan Ierne von Gott erhaben und würdig 


denken; denn bei dem Gedanken an die unzjäblichen 


Geſchoͤpfe, die wir kennen, Die ſchon gelebt baben, und 
noeh — — ıc., bleibt ung nichts übrig, als erſtaunt 
niederzufinfen und zu denken: Welch ein unendl. 
großer Herr muß daS feyn! Thorheit iſt's, 
wenn mandich, Unendlicher! alg einen Menſchen betrach- 


tet, und bon bir, als von feines Gleichen redet, 


Mafeftärifcher — Herr aller Welten! ich bewundere 
ſchon Heine Große, Weisheit u. Huld auf der Fleinen 
Erde. Auf ihr.ift fchon groß die Sch! deiner Wun—⸗ 
der, unbesreiflich die Menge deiner Wohlthaten! Die 
enge derer, die durch Dich gluͤcklich ſind — wer 
fan fie angeben? ber wie, ſehr ermälrert ſich mein 
Herz, welche höhere Begriffe faßt von Dir meine 
Seele, wenn ich mir das unermeßl. Weltall denke. 
Da glänzen Sonnen zu Millionen. An denfelben fonts 
nen fich fo viele Erden in unbegreiflicher Verſchieben— 
heit und in herrlicher Drache. Welche arößere Wun— 
der von deiner Weish. u. Güte werden da nicht feyn! 
Du — der du im ganzen Raume deiner Unendlichkeit 
allem. aleich nahe biſt, du wohneſt nirgends. Die 
ganze Welt ift dein Tempel. Welch ein herrlicher — 


glaͤnzender Dalaft ift fiel — Ach ich vermag nicht die 
- fich in meinem Herzen draͤngenden Gefühle zu nennen. 
Ich finfe nieder und bete ſtammelnd Did am. — Dee 
 Hagenswerthe Thoren, Die ihr ſtolz auf eure geringe 
Macht, auf eure fursdauerade Herifchaft, auf eure 


Hanbooll Geld dem Weltherrfiher eure Anbetung vers 
fagt; — Die ihe die Erde als den Mittelpunkt ber 
Schöpfung, und euch ſelbſt als Haͤupter der Erbe ans 
ſehet, für die alles geſchaffen ſeyn müßte; Die ihr, ſo 
ſchwach auch eure Einſicht if, den Schöpfer tadeln u. 
Chriſtl. GL Lehre f. d, Candelgebr. 3 TH : & 


34 ee 
Schöpfung, (Anwendung diefer Lehre.) 


fein Werf. meiftern wollt — bedenfet es doch, wer ihr 
feyd! wieihr euch unter den vielen Millionen Menfchen, 
unter den unzählbaren Heeren der Gattungen von Ge- 
fchöpfen verlieret, mie diefe Erde felbft gegen Die vie— 
len Sonnen wie ein Puͤnktchen if. — Die DBetrad): 
fung der Welt fol in ung Fein leereg Erflaunen — 
feine fruchtlofe Beraubung bewürfen, fondern foll ung 
demuͤthig und uns unfere Abhängigkeit v. Gott recht 
fühlbar machen. Sie foll uns lehren vom Schöpfer 
würdig zu denken und unfere religisfe Empfindungen 

‚und Gefinnungen verftärfen. Deshalb bewieß Gott 
bei der Schöpfung feine Allmacht, Weisheit u. Güte 
anf das alierooifommenfte, damit wır ibn defto beffer 
erkennen und eifriger verehren follten, f. Natur — 
(Betracht. der —) ar Th. ©. 264 ff. ° | 

Lehrer koͤnnen hier noch näher über die Größe der Welt, über 
die Menge und Mannichfaltigkeit der Gefchöpfe auf unferer 
Erde, über die + Eunfivolle Ordnung und Verbindung aller 
Theile zu einem bewundernswürdigen Ganzen fi) ver: 
breiten. 

2) Iſt alles gut u. hoͤchſt weife erfchaffen, fo 
darf Niemand über Unvollfommenheiten 
in der Natur, über die Welt alg ein Jam— 
merthalflagen. Diefe Welt ift die befte, f. unten 
Melt. Ale Uebel und Leiden leiten zum Glück oder 
werben zu Freuden umgewandelt. | 

3) Iſt diefe Welt fhon fo fhon — welche 
noch [hönere Welten werden wir einfinod 
feben un. erfennen, die wir bier noch nicht kennen. 
Das, Wwag wir durch gefchärfte Sinnen nur ahnden, 
macht uns auf nod) großere Anflalten Gottes zum 
voraus aufmerffam, Joh. 14, 2. 

4) Das Zurücdenfen an die Schöpfung des M. 
ift beſonders zur Sittlichk. leitend: 

a) Es ſchuf Gott nur ein Menſchenpaar. 
Welche Guͤte Gottes gegen die M.! denn da alle fol 
gende Menfchen — und auch wir v. dem erfien Mens 
fchenpaar abftammen, fo find wir alle unfer einander 
verwandt: fo find wir uns alle vollig gleich. Billig 
muß dieß in ung: den Stolz ausrotten und eine allges 
meine Liebe bewürfen. Wir ale find Kinder eines 
Vaters, Maleachi 2, 10. Man achte deshalb ale M., 


+ 35 


—— (Anw. der | Lehre v.d. Schoͤpf. des M.) 


von welcher Farbe, Naten Abkunft, Einfalt u. Ar— 
muth fie ſeyn mögen. Huch, der ge ringſte u. elendeſte 
Menſch darf nicht aus übermüthige m Muthwellen von 


uns verachtet, be — und antertreten werden; denn 
er iſt Gottes — nad) des Allmaͤchtigen Bilde geſchaf⸗ 


fenes Werk. Man beweiſe gegen feinen M. Ungerech— 
tigkeit und Gewaltthätigkeit IMof. 9, 6), man läftere 
feinen M., fluche Niemanden. (Zac. 3, 3). — Dffan 

bar ſchuf Gott nur ein Menfihenpear, bamit unter 
den Nachkommen deffelben die Geſelligkeit — die— 
fer wichtige Zweck und Beflimmung dee) Menſchen auf 
der Erde als unter den Spr ößling en einer Familie 


befdrdert und Umeinigfeit und Kriege, da fie einander 


nicht fremd find, vermieden werden. 


b) Iſt Gott — vermoge diefer Abſtammung — auch un⸗ 


fer Schöpfer, verdanfen wir hm Dafenn und Lesen, 
indem er in unfere Eltern die Erzeugungskraft gelegt 
bat und wir nach fenem Willen gebohren werden, fo 
verdient er fhom deshalb unfern lebhaf— 
teſten Dank und unſere innige Geg enliebe, 
Um aber Gott zu lieben, muͤſſen wir erft Die Schepfung 
lieben. Denn wenn ung die Erde nicht ſchön iſt, fo 
ift es auch nicht verienige, welcher fie hier herz orge⸗ 
bracht hat. Sind wir unaufmerkſam auf die Reise 
der Natur — nehmen wir die Bluͤten der Boaͤume nicht 
wahr, hören wir nicht auf den Geſang der Vogel: fo 
fonnen wir nicht zu Dem Gott binaufgezogen werden, 
welcher in dem allem fich offenbart und davon Urhe— 
ber it. Mau achte alfo alleGefchspfe Pan 
febe feinen Theil der Schopfung als ung fremd oder 
als jo ganz uns entfernt an, um wicht gewiffe Pflich⸗ 


ten dagegen zu erfüllen. Würde eg ver Haͤusvater in 


einer Schule wohl gut aufnehmen, falls ich Geſchwi⸗ 


fer deshalb einander geringſchaͤtzten, weil nicht alien 


ein gleiches Maaß v. Vollkom imenbeiten gegeben wor— 
den iſt? Wir ehren alfo Gott nicht, wenn wir ge 
gen etwas in dem Weiten Reich feiner Schoofung kalt⸗ 
ſinnig oder gar unbillig geſinnt ſind. Indem Gott, 
wie wir deutlich wah —J— iedem Geſchopf fo viel 
Gutes m fo vie ele Freuben an gibt, als es gemieffen kann: 
fo beweißt diefes, daß er gern wollen wird, daß wir 
dieſe Abſicht auch befoͤrdern ſollen. Wer es alſo beach— 
— 





Schöpfung, (Anw. der Lehre v. d. Schoͤpf. des M.) 


tet, daß er wie ſ. Mitmenſchen zur großen Familie 
Gottes gehoͤre, der mache ſich Wohlthun und Be⸗ 
gluͤcken zu ſeinem Hauptgeſcha I wie es Gott dazu 
macht — Der behandle Die Allah wie es recht 
ift — der quaͤle und mißhandele fie n icht, — ber mache 
ihnen, wenn er fie braucht, nicht zu ſcaincn Vergnůgen 
Leiden und Schmerzen. 


©) Sft alles auf der Erden. zum Spell in er 
Welt, zwar wohlniche allein um unſernt— 
willen, ſondern um der allgemeinen Gluͤck— 


ſeligkeit — um des Wohls aller Geſchoͤpfe da: 
fo iſt doch (nach dem oben S. 10 u. ı2f. Bemerkten) 
unverkennbar, daß fo ſehr vieles in der Welt 
sum Beſten des M., zu feinem Genuß, zur 
Befriedigung feiner Bedürfniffen. zu A 
ner Bequemlichfeit und Freude ba ift. 

viele Vortheile 3. B. gewähren die Thiere! Gie — 
tzen uns auch. Das alles erfordert unfern waͤrmfien 
Dank. Gottes Guͤte muß ung rühren. Gott brauchte 
feinetwwegen die Dinge in ber Welt und ung Mi. nicht - 
zu erfchaffen, denn er hatte Feinen Fugen davon. Er 
waͤre cben fo felig und vollk. geweſen, wenn er fie 
nicht erfchaffen hätte, aber er wollte ung und auch die 
Geſchoͤpfe mit Leben und Genuß erfreuen. Was iſt 
das fuͤr eine erhabene Liebe, die Gefallen 
daran hat, daß alles, was lebt, vergnuͤgt 
und gluclih iſt!! Man liebe ihn daher wieder! 
Um nun Gott zu danken, ſuche man immer mehr die. 
großen — in ihrer Art einzigen und unnachahmlichen 
Werke d. Schoͤpf. kennen zu lernen, um ihn im Anfchauen 
derfelden zu verherrlichen. Beſonders ſuche man alles 
das Gute einfehen su lernen, was in den Schoͤp funge- 
werfen für uns grade liegt. Sodann erwaͤge man, 
wie man an den allgemeinen Wohlth. der Schöpfung 
auc Theil nimmt, 3.8. wie weife die Tageszriten an- 
georbnet und vertheilt worden find, wie der Wechſel 
des Tages und der Nacht im genaueſten Verhaͤltniß 
mit den Beſchaͤftigungen des Menſchen am Tage ſte— 
het, und wie nothwendig fuͤr ihn die Ruhe ſey, wie 
grade von dem Element, was uns am unentbehrlich- 
ften ift, dem Waffer, der größte Veberfluß ung gegeben 


©. 37 
Schöpfung, (Anw. der Lehre v. d. Schöpf. des M.) 


worden iſt, u. ſ. w. (Beim Nachdenken über Genes.1L. 
iſt es leicht, das Allgemein-wohlthaͤtige in der Schoͤ⸗ 
pfung von mehrern Seiten einzuſechen.) 
d) Das, was Gott uns in der Schöpfung zum 
Nutzen, zur Bequemlichk.u.$reude gab, muffen 
wir zu den heilfamften Endzwecken, um welcher willen 
er es ung verliehe, und zu welchen er es beſtimmte, ge= 
rauhen. Man wende Feine Sadje auf eine ihrem 
Zweck nicht gemaͤße Are und Weiſe an, man behandfe 
nicht graufam die Shiere, Sprächmw. 12, 10; Rom. 
8, 20. Man befsrdere auch bei Andern ihren recht- 
mäßigen Gebranch. Man Gange auch nicht su febr 
an ben Geſchoͤpfen. (Ereafurenliebe it abgoͤttiſch.) Mar 
febe ſich felbft fo wenig für den hoͤchſten Endzweck u—. 
auch die Sefchöpfe nicht als fein hoͤchſtes Gurt an. 
Man ſetze ia nicht fein hoͤchſtes Vertrauen auf diefel 
ben, fondern auf Gott; Pf. 53, 23 f. Pan vergeffe 
bei ihrem Gebrauche Gott nicht, fondern denfe Dabei 
an ihn ale den Schöpfer, und ale Geber der Wohl- 
thaten in der Natur und danfe ihm, ISor. 7, 30. 
31. Möchte doch alles, was lebt und empfindet, 
laut mit ung den Herrn preifen, alles den Schöpfer 
lobfingen oder von Danfgefühl überwältigt ſprachlos 
niederfinfen und ibn anbeten. an wende Fein Ge— 
fchopf zur Eitelkeit und Sünde an, und gebrauche es 
nicht zum Mittel, Gottes Vorfchriften zu überersten, 
oder andere damit zu befchädigen. — Um biefe Bor- 
ſchriften zu erfüllen, erwäge man — aa) daß alle Ge— 
ſchoͤpfe von Gott abhangen, wie jeder Genuß, welchen 
fie gewähren, gegen die Wonne einer Gemeinfihaft mit 
Gott durch Sittlichfeit nichts ifi; — bb) man laffe 
feine Neigung u. Flebe zu Gott uber iede Liebe zu den 
Gefhöpfen die Oberhand behalten ;— cc) man glaube 
nicht, durch den Genuß irgend einer Sache vollkommen 
glück. zu fenn, und eben fo wenig halte man ſich nicht 
beim Verluſt eines Geſchoͤpfs für ganz ungluͤcklich und 
ganz verloren. Man werde auf eine gewiſſe Art ges 
gen die Sefchöpfe, ihren Befis u. Genuß gleichgültig u. 
halte dagegen Gott und feine Sreundfchaft für das 
hoͤchſte ung umnentbehrliche und zur wahren Gluͤckſe— 
ligkeit vollig hinlaͤngliche Gut, deffen Verluſt durch) 
keilnen Genuß der Geſchoͤpfe erfetzt oder vergütet wer- 


33 N | 

Schöpfung, (Anm, der Lehre v. d. Schoͤpf. des M.) 
‚den Fenn, der aber allen Verluſt zu erſetzen im Stande 
iſt. Man ſuche alſo täglich Gott ‚ergebener zu 
werden. 

e) Da ung Gott gefchaffen, alfo dag Leben — (das Mich: 
tigere) argeben hat und bis dahin ernäbrte — Fleide- 
te — erfreute: fo muffen wir ihm auch deshalb 
in der Zufunft vertrauen. Da er ung erfchaf- 
fen bat, fo mird er ung nie verlaffen, fondern für 
uns forgen, ung unterjtüßgen und ale Nothdurft 
darreichen — und dag um fo viel mehr und gewiffer, 
da 28 ihm nicht zu Elein war, einen Wurm zu ſchaffen 
und ihm dag Leben zu erhalten. Matth. 6, 2530. 

Iſt er der Urheber unferg Reben, fo wird er es ge 
gen Anfaͤlle beſchuͤtzen, uns vom Untergang erreften, 
falls wir nicht ſelbſt muthwillig unfer Leben u. ſ. w. 
verwahrlofen. 

f) Kommen wir von Soft ber, fo find wir offenbar fein 
Eigenthum, VMoſ. 10, 14; vergl. V. 12..Da er al- 
les, was wir find und haben, hervorgebracht hat, und 
e8 ung verfihafft (Hiob 10, $-12), und zwar ſowohl 
unfer Dafeyn, alg unfern Stand und unfere Rage im 
Zuſammenhange mit andern Geſchoͤpfen nach Ort und 
nach Zeit; de er ung alle die Geſchoͤpfe zu unſerm 
Dienſt und Nutzen mittelbar gibt, die doch ſeine eigen— 
thuͤmlichen Güter find, die er ung nur zum Gebrauch 
leihet (J Kor. 4 7): fo geheren wir ganz ihm an. 
Gott hat alfo ein voliges Mecht uber ung. Er if 
unfer Herr. Deshalb find wir ihm zu verehren ı, 

gänzlich zu gehorchen ſchuldig, oder alles zu thun ver⸗ 
— was er von ung verlangt. Wir muͤſſen alle 
unfere Kräfte, Sähigkelten und dag was Mir gleich— 
fam im Bermoaen haben, zur Verherrlichung unfers 
Urhebers und DOberherrn anwenden, nichtg von unſern 
Faͤhigkeiten ganz ungebraucht laffen, oder durch unfere 
Schuld unbrauchbar machen, fondern fie forgfaltig zu 
erhalten, auszubilden und zu vermehren fuchen. Man 

wende fie unferer Beſtimmung nach mit Sorgfaltu, Vers 
nunft an, damit ſeine Abſichten erreicht werden, Rom. 
12, I, 23 #733: INor, 6,.00, 

e) Der Menfch iſt dag edelfte Geſchöͤpf Gottes auf Er- 
den, groß ift fein Anſehn umd Ei Wuͤrde, (f, oben 
Aehnlich eit mit Gott, ır TH. ©. 88 f. 44 ff.) 


| &. | 39 
Schöpfung, (Anw. der Lehre v. d. Schöpf. des M.) 


Diefe mußer füblen u. deshalb der Beftim- 
mung gemäß leben, wozu ihn Gott erfchaf- 
fen hat. Zwar ift nur der M. der unterſte in der 
Geifterwelt. Er grängt unmittelbar durch feinen thie- 
rifchen Leib an das Thier. Er ift an feinen Kräften 
u. Vorzuͤgen weniger als die Engel (Ebr. 2, 7), aber 
dennoch ift er außerft groß. Schon der Bau feines 
Leibes zeigt feine Erhabenheit über die ganze irdifche 
Schoͤpfung an. Diefer Leib ift von Gottes Weisheit 
auf Das kunſtvolleſte zur Wohnung einer denfenden u. 
empfindenden Seele eingerichtet. Vermoge feiner auf: 
rechten Stellung mit gen Himmel gerichteten Blicke 
(eine Bildung, die ihm allein eigen iſt) Fann er feinen 
Blick über diefe niedrige Erde zum Himmel richten u. 
als ein denfendes Wefen die Wunder von ber goͤttl. 
Macht und Groͤße im unermeßlichen und graͤnzenloſen 
Raume anbetungsvoll erkennen. Dieſe edle Stellung 
zeigt ſeinen Urſprung und den Ort an, wohin er ſich 
erheben fol. — Wie ſprechend — mie maieſtaͤtiſch 
iſt nicht ieder Blick des Menſchen — wie ausdrucks— 
voll iede ſeiner Mienen und Gebehrden! Wie würdig 
ſein Gang! Durch das Vermögen zu ſprechen iſt er 
im Stande, iede feiner Empfindungen — ieden feiner 
Gedanken u. Geſinnungen andern mitzufheilen. Durch 
Die Biegſamkeit und Geſchicklichkeit ſeiner Haͤnde kann 
er ſowohl nuͤtzlich arbeiten, als auch kunſtvolle Werke 
zu Stande bringen, Pſ. 139, 14. *). — Und was ver— 
mag nicht der in ihm wohnende denkende Geiſt, gleich— 
ſam dieſer Hauch Gottes **) — dieſer Strahl ver 
göttlichen Maieſtaͤt und diefer alles an ihm belebende 
Berfiand! Er gebeut den Elementen. Er ahmt gar 
Gottes Schöpfunggfraft nach. Seine Herrfchaft reicht 
über den ganzen Erdboden. Auch in der meiteften 
Entfernung fann er würfen und faft ganze Meltförper 
rücen. Er fann den Unendlichen erfeniient und vereh— 
ven — kann ihn lieben! Und diefe erfiaunlichen 


») Vergl. Goͤtz Auszz. aus d. Predigten über die chriſtl. 

BL und Sittenl. ©. 33. 34. 

— D. h. es iſt die Seele göttl, Urfprungs u. e einer gßoͤttl. 
Natur, IV, Moſ. 16, 22. 


40 >> en 
Ehöpfung, (Anw. ber Lehre vw. b. Schoͤpf. des M.) 


Kraͤfte — fo unbegreiflich iſt ſeine Größe — haben 
Feine Sraͤnzen! Ewiges Streben — ewiges Fortge⸗ 
hen — ewiges Zunehmen in allem, was groß und edel 
ie. in endlofer immer wachſender Vollkommenh. iſt 
eine Eigenſchaft feines Beiftes. Solch ein erhabenes 
Weſen — ſolch ein Meiſterſtuͤck der ird. Schopfung 
iſt der Menſch — dieſer Alleinherrſcher der Erde! — 
Da nun des M. weit vorzuͤglicher als die Thiere iſt, 
da er die ganze Schoͤpfung verſchonert, benutzt u. be— 
herrſcht, ſo muß er auch einen hoͤhern Endzweck als 
alle uͤbrigen Erdengeſchoͤpfe haben. Bei der großen 
Schönheit ſeines Lelbes, bei der mehrern Gewandheit 
feiner Glieder, bei der hoͤhern Vollk. ſeiner Leibes u. 
Geiſteseinrichtung, vorzüglich aber beim Beſitz einer. 
nicht blos enpfindenden, ſondern zugleich mit * 
nunft und Fretheit begabte n Seele, iſt er einer hoͤherr 
Beſtimmung u. einer vollkommnern Gluͤckſeligt. faͤhig, RR 
alte Geſchoͤpfe, die mit ihm auf dir Erdg leben, bie 
Br — und Triebe, hochſtens etwas den 
Verſtand ähnliches, aber keine wahre Vernunft befisen. 
Go: e ſchuf den SR. zur Glüdfeligfeit durch 
Sittlichkeit, zu einer Stiekfeliefeit, Die der Würde ſei— 
vet Natur gemaͤß tr ‚die Rh auf die ganze Dauer 
feines Dale — auf die graͤnzenloſe Ewigkeit er— 
ſtreckft. Deshalb muß er Ehrfurcht in der Art gegen 
ſich ſel TO hegen, ſich nicht geringſchaͤtzen und verachten, 
fondern aa) ſeinen Geiſt zur höhern Bolt. — zur Weis, 
beit und Tugend bilden, wozu alle Arten von nuͤtzli⸗ 
chen Kenntniſſen, Uebungen in allen Förperlichen Kuͤn⸗ 
ſten und Geſchicklichkeiten, dle uns unſern Leib recht 
gebrauchen lehren, der Fleiß im Nachdenken und in 
Erfernun 13 der Wiſſenſchaften, bie Bekauntſchaft mit 
nuͤtzl. Erfindungen und die Aufmerkſamk. auf die Den: 
—— und die Sitten der Menſchen als einzelne 
Theile der Vollkommenheit, Die ſich der Mi. eigen ma» 
Er fann, und die alleſammt zur Erhöhung feiner geiz 
ftigen Wohlfahrt beitragen, erfordert werden. Mit Diefer 
Seiſtesbi Bein zugleich iene unfchäßbare Ruhe, iene in» 
be Zufriedenheit deg Geiſtes verbunden, ohne welche Feine 
Gluckfeligfeit gedacht werden fann. Man mache von 
feinen Anlagen, Kräften, Extern u. glück. Umſtaͤnden 
den beiten Gebrauch. Man wende auf dag freuefle u. 


| ©. a 41 
Schöpfung, (Anw. von dieſer Lehre.) 


richtigſte feine Faͤhigkeiten an. Es kann uns auch nie 
an genugfamer Beſchaͤftigung fehlen, wenn wir neben 
der. trenen Derwaltung unfers Amts oder Standes 
unfern Hauſe wohl porftchen, die Erziehung ber Kin⸗ 
der beſorgen, ſonſt unſere Glieder oder Kraͤfte fuͤr uns 
oder für andere nuͤtzlich anwenden, ihnen zu dienen, 
zu helfen, fie zu erbauen und zu troͤſten bereit find, 
und dann an der fernern Bildung und Befferung uns 
ferer Seele arbeiten. 

b) Es gehoͤrt auch Die — Hofnung, daß der Tod 
des Koͤrpers unſer Daſeyn nicht aufhebt, daß wir 

vielmehr nach — irdifcher Haͤlle in ienem beſ— 

- fern Leben unter ber —— Gottes zu höhern Stu— 
fen der Vollk. uns erheben — zu den Erforder— 
niſſen unſerer Gluͤ —— deren wir nicht entbehren 
fennen. Allein der Menſch iſt Fein bloßes geiſtiges 
Weſen, ſeine Seele ſteht in Verbindung mit einem 
thierſſchen Leibe und muß an den Begegniſſen und N A 
duͤrfniſſen deffelben Antheil nehmen. Er lebt in Ver— 
bindung mit andern M., die auf eine vielfache Art 
auf ihn wuͤrken, darnum werden noch manche außere 
ter, der Beſth der koͤrperl. Geſundheit, eines hin— 
laͤngl. Auskommens, der Genuß der Ehre, der Freund— 
fchaft und des Vergnuͤgens zu feiner Shickfeligfeit mie 
afordatch fern. Diefe Suter fiehen nicht ganz in 
feiner Gewalt, er kann fie ſich nicht immer verfchaffen, 
er kann fie auch nicht immer bewahren und feftbal- 
ten. Doc aber gilt e8 auch bier, daß Weisheit und 
Tugend das einzige find, was der Menfch dazu thun 
kann, ſich dieſe zu eigen zu machen, daß ſie die ſicher— 
ſten Mittel ſind, die Sefundh. des Leibes zu erhalten, 
feinen noͤthigen Unterhalt zu finden und zu würzen l. 
+ fich die Achtung vernünftiger M. und die Zuneigung 
ebeldenfender Sreunde zu erwerben. 

Moͤchte doch ieder fich Bemühen, feine Beftimmung 
su erreichen! Nie muͤſſe fi jemand zum Sklaven der 
Erde und der Sünde machen. Jeder achte doch fh 
ſelbſt. Keiner verwildere in zugellofer Sinnlichkeit; 
keiner wärdige fih zu den Thieren hinab. Wir haben 
in ung einen befiändigen Zeugen und unbeftechlichen 
Richter unferer Handlungen, und bereiten ung Vor— 
naeh Beichimpfung und Unruhe in ung felbft durch 


42 | ©. 
Schrift, (heilige). 


iedes unwuͤrdige oder frafbare Verhalten zu. Sm 

Dienfte ver Tugend halte ein ieder alles für moͤgſich 

und nichts zu ſchwer. Denn der Menfch Fanın alles, 

a er nur will. Ein feſter Wille gibt ung auch 
raft. 

S. oben den Art. Beſtimmung u. Dodeelein⸗ 8 
Kel.- ‚Untere. Th. VIIL 6. 149. ©. 9:17. „Endzweck 
der erſchaffnen Menſchen;“ — über dag Eigenthuͤmliche 
und Vorzuͤgliche des M. firhe Cludius Betracht. 
über .die- Lehren d. Rel. ır Th. ©. 223=357. (fehr 
ausf. und gut); A. Große Glaube und Weiche DB 
Chriften, ©. 125 f. „die Würde des Menfher“ 

Bgl. 5. 6. Podels Predd. uber Luthers Catech. 
Nr10. ©. 223-2523 „eine EN über die 6 Ta— 
gewerfe d. Schöpfung. a ©. Beyer die 
Geſch. d. Urmwelt in Predd. ır 3. N Hälfte, Leipzig 
1795. gr. 8. Nr. 2° 7. — am 2ten Adv. ©. big 
sum neuen Sabre; Dr. 8. 8 Emwald’g Entww. zu 
den Sonne. u. Feſtt. Ppredo 1800. in Bremen. a 


©. 129.f. 137 f.. 153 f 


Schrift — beilige — ob. 5, 39. 
Vergl. Döderlein’s inf. Th. chr. T. 1. S. 43:50. ©. En; 
196; deffelben chrifl. Reb = Untere. Ir Th. 5. 43: — 
©. 262:318;5 Mori Comm. exeg. hiſt. in epit. T. J. 
60:162; Staͤudlin's Dogmatik und Dogmengeſch. Ir F 
©. 194 f. 217 f; Schmidts Lehrb. d. Dogm. ©, 266⸗ 
280; Reinhard’s Vorleſſ. ib, d. Dogm. ©, 39:79. ©. 538 f.; 
Eckermanns Handb. I. ©. 6185683, 
Iſt es rathſam, noch iest bei dem WRel, = Unterr. von einer fehriftr. 
Autorität auszugehen? unterf. und beiahbt in Niemeyer’s 


Briefen en chrifil, Nel,sKehrer. ate Samml. S. 74:32; 


man vergl. damit deſſen pop. u. prakt. Theol. 4te A. S. 
Io u. 11. — Durch weiche Mittel fol man. im populären Uns 
terricht der Bibel Anſehn verfchaffen? wodurch den Glauben 
und die Achtung gegen ihre Ausfprüche fichern? ebendal, ©, 
82291 (ehr nachlefenswerth) — In Ulrichs moral. 
Encyclop. ır Th. 2te Abth. ©. 109395 find brauche. 
Mathichläge über die Trage: ſoll man die Tugend in dev. Bibel 
leſen laſſen und wie? mitgethelt worden, 


Ich bitte mit dieſem Art, die Rubrik Offenba— 
rung 2r Ih. ©. 273 f. zu vergleichen. 
I. Im gemeinen Leben heißt die heil. Sarift auch 
das Wort Gottes. 


| ©. | 43 
Schrift, (Heilige — wiefern iſt fie Wort Gottes?) 


Ueberhaupt beißt diefer Ausdruck fo viel als eine 
Belehrung; nimmt man aber dieß „Wort Got- 
tes“ eigentlich, fo ift es von der h. Schrift ein un» 
bequemer Ausdruck, Denn Wort Gottes faßt nur den 
Snbegriff derjenigen mwefentlichen Kehren in fih, die 
fich auf eine vorzügliche und richtige Erkenntniß Sot- 
tes, auf feinen heil. Willen, auf die Befolsung deffel- 
ben, auf die angenehmen Solgen, die diefe bat, auf 
Gottes Berebrung und Mel beziehen. Denn. al- 
leg, was dem heil. Willen Gottes und feinen werfen 
Rathſchluͤſſen über die W. gemäß ift, it Ausfprud 
u. Berheiffung Gottes und Wort von ihm. 

Inſofern Die Bibel im Geifte Gottes gefchrieben 
und in fofern ihr Inhalt goͤttlich ift, welcher unfern 
Verſtand aufflärt und unfer Herz beffern kann, kann 

fe Wort Gottes heißen Man fann durch dieſen 
Anspruch die wefentlichen Neligionglehren und Pflich— 
fen vom anderweltigen Anhalt der h. Schrift vaffend 
unterfcheiden. E8 wird dann der Theil ftatt des Gan— 
zen genannt. Wort Gottes fieht alfo flatt Unter: 
richt von Gott — goͤttliche Belehrung, und es wer— 
den damit nicht die Buchſtaben, Worte und Redens— 
arten gemeint, worinnen die wefentl. Lehren u. Bor: 
fhriften der wahren Öottesverehrung nach dem Sprach- 
gebrauch, der Borftellungsart, dem Beduͤrfniß u. dem 
Saffungsvernisgen der Menfchen, zu deren Zeit die 
bibl. Schriften verfertigt worden find, eingefleidet 
find. — Nicht in allen Theilen der heil. Schrift ift 
Wort Gottes enthalten. 


Bol. derüber Reinhard'»s Vorl, über d. Dogm. ©, 340 f5 Nie⸗ 
meiers popul. u. prakt. Theol, ©. 9. 105 deffelten 
Briefe ꝛc. 2te Samml, a, a, D. Nur muß man diefe Wahrh, 
nicht mißbrauchen zur Veracht. der ganzen Bibel, Reinhard 
a. a. O. ©, 513.0 mn Teſt. hebt Wort Gottes 
(Asyas Jeov): Gottes Befehl — ein göttl. Verfprechen, u, — 
ooͤttl. Drohung, ſ. Schleußner’3 Lex. inN.T.T. I. ©. 
—39 f5 Biol Woͤrterb. Th. III, ©. 404:407. | 
Bag faßt die h. Schrift in fih? und ihre 
Namen. 
Die h. Schrift iſt die Samml. der aͤchten Reli— 
gionsurkunden (und der Urk. der Offenb.) der Juden 
und Chriſten und der zuverlaͤſſigen Nachrichten v. der 


MA. SS. | 

Schrift, (heilige, was fie ift? ihre Benennungen.) 
Gefhichte und Lehre derienigen Männer, deren fi ch 
Gott als Mittelsperſonen bediente, um die richtige Erk. 
und wuͤrdige Verehrung ſeines Willens unter den M. 
zuerſt einzufuͤhren, zu befoͤrdern und zu erhalten. Die 
Erzählung u. Angabe von der goͤttl. Bekanntmachung 
feines Willens und die uns DM. gegebene Anleitung 
weife — und durch Tugend au und felig zu wer— 
ben, heißt b. Schrift, oder Bibel, d. 5. ein Buch, 
gleichfam dag Buch der Bücher, dag den Ehrifien 
vor andern wichtige Buche. In dieſem Ginne 
heißt fie auch Horzugsweife eine beilise — eine 
goͤttliche Schrift; I) weil fie goͤttl. Waͤhrheit — 
von Gott geoffenbarte Religlonslehren enthaͤlt, und 
2) weil wir die zuverlaͤßi ge Aufbewaͤhrung der Ges 
fchichte und der Lehren der goͤttl. Offenb. in dieſen 
Schriften, wegen ihrer großen Wichtigkeit fuͤr die Er— 
haltung und Beförderung wahrer Rel. und Tugend 
unter den Menfchen dankbar für eine Wohlthat Got— 
tes PR und daher die Abfaffung und Erhaltung 
diefer fo wichtigen Schriften als ein Werk der goͤttl. 
Veranſtaltung zum Beſten der M. betrachten ſollen. 


Unter Juden und Chriſten traten naͤmlich von Zeit zu 


Zeit Geſandte Gottes auf, welche ihre Belehrungen 
über Gott und feinen Willen nach ihrer beſten Ein— 
ficht und nach den Zeitbedürfniffen aufzeichneten, wo— 
durch alimshlich eine Samml. von Religiongfchriften 
enfftand , weiche die h. Schrift heißt. Offenbar 
hatten die Verf. derfelben zunachft den Zweck, ihre 
Mitmenfchen und Zeitgensffen dadurch unter einem 
goͤttl. Anſehen zu belehren und zu beffern. Daß fie 
auch in den folg. Zeiten dadurch Wahrh. befördert 
und zur Froͤmmigkeit der M. viel beigerragen haben, 
ift unverkennbar. Sie Fann u foll die M. zur 
Seligkeit unterrichten und fie wahrhaftig 
weife u. tugendhaft machen. — „Die b. Schrift 
„folite nur den M. auf den richtigen Weg führen, 
„auf welchem fie ſich dann felbft weiter forthelfen folls 
„een. Die Menfchen folten fih duch den Gebrauch 
„dee Vernunft und durch fittliches Handeln dahin er— 
beben, in ſich ſelbſt den Grund des religioſen Glau— 
bens n8 auffinden zu koͤnnen.“ al. 


"nm Eumidt’s Lehrb. d. Dogmat. ©. 267. 








— — — nn 


1 2 | 45 
Sär., (heil. — das Anfehn u. die Ehrwuͤrdigk. der—) 


IT. et und Eigenfchaften d. heil, 
hrift: | 
i Sie ift ein in Ruͤckſ. des a. Teſt. wegen feines Als 
ters und wegen feines Inhalts ſehr ehrwoͤrdiges und 
aufehnches Buch, welches die ſicherſten Urkunden von 
‚den nach den Faͤhigkeiten u. Beduͤrfniſſen der Menſch— 
heit ſtufenwelſe erfolgten Dffenb. Gottes an die M. 
enthält. 
Berl. Magay f. Pred. VHr Th. Ir 3, 530295827, De 
rechten Sehr, d.h. Schrift“ (Th. J. if vom Anſehn der SBibel, 
ihrer. Ehrwuͤrdigk. ꝛc. die Rede.) 
a) Sie ift zwar nicht die einzige, aber doch eine 
ſichere und hinlaͤngliche Erkenntnißquelle 
und ein Erk.Grund der Geſchichte und des 
Inhalts der Rel. u. Tugend. Gie iſt dasienige 
Auch, aus welchen wir alle unfere Begriffe und Ein- 
fichten von der. wahren Mel. —— muͤſſen. Was 
ſie als Religionslehre vortraͤgt, das iſt offenbar fuͤr 
uns zu glauben u. zu thun; Pſ. 1. 19. 119. u. II Tim. 
— 16. 17. wird auch ſchon das a. Teſt. als eine voͤl— 
lig entſchiedene Erf. - Duelle und als Richtſchnur des 
Verhaltens angegeben, wie vielmehr muß das nun 
auch das n. Teſt. ſeyn, vergl. Sal. 1, 8; UI Tim. ı, 
13.— Öründe: a) enthält nicht die Bibel einen 
vollſt. Unterricht über die weſentl. und wichtigſten 
Wahrhh. d. Rel.? Ap. G. 20, 27. — p) Sind nit 
andere Schriften von ähnlichem Inhalt entweder aus 
‚der B. gefloffen? oder wenn Dieß nicht iſt, fo haben 
fie doch nie dag Anſehn erhalten koͤnnen, welches ihr 
ſchon vermoͤge ihres Alterthums zukommt. Sicher 
uͤbertreffen die Lehren der h. Schrift alle menſchl. Auge 
forüche in Neligiongangelegenheiten bei weiten an An— 
ſehn und fie entfcheiden, wenn man fie ge hoͤrig erflärt 
und richtig faßt — überall vollig da, mo das Anfe- 
ben überhaupt entfcheiden kann und darf. 


A) Sie ift eine fichere Erkenntnißquelle wah— 
rer Rel. u. Religioſitaͤt, denn 

a) Die Schriften, welche ſie enthaͤlt, ſind aͤcht und 
nicht untergeſchoben, 2. h. fie rühren v. den 

WVrerfaſſern ber, deren Namen fie führen, und fie find 

wenigſtens zu der Zeit u. unter den Umſtaͤnden wuͤrk⸗ 


— 


46 MS, 
‚Schrift, Cheilige— fie iftächt, — u. ganz.) 


lich geſchrieben, unter welchen ſie geſchrieben ſeyn ſol— 
len. Man hat keinen Grund zu bezweifeln, daß die 


Schriften, wovon fie den Namen führen, dieienige Per 
‚fon zum Verfaſſer haben, welche im Stande war, Die: 


felbige zu verfertigen. Die bibl. Schriften gehoren in 
in zektalten, in dem fie nicht als ein Werk der Erdich- 


| tung und des Betruges, — fondern ale ächt zu be- 


frachten find. Man kann fih hievon am beften 
durch die innern Merkmale überzeugen. Wenn 
aa) die Schreibart von foicher Befchaffe nh. ift, als fie 
grade in dem Zeitalter, in welches die bibl Schriften 
gehören, war; bb) wenn vom Anhalt doch wenigſtens 
Einiges mit der aus andern Schriften bekannten Ge— 
fehichte des Zeitalters in Abficht der bürgerl. Verfaſſ. 
der Sitten, Meinungen, Gebräuche u. f. w. überein- 
— wenn cc) der ganze Inhalt mit ſich ſelbſt u. 
ſ. w. ſtimmt, fo daß fich nicht, wie dieß bey unterge- 
ſchobenen Schriften der Fall iſt, eine Spur der Erdich— 
fung zeigt; wenn man dd) eine von allem Schmuck 


"der Gelehrſamk. und Beredſamk. entbloͤßte Fünftliche 


Schreibart, fondern diefelbe mit dem Charakter des 
Perf. deffen Namen eine bibl. Schrift führt, harmo— 


niſch iſt. Man hat auch ee) noch glaubwuͤrdige Zeug» 


niffe für die bibl. Schriften. 


Berge. Ddderlein’s Rel.-Unterr. Th. MM. 929 © 29 f.: 


„Aechtheit oder Authentie der Bücher des n. Teſt.“ und 9. 38. 
©. 167. „Aechtheit und Authentie d. Bücher des a. Teſt.;“ 
Reinhard's Morteff, über d. Donamat. 9. 17. ©, 42548; 
Döderlein’s ink. Th. chr, EL. 9 4,3 8,78 f. 
und 130. 


b) Die zu der h. Schrift gehörigen Bücher 


find, fo alt fie auch find, doch ganz auf 
uns gefommen. ES ift feine Schrift verloren ge- 
gangen, deren Verluſt ung verhinderte, die h. Schrift 
als ein Erf.» Mittel der Wahrh. und zur Erwecung 
der Sittlichkeit zu gebrauchen. Auch iſt fie niche fo 
verborben und verfälfche, oder durch Auslaffung bon 
Sielfen verffümmelt und mit unächten Zufäßen fo * 
miſcht, daß es uns nicht moͤglich waͤre, den (oben S 

44. angegebenen) Zweck vollkommen zu erreichen. 
Denn nad dem ſichern Zeugnß der Geſchichte bewahr- 
ten die Juden die h. Schriften fehr forgfältig — und 


er Sa 
Schrift, (heilige, — enthält Wahrheit.) 


im Tempelarchiv auf. Es wurden biefelben auch in eine 
andere Sprache überfegt. Das n. Teſt. wurde von 
Sreunden und Feinden gelefen und andere ung noch 
übrige Schriften ſtuͤckweiſe und ganz angefuͤhrt; kurz 
und ausfuͤhrlich erklaͤrt, in verſchiedene Sprachen uͤber— 
ſetzt und von fo vielen gegen die Angriffe Einiger vers 
tHelbigk. ; | 
Bol. Döperlein’s inft. Th. Chrift, T. J. 9. 32 m ar, ©, 
F “118 f. u. 1675 defjfelben Werl. -Untere. Ty. Il. 5. 32. ©. 
120 f. „iinverfälfchte. Nichtige, ver Bücher des n. Teſt.;“ 
6.41, ©. 234 ff.: „Unverf. Richtig, des a. Teſt. Ecke r⸗ 
meann’s Handb. ır B. ©. 653 59 


0) sh enthält superläffige Wahrheit, rich» 
tige Örundfäge und vernünftige Verhal— 
tungsregeln, LKor. 3, 11. Der nach Wahrheit 
| verlangende und forfehende Geift findet hier feften Bo— 

den. Der Inhalt ver h. Schrift befriedigt den Wer» 
ſtand deg wißbegierigffen M. volfonimen, er ift felbft 
der prüfenden Vernunft einleuchtend. Er ſtimmt ge— 

nau mit der natuͤrlichen Erf. des M. von Gott, Rel. 
und Tugend und mit dem ſittl. Gefühl. Sie lehrt 
nichts, was gegen die Wahrheiten der natürl. Rel. 
wäre. Sie ſtellt fogar fofche in einer bis auf die 

Deranftaltung der Bibel unbefannten Neinigfeit dar. 
Sie erſetzt alle Mängel der Bernunfteinfichten hinläng- 
lich und gibe dem Herzen die beſte Nahrung und Bes 
ruhigung. Hier findek ieder Belehrung über bag, was 
gut ift und vollf. macht. Zwar hat Gott, ohne fich 
de an ein Volk — an ein Land — an einen 
Zeitraum zu binden, in den mannichfaltigen Zeiten u. 
auf mancherlei Weiſe Die M. bald vollfommener, bald 
unvollfommener über ihre Bflichten und über ihre Be— 
fiimmung belehren laſſen, (Ebr. 1, 15 Rom. 2, 12.) 
aber — ingbefondere ließ er ung Chriſten durch die 
Lehre Jeſu, in welcher hie und da auch auf das alte 
Teſt. Bezug genommen iſt, und welches oft mit dem 

Inhalt des n. Teſt. uͤbereinſtimmt, in alle Wohrheit 
leiten. Dieſe gibt erſt der Bibel ihren ganzen Werth. 
Denn das iſt doch wohl Fein gutes Buch, welches 
zwar in einem beredten, bluͤhenden und recht ausge— 
ſuchten ſchoͤnen Vortrage abgefaßt iſt, aber das dem 


— 


48 S. | 
Schrift, (heil.— Beweiſe fd. Wahrh. ihrer dehren.) 


Inhalt nach den Irrthum beſchonigt. Sind wir 
als Chriſten beſonders an das n. Teſt. gewieſen, fo 
iſt folgendes gewiß ein uͤberzeugender Beweiß, daß es 
Wahrheit enthalte. aa) Jeſus war nach der ganzen 
Geſchichte ſeines Lebens der redlichſte Mann. Er war 
redlich in Worten, denn er verſpraͤch nie mehr als er 
halten konnte oder wollte. Er war redlich in feinen 
Abſichten, denn er ſtrebte nicht nach. den Beifall des 
Volks, wer bei der Ausbr. feiner Lehre nie von Stolz 
und Eigennuß getrieben. Er fland vielmehr der Wahr 
heit wegen vieles ang, opferte zur Bellätigung ders 
feiben fein Leben auf, und bekannte noch im legten 
Angenblicke f. Lebens, dag die bon ibm vorgerragenen 
Belehrungen eine goͤttl. Lehre fig. — bb) Die Berf. 
des. n. Teſt. namenzlich die Apoftel, Fonnten alleg, was 
fie erzählen u. fchreiben, genau und recht wien. Denn 
©) fie waren unmittelbar Schüler oder doch Gefaͤhrten 
und Freunde Jeſu, und fihon damals als zuverlaͤßige 
Boten feiner Lehre anerfannt. Sie wollten Bie 
Wahrheit fagen. Denu ihre Wahrbeitsliche zeigt ſich 
vecht dadurch, daß fie ihre eigenen Schler Effentlich ger 
fieben. Ihr Eharafter, welchen fie ſtandhaft behaupten 
und auch in ihren Schriften deutlich geäußert haben, 
war, wie man allgemein anerkannt hat, vollkommen 
redblih. Sie waren weit entfernt zu befrügen. Was 
fonnten fie bei einem Betruge auch zu gewinnen bof- 
fen? Bon Menſchen nichts, denn v. Diefen zogen 
fie fih nur Verachtung u. Verfolgung zu. Von Gstt 
aber noch weniger, da fie wußten und Iehrten, daß 
Sort Falſchheit nad Betrug verabfchene und firafe. 
Sie fihreiden durchgehends als ehrliche Leute; denn 
N) fie verabfchenen und verwerfen Lügen, Lift u. Be: 
frug, warnen davor fehr nachdruͤcklich; — D fie erhe- 
ben fich ſelbſt nicht fo fehr, daß fie fih ganz als feh— 
lerfrei, und vofffommen befchrieben, u. für übermenfch- 
liche Wefen Dielen. Sie entfchuldigen und verfleis 
nern ihre oder ihrer Helden Fehler nicht, loben fie aud) 
nicht, fondern geben fie als Fehler aus. Sie erdichten 
fich fein übermäßiges Lob, geben fih nicht für voll 
fommen aus. . Beides zeugt von ihrer offecherzigen 
Ehrlichkeit. —— 5) Sie ersählen kunſtlos, ihr Vor— 

frag 


\ 


\ 


Schrift, (heilige, Beweife, daß fie Wahrh. enthalte.) 


frag iſt einfach, ohne ale aefuchte Verzierung und fo 
treuberzig, ald man es von ehrlichen Keuten gewohnt 
it. Sowohl alfo dag, mas fir fagen, als auch die 
Art, mie fie es vortragen, ſtellt fie als ehrliche Leute 
dar. Glaubt man aber nicht ſchon ehrl. Leuten auf 
ihr bloßes Bere?! — — Sie breifeten unter viefen 
Befchwerden und Gefahren die Lehre Jeſu aus. Sie 
ſchwebten ſogar dabei in Lebensgefahr. Irdiſche V Vor⸗ 
theife und Ehre, Geld und Bequemlid chkeit mußten fi 


bei diefer Ansbreitung entbehren. Dieſe Fonnten fie- 


alſo nicht bewegen, mit ſolch wm Ernſt und Eifer Jeſu 
Lehre zu verfündigen! — Sie waren feine Schwärs« 
mer, denn fie fihreiben mit vieler Kaltbluͤtigkeit, mit 
einer ruhigen Stimmung des Herzend, mit vielem 
Selbſtgefuͤhl ihrer Redlichkeit, welches immer das Be— 
wußtſein einer guten Sache begleitet. Sie erzählen 
ganz unbefangen. Sie fchzeiben. mit vieler Demuth 
von ſich felbft, find aͤußerſt duldfam, ohne iehoch bie 
Rechte der Wahrheit zu ſchmaͤlern. Sie drängten ſich 
nicht zur Verfolgung, und farben zwar für die Wapr- 
heit, aber ohne Prablerei. Blog Menfchen- u: Wahrs 
heifgliebe beivog fie Bothen der Chriſtuslehre zu feyn, 
Sie fonnten die Wahrheit fihreiben, denn —— 
ſelbſt hatte fie mehrere Jahre unterrichtet und ſie ſelbſt 
zur Ausbr. ſ. Lehre für tuͤchtig erklärt und bevoll— 
mächtige. Sie waren ia Jeſu Gehülfen und Gefähr- 
ten gewefen. Sie waren feine Betrogene, denn 
Sefu Charakter erlaubt feinen Gedanken anT Taͤuſchung; 
fie ſahen ſtets ſein Betragen und feine Thaten u. bor- 
ken ſeine Lehre. Dabei leitete ſie Gottes Geiſt und 
Wahrheitsliebe, oder Gott nahm an der edlen Ders 
kuͤndigung der Wahrh. Theil. Die chriftl. Lehre kommt 
vom Urheber aller Weish. und Wahrheit. Sie ift 
goͤttl. und durch goͤttl. Vollmacht vorgetragen. Es 
faͤllt alſo bei der heil. Schrift alle Beſorguß weg, 
auf ——— geleitet und getaͤuſcht zu werden. 
B) Ch ©. 45.) Sie iſt eine hinlaͤngliche Er— 
fennenißquelle Sowohl der Wahrbeit als 
zur Erm. Diefelbe zu befolgen. Gie reicht 
gu, um und Kenntniß von dem Wefentlichen der Of 


Ki fenbarungsgefihichte su geben und ung mit dem Saft 
der chriſtl. Lehre vollig befannt zu machen. ie | 


Ehrifil, Sl. Lehre f. d. Eanzeigehr, 325. 





50 a 
— Beweiſe, daß ihr Inh. Sinfänaf, — 


uns den allgem. Zweck bemerken, welchen ſie hat, die M. 
v. Gott u. Gottes wuͤrdiger Verehrung alles das zu 
lehren, was wir zu unſerer Beruhigung, Tugend und 
Hofnung auf ewige Seligkeit beduͤrfen. Sie enthaͤlt 
alſo alles, was, um ewig ſelig zu werden, zu wiſſen 
noͤthig iſt. Welche geſchichtliche, welche Glaubens— 
wahrheit — welche Pflicht und. Tugend haͤtten wir 
nothwendig, welche nicht in der Bibel enthalten iſt, 
um hier fromm und beruhigt zu werden?! Gie reicht 
zu, um dad Herz zu bilden und zu veredeln, und das 
durch ewig — zu werden. Wer kann uns eine 
Wahrh. nennen, die der Menſchheit nüßlich, der Rel. 
förderlich, für die MILD und achte Gottesverehrung 
und Hofnungen der M. nothwendig waͤre, die man 
vergebens in der p. Schrift fuchte? Wo ift eine Tu- 
gend, welche des Ehriftenthum nicht lehrt? wo iſt ein 
Deduͤrfniß des Geifles, dem es nicht zu Huͤlfe kommt? 
wo ift eine Lage, im welcher e8 nicht Troſt ertheilte 
und worin kann man eine Dffenb. erwarten, über wel: 
che man folche nicht fände?! Wo der Geift gu alfer 
Wahrheit gebildet, das Herz zu iedem vernünftigen 
Troft geſchickt gemacht, die Hofnungen ber Menfchen 
bis ing Unendliche erweitert u. eine Tugend gelehrt — 
geboten und empfohlen wird, zu welcher fih der M. 
nur durch ftetes Streben empor arbeiten fann — da 
ift gewiß alles Bedürfniß der M. befriedigt, alle Ab— 
fiht der Mel. erreicht, und den Wuͤnſchen eines zufrie⸗ 
denen M. nichts uͤbrig gelaſſen. In der Chriſtuslehre 
fehlt alſo ER an dem den DM: etwas gelegen iftu. 
dasnicht blos zur DBefriedig. einer unnügen Neugierde 
dient. — Freilich iſt die heil. Schrift nihr ein In— 
begriff aller möglichen Weisheit und Kenntniſſe, aber 
Das ift auch ihr Zweck nicht. Es fihließt auch die 
Bollftandigkeit der h. Schrift nicht alle und iede Be- 
mühungen, die Nel. = Lehren zu erflären und fie näs 
her zu entwickeln, aus. Man fann allerdingg Die 
Lehren der Rel. (aus der Bibel geſchoͤpft) weiter ent- 
wickeln, — vervollfommmen u. bereichern. Deun Jeſus 
und die Apoſtel fodern hiezu — auf, Matth. 5, 
48, 1Ror. 13, 16; erost, ar | 
Derfectibelift allerdings die chrifil, Net; f. (Krug's) 
Briefe uͤber die — der geoffenb.Rel. 


= 51 
Schrift, (heilige, ihre Goͤttlichkeit.) 


Jena u. Lpz. 1795. 8.5 and deſſelben 177 und Iekter Brief 
‚_ Über x. &pz. 1796. 8. 


Entbielte die Bibel nicht alles, was ung wei — 
fromm — u. felig macht und machen kann, fo würde 
ja die Abſicht Gottes nicht erreicht, um weicher willen 
er die Bibel gegeben hat. Anderweitige Offenbarungen 
hat er nicht den M. mitgetheilt; IL Tim. 3, 15217. 
wird auch der h. Schrift Die Vollk. der Vollſtaͤndig⸗ 
keit beigelegt, indem ſie alles eniba Ite, Ra dem Chri—⸗ 
fien zur Belehrung — Zurehtweifung — Beſſerung u. 
zur Anleitung zu einem Gott wohlgefaͤll — erhalten 
nüßlic) u. nothwendig ſey. Wenn Jeſus Chriſt ug Yuc. 
16, 29; Joh. 5, 39 das a. Teft. ir die Juden hin» 

laͤnglich erklärte, um Gott zu erfennen, und fromm zu 
werden: fo ift gewiß, daß,da das n. Teſt. oder der noch 
weit vollfonmenere Linterricht Jeſu im nm. Teſt. Hinzus 
gefommen ifl, die ganze Schrift zu ienem Zweck bins 
länglich if. * 
Vergi. Obderlein's Rel.-Unterr. Th. IT. g. 48. ©. 200. is 
deffelben Th. chr. T. I. S. 48. ©, 135. 186. 


2) (.©.45.) Die Heil. Schrift iſt goͤttlich — — 
(oder nach dem theol. Syſtem — von Gott eins 
gegeben.) 


‚Bergi. Dr. 3. Ir. StTatt’s Mag, f. chriſtl. Dogm, und Mor. 28 

&t. Wr, 1. ah ven Inſpirationsbegriff,“ vergl. mit m. a, 

d. B..35r 8 28 ©t. ©. 279781; Hende’s Magaz. IVr 
.B.,38 St. ©. 501 fı 

dar Erbauungs-Vortraͤge chriſtl. Religionslehrer gehört nur die 

Wahrheit: daß die Lehren » Bibel von Gott — un? 

der würdigen Verehrung Gottes von Sott geofs 

fenbart fine, Zu jagen! fieifi von Gott eingeges 

ben, ift Eeinesweges nothwendig, um den hoben Werth de3 

- „gemeinnäglichen u, gemeinverfiändlichen Theils ver bibl. Schrifz 

ten darzuthun. Ueberdieß beruht auf dem wahren Sinn der 

we Ausprüde und Phraſen: von Gottes Geift getrieben 

A‘ feyn, einbauen, Leitung des h. Geiſtes, Ans 

trieb deijelben, die fich für den gemeinen Mann nicht 

verſtaͤndlich machen lajfen, die ganze gelehrte Entwickelung des 

Begriffs von Theopneuſtie um Snfpiration (Man 

vergl. über dieſe Phrafen oben ven Art. h. Seift u. Doͤderl. 

Keh,slnterr. Th. Ik ©. 83. 8) „Die. Ausdruͤcke: Theo» 

pgneuftiie, getrieben vom hi. Seifi; offenbart durch 

den Geiſt Gottes u. a, m. werden auch hät ufig von einem 


"2 


52 


er 


Schrift, (heilige, über d. Eingeb. d. h. Schrift.) 


tebhaften Affect, von Waͤrme für Rel. und Begeifierung, mit 
weicher man Tpricht, gebraucht. Das laͤßt ſich aber im Voltsa 
Unterricht ans dem Sprachgebraud) nicht darthun. Es ift dieß 
auch nicht ein Mittel, die Zuhörer mit Hocha htuns gegen dis 
Bibel zu erfüllen. Was man in den chrifit. Lehrbüchern vo: 

der Eingebung behauptet, if zwar denkbar, aber deshal: 
noch nicht bewiefen. Es iſt richtig, daß Gott bie erfien chrifin 

Lehrer durch den h. Geiſt gelehrt habe, aber es wird nirgends 
gefagt, ob eine folhe Belehrung Über alle Narurmöglichkeit 
hinausveiche oder nicht. Die h. Schrift lehrt, tab Gott der 
Apoſteln zu ihrem Lehramte beigeflanden habe, ihnen zu ihe 
rer Wertheitisung und zur Abfaſſung ihrer Schriften behülfs 
lic) geweien fcy, u. fie in alle Wahrheit geleitet habe; aber es 
wird nicht geſagt, ob diefes auf eine aͤbernatuͤrliche Art, durch 
uͤbernatuͤrl. Eingeb. der Worte md Sevanfen, durch Mittheis 
lung eigner Worte zu ganz neuen Sachen, durch uͤbernatuͤrl. 

Erhaltung einer gefunden Gedaͤchtnißkraft u. |. we geſchehen 
fey oder nicht, Man kann nicht annehmen, daß die Worte des 
n. Teſt. durch unmittelbare Einwuͤrkung des heil, Geiftes den 
Verfaſſern mitgetheilt worden wären, wohl aber — daB Gott 
dafür geſorgt hat, fie fo zu leiten, dab zu der Rel. — fürs 
ganze Menichengefchlecht in sen neuteft, Schriften ein untruͤg⸗ 
licher Glaubensgrund fuͤr daſſelbe gelegt wuͤrde. 


„Wenn Paulus u. Petrus vom Beiſtande des h. Geiſtes 


„ſchreiben, welchen die altteſt. Schriftſteller genoſſen haben ſol⸗ 
„len, ſo hat dieſer Ausdruck weiter keinen Sinn, als wenn 
„Sicero den Dichtern, Quintilian dem Plato u,f.m.oern. 
„gottl. Geift zufchreiten. Die Fünf Hypothefe von der 
„Theopueuſtie ift eine Erfindung fpnterer Zeiten, und es bleibt 
„weit natürlicher, ihren eigenen Antrieb aus Gemeinnuͤtzlichkeit 
„zu fehreiben, äußere günftige Bern Yuswahl der 
„Maͤterien nach Verhaͤltniß ver Zeit und des Orts; Einkleis 
„nung und Vortrag nach Mashgase ihres individuellen gelchrten 
„und fittl. Charakters in Rechnung zu bringen.’ =) 


„Der Glaube an Infpiration im engern Sinn befiimmt nicht das 


„Weſen der Lehre der MApoftel. Die Lehren derfelben bleiten 
„wahr, mögen fie ſolche durch mittelbare vder ammittelbare < 
„Offenb. erlangt haben, und wern man filh ohne letztere von 
„ser Wahrh. derſelben überzeugen kann, fo iſt die Abſicht erz 
‚reicht, fo wird Zugend und Rel., auch ohne Stauden und 


„Offenb. defefiigt werden.‘ **) 





*) Hende EEE fidei chrift. Ed. 2. $. 15, p- 38, 


vergl. mit der eriten 2%. Vorrede ©. II. 


) Hende’s Magaz. ar B. 38 ©t. ©. 50% 


BI. 53 
Schrift, (heilige, uͤber d. Eingeb. d. h. Schrift.) 


„Die Bibel m: nur — ſchreibt Dr. Ecker mann im Sands 
buch der Öl. LZenre, 178. ©. 662, „daß Gott gemürdt und 
B% „was — wo und an wem Gott gewürfi habe. Es ift 
„aber nicht ihre Abſicht, Hber die Art, mie Gott gewürkt 
„babe, oder daß Öott unmittelbar und uͤbernatuͤrlich gewuͤrkt 
„babe, zu beichren, wenn fie gleich alles, was fie Gott zus 
ſchreibt, Gott fo Beilegt, als ob er es unmittelbar wuͤrke.“ 
Die Redensart: die heil. Schriften find vurdh gdttlie 
Eingebung gefhrieben, heit nur fo viel als: T) die 
Berf. der bibl. Schriften, Vorzügl, des n. Teſſt. 

- fangen unter der merkw. Muffiht und Leitung 
einer höbern Hand. Gie wurden bei der Auf 
zeihnung durch eine befonderg Vorſicht geleitet; 

 a)fie wurden bei Abfaſſung der Shriften (mid 

in Anſehung des beredten Vortrags, ſondern des moralifchen 
religiſſen Inhalts) — beſonders und goͤttlich — aber 
mittelbar unterſtuͤtzt. Oott ſtand ihnen bei, Sie wur— 
den vor allem Irrthum in der Mittheilung der Religionsleh— 
ren bewahrt. — Weniger deutlich iſt die Erklaͤrung einiger v. 
d. Eingebung, daß fie der Antheil des Geiſtes Gottes an der 
Abfaſſung d. bibl. Schriften oder eine durch eine wunderthaͤtige 
en des h. Geiſtes gefchebene Offenbarung aller chriſil. 
Rel.⸗Lehren und Verheiſſungen geweſen ſey. 

„Bei der Abfaſſung der Rel.-Buͤcher ver Chriſten hat Gott die 
„Berf. derfelben befonders regiert, hat eine befondere nähere 
„Aufſicht über fie geführt, fie zur Abfaſſung biefer Cdriften 
„angehalten, ihnen die Sachen, die fie vorber nicht mußten, 
„angezeigt und entdeckt; bei andern Sachen, die fie wußten, 
„zum Xheil ſelbſt gefeben hatten und bei dem ganzen Schreib⸗ 
„selchäfte fie fo geleitet, daß fie nur wahre u. wifjenss 
„werthe Sachen fchriftlicd) abfaßten.“ 

Daß ſich die Einges. nicht auf alles, was fie gefchrieben haben, 
nicht auf alle einzeine Theile einer Rede oder Schrift u, nicht, 

“ auf alle Ausser, erfivekt Tat — Haß vielmehr Sprade — 
Schreibart und Einkleidung darinnen menſchlich ift, daß dieß 
iedem der Verf. beizumeijen if, wird von den mehrfien Theol. 
unfrer Zeit als ausgemacht behauptet. Denn es wire — ia 
fie jchon durch Jeſus Chrifius eine hinreichende Erfenntniß ers 
langt hatten, eine neue Dffenb. ver ihnen bekannten Wahrheiz 
ten, ein ganz uͤberfluͤßiges Wunder gewefen. Denn, went 
fie der Theopneuſtie gedenten, ift immer — 

von dem muͤndlichen Vortrage m übern. 
von der Quelle ihrer Kenntniſſe die Dede. 
Die Upofielfamen, saChr. ihnen einen ſehr vollſtändigen 
Unterricht gegeben hatte, u. ſie in der foigensen Zeit uͤber mars 
ches einen nähern Aufſchluß erhielten, was ihnen vorher noch 
dunkel war, und ba fie ſelbſt als Minner von vorzuͤglichen 
Faͤhigkeiten weiter uachdenfen Eouniten, auf einem natürg 


En ©. 
S chrift, t Go, was iſt unter Eingeb. der — zu verftehen?) 


lichen Wege zu diefen Kenntniffen. Es hat auch - 
ieder bibliſche Schriftfieller offenbar feinen eigenthuͤml. fehriftz 
ſtelleriſchen Charuiter, Was fie derinnen erzählen, brauchte 
auch als ihnen bekannte Thatſachen nicht offenbart zu werten. 
Man ınuß bei der Eingebung alfo ia nicht die Verbindung als 
fer Mittelurſachen, welche neue und richtige Begriffe heilſamer 
ſittlicher Wahrheiten erweckten oder veranlaßten, ausſchließen. 
Gott hatte fie naͤmlich als M. mit vorzuͤglichen Gaben, mit 
ausgezeichneten Kraͤften gebohren werden laſſen, ſie in Um⸗ 
fände geſetzt, in welchen dieſe Kräfte gebildet, erweckt und ges 
foͤrdert wurden; er hatte ihnen Veranlaſſungen zugefuͤhrt, un⸗ 
ter denen ſie thaͤtig oder lehrend ihr Werk tricben, ſich ihm 
oft ganz aufopferten u. dadurch Wohlthaͤter der Nachwelt wur: 
den. Ge reiner ihr Sinn, ie feſter ihr Befireben, ie gluͤckli— 
cher ihre Wirkung war, defio heller fahen diefe göttl, Menfchen, 
Kein wildes Brauſen, keine übernatürk, Ueberfpannung oder 
eine Verſetzung war der Beiftand, welchen ihnen Gott Ieiftete, 
noch weniger eine Hemmung ihrer Kräfte, fondern Erwets 
Fung, Fdrderung, Antrieb, Belebung derjelben 
Sie wurden froh begeifiert, fie waren aber auch 
rubig, fleißig und überlegten — weife, Ihre 
Seele — war ſelbſt thbätig, Daber Eonnten Die 
meiſten Kenntniffe, welche die bibl. Shhriftftetier 
mitthbeilen, in ſehr vielen Fällen ohne eine uns 
mittelbare Einwuͤrkung Gottes in ihnen vor— 
handen ſeyn. Gind es Geſchichten, Pie fie erzählen, io 
waren Augmfihein, eigene Beobachtung oder Erfahrung und 
Zeugniffe ihre Quellen. D Sind e8 Wahrheiten, die fie vorz 
tragen, fo batien fie ia aus dein Unterricht Jeſu richtige 
Grundfüge erhalten. Aus einem Grundfage kann man aber 
‚mehrere neue Wahrheiten entwickeln. Durch einfames Nach⸗ 
denken, durch ein Sammlen der vorhandenen Ideen, wenn man 
ſie vergleicht, und mit einander verknuͤpft, werden viele eigene 
Vorſtellungen hervorgebracht. Unter günfigen — die Seele 
erfchätternden Umſtaͤnden entwickeln fie fich ſchnell. - Deutliche 
Erfenntniffe erzeugen allemal neue; vergl, Doͤderl. Nel.= 
Unterr, Th. 11. S.90 f. Da die bibl. Gefchichtfchreiber als 
freie ſelbſtſtaͤndige Männer dachten und ſchrieben — da fie fich 
zum Theil auf fremde menfhl. Quellen berufen — da fie von 
Irrthuͤmern und Widerfprüchen nicht ganz frei find — und da 
fie nirgends von einem uͤbernatuͤrl. Beiftande Gottes bei ihren 
— Mm Bi fo Faun man nur die Eingebung von 


— — — — — — — — — — — — —— 





*) Bol. — Dir, qua infpirationem evange- 
liorum actorumgne apoftolorum fine ullo religio- 
nis chriftianae damno negari poſſe disputatur. 
Traj. ad Viadr. 1793. 4. | 


E 


— en 


Schr ift, (heilige, Eingebung derſelben.) 


dem großen Antheile verſtehen, welchen die Gottheit in allen 
Anſtalten zur Förderung der menſchl. Tugend, alſo ganz beſon— 
ders an den bibl. Schriften nahm, aus welchen die M. ihre 
edelſten Religionskenntn. fhöpfen. Genauer läßt ſich 
dieſer Antheil nicht beſtimmen. Dennes kounten nicht die Zeitge— 
noſſen der bibl. Schriftſteller in ihre Seele blicken und ihren 
leidenden Zuſtand ſchildern. Sie ſelbſt haben auch hieruͤber 


keine Nachricht gegeben. Es wäre auch nicht nuͤtzlich, wenn 


wir dieſen Antheil Gottes an x. näher beſtimmen koͤnnten. 


Es it hinlänglich, daß ter Inhalt ihrer Schriften adttlich ift. 


Es ift genug, daß und die Wärfungen ihrer Lchre aufs Herz 
überzeugen, daß fie weiſe, von Gott beiehrte Männer waren. 
AZref. 4, 9). Es if ausgemacht, dab, io lange tie Kräfte 
der bibl, Schriftfielfer Kinreichten, die Wahrheiten zu erkennen, 
fie fich keines goͤttl. Beiftandes zu erfreuen hatten. „ter da, 
„wo die Kräfte u. Kenntniffe der Apoſtel zur Hervorkringung 
„isrer Schriften nicht zureichten, wurden fie in iedem Augenz 
„blick von Gottes Geift geleitet, Daber find ihre Schriften 
„Eeine gewöhnlichen Schriften.” 9. Auf die Stellen II Zim. 
3, 16; Soh. 10, 35; Matth. 5, 17, 185 II®etre. 1, 19:21; 
1Kor. 2, 7216, desgl. auf IIMoſ. 17, 14; 34, 27; V Mof. 
31, 19221; SIerem. 20, 729, gründet man die Einaet. v. D. 
Schrift. . Ob dieß Statt findet, karüser vergl. mar NReins- 
bard’s Vorleſſ. über d. Dogm. ©. 58 f. 61f.; Bahrdts 
Verſ. e, bibl. Syſt. d. Dog. 173. ©, 96. Dr. Ammon's 
bibl. Theol. ITTh. 2te A. S. 350 ff. ©. 354 beißt ed: „wäre 
„es nicht fiiherer, die ganze. indische Schulidee ‚einer ddttl. 

„Einhauchung aufzugeben, und ſich auf eine Apol. der goͤttl. 

„Offenb. einzufchränten 2" 


Das die Bücher der h. Schrift nicht ohne obttt. Unterfiüsung ab: 


gefaßt find, laͤßt fi) mit folg. Gründen unterſtuͤtzen: 2) Die 


Yp. wurden ia zur Ausführung ihres Iweds bei ihrem muͤnd— 
lichen Unterricht auf eine befondere Art unterftügt, um wie viel 
gewiſſer ift dies nun bei dem Yon ihnen fihriftlicy ertheilten Un— 
terricht geſchehen; denn ein Verſehen im mind. Unterrichte 
Fonnte bei weitem nicht jene nachtbeilige Folgen haben, als ein 
Berfehen im jchriftlichen, denn die Folgen des legtern waren 
bleibend. 


b) Es waren ia die bibl. Schriften ein Beduͤrfniß für die Nach— 





welt, und man muB ihre Erhaltung als eine Veranftaltung 
Gottes betrachten; — c) waren die Ap. nicht Männer, die 
größtentheil$ Feine geichrte Kennen, befaßen ? hatten fie wohl eis 
nen aͤußern Beruf zum Schriftſteller? theilen fie nicht recht 
viele neue und BAHAOFEDE Wahrheiten mit? wirken fie nicht 





*) Dr. Hänleins Handb. dei Einl. in’s m. El ıt Th. 
©. 283. u. 287. | 


— 


u... Sk | 
Schrift, (Heilige, — fie ift goͤttl. — wie fern?) 


> noch nach Jahrhunderten auf die wiſſenſchaftliche und fittt, 
Biltung einer entfernten Nachwelt mit einer bewundernswärs 
tigen Kraft ? Offenbar wurden ſie alſo von Sort geleitet und 
unterſtuͤtzt. 
Man unterſchied ehehin ——— v. Cine chung dadurch, daß 
dene die Erzeugung gewiffer Religienskenntniſſe, die vorher 
unbefannt waren, in ben Gemütbern der h. Schriſtſteller, — 
und diefe eine beſondere Leitung Gottes entweder beim Bors 
k trage oder beim Aufzeichnen der ihnen ROM bekannten Wahr⸗ 
heiten, oder ihrer Vorſtellung waͤre. 


Vergl. noch Joh. Kiddel's Abh. v. d. Eingeb, der b. Schrift, 


mit vielen (fchägbaren) freien Zuſaͤtzen v. Dr.: — Semter. 
Hülle 1733. ur. 3er 


Die h. Schrift ik göttlich, d.h. 7 bibl. 
Schriften se thmen den Geft Achter Neligigfität,. den 
Geift der Frommigk. und Rechtſchaffenheit, lebendigen 
Glauben an Gott und Eifer für die Befoͤrderung des 
Willens Gottes. Cie enthalten in Ehren u. Pflichten 
nichts, welches der Natur Gottes nwrd a, der Na⸗ 
tur des Menſchen —— gemaͤß und unſerm Gluͤck nicht 
zutraͤglich iſt. Der Vortrag iſt auf einer Seite dent— 
lich und dem gemeluſten Menſchenverſtande faßlich, auf 
der andern doch auch maͤnnlich und der Hoheit der 
abgehandelten Sachen fo wohl als der Groͤße Gottes 
angemeſſen. Was beruhigt — was ermuntert und zu 
guten Thaten weckt, was die Seele in der Ehrfurcht 
por Bott m Jeſus Chriftug ftärft, gegen Irrthuͤmer 
verwahrt, vom Laſter beilt, Die Geele zur genauen Er- 
kenntniß und zur vernünftigen Bewunderung Gottes 
bei den Anſtalten fürs Ehriftenthum und feine Befen- 
ner anleitet, was einſt die Abficht der Lehre Jeſu enf- 
a und for rderte, oder noch ietzt forbert — das iſt 

ottlich. Da nun die bibl. Schriften dieſe Merk— 
des goͤttl an ſich haben: fo iſt ac. — Da du — 

{halt der h. Schrift, fo fern fölche Gottes Erf. be: 
ai die Lücken, welche bie Vernunft nicht auszufuͤl— 
ken vermochte, ausge fuͤltt and gine reinere Gottesner- 
ehrus ng als iene gelehrt bat, — fd fern fie sur rein— 
hen Zugend auffordert, durch bie ſtaͤrkſten Beweg— 
gruͤnde zur Uebung derſelben erweckt, und die wuͤrk⸗ 
famſten Beforde rungsmittel, Die beſten Erleichterungs⸗— 
mittel darbent — zeigt ſich auch die Goͤttlichkeit der 
Bibel. Eben fo thut aud 01: Dirtfamfei ber in der 


| Pen Sn: | 57, 
Schrift, (heilige, — fie ift göttlich.) 
Bibel enthaltenen religisſen Belchrungen und Aufmun— 
ferungen die Gottlichfeit der Bibel dar. Jeder, mel 
dir feinen Verſtand durd die Wahrkeiten Derfelben 
ericuchtet, fein Ser; Durch bie Annahme derienigen Ge— 
finnungen, welche fie zur Pflicht macht, veredelt und 
gebildet hat, Far und wird ihren wohlthaͤtigen Eins 
fluß auf feine Beſſ., Ruhe und Gluͤckſeligkeit fühlen. 
Er wird dann fo fihliekens religiohe Schriften ©. der 
Art, welche dem Verfiande und den mwichtigfien Wahr⸗ 
heiten, die fiherfien u. Genuͤgeleiſtendſten Aufſchluͤſſe er⸗ 
tbeilen, die ihn zur Hebung aller, auch der fehwerften 
Tugenden fo geneigt und "willig machen, bie unfer 
‚Ser; bei allen Schieffalen des Lebens ruhig, in den 
baͤngſten Giunden deg Kummers gerroſt, ta felöft im. 
Tode noch freudig und hoffnungsvoll machen, ibn obs 
ne Sram über Grab u. Verweſung hinuͤber ins bei 
fere Leben fehen laſſen — ſolche Schriften find gewiß 
osttlih, Joh. 7, 17. Hat nicht die Bibel auch da, 
wo man Ihren. Inhalt befolgte, auf die Gluͤckſeligkeit 
des Staats heilſam gewuͤrkt? Koͤnnen wir nicht den 
Urſprung ver 5. Schrift (denn unmiffende — unge— 
lehrte Berfonen haben fie aufgeſetzt) erflären? War’ 
fie nicht das Erzeugniß des Nachdenfens und anges 
fsaunter Bemühungen? iſt fie nicht v. einem wahren — 
gortrefflichen — fittlichen und religisfen Sinbalte? — 
brachte fie nicht die herrl. Würfungen auf Sittlichkeit 
und Meligiofität des menſchl. Gefchlechts hervor? — 
Achter man im Zufammentreffen der Umftände— durch 
welche dag Schreiben diefer oder iener bibl. Schrift 
möglich wurde, eine höhere Hand — verrathen ihre 
Perf. einen Eifer für goͤttl. Wahrheit, u. find fie ſelbſt 
überzeugt, daR es Gott wolle: fo ift ein ſolches 
Auch — göttlih, von Gott gegeben, mit 
goͤttl. Kraft belebt, ia eine Dffenbarung zu 
nennen. | | | 
Vieles aber in der h. Schrift hat nicht bie geringfie Bezieh. auf dieienige 
Wahrheit, welche Jeſus zur Befoͤrderung der Tugend gelehrt 
bat. Diefes kann man alfo nicht eine güttl, Belehrung durch 
Ehriftium, oder Gottes Wort nennen. Namens u. Geſchlechts⸗ 
regiſier, Befchreibungen von Lagern, Gebaͤuden, Kleidern, Bar 
milienerzaͤhlungen, u. a. m. find nicht von dem Werth, wels 
chen wichtige Belebrungen haben, Man preife deshalb (denn 
dieß iſt ſehr ſchaͤdlich) nicht die ganze Bibel als Wort Sotr 


Schrift, (heilige, — fie iſt deutlich.) TER 
tes — als ein Huͤlfsmittel der Be, ver M. an. Dieb erz 
* zeugt das Worurtheil, als ob die Bibel eine masifche Kraft. 
babe und dadurch würden Laien verleitet, es fuͤr gleichguͤltig 

zu halten, was fie leſen. Denkenden wiirde durch ienes Vor⸗ 
geben die Bibel ſelbſt veraͤchtlich werden, vol, Dr. Ymmon’s 


wiſſenſch. prakt. Iheol. 216. ©. 236 f. u. Doͤderlein's 
Rel.-Unterr. 20 Th. 9. 35. ©. 141. 


Man vergl. über dieſen Punkt neh wie 2). 
6.22.32. 40: 4. vr San Kobert- 
ſones Predd. a. d. Engl. 1789. Sr. 4. über Die 
goͤttl. Eingeb. d. h. Fr, über Luc. 21,74. 153 
Witting's Handb. zr 2. ır Th. ©. 83. 84. „Des 
weife für die SottlichE. der Bibel;" Groffe Hause 
und Pflicht Ie8 Chriſten, S. 316-3273 „der ſicherſte 
und leichfefte Weg, zur Webers. v. der Goͤttlichk. der 
Bibel zu gelangen‘ uber II Tim. 3, — 

3) (f. ©. 51) Die heil. Schrift if deutlich, 

d. h. in allen dem, was zur Beſſ., zur Sefartung im 
Guten und zur Beruhigung dient, leicht verſtaͤndlich 
und ganz auch für ieden faßlich. Die weſentlichen — 
und dieienigen Lehren, welche zur Erf, und richtigen 
Verehrung Gottes anmweifen, die Vorfchriften, die zur 
Weisheit u. Tugend anführen, die Kegeln, welche dag 
natürl. Gefühl u. dag Gewiffen iedem als wahr an— 
preifen, find nicht verfteckt, dunkel u. raͤthſelhaft vor— 
getragen, fondern find in fo Elaren, deutlichen u. alls 
gemein faßlichen Stellen enthalten, daß ein jeder uns. 
gelehrter — redlicher — lernbegieriger und vernünftig 


nachdenkender Leſer diefelbeu ſelbſt einſehen kann. Die⸗ 


ienigen Glaͤubenslehren der Rel., welche iedem 
M. zur Befoͤrderung feiner Froͤmmigk., zu feiner Ruhe 
zu wiffen nothig find, find in der Bibel fo kurz vors 
gefragen, daß man fie alle in einigen wenigen Stellen 
zufammenbringen, und als deutlich verſtehen kann. 
on den Gittenlehren iſt dieß derfelbe Fall, wel- 
che auch noch durch häufig aufgeftellte Beifpiele für 
den gemeinften Menfchenverfiand faßlich gemacht wor- 
den find; — alfo alles, was wefentlich zur 
Rel. Fgehört u. zum Rechtthun u. zum. glüc- 
lich feyn u. glücklich werden erfordert wird, 
in fo weit ung die Rel dazu Anleitung, ge— 
ben ſoll, iſt darinnen hinlaͤnglich verſtaͤnd— 


NER S. 59 
Schrift, (Beilige, — fie ift deutlich.) 
lich, wenigftens an einem oder dem. andern 
Drte, fo Daß ieder, fo vielals ibm zu wifs 
fen unentbehrlich ift, bei geherigem Nachdenken 
und fleißigem Gebrauc der Bibel verſtehen kann, zus 
mal da Lehrer u. Brediger dem gemeinen Chriften dag. 
Bibellefen erleichtern. Was von Gottes Größe und 
Borfehung, v. unferer Beſtimmung u. unfern Pflichten, v. 
Jeſu Berdienften um die Menfchheit gefagt wird, faßt 
auch der gemeinſte Menſchenverſtand, woraus das 
Grundgeſetz der gegenſeitigen Liebe dann von ſelbſt 
fließt. In einigen Stellen iſt ſie allerdings dunkel, 
aber dieß ſind Stellen, die nicht zur Rel. und Sitt— 
lichkeit, nicht für ung und unſere Zeiten gehoͤren. 
Vieles iſt freilich nicht ohne bie gehörige Erfenntniß 
von einer leichten Auslegungsart verftandlich, u. felbft 
vielen Gelehrten noch nicht vellig deutlich. Aber das 
ift eine Folge des höchſten Alterthumg dieſer Bücher u. 
eine Folge der großen ——— u. Abweichung 
von der Zeit und dem Orte, wann und wo dieſe 
Schriften geſchrieben ſind, indem wir andere Sitten, 
Sprache, Meinungen und Denkart haben, und iene 
Schriften für einzelne Perfonen und Gegenden abge— 
faßt worden find, deren lage wir nicht mehr fo genau 
fennen. Was ung nicht verftändlich ift, gehört ficher 
nicht zum eigentlichen NReligiongunterricht ; falls auch 
* Gelehrte. den Sinn von diefer oder iener Stelle nicht 
ausmachen fonnen, fo gebt dadurch in der. Hauptſache 
der Rel. nichts verloren. Man kann ſich an den verſtaͤndl. 
Theil der Bibel halten. Darf der Blinde klagen, daß 
die Sonne dunkel ſey? kann der Unwiſſende von den 
Beziehungen der Abfaſſung einer Schrift der Bibel ſa— 
gen, daß die Unverſtaͤndlichkeit ein Fehler der Schrift 
ſey? Kann und ſoll nicht der Bibelleſer das, was 
er nicht faßt, als nicht fuͤr ihn, ſondern nur fuͤr die 
erſten Leſer geſchrieben betrachten? | 
gl. Groffe Glaube und Pflicht des Chrifien nach Bibel u. Vern, 
, ©. 3397346: „VBeruhigungen bei den Dunkelheiten der Bir 
bel: 1) was uns iegt unverſtaͤndlich und dunkel ifi,ift es venen 
nicht geweſen, die zu iener Seit, da e3 gefchrieben ward, ae- 
lebt haben; 2) was mir insbefondere dunkel ift, iſt es nicht 
'- allen; 3) was ich nothwendig aus der Bibel willen muß, iſt 
‚deutlich u, verſtaͤndlich; 4) was wir iegt nicht verfichen, wird 
einſt beijer eingeſehen werden,“ 


72 


4 


60 S. x 
Schrift, (heilige, — fie ift deurlih.) 
Wann auch die Schriftausleger über ben Sinn die 
fer oder iener Stelle ganz verfchiedener Meinung find, ſo 
erwaͤge man, daß das eine Folge von dem verfchiedes 
nen Maaß an Einfichten und. Kenntniß ift, womit 
Ausleger an die Erläuterung der Bibel fi) wagen *). 
Da e8 eine Menge vollig deutlicher und zugleich rich» 
tiger und brauchbarer Stellen gibts fo Finnen dieſe 
hinlänglich den Nachdenfenden leiten, auch die verbors_ 
gene Wahrh, aufzufinden. Die eigentliche Belehrung 
Gottes iſt Leicht verfiandlich, denn es fpiegelt fih in 
ben Seelen aller guten Menfchen. So viel als dem 
Ungelchrten noͤthig if, kann derfelbe, falls er fo viel 
Unterricht genoffen, als zum Verſtehen einer Sprache 
und eines Buchs nothwendig ift, in der elben verffe- 
hen. Sinn. Teft. ift wenigſtens nichts, ag nicht **) 
felbft dem Allerunvermogenditen nach feinem Berflandes- | 
maaße deutlich ſeyn follte, oder bei forigefestem Leſen 
deutlicher wird, und die Kefung des a. Teſt. im Zus 
ſammenhang uͤbt durch die dunflen Stellen den Ber: 
fand und das Nachdenken, und ift auch in dem, was 
die, die Beſſ. des Betragens betreffenden Bücher, 3.3. Sa⸗ 
lomo's Sprüdhm., Jeſus Syrach zc. anbelangt, 
an fich fehr faßlich. Wenn auch diefe oder iene Stelle 
dunkel ifi, fo ift eine andere deflo deutlicher. Bf. 19, 
2-5. und 119, 104. 105. und 130. wird auch dieſe 
Deutlichfeit ©. d. h Schrift geruͤhmt; Pf. 119, 103; 
IPetr. 2, 2; Ebr. 5, ı2 heißt fie deshalb eine Milch 
und Speife; und Pf. 19, 9; 119, 105; IL Weir. ı, 19 
heißt fie ein Eiche odereine Leuchte. Iſt Died. Schr. 
auch göttlich), (fiehe 2. oben ©. 51): fo kann der 
Sinn berfelben nicht verffeckt und unerreichbar feyn; 
Gott iſt ia ein Geift des Lichts. Wie kann fie ung 
zu gebrauchen empfohlen feyn, wie koͤnnte eg von ıhr 
beißen, daß man durch Kefen mit Nachdenken in der 
Erf. wachfen werde, wenn wir fie nicht verftehen, oder 
ung nicht erflären Eonnten?! Soll fie ung erbauen, 
tie eg von ihr gerühmet wird, fo muß fie verftandlich 


*) Vergl. Doderlein’s Rel. unterr. Th. IL. $ 36 
©. 150 f. | 
xx) Bei einer guten Ueberſetzung, 3. B. ber Stolzeſchen. 


” 


©. 6: 
Schrift, (heilige, — fie ift deutlich.) 


ſeyn. Man findet auch die Erzählungen, die kurzen 
Reden und Gefpräche in der Bibel fo einfach u. faß- 
lich, feloft für den gemeinften Menfchenverftand, eine 
fo forgfältige Vermeidung aller Spisfindigkriten, eine 
ſo edle Einfele im Ausdruck und eine zu_den Vorſtel— 
Jungen des großen Haufens fih beauemende Schreib» 
art: daß man darüber in Bewunderung gefegt wird, 
Die Schriften d, Bibel find zwar nicht mit philoſoph. Genauigkeit 
abgefaßt, und in Fein Syſtem von einer Glaubens» nnd Gits 
tenichre gebracjt, oder man finder in der Bibel Feinen wilfens 
ſchafti. Vortrag nach Form und Materie; allein das wer auch 
nicht nöthig, um uns mit dem Geift der Rel. und Gottesver— 
gheung befannt zu machen. Gstt wollte durch die Biber ſ. 
Willen, aber nach m. nad) bekannt machen; er wollte die Öefchichte 
deſſen, was er that, feine Zeitung des indijchen Volks, die 
Entſtehung des Chriftentkums im Andenken erhaiten, aber im 
einem den allgemeinen Fohigkeiten angemeſſenem Bortrage; 
er wollte uns in den Stand fegen, dieſe Schriften als ein Mits 
tel unferer Bildung an Erf. und Zugend frei zu gebrauchen. 
Er wollte und durch die Biel nur anf den vichtinen Weg fühz 
9. zen, auf welchem wir danı weiter fortgehen ſollten. Vergl. 
Döderiein’s Ne = Unter. Th. II. 9. 49. ©. 295305: 
deſſelben inf. Th, chr. T. I. 5. 49, ©. 187:190; 
Sroſſe Slaube u. Pflicht des Ehrifientb. 1795. ©, 336.240, 


4) Die Bibel, d. i. die in dDerfelben enthals> 
tene Lehre ift fraftvoll, nachdrücklich und 
würffam, Nom. 1, 16. (Hebr. 4, 12 gehört nicht 

hieher, denn Wort Gottes zeigt bier Gottes Drohun— 
gen der Strafe an) *). Sie ift im Stande, den Men: 
fchen aufzuflären, fittlich zu bilden, und zu beffern u. 
zu beruhigen. Wenn man namlich einem Buche Kraft 
beilegt, fo zeigt man dadurch an, daß fein Inhalt fo 
befchafften ift, daß es zum Unterricht und zur Lenkung 

unſeres Gemuͤths etwas beitragen Fonne. Daher ift 
der heil. Schrift wegen ihres vortrefflichen. Inhalts, 





*) Sch bin nicht der Meinung D. V. F. Reinhard’s, 
(Borl, über die Dogmatif, S,552.) daB diefe Sache nigt 
in den gemeinen Volfsunterriht gehöre. Zu fagen, daß 
Gott ung dur die in der Bibel enthaltenen Wahrheiten 
auffläre und beſſere, — iſt nicht zweckmaͤßig und nicht 
hinlaͤnglich. — 


"62 “ S. 
Schrift, (killen ihre Wuͤrkſamkeit.) 


welcher mit den Vorſchriften des a u 
übereinftimme und zum Unterrichten und Ueberzeugen 
eingerichtet ift, fo wie wegen ber nachdrucksvbollen 

Sbxrache und Schreibart eine lebendige und goͤttl. Kraft 
und Würkfamfeit über das menſchl. Herz in Hinficht 
wahrhaftiger gottl. Wahrheiten eigen, die fich am Le— 
fenden, falls derfelbe nicht durch feine Keidenfchaften fie 
unterdruͤckt, außert. Am Buchflaben und an der Wer: 
fon des bibl. Schriftſtellers liegt diefe Kraft nichk, 
denn es gibt verfchiedene Stellen, die weder. den Ber> 
fiand noch dag Herz zum Guten Ienfen. Aber a)die- 
db. Schrift träge die Wahrheiten, die fie lehrt, bie 
Pflichten, die fie e einfchärft, oft ſehr ſtark, rührend oder 
auf eine bewegliche Art vor, welche aufs Herz Eins 
druͤcke macht. Wie einfach, aber auch wie männlich 
und erhaben ift oft der Vortrag der Lehren und Er— 
mahnungen! Er iſt fo ganz fürs Herz eingerichtet u. 
durchdringend. Ihr Ton ift nicht blos anſtaͤndig und 

verſtaͤndlich, ſondern auch feurig und ruͤhrend. Er 
fant zur Tugend bewegen und dadurch erofnet die 
Bibel die herrlichften Ausfichten in die Ewigkeit. Mit 
welchen einleuchtenden und fraftsollen Gründen unter- 
füge die Bibel die Ermahnungen! Genau ift der Bor- 
frag zur Beförderung und Leberzeugung eines tiefen 
und wuͤrkſamen Eindrucks angemeſſen. Ale Veraͤnde— 
rungen der Seele fonnen durch die heil. ‚Schrift be- 
wuͤrkt werden. Gie erleuchtet den Berftand über 
die wichtigften Angelegenheiten (Mom. 10, 175 Pf. 119, 
104: 105.), fo bald man ihre Belehrungen mit £ern- 
begier annimmt; fie beffert das Herz, fo bald - 
man ihren Ermahnungen folge, Luc. 8, II-15; II, 
28; Soh. 17, 175 Pf. 119, 9. . Sie gewährt alle 
Beruhigung, dern wir M. beim Wechfeln des 
Schickſals, beim Bewußtſeyn unſerer Fehler u. bei den 
Dunkelhh. der Zukunft beduͤrfen, Job. 8, 51. Sie be— 
wahrt den gebeſſerten M. vor fernern Vergehungen, 
Ephef. 6, 17, und fie wird durch dag alles: zugleich 
ein Mittel einer reinen u. geiftigen Gluͤckſeligkeit. — 

b) Die Wahrheiten ſelbſt, die ſie enthaͤlt, ſind im ho— 
hen Grade gemeinnuͤtzlich, bereichern den Ver— 
ftand felbft mit wichtigen Einſichten und bilden das 
Herz zu den edelſten Geſinnungen. Sure Lehren find 


“ 


©. er 
Sorift/ (Heilige, — ihre Wuͤrkſamkeit.) 


einleuchtend wahr u. ſtimmen genaumit dem überein, was 
die Vernunft uns lehrt und von uns fordert. Der 
feſte Glaube, daß bie Lehren der heil. Schrift goͤttli— 
chen Urſprungs find, verfiärkt und erhöht die Kraft 
derfelben ungemein. Denn er. erinnert bei dieſen Wahr« 
heiten ſtets an Gott, als Urheber derfelben, und ſtellt 
ung Daher dieſe Wahrheiten in ihrer ganzen Heiligk., 
Wuͤrde, Nothwendigk. und Wohlthaͤtigk. fuͤrs Heil 
der ganzen Menſchheit u. iedes einzelnen M. dar. Ge 
nachdem iemand Die Wahrh. nach ihrem ganzen Ges 
wicht lebhaft denkt, ie nachdem aͤußert ſie auf Verſt. 
und Herz Wuͤrkſamkeit. Und nur dadurch, daß der M. 
die Wahrh. ſtets in Verbindung mit Gott, ihrem Urs 
heber, denkt, kann der M. bewogen werden, Die Wahr⸗ 
heit nach ihrem ganzen Gewicht unparth. zu. erwaͤ⸗ 
gen. — Die unverdäctigen Verf. reden im Namen 
Gottes, wie im alten — und im Namen des 
Geiſtes Gottes und Jeſu Chr. wie im neuen 
Tefl. Gegen zuverläßige Ausfprüche Gottes aber 
laͤßt fich nicht flreiten, wie man e8 gegen menfchliche 
fann, wenn fie nicht hinlanglich deutlich und von be— 
weifender Kraft find. Da alſo der Ehrift der Heil. 
Schrift nicht mwiderfprechen darf, fondern nur Acht zu 
geben hat auf dag, wag fie fehreibt, und eigentlich ſa— 


gen wills fo — er alles cher und nimmt eg zn 


‚Herzen. 


Zwar find — sn Wahrheiten der nafürl. Nel. 
mit einer goͤttl. Kraft verbunden, aber vorzuͤgl. wuͤrkt 
die biblifche — recht. von Den M. angewandte Got- 
tesfehre. Sie wuͤrkt feine unnennbare und übernatür- 

liche Empfindungen — nicht Eingebungen und eine 
Begeiſterung — fie wirft nicht unwiderſtehlich, fon- 
dern fanfe und mittelbar. Daß der h. Schrift diefe 
Wuͤrkſamkeit eigen ſey, oder daß ſie ausgebreiteter, 
ſtaͤrker und ſchleuniger auf den M. und feine Geſin— 
nungen als irgend ein anderes Buch wuͤrke, läßt ſich 
‚mit feinem Scheine von irgend einem Grunde bezwei— 
fen. Es iſt dieß fhon wahrfheinlih: N) weil 
die fehr große Sinnlichkeit und noch mehr bie böfen 
Gewohnheiten e8 nothwendig machen. Ohne diefe Wuͤrk— 
ſamkeit wuͤrde das Gute vom Boſen in Der Welt er⸗ 


a: 985 | ER 

Schrift, (heilige, — ihre Wuͤrkſamkeit bewiefen.) 

ſtickt werben. Durch diefe Würffamf. aber wird viel 
Boͤſes verhütet und viel Gutes m. D) fieift Gott 
anſtaͤndig; I die Gefhichte beftätigt folche. Mil: 

lionen M. haben durch die bibl. Lehren, die fie ent- 
weder laſen oder aus der Bibel erlernt hatten, i in ihren 
Finſterniſſen Licht und Troſt gefunden. Tauſende ge⸗ 
ſtanden das, was Pſ. 119, 92 ſteht. Tauſend u. Tau— 
ſend nd durch ihre Belehrungen und Ermm. von ih» 
‚ren Jerwegen surüchgedracht, zum Kampf gegen die 
Sünde geſtaͤrkt und au guten. Ge— ſinnungen gebildet 
worden. Viele der graßten Gelehrten in der Chriſtenh. 
kehrten, wenn ſie noch ſo lange unter den Werken der 
bloßen Zern., des Witzes u. f. w. verweilt hatten, zu 
ihr zuruͤck, wenn ſie erfuhren, daß ſie in ienen wenig 
Beruhigung fanden, die fie dagegen in dieſer anfrafen; 
Eſ. 55, IO. 113 Jer. 23, 293 Ebr. 4, 12. „Ich habe 
Funfzig Sabre geiebt und mannichfaltige Mühfelig- 
„keiten des Lebens erduldet, und nirgends mehr Licht 
„in Sinfterniffen, mehr Starke und Muth in Leiden 
„gefunden, als bei der Duelle der Rel. Sch Habe 
„50 Sabre gelebt, und bin mehr ale einmal an den 
„Pforten des Todes gewefen, und habe es erfahren, 
„daß nichts — nichts ohne Ausnahme — als die goͤttl. 
„Kraft der Rel. — die Schrecken des Todes beſiegen 
„hilft. Daß nichts als der heil. Glaube an Jeſum 
„den Bangen, bei dem entſcheidenden Schritt in die 
„Ewigk. ſtaͤrken und das Gewiſſen, ſo uns anklagt, 
ng Fann. Dieß bezeuge ich auf mein Gewiſſen vor 
„Gott.“ *) 

Die unverwerfichften Zengniffe vom hoben Werthe, 
ia von der Vortrefflichkeit der bh. Schrift gaben ſowol 
ber große Ernefiif— dieſer Ba, Deutſchlandes, Pe) 
in folgenden merfivärdigen Worten; „Ih fage gun 

„reife Gottes, Daß alle Weisheit, welche in den 
„Schri ften der griech. und rom. Meifen zerſtreut zu 
„finden iſt, u. f. w. mit dem, was die Bibel af 

* 0 a 





— — 


*) So der unvergeßl. Gellert inf. ttefſ. Moral. 


**) Predigten deſſelben zur Verherrl. Gottes u. gef Chr. 
8pz. 1708. gr. 8, ©. :39. 40, | 





— 


— 


Pr 


_ 


; S. 65 
Schrift, (heilige, — ſie iſt wuͤrkſam.) 
„faßt, weder an Deutlichkeit, Richtigk. u. Vollſtaͤndig⸗ 
keit, noch an Zuverlaͤßigkeit u. Gewißheit, noch am 
„Nachdrucke dem Geifte und ber Kraft zu vergleichen 
en, u. f. w. — — und zu erfinden; als auch 
legt D. Steinbart dafür dag entfcheidendite Zeugs 
niß ab *): „Es find unläugbar nun beinahe volle 
38 Sabrhunderte verfloſſen, seitdem Chriſtus zuerſt 
„dieſe Gluͤckſeligkeitslehre, im Gegenſatz der aberglaͤu⸗ 
mbifchen, unmoraliſchen und aͤngſtl. Gottesdienſtlichk. 
„der Juden und Heiden, und auch im Gegenſ. der 
„Auberibannten und doch fehr unvollſt. Zugendfehren 
„der alten Philoſophen vorgetragen hat. In dieſer 
„seraumen Zeit iſt bis auf den heufigen Tag, aller 
„mebrern Cultur der menfohl. Vernunft u. alles £ief> 
„ſinnigen Nachdenkens fo vieler Gelehrten ohnerachtet 
„doch moch- nicht eim einziger Satz gefunden worden, 
„welcher uns mehr Zufriedenheit, mehr Geneigtheif 
zur Tugend, mehr Muth und Hofnungen einfloßen 
nFönnte, als die Wahrheiten, die Chriſtus fchon ver» 
pfichert bat. Ale — — — verdienen?“ 
Bergl, Dr. 3. A. Ernefi?s Predd. ıv Th. Lpz. 1768, gr. 8, 
Nr, 1. ©. ı ff: über das Ev, am ıften S. n. Tr, v. dem 
Worte Gottes als dem einzigen Mittel der Bekehrung. 


Und in der That, wie oft floß nicht im tiefften 
Kummer eine Bibelftelle wie Balſam aufs Herz. Die 
Stelle Hiob 1, 21 (am Ende) 3. B. bat mehrmals, 
beim empfindlichſten Berluft eine? Sreundes, Kindes 
und eines gefchäßten Erdengutes den ſtaͤrkſten Eindruck 
gemacht. Hat nicht oft am Rande des Grabeg die 
Lehre v. der Auferfiehung, die Erinnerung an Jeſus 
Chriſtus den Vollendeten, den Sinkenden gehoben und 
dem Gefeſſelten feine Feſſeln erleichtert?! Wie fo mans 
em wurde warn ums Herz, wenn man ihm in eis 
nen Nehgionsvortrage die Schrift erflärte, die tref— 
fendſten Ermahnungen an's Herz legte, Zweifel an ver 
Vorſehung benahm und die dringendſten Ermunternne 
gen, Jeſu aͤhnlich zu werden, vortrug! . Das alles 


1.2 





”) Syſt. d. reinen Philoſ. oder Glüdfeligkeitgs 
lehrte des Chriſtenth. 2te Aufl. Zuͤllichau 1780. gr. 8. 
Ga 331.32. I 

Chriſtl. St, Lehre f. d. Canzelgebr. 3 TH, E 


66 ©. 


Schrift, (heilige — fie ift wuͤrkſam und nuͤtzlich.) | 


würfte zwar die Nel. Jeſu, aber wäre fie, wenn wir 
das n. Left. nicht erhalten hätten, vorhanden? — 
Diefe Erfahrungen find fo haufig, daß Fein Spoͤtter 
fie bezweifeln kann; — in I, 255 Est. 7, 18. 
24. 25; Jac. 1, 8 und 21; I Petr. 1, 23 wird aus- 
drücklich der Bibel diefer Werth und dieſe Kraft beis 
gelegt, v9: auch. Joh 6, 635 Isar. 2 BE 


©, oben den Art. Lehre Jeſu IV.3. or Th. ©. 232 Ei f- 
fenbarung UL, 2. ar ZH. © 284. —  Döpertein’s 
inft. Th. chr. T. 1. 5. 341. ©, zıef.; Ekermann’s 
Hands, ter Gl.-Lehre Ir B. ©. 673376. Leß Hand, der 
chriſtl. Reis Theorie, ©. 1222265 Tobler’s Anmm. zur 
Ehre d. Bibel. 88 ©t. Halle 1783. 8. ©.10=2135 Köppens 
Hauptzw. des Pred. W. ©. 248 ff.; Joh. Johns Predigt⸗ 
entww. ar Sabre. ©. 73 fi. „das Bild derer, welche die 
Wuͤrkungen des Wortes Gottts ſelbſt an ſich vereiteln,“ uͤb. d. 
Ev. am S. Sexageſ. —— 


5) Die h. Schrift iſt ſehr nuͤtzlich, ILPetr. 1,19. 


Sie bat in Hinficht der Bortheile, die fie gewährt, enge 


feheidende Vorzüge vor allen menfchlihen Schriften. 
Sie ift die zuverläßigfte Vorſchrift unferer Handl., die 
reichfte Nahrung für unfere fittl. gute Gefinnungen u. 


der feftefte Grund afer unferer Ruhe und Hofnung. 
Sie ift dag wichtigfte Huͤlfsmittel, deſſen ſich Gott zu 


unſerer Beſſ. und Froͤmmigkeit bedient, Matth. 13, 
3:8; Epbef. 1, 13; I Zima 3rı 165 ‚Sa 1,408 EB. 
Denn fie heilt unfere Erf. von Gott und unfer Ber- 
hältniß gegen ihn auf und berichtigt dieſelbe. Sie 
belehrt uns uͤber unſer pflichtmaͤßiges Verhalten und 
beruhigt uns mit Troͤſtungen u. Verheiſſungen. Aus 
derſelben kann man die reinſte Religions— 
und Sittenlehre mit Leichtigkeit ableiten, 
und alles, was anderweitig von Gott und 
den Pflichten des M. erfennbar iſt, fann 
damit in den ſchönſten Eınflang gebracht 
werden. Was kann fuͤr die Menſchheit nuͤtzlicher u. 
erfreulicher ſeyn als in Abſicht der Bildung unſers 

Charakters, der 8 enntniß Gottes und unſerer ſelbſt, 
der Einrichtung unſers freien Betragens, der Gewißh. 
unſerer Hofnung für die Zukunft n. Ewigf, Belehrun— 
gen zu haben,» welche wahr und faßlich find, welche 
Gott felbfi gleichfam erthellt!! — Iſt nicht durch die 


— 


S 67 
Schrift, (Heilige, — fie ift nüßlid).) 
h. Schrift im Ganzen und nach ihren einzelnen Theis 
fen die Religionskenntniß eines Zeitalters auf dag an- 
dere fortgepflangt, und nach und nach zu größerer 
Vollk. erhoben worden? *) Welche Ermunterungen 
zum Guten — welche Beruhigungen im Miggefhic, — 
welche Hofnungen einer Fünftigen Seligfeit gewährt fie 
nicht dem M., um ıhn zur Zugend zu erwecken und 
im Öuten zu färfen! fehrreicher kann Fein Unterricht 
feyn, als e8 ihre Belchrungen über Gott und feine 
Vorſehung, von der Errichtung eines ſittl. Reiche 
durch Jeſus u. f. m. find, und vollkommner kann 
feine & ttenlehre feyn, alg die Sittenl. Jeſu; ſ. oben 
Jeſus.J. 

Falls ſie auch nichts Neues und nichts lehrte, wor— 
auf nicht der Denkende von ſelbſt kommen konnte, ſo 
het fie aber ſchon dadurch Werth, dag fie die natuͤrl. 
Erf. des M.von Gott und Tugend aligemeiner mach⸗ 
te, den Gedankenloſeſten zum Nachdenken und die Ir— 

renden (die Heiden) zur Wahrh. zuruͤckbracht 2. Sabre 
taufende würden vergangen ſeyn, ehe einige m beim 
langfamen Gange der Bildung, ihr ſittl. Gefuͤhl und 
die Vernunft ſo weit entwickelt haͤtten, daß ſie uͤber 
die Beſtimmung des Menſchen, uͤber den Zuſammenh. 

der Dinge, über den Urſp. der Welt hatten Erwaͤgungen 
anftellen und den Gedanfen: Gott ift Weltfchöpfer — 
Erhalter und Regent wagen fonnen. Gott befärderte 
auf eine außerordentliche Art die frühere Entwickelung 

r 


2 


- 


I 





Dr. Fr. V. Reinhard thut dies in f.im Jahr 1797 beim 
Hofgotteödienft in Dresd. gehalt. Predd. Sulzb. 1798. 
gr. 3. in d. Pred. am Neformat. Feſt über Luc. 10, 26: 
„Die Verdienſte der 1. CS hrift um die Sirden: 
Verbeſſ.“ dar. Die Bibel erhielt naͤmlich ı)in jenen Zei: 

ten der Finſterniß die Wahrh. 2) fie ſtellte dieſelbe zu 
den Zeiten der Verbeſſ. wieder ber, 3) fie gab den Ber: 
befferern froben Much; 4) ſie it die Freundin einer nußl. 

Gelehrſamk. und einer aligem. Geiftesbtldung; 5) fe tik 
die Urheberin der Kreibeit, die das Merkmal und. der 
Vorzug unierer Kirche ift. Im 2ten Theil leiter Herr R. 
Daraus Fugen fur unfer Deihalten her. 


68 ©. er 
Schrift, (heil. — fie ift nuͤtzllich.) 

der Vernunft. Ohne dieß wÄren wir wohl fo roh u. 
blos finnlih, als es noch ießt die heidnifchen Wilden 
find, f. oben den Art. Offenbarung. 

- Der erfte Landmann Fam zwar von felbft endlich 
darauf, daß ers lernte, wie man einen Acker beftellen 
müfle? aber fam er nicht langfam darauf? Der Sohn 
des Doͤrflers, der dieß feinem Vater abſieht und ab» 
lernt, lernt es cher umd leichter. Belehrungen Gottes 
über dag, was unfere Sinne nicht erreichen, muͤſſen 
alfo noch weit fehägbarer in Dinficht der frühern Zeit 
ſeyn, in welcher die M. ?c. Um Gottes Willen und 
unfere Ehrifienpflichten zu erkennen, fann kein Mittel 
beffer feyn als die Bibel, denn fie unterrichtet durch 
Bere hle, — Ermahnungen, — Sittenſpruͤche und — 
Beifpiele, indem fie theilg Handlungen einzelner M. 
mit Mißbiul gung oder Billigung erzaͤhlt, theils 
Empfindd. und Geſinnungen derſelben in Liedern, Ges 
fängen, und Wünfchen ausdrückt. Das meifte davon, 


a 


fo jeher es auch in frühen Zeiten unferer Erde abgefaße - - 


worden ift, iſt paffıend und verftändlich. — Auch des: 
halb ift die h. Schrift, oder die darin enthaltene Kel. 
Erfenntniß u. Anl. zur Sittlichkeit nüßlich, weil der 
M. bei der allmaplichen Entfaltung und Bildung fei- 
ner Geiſteskraͤfte nur durch Anſehn und Geſchichte zu 
einem reinen — freien — ſittl. Religionsglauben hin— 
gefuͤhrt werden kann. „Wir ſollen durch die aͤußere 
und mittelb. Offenb. Gottes für die innere u. unmit- 
telbare, wo Goft alles in Allem ift (1Kor. 15, 28.) 
reif werden.) — Wie ungemein faflih und 
verſtaͤndlich — wie durch die Gefchichte verfinn- 
licht — iſt nicht der Vortrag der beilfamften Keli- 
gionswahrheiten in der Bibel, wodurch fie Duelle der 
Noel.» Erf. für alle wird! — Wie fihön gewährt die 
ganze b. Schr. die Einficht, daß ©. nach f. Weisheit 
frufenmeife das menſchl. Geſchlecht in der Erf, der Rel. 
und Neligiofitat immer hoͤher geleitet u. oleichfam als 
ein mweifer Erzieher für die fortfchreitende Bildung def 
feiben geforst BAR Als — RN 











*») Dr. C. Fr. Ammon's wiſſenſchaftl prakt, Theologie. 
©, 46. | 





Bi: 369 
Schrift, (heilige — fie ift ſehr nuͤtz lich.) 


des menſcchl. Geſchlechts, oder als Geſch. des 
Ganges, den die Vernunft nahm, hat ſchon die Bibel 
einen großen Werth; denn wir fühlen in ung ein Des 
duͤrfniß, die Spuren von biefer goͤttl. Erziehung * 
menſchl. Geſchlechts in der Geſch ice aufzuſuchen. 2 
‚würden uns unbefriediget finden, wenn wir 
blos der Meberlleferung glauben ſollten. Die Erhal— 
tung ber bibl. Schriften iſt alſo als eine Veranſtaltung 
der Vorſehung zu dieſem Zwecke ne 
Das a. Teft. iſt zwar für uns feine fo fichere uud 
gute Grfennfnißguele der Mel. und Tugend als dag 
neue, an welches wir als an eigentl. Duelle der Rel. 
und Sittlichk. — als ein zuverlaͤßiges Archiv des 
Chriſtenthums gewieſen ſind. Allein ienes iſt keines— 
weges für ung ohne Werth und Nutzen. Man kann 
nicht ſagen: „ich will nicht beim Lampenlicht ſehen, 
da ich die Mittagsſonne habe. Es bat Werth 
für ung, meil es die Anfangesründe wahrer Reli— 
sion, die Gefihichte der Menfchheit wo nicht vom 
Urſprunge — Doch von ber Umfhafrung der Erde, 
vom Entftchn des M—geſchlechts und vom erſten Zus 
fiande deſſelben — die Gefch. vom Entſtehn der Kuͤn— 
fie — die Geſchichte der Sitten — der Vorſchung oder 
des Derhalteng und Verfahrens Gottes mit dem M 
von feinen ES naR und. Strafen enthält, fo Biete 
nuͤtzl. Beifpiele von Tugend und Lafter, die den Ref. = 
Unterr. verfinnlihen, und dem ſelben mehr Eindruck 
geben, aufſtellt, und — wie das a. Teſt. — fo man— 
che vortrefflic che Bemerkungen uͤber das menſchl. Herz 
enthält und überhaupt eine Vorbereitung zur beffern 
Mel. Jeſu iſt. Freilich war das — Geſetz mehr 
politifch als moraliſch, mehr Zuͤgel der Laſter als eine 
Anleitung zur edelſten Tugend, mehr nach den Umſtaͤn— 
den der Zeit und Beſchaffenheit der Menſchheit noth- 
wendig, (Öal. 5, 4: 5, 1-6; Rom. 3, 28; Col. 2, 
16) als eine vollkommene Sittenlehre. Allen als 
Schriften aus der Ur- und Vorwelt, als ein Kleinod 
des Alterthums iſt es ung billig ehrwuͤrdig. Es loͤßt 
das a. Teſt. die ſonſt zu ſchweren Raͤthſel, wie es 
möglich it, daß die Grundwahrheit aller Mel. und 
Glüdfeligk. von dem einem wahren Gott in der Kind— 
heit der Dernunft fo allgemein bekannt werden konn— 


IB, © 
Schrift, (Heilige, — Nutzen des a. Teſt.) 


te, da ſie doch bei der böhern Bildung anderer Bil. 
fer demfelben fo ganz unbefannt war, desgleichen das 
Raͤthſel vom lirfprung des Bofen. Es bewahrte doch 
die reinere Gottegerf. mehrere Jahrtauſende hindurch 
auf, und es ift das ältefte Gefchicht- und Erempelbuch 
der Welt. Es hat auch wahre Meifterftücke der Dicht- 
funft und Beredfamfeit, die zum Theil ihres Gleichen 
nicht haben. Es ift nüglich zu gebrauchen, weil «8 
vortreffiiche Befchreibungen v. den Eigenfchaften; Got⸗ 
te8, vorzüglich von feiner Maieftät, Allmacht u. Al: 
een und fihone Zeugniffe von Gottes Borfehung, 

B.im Eſaias, im Hiob und in den Bfalmen, 
ihr vorzuͤgliche Aufforderungen zum ſittlichen Verhal⸗ 
ten in den trefflichſten Denkſpruͤchen, in den Spruͤ— 
hen Salomo's, im B. d. Weish. u. im Jeſus 
Syrach, und vom wahren Werth des Erdelebens im 
Predigerbuch des Salomo enthält. Welch eine 
vortrefflihe Samml. von Beifpielen d. Zug. u. von 
Laſtern ift eg nicht?! | | 


Vergl. Döderlein’s Rel.-Unterr. Th. II. ©. 249 f. 


Pur Unwiffende, Leichtfinnige und Bsfe Finnen das 
a. Teft, verachten; verftändige — geſchmackvolle Ken— 
ner des Alterthums Dagegen werden e8 bochadıten u. 
mit Bewunderung und Vergnügen gebrauchen. 


Verol. Doͤderleines Rel.-Unterr. Th. I. gF. 37. ©. 1583167. 
(was uns nicht im a. T. angeht und nicht fuͤr uns nuͤtzlich iſt, 
iſt daſelbſt 9. 35. 9. 139 f. angegeben. Vgl. Wiemeier’g 
popui. u. prakt. Theol. ©. 202 und ©. 461); r. 
inft, Th. chr; T.- 1. p. 1722178. — "Weber! Der Bert 
des m Teſt. ſ. Leß Abſchn. IL. $. 16. ©. 60, 

Burſcher's Wahrhh. z. Nachdenken u. zur Warnung, in Predd. 

Lpz. 1802. Wr. 5. ©. 1172138: „wie viel auf das alles anz 
£omme, und an allen dein gelegen ſey, was in der h. Echrift 
geſchrieben ſteht.“ | —* 

J. Eh. Thielifch der unſchaͤtzb. Werth und die Vortrefflichk. des 
Wortes Gottes. Wien m. Prag 1785. 8. 2 Begen. 


III. Unfer Berhalten in Anſehung der beil. 
Schrift. 

ı) Manbhege gegen dieſelbe keine Vorurth. 
Man verachte fie nicht auf einer Seite u. verehre fie nicht 
absoͤttiſch auf der andern. — a) Man halte fie nicht 
für ein befonderes Buch, welches man nicht wie an⸗ 


©. | 7i 
Schre, (beil., — Verhalten in Hinfiht der — —) 


dere Schriften — duͤrfe und in welchem man alle 

Vorſchriften deshalb, buchitäblich verftehen müffe. Dieß 

wurde, mie es auch die traurige Erfahrung gelehrt 

hat, indem mans. D. die Redensarten: fich daß 

Auge augreiffen, Glieder EBEN, fich der 

Welt enkhalten, alles’ den Armen geben, 

das Fleiſch Freugigen u. a. m. buchſtaͤblich nahm 
und deshalb entweder ſich felbft peinigte oder in Eind- 

den ging, bon mancher Stelle zu einem unrichtigen 

Sinn derfelben führen. Man muß vielmehr auf den 

Sen feben. — b) Dan glaube nicht daß man in 
ihr Belehrung über ale Kenntniſſe, 2 Wiſſenſchaften u. 

Künfte und über das, was den Staat, feine Eıinrich- 

tung und Bermaltung der Regierung betrift, herneh— 

men und in£befondere nicht iene angebliche, fchnell den 

M. reichmachende Kunft erlernen und fchöpfen koͤnne. 

- Sie laßt fich auf alles das nicht ein. Sie ift Feine 
neue Sefeggebung, fo daß man deshalb meltliche Ge— 

feße, Dbdrigfeiten und Kechtshändel aufheben durfte, 

um alles nach ihr zu formen. Die entfernteren — z. 

3. im Stiege, be Rechtshaͤnd eln u. f. w. menfchen- 

freundlich und billig zu ſeyn, hat ſie wohl, aber nicht 

die naͤheren Beſtimmungen. Aud) fann man in derfels 

ben feine Entfcheidungen und Nathbeebungen über Eins 

‚richtung ber Haushaltung, über anzuftellende Neifen zc. 
und über feine Schickſale durch das Auffchlagen der> 

ſelben ſuchen. Dieß wäre Aberglaube. Dann würde 

man vergeblich da eine Entfcheidung fuchen, wo feine 

ift, und man überfähe fie da, wo fie if. Man ſieht 

alsdann alles einfeitig an u. beurt heilt es einfeitig. — 

c) Man fehe nicht die h. Schrift für ein Buch en, 

welches nur für den Poͤbel ee für gemeine Leute) 

da fey, um diefen durch ihre Lehre und durch ihr An— 

fehn im Zaume zu halten und daß deshalb nicht alles 

verbinde, was ſie vorſchreibt. danche glauben irriger 

Weiſe, daß das a. Teſt. nur fuͤr die Jugend der 
Menſchheit oder fuͤr ein rohes und unwiſſendes Volk 

geſchrieben und daß das n. Teſt. nur fuͤr die erſten 
Zeiten des Chriſtenth. beſtimmt geweſen ſey, und daß 
man dieſe Bücher fuͤglich entbehren konne, indem man 
Stande ſey, ſich durch eigenes Nachdenken ſelbſt 

u helfen, ohne iener Huͤlfe ferner zu bedürfen. Nun 


72 S. Be 

Schrift, (heilige, — Anwendung — man achte fie.) 
ift eg freilich) wohl wahr, daß man, wenn man banen 
will, erft ein Gerüfte aufführen muß, und daß dieſes 
nachher, wenn man ſchon gebaut hat, — mehr noͤ⸗ 
thig iſt: aber find denn die Lehren des n. Teſt. die 
ung die Nothwendigfeit, Gatt und den 
Naͤchſten zu lieben, umd alles, was damit 
zufammenhängend if, lehren“ überfiüfig? 
Diefe Wahrheiten galten doch nicht blog für das erſte 
und zweite Jahrhundert? Brauchen wir nicht die 
Lehre v. Jeſu Erlssſung ietzt noch eben fo gut, als die 
Leute in den erſten Jahrhunderten? Man erlaube ſich 
alſo ſolche ungegruͤndete Vorurtheile nicht: denn fie 
haben den fehadlichften Einfluß aufs Herz, und in die 
Gefinnungen,u. man wird dadurch unehrerbietig gegen 
Gott und das Gute. 

2) Man achte die Bibel (wegen II. 1. oben ©. 45. 
f. u. 5. oben ©. 66 f.) hoch und danke Goft für 
die M ittheilung — Sowohl wegen ih— 
res Urſprunges (IL 2. 51 f.), als auch wegen ih— 
res Inhalts, indem fie Febr wichtige — befeligen Sa⸗ 
chen enthält, halte man fie werth. ) Ohne fie wären 
die M. nicht das, was ſie ſeyn ſollten, und was ſie 
ietzt feyn fonnen. In welcher ſchlechten Neligionds u. 
fitel. Derfaffung befinden ſich nicht alle, welche die h. 
Schriften wicht leſen dürfen! oder — wenn fir auch die 
Bibel haben, fich nicht darnach richten ! Wer fie ha- 
ben faun, und bat — fey dafür recht dankbar; f. 
oben d. Ark. Dffenb. IV., ar Th. ©. 297. 298. — 
Der Umfiand, daß Soft nicht gerade allen Menfihen 
die Bibel gab, und fie nicht unterrichten ließ, darf ung 
nicht irre machen. Scheint er auch gigen andere nicht 
gütig geweſen zu ſeyn, ſo iſts genug, daß er’g gegen 
ung Ehriften geweſen if. Ein Bater, welcher einem 


feiner Kinder recht viel und viel borzüglicheg Gute 


gibt, hat doch echt, von dieſem ausgezeichneten Kin— 
de, auch ganz vorzäglichen Danf zu fodern, denn 
ihm geht nichts ob. Es mache ung alfo nie irre, 
wenn wir fehen, daß Goft einige M. durch elfertei 





*) Halt feft an Gottes Wort, — es iſt dein Süd 
auf Erden ff. Gellert | 


— 


| SR - | 73 
Schrift, Cheilige, — Anw. — fie ift hochzuachten.) 
Mittel hat unterrichten u. aufklären laffen. Gebrauchen 
muͤſſen wir das Gute, was ung zu Theile ward. Ges 
nießen laßt ung iede Erfenntnig u. Belehrung, iede 
Fuͤhrung u. Leitung des Verfiandes u. ieden Aufſchluß, 
woher er auch Fommt, ohne die Zeit sum Grübeln, 
weshalb nicht allen der Genuß vergoͤnnt warb, zu ver- 
lieren. Zu denken ift ung nicht vergönnt, daß und 
unfere Mitmenſchen lieber wären, als Gott ſie liebt. 
Kann der Schoͤpfer fich nicht um feine Geſchoͤpfe, der 
Meifter nicht um feine Werfe befümmern?! Es kann 
ia eine und dieſelbe Sache für einige geſund und nuͤtz— 
lich, für andere aber fchädlich feyn. Wenn alle gute 
Menſchen gerecht find, fo wird es Gott gewiß feyn 
und gewiß iſt es, daß, wo er partheiifch zu feyn 
fcheint, eg nur Schein iſt. Wer von ung hat durch 
uͤhſames Nachdenken feine Neligiongfenntnif heraus» 
gebracht? Die Erfenntniß, daß ein Gott fey, daß wir 
ibm Bflichten fchuldig find u. ſ. w. ift ung v. früher 
Jugend an mitgetheilt worden. Wir hoͤrten das von 
unfern Eltern, wag ung die Vernunft zum Theil ends 
fich auch gelehrt haben würde, Diefe erzählten es uns. 
Hber auch diefe hatten e8 von — ihren Eltern. Mir 
haben alfo den Unterricht in der Nel. und von unfern 
Hflichten andern M., entweder unfern Eltern, oder 
denen, welchen fie es aufgetragen haben, zu verdanfen. 
Diefe hatten aber auch frühern Unterricht genoſſen. 
Wenn wir alfo auf die erfte Duelle aller unferer Re— 
ligionskenntniſſe zurückgehen, fo finden wir fie in der 
Bibel, — f. oben d. Art. Dffend. IV — ar Th. ©. 
300, Beſonders ift deshalb die h. Schrift unfers Dans 
kes werth, Daß feit der Glaubengreinigung em ieder 
die Bibel frei u. ungehindert gebrauchen Fann. 
Berge, Solfifofers Prepd, ıv B. Lpz. 1769, or. 8. ©. 358 fs 
— Predigten bei beſondern Faͤllen zr Th., oder Predd. an chriſtl. 
Feſttägen. 1790. gr. 8. ©. 4005418. „ter freie Gebr. des 
Wortes Gottes als ein Geſchenk ver Reformation.” 

3) Man misbraude die h. Schrift nicht; fo 
wenig — a) daß man alaubt, daß in dem Leſen der- 
felben an u. für fih fihon Frömmigkeit beftehe. Man 
lefe fie nicht, um fie einmal mehr durchzuleren. 
Diefer Mißbrauch ift eben fo fehädfich, als wenn man 
fie gar vernachläßigt. db) Man gebrauche fie als ein 


Schrift, (heilige, — fie ift niche zu mißbrauchen.) 
Loſungsmittel uͤber das, was unſere Schickſale ſeyn 
moͤgen, oder um dadurch zukuͤnftige Dinge zu erfah⸗ 
ven, oder wie man ſich unter zween verſchiedenen Faͤl— 
len zu betragen habe. Nie gebrauche man ſie ce) zu 
Befchworungsformeln bei: Unglückfällen, Schäden u. 
f. f., gegen angebliche Zaubereien und andere Abfich- 
fen; nicht, um durch gewiffe Schriftftellen Krankhei— 
ten an M. und Dich zu vertreiben u. andere todt zu 
beien. — d) Man gebrauche weder eine Bibellftele, 
DB. Nom. 3,23: n0d Deifpiele jrommer Männer 
zur Entfchuldigung feiner Sünden, z. B. IMof. 9, 
21; IIMof. 32, 19; man gebrauche nicht bibl. Stel—⸗ 
len, Redensarten u. Worter im tägl. Leben, um damit 
leichtfinnig zu ſcherzen, zu Spöttereien, und um bei 
andern Rachen zu erregen. Das alles ift ein fehr gro— 
ber Mißbrauch, welchen Gott gewiß firafen wird, denn. 
Galat. 6, 95 Eph. 4, 29. *) | 
Berge. Dr. W. A. Telter’s Magaz. f. Prod. Ir B. 28 &. S. 
119 f.: „Warnung vor dem Mißbrauch u. Auweiſ. 3 rechten 
Gebrauch einzelner bibl. Ausdruͤcke;/ Cannabih8 Prev. 
3. Beford. e. rein, u. that, Chriftenth. ar Ih. £pi 1801. . 
am ©, Invoc. „vom Mißbr. d. Biber; Gohn’s Predigt: 
entww. ar, Jahrg. ©, 85 fr: „Warnung gegen den a 
der Bibel, über vd. Ev. am ©, Invocavit. — 


4) Jeder kann und muß fie — aber auf Be 
rechte Art gebrauchen — fie gehörig — fleif- 
fig — und mit Nachdenken lefen. — 

— Jeder iſt sum Bibelleſen berechtigt; weil 
wir dadurch gebeſſert, beruhigt und gluͤcklich werden 
koͤnnen, (II Tim. 3, 15.) iſt es eine große Wohlthat 
fuͤr uns, daß wir in der h. Schrift leſen koͤnnen u. 
dürfen. *) Was dem einen oder dem andern dunkel 
ift, Fann man überfchlagen, und dieienigen Bücher. und 
Stüce auswählen, die man verftchen und zu feinem 
Gebrauch nußen Fann. Jeder, welcher fich Br felbft 
liebt, wird gern darinnen leſen. 








— —— — — — — — — — 


*) Mehreres hieruͤber, ſ. unten 4. B.) b. 


*) Vergl. Döderlein’s Rel.-Unterr. Th. IL. $. 50. ©. 
305 f.; deffelben int. Th, ch. T..L 8.50. p. 
;. 290. ıfyg. | 


©. 75 


Schrift, (heilige, — man muß fie fefen.) 


£ 


Gründe für das Bibellefen: r) ieder fol m. 
muß nänilich feinen eigenen geprüften Glauben haben, 
ein ieder nach dem Maaß feiner Fähigfeiten und Ge. 
fegenheiten; Ap. ©. 17, 11; Col. 3, 16; Eph. 6, 17; 
a Til 5, 321. 275: Lelr.. 2,9335 Sacı 1, 
21-27; denn auf menſchl. Einficht darf man nicht blind» 
lingg frauen. _ jeder muß fi) von dem, was er 
glaubt, eine vernünftige Ueberzeugung verfchaffen, und 
in einer fo wichtigen Sache mit eigenen Augen ſe— 
ben; IPerr. 3, 15; IE Peer. 1, 19; I Zheff. 5, 2ı. 
Indem auch die Ap. ſich oft auf dag alte Teſt. berus 
fen, feßen fie voraus, daß e8 ieder leſen dürfe. 2) Es 
ift ia die Bibel zu einem ung Menfchen angehenden 
Rel.- Unterricht beftimmt. Cie fol Kegel für unfern 
Glauben oder Grund für unfere Ueberzeugungen von 
der Wahrheit, und — Regel für unfer Thun, ein hei— 
ligeg — verpflichtendes — mit göttl. Anfehen verfehe- 
ned Gefeß ſeyn, von deſſen Vollziehung Feine Gemäd)- 
lichkeit, Feine Schwierigfeit, Eein Widerftand des finnl. 
Herzens, und nicht das Gewiſſen frei und losfprechen 
fann. Deshalb müffen alle Ehriften fie Iefen, I Tim. 
2,4; benn die Wahrh. wird uns nicht blos durch's 
Gehör, fondern auch durchs Leſen befannt, Mom. 10, 
15. Dieienigen kennen auch den Menfchen und fi 
felbft nicht, welche fich einbilden, bei feltenem, kurzem 
und flüchtigem Andenfen an die Religion, recht gute 
Menfchen feyn zu koͤnnen. Was dem Leibe die tägl. 
Nahrung ift, das ift der Seele der tägliche Gebrauch 
der Bibel, I Beer. 2, 2. 3. Um recht mit den in 


der Bibel enthaltenen Lehren und Ermahnungen zum 


Guten befannt zu werden, iff die Bibel ung von Gott 
gegeben. Wir follen aus ihr die ung fonft fehlende, 
zu unferer Froͤmmigkeit und Glücfeligk, entbebrliche 
Erfenntmiß zu erlangen fuchen — 3) Die Bibel zu le— 
fen fe nochwendig, denn außer der unmittelbaren 
Erbauung des Gemuͤths iſt dem M. ein guter Vor— 
rath nüglicher Gedanken und troͤſtender Beruhigungen 
sum Fünftigen Gebrauch bei unbewußten Borfallen no: 
thbig. — Offenbar hat dag vernünftige Bibellefen 
für ieden Ehriften ven größten Nuten. Durch ven 
richtigen Gebrauch vorzüglich des für Chriften be— 
ſtimmten n. Teft. ergibt es fich, daß Ehrifien in An 


Schrift, (heilige, — Gründe fi für Die deſung der —) 
fehung ihrer Rel. gl luͤcklicher ſind, als die Heiden oder 
Unglaͤubige. Dadurch ſieht man, daß es allerdings 
der Mühe werth iſt bei der Rel. die wir von rn 
an gelernt haben, zu bleiben. Jeder hat vom Bis 
bellefen bleibende Bortheile; man wacht dadurch in 
der Erf, Gottes und Jeſu Chrifti; man wird erwärmt 
und geftärft zur Uebung der Pflichten und zur Ber» 
richtung aller unferer Geſchaͤfte u. zufrieden unter dem 
Drucke der Leiden werden. Die Erfahrung diefes Rus 
tzens wird ung Immer begieriger machen nach diefeer 
Geifteg » Nahrung, um dadurch zu wachen. Und ver - 
tägliche Genuß diefer hoben Geiſtes-Nahrung wird 
uns hier ſchon Geligfeit geben. Denn wenn die Seele 
in der Vorſehung rubt, durch die Wahrheit erleuchtet, 
und von der Liebe geleiter wird, fo bat fie den Him— 
mel auf diefer Erde. Welchem vernünftigen Menfihen 
muß es aber nicht um Erf. — Glauben — Tugend — 
Troft und Beruhigung in Peiden und um Gluͤckſeligk. 
zu thun ſeyn, welches alles doch die Bibel gewährt! *) 
Was Fann der M. für eine angelegentlichere Sorge 
haben, als von Gott Licht und Troſt zu erhalten?! 
und wo wird ihm beides mehr gewährt, als in ber 
Bibel? Wie und wodurch Fann der M. in feinem Gl. 
ſicher, in ſeinem Betragen ordentlich und regelmaͤßig, 
und in ſeinen Hofnungen feſt ſeyn? Nur durch das 
Bibelleſen. Wer nicht die Bibel lieſt, bedenkt nicht 
oft ſeine Pflichten, und geraͤth in Suͤnden. Es iſt 
kein Laſter, wogegen ſie uns nicht Waffen, — keine 
Tugend, wozu fie ung nicht Ermm. und Huͤlfsmittel 
mittheilte. Durch ſie kann man ſeine Begierden zaͤh⸗ 
men, alle ſeine unnoͤthige Furcht verſcheuchen u. alle 
Hofnung auf * rechten Zweck richten. Durch ſie 
kann man feine Heftigkeit und Bitterk. mildern, den 
Haß filgen, den. Neid unterdrücen, feinen zorn be: 
fänftigen, feine Zärtlichkeit und Traͤgheit im Guten 
verbannen, den Hochmuth und den Stolz ablegen oder 
demfelben mwiderfichen, dag laue und taltfingisr Weſen 


=) Vol. Johannes CEhryſoſtomusd Predigten u. kleine 
Schriften, men von J. U. ae a4ar Th. ©. 232; 
sr Th. ©, 3 


HM 


©. 77 
Schrift, (heilige, — Gruͤnde, daß man ſie leſen muß.) 


dran geben, und ſich ſeiner bisherigen Gottloſigk. ſchaͤ⸗ 

men lernen. Kurz, ohne dag Leſen ver h. Schrift iſt 

es unmoͤglich, das wahre Wohl ſeiner Seele zu beſor— 
gen. „In der h. Schrift, ſchreibt Ambroſius, fin 

„den wir unſern Sieg, unſere Freude, Staͤrke und Era 

„quickung. Sie iſt uns Arzeney, unſer Licht und alles 

in Allem. Sie gleicht dem Waſſer, welches unſere 

„Flecken abwaͤſcht. Sie iſt Quelle aller Güter. Sie 

zift iedem nuͤtzlich. Der Geſunde findet in ihr Weis— 

beit, dem Gefangenen zeigt fie eine Erlöfung, ia fie 

‚belehrt alle. Jeder findee in derſelben Heilung für 

feine Wunden, oder Beiſtand auf dem Zugend- 

ee 

Die Stelien. Pf. 1, 2; 112, 15 III, 1 f.; Hiob 34, 
16; VMof. 6, 6; Syr- II, 20; 14, 22. 23; Sjoh. 5, 
39; Nom. 15, 4; 1Zim. 4, 13; ac. 1, 21>27 fors 
dern ung zum Bibeilefen auf. *) 

Fordert doch die Bibel dafur zu ſorgen, daß ieder 
fi) die Gelegenheiten zum Neligiongunterrichte u. zur 
Vermehrung fruchtbarer Einfichten fo mannichfaltig 
als moglich made. Kann dieß aber wohl beffer alg 
durch das Lefen der Bibel gefchehen? Col. 3, 16. 

Verst, Döderlein’s Rel.-Unterr. Th. IT. 5. 50. ©. 317. 18, 
„Bir, die wir überhaupt fo nahe Örlegenpeit haben — — an— 
wenden.“ 

1) Die Entſchuldigung vieler M., beſonders des Landmanns, daß 
die vielen Geſchafte das Leſen der h. Schrift nicht zuließen, 
iſt ſchou vortrefflich in einer leſenswuͤrdigen Stelle in Joh. 
EhHryfoftomus Predigten und kleinen Schriften, uͤberſ. von 
82 Eramer Ir. Lpz. 1748. 8. ©. 571281 widerlegt 
worden: „Zum Lefen ber h. Schrift Halte ich euch fleißig an, 

denn — — Nutzen.“ | 

2) Man halte aber denienigen, ber eben fo Viel u. Vielleicht mehr 
in andern Schriften lieſt, als in der Bibel, für Feinen Res 
ligionsfpötter u. Bitelfeind, — 

DH) E8 muß das Bibellefen auf die rechte Art 
aefhehen; denn die Wuͤrkung einer müßlichen Sache, 
befonders eines geiftigen Unterrichts hänge zu fehr v. 
der Art ab, wie wir davon Gebrauch machen. Im 


a, 





— — 


— 





— — — 


*) Ueber dieſe Stellen vergl. man aber Doͤderleins iaſt. 
in. ehe 1. LS. 536..6.7190:192. 


73 | &, | 
Sch rift t, (heilige, rechte Arc der Leſung derfelben.) 


Allgemeinen ift erft dag Bibellefen für die reiferen 
Jahre des Ehriften zu empfehlen: — Es geſchehe 
nach gehoͤriger Vorbereitung u. Stimmung der Seele. 
Es kann das Bibellefen entweder in Gemeinfihaft mit 
den Hausaenoffen gefchehen, und dann macht e8 ein 
nüßliches Stüc der gemeinfchaftl. häust. Gottesver⸗ 
ehrung aus, oder man lieft die B. für fich allein, blos 
zu feiner eigenen Sörderung in Erf. und Befeſtigung 
in der Srommigfeit. In beiden Fällen iſt Ueberlegung 
und Vorſichtigkeit wäre, u: diefer wichtige 
Zweck würflich erreicht werde. Man fuche zuvor erft 
eine lebhafte Einficht von der Nothwendigkeit, fie zu 
lefen zu erhalten, um dag Verlangen nach dem Leſen 
in fich su vermehren u. um dem Leſen recht viel Ge— 
ſchmack abzugewinnen. 
a) Der Chriſt lefe die Bibel oft, aber zu‘ 
ſchicklichen Zeiten; bie befie Zeit dazu haben die 
mehrſten Ehriften an Sonn- und Feyerfagen, wo fie 
von den tägl. Berufsarbeiten frei, und nach der An— 
horung des offentl. Rel.-Vortrags am gefchicfteften 
find, mit Andacht in der h. Schrift zu Iefen. Allein. 
die Bedurfniffe des M. (f. oben IH. 4. 9. 1. ©. 57) 
und die unaugfprechlich feligen Solgen, die das Bibel- 
Iefen hat, empfehlen iedem, welchen nämlich Tugend, 
Gottes Freundſchaft u. fein eigenes Gluͤck am Herzen 
liegt, daß e8 täglich gefchehe. An iedem Tage fann 
man, wenn man nur will und erfi nur am Blbelleſen 
Wohlgefallen gefunden hat, bequem einige Zeit aus— 
mitteln, um dadurch für feine Seele zu ſorgen, fen es 
nun des Morgens oder zu einer andern Tageszeit. 
Pur muß man nicht fo firenge auf dag Leſen in ei- 
ner — nach feiner Bequemlichkeit dazu ausgefeßten ge⸗ 
wiſſen Zeit halten, daß man, falls Geſchaͤfte ung es 
auszufeßen nöthigten, Darüber unruhig und aͤngſtlich 
würde. Dieß waͤre wahre und ſchaͤdliche Thorheit. 
Die Abwartung unſers Berufs iſt eine vorzuͤglich hei⸗ 
lige Pflicht, und bloßes Bibelleſen iſt vergeblich. 
b) Das Bibelleſen geſchehe iedesmal aus 
rechter u. einer redl. Abſicht, naͤml. um dadurch 
— werden zu wollen, um daraus den Verſtand uͤber 
Rel.⸗Wahrhh. u. Pflichten zu belehren, um fen Herz zur 
Tugend zu erwecken, e8 zu beffern, und ſich im Guten 


S | 19 
Schrift, (heilige, rechte Art der Leſung derfelben.) 


zu ſtaͤrk en, oder um ſich zu erbanen. Alfo nicht, — 
um feine Neugierde zu befriedigen, oder aus Lange— 
weile, um die Zeit zu vertreiben, fondern blog aus 
Wißbegierde und Wahrheitgliebe — um mit Soft ni» 
her befannt und fein Freund gu werden. Dicht lieft 
fie der Ehrift, um daraus Redensarten zum Spott 
oder Scherz zu ſammeln, oder um der chriſtl. Religion 
Vorwuͤrfe zu machen, Schwierigkeiten wider die Bibel 
aufzuſuchen und ihrer zu fpoften. Der Chriſt grübele 
nicht uber dunkle Stellen, und ſucht nicht im 
- derfelben Auffchläffe über Dinge, wovon 
fienicht handelt. Er überläßt es blos dem Ge> 
- Iehrten, den Sinn von dem, was dunfel ıff, gu erreis 
chen, falls es nicht auf fen Thun Beziehung hat. 
Er lieſt fir, um feine bereits fich erworbenen Kenntniſſe 
zu vermehren, oder ſie zu berichtigen und fich ſelbſt zu 
übergeugen, daß der ihm beigebrachte Religionsunter— 
richt biblifch fey. Um einzufehen, mie er fich verhals 
ten, mie er fich beruhigen, wie er fich in cheiftl. Ge- 
finnungen und im Vertrauen auf Gott befeftigen und 
wie er das Gelefene ausuben koͤnne — Iefe der Chrift 
die bh. Schrift; f. unten £.). 
Dilie Abſicht des Bibellefeng iſt nicht gu allen Zei— 
ten diefelbe, fondern verändert fichb nach den Be- 
duͤrfniſſen, die iedesmal der Leſer hat. Er fann oft 
Troſt, Belehrung — Warnung oder Antrieb zum Gus 
‚ten brauchen, off Alles zugleich. Dieienige Abficht, 
die er am meiften erreichen ——— wird ihn beſtimmen, 
ſie deshalb zu leſen. 
Vergl. Cannabich' s Predigten z. Befoͤrd. eines reinen u. thätis 
‚sen Shriſtenth. Av Th. Lpz. 1801. ©, 47:59: „DB. Mißsr. 
de Bibel, “ am ©. Invoc. — 
e) Der Chriſt Iefe iedesmal die B. mit einer 
wohlgeurdneten Gefinnung, d. h. mit gehoͤri⸗ 
ger. Vorbereitung, mit Samml. feiner Gedanken, mit 
der moglichſten Entfernung der Vorurtheile — mit der 
geharigen Achtung alg ein in der That göttliches Buch, 
als dag Buch aller Bücher und mit Lerndegierde. Mit 
aufrichtigem Verlangen nah Wahrh., Beruhigung u. 
Beſſerung oder mit Begierde, um einſichtsvoller und 
froͤmmer zu — muß der Chriſt die Leſung anhe— 
ben, Luc. be mer eo Var, 22 


80 | ©. \ 

Schrift, (heilige, — die rechte Artdes Lefens der — —) 
aa) Wil man fih durch ihre Lefung * der Goͤttlichk. 
der chriſtl. Religion überzeugen: fo gebe man vor» 

gefaßte Meinungen auf, und unterſuche unpar- 
theiiſch — und fie wird fih als bie gllerannehmungs⸗ 
wuͤrdigſte Belehrung rechtfertigen. Nur gehoͤrt dazu 

- Bildung feines Verſtandes, Bereicherung elben mit 
d. Wilfenfchaften n. redliche Wahrheitsliebe und For⸗ 
fhung. SE men frei v. Vorurtheilen, und unpats 
Beh iiſch: fo leuchtet bald ihre Goͤttlichk. ein. 

) Sf man von ihrer Goͤttlichk. überzeugt, fo bete 
— erſt zu Gott, oder erhebe ſ. Gedanken zu ihm u. 
wuͤnſche ſich ſeinen Segen zu dieſer Beſchaͤftigung; 
denn das Gebet lehrt die Gedanken ſammeln. Man 
lernt die Wichtigkeit der Sache einſehen, und durch 
——— kann uns Gott auf Entdeckungen fuͤhren, 

die für uns ꝛc. 3. DB. es kann uns eine andere Stelle 
einfallen, die der gelefenen auf einmal Licht gibt. Vers 
mag nicht Gott — angerufen — den Menfchen zur 
Erfenneniß der Wahrheit und feines Willens zu 
führen? 
cc) Man lefe mit Ehrfurcht gegen Gott die 
h. Schrift. Wie wuͤrde uns zu Muthe ſeyn, menn 
Gott felbft perfenlich mit ung redete? Enthält nicht 
die Bibel Belehrungen Gottes, des vollkommenſten We- 
fens — des erhabenften MWeltbeherrfchers ? Iſt fie nicht 
ein Gefchenf von ihm? ES ift doch ein gar zu merfs 
würdiges Buch, welches fo manche gute Veränderun- 
gen geftiftee hat. Es ward doch unter Gottes Leitung 
gefchrieben. Er breitete doch dadurch Wahrheit aus. 
Sie enthält ia alles, was Gott aus großer Liebe mit 
ung vorgenommen hat, mit uns vornimmt und vor 
hat, um ung ewig zu befeligen, und was mir, um es 
zu werden, thun folfen. Gie enthält ia reine Wahrh. 
und die hoͤchſten Geſetze in ſich, wornach wir alle unſer 
Thun einrichten ſollen. Endlich, ſie iſt ia die Regel, 
wornach uns Gott an ienem Tage unabaͤnderlich rich— 
ten wird. Allgemein muͤſſen wir daher unſere Gedan— 
ken, Worte u. Handlungen nach derſelben einrichten. 
dd) Man leſe die h. Schrift mit einer flugen 
u. forgfältigen Auswahl u. vorjüglidh das 
n. Tefl. Es gibt Leute, welche es fich zur Ehre 


anrechnen, wenn fie fagen fönnen, fo und — 


| © | 81 
Schr., —6— rechte Art, wie die — — zu leſen iſt?) 


habe ich die Bibel vom Anfange bis zu Ende durch— 
geleſen. 

Dadurch, daß ehehin Prediger blos die Beſchaͤ aͤftigung mit dem Wort 
Gottes anempfahlen, ohne zu Eeftimmen, was SGottes 
Wort ſey? wurde dieſer Mißbrauch 2 tr. Bel Lehrer 
muͤſſen billig beſtimmter reden. 


Dieſe haben vom Bibelleſen keinen Nutzen, denn ſie 
denken ſich weiter nichts, als die Bibel fo bald als 
moͤglich durch oder zu Ende zu leſen. Sie leſen alles 
ohne Unterſchied an in einer ununterbrochenen Ord— 
nung. Darin beſteht nicht das achE= gute Bibellefi fe 
daß man Tag vor Tag ein Kapitel nach dem ander 
vom erften bis zum legten — vielleicht ohne Verſta * 
lieſt. Denn offenbar iſt nicht alles gleich gut fuͤr uns 
in der Bibel, z. B. vieles Geſchichtliche, und nicht all» 
gemein Brauchbare Fommt darinnen vor, welches auf 
Die Ausuͤbung des Guten keinen Einfluß bat. Wer 
alles in der Bibel lieſt, da nicht alles Lehre 2c. iſt, 
ſchadet ſich auf eine doppelte Art. Theils nügt ibm 
das Leſen zu nichts, wenn er gleich glaubt, recht wohl 
daran gethan zu haben, daß er fie lag. Sheilg pi 
er ſich die Zeit geraubt, die er auf etwas Nüßlicherss 
hätte verwenden koͤnnen. Offenbar muß alfo ver Chriſt 
Kuͤckſicht nehmen auf die Befchaffenheit ver zu lefens 

‚ den Stellen und Bücher überhaupt und auf feine ies 
desmaligen Bedurfniffe. Er muß die Stellen und Abs 
fehnitte auspeben, welche @) zur Vermehrung vefigiöfer 
Erf. und Leitung chriſtl. guter Gefinn ungen — alfo 

am fruchtbarften und — nüslich find; g) die er am 
leichteften verfichen u. iedesmal oder dieſem oder ienem 
Umftand mad zu f. Erb. und —— benugen 
kann. Sehr gut iſt es, wenn ieder Chriſt fich ſolche 
Geſchichten und Beiſpiele, welche nach den aͤltern 
Schriften ſehr lehrreich u. vortrefflich von een 
großen und edlen Handlungen vorfonmen u. die viel 
wahre chriſtl. Empfindung und eine uns Cheiften an— 
ftandige Nacheiferung erwecken koͤnnen, fo wie lehr⸗ 
reiche and beruhigende Abſchnitte aus der Bibel aus: 
ſucht, Die fich grade vorzüglich zu feinem Charafter, 
zu feiner ‚ganzen außerl. Lage überhaupt und zu feinen 
iedesmaligen Beduͤrfniſſen insbefpn dere paffen, ind das 
gegen alles Uebrige überainge. Waͤre Jemand B. 
Chriſtl. Si. Lehre f. d. Canzelgebr. Th. 5 


82 ©. 
Schrift, (heilige, — Art, wie die — — zu lefen ift?) 


nad feinem Temperament vorzüglich zur Unzucht ge= 
neigt, fo koͤnnte ihm die Gefchichte von David’g Aug- 
ſchweifung mit der Datfeba fehr warnend und Jo— 
feph8 Heldenmuth im Kampf feiner Keuſchheit mit 
der Woluft der Sr. des Potiphar fehr ermunternd 
feyn. Hiezu müßte er dann noch einige andere apoftol. 
Ermahnungen nehmen, in welchen die fraurigen Fol— 
gen dieſes Laſters lebhaft dargeftelt, und die liebens— 
mwürdige Tugend der Keuſchheit nachdrücklich empfoh— 
len werden. Die aufmerffame Lefung und Beachtung 

dieſer Beifpiele u. Lehren laßt nothwendig einige tiefe 
heilfame Eindrücke in feiner Seele zurück, vermehrt den 
Abſcheu gegen die Unzucht, u. theilt ihm neuen Muth 
und Kraft zur Uebung der gegenfeitigen Tugend mit. 

Einem andern, welcher grade unter dem Druck der 
Leiden kummervoll ſeufzt, find Tolche Beifpiele u. Bes 
gebenheiten zu empfehlen, welche merfwuürdige Spuren 
der gottl. Vorfehung und der allmächtigen Baterliebe 
Gottes gegen feine Verehrer enthalten. Die h. Schrift 
ift reich an Stellen, welche dem an Gott fich halten» 
den Leidenden Unterricht und Troſt darreichen. 

Man unterfcheide daher den in der Bibel enthaltenen 
göttlichen Unterricht von dem, wag mit dem Weſentli— 
chen der Del. in feinem Zuſammenhang ftcht u. nicht 
zu allgemein anmwendbaren Bemerfungen führt. Vie⸗— 
les führe nicht zur eigenen und allgemeinen Erbauung, 
wenn e8 gleich in der Bibel ſteht, 3. B. Namensver- 
zeichniffe, Drtbefchreibungen, Weiffagungen von alten 
Völkern, die fchon längft erfuͤllt ſind ꝛc. Vieles be- 
zicht ſich blos aufs iuͤdiſche Wolf, z. DB. die Befchreis 
bung von der Errichtung der Stiftshuͤtte, vom tüd. 
Tempel, von den Geräthen, Gefäßen und andern zu 
demselben gehsrigen Dingen, vom Maaß derfelben, v. 
den Kleidungsftücken der ind. Prieſter, die Drohun- 
gen der Propheten u. few. Wozu koͤnnte dag !efen 
derfelben dienen? — Dagienige, mag zu dunfel ift, 
und was man nach aller Bemühung nicht verfichen 
kann, überfchlage man, als ung nicht angehend. Sich 
zu lange bei der Auslegung dunkler Stellen aufzubal- 
ten, ift nicht ratbfam. Schwer zu verftehende Bücher, 
z. B. das hohe Lied und die Offenb. Soh., übergehe 
man, denn man wurde in denfelben Feine Belehrung 


* 


S. | 83 
Schrift-(Seilige, rechte Art, wie die — — zulefen if: ?) 


und Erbauung finden.,*) Man huͤte fih vor angf- 
lichem oder neugierigem, Sorfchen in ben propheti— 
Shen Schriften des a. und n. Teil, vor allen 
witzigen Deutungen der Bilder und Gleichniſſe, and) 
Bor ‚den Verlrrungen einer feuri igen und. gügelofen 
. Einbildungsfraft, die immer mehr fiebt, ala der ru— 
big unterfuchende Verſtand, und ven Geiſt ftatt ſiche⸗ 
te Wahrheit mit nichtigen Traumbildern unterhält, 
Es iſt gegen deinen Beruf, o Chriſt! dich an ſolche 
Unterſuchungen zu "wagen, und sehe auch, daß du 
das eine⸗ oder anderemal glückl: ch gerathen haͤtteſt, ſo 
haͤtteſt du doch deine Zeit weit nuͤtzlicher anwenden 
fönnen. Laß andern, die dazu berufen find, dieß Ge— 
ſchaͤft über. Bleib dagegen bei deinem Beruf und bei 
dem, was zur fichern Befferung deiner Erfennmiß und 
deines Herzens gereicht. Wer mie redl. Wahrheits⸗ 
liebe zur. Leſung der h. Schrift fommt, wird, Stellen 
genug finden, die ihm brauchbar find. Er wird bei 
maͤßigem Forfchen die Hauptichren des Chriſtenthums 
entdecken, denn dieſe find fo oft wiederholt, daß eg ihm 
leicht fallen muß, fie zu finden und dann mache er 


aus ihrer Unterſuchung und Anwendung das Haupt—⸗ 


wertk feiner ganzen Erbauung. — 

Dieß ſagt aber nicht ſo viel, als ob wir das alte 
Se ‚ganz im Leſen übergehen ſollten. Einige Schrif- 
ten defjelben find von vorzüglich brauchbarem — un» 
fere Sittlichkeit beabfichtendem Inhalt. Wenn gleich 

das a. Teſt. zunächft die Juden anging, fo wäre es 
doch Thorheit, das Rt zu benugen, woraus mir 
| weifer, tugendhafter, zufriedener und ruhiger werden 


koͤnnen, und was für unfere geiſtigen Beduͤrfniſſe ſehr 


paſſend if. So find die mehrſten nigkmen, fo iſt 


das Such Hiob, fo find Salomos Denkſpruͤche, 
ein Theil des Dredigerg, Das Eiitehkne des Jeſus 


Syr. und zum Theil dad Buch der Weisheit, einige 


52 





3) €8 it auch nicht iedes bibl. Buch zu unferer Erbauung 
und zu unferer Glüdfeligfeit glei gut und wichtig. Auch 
iſt dem einen, diefe, dem andern iene Schrift mehr ange: 
meſſen. 


84 A | | 

Schri ft, t, (heilige, — rechte Art u. WB. die — — zu leſen.) 
hiftor. Stuͤcke und einzelne Stellen aus ven —— 
ten, vorzüglich aus Jeſaias fruchtbar an Lehre 
der Weisheit und Tugend. Diefe müffen wir: vor en 
len andern legen. Das. n. Tefl.ift zwar weit brauch» 
barer und verftändl. als dag a. Teft., aber man {efe 
e8 auch mit Auswahl. Man halte fich vorzüglich an 
das Leben Jefu und an ben Unterricht in den Reden 
Jeſu, am einige Briefe der Upoftel, an den ange- 
wandten oder zten Theil des Briefes P. an die Roͤ⸗ 
mer, Goloffer, Ephefer, In und IIn Brief an die for. 
I. u. IL. an den Tim. Titus, an den Iſten Brief des 
Johannes und des Petrus, an den Brief des h. Ja⸗ 
cob's, welche mehr allgemein ſittl. Vorſchriften enthals 
ten, und daher vorzüglich deutlich ſind. Sie fragen 
zur Beſſ., Gluͤckſeligk. und Beſeligung iedes Menſchen, 

aus welchem Stand vr auch ſey, vieles bei. In vers 
fchiedenen Briefen des n. Teft. finder ſich manches, 
was nur für die damaligen erften chriftl. Gemeinden, 
was fi) auf ihren Zuftand, auf gewiffe Umſtaͤnde und 
auf gemiffe Gegenden bezieht. Manches geht auf Leh⸗ 
rer, die damals das Judenthum mit dem Chriſtenth. 
verbinden wollten, auf perſoͤnliche Feinde des Pau⸗ 
lus, die z. E. ſagten: es fehle ihm an griech. Ge— 
lehrſamkeit, er ſey eigennuͤtzig u. ſ. w. z. DB. im 2ten 
Br. an die Kor. Kap. 11. Wenn gleich Chriſten die⸗ 
ſes leſen fonnen, fo wird dann doch nicht ihr Zweck, 
ſich im Guten zu uͤben, erreicht. — Es iſt auch die 
h. Schrift nach dem Grade der vorhandenen Auffla- 
rung zu lefen. Der eine brauche diefes, der andere 
ienes. Man leſe fie mit beffändiger Hinficht auf Spras 
che, Denfungsart und Sitten derienigen Menfchen, für 
welche diefe oder iene bibl. Schrift geſchrieben wor⸗ 
den war. 

S. Dodert. Rel.-Unterr. Th. I, S. 50. S. 311: ich FRE Hm 

rechtfertigen,“ 

Man halte fih vorzüglid an das in der 
Dibel, wog das fittl, Betragen der M. be⸗ 
trifft: 

d) Man lefe mif Drdnung, d. h. entweder ganze 
bibl. Schriften, oder doch ganze Hauptabſchnitte und 
im Zufammenhangt, nicht Kapıtelmeife, weil die Kap. 
oft unrichtig abgerheilt worden find. "Beim n. Teſt. 


©; 85 
Schrift, (Beilige,— wie fie zu leſen 9 | 


fange man 3. E. mit den vier Evang. an, weil man 
Dadurch erfahrt, wie und wo dag Chriſtenthum ent— 
fanden und was e8 eigentlich iſt u. f. w. 
e) Man lefe nicht gu viel auf einmal, Tang- 
 fam, und nicht in einem fort. Man leſe desh. 
jedesmal nur einen Abſchnitt, denn viel auf einmal 
zu Iefen befordert unmsglich wehre Erbauung Man 
muß wenig — aber das Wenige gehörig lefen. Denn 
es kommt nicht auf die Menge des Gelefenen an, und 
es beruht nichts auf der Länge der Zeit, im welcher 
man die Bibel lieſt; eg ift Fein Lob, daß man die Bi- 
bel in kurzer Zeit durchaelefen Babe, und die Leſung 
wiederhole, fondern alles kommt auf dag guten. nügliche 
Leſen u.auf die Sefinnungen, mit weichen man left, an. 
Man muß mit Aufmerkſamk. Nachdenken u. Anwendung 
auf fih felbft *) Iefen, und dann bat man an weni« 
gem genug. Man lefe deshalb nur einige Berfe, nicht 
mehrere Übfihnitte und noch weniger ganze bibl. Buͤ— 
er, aber doch fo viel aus einem Kap., als zu der 
- Sache gehört, wovon gehandelt wird. s 
f) Die Lefung gefchebe nicht mit eıner zur 
Gewohnheit gewordenen Gedanfenfofigk. 
(Euc. 24, 23:27; Ap. G. 8, 30), fondern mit Bedacht, 
mit ganzer und fortgefeßter Aufmerkſamkeit, und allem 
möglichen Nachdenken. Man muß das Gelefene zu 
verſtehen fuchen, und man befolge Matth. 15, 10. 
Die Lefung der bibl. Religionsurfunden darf nicht zu 
einem mechanischen und unbedachtſamen Tagewerk wer 
den. Vielmehr muß man mit der Urt, wie man fie 
tieit, abwechjeln. - Bald leſe man blos, bald aber ver- 
binde man damit eigene Betrachtungen über den In— 
Halt des Geleſenen. Die Lefung darf nicht das Werk 
einiger Augenblicke feyn und ım Vorbeigehn gefchehn. 
Nein, 88 muB ein wahres Studium daraus gemacht 
werden. F ad 
a) Man lefe mit einer von aller Zerſtreuung entfern— 
ten Gefinnung und mit gebsriger Anwendung der 
Vernunft; Eph. 1,185 1Theſſ. 5,21; 8uc.11,23=35. 
Ein flüchtigeg oder folches Leſen, wobei man mit ſei— 


— 





*) Wovon unten mehreres vorkommt. 


56 ee 
Schrift, (heilige, — wie die — teen 


nen Gebanfen herumſchweift, dient ihm nichts. Man 
muß dazu feine Gedanken fanımeln, ſich aller fremden 
Vorftelungen entfohlagen, und feine Seele mit aber 
Hafmerkfamteit auf das Geleſene richten. Man febe 
auf den Gegenſtand, oder auf Die Sacher die: vorgetra⸗ 
gen wird, Loft, und bemerfe: was, wie, u worin 
oder aus wilden Gruͤnden man es hun fol? - ie 
kann dag aber derienige, deffen Seele voll von andern 
Grdanfen iſt? Das Getuͤmmel derLeidenſchaften muß 
geftilt werden. Man zügele alfo feine Begierden; 
wern Gott gleichſam redet, muß man nur auf feine 
Rede hören, Man muß genau ale Sachen und den 
Inhalt unterfüchen. Seshalb wird uns Joh. 5, 39. 
das a ih Sat. I, 25 dag Durchſchauen 
‚geboten, vergl. IPetr. 1, 12. Es iſt deshalb gut, 
die heil. a ft cher, als man an andere Dinge 
denkt, frhe Morgens, und wenn man ſich geſammelt — 
ſeine Gedanfen und Degierden von Berufsgeſchaͤften u. 
ſ. w. meer bat, des Abends zu lefen. Dan 
Iefe fie auch in einfamen ſtillen Stunden, fo wie. 68 
Zeit N Umftände mit fich bringen, Am Sonntage 
hat man dazu die allerbefte Muße, z. B. nach geendig⸗ 
ten oͤffentl. Gottesverehrungen. — 
pP) Man ſuche das, was man lieſet, gehsrig u, 
ganz zu verfichen, oder man fuche den wahren 
Sinn von dem zu foffen, was. darinnen angezeigt 
worden, oder man mache fih dieienigen Gedanken 
und Vorſtellungen davon, welche: die Derfaffer davon. 
bei ihren Kefern ug n — und hervorbringen 
wollen, Ap. G. so. Man beſchaͤftige alſo nicht 
blos ſeine Augen 9 feine Sun ige, und auch nicht blos 
fein Gedaͤchtniß, fondern gebraudhe feinen Verſtand u. 
nehme es zu Herzen. Man erwerbe fich die zum Verſtehen 
der Bibel usthigen Kenntniſſe, namlich eine Bekannt— 
fchaft mit den Verfaſſern ae Buchs oder Abſchnit— 
tes, welchen man lieſet, mit dem Inhalt und der Ord— 
nung des Inhalts u. der Art des Vortrags, mit dem 
Zweck deffeiben m. ſ. w. Billig iſt eg, Daß der Ehrift 
eine Einleitung in die b. Schrift babe, worin 
gewöhnlich diefe Nachrichten vorfommen, Man fuche 
aber auch mit feinem natürlichen Berſtande in ben Geift 
der Bibellehren einzudringen und gebrauche beim Leſen 





S. 87 


Schrift, (heilige, — wie die — — zu leſen iſt?) 


der h. Schrift, um ſie zu verſtehen, ſeine Vernunft, 
Matth. 13, 23. Denn, wenn wir beim Geleſenen gar 


"nichts denfen, wenn wir ung davon andere Vorſtellun— 
gen machen, als wir ung dabei machen follen, fo ver: 
leiten wir ung felbft durch eigene Schuld — wider 


Gottes Abſicht und Willen und gegen den Zweck diefer 
Bücher, zu Irrthuͤmern und in Salfchheit, und wir 


ziehn ung dadurch Schaden zu. Ohne daß man das 
Geleſene verſteht, ift alles Leſen überflüßig und unnuͤtz 


und der Weg zur Schwärmerei eröfnet. Der Chriſt 


ſoll nicht mit den Worten der Bibel, ſondern mit ih— 


rem Inhalt bekannt ſeyn. Die Bibel hat auch keine 
Zauberkraft, daß ung blog die Worte derſelben — —. 


Es ift alfo nicht genug, daß man gewiffe Worte und 
Redaͤrten, die in der Bibel ftehen, wiſſe, u. den Schal 


derfelben Eenne, fondern man muß mwuürflich dabei et— 
was denfen, und zwar dag, was man dabei denfen 
fol. Wie ſehr aber fehlte noch daran! Denfen wohl 
viele 5. DB. bei den Ausdruͤcken: Zorn Gottes, 
Soft Haben, Gemeinfhaft mit Gott, den 
Herrn feben, Blut Ehriffiu. few. das, was 
dabei mit Grund zu denken ift? Wozu diente aber 
ein Bibellefen, wenn man nichts dabei denft? Zum 
Verſtehen der Bibel wird aber audy die Einficht erfor- 
dert v. dem, was aus derfelben zur Belehrung oder Beſſ., 


‚und — was dazu wenig oder nichte beiträgt, z. B. 


die Vorfchriften, die ſich nur auf gewiſſe Zeiten oder 
Derter bezogen haben, um letzteres fahren zu laffen. 
Darnach lernt man das Gewicht der einzelnen Stellen 
nach dem iedesmaligen Einfluß unſerer fiel. Beſſerung; 


fuͤr den andern find iene oft wichtiger u. für feine Beſ— 
ſerung würffamer. Was den einen trefter, dag beru— 


higt nicht ıedesmal den andern. Denken wir gehoͤrig 
nad), was aus dem Gelefenen folge, und vergleichen 
wir dag Gelefene, mit andern Kehren, die ung aug ber 
Bibel bekannt find, und mit unferer Erfahrung, dann 
dringen wir in den Geift der Bibel ein. Man gebrau: 
che dazu alle vorhandene Hülfsmittel und, in deren Er— 
mangelung, gefchicktere Perfonen, 5. B. die dazu will 
fährigen Nel.= Lehrer, und man lefe in der Bibel eine 
Zeitlang nur die von einem Gegenftande handelnden 
Gtelen und vergleiche damit alles, was von derfel« 





88 ©. | 

Schrift, (heili ige, — wie die — — zu leſen if) 
ben Sache handelt, um ſich dadurch mie der Bibel 
vertraut zu machen, z. E. vom Vertrauen auf Gstt, 
vom Tode, von der Vergeltung nach demfelben, ven 
ber chriftl. Sreiheit, Gnade Gottes in Sefu Chr. u. 
a. m., wovon viele Stellen handeln. Durch Verglei⸗ 
bung der Parallelſtellen erhaͤlt man eine vollſtaͤndige 
Vorſtellung. Da im Religionsbuche des gemeinen 
Mannes die zuſammengehsrenden Stellen angegeben 
ſind: ſo iſt dieſes leicht. Dadurch erweitert der Chriſt 
ſeine Erkenntniß, lernt mehreres ‚lernt deutlicher und 
richtiger und er wird endlich überzeugte. Wern man 
auch einen Abſchnitt mehrmals und langfam lieſt, und 
durch beachtendes Nachdenken ſich bemüht, den Sinn 
der h. Schrift zu erforſchen, ſo wird man gewiß mit 
dem Sinn des Verf. eines Abſchnitts oder einer Stelle 
bekannt werden. — 

Vergl. ©, L. Pauli⸗s Predigten zum Theil boomg Inhalts. 
Hamb. 1794. 8. Nr. 10. über Ap. G.8, 26⸗ 30: „wie kann 
uns die h. Schrift verſtaͤndlich und dadurch recht nůͤtzlich wer⸗ 
den?“ Teller's Magaz. für Pred. gr B. 28 St. Wer. 13. 
©. 162:66: „was hat ein Chriſt uͤberhaupt Bei ſchwer zu 
verfiehenden Stellen’ der h. Schrift zu tun?“ am 1zten ©, 
n, &t. über 11 Petr, 3, 16. 9), 


„) (©. 86.) Soll die Bibel als eine Erkenntnißquelle 
der Wahrheit benutzt werden, ſo muß man aus ihr 
die Wahrheit herausholen, nicht aber die Wahrheit in 

fie Hineintragen. Man muß aus den Bibelſtellen die 
Lehren zieben, nicht fich aber die Gtelfen nad) feinen 
vorher fich gemachten Glaubensmeinungen erklaͤren. 
Hauptſaͤchlich muß man das in ihr aufſuchen, was 
unſerer Seele geſunde Nahrung gibt, was zu unferer 
Erbauung, Bell. und Beruhigung beiträge, und fich 
alfo auf unfer waͤhres Wohl bezieht. Man muß die 
Nebendinge, wie die Schaale vom Kerne abfondern. 
%) Das, was man in ber Bibel Llieft, muß 
man prüfen Die 5. Schrift fordere von Feinem 





*) Hauptſaͤchlich muß fih der Ehrift bemühen, daß er die ei- 
gentligen — in der h. Schrift enthaitenen Religionsleh— 
ten recht faſſe und verſtehe, denn darauf beruht das 
meiſte. 


©. | 89 


Schrift, (Heilige, — wie die — — zu leſen ift?) 


einen blinden Glauben u. einen unvernünftigen Beifall, 


- fondern Nachdenken und Prüfung, Eph. 5. 10. 17; 


- 


lLKor. ı0, 15; Ebr. 5, 12-14. Unterſuchen doch zus 


weilen die bibl. Schriftfteller ihre vorgetragenen Leh— 
ren nach den Grundfägen der Vernunft. Zeigen fie 


nicht dadurh an, daß wir nicht an den Buchſtaben 


bangen bleiben, fondern felbft über den Inhalt einer 


Stelle nachdenken, ihre Wahrheit prüfen, und uufere 


Veberzeugung, falls fie annehmenswäardige Wahrheit 
enthält, befeftigen follen? Bon dem, was die Bibel 


lehrt, muß men die Vernunftmäfigkeit eingufehen ſu— 


chen, dann wird eg ung defto fefter überzeugen, und 
mebr auf uns würfen. Diefe Prüfung aber fol ung 
nicht zu einem unbefcheidenen Zweifeln an dem, was 
fie enthält, bringen; wenigftens dürfen die bei ung et— 
wa aufiteigenden Zweifel, nicht bei ung alt oder herr 
fehend werden. Da man an den Derfaffern ber heil. 
Schriften einen guten Charakter — gute Abfichten — 
und gufe Gemuͤthsbewegungen bemerft, — da fie ge— 
nau in ihren Lehren übereinftinmen; (denn was z. B. 
Moſes von ſittlichen Dingen behauptet, iſt auch Lehre 
Chriſti; was Jeſus Chriſtus behauptet, iſt auch Lehre 
der Apoſtel u. ſ. w.) ſo kann man nicht befuͤrchten 


auf Irrthuͤmer geleitet und getaͤuſcht zu werden. Zwar 


ſchrieben Menſchen, aber Menſchen, welche von Wahr— 
heitsliebe geleitet, vom Geiſte Gottes beſeelt, und von 


Gott als Verkuͤndiger der Wahrh. beſtaͤtigt, und mit 


goͤttl. Unterſtuͤtzung ausgezeichnet wurden. Schon das 
muß uns geneigt machen, dag, was fie lehren, zu glau— 
ben. Es kommt ia vom Urheber aller Wahrb. und 
Meisheit, dem alles befannt iſt. Wer darf alfo feiner 
Lehre widerſprechen? oder feine Einfichten für zuverlaͤſ— 
figer, feine Entderfungen für gewiffer und fich für fä- 
higer halten, tiefer in die Wahrheit einzudringen ? 
Wenn wir Dienfchenzeugniß in der Art annehmen, daß 
wir dem ehrlichen Manne glauben, und unfere Einfich- 
ten den Einfichten deſſen unterwerfen, welcher vieles 
weiß u. erfahren hat, m. feine Ueberlegenheit an Ein: 
fichten fühlens fo muß ung Gottes Zeugniß 
noch wichtiger ſeyn, um in ung ieden Zweifel aufzuhe- 
ben, ieden Widerfpruch aufzugeben und ieden andern 
Beweis für entbehrlich zu halten. Was man alfo in 


90 S. 
Schrift, (heilige, — wie die — — zu leſen iſt?) 


der h. Schrift an Wahrheiten und Ermahnungen fin- 
det und recht verfianden hat, das muß man ——— 
gemacht wahr und ungezweifelt richtig annehmen, Luc. 
1, 28; Jac. 1, 22. Man muß auch glauben, daß 
der Fromme dag darin ihm von Gott verfprochene 
Gute gewiß erlangen wird. Er muß deshalb den Be- 
fig und Genuß feft und mit volligem Vertrauen er: 
warten. Das, was ihm Gott hat verheiffen laffen, 
wird unter den Umftänden und Bedingungen, bei wel» 
chen er es ihm zugefagt bat, wäre es auch noch fo 
groß oder Hein, ihm ausgemacht ficher zu Theil wer- 
den. Denn Gott — der nicht luͤgt, bat eg ihm zuge- 
fagt. — Immerhin ift es mweifer den goͤttl. Delch- 
rungen mehr zu glauben als unfern £raglichen Eins 
fichten und Einbildungen oder als dem Blendwerf un- 
ſerer Leidenſchaften. linfere Einfälle den Belehrungen 
Gottes entgegen feßen zu wollen, wäre Thorheit. *— 
©) (S. ©. 77.) Man muß mit dem Geleſenen 
recht vertraut werden u. man lefe immer die 
5. Schr. mit fietS gewiffenhafter Anwen: 
dung auf fich ſelbſt, oder auf fein Herz. 
Detragen. Man muß feine Gefinnungen u. feinen 
Zuftend nach dem prüfen, was man lief. Man muß 
das Gelefene in Leben und That verwandeln. Man 
muß es alfo beim bloßen Leſen nicht bewenden laffen, 
fondern alles fo Iefen, als ob e8 allein ung anginge, 
und als wären wir dabei gemeint, oder man febe ie— 
den Befehl Gottes, iede Ermunterung, iede Warnung 
als gerade ung gegeben an. Man deute iede Dro- 
hung; iede Verheiſſang, teden Zroft nach Befchaffen- - 
heit feines Seelenzuftandes mit ernfthaftem Nachden- 
. fen und reifer Ueberlegung der Sachen auf fich felbft. 
Man prüfe fein Leben nach dem Gelefenen, und nehme 
fich dasienige aus der Bibel, was zur rechtmäßigen. 
Einficht unfers Betragens und zu unferer Beruhigung. 
dienen kann, Rom. 15, 4. Wird und z. DB. ber Zus 
gendhafte abgebildet, fo verweile man nicht blog bei . 
der ſchönen Schilderung von demfelben; man bewun- 
dere nicht etwa die wohlflingenden Ausdrüde, den 
fanften Fluß der Worte und die natuͤrl. Verbindung 
der Grdanfen, Man lerne die Tugend felbit Fennen; 
man frage fih vor der Selbſtbeurtheilung feines Ge- 


® 91 
Schrift, (heilige, — wie die — — zu lefen iftd 


wiſſens: bin ich derienige, der Bier beſchri eben wird — 
ſo demuͤthig, ſo ſanft, redlich und ſo thaͤtig menſchen— 
lebend, fo recht danfbar u. voll Vertrauen zu Gott? 
Lefen. wir von Gottes WVaterliche, fo Beruhige man fi) 
durch diefe Eigenfhaft und denfe: Gott liebt auch 
mich, er meint's auch mit mir gut, o wie follte ich 
ihm danfen? ich muß mich fchämen, daß ich bisher fo 
undanfbar war! M an frage fich beimtefen: N) was 
follihb thun? Finder man nun; daß man dag Gu— 
te ausüben, diefes und ienes Boͤſe meiden foll, fo. fra— 
- ge man fib: Habe ıch ienes fihon gethan? dieſes 
ſchon vermieden? Da nun der Zerfirenungen im Le— 
ben fo viele find, fo muß man auch befannte Stellen 
leſen, um fid) und die darinnen vorfonimenden Tugen— 
den in Erinnerung gu bringen. Das Ausmwendialernen 
portrefflicher und das fittlihe Betragen beireffender 
Stehen in der Jugend iſt nicht zu misrathen. 2) Wie 
foll ih das tbun, was ich thun foil? naͤm— 
lich aus reinem Herzen, aufrichtig und um des Ge 
wiffeng willen. ® Mit welcher Gefinnung foll 
ih thun? .B. weil es Gott befiehlt, der ge— 
recht, guͤtig u. em. Schoͤpfer und Wohlthäter ift, 
weil es ung Jeſus Ehriftug heißt, der unfer Herr if, 
weil für ung Tod, Zukunft, Gericht und Ewigfeit zu 
erwarten find — kurz: aus gewiffen Gründen. Diefe 
Anwendung des Gelefenen : ohne Gelbfiprüfung und 
Selbſtkenntniß unmöglich, d. h. ob grade wir — bie 
£efenden wir, die und bie Berfonen dag thun, Mag 
wir thun jpden ? in dem Sinn und mit der Geſin— 
nung und aus den Gründen, die ung zum Gehorſam 
ſtimmen, es thbun? Bei einer folchen Anwendung 
des Gelefenen auf ſich felbft entfichen ficher Rührungen 
u. Erweckungen des Gewiffeng, die ung werden einfehen 
| ale: entweder daß es da u.da noch fehle, daß wir wohl 
die Sache, aber nicht mit der gehorigen Gefinnung u. 
aus den gehörigen Gründen thun; oder daß wir, wenn 
wir findenz ich that bisher das Meinige, es bat fich 
in mir fihon Diefer Sinn gebildet, und e8 waren die 
rechtmäßigen Gründe in mir ſchon gegenwärtig, Er- 
a sur Sreude über das erneute Gute Haben. 
Diefe Anwendung des Geleſenen auf ſich ſelbſt ver- 


Schrift, (heilige, — wie die — — zu leſen 1259 


langt aber auch, daß wir e8 auf unfere befondern u. 
nähern Umftande — auf unfer Amt und Stand — 
unfere Lebengperänderungen — Gluͤcks- und Ungluͤcks— 
fälle anwenden und zu uns fagen: was habe ich in 
dieſen Umſtaͤnden zu thun? wie habe ic) das gu thun? 
und auf weiche Gründe werde ich ießt zu ſehen haben, 
3. B. bin ich ein guter Freund — Gatte — Bater— 
Lehrer — Arbeiter — rechtſchaffner Bürger u. ſ. w.?“ 
Leſen wir 2. E. von einer Befreiung und Erreftung, 
fo frage man ſich: wie oft hat dich fihon dein Gott 
aus der Gefahr errettet? Leſen wir eine VBorfihrift 
Gottes, ſo denfe man: es gebt auch dich an. Leſen 
mir von einer Berheffung, fo febe man, unter welcher 
Bedingung Gott das und dag Gute verheiffen habe? 
Leſen wir von einer Drobung, fo erfchrecdke man, um: 
nicht in die gedrohte Strafe zu fallen und entfchliefe 
fich zu einem beffern Leben, u. ſ. w. — Vorzüglich 
muß man die h. Schrift gegen die Keißun- 
gen der Sünde gebrauchen, wozu eine- verfrante 
Defanntfchaft mit ihren Vorſtellungen, Ermahnungen 
und Warnungen erfordert wird. Man muß fich des— 
halb die wichtigften £ehren, Verheiſſungen, Drohuns 
gen, die lehrreichſten Geſchichten und Beiſpiele tief ein— 
prägen und fie ſich fo geläufig machen, daß man fie 
fich zu aller und ieder Zeit in fein Andenfen zuruͤckru— 
fen fann. Auf folche Weife eignet man ſich alles zu. 
Dieß fann auch dadurch fehr gut gefchehen, wenn man 
das in der Bibel Gelefene in eine Are von Gebet ver. 
wandelt, oder fich über das Gelefene und über die Be⸗ 
dürfniffe, die toir bei ung wahrnehmen, mit dem lir- 
heber aller Wahrh. und alles Guten unterredet. Diefe 
Anwendung defien, was wir in der Bibel leſen, auf 
unfer Herz und Leben, nennt dag n. Teſt. dag Fore 
fchen in der Schrift — dag Behalten in emem feinen 
guten Herzen — das Bewegen der Wahrheit in deme 
felben. Diefe Anwendung auf ung felbft bat ven Nu— 
Ben, daß wir vorhandene Fehler und Borurtbeile ab» 
legen, daß wir ung fchämen, wenn uns etwas Gutes 
och fehlt, daß wir ung gegen Verſuchungen verwah- 
ren, in Leiden ung troften, und des an ung gewahr 
werdenden Guten freuen, daß wir ung. beim wiederholten 
Leſen erinnern, theils deſſen, was uns in gewiffen Zei— 


©. . 93 
Schrift, (Heilige, — wie die — — zu leſen iſt?) 


ten sum Troſt, zum Vertrauen auf Gott — zur War— 
nung — Liebe und Berföhnlichkeit Veranlaſſung gab, 
indem die vorigen Ruͤhrungen wiederkehren, cheils, DaB 
I wir ung, was die Strafen des Gewiſſens beirift, be— 
ſinnen: hier ift Dir dag aufgefallen, hier ginaft da in 
si —* u. ſ. w. Wir werden dann nach Zac. IL, 23.24. 
ode gleich, welcher fein Ungeficht im Spiegel beſchaut, 
der ſich an das Sehlerhafte, aber auch an das mit 
* Gottes Huͤlfe angefangene und angensmmene Gute er 
innert. Dbne diefe Anwendung auf uns ſelbſt bleiben 
ir gleichgufel ig; theils denke man, ich leſe ein asttl. 
Buch, ich leſe zur Erbauung, zum Heil meines unſterbl. 
Geifieg, lebhaft. Dieß lage der Unaufmertfamkeit kei⸗ 
nen Platz. Eine ſolche Anwendung und Befolgung 
deſſen, was wir in ber h. Schrift leſen, iſt für uns 
Etimme Gorttes, und das Gute ſt ung darin zu thun 
befohlen. Was uns aber Gott befahl, was er ung 
unferfägte, wäre es auch uns unangenehm, fonberbar 
und ſchwer — erfordert unfera Gehoörſam. Es ver: 
.  Dient eben. die Yufmerffamfeit und Folgſamkeit, als 
Samuel zeigte, da er bei einer außerordentl. Erfcheis 
nung: Gottes die Antwort gab; Herr — — 1Sam. 

3, 10. 
Wergl. Philoſ. Ged. und Abhh. meift moralifchen Inhalts, 48 Binde 
chen, &ypz. 1798. Nr. 4. von einem doppelt Heiligen Buche, od. 

d. hd. Schrift. ©. 127: 145. 


D) Man fuche Deshalb mit dem Gelefernen 
recht vertraut zu werden, fo daß man das 
Gelefene ausube Man ſey nicht blog Kefer, ſon— 
dern ein Thäter des Worts. Gewiſſe nachdruͤckliche — 

ſehr praktiſche u. beſonders auf unſere befondern Um— 

ſtaͤnde paſſende Schriftſtelen ſetze man ſich vor, eine 
Zeitlang oft zu leſen und ſich feft einzuprägen, und 
um fie befländig in unserm Andenken gegenwärtig zu 
erhalten, fo baß men ſich ſolcher iedesmal bei alier 
Gelegenheit zu feiner Rildung, Beſſerung, B Beſcha mung, 
Beruhigung und Unterhaltung mit Gott nach feinen 
iedesmaligen Debürfniffen erinnere, bei ſich erneuere u. 
gebrauche, $. B. mitten in feinen © Sefchäften frucht— 
bare: Ber rachtungen über fie anfellen und fie auf ſich 
anwenden koͤnne; Eph. 6,175 Pf. 27,8; 119, 24 f. 
Wie ann iſt es auch, deshalb fon in feiner 3 


— ©. | 
Schrift, (beilige, — wie die — — zu leſen it?) - 


gend ſolche nuͤtzliche einzelne Schriftſtellen in ſein Ge— 
daͤchtniß — — — f. Man kann dann bei vorkom⸗ 
menden Faͤllen ſie fogleich ausüben, Matth.. 137123; 
Luc. 8, 155 11,285 Jac. ,22=235;5 bat fie dann gleich- 
fam bei der Hand. Welche große und nuͤtzl. Kraft 
liegt dann nicht im manchen bedeutenden. Ausfprüchen 
der Bibel! Daß wir das, mas ung. die Bibel ſagt, 
gern und willig befolgen, iſt, fo wie bei diefer Regel, 
fo auch bei allem Bibelleſen, die Hauptſache. "Ohne 
Ausuͤbun a Geleſenen betruͤgen wir uns ſelbſt. Was 
hilft uns z. B. die Vorſchrift des Arztes, wenn wir 
ſie in — Tagen nicht beobachten? Den Willen 
Gottes zu vollziehen, bringt Erfahrung und Aufſchluß 
des Sinnes vieler andern Schriftfiellen, Jod. 7, 17. 
Um Gottes Vorſchriften zu thun, babe man den 
eraftlichen Willen, dieſelben gut: zu faffen und zu be⸗ 
alten. 

€ Man ſehe beim Leſen der h— Schrift aud 
auf die vorfommenden Beifpiele des Bofen 
and Guten, z. B. eins Abrahams, Joſephs, 
Aſſaphs, David’g, Jeſu Ehrifti, der Ap. uf. 
w. Man finder. in der hei, Schrift manche Fleinere 
lehrreiche Erzählungen, oder vortreffliche Beifp. von 
einzelnen großen nnd guten Handlungen, die fait alle 
von dem mehr oder weniger enthalten, was entweder 
fehlerhaft ift und nicht zur Nachahmung dient, oder 
was fuͤrs Gute weckt und den Chriſten zu einer lobl. 
und anftändigen Nacheiferung reitzen kann. ) Der 
Chriſt ſuche fih vorzüglich folche Gefchichten u. Bei- 
fviele aus der Bibel heraus, die fich beſonders zu ſei⸗ 
nem Ehar., zu feiner ganzen Außerl. Lage überhaupt 
und zu feinen iedesmaligen Beduͤrfniſſen insbeſondere 
paſſen. Man frage ſich dann: wie wuͤrdeſt du in die— 
fer Lage, worin diefe oder iene hier vork. Perfon war, 
gehandelt Haben? denn der Unterricht durch Beifpiele 
ift der deutlichſte und faßlichfte. Durch Beifpiele wird 
man von der Borftellung ber Sache au fih überhaupt 


—— 


*) Vergl. Döderlein’s Rel,: Unterer, Th. Il. ©. 251 ff. 
wo fowohl die Nuͤtzlichkeit der bibl, Beifpiele, als auch 
die Vorficptigfeit bei ihrer Benutzung gezeigt wird. 


©. | 95. 


Schrift, (Heilige, — wie die — — zu leſen iſt?) 


auf das Einzelne — auf die handelnde einzelne Pers 
fon geführt und man ſieht anfhaulih, was — mit 


welcher Sefinnung und aus welchen Gründen eine Per— 


fon etwas that? Man ficht die Sachen, welche fie 


ausüben ff., deutlicher 5. B. am Abraham das Ver— 
trauen zu Gott, an Paulus große Amtstreue, an 
Chriſtus Aufopferung u. f. w. Daher ftellt die Bis 


Ö 


bel auch fo viele Beifpiele auf! vergl. chriftl. Gits 
tenlehref. d. Canzelgebr. Art. Beifpisl (gufes) 
In 8 267° | Ä 


) Das Lefen der 5. Schrift werde oft und 
gern angeftelle.e Man werde der Kefung nicht 
überdrüßig, fondern erfülle Dfalm 119, 103. Es ift 
zwar nicht an gemiffe Zeit gebunden, allein eine feſt— 


Zeſetzte Zeit fchafft einen ſtaͤtkern Antrieb dazu. Man 


feße alfo einen Theil der zur befondern, oder hausli- 
chen Gottesverehrung beftimmten Zeit dazu aus. Man 
Iefe alle Tage etwas. „Sollte es wohl (fehreibt Au— 
„suftin) deinem Leibe. gefallen, wenn du ihn täglich 
„nur einmal fpeiferek? Eben fo wenig wird es deiner 
„Seele nicht nußen, wenn du fie nicht oft aus dem 


„Wort Gottes nähreft und traͤnkeſt. Wie der Huns 


„ger oder Mangel oder fchlechte Koft den Leib hager 
„macht, fo wird auch die Seele, wo fie nicht durch 
„Gottes Wort geftärft wird, ganz matt, und dadurch 
„unfähig zu einem guten Werfe. Iſt e8 recht den 
„nur aus Erde gebildetenteib zwei- oder dreimal fpeis 
„ten und unferer Seele, ein Bild Gottes! kaum in et- 
„lichen Tagen das Lebensbrod und aͤchtes Duellmafler 
„Darzureichen?. Sch vielmehr halte es für ganz billig, 


„den beften Theil auch aufs befte zu verpfiegen! Will 


„man nur den Leib, nicht aber die Seele pflegen, das 
„iſt als wollte man dem Knechte alleg vollguf geben, 
„den Herren aber verhungern laͤſſen. Schon ein Kind 


„kann es begreifen, daß fih das gar nicht ſchickt!“ 


Je öfter man die Bibel lieſt, defto mehr mehrt fich 
unfere Einficht von der ganzen Bibel u. ihrem eigenel. 
Inhalt , fo wie ihre heilfame Würfung. 


6) Man thue niemals etwas, was Andere ge- 
gen die h. Schrift gleihgältig machen oder 


96 — a 
Schrift, cheilige, — Litt. über den Gebr. derſ.) 


— der Benutzung derſelben zuruͤckhalten 
oͤnnte. 

Vgl. über III. Andr. Hyperii 2 Bücher de ER 
lectione ac meditatione quotidiana, welhe Schrift aud) 
ins Deutfihe überfegt worden if; Erasmug Vor— 
rede zu feiner Daraphrafe des Matth. Außer den beis 
den, der Lemgoer Handausgabe von £uthers Bibelüber- 
fegung in orod. 8. 3 B. 13te Aufl. Lemgo 4767 „und | 
vielen anderen folgenden borgefeßten Vorr. v. J. F Ja⸗ 
cobi, „v. den Vorzuͤgen der h. Schrift“ und Ermun⸗ 
terung zum fleißigen a gehsren ganz vorzuͤg⸗ 
lich hieher: Dr. ©. Roſenmuͤllers Anleit. 
zum erbaul. Leſen der Bibel. Lpz. 1793. 8; Ulrich s 
moral. Encyel. iſten Th. 2te Abth. ©. 1091 + 1097, 
und 3er Bd. Art. Schrift ————— Sac. Foſters 
Reden ff. ır Th. Frfrt. 8. N. 10. ©. . 
225 ff.: Regeln, die 6. Scrif nüßlich, zu leſen, über 
ob. 5, 39; Dr. Pb. Doddridge’ 8 * Samml. 
h. Reden, Roſt. u. Lpz. 1763, 8 gte Pred. © ar 
„Bon der Goͤttlichk. der h. —— NE Seders 
Dredd. Gr Th. Lemgo 1779. Nr. 2-55 Waſers 
Predd. Zürich 1781. 23ſte Pred. „Wie man die heil. 
Schrift mit Verftand u. Nugen leſen ſoll? uͤber Ap. 

©. 8, 30. 31; Neym’s Ev. Pred. fuͤrs Landv. 3te 
A. 1778. ©. 108 ff.: - „wie kann ein gemeiner Mann— 
die Hiftorien in der Bibel mie Nutzen leſen? — F. G. 
Pockels Epiftelpredd. 2te Samml. Halle 1779. gr. 2. 
Hr. 13. ©. 261 ff. „vom pflichtm. Gebr, des Wortes 
—— L Magaz. für Prediger, zr Th. Nr. 8. S. 80⸗ 

. 95: „DBom vernünftigen” Gebr. der h. Schrift‘ über 
Joh. 5, 39; Rau’s Materialien zu Canzelvortr. uͤb. 
die Sonn» und Feſtt. Ep. ar Th. Erl. 1789.©.89 = 
92. am sn ©. n. Epiph. „Grundfaß den eigenen Ge- 
— der h. Schrift betreffend,“ 4 Theils ir Abſchn. 

| 49 f.: — den unrechtmaͤßigen Gebr. der heil. 
Sack. DD Koppe’g Predo. ıfleSamml. Goͤtt. 
1792: gr. 8. ©. 22- 24. Pred. ©. 421-480 über ac. 
I, 16-21; Marf, 16, 14 fr und Joh. 14, 23-26: 
„Rathſchlaͤge, wie wir die Bibel zu Tefen haben, Alrfpr. 
und Ermeiterung derfelben, wie fie von ung angefehen 
werden muß? und vier Kegeln chriſtl. Weish., beim 
wuͤrkl. REN derfelben ;’‘ Predd! Entw. über Die En 
ein, 


= 97 
Selbfiffändigfeie Gottes, (mas? Anwendung.) 


fteln, "893. 1792. 8. am gu ©. n. ?r. ©. 199 ff. Die 
Pflicht der fleiff. Uebung in der h. Schrift; Groffe 
Glaube u. Pflicht des Chr. ©. 327:336. 

Ratecheten empfehle ich den Aufſatz in Beyer’g 
Mufenm für Pred. ır Bd 28 St. Kr. 4: „em Mit 
tel, den rechten Gebrauch der Bibel zu befordern“ 
nachzulefen. - 


Selbſtſtaͤndigkeit Gottes, 

I. Begriff. Nach verfelben bedarf Gottes Dafeyn 
Feiner Urfache außer fih. Gott enthält den Grund fe: 

mer felbft. Er beſteht u. Dauert nur afein durch Th 
feldft fort, u. er hängt son ftiemanden ab. Er ıf— 
bat und befist alles zugleih u. auf einmal, was bei— 
fammen moͤglich if. Er genießt durh ſich ſelbſt die 
hochſte Geligfeit. Man muß deshalb alles, was Gott 
thbut, und was ihn zu feinem Thun beſtimmt, blog 
aus ihm felbft herleiten und man darf nich: von Ge 
fchöpfen den Maaßſtab der Beurtheil. des göttl. Wer: 
haltens hernehmen, Gott bevarf Feıneg einzi— 
gen Dinges außer ihm, wenn gleich ale Dinge 
‚feiner bedürfen... | 
S. Allgenugfamfeit ır Th. ©. 59. 

I. Anwendung: | 

ı) Iſt Gott felbftftändig, fo erwarte man von ihm Mes 
fentlich, urfpränglich und aufs vollfommenite, wag 
wir Gutes und Vollkommenes in un. an den Geſchoͤofen 
einzeln und. zerftreut antreffen. Dan fehe alle Ge— 
fhopfe nur als Würfungen Gottes und feiner Kraft 


an. | 

2) Man erkenne deshalb feine Abhängigkeit von Gott, 
bilde nie fih ein von ihm unabhängig zu feyn. Nie 
glaube man, —fey man auch in einer noch fo guͤnſti— 
gen Lage und Verhaͤltniß, — Gottes entbehren zu 
fönnen. _ | — 

3) Man ſondere alle Einſchraͤnkungen und Unvollkom— 
menheiten aufs genaueſte von Gott ab, und bilde 
ſich von Gott nur wuͤrdige Begriffe. Dan lege gegen 
Gott die tieffte Hochachtung zu Tage und verehre ihn 
mit aller Ehrfurcht als das letzte und hochſte Ziel 
aller unferer Wünfche. | 
Ehrift. Sl. £ehref.d. Candelgebr 3 Ch. G 


Me ©. 
Seligfeit Gottes, (mas fie iſt?) 


4) Man leite alle die ung eigenen Vorzüge und Vollk. 
aus ihm her und führe fie auf ihn zurücd, fehe fie 
als unverdiente Gaben von ihm an und ſey ihm dafuͤr 

dankbar. 

S. Allgenugſamkeit Gottes, Ir <h. S. 5of. 

Maieftät Gottes, ar Th. © 245 f. u— den —* 
folgenden Art. Seligkeit Gottes. — 


Seligkeit Gottes, (ITim. 6, * 


Vergl. Ereget, Hands. d. Beweißftellen in der Dogmat, 
2r 8. ıftle Vbth, S. 203. 4. 


I. Unter der Seligk. Gottes iſt eines Theils das Be⸗ 
wußtfenn Gottes von feiner Vollkommenheit gemeint, 
oder das Bewußtſeyn, alle möglichen Bollfommenheis 
ten, 3. B. Emigkeit, —— oder die allervollfoms 
menfte Erkenntniß, Allmacht, Unveraͤnderlichkeit, All⸗ 

weisheit, „Algüte, Allheiligkeit, Gerechtigkeit, hoͤchſte 

Freiheit, Wahrheit und Treue u. ſ. w. zu beſiten und 
deshalb nichts zu beduͤrfen, blos von ſich abzuhängen 
und der lirbeber alles Lebens und aller Gluͤckſeligkeit 
alter erfchaffenen Dinge zu ſeyn. Andern Theils 
iſt ſie auch ein ſtetes — unbegraͤnztes und unveraͤnder⸗ 
liches Wohlgefallen an der Bewuͤrkung der moͤglichſt 
größten Vollk. und Gluͤckſeligk. Seligf. in Gott 
ift ein anerfchütterlich fefter u. dauernder Zuſtand des 
Vergnuͤgens, welcher aus dem geficherten Beſitz alles 
deffen, was gut und erwünfche ift, oder alles Vorzugs 
u. aller Vollk. entſtehet. Dazu gehört 1) vollk. Kennt- 
niß von dem, was Gluͤckſeligk. ausmacht; 2) vollkom— 
mene Weisheit, um dieſen Zuſtand zu ſichern; 3) All⸗ 
macht alles zu Stande zu bringen, was dazu hilft, 
und alles abzuwenden, was e8 hinderf; 4) allgemeine 
Gute; welche edle Gefinnung, an feiner Seligkeit An- 
deren Theil nehmen zu lafien! 5) Eim geficherter Be— 
fis aller erfinnl. Vorzüge und eine freie Ausuͤbung 
derfelben bei allen Gelegenheiten, woraus ein unendl, 
Vergnügen und Belufiigung entfieher, welches zur 
Gluͤckſeligkeit gehoͤrt. Nun iſt dieß alles in Gott 
im hoͤchſten Grade, alſo iſt er ſelig. Er iſt dag ſe— 
ligſte Weſen aller Weſen, weil er alles in ehe Ge— 
walt hat und in ibm kein —— Wunſch be— 


Seligkeit Gottes, (was iſt darunter zu verftehen 2) 


friedigt wird. Wenn fich ſchon derienige v.den M. felig 
nennt, welcher nicht allein felbft ſchon alles hat, was er zu 
einem ruhigen u. gluͤckl. Leben bedarf, ſondern auch fo 
“ viel, alg es ihm moglich ift, beiträgt, um Andere 
gluͤcklich zu machen: fo fann man fich daraus vor— 
ſtellen, wie ungleich ſeliger, ia hoͤchſt ſelig Gott ſeyn 
muͤſſe, da er a) die Quelle und der Arheber alles Guten 
und aͤller Volikommenheiten Pi er 
b) alles, was gut iſt, aufs vollkommenſte erkennt, al—⸗ 
les Gute will, da ihm nichts fehlt und durch nichts 
ie gehindert werben kann; da er c) nicht blos einige 
"wenige gluͤcklich macht, ſondern alle, welche nur der 
Gluͤckſeligkeit faͤhig ſind, einer ſolchen — großen Gluͤck— 
ſeligkeit theilhaftig macht, als wie und in welchem 
Maaß fie diefelbe genießen konnen. Denn er bedient 
fich aufs volfommenfte feiner Kraft und Macht, um 
zu jeder Zeit alled das herporzubringen, was er nad 
feinem vollk. Willen an fich oder mit veränderten Bes 
dingungen für gut findet. Er vollführt feinen ewigen 
guͤtigen Willen vermoͤge feiner Allkraft, ohne alles Yin» 
zu z, und vermöge feiner Allwiffenheit mit Bewußt- 


dm 

1) hat die hoͤchſte Seligkeit (iſt allſelig 
oder unermeßlich- [und deshalb für uns Menſchen nicht 
ganz begreiflich] felis); denn Feiner fann fo wenig ihm 
ſchaden oder feine Seligf. beeinträchtigen, als auch 

Feiner vermag feine Seligfeit zu vermehren; denn er 

iſt über alles erhaben. Dffenbar muß bie hochfte 

Vollk., die unbefchranftefte Macht, Weisheit, Güte, 
Unabhängigkeit und Unverleglichfeit den Genuß einer 

unendlichen Gluͤckſeligk. verſchaffen. Es ſind alle in— 
nere und aͤußere Erforderniſſe da. Gott kennt feine 
hoͤchſte Vollkommenheit, auch die Vollk. feiner Werke 
und die Vollk. iedes Dinges in feiner Art. Er iſt die 

Quelle aller Freude und Seligkeit. Alles gefaͤllt ihm 
wohl, nichts ſtoͤhrt feine Ruhe und ; bedarf nichts; _ 
f. Allgenugfamfeit; ir Th. ©. 9 f. 

2) Gottes Seligk. iſt TEN en wie er ſelbſt 
es iſt. Sie kann nicht vermehrt, aber auch nicht ver— 
mindert werden; denn fie ift ganz unendlich. Gott 
iſt alfo — menfchlich gefprochen — gleichſam unders 
letzt. Seine Geſchoͤpfe koͤnnen ihm nicht Be Auch 





100 S. 
Seligkeit Gottes, (prakt. Folgerungen.) 


ſelbſt dadurch, daß wir ſeiner beſten Abſicht entgegen 
handeln, unfere Sreiheit mißbrauchen, feinem Dlan 
gleichfam entgegen handeln, wird feine Seligkeit nicht 
geftshre. Denn wenn gleich wir M., die uns v. Gott 
gegebene Sreiheit mißbrauchen, feinem Plan gleichfam 
entgegen handeln, wird doch durch ihr Bofes mehr Gutes 
befördert als Bofes (welches ohnehin unter feiner Leis 
fung ficht, indem er alleg genau regiert. Bon ihm 
hängen bie Menfchen, ihre Kräfte und Unternehmuns 
gen in jedem Augenblick ab. Er läßt ihre bofen An- 
ſchlaͤge nicht Bu, falls fie nicht zum Guten gelenft wer- 
den fonnen. Wie Ffonnte alfo dag Bofe Gottes Se: 
ligkeit ſtoͤhren oder aufheben? 
U. Prakt. Folgerungen: 

1) Gott iſt das vollkommenſte und ſeligſte Weſen. Dieß 
fodert uns zur Bewunderung Gottes und zur Liebe 
Bea Gott auf. Man fuche deshalb immer. mehr. feis 

Vollkk. erkennen zu lernen und ihren hohen Werth 
———— Man befoͤrdere auch bei Andern die Eins 
ſichten von den Vorzuͤgen Gottes. Man achte Gott 

der hoͤchſten Verehrung wuͤrdig und erzeige Re. ihn 
auch in der That. Alles, was Gott in den Yugen 

der Menfchen verunehren oder feine Ehre. verdunfeln 
fönnte, müfle aufs ernftlichfte von uns vermieden 
u. alle verkleinerliche Gedanken u. Worte verbafcheut wer⸗ 
den. Nie murre man uͤber Gott, nie ſey man mit 

dem verbeſſerl. Verhalten des untadelbaren Gottes un: 
zufrieden. 

2) Iſt Gott das feligfie Wefen, fo kann er gewiß gluͤck— 
lich machen, und nad) feiner Güte will er. es. Ver—⸗ 
trauen deshalb zu ihm zu faſſen, iſt daher eine noth⸗ 
wendige Pflicht. Der iſt gewiß ganz eeeen 
er gluͤcklich machen will. 

3) Iſt Gott an und für ſich wdurch ſich ſelbſt | 
Be feligfie Wefen, fo denfe mandoch nicht 

weiter, daß wir ibm durch Verehrung die— 

nen, oder feine Vollk. erhöhen n.fein Wohl 

vermehren fonnten, oder daß er die Befol- 

gung feines Willens aus Eigennug, und nicht um 

fein felbft willen verlange, Ap. G. 17, 25. — — 

4) Man fuche Gott aͤhnlich zu werden, dadurch, 
daß man nach allen feinen Kräften und dem beſten Ge— 


ee, .. 101 
Seligk. Gottes (Anwend.), Seligk. in ienemL. 


brauch derſelben ſich beſtaͤndig auf eine weiſe Art um 
ſeine Gluͤckſeligkeit bemuͤht. Man ſuche in ſeiner eige— 
nen Bruſt nie verſiegende Quellen der Ruhe und Zu— 
friedenheit zu eroͤnen. Man ſehe es endlich ein, daß 
man ſich nicht durch den Beſitz auch des groͤßten Guͤ— 
terbeſitzes, der Ehre und durch den Genuß der Zer- 
ee (denn dag alles ift hinfällig u. nicht aus— 

uernd) gläückl. mache. Kein Ge 1. — feine Sache in der 
Erdwelt kann alle unf. Wuͤnſche ftillen. Nichts iſt bier 
beſtaͤndig. Ganz gewiß erfolgt. eine Zeit, wo des 
Geißigen Reichthum — des Stolsen Ehre und des 
Wolluͤſtigen Wolluſt, dem vertrocnenden Brunnen 
gleih feyn wird, aus dem man nicht mehr Waſ— 
fer fchöpfen fann. Gott aber und GBeiftes Güter 
ift ein mic berfiegender Duell. Man entfage alfo 
der Unſittlichkeit, dem eitlen Weſen, lebe wie ein Wei— 
ſer und naͤhere ſich dem ſeligſten Weſen im Denken, 
wie im ———— 


Segen Gottes, f.den Art. Regierung Gottes 
1.8. bb: ar 25. ©, 331-f. 


Seligfeit nad) dem Tode. IPerr. ı, 8; 
— — kuͤnftige ct 1,508. 3, 2. 


Ich bitte mit dieſem Art. zugleich den Art. Leben nach dem 

| Tode, 2r Th. ©. 217 ff. zu Vergleichen und zu verbinden. — 

Man erlaube mir über dieje fo jehr intereffante Materie etwas 
ausführlich zu ſeyn. — | 

Bol. Dödvertein’s inft.. Th. Chrift:: 7.412 533-352; 

Mori Conm. exeg. hift. in epit. T. Il. p. 7253:7445 

—einhard's Borten. über d. Dogmat. ©. 681 :90. 

Fr. W. Wolfrath Aussichten in die unfichtbare Welt in Predd. 

Meildorf u. Lpz 1737. 8.5 Klaͤden (F. WB.) Verfuch über 
die Ewige. u. ihre Freuden, Galle 1786. 8.5 M. ©. W. 
Golddammer Betrachtungen über das zukünftige Leben, 
8293. 1791. sr. 8. Ciebe gut, desgl. aud die Schrift von 

RKlaͤden.) — 

Rel.⸗Lehrer thun ar wenn fie nicht zu oft von dem Ennftigen 
feliaen Reben in ihren Retigionsvorträgen reden; denn wenn 
fie faft immer von der andern Welt banseln, fie das wahre 
Vaterland nennen, fo koͤnnte dadurch Traͤgheit in Vollſtaͤndigk. 
feiner Erdengefchäfte und ein Herausfehnen aus der Erdenwelt 
erweckt werden, 


are | ©. ä 
©Seligfeie nah dem Tode, (mas?) 


I. Was ift unter der Selig nad bei Tode 
zu verfichen? 


Gluͤckſeligkeit iſt das Wohlſeyn und Mohlerge- 
ben in diefer Welt. Sie iſt im Menſchen und ſteht 
in deſſelben Macht. Denn fie iſt eine Folge des fiel. 

Verhaͤltens, und iſt das angenehme Gefühl und füße 

Bewußtſeyn eines tugendhaften Betragens. Gie hänat 
aber auch von Natururfachen, die nicht regelmäßig 
mit Sittlichfeit übereinftimmen, ab. Seligfeit aber 
ift dag genau mit Sittlichkeit im Ebenmaaß ſtehende 
und nicht mehr von Natururſachen abhangende Wohl- 
feyn in iener Welt oder im Leben nach dem Tode des 
Leibes. Gluͤckſeligk. auf der Erde geht in der Ewigk. 

in Seligkeit über. Man meint unter dieſem Ausdruck 
nichts anders als den gluͤckl. Zuſtand und die Beloh— 
nung des Frommen in der kuͤnftigen Welt — oder: 
das voͤllig befriedigende und allen ietzigen Begriff und 
Genuß uͤberſteigende Wohlſeyn des Geiſtes nach dem 
Tode, ſofern ſie eine Folge des guten Betragens auf 
Erden iſt, aber nach dem freien Willen des gottl. Ge— 
ſetzgebers erfolgt. — Die h. Schrift gibt theils der— 
felben verfchtedene Zenennungen, theils redet fie Das 
von in Bildern. Gene finds ewiges Leben (d.h. 
ewige Glückfeligfeit; fie heißt auch fehlechthin das Le⸗ 
ben, 5. B. Luc. 10, 28; Joh. 6, 51, deggleichen dag 
rechte Leben) ; der Himmel, welcher Name die Borfidl- 
lung von etwas Großen, Hohem und Dauerhaften — 
im Gegenfaß des Niedrigen und Vergänglichen im Er- 
deleben in fich fahrt); Das Paradıeß (womit auf 
den Zuftand der Unſchuld und Glücfeligkeit, in wel- 
chem die erſten Menſchen eine Zeitlang lebten, zuruͤck— 
geſehen wird); das Reich — (und dag Reich Gottes, 
— dag Himmelreich; dag Unſichtbare u. Ewi- 
ger d. h. das noch nicht im Genuß. dafeyende Glück, 
3B for. 4 ı8); die Herrlichfeit — (bie 
Gott geben wird, und bie über alles wichtig iſt, 
I%Xor. 4 17; Kom. 5, 2); bie unvergaͤngliche 
Ehre (Rom. 2, 17; IIfor. 4, 17); Unvergang» 
lichfeit (in der angef. St.) und die vollfon-» 
menfte Freude, desgl. Die Freude bes Herrn, Maͤtth. 
25, 24. 





©. | 103 
Seligf. nach d. Tode, (bibl. bildl. Namen v. der). 


Bildlich nennt fie die h. Schrift den Schooß 
Abraham's (Luc. 16, 22; Joh. 13, 23), worin der 
Selige gefragen wurde, oder ein Sigen (Liegen auf 
R m Boden) an dem Bufen Abrahams (ihm zur 
Seite); denn die Juden fchäßten den Abrah. als den 
großen Anherrn ihrer Nation fehr und eigneten ihm 
mit die oberſte Stelle an der himmliſchen Tafel, wor— 
unter fie ich Die ewige le grob-finnlich vorſtell— 
fen, zu. Dit Abrah. zu TC iſche fißen (liegen) heißt 
daher felig ſeyn; ferners ein mit den Stammpätern 
des iidifchen Volks gemeinfhaftl. Gaftmal (Matth. 
8, 11. — Vergl. Ammon's bibl. Theol. ar Th. afe 
u. ©. 232); das Haus Gottes und des Vaters 
(Joh. 14, 2), D. b. der Det, wo man die Demeife der 
Aligute Gottes noch flärfer ge nieß: n wird alg bier; 
desgl. eine nicht mit Menſchenhaͤnden erbaute Woh— 
nung (II Kor. 5, 1); die (hone und präctige 
Stadt Gottes, das himml. Serufalemd. i. 
Vaterland (Ebr. 12,22; Dffenb. 21, 10); der Sabs 
bat, oder die Ruhe die Erholung), womit die Des 
freiung von den mühfeligen Arberten und Befchwerden 
und Sreudegenuß bezeichnet wird (Ebr. 4, 9; 11 Iheff 
1, 7.); der Ruhefiß Gottes (Ebr. 4, 3-8) und ZFeſt— 
feyer (Ebr. 4 9), das Mwahre — reihe — ewige 
Erbe oder die Erbfhaft Gottes (die von Östt 
zu erhaltende — —; Nom. 8, 17; IWerr. 1, 4, tele 
ces auch auf eine beffere Gegend, wohin wir verfegt 
werden follen, hindeutet); die Ehren- u. Sieger» 
frone, desgl. der unvermwelfl. Kranz, desgl. die Tu— 
gendfrone, Bhil. 3, 14; Ifor. 9, 24-27; II Zim. 4 
8, welches bie Seligk. als eine Belohnung bezeichnet; 
die herrl. Sreih. der Kinder Gottes, (Nom.$, 
21.) da8 Burn in einem glanzoollen Eiche 
als ein Jauchzen nach gefuhrtem Gtreit, ein 
 Dingufommen zu Gott — zum Herrn — zu ea 
ſus Chriftus und — ein — — ein Schauen 
Gottes *); Matth. 5, 8; Ifor. 13, 12; Ebr. 12, 14 





| 3 Sehr ſchoͤn bemeiht Herr Doderlein inft: Th. chr. 
T. I. ©. 540-43. daß fein leibl. Sehen oder An: 
| —— Gottes in den Stellen Matth. 5, 8; Ebr. 12, 





104 | ©. 
Seligk.n. d. Tode, (bibl. Vorſt. v. ——ind. Biber) 


am Ende. Diefe Iestere offenbar bildliche Redensart — 
(denn Gott — da er ale ein Geift feine Geftalt hat — 
fann Niemand feben) heißt 1) eine reinere und beffere 
Erf. von Gott, feinen Eigenfihaften, f. Werfen, ſei⸗ 
nen Ge— ſinnungen, Lei istungen und Veranſtaltungen für 
ung M., und 2. den Sreuden- des Himmels ſelbſt er⸗ 
halten — 2) ſelig rn u. felig feyn. ie wir bier 
Gott in feinen Werten erkennen, und ibn um fo näher 
find, ie mehr wir von feinen Werfen wiffen, fo wird 

- ia dadurch, daß mach dem Tode eine neue Schoͤ— 
pfung Gottes für ung eröfnet iſt, und die Erf. Eot- 
tes nicht auf den Fleinen Punkt, weichen wir auf ber &, 
bewohnen, eingefchranfe iſt, wenn Die ungemeſſenen 
Reiche und Welten Gottes, von welchen wir nur hier 
von Ferne etwas ahnen, ſich unſern Betrachtungen er— 
oͤfnen werden, unſere Erkenntniß von Gott %. vermehrt 
und berichtigt werden. 

Alle dieſe bildl. Vorſtellungen find der Faſſungskr. 
der M., die zur Zeit d. heil. Schriftſteller lebten, ge— 
maß gewählt und von allem dem hergenommen, was 
wir hier Erfreuliches — Angenehmes — Schones 
und Wuͤnſchenswuͤrdiges finden. Man muß an denſel— 
ben nicht als an eigentlichen Vorſtellungen ängftlich 
hängen, wie dich fchon der gefunde M—verftand und 
die Aufborung des irdifchen Leibes und Lebens lehrt; 
denn fat alle fegen grobe Koörperlichk. voraus. Man 
muß fie, wie es fowol die geiffige Natur des fünfti- 
gen Leibes, als auch die geiflige Natur des Himmels 
fordert, gleichſam vom Bildliehen entfleiden. Gefchähe 
dieſes nicht, ſo erhielten wir eine zu dürftige — unvoll⸗ 
ſtaͤndige und irrige Erf, v. der fünftigen Seligkeit, bie 
durch iene Bilder als eine folche gefchildert wird, die 
alles das weit ubertreffen, wag wir auf Erden — als 
im Zuft. d. Kindheit von Gluͤckſeligk. fennen. 

Religionslehrer müffen vor allem — undeutliche und finnliche Vor— 
ſtelungen von der Seligk. zu verbüten fuchen, daber fie dieſe 

Bilder erklären und nur das Eigentliche, wad darin liegt, vom 





— — — — — — 


14; J Joh. 3, 1. 2. I&or. 13, 12 gemeint ſeyn koͤnne; 
vergl. damit: J. W. G. Wolfs Predigtauszz. uͤber die 
Evang. 21 Jahrg. ©. 40. 


| ©: ee 105 

_ ge. n.d. Tode,— (fie ift dem Srommen gewiß.) 

Uneigentlichen abſondern und beibehalten muͤſſen. Denn ge: 

ſchieht Dich nicht, ſo hoͤren die Chriſten nur leere Tone, Was 

- Einnen dieſe — was wird eine umdentliche Erf. wirkten? Wer: 

den nicht fogar iene Bilder Vorurtheile erzeugen?! Religions— 

Ichrer müffen von einigen zeigen, daB fie aus Nationalbegrifs 

fen — oder auch aus individuellen Vorfiellungen ver altern Seit 

und der nocb wenig gebildeten Menfchen von Sluͤckſeligk. ge⸗ 
bildet worden find 

Merer. Dr. €, Fr. Ammon’s bibl. Theol. 3r Th. ꝛte verb. 

Aufl, ©. 281 f. und die oben ©, 101. von Kläden angef. 
Shrift, S. 140 f. 


II, Beweiſe, daß ieder Fromme eine ewige 
Seligfeit nach dem Tode gu erwarten bat. 
1) Es iſt eine Zorderung der ſittl. Vernunft, daß es 
eine ewige Seugt. u. ſOf.; denn a) die Natur unferer 
Seele ift fo eingerichtet und fo beichaffen, daß fie ei- 

mer immer böhern Entwicelung, Vervollf. und wach— 
fenden Glückfeligt. fähig iſt, fie wuͤnſcht und fucht. 
Hierzu wird zwar auf Erden der Anfang gemacht, aber 
fie fann bier nicht vollendet werden. Wie follte Gott 
der fih im Guten bildenden Seele, die beffere Gelegen— 
beit dazu nach dem Tode vorenthalten wollen und 
koͤnnen? b) Da fih der Tugendfreund fehon bier 
auf Erden eine gewiſſe Volf. gibt, deren Bewußtſeyn 
ihm die reinfte Glückfelige. gewahrt; fo fann unmög— 
lich der Tod den Genuß derfelben unterbrechen, fon> 

‚ bern er muß vielmehr alles dag wiederfinden, wag er 
zu feinem eigenen Beflen gethan hat, oder f. Ausfaat 
verdoppelt ei merndten, Gal. 6, 9. 


2) Es iſt der Gerechtigkeit Gottes gemaͤß, daß der ſittlich 
Gute in der Ewigkeit ein ſeiner Tugend entſprechendes 
Schickſal erhalte. Zwar liegt ſchon in der Uebung 
der Tugend ſelbſt eine große Belohnung und dem 
Frommen werden ſchon hier auf Erden viele u. man— 
cherlei Freuden zu Theil, allein dieſe innere Zufrieden— 
heit reicht nicht hin, den Menſchen zu begluͤcken, weil 
bei dem heftigen Kampfe zwiſchen Klugheit und Sitt— 
lichkeit auf Erden, (Luc. 16, 8) der Tugendhafte fo 
oft ım Genuffe der — Gluͤckſeligkeit zuruͤckgeſetzt 
wird und — leidet. s iſt deshalb vernuͤnftig zu 
glauben, daß die Klar dort ein erfreul. Schickſal 
erhalten werden. 


106 S. 


Sel.n.d. T., (iſt d. Frommen gewiß, aber unbeſchreibl.) 


3) €8 gründet ich des Frommen - Erwartung einer 
Seligk. auf ausdruͤckliche Berheiffungen Gottes, Jeſu 
und ber Apoſtel (Gef. 3, 10), Mafth. 5, 8, und 11; 
25, 34; Röim. 8, 18; a 7: 9; II Kor. 4 175 Sat, 


Kr 

8. J. A. Schmitz Verſ. in Predo. fuͤr aufgekl. Leſer. Jena 
1791. Se. 12. „die gegründete Hofnung eines ewigen Les 
bens, über Prev. Sat. ı2, 7; Dr. 3. Fr, Flatı’s Wos 
chenpresigten, Tuͤbingen 1797. 8. Wr, 10: . „über die Hofz 
nung des Chriſten (ein) Bürger des Himmels zu werden.’ — 


III. Borinnen wird die Geligf. der Srommen 
nach dem Tode beftehben? | 
A) Dieß Laßt fich nicht genau angeben, denn bei dem 
Allgemeinen, mas blos die Bibel von jenem glück 
lichen Zuftande ſagt, bleiben viele Dunkelheiten und 
unbeantwortliche Fragen uͤbrig. Das, was wir von 
ienem Leben wiſſen, iſt offenbar ſehr wenig gegen das, 
was wir davon hier nicht wiſſen und nie hier erfah— 


ren werden. Wie Fann dag auch anders fiyn? Die 


Szenen der Ewigkeit find nicht für Fleiſch und Blut. 
Wie fonnen wir deutlichere Begriffe von dem Fünfti- 
gen Zuftand Haben und erhalten, der mit dem irdifchen 
fo gar nichts gemein hat, und in welchem ſogar die 
Art, wie die Begriffe und Empfindungen in ung ents 
fiehn, mit den Werkzeugen u, dem Würfungsmittel der 
Seele — dem Körper ganzlich aufgehoben werden wird?! 
Da die Bibel fih nur in Bildern über die neuen Ver⸗ 
bindungen und Verhaͤltniſſe, in welche die Frommen 
nach ihrem Tode werden verſetzt werden, erklaͤrt, die 
aus dem gemeinen Leben hergenommen find, fo koͤnnen 

wir nur davon ſchwache Begriffe haben; daher ift 
IKor. 13, ı2 u. 10h. 3, 2 Wahrheit. 

LKor. 2, 9. 10 Handelt nicht von der ewigen Seligk. unb daß der 
Menſch davon hier keine gewiſſe u. zulaͤngliche Kenntniß habe. 
Nach dem Zuſammenhang redet bier P, von den uͤber alles 
Denken und Erwarten erhabenen Wuͤrkungen der Weisheit u. 
Kraft der chriſtl. Lehre, im Gegenſatz gegen die falſche — ſo— 

phiſtiſche bei ven Corinthern fo beliebte Weisheit, fo wie Ef. 
64, 4 von den Wundern, durch die ſich Gott an dem iuͤdiſchen 
Volke ſo ſehr verherrlichte. 


Da aber ver Menſch fo gern und mehr dag Zukuůnf⸗ 
tige, wenn es moͤglich waͤre, zu erfahren ſucht, als 
daß er aufs Gegenwaͤrtige und Vergangene hinblickt, — 


3 





S, i07 
Seligken.d. Tode,(mwesh. uns fo wenig dav.befannt?) 


da es ſcheint, daß man mit Recht von einer ſo erha⸗ 
benen und wichtigen Sache, als ewige Gluͤckſeligk. iſt, 
naͤhere Entdeckungen verlangen koͤnne: ſo iſt die 

Frage: 

5) Weshalb wiffen wir fo wenig von der ei> 

gentlichen Befhaffenheit des zufünftigen 

Lebens, und warum. gab uns Gott feine 
mehr entwickelte und Deutlichere Erkennt— 
niß davon? 
allerdings einer Beantwortung erh Denn es hat 
dev Umftand, daß eine Reife in ein Kand, deſſen vor= 
treffliche Güter und Vergnuͤgungen uns vollig befannt 
find, weit leichter wird, alg wenn man nur dunfle u. 
verworrene Vorſtellungen davon erhält, vielen Schein. 
Sollte nicht durch eine nähere Kenntniß v. den Freu— 
den der Ewigkeit die Muühfeligfeit der ird. Laufbahn 
erieichtert werden? Sollte fie nicht alle unfere Sorg— 
falt, ia diefelbe zu erreichen, reigen u. beleben? Muͤßte 
nicht eine deutliche Vorſtellung ein feliges Vorgefuͤhl 
iener Freuden gewähren, und dadurch das here 
des Lebens erleichtern und dag Streben nad) Tugend 
anfenren? Go feheinber diefe Entſchuldigungen unfes 
rer Neugierde find, fo läffee fich doch fihon folgendes 
als Urſachen: weshalb uns hier Gott weiſe fo wenig 
hat: davon wiffen laſſen, ausmifteln; Denn 

1) Wir würden offenbar eine nähere Belehrung v. der 
zufunftigen Welt nicht faffen und verftchen Fonnen. 
Joh. 3, 12. a) Offenbar bat noch Niemand von der 
Hefchaffenheit iener Seligkeit etwas erfahren. Die 
Güter und Freuden ienes Lebens ſind ſo beſchaffen, 
daß wir davon auf Erden nichts aͤhnliches antreffen. 
Selbſt unſer kuͤnftiger Leib wird dem gegenwaͤrtigen 
vollig unaͤhnlich ſeyn. Was aber noch Niemanod er— 
fahren und nicht geſehen bat, vermag Feiner genau zu 
erkennen und vollig zu begreifen. Faßt wohl das 

Kind dagienige deutlich, was man ibm zwar erfennen 
laffen will, was es aber nie geſehen hat? 4. D. mar 
verheiße ihm eine Koͤnigswuͤrde, wird eg wohl dieſelbe 
ſchaͤtzen? Wie vermsgen Sterbliche ven Zuſtand der 
Unfierblichkeit su fan? ! Ser fann fi einen Deut 
lichen Begriff von dem Zufande machen, in welchem 
Die Seele ſich ihrer ſelbſt bewußt, ſich (cbend und thaͤ⸗ 


8. | ©. | 
Sel.n.d. Tode, (mesh. uns davon fo wenig entdeckt ift?) 


tig findet, ohne mit dem Leibe verbunden zu feyn? 
Klare Borfiellungen durch Huͤlfe der Erfahrung v. ans» 
gencehmen oder unangenehmen Empfindungen, vom Ber- 
gnuͤgen und Schmerz Fann man nur in dem Zuſtande 
haben, in dem die Seele mit dem Leibe vereinigt iſt. 
In ienem aber iſt die Seele vom Korper getrennt. 
Erſt müßte ihre ganze Lage verändert, erft ihre gegene 
wärtigen Verhaͤltniſſe mie ganz andern vermechfelt were 
den und erſt ganz anders denfen und empfinden ler— 
nen, che fie einer vollftändigen Borftelung und einer 
vollk. Erkenntniß von iener Gluͤckſeligkeit in einem befr 
fern Leben theilbaftig werben Fonnte? Go lange wir 
Diefen unvollf. Leib haben u. finnliche, Menſchen find, 
find wir nähere Belehrungen über die ze der 
Ewigk. nicht zu faffen fähig; II Kor. 12, 3. 4. Rad) 
dem furzen Maaßſtabe des Vergnuͤgens, deſſen wir 
bier fähig find, laͤßt ſich nicht dag ganze Gluͤck der 
zukünftigen Welt meffen. Pur durch ein Wunder der 
Allmaͤcht koͤnnte unfere Faffungsfraft erhöht werden, 
aber dag ware gegen Gottes Weisheit, indem die Be- 
lehrungen Jeſu und der Ap. hierüber hinlaͤnglich und 
faßlich ſind, um unſere Beſtimmung fuͤr die ewige Se— 
ligkeit zu erreichen. — b) Es iſt auch unſere 
Sprache nicht zur Angabe des Naͤhern von 
der ewigen Seligkeit geeignet. Gie iſt zur 
Darftellung der erhabenen und überirdifchen Gegenft. 
iener Welt zu arm und eingefchränft. Die ausgebil- 
dete Sprache kann nur finnliche Gegenftände vollfom« 
men augdrücen und doch find oft die Ausdruͤcke der 
aufgeflärteften Voͤlker unbeflimmt, zweideutig und: 
dunkel. Es wuͤrde alfo Yelbft bei einem beftimmten 
Unterricht vom fünftigen Leben Verwirrung entfichen, 
Unfere Sprache reicht aber gar nicht zu, um innere 
Gefühle und höhere Empfindungen der Freuden aus— 
zudrücen. Sie gleicht in diefer Hinficht nur dem Lal—⸗ 
len und Stammeln des Kindes. Die Wörter find 
dazu nicht angemeffen. Sehlen ung nicht fihon Aus— 
drücke, wenn wir die feierl. Nührung in den Stunden 
der Andacht, in melchen man fich über dag Irdiſche 
zu Gott empor gehoben fuͤhlt und gleichſam den Him— 
mel zum Voraus ſchmeckt, beſchrelben wollen? Bei 
feierl. Auftritten in der Natur, bei ruͤhrenden Ereig- 


&: 109 
Sel.n.d. Tode, (mesh. uns fo wenigdavon entdeckt iſt?) 


niffen in dem häuslichen Leben, bei einer unerwartet 
äußern glüclihen Wendung unferer Schicfale Elagt 
mancher, daß e8 ihm zur Bezeugung feiner Rührung, 
f. Empfindung und Freude an Worten mangele. Wie 
fonnte uns alfo die Bibel über die Fünftige Seligf. 

Licht geben? Wie Fönnte unf. Sprache die reinen u. 

 ungemifchten Freuden derfelben ausdrücken, die den 
—— zu Theil werden wird?! 

„Wie aber — wenn ein Seliger aus dem Himmel 
„zu uns kaͤme, und eg ung ſagte, wie es im Himmel 
„zuginge?! Antw. Welch ein kuͤhnes Verlangen! Wäre 
das auch wohl moglich ? Als ein Geiſt duͤrfte er fich doch, 
went es auch) möglich wäre, nicht gegen ung ausdruͤ⸗ 

. den. Würde der ſchwache Menfih ihn verfiehen? Ver— 
ſtehen Kinder wohl die Befchreibung, die man ihnen 
v. einem ber alle ihre Begriffe gehenden herrl Kunſt⸗ 
werke macht? Faßt der Erwachſene auch die | Beſchrei⸗ 
bung der Lebensart eines fremden Landes durch einen 
Bewohner deſſelben, wenn er deffen Landesfprache ch 
verſteht?! 

Bergl. Samml. einiger Canzelvortraͤge von J. ©. Fock, Wien 

1791. gr. 8. Pr. 14: „warum uns Gott nicht Er⸗ 

ſcheinungen ver Verſtorbenen einen Unterr. von der zukuͤnftigen 

Welt ertheilt?“ 

„Ließe uns doch Gott einmal einen Blick in den 
Himmel thun!“ Antw. Hieße dag nicht Erde u. Him— 
mel mit einander vereinigen? Hat nicht Gott nach ſei— 
ner Weish. ‚beide Zuftände ganz von einander abgeſon— 
dert? Wie Fann man im Prüfungsleben am Zuſtand 
der Vergeltung Theil, nehmen? 

2) Es ift fogar eine nähere Belehrung über 
die Beſchaffenheit der kuͤnftigen Seligkeit 
unnoͤthig; denn a) die Belehrung im n. Teſt. über 
dieſelbe iſt ſchon hinlaͤnglich wuͤrkſam, um ung ernſt⸗ 
lich zur Erfuͤllung unſerer Pflichten willig zu machen. 
Nicht auf eine genaue Kenntniß der Belohnung, ſon⸗ 
dern vielmehr auf eine zuverläßige Gewißheit iener Er- 
wartung kommt es an, wenn unfere Tugend befördert 

werden foll. 

Dafür hat aber Gott hinlaͤnglich geſorgt. So ge 
wiß als wir Gott glauben, der wahrhaft iſt, fo gewiß 
harrt des Frommen ein ewig feliges Leben. Die Bes 


] 


110. S. 
Sel,n.d. T.(wesh. uns G. fo wenig dav. endet har?) 


Ichrungen des n. Teſt. über die Sr, des Himm. ſind 
ſo ne: daß fie teden, der fe nur oft — mit 
Beachtung lieſt, Muth und Entfchloffenh. geben, alle 
unreine —— zu unterdrücken, ieden Sünden: 
reitz zu beſiegen, und ſeine Lieblingsneigung, falls auch 
das v. der Rel. verlangte Opfer ſchwer iſt, zu zuͤgeln. 
Dazu find ſchon blos die Vorſtellungen Gal. 6,7 und 
9, oder unfer Fünftiges Schieffal wird genau unferm 
Eroebetragen eingerichtet werden, Dffend. 14, 13 am 
Ende: Jeſus wird ung richten und die $rommen für 
die Seinigen erflären? IKor. 5, 10; Matth. 25, 345 
Dffenb. er 10 hinlaͤnglich. Wer diefe — 5 
erhebende Religi onserklaͤrungen gehörig beachtet, Faun 
der Suͤnde entſagen, und um den Preiß einer ewigen 
Seligkeit die eitlen Freuden Furzer Augenblicke aufge 
ben. Gefchiehe das nicht, fo würde er als ein Ver— 
blendeter auch dann ein Sklave feiner Lüfte bleiben, 
falls ihm auch die Emigfeit näher beſchrieben worden 
wäre. Haben fie Mofen ꝛc. Luc. 16, 29. Es foll ia 
ienes felige Leben von Erdenübeln frei feyn, e8 fol in 
demfelben unfere Erf. vollffändiger und deutlicher wers 
den, es fol dann ieder gute Ged., iede gute Geſin— 
nung, tede rechtfchaffene Handl. belohne werdet. Es 
folfen dann die reinften und edelfien Freuden keinem 
Wechfel, Feiner Stoͤrung und feinem Ende ausgeſetzt 
feyn. Soldye Vorzüge find im Stande ung zum feuts 
rigften Streben zu erwecken und ung mit der ftärfften 
Kraft zu einer fo vorzüglichen Glückfeligfeit empor zu 
heben. — b) Zu unferer Beruhigung in Leiden, zur 
Aufrichtung im Mißgeſchick auf E. willen wir aud) 
binlanglich von jenem ewig ſeligen Leben. Die heil. 
Schrift laͤßt uns in Widerwaͤrtigkk. von denſelben weg 
auf ienen ſeligen Zuſtand blicken. Die Ausſichten auf 
den Himmel, die uns die Lehre Jeſu bei der Einbuſſe 
unſ. — bei Aengſtlichkeit und Schmerzen, die 
mit ſchweren Krankheiten verbunden ſind, beim Abſter— 
ben der Unſrigen 1. ſ. w. gewährt, find ſelbſt mitten 
im Gedraͤnge des Elendes u. Dann, wenn aller menfch- 
liche Troft uns nicht beruhigen Fann, wenn man mirth>» 
und hofnungslos zu werden im Begriff If, Im Stande, 
Diefe Leiden und Schmerzen weniger fühlen zu laffen, 


S ©. 111 
Sel.n.d.T., (wesh. uns ©. ſo wenig dav. hat wiſſ. laſſ.?) 


Nom. 8, 18; Phil. 3, 21; Offenb. 21, 4; 1Theſſ. 4, 
— HRor: 417: | 
3) Eine mehr oausführlihe Belehrung 
über — — f. würde foger für ung fehädlih und 
von mehrern Seiten ber nachtheilig feyn? a) Wäre 
der Vorhang meggezogen, der dag Heligthum dig 
Himmels verfchliegt, fo würde dag Leben für den inte 
mer bier finnlich bleibenden Menſchen viel von feinem 
Süßen u. — verlieren, oder den Lebensgenuß vers 
mindern und unfere irdifchen Freuden verbittern. So— 
bald als iemand ein großeres Gut vor fih fieht, als 
das iſt, was er fchon hat, fobald verliert es fafl ganz 
in feinen Augen den Werth. Wer fein größeres Gluͤck 
bier auf Erden erwarten Fann, als die nur im Gatte 
zen etwas vortheilbafte Lage und feinen mäßigen Güter» 
befig, ift damit vollig zufrieden und genießt fein Glück 
mit der beiterften Dankbarkeit. Run gibt Gott ung 
bier eine fo große Menge irdifcher Freuden, mit wel— 
chen er unfere irdifihe Laufbahn wie mit Blumen bes 
ftreut und verfchönert hat, 3. B. die Freuden ver Stil» 
lung unferer nafürlichen Bedürfniffe, des Lebens, deg 
froben Selbſtgefuͤhls, der blühenden Gefundheit, deg 
- ungehinderten Gebrauchs feiner Kräfte, der Betr. der 
fchonen Natur, der Annehmlichfeiten des häuslichen 
Lebens, der Erf., der Gelehrfamf., des Wohlthung, der 
Zugend und Erbauung, der Sreundfch., der ehel. Kies 
be, der Kinder und Elternfreuden u. a. m. Diefe fols 
len wir mit dankbar frohbem Herzen genießen; Feiner 
fol fie fich durch ungeitigen Gram verbittern. Das 
iſt der Wille Gottes. Wurde dieß aber nicht durch 
eine voͤllige Augmahlung aller unferer fünftigen Gluͤck— 
ſeligkeit vereitelt werden? Nur ein einziger Anblic 
der höhern Freuden iener Welt, und e8 wäre ieder 
Freudegenuß für diefes Leben dahin! Die großten iegt 
uns ſehr willfommenen Wohlthaten Gottes würden 
dann ung nur anecfeln, weil fie nicht dag wären, was 
wir fhon von den Seligfeiten ienes Lebens geſehen 
hätten. Tode wäre und die ganze Natur mit allen 
Ihren herrlichen Reigen. Wir würden ung hinausſeh— 
nen. aus diefer fo armen Welt. Wir würden an al- 
lem, was darin vorgeht, Feinen Antheil nehmen, und 
‚über das Sehnen u. Streben nach einem beffern Lande 


112 ©. | 
©.n.d.%.,(wesh. unsG.v. der — — fo wenigentd. har?) 


für das gegenwärtige Leben ung nur unbrauchbar ma— 
chen. Gtatt die Gaben des Allliebenden zu genießen, 
würden wir ung in Betrachtungen der ietzt ung uner- 
reichbaren Güter verlieren und dadurch gegen irdifche 
Sreuden unempfindlich werden. Gie würden dann zu 
ſchwach ung reisen. ‚Die Gehnfucht nach ienen bei: 
fern — emwigdauernden Freuden würde dann fo groß 
werden, daß wir alle Erdenfreuden als eitel u. nichts; 
würdig verachteten. Welcher Undanf gegen Gott wä- 
re das! Weife hat alfo Gott ung Sterbl. die Aus« 
ficht in das Funftige Leben verfperret, damit wir dag 
gegenwärtige recht genießen mochten. : Hier find z. 2. 
die Freuden der Sreundfchaft groß, fie würden aber 
durch die Bemerfungen von der Unvollk. eines Sreuns 
des getruͤbt werden, falls wir — —. Darüber wuͤr— 
den wir e8 ganz aufgeben, ale Freundſchaft zu flif- 
ten, falls wir die große Vollk. der himml. Sreundfch. 
und den ungefisrten Genuß näher fennten. Segt aber, 
da wir nicht wiffen, ob wir nach) dem Tode das wies 
der finden werden, und dag abermals. genießen fon- 
nen, was fich bier zum Genuß ung darbietet, nehmen 
wir froh Vergnügungen — Erleichterungen und Ver— 
füßungen des Lebens an, fo fern fie erlaube find u. 
überlaffen e8 Gott, was er einft für andere Freuden 
ung geben werde. Weiſe und gütig war’g demnach, 
daß Gott ung die Freuden jener Welt im Dunkeln nur 

zeigte. | | | 
b) Wären fie ung deutlicher u. naher. befchrieben wor— 
den, fo würden ung des Lebens Leiden und Eaften viel 
drückender, ia unerträglich fallen. Zwar erleichtert 
die Vorausſicht einer glücklichen Abänderung dag Un- 
angenehme im gegenwärtigen Zuftande u. die Befchwerden 
befielben. Srobe Augfichten geben Muth u. Kraft, um 
das Mißgeſchick ſtandhaft zu ertragen. Aber ganz 
genau duͤrfen wir die kuͤnftige Umaͤnderung nach allen 
ihren trefflichen Vorzuͤgen nicht kennen. Genau duͤr— 
fen wir nicht ſchon zum Voraus die gegenwaͤrtige La— 
ge mit der folgenden zu vergleichen faͤhig ſeyn. Denn 
fo bald ſich der Geiſt das kommende Gluͤck nach feiner 
ganzen Größe vorſtellt und zu ſehr daſſelbe mit feiner 
uünvollk. gegenwärtigen Lage vergleicht, fo fühle er 
fein gegenmwärtiges Elend nur deſto mehr und aaa F 
| f 


©. 113. 
Sel.n.d.2., (wesh. uns G. v. der — — fd wenigtc.?) 


Es waͤchſt um fo mehr feine Unzufriedenheit mie feis 
nem ietzigen Zuftande, ie mehr er jich nach einem befz 
feren, well er denfelben kennt, ſehnt. Je beftimmter 
wir wiffen, daß ein Leiden in Gluck ſich auflöfen wers 
de, defto ftärker fühlen wir es, fo lange e8 anhält. — 
Wir würden, falls wir mehr von — — müßten, bei 
den vielartigen Leiden diefer Erdenfage zur Ungeduld 
und zum völligen Ueberdruß verfucht werden, es früs 
her zu verlaffen, als die ung von Gott geſetzte Stunde 
Schläge. Man wuͤrde wenigftens die Erhaltung des 
Lebens gering fihägen. Saͤhe man den Himmel in 
feinen Sr. fo nahe, fo wuͤrde man feines Aufenthalts 
auf der Erde als mie einer Einfperrung überdrüßig 
werden. So aber, da die Herrlich!. ienes Lebens ung 
nicht genau befannt ift, find wir auch in dem Lande 
der Unvollk. und bei unfern Erdenfreuden zufrieden, 
und tröften ung, daß unfere Leiden auf Erden nicht 
ewig dauern, und daß wir einft beffere Freuden algıc. 
genießen werden. Kennten wir iene Fr. ganz fo mie 
fie find, fo würden wir gewiß fo fehr ung darnach 
ſehnen, daß ung dag ietzige Leben zumider würde — 
c) Bei einem näheren Auffchluß über — — mürden 
die M. leicht abgeneige zu nüßlichen Befchäftigungen 
und unthätig werden. Hier lebe der M. deshalb, daf 
er durch unermüdeten Fleiß, Arbeit u. f. w., durch 
fandh. Ueberwindung fo vieler Hinderniffe u. Abwen— 
dung der Gefahren fih und die Seinigen möglichft be— 
glücken fol. Gott wies uns bier zu unferer Uebung 
Geſchaͤfte an. Sähen wir aber ſchon hier hinter den 
Borhang, fo würden alfe irdifche Gegenflände ung alg 
eitel und thoricht vorfommen und ale Gefchäfte deg 
Lebens wuͤrden in Stockung gerathen. Denn, wären 
ung alle fünftige Geligfeiten enthälft, fo würden alle 
irdifchen Angelegenheiten fihon beim erften Augenblicke 
ung verächtlich erfcheinen, wir wärden unferer Befchäfe 
tigungen überdrüßig werden, und ung vor der Zeit 
nach) ienen beffern Wuͤrkungskr. fehnen. Alle Arbeiten 
und Künfte, die hier die M. und zc. in Drdn. erbal- 
ten, und zum gefellfchaftl. Gluͤck beitragen, wuͤrden 
dran gegeben werden. Man würde mit feinen Berufs 
pfiichten auch für die Seinigen zu forgen verfäumen, 
fih in müßige Betrachtet. und unnuͤtzes Grübeln über 
Cohriſtl. Gi Lehre f,d. Canzelgebr. 3 Th. 





2 


114 S. 
Selen d. Sn, (wesh. uns G. fo wenig dav. entd. har?) 


himml. Gegenftände verlieren, und ſich nur den liebt. 


* Vorempfindungen ienes Lebens überlaffen. Keiner 


würde das gemeine Beſte befdrdern. Gelbft die Pfie- 


‚ge des Körpers und der Gefundheit würde verſaͤumt 
werden. Es würden ung auch die Arbeiten zu ſehr v. 


ihrer laͤſtigen Geite erfcheinen. Welche Unordnungen, 
welche Berwirrungen wurden daraug entfiehen? Wirde 
die Welt wohl lange dabei beftchen Fonnen? Wenn 
der Landmann auch nur fo viel von feinem Aderbau 
erhält, alg er mie den Ceinigen zur — — bedarf, fo 


» läßt er fih doch Feine Mühe verdrießen, und die bes 


fchwerlichfie Arbeit wird ihm nicht zu fauer. inter 
der Befriedigung feiner Beduͤrfniſſe, unter den Er—⸗ 
quickungen der Ruhe am Sonntage 2c. vergißt er des 
Lebens Bürde und beſtellt — wenn er auch gleich nach 
5 bis 6 Monaten gar nicht gewiß der beften Aerndte 


‚entgegen fehen kann, dennoch underdroffen feine Sels 


der. Wuͤßte er aber, daß fie auch bei einer fchlechten 


Beſtellung reichlich tragen würden, fo würde er unthä- 
© tig merden, zu ungeduldig fich nach der kuͤnftigen ers 


! 


gicbigen Aerndte fehnen, darauf loszehren u. f. w. 


Eben fo würden es Chriften machen, falls ihnen Gott 
näher den Himmel entdeckt hätte. Weife ‚perbarg ung 


alſo Gott die vollige Einficht von den Freuden. def 


felben. 


d) Bei einer nähern Befanntfchaft der Freuden des 


Himmels würde ernftliches Streben nad NHerzensbil- 


dung und Tugend hbinwegfallen, oder fie würde doch 
demſelben fehr hinderlich werden. 


„Eine genauere Erf. von — — Mmürde doch, follte 
„ic meinen, zum eifrigen Streben nach Tugend an- 
‚treiben, und die zu große Anhänglichkeit an irdifche 
„Dinge, die bier unfer Herz verderben, mäßigen. Wir 
„würden ung mehr zum Genuß iener Seligk. vorbe⸗ 
‚reiten, alfo weifer, gemäßigter und frommer wer⸗ 


den.“ 
Antw. a) Du irrſt. Auf E. if freilich die Vor—⸗ 
bereitungsz. zur — —, bier bie Schule, in welcher 


wir iene größere Weish. und Tugend erlernen — und 
wo fih unfere Faͤhigkeiten und Kräfte mehr entwickeln 
follen. Hier follen wir zu einem höhern Gluck erzo— 
gen werden. Soll das aber ſtatt finden, fo mußten 


— 


© “ 115 
* n d. T., (wesh. uns ©. fo wenig dav.entd. hat?) 


Hinderniſſe und Schwierigkeiten eintreten. Der Tug. 
wird zwar eine reichliche Verge ung verheiffen, aber 
dieſe Berheiffungen werden noch vor der Hand ‚ws 
“Dunkle und in der Ferne geftellt. Zivifchen den Nei- 
gen der ird. Vergnuͤgungen und zwifchen den Ausfich- 
"ten «einer undergänglichen Gluͤckſeligkeit mußte ein 
Kampf ſtatt finden, damit unſere Seele in allerlei Tu— 
genden geuͤbt und geſtaͤrkt wuͤrde. Um uns nun dazu 
zu ermuntern und in unſerm Bemuͤhen gu ſtaͤrken, 
mußte uns ienes Leben verheißen, aber nicht davon 
unſerer Neugierde ein erſtaunendes Schauſpiel gegeben 
werden. Bei einer naͤheren Erk. davon wuͤrde kein 
| Verlangen nach dem befferen Seyn in ung erweckt wer— 
den. Dürfen wir wohl auch gegen das Leben gleich» 
gültig ‚werden, in dem wir ung für jenes bilden 
folen? ꝰ 
a Der Zweck der chriſtl. Rel. iſt offenbar, 
Her Sinnlichk. des M. entgegen zu arbei— 


ten, ihn zum Nachdenken — zur Erhebung ſeiner 
Seele vom Sinnlichen zum Geiſtigen, vom Sichtbaren 
zum —— zur Veredel. feiner ſelbſt zu gewoͤhnen. Der 


Chriſt ſoll ſich die irdiſchen Freuden vergeiſtigen und 
veredeln. Haͤtte uns Gott die Freuden der kuͤnftigen 

Seligk. näher aufgedeckt, fo wuͤrde er unſerer Sinn— 
lichkeit mehr Nahrung gegeben haben. Wir wuͤrden 
mit ganzer Seele an iedem Wink hangen, der uns da— 
von gegeben worden. Wir vergaͤßen dann alle hoͤhere 
und geiſtige Freuden, uͤberließen uns ganz den ſinnl. 
Vorſtellungen, und bekuͤmmerten uns nicht um die 
Ausbildung unſerer geiſtigen Kraͤfte zum Genuſſe hoͤ— 
herer Freuden. Wir hielten den Genuß ſinnl. Freu— 
den für unſere hoͤchſte Gluͤckſeligkeit, den Kindern gleich, 
die ihr Spielzeng und ihre Spielt weit mehr alg die 
doch weit edleren Sreuden des Mannes lieben. Es 
würden alfo alfe höhere Triebe unterdruͤckt und die M. 
den Thieren ahnlich werden. 

©) Unfere Tugend foll edel ſeyn, d. h. auch 
aus reinen Beweggruͤnden herruͤhren. Man 
ſoll fie Kay wegen irdifcher, in Die Sinne fallender 
Vortheile als ein niederer Soͤldiing, ſondern vorzůg⸗ 
lich aus Liebe zu Gott und Jeſu, aus Achtung fuͤr 
Wahrheit, Ordnung und pniär, aus redl. BEN ich 

H 2 


116 | =: 
Sel. n. d. T., (mesh. uns G. ſo wenig dav, entd. hat?) 


geiſtig zu vervollkommnen, aus herrſchender Zuneigung 
zur Wahrh., aus Liebe, ein gutes Hewiſſen u erhal⸗ 
ten und zu behalten, lieben und uͤben. Haͤtten wir 

aber ienes — nach dem ganzen Umfange eingefehenes 

‚Leben vor Augen, fo würden wir blos nad) ihrer Bor» 
züglichfeit und Große unfere Tugend einrichten. Aber 
bei der Unbeſtimmtheit des Fünftig zu erhaltenden 
Gluͤcks kann unfere Tugend rein bleiben. Der ächte 
Chriſt fragt nicht bei ieder guten Handlung: mag 
wird mir dafür? Es genügt ihm, daß Gott nach feis 
ner Verheißung alles Gute aus Liebe belohnen werde. 
Diefe große Verheißung ift ihm ſchon eine hinlängl. 
Ermunterung zum Eifer, zum Muth, im Kampfe ff. 
Dei näherer Entderfung von der — — wuͤrden wir 
immer bei der Größe ımd Borzüglichkeit Diefer Beloh⸗ 
nungen verweilen. Alle edlere Beweggruͤnde wuͤrden 
nicht auf uns wuͤrlen und nur in ſo fern wuͤrden ih— 
re Reitze uns zur Tugend antreiben, als ſie unſere Be⸗ 
gierden erregten. 

d) Da wir bei der Unbeſtimmtheit iener Gluͤckſeligkeit 
nicht wiſſen: wie ſich eigentlich unſere Tugenden zu 
unſerer kuͤnftigen Seligkeit verhalten? was fuͤr einen 
Einfluß dieſe oder iene gute Thaten auf unfere zukuͤnf⸗ 
tige Freuden haben werden und haben fönnen; fo ift 
nichts vernünftiger, als alle Pflichten eifrig und ftand- 
haft zu erfüllen. Denn es ift ung unbefannt, was 
jeder Gehorfam für einen Einfluß auf unfere fünftige 
Seligfeit haben, mie fehr die Erf. einer Forderung 
Gottes, deren Urfache wir hier nicht einfehen, unfere 
Geligfeit erhöhen, und wie fehr ihre Nichterfüllung 
Diefelbe vermindern fann. Alſo iene Unbefanntfchaft 
von — — ift im Stande unfer Streben nad) Tugend 
zu verftärfen. 

e) Nicht wahr — ein Glück, welches wir ganz überfes 
hen können, — Freuden, die nichts Unerwartetes für 
uns haben, reisen ung weniger, als Erwartungen, von 
welchen wir zwar Die größte Hofnung haben, von wel 
chen wir uns zwar dag vollfommenfte Vergnügen vers 
fprechen, die ung aber über ihre Befchaffenheit u. dag 
Vorzügliche der Freuden in Ungewißheit laffen. Oft 

wird ein Glück in der Erwartung beffer, als im Beſitz 
und Genuß es iſt. Daſſelbe iſt der Fall mit der kuͤnf— 


©. | 117 
Sel.n.d. T., (wesh. uns G. ſo wenig dav. entd. hat?) 


tigen Seligkeit. Wäre fie ung näher befannt gemacht 
worden, fo würde fie unfer Streben nach Tugend, 
durch die wir fie ung erringen, ‚weniger reißen. Saͤhe 
der Knabe vorher, was in der Zukunft fuͤr ein großes 
Gluͤck auf ihn warte, fo würde er gewiß ſich nicht bil- 
den, um ein großer und guter Mann und dadurch 
glücklich zu werden. 

f) Dei einer vollig — und ausführt. Erfenntniß 
von — — wuͤrde die entzuͤckende Sreude ber 
Ueberrafhung für ung einſt wegfallen, die gewiß 
ein wichtiges Gluͤck unſerer kuͤnftigen Seligkeit ſeyn 
wird, wenn unſer Geiſt die Bande des Koͤrpers zer— 
bricht, und ſich zum Himmel aufſchwingt. 

4) Die Unbekanntſchaft mit dem ganzen Um— 
fange des — — iſt nuͤtzlich. Denn dadurch 
fernen wir glauben (IIKor. 5, 7; Nom. 8, 24. 25), 
hoffen, und das edelfie Vertrauen auf Goft und 
feine. Verheiſſungen ſetzen. Unſere Freuden werden 
auch groͤßer werden, wenn ſie alle unſere Erwartt. u. 
Vorſtellungen weit uͤbertreffen werden. 

5) Es waͤre uͤberfluͤßig, wenn ung bier Goft 
mehr von — — hätte mwiffen laffen. Das 
Hanptfächlichite und fo viel, als wir zur Aufmunte- 
rung und Verſtaͤrkung unſerer Tugend — zur Beruhi— 
gung in Leiden beduͤrfen, wiſſen wir. So viel iſt uns 
von — — mit Zuberlaͤßigkeit bekannt, als wir in Dies 
ſem Stande der Pruͤfung gebrauchen koͤnnen, genug, 
um uns vor den Verfuͤhrungen der Suͤnde warnen 
zu laſſen, genug, um uns zum ſtandhaften Eifer im 
Guten zu ermuntern, und um einft froh flerben zu 

-  fonnen. Die bibl. Belehrung über — — ift vollig 
befriedigend für den, der feiner Beſtimmung — ſeiner 

Wuͤrde gewiß es weiß, daß die ſiunl. Freuden nad) 

dem Genuß eine gewiſſe Leere in der Seen zuruͤcklaſſen 

und wie Dagegen die höhern Vergnuͤgungen des Gei— 
fies de8 Frommen ewigen Genuß gewähren. Daß die 

Froͤmmigkeit auch die Verheiſſungen des zukünftigen 

Lebens habe, iſt ſchon dem aͤcht tugendhaften hinlaͤng— 
lich, um mit Muth und heiterer Seele unverdroſſen 

den ſchmalen Pfad der Tugend zu wandeln. Der 

nächtl. Wanderer zagt nicht wegen der Nacht, denn 
er hofft bald die enthuͤllte Dunfelheit zu fihauen und 


aaa —— — — 





118 S. 
Sec n. d. Te, (wesh. uns G. ſo wenig dav. entd. hat?) 


nach der Morgendaͤmmerung die Sonne aufgehen zu 
ſehen. Er geht deswegen unverzagt fort. Wir wiſſen 


fo viel von — —, als noͤthig iſt, um nicht von ird. 
Freuden vergiftet und nicht von den Erdenleiden ge⸗ 


plagt zu werden. 

Man halte fih nur danfbar an bie wenigen Auf⸗ 
ſchluͤſſe der chriſtl. Rel. uͤber die Beſchaffenh. der kuͤnf⸗ 
tigen Seligkeit als an einzelne durchbrechende Strah— 


len, fo lange wir bier noch in der Dunkelheit wallen, 


bis auf die Morgendammerung des beffern Lebeng, die 
Jeſus als Graberheller heranfführee, die hellefte — 


alles umber den Himmel verbergende, Gewslfvers 


treibende Aufklärung eintritt *). Man’ flarfe fich 
dadurch) zum ruhigen Ausharren, Man wage e8 nicht, 
wie e8 leider fo viele es thaten, durch feine Einbil- 
dungsfraft tiefer in dag, was Gott ung verborgen 
bat, einzudringen und darüber nur zu fraumen, um 
nicht darüber die wahre Beruhigung der Deutlichen 
Wahrheit zu verlieren, und dagegen in Irrthum zu 
verfallen. RE Kr year 


Mon verat. Dr. 8. F. Neinhard’s 1798 gehaltene Predd. ir B. 


Sulzb. 1799. Nr. 5. ©. 85:99: „vom Vorſchmack des Him⸗ 
meils und einer beſſern Welt” uber Luc. 2, 22732; Sin-⸗ 
teni’s 2te Poflille, ar Th. Zerbſt 1800. gr. 8. ©, 1172124. 
„Augenblicke der Vorempfindung iener Welt,‘ über Roͤm. 8, 
2455. Stoſch Preis. und and. dirifil, Betr. zr Band, oder 
Andachten in Predd. 1800, Hr. 8. ©, 257:209: „Borgenuß 
des Himmels auf Erden.” 

©. Goldammer Betrachtr. üb. d. zuk. Leben, Lpz. 1791. ©, 
127:162: „warum ER un? fo —— von der eigentlichen 
Veſchaffenh. des zuk. Leber 75791 J. W. © Wolfs Auszz. 
aus feinen Predd. über tie Ev. ır Jahre, ©, 119:122: „Über 
die unvollk. Erk., die wir über die Beſchaffenh. des zuk. Les 
bens haben;” 3. Sobn?’s Predigtentww. über die S. und 
Seftt.:Ev. 4r Jahrg. 1800. ©. 197200. „Barum bat uns 
Gott nicht mehr von ver Befchaffenheit des Himmels geoffenz 
bart?'5 Dr, E. F. Ockel's Palingenefie des M. 1795. 4. 
©. 364379: „warum uns Gott nicht eine dentlichere und 
gewilfere Erf. ter Zukunft und befonders ienes Finftigen Les 
benszuft. vergnunt habe 2"; Allg. homil. Magaz. Über die Ev, 








— — — —— — — — — — 


*) Dann werd ich Das im Licht erkennen, was bier mein 
Auge 10. Sellert. 
”) Wolfrath's Ausfihten Ar, IM, 


S. 119 


Seligk. n. d. Tode, (über die Vortraͤgev. der — —). 


u. Epiſt. 1x B. 23 St. Hildburgh. 1796. ar. 8. — am 2ʒſten 


©. n. Tr. von Campe: „warum wiſſen wir fo wenig und 


nicht mehr vom ewigen Leben?’ 1) Die hellen Strabien vom 
Lichte ienfeit des Grabes Fünnten den Ueberdruß des Lebens zu 
groß — 2) den Scenuß deſſelben zu ſparſam — 3) die Gehns 
Sucht nad) der groͤßern Vollk. zu geſpannt, und das Gemuͤth 


durch die Begeifierung der Betrachtung darüber für die Erde 


zu unthaͤtig machen; Religivnsvorträge nach den Örundf. 
de3 Chriftenth. Lyz. 1802. 3. Nr. 3. „warum uns Gott von 


der Beſchaffenh. des zuk. Lebens nicht mehr geoffenb. habe ?“ 


uͤber Luc. 24, 13:35 am zn Oſtertage. 


€) (. ©. 107) Was twiffen wir denn RR Ge⸗ 
wißheit von der zukuͤnft. Seligkeit? 


1) So ſehr man ehehin zu haͤufig über dieß Thema predigte u. da— 


durch recht zu rühren ſuchte, fo dürfen iedoch nicht ganze Vor⸗ 
träge hieruͤber wegfallen. Denn da wir uns hier zur zukünfz 
tigen Gluͤckſeligkeit vorbilden ſollen, fo muͤſſen wir deshalb, fo 
weit wie es uns möglich iſt, dieſelbe kennen zu lernen ſuchen, 


am ſchon unſern Geiſt fo zu ſtinmen, als es noͤthig iſt, um 


derſelben empfaͤnglich und wuͤrdig zu werden. 


2) Rel.⸗Lehrer muͤſſen in ihren Vortraͤgen keine Vorſtellungen von 


einem Muhamedaniſchen Himmel mittheilen, d. h. nicht die 
Seligk. im Genuß vor koͤrperl. — ird. Vergnuͤgungen, ird. 


Beſchaͤftigungen, u. ſ. w. ſetzen, und die Seligk. als ein Wan— 
deln in einem ſchoͤnen Luſtgarten (wozu das Wort Paradieß 


verleitete), in einer Fortdauer deſſen, was bier dem ſinnl. M. 
fein höchftes Sut ift, fey es — — oder — — befchreiben; denn 
Luc. 20, 35, Gie vürfen Feine ſinnlich reisende Schilderungen 
einmifchen, wenn es gleich richtia ift, daß ſolche Vorſtellungen 


‚am liebften vom Volke gehört werten. Sie muͤſſen es mehr 


mals ernftlich jagen: daB der Menſch dort nur das aͤrndten 
werde, was er bier gefäct hat, ans Daß teder Fromme 
feinen Himmel in feinem Bewußtſeyn und 
feinen Sefinnungen ſchon hier aus der Welt 
mitnehbme. 3u ſehr ift ser M. geneigt und eitel genug, 
fi) die Zukunft nach feiner Einbildungskraft angenehm und 


reitzend zu ſchaffen. Daher muß man oft gegen dieſe Spiele— 


reien reden. Die Vorſtellungen des großen Haufens find auch 
oft an ſich zu ſinnlich und undeutlich; durch ſinnl. Beſchrei— 
bungen Bon der Ewigk. werden ſolche nur noch mehr befeſtigt. 
Bei unrichtigen oder undeutlichen Begriffen faͤllt die heilſamſte 
Betrachtung ver E, weg. Zu Weit getriebene Vermuthungen, 


v. b. Traͤumereien z. B. über den Auſenthaltt der Seligen, 


über tie verſchiedenen Arien ihres Senuſſes, über ihre Verbins 
dungen, mannichfaltige Gefchäfte u. f. w. überiaffe man ven 
Dichtern und — Schwaͤrmern. Es if — fo. wenig wir aud) 
vom Süd des Himmels wiſſen, ſchon das genug, daß wir wilz 








120 ©. 
Se. n.d. Tode, Worſichtigk. beiden Vorte.v. —* 


fen: daß des Frommen Geele in den Händen Got⸗— 
tesift, u. daß es ihrin diefen väterliden Haͤn⸗ 
den nicht anders als wohlgehen koͤnne, wie fehr 
aud) dieß Wohlfeyn von unfern iesigen Erwartungen verfchles 
den feyn mag, Weish. 3, I. (Iſte Hälfte). Ein Eörperlicher 
Freudengenuß findet in der Ewigk. nicht ftatt, und im Himmel 
wird Eeine finn!. Pracht herrſchen. Die Freunden der Sinne 
dürfen wir nicht in den Begriff ver Ewigk. mit einmifchen, 
Durd) zu finnlich reigende Schilderungen vom Himmel Eonnen 
Drediger auch leicht Zum Lebensuͤberdruß Anlaß geben, Sie 
muͤſſen alfo verhuͤten, daB ſich in ihre Vorträge nichts miſche, 
was mit dem, Woran ein reiner moralifher Ginn allein 
Freude Haben — worin er allein feine Seligkeit juchen fol, 
ſtreitet. a — 


9 Religionslehrer muͤſſen bei ihren Vortraͤgen uͤber die kuͤnftige © Se: 
_ tigkeit ihre Zuhörer wohl unterfcheiten, Wenn für die, die 
bier ihe hoͤchſtes Gut in der Wermehrung ihrer Einfi ten und 
in ver Erforfhung der Wahrheit finden, der Gedanke: dort 
werden wir das lernen, was uns hier die größten und ſcharf⸗ 
finnigften Denfer nicht beantworten Eonnten, vorzutragen ift, 
fo wird diefes denienigen nicht gefagt werden müflen, die als 
Ungebildere dad Vortreffliche diefer Sache nicht einfehen, Ih⸗ 
nen wird es erfreuender ſeyn, zu hoͤren, daß ſie dort nicht 
mehr irdiſche — muͤhevolle Arbeiten verrichten und die Leiden 
des Erdelebens nicht mehr fühlen werden, Dem, der hier 
wahre Sreunde hat, ift dev Öedanke: „Dort werde ich fie wies 
derfinden die Lieben, die ich Hier durch den Tod verlor,“ am 
intereffanteften u. ſ. w. 





4a) Es iſt nicht zu billigen, wenn in allen Predigten die ewige Se: 
ligkeit des einzige und immer wiederholte Beweggrund ifi. 


un) Sm Allgemeinen ift es zuverlaͤſſig ge⸗ 
wiß: 


1) Jener Zuſtand des Frommen nach dem Tode wird 
ungleich beſſer ſeyn, als es ihm hienieden geht? Es 
wird in ieder Hinſicht der gluͤcklichſte Zuſtand ſeyn, ſo 
weit als ein Menſch deſſelben faͤhig ſeyn wird. Die 
kuͤnftige Seligk. wird alles uͤbertreffen, 
was wir bier in unſerm Kinderſtande von 
Gluͤckſeligk. fennen. Gie wird eine Verſetzung 
de8 Frommen in eine folche Lage feyn, die vollig für 
ihn nach feiner neuen Beſtimmung paßt, und ihm an- 
gemeften iſt. Die Glückfeligfeit wird von 
der Art fenn, daß alle irdifhe nicht damit 


©. 121 
Sel.n.d. Tode, (worin wird fie im Allg. beftehen ?) 


verglichen werden fann *), Sie wird alle 
unfere ießige Vorftellungen davon unend— 
lich übertreffen. Sie wird eine ſehr gro— 
Be — ewige Belohnung für feinen Ölau- 
 ben— feine Zug., f. Aufopferung in diefem 
Leben feyn, u. alles das in fich faffen, was 
guten — edlen Geelen erhaben — wün- 
ſchens werth — erfreulich und entzuͤckend 
ſeyn, u. ſie mit den ſchoͤnſten — erquickend— 
ſten Hofnungen erfuͤllen wird. Sie wird 
unausſprechliche große Freuden gewaͤhren 
u. der Inbegriff alles moͤglichen Guten u. 
Schoͤnen ſeyn. Alles das Liebliche und Herrliche, 
welches wir in der Natur u. den verſchoͤnernden Kuͤn⸗ 
ſten der M. antreffen, iſt nur ein Schatten von dem, 
was Gott ſittlich guten Menſchen im Himmel gewaͤh— 
ren wird. Das, wodurch uns allein oder bei Andern 
wohl ums Herz wird, iſt nur ein Anfang iener himml. 
Vergnuͤgungen. Was hier dem Auge ſchoͤn erſcheint, 
was hier dem Ohr lieblich toͤnt, was den Umgang rei— 
zend macht, was den Geiſt belehrt und bildet, was 
die Liebe und Freundſchaft angenehmes hat u. gibt — 
das alles wird dort geiſtig — im hoͤhern Maaß 
dem Rechtſch. gewährt werden. Seligkei— 
ten, die man hier ſich nicht denken, — nicht 
empfinden kann, wird derſelbe genießen. 
Ganz wird ſich ihm — nach ſeiner unerſchoͤpfl. 
Liebe offenbaren. 


Daß die kuͤnftige Seligk. außerordentlich 
groß ſeyn werde, folgt aus folgenden 
Gruͤnden: 


a) Die Mittel muͤſſen doch mit dem Endzweck in Ver—⸗ 
haͤltniß ftehen. Gott ſchuf uns, u, ſucht uns durch Je— 
ſus Chriſtus zu beſſern und zu erloͤſen. Welche große 

Mittel — welche erpubene Anftalten, um Gottes Werf 
zu vollenden! 





*) &ie wich fih zu ber höchften irdiſchen Gluͤckſeligk. grade 
fo verhalten, wie das männliche Alter zum kindlichen, 
I Sor. „un 2 EEE | — 


122 ©. 
Seligk. n. d. Tode, (fie wird außerord; groß feyn.) 


b) Gott iſt ia allliebend, allmächtig und allweiſe, er iſt 
alſo an Macht, Willen und Mitteln unbeſchraͤnkt, um 
ſeine Lieblinge zu begluͤcken. Von dem Gott, der die 
Liebe ſelbſt iſt, der am Wohlthun feine Freude und im 
Freudemachen durch die Mittheilung ſeiner Güter eis 
nen Theil feiner eigenen Seligkeit findet, laͤßt ſich alles 
erwarten. — 

eo) Bon dem, was wir ſchon hier erfahren und von 
dem, was wir fchon hier von der kuͤnftigen Seligkeit 
wiſſen, laͤßt ſich auf das ſchließen, was wir von 

Gottes Guͤte einſt erfahren u. erkennen werden, wenn 
wir gleich hier e8 noch nicht wiffen. Hier gibt uns 

Gott ſchon unüberfehliche Broben von. Huld und die 
vorzuͤglichſten Verheiſſungen von weit größeren Seg⸗ 
nungen in iener Welt, wie vollends guͤtig wird 
er — —, wird er nicht als der Wahrhaftige Wort 
halten? 

d) Der Menſch ift erftaunlicher Freuden. faͤhig. Der 

Schluß iſt richtig: fo groß und mannichfaltig die Faͤ⸗ 
higkeit eines Geſchoͤpfs ift, felig zu feyn, fo groß und 
mannichfaltig wird einft feine Geligfeit werden. Den 
Gott fann nicht den Gefchspfen Empfänglichfeit zu et— 
was geben, ohne die Abficht zu haben, ihnen einmal 
das felbft zu geben, zu deſſen Senuffen er fie fähig ge— 
macht hat. Wird nicht fogar durch den vollfommme- 
ren Leib, welchen der Menfch in der Auferftehung ers 
halten fol, diefe Empfänglichfeit noch großer werden? 

e) Es folgt aus IlCor. 4, 17; Nom. 8, 18 und aug 
den Bildern, unter welchen die Bibel die Seligfeit be- 
fchreibt. Sie bat folche von den erfreulichften — an—⸗ 
iger Sachen, die man nur auf Erden Fennt, 5. 

. von dem Gaftmel, vom Schaͤtze, ©. einer reichen 
Ciofehaft, v. Ruhe, v. Eingehen in die Heimath, von. 
einem Siege nach dem Streit u. f. w. entlehne. Es 
folgt auch aus den 8 Stüden, die ung v. ber kuͤnft. 
Seligkeit bekannt ſind. 

BB) So groß aber auch unſere kuͤnftige Seligkeit ſeyn 
wird, ſo wird ſie iedoch auch mit der Endlichk. und 
Eingeſchraͤnktheit unſeres Geiſtes uͤbereinſtimmen und 
feine ungemiſchte Seligkeit ſeyn, z. B. gaͤnz⸗ 
lich wird unſere Erkenntniß nicht von Maͤngeln be— 
freiet werden. Die allervollkommenſten und 


Sel.n.d.Tode, (fie wird Feine ganz ungemifchte fi eyn.) 


allerreinffen Freuden Tonnen wir als M. 
nicht genießen. Die Freuden der €. werden 
allerdings sumeilen durch unangenehme 
Gefühle unterbrochen werden Denn man 
darf theils bei den Beſchreibungen d. h. Schrift v. 
der kuͤuftigen Seligk. nicht vergeſſen, daß ſie von be— 
ſchraͤnkten Weſen redet, denen ſie zu Theil werden ſoll; 
theils if ein Zuſtand, der aus blog angenehmen 
Empfindungen befieht, der Natur unferer Seele nad) 
unmoͤglich. Ein endliches Wefen ift nach feiner einge- 
fehranften Natur unfähig, eine — und reine 
Seligkeit zu genießen. Dieß iſt der Vorzug einer 
unendlichen Natur. Die himml. Seligk. kann alſo 
nicht ganz frei von unangenehmen Gefuͤhlen ſeyn, die 
theils aus der Einſchraͤnkung unſerer Erkenntniß, 
theils aus den daher flieſſenden Fehlern der Schwach⸗ 
heit, theils aus den aͤuſſern Verbindungen und un- 
ferer Shätigfeit in — entſpringen muͤſſen. Es 
ſchreibt auch der Ap. P. I Kor. 13, 13, daß Glaube 
und Hofnung im fünftigen Leben hbrig bleiben wuͤr— 
den, morin iener Begriff liegt. Es wirde auch der 
Seele ein Zuft. nicht nüglich feyn, in welchem fie ohne 
allen Widerftand und — — ieden ihrer MWünfche er: 
fuͤllt fähe Da kein M. ganz gut ift, fo wird ganz 
ficher ein Theil der natürl. Folgen der nicht gefiß- 
mäßigen Handlungen (denn die durch Chriſtus geſche— 
hene Erlöfung bezieht fi ſich nicht grade hin auf die na- 
türlichen Folgen derfelben) fortdauern u. ihre Gluͤck— 
ſeligkeit nach dem gercchtetten Verhaͤltniß etwas ver— 
mindern. 
Bol, Kläden Verſ. uͤb. die Ewigk. u. ſ. w. ©. 111-117; Ockel 
BRD. TS. 223, 22 


Die fünftige Seligk. wird beftehen: 

ı) Sn der Abweſenheit von Uebeln, Reiden, 
(unangenehmen Empfindungen als Folgen derf.) La— 
ffen und Unvollfommenbeiten, die aus der 
Defchaffenheit des irdifchen Leibes und aus dem Ver— 
haͤltniß des M. zur Erdenwelt oder Erdeleben, und zu 
feinen gleichfalls unsollfommenen Mitmenfcehen u. deu 
Verbindungen mit denfelben entfteben, und deshalb 
unſer Wohl u. unfre Gluͤckſeligk. unterbrechen, Weish. 3 


124 ©. 
Sel. n. d. Tode, (beftehe 1) in Befreiung v. Leiden.) 


1; I Zim. 4, 18; Hebr. 4, 3:10; Hffenb. 21, 4. 
(Sinn: wir werden dann Eli zweiten Zerrüftung 
unferer Drganifation durch den Tob mehr unterwor- 
fen feyn; das Erdenmwefen ift nun beendiat, wohin auch 
dag Aufhoͤren des Unterſchiedes der Geſchlechter ge— 
hoͤrt, Luc. 20, 35. Der Tod wird das Ende aller Lei⸗ 
den ſeyn). Dieß wird ungemein unſer Wohlſeyn er⸗ 
hoͤhen. Denn hier auf Erden bringt fuͤr den Einen 
wie fuͤr den Andern der Bau des Leibes, welcher er 2 
vielen zarten Theilen und feinen Roͤhren befteht 

fo ſchwach, zerftörbar, und fo vielen Kranfheite mt 
Schmerzen unterworfen ift, oder fo bald geſchwaͤcht 
werden kann, — die reisbaren Empfindungen und Ge- 
fühle des Menfchen, die Empfindlichkeit feines Herzens, 
Die berrfihende Gewalt feiner Sinnlichfeit — die Yie- 
Ion und ſehr mannichfaltigen Bedürfniffe der finnlichen 
Natur deffelben — bringen viele Schmerzen, Bekuͤm⸗ 
merniſſe und Gorgen. Die Berbindungen mit andern 
Menfchen, welche boͤſe find, die Verhältniffe gegen die- 
felben, die Theilnahme an ihren Schmerzen u. Leiden, 
oder auch der Verluſt der GSeinigen (der Lieben) durd) 
den Tod bringen viel Elend nnd MWidriges mit fich. 
Das alles brinat ung in Unruhe, erzeigt unangenehme 
Gefühle oder Unmuth und Verdruß, bringe Kränfungen 
und Beleidigungen, macht Beſchwerden, verurfacht 
faure Mühe, z. D. durch Arbeiten und nimmt der 
Seele ihre Heiterfeit und Zufriedenheit. Es find druͤ⸗ 
ckende --- ung einengende Bande. Daſſelbe iſt der Fall, 
wenn wir unſere Mitmenſchen entweder fo unvollkom— 
men oder ausgeartet und lafterhaft erblicken, wenn mit 
fehen, wie fie unfer Erdenglück beneiden, es untergra— 
ben und auf den Trümmern unſeres Wohlftandes das 
ihrige bauen, wenn mir unfere Guter verlieren u. des— 
halb in Armuth gerather, wenn unfchuldig unſere 
Wuͤnſche mit ven Wünfchen anderer zufammen treffen 
und fie daher vereitelt fehen, wenn fih ihre und unſe— 
re Wünfche, Abfichten und Bemühungen durchkreuzen, 
und dann, wenn ſie nicht mit einander beſtehen kön— 
nen, die unfrigen bintertrieben merden oder doch mißs 
lingen. Man fann bei den beften Abfichten und red— 
lichten Handtungen leicht die Ehre von der Welt vers 
lieren, denn Neid — Spott — Haß ꝛc. nagen an Det= 


| ©. 125 
Selig. n. d. Tode, (in Befreiung von Leiden.) 


felben unaufhoͤrlich ). Dft werden die fürs Ganze 
freilich heilſame Würfungen der Natur doc für ein- 
zelne Menfchen verderblih.— Wie unaufhaltber fluͤch— 
tig und vergänglich find alle Freuden und Güter, die 
Bas nienfchliche Leben erheitern! Muß die alles den 
Redlichen nicht unzufrieden und traurig machen? Sa 
iedeg Erdengut und ırd. Glücf fann unangenehme Ein- 
pfindungen und fchmerzhafte Gefühle veraniaffen. Une 
ter ſteten Sorgen und Bekuͤmmerniß und Gefahren, 
„unter fieten Abmwechfelungen v. Freuden u. Leiden ver> 
lebt der Stomme feine Tage. Außer der befchränften 
‚ Erfenntniß und dem durch Sinnlichf. getäufchten Vers 
ftande verurfachen, wie die durch die Ginnlichfeit ges 
mißleiteten Neigungen, fo mie die Unmaͤßigkeit derfels 
ben, fo viele Uebel — Keiden und Plagen, und fo man— 
nichfaltigeg Ungemacd) des Lebens, — das frübt ung 
bier den Genuß der Freuden und benimme ung dies 
felbe. Rühren aber nicht alle dieſe Storungen u. Leis 
den durch unfern fchwachen finnl. Körper v. der lin» 
vollf. unferer Kräfte und der Verbindung mit fehlerh. 
Menfchen ber? Werden deshalb nicht unfere Wünfche 
fo wenig erfülle? In ienem feligen Leben merden 
‚aber alle diefe Urfachen des Kummers u. f. w. weg» 
fallen. 3 | 


Weshalb? Beweife: 


a) Der Zuft. des Menfchen ift dann verändert, Dffenb. 
21, 4. Denn die Duellen des Elends und der Feiden 
gleichfam vertrocnet find, dann Fonnen die aus den- 
ſelben entfpringenden Leiden nicht mehr vorhanden 
feyn. Wenn mir von allen Eörperlichen Bedürfniffen 
frei find, wie fann und dann Sorge und Furcht vor 
irgend einem Mangel beunruhigen? In einem Zuftan- 
de, in welchem nicht mehr bofe Menſchen bei den Gu- 
ten leben werden, — in welchem die Erfüllung des 
Wunſches des einen die Vereitelang des Wunſches ei: 
nes andern nicht nothmendig macht, ſondern wo Alfer 
Wuͤnſche befriedigt, Aller Abſichten dann erreicht wer— 
den fonnen, (wie denn dieß dann der Kal iſt, wenn 


) Vergl. Kläden a. a. O. ©. 1312135, 


N V V —— 


126 S. 
Sel:n.d. Tode, (wesh. fiein Befreiung v.®,beft 10.?) 


keine forperl. Bedürfniffe, oder Dinge von der Art, ſon— 
dern geiftige Vollkommenheiten, z.B. Weish. und us 
gend die Gegenfift. der Wünfche und Begierden find), 
in einem ſolchen Zuſtande, darf man keine Gegner — 
keine Nebenbuhler fuͤrchten. 


: b) Es folgt aus der — der Abſichten der Lei— 


den des M. auf Erden. huſtreitig werden Diele, 
wenn fie auch —— Folgen — eingeſchraͤnkten Le— 
bens und unſerer ſchwachen Natur ſind, von Gott weiſe 
und guͤtig — "dern Gott hat ia unfere Ratur eins 
‚gerichtet, und er ift bei allen Veranſtaltungen für die 
fittl. Bildung feiner vernünftigen Gefhspfe thäfig: 
fie werden alfo ficher von ihm beabfichtete und fehr 
wohlthätige Folgen baden. Daß die Leiden bier wohl» 
thätige Adfichten haben, -ift erwieſen. Sie find treffl. 
Erziehungsmittel, 4. D. Npereliche @egenimittel“ gegen die 
herrfchende Sinnlichkeit; fie halten den M. von Aus— 
fhweifungen u. Laſtern ab, üben feine Kräfte, befchäf- 
tigen feine Thätigfeit, befchränfen feine Begierden, be- 
nehmen ihm feine Eitelkeit und befördern feine geiftige 
Vollk. Wenn nun diefe mohlthätigen Abfichten er— 
reicht find, fo müffen und werden ia die Mittel dazu 
auch wegfallen. ft der iunge Menſch gut erzogen — 
fo genießt er doch eine größere Freiheit. Der Gelige 
wird alfo nicht mehr zu leiden brauchen. Er iſt in 
den finn!. Verfuchungen nicht mehr ausgefeßt, ift fefter 
‚und ftandhafter im Guten — er bedarf alfo iene ftarfe 
Abhaltungen und harte Gegenmittel nicht mehr, Der 
Gelige hat höhere Geſchaͤfte, es kann ſich alſo ſeine 
Kraft ohne iene Anſtrengungen unter Leiden aͤußern. 
Wenn er Gott naher iſt und feine Arge naher kennt, 
dann braucht ihn Eeine Beduͤrfniß — Feine Hülflofig- 
keit — zu dem helfenden Gott — zum Goffvertrauen 
zu erheben. Wenn alles gleichfam ein Herz u. Seele— 
alles Liebe ıfi, dann brauchen Feine gemeinſchaftl. Lei⸗ 
den die gegenſeitigen Verbindungen zu knuͤpfen. | 
ec) Es ift daraus einleuchtend, weil unfer ießiger grobe 
Leib auſhoͤren und aus demfeiben ein weit vollfommer 
nerer Leib gebildet (werflärg) werden wird. Der unges 
bildete -Leib wird den ießigen an Kraft und Schoͤnh. 
weit übertreffen, wird mit fein ern Sinnen begabt, uns 
endlich dauerhaft und der Seele näher verwandt feyn; 


P ' | ©, 127 
Seligf. n. d. Tode, (in Befreiung v. Leiden.) 


Ifor. 15, 42 +44. Die Seligen werden einen Leib cr. 
balten, der zu größerer und leichterer Thaͤtigkeit ein- 
gerichtet und feinen finnlihen Schmerzen und Ver— 
legungen unterworfen feyn wird, Phil. 3, zı; LKor. 
15, 53- 
Verklaͤren in dieſen Stellen heißt ummandeln; Shrifi Leib heißt in 
der erſten Stelle herrlich 2. h. veredelt. Worin die 
xuͤnftige Verklaͤrung unſeres Leibes beſtehen wird, wiſſen 
wir zwar nicht, aber doch ſo viel, daß er veredelt, d. h., daß 
der grobe — ird. — verweßliche Stoff abgeſondert, und er 
nicht mehr der Sterblichkeit und Verweßlichk. (vgl. JKor. 15, 
42244. 46. 49) unterworfen ſeyn wird. Geiſtig nennt ihn 
P. 1%or. 15, 53, alfo unfinnlic) und etel, im Gegenfas unfers 
iesigen groben, ird. m. Verweßiicdhen und aus zerbrechl. und 
fchwerem Stoff gebildeten Leibes. *) 


Ein vollfommmerer, innerlich beffer geordneter Leib 
ſetzt Befreiung von Unvolfommenheit, Schwachheit, 
Krankheit, Gobrechen, Plagen u. Zerruttungen u. ein 
erhöhtes (koͤrperliches) Wohlſeyn — Mit der 
Trennung von unſerm zerbrechl. Koͤrper, an welchem 
immer etwas zu bauen und zu beſſern iſt, hört wenig» 
fiens förperl. Schmerz und koͤrperl. Schwaͤche auf. 
Welche troftvolle Ausſicht ift dag für die, welche faft 
ihr ganzes Leben hindurch zu leiden beſtimmt find, u. 
ihres Leibes megen wenig froh werden, wenn fie den- 
fen fonnen: e8 kommt eine Zeit, mo diefer zerbrechl. 
Leib nad) und nad) vergeht, wo ich ganz gefund werde 
und die Schwierigff., die er mir bier in den Weg legt, 
nicht mehr fehe. — 
Wenn gleich die Leiden mit diefem ird. Leibe auf- 
hören werden, fo wird doch eine Art von Leiden fort: 
dauern, naͤmlich die, welche in der Beſchaffenheit der 
in die Ewigk. uͤbergegangenen Seele ihren Grund hat. 
Wer den Geiſt nicht fuͤr iene Himmelsfreuden bildet, 
ber bereitet ſich nothwendig Leiden zu. An dieſen Freu— 
en. nicht Theil nehmen zu Fonnen,an hoͤhern Vergnuͤ— 





— 


=) Eigentlich iſt TKor. 15, 53 nur von einem unzerſſt oͤr— 

baren Korper die Rede; sauna vus doing heißt ein vor: 
treffliger Korper, |. Shleußners Lexicon in 
Nov. Teſt. ale Ausg. T. J. pag. 628. Der Heraus: 
geber. 


128 | S. 
Seligf. nd. Tode, (an welhem Dre?) 


gungen Feinen Gefhmad zu finden, Gewifensvorwürfe 
zu fühlen, daß man feiner ganzen Beflimmung zumider 

‚gedacht und gehandelt Habe — in feiner Seele Leerheit 
zu bemerken, und fich nur vieler Verfchuldungen be— 
wußt zu ſeyn — dieß, fo wie die lebhafte Vorſtellung u. 
die ſchmerzhaften Empfindungen des Elendg, des ſelbſt⸗ 
verſchuldeten Ungluͤcks — dieß muß ein peinliches Lei— 
den werden und bleiben. Allein man kann demſelben 
durch Froͤmmigk. entgehen. Es iſt daher dieß Auf- 
forderung genug, fich bier dem götel. Willen gemaͤß 
zu befragen. — 

Die künftige Seligfeit wird ungemein 
durch die bier — treu erduldeten Leiden 
erhöht werden, namlich durch die Würfuns 
gen auf unfern Verſt., auf die Empfindungen des 
Herzens u. durch die groͤßere Empfaͤnglichkeit u. ſittl. 
Wuͤrdigkeit, gegruͤndet auf die vollendetere Aus bildung 

unſers Charakters, die wir bier durch gehoͤrige Ertras 
gung und Benußung der Leiden empfingen u. empfan> 
gen Eonnten. Ohnſtreitig wird aber der M. bei feiner 
perfönlichen Fortdauer, Die Zurückerinnerung. an dag 
ird. Leben behalten. E8 werden ihn alfo die Eindrück, 
Norftelungen, Bilder und die ganze Stimmung der 
Seele, die er hier durch Erfahrungen und Empfinduns 
gen erhalten, aus diefem Leben in ieneg begleiten, Alſo 
werden die, die hier viel gelitten, Durch die Vergleichung 
ihres neuen Zuſtandes mit dem Vorhergehenden ſich 
weit ſeliger —* als die, deren Tage hier weniger 
unter Leiden, Sorgen ff. dahin floſſen. Dieſes muß 
ihre Seligkeit erhoͤhen. 

d) Der Aufenthaltsort des Frommen, welcher fe- 
lig ift, ift ia verändert und verbeſſert. Zwar befchreibe 
uns die h. Schrift nicht genau und beſtimmt den Drt, 
wohin die Srommen werden verfegt werden, denn ; ie 
nennt ihn blog Himmel. Allein dadurch, daß 

ſolchen zugleich als den Wohnſitz Gottes vorſtellt, 
ſagt ſie doch, daß es ein weit ſeligerer Aufenthalt ſeyn 
werde, als dieſe Erde. Wir werden alſo da mehr Ge— 
legenheit zur Erweiterung unſerer Kenntniſſe, zur Be— 
friedigung unſerer Wuͤnſche, und mehr Anlaß zur Be— 
wunderung und Verehrung Gottes in Empfindd. des 
Danks und der Liebe finden. Ohnſtreitig wird iener 

Auf 


©. 129 
Seligk. n. d. Tode, (wo wird fie ſeyn?) 


Aufenthaltsort der Seligen ein angenehmer ‚ teißender 
und uns zu andern und neuen Freuden führender 
Wohnplag ſeyn, wenn wir gleich Richt genau wiſſen, 
wo er feyn wird. Dem, der einft ſelig wird, kann es 
auch sleich viel feyn, wo oder in welcher Welt er feine 
Geligfeit genießen wird. Wahrfcheinlih wird aber 
nicht diefe Erde, fondern eine andere Welt oder auch 
mehrere feine Wohnungen feyn. Er kommt ia zu 
Gott — zu Jeſu — zu den bereits Seligen. 
„Man — allerdings nach der Schrift den Aufenthaltsort der Aufers 
„fandenen auf der neuen Erde annehinen, aber fo, daß fie in 
„engerer Verbindung mit dein Himmel fiehen, oder daß Öott 
„mitten unter ihnen wohnt. — 


Vielleicht bürften die Seligen zu immer neuen Schau⸗ 
— — der unermeßl. Schöpfung, in deren Kenntniß 
‚und Aufſuchung unfere Wißbegierde und unſere Bes 
wunderung Gottes unaufhoͤrlichen Stoff finden kann, 
wandern. Kurz, es wird doc) ein neuer Himmel u. ei⸗ | 
ne neue Erde feyn, wie es IIPetr. 3, 13 heißt. Nach | 
Ebr. 12, 22, und oh. 14, 2 iſt es wahrſcheinlich, | 
daß die Geligen in andern, ungleich vollfommenern, 
Weltfdrpern ſeyn und die Seligkeit genießen werden. 

„Die Seligen dürften nicht auf einen begränzten Dre 
„eingefchränft, — fondern fähig und frei ſeyn, Got— 

„tes Herrlichkeit in allen Gegenden feines unermeßlis 

„hen Reichs anzufehen, wie fi) dieſes auch aus Soh. 
pi, 2 hoffen ug “u Keß Handb. d. chriſtl. Mel. s 

Theorie, zte A. ©. 
Jeſus nennt den Aufenthalt der Seligen das Haus 

feines Baters, in dem — — Joh. 14, 2, das 

Paradieg — Luc. 23, 43, (desgl. auch) Paulus 

I1Xor. 12, 4) und Petrus einen neuen Himmel 

und eine neue Erde, in welcher — — IPetri 3, 

13; Ießteres bezieht fi) doc) auf Die unvollf. Verf. 

und Einrichtung der alten Erde, in der die Schidfale 

fo fehr ungleich find, wo fo wenig ber äußert. Zuſtand 

der DR. mit ihrem ſittl. Zuſt. übereinflimme und Ach— 

tung und Belohnung mit dem wahren Werth und 








) Stäudlin’sg Dogmit. und Dogmengeſch. 2ter Th. 
S. 836, j ze 
Chriſtl. Gt. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. 


* 


130 S. 
Sel. n. d. Tode, (wird nicht in traͤger Ruhe beſtehen.) 


Verdienſte ſo wenig in Verhaͤltniß ſteht. In ienem 
Zuſtande wird dagegen vollige Uebereinſtimmung des 
Aeußerl. mit dem ſittl. Zuſtande herrſchen. 

Das, was die Offenb. Koh, von dem himml. Sernfalem uud; 
ser herrl. Pracht deſſelben fagt, iſt nur eine ae Schil⸗ 
derung. 

Das n. Teſt. ſtellt uns den Aufenthalt der Seligen 
als einen Ort vor, wo wir Gott naͤher ſeyn, wo wir 
ihn im Lichte erkennen und von Angeſicht zu Angeſicht 
ſehen werden, als einen Schauplag, wo Gott feine 
Herrlichkeit noch näher, als bier auf Erden, verflären 
werde, wo wir weit glängenbere Spuren feiner Weish. 
and Güte, weit größere Wunder feiner Große und 
Macht erbli cken, u. wo es an Gegenſtaͤnden der Freude 
und des Vergnuͤgeus nicht fehlen wird. Er wird dem 
Throne Gottes naͤher ſeyn, als die Erde; weit naͤher 
dem Urquell des Lichts und Lebens. Wir werden da 
alles das finden, was unſern vollendeten Geiſt er- 
freuen und beſeligen fann. Schoͤn iſt ſchon dieſe Er— 
de, voll von Guͤte Gottes und ſeiner Herrlichk., weit 
ſchoͤner und praͤchtiger wird aber iener neue Himmel 
ſeyn. Neue Wunder der Macht und Guͤte werden ſich 
da unſern verklaͤrten Blicken enthuͤllen, noch ungeſehene 
Gegenſtaͤnde der Pracht und Schoͤnheit ſich uns dar— 
ſtellen, von welchen alles, mas hier unfer Auge ent 
zückt, nur ein ſchwacher Abglanz iſt. | 
Bol. Kläden a. a. D. © 117135. | 

“2) Wenn gleich die Seligen durch bie ———— von 
Leiden Ruhe genießen werden, ſo wird doch dieſes 
keine koͤrperl. Ruhe und muͤßige Unthaͤtigk. 
ſeyn. Die Stellen Eſaias 57, 2; Offenb. 14, 13; 
Ebr. 4, 9-11 — dürfen ung nicht verleiten zu denken, 
daß die. Seligen in einer unftuchtbaren, — ftolsen, — 
fragen Ruhe, in Unluft zur Befchäftigung u. zu müßi: 
gem Freudengenuß, oder in muͤßigen entzückenden Ems: 
pfindungen der Wonne leben werden. Keider machen 

es ſich viele zu ihrem Kieblingsgedanfen von. iener Se— 
ligfeit, daß folche in muͤßigen Betrachtungen und be⸗ 
haglichem Ausruhen beſtehen wuͤrde. Ein Gedanke, 
welcher beſonders denen eigen iſt, welche das Muͤhe— 
volle und Beſchwerliche ihrer Arbeiten nur zu ſehr 
fuͤhlen, das Ungemach ihres Lebens ſehr empfin en, 


Äh 


e. 131 
Sel.n.d. T., (wird nicht i in einer traͤgen Ruhe beſtehen.) 


und ſich deshalb sur Erholung Rube wünfchen. Dem 
iſt freilich Ruhe ganz etwas erwünfchtes, der des Le— 
bens — feiner Iaftenden_ Sorgen — feiden und lee— 
ren — undbifriedigenden Freuden müde ift, und dieſem 
fortime ienes Leben als. eine ewige Sonnt tansfeier vor; 
“allein — a) iene Stelen handeln Fei neßweg e8 vom 
Ausruhen, wie ſich der Ermuͤdete hier die Kuhe alg 
9 Unthaͤtigkeit — als eine Abſpannung feiner an— 
geſtrengten, und als Wiederſammlung der im Arbeiten 
ornen Kraͤfte wuͤnſcht. Sie bezi — ſich vielmehr 
auf die leichtere, glaͤcklichere Thaͤtigkeit des folgenden 
Lebens, welche gegen die muͤhevolle — en 
beſchwerliche — ſo viele Yaflveng: ıng erfordernde — 
mit ſo vielen Hindern. und Schwierigkk. kaͤm⸗ 
yfende Geſchaͤftigkeit — Ruhe ſeyn wird — und auf 
"pie weit leichtere Befriedigung unſerer Beduͤrfniſſe. 
" Deshalb wird fie gegen die, die Kräfte verzehrenden 
laͤſtigen Sorgen des Erdelebens ein? angenehme und 
4 erquickende Erholung feyn.— b) Ohne Kraftäußerung 
und Thaͤtigkeit findet Fein Wachsthum in wahrer 
Bogf. fatt. Ja bei einer unthätigen Nuhe würde der 
ESelige nicht allein nicht weiter kommen, ſondern auch 
,stoft abnehmen an Kräften zum Guten, und ung alfo 
Die’ erreichbare Vollk. nicht erreichen laſſen. In iener 
pie in dieſer Welt ift gewiß Stillſtand — Ruͤckgang. 
Nicht gebrauchte — vernachlaͤßigte Kraͤfte wuͤrden ſich 
ſelbſt ſchwaͤchen und in ſich ſelbſt vergehen. Staͤrken 
ſich nicht ſchon hier gebrauchte Kräfte nach dem M aaß 
der Uebung? Es iſt dieß auch Ratth 25, 29 ge⸗ 
“maß, desgl. Luc. 12, 47. — c) Wo wuͤrkliche Kraft 
ar und Kraftgefühl, da Fann der Menſch ohne Ges 
brauch ‚derfelben nicht glüflich fern. Denn die Kraft 
“will wärfen und immer fortfchreiten. Welch eine Marz 
ger iſt es dem Gefunden, der jeine Kräfte fühle und 
— aͤußern moͤchte, und dennoch nicht Nahrung und 
Uebung genug für fie hat — wenn ihm Langeweile 
peinigt. Der Bernuͤnftige wird lieber ſelbſt die ermuͤ— 
dendſten Arbeiten verrichten wollen, als daß er Lange⸗ 
weile haben ſollte. Der, welcher von aller Thaͤtigkeit 
Abgeneigt oder deſſen Kraͤfte erſchlafft find — iſt ge— 
wiß am Koͤrper oder Geiſt zerruͤttet. Wenn nun ie— 
nes Leben ein ——— unſerer rer verals 
2: 


ME 








a ©, 
Sel.n.d.T., (wird in erhöhter — verebelter Thaͤtigk. x) 


teten Natur — eine Erneuerung unferer geiftigen Res 
benstraft ift — fo wird. es Feine unthätige Ruhe feyn. 
Es laͤßt fich nicht denfen, daß ein fo edler Trieb, als 
der Thaͤtigkeitstrieb iſt, ausgerottet und in Hang zur 
Unthätigf. übergeben ſollte. Das bieße den Menfchen 
von feiner Hohe, (denn durch die Thätigf. vervollkomm⸗ 
net er fih) in die Tiefe ſetzen — di) Thaͤtigk. wird 
erfordert, um vollk. und glücklich, zu werden. Ohne 
dieſelbe iſt wahre Gluͤckſeligk. ungedenkbar. Dieſe wird 
auch, wie es unſere Beſtimmung iſt — durch Streben 
nach Veraͤhnlichung mit Gott befördert. Nun macht 
die hoͤchſte Wuͤrkſamk. — die vollkommenſte Anwend. 
feiner unendl. Kraft — die hochſte Bolt. Gottes aus. 
Ohne fie wäre Gott und alle feine übrigen Eigenfchaf- 
ten nichts. Alſo — —. Te vollfommener ein M. 
iſt, ie geübter feine Kräfte — ie entwickelter. alle feine 
Faͤhigkeiten find, ie gebildeter fein Verſtand, ie edler 
ſein Herz iſt — deſto thaͤtiger iſt er. Iſt nun ie— 
nes Leben der Weg zu immer mehrerer Vervollkomm⸗ 
nung: ſo wird ber Selige gewiß nicht unthätig feyn. — 
e) Es fließt PAR. daß die gen einen. erweiter⸗ 


Fe RER 


100 11% int. 2, 12 — wir ia mit &frife, en 
welcher nie aufheren kann für feine vernünftigen Ges 
fchöpfe ehätig zu ſeyn. f) Es fließt aug Matth. 25, 
21. Dffenbar werden fich alfo die Geligen 
mit etwaß, aber auf eine leihfere — laft- 
. freie — ungehindertere Art — willkuͤhrlich 
und nach Freiheit — mit etwas, was ihrer 
Wuͤrde angemeffen und Zwecentfprehend 
iſt — beſchaͤftigen, und ihre erhoͤhte Thaͤtigkeit 
wird einen gluͤcklichen Erfolg haben. Sie kann des— 
halb fuͤglich mit Ruhe verglichen werden, denn ſie 
wird nicht in Verrichtung ſchwerer, ermuͤdender — mit 
Hinderniſſen verbundener und oft mißrathender Arbei— 
ten beſtehen. Was iſt eine leichte — angenehme — 
nur immer freudenreiche An unferer K Kräfte an- 
ders al8 Erholung? *) 


*») Ruhe — yon den Seligen gebraucht — ift wohl nur ein 
Bild v. dem glücklichen Zuſtand derſelben. Der Herausgebir, 


©. Be. 
Seligfeit nah dem Tode, (in erhoͤhter Thaͤtigk.) 


Die ächten Gottesverehrer we rden alle zur Erkennt— 
niß und Verehrung er — und zur Verbreitung 
- mehrerer Weisheit — Tugend u. Gluͤckſeligkeit — alfo 
gut Vollendung des großen Entwurfs Gottes mitwür- 
en, und zwar ein jeder auf die Ürt, wie er fich dazu 
bier vorgeubt und vorbereitet bat. Was bier eine 
h langgeübte Sertigf. gemefen if, wird eg—in fo fer eg 
feine bloße grobe korperl. Beſchaͤftigung und zum Er— 
denweſen gehoͤrig iſt, auch dort ſeyn. Was men bier 
am mehrſten und liebſten aͤcht Nuͤtzliches — Edeles, 
Großes und Fortdaurendes aeihan Kat, wird man auch 
dort thun, aber auf eine volifommnere Art. C5 laͤßt 
ſich freilich nicht naͤher beſtimmen, was dort die be— 
ſtimmten einzelnen Geſchaͤfte der Seligen — werden. 
Genug — fie werden verändert, — wichti— 
ger — erhabener und angenehmer ſeyn, 
denn. alsdann wird fo manche Anlage und Fähigkeit, 
die hier jemand, der fich einem niedrigen Beruf wid— 
mete, oder widmen mußte, wuͤrklich hatte und die nur 
in ihm ſchlummerte, geweckt werden, und Anlaß u. Er— 
munterung ſich durch Entwickelung auszubilden finden. 
Die Seligen werden, falls fie auf einen weit erhabene- 
ren Poſten geftelt werden, im Geifterftaate Geſchaͤfte 
ausrichten, die gewiß ſehr viele auf einmal, ia vielleicht 
ganze Welten beglücken, von welchen wir ung ieߣ Feine 
Borfielung machen Fennen. — Gie werden in bie 
Abgründe der goͤttl. Werfe und Wunder tiefe Blicke 
thun — fie werden fich bemühen, Gott immer aͤhnli— 
cher und wohlgefaͤlliger zu werben, ihn zu lieben, ihn 
zu loben, ihm zu danfen u. feinen Willen zu thun. Sie 
werden- edle Gefinnungen u. edle Handl. üben und die 
Sreuden der Erfenntniß, der geuͤbten Tugend und des 
Umgangs mit Gott und allen felgen Mitgenoſſen des 
Himmels genießen. Gott wird (mit unem Wort) den 
Seligen folhe Befchäftigungen anmweifen, 
die niemals ermüden u. ffets abmwechfelnde 
Bergnügungen mit fih führen werden. 
„RNach den Ausfprüchen Ehrifti wird die GSeligfeit in 
„Außrichtung wichtigerer Befehle Gottes, als fie in 
„dieſem Leben erhielten, befichen. Die Meinung, daß 
„die Selige n an der Berbefferung der Berdammiten ar- 
„beiten würben, ift nicht fchädlich und iſt eine würdi- 


— 


A ©. 

©. n.d. T. wird in Fortd auer deſſen, was hier gl. er ) 
„ge Beſchaͤftigung fuͤr ſie, beſonders wenn fie bald 
„ihre Kinder, bald ihre Eltern, Bald ihre Schüler, — 

„Lehrer, — Uutergebene, — Obrigkeiten, bald i 
„Batten und Sreunde an dem Ort der Quaal bl 
„ten. Wars fchon hier ihre großte Freude, Verirrte 
„zuruͤckzufuͤhren: fo wird es dort ff. Vol Augu⸗ 
ſti s neue theol Blätter, IEDB. 28 St. ©. 65. Dal. 
mit ©. 62: „werden die Geligen in d. Ewigk. in kei⸗ 

ner Berbind. mit den Berdammten flehen? 


&, Goldammers Betrachtungen über das — Leben, ©. 
4602479; Zollifofer’s Predigten nad d. Zoe 2. 573, 
Nr. 15. ©, 197 fi; Kläden a a. D. ©. 199. 200, 


3) Dasienige wird in der Selig. fortwäß-> 
ren u. genoffen werden, was der Stomme 
ſchon auf Erden in Hinſicht reiner wahrer 
Gluͤckſeligkeit gewonnen bat, und wag uns 
bier fhon wahrhaftig gluͤcklich made Nur 
wird e8 theils auf eine vollkommnere und befriedi- 
gendere Art uns zu Theil und von den Geligen ge— 
noſſen werden, theils wird es vermehrt, und erwei— 
tert Werden. ES wird ein weit vollfommener Gern 
wahrer Menfchenfreuden durch die vollfommenern Ges 
genftände, durch die erhöhten. Kräfte, womit fie die 
Geligen genießen, durch das Aufhoͤren aller Laſten, die 
fie hienieden begleiteten und verbitterten, und aller Ge 
Fahr —— durch ihre ununterbrochene Dauer ſtatt finden. 
Der Zugendhafte muß dort alles twieberfinden, was er 
bier * feinem eigenen Deften gerhen hat,er wird feine 
— einaͤrndten, Gal. 69. Den Genuß der ſeli— 
gen gel gen der hier erworbenen Vollkommenheiten kann 
der Sod, da derſelbe nicht unſer geifliges Weſen zer— 
ſtoͤrt, nicht unterbrechen. Jenes Leben iſt ia die Fort— 
ſetzung des gegenwaͤrtigen. Dazu kommt, daß die 
Gluͤckſeligkeit ienes Lebens nurdem gemaß gedacht wer⸗ 
den kann, was ſchon hienieden wahre u. befriedigende 
Gluͤckſeligkeit iſt. Das wahre Erdengluͤck und die Se— 
— des Himmels ſind ihrer Natur, ihrem Weſen, 
ihrer Beſchaffenheit und ihren Quellen nach gar nicht 
verfchieden. Wer ſchon hier wahrhaftig gluͤckſelig iſt, 
der wird es einſt auch im Himmel ſeyn. Gehoͤrt nun 
bier zur wahren Gluͤckſeligkeit, a) die beſtmoͤglichſte 


©. — — 
Seligk. n.d. Tode, (in Erweiterung b. Erfenntniß.) 


Entwicelung und Anwendung der Säbigfeiten und 
Kräfte; b) die richtige Leitung und Befriedigung der 

- Triebe und Neigungen; — c) Dröygung und Weish. 
in der REINER des häusl. — gefelligen — und 
bürgerlichen Lebens; d) Senneniß der Guͤter der i 
Erde, ihrer Bergmügungen und finnl. Sreuden, die fie | 
bat und gewährt und der weiſe — — Ge⸗ 
brauch derſelben: ſo ſind das alles Stuͤcke, woraus 

iene — im H. beſtehen wird. Wer alfo in 
tenem Leben gluͤcklich ſeyn will, muß ſchon angefangen 
haben, bier glücklich zu feyn. Iſt es naͤmlich richtig, daf 

Gluͤckſeligk. — der Zuſtand bes Vergnagens und der 
Zufriedenh. über die Erkenntu., edle Geſinnungen, Ord— 
nung und Richtigkeit feines Verhaltens — Tugend u. 

Ruhe ift, fo wird ia das aud im NH. ſtatt finden. 

Se vollfommener — hier ge deſto vollfommes 
nee wird er dort. Denn iener gluͤckl. Zuftand wird 
mit Diefem Leben in einer —— nlihen Verbindung 
ſtehen. Er wird nur Vollendung des angefangenen 
Genuſſes ſeyn. Die Freuden biefes Lebens werden 
Dort heller, reiner, vollfommener ſeyn. 

Sie werden durch Gottes Veranftaltung unendlich 
viel an Vortrefflichk. u. Erhabenh. gewinnen. Nur muß 
die Geele bier fie fchon kennen u. dafür empfänglich 
ſeyn. Der Ehrift muß deshalb durch forgfältige Vor— 
bereifung auf ienes Leben u. durch Tugend bier fihon 
felig zu werden fuchen. Um deffo feliger wird er es 
dort feyn. Alle Laften werden dort aufhören, die hier 
feine Erdenfreuden begleiteten u. verbitterten. 
Bol, GSoldammers Betr, über d. zuk. Leben, ©. 287°302: „iNz 
nigſter Zuſammenhang der Gluͤckſ. ienes mit der Gluͤckſeligkeit 
dieſes Lebens. — 

4) Die fünftige Selig e. de8 Frommen wird 
in einer außeror®. —— feimer geiſti— 
gen Vollk. beſtehen. Dieſe betrifft ſowohl ſeinen 
Verſtand als feine Neigungen. 

A) Sein Erfenntn! Ba oder fein Ver— 
ftand, feine Einfihe von Dem, was Gott iſt und 
that, von dem, was gut und richt, ſchoͤn und edel, 
volfommen und was das beſte it, wird erhöht 
werben, Er wird mit Leichäigfeit und ſchnellerem 
Fortgang als hier wachſen, LJoh. 3, 2. Seine Sees 


% 











136 | = S. 
Sel. n. d. T., (in e. mehreren u. richtigeren Erkenntn.) 


lenkraͤfte werden ſich mehr entwickeln, das Gebieth ſei⸗ 
nes Wiſſens wird mehr erweitert, dag Dunfle mehr 
aufgehellt und das ihm vorher Unerklaͤr bare ihm faß—⸗ 
“lich werden. Er wird mehr Weisheit erhalten und 

feine —— auch heller und — Bei LKor. 
„13,. I0-12 


Gin: alle, was wir hier erkennen, ift getrennt und einen, iſt 
nichts Zuſammenhaͤngendes, weder mit ſich ſelbſt noch in An⸗ 
ſehung der Urfachen und ihrer Wuͤrkungen — ift zur Bruch 
fü, aber dort wird in unferer Erf, und in dem, was wir 
wiffen, mehr Berbindung ſeyn. Wir, die wir bier nur einen 
Kleinen Xheil des Wiffens würdigen — kaum uns felbfi und 
den Winkel kennen, welchen wir bewohnen, werden dort auf eis 
nem höheren Standpunkte fiihen, wo wir mehr das Ganze 
nach feiner Verbindung und in feinem Intwurfg überfegen koͤn⸗ 
ven. Unſere iegige Erienntniß ift wie die Erf. im Kindesal⸗— 

ter. Jetzt denken erkennen — wuͤnſchen — und handeln wir 

wie Kinder, einft werden wir aber Männer feyn von gereifter 

3 Erfahrung, Berftande u, Einfiht, befonders in den über unfern 

ietzigen Erkenntnißkreis zu erbabenen Dingen, 3. B. inter Ert. v. 

Gott, feinen Eigenſch., Ratbichläffen. Unfere iegige Erf. if nur - 

ſinnlich und ſymboliſch; aber die Fünftige wird mehr ummittelz 

bare Anſchauung des Geiſtes ſeyn. Unſere iegige Erf. von. 

Gott ift dunkel gegen iene lichthelle Erk., welche gleichſam ein 

Anſchauen Gottes iſt. — V. 12 if aud) vom Wachsthum 

unjerer Fünftigen Erf, die Rede, denn es wird das Vollkoms 

mene dem, was nur Stuͤckwerk ift, entgegen geſetzt. 

Dieſe volfommenere Erkenntniß des M. nennt Paus 
lus LKor. 13, 12 und Johannes (IBr. 3,2) ein 
Anſchauen Gottes und zwar von Ange —— zu 
Angeficht. Der Aufenthalt der Geligen wird naͤm⸗ 
lich als ein Ort, wo wir Gott naͤher ſeyn, wo wir ihn 
in einem hellern Licht erkennen wuͤrden, vorgeſtellt. Es 
heißt nicht, Gott in einer Koͤrpergeſtalt ſehen, in wel- 
cher der erhabenſte Geiſt fich nie erblichen läßt, fondern 
es heißt: wir werden immer deutlichere und wuͤrdigere 
Begriffe von Gottes unermeßlicher Macht, Güte und 
Weish., aus feinen Einrichtungen und Werken u. Ans 
falten ung erwerben. Unſere Erfenntniß von ihm u. 
feinen vorzügl. ſittl. Eigenfchaften, feiner Weisheit, 

Güte, Heiligkeit u. Gerechtigfeit wird. beſtimmter und 
der Wahrheit gemäß, aber eigentlich nicht anſchauend, 
(denn dich ift unmöglich) fonbern nur ſymboliſch 
ſeyn. Unſer Geiſtesblick wird bei feinerem Leibe auch 


&. De 137 
Sel. n.d. Tode, (in Erweiterung u. Bericht. der Erf.) 


geſchaͤrfter ſeyn. Unter dem Begriff: Gott ſchauen 
fonnen wir die ganze ewige Vermehrung unferer Mes 
 ligionsfenntniffe zufammenfaffen, denn Gott f hauen 
and erfennen muß gleich viel bedeuten. 
8. das oben ©. 103 f. — Bemerfte und Klaͤden 
4.9), 8, 150 i 
Dieſe Erkenntniß wird von folgender Beſchaffenheit 
ſeyn und folgendes zu Gegenſtaͤnden haben. 
‚a) Wir werden von Irrthuͤmern und Vorurtheilen be: 
Sfreiet werden, fo fern fie überhaupt ſchaͤdlich und be- 
fonders unferm Wohlfeyn nachtheilig find, oder es 
ſeyn konnen. Die mit unferer Erfenntniß auf Erden 
verbundenen Unrichtigfeiten vermindern ungemein die 
großen — mit dem Erkennen der Wahrh. verbundenen 
Srenden. Hier erkenne feiner der Dienfchen die Wahr- 
heit ohne allen Schatten in ihrer Reinigkeit. Kein 
Denker iſt untruͤglich oder uͤber alles Irren erhaben. 
Je mehr hier iemand weiß, deſto mehr ſieht er ein, 
daß ſein Wiſſen noch immer erweitert und berichtigt 
werden koͤnne. Zu leicht — denn Irrth. und Wahrh. 
graͤnzen nahe an einander — verfaͤllt man von dieſer 
in ienen. Die Sinne taͤuſchen, die Einbildungskraft 
ezaubert, die Leidenſchaft verblendet und macht par— 
theiiſch, Die Gegenſtaͤnde kann man nur von einer Seite 
ſehen. Man fiche nur die Theile, nicht das Ganze. 
Dorurtheile und Aberglaube beher-fchen gewöhnlich den 
M. Unmeife Erziehung, das Anfchen einiger M., Ei: 
gendünfel, Menfchenfurcht und Seftengeift — zu wel» 
chen Irrthuͤmern verfeiten fie nicht! Der Menfch weiß 
wenig, was ausgemachte Wahrb. if. Mehr ift deffen, 
> was er blog vermuchet und mas blos mwahrfcheinlich 
it. Das, was nach mühfamen Sorfchen dem Men: 
fchen viele Jahre hindurch Wahrh. zu ſeyn ſchien — 
wird oft ſchnell durch Zweifel und naͤhere Pruͤfung 
als Nichtwahrbelt erkannt. — Heer alſo iſt unſere 
Erf. dunkel, ungewiß, und dem Irrthum unterworfen. 
Dort aber werden die Veranlaſſungen des Irrthums 
aufhoͤren, J B. die ſtumpfen — eingeſchraͤnkten, uns 
lenglichen Sinne — ber träge — fo vielen Beduͤrfniſ— 
fen — Dlagen und Schmerzen unterworfene Leib, Die 
nothwendige Sorge fürs Srdifche, die heftigen — 
unſcre Vernunft feſſelnden Begierden — die zuͤgelloſe 





* 


138 — 
Selened. Tode, Ci Erweiterung u. Bericht. der Ef.) | 


Einbildungskraft, die fo viele Serth. erzeugt. Alle 

dieſe Hinderniſſe der Erk. werden dort nicht mehr ſeyn. 
Dadurch werden unſere Erkenntnißkraͤfte freier wuͤrken 
und mit iedem Augenblick ſich mehr vervollkommnen. 
Dann, wo alles uns ſo erſcheint, wie es in der That 
iſt; da, wo die reinſte Vernunft und Tugend herrſcht — 
da, wo wir mit den Weiſeſten — und Erleuchtetſten, 
ia mit dem Urquell alles Wahren umgehen werden — 
da wird unfere Erfenneniß ganz rein, da wird keine 
Taͤuſchung, Feine Dunkelheit, keine Ungewißheit, fein 
Smeifel mehr ftatt finden. 

b) Dort werden fo viele Dunfelheiten, die bier ung bei‘ 
allem Streben nach Eiche übrig bleiben, aufgehellt u. 
daB Ungeriffe gewiß werden. Was wir bier nur in 
der Kerne fehen, werden wir dort in der Nähe erbli- 
den, und nicht wie bier das Aeu Bere — fondern dag 
Innere der Dinge erkennen. 

c) Die Erf, in ienem Leben wird leichter su erhalten 

und zu vermehren feyn, als es hier ung möglid Mar. 
Nach der Erfahrung erfordert eine nur ganz maßige 
Erkenntniß fehe viele Mühe und Anftrengung. Die Ber: 
bindung der Seele mit einem groben Leibe, die ftarfen 
Einflüffe, die diefer auf iene hat, die Verhältniffe des 

M. in feinem Erveleben erfchweren ihm fein Streben 
nach Erkenntniß. Jede Kraft, welche Hebung, Bear: 
beitung und Bildung erfordert fie nicht! Aeußere Um— 
ftande hindern alfo die Bildung ber Denffraft. Sn 
anderen Berbindungen und Berhältniffen müßte fie 
ficher dem Menſchen leichter fallen. Bald hemmt eine 
fehlerhafte Befchaffenheit des Leibes die Würffamf. der 
Seele, bald erfchweret die fo ſtarke Reitzbarkeit der 
Sinne die Aufmerkſamkeit, bald erfchweren herrſchende 
Neigungen das Finden der Wahrheit, bald veranlaßt 
Die ſchiefe Richtung, die der Menſch von Jugend an 
erhielt, fo viele Vorurtheile und Irrthuͤmer, deren Be— 
ſtreitung ſo ſehr viel Zeit hin nimmt, und der H inder— 
niſſe im Erkennen noch weit mehrere. Allein nicht im— 
mer werden dieſe ‚ainderniffe — wicht immer der Kampf 
mie denſelben waͤhren. In jenem Beben wird es uns 
leicht fallen, die Wahrh. zu finden und zu erkennen. 
Sprit reiffender Schnelligkeit und anhaltender Freude 
werden wir im Erkennen fortfahren und nichts — Wird 


© 139 
Sel.nd. T., (in Erweiterung u, Bericht. der Erk.) 


ung darin flöhren. Dann wenn mir frei find, wenn 
wir einen zur leichteren Betreibung unferer Gefchäfte 
des Ge ſtes eingerichteten Koͤrper haben, nicht mehr ſo 
ſtumpfe — eingeſchraͤnkte — hier fo ſehr uns verfuͤh— 
rende Sinne befisen, wenn ung diefer fo frag werdende 
. und ermattende Sei fehle: dann laft fich alles leich— 
ter und beffer einfehen. Dann fallt dag Erfennen 
| lichter, wenn wir nicht mehr von kurzſichtigen und 
v. Sorurtheilen angefüllten Echrern gemißleitet — wer— 
den, fondern auf einem Standp. fichen, von welchem 
wir eine freie Ausſicht haben; dann wird das Ge— 
ſchaͤft: Wahrheit zu ſuchen und zu finden, unmoͤglich 
ſchwer fallen. Wenn mit iedem Fortſchritt in der Er- 
kenntniß es uns leichter fallen wird nachzudenfen und 
zu forfchen — wenn : ins unfer Gedaͤchtniß nicht mehr un- 
treu ſeyn, wenn ung die Einbildungsfraft nicht taͤu— 
chen, wenn fein Mangel an Aufmerkfamfeit ung hin- 
dern wird, Einfichten zu fammeln, zu behalten ı und zu 
berichtigen — dann wenn unfer Blick gefchärfter if, — 
wenn fich unfere Saffungsfraft in ihrer ganzen Staͤrke 
sußern Wird — wenn und die reichften Quellen der 
Erf. geofnet ſind — dann werden wir gewiß mit der 
reinſten Freude uns gern bemuͤhen im Erkennen immer 
weiter vorzudringen. 
d) Dort wird unſere Erkenntniß gewiſſer 
und zuverlaͤßiger feyn als bier. Hier it ge 
vielen Taͤuſchungen und Zweifeln unterworfen. Im 
Umgang mit den Weiſeſten, bei der Betrachtung der 
Werke Gottes — beim Aufſchluß über Gottes Fuͤh— 
rungen wird biefes vollig wegfallen. 
€) Auggebreitet — viel umfaffend wird des Frommen 
Erfenntniß in iener Welt feyn. Das, was auch der 
aussebildetfte Verſtand — der gefchärftefte Blick weiß — 
if wenig gegen dag, was Feiner der M. erreichen, er- 
forfchen und durchdringen Fann. Es iſt nur der klein— 
fie — unbedeutendfte Theil der für ihn in andern La— 
Ber. Bra en Dinge. Leberall findet er Schran- 
fen, die er nicht überfihreiten, Geheimniſſe, die er fi 
nicht erklären — und Dunfelbeiten, die er nicht auf- 
hellen kann. Dieg if in Hinſicht Kor des Him- 
mels, als der Erde ihrer ©: aͤter Schoͤnheiten, 
als in Ruͤckſicht des M. ſelbſt, ſ. Reiben, ſ. Seile, 


\ 


140 ©. | 
Seligf. n. d. Tode, (in der Erweiterung unfer Erf) 


feiner oder feiner titmenfehen Schidfale, im Großen 
und Ganzen, wie {m Kleinen und in den Theilen der 

Sal. Bon den Abſichten und Beſtimmungen, vom 
Zuſammenhang der ihn umgebenden Gegenſtaͤnde kann 

‚der M. wenig als Gewiſſes beſtimmen Die Natur u. 
innere Beſchaffenheit der Geſchoͤpffe bleibt ihm verbor- 
gen. Wenn er auch einig 8 entdeckt hat, ſo entgeht 
ihm Dagegen unendlid, vieles Andere. Sm Neiche des 
Unendlichen muͤſſen gewiß viele Wunder und Veran- 
ſtaltungen fen, die der M. nicht erfennt oder faft. 
ie wenig weiß er auch von Gott — vom Geifter- 
reiche u. ſ. w.!“ Wag er weiß, it Stuͤckwerk. Dort 
aber fol das ee aufberen, unfere Erf. fol 
vollkommener auch im Umfange d. 5. viel umfallinder 
werden; denn alsdann gibt es Feine Hinderniffe mehr, 
welche davon bier abhalten, z. B. Feine ſo einge 
ſchraͤnkte Sinne. — Dort ſehen wir Gotces Werke — 
unſere Schickſale in einem hellern Lichte. Dort behel— 
fen wir uns nicht mehr mit truͤgenden Schluͤſſen und 
Vermuthungen, ſondern erblicken alles entwickelt und 
vollendet. Dort ſind Gottes Abſichten mit uns ent— 
huͤllt. Der Glaube geht ins Schauen — die Hoff— 
nung in Genuß über. Dann überfehen wir den Zus 
ſammenhang, die Verbindung — die ſchöne Heberein- 
ſtimmung des großen Ganzen. Dort find unfere Sin- 
ne feiner und gefchärfter;— fie werden alfo mehr um=- 
faffen und ficherer — Dort werden der Gegen— 
fände mehrere und diefelbe vollkommener und licht- 
voller feyn. Nimmt dort die Empfänglichk. fürs Er— 
forſchen zu, wird ber Trieb dazu großer und gehn wir 
dann mit den mweifcften Menfchen und Geiftern, ia mit 
Sort — dem Inbegriff aller Weish. um: ſo wird 
ohnſtreitig unſere Erk. am Umfange gewinnen. — 

f) Die Erf. in tienem Leben wird edler — 
wichtiger — würdiger u. eben dadurch wohl— 
thaͤtiger u. freudenreicher ſeyn. Wir is ah 

unfere Denf> und Forſch Xkraft auf höhere und edler 

Gegenſtaͤnde richten. Im Ganzen iſt nicht Die 9 
Erf. auf Erden edel. € ne groß? Zahl von Menſchen, 
die blos für koͤrperl. Beduͤrfniſſe ſorgen, beſchaͤft nen 
ihr Nachdenken nur mit Kleinigkeiten. Andere br 
fchaftigen ſich bios mit der nur in Wortern oder in 


; | S. 141 
Seligf. n. d. Tode, (in der Veredel. unſ. Erf), 


fruchtlofen Gruͤbeleien beſtehenden Wiſſenſch. Andere 
unterhalten ſich mit Zuſammenreihung und Trennung 
„der Zahlen. Wieder andere mit dem Bemühen vie 


Stoffe folder ird iſchen Korper u. Dinge zu erfen- 
nen Hu aus ihrer. Bermifchung zu fcheiden, Die ın 
jenem Sehen nicht mehr. ſeyn werden, u. f m.. ©o 
fchäßber — auc ‚zur Schärfung des Verſt. u. Uebung 
des Geiſtes ſolche N niffe find, fo gibt es doch an— 
dere mehr. Ger — und me hr u, edler erfreuende 
Ertenneniſſe, z. das Bemuͤhen Gott naͤch fenen 
unendlichen Flag zu erkennen, ſ. Werke zur Bewun⸗ 
‚derung feiner Größe, Macht, Weish. und Eütr zu bee 
trachten — woegegen alle menſchl. Werke mangelhaft 
find. Wird niche die naͤhere Bekanntſchaft mit ven 
Geifiern — edler und mehr Sreudenb: ingend ſeyn his 
die Entwicelung der — im der Verblendung — oder 
in den Leidenfchaften eitler oder eigennuͤtziger Menfchen 
gegründeten politifchen Handel?! Alle Erik. auf Er⸗ 
den it nur wedie Erf. der ſich mit den Anfängen 
bes Wiſſens und mit Kleinigkk. ſich beſch aͤftigenden 
Kinder zu betrachten. Hier. bedürfen wir derſelben. 
Dort aber wird unfer Wiffen edler — mwürdiger — 
erhabner werden, denn nur das Große und Edle, 
das Erhabene und Liebenswärdige wird unfern Ver; 
ſtand beſchaͤftigen. Die Gegenſtaͤnde unſerer Erf, wer— 
den weit großer — wichtiger — edler und unſerer Be— 
ſtimmung nach wuͤrdiger ſeyn. Von denſelben wer— 
den wir uns wuͤrdige — erhabene Vorſtellungen 
machen. | 

8) Dort werden wir mehr vieles auf einmal erken— 

nen und faſſen, wenigſtens mit ſchaͤrferen Blicken 
um uns her ſchauen u. mehr ſowohl als auch ſo vie— 
les erkennen, was ſich hier unſ. turzfichrigen Blicen Oele 
barg und wovon mir vorher noch feinen Begriff hats 
ten; denn e8 find denn die EC chranfen des Geſichts— 
kreiſes unſerer Seele aufgehoben. — Auf einmal wer- 
den mir dann zwar nicht den ungeheuren Schauplatz 
der. goͤttl. — wundervollen Werke uͤberſehen und mit 
unſern Blicken fo viele Welken um faſſen, aber doch zu- 
Hleich ungleich mehr als bier erkennen. 
h) infere Erf, wird mürffem u. thaͤtig fep 
Fe lichtvoller, ie e gewiſſer, ie edfer Die Erf. jenes Re e⸗ 





142 | ©. | 
Send, z ode, (in der inımer wachjenben Erf.) 


bens ſeyn wird, deſto thaͤtiger und wuͤrkſamer muß ſie 
werden. Solche Vorſtellungen koͤnnen unmöglich todt 
In der Seele liegen und da fie nicht durch Äußere Ums 
ftände verhindert werben, fü muͤſſen ſie ſich ſehr wuͤrk— 
ſam zeigen und ſelige Empfindd. und edle Thaten er> 
zeugen. Wenn die Geligen Die Wahrh. ſelbſt durch 
dringen, und mit dem was ſchoͤn — groß ee. 
wuͤrdig iſt, vertrauf u. bekannt werden, fü: muß das ge⸗ 
wiß in ihnen Liebe zur Ordnung — Tugend u. Evelfinn 
erwecken. Tiefe Blicke in's Geiſterreich muͤſſen zu 
freundſchaftlichen u. theilneh menden Geſinnungen ſtim⸗ 
men. Wenn fie Gott näher erkennen — werden fie 
ihn auch, tiefer anbeten. "Henn fie näher feine Güte 
einfehen, werden fie zu mehrerer Liebe und zur geruͤhr⸗ 
ten Danfbarfeis erweckt werden! Kurz, iene vollkom— 
menere Erf. wird fie mehr veredelen und vervoll—⸗ 
kommnen. | 
i) Die Erfenntn inienenm Leben wird ſtets — 
aufeine unbefchreibl. Art wahfen Die Se- 
ligen werden gleichfam von Gtufe zu Stufe der Erf, 
fortfchreiten und immer mehr ihre Sehnfucht nach Ein—⸗ 
ſicht und Wahrh. ſtillen. Sie werden dann immer 
neue Vortrefflichkeiten und Vorzuͤge erkennen, vieles 
bisher ungeſehene bemerken, vieles Unbewußte erfah— 
ren und lernen. Durch Zeit, Erfahrung und Nach— 
denken wird ſich ihr Wiſſen erweitern u. verdeutlichen. 
1 For, 3, 18 gehört bieher nicht, In diefer Stelle ift nur von dcr 
immer mehr ſich verbreitenden und erhaltenden‘ Erkenntniß der 
chriſtl. Wahrheit und Vortrefflichkeit der chriſtt. Lehre die 

Rede. 

In den Ewigkeiten, welche die Seele daun vor ſich 
hat, kann fie immer mehr hinzu lernen und immer hö— 
her hinan fleigen, wenn gleich zwifchen ihrem Wiffen 
und der — Alles umfaffenden Erk, die Gott hat, 
gleichfam ein unermeßlicher Raum bleiben wird. u 
dem weiten Wuͤrkungs- und Beobachtunggfreife des 
Seligen kann derfelbe gewiß feine Wißbegierde befrie— 
digen und ungehindert diefelbe ausdehnen. 

xK) Die Erkenntniß der Seligen wird zu Gegenftänden 
haben; 

aa) Gott. Ihre Erf, von Gott wird berid- 
tigt, reiner, beffer u, größer werben. Ihr: 





S. | 143 
Seligf. n. d. Tode, (in näherer Erf. Gottes.) 


Rel.⸗Erkenntniß — ihre Begriffe von Gott, feinen Ei— 
genfchaften, Werfen, von feinem Willen, feinen Fuͤh⸗ 
rungen oder ſ. Vorſehung werden wachſen. Zwar has 
ben wir Menſchen dazu hier ſchon die Bibel, aber es 
iſt ein Buch, welches doch zunaͤchſt für andere Le— 
ſer und in einer fremden todten Sprache ge 
ſchrieben iſt. Es eroͤfnet uns zwar einiges von 
Gott u. feinen ewigen Verhaͤltniſſen zu ung, aber 
Fönnen wir alles bei folchen Winken in demſelben ver- 
ſtehen und faſſen? Es enthaͤlt mehr Winke als eine 
vollſtaͤndige Belehrung. Zwar haben wir hier auch 
das große leferlibe Buch der Natur, um 
daraus eine beträchtliche und ziemlich helle Gotteserk. 
zu erhalten. Uber Die Beobachtung ber Natur — die 
eonshin nit Aller € — F — gleicht einer Schule, 
in welcher man nie ausler 3 laͤnger ſich die Na— 
turforſcher mit dem Erforfehen ber Ratur befchäftigen, 
deſto mehr finden fir Urfache uber das Berborgene zu 
erffaunen. Sie finden immer reichen — nie zu erfchö- 
pfenden Stoff zu ewigen Entderfungen und alles, mag 
fie finden, muntert fie zum weitern Forſchen auf. Wir 
fehen in der Natur viele Würfungen, aber nicht iedes— 
mal ihre Urſachen. Diefer Mangel an diefer Erfennt- 
niß veranlaßt fo vielen Aberglauben und Vorurtheile 
und. fo viele Menfchen zu dem irrigen Schluß, daß, 
wenn zwei Dinge zugleich erfolgen, dag eine Davon die 
Urfache — das andere die Würfung ſey. Alfo läßt 
iene Welt vieles übrig, um unfere Gottegerf, zu ver- 
mehren umd zu berichtigen. Wir werden da Gottes 
Weisheit und Güte anf einer höhern Stufenleiter der 
Weſen volfommener erfennen; wir werden gleichſam 
dem Unfichtbaren immer näher fommen an Einficht u. 
 Erfenntnif. Unſere Erfenntnig vom lUnendlichen wird 
(gleihfam) anfhauend, d. 5. ungleich vollfommener 
feyn. Wir werden feine Eigenſchaften im Ölanze ih— 
rer Herrlichkeit, befonders feine Größe und Maieſtaͤt, 
feinen Willen weit beflimmter, feine Abfichten in ihrer 
erhabenen Güte, und feine Entwürfe in ihrer hohen 
Weisheit einfehen. Wir werden die Art und Weiſe 
erkennen, wie Gott im Himmel angebetet, verehrt, be— 
wundert und zum * gewählt wird. — 
Dieſes wird ung moagtich werden, 


144 — S | 
Selig. n. d. Tode, (in näherer Erf, Gottes.) 
©) Durch dag Betrachten und Erfennen noch groͤßerer 
Werke und Anſtalten Gottes, alg wir fie Hier uf & 
als Wunder feiner Macht und Größe erblicten, und 
durch das Erfennen derer, die ung bier verborgen blei— 
ben. Die GSeligen werden Gottes Herrlichkeir noch 
näher als hier verflären. Dort werden wir unfere 
Blicke über die Tiefen der Natur, ausbreiten und fie 
tief in dag Verborgene der Schoͤpfung, in die Spuren 
der Gottheit wagen, um das hier Werborgene zu er» 
forfchen. Wir werden tene unermeßliche Menge von 
Welten überfchauen und fie ſehen, die unfere Erbe 
an Schönheit — Mannichfeltigkeit, Glanz, An nuth 
und Herrlichkeit weit über alle unfere Erwartungen 
übertreffen. Hier denken wir fie ung nur diefe Wel—⸗ 
ten, bier erfenne unfer Blick fie Faum der Oberfläche 
nach. Dort aber werden wir fie erforfihen, ihre Ver⸗— 
bindung, Ordnung und Befchaffenheit — ihre Kräfte 
und Bewohner erkennen. Es wird ung zu dei ange: 
nehmſten Betrachtungen veranlaffen, unfere Wißbe— 
gierde befriedigen, ohne ihre Gegenſtaͤnde ie in Ewigk. 
erfchöpfen zu Fonnen. Sa. wie viele Entderfungen - 
werden ung noch übrig ſeyn! Wird ung dag nicht. 
Gottes Almaht, Größe, Weisheit und Güte im bel: 
len Licht erkennen laffen? Wie genau werben wir die 
Kräfte der Dinge durchfchauen und durch unfern groͤ— 
Bern Verſtand oder verfeinerten Leib tiefer in das In— 
nere der Natur bineindringen! Wenn wir dann die 
ganze Erde fennen lernen, wovon ung bier nur ein 
feiner Theil befannt ift, wenn wir dann vom Bewoh— 
ner diefer — zu den Bewohnern iener Welt eilen und 
von allen neue Einfichten — neue el. » Begriffe, neue 
Entdeckungen fammeln — wird ung dag nicht hinläng- 
lich befchäftigen u. erfreuen?! Wie fehr werden wir 
dann Gottes Liebe fehen u. empfinden! | | 


e) Welche Freude über Gott muß daraus entftehen! 
Wie fehr muß uns dag zur Anbetung Gottes reigen! 
wie fehr muß unfere Liebe zu Gott an Innigkeit 
zunehmen! Werden wir ung nicht in feiner Liebe im— 
mer glücklicher fühlen? Durchdrungen von der hoͤch— 
ften Ehrfurcht, entflammt von der innigften Liebe, ge— 
reißt zur höchften Dankbarkeit, in der Anbetung * 

uͤber 


©. 145 
Set, n. d. Tode, (in Erweit, unferer Neligionsf.) 


über Alles Erhabenen werden wir unausfprechlich ſe— 
lig feyn!_: 
Dieſe Gofteserfenntniß wird zwar unmogl. fo vol: 
fommen werden, daß uns in Gott gar feine Dunkel: 
heit und Verborgenheit übrig bleiben follte. Gott ganz 
wie er ift, zu erkennen, — das ift für fein endliches 
Gefhöpf. Aber es wird ſchon Seligfeit genug feyn, 
wenn ein großer Theil der Dunfelbeiten, die ietzt Gore 
vor unferm Blick verhüllen, verfchwinden, wenn wir 
feine Eigenfh. genauer erfennen, wenn wir fie mehr 
im Ganzen faſſen Fönnen,da wir ſie bier nur nach ver— 
fchiedenen Benennungen und unter befondern Vorſtel— 
Jungen faſſen. Es ift fhon eine hinlängl. Seligkeit, 
wenn uns von feiner Weisheit Feine Spur entgehen 
wird, wenn ung die Demeife feiner Huld von allen 
- Seiten zuſtrsmen und uns größere Beweiſe feiner Al 
fraft werben befannt werden. Wird ung feine Bier 
uns verborgene Negierung erflärbarer, finden wie 
überall den Anbetungswuͤrdigen, wird das Unvollſtaͤn— 
dige in unferer Gotteserk. ergänzt, dag Unrichtige bes 
richtige, — das Dunkle aufgchellt werden — dann 
muß unfere Freude ausnehmend groß werden. 
bb) Wir werden über viele Gegenftände der Nel. eine 
nähere Erf. erhalten, z. DB. über die eigentliche goͤttl. 
Wuͤrde Jeſu, dieſes Wohlthaͤters der Chriften, über 
den Umfang ſeiner Verdienſte, uͤber die Art und Weiſe 
feiner Erlsſung oder weshalb er Verſoͤhner iſt und 
Verſoͤhnung fehafft, oder wie wegen feines Todeg 
die Menfchen gleichfam als fündlos angefehen, die 
Strafen von ihnen entfernt und fie begnadigt werden 
fönnen? wie weit, — ob auch auf die Bewohner an- 
derer Welten, fich der Zweck feiner Erföfung beziehe 
und wie weit ihre Solgen geben? Wie Gott fo große 
Anftalten zu unferer Erlöf. hat treffen Tonnen, da doch 
fo wenigen die chriftl. Lehre befannt wird, und fo we— 
nig Ehriften fie befolgen? Ob nicht die Würfungen 
des Todes Jeſu unfere ird. Erkenntniß übertreffen u. 
ob dieienigen, die den chriftl. Nel.- Stifter nicht ken— 
nen, dennoch davon gar Feine Kenntniß erhalten wer- 
den? Ob auch won! dieienigen natürlichen richtigen 
Kl.» Kenntniffe, deren wir uns ietzt erfreuen, felbft 
ohne daß fie Jeſus wieder hervorgezogen und allges 
Chriſtl. Si, Lehre f,d, Canzelgebr. 3 Th. g 


BB: m, >% | 
Sel,n.d, Tode, (in der Vermehr. unferer Erf.) 


mein gemacht hätte, in der Welt ftatt finden würden? 
- Sicher wird ung in der Ewigk. alles dag einleuchten, 
was ung hier in der Bibel und Rel. nach aller anges 
wandten Mühe und nach allen REN Mitteln 
unerflärbar oder räthfelhaft blieb. 
cc) Wir werden ung felbfi— die Natur unfe- 
res Geiftes u. Leibes u. den Werth aller 
Dingein der GSeligfeit näher erfennen. Be— 
fonderg werden wir den Zweck, die Berhäleniffe, den 
Einfluß der Dinge auf unfere und anderer Geſchoͤpfe 
Gluͤckſeligk. im klaͤrſten Licht einſehen, beſonders die 
weiſe Fuͤhrung unſerer Schickſale durch Gott, die weis 
ſen Entwuͤrfe der Vorſehung erkennen. Die Zweifel 
an der Vorſehung bei dem Dunkel in dem Gange der 
menſchl. Schickſale werden dann aufgeloͤßt und Got» 
tes Regier. aller und einzelner M. ſich in den ſchoͤn⸗ 
ſten Einklang aufloͤſen. Wir werden den großen Ent— 
wurf der Wege Gottes durchdenken, oder das Weiſe 
in der großen Verwickelung und in der dennoch erfol— 
genden Aufloͤſung in groͤßeres Gluͤck bewundern, ruhig 
ins Vergangene zuruͤckſchauen und den Zuſammenhang | 
unferer vorigen Schickſale mit dem gegenwärtigen foog, 
fo wie die liebevollen Abfichten der überftandenen Lei— 
den als heilig und allweife erfennen. Hier war dag 
Schickfal der Redlichen und Unſittlichen ſo ſonderbar 
gemiſcht. Hier ſcheinen uns Gottes Leitungen der M. 
oft ſo zweckwidrig. Allein es iſt hienieden natuͤrlich, 
daß unſern ſchwaͤchen Augen fo manches verborgen 
bleibt. Denn wir überfehen nicht dag Ganze, und 
fennen nicht die Abfichten des, der es regiert. Wie 
fonnten wir alfo von feinen *Deranftaltungen richtig 
urtheilen? Mir Fennen nicht die einzelnen Triebräder 
und die Urfachen, marum fie fo und nicht anders in 
einander greifen mußten, wie fonnten wir alfo etwas 
Unweiſes und nicht Guͤtiges in der Regieruug der 
Welt — dieſer großen Mafchine finden? Unſer fo kur— 
zes Erdeleben erlaubt ung nur einen Fleinen Theil der 
Negierung Gottes zu überfehen. Zeit und Ort — uns 
fer Körper 2c. verengen fo ſehr unfern Gefichtgfreis. 
re vieles muß ung alfo bier unerforfchlich bleiben ! 
Dort aber wird diefer enge Gefichtgsfreig erweitert und 
ung ein Licht gleichfam über die dunfeln Führungen 


©. 147 
Sel. n. d. T., Lin Erweit, u, Verbeſſ. unf. Nel.- Erf.) 


Gottes angezündet werden. Wenn es hier ung uners 
Härbar ift, weshalb der Fromme in feinen guten Ab—⸗ 
fichten verfannt, weshalb er in feinen gaten Bemis 
hungen ununterftüßt gelaffen, ia babei verſpottet 
wird — — wenn man hier nur die Fehler eines M. 
erzaͤhlt und nichts von den, von ihm im Verborgenen 
verrichteten, edlen Handl. weiß, wenn man den Redl. 
verlaͤumdet: ſo wird es dort uns klar werden, daß 
grade dieſe Leiden der Verkennung, des Haſſes, der 
Verlaͤumdung ꝛc. fuͤr die Tugend eines folchen M. 
und zur hoheren und ſchnelleren ns 
vieler feiner Mitmenſchen unumgängli ch usthig gewe— 
fen find. Wenn wir bier fähige Köpfe durch äußere 
Umftände gurücgehalten und fie das hier nicht were 
ben fehen, was fie beizc. hätten werden fonnen; wenn 
fie in einer ungunfligen Lage und am untechten Orte 
lebend gar dag nicht leiſten koͤnnen, was fie a anders 
mwärts oder zu einer andern Zeit geleiſtet haben wuͤr— 
den: ſo wird es dort uns bekannt werden, wie viel 
die Welt durch ſolche Niederbengungen faͤh ger Koͤpfe 
gewann und wie ſehr iene Hinderniſſe nothig waren. 
Einſehen werden wir es dann, wie ſolche Menſchen 
bei einer gluͤcklicheren Lage entweder in Hochmuth oder 
andere Laſter verfallen und andern nur zum Verder— 
ben gedient haben wuͤrden. Wenn hier es Eltern nicht 
begreifen koͤnnen, weshalb ihnen Gott hoffnungsvolle 
Kinder durch einen frühen Tod entzieht: fo werden 
ihnen dorf die weifen Abfichten Gottes (denn immer 
handelt er liebevoll) bei diefen harten Leiden befannt 
werden. Gehen werden fie, daß ihre Kinder ſchweren 
Leiden oder Verſuchungen entgangen und fie, die El 
tern felbft, dadurch empfindlicheren Schmerzen enfgans 
gen u. entriffen worden find. D die Einficht: „meine 
Wege waren nicht Gottes Wege, und meine Gebanfen 
nicht feine Gedanken” — wie wird fie einft ung ent« 
zücen und ung — Gott zu danfen reißen! Endlich 
wenn wir fehen werden, welchen großen Gefahren 
(auch vor Feinden) — Leiden u. f. wm. uns bier Goft 
durch feine Leitung entzogen, wie er ung beſchuůͤtzt — 
wie er uns vor Suͤnden, die uns gewiß in eine Kette 


von unfägl. Kummer ꝛc. bewahrt hat — — dem 
| 2 


148 S. 
Sel. n.d. T., (in d. Erweit. u. Verb. unſ. Rel.-Erk.) 


allem wir vor und im Tode noch nichts mußten): ſo 
muß auch das eine wonnenolle Erkenntniß werden. — 
Kurz, dort werden alle Nebel, die ung bier Gottes 
Wege verdunfelten, verſchwinden, abe Raͤthſel werden 
aufgelößt werden — alle Anftöße werden wir gehoben 
fehen. Was uns bier Unordnung fchien, 
wird dort ung Drdnung, was ung bier Un— 
recht fhien, ung dann recht; was ung hier 
ale Shorheit vorfam, dort als Weisheit; 
was uns bier ein hartes Schickſal zu feyn 
daͤuchte, wird ung Dort als eitel Güte er- 
fheinen. Wie groß muß die Freude darüber wer> 
den, daß wir da Weisheit entdecken, wo ung bier al- 
les Unordnung und ohne Entwurf veranflaltee zu feyn 
fhien. Muß dann nicht die feftefte Ueberzeugung von 
Gottes Macht — Weisheit und Güte unfer Herz eins 
nehmen, wenn wir e8 fo anfchauend erfennen, daß er 
alles zur Erreichung feiner guten Abfichten hingelenkt — 
wie er alles, was er that und fihickte, Keiden u. Freu— 
den, Glück und Ungluͤck — Wohlthat und Strafe zu 
unferm Beften habe abzwecken laſſen? Iſt eg nicht hier 
fchon ein fehr großes Vergnügen, wenn man für ſich 
im Stillen und in der Einfamfeit oder in Gefprächen 
mit andern ſich über den unerwarteten Ausgang u. die 
wunderbare Auflofung einer verwickelten und ung fehr 
zweckwidrig gefchienenen DBegebenheit unterhalten u. e8 
einfehen gelernt hat, daß fich zur Beford. diefes od. ienes 
Zweckes alles fonderbar hat fügen u. ordnen muͤſſen, 
wie durch fonderbare Verbindungen diefer für ung oder 
Andere glückliche Erfolg habe entftehen u. wie, um den» 
felben zu bewärfen, fich fo vieles habe vereinigen 
muͤſſen. Wie vielmehr wird es dort größere Wonne 
gewähren, wenn wir dann die ganze Nichtzufanımens 
ffimmung unferer und Anderer Schickfale in Ueberein- 
flimmung aufgelsßt u. den ganzen Entwurf der unbe» 
gränsten Weish. und Gute Gottes vor unfern Augen 
enthüht fehen werden. Welche Empfindungen der 
Sreude, des Danfes, der Bewunderung, Anbetung u. 
Verehrung Gottes, befonders in unbegranztem freudie 
gen und kindl. Vertrauen zu ihm und feiner Güte wer- 
den dann unfere ganze Seele durchſtroͤmen! 


©. | 149 


Sel. n. d. T., (ind. Erweit. u. Verb. unf. Rel.- Erf.) 
dd) Die Frommen werden deutlich die Kol» 


gen ihrer Hier vecrichteten guten Handlun- 
gen erfennen Hier fiehbe oft der Redliche gar 
nicht8 von den Folgen feiner guten Thaten. Unſer 
Gefichtsfreis ift in diefer Ruͤckſicht auch fehr einge- 


fchränft. Wer eine Waife erzieht, flirbe z. B. ohne 


die Srüchfe feiner Handl. zu fehen und mit der Be— 
forgniß, 05 nicht die gute Erziehung bei der Verfuͤh— 
rung in der Melt vergebens ſeyn werde. Dfe flieht 
der Fromme zu wenige und zu geringe Solgen feiner 
beiten Bemühungen, Die, wenn fie die einzigen wären, 
nicht die deshalb aefoftefe Leberwindung und Aufopfe— 
rung verlohnten und zu wenig mit den Werth und 


der Schwierigkeit der That in Verhaͤltniß ſtehen. Oft 


wird dem Nedlichen für das Gute Undanf zu Theil, 
und zumeilen ficht er gar. böfe Folgen feiner guten 


Thaten. Allein dort wird er fehen, mie iede einzelne 


gute Handl. auch gute Solgen, wo nicht für Andere, 


doch wenigſtens für uns ſelbſt hatte, wie iedeg lehr— 


reiche Wort der Ermahnung nicht vergebens -gewefen, 
mie e8 manchen Spoͤtter uͤberzeugt, manchen Zweifel⸗ 
haften beruhigt, manches Boͤſe im Unbefefligten vers 


huͤtet habe. Su der Ewigkeit den Geretteten erblicken, 


und hören, wie er ung für unfere Belehrung oder Er— 


mahnung danft — — das muß als wahres Glüd 
unendlich erfreuen. Dort wird die auch felbft dem, 
der hier undankbar ift, bewiefene Wohlthat in ihren 
ihm, dem MWohlthäter, felbft nüglichen Folgen, daß er 
dadurch por zu großer Anhbänglichf. an ird. Güter bee 
wahrt und in der GSelbftüberwindung beftärft wurde, 
erfannet werden. Dort werden wir eg auch erft lebhaft 


‚einfeben, welche in’g Unendliche fortge- 


hbende Solgen bier gute Handl. Haben. 


Hienieden vermegen wir nicht, alles, was aus unfern 


Thaten entficht, bis zu den letzten Solgen zu ent- 
decken. Welche entzückende Freuden wird es dorf ges 
wahren, wenn der Erzieher und Lehrer eines verwais— 


ten Kindes die Folgen der ihm gegebenen Belehrung, 
Der underdroßnen Anfuhrung zum Guten u. f. w. ers 


fährt — wie diefes Kind z.B. wieder viele andere M. 


unterrichtet, Bedrängte getroftet, Lafterhafte gebeffert 
u. ſ. w. habe. Wie ermunternd muß nicht dieſer an 





150. S: 
Sel. n. d. T., (Freuden der Erweit. unf. Erf.) 


ſich ſchon entzuͤckende Gedanke für Eltern und Jugend⸗ 
lehrer feyn, — feine Mühe im linterr., in der Erz. u 
Bildung ihrer Kinder und Zöglinge verdrießen zu laf- 
fen, weil fie einſt aleichfam an ihren Kleinen Pflaͤnz⸗ 
hen, die fie gut pflegten, einen, großen. — reichen 
Schaͤtten und viele herrlich Tabende Srüchte darbieten⸗ 
den, Baum erleben werden. 

Eine außerordentliche Seelenfrende wird dieſe Er⸗ 
weiterung und Berichtigung unſerer Erkenntniß gewaͤh⸗ 
ren, unſere Freuden unausſprechlich vervielfaͤltigen u. 
uns zur Bewunderung Gottes hinreißen. Es wird 
eine ewig unerſchoͤpfliche Quelle der reinſten — erha⸗ 
benſten — und innigſten Freude ſeyn, ſo wie auch eine 
Quelle einer groͤßeren Wuͤrkſamkeit. Denn alle Macht 
der Geſchoͤpfe entſpringt aus richtiger Kenntniß der 
Geſetze u. der Einrichtung der Ratur. Denn iſt Pſalm 
111, 2 ſchon bier wahr, welch eine Freude wird dann 
nicht der Anblick und die Betrachtung des neuen Him— 
mels und der neuen Erde gewähren! Hier fibon 
macht ung die Bermehrung unferer. Kenntniffe Freu— 
de — und zivar eine folche, die nicht, wie die finnlis 
chen Freuden mit Neue und Eckel verbunden iſt, fons 
‚dern fie gibt Zufriedenheit. Schon bier erleichtert ung 
Kenntniß die Ausuͤbung unferer Tugend, und fchon 
bier Begründer eine berichtigte und vermehrte el. = 
Kennen: unfere Ruhe. Wie vielmehr wird alfo 
Wachsth. an Erf. dort freudenreich und erwuͤuſcht 
ſeyn! Man denke ſich die neuen entzuͤckenden Gefuͤhle, 
wenn der Umkreis unſers geſchaͤrften Auges, welches 
hier kaum den Winkel umfaßte, den wir bewohnten, 
ſich dann ſo erweitert hat, daß er keine kleine Welt 
umfaßt, wenn wir vom Throne Gottes an bis in 
ferne nachtdunkle Tiefen der Natur mit lichthellen 
Blicken einen groͤßern Theil derſelben befaſſen u. nun 
da Uebereinſtimmung finden, wo wir hier Mißſtimmung 
zu finden glaubten, da Ordnung im vollen Lichte be— 
merken, wo uns ſonſt alles Verwirrung ſchien, wenn 
nun unſer in ungemeßne Ferne reichender Blick uns 
ſtets neue Entdeckungen zufuͤhren und uns mit dem 
angenehmſten Erftaunen uͤberraſchen wird. Je leich— 
ter — reiner — ſicherer — ausgebreiteter — wuͤrdi— 
ger — und würffamer die Erkenntniß unſeres Lebens 


©. N ESE 
Sel. n.d. Tode, (Freuden der Erweit. unſ. Erf.) 


feyn wird, deſto größer wird das Vergnügen fen, 
welches fie dem verflärten Geiſte darbietet. — Sich 
frei zu finden von den förperlichen Bedürfniffen, deren 
Befriedigung ung hier in unferer regen Wißbegierde 
und Sorfchluft fo oft unterbricht und fort — welche 
Sreude muß das genießen laffen! Wenn es ung dann 
Dadurch, daß wir immer tiefer in die Erf, Gottes und 
feiner herrl. Eigenfchaften hineindringen, immer deut— 
licher wird, daß alle feine Anſtalten und Führungen 
nur zu unferm Seifen abgezielt haben, und daß er ie— 
den Menſchen zu einer ſtets groͤßern Vollk. erzog — 
o wie muß dieſe Einſicht dann eindringen! *) 

Dafür, daf dem Frommen bie Erweiterung 1. Des 
richtigung feiner Erf. bevorfteht, bürgen ung folgende 
fihere Gründe: 

e) Hier auf Erden iſt e8 nicht iedem vergonnt, feine 
Erf, gu vermehren, wenn gleich Gott dazu den Trieb 
in feine Seele gelegt hat. Der größte Theil von M. 
hat fo verfchiedene, zerftreuende Gefchäfte, daß er kei— 
nen Hang. zur Erweiterung feiner Kenntn. äußert. 
Die Sorge für Nahrung und Kleidung, der Mangel 
an Mitteln und Gelegenheiten, die Kenntniß zu vers 
mehren — viele bald hie- bald dorthin ziehende Vers 
bindungen, Theilnahme am gefellfchaftl. Umgange — die 
zur Ruhe erforderliche Zeit u. f. w. halten viele v. der 
Ermweit. des Wiffens ab; fie find mit der Erlangung 
weniger zu ihren Berufe erforderl. Kenntniſſe zufrie— 
den und kennen nicht das hohe Vergnuͤgen, welches der 
Weiſe am Forfehen ꝛc. findet. Allein der Geiſt des 
M. — dieß denfende Weſen, heiſcht eben fo gut als 
der Leib Nahrung und Ruhe, fordert die Befriedigung 
der ihm eigenen Sehnfucht nach Beichäftigung. Sollte 
nun nicht der M.in iener Welt, wo er frei vom £hies 
rifchen Leib iſt — und nicht mehr für die ihn zerr 
— ihm die beſte Zeit raubenden und ihn gegen 
die Vergnuͤgungen der Wahrh. abſtumpfenden Beduͤrf— 
niſſe zu ſorgen und zu arbeiten hat, Gelegenheit zum 
Erweitern ſeines Wiſſens haben? Was kann ihm dort 
die Zeit rauben, ſich dem Nachdenken zu uͤberlaſſen, 





*) Vergl. Goldammer a. a. O. S. 329 ff. 


152 ©. 
Sel.n.d. Tode, (in Erweit. u, Veredel. ber Erf.) 


ſich Same zu fammeln u. f.w., wo er nicht mehr 

im Schweiße f. U. das £and bauen oder fonft ſchwere 
Arbeiten verrichken wird? Dorf, Wo er nicht mehr 

den für ihn nicht gut zu beftreitenden Aufwand be- 

fürchten darf, welchen bier. der Unterricht und die Mit- 
tel zu einer mehr als gewoͤhnl. Erf. erfordern, fon» 
dern von allen Seiten Duellen vor fich ficht, woraus 
fein nad) Kennen. burftender Geift ſchoͤpfen u. trinken 
kann — wird er gewiß die ſchoͤnſten Anlaͤſſe dazu haben. 
Dort, wo keine Leiden und keine Sorgen ſeinen Geiſt 
niederſchlagen, ſondern er in ſtets heiterer Ruhe lebt, 
en er dazu allen Antrieb haben, und — befreit von 
der Sinnlichk. daran gewiß vorzüglich Geſchmack fin- 
den. Dort wird ihm ia aud) Goft zur Wermehrung 
feiner. Erf. gewiß durch die gehoͤrigen Mittel — Ge» 
genftände u. f. w. zu Hülfe kommen. Alles wird fich 
dann vereinigen, das große Bedürfniß feines Geiſtes 
zu erwecken, die Sehnſucht dazu zu vermehren u. mit 
noch höherem Vergn. zu würzen. Niemand wird dann 
von biefem Freudegenuß ausgefchloffen bleiben. 

P) In Gottes Schoöpf. geht nichts zurück. Es fehreitet . 
alles vorwarts und dem Mollfommenen entgegen. Wer 
hier ſchon an Weish. suzunehmen gefucht hat, wird 
in ienem vollkommneren Zuflande daran zuzunehmen 
nicht aufhoͤren, fondern fortwachſen. Dieß wird, wie 
e8 wahrfcheinlich ift, in eben dem Maaß u. nach eben 
der Nichtung gefchehen, wie e8 hier gefchabe. 

y) Da in ienem Leben fo viele Urfachen und Einfchrän- 
fungen wegfallen werden, die ung bier die Erf. der 
Wahrheit erſchweren, unſere Begriffe verdunkeln und 
uns zu Irrthuͤmern verleiten, ſo wird auch dort unſere 
Vernunft uͤber die hier taͤuſchenden Blendwerke der 
Sinnlichkeit ſiegen und den Nebel ihrer Taͤnſchungen 
zerſtreuen. Dort findet eine rein-geiſtigere Anſchauung 
ſtatt. Dort iſt nicht mehr, wie hier, eine Verwechſelung 
und Vermiſchung ſcheinbarer Vorſpiegelungen der Ein— 
bildungskraft und reiner Verflandegbegriffe.. Dort iſt 
kein Trugwerk der Sinnenerſcheinungen mehr; mithin 
wird auch unſere Erk. von allen den mit uns in Be— 
ziehung ſtehenden Dingen viel wahrer — gewiſſer — 
richtiger ſeyn; werden wir zwar nicht auf einmal von 
allem Irrthum frei fegn, fo werden wir ung doch im- 


©. 153 
Sel.n.d.T., (in einer vollfommneren Tugendübung.) 


mer mehr der Wahrh. nähern, u. endlich aller Gefahr 
ſchaͤdlicher Berirrungen entzogen ſeyn. 

2) Es ift nothmwendig, denn wer glücklich feyn fol, muß 
richtige Grundfäße haben. Hält fi auch iemand bei 
dem irrigen Wiffen für glüdlih, fo wird gewiß 

feine erfünftelte oder erträumte Ruhe bei der ge- 
rinaften unglückl. Veränderung feiner Schickfale dahin 
fchwinden. *) | | | 

Bol, Zollikofer's Predigten, nach ſ. Tode ꝛc. VrB. Nr. XVII. 

S.217 fe: „die Vorzuͤge unſerer Erk. in dem zukuͤnftigen 
Reben.’ | 

B)f. oben ©. 135.) Der Fromme wird inienem 

Leben vollfommener die Tugend uben und 
in allen fitel. BollfommenHheiten wadhfen, 
i Kor. 13, 10; 11Ror. 5, 7.. / 

YA) Er wird weniger fündigen, und dagegen mehr — 
db. 5. mit mehrerer Neigung und Willigfeit, aus rei- 
nern Gründen, ungehindert und in größerer Menge das 
Gute thun, IIPetr. 3, 13. a) Bei ihm ift dann Feine 
herrfchende Neigung zur Sünde mehr. Er hat eine 
vermehrte, genauere und richtigere Erk., lebt in Verb. 
mit Sreunden des Guten, deshalb wird er weniger fün- 
digen. Dort werden auch viele Verſuchungen und 

Gefahren zu fündigen wegfallen, welchen hier die Zug. 
bei einem ſchwachen — unvollfommenen Herzen aug- 
geſetzt if. Unfer finnliches Leben macht ung bier den 
Sieg über ung felbft fo ſchwer. Die finnlichen Be— 
gierden fiehen immer dem guten Willen im Wege, 


) Die Beantw. der Frage: „haben die Seligen au vom 
Zuſtande ihrer Hinterlaffenen und von unferm teßigen Le— 
ben auf Erden Kenntnis?’ Halte ih nicht geeignet für 
Meligionsvortrase. Es tft faft zu ſpeculativ und zu wenig 
praktiſch. Es ift dieſes Thema fowohl von J. NR. ©. 
Beyer in — zur Aufklaͤr. der Volksrel. in Predd. 2rB. 
8p}. 1788. gr. 8. Wr. 14. ©. 178:187: „werden dann 
wohl unfere  verjtorbene Freunde im Himmel noh et 
was von dem erfahren, was mit ung auf Erden vor: 
geht 7° — als auch von J. W. ©. Wolf — in feinen 
Predigtauszz. zr Jahrg. ©. 105-108: über das Ev, am 
Himmelfahrtsfefte — abgehandelt worden. 


154 | S. 
Sel.en. d. T., (in einer vollkommneren Tugenduͤbung.) 


Daher liegt oft der M. auch beim beſten Wollen und 
Streben im Kampfe mit den Reitzungen zum Boͤſen 
unter. Kaum bat man Einige Vorſchritte auf dem 
Zugendpfade gethan, und muß dann vom Temperament 
und Schwachheit übereilt, e8 bereuen, daß man gefehlt 
habe, und immer noch fort fehle, wenn man glaubt, 
über dag Fehlen erhaben zu feyn. Jeder bat bier 
feinen eigenen Feind feiner Tugend, in feiner Ge- 
müthsart, natuͤrl. Schwäche, in gewiffen Vorurtbeilen, 
in falfchen Begriffen der Erde, durch Erzieh. verans 
laßt, in gemiffen Gewohnheiten und Lieblingsneiguns 
gen. Teder hat feine eigene Stimmung der Einbils 
dungskraft durch gewiffe herrfihende Bilder in feiner 
Vorſtellung, die noch dazu durch die Gefellfch., in 
foelcher er lebt, unterhalten wird. Die durch mehr: 
malige Befolgung feiner Neigungen entftehbende Ge- 
wohnheit im Sehler » oder Lafterhaften wuͤrkt nicht mit 
geringer Kraft. Wie viele Feinde gibe es alfo, mit 
denen ieder bier zu kämpfen har. Zumeilen befommen 
die Vortheile, die ung die Augübung der Lafter ver- 
fpricht, einen fo einnehmenden aͤußerl. Schein und eg 
verfprechen die finnlichen Begierden anfänglich fo viele 
Freude, daß felbft unfere beite Erfenntniß überwogen 
wird und wir ung zu Handlungen bewegen laffen, die 
doch unfern Grundf. ganzlicy mwiderfprechen. Dort 
aber werden alle diefe Feinde wegfallen, und die we— 
nigen Hinderniffe, die dann der Selige noch zu feiner 
Uebung zu bekämpfen hat, werden nicht mehr fo ges 
fährlich feyn, und werden Teiche zu feiner Befeftigung 
im Guten befiegt werden fünnen. Denn dort werden 
doch die groben Theile, die ung den Genuß Eörperl. 
VBergnügungen auf E. fo groß und reigend empfinden 
laffen, aufhören. Dort— entfeffelt vom groben Koͤr— 
per, ift nicht mehr die vergehrende Wolluft, Feine bei 
ber felbft Heinen Beleidigung aufbraufende Hitze. — 
Dort find nicht mehr die aug unferer Berbindung mit 
unjerm Leibe entfichenden Verfuchungen. Geiß und 
Ehrſucht 5. B. würden wir nicht fennen, falls wir 
bier nicht mit andern Korpern, die eben durch die iekis 
ge Derbindung der M. unter einander ihren Werth 
erhalten, in einem genauern Zufammenh. fanden. Die 
böfen Gefellfchaften, worin wir bier leben, wie viele 


S. | 155 
Sel.n.d.%., (in einer vollfommneren Tugenduͤbung.) 


Berfachungen und Fehltritte geben und veranlaſſen ſie 
nicht! Was das Zureden boͤſer M. nicht vermag, das 
können bofe Beifpiele ausrichten. Bei denfelben ver- 

gißt man dann die Kehren der Eltern, Erzi eher 2c. da 
erfticken die verführerifchen Reden, Spoͤttereien und 
der Genuß finnliher Wolluͤſte felöft den letzten Keim 
der Tugend in feiner Seele. Zu ſtark wuͤrken Förper: 
liche — finnlihe Dinge auf unfer Herz. Welch ein 
Gluͤck iſt es demnach, daß ung die Ewigk. von dieſen 
Verſuchungen befreien wird! Dort erlangen wir nur 
aͤchte — Zeiſtige Güter, wozu uns die Tugend und 
Veraͤhnlichung mit Gott fuͤhrt! Dort ſehen wir in 
der Verbindung mit tugendhaften M. nur gute Bei⸗— 
ſpiele. Dort gibt es nicht mehr Verſuchungen zu 
ſuͤndlichen Handlungen. Denn dort iſt unfere Erf. we— 
niger eingeengt, dorf verfcehwinden die Vorurtheile, 
dort ift Feine Schmwärmerei mehr. Dort ift und wird 
immer mehr unfere Nel.» Erf. berichtiget. Wir find 
heraugsgeriffen aus den ird. Verbindungen. Ungehin— 
dert koͤnnen dort unfere guten Grundſaͤtze wuͤrken und 
es kann die Aufkl. des Verſt. mit der Veredelung des 
Willens gleichen Schritt halten. Hat auch die Seele 
nach dem Tode des Leibes noch einige uͤble Neigungen, 
noch einige Wuͤnſche nach den Guͤtern, womit ſie hier 
in Verbindung ſtand, nach dem Genuſſe der — hier 
lange genoſſenen — Freuden; ſo koͤnnen dann doch 
ſolche leicht befiegt werden; denn, weil wir alsdann 
nicht mebr die Erdengüter befisen, und die ird, Freus 
den genießen und dazu alle Hoffn. wegfaͤllt, fo werden 
auch die Wünfche wur aufhoren. Die höhere Erf. 
wird fie uns ale arınjehig erkennen laſſen und hoͤhere 
Freuden werden alle iene Wuͤnſche verdrängen. Fuͤr 
den, der ſchon bier fich & gewohnte mit feinen Begier— 
den zu kaͤmpfen und bei wenigeren und ſchlechteren 
Waffen über ſtaͤrkere Feinde zu ſiegen, wird es dort 
leicht werden uͤber iede boͤſe Neigung in ihrem Aufkei— 
men zu ſiegen. 

b) Dort werden — leichter u. weit mehr Gutes thun. 
Denn die vielen Hinderniſſe des Guten werden weg— 
fallen, und der Fromme wird mehr Befoͤrderungsmit— 
tel des Guten finden. Hier erſchweren die Allgewalt 
der Sinnlicht. die — unmaͤßig nach Ian, Gütern u. 


? 


I 56 ö ©. 
Sel. n. d. T., (in einer vollkommneren Tugendäbung.) 


a erachtet, die Herrfchaft des ſittl. Uebels, 
die nafürl. Trägheit, eine unrichtige Leitung unferer 
Triebe, — die Schwäche und Unvolif. unferer Kräfte, 
die vielen Einfchränfungen, die die freie Entwicelung 
u. Erhöhung unferes Berflandes u. unferer ſittl. Kräfte 
hindern, und eine Dienge außerer Imftäinde dag Stre—⸗ 
ben nach Tugend ungemein, ſo lange man es nicht bis 
zu einem gewiſſen Grade der Vollkommenheit gebracht 
und mehrere Stärke u. Feſtigkeit erhalten bat, Ufer. 
5,0. 2. Eben dieſe mit der GSittlihf. verbundenen 
"Schwierigkeiten und Kämpfe machen es fo fihwer, die 
natürliche DBerbindung der Tugend mit Freude und 
Gluͤckſeligkeit ſo lebhaft in der Geele zu erhalten und 
noch fehmwerer, ſich felbft hievon durch die Empfindung 
zu überseugen. Hier ſollten wir freilich allein unfere 
Vernunft zum Fuͤhrer und Beherrſcher unſerer Begier— 
den machen, und über die Sinnlichkeit zu fliegen ſuchen, 
allein da wie in der Sinnenwelt leben, miſcht fich zur 
Beſtimmung unferes Willens in unfern Vorſtellungen 
leicht etwas Sinnliches ein. Sinnliche Beweggruͤnde 
haben beim beſten Beſtreben, nach einem rein guten 
Willen zu handeln, auf unſere Entſchließungen und 
Handlungen, oft ohne daß wirs wiſſen, ſtarken Einfluß. 
Wir muͤſſen ſchon zufrieden ſeyn, wenn wir es ſo weit 
bringen, daß wir, wenn ſie unſere Vernunft fuͤr ſich 
einnehmen, ſie nur der Herrſchaft der Vern. unter— 
geordnet erhalten. Dort aber, wo die Seele vom gro— 
ben Koͤrper, und v. den ſie an die Sinnenwelt feſſeln⸗ 
den Banden befreit iſt, wo fie reiner, in ihren Abſich— 
ten und Bemühungen edler und erhabener, in einem 
befferen Wuͤrkungskreis ungehinderter, wuͤrkſamer und 
ausgebreiteter im Ausuͤben des Guten ſeyn wird, wird 
alſo der M. vollkommner werden. Dort iſt Fein Streit 
mehr zwiſchen unſern Wuͤnſchen und unſerer wuͤrklichen 
Lage, die hier dem Herzen die Ruhe nahmen. Dort 
iſt zwiſchen beiden vollige Uebereinſimmung. Dort wers _ 
den die Beweggruͤnde zum Guten neu, ihrer werden 
mehrere — ſie werden auch ſtaͤrker ſeyn; denn durch 
Uebung rien werden fie vervollkommnet werben. 
Des Frommen Tugendſinn wird und iſt dann immer 
reiner und höher geftimme.  Umftände u. Berbindun- 
gen werden dann die Ausbildungen feiner guten Fer: 


* 


S. 2 157 
Sel. n. d. T., (in einer vollfommneren Tugenduͤbung.) 


tigkeiten ſehr beguͤnſtigen. Die Beweggruͤnde, die 
dann den Frommen beſtimmen den werden reiner 
und edler ſeyn. Wenn es ſchon hier Verehrer der Tu— 
gend gibt, die ſich deshalb verbunden halten, überall 
Gottes Willen zu befolgen, weil derfelbe der befte ift, 
die deshalb immer mehr Gott ahnlich werden u. ihre 
Mitmenfchen immer eifriger lieben: ſo wird das dort 
gewiß noch weit mehr der Kal ſeyn. 
e) Der Fromme wird dort mehr Neigung und Em— 
pfänglichk. fürs Gute baden. Sein Wille wird vers 
edelt, und feine fitel. Kräfte mehr entwickelt und durch 
Uebung ſodann perfiärfe und vervollkommnet werden. 
Er verrichtet dann dag Gute immer freier, ſchneller u. 
ficherer. Er wird unaufhorlih Triebe und Kraft zum 
Guten verfpären. Er wird feine böfen Begierden in fich 
felbft und feinen Reitz zur Sünde außer fich wahr⸗ 
nehmen. Seine Antriebe zum Guten werden ſtaͤrker 
werden. F 
d) Der —— wird das Gute beſſer verrichten u. 
eine reinere Tugend üben, als e8 hienieden mög- 
lich war. Wan mwird fie mit der frendigfien Willigk., 
indem ſie aus den edelſten —— u. frei von Maͤn— 
geln und Fehlern gefchieht, uͤben. Dieſe Willigk. muß 
ihr dann eigen ſeyn, da ſie dann nicht mehr Kampf, 
ſondern eine Folge eines ungehinderten Verſtandes u. 
edlen Herzens iſt. Sogleich ſtellt ſich dann dem From— 
men die Tugend in ihrer liebenswuͤrdigen Geſtalt dar. 
Die Erk. iſt dann vollkommener und ſein Geſchmack 
an dem Edlen und. Schoͤnen ausgebildeter. Die Zus 
gendübung wird dann Durch Fein koͤrperl. Beduͤrfniß 
erfchwert, weil iede bier auf Erden erworbene Fertigk. 
ungehindert ſich außern, und durch eine iede Aeußerung 
vervollkommnet und die Seligkeit der Tugend in ihrer 
ganzen Größe genoffen werden wird. 
e) Der Fromme wird mehr Anlaͤſſe, Gelegenheiten und 
 Ermunterungen zum Guten u. zur Uebung ſeiner ſittl. 
Kräfte haben. Jeder findet dort Rahrung für fein 
Herz, Mittel zur Veredelung feiner ©: finnungen, Ge⸗ 
legenheiten und Ermunterungen zur Anwendung und 
Uebung feiner Kraͤfte und Antriebe und den Beruf gu 
edlen und großen Ihaten. Die Serle wird in dem 
unermeßl. Meiche des Unendl. thätig ſeyn. Gie wird 


158 “ S. i 
Sel.n. d. T., (in einer vollfommneren Tugendübung.) 


eine ausgebreitete Würkfamf. oder neue Gelegenheiten 
zu guten Handlungen, und durch diefe wieder zu ans 
dern guten Berrichtungen erhalten. Es wird uns ein 
höherer Poſten anvertraut und wir werden fogar auf 
Poſten geſtellt, und zu Geſchaͤften gebraucht werden, 
wo wir auf einmal Diele begiücken werden. Der From— 
nie wird zu einer immer hoheren Tugend — zur ge 
meinfchaftlichen Würffamkeit und Seligk. erhoben wer— 

den. Er wird namlich im Ihun des Guten 

nicht ermuͤden. Iſt nun für ein edles Herz nichts 
‚angenehmer und belöhnender, als viel Gutes thun zu 
fönnen, fo muß e8 im Himmel eine der größten Sreus 
den feyn, wenn der Sromme bei erhöhten Seelenträf- 
ten unbefchränfter und ungehinderter Gutes thun — 
gluͤcklich machen und die erlangten Kenntniffe zu heil- 
famen edlen Abſichten ausführen Ffann. Welche Wonne 
muß es feyn, dann nicht mehr fo viele Hinderniffe 
in und außer fich zu ſehen, um edle Entfchließungen — 
3. B. die Erleuchtung der Unmiffenden, wuͤrklich aus⸗ 
fuͤhren zu koͤnnen!! 


- Vergl. er Predd., nach f. Tode ꝛc. Vr 8. Nr. XVIII. 
©. 321 
Zwar ganzrein wird dort unfere Tugend 
nicht feyn. Die wird der M. dag werden, was mir 
ung unter einem von allem Koörperlichen und Sinnli— 
chen abgefonderten Geifte — einem Engel vorftelen. 
Die der menfchl. Natur wefentlich eigenen Mängel, 
Einfohranfungen und Unvollfommenbeiten werden dort 
nicht wegfallen. Die Befchränftheit der endl. Natur - 
des M. Fann nicht aufgehoben werden; vergl. das 
oben S.122 f. Gefagte. Wenn er aud) dor£ bei einer 
befferen Erf. und durch Fleiß, Treue und unermüdete 
redl. Anwendung feiner geifligen Kräfte, in der fittl. 
Ausbildung immer mehr fortfchreitet: fo wird er doch 
vom Urbilde after fiel. Güte und Vollk. immer noch 
weit entfernf bleiben. Weiß er auch durch fortgeſetzte 
Hebung und dadurch verftärfte Geiſteskraͤfte viele Hin— 
derniffe und Schwierigkeiten bei feinen guten Inter: 
nehbmungen zu überwinden und aus dem Wege zu 
fchaffen, oder — wenn auch dort nicht mehr fo vieleg 
ihn darin aufhalten wird: fo wird er doch nicht ganz 
ohne allen Kampf mit Hinderniffen leben und würfen 


ee... 159 
Sel.n.d.T., (in einer vollfommneren Tugendübung.) 


fönnen,da er immer ein eingefchränftes Geſchoͤpf Bleibt 
und er ohne diefe Schmierigff. zu wenig Hebung und 
zu geringe Anftrengung feiner Kräfte häfte, um dag 
Ziel der für ihm erreichbaren fittl. Vollk. zu erlangen. 
Die Natur des M. wird dort nicht umgeändert wer 
den. Er behält feine Fähigkeit und feine Art zu em. 
pfinden, zu erfennen und zu mürfen. Geine Natur 

wird nur vervollfommnet, feine Sinne werden ge— 
fchärft, feine Gefühle verfeinert, und die Kräfte feines 
Geiftes erhöht werden. Seine Lage und Verhaͤltniſſe 
werden nur anders. Dem eingefchränften Gefchöpfe 
wird e8 alfo immer moglich bleiben zu fündigen, fo 
wie e8 ihm immer möglich bleibt zu irren und nach 
irriger Erf. zu handeln. Ein Geſchoͤpf, dem das Suͤn⸗ 
digen und Irren nicht moglich wäre, müßte entweder 
blog Mafchine, oder Sort felbfi, oder das allervolle 
fommenfte Wefen feyn. Eine vollfommene Tugend ift 
für endliche vernünftige Wefen nicht erreichbar. Es 
gibt für fie Feine fittliche Bollendung, fondern es ift 
ihr Kortfchreiten, um fich dem Muſter der Sittlichkeit 
zu nähern, endlos. Aber mit Bewußtſeyn und Vor—⸗ 
faß werden die Seligen nicht gefegwidrige Handlungen 
üben, da fie fich ſchon hier des Guten befliffen und 
dort zur Berrichtung des Guten mehr Aufmunterungen 
finden, als fie hier dazu antrafen. 

Die Ueb. ieder Tug. wird alfo dort fork> 
währen. Je mehr wir ung alfo ſchon hier im Guten 
übten, befonders in den Ermeifungen der M—liebe — 
defto leichter — fchneller und — mehr werden wir auch 
auf diefem herrlichen Wege dort forfgehn, mo e8 ung 
an Gelegenheiten — Liebe zu außern und unfer 
Wohlwollen durh Thaten an den Tag zu legen nicht 
mangeln wird. Der Fromme, der fchon hier den goͤttl. 
Ged. faßtes „ih will mich Gott durch Wohlthun 
veraͤhnlichen,“ wird dann diefe Gelegenheiten begierig er— 
greifen. Man handele, der damit verbundenen Seligf. 
wegen, deshalb hier fo, daß ung die füßen Empfinds. 
beim Wohlthun nicht fremd merden. 

Welche große Freuden wird diefe fünftige Vervoll— 
kommnung in der Tugend dem Seligen gewähren! 
Gott und feine Gefchöpfe aufs vollfommenfte zu lie 
ben, ohne grobe Fehler und Mängel das Gute zu 


160 S. 
Sel. n. d. T., (in einer vollkommneren Tugenduͤbung.) 


thun, befreiet zu ſeyn von allen peinlichen Kaͤmpfen, 


nicht mehr zu beſorgen, daß man etwas verliere, unendl. 


ausgebreiteter und ernſtlicher das Gute zu thun, ohne 
Aufhoͤren zu wachſen, fortgehend ſchneil gut zu han⸗ 
deln: — — Das muß unnennbare Seligfeiten gewaͤh— 
ven. Man kann fie mit Worten nicht angeben die felis 
gen Empfindungen, die dann iedes Herz erfüllen. war 
fen, wenn es fih nun vollig bewußt. iſt, daß es mi 

ieder wohlmwollenden Gefinnung — mit ieder Techefchaf- | 
fenen Handlung die Abfichten Gottes erfüle — mit 
feiner Ihätigfeit in den großen Entwurf der Weltbe- 
glückung eingreife u. dadurch dem Weſen ſich veraͤhn⸗ 
liche, welches die Weisheit, Liebe u. hoͤchſte Suclicht. 

ſelbſt iſt. Denn unlaͤugbar iſt es: 


N) Daß Tugend allein nur wahres inneres Wohlſeyn 


—2 


gewaͤhrt. Schon hier befoͤrdert ſie, wenigſtens der 
Regel nach, unſer aͤußeres Wohlſeyn, und es iſt das 
uns durch ſie errungene — ſie begleitende Gluͤck am 
dauerhafteſten. Sie gibt erſt — unſern Freuden u. 
Vergnuͤgungen ihren Werth. I Offenbar wird alſo 
mit wachſender Tugend und En nu unfer inne— 
res und aͤußeres Wohlfeyn wachſen und fteigen. — 


2) €8 fließt daraus, meil man bei einem frommen 
Leben fich e8 bewußt ift, das Wohlgefallen Gottes er— 
langt zu haben. Sin iener Welt, wo Menfchenlob 
und Menfchentadel fo wenig wiegt, wo der Beifall 
diefer Welt nichts helfen kann, und, Gott zu gefals 
len, vor ihm würdig befunden zu werden, um an den 
höheren — den Guten aufbewahrten Freuden, Theil 
zu nehmen — welches belohnende Bewußtſeyn! Welch 


ein Glück, wenn mir es unmittelbar empfinden, daß 


wir ung Gottes freuen und auf feine Gnade rechnen 


koͤnnen! — I) Es folge auch daraus, weil bei einer beſ— 
fernden und fies wachfenden Tugend alles das weg— 
faͤllt, was hier die Freuden ſtoͤrt und Kummer verur— 
ſacht. Indem wir nichts Gott mißfaͤlliges begehren, 
koͤnnen alle unſere Wuͤnſche befriedigt werden. Dort 
werden nicht ohnmaͤchtige, fruchtloſe Wuͤnſche Er 

Stelle 


— 


*) Goldammer a. a. O. ©, 363 ſ9. 





S. 164 
Sel. n. d. T., (in der vollfommneren Tugenduͤbung.) 


Stelle einer freudevollen Wuͤrkſamkeit bertreten. Da 
wird die Tugend nicht brauchen über Mangel an Strafe 

zu Hagen. Ganz wird man dann mit entzürfender 
‚Sreude die Wünfche feines edlen Herzens befriedigen 
u. Ewigff. hindurch aufs wohlthaͤt igſte wuͤrken koͤnen. 
Es wird alſo ienes Leben ein ſteter Genuß gewuͤnſchter 
neuer und geſaͤttigter Empfindungen ſeyn. Da fließt 
nicht mehr eine Thraͤne der Reue, da ſchlo gt keine 
demuͤthigende Schaam die Seele nieder. Da ſiegt Fein 
Feind über unſere beſiegte Tugend. Da verwundet 
kein Fehltritt das Herz. Die dann erreichte Hoͤhe, die 
dann errungene Feſtigk. im Guten wird ung ewig be— 
feligen. 

HH) Solgende Gründe verbuͤrgen es uns, daß in ie— 
Ren Leben unfere fittliche Verbeſſerung wachſen werde; 
mei 

a) Alle die Bindernüft,, die hier unſere Anlagen, Kräfte 
und Neigungen zur Tugend beſchraͤnken und aufhes 
ben, dort wegfallen werden. Daun hört ia ber Streit 
der Sinnlichkeit mit der Vernunft, oder iene Kluft 
auf, die fich zwifchen dem beften und redlichften Wol- 
len und unferm Thun befindet; denn es iſt alsdann 
der Geift nicht mehr dem Leibe und der Sinnlichk. uns 
ferworfen. Dann ift ia unfere Erf, heller, veiner, 
richtiger, wahrer und gemwiffer. Es werden nicht mehr 
die Täufchungen der Sinnenwelt und fo viele Srrthüs 
mer, da wir alles richtig erfennen, und gehoͤrig beur— 
theilen werden, ffatt finven. Wenn der Gelige voll. 
fommener Gott, fich felbft, feine Mitmenſchen und die 
Verbindungen mit ihnen erkennt, wenn er vie reinfte 

- Wahrh. einfieht, dann muß er zu einer vollkommneren 
Tugend geſchickt ſeyn. Die Tugend muß ibm leichter 
fallen, und diefe erleichterte Tugend muß teinet, volls 
fandiger, dauerhafter ſeyn. Nacirlich wird eine ſolche 
treffliche Tugend auch innigere Freuden gewaͤhren! — 
Dort wird der Fromme die Lebe Gottes in ihrer gan—⸗ 
zen Größe uͤberſchauen, die fo viele — herrliche Ans 
falten zum Be fen der ae kenen traf, Die ale Mens 


fo gern alle glücklich jan wi, die ıc. (Joh. 3, 
26,.36.), 


Ehriftt, Sl. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 eh 8 


— 


162 S. 
Sel. n. d. T. ‚ (in der vollkommneren See ) 


Wie fehr wird ihn dieſe Erk. bewegen, ſich dieſer ſo 
vorzuͤgl. Liebe immer wuͤrdiger zu machen und beſt⸗ 
moͤglichſt Gottes liebevolle Abfichten zu erfüllen. Da, 
wo Wahrh., Drdnung und Vollk. über alles gelten, 
wo wir für "has fieel. Schöne und Gute weit mehr u. 
einen gebildeteren Sinn haben und dag Urbild deſſel— 
ben näher erfennen werden — da, Wo Wir dag Be— 
glückende der Tugend ungemifchter und flärfer empfin- 
den — wo wir mehr Gutes zu thun Anlaß haben, u. 
frei von Bedärfniffen, Sefchäften und Schwachheiten, 
alte unfere en fittlichen Kräfte werden anwen« 
den fonnen: da Werden wir gewiß von Stufe zu 
Stufe im Guten fortfchreiten, da wird gewiß unfere 


ſittl. Vervollk. zunehmen. | \ | 
b) Eine Seligf. ohne Tugend läßt ſich gar nicht den« 


fen. So wenig als einewahre dauerhafte Sreude, Ruhe 


‚und Zufriedenheit ohne GSittlihf. möglich ift, fo mes 


nig findet GSeligf. ohne Tugend ſtatt. Wann unfitel. 
Gefinnungen und lafterhafte Neigungen die Geele bes 
herrſchen; wann ſich unfere Denf- und Handlungsart 
vom Hschften Mufter der Bolf., von der Denf- und 
Handlunasart Gottes entfernt: dann iſt Kummer, 
Sorge, Bram und Elend dort unfer Loos, mag fi 
die Seele num im Hinmiel oder am Drt der Quaal 
befinden. Sie trägt dann in fich die nie vertrocknende 
Duelle der linfeligfeit und Marter. 


ec) Der Begriff von Gottes Allweish., Guͤte und Ge 


rechtigfeit berechtigt ung zu diefen Erwartungen. Denn 
ſollte unfer Streben nach möglichft fleckenlofer Tugend 
vergeblich feyn? Gollte das raftlofe Bemühen der 
Seele nach etwas Beſſerem, als ihm die Erde geben 
fann, überall Eeinen Gegenftand finden? Das laßt fid) 
nicht von dem Gotte denfen, der die Weish. u. Güte 
ſelbſt ifi, der Feine Anlage unferer Natur, Feine Sahigs 
feit umfonft — nein, alles zum beften Zwecke ſchuf, 


der gewiß fruͤh oder ſpaͤt alle M. zum wahren Gluͤcke 


u. ihre Anlagen zur voͤlligen Vollendung fuͤhrt. Was 
waͤre das fuͤr ein Meiſter, der ſein Wert nicht zu 
vollenden wuͤßte?! 


d) Es folgt endlich daraus, weil LKor. 13, 4* die Lie— 


be als etwas, was in ienem Leben fortdauern werde, 
beſchrieben wird, und weil-I5oh. 3, 2 verfichert wird, 


S. 163 
Sel.nd. Tode, (im näheren Umgang mit G. u. Jeſu.) 


daß wir Gott gleich werden, alſo im ſittl. Guten er 
und vervollkommnen ſollen. 


Del. Zopllisofir’s Predigten, nad) ſ. Tode 2c. Vr 8. Nr. XVIII. 
©. 23: #.. „die Vorzuͤge ver hoͤhern Tugend in. der zuk. 
weit. aber 105 25. © Zbirnemanr’z 
2Predd. Über die Lehre vom zukünftigen Leben, Altenb. 1794, 
Ute 8, AN T. „rofl dere Ewige. bei unſerm Streben nach 
Verbeſſerung.“ — — 


5) (ſ. oben ©. 135.) Der ſittlich hit M. wird 
in ienem eben mit Bott und Jeſus näber 
in Gemeinſchaft kommen, LJoh. 3, 2; Lheſſ. 
4/ 17. 


a) Die h. Schrift drückt dieſes unter ber Redensart, 
Gott fhauen oder Gott ſehen (f. darüber oben 
©. 103 f.) und bei dem Herrn feyn aus. Um 
etwas — um iemanden zu ſehen, muß man der Sache 
oder Perſon nahe ſeyn. Ja, wer der Perſon oft nahe 
iſt, geht mit ihr um; alſo heißt „bei Gott ſey n,“ 
ſo viel als: mit ihm Umgang haben, felig (ähnlich 
der Geligfeit Gottes) wie Gott ſeyn, an feinen Freu— 
den Theil nehmen, dem Unſichtbaren immer naher kom— 
men an Einfiht und Erf. von feinen Eigenfch. und 
Werken, ibn immer inniger lieben, ihn immer ähnlicher 
werden an Weish. und Herzensguüte, und fih in fein 
ner Liebe immer glücklicher fühlen. Wie .es ſchon bier 
zu den höheren Sreuden der Tugend gehoert, edle und 
große M. zu fennen und näher zu ſchauen, fo ift eg 
ſehr natürlich, daft, — das hoͤchſte Urbild aller geiſti— 
gen und fitel. Bolfommenheiten und noch dazu den. 
dem wir fo viel fhuldig find, zu fehen, — Be: dieſes 
fuͤr Herzen, die dazu faͤhig ſind, eine unendl. Wonne 


ſeyn muß, Joh 32. 


„Wie wird mir ſeyn, wenn ich endlich auch, durch 
„eine Stufe sen Vollk. nad der andern bis zu ders 
„ienigen gelangen werde, auf en eg nur einigen, 
„vielleicht nur zuweilen, vergönnt ſeyn wird, ſich jenem 
„Throne zu nahen, auf weichem die Gottheit ſelbſt, in 
„einem dem verklaͤrten Auge ſichtbaren, aber iegt uns 
„ausſprechl. Glanze, ihre Gnapenbegeugungen aus⸗ 


164 ©. 
Sel. n. d. T., (indem Umgange mir Jefus Ehriftus.) 


„theilen, und mit unnernbaren Freuden vollendete Bei» 
„ſter überfirömen wird.“ *) 
b) Zu diefen Freuden des Umganges mit Gott gehört 
auch, daß wir Gott wegen feiner in unferm Leben 
überh., befonders in der Leitung umnferer Schickſale 
und der Fuͤhrung zur Tugend bewieſenen Guͤte preiſen 
und danken, und ewig zu der feurigſten und erhaben— 
ſten Andacht geſtimmt fen werden, wenn gleich die 
Vorftellung von fletem Gingen bei Harfenfpiel und 
Chorgeſang wegfaͤllt. 
c) Wir werden nach Joh. 17, 24; I4, 3; Phil. 1,23;- 
Theſſ. 4, 12; IPerr. 1, g bei Chriſto feyn u. nach 
IITim. 2, 12 mit ihm herefchen. *) Wir werden alfo 
Jeſum, den größten Wohlthaͤter des M—gefchlechtg, 
näher erfennen als den Herrn feines großen Neichg, 
als den zärtlichften Zreund der Seinigen und als den 
Weltrichter. Wir werden näher mit ihm umgehen u. 
mie ihm in einer gewiſſen Wertraulichk. leben. Wir 
werden ihn für die namenlofe gegen ung geäußerte 
Liebe danfen und an feiner Seligk. Theil nehmen. 
„Nur der einzige Gedanke: ich werde Ihn fehen — 
„der ſich für feine Brüder zum Opfer dahin gab, wie . 
„entzückend ift er nicht ſchon für eine empfindende 
„Seele! D der erfte Anblick dieſes Menfchenfreundes— 
„dieſes Tiebreichen und großmuͤthigen Erretters meiner 
„Seele, wie entzuͤckend wird er mir ſeyn! Was wird 
„mein Herz fuͤhlen, wenn ich ihn zum erſtenmal ſehen 
werde wenn ich auf ewig in ſeine Gemeinſch. kom— 
„men a feines verfraulichen Umganges genießen 
„werdet D ihr Süßigfeiten ver Liebe und Freundſch., 
„die ihr mich zuweilen auf dieſer Welt entzuͤckt habt, 
„ihr ſeyd nichts gegen die Ströme von Freuden, die 
Iſich dann über unfere Geele ergießen werden, wenn 
„mich diefer goͤttl. Menfchenfreund umarmen, wenn er 





— 





*) Dr. ©. Fr. Bahrdts Verſ. e. bibl. Syſt. d. Dogmatik, 
2r 8. 6.771 


**) Mit Jeſu herrfſchen kann aber au von der Theil 
nahme an der Herrih. Jeſu, die er durd die Ausbreit. 
des Chriftenth. erhielt, von der Mitwürkfamf. verfianden 
werden. 


©. 165 
Selig. n.d. Tode, (im Ungangen mit den Engeln.) 


„mit ſeinen Troͤſtungen mich erquicken, wenn er ſeine 
„Seligfeiten uns mittheilen, wenn er felbft die Thraͤ— 
„nen (die ich bier fo oft über meine freulofen und uns 
„menfch!. Mitbrüder geweint babe) von meinen Au— 
„sen frocdnen wird. Welche Blife in die Ewig— 
„weiele 
Die beftimmten Zuficherungen in ienen Stellen laffen 
ang die Gewißheit diefes Stuͤcks der Seligkeit einfe- 
hen. Wer follte folchen Verfiherungen nicht trauen! 
Vergl. Soldammer’s Betr. d. zuk. Lebens, ©, 370:82: „es 
nuß der ſichtbaren Gegenwart Jeſu in die zuk. Welt; wo 
gezeigt und entwicdelt wird, daB wir a) Sefum näher erfenz 
nen, b) mit ihm näher umgehen, und vertraut werden, und 
was das für Seligkeit geben werde, 


6) Die Trennung v. den dag Boͤſe liebenden 
und übenden Menfhen, Gefellfhaft und 
Umgang mit Seligen — in der Sittlichk. 
geuͤbten und darin beffätigten u. vervoll> 
fommmneten ®Beiftern und das MWiederfehn 
und die Wiedervereinigung mit den Unftis 
gen. *) 
„Der felige Umgang in der Ewigfeit — die innige 
„Srenndfchaft, die dort aller Herzen verbindet — die 
„Wonne des Wiederfeheng, dieß — dich find die hoͤchſten 
„Freuden der vollendeten Gercchten; Freuden, Die 
mehr empfunden, gedacht, als befchrieben werden 
0 4 
a) Wir werden mit fo vielen Taufenden lauter vers 
edelten, redlichen und fittlich-guten Menfchen u. großen 
Seelen, kurz mit allen, die eines bohern Glücks 
ſchon hier ſich wirdig gemacht haben, aus allen Jahr— 
hunderten, aus allın Nationen, und Gegenden ſowohl 
der Erde als anderer Welten, (deren Bewohner wir 
ietzt noch nicht kennen), die nun gleiche Stufe ber 
Vollk. erreicht haben — mit Helden in der Sittlichf,, 
‚bie Güter, Ehre und Leben für ihre Mitmenfchen auf: 





”) Babrödt a. a. D. ©. 771. 772. 


*) Ueber das Leite — das Wiederfehn der Unfrigen ſ. 
unten den befondern Art. Wiederfehn. 


166 ©. — 
Seligk. nid. Tode, (im Umgange mit den Engeln.) 


opferten, die im Kampfe ihren Begierden ſegten, 
mit ienen Weiſen, die als 8 ehrer und Aufklaͤrer Der 
M. auf der Erde oder anderwärtg, a und Erk., 
Tugend u. Gluͤckſeltgk. verbreiteten, die uͤber ale nie- 
drige erbaben nach dem großen Ziele fire: 
ben, Gottes u. f. Lieben. feines Wohlgefallens immer 
fwürdiger n — immer in Weish., Zugend und 
Vollk. fortſchreiten werben die Geligen danıt umge— 
ben, fo wie auch mit denen, die ihre Freunde und 
Theuren auf Erden waren, mit hoͤhern Gift tern, 3.8. 
mit den Engeln, deren einzelne Gevanfen gewiß ſchon 
die Weish. aller irdifchen Werfen zuf ſammengenommen 
uͤberwiegen. Von denen, die auf der hochſten Stufe 
der endlichen Geſchoͤpfe ſtehen, werden wir gewiß dort 
viel lernen, weil ſie, frei von Den Feſſeln eines ird. 
Leibes, Jahrtaufende hindurch geforicht, nachgedacht u. 
entdeckt Haben, welche die ganze Schöpfung Im helfen 
£ichte erkennen, die durch Feine Leiden, Feine Krankheit 
‚und feinen Tod im Laufe ihrer Kenntuiſſe aufgehalten 
wurden. Sie werden ung die Fuͤhrungen Gottes nad) 
ihrer Weisheit aufdecken, ung bie ſeligen Folgen der 
Tugend — die fie felbft fo viele Jahrhunderte durch 
genoffen haben, in ihrem eigenen Beifpiel vor Augen’ 
legen. Sie werden gern ung befehren und uns als 
ihren Brüdern u, Mitgenoffen einer Seligf. begegnen. 
Welche Seligk. wird's alfo feyn, von folden Wohl. 
thätern denn erzogen, belehrt und geliebt zu werden! 
Wie fehr wird dieſes dazu beitragen in Erf. u. Weis— 
heit, in ſittl. Vollk. und Tugend fortzufchreiten und 
gemeinfchartlich mit ſolchen Geiſtern Gottes Willen zu 
befolgen! Denn ihre Geſpraͤche werden, fo wie ihre Unter⸗ 
haltungen dahin abzielen, um immer mehr in Erf. u. 
Vollk. zu wachfen. 


Folgende merkwuͤrdige Stelle uͤberlaſſe ich * Leſern zur ng: 

„Dann din iener Seligfeit) werde id) euch, befter Water, lieb— 
— Mutter, vortrefflichſte Gattin, theure Geſchwiſter, zaͤrtl. 

Freunde, Anverwandte, euch alle werde ich vergeſſen — ver— 

geffen und aufhoͤren für euch zu einpfinden, nachdem Fein Blut 

mehr in meinem Adern für euch fihlagen wird — vergeffen u. 

mit brennender Begierde einen Abraham, einen David, eis 

ven Hiob — anffuchen und Jahrhunderte hindurch an der 

Seite diefer grofen Seelen mit Entzuͤcken zubringen, ehe ich 

vielleicht einmal am euch mich eringern werde. — — Wer ber: 


Ä | j S. 1 67 
Se lin. d. T. lin e. veredelten Freundſch. der Frommen.) 


legt, daß unſer ietziger Hang gegen die Seinigen mehr koͤrper⸗ 
lich als geiſtig iſt, der wird wohl merken, wie ſchwach es iſt, 
ſich einer Sache zu getroͤſten, die Menſchen mit verklaͤrten 
Koͤrpern, und geheiligten Seelen nicht mehr intereſſiren wird.“ 
Dr, €. Fr. Bahrdtes Syſt. d. Dogm. ar B. S. 772. 


Auch da werden wir iene edle und gute Menſchen 
aus allen Zeiten und Nationen finden, die, ohne die 
geſchriebene Offenb. Gottes, Gott durch das Licht der 
Natur erkannten, und darnach lebten. Sie werden 
fi; mit ung des Gottes freuen, der auch 7 sur Se⸗ 
ligfeit beftinmmte und auch ihnen die Wege dazu erofs 
nee. Dort werden fir vieles fernen von ienen Br 
Zeugen der chriftl. Rel. die fo glücklich waren 
Jeſu Zeitgenoſſen zu feyn, feine Thaten zu ſehen, aus 
feinem Munde die Lehren der himml. Weish. zu hoͤ— 
ren, welche daber auch ihr Leben fuͤr die Ausbreitung 
derſelben hingaben. Da koͤnnen wir's ihnen ſagen, 
wie ſehr wir ſie ſchaͤtzen, und wie innig unſere Seele 
Theil nahm an ihren Leiden. Da koͤnnen wir ihnen 
danfen, daß ihre, — unſern Verſtand aufklaͤr⸗ 
ten, zur Tugend uns erweckten, zum Guten uns ſtaͤrk— 
ten u. uns beruhigten. Alle Frommen werden dann 
in der innigſten Verbindung mit einander ſtehen. 

b) Mit allen dieſen edlen Geiſtern oder im einer ſolchen 
Geſellſchaft, wird ein befferer u. vollkommnerer Umgang 
ſtatt finden, als es hier mit guten Freunden moͤglich 
war. Dann werden wir das höchfie Glück der Freund— 
fchaft mit ihnen genießen. Denn alle ESchwacheiten, 
— Uebereilungen und alles, was zur Stoͤrung 

der freundſchaftlichen Verbindung, zur Erbitterung 
oder Lauigkeit hier Anlaß gibt, wird dann wegfallen. 

Da iſt z. B. fein Streit mit fo vielen menſchl. Schwaͤ— 
chen, VBorurtheilen, Sitten, Gewohnheiten; da herr— 
fihen keine Mifverfiändniffe, feine Mißgunſt und Ei- 
ferfucht mehr. Denn alle find. erleichteter und alle — 
Mitgenofjen derfelben Glücfeligfeit. Mit ben From 
men wird man dann fromm umgeben. Gegen eine 
folche Freundſchaft mit den feligen Geiftern muß Die 
befte ietzige Freund ſchaft auf Erden nur Schatten ſeyn. 
er das Glüc der innigften — daft su fihägen 
weiß, wird ſich einen Begriff machen koͤnnen, was es 
fuͤr Freuden gewaͤhren muß, wenn neue, beſſere und 


\ 


168 ©, 
© eligk. n. d. Tod e, (in der veredelt, Freundſchaft. ) 


folche Seelenvereinigungen geftiftet werden, gegen wels 
che unfere beften und edelften Sreundfchaften Faum zu 
nennen find; II Kor. 5, 85 Philipp. 1, 23; Ebr. ı2, 
24. Die Eintracht unter einander, die gegenfeitige 
Liebe — die gemeinfiheftliche Freude und Theilnahme 
wird dann das Gluͤck des Lebens nicht wenig erhoͤhen. 

Die Seligen werden dann gleichſam nur ein Volt — 
nur eine Familie ausmachen und innigft verbunden 
feyn. Denn da dort lauter — und die reinfte Liebe u. 

aufricheigfte Freundſchaft feyn wird, fo werden weder 
Thorheit, noch ang und Stand, nody üble Anges 
wohnungen und alerlei Leiden dieſes Gluͤck trüben u. 
unterbrechen, 


c) Wir wiffen zwar bier nicht, worin genau die Freu» 
den des gefelligen Umganges der Seligen unfer einans 
der beftehen werden, welche Berhältniffe diefer Umgang 
vorausfegen und auf welche Abfichten er fich beziehen 
wird? Wie und wo wir mit unfern wiedergefundenen - 
und miedererfannten Sreunden leben werden? Allein der 
Umftand, daß der Tod fo oft die engen Bande mit 
den Unfrigen, mit edlen Menfchen trennt, läßt ung 
von Gottes; Güte Hoffen, daß aa) dort das 
wird fortgefegt werden, was mir hier anfingen, und 
was bier einen fo weſentlichen Theil unferer Glückfelige 
feit ausmacht. In ienem etwa fortgehenden — ange: 
nehmen mannichfaltigen Verhältniffen, alg, Vater und 
Mutter mit den Rindern, als Lehrer mit feinen Schuͤ— 
lern, als Freund mit feinen Mitfreunden *) werden 
doch — bb) fich die Scligen einander ihre Sreuden, 
Bemerfungen und Einfichten mittheilen, fie werden fich 
befteng beeifern und darin recht ihr Vergnügen fuchen 
und finden, daß einer dem andern Wonnen gewaͤhre. 
Die Freuden, die davon u. von der mifgetheilten Erf. 
und von ber Bemerfung, daß die Celigen an reinen 


*) Eigentlich fallen in ienem Leben alle irdifhen Berhältniffe 
weg; es bleiben aber dort die allgemeinen Begriffe von 
Liebe und Freundſchaft uͤbrig. Wir werden dort ung 
wieder vereinigen n. lieben, aber nicht fo, wie 
e8 bier geſchehen ifi. 


©. | 169 
Sel. n. d. Tode, (in der veredelt. Freundfchaft.) 


Gefinnungen und Handl. übereinftimmen *), die Fol— 
gen feyn werden, müffen fehr sroß feyn. | 
d) Außer dem, daß Feine Störungen und Hinderniffe 
die Sreuden des gefelligen Umganges unterbrechen 
werden, werden diefelben auch von ewiger Dauer 
ſeyn. Was fann die dort trennen, deren Geift fchon 
bier durch Tugend und Sreundfchaft verbunden, zur 
Ewigkeit gefchaffen it? Das macht die gefelligen Freu— 
den auf Erden am unvollfommenften, daß fie vergäng- 
lich find! Was ift Hier empfindlicher — fchmerzhafter 
und fränfender, als daß wir hier von Andern Wan. 
kelmuth — Untreue — Bosheit — Falfchheit u. Arg- 
lift erleiden müffen, daß wir ihren Charafter fo unzu— 
verläßig und ihre Tugend fo mangelhaft und unvollf. 
erblicken. Wie fehmerzhaft ift eg, fein Vertr. fo oft ges 
täufcht, und fih da verlaffen zu fehen, wo man am 
meiſten auf Sreundfchaft und Beiſtand rechnete, ſich 
hart und lieblos beurtheilt, feine edelften Abfichten und 
feine redlichften Bemühungen, felbft feine großmüthig: 
ften Wohlthaten mit Undank und Verachtung vergol- 
ten zu ſehen! Ach! wo iſt doch der Kreis guter — 
ſich liebender Freunde, melcher nicht bald diefen bald 
ienen der Geliebten verloren hätte, welcher nicht, ehe 
er es denft, einen neuen Verluſt befeufzen müßte! 
Einfam — verlaffen von biedern Freunden fteht der 
Alte, ſieht um fich eine neue Welt und ſehnt ſich ver- 
gebeng nach den fheuren ihm gleichgeftimmten Gefell: 
fchaftern der vorigen Zeit. Unter fterblichen Menfchen 
ift Eein Sreundfchaftsaenuß dauerhaft. Dort aber ift 
alles Vergängliche verſchwunden, dort ift Feine Tren- 
nung mehr, der Tod fann dann nicht mehr zerreiffen 
die fchönen Bande, die den Freund mit dem Freunde 
verbinden. Weit vollfommener find alfo dort die ge— 
feligen Freuden. Ruhig und forgenlos kann man fich 
alfo dann dem edlen Vergnuͤgen der Freundfchaft 

überlaffen. | 

e) Daß diefe Freuden des Umganges und der Mittheis 
lung im Himmel gewiß den GSeligen werden zu Theil 
werden, ift deshalb gewiß: | 


*) ©. daräber Goldammer a.a. D. ©. 383:92: „Mit: 
gefühl — Mitfrende in iener Welt. — | 


170 ©; - | 
Seligfom d. Tode, in der veredelt. Freundſchaft.) 


aa) Weil das Weſen der menfihl. Natur ferneren Um— 
gang mit fittl.. Wefen erfordert; eine Verbindung mit 
Freunden und Freundinnen wird alfo da mieder an- 
heben und mit einen Theil unferer Seligk. ausmachen. 
Was find alle Vorzuͤge und Glückeligfeiten, die wir 
Niemanden mittheilen a. mit Niemanden gemeinſchaft⸗ 
lich genießen. können, und was baden fie für einen 
Merth, wenn fe uns Durch <rennung u. Entfernung 
von einander ungenießbar werden? Man gebe dem M. 

alles, was man ihm geben kann, alles was (hen und 
prachtig heißt; men befriedige, feine üppigften Wünfche ; 
habe er Werfiand, Weish. ‚ Zugend, volle Kraft zur 
Thaͤtigkeit, und alle die perfonl. Eigenfchaften, die 
einen M. glücklich machen fonnen: man verſetze ihn 
aber mit allen dieſen Vorzuͤgen auf eine wuͤſte Inſel, 
wird er da, waͤre fie auch die ſchoͤnſte Segend — ſich 
auf derſelben gluͤcklich fühlen? Sich wiittheilen und 
empfangen — lieben und geliebt werden — ift ein. 
dringendes Bedürfniß der menſchl. Seele, macht einen 
großen Theil ihrer Freuden aus. Ja das laͤßt alle 
übrigen Freuden erſt vollkommen genießen! Ein ein- 
ſiedleriſches Leben, ein fchüchterneg, theilnehmungslofes 
Zurückziehen in fich felbft — wie widernatürlich — wie 
freudenleer! Ein Paradieß ohne einen Freund — alle 
Schäße der Erde — ohne Mittheilung ift Fein Genuß — 


ein oder und einfamer Himmel — ein Himmel ohne 
Mitgenoffen, eine Geligfeit ohne Liebe — welche 
Freuden! 


bb) Es iſt nach der Schrift unläugbar, oh. 17, 245 
Ebr. II, 22-245: Phil. 1, 23: 

f) Wie Srendebringend, wie nuͤtzlich wird 
diefer fürftige Umgang werden! 

=) Er wird beichrend feyn und alfo zur — 
unſerer Erk. nicht wenig beitragen und die Veredelung 
unſerer Natur befördern. Er wird unſern Willen im— 
mer michr zur Ausübung des Guten geneigter und ge 
ſchickter machen. Schon bier verdanken manche M. 
die Gute ihres Herzens der zartlichen Fuͤrſorge ihrer 
Freunde. Ihre beichrenden Gefpräche brachten ihnen 
allerlei nuͤtzliche Kenntniſſe bei und ihr Beifpiel Lehrte 
fie, dieſe Kenatmifle zu unferm Nutzen und zum Be: 
fien der Mitmenfchen anzuwenden. Wie günftig muß 


S. — 


S. ned. T., (Freude d. erhöhten Freundſch. im Himmel.) 
alſo dort die Zeit fuͤr unſer Wachsth. an Tugend u. 


BoEE. feyn, wenn dort die himml. Sreunde ung noch 
beffer belehren, und ung von den noch übrig gebliebe- 


nen irbifchen Neigungen der Geele durch ihr ſtetes 


Beiſpiel in allem Guten frei machen! 


Bar. Goldammer a. a. O. ©. 404 f. 
6) Es muß die Mittheilung unſerer Freuden an andere 


Selige unſern Freudegenuß verdoppeln, ia ins Unend- 
liche versielfältigen, und Theilnahme an den Freuden, 
die man genießt, bei Andern zu finden, muß der Sreu- 


- den mehr empfänglich machen. Es werden alfo nuſere 


— 


kuͤnf aan Berbindungen (mie meife — mie gütig!) 
eine Duelle des reinften — des entzuͤckendſten Vergnuͤ— 
gens — Denn wenn man ſich eine ausgeſuchte 
Geſellſch. von lauter geprüft guten rechtſchaffenen M. 
vorſtellt, bei welchen der Geſchmack an geiſtigen Be— 
gungen an frommen guten Handlungen, an gei—⸗ 
ſtigen Vergnuͤgungen hier herrſchend geworden iſt, die 
nun dort von den Beſchwerden, Hinderniſſen, Sorgen, 
die unſer Leib und unſere aͤußere Lage hier nothwen— 
dig machten, die uns viel Unruhe, Kummer u. Schmerz 
hier verurſachten, vollig frei find, die mit andern 
Sleihgefinnten in Erf., guten Geſinnungen, und fol: 
chen geiftigen Wergnügungen ſtets wachſen und zuneh— 
men; was fann man fidy dann wohl „gufrenlicheres 
und feligeres denfen?! Man kann diefe Freuden nicht 
würdig genug ausdrüden. Dann werden wir e8 vol⸗ 
lig einſehen, welch eine Seligkeit wehre tugendhafte 
Freundſchaft gewaͤhrt! 

Um aber zu dieſen Freuden der Freundſchaft mit 
ſittlich guten Seelen im Himmel zu gelangen, iſt es 
noͤthig, ſchon hier mehr unfer nr Verſtand augzubilden 
und unfer Herz bier zur innigen Liebe zu ſtimmen; 
benn nur dem, welcher für die edlen Empfindungen 
der Sreundfchaft enipfänglic) if, wird e3 dort Wonne 


ſeyn, mit ꝛc. — Sur den Unwilfenden, den Liebloſen, 
den M—feind ift der Himmel — Höfe Geine Br 


ſchaffenheit macht ihn der reinften Sreuden unfähig. ”) 


3) Vergl. Zollifofer?s Predd. nad ſ. Tode ꝛc. Vr B. 


Nr 15 194 f. 


172 ©. 
Sel.n.d, Tode, (im Selbft- und Freiheitsgefüht.) 


tan muß ſich deshalb hienieden auf diefe gefelligen 
Freuden ieneg Lebens recht würdig vorbereiten. Man 
flimme fih für das Vergnügen der Freundſchaft ſchon 
ietzt, Weish. und Liebe begleite ung in iede Geſellſch. 
und man erheitere ſich dadurch die dem Umgang ge» 
widmeten Stunden. Man verbanne aus unſern Cirkeln 
Thorheit und alle feindſelige Laſter. Man denke und 
handle ſchon ietzt als ein Verklaͤrter — als ein himml. 
Geſellſchafter. Denn ie faͤhiger wir ſchon hier dieſes 
edlen Vergnuͤgens werden, deſto —— werden 
wir es dort genießen. 
a. a. OD. ©. 253f. 235.2375 Bottieofer® Predd., 
nach ſ. Tode ꝛc. Vr B. Nr. 15. ©. 200, 


7)3 Das Selbftgefühl u das Freiheitsgefuͤhl 
de8 GSeligen wird auch einen Theil feiner 
GSeligfeit ausmaden. 


a) Der Fromme wird im H. don ieder Ark unangeneh- 
mer Empfindungen frei u. wird empfänglich ſeyn für 
iede fich ihm darbietende Freude. Dadurch wird er 
ſich unausſprechlich wohl befinden oder ſich ſelbſt 
gleihfam fühlen. Schon hier iſt eg ein ſeliger Zu— 
ſtand, wer hier vollkommen geſund iſt, wer ungeſtoͤrt 
ſeine koͤrperl. und geiſtigen Kraͤfte aͤußern kann, wer 
hier das zur Erhaltung und Erheiterung des Lebens 
Benoͤthigte hat, und wer ſeine angelegentlichſten, 
aber gerechten Wünfche befriedigt flieht; ein folcher 
genießt fein Leben vollfommen. Aber wie oft wird dieß 
Gluͤck durch Krankheit, Sorgen, Bekuͤmmerniſſe, Hin— 
derniſſe, welche die Kraftaͤußerung findet, uͤnangenehme 
Eindruͤcke, durch die Fehler und Laſter feiner Mitmen- 
ſchen unterbrochen; wie ſehr verringert dieß alles die 
Freude! Dort aber iſt die Seele von dieſen ſteten Ab— 
wechſelungen angenehmer und unangenehmer Empfindd. 
frei. Dort ſind keine Sorgen u. Bekuͤmmerniſſe mehr, 
dort ftehen die Degierden und MWünfche mit der Bes 
friedigung im Uebereinflimmung. Dann Fann der Ge: 
lige ungehindert feine Kräfte mehr aͤußern, dann iſt er 
mit edlen Seelen verbunden. O welch ein hohes — 
wonnereiches Selbſtgefuͤhl muß das den Verklaͤrten 
ſchenken! Welche Freuden muß es gewaͤhren. Wie 
ſehr — wie maͤchtig wird dieß Selbſtgefuͤhl 


©. 173 


Selig. n.d. Tode, (im Freiheitsgefuͤhl ) 


zu einer freudigen Verrichtung mehrerer 
edler und nuͤtzlicher Handl. antreiben! Mit 
dieſem begluͤckenden Selbſtgefuͤhl wird 


b) Das edle Gefuͤhl der Freiheit verbunden ſeyn. 


Das Verlangen beim Gebrauch feiner Kraͤfte feinen 
Meberlegungen und Entfchließungen, feinem Willen fols 


gen zu Eönnen, durch Feine fremde Macht in feiner Bes 
fhäftigung unterbrochen zu werden, ift wefentlich_dem 


M. eigen. Es iſt dag Unangenehmfie von der Welt 
für den M., wenn er das nicht thun kann, Was er 
für gut — ia fürs Beſte erkennt. Dort aber werden 
wir unferm Verlangen beim Gebrauch unf. Kraft, un» 
feren Ueberlegungen und Entfchliegungen folgen, oder 
das thun Finnen, was man für gut, ia fürs Veſte 
haͤlt. Man wird ungehindert im Guten thaͤtig ſeyn 


konnen. Denn es werden theils Die außer umfer 


Wefen befindlichen Hinderniffe, unfere ſaͤmtl. Kräfte 


zu erweitern, an Erf. und fittl. Güte guzunehmen und 


die natuͤrl. daraus entſpringende neue Gluͤckſeligk. mog— 
lichſt rein zu genießen, wegfallen; theils werden ung 
nie verfiegende Duellen suffeomen, durch deren ununters 
brochenen Gebrauch wir alle unfere Kräfte ohne Ende 
erhöhen, Gott an Kenntniffen und Gefinnungen immer 
ähnlicher und daher ung des unaufhorlichen Zuwachſes 
der moͤglichſt reinen Seligkeit fortwaͤhrend bewußt ſeyn 
werden. — Wie oft ſehnt ſich hier der Geiſt des Wei— 


ſen und Frommen — gefeſſelt an einen irdiſchen vers 
gaͤnglichen Koͤrper und durch ſo viele andere druͤckende 
Bande eingeſchraͤnkt, nach diefer ſeligen Freiheit! Er 


moͤchte ſie gern finden und findet ſie doch nicht. Die— 


fen Zwang findet man um ſo haͤrter, ie mehr man ſei— 


nen Derftand ausgebildet und feinen Geſchmack verfei— 


nert, dag Streben nad Vollkommenheit vo 
und fich gebeffert hat. Nichts iſt mehr unangenehm 


als der Zwang, nicht nach feinen Uebergeugungen hans 


deln zu koͤnnen, fondern ſich nad, gewiſſen Vorurtheilen 
richten zu muͤſſen. Wie innig muß Dagegen Die Freude 


ſeyn, wenn diefe oder iene That nach freier Ent- 
ſchließung und eigener Vefimmung erfolgt. Denn der 
würflich Tugendhafte kann durch Vern. und Rel. über 
feine Neigungen , Zriebe und Leidenſchaften berrfchen - 
und —  felbfichätig feyn. Allein nicht immer iſt er 


74 | ©. 
Seligfeit nah dem Tode, (im Gefühld. Freih.) 


e8. Diefe find zu firenge Herren über ihn, fle locken 
ihn durch Siunlichfeit — umd durch die daher entſte— 
henden Täufchungen, durch Die flarfen Triebe, Vorur— 
theile, Sitten, Gewohnheiten, und mancheriei Beduͤrf⸗ 
niffe, um ihn zu unteriochen und zu verhindern, daß 
er nicht nach Gutbefinden feine Kräfte außern und ſei— 
nen beffern Einfihten folaen fann. Wenn dieß der 
Sal bei den Beſſern und Weifern fogar iſt, fo iff es 
gewiß fo bei den ganz finnlichen — von Leidenfihaften 
ganz beherrfchten Menfchen. Gene können nie genug 
uber fich wachen, damit fie nicht durch heftige Wallungen 
des Bluts, Durch veißende oder widrige Bilder, Die ıhre 
Einbildungsfr. ihnen vorſtellt, wie beruͤckt — und zu 
Gerd. und Handl. hingeriffen werden, die ihnen, wenn. 
die Vernunft wieder erwacht, bittere Neue und den 

peinlichffen Summer verurfachen. Auch von diefen gilt 
Rom. 7,19. Wenn der Beffere — von feinen Leidenſchaf— 
ten hingeriſſen, deshalb meint, daß er feiner unwuͤrdig 
gedacht oder gehandelt hat; wenn er nach f. Tempe— 
rament mit; Neigungen und Verfuͤhrungen Fämpfen 
muß, wenn er in einem unglücl. Augenblick feinen 
Trieben unterliegt und hernach e8 bitter bereut, Sklave 
feiner Sinnlichkeit und aͤußeren Eindrüce gewefen zu 
ſeyn: muß ihn dieß nicht ſtark Überzeugen, daß die 
Sreih. des M. Hier unvollf. und fo oft dag felige Ges 
fühl von diefer Freih. im Genuß unterbrochen wird? 
Allein nicht ewig trägt der Fromme diefe Feffeln; in 
iener Welt kommt er zur wahren Sreiheit. Hier wa— 
ren Sinnlichkeit, — Triebe — Leidenfch. zur Ausbil: 
dung feiner Faͤhigkeiten — zur Vervollk. f. Tugend 
nothig und zur Erhöhung u. Veredelung feiner Kräfte 
förderlich. — Aber, wenn fie nun ihre Beflimmung 
erreicht, wenn fie den M. zu den, was er werden folls 
te, gemacht haben — menn der M. den Kampf mur 
thig ausgekaͤmpft und fich einer vollk. Sreiheit würdig 
gemacht hat: dann gelangt er zur uneingefchranften 
Freiheit von allen den Feffeln, die fein grober Leib, 
feine Sinne — Triebe — Keidenfihaften, feine irdiſchen 
Kerbindungen ihm anlegten. Wie unausfprechlich wohl 
muß er fih dann fühlen! Umſtraͤhlt vom reinften 
Licht der Wahrheit — fern von allen Täufihungen u. 
Verblendungen, im Genuffe einer unerſchuͤtterl. Ruhe, 


S. 175 
Ss el, n. d. T., (im Freiheitsgefühl u, in auff. Belohnn.) 


im sollen Gefühl feiner Würde und Erhabenheit — 
erhaben über glle, hier das edle Streben fo ſehr be— 
fehränfenve, Beduͤrfniſſe — wird fein erleuchteter ze 
fand richfig denken, und — fein nur von ber reinſten 
Waͤhrheit geleiteter Wille nur Das mwahrbeftig Gute 
und Edle — wollen. Dadurch wird er fich weit mehr 
als Hier versolfommmen koͤnnen. Keine Sch anken 
halten ihn mehr in ſeinem rühmliche n Kaufe zuruͤck; 
feine Bedürfnif ſchwoͤ chen ſeine Selb ehätigkeit; er 
aͤußert feine Kräfte auf eine edle Art. Groß find feine 
Gedanfen, edel feine Entſchließungen, Gott ähnlich 
feine Gefiunungen. Das Seligkeitsvolle Gefühl, Schoͤ— 
pfer feiner Gedanfen, Here feiner Entfchließungen, und 
unabhängiger Beherrfiher des Willens zu feyn, wird 
ihm ieden Gedanfen Foftbarer, iede Entſchließung theu⸗ 
. rer, iede Aeußerung feines Willens entzuͤckender 
machen. 
8) Den Seligen ſteht au) als hier Zugendh. 
eine außere Belobnung und wahrfchein- 
Lich ſtehen ihnen audh äußere Freuden be⸗ 
vor, deren ſie auch als endliche Weſen beduͤrfen; 
denn: 
a) Unmsglich Fann das Bewußfenn, hier tugendhaft ge— 
mwefen zu ſeyn, ſo angenehm es auch ifi, allein die 
kuͤnftige Gluͤckſeligk. ausmachen. Wie koͤnnte daſſelbe 
die Wuͤnſche unſeres unaufhoͤrlich weiter ſtrebenden 
Geiſtes eine ganze Ewigk. hindurch befriedigen? — 
b) Die edelſten und beſten Handl., welche Rechtſchaffne 
hier verrichten, bleiben oft unbemerkt und unbekannt. 
Innere Beherrſchung ſeiner ſelbſt oder ſeiner Leidenſch. 
und Lieblingsneigungen, des Hanges zur Wolluſt, zur 
Bequemlichkeit, zum Gelde, zum aͤußerlichen Anſehen; 
Kampf gegen ſo viele Verſuchungen und mit ſo vielen 
Hinderniſſen, ſo wie alles das, was in uns vorgeht, 
bleibt der Anerkennung und dem Urtheile des Allwiſ— 
fenden und der Wuͤrdigung und Belohnung des un 
trüglichen Herzenskenners überlaffen. Hier wird auch 
nicht immer das Gute als gut anerfannt und noch 
weniger belohnt. Iſt es gleich mehr, daß der Sromme 
nicht aus Lohnfucht Gutes thun fol ) — Tsßt er 


*) Vergl. chriftl. Moral f. d. Sanzelgebr. 3r 2. im 
Art. Gute (das) HL, D. 5. ©. 434. 435. 


r 


176 | ie 
Sel.n.d.%., (in außerer Belohnung oder Freuden.) 


fich freilich mit dem inneren — ihm von der Tugend 
dargereichten Lohne begnügen: fo laͤßt ung doc die 
von Gott in die Natur aller Dinge gelegte Drdnung 
und feine Gerechtigfeit vermuthen, daß in ienem Leben 
die Tugend anerfannt und die Nichtübereinffimmung 
zwiſchen den guten Folgen des Laſters und den hier 
ausgebliebenen Belohnungen der Zugend, werde auf- 
gehoben werden. Es iſt ia auch Zweck Gottes, daß 
die M. den hoͤch ſten Grad der Gluͤckſeligkeit erreichen 
ſollen, deren ſie faͤhig ſind. Es gehoͤrt aber dazu auch 
die Veranſtaltung Gottes nach feiner Gerechtigk., daß 
der Gute durch Belohnungen ſeiner Tugend und Ver— 
dienſte ausgezeichnet werde, daß es ihm nie an aͤußerl. 
Ermunterung fehle. Es iſt nicht zu denken, daß Gott 
hieran Fein beſonderes Wohlgefallen finden ſollte. In 
ienem Leben laͤßt ſich alſo ſicher eine — 
Ordnung der Dinge erwarten, wo ſich die Weisheit 
und Guͤte der Wege, die Gott hier den Tugendhaften 
fuͤhrte und ſeine hier unſern Augen oft verdunkelte 
Gerechtigk. in vollem Glanze verklaͤren wird. — c) Die 
h. Schrift verheißt uns nicht blos den Genuß deſſen, 
was hier bereits erworben iſt, ſondern auch einen Zu⸗ 
wachs, der alles uͤberſteigen ſoll, was wir ietzt faſſen 
koͤnnen; I Kor. 13, 12; LJoh 4; 16 
18.) oder ietzt für uns unnennbare — unerflkchiche 
Seligfeiten. 

Worin aber diefe äußere, aber wohl nicht geobfinnl. 
Sreuden beftehen werden, die uns den reinften Ge⸗ 
nuß darbieten ſollen, iſt hier uns unbekannt. Sur Dies 
felben hat unfere Erdenfprache Feine Ausdrücke. In un- 
fern ietzigen Vorſtellungen find Feine ihnen entſprechenden 
Degriffe vorhanden. Allein fo viel iſt gewß, fie wer- 
den fein grobfinnl. — förperl,. Genuß des 
Effens u. Trinkens — u. feine die Sinn— 
lichkeit ergoͤtzende — fleiſchl. Vergnuͤgun— 
gen — Nom. 14, 17; Marc. 12, 25. Vergnuͤ⸗ 
gungen, die fich auf den Korper beziehen, find nur 
bier — d. bh. in Raum und zeit denkbar, Beziehun⸗ 
gen aus der gegenw. Welt. Vergnügungen, die hier 
nach der gegenwärtigen Befchaffenh. unferes Leibes u. 
der Einrichtung des Lebens ſtatt finden, find in ienem 
£eben unmöglich. ni 


Sel.n.d. Tode, (inbefonderen Freuden.) 


Es laßt fih von der unendl. Weish. Gottes, welche 
bie Bildung der Geiftermelt immer allmahlig erfolgen 
laͤßt, mit Zuverläßigfeit — daß er, bis wir die 
unſinnlichen Mittel der Ge ſtes bildung gehörig würdi— 
‚gen koͤnnen, auch unſere We — und Empfiadd. 
AKor. 5, 16) von Stufe zu Stufe an dieſer Gluͤck⸗ 

“ fefigf. wird Sheil nehmen laſſen. Das n. Teſt. bes 
tigt uns in diefen Hofnungen, indem 28 lehrt, daß 
wir zwar durch Annäherung zu Gott in Hin ſicht der 
Vollf. hauptſaͤchlich ſelig werden, aber wie wir auch 
dag als Belohunung denken konnten, daß wir unſere 
Freunde und Geliebte wieder finden u. mit ihnen dem 
‚Ziele der Vollendung entgegen eilen wuͤrden. 


„Einnnch— Freuden werden allerdings auch dort einen Theil unſerer 
„Seligk. ausmachen: nur ſolche nicht, wie wir fie hier auf 
„ser Welt haben. Über doch Überhaupt Pürperlich = finnliche 
„Vergnuͤgungen werden die Geligen zu genießen haben, weil 
„fe mit einem (verkl.) Körper begabt find: ven ihnen doch 
„Bott ohne ale Urfache gegeben haben müßte, (weiches feine 
„Weish. entehren wärde) wenn fie nicht vermittelft derfetten 
„empfinzen follten.” Dr. €, Fr. Bahrdts bibl. Syſt. d. 
Dogm. 20 B. ©. 774 f) — Nach Dr. E. Fr. Dei Pas 

- Iingenefie des M. ꝛc. ©, 250 f. werten die Sinnenwerfzeuge 
bleiven, und es wird auch mauche Lieblingsbeſchaͤftigung ſtatt 
finden, Man vergl. Ockel a. a. D ©. 259% 


Die Seele wird dann wohl nicht mehr die Empfine 
dungen der Sreude durch die Sinne, fondern unmittel- 
bar fo empfangen, wie ſie alle Engel erhalten. Unſere 
Empfaͤnglichkeit fuͤr Freudegenuß wird vergeiſtiget 

werden. Die Werkzeuge des thieriſchen Genuſſes find 
cbgethan, und unſere ganze Siunlichkeit wird verfeis 
nert ſeyn. Vergl. das oben Pr. 3. ©. 134. Geſagte. 
zwar kennen wir bier nicht den Sreudegenuß des Him— 
mels, aber das iſt zuverlaͤßig, daß wir alle Freuden, 
bie wir genießen, deshalb vollkommner empfinden wer— 
den, weil dort theils die Gegenſtaͤnde vollkommner 
find, u. wir fir theils mit erbehten Kräften genießen 
werden. Die Seele von der Laſt des Leibes befreiet 
wird Die Sreuden iener Welt mit einer Innigkeit und 
Stärke empfinden und genießen, bie alle unſere ietzigen 
Begriffe uͤberſteigt. 


CEhriſtl. ST Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. M 


178 — 
Sel,n. d. Tode, (in beſonderen Freuden). 


* 


„Unſer Herz wird an Empfindungsfaͤhigkeit zunehmen, Aule unſere 
„ietzige Empfindungen des Vergnuͤgens, der Freude, der Hofn., 
„der Liebe, der Bewunderung ſind ſchwach, und faſt todt gegen 
„dieienigen, die die Seligen im Himmel einſt haben werden. 
„Warum? weil unſere Empfindungen von unſern Vorſtellun⸗ 
„gen abhängen. Dieſe aber werden dort erſt greß, vollſtaͤndig, 
„deutlich, lebhaft und wichtig ſeyn; folglich werden auch unfere 
„Empfindungen dort weit fihöner, fiärker, lebhafter und anhal⸗ 
„tender ſeyn. Alles was uns einſt vergnuͤgen wird, wird uns 
„weit ſtaͤrker vergnuͤgen, weil wir es deutlicher und lebhafter 
„denken werden.“ 

„Unſere fi ſinnlichen Freuden werden einſt ſtaͤrker und vollkommner 
„ſeyn, weil die Werkzeuge unſeres Koͤrpers, wodurch wir ſinnl. 
„Gegenſtaͤnde empfinden, weit vollkommener und feiner ſeyn 
„werden, Denn aud) ber Leib ver Frommen wird an der Ger 
„ligkeit Theil nehmen,” — „O unausſprechliche Freuden, die 
„dann auch Eein Neid, Feine Furcht des Verluſtes, Feine Krank—⸗ 

„heit, Erin Tod mehr fioren wird! Leben, wo alle Duellen des 
„Mibvergnügens auf ewig verfiegen werden; wo Menfchenhaß, 
„Leidenſchaften, unbefriedigte Wünjdhe, ——— des zur 
„kuͤnftigen Schickſals, Unvollk. und Elend — wo das alles auf 
„ewig von uns entfernt ſeyn wird. — Leben, wo Freude die 
„Fuͤlle und liebl. Weſen ꝛc.“ Bahrdt a. a. O. ©. 773 f. 

Vergl. Goldammer a. a. O. & 3033317: „freie Gnadenerwei⸗ 
ſungen Gottes, willkuͤhrl. Belohnungen in iener Welt.“ 


Dieß alles — daß wir dort von allen Uebeln, den 
Schwachheiten und Unvollk. des Erdenlebens frei ſeyn, 
uns nuͤtzlich und angenehm beſchaͤftigen werden, 
oben Nr. 1=$8. ©. 123-177 — iſt nur eine ſchwache 
und geringe Ahnung der unbefchreibl. großen Geligf. 
(welche auch in der Zufriedenheit mit dem, was man 
ift und hat, beftehen, und alfo alle Wünfche ausfchl. 
wird); denn fie ift über unfere duͤrftigen Begriffe fo er- 
haben, als das kindiſche Alter fi) von den wichfigeren 
Gefchäften und ernfleren Ergögungen des gebildeten 

Mannes feine Vorſtellungen machen kann. | 

Das aber, was mir von iener Geligf. wiffen, ift 
binlänglich, um ung die fo fehr großen Vorzuͤge iener 
Seligf. vor der beften Gluͤckſeligk. in diefem Leben ein» 
ſehen zu laffenz denn ie eifriger hier der M. der 
Ruhe nachiagt, defto mehr flieht fie vor ihm. Man 
findet bier mehr im Streben ned einer 
Sache, als in ihrem Genuffe, Vergnügen, 
und im Genuffe ift oft fo gar das Grab un« 
ferg Bergnugeng, weil dag, was wir für 


| S. | 179 
Sel. n. d. Tode, (in befonderen Freuden.) 


‚chen, nur eingebildete Gefalten v. Gluͤckſe— 
ligkeit find. 

Litterat. In Poeſie iſt das v. Klaͤden, in ſeinem 
Verſuche über die Ewigk. u ihre Freuden 
©. 224-232 angehängte Lied; Zeit u. Ewigkeit in 
Hinſicht einer edlen und £refflichen Befchreibung v. der 
Ewigk. und ihren Freuden vortreffih. — Außer den 
oben ©. 101 empfohlnen Schriften vgl. man Dr. ©. 
Sr. DEel’8 Yalingenefie des M. nah Vernunft u. 
Schrift. Koͤnigsb. u. Lpz. 1795: 4. ©. 219-363; 5. 
G. Fock Samml. einiger Canzelvortraͤge: Wien 129] 
gr. 8. Dr. 175 „Berichtigung einiger. irrigen Bor 
ae v. der zuf. GSeliaf.:‘‘ über. oh. 3, 23; J. 

R. G. Beyer 3. Auffl. der Boltsrel. in Pred. 37. 
893. 1794. R. 18. ©. 21726; „vom Himmel 
1) wo? 2) was thut man im H.? 3) wie koͤmmt 
man binein? über d. Ev. am Himmelf.-Seft; Groffe 
Glaube und Pflicht des Chr. ©. 249-60: „wie has 
ben wir ung den Himmel nicht DOREEN 2.) Zol⸗ 
— 8 Vredd., nah f. Tode ıc. Th. V. Nr. 14. 

5..170.f. 191 f.: „Berichtig. d. Begriffe v. der 
Släcfitige, des zufünft. Lebens; Eckermanns 
chriſtl. Feſtandachtsbuch, Alt. 1797. 3 N. 6. ı6te 
Betr. ©. 245 f.: „über d. Geligf. frommer Verehrer 
Gottes in ienem Leben;“ Dr. J. G. Chr. Adler’ 
Prevd. üb. d. Sonn» u. Feſtt. Evang. vB. am 

Himmelf. — „üb. d. Beſchaffenh. der Seligkeit, 
die wir in der E. zu hoffen haben;“ Walther’g 
.. Betrachtungen ibn die Natur, Ir DB. ©. 355:76: 
„Licht über unfere Fortdauer u. unfern Zuſt. nach d. 
Tode aus den Belehrungen über das Weltall;“ Loͤf⸗ 
ler’8 Predd. 3 B. 2te A. Nr.7: „was wiffen wir 
vom zuf. Leben mit Zuverlaͤßigk.““ am ıflen Oſtert. 
üb. Marc. 16, 1-8; Dr. €. 5. Ammons Predd. z. 
Befoͤrd. eines reinen moral. Chriſtenthums, ꝛr B. Erl. 
- 1860. 8. Ver. I. „d. d. wohlthaͤtigen Folgen einer 
Ausficht auf die Freuden einer beffern Welt:“ 

II She 4, 7: 8 (fehbr gut umd te bh). — 
Baouig Nel.- Lehre in Bein. or Th. 45. ©. 
354:369 „die Geligff. der zufünftigen A: in eis 
ner Anal. der ‚an hung über unverfchuldete Erdens 
leiden. 

M 2 


Sel. n. d. Tode, (Eigenſch. der — —) 


IV. Eigenſchaften der kuͤnftigen Seligkeit 
und verſchiedene Bemerkungen darüber. 
I) Sie wird dem Betragen des M.auf Erden 
angemeffen feyn, oder Gott ertheilt fie nur 
nach der Wuͤrdigk. des M., d.h. nad der 
SittlichE. oder innern fittl. Befchaffenpeit 
feines Genuffes Deshalb wird es aud 
"Geufen in derfelben geben; Soh. 14, 2. (febr 
Deutlich u. beſtimmt deutet hier Jeſus auf Grade der 
kuͤnftigen Seligk. bin.) 
a) Sie wird genau u. vollkommen mit dem Grade un— 
ſerer ſittl. Güte im Verhaͤltniß ſtehen. Nur nach 
Reinheit der Geſinnungen, Unſchuld des Herzens: und 
Fetrageng, nad) Tugend und Verdienften wird der M. 
mehr oder weniger felig werden. Nicht nach auffallen- 
den,vor den Augen der M. verrichkefen und von Vie 
len beiwunderten Handlungen, die oft nur aus Ruhm⸗ 
ſucht und Eigennug herruͤhrten, nicht nach einzelnen 
Handlungen der Andacht, die nach Würfungen der 
Heuchelei und DBerftellung, fondern nach dem, wag dag 
Echenfte und Vortrefflichfte unter allem iſt, was aller 
Eigenthum, auch des Unbemerkten ſeyn wird, was alle, 
ſelbſt boͤſe M. mit Achtung nennen, was menſchlichen 
Handlungen allen Werth gibt, was die glänzendfte 
That, falls es ihr mangelt, zur nichtswuͤrdigſten 
macht, — was die kleinſte, wenn es ihr eigen iſt, zu der 
ſchoͤnſten in Gottes Augen erhebt — Reinheit des 
Herzens, Guͤte der Abſicht und der Vorſatz, 
ſeine Pflicht zu thun. Wer das Recht, als eine 
heilige, v. Gott ihm auferlegte, Pflicht betrachtet und 
dieſelbe uͤberall erfuͤllen will, wer damit den Glauben 
verbindet, daß die Befolgung des Rechts der M— heit 
und auch dem Handelnden nüglic feyn werde — wer 
mit diefem Grundfaß alle Einwendungen und Ber- 
fuchungen der Sinnlichkeit abweißt und ihm beharrs 
lich getreu bleibt — ver hat die rechte, Gott wohlges 
fällige und des Himmels wuͤrdige Gefinnung u. kann 
größern Lohn erwarten, ale der, welcher u. Es 
wird demnach die größere oder geringere fittliche Güte 
auch die höhere oder geringere Selig. beftimmen ; denn 
Gott als der Allgerechte belohnt die Erfuͤl— 
lung feiner Borfchriften auch auf eine derfelben ans 


= - 181 
Sel,n.d.T., Eigenſch. derfelben, z. 6; Stufen.) 


gemefiene Art. E88 war dieß auch) eine Erk., welche 
die M. von allen Neligionen, felbft die Heiden hat— 
ten. Sie fahen den Zuftand der DM. nach dem Tode 
aig einen Zuftand der Vergeltung an. Gie glaubten, 

daß dort die Rechtſchaffenh. belohnt und die Laſterh. 
‚beftvaft werden würde. Je auggebildeter ein Volk 
wer, defto deutlicher und fefter glaubte es dieß. 

Man denfe alio nicht, daß Goft in der Seligkeit 
partheiiſch zu Werke gehen u. nach dem Anſehen, der 
Hoheit — Große, die hier jemand auf E. hatte, ihm fein 
Wohlgefallen im H. auch zutheilen werde. Er wird 
blogs auf die hiee von iemandem (fey er, wer er auch 
war) bewiefene Tugend fehen, Nur Nechtfchaffenbeit 
und Herzensgüte gibt beißott Werth; Ap. ©. 10, 35. 

Vergl. Heym's Samml. v. Preds. f. Landl. über vie Epiſt. ©. 

227 f.5 XZellers Magaz. f. Pr, 67 B. 28 Et. Wir. 12. ©. 

-103-109: „Gott theilt die Belohnung des KH. nur nach Wuͤr⸗ 

digkeit aus” üb. d. Ev. am 20ſten ©, n. Ir; Loͤflers 

Predd. Ir B. zte A. Nr. 13:  „unrichtige und ſchaͤdl. Meiz 

nung, daß nicht die Seligk. von Herzensgüte und Rechtſchaf⸗ 


fenHeit, fondern v. gew. Außer!. Vorzuͤgen abhange”’ user Ev, 
am zofteen ©. n. Tr. 


b) Richt alle Selige werden daffelbe u. das nam. Maaß 
der Glückfeligfeit genießen, fondern ihre Freuden mer- 
den bei einem ieden ihre eigene beftimmte Große ha= 
ben, ſich auch auf eine fo fehr verfchiedene Art abans 

bern, daß Feiner in ieder Nückficht daffelbe empfinden 
wird. Die GSeligf. wird nach den Graden der ſchon 
aus dem Erdenleben mitgebrachten Borbereitung, nach 
der durch bienieden geübte: Kräfte und Tugenden 
fhon erreichten Empfänglichfeit, ihre verfihiedene Stu— 
fen und Abtheil. Haben, oder e8 werden dielenigen, 
welche weniger Gutes gethan haben, nicht fo reichlich 
belohnt werden, als die, die viel Gutes auf diefer 
Welt gethan Haben. An Einfichten und Empfindun- 
gen werden nicht alle Seligen einander gleich, und die 
Belohnung wird nicht bei allen gleich groß, fondern 
nac) der Zahl und dem Adel der im diefem Leben ges 

übten Tugenden, nach der greßern oder geringeren 
Wuͤrdigk. des M. abgeme ſſen ſeyn. Nach dem Grund— 
ſatze, daß Gott iedem Geſchoͤpfe den hoͤchſten Grad der 
Seligk., welchen es nur genießen kann, ertheilt, laͤßt 


182 S. 
S. n. d. T. (Eigenfh dr — —3. B. Stufen derſelben.) 


es ſich auch erwarten, daß die Seelen, welche ſich zur 
Gleichgeſinntheit mit Gott gewoͤhnt haben, einen groͤße⸗ 
ren Wuͤrkungskreis erhalten, in welchem fie Gottaͤhn— 
lich wuͤrken und dadurch eine goͤttl. Seligk. empfin⸗ 
den können, Matth. 25, 21... Se größer unſer Wür- 
funggfreis feyn wird, ie mehr Gluͤck wir befördern u. 
verbreiten fonnen, deſto großer ift fowohl dag Freu— 
dengefühl über die von Gott uns beigeleate Kraft, 
als auch die Freude über dag verbreitete Glück und 
über die guten Sefinnungen unferg Herzens, die mit 
Gott und der Natur aufs vollkommenſte uͤbereinſtim— 
men. Wie Fann auch die Seligk. deffen, welcher fruͤh 
ffirbt, (und welch?’ ein großer Theil der Menfchbeit 
first” nicht fruͤh!) der Seligk. degienigen, welcher 
fih lange im Guten geübt hat, gleich feyn! Die Se 
ligfeit de8 Erwachfenen muß gleichfam ven genußvol- 
Ion Sommertagen, und die der Sinder den ſchoͤnen 
Fruͤhlingstagen gleichen. Ungleich ſind hier die See— 
lenkraͤfte, die Tugendfertigkeiten — die Anlaͤſſe zum 
Guten, alſo kann dort nicht ieder dieſelbe Hoͤhe von 
Seligk. erreichen. 
Es erhellt dieß auch noch aus folgenden Gruͤnden: 
a) weil die Gluͤckſeligk. im Erdenleben eben dieſe Man— 
nichfaltigkeit der Grade hat; — b) weil auch in der 
zufünftigen Welt ein ieder feine eigene und beſtimmte 
Stelle einnehmen und daher alles, Angenehme auf eine 
eigene Weiſe empfinden wird; — c) weil die Em— 
pfänglichkeit Aller unmoͤglich gleich groß feyn Fann, 
andern eben fo verfchieden feyn muß, als ihre Na— 
fur; — d) Gottes Serechtigf. erfordert e8, die dann 
noch fichtbarer als hier dargeſtellt werden ſoll, und die 
ohne ein ganz genaues Verhaͤltniß des Lohns mit dem 
Betragen nicht ſtatt findet. Wenn z. B. ein Menſch, 
welcher ſein ganzes Leben der Tugend weihete, nicht 
mehr Vortheil davon haben ſollte, als ein anderer, 
welcher vieleicht in den letzten Wochen feines Lebens 
ſich beſſerte, waͤre dann nicht Gottes Gerechtigk. eben 
fo verdunkelt, als fie ietzt im L. erſcheint? Waͤre es nicht 
ungerecht, wenn Gott bei der Ertheilung der kuͤnftigen 
Belohnung auf das verſchiedene Maaß ber Zugend 
keine Ruͤckſicht nehmen wollte? Iſt zwar Gottes Be— 
lohnung eine Gnadenſache, ſo at fi) doch das 


SS. 183 
Sel.n,d. Tode, (Eigenfh. der — — Stufen derf.) 


Maag der Seligk. unläugbar nach eines ieden Verhal— 
ten. — e) Die zuf. GSeligfeit wird gewiß auch ihre 
Vollk. in der Uebereinfiimmung des Mannichfaltigen 
haben. Bolfommenmwird ein Ganzes, wo alle Theile ein- 
ander ganz gleich find. — f) Die h. Schrift verfichert 
08, auch indem fie lehrt, daß ieder nach f. Werfen er- 
‚ balten ſoll Eohn oder Strafe, Roͤm 2, 6; ILKor. 5, 
10; Gal. 6, 3. 9. Jeder fol nach £uc. 19, 16-19 fo 
belohnt werden, ie nachdem er die von Goft anper- 
traͤuten Kräfte gut angewandt und ſich größerer Be— 
Iobnungen fähig. gemacht hat. Sin IXor. 3, 14. 15 
liest auch ie Gedanke; TIfor. 9, 6 gehört auch 
hieher, deggl. 9 Mafth. 10, 15; II, 22-24, vorzüglich 
£ue. 12, 47; Eohef. 6, 8; I for. 3, 8. (2te Hälfte) 
und 15, 58, 2te Hälfte. — Nah Matth. 6, 1. 3. 435 
kart. IO, 21; Matth. 10, 41. 42; IETim. 4, 7: % 
Luc. 12, $. 9; II Petr. 3, 1-4; LKor. 9, 17.18. Wers 
den den vorsüglichen Tugenden auch vorgügliche Be— 
Iohnungen beftimme verheiffen; LKor. 15, 41. 42. werden 
Daher unfern Körpern ungleiche Grade von Vollk. ans 
gekuͤndigt. 
S. Eckermanns Handb. d. Glaubensl. 3r B. 
ee ee 
Merol, Zollikofers Predd., nah f. Tode zc, Vr B. Nr. 15. ©, 
.193 5 Wotf’s Auszz. aus feinen Ev. Predd, Ar Jahre, 
©. 106:8: „über die verfihiedenen Arten und Stufen ter 
Geiſtesgluͤckſeligkeit im zuk. Leben; Goldammers Betr, 
uͤber d. zuk. Leben, ©. 439:6o: „Mannichfaltigk. im Genuſſe 
d. zuk. Seligk.“ 


2) Sie iſt zwar eine Folge unſeres Erdever— 
haltens, aber doch auch ein freies Gnaden— 
sefhenf Gottes. Mir muͤſſen hier freilich dazu 

den Grund legen. Das Rechtthun — das fronme 
Verhalten ift zwar allerdings eine nothwendige Erfor— 
derniß, um einſt ſelig zu werden. Keiner darf denken: 
„genieße hier nur alle und iede Freuden dieſes Lebens, 
„auch auf die ausſchweifendſte u. eine ſolche Art, wie 
„es dir am angenehmſten iſt. Denn Gott gibt den 
„Himmel dem DR. aus Gnade. Ich fann mich in mei— 
„nen letzten Stunden beſſern, die Suͤnden bereuen und 
„der Allliebende wird es dann nicht ſo genau mit mir 
„nehmen. Er weiß ia, wie ich, fo wie ieder Andere, ein 


I Ss S. 
Geht; — — erfolgt aus Güte.) 


„ſchwaches Geſchoͤpf bin!“ — Nein, die Seligfeit ift 
nicht das Gefchenf eines Schwachen — & ohne Weich. | 
und Gerechtigkeit handelnden Güte. Golche ungegrün- 
dete Gedanken darf man nicht biegen. Sie würden al- 
den Antrieb benehmen, fo unfer Leben zu führen, dag 
wir der fünftieen. Seliaf. theilh. würden. Allein auf 
der andern Seite darf fich der bei allem Streben nach 
Tugend noch ſchwache M. nicht überreden, durch fein 
gutes und frommes Betragen allem ber Schoͤpfer ſei⸗ 
ner zukuͤnftigen Seligk. zu werden, und im Stande 
zu ſeyn, ſich die Freuden der Ewigkeit zu verdienen. 
Es wäre ein unverzeihlicher Stoß. Denn bleiben nicht 
alle untere Bemühungen unvelfommen? Mer gab 
ung Anläffe und Kräfte zum Guten? wer ſetzte ung 
in Umſtſt., eg ungehindert thun zu Fonnen? Thun 
wir mehr — als unſere Schulbigke t? Allein Schul- 
digfeitserfülfung gibt feinen rechten Anſpruch auf. Bes 
fohnung. *) Belohnungswuͤrdig ift freilich der From— 
nie, aber Belohnungswuͤrdigt. iſt nech Fein Berdienf, 
fondern nur ein rund, daß man die Beloh. billig erwarten 
kann. Jene ar Belohnung ertheilt —— Gott 
dem ſittuichen Wohlverhalten, nicht wegen Verdienſt, 
fondern blog aus Güte. Der Zweck aller Belohnun— 
gen Gottes kann überhaupt Fein anderer fiyn, ald Ver: 
breitung des Guten, Beförderung der Glückfeligf. der 
vernuͤnftigen Geſchoͤpfe, Erweck. und Ermunterung 
zur fernern Pflichtuͤbung, insbeſondere aber um uns 
M. dadurch von ſeinem Wohlgefallen an dem Guten 
zu’ überzeugen. 
Vergl. Peyn’s Samml. vd, Prebd. über die Ep. für. hist. ©. 
677 f.: „Aus Gnaden wird der M. felig ohne ale ſ. Vers: 
dienfi und Wuͤrdigkeit.⸗ 





*) Es iſt nicht anzurathen, daß Rel.-Lehrer im Jugend- und 
Volksunterricht zu viel von Belohnungen reden, weil 
fie fo leiht die Vorstellung des an fih Pflichtmaͤßi— 
gen verdunfeln. Aber wahr und richtig iſt ed, daß der 
Tugend ein gewiffer Anſpruch auf die goͤttl. Billigung 
zufomme, oder daß fie fiher darauf rechnen dürfe, Ebr. 
6, 10, — 


©. 185 
Sel.n.d.T., (Eigenſch. der ——, ſie w. immer wachſen.) 


5) Die kuͤnftige Seligkeit wird ohne Aufhoͤ— 
ren wachſen und im ſteten ununterbrochenen 
Fortgange von Zeit zu Zeit immer vollkommener 
werden. Wir dürfen hoffen, daß unfer Geift von 
Stufe zu Stufe durch die ganze Emigfeit fleigen 
werde. Die Seligk. wird gewiß für jeden nicht gleich 
vollfommen feyn, denn den Froͤmmſten dürfte noch 
dag Andenfen an feine gefeßwidrigen Handl. fisren. *) 
E8 gibt für die Seligen fein Grad der Glücfeligkeit, 
für welchen feine Erbshung denkbar wäre; das Wachs— 
thum an Gluͤckſeligk. muß alfo mie der Sortfchritt im 
Guten unendlich angenommen werden. Mach verfchie- 
denen Zwifchenräumen der Uebung dürften die Seligen 
von einer Vollk. zur andern fortrücen, und dag wer— 
den in Gottes Geifterwelt, was wir ung unfer Engeln 
denken, Luc. 20, 36; 19, 26; 1Xor. 3, 8; IZim. 6, 
18. 19. Nur läßt eg fich nicht enticheiden, ob bie 
Natur der Eeligf. big ing Unendl. bin von Stufe 
su Stufe der Vollk. und Gluͤckſeligk. fortfchreiten, nie 
aufhören werde, oder ob der Mi. endlich ein Ziel ers 
reiche, wo er ſtillſtehen muͤſſe, wenn namlich: feine Aus 
lagen, Sähigfeiten und Talente bis auf den höchften 
‚Grad, zu welchem fich zu erheben ihm die wefentl. Schran« 
fen f. Nat. verftatten, ausgebil. feyn werden; ein Punkt, 
wo er nun alles ift, wag er feyn und w. Fann u. fol, 
und wo er nun rubet, u. nichts weiter wuͤnſcht, nun, 
iedoch in dem Abjtand des Endlichen von dem Unend— 
lichen, fich felbit genugfam und Gott fo ähnlich ift, 
als er ihm nur werden kann. — Daß die Selig— 
feit wachfen und fleigen werde, Efolgt aus folgenden 
Gründen. | 
a) Schon hier finden wir, daß Soft alles in der Na— 
tur nach und nach zu mehrerer Reife und Wolf. wer— 
den laſſe. Schon bier entwickelt fih alleg und 
fehreitet vom geringen Anfange zu einer hoheren Vollk. 
fort. Erft entfiche die Knospe, welche die Blume in 


=) Se mehr aber der Eelige im ®xten thatig ift und an 
fittl, Vollkommenh. zunimmt, deſto ſchwaͤcher wird dieß 
peinigende Gefuͤhl werden. Es verliert ſich immer mehr, 
und hoͤrt dann zuletzt ganz auf. 


186 ve 
Selm d. To, (Gründe fürs Wachsthum der — 


ſich ſchließt, allmaͤhlich entwickelt und entfaltet ſich letz⸗ 
tere. Erſt iſt der Menſch Kind und am Verſtand 
ein Schwähling, dann fi. — Ja wer lernt hier ie⸗ 
mals aus? — 

b) Es find die Neigungen —— —— bier wuͤrk—⸗ 
uch auf's U gerichtet und kennen keine Graͤnze. 
Kann wohl dieſe Einrichtung unſerer Natur umſonſt 
gemacht ſeyn? 

* Es if Stillſtand Bei einem endlichen Weſen, welches 
ſich ſelbſt niemals genug iſt, gar nicht möglich, ſon— 
dern es muß ſich entweder verſchlimmern oder verbeſ— 
fern. Das Erfe kann man nicht von den Seligen 
im Himmel — Alſo iſt das Letztere zu hoffen. 

d) Die Ratur der künftigen ewigen Seligkeit, wir fie 
bie Schrift lehrt, (und wie fie oben II, 1-8. ©. 123» 
177 befchrießen worden if) ift fo befchaffen, daß ein 
ewiges Wachsthum nicht nur möglich, ‚fondern fogar 
nothwendig iſt. 

e) Ein endliches Weſen kann niemals ———— wer⸗ 
den, wenn man ſich auch die Vollkommenheiten deſſel⸗ 
ben noch ſo groß vorſtellt. Es laͤßt ſich alſo nicht 
abſehen, warum Gott, welcher nach ſeiner unendlichen 
Macht faͤhig iſt, feine Geſchoͤpfe immer und ewig fleis 
gen laffen, ihnen irgendwo eine Graͤnze ſetzen, und 
ſie Sadurch elend machen ſollte. 

£) Sin ienem Leben wird gewiß (denn es läßt ſich aus 
der Einrichtung unferer ganzen Natur vermuthen) die 
ſittl. Bildung und Vervollkommnung immer noch zus 
nehmen. Denn Fan fich der Geiſt, der nie ohne Seh- 
ler in jenen Zuſtand uͤbertritt, welche ebenfalls ihre 
natuͤrlichen uͤblen Folgen behalten, nach und nach v. 
dieſen Fehlern reinigen: fo kann ſich auch die Seligk. 
immer mehr erhoͤhen, und die guten Folgen koͤnnen 
endlich die uͤbelen verdunkeln Se mehr unſere Weis 
gungen durch den Genuß jener hohen Seligk. werden 
aufgeregt werden, deſto flärfer werden nun iene fittl. 
Vervollkommnungen zunehmen. Wie muß e8 aber un- 
fere Seligf. vergrößern, wenn wir es beachten, daß 
wir fie mie ven Bewußtſeyn emer ewig zuneh⸗ 
menden Vergroͤßerung genießen werden! Alles Ein 
formige macht Edel.’ Daher vervielfältigen die M. 
mit allem Scharfſinn ihre Freuden und vergroßern fie 


’ 


©. 187 
S.mnd. T. (Eigenfh.der — — ihr Wachsth., ihre Ew.) 


durch neue Zuſaͤtze. Ein gleichfoͤrmiger Grad von 
Freude, wenn er nicht ſelbſt der hoͤchſte iſt, wird zu— 
letzt eine Hölle. Dort aber wird der Gedanke alle un- 
fere Sreuden erhöhen, daß fie täglich groͤßer, täglich 
mannichfaltiger, taͤglich vollfommner werden, täglich 
der Unendlichkeit fich nähern und fie doch in Emigfeit 
nie erreichen follen. | | 
Dergl. Soldammer Berrachtungen über das zukünftige Leben, ©, 
5000-15: „immer vollfommnere Gluͤckſeligkeit in ienem Les 
Benz" Magaz. f Pred Vlle Th. Nr 6. ©, 62:71: be 
fonders im Iſten Theil. en | 


4) Sie wird ungeftört —u. ewig oder unauf— 
hoͤrlich ſeyn, oder fie wird ganz ungeftört durch 
alle Emigff. fortwähren, I Petr. 1, 4; Ebr. 12, 27. 
Sie wird nie mit einem Zuftand abwechfeln, wo die 
Eeligen fich elend fühlten, und noch weniger wird fie 
iemals ganz aufhoͤren. Es wird alfo alle Sättigung, 
aller Eckel, aller unangenehmer Wechfel unferer Schicd- 
fale, alle Vernichtung unferes Wefens, alle Rückkehr 
und alles Zufanmenfließen mit dem Weſen Gotteg, 
wobei das Bewußtſeyn unferer Perſoͤnlichkeit wegfiele, 
Ganz außgefchloffen, f.das oben II. BB. ©. 122. 123 
Sefagte. Dadurch aber verliert die Seligf. nichts v. 
der oben II. ©. AA. ©. 120 f. angegebenen Größe u. 
Borzüglichkeit, D wie wird das vielmehr alle Fünfti- 
gen Freuden verfüßen, daß fie — fo unausfprechliche 
Sefigfeiten fie auch gewahren — niemals auf> 
hören werden! Denn was verbiftere hier auf Ers 
den mehr alle Vergnügungen, ale die Gewißheit deg 
nahen Wechſels oder des Endes derfelden?! Man bes 
denke es, was die Fünffige Scligfeit für eine Große 
haft, da fie ewig in ihrer Dauer und für uns un 
Be im Umfange und unermeßlich in ihrer Stärs 
Em... | 
Die Ewigkeit der Seligk. folgt 
a) daraus, weil nicht abzufehen ift, weshalb Gott nach 
feinen Eigenfchaften Gefchöpfe, die er einen hohen Grad 
von Bollfommerb. und Gluͤckſeligk. hat erreichen laſ— 
fen, entweder elend machen oder aus der Zahf vorhan— 
dener Wefen ganz wieder austilgen Fonnte Eine 
würfl. Bereinigung derfelben mit feinem Wefen aber 
laßt fi) ganz und gar nicht denken. — b) Es raucht 


188 | ©. | 
GSel.n.5.%., (Gründe für die Ewigk. der — —). 


ia Gottes Vermögen gu, ung ewig zu erhalten, und 
iedben neuen Wunfch zu befriedigen und zu erfüllen — 
c) Die Seele ıft ia unfterblich, deshalb kann ia die 
Geele die GSeligf. ohne Ende genießen. — d) Die 
Freuden der Geligk. find v. der Art und fo eingerich- 
tet, daß fie ewig genoſſen werden koͤnnen. Sie betäu-= 
ben den Geift nicht, fondern fie nähren ihn, fie klaͤ⸗ 
‚ren den Verſtand auf, vermehren unfere Tugend und 
werden alfo immer Quellen neuer GSeligkeit. Ste bes 
halten immer den Neig der Neuheit, weil die. Gegen- 
fiande, woraus wir die Freuden der Ewigf. herleiten, 
immer wieder neu find. — — ER op 
Weber die Frage: wird die Sahl der Seligen größer alß 
die der Verdammten feyn? gebe man Eeinen linter: 
richt. Die Beantw. derfeiten iſt zu ungewiß. Was Dr. ©. 
Lesß in ſ. Entw. e. pbilof. Curſus der chriftl, Her. Sött. 
1790. gr. 8. ©, 241243 darüber beiahend fchreibt, kann 
man nicht fo ganz als ausgemacht wahr annehmen, oder feine 
Gründe find nicht überzeugend. Sch halte vielmehr die Neuffes 
rung: „Schon bier finden wir fo wenig Redliche. „Hier ift 
mehr Rafter als — Tugend. Möchte ed Loch dort umgekehrt 
feyn; denn ed würde unſere Fünftige Seligkeit verringern, 
wenn wir fo viele unferer Bekannten ungluͤcklich erblickten!“ 
für ungleid) praktifcher, al8 die Behauptung: dort werden 
der Geligen (von den Menfchen) mehr als der Unfeligen 
feyn. | 
Versi. Foſters Reden, Vr Th. ©. 123:1845 Seder's Predd. 
Th. 4 Nr. Al; Wolfrarb’s Ausfichten in die unfichtbare 
Welt: „ob die Anzahl der Berlornen oder Seligen größer 
ſey 244 


V. Praktiſche Folgerungen. 


1) Da die kuͤnftige Seligk. von unſerer auf Erden be— 
wieſenen Tugend abhaͤngt (Ebr. 12, 14, 2te H.): ſo 
iſt es für ung Pflicht, hier für iene Welt zu le— 
ben, d. bh. bier Gottes Willen immer beſſer zu faffen 
und — zu thun, oder — uns durch Fröommigf. 
für iene Welt zuzubereiten, LJoh. 3, 3; 
Dffenb. 2, 10. Die fünftige Geligf. muß uns aufs 
ftärffte antreiben, ung unaufhoͤrlich zu weiſen — from: 
men, nüßglichen und mwohlthatisen Gefchöpfen zu bil 
den, alfo ung zu beffern und ım Guten zu wachfen, 
oder uns um eine fittl. Sefinnung unde, guten Willen— 


| ©. | 189 
Sel.n.d. T., (Anwend. der Lehre von der — —). 


(nah dem Mufter Gottes und Jeſu gebildet) zu bes 
mühen. Wir müffen ung um eine — ganz nach Thun 
und Laffen ung beherrfchende Stimmung und Hinrich» 
tung aller unferer Neigungen und Triebe u. aller uns 
ferer wuͤrkſamen Kräfte auf dag, was in jedem Fall 
nach meslichfter Einfiht, und Veberlegung des Verſt. 
das Befte ift, bemühen. Wir müffen alfo nicht nur 
allem Dem entfagen, was wir ohne Schaden unfrer 
felbft und Anderer nicht haben koͤnnen, fondern auch 
thätiges Wollen und Beftreben haben, Andern fo viel 
Gutes zu thun als wir nur nach dem Maaße u. Unis 
fange unferes Berftandeg, unferer Kräfte, unferer Tas 
lente, &üter und Gaben, nah unferm Anſehen und 
nach dem Einfluffe, worin wir ftehen, vermögen. Dieß 
iſt das einzige Mittel, ung der Vorzüge iener Geligf. 
theilhaftig zu machen. Wir müffen deshalb mit Muth 
u. Kraft iedeg Hinderniß der Tug. zu befiegen fuchen u. 
an der Veredelung unferes Geiftes durch Weish. und 
Tugend mit raftlofem Eifer arbeiten. Dan mus zu 
dem Ende a) fih des Sündigens enthalten. Denn 
e8 macht uns des Genuffes der ung zugedachten Se— 
ligfeit untauslich. Dan erfenne und bereue alfo nicht 
blos feine bisher begangene Sünde, fondern verab- 
fcheue fie und mache ſich von der Herrfch. der Sünde 
los, LJoh. 5, 3. b)es muß uns eine folche Gefinnung 
beleben, daß wir Freude finden an allem Guten. Es 
muß aleichfam unfere Nahrung, der Inbegriff alfer un: 
ferer Wünfche und unfer angenehmftes Gefchäfte feyn, 
Gottes Worfchriften zu befolgen. Wir muflen uns 
alfo c) auf Erden — in der uns gegebenen 
Zeit zum Boraus anfchicfen zu tenem feli- 
gen Leben, d. h. mir müffen unfern Verſtand — 
unf. Willen u. unfere Neigungen, fo wie unf. Geſchmack 
zu den Gefhäften, Vergnügungen und Sreuden ieneg 
Lebens und zu den Gefinnungen u. Grundfägen iener 
höhern Gefellfchaft, in die wir aufgenommen werden 
wollen, bilden. Naher: 
aa) Wir müffen ung bier dem Verſtande nad bilden. 
Denn wenn wir denfelben hier gar nicht gebrauchen 
und durch den Gebrauch u. die Anwendung gar nicht 
fehärfen, nicht mit unfern Talenten wachern und uns 
fere Anlagen zur Erf. und Weish. niche ausbilden: 


190 | ©. 


fo werden ung dort die hoben — aus der Betrachtung 
— und ſeiner Werke entſpringenden Freuden 
ehlen. ® — Nee RE — 
Wenn wir in dem, was iedem Menſchen wiſſens—⸗ 
wuͤrdig ſeyn muß — in der Erf. Gottes u. der Na—⸗ 
fur, unfrer felbfE und der fich auf unfer Wohl bezies 
henden Dinge, in der. Tugend und in allem Guten, 
Edlen, Schönen, über unfere Schickfale, Beſtimmung 
u. f. mw. unwiſſend bleiben, alſo unfere Faͤhigkeiten 
durch Vernachlaͤßigung zu Grunde gehen laffen; oder 
ung mit elenden Kleinigfeiten befchäftigen: fo werden 
wir dorthin feinen Sinn für die Spuren der Allmacht, 
Allweish. und Allgüte Gottes, die aus ſ. Einkichtun— 
gen und Anordnungen hervorgeht, mitbringen, und für 
das Vergnügen unfähig feyn, welches aus der Betr. 
der wunderb. Werfe Gottes und der Aufflär. fo man- 
cher hier ing Dunkle gefüllten Sache und, verwicelten 
Hegebenh. entfliehen wird. Se mehr wir aber bier un- 
fere Erf. erweitern und berichtigen, deſto ausgebreite- 
fer werden wir dort würfen, und defto nuͤtzlicher ſeyn 
fönnen. „Je mehr unfer Geift hier auf Erden erwei- 
„tert ift, defto mehr Himmel wird er dereinft in fich faſ— 
„fen können.‘ *) | ER 
bb) linfere Neigungen — unfer Begehrungsvermegen 
müffen wir bier bilden. Denn gehen iene bier mehr 
auf das Bofe und Schädliche, als auf dag Gute und 
Wohlehätige: finder hier iemand mehr Bergnügen an 
Thorhh. und Eaftern, als an der Tugend und edlen 
Handl. — und geht er mit folchen Neigungen in iene 
Welt über: fo faun er dorf nicht felig ſeyn; denn 
fhon hier Fann in einem laſterhaften Hergen Feine Se— 
ligfeie ftatt finden. — ce) Unfern Geſchmack müffen wir 
zu den Gefchäften, Bergnüga., un. Freuden ienes L. ſchon 
hier bilden. Unſere Fünftige Seligk. haͤngt von der 
Borbildung unfers Gefchmads ab. Ber bier nichts 
Beſſeres, Höheres u. Edleres Fannte, als groben ſinul. 
Sreudengenuß — fein höheres Glück, als den Beſitz 
irdifcher Güter, feine andere Beichaftigung, als leere. 
und geiftlofe Tändeleien — Fein anderes Vergnügen, 





— — 


* PRoung. 





— 191 
Sel. n. d. T., (Anwend. der Lehre von der — —). 


als die koͤrperl. Luſt des Eſſens, Trinkens und anderer 
finnl. Ergssungen Eennt, und hierin fein ganzes Vers 
gnügen findet, u. ‚bier feinen Sinn — feine Empfaͤng— 
lichkeit. für höhere renden, 3. B. über bag Schoͤne 
in der Natur und im der ſittl. Welt hats der wird 
dort für iene erhabnere Sreuden noch weniger gebilde- 
ten Sinn haben, weil diefelben geiftig feyn merden. 
, Wenn wir uns aber bier gewöhnen, außer dem un 
Ä fhuldigen Een: ber. Raturfreuden und des Guten 
im tägl. Leben, auch iene Geiftesfreuden zu koſten — 
wenn wir bei iedem Guten, bei ieder Wonlthat, Got⸗ 
tes Freundlichk. einſehen, wenn wir ſtets mit Freude 
an Gott den Freudengeber denken, wenn wir die Spu— 
ren feiner Allliebe in der ganzen Natur, in den Anftal- 
ten der Nelig., in der Geſch. der Welt — und in der 
RT: unferes eigenen Lebens bemerfen und bei der Zus 
ruͤckerinnerung an alles von Jugend auf genoſſene 
Gute denken: Gott iſt die Liebe — wenn wir 
durchdrungen von dieſem Ged. hier ſelbſt Muthloſe 
troͤſten, Traurige aufheitern, weinende Wittwen berus 
higen, verlaſſene Waiſen aufnehmen, den Schuldloſen 
vertheidigen, oder der liſtvollen Bosh. entreiſſen und 
durch Gebet zu Gott und Gottvertrauen uns uͤber die 
Anfaͤlle des Neides — der Eiferſucht 2c. erheben u. blog 
in Gott und in uns ſelbſt unfere Befriedigung finden; 
- Daun werden wir für iene himml. Freuden Sinn ba» 
ben, die an Geiſtigk. und Würde alle übertreffen. Vers 
ſaͤume alſo, o Chriſt! nicht wegen eines ſinnl. Vergn. ein 
unendl. Gluͤck. — dd) Wir muͤſſen uns hier anſchicken 
zu den Geſinn. u. Grundſ. der Seligen. Der Himmel 
. wird die Sefellfchaft v. lauter reinen edlen Seelen — v. 
vollendeten Gerschten und Zugendfreunden, von Weis 
.. fen — Guten, über alle. niedrige Leidenſch. erhabenen 
Weſen ausmachen, die Gottes und ſeines Wohlgefal—⸗ 
lens immer wuͤrdiger, mehr in Weish. u. Vollk. fort— 
zuſchreiten ſuchen, und die Befolgung des goͤttl. Wil— 
lens fuͤr ihre hoͤchſte Ehre, Luſt und Seligk. halten. 
Unmoͤglich konnten Thoren — Unweiſe — Unwiſſende 
und au Verſtaͤnde — Herz und Sitten Vernachlaͤß gte 
in einer — Geſellſch. gluͤcklich ſeyn. Sie koͤnnen 
nicht an iener Vergnuͤgungen Theil nehmen, nicht an 
ihren — ens Intereſſe und Vergnge n 


=> 


192 S. 
Sel. n. d. T., (Anwend. der Lehre von der — —). 


finden, denn verwahrloſte — niedrige Seelen haben 
dafür feinen Sinn. Bilden und flimmen wir aber 
ſchon bier unfere Seele zu den Sefinnungen u. Grund» 
fügen, die dorf gültig find, und zu dem dort herrfchens 
ben Sitten und Charafter: fo werden wir in iene er- 
habene Gefelfhaft Fünnen aufgenommen werden. — 
Man übe bier thatige M—liebe, erzeige Andern Gus 
tes, Dienfte, und Gefälligfeiten 2c.; denn die Freuden 
der Liebe und des Geliebimerdens, werden auch mit 
iene Geligf. ausmachen. Denn e8 ift wahrlich feine 
Seligk., auch im Himmel nicht denkbar, als durd 
Liebe. — ee)Die befte Borbereitung auf das zus 
Fünftige Leben ift u. bleibe immer die beſte Benutzung 
des gegenwärtigen Lebens. Denfe rechtfchaffen, Iebe 
tugendhaft, verfihaffe dir die Erf, und folche Sefinnuns 
gen und erwecke in dir folche Neigungen, , die du dort 
haben mußt, wenn du felig werden wellſt — erfülle 
ale Pflichten deines Standes oder Amtes u. du wirft 
gewiß hier glücklich und dort felig werden. Denn da 
der M. nicht allein um der zufünftigen Welt da ift, 
da er feiner Beftimmung entgegen lebe, wenn er über 
dem Himmel die Erde vergißt, oder fih für ienen auf 
eine folche Arc gefchickt machen will, daß er darüber 
auf der Erde unbrauchbar wird: fo muß der M. in 
iedem gegenwärtigen Augenblick in diefem Leben fihon 
fuchen durch Weisheit und Tugend glücklich zu feyn; 
f. oben ır Th. Beftimmung des M. C. ©. 206 ff. 
Alles Gute demnach), was wir bier denfen, reden und 
thun, alle Opfer, die wir bier Gott durch Gehorfam 
aus wahrer Gegenliebe darbringen, alle auf richtige 
Gotteserk. verwandte Muͤhe, alle in unferm Stande 
und Berufe bewiefene Treue — iede wohlmollende, dem 
Naͤchſten erzeigte Gefinnung und Aeußerung — iede 
Probe der Gottunterwerfung, Geduld und Standhaf- 
tigkeit, — und iedeg DBeftreben um die Ausbildung u. 
Vervollk. unferer geiftigen Natur — dieß alles ift 
Zus» u. Vorbereitung auf iene Schef. — bieß 
alles hat Einfluß auf unfer fünftiges Schickſal — dieß 
alles beſtimmt die Stelle, die wir einft befleiden, die 
Geſchaͤfte, die wir treiben, die Seligk., Die wir ges 

nießen werden. | 
Net, 


S. 193 
Sel. n. d. T., Anwen. der Lehre von der — —), 


Rel.⸗Lehrer müffen das, was die Borbereit, auf iene GeligE, 
‚angeht, ausführlich erläutern; dein der große Haufe hat davon 
ſehr unbeftiimmte und unrichzsige Begriffe. Der Slaube an ven 

Werth des bloßen Ölaubens an die fiellvertreienie Genug⸗ 
thuung Ehvifii, ie alles Böfe gut maden, und ale Mängel 
erſetzen ſoll) — am. das natuͤrl. Unvern, z. Suten, weldes 
Soͤtt allein bewuͤrken müſſe, an daS den M. an und für fi 
ſchon ſeligmachende Abendmahl, beſonders auf dem Kranken a 
und Sterbebette — find bisher noch nicht ganz ausgerottete — 
aber ten wahren Beariff einer gehörinen Borkereitung auf iene 
Seligk. aufhebende und verdraͤngende Vorurtheile, welche Pred. 
„aus eden muͤſſen. 


Beweggründe: 


) Bir werden ia einft die naͤmlichen feyn,die wir hier 
geweſen find. Jenes Sehen wird nur Fortſetzung de 
gegentäi tigen fern. Wir werden nicht nur im Ges 
fhärfte der Bildung — Verſtandes und in der 
Veredelung unſeres Herzens grade da einſt fortfahren, 
wo wir hier ſtehen geblichen find, fondern werden auch 
die nämlichen Gefinnungen und Neigungen, welche hier 
ſchon bei ung herrfihend und entweder die Duelle uns 
fers Gluͤcks, oder Im erg —— waren, mit uns 
über das Grab hinüber in jenes Leben nehmen: folg— 
lich werden wir in dem naͤmlichen Grade einſt gluͤcklich 
oder ungluͤcklich ſeyn, in welchen wir hier gut oder 
boſe, edel oder unedel zu denfen und zu handeln ung 
‚gewohnten. Genau hängt diefes Leben mit ienem zus 
" fammen.  Diefes Leben iſt Saatzeit — Stand der 
Borübung und des Erwerbes; ienes aber ıft Die Zeit 
des Lohns — die fihone Aerndtszeit. 
P) Wozu gab uns Gott diefes Erben anders als zur 
Vorbereitung auf das folgende Leben? Es fol ein 
Stand der Erziehung für einen volfommenen Zuftend 
ſeyn. Wie mannichfaltig find Die Gelegenhh. u. Ans 
lüffe, Die Gott jedem gibt, an feiner Beredelung zu 
arbeiten und Durch gufe Handlungen fuͤr die Ewigkeit 
Saamen auszuſtreuen. Wir muͤßten unſere eigene 
Feinde ſcyn, wenn wir fe nicht benutzen wollten. 
) Daß wir für eine andere Welt beſtimmt find, ſagen 
uns die mannıchfaltigen Einrihlungen, die Gott zur 
Erreichung dieſes Zweckes arstrofen hat. Sagt ung 
nicht ze) Die ganze Natur um ung ber, daß Gott un— 
Chriſtl. SI. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Ch; | 5,’ 


194 ©. 
Sel. n. d. %., (Anwend. der Lehre von der — ——), 


endlich vollk. ſey — daß wir ibn alfo verehren muͤſ⸗ 
fen? ee) Iſt unfer Weſen nicht wohl zu edel, als 
im Staube der Sünde zu bleiben? führen nicht unfere 
‚befferen Neigungen uns aufwärts? 29) will ung nicht 
Gott im Laufe unferer Schiekfale, z. E durch Leiden, 
ur Schaͤtzung der Geiſtesguͤter leiten? Hat nicht der⸗ 
ienige, welcher für die beſſere Welt lebt, wie von ſelbſt 
die ird. Vortheile? Wozu waͤre die chriſtl. Rel. — 
wozu Jeſus Chriſtus, wenn ff.? 
) Aus der Natur der Seligk. folge es, daß eine tu⸗ 
gendhafte Vorbereitung zu derſelben erfordert wird. 


Dieſelbe wird N) nicht im Genuſſe aͤußerer Borzüge 

und Vergnuͤgungen befteben.- Sie wird vielmehr 
2) der Stand der genaueften und gerechteften Vergel—⸗ 
tung ſeyn, U Kor. 5, 11. Es werden fih alfo nur 

der Seligk. erfreuen, die fich derfelben als - einer Be⸗ 
lohnung werth machen. 

s) Unſer fünftiges Wachsthum an MWeish. und Tugend 
wird ung deſto leichter werden, und defio ſchneller von 
ftatten gehen, ie weiter wir es fchon hier barinnen 
gebracht haben. Jede Wolff. des Verſtandes und 
* LANE bringe für ung auf Emigfeiten Ge- 


E? YDie fünftige Seligfeit ift e8 werth, fich ernftlich da- 
rum zu bemühen. Denn N) die irdifihen Güter und 
Freuden find vergänglih. Die angenehmſten Freuden 
werden ung bald zuwider. Hier ſind gleichſam nur 
Huͤtten — Gezelte fuͤr die Durchreiſenden gebaut und 
aufgeſchlagen, aber dort iſt alles dauerhaft und un— 

vergaͤnglich. Deshalb muͤſſen wir nach ſolchen Guͤtern 
und Freuden ſtreben, die uns immer reitzvoll bleiben. 

I) Wie bald find bier die groͤßten Reichth. u. Güter 
verloren, deshalb muͤſſen wir ung um folche bemühen, 
die wir nie verlieren. 3) Don allem, was wir hier 
befißen, werden wir Durch den Tod gefrennt, deshalb 
muͤſſen wir nach folchen Gütern trachten, von denen 

‚ung fein Tod feheiden Fann. Yon allem, was wir 
bier befißen, was ung auf E. thener und fehaßbar ift, 
folgt ung nichts tiber dag Grab ing beffere Reben, 
als ein gebildeter Berftand und ein edles Herz. 
=) Die fünftige Seligf. wird ung ewig anhal- 


©. 195 
Sel:n.®. %., nord, der Lehre von der — —), 


gende Freuden, Güter 'und Beruhigung ‚gewähren. 
Wie viel fagt das Wort mis wenn 23 von ser 
künftigen Seligk. gebraucht wiro! Keine endliche Zeit 
ſteht nur in einigem Verhaͤltniſſe mit der enplofen 
| Ewigkeit. Eine Minute und Sekunde iff immer Bed) 


Po a 


über. Dies eſchwindeſte Zeit, der reiſſende Ste 
ber Wind — das ungusſpre— Sl; ch ſchnelle eich: — der 
noch Inner fere Gedanfe — das alles iſt — mit ber 

Ewigk. verglichen — langſam und Richts. Die — 
unermesliche — unendl. Em: gr, — poll hoben unaugs 
ſprechl. immerwaͤhrenden — immer — luͤcks 
gibt der Tugend einen ewig feſten Sruud, II For. 5, 
9. 10; denn eg gibt feinen wichtigeren Gedanfen alg 
den Gedanken ver fel. Ewigkeit. Weld’ eine frohe 
entzuͤckende Ausfiht in ein ewiges — unaugfpredh: 
lich — feliges Leben! Sie vervielfachet ieden edlen 
Genuß des iegigen Lebens — fie erleichtert iede unſe— 
rer Pflichten. Nur fie allein gibt eine unerſchuͤtterl. 

Standhaftigk. u. einen heitern Muth. 

7) Die h. Schrift verſichert es, daß ohne ein hier ge— 
—— frommes Leben der M. keinen Anthell an der 
Seligk. haben werde. Sie ſchließt M. von ſuͤndl. Ge— 
ſinnungen, ſo lange ſie ſolche haben, v. derſelben aus; 
ſie verheißt dem, der hier recht treu war, und feine 
Kräfte und — ausbildete, uͤbte und anwendete, 
ganz beſondere V rzuͤge; ſie ſagt dem eine Verndte oh— 
ne Aufhoͤren zu, Set hier unermuͤdet Gutes übte. Dem 

verſpricht fie nur eine kaͤrgliche Aerndte, der Bier mes 
nig ausſaͤte. Jedem fol nach ſ. Werfen vergolten 
werden. 

Jeſus preißt ausdrücklich Nechtfehaffenheit deg 
Herſens und Lebens als das Mittel zur Erlangung 
der ewigen Seligkeit an, z. B. Marc. 10, 17:19; Luc. 
10, 25:28. Nur den Menfchenfreunde verbieß er Die 
Freuden dee 9. Matth. 25, 34-41. Eben fo geben 
die Hp. Froͤmmigk. als ein Erfordernif der kuͤnft. Se 


2 


ein — wenn gleich ſehr Heiner Theil von Millios: 
der Jahrtauſende. Aber Hauft man auch Jahrtau— 
+ Sende auf Jahrtauſende — es iſt nie ein Theil rd 
Mack ver Emigfeit. Das Unenöliche hebt alles 
Zeitmaaß und iede — ai 668t 
gar Fein Maaß. Sie bleibt ganz — ungecheilt 


4 
>; 
are u 


196 ©. 
Sel. n. d. %, (Anwend. der Lehre von der — —). 


ligkeit an: Ebr. 12, 14; Gal. 6,9; U Kor. 9, 6; 
Offenb. 14, 13; U Tim. 4 75 om. 2, 6. 75 Jac. 
I, 15. 

Berge. Brade Pred.-Entww. üb, d. Ev. Texte, 14r Jahrg. ©, 
2835:88; „die nötbige Zubereitung zu e. kuͤn jen ſel. Leben.” 
ib. Ev. om 27.8, u. ges SG palding’s Predd. Bert, 

1768.18 ©.260 fi:5 .S. Ch, Sreiling neue prakt. Mas 
tevial. zu Eanzelvortr. TIL 47 8: 28 Heft 1801. ©.53:65: 
„warum und wiefern es der menſchl. Natur gemäßer fey, unz 
fere Hoffn. einer zuk. W. auf unfer Woyhlverh. in dieſer Welt 
— gründen ? 20.” Wagnig Rel.-Lehre in Beiſp. earth. ©. 

5 6.7.8 dir uns durch weile Thaͤtigk. auf das zuk. Le⸗ 
= vorbereiten köͤnnen.“ — — Beyer 3. Aufer, 9, Volksrel. 
in Predd, ıe B. 2te A. Lpz. 1794. ar. 8. Nr. 4. ©.49>70: 
„daß Gott boͤſe M. nicht in ſ. Himmel aufnehmen fünne, wenn 
er auch wolle,” über Röm. 8, 1.25 Mag. f. Pred. Kr 
Th. Nr. 14. ©, 166:180: vom Vorurth., daß die Eiinftige 
Seligk. etwas jey, das und Gott nach Belieben nur ſchen— 
fen dürfe, amd wobei auf umfere eigene Beſchaffenheit nichts 
ankomme. — — | R 


Huͤlfsmittel, damit die Erwägung ber 
ewigen GSeligf. uns bier auf Erden fromm 
mace: 

a) Denfe oft an die Freuden der Emwigf., und denke 
darüber anhaltend nach. Es iſt ein entfernteg Gut, 
dieſes erfordert mehr Nachdenken, um fich ven Werth 
defielben recht vorzufielen. Dan muß diefenm Nach» 
denken den gehörigen Grad ber Lebhaftigk. geben; denn 
das ſchwache, fo Leicht im der Verfuchung wanfende 
Herz geraͤth beim Gedanken an die Entfernung der 
himml. Seligk. ſo leicht in Zweifel uͤber dieſelbe und 
dann wuͤrkt ſie nicht auf eine vorzuͤgliche und anhals 
tende Tugend. Wenn du alſo hier in deinem Kampfe 
lau oder müde wirft, wenn dir Unzufriedenb. u. Miß— 
muth anwandelt, wenn du zur Zeit der Verfuchung 
wanfft, in deinen Leiden und Prüfungen verzagefl, une 
ter der Laſt deiner ‚Leiden binfinfit; fo blicke hinauf 
ims beffere Leben, gegen deſſen Wonne alles, was hier 

das Erdenleben truͤbet, wie ein Nebel vor dem Glanze 

„ber Sonne dann verſchwinden wird. 

-  Selebhafter du über die Ffünftige Seligf.,üb. den en⸗ 
gen aufammenhang deines gegenwärtigen Zuflandeg 
mit deinem kuͤnftigen nachdenkeſt: deſto richtiger wirft 


/ S. 197. 
Sel. n.5.%, (Anwend. der Lehre von der——). 


du uͤber den Werth der Dinge, die ibn umgeben, über den 
Werth deiner Tugend, und der Anwendung aller dei— 
ner Kräfte, Gaben und Guͤther urtheilen. 
b) Suche recht, fo weit es möglich iſt, und als Vern. 
und Schrift die dazu verhelfen, mit der Größe iener 
Freuden der Eeligk. befannt zu werden, um ſie recht 
zu fchaßen, um fie zur berefchenden Vorſtellung und 
Ä Empfindung deiner Seele zu machen. Diefe Werth— 
ſchaͤtzung der Seligk. iſt noͤthig, denn Vorzuͤge und 
Seligkeiten, die wir gar nicht kennen, nicht hochſchaͤ⸗ 
tzen, wuͤrden keine Vorzuͤge und Seligkk. ſeyn, wenn 
ſie uns auch wuͤrklich zu Theil wuͤrden. Dagegen die 
Werthachtung derfelben erweckt eifrige Begierden nach 
derſelben. Man laͤßt es dann nicht bei dem kalten u. 
traͤgen Wunſche, fie zu erlangen, bewenden, ſondern 
macht ſie zum Ziel aller ſeiner Wuͤnſche und ſeines 
eifrigſten Strebens. Hat gleich noch niemand eine 


bollig deutliche — Feine anſchaul. Erf. von der fünf: 
tigen Geligk., fo fonnen wir doch ſchon Blicke in Dies 
felbe tbun, die — fo unssilft. und dunkel fie aud) 


find, ung eine überang — Scligk ahnen laffen. 
er nicht durch die Menge und Vortrefflichk. der Guͤ⸗ 
ter, die der Selige gewiß erhalten wird, geruͤhrt wird, 
wer gegen die Erweiterung ver Erk., durch die hoͤhere 
and vollkommnere Tugend, durch Pr reinen Umgang 
mie Jeſus Chriſtus und allen auten M. und durch bie 
Hofnung eineg immer ſteigenden Gluͤcks gleichguͤltig 
iſt, der hat entweder gewiß geringfuͤgige Gedanken v. 
der meuſchl. Gluͤckſeligk, over iſt durch die Bemuͤhung 
um ird. Dinge, fo ſehr verborben, daß cr fomohl der 
kuͤnftigen Seligk. unwuͤrdig, aber auch fuͤr dieſelbe 
unfaͤhig iſt. Welche Guͤte Gottes iſt es, daß er nr 
nach dem Tode feine andere Guter erwarten läßt, alg 
falche, die vollig des Verlangens werth — die ewig 
find. Es ange daher nichee auf den M. einen ſtaͤr⸗ 
keren Eindruck zi machen, als die Erwägung der kuͤnf— 
tigen Seligkeit. Kein Gedanke ift wichtiger, als der 
Gedanfe derfelben ; dieſer erhebt unaugfprechlich unfere 
Seele; dieſer leitet in teden Schritt auf unferer Reiſe 
durchs Erdenleben — Ruhe und Freude. O erfuͤlle 
ung doch mit Tugendkraft, wenn Welt Bee anlichk. 
uns zu verführen: droht | 


Selen. d.T., (Anwend. ‚der ‚Lehre von der — —). 


Verst. I. Fr. Flatt Beiträge zur chriſtl. Dogm. und Moral, Tuͤ⸗ 
bingen 1798. 8... Br..2. ©. 96: 116: „in weichen Verhaͤlt⸗ 
niß ſteht die Hofnung der — Gluͤckſeligk., tie Jeſu — 

— verheißet, zur Tugend?“ Mag. ft. Pred. VIIr — 
— 5. 02771: „Erhi. zum Eifer in d. Gottfelige,, — 
bie Hofn. einer immer ſteigenden und ienfeit des Srabes vollz 
endeten Glidfelige. verpflichtei” üb. Ep. am 27. ©,'n. Er.; 
Zollikofer's Predigten nach ſ. Tode ff. Nr. 16. © 204⸗ 
2177 „wodurch man ſich der — — des sub. Lebens ge 
big macht?“ 


irre 


2) (f. ©. 188.) Mm an fey früh fromm Denn ie 
fruͤher wir ung dur Welsh. und Tugend vervoll- 
kommnen, deſto feliger werden wir werden. Ye früher 
demand fromm iſt — deſto langer iſt er tugendhaft. 
Welche Freude wird es ſeyn, wenn man auf ein gan- 
zes — in Tug. vollbrachtes M—Ieben zuruͤckblicken 
kann! Es laͤßt ſich nicht denken, daß ein Menſch, 
welcher ſein Wachsth. im Guten nicht su ſeinem anges 
legentlichften Gefchäfte machte, welcher ſich von mans 
chen bofen Geſinnungen und Neigungen beherrſchen 
ließ, alſo für wahres Gluͤck keine Empfaͤnglichkeit mie 
hinuͤber bringt — der erſt ſpaͤt — vielleicht blos aus 
Furcht vor der Strafe an feine Beſſ. Dachte, einſt eben 
‘fo glüdlich werden follte, als derienige, welcher viele _ 
“gute € 'genfehaften des Merftandes und des Herzens 
fich erwarb, der Tugend — oder der freuen Ausuͤbung 
feiner Cchenspflichten, alle feine Kräfte widmete und 
alſo mebr Empfängfichkeit für wahre geiflige Gluͤckſe⸗ 
ligkeit mit hinuͤber bringt, als iener. 
3) Man beru hige ſich durch den Gedanfen an Die 
fünftige Seligkeit in Leiden. Blicke bin, o Chriſt! 
nach ienen Freuden des Himmels, u. du wirſt did) ftär- 
fen zu leien — zu dulden — Ausınharren in dem, 
was Gottes unerforſchl. Weish. beſchloſſen hat, daß 
du leiden u. dulden ſollſt. Leicht voruͤbergehend u. wie 
eine Nebelwolke hinſchwindend ift alles Leiden dem, der 
nicht bei diefem Tropfen Zeit verweilt, nicht diefe ver> 
gänglichen Auftritte ale die Befchränfung feines Da- 
ſeyns befrachtee, ſondern ſeinen Geiſtesblick auf das 
Unfichtbare und Ewige richtet. Jeder Blick wird ſein 
Herz zufriedener, ruhiger, getroſter, ſtaͤrker, geduldiger 
» und ſiandhafter machen. Er denke es ſich oft, mie 
ihm, wie dem Manne ſeyn wird, welcher viel litt und 


©. 199 
Sel.m d. T., (Anwend. der Lehre von der ——). 


viel weinte, und ieden Harm des Lebens kennen lern» 
te, wenn er nun allen Kummer uͤberſtanden und den 
reichſten Erſatz in dem ſeligſten Looſe errungen hat, wie 
er dann zuruͤckſchauet auf die Tage. der Leiden: fo 
wird auch er auf die vorigen Leiden, auf die abgeleg— 
ten Unvolff. und auf die überwundenen Kämpfe zu⸗ 
ruͤckſchauen. Sicher wird ihm dag Andenken an iene 
Seligk. auch ſeine peinlichſten Leiden verſuͤßen und ſie 
in Wohlthat und Freude verwandeln. Die lebendige 
Hofuung, ienes unvergänglichen Erbe zu erlangen, 
wird e8 gewiß machen, daß wir in allen Leiden auf E. 
getroſt ſeyn koͤnnen. Die hier mit Thraͤnen ſaͤen, wer⸗ 
den dort mit Freuden aͤrndten. Wie es einem iſt, 
wenn es nach einem Tage voll Muͤhe und harter Ar- 
beit endlich einmal fo toeit gefommen ift, daß man am 
fpäten Abend das Licht (öfcyen und fi) zur Ruhe le⸗ 
gen darf, und wenn dann der andere Morgen ein Feier— 
tag iſt: fo iſt's dem Leidenden im Tode. Alle unſere 
Leiden ſind dann wie ein Morgentraum beim Erwa— 
chen verſchwunden. Sie find vorüber. Freude und 
Jubel umgeben ung dann. — E8 ift feine Lage, Feine 
Handl., fein Augenblick unfers Lebens auf E., in 
welchen nicht das Undenfen an die ewige Seligk., Zu— 
friedenheit, Seelenruhe, Muth und Stärke, Heiterfeit 
and Freude leitete. Denn in der Seligk. find alle Ges 
fchwerden des Lebens — die fihmwerften Kämpfe der 
Tugend, alle Verläugnungen unferer Begierden befei- 
tiget. Wie bald— mie leicht aber find die Angfilichen 
Augenblicke die ſes Lebens überflanden! Schnell fin- 
den wir ung am Ziele unferer Laufbahn. Man er: 
warte dann, wenn bei der Erduldung peinlicher Leiden 
Die Sehnfucht nach der Nuhe des Hi mmelg fe in ung 
regt, in Geduld den Anfang der GSeligfeit.. Mi 
iedem Sage — mit ieder Stunde kommen wir doch 

unſerm Ziele naͤher, USim. 4 7:8. | 
Berg. Heym’s Samml. v. Predd. für Landi. uͤber die Epiſt. S. 
546:561:_ „das laͤngſte und groͤßeſte Leiden auf Erden iſt 
nichts, gegen die darauf folgente Freude des Himmels“ üb. d. 

Ep. am 3. ©. mn. Tr. 

4) Man erleihtere fih durch den © edanfen 
an die fel. Ewigf. den Tod. Nimm Ihm dadurch 
ale Bitterkeit. Denfe ihn dir als din Führer in eine 


200 ©. | 
-Sel.n.d.T., (Anwen). der Lehre von der — —). 


endlofe Wonne Die dunkle Todesnacht gränzt an 
den lieblichen Kebengmorgen. In ein ewiges Leben 
loßt fih das bange Sterben auf. Was ift anders 
der als der Lieberfchritt in die Seligkeie?! II Kor. 
gr 18. Er iſt nichts als ein Heimgehen. 


©. chriſtl. Moral f. d. —— 
ıfte Abıh. ©. 452 ff. 


5) Man tröfke fih dann, wenn man Gi — auch 
feine Wißbegierde — dieſes großte Beduͤrfniß des Ed— 
len — hienieden nicht befriedigen, — weun man ſe— 
nen Wunſch im Streben Hier gut zu ſeyn, unbvollk. 
und mangelhaft fuͤhlt, mit der Erwartung einer bel: 

lern — weitlauftigern Erf. und ſowohl eines reinern 

Tugendſinnes, als auch einer eroßern Zugendfraft u. 

des ung eröfneten groͤßern Wuͤrkungskreiſes. Dann 
wenn die Welt unferm guten Willen und feiner. Has: 
führung fo manche Hinderniffe in den Weg fest, dann 
mern wir gern Gott und Jeſu immer ähnlicher wer— 
den wollen, und leider ſehen, daß in diefein Lebe a unch 
feine vollk. Heiligkeit möglich iſt — — wann Aufere 

Umftft,, VBerfubrungen der Sinnlichk. — in gewiſſen 
Stunden uns aufhalten anf der Bahn des Guten u. 
ung zu Fehltritten und Öchwachheiten verleiten — 
dann fchige man ſich durch das Andenfen an bie fel. 
Ewigk. vor Kummer — vor würft. Sünden. Sf uns 
ter Dem Ei härter Leiden — unfer Glaube zu iwan- 
fen, unfer Vertrauen zu finfen in Begriff — finden 
fich überall Hinderniffe ın der Vollfuͤhrung unterer 
Borfüge — befchränfen Armuth — Stand — Krank— 
heit — Bosheit und Undank Anderer hier en 
Wiürfunggfreis und vereiteln dieſe unſere Wuͤnſch 
ſo werde man nicht laß in der Tugend; denn dieß 
ben ſchwindet bald dahin; dieſer Forpe r, der ung En 
das Irdiſche feffelte, iſt bald abgezehrt — und ein 
neuer Würfungsfreis wird ung dann eröfnet. Wohl 
dann ung, wenn wir gethan haben, was wir nach den 
Umfift. thun fonnten. Denn nach dem Tode wird es 
Gelegenheit genug geben, Die Neigung zum Guten zu 
befriedigen. Wer ſchon bier Die mit dem Wachsſsthum 
im Guten verbundene Freude fühlte, mird fie dort, 
noch ftärfer empfinden, 100 weder Degierden, noch 


S. 204 
Sel.n. d. T., Anwend. der Lehre von der — —). 


Außere Verbindungen unſerer Wohlthaͤtigkeit — 
Hinderniſſe in den Weg legen koͤnnen. 


6) In Hinſicht von dem bei 5. S. 200 Gefagtem, und 
dat (nach U. ı. oben ©. 123 f.) iene Selig. ung 
von allen Erdenleiden und Bedrängniffen befreien wird, 
Ale man fich mit Paulus Rom. 7, 245 *) Bhil. 1, 
3, nach. der fel. Ewigk. febnen, oder nad) dem Him— 
— verlangen. Nur darf dieß ung nicht weder gegen 
diefes Leben, noch gegen den erlaubten Freudengenuß, 
u. gegen den Genuß der Güter dieſes Lebens gleichgültig 
sachen, noch ung zur Berfäumung unſerer Berufspflich- 
ten veranlaffen. Es darf die Sehnſucht nach fl 
nicht aus unreinen Quellen entſtehen, indem 
man mit feinem ird. Zuſtande unzufrieden iſt, ſich irrig 
den Himmel als einen Sitz einer ungeſtoͤrten — traͤ— 
gen ruhe denkt zınd Thätigf. nicht liebt, weil men 
ircig dieſe Welt für ein Jammerthal anſieht, und fich 
den Himmel zu eigennügig als eine bloße Belohnung 
für aeg, was man hier Gutes getban bat, vorftellt. 
Sie darf nicht aus unlautern Beweggruͤn— 
den entſtehen, a) um feines ird. Ungluͤcks, um feis 
ner Leiden loszuwerden; b) um früher u. im hoͤhern 
Grade gluͤcklich zu werden. Dieß verrierhe Luͤſternh., 
ein eitles Gemuͤth, und zu große Sinnlichkeit, welche 
mit Wohlfeyn unzufrieden neue Anmaßun igen wagte. 
Man muß ſich auch deshalb nicht nach dem Himmel 
ſehnen, um nicht ſeine Tugend bei fo vielen Gefahren 
gu verlieren; denn man muß bei jeder Verſuchung vor- 
ſichtig feyn, und einen entfchiedenen Willen fürg Gute 
baden, und den Kampf nicht fihenen; um ſich recht 
Die Tugend zu eigen zu machen, muß man bier gern 
Icben. Man muß endlich, auch deshalb fih nicht nach 
dem Himmel fehnen, um ficher | und ſchneller im Guten 
denn unſere Tugend gewinnt um ſo 
mehr, ie mehrere und ie ſtaͤrker die Hindern. ſind, mit 
welchen ſie zu ——— hat. 


Paulus fuͤhlte fſeine Schwachheit beiden Ver— 
ſuchungen, die die Sinnlichk., eine Folge des en 
ſinnl. Körpers, ihm legte. | 


202. ©. 
Seligfeit der Hei den . 


Vol. Dr. W. A. Teller’s Mag. f. Pred. 3m B. 18 St. Nr. 29. 
©. 2698277: „der Chriſt kann deshalb nach dem Rlanıe! vers i 
langen, weil ee wuͤnſcht, von deu gegenwärtigen Leiden, die 
bier auf Erden ein Ende nehmen, befreit zu werden,“ uͤber 
Pit. ı, 21224; Witting’s Handb, 2ten B. ıfle Abth. 

"6, 403 f. über die Ep. am Himinelf. Feſte; GSebshard'es 
Predigten üb, d. canzen Umf. der Rel. EB Nr. ız. ©. 
349371: „ti es vernünftig, ſich nach tem Kr zu fehnen 2 
über Phit. 1, 245 Wefsfar’s Predd. an ben Sonn- und 
Feft. Bert, 1795. 2r B, Ür. 46. ©. 1113197: nGterbenss 
Freudigk. und ihre Schranben.“ 


Man ſey Gott fuͤr die naͤhere Belehrung in ber 5. 
—— v. den Freuden der Ewigk. dankbar; denn ei— 
ne Seele angefält ‚mit diefen hellern Kenntniffen des 
Ehrif fenth ‚ein Verſtand, erleuchtet durch iene chriſtl. 
—* von Gott — -Geifterwelt und Ewigf. — 

iſt fähig zu der reinſten — erhabenften, vollkommnern 

Tugend gebracht und gebildet zu werden. | 

Bersi. F. W: Hager über das Richtige und Wohithätige der Bes 

lehrungen Jeſu von einem-Eünftigen Leben, Pred, über Offenb. 
- 91, 127. Erlangen 1794. 8. u. Dr. &, Fr. Ammons oben 
S. 179 angef, Pred. 


Arber II-IV. vergl. man * Dr Witting' 8 
Handb. ur B. ar 2. ©. 491 f. zr®9. ıffle Abth. ©. 
43 f. 438 f.; ar B. are Abth. S. 280 f.; Canna= 

bich's Predd. üb. ale Sonn- u. Fefit. >» Eb. er B. 
ate Aufl. ©. 160-173: „Warnung vor einigen aus 
der Bibel gezogenen Gornrtheilen, 1) daß bie Anzahl 
der Seligen dußerft Flein fey, 2) daß der Lohn im ie- 
ner Welt vollk. gleich ſeyn werde, 3) daß Gott bei 
der Ausch. des Lohns blos nah Willk. handele, und 
4) wenn man diefe Belohnung hofft, ohne bie Bedins 
gungen diefer Hofn. zu erfüllen. — — 

Telters Dag. f. Pred, 3r 3. 18 St. ©, oh: 211: „Unterricht 

Jeſu über d. zuk. Leben.‘ 


Seligfeit der Heiden, Ap. Gef. 10, 34.355 
Kom, 14, 4 
Sn Ruͤckſicht des bei Denßenden Leicht entfichenden Iweifeld: „went 


die christt. Met. fo vortrefflih und Wahrheit ift, weshalb ift fie 
genn nicht allgemein? weshatb hat venn Gott fo viele Völfer, 


S. 203 
Sel. d. Heiden, Beweiſe fuͤr die — ne 


die heidniſch find, nicht dazu einladen laſſen?“ ift es nicht übers 
Rüßig, von der Seligk. der Heiden zuweilen zu — 
um ihrer Beruhigung nicht zu ſchaden. 


J. Die Heiden werden nach der treuen Anwendung der 
ihnen verliehenen Kraͤfte beurtheilt und darnach gluͤck— 
lich oder ungluͤcklich werden, Roͤm. 2, 11. 12; Ebr. 
11,6. Wenn ihnen gleich nicht die chriſtl. Rel. 
bekannt geworben ift: fo dürfen mir fie 
bech Deshalb nicht verdammen, oder ihnen 
hart und liebt los die fünftige Geligf. abfprechen. Man 
muß fein Volk von den Himmel ausfchliegen. Gott 
fordert 9. den Nichtchriften nichts mehr als den freuen 
Gebrauch des Maaßes von Kenntniß, das er ihnen 
verliehen hat. Braucht der Nichtchriſt daſſelbe redlich: 
ſo wird er eben ſo wohl, wenn gleich nicht in eben 
dem un dadurch Gott gefaͤllig und ſelig, als der 
Chri 5— 


II. Beweiſe. 

1) Die kuͤnftige Seligk. iſt in Gottes Hand — toi 
kaͤhrliches, fie hängt nicht. v. dem geſchichtlichen Theil 
des. Chriftenth., weicher feiner Natur nach nicht alfge- 
ein werden fann, fondern von dem auf dag Verhal- 
ten anwendbaren oder dem — die Einricht. unferg Le— 
ben betreffendem Theil ab. Jene Geligf. iſt ein Zu— 
ftand des Geiſtes — alſo eine innere, durch Zugend 
hervorgebrachte Zufriedenheit. — Nun aber iſt Tug. 
auch bei den Glaubensarten der Nichtchriſten moͤglich. 
Tugend iſt nicht an das Chriſtenthum gebunden, ſon— 
dern findet unter allen Volkern ihre Verehrer. Wes— 
halb ſollte es ihnen unmoͤglich ſeyn die Bedingungen, 
um Gott Zn gefaken (Ap. Geſch. 10, 35); Gott zu 
f. und Recht zu thun, zu erfüllen? Iſt bei ihnen 
die Erf. von Gott auch noch fo Hettchiehen: fo koͤnnen 
fie doch alle dag Gute aus feinen Werfen. fennen ler— 
nen, und durch. die Betracht. derfelben, fo wie durch 
die Wohlthaten, die fie von Gott erhalten, Ehrfurcht, 
Vertr. ‚und Liebe zu ihm falten. Jedem M. gab 
Gott ein gewiffes ſittl. Geſetz von Recht und Unrecht, 
das Gefeß, dag ihn zum Guten ermahnt und vor dem 
ofen warnt. Jedes Volk ber Erde hat Empfindun- 
gen von einem höheren Weſen und von der Vereh— 


Me ©. 
Set. 8. Heiden, (Beneife für die — —). 


rung deſſelben unter fih; Nom. 1, 19. 205 2, 14. 
"DAL NEE 3. 13. BB IE, genug, wenn der Heide den 
Leitungen feines fittl. Gefühle durch Rechtthun folgt. 
Thut er das, jo wird er dafür belohnt. Denn Öalat. 
6,7. 2te 9. der Heide iſt dod) ein Menfh. Ein uns 
parth. Vater belohnt die ſchwaͤche Aeußerung eines 
klindl. Herzens fo gut, als ff. Von dem mehr Aus⸗ 
gezeichneten in der Tugend, von der Mehrheit guter 
Handl. des Chriſten kann nicht die Rede ſeyn, denn 
als Chriſt hat er eine beſſere Erf. und mehr Huͤlfs⸗ 
mittel. Gott fordert von feinem mehr, als er ibm ge 
geben hat. Das, wag aber zur Tugend und. Glücfe- 
ligkeit unentbehrlich ift, verfage er feinen. Wer dag 
Mindere treu verwaltete, wird von ihm eben fo aut 
belohnt werden, als der, welcher mit mehrerem getreu 
umging.: Er verlange nicht vom Heiden die Tugend 
des Chriften. Kann auch nicht der Nichtchriſt, da das 
zuk. Leben die Reife des ietzigen iſt, und da derſelbe 
das Gefuͤhl des Sittlichen mit in die Ewigk. bringt, 
dort das vollenden, was er un anfing? Bal. Dos 
derlein's Rel.- Unterricht, Th. I. Sag f. 65 f. Die 
goͤttl. Vorſehung ift, um den M. zun Guten zu er- 
ziehen, nicht an gewiſſe aͤußerliche Anftalten gebunden. 
Wie Eonnte fonft Paulus bei dem auf fein Geſetz ſich fo 
viel einbildenden Juden das ind. Gefeß dem natuͤrl. 
fieel. Geſetz (Gewi fenstrieb) entgegen feßen? man vgl. 
auch Rom. 2, 28. Er nennt Gott aber au) nicht 
bloß den Fuden- fondern auch den Heiden— Gott, 

Mom. 2, 29. 

2) Die Erfahrung bewieß und bemeißt e8, daß es auch 
unter den Nichechriften edel und fugendhaft handelnde 
M. gab und gibt. Die Gefchichte ſtellt fo viele Bei— 
fpiele der edeljten Großmuth gegen Feinde, der ſelten⸗ 

ſten Treue gegen Gatten, Vaterland, Bundsgenoffen 
u. ſelbſt gegen Feinde, ber unerfihütterli chſten Gerechtigk., 
der le der Aufopferung fuͤrs gemeine Be⸗ 
ſte — kurz der Achtung für buͤrgerl. und haͤusl. Tu— 
genden, an welchen die el, vielen Antheil nahm, auf. 
Man braucht nicht blog die Weisheitsſpr. ihrer Werfen zu 
bervundern, fondern man muß nur Die Nachrichten v. ihrem. 
Math in Gefahren, ihrer Ruhe bei allen Beflürmungen 
von außen, ihrer ungerrubten Miene bei aller Erfahrung 


©. 4 
Sel d. Heiden, (Beweiſe für die — —). 


von Muͤhſeligkeit, ihrer Heiterk. im Tode, die ſich im 
Bewußtſeyn von Herzensguͤte und Verehrung ihrer 
(eingebildeten) Gottheiten erhielt — u. v. ihrem frohen 
Geiſt (meld ein großes Erdengut!) in einzelnen Bei⸗ 
ſpielen leſen, um eingeſtehn zu muͤſſen, daß die Na— 
turreligion bei allen rohen Vorſtellungen und bei aller 
Vermiſchung mit irrigen Begriffen dennoch zum Gu— 
fen antrieb, die Herzen lenkte, die DR. zur Treue, 
Wahrhaftigk., Dienftfertigf. Gerechtigk. 20. geneigt 
machte, daß fie — da fie foldhe wohlthaͤtige Wirk. 
hatte, nicht ohne Werth wear. Zus ieder Wahrheit 
fpricht aber Seligfeit. Die Natur lehrte in die M., 
daß Gott Regent ber M,, Regent der Welt ſey; daß 
er mit unumſchraͤnkter Macht alles lenke, alles ordne, 
daß M—slüf und M—elend von ibm abhange; daß 
er feinen Kedl. und Frommen unglückl. machen Fonne, 
fondern allemal ſich als Beſchuͤtzer ſeiner Freunde und 
Vergelter ſeiner Ehre zeige. Bedurften ſie mehrerer 
Antriebe zum Guten? — Gibts nicht noch ietzt unter 
den Chriſten ſchlechte u. gute Menſchen? warum ſollte 
es denn nicht noch ietzt unter den Heiden gute und 
vortreffliche M. geben? war nicht — ein recht— 
ſchaffner Mann? Ap. G. 10. 


3) Glaubte man, daß Gott nur die Chriften felig ma- 
chen wolle, fo verriethe man fehr mangelhafte und 8 
rige Begriffe von Gott. Man dachte fih ihn z. 
partheiiich. Allein er iſt aller M. Vater und liebt r 
alle. Er ift aker Schöpfer, erbarmt fich aller u. will, 
daß alle M. zur Wahrh. kommen ſollen. Waͤre aber 
nicht Gott offenbar partheiiſch, waͤre er wohl allge— 
mein guͤtig, wenn er die Seligk. von gewiſſen aͤußerl. 
Umfift. und nicht von ihrem Verhalten — ge⸗ 
macht haͤtte? Wie kann er — da alle M. ihre Se— 
ligfeit wuͤnſchen, es einigen unmoͤglich gemacht Sr 
fie zu erreichen ?!. Er hätte zwar dann allen M. 
hohe Beſtimmung gegeben, ewig glücklich zu a 
aber er hätte dann sraufem dem größten Sheil * 
DM. die Mittel dazu verfagt, denn die Offenb. iſt n 
allgemein geweſen. Wie läßt ich das vom Al weiten 
und Allgerechten denfen?! Gicher wird er es — Hei⸗ 
den möglich gemacht haben, ihn und feinen Willen zu 


wu 


206 | ©, 

Sel. d. Heiden, (Beweiſe für die — —). 
erfennen, und dadurch rechtſch. M. zu werden. 9. ſagt 
dieß auch Nom. 2, 14. 15. 

4) Die Seligfeit der Heiden iſt der Natur der. 
fünftigen Seligfeit überhaupt nicht zuwi⸗ 

der. Denn diefe u iq nicht eine für ale M. ‚gleich 

große Summe von Vergnügen und Vollk. fondern ein 

Zuſtand beierer Vorzüge, edlerer Vergmügungen und 
ungeſtoͤrt — Empfindungen. Jeder wird den 
Himmel in ſeiner Seele finden, deshalb Fann der Heide 
einige, der tugendhafte Ehrift aber wird eine größere 
Seligkeit genießen. So wenig wie iener Tugend eine 
chriftl. Tugend ift, fo wenig wird ihre Seligf. gleich 
der Seligf. wahrer Ehriften feyn. Die Beftandtheile 
tener Seligf. find fo vieler Stufen fähig, als es Stu- 
fen von Wahrh. und Arten von Sreuden gibt. Gott 
iſt nicht fo unbarmiberzig, daß er da aͤrndten follte, mo 
er nicht geſaͤet haͤtte. Von dem, der wenig le 
wird er wenig fordern, Luc. 12, 48. | 


5.) Die Meinung, daß die Heiden verdammt en 
wirrden, ift fchadlich. Denn a) dieienigen, die fich 
fchon durch Ihre Geburt, oder durch ihren Glauben 
zu größeren Vorzuͤgen w. Freuden berechtigt halten, wer⸗ 
den. dadurd) licher, u. es fchmacht die mohithätige 
Kraft der Nel., die M. zu beffern, n. eifrig im Gurten 
zu machen. 6) Diefe Meinung verleiter die M. zur 
Menfchenverachtung und Menfchenfeindfchaft. 


6) Derfchiedene deutliche Stellen des n. Teſt. fagen es 
ung, daß die H. nad) Ihrer Are werden felig werden; 
Nach Ap. G. 10, 34. 35 find alle gute M. Gott wohl» 
gefällig; nach Marth. 12, 42; Luc. 13, 29 -urtheilte 
Jeſus felbfi von den Heiden jo gelinde und ehrennoll. 
Math. 25, 31. 32 fagt Jeſus Ehr. daß alle Bl- 
fer ꝛc. Zu allen Guten wird nach ihrer Trennung >. 
den boͤſen M. das B.34 Stehende gefagt werden, we I 
fie Sort verehrten und Recht thaten. Jeſus fprad) 
diefeg, um das iuͤd. Morurtheil, als ob nur die Ju: 
den am Meich des Meffiag Antheil nehnien’ und all: 
andere Voͤlker = Die Hole verſtoßen w..den würden 
zu beſtreiten. Nach Matth. 8, 11 12 gb es unte 
allen Nationen M., die vor Gott Ehrf. haben und 
Recht thun, an welchen er Wohlgefallen Lat, denn bei 


©. Ä 207 
Set. d. Heiden, (Anwend. der Lehrev. der— —). 


ihm ift Fein Anfehen der Dear Man vgl. noch Joh. 
15, 22-2 

ach: Kenn.) 2, ı2 will ia einft Gotf teben nach der 
ihm mögl. u. con ihm erreichten Kenntniß Des Geſetzes 
richten; vol. Rom. 10, 14. — 

Matth. 7, ı muß desh. befolgt, und Joh. 3, 16; 
Kom. 14 4 beachtet werden, um die Allgemeinh. der 

' Berufung Gottes zur Sittlihf. anzuerfeinen. 


U, Praktiſche Folgerungen. 


1) Wenn Nichtchriſten vonec. nicht auszuſchließen find, 
fo Leite ung das dahin, daß wir auch M. die nicht zu 
unferm Volke und zu unferer Rel. und Kirche gehö— 
ren, lieben und fehagen, Nom. 14, # Andere zu ver— 
dammen ift unchriſtlich, Matth. 7, 1. Es würde ung 
dahin bringen ihnen die Liebe zu entziehen u. fie bare 
zu behandeln, fie zu verfolgen, ihren Umgang zu meis 
den, die Imferredung mit ihnen zu fliehen, die Dienfte 
der Sefelfchaft zu verfagen u. f. w. Glaubenszwang 
darf nicht ſtatt finden. Die Wahrh. muß bloß durch 
Ueberredung und vern. Vorftellungen denen beigebracht 
toerden, Die bisher noch ff. Andern, die nicht dag glau— 

ben und behaupten, wag wir ff. — Die Seligf, ab» 

ſprechen, bewürft nur Erbitterung und Trennung. 
Jeder muß fich Ben Undere durch Liebe mit ſich 
zu vereinigen. Denke deshelb, o Ehrift! daß eg in ie- 
der Rel. — Kirche — Sekte M. gibt, die Gott ge— 
fallen. Da Gott Undersglaubende dulder, fo perachte 
man feinen, der nicht in unferer SR. Iebt. 

2) Man freue fich und danfe Gott, daß er fo allge: 

meinguͤtig iſt, daß er auch Nichtchriſten an der Fünf: 
tigen — —. Daraus, daß Soft es den M. in alien 
Nationen mogl. machte, ihn zu farchten, und da er 
wuͤrklich unter allen Volkern feine Sreunde hat, > 
fcheint recht feine Unpartheilichfeit und f. allgem. Was 
terliebe; daß es unſern Bruͤdern wohlgehen werde, muß 

ung freuen. Nicht ein gewiſſer — kleiner Theil der 
M. find zur Ci gk. beſtimmt, fondern Alle! Welch 
ein erfreulicher Ged. ift eg, daß wir einft aus allen 
Volkern M. in dem Himmel finden werden! — Denn 
dadurch fällt der Zweifel weg: weshalb Gore nur we— 


208 ©. 
Seligk. d. H., (Anwend der Lehre 9. der ——). 


nigen die chriſtl. Rel. — — (ſ. oben), wesh er nicht 
alle gleich liebe? —— 
3) Wenn ieder, der Ehrf. vor Gott hat und gut lebt, 
lebe er in einer Nation, in welcher er wolle, habe er 
dieſe oder iene Religion; ſo halte man ſich doch ia 
nicht ſchon deshalb für gut, weil man ein Ehrift iſt. 

Man zeichne fich vielmehr durch Froͤmmigk. vor den 
Nichechriften aus, Sal. 6, 4. Nicht der beffere Glau—⸗ 
be — nicht die richtigere Rel., in der wir geb. find, 
ift e8, was ung ein Recht an d. Geligf. gibt. au 
muß um fo mehr die Tugend fihägen und üben, ie 
bejfer wir fie alg Pflicht erfennen, ie nachdxuͤcklicher 
wir dazu aufgefordert worden find, und ie mehr Bei— 
foiele wir von allen Tugenden vor ung haben. Nicht 
daran hat Sort ein MWohlaef., dag wir getauft wor— 
den find. Deshalb wird Fein Lafterh. Gottes Stra— 
fen entgehen, weil ev zu den Ehriften gebsrt, Luc. 13, 
3. Jeder frage ſich: Habe ich das alles fh — 
und immer gethban, was ich als Ehrifi weiß, 
wozu mir Gott die Mittel gab? > 

Vergl. Augufti’g neue theol. BL. ır Bi 28 Et. 

©. 62; Zollifofer’8 Warnung vor einigen Fehlern 
unfers Zeitalter. ©. 1705 Mas. f. Pred. 7 Sb. 
Nr. 3. ©. 27=41: „wie wahr es ift, daß ieder, der 
Gott fürchtee und Recht thut, auch Hoffn. zur Seligk. 
habe“ über d. Ev. am 2tin Dftert.; Teller’ 8 Mag. 
f. Pred. ır B. 18 Sk.1&,- 110 IT; er alt. 
Nr. 7. ©. 97 ff „daß man fein Volk und feine 
Mel.» Verwandte von dem Himmel ausfchließe, uber 
Ev. am 3n ©. n. Epiph. Matth. 9, 1:13; Sche⸗ 
rer’8 heil. Reden zur Belehr. und Beruh. für die 
Kinder des Lichts. Lemgo 1799. 8. Nr. 14: „ieder 
Tugendh. ohne Unterfchied des Volfs und der Kel. iſt 
Gott angenehm‘ (von Scherer ſelbſt.) Köfflers 
Predd. ze B. 2te Aufl. 1798. gr. 8. Ne. 3: „daß 
Gott allen M. den H. eröfnet habe“ am zn ©. nad) 
Epiph. über Matth. 8, 1-13; Sintenig ꝛte Poſtille, 
gr Th. ©. 193 212: „viele Nichtchriften werden einft 
felig, und viele Ehriften nicht ſelig ſeyn,“ über Rom. 
2, 23. — 


> i6 en 


S | 209 


Sigen Chriſti zur rechten Gottes. 

Sitzen (das) Chriſti zur rechten Hand des 
Vaters, Mare. 16, 19, 2te Hälfte, Eph. 
I, 20, r og 


Bl. Dr. J.G. Knappii Progr. de Chrifto ad dexteram Dei 
fedente, Halae 1787. 4. 3 Bogen, Schieusneri Lex. in 


nn. Teit...ed. Hda, T. I. p. 5455 Mori Comm, exeg. 


hif. in epit. T. U. p. 222f.; Dödertiein’s inft. Th. 
Chrift. T. II. 5. 243. p. 282 f.5 deifelben Rel.⸗Unterr. 
Xr Th. ©. 249 fi; Eckermann's Hands, der chriſtl. Gl.⸗ 


Lehre, 378. ©. 652 ff. | 


Das Sitzen Ehrifti zur rechfen Hand des Va— 
ters ift eine bildlihe — von dem Sitzen einer Perſon 
zur Nechien eines Koͤniges, und der Obrigkeiten ım 
Morgenlande enilehute Redensart, mweldes ein Bor 

zug, — eine vorgügliche Ehre, als eine Hoflichkeitser- 

weifungandeutete. Sm Morgenlande, war’g Gitie, 
daß die hoͤchſten Minifter des Koͤniges und die Mit: 
genoffen der Negierung zunaͤchſt beim Konige und daß 
der oberfte Nach des Koniges demfelben zur Rechten 
faß, wie fih auch aus IRon. 22, 19; IChron. 18, 17 
ergibt. Nun dachte man fidy Gott im Himmel als auf 
einem Throne figend, und die hoͤchſten, die ſeligſten 
Geifter als zu f. echten. Die neutefl. Schriftfieler 
borgten von diefer Sitte und von diefem Spracheebr. 
die Redensart. Jeſus Chriſtus ſitzt, nach feiner 
Entfernung von der Erde, zur Rechten des Va— 
ters, wozu Pſ. 110, ı die Veranlaſſung gab. Dieß 
heißt alfo fo viel als: | 


Jeſus Chriſtus ift zur Himmels Herrlich. 
feit u. zur Herrfchaft mie Gotr über die M., 
alfo zu einem vorzügl. Anfehen erhoben, 
vders er ift ein von Gott beftellter Regent 
feines Reichs geworden. Diefe Redensart bes 
zeichnet alfo die Erhöhung Jeſu. | 


ks heißt alfo diefelbe, wenn man Pf, 170, 1 folgt, nicht fo viel, 
als er (Jeſus Ehrifius) ifi der nächftee nah Gott, — auch nicht 


fo viel: ais er herrſcht mit Gott eigentlih, — und. 


nicht fo viel als: Er if Gottes mächtiges Werkzeug in Voll⸗ 
ziehung feines Willens. Die Gtellen Philipp. 2, 9=115 
IKor. 15, 25. 26, deuten doc) auf ganz etwas anderes, nims 


Ehriſil. Sl. Lehre f. d. Eanzelgeir, 8 Th. O 





210 ©, 
Stellverfrefung Chrif. 005% 


lich: „Jeſus Chr. genieße nicht Blog ietzt der hoͤchſten Seligk. 
und Herriiche., fondern auch, daß er noch eine von ihm ers 
richtete und nen gegründete Chriften = Gefelfchaft (als fein 
Staat) habe, und diefelbe ewig haben und dafür fprgen werte, 
welche — nach feiner Borberfegung, durdy feinen Beiftand immer 
fefier gegründet und immer mehr blühen und fiet3 wachfen 
werde. Henke lineam. p. 153; man vergl, deshalb die 
Steuen Eph. 1, 20; Ebr. 1, 35 8, 15 1Petr. 3, 22; LKor. 


15, 28. - 
Stellvertretung — 
Chriſti. 
Stellvertretende — 


Bol, oben ven Art. Genugthuung Chriſti, ar Th. ©. 28 ff.; 
(Dr. €. Tr. Bahrdts) Upplogie der Vernunft, 
Bafel (Berl) 1781. 8. ©. 64:76; 168>71;5 177°:1945 
Henfe’s lineam. Ed, 2. $. CIX. CX. ©.175:1815 deſ⸗ 
felben Mag. 2r 8. 23 St. ©. 90. „philol. Beitr. zur Erl. 
d. Redensart für andere erben“ 9, Velthufen; 
Duttenhofer’s freym. Unterff. über Pietismus u. Orthod. 
©. 216 f.;5 Döderlein’s Rel, =: Unterer. Xlr Th. ©. 2063 
226; Reinhard’s Vorleſſ. üb, d. Gl.-Lehr. ©, 401 f.; 
Edermann’s Handb. zr B. ©. 561 f. 621 ff. 


Es iſt nicht anzurathen, die Lehre des kirchl. Syſtems und ehma— 
ligen theol. Lehrbegriffs, „daß Jeſus durch fein Leiden und. 
Sterben alle Strafen ver M,, die fie ihrer vielen Sünden wes 
gen verdient hätten, an ihrer Statt erduldet, ale Gerechtigkeit 
(alles fittlich Gute), welche (weldyes) die Mi. ſelbſt hätten lei: 
ſten follen, geleiftet (gethan), Gott den vollfommenfien Gehorz 
fam fir die M. geleitet, oder dad Geſetz Gottes an ihrer 
Statt aufs genauefte erfüllt habe,fo daB den M.,fobald fie nur 
an Sefum glaubten, und fich Sefu Verdienſt zueigneten, 
alle Strafen Gottes erlaffen, ihnen alle feine guten Thaten fo, 
als ob fie folche ſelbſt verrichtet hätten, zugerechnet, fie als Ge⸗ 
rechte vor Gott angefeben und der ewigen Seligk. theilhaftig 
würden’ auf den Canzeln vorzutragen. 


Diefe Lehre gründet man ı) auf eine irrige Erkl. von 11 Kor. 5, 
15, auf die Wörter für — (fiat) alle Caller), vergl. mit 
Hefe, 13, 22 am Ende. Allein dev Ausor, für uns Heißt 
aud) etwas anderes, ald: an unferer ſtatt. umep mit dem 
Genitiv heißt fehr oft jemanden zum PBefen, 2. B. 
Joh. 6, 515 ISob. 3, 165 Col. I, 245 deögleichen: auf uns 
ferer Seite — als Freund, Beihüger, 3. E. Rom 8, 
31; 2) fie rührt aus der ihdifchen Opfertheorie her, in: 
dem man Jeſu Zod nach Pauli Mecommodstion und bild. Aus: 


a: 211 
Stellvertretung Chriſti. 


druck ) im Br. a. d. Ebraͤer als ein Opfer anſahe. Denn der opfernde, 
d. 5. Thiere ſchlachtende u.fie Gott darbringende Jude ſah das 
Opfer, welches rein und heilig war, als Stellvertretend an. 
Er legte auf daſſelbe die ihm fuͤr ſeine Suͤnden eigentlich ge— 
buͤhrenden Strafen. Er meinte, daß die Strafen auf das Opfer 
fielen, welche doch dem Opfernden gebuͤhrten. Wenn er das 
Blut des Opfers fließen ſah, dann dachte er: ietzt bin ich 
ſchuldlos, oder von Sünden fchuldfrei. Das Opfer gab ihm die 
Gewißheit, daß er Eeine buͤrgerl. Strafen zu befürchten ha⸗ 
be. Das Opferthier fehien ihn die Schuld auf fih zu neh— 
men, — Allein dieß fand nur in Hinſicht bürger!. WVergehuns 
gen ftatt. Daß auf das Opfer die Strafen Gottes, die ver 
fündigende Me hätte büßen follen, gelegt worden wären, d. 5. 
daß fich diefes die Juden fo vorgeftelt Hätten, davon ift Eeine 
Spur im a, Teft. vorhanden, wie dieß Eckermann (andb. 
der chrifil. Öt.: Lehre, zr B. ©. 575 f.) zeigt, und fich des 
halb auf 111Moſ. 16, 21 beruft. „Auch v. den Berfühnopfern 
„kann man nicht eigentlich jagen, daß die Sünden der M. auf 
„das Thier gelegt wurden; die ganze Abſicht bei dein Verſoͤhn⸗ 
opfer war, daß der Opfernde feine Sünde ertennen, fid) des 
„Todes jchuldig halten, fich vor Gott demuͤthigen, Gnade bei 
„Sott ſuchen und hoffen ſollte.“ Ueberdieß iſt auch das, was 
ſich etwa die Juden von der Uebertragung der Strafen der Ge: 
rechtigkeit Gottes von dem, den fie eigentlich zukamen, auf Ans 
dere, deögl. daß die Leiden der Frommen als übergetragen und 
verjühnend für Andere zu betrachten wären, vorgeftellt haben 
mögen, nur als iuͤdiſche Nationalvorſtellung, und als irrig ans 
zufehen. Kein vernünftiger und frommer Israelit Eonnte meis 
nen, daB das vom Hohepriefter im Namen der Nation darges 
brachte Dpfer der Gerechtigkeit Gottes genug thue, oder daß 
er zu glauben befohlen habe, daß der Tod des Opferthiers bild— 
lich belehre, wie fehr das fündigende Volk eigentiich feiner Ge: 
rechtigkeit Büßungen fihuldig wäre. Hätte das bürgerliche Se: 
nugthun, für eine ganze Nation hier wuͤrklich geleiftet, hätte es 
aud) nur ſymboliſch dargefielt werden ſollen, fo hätten unzaͤh— 
liche Dpfer — nicht ein einzeines Opfertbier, flerben muͤſſen. — 
Jeſus war Fein eigentliches Opfer. Sein Tod ſollte die Erkl. 
geben, daß durd das Chriftenthum der Opferdienfi und damit 
das ganze mofnifche Seremonialgefeyg aufgehoben und eine allges 
meine Begnadigung Gottes gegen alle Sünder wegen ihrer 
Bünden angekündigt worden fey, 


* 2 





*) Alleın ein Bild wovon ift doch nicht die Sade felbft. 
Was ih auf die Deniweife derienigen Zeit, worin das 
Shrifterthum befannt gemaht wurde, bezieht, kann doch 
nicht, als für immer gültig angenommen werden. 


212 i > | 
Stellvertretung Chriſttt 


Deshalb darf nicht ver Tod Jeſu als ſiellvertretend fir die Du 
in Ratechifeit. u. Predd. vorgeftelt werden, weil £ 


1) bie Lehre von einem fittl. Erfag, welchen ein Anderer fiatt meis 
ner bei Gott übernimmt, fo daß ich davon fittl. Vortheile has 
be, mit allen ausgemachten Begriffen von GittlichE. und Zus 
rechnung einer Handl. bei feinem guten Verhalten, fo wie mit 
der Heilige, und Gerechtige, Sottes ſtreitet, alſo keine allgem. 
Wahrh. iſt und ſeyn Eaum, 


2) Weil alle nachdenkende Kinder und Erwachfene Bei dem Staus 
ben an die Gtellvertretung Chriſti und deren Zurechnung ficher 
bei und in ihren Sünden werden; denn fie müffen, und zwar 
vollkommen gereiht denken: daß fie nicht noͤthig Haven, an ih⸗ 
zer eigenen Vervollkommnung noch viel zu arbeiten und nad) 
„eigener Tugend zu ftreben, weil in das fremde Verdienſt Ehrifti 
alle ihre Mängel an Zugend und Vollb erſetze. Lehrt man ei— 
nen Erlöfer, der alles erfegt, alles gutgemacht bat: fo verlies 
ven auch alle Ermunterungen zur Zugend und Nachahmung, 
die man noch etwa hinzuſetzt, alle ihre Kraft. Dann werven 
die ftärkfien und dringendfien Beweggründe zu eigenem uners 
inüdeten Fleiß im Guten ganz bei Seite gefegt und in Schat— 
ten gefielt. Es muß dieß nothwendig Gleichguͤltigkeit fürs 
Gute und Saumfelige, in der Bell, bewuͤrken, und den Miß— 
brauch zur Sünde bei allen Ermahnungen zur Be. nothwen⸗— 
dig bei gewöhnt. Ehrifien besränden, Die Frage it nicht: ift 
diefe Lehre an ſich u. nothwendig praktifch-fchädlich 2 fondern: 
wird fie nicht gewiß, nach der Erf., der Tugenduͤbung nadız 
theilig? und da findet man, daß letzteres zu beiaben iſt. Jeder 
wird es noch früh genug zu feyn halten, daß er in feinen letz⸗ 
ten Lebensaugenblicken fich ein freindes VBerdienft anmaße, mit 
weichem er feinen eigenen Mangel an fittl, Guͤte ergänzen zu 
koͤnnen glandt. Wie Bann fich aber der Kranke die vollkommne 
Geſundheit des Arztes anmaßen,- fie als die Ergänzung der 
feinigen anfegen — und ift und wird er wohl, falls er es 
aud) thut, dadurch gefund? Waͤre dieß nicht Elarer Unfinn ? 
ift es nicht in Anſehung der fittl, Gefundheit der Seele weni— 
ger Unfinn? ift es nicht in ſich ſelbſt widerſprechend und un⸗ 
moͤglich, das Geld, Anſehn ꝛc., welches einer von unſern 
Mitmenſchen ſich durch faure Arbeit ze, erworben hat, als fein 
eigenes anzuſehen und ſich daſſelbe zuzueigenen? „Der M. iſt 
„verderbt, und dem h. Sittengeſetze nicht von ſelbſt angemeſſen. 
„Gleichwohl, da ihn die Guüte Gottes zum Daſeyn — zum 
„Gliede feines Himmelreichs eingeladen hat, muß er ein-Mits 
„ter haben, den Mangei feiner hiezu erfordert. Tauglichk. aus 
„der Fülle feiner eigenen Heiligkeit zu erſehen. Diefes ift aber 
„der Spontaneität: zuwider, nach welcher ein ſolches Gute nicht 

. „yon einem andern, fondern von ibm ſelbſt herruͤhren muß, 
„wenn es ihm foil zugerechnet werden, Kein Anderer Tann 


5 


©, . 213 
Stellvertretung Ehrifti. 


„alſo, ſo viel die Vernunft einfieht, durch das Uebermaaß feines 
„Wohlverhaltens und durch fein Verdienft vertreten.’ Kants 
eh annerh, u Su ar bivußen Bern ©, 204 
„Die urſpruͤngl. Schuld kann nicht vor einem andern getilgt 
werden, denn fie ift Eeine transmiffible Merbindlichkeit, 
‚die etwa wie eine Geldſchuld auf einen andern übergetragen 
„werden Eann, jondern fie if die allerperfünlidfie, d. i. 
meine ſolche, die nur der Gtrafbare, nicht der Unjchuldige, er 
„mag aud) nod) fo großmuͤthig feyn, fie für ienen übernehmen 
zu wollen, tragen Kann.’ Ebenderſ., ebendaſelbſt ©. 89. 
Moraliſches Verdienfi kann nur durch eigene Anſtrengung ers 
worben u, durch fremde Schuld nicht aufgehoben werden. Die: 
morslifhe Schuld Eonnen wir allein ſelbſt uns zuziehen, und 
freindes Verdienfi oder Strafenerduldung kann fie nicht aufhe— 
ben, Ein söttl, Richter Eann die Zugend nur an ihrem Urs 
Heber belohnen und das Laſter nur an feinem Urheber beſtrafen. 
Su Ewist. Eann die von iemandem für einen andern geſche— 
bene Öerusthuung dem letztern Feinen fittl, Werth geben. „Eiz 
„we eigentliche Stellvertv, der M. durch Erduldung ihrer Stra⸗ 
fen und: durch Leiftung eines vollfommenen Gehorſams an ihr 
„rer Statt, fireitet fo fehr mit allen Begriffen von göttl. Ge⸗ 
„eechtigkeit und mit allen moralifihen Grundfägen von Ver— 
„dienſt, Schuld, und ihrer Unuͤbertragbarkeit nnd ſelbſt mit 
„der Eittenl, Tefu, daB fie philoſophiſch und theologifch nicht 
„angenommen werden kann.“ *) — „Wenn Jeſus durchaus, 
„feinen Zod als eine fieflvertretente Strafe von den Chriſten 
nhätte angefehen wiffen woilen, fo wärde er gewiß nicht nur 
„in feinen vielen Reden, von feinem bevorſtehenden Tote, als 
„Joh. 6, 13. 14. 26. 17, fondern vornemlich nach vollendez 
„tem Wert Luc. 24, 26. 46. 47 ſo gang am rechten Orte fich 
„daruͤber deutlich ausgelafien, und nicht blos gefagt haben? 
„Shriſtus mußte leiden, auferfichen und in f. Kamen Buße u. 
Vergeb. der Sünden predigen lajjen, jondern?: „ih mußte 
„leiden, um eure und der ganzen Welt Sünde 
man eurer und aller M. Statt, zu büßen; ihe 
„bättet follen am Kreuze fierben und ewig ver— 
„nichtet werden, aber ih habe ienes an eurer 
nStatt erduldet, damit euch weder dieſes noch ier 
mes treffe Nun verkuͤndiget das aller Welt.” 
„Haͤtte Sefus fo etwas gefagt, wahrlich Lucas hätte es nicht 
nausgelajfen. In Iefu Worien aber liegt das gar noch nie 
„einmal, was die Apofiel zur aysowrov zur Belehrung der 
nam Dpferdienfi noch fo fehr haͤngenden Juden und SJudenchris 
„ſten für Vergleichungen des Todes Jeſu mir den indifcgen 





R Standlin’s Dogm. und Dogmengefhihte. 2ter 2. 
©, 776, | 


214 


©. 


Stellvertretung Chriſti. 


„Opfern machten, vielweniger die ſcholaſtiſche Beſſimmung des 
„ſtellvertretenden Todes Jeſu Ehrifti, da die Ap. mit den Vor⸗ 
„ſtellungen und Ausdruͤcken davon fo ſehr abwechſeln und faz 
„sen: Sefus hat fi ſelbſt für uns geopfert, bald 
nunfere Suͤnde an feinem Leibe, bald uns Gott geopfert, 
„bald Seins ift erfchienen, taß er 'unfere Günde wegs 
„nehme, bald wir follen dag Leben eben fo für die 
„Brüder Laifen, wie er es für uns gelaſſen 
„bat.“ *) „Aeußerſt gefahrvoll ift der Wahn, daß, wenn man 
„gleich lange genug in Suͤnden und Laſtern gelebt Habe, wenn 
„man ſich nur an das Verdienſt Chriſti halte, man doch eben 
„ſo ſelig werden koͤnne, als ein anderer, der aus allen Kraͤften 
„nach Tugend geſtrebt. Das hieße Gott ſelbſt zum Befoͤrderer 
„der Suünde und Chriſtum zum Diener der Suͤnde machen.” =") 
„Wegen des Mißbr dieſer Lehre ift es Pflicht für ieden redl. 
„und gutdenkenden Chrijten, diefe Lehre, die eben fo vernunfts 
„widrig, als umbiblifch, eben fo unchriftl. als unfittlich ifi, zu 
„verbannen, und fie mit allee Macht zu bekämpfen,” ***) 
„Gott! wie ift es möglich, daß NM. haben darauf fallen Fon 
„nen, etwas fo ganz dem Weſen der Tugend und der Moͤg— 
lichkeit der Veredelung unferer Geelen widerfprechendes zu 
„iehren?! Sagte denn nicht dein heilig Wort Elar genug, 
„Rom, 2, 6. 9: Du mwiürdefi geben f., und Gal. 6, a: Ein 
nieder ff., IJoh. 3, 7. Raffer f., Ebr. 5, 9: Chrifius int ff. 
„Sollen alle die Stellen, die diefen deutlichen Ausfprüchen ent— 


‚nHgegengefegt werden, mehr Gottes Wort feyn, weil fie dunk⸗ 


„ter, over in unſern Bibeln mit größerer Schrift gedruckt find? 
„Sollten diefe nicht etwa entweder eine bald zufällige, bald abs 
„ſichtliche Veränderung erlitten haben, oder aus Unkunde itdis 
„ſcher Denk- und Sprachart mißverfianden oder unbequem übers 
„ſetzt ſeyn?“ — „GSeſetzt auch, daß ganz Schwachfinnige durch 
„dieſe Lehre von einem an ihrer Statt gutgeweſenem Öott: 


„Menſchen getröfiet würden er Schwachen fol! man in fcho: 


„nen) —: fo frage ih: ift das hier Liebe, da man offenbar, 
„ohne des Zroftes aus Irrthum nörhig zu Haben, die Schwa— 
„hen durch die herri. Lehre Sefu von Gottes PWBatergefinnung 
init der Wahrh. ſelbſi tröften Eann? Mehr moralifchen Scha— 
„den Dat wohl Feine Menſchenlehre gethan, als eben dieſe, und 
doch hangen an ihr noch fo Viele, daß man mir ohne ſonderb. 





*) A. Lit. Zeit. 1789-5 .& 3422332 
28) &, G. Ernefti Verf. e. prakt. Depand, db. Glaubens: 


Kehren. S. 110. 


1224) An ſich aber iſt wohl dieſe Lehre nicht unſittlich, 


fie wird aber zur Unſittlichkeit gemißbraucht. 
I 


S. 215 
Stellvertretung Chriſti. 


„Mitwuͤrkung Gottes mn Weglaffung biefer Lehre vom Kinters 
„Unterricht doch fchwerlicdh folgen wird.‘ *) Ich bitte noch 

die Stellen in Bende’s lineam. fıd. chr. ed. 2. p. 181: 
„nam plane — — aufert“ und in deffelben Maga: f. 
hrifil Rel,:Philof. x. 4r 8. 38 St. ©. 504:506; 
van betrachtet — — ausgeübt bat’ zu vergleichen, 

3) Die Lehre v. der Gtellvertr, Ehrifti ifiden ausdruͤckl. Stellen des 
a. und n,-Zefl. Spr. 21, 35 Ef. 1, 13:16; Hof. 6, 6: Pi. 
51, 185 Marc. 12, 335 Hefek, 18, 205 Rom, 6, Io; 1 Sop. 
3, 7 entgegen. Aus ven Stellen ILKor. 5, 21; 1%etr. 2, 
245 3, 18 und andern foigt diefe Lehre nicht; 9. der erften 
diefer Stellen |. unten ven Art. Tod Jeſu II.; in der zten 
liegt auch die Zeitidee von einem Suͤhnopfer zum Grunde; ed 
koͤnnen Ausprüde, diefer Idee gemäß, nicht für alle Zeiten und 
alle M. dienen, „Nicht ale M. haben zu allen Zeiten dieje 
„Vorſtellung gehabt, daß Gott durch ein Dpfer ausneföhnt und 
„die Strafen der Günde dadurch getilgt werden Eünnen. Dem 
„allerheiliaftien Gott war, wie ſchon aus dem a, Teſt. bekannt 
„iſt, dieſe Vorſtell. mißfaͤllig. Wenn ſich alfo die neuteft, 

Schriftſteller zu dieſer Vorſtellungsart beauemen, fo war das 
nein Huͤlfsmittel, wodurch nach Gottes Weish. ven damali⸗ 
„gen M. die Annahme der göttl. Rel. Jeſu erleichtert wer— 
„den ſollte. Denn damals glaubte faft die ganze Welt an eine 
„Sündenvergebung durd; Opfer, Konnte damals noch Feine 
„Rel. ohne Gühnopfer beftehen, und Eonnten die M. nicht ans 
„ders ruhig werden, als bei diefer Idee vom Gühnopfer: fo 
„mußte ihnen gezeigt werden, dab auch in biefer neuen Rel. 
„ein Sühnopfer zu finden fey, wenn man wolle; aber daß Gott 
„auch dadurch zugleich die unfittl. Ideen, die damit in Verbin— 
„dung fanden, aufgehoben wiffen wellte. Daher fchärfen Chris 
„ſtus und f. Ay. nebenher, vor allen Dingen die Hauptwahr: 
„beit eins ein Jeder muß dereinft Rechenſch. able: 

| „sen v. feinem Leben.“ *5) 

Schon 3. E. Dippel cin Wein und Del in d. Wunden ꝛc. — 
im Sendihr. an Brüsten, vorzüglich in den unparth, Se. 
über e. fchived. Theol. Bericht v. d. Pietifien — in d. vera 
demonftr. evang. — wo $. 86. 87. in removirenden Saͤtzen 
auch daS Beifpiel von einem Kranfen und dem Arzte fchon gez 
wählt ift — in ver VBertheidig. gegen 2 Richter, in der Wider: 
jegung Wohlgemuthes u, f. w. — f. erofueter Weg 
durh Ehrifium zu Gott. ır B. ©, 343. 614. 12315 


*) $t. E. von Rochov Beridtigungen, ıfter Verfud, 
Braunſchw. 1790. ©. 1135 ff. 


=) Neue a. beutige Bibl. XIXr 3. 28 St. ©. 517. 
513. 


216 


Stellvertretung Chriſti. 1 


— 


2r B. ©. 676. 1048 f.3 388 © 26. 54 ff.) m. Edel⸗ 
mann Gin ſ. Glaubensbek. 1746. 4. ©. 153. 250.) 
ſahen diefes ein; Ygl. U. Niem’s Chriſtus u.d. Vern. 1792. 
gr.8. ©.569. 564 f. 601 ff. Selbſt Herr Zieftrume, welcher in 
der Cenſurd. proteſt. Lehrbegr. 2r Th. dem kirchlichen 
Lehrſyſtem eine kuͤnſtl. Vorhuͤlſe leiſtet, geſteht, daß der grobe 
Begriff der Abbuͤßung durch einen dritten gar nicht fehriftz 
mäßig fey, und gibt zu, daß die chriftl. Rel. das dem M. im * 
Tode Jeſu verheißene Gute nicht als eine durch Blut bes 
wärfte Ausgleichung zwifchen den Beleidigern und dem Beleis 
digten vorſtelle. Er fchreibt im Zten Th, diefes W.: „die Stells 
versretung Chrifti muß moralifch verftanden werden. Semans 
des Stelle vertreten, heißt moralifch fo viel: ihm zur 
Betdrderung feiner Sittlichk. behülflich ſeyn, 
welches nur durch Hinwuͤrken auf Vernunft und Freiheit des 
NM. geſchehen kann. Für die Sünden der M.leiden u. 
ffierben heißt daher nur: die Vorftelung des hoben Grades 
der Verdienſtlichk. Jeſu, indem er fich für fündige u. firäfl. M. 
EN foilte einen deſto größern Eindruf machen und den 
. defto ffärker motiviren, fi zu beffern. Der 
—— kann ſich nur darum der Strafe unterziehen, um 
die Urſache aller Straͤflichkeit, d. i. die bife Denkungsart 
zu vernichten, Dieß iſt aber nur durch Anſpruch an die mos 
ralifche Anlage moͤglich. Was Eanın aber fiärker an fie fpres 
chen, ald ein Geelforger, der da fpricht: fiehe, um deiner Sünz. 
ven und des aus ihr nothwendigen Uebel willen lebe, lehre, 
leide und flerbe ih, auf daß du einfehen mögeft, wie 
fehr mir deine Befh am Herzen liege,und da id) aus 
Antrieb der Pfliht, und nach den Geheiß Gottes «der mid) 
zu meinem Gefchäft berufen hat) das thue, was ich thue, daß 
du einfeben mögefl, wie der unveränderl Wille Got— 
tes nichts als deine Heiligung und Befeligung 
wolle” — Nach Dr. Stäudlin cin d. Aby. über den 
Zweck u, d. Würk. des Todes Jeſu, e. Abh. in f. goͤtt. 
Bibl. d. neu eſt. theol. Lit. ır B. ©. 844 f. 881 f.) 
waren bie von Jeſus erduldeten Leiden Symbole der Strafen, 
welche die M. verdienen. Es wurde alfo dadurch die -firafende 
©erechtigkeit Gottes ſym bo liſch dargefielt. Die Redensart: 
Jeſus erduldete an der Stelle der M, die Stra— 
fen wm. verschaffte innen Vergeb.d. Sünden, hieße 
demnach fo viel als: Gott Hat durch diefen Tod und die damit 
Verbundenen Leiden, als dur Symbole erklärt, daß er 
der gerechte Richter alles Bhöfen fey, — J. Tr. 
Jacobi verfuchte es in der Beaniw. erneuerter Ein: 
würfe gegen die Lehre von der Nusfühnung ver Sünde durch 
einen Mittler. Zelle 1785. 8. zu zeigen, daß vie Lehre v. der 
Berfohnung der M. durch Chriſtus und deffen Etellvertr.-ihrer 
innern Beſchaffenh. noch nicht ſchaͤdl. wäre, u. nicht den M. 





©. 217 
Strafen Gottes, (mas ift Strafe?) 


zur Sünde verleite. Er zeigt, daB diefe Lehre vernunftwidrig 
wäre, wenn Zurechnen fo viel hieße, als iemanden ein Ver— 
brechen als dem eigentl. Urheber deſſewen beimeſſen, allein Zu⸗ 
rechnen hieße auch ſo viel, als: einen Dritten wegen des 
Verbrechens eines Andern als einen ſolchen behandeln, welcher 
das Verbr. felkft begangen hätte, u. einen Dritten wegen der Berz 
dienfte eines Andern fo halten und belohnen, als hätte er fi 
ſelbſt VBerdienfte erworben, Nach diefer Bedeutung würden fehr 
Vielen M. fremde Verdienſte dann mit Recht zugerechnet, wenn 
die Perfonen in einer gewiſſen Verbindung mit einander fies 
hen, — Man vergl, aber mit diefer Aeuberung A. D. Bibl. 
72r B. 18 St. ©. 36:405 „tt Kann fo wenig die fitt- 
üche — — — Heſek. 33, 11:20” in Niemeyers pop.nu. pr. 
Theol. ©. Io2. 

Berg, Steinbart’s Gluͤckſeligkeitslehre, F9. 2f. 
(Purgold) Reſult. meines mehr als zojaͤhrigen Nachd. Zte 
A. ©, 154 f.; Hende’s neues Nagaz. ff. ar. B. ı8 St. 
©. 132. #. „daß umeg ayrs 2. nicht dad Stellvertretende bez 
weifen‘ vol. ©. 145 ff.; Löfler’s Schrift. über die kirchl. 
Seuugth.⸗Lehre, Zuͤll. 1796. 8. ©. 68:72. : 

Predd. zur WiderlL und Vertilg. wichtiger prakt, 
Borurth. Frft. a M. 1790. 8. Mir. 10: „über die Mei⸗ 
nung, daß Iefus an unferer Statt Gott gehorfam gewefen fey, 

daß wir - um deswilien, auch ohme eigene Tugend gerecht und 
felig würden‘ üb. Roͤm. 5, 195 ZolliEofer’s Press. nach 
I Tode ff. IrB. ©. 142 ff.; Niemeyers Briefe an Rel.⸗ 
Lehrer, zte Samml. ©, 277.278: 


J 


Strafe 
Strafen 


Vergl.ſchriſtl. Moral f.d. Canzelgebr. in alph. O. Vten B. 
ıfte Abth. ©. 327 f.; Dr. E, Fr, Ammon's bibl. Theol. 
IeB 2te A. ©. 1a7 f.; Döderlein’s Rel.-Unterr. Th. 
V. S. 81 ff.; Xr Th. ©, 1:305 ILXr Th. ©, 64 ff.; ©. 

303-332. Staudlin’s Dogm. und Dogmengeſch. Ir B. 

S. 593ff.; Betrachtungen üb. d.eigenthuͤml. Glau— 
bensl. des Thriſtenth. ©. 216-267: „von den natuͤrl. 
und poſit. — der Suͤnde.“ Dr. Eermanns Handb.d. 
Gho⸗Lehre ar B. ©. 277 f. 288 ff. und die daſelbſt S. XXII. 
der Inh. Anz. angef. hieher schörigen Schriften, 


I. Strafe — iſt — die nach ſittl. Grundſaͤtzen noth— 
wendige Verbindung einer Einbuße an Gluͤckſeligkeit, 
oder eines Leidens mit einer vorhergehenden ſittl. Ver— 
ſchuldung (Suͤnde oder —— Sie iſt alſo die der 


Goties, Jer. 5, 35 Nahum ı, 2. 


218 ©. 
Strafen Gottes, (was? Pofitive — was?) 


Verſchuldung — nad einem reinen Nechtsverhältniß 
zukommende Vergeltung. *) Gott ftraft, heißt: er 
verbindet Mißvergnügen mit dem Kafter. 
Ueber die Natur der Strafen überh. ſ. Hriftl. Moral f.v. Can⸗ 
selgebr. Vten B. ıfle Abth. ©. 327 f. ' 


Die Strafe feßt 1) fitel. Unwerth oder eine ge- 
ſchehene Unterordnung der fittl. Vernunft ‚unter die 
Macht finnl. Begierden voraus; es gehort dazu 2) dag 
Bewußtſeyn der Unfitklichfeit, welches im Gemüthe v. 
dem mißbilligenden Urtheile der fittl. Vernunft u. der 
hieraus fließenden Selöfloerachtung, in der Sinnlichkeit 
aber von den durch die Vernunft erzeugten widrigen 
Gefühlen der Reue, Schaam, Betruͤbniß, u. Traurigf., 
fo wie des nicht felten bis zur Verzweiflung fleigenden 
Grameg begleiter if. 

In Hinfiht des erſtern erkl. M. C. Chr. Flatt die Strafe als das 

Bewußtſeyn, welches aus dem unangenehmen Gefühle felbfi vers 

fhuldeter Unwuͤrde entſteht. — - 


Nach der Heil. Schrift find Strafen alle Uebel, 
die einen Gottes Vorſchriften nicht beobachtenden M. 
treffen. | | 

Blos in der bürgerl. Verfaffung und Gefelfch. gibt 
es befondere (pofitive) Strafe:;, db. b. die 
außerordentliche — befondere, dem Betraͤgen des M. 
genau angemeffene VBerhängung von Uebeln über den 
unfittlicdy Handelnden durch den Gefeßgeber oder deſſen 
Stellvertreter, wenn gleich der Unfittliche auch bie 
natürl. Uebel, die ohne Veranſtaltung des Gefe» 
geber8 aus der Natur ieder ungefeßmäßigen Handl. 
von felbft und unausbleiblid — nad) der Natur: der 

- Dinge und des M. für den Handelnden erfolgen, als 
(natürl.) Strafen anfehen kann. Zrift nämlich dag 


*) Die Definit. „Strafe tit die unangenehme Folge einer - 
nicht mit dem Geſetz ubereinftimmenden Handl.,“ fagt zu 
wenig. Nah Dr. C. Fr. Ammon (in Rel. : Vorträgen, 
2te8 B. ©. 145 fi. iſt Strafe nicht blos das ftilfe Ur: 
theil der Verwerfung des Sünders über fih felbft, fondern 
auch die mannichf. Unfälle, die von außen ber über ihn ein: 
brechen. | 


©. .. 28 
Strafen Gottes, (gibe es pofitive — —?) 


Uebel mit dem Bewußtſeyn der Schuld bei einem M. 
zufammen: fo ift das Uebel für ihn — Strafe. 

Legt man Gott befondere (pofitive) Stra- 
fen bei, fo heißt dag: er verhängt nach feiner Negie- 
rung über die gottlofen M. auch folche Uebel, Bei 
welchen fein narürl. Zufammenhang mit ihren bofen 
Gefinnunger und Hand!. einleuchtee, die fie aber nad) 
feinem Willen als Mittel anwenden follen, fie vom 
ofen abzuhalten. Nur Fann fie nicht Gott nad) blin- 
der Willkuͤhr, ſondern vielmehr nach feiner böchften 
Weish. verhängen. — Allein bei Gott ift alles na— 
türlich und alles gefchieht nach Ordnung, d. h. er 
wuͤrkt bei allem mittelbar, alfo auch bei den Strafen. 

Gott firaft, Heißt alfo: er läßt auf Thorheit und 
Sünde dieienigen unangenehmen Solgen fich ereignen, 
welche der Natur der Sache und dem ganzen Zufam- 
menhange der Weltregierung und dem Kaufe der Welt⸗ 
begebenheiten gemaͤß, auf dieſelbe ſich ereignen muͤſſen, 
alſo weſentliche Folgen der Suͤnde ſind. Er theilt 
Laſterhaften beſondere Uebel — aber in ſo 
fern fie aus der Suͤnde ſelbſt fließen, zu. Für boͤſe M. 
ſind die Folgen der Suͤnde eigentlich Strafen d. i. 
nicht bloße Erinnerungen des Mißfallens Gottes an 
der Suͤnde, ſondern auch des Mißfallens Gottes an 
ihnen ſelbſt. Fuͤr die — nur unvorſaͤtzlich ſuͤndigenden 
Guten, ſind die Folgen der Suͤnde nur Zuͤchtigungen 
d. i. nur Erinnerungen des Mißf. Gottes an ihnen 
ſelbſt, weil ihr Wille gut und ihr Herz rein von aller 
Liebe zum Boͤſen iſt. Gott kann nie willkuͤhr— 
lich handeln, alſo nicht willk. firafen. Die 
pa widrigen Solgen der Sünde heißen uneigent» 
Ich Strafen, weil fie mit Etrafen im bürgerl. Ver— 
ftande die Kleine Achnlichfeit haben, daß fie auf die 
Sünde folgen, und die Minderung des Bofen zur Ab- 
ficht haben. 


Wenn der Sünder aber nicht durch die nafürl. Fol: 
gen der Sünde gebeffert wird, oder falls die natürl. 
Uebel der Sünde nicht als Belferungsmittel hinreichen : 
fo verhängt Gott in ienem Leben — menig- 
fiens dem ganzen Umfange des fündlichen Betragens 
nah — noch andere Uebel über ihn, (OR man 


77 
My © 


220 S. 
Strafen Gottes, (gibt es poſitive nt - 


allenfalls poſitive Strafen nennen fann),bieaberr 
auch in der Verbindung ienes Lebens eben fo noth- 
wendig und natürlich find, als die natuͤrl. Uebel 
(Strafen) in diefem Leben, — Die goͤttl. Stra- 
fen find nicht wie die Strafen der ird. Obrigkeit ein 
zelne TIhatfachen in der Sinnenwelt, fondern die Vers 
urtheilungen allgemeiner ſittl. Gefege,: unter deren. 
‚mächtige und unerbittliche Gewalt ſich ieder Frevler 
beugen muß. Sie find nothwendige Folgen der ſittl. 
Gerechtigkeit Gsttedg. — Gott ſtraft nicht, um zu 
firafen, fondern er gebraucht härtere Strafen mie 
ein Arzt andere — ftärfere Heilmittel — wenn die erfis 
verfuchten fruchtlog waren. — 

Ale Strafen Gottes find Folgen feines Mißfallens 
an den ſuͤndl. Handl. deſſen, der ſie begeht — 


Die Unterf.: gibt es poſitive Strafen 
Gottes? oder find Gottes Strafen blos 
natuͤrlich? iſt eine — nicht für Volksvor— 
traͤge geeignete — gelehrte Unterſuchung. 
Wenn ſich zwar poſitive Strafen Gottes — als Er— 
ziehungsmittel gedenken laſſen, ſo folgt daraus noch 
nicht ihre Wuͤrklichkeit. Es laͤßt ſich fein Grund: 
finden, daß ſie bloß nothwendige Aeußerungen der 
goͤttlichen — v. den uͤbrigen Eigenſchaften getrennten 
Gerechtigk. waͤren, geſetzt auch, daß kein ſittlicher 
Zweck in den vern. Geſchopfen dadurch erreicht wuͤrde. 
a folche Trennung läßt fich ohne einen wuͤrkl. Wi- 

derfpruch zwifchen Gerechtigkeit, Weish. u. Guͤte gar 
nicht gedenfen. 


Bekanntlich laͤugnen Steinbart, (in si Gluͤckſ.⸗ Rehre ©, 130 f. 
143) Eberhard, (in der Apol. des Socrates) Dr. Bahrdt, 
en d. Apol. d. Bern) Dr, €. Fr. Ammon cin d. Abh. 
„äber die pofitiven Strafen Gottes“ in Hänlein’s und 
Ammonsn. theol Journ. 4r DB. ©. 461:480) und 
And., dab es pofitive Strafen Gottes gebe. Letzterer behauptet: 
e3 gibt Eeine— allgemeine pofit. Str. Gottes.” In— 
ſofern, fchreist derfeite ©, 480, kann es — individuelle 
pofitive göttliche Strafen geben, daß Gott durch Äußere 
Mittel bei der fo verſchiedenen finnt. Empfaͤnglichk. eines ieden 
Gterblichen das Bewußtſeyn der Schuld im Günter erwedt, 1. 
zur Wiederherfichung und ‚Förderung feiner Sittlichk. in ibm 
unterhält. Diefe find dann den allg. u, nothw, Ötrafen, 
wie Mittel dem Endzweck umtergeoronet, Mon muß auch das 





—— 221 
Strafen Gottes, Natur u. Abſicht — 


Individuelle der goͤttl. Strafen mit dem Allgemeinen derſelben — 
in der vollkommenſten u, weiſeſten Verbind denken.“ „Auſ⸗ 
Aerordentliche Strafen Gottes in dieſem —— 
kannmannicht behaupten. Was dem Gottloſen fein 
„Gewiſſen als Di anzuſehen zwingt, das iſt eine ganz an⸗ 
„dere Sache. en se 
" Mül, Tlatt’ 8 Shan. f. chriſtl. Doom, a. Moral, 23 St. Tuübing. 
21797. 8..:Re. Wi.; Dr, u. Propſt Wolfrath’s Diff. de 
poenis divinis haudquaguam 'jarbitrariis, Gluͤcksſt. 1801. 8. 
6 Bogen, vg! n..a. d. Bisel,. 09: B. ©. 274 75 


II. Ratur und Ab ſicht der goͤttl. — 


1) Sie ſind unausbleiblich und unabaͤnderlich. 

2) Sie ſind der Unſittlichk. eines ieden in ſeiner ganzen 
Empfindungs- und Geſinnungsart auf's genaueſte an— 
gemeſſen. Es miſcht ſich bei Gottes Urtheilen keine 
Nachſicht und Partheilichkeit, wie bei M. ein. Die 
Strafen der HR. find ‚unvolf., die Strafen Gottes 
gerecht und weife. Die beften Bäter und Fuͤrſten hans» 
deln bei ihren Strafen wegen ihrer eingefchränften Er» 
kenntniß ungerecht, weil fie theilg die Sittlichk. der 

Vergehungen nicht immer genau durchſchauen, theile 
nicht vorher mwiffen koͤnnen, wie die Strafen zur Def 
ferung und Verhütung neuer Vergehen einzurichten 
find; Daher fie oft den Zweck verfehlen. Oft luͤgt fich 
der Boſewicht und Verfuͤhrer von der Strafe los, u. 

- der einfaͤltige Verfuͤhrte wird hingerichtet. Oft wird 
das durch ſanfte Mittel leicht zu beſſernde Kind durch 
eine unweiſe Zuͤchtigung, die fuͤr ſeinen Leib zu hart 

War, ungeſund oder zur Rachgier erboßt. Aber Gott 
erkennt die Sittlichkeit aller Handlungen nach ihrer 
kleinſten Verſchiedenheit. Genau kennt er die Mittel, 
die zur Zuͤchtigung und Beſſ. eines ieden Einzelnen 
Die wuͤrkſamſten ſind. Unmoglich kann er alſo den 
Zweck der Beſſ. bei ſeinen Beſtrafungen verfehlen. 
Nur derlenige Geſetzgeber muß einige zum Schrecken 
Anderer haͤrter, als es zu ihrer Veſſ ndshig ifi, ſtra⸗ 
fen, welchem ge an Mitteln fehle, einem ieden einzel- 
nen zu beffern. Ein Monarch, welcher Millionen re— 
sieren fol, muß aus Maͤngel de8 Vermögens auf alle 
Einzelne gleiche Aufmertſamteir zu beweiſen, oft gegen 





*) Rene 1; deutſche Bibl. 6st B 18 ©. © 28. 


222 ©. 
Strafen Gottes, (Abfihten der — —). 


Einzelne graufam Handeln und fie zum Beften des 
Ganzen aufopfern. Ein Water dagegen, der feine Kin» 
der überfehen fann, wird nie ein Kind, um den übri- 
gen fein Anfehen und feinen Ernſt fichtbarer zu mas 
chen, auf immer verderben und födten. Gott kann 
alfo nie ein einziges Gefhopf ſtaͤrker fira- 
fen, als e8 zu deffelben eigener Beſſ. no» 
thig if. Es gibt feine andere gottl. Strafen, als 
Züchtigungen zur Beff. derer, die fie erleiden, und diefe 
müffen, da Gott in der Wahl der Mittel nie irren 
fann, allemal dadurch gebeflert werden. | 
3) Die göttl. Strafen, oder alle Uebel, die auf das 
Laſter folgen, find von wohlthätiger Art. Sie follen 
das Demußtfeyn von der Unfittlichfeie deffen, der ge» 
firaft worden ift, hervorbringen und die Ausbrüche des 
böfen Willens hindern, um bei einem guten Willen — 
alfo nad) Freiheit — die fittl. Uebel zur Bell. anzu» 
wenden. Gott fraft nämlich a) nicht aus Rache, 
um feinen entbrannten Zorn gleichfam abzufühlen, oder - 
blos um das Boͤſe mit Boͤſem wieder zu vergelten; 
denn er Fann durch alle Sunden nicht beleidigt wer— 
den. Der Sünder kann Goft nicht duch f. Sünden 
fchaden oder ihm wehe thun. Beleidigen fann man 
nur denienigen, deſſen Vollk. und Giuckfeligf. man auf 
irgend eine Are zu mindern im Stande if. Die faͤllt 
bei Gott weg, alfo kann der legte Zweck. der Strafe 
nicht in ihm, fondern nur im Gefchopf ſelbſt feyn, 
Gott ift ia fein leidenfchaftliches Wefen. Jeſus bringe 
ung Matth. 5, 45; Luc. 6, 35 wuürdigere Begriffe v. 
Gott bei, desgl. Paulus und Joh, Roͤm 5,8; IJoh. 
4, 16. Strafen doch ſolche menſchl. Vaͤter, die fo 
denken, wie fie denfen follen, nicht aus Zorn u. Haß, 
nicht um ihren Muth zu fühlen, oder um wehe zu 
thun, fondern um zu beffern. Wie vielmehr muß man 
das vom AÄllgütigen glauben! Alle f. Strafen führen 
auf Erf. des gethanen Unrechts zurücd, find dem ie- 
desmaligen Grade der VBerfündigung angemeffen, Rom. 
5, 18. Gott flraft auch nie, um feine Ehre zu retten. 
Können wir wohl folche verlegen? Er firaft, um gu beffern. 
b) Er ftraft nicht aus Ehrgeitz, um fine Macht darzu— 
thun und feinen Gefegen Glanz, Anfehen und Nach- 
druck zu geben. Diefe haben an fich fihon eine eigene 


©. 223 
Strafen Gottes, (Abfiheen der — —). 


allen Menfchen in die Augen fpringende Würde. Gott 
braucht alfo nicht zu firafen, um ihre Achtung zu er- 
halten; ec) nicht aus Vergnügen an den durch 
die Strafe entfiehenden mwidrigen Empfindungen; er will 
ia aller M. Sreude u. Wohlergehen; fondern er firaft 
aus Gerechtigfeit und aug Liebe, weil es unmöglich ift, 
daß ihm das Boͤſe mohlgefalle und berrfchend bleibe, 
und weil er unfer Glück begründen will, Ebr. 12, 
5-11. Er will durd die Strafen dag fernere Bofe 
verhindern und den M. beffern. Die Strafen follen 
in dem Sünder eine lebhafte Vorſtellung v. dem hoͤch— 
ſten Mißfallen Gottes an allem Bofen, (Rom. ı, 18) 
alfo — tieffte Verehrung des Heiligften und Liebe ges 
gen das allervollfommenfte Wefen bewurfen, wodurch 
dann weiter der Eifer ihm fich mwohlgefällig zu mas 
chen, vermehrt wird. Sie follen eine lebhafte Ueber: 
zeugung von der untabdelhaften Regierung Gottes be- 
gründen, daß er ohne eigenen Nachtheil des Thäterg 
feine aufs Wohl des Ganzen abzielenden Gefege, nie 
übertreten, noch irgend einem. feiner Gefchopfe einen 
Schaden zufügen läßt. Sie follen die Ueberzeugung 
befördern, daß daß fittl.Bofe iederzeit würflicheg Uebel 
zur Solge habe. Diefe Ueberz. fol die mächtige Selbft- 
liebe erregen, dem DBofen, als ein flarfer Damm, fich 
entgegen zu feßen. Die Strafen follen den noch der 
Sünde Ergebenen erfchrecfen, den auf der Nückkehr 
zum Guten Begriffenen in feinem Vorſatze ftärfen, den 
wuͤrklich Gebeffertem ſtandhaft machen und: weniger 
fhuldlofe Menfchen warnen. Jede Ausübung der 
göttl. Gerechtigf. ift eine heilfame d.h. das Beſte deſ— 
fen, den fie treffen, befördernde Zucht, Bf. 118, 
21; 119, 6. 7. 71; US&Sam. 22, 36. — d) Gott 
firaft, um auch Andern dadurch ein warnendes Beifpiel 
zu geben, um fich vor der Sünde zu hüten, oder fich 
nicht ähnlicher Vergehungen fchuldig zu machen, weil, 
ohne eigenen Nachtheil des Fehienden, Gottes Gefege 
nie ubertreten werden koͤnnen; fie follen dadurch zur 
tiefen Berehrung des heiligften Wefeng und zum ernftl. 
DBeftreben, ſich demfelben wohlgefälig zu machen, er: 
munfert werden. Nur muß man nicht denfen, daß 
Strafbeifpiele Bedürfniffe für die Ruhe und Sicher: 
heit des Ganzen gewähren, da der Allmächtige folcher - 


224 ©. 
Strafen Gottes, (Zweckmaͤßigk. RER 


Nothbehelfe zur Erhaltung der Ordnung nicht noͤthig 
hat. — Wenn M. flrafen, fo iſt ihr Zweck, den Bes 
firaften zu beffern, ein edler und mürdiger Zweck. Wie 
fönnten wir denn Gott einen minder volfommmeren 
zufchreiben? Aug der Erfahrung und dem Eraft, wie 
Gott die ſittl. Wohlfahrt des Unfittlichen fücht, 5-2. 
Luc. 15, erhellt e8 ebenfals. 


Vergl. Zollifofer’s Predigten, nad f. | Tode ff. VIlr Th. Anh. 
Nr3.8 


Falls auch die goͤttl. Strafen nicht — beſſern, 
ſo kann man deshalb nicht ſagen, daß Gott die Stra- 
fen nicht weife angeordnet babe. Denn man muf als 
kein da, 10 Wegen des freien Betragens der M. die 
nächfte Abficht Gottes nicht erreicht wird, glauben, daß 
Gott, welcher dieß vorhergefehen und zugelaffen. hat, 
feldft Hierdurch andere höhere Zwecke zu erreichen bes 
fhloffen habe. Iſt denn die Beſſ. des Geftraften der 
einzige nächfte Zweck der Strafe? Es kann auch die 
Gute Gottes damit, daß Gott ein vernünftiges Ge⸗ 
ſchoͤpf zu einer Strafe verdammt, die nicht für daſſel⸗ 
be, ſondern nur für Andere Nutzen hat, beitcehen! Senn 
e8 wird die Strafe nicht unverdient und nicht dem 
Betragen unangeneffen feyn, fo wie aud) Gott nicht 
blos Strafen, ſondern auch andere Mittel anwendet, 
den Suͤnder zu beſſern. Man kann doch nicht bewei⸗— 
fen, daß die Strafen, flatt die Beſſ. zu befördern, die— 
felbe hinderten und folche unmöglich machten. Die 
Schuld der unterbliebenen Beſſ. faͤllt auf den Geftraf- 

ten ſelbſt. Wer kann den Sünder von der Strafe 

- frei forechen, gefeßt — daß er ſich nicht durch die 
Strafe beffern laffen will 

4) Dan fage nicht, daß hi Strafen Gottes ungerecht 
wären, weil die Anlagen manches Menfchen und feine 
natürl. Veſchaffenheit nicht ſittl. gut zu werden vers 
ftatten, oder, daß ein Boͤſewicht unter andern Umftan- 
den nicht ein Böfewicht geworden feyn würde. Nur 
Uebermacht der Sinnlichkeit und Verblendung, fönnen 
die freiheit hindern, aber beide fonnen gefchwächt und 
aufgehoben werden, fo daß der Entfchluß zur Sittlich— 
feit aus der ungehemmten freien Willenskraft v. ſelbſt 


hervorgeht. 
5) Die 


©. 225 
Strafen Gottes, Natur u. Abfichten der — —). 


5) Die befonderen Strafen Gottes hoͤren dann gewiß 
auf, fo bald ihr Zweck, die Beſſerung des Sunders, ers 
reicht ift, denn Gott ſtraft nicht um zu flrafen. Wenn 
der Gebefferte noch unter den notürl. Folgen ferner 
Pergehungen leider: fo ift das Feine Strafe mehr, 
denn der qualende Gedanke: „dir verdienft dieſes Leis 
den auch ietzt noch“ findet dann nicht mehr ftatk. 
Kraͤnkt ihn zwar die Bekuͤmmerniß über feine Fehler 
u. deren Folgen, fo verliert fi) doch bei groͤßern Fort— 
ſchritten im Guten und beim Bewußtſeyn des Zus 
gendeifers auch zuleßt Diefe Kranfung. Der Anblick 
eines Herzens, welches fich nach der Strafe reiner — 
fefter — feliger weiß, tilgt alles Schmerzhafte in dem 
unzerftörbaren "Andenken an die traurigen. Folgen ver 
Sünde aus, und der Gefundgewordene preißt gerührt 
den Arzt, deffen gewaltfanere Kur ibn vom Untergang 
geretter hat. Ohne daß die ganze Natur des M. ums 
gekehrt wird, (und dag wird Gott nicht thun) müffen 
die Strafen auf des M. Gefinnungen und Handlun— 
gen würfen, und ihn — wenn auch erſt in senem Les 
ben — ganz gewiß beffern. 
6) Zwar wird hier nicht alles Bofe beftraft, aber erft 
iene Welt ift der rechte Schauplag einer volfommnen 
und gerechten Beffrafung. Denn erft wird recht ſicht— 
bar werden Gottes Gerechtigfeit, wenn unfer ganzer 
Zuſtand die Folge von den vorhergehenden guten oder 
— an und Handl. feyn wırd, Rom. 2, 
5s12. und 16; 1Shefl. 1, 10; II Theſſ. 1, 4: 12. 
Rel.⸗Lehrer muͤſſen den Einwurf, Gott firaft gar nicht, weil er nicht 
beleidigt, nicht in f. Ehre u. Gluͤckſeligk. gefränft werden kann, 
dadurch entEräften, daB ſie ſagen: In feinem Weſen Eann freiz 
lich Gott nicht beleidigt werden, aber — in ſ. Gefchöpfen und 
Menſchen. Ueberireten wir feine Geſetze: fo ſtoͤren wir — ge⸗ 
... gen feine Abfihe — die Ordnung und Ruhe f. Reichs u. brinz 
gen Eiend und Sammer in daifelde. Nimmermehr kann Gott — 
dem Vater der M. eine foldie BVereiteiung ſ. wohlthaͤtigen 
Abſichten gleichgültig feyr. Offenbar wird er diefe Vereitelun— 
gen hindern muͤſſen. Wie kann er das anders «ld durch ges 
rechte Strafen! 
3u den ee der befondern uns natuͤrl. Strafen Go!tes 
find ima, Teſt. die ſchrecklichſten u, Furcht: erregen de Ausdruͤcke, 
welche die Sprache nur hergeben kann, gewaͤhlt, z. B. Zorn, 
Grimm, Fenereiſer, Ungnade, auch wählt es dazu ſchreckliche 
Chriſtl. SL. Lehref. d. Canzelgebr. 3Th. P 


226 i ee ..: | 
Strafen Gottes, (praft. Folgerungen; Tandplagen.) 
Bilder, (vgl, Ereget. Handb. d. dogm. Beweißfiellen, 
2ten Ih. ıfle Abth. ©. 164 f. vorzuͤgl. S. 167. Anm); viele 
find nicht im eigentl, Sinn zu verfiehen.  Diefe Ausdruͤcke 
wollen ſo viel ſagen, als: Gott ſtraft, da er das Boͤſe verab⸗ 
ſcheuet, das Boͤſe ernſtlich und nachdruͤcklich — Die Ums. 
ſchreibung der Ausdruͤcke: Strafen Gottes und Gott 
ſtraft find nicht zu tadeln, ſ. Eckermann a. a. O. 

5. 206% | 
Bol. Dr. CE. Fr. Ammon deifil. Rel.:Bortr, 28 Baͤndch. Erl. 
1793. 8. Ver. 7. ©, 1452160: „über die Natur der göttl, 
Strafen‘ nad) Hiob 5, 326. | 


II, Praftifhe Folgerungen. | 5 


ı) Man halte nicht alles gleih für Strafe 
Gottes, was es nicht if. Man nenne nicht als 
les, was ſchmerzhafte Empfindungen dem M. macht, 
Strafen, ohne dabei die Perfonen, welche biefelbe er- 
leiden und die Urfachen, meshalb fie ihnen zu Theile 
werden, zu unterfcheiden. Veraͤrmung, Berluft, üble 
Begegnungen, Krankheiten und alle Leiden ohne Un» 
ferfchied halt man inggemein für Strafen Gotteg, mo» 
‚gen fie betreffen, welchen, und herrühren, wober 
fie wollen. Insbeſondere rechnet man bie Ungluͤcks⸗ 
faͤlle ohne Ausnahme dahin, die auffallend find u. 
ein großes, über ein ganzes Land oder eine gewiffe 
Gegend fich verbreitendeg, Elend zur Zolge haben, 
oder aus ungewöhnlichen Naturwuͤrkungen entitehen, 
E. Feuersbränfte durch den Blitz veranlaßt, Waffere 
Authen, Mißwachs, Erdbeben, verwuͤſtende Kriege, an- 
‚» fteefende Seuchen, kurz Uebel, die ein ganzes Land 
treffen, die man daher Tandplagen nennt, und 
für Strafen oder Strafgerichte Gottes hält; 
dieß ift unrichtig. Da Strafe doch durchaus ein em— 
pfindliches Naturuͤbel um vorhergegangener vorfägli- 
cher Sünden willen, oder Folge berfelben ift: fo muß 
fie blos den £reffen, welcher fie durch Sünden verdient, 
oder fich zugezogen hat. Nur für böfe M. find Uebel 
Strafen Gottes. Es wäre alfo ein ungerechfe8 Ur- 
theil uber ein ganzes Land, wenn die Unglücksfälle 
defielben Strafen Gottes für daffelbe wären. Bei den 
Strafen, welhe Vergehungen vorausfegen, muß man 
auch beſtimmt wiffen, wofur man geflraft wird. Go 


| ©. 227 
Strafen Gottes, (Lanbdpl. find fie Str. Gottes?) 


ift e8 fchon bei den Menſchen. Es ſtraft feine meife 
Dbrigkeit den Untertban — fein vernünftiger Bater 
das Kind anders als dann, menn beide fich fagen 
müffen: das habe ich damit verdient. Wie Fonnte der 
Allgerechte alſo durch allgem. Naturuͤbel auch die Ein« 
zelnen züchtigen wollen, die nicht wiffen, daß fie ſich 
eigentlich vergangen haben?! Es hieße alle Einwohe 
ner des Landes, die durch die Uebel leiden, als bofe 
M. verurtheilen und dag märe ungereht. Es kann 
auch Gott nicht genug feyn, daß die dadurch ſehr 
Mitleidenden daͤchten: ich muß mich doch einmal fehr 
vergangen haben, weil mich dieſes Iinglück betrifft. Es 
ift vielleicht dafür, oder auch a oder für etwas, 
. was ich fchon vergeffen habe. n folches Verfahren 
wäre ungerecht. Die alle. “rer find auch nad) 
der Erfahrung nicht allemal Beſſerungsmittel. Die 
boͤſeſten M. wiſſen theils zur Zeit der Noth u. des 
Ungluͤcks ſich oft durch die ſchaͤndlichſten Mittel das 
Ungluͤck Anderer zum Vortheil zu machen, indeß der 
Mechtfchaffne, der fich Feine unerlaubte Erwerbungs— 
mittel geſtattet, am meiften leidet, und von den ofen 
nach ihrer frechen Bosh. beraubt wird. Häufig ente 
ftehen $. DB. im Kriege Dauber- und Mordbrenners 
banden. Da Gott nicht mündlich zu den M. redet, 
fo wird der Günder nicht zur Erf. deffen fommen, 
wofür er leiden und was er ablegen fol. Ueberdieß 
erftrecft fi Gottes Machtregierung nicht über 
die Anwendung, fondern blog über die Erhaltung der 
Kräfte freier Wefen. Wäre ieneg, fo hörte alle Sitt— 
lichkeit menfchlicher Handlungen auf. Das a. „zeit. 
oder die mofaifche Neligion lehrt zwar im den Zeiten 
der rohern Israeliten, daß Unglücksfäle, Landplagen ꝛc. 
Gerichte, Zuchtigungen, Zuchtmittel Gottes wären; als 
lin Chriſtus lehrte ganz anders —— ) Es 
liege bei ienen Ausdr. auch immer der Ged. z. Gruns- 
de, daß Gott bei Zulaffung aller Uebel — 
der Beſſ. der M. beabſichte. Die Vorſtellung: Gehor— 
ham: wird mit ivd, Gütern belohnt, Ungeborfam aber 
2 
=) Swilgen ienen — und — Zeiten iſt ein großer Une 
texfchied. 


228 | ©. 
— Gottes, (ob Landpl. Strafen — ſind?) 


mit Entziehung derſelben durch Mißwachs ꝛc. beſtraft, 
war eine Zeitvorſtellung, in welcher nur die Wahrh. 
zum Grunde liest, daß der Gehorſam gegen Gott al⸗ 
lein zur wahren Gluͤckſeligk. — Ungehorfam aber zum 
Verderben und Elend führe. Wir M. Fonnen- freilich 
wohl die Naturuͤbel auf fittliche Zwecke beziehen, der 
Sünder fann fie fih zu Strafen Östtes machen, in- 
dem er fich vorwerfen muß: mein Verhalten bat fie 
verſchuldet. Ihm werden fie auch fehmwerer, alg dem, 
der ſich Feines Boͤſen bewußt iſt, und in ſo fern ſind 
ſie fuͤr ihn Strafen. Jene ſogenannte Landpla— 
gen erfolgen ia aus natuͤrl. Urſachen, ſie ſind allge— 
meine nothwendige Folgen der Geſetze der Koͤrperwelt, 
die freilich unter der weiſen Leitung Gottes ſtehen. 
Aber nicht alles Ungewoͤhnliche iſt Verderben, z. B. 
ein langer — ſtrenger Winter — viel Schnee iſt nicht 
zur Strafe und Verwuͤſtung uͤber die Erde gekommen. 
* allen gilt Matth. 5, 45, nicht — daß Gott, wie 
ehedem ducch die Propheten, fie als Strafen drohen 
tieß. Sm Ganzen müäffen fie, weil Gott die Liebe felbft 
ift — mehr Gutes — mehr Wohlthätigeg fliften als 
fchaden. Gottes Güte ift nicht an die Zeit gebunden. 
Können wir das Ganze überfehen? Gott wird — da 
fhon ein Vater für feine Kinder forget — gewiß für 
die Zuk. forgen. Er ſieht auf's Ganze. — Gott will 
nicht alles dag, mas von M. Bofes gefchieht, haben, 
billige nicht alle Folgen aus einer Sache; er läßt vie- 
les aus weiſen Abfichten zu, weil es im Ganzen beffer 
ift, al8 wenn e8 nicht gefchehen wäre. Gott müßte, 
wenn er fogleich der Noth abhelfen wollte, ſtets Wun— 
der thun. Er thut eg mittelbar. Durch Noth macht 
er uns auf die Schaͤtzung des Wohlthaͤtigen aufmerk— 
ſam, was wir zu einer andern Zeit hatten oder genoſ— 
ſen haben, oder er erweckt dadurch zur Menſchenliebe. 
Man laſſe deshalb ia den Gedanken fahren, daß Gott 
in Gemittern, Ueberſchwemmungen, Hagelwettern, Erd- 
beben ſtrafe. Mean erlaube fich über ganze Laͤnder, 
Gegenden, Stadte, Dorfer und über jeden einzelnen 
Einwohner bderfelben ia nicht dag ungerechte Urtheil: 
dag fie Diefe Kriegesuͤbel, dieſen Mißwachs, dieſen 
Brand ꝛc. durch ihre Suͤnden verdient haͤtten. Beides 
entehrt Gott und macht ung recht lieblos — unbarm— 


\ 


— S | 229 
Strafen Öottes, (praft, Tolgerungen.) 


herzig — unmenfchlich. Heißt das nicht gleich ver- 
danımen, welches doch Matth.7,ı 20.2 Werden dann 
die Berfchonten den fo Geſtraften nit iede Wohl: 
that — ieden Dienſt verfagen? Dann greift man in 
Gottes Rechte. Wie darf man fich deshalb, weil man 
verfehont worden iff, für frommer und beffer halten? 
Mas der Allliebende thut, ift gu aller Beſten. — 
Waͤre alles lichel in der Welt Strafe Gottes, fo ma- 
chen wir ia Gott zum ungerechten Richter, der blind» 
hin Unfchuldige wie die Schuldigen behandelte, IMof. 
18, 20. Uebte er Zorn und Rache, fo märe er wie 
ein wuͤthender Menfch. Dieß beißt auch Gott entehren. 
Wer darf das? 
Berge. Hriftl. Moral f. d Canzelgebr. in 
alyh: D. ar 2..6©.94-97. - 
©. „ob e8 rathſam fen, daß ein Pred. in feinen oͤf— 
fentlichen Vortraͤgen den Krieg und andere Landplagen, 
als Strafen Gottes vorſtelle?“ von J. PB. 8 Snell, 
in Scherer’S allg. homil. u. liturg. Archiv, 
ır ©. ıfe Abtheil. N. b. (nicht richtig beant« 
wortet). 
2) Man glaube nicht, daß Gottes Strafen 
leere Drohungen waͤren, oder daß Gott ung 
nicht finden Fonne. Denn Gott ift nicht mit fich felbft 
uneins. Geine Gefege find heilig und gerecht: Auf die 
Befolgung derfelben muß gehalten werden. Sie find 
verbindend, In den Stücken, worinnen man nad) Be— 
lieben bandein kann, darüber bat man Fein Gefes. 
Aber ꝛc. Alfo wenn Gott nicht auf feine Gefeße hiel— 
‘te, fo müßte man annehmen, daß fie unweiſe Geſetze 
wären. Allein dag find fie nicht — dag koͤnnen fie 
nicht ſeyn, da Soft nicht irren, fich nicht in feinen 
Einfihten ändern und alfo nichts anordnen kann, was 
er nachher ans Schwäche, Ohnmacht oder Guͤte wieder 
abändern müßte. Es laͤßt fi alfo nicht denken, wie 
Gottes Drohungen wicht vollzogen werden würden. Da 
Gott wahrhaftig if, fo iſt die Fruchtloſigkeit ver 
gedrohten Strafen Gottes nicht glaublih, IV Moſ. 
23, 19; Ebr. 6, 18; Matth. 24, 35. Unmoͤglich if 
Gott fo ſchwach und unweiſe guͤtig (wäre er dadurch 
nicht grauſam?), daß er fich nicht zur VBollgiehung der 
Strafen entfchließen fönnte. Welch ein chorichter Fuͤrſt 


230 ©. en 
Strafen Gottes, (prakt. Folgerungen) = 


waͤre der, welcher es nicht feinem Herzen su Leide thaͤ⸗ 
fe, ein über Straßenraͤuber und Morder gefaͤlltes To— 
desurtheil zu unterzeichnen, oder Aufrührer zu einer 
lebengwierigen Gefangenfchaft zu verurtheilen, und 
fie. ındeffen ungeahndert feine ruhigen und guten Unter> 
thanen berauben, mißhandeln und morden ließe! Gott 
bat auch nicht zu viel gedrohet, um deſto ſicherer 
wird er alſo auch die angekuͤndigten Uebel verhaͤngen. 
Deshalb enthalte man ſich auch der fo haufig im all- 
tägl. Leben vorfommenden Nedensart: „Gott firafe 
mich!” Seine Hand ift nicht verkürzt! 

3) Man glaubenicht, daß man Gottes Stra- 
fen entgeben, oder ihre Aufhebung bewiür- 
fen koͤnne und daß uns Abbitte und Rene ſchon 
gut mache. Jeſu Tod kann ung nicht ungeſtraft fün- 
digen laffen. Gottes Gefege find, wie er felbft, unver: 
anderlich. Zwifchen Handlungen und Solgen ift ia 
auch eine unaufiogliche Verbindung, Nom. 2, 6. Nach 
der Erfahrung vermag auch felbft die ernfllichte Beſſ. 
nicht das Gefchehene aufzuheben und die Folgen da» 
von ganz zu tilgen. Sie verhuͤtet den meitern Forts 
gang des Unglück, beruhigt nicht wegen des Vergan— 
genen, aber einmal verwuͤrkte Strafen aufzuheben kaun 
fie nicht. Man bindert durch iene irrige Vorfielung 
am flarkften die Befferung. Sie erleichtert fogar das 
Sündigen. Glaube man die göftl. Gerechtigkeit auf- 
halten zu Fonnen, fo lebt man ficher bei allen Laſtern. 
Glaubt mans Gote ift fehr barmherzig, er wird mid) 
nicht firafen, ich fündige, wie viel ich will, fo iſt man 
zu allem Bojen faͤhig. Glaubt man aber, daß unaug- 
bleiblich alle Vergehungen ihrer Natur nach nothiwen- 

dig fihaden, daß wir durch Bel. und Tugend aber 
uns ff. und daß nur der Gebefferte der Beruhigungen 
der Rel. und der Erloͤſung Sefu fabig ift: ſo kann 
man ſich beſſern und fromm leben. 

„Du darfſt nicht denken, ob du ſchon den großen 
„Namen haſt, daß du ein Chriſt oder Gottes Sohn 
„heißeſt, Daß er darum dein werde ſchonen, wenn du 
„ungehorfam Tebft, und meineft: es ſey nun genug, 

„daß du dich ſolches Namens ruͤhmeſt. Die Welt rich» 
tee wohl nach der Perſon, daß fie nicht alle gleich 
„ferafet und fchonet derer, die da fremd, reich, ſchön, 


er 2 
Strafen Gottes, (Anwend der Lehre von den). 


„gelehrt, weife und gewaltig find: aber Gott ſieht der 
„reines an; es gilt ihm alles gleich, die Perſon A 
„fo groß, wie fie wolle. Das hat vor Zeiten die JS 

„den auch betrogen, die fih rühmfen, daß fie Abra⸗ 
„bamg zn (Rachfommen) und Gottes Volk waͤ⸗ 
„ren.* 

a) Man entgebe dadurch den goͤttl. Strafen 
u. den Uebeln, die uns treffen koͤnnen, daß 
man Thorheiten u. Suͤnden vermeide,daß man 
fi täglich beffere, und nmiehr fich im Guten übe. Der 
M. Fann ia genau das Maaf der fittl. Verſchuldung 
und dag Maaf der natürl. Strafe in ihrem Verhaͤlt— 
niß gegen einander einfehen. 

5) Man wende die ung treffenden Strafenzu 
feinem Beften an, und zwar dadurch), daß man 
a) erfenne, daß man fie verdient habe; b)daß man fie 
mit ruhiger Gottslinterwerfung erdulde; c) daß man 
die ung betroffene Strafe dazu anwende, um Fünftig 
die Sünde defto forgfältiger zu vermeiden und dag 
Gute deſto williger und ernftlicher su thun. 

6) Man urrheile über einen Mitmenſchen, welchen 
man geſtraft ſieht, nicht lieblos, oder nenne ihn 
nicht einen großen Sünder Die ift uns 
chriftlih — lieblog; Luc. 13, 1-5. Da die Befira- 
fungen nur nach dem vflichtlofen n Verhalten degienigen er⸗ 
folgen, der geſuͤndigt hat: ſo kann in einzelnen Faͤllen 
Niemand beſtimmt daruͤber urtheilen: ob das Ungluͤck 
eines Leidenden, (und eben fo das Wohlſeyn eines 
Gluͤcklichen) Strafe (oder Belohnung) fey, als Gott 
ſelbſt und der v. ihm Beſtrafte (und Belohnte). - Wir 
müffen alfo in den Urtheilen. uber AnDert aͤußerſt vor— 
fihtig feyn; Joh. 9, 1; IITim. 3, 12. Man muß es 
der Weish. und Güte Gottes anheim helien, warum 
oft dieſes Außere Nebel eintritt? warum e8 diefen 
und feinen andern trifft? weshalb es fo und nicht an- 
ders, ick und zu Feiner andern Zeit erfolgt? 

Vergl. Heym’s Samml. v. Predd. f. Landl. über 
d. Ev. ©. 612- -631: „vom rechten Gebr. der Strafge: 
richte, die fo won! ung alg Andere betreffen” über Ev. 
| Xten S. nach Sn, Zollikofer's Warnung vor den 





“) Luther. 


432. 3° | ©. 
Sünde, (was?) 


Sehlern — Zeitalters. ©. 228 ff; Mas. f. ran: 
ir D. Nr. 7. ©. 56:65: Die Stärke und der Eifer 
Gottes ın En Beftrafung der Sünder alg ame 
Stuͤcke ſ. Liebe 22; Witting’s Handb. ar ©. 
Th. üb. Ep. am Feſte Epiph. ©. 190 f.; Eu: 
mann’s Gottesverehr. ate Samnıl. F 50. ©. 151⸗ 
162: „von Gottes Strafen; J. W. G. rs 
Auszuͤge aus f. Dredd. uͤb. d. Ev. er Fahıg. © . 242° 
246 am ıoten ©. n. Tr. „über gew. irrige Borftell. 
v. den gettl. Strafen u. ihrer Erlaffung;“ Weft- 
pfals Predd. üb. die Evang. ar B. ©. 255-270; 
ne Verderben un. die Strafgerichte der — kann 
kein fortſuͤndigender M. von ſich abhalten;“ J. C. €. 
Schmidt’s Predd. 1797. Nr. 7: * d. en d. 
Sünde im zuf. Leben;/ Gebhard’g Predd. über d. 
ganzen Umf. d. Rel. or © > 173:178;5 „die Lehre 
ben göttl. Strafen; T. C. Piper’s Pred. ar. 
ee 1794. Ulihe Ach: sr „d. d. gerechten seitlichen 
Strafen, die Gott über bie Sünder — ;“Wag⸗ 
niß Rel.-Lehre in Beiſp. Th. I ©. -58: „ots 
* des — Strafen;“ ebend. —J XXXVIII. 
er 25T 
S. M. J. A. Weife fchriftmäßige Gedanken von 
den göttl. Strafgerichten, Gera 1783. 8 — — 


Sunde (die) 15506. 3, 2% und 9. 


Vergl. hriftl. Moral f.v. Canzelgebr. in a Ordn. Vten ®. 
Ifte Horb, ©. 33523795 Döpderlein’s inf. Th. chr, 
T. 12.:p..4» 99 Sa. $. 177, 1925 -Deflelben Rel, z Unterr. 
h. IX. ©, 245: 305, 

Hier ift nur von dem die Rede, was tiber diefen Art, mehr auf 
Ölsubenölchre — bat.) 


I. Sie ift iede freie Sefinnung und Neigung und iede 
Handlung, die dem Geſetze (ſey es nun durch die Ver— 
nunft oder Offenb. erfanıt) zuwider — und zweckwi— 
drig iſt. Sie iſt iede Zweckwidrigk. — iede uͤeberire 
tung der Vorſchriften des Gewiſſens und alles deſſen, 
mas das gemeine Wohl der M—heit verhindert, oder 
demfelben fchadet. Die b. Schrift nennt fie dag Un- 
recht — das Uebel — das Boͤſe oder auch die Ueber— 
tretung des goͤttl. Geſetzes — Ungehorſam ꝛc. Das 


J 


S. 233 
Suͤnde (was zur — gehoͤrt, Entſtehen derſelben.) 


Suͤndigen nennt fie Unrechtthun, Uebelthun — 
Boͤſes thun; Nom. 5, 13; Epheſ. 2,1; 1Joh. 
Sie nennt Sünde such eine Abirrung vom an iin 
Abweichung vom Zweck und Iingerechtigfeit, Sob. 3, 
19; desgl. boͤſe Werfe und Sinfterniß, d. h. böfe 
Werke und VBerblendung. Zur eigentl. Sünde gehört 
ed, 1) daß berienige, fo fie begeht, eine Kenntniß des 
goͤttl. oder menſchl Gefeges babe. Jeder Suͤnder 
muß den vollen Gebrauch feines Verſtandes haben, um 
als folcher 2c.; 2) daß man fich verpflichtet hielt und 
Gelegenheit hatte, das Gefes zu erfüllen, und es doch 
nicht gethban Hat; 3) der M. muß vollig frei wollen 
und handeln, alſo das Boͤſe würflich vermeiden koͤn— 
nen. Die Sünde wird freilich durch die Sinnlich— 
feit und ben überwiegenden Hang zu derfelben, d. h. 
Durch die herrfchende Neigung des M. zu allem, was 
den Sinnen fchmeichelt u. ihnen Vergnügen verfpricht, 
indem fie alle Reise verfücht und Gewalt braucht, ver- 
anlaßt, (Sac. 1, 14. 15. d. i. wenn die durch die Luſt 
hervorgebrachte Begierde ſtark — uͤberwiegend wird, 
bringt ſie die Suͤnde hervor): allein es iſt dann, wenn 
die Macht der Empfindungen u. die Gewalt der Triebe 
oder Begierden ſo groß und hinreißend iſt, daß ſie den 
Willen zu, ihren Forderungen gemaͤßen, Entſchluͤſſen 
noͤthigen, die Frage: ob man nicht dieſe uͤberwiegende 
Sinnlichk. und Begierden durch eigene Schuld und 
Nachlaͤßigk. erworben ‚habe. Wird iemand aber durch 
einen folchen aͤußern Zwang, welcher unwiderſtehlich 
iſt, zum Boſen genoͤthigt: fo hat er eigentl. nicht ge= 
ſuͤndigt. Vollzieht iemand eine ungerechte Handlung 
auf das Anfinnen eine mächtigen und lafterhaften 
Vorgeſetzten: fo iſt der Zwang nicht unmiderftehlich. 
Er brauchte nur fich zu mwiderfeßen, und das Anfin- 
nen zu verweigern, er durfte e8 nur Darauf wagen, die 
Gunſt des Mächtigen durch fein rechtfchaffenes Wider: 
fireben zu verlieren und fih den Folgen feines gereiz- 
‚ten Zorns auszuſetzen. Entſchloß er aber aus Men— 
ſchengefaͤlligkeit oder aus M—furcht ſich anders, ſo 
handelte er nach freier Wahl, nach eigenen Vorſtellun— 
gen von. Rechtſchaffenheit und ird. Vortheilen und 
darf ſich nicht mit einem unwiderſtehlichen Zwang ent⸗ 
ſchuldigen. | 


234 | | ©. 


Sünde, (mworin hat die — ihren Grund?) 


Haͤngt man einer Sünde nach, fo entſteht daraus 
eine Fertigkeit darin, und fie wird zum Lafter. 


1 Worin hat die Sünde überhaupt —— 


Grund? 
Sie kam in die Welt durch den Mißbrauch der — 
mit. dem Gebrauche der Vernunft verbundenen Frei— 
heit. Diefer Mi ßbrauch wird veranlaßt theils durch 
Taͤuſchung, daß man eine Sache für aut hält, die boͤſe 
ift, und umgekehrt; theils durch den zu angenehmen 
Meig der Siunlichk. ‚ dem man nicht gern widerfteben 
wild. Da der M. fo vieler Täufchung ausgeſetzt iſt, 
fo. vielfältig fich felbit vergißt, und dag Vergnügen 
nad) .f. Sinnlichkeit fo ſehr liebt: fo ift es natürlich, 
daß er fündige. Wenn gleich aber der M. feiner Na— 
tur nach fündige: fo ift der Schöpfer dennoch deshalb 
nicht anzuflasen, da fich feine Macht nicht weiter 
als über mögliche und  fchickliche Dinge erſtreckt, f. 
unten. 


ı) Die Sünde hat nicht ihren Grund in einem ange- 


bornen Hange zum Bofen, —f. unten Berborben- 
heit — fondern 


2) in der nothwendigen Einfchränfung des — 


und Endlichkeit feiner übrigen Kräfte, welche Einrich⸗ 
End auch’ an ſich untadelhaft ift. Der Werftand des 
M. iſt offenbar zur Erf. der Wahrh. erfchaffen, er 
liebt und ſucht fie, er firebt den Irrth. zu verbeffern, 
fo bald er ihn gewahr wird. Gein Wille ift auch 
nicht zur Wahl des Boͤſen, fondern des Guten gebilder. 
Er fann dag Fo nur unter dem Schein des Guten 
wählen. Im M. iſt eigentlich Fein. Grundtrieb zum 


Boͤſen vorhanden. Allein der Verſtand kann nur 


eine gewiffe Summe von Vorſtell. und Begriffen 
deutlich faffen. Er kann nicht ales in feinem ganzen 
Umfange, und nach allen feinen Solgen, er kann e8 
nicht mit gleicher Klarheit erfennen. Er fann nicht in 
ſich alle f. Erfenntniffe gleich Flar und flarf: erhalten. 
Daraus folge dann, daß er vieles gar nicht, — vie⸗ 
les nicht recht weiß, daß er ſich in feinen Uetheilen 
vielfach irrt, daß er aus Mangel al erficht man 
es für ganz guf anficht, was nur eiewwrnia 
furze Zeit, für wenige, ia wohl wur Msn einen : 
oder einige vergangliche Vortheile Haba na: 






S. | 2 35 
Sünde, (worin hat die — ihren Grund?) 


ganz fihädlich und unerlaubte if. Der M. hat aber 
auch einen freien Willen oder das Vermögen ſich 
nach dem, was fein Verſt. ihm ale ein Gut oder als 
ein Uebel vorflellt, fo zu beftimmen, daß er ienes thut, 
dieſes ıc. Da aber fein Verftand fich irren und durch 
den anfänglichen Reitz des Schädl. getaͤuſcht, das 
Boͤſe fuͤr gut halten kann: ſo kann ſein Wille das 
Boͤſe — verkehrt wählen, indem es ihm als gut vor— 
fomnit, und er kann dagegen dag Gute verwerfen, ins 
dem e8 ihm erft mie ilngemächlichfere verb. zu feyn 
feheint. Zwar fagt ihm das fittl. Gefühl (das Sit— 
tengeſetz) das, was Pflicht für ihn iſt, aber da fein 
Wille frei if und auch andere Antriebe auf ihn wür- 
fen: fo wählt er oft lieber das Sinnlichangenehme als 
das Gebot der Vernunft — er fündigk. 
Da aber die Nachläßigf. des M. in Anfeh. der an 
fih nügl. nothw. Sinne, der Mißbr., den der Menfch 
von denfelben macht, die üble Richtung, die er ihr 
gibt, die Ausfchweifung u. der Gebrauch unerlaubter 
Mittel, welchen er damit verbindet, und die unrichtige 
Wahl der Zeit und Gegenſtaͤnde, die er ſich bei ihrer 
‚Befriedigung zu Schulden fommen läßt — offenb. die 
Verſchuldung des M. iſt: ſo kann man nicht ſa— 
gen: der M. muß fündigen. In der Natur des 
M., im Verhältniß feiner Kräfte und Anlagen, und 
in den Geſetzen, nach mwelchen fie würfen, liegt durch: 
aus feine Rothwendigkeit des Boͤſen, aber wohl 
bie Möglichkeit su fündigen; dieſe Fonnte aber 
weder verhuͤtet noch weggeſchafft werden. ſ. III. 
Die Sünde iſt alſo eine Folge der allen 
vernuͤnftigen Weſen mitgetheilten Frei— 
heit. Sie hat ihren Grund in der Art und Weiſe 
der Entwickelung der menſchl. Faͤhigkeiten. Da ieder 
M. als Kind von einer geringen Stufe anfaͤngt und 
erſt weiſe und verſtaͤndig zu werden ſuchen muß — 
da in der Kindheit faſt allein dag Empfindungs— 
Vermogen thaͤtig iſt oder da alsdann blos die 
Empfindungen, den Willen leiten: fo gemohnt 

ſichs ehe SD ernunft berrfchen ann, daran, das 
Sinnlicha ane zu begehren und zu ſuchen u. wird 
abgeneigt derungen der reinen Vernunft u ges 
berche— Alters: Bnfriehigung finnl. Begierden 







Sünde, (Beranlaff. zur —). 


‚und dadurch daß die finnl. Empf. an fich ſtark und 
lebhaft werden, da ſie unmittelb. Vergnuͤgen gewaͤh⸗ 
ren und immer mehr den M. reisen: fo dringen fie 
auch in reifern Jahren der Stimme und Pflicht vor, 
Die Sünde ift ehon die zweite Natur geworden. 


3) Die Sünde bat auch ibren Grund inden 
böfen Beifpiebender Menſchen. 


IH Bitte hier das oben im Art, Böfes I. rXh. ©, 212 f. Geſagte 
zu vergl, Die unvernuͤnftige — ausſchweifende Sinnlichk. be— 
-fieht darin, daß der M. der nicht fittl. gebildet ift, ven Leit 
u. koͤrp. Dinge höber fchäst als alles andere, Den Beſitz ver 
zeitl, Güter, die uneingefchränfte Befriedigung ſeiner koͤrperl. 
Triebe, Hält er für fein Einziged — für fein vornehmftes 
Gluͤck — over hoͤchſtes Gut. Auf diefen Iwe richtet er nun 
alle feine Wünfche und Befirebungen, Matth. 6, 215 Coloſſ. 
3, 1:7. Durch fie wird der M. abgeneigt von Gottes Geſe⸗ 
tzen, denn ſie ſind ihr entgegen. Er uͤbertritt iene ohne Scheu. 
Meidet er Lafter, To geſchieht es aus Inſtinkt. Das Wohl 
Anderer ift ibm gleichaältig, fo lange Eein Eigennuy das Ge— 
gentheil fordert. Ihr Vergnügen und Wohl opfert er dem 
feinigen auf. — UVebertriebene unbeherrfchte Sinn; 
En if mit die Duelle aller Sünden; Matth. 6, 

9:23; Rom, 7, 7 bis Ende; Coloſſ. 3, 1375 Jac. 3, 13 bis 
—* 
Offenbar iſt es gegen die Bibel, daB der Menſch aus erelarter 
Feindſchaft gegen Gott das Boͤſe wolle oder thue, wie einige 
behaupten wollten. 


II. Weshalb bat Soft nicht die menſchl. Na⸗ 
tur ſo eingerichtet, daß die Suͤnde gar 
nicht moͤglich geweſen waͤre? | 

Man vol. dag, mas oben im Art. Bofesl ırSh. 
S. 215 f. vorfömmt. 

Nenn man fo fragk: fo meint man, daß Gott nur 
hätte folche Gefchöpfe hervorbringen follen, von mel» 
chen er voraus fahe, daß bei ihnen die Moglichkeit zu 
fündigen nie zur Würflichfeit geworden wäre. Allein 
es läßt fich nicht einmal die Möglichkeit von der Er— 
fuͤllung diefer Forderung darthun, und es laͤßt fich 
nicht zeigen, daß die Welt bei einer folchen Einrich- 
fung etwas gewonnen haben würde. Denn 1) Gott 
haͤtte ihre Natur anders einrichten muͤſſen, allein dann 
waͤren ſie nicht Menſchen geworden. Sie durften, da 
fie niedriger feyn follten, als die zunachfi an fie grän- 


| | ©. 237 
Sünde, (wesh. Gott nicht die — verhütet hat?) 
— hoͤheren Geiſter, nicht hoͤhere Faͤhigkk. erhalten. 
Durch die nothwendige Verbindung des Leibes mit 
der Seele mußte der Zuſtand des einen durch den ans 
dern beſtimmt werden. Die geiftigen Zuflande der Seele 
mußten auf den Leib und die Befchaffenheit dieſes auf 
iene Einfluß haben. Es waren, um den M. thaͤtig zu 
machen, Antriebe noͤthig — und der Gtreif der Sinne 
lichfeit und der Bernunff war deshalb unvermeidlich, 
weil der Geift manches entbehren kann, was dem Leibe 
nothwendig iſt, und weil diekeibesbedärfniffe manches 
fordern, was der Verſtand aus beffern Gründen mif- 
billigen muß. Der Wi folfte frei oder ohne Zwang u. 
Die Tugend des M. blos Wurfung der freien Willführ 
werden. Hätte Gott der Bern. des M. eine größere 
GStärfe mitgecheilt und dagegen die. Macht und Leb— 
haftigfeit der Empfindungen geſchwaͤcht, damit erfiete 
über dieſe immer fiegte: fo würde dieſe hoͤhere Bern. 
zu unfern Sinnen, zu unferm Leibe — zu der Art uns 
ſerer Ausbi ldung nicht gepaßt haben und es wuͤrden 
dann auch alle Empfindungen der Freude u. des Vers 
gnuͤgens, alle edle Gefühle der Liebe und des Wohl⸗ 
woleng gleichfal8 gefhwächt worden feyn. Da wir 
als Kinder geboren werden und unf. Geele erfi muß 
ausgebilder werden: fo konnte er ung auch nicht eine 
Höhere fitel. Stärfe mittheilen. Sollte die mehrere 
- Stärfe zum Guten fogleich urfprünglich in der Seele 
vorhanden ſeyn: fo hätte Gott ſtatt M. müflen Engel - 
erfchaffen. — Soliten die M. frei feyns fo mußten 
fie auch ihre Freiheit mußbrauchen Eönnen. Denn eine _ 
Freiheit ohne möglichen Migbraud laͤßt ih im M. 
und endlichen Weſen nicht denken. ‚Aber welche Vor- 
zuͤge gewahrt die Freiheit! Ohne die Freih. zu waͤh⸗ 
len zwiſchen Gutem und Boͤſem, märe der Menfch eine 
Mafchine und Feiner Veredelung, Tugend und Vollk. 
faͤhig. Ohne Sreih. könnte der M. nicht glücklich 
werden. Seine Handl. hätten feinen Einfluß auf fein 
Herz. Er koͤnnte weder Freuden noch Leiden darüber 
empfinden. Er koͤnnte weder Gutes noch Boͤſes ge— 
‚nofjen haben, u. er wäre weder vor Gott noch vor den 
Mer weder in dieſem noch in ERAIEEBEN einer Beloh⸗ 
nung oder Befltafung fähig. 


Sünde, (wesh. Gott nicht die MöglichE, der — verh.) 


2) E8 war unthunlich, daß Gott ale Verfuchungen 
zur Sünde und zu Verirrungen hinweggeſchafft haben 
folite, um damit die Sünde zu verhüten. Denn ohne 
daß wir höhere Verſtandeskraͤfte befamen, Eonnte nicht 
die Unwiſſenheit — diefe Duelle der Irrth. gehoben 
werden. Gott müßte iedesmal die Urtheilsfraft zwins 
gen, wenn nicht Uebereilung im Urtheil manche Süte 
den veranlaffen follte. Er müßte immer Wunder thun, 
wenn nicht ein mangelhafter oder fchädl. Unterricht u. 
wenn nicht verführerifche Beifpiele bie und da Eün> 
den beförderten. Wie fonnte Gott alle Schönheit aus 
der Welt verbannen, wie gn8 alle Güter entziehen, 
Damit nicht der natuͤrl. Neiß der Dinge — das finnl. 
Vergnuͤgen, welches fie gewähren, und die dadurch auf 
-geregten Begierden die meiften Sünden veranlaßten ?! 
Späte z. B. Gott feine Metalle in der Erde ſich bil- 
den laffen, damit Fein M. neidifch oder geißig wäre? 
Das, was zur Sünde reißt, kann auch eben fo gut 
zur Uebung der Tugend, zum Beweis der Mäfigung, 
zur Sreude an den Werfen Gottes dienen. Eben dag 
Geld, dag fich der Beigige ungerecht erwirbt, Fann man 
zur Ausübung der Wohlthäfigf. verwenden; Tit. 1,15. 
3) Gott faun nicht in iedem Augenblid, wo ie— 
mand fündigen will, dem Menfchen überwiegende Des . 
weggründe zum Guten mittheilen, denn alsdann 
würde der M. eine Mafchine. Entweder müßte Gott 
die überwiegenden Gründe durch Wunder in die Seele 
hineinmwerfen, oder aus derMaffe derfchon vorhandenen 
Vorſtellungen zur nöthigen Deutlichkeit entwickeln und 
lebhaft machen. Sin beiden Fallen mwürfte nicht der 
M. nad) eigenen felbft erworbenen Einfichten, fondern 
eine fremde Gewalt leitete ihn. Geine Tugend wäre 
erzmungen und unbelobnbar. | 
4) Gott fann nicht dann, Wann der M. fündigen will, 
demfelben den Beiftand der Natur verfagen und ihm 
die zur Vollziehung nothwendigen Kräfte rauben. — 
Denn dadurch würde nur die Außenthat, nicht aber 
die Sünde im Innern der Seele — der böfe Wille 
verhütet. Ueberdieß erforderte dieſes eine ungeheure 
Anzahl von Wundern. Das ift ia feine Tugend, mo 
man das Dofe noch will, wenn man e8 gleich durch 

Verhinderung nicht thut! 


© 023 
Sünde, (worn. iftd. Größe u. Straͤfl. d. —u ſchaͤtzen?) 


Die Moglichkeit des M. zu fündigen ift unfchäd- 

lich, indem | Be 

“ a) Gott durch feine Regierung vom fiel. Söfen eine 
große Menge von DBortheilen entfliehen laßt. Durch 
die mweife Verbindung, worin er es geſetzt hat, muß es 
zur Beförderung des Guten dienen. Aus dem Bofen 
an fih — fo fern es boöfe iſt, fann freilich nichts Gu— 

tes fommen,aber in fo fern e8 Mittel ift, um Schmerz 
und Mifvergnügen zu erregen, kann e8 Unlaß zu pie- 
lem Guten werden. Das Lebel übt 3. D. die Kräfte 
des Verftandes, leiter denfelben zur Erfindung neuer 
Mittel, verhilft ihm zu mancherlei Kenntniffen, ver- 
breitet Borficht, Erfahrung und Klugh. unter den Mi. 
und veranlaßt große Entwürfe und Unternehmungen. 
Es macht ung aud) auf ung felbft aufmerffam und 
erweckt zur Standhaftigf. u. Selbftbeherefihung, u. ſ. w. 
b) Gott machte theils Anftalten durch Jeſus Chriftus, 
welche den durch die Sünde angerichteten Schaden reichl. 
vergüten, theilg gab er dem M. viele — bewährte Mittel, 
umnicht feine Sreibeit zu mißbrauchen u. allen Veran 
laffungen zur Sünde zu entgehen. Es ift genug, daß 
Gott den M. vor der Sünde warnt, damit unange- 
nehme Folgen verbindet und Drittel anbieter, der 
Macht der Sünde zu fieuren und zu wehren, bis der 
Leib ſtirbt. | 

IV. Wornad ift das Maaf der Strafbarf. ei- 
ner Sünde zu beffimmen? 

ı) Es fonımt dabei allein.auf den Gemüthszufland deg 
Suͤnders, auf feine Kenniniffe und Kräfte, auf die 
DBefchaffenheit der zu- oder abrathenden Gründe, der 
Gelegenh. zur Sünde oder deg Mangels derfelben u. 
auf die Achtung oder Nichtachfung an, die der Sün- 
der dabei genen dag Gefeß an den Tag legt. 

a) Ge eine beffere und richfigere Koenntniß iemand von 
Gottes oder obrigf. Vorſchriften hat, ie deutlicher und 
volftändiger er den Sinn und die Berbindlichk. der- 
felben einficht, oder ie feichter er fich das alles hätte 
verfchaffen koͤnnen, deſto ftrafbarer iſt die Uebertretung, 
Lue Fr 

b) Je mehr der Sünder Kräfte bat, ie mehr er Ber: 
fand befigt, ie mehr diefer Durch guten Unterricht und 
eine vorsreffliche Erziehung ausgebildet worden iſt; ie 








durch viele vorhandene Beweggründe zur Tugend, durch 
Die genoffene gute Erz. und durch vorleuchtende Bei— 
ſpiele der Rechtfchaffenheit gebildefen Willens feyn 
follte; desto fchwerer fündige jemand, wenn er dem ale 
Ien entgegen handelt, IIPetr. 2, 21. — 
ec) Je mehr Gründe vorhanden find, das Boͤſe zu unter» 
laffen und dag Gute zu thun, defto großer ift die 
Sünde. Dazu gehört: aa) wenn man einfehen konnte, 
daß die zu erfüllende Pflicht an fich groß und wichtig 
und zur Erreichung hoͤchſt wichtiger Endzwecke unent— 
behrlich, auch die Verbindlichkeit. dazu ſtark iſt, daß fie 
vor andern einen Vorzug hat, und eine höhere wich- 
figere Pflicht iſt, daß die entgegengefeßte Handl. der» 
ſelben gang miderfpricht und zugleich die Erfüllung 

mehrerer andern unmoglich macht; — bb) wenn man 
dabei die aus der Lebertretung entfpringenden großen 
and ausgedreiteten Folgen, einen fehr wichtigen Scha— 

den, welcher auf viele fehr nachtheilig wurkt, fehr 
lange anhält und fihmwer, wo nicht gar unmoglid) fich 
ee läßt, vorausfahe, oder voraugfehen Fonnte und 
beabfichtete. Se mehr man in feiner Lage Antrieb 
hatte, der Pflicht getreu zu bleiben, defto ſchwerer ift 
die Sünde, Matth. 11, 24; Soh. 19, 11; 1 Zim. 
Sr 8. | 

d) Se mehr e8 an Reis und Gelegenh. zu einer Sünde 
fehlte, te mehr die Gelegenh. dazu gefucht, oder gar 
aufgedrungen wurde, ie mehr man dabei Hinderniffe 
fand, die erft mit angeftrengter Mühe aus dem Wege 
gefchafft werden mußten, um das boͤſe Vorhaben aus» 
zuführen, deſto großer ift die Verfchuldung. F 
e) Je mehr man Zeit hatte, alles wohl zu überlegen; te 
leichter alfo die Uebereilung und Nachläßigfeit zu vers 
huͤten war, ie länger man vor der Ausf. den bofen 

Vorſatz faßte, und mit mehr Ueberlegung und Beharr- 
lichkeit man ihn ausführre, defto großer ift die Vers 
fhuldung. Je mehr man die Sittengefeße nicht geach— 
tet hat, um defto ſchwerer und unverzeihlicher iſt auch 
die Sünde. 

Da diefe Umftände bei jedem Di. verfchieden find, da 
fie fein M. bei andern mit Gewißheit beftimmen kann: 
fo dürfen wir nicht fo zuverläßig im BREMEN. der 

uͤn— 


©. ee 
Si uͤnde, wornach iſt die Straͤfl. der — abzumeſſen ?) 


Sünden Anderer ung halten. Blog Gott, der bie 
Neigungen — alle äußere Umſtſt. und deren Lage —, 
die Beſcha enh. ihrer Einſichten und Kraͤfte, ihres 
Kampfs u ihrer Nachläßigf. kennt, kann untruͤglich dar— 
uͤber urtheilen. Wir muͤſſen daher ſchonend im Urs 
theil ſeyn. 
2) Auch der iſt vor Goft ein Sünder, welcher nur eis 
nem einzigen Geſetze Gottes, welches er fennt oder wiſ— 
fen follte, zuwider begehrt oder handelt. Go aud) 
der, welchem nur eine Neigung oder Handl. fehlt, 
die Gottes Vorſchriften von ihm verlangt, Jac. 2, 
10. II. Nicht blog das iſt Sünde ‚und Laſter, was 
grobe fichtbare Solgen hat. 
‚3) Nach I. a big e ift vor Gott die Unterlaſſungs ſuͤnde 
des einen M. viel ſchaͤndlicher u. ſtrafbarer als die — 
ſogar grobe Begehungsſuͤnde eines andern. Die blos 
innere Suͤnde des einen iſt oft ſtrafbarer als die 
aͤußeren — groben Verbrechen des Andern, Luc. 12, 47. 
48; Matth. 25, 31 bis Ende 
4) Huch) Die linmwiffenheit8- und Schwachheitsfüinden 
find wahre Sünden; es find freiwillige Handl., wenn 
gleich feine freiwiffige Uebertretunam. Kann auch der⸗ 
ienige, welc in aus Unwiſſenheit fündige, nicht anders 
handeln, fo bat er doc) nicht gethan, was er thun 
ſollte. Er bat noch nicht die Kraft — die Sünde zu 
vermeiden, errungen, melche er doch erringen Eonnte 
und ſollte. Jede Unmiffenheitsfünde iſt auch ein Feh— 
ler u. eine De Teorgmenf: ‚die ebenfalls ihre fchlimme 


Solgen bat. 


Relssehrer würten gegen tie Günte gleichgültig machen — fie würz 
den veraniaffen, daß fih die M. für beifer hielten, als fie 
wuͤrklich find, fie wärden Leichtſinn befürdern und die Entfchuls 
digung roch mehr vermehren; daß eine Unwiſſenheits- und 
Ehwachheitsfünde nicht viel zu bedeuten habe — wern fie 
fagten: daß Unwiſſenheits- und Schwachkeitsfünden Eeine Suͤn⸗ 
ben waren. Des Örgentheil zu lehren, made nicht muthlos 
u. aͤngſtlich, denn wer weiß nicht, daB derienige, weicher ernſtl. 
alles Boͤſe beſtmoͤglichſt meidet, wenn cr auch einmal aus 
ei wachh. fehte, ſich Gottes Wohlgeſallens und der Gluͤckſeligk. 
getröften Fönne? Nur muB die Sünde nicht im DE. herrſchen. 
Er darf dad Boͤſe nicht —— thun. — Hiernach if Cana 
nabich s Kritik x, a A. S. 196. 197 zu berichtigen, 


Chriſit. Sl. Zebre fd, Canzelgebr. 3Th. >) 


aan N 
Sünde, bmapnungsgränbe: vor der —) 


V. Gründe, nicht zu fündigen. | 


— Billig muß folgendes den M. abhalten vom Suͤn⸗ 
gen; | 
ı) Die Sünde mißfaͤllt Gott. Sie macht ia den M. 
boͤſe, folglich ungluͤcklich, ſie muß ihn alſo um das 
Bewußtſeyn bringen, ſich des göttl. Wohlgefallens 
d. i. der goͤtth. Billigung freuen zu fonnen. 
2) Die Vernachlaͤßigung der goͤttl. Gefege ift ein fiches 
res Zeichen der Gleichguͤltigk. gegen Gottes Wohlge— 
fallen. Denn man uͤbertritt abſichtlich ſeine Borfihrif- 
ten. Man fchäsgt feine Wohlthaten geringe, iſt dage- 
gen Falt und undanfbar. Deshalb betrachtet die heil. 
Schrift die Sünde als eine Entfernung und Ent- 
fremdung von Gott, als Undanfbarfeit, 
Mißbrauch der göttl. Gute, Haß u. Feinde 
ſchaft gegen Gott, als einen ird. Sinn (im Ge— 
genſatz des il und des Öottähnlichen), Rom. 
2,458, 7.1305. 2, 15217; ISot. E 15-18, ©1. 
59, 2; Phil. 3, 19; ac. 3, 15. Wäre Sünde nichts 
anders als Vernachläßigung unbedeutender Gebräuche, 
over Uebertretung folcher willkuͤhrl. Gefeße, deren Er— 
füllung eben fo wenig Die menfehl. Wohlfahrt vers 
mehrt, als ihre Verlegung fie vermindert: dann möchte 
Gleichgältigkeit gegen die Suͤnde und Sorgloſigk. in 
Abſicht ihrer Vermeidung zu verzeihen ſeyn. Aber 
Suͤndigen heißt: die Wohlfahrt der menfchl. Ge— 
fellfchaft, deren Glied auch der Sünder iſt, ſchwaͤchen. 
E8 heißt: Empfindungen und Neigungen hegen, Re— 
den und Ihaten aͤußern und verrichten, welche Miß— 
vergnügen und Elend in Gottes Welt mittel- oder 
unmittelbar anrichten — die vaterlichen Abfichten der 
ewigen Welsheit uͤbertreten und ihre gnaͤdigen Zwecke 
vereiteln. Zugleich iſt Sünde der ſchwaͤrzeſte Undank 
und als Ungeporfam eine abfiheuliche Zreulofigfeit. 
Was ift mehr Mißbrauch der von Gott gegebenen 
Kräfte als die Eünde? Wir begehen ia iede durch 
die Kräfte und Glieder, welche Gottes Eigenthum find, 
IRor. 6, 19. 
3) Jede — Auf: rlich oder innerlich begangene Suͤnde, 
fe” fie eine Begehungs— oder Unterlaſſungsſuͤnde, 
werde fie vorſaͤtzlich oder unvorſaͤtzlich begangen, iſt — 





©. | 243 
Sünde, (Abmahnungsgründe vor der —). 


etwas-fehr unsernänftigg — iſt Entehrt ing: unſerer 
ſelbſt und Herabwuͤrdigung bis zum Thier. Der Suͤn⸗ 
der fühlt es offenbar, daß er nicht iſt, was er ſeyn 
ſoll, daß er in ſeinem Thun mehr den Thieren gleicht, 

die nac h Trieben ohne Widerſtand handeln, und weder 
die Wuͤrde der menſchl. Natur behauptet, noch der 

Aehnlichk. mie Gott, der er fich immer nahern ſollte, 
nachfirebt, daß er die — ihm zu beifeen Zwecken Ders 

lichenen Kräfte ſchaͤndlich Semiebrane bat. Wo ge⸗ 
ſuͤndigt wird, da folgt man thieriſch der Be egierde vor 
der Vernunft, da RE man fich unter die Würde 

eines vernünftigen — zur Freiheit und Tugend be— 
ſtimmten Geſchöpfs. 
4) Der Sünder iſt und wird durch Die Sinde elend, 
er fchader ſich ſelbſt dadurch ganz außerordentlich. 
 Sede Sünde, von welcher Art fie auch if, iſt alle— 
mal mit unaugbleisl. Schaden : serbiimden; ft i Bu 
Störung unſers wahren Wohlſeyns, Soruͤchw. 13, 2 
14.34; Sec. 1, 15. Auch ohne Küdfihe auf De 
außeroro. — befonder ru Strafen, die Gott nach 
f. Weish. über die Sünder einft beſtimmt haben mag, 
find ſchon für den vernünftigen — fein eigenes Wohl 
liedeuden M., die natuͤrl. Folgen der Suͤ ‚de Außerjt 
abfihrecfend. Jede Entfernung v. der Tusend, die 
wahres Beduͤrfniß für unfere geiftige Natur iſt, macht 
unſern Zufland unvollfommener, fegt ung zuruͤck auf 
dem Wege unferer —— und hat auf dieſe 

Art ewige Folgen für uns. Der Laſterhafte, oder 
der, welchem bofe Neigungen und ont zur Gewohn⸗ 
heit werden, untergräbt vollig dag Gluͤck ſeiner Seele, 
Bau Die natürl. Solgen der Sünde, macht ſich für 

He Glücfeligf. unfahig, und bereitet fich feibft feine 
Sölke. — Mäher; 

a) Dem Sünder fehlt eg an innerer Zufrieden: 
beit und Ruhe. Wie kann derienige, weicher ſich 
nur durch blinde Triebe leiten laßt, ohne ©. feiner Ber: 
nunft. Gebrauch zu machen und fich durch ſie auf eis 
nen bleibenden Zweck feines Dafeyas hinweiſen zu laſ— 
fen, zufrieden feyn?! Bf. 32, 9. Mit den Begierden 
find fürmifche Unruhen, mit einander ftreitende Bes 
wegungen, Sorgen, Befirebungen, Zweifel, Vorwuͤr— 
fe, Fuͤrcht zc. verbunden, Die Die Seele erſchuͤttern, 

22 


Ba. | ©. | 
Sünde, (Hbmahnungsgründe vor der —). 


fie wild u. braufend bieber u. dorthin treiben u. Keine 

Ruhe finden laſſen. Zur Gluͤckſeligkeit d. h. inneren 
Nuhe ge hört eine innere Ordnung des Gemuͤths und 
ein tugendhafter Sinn Diefen Zuft. Fann die Sünde 
nicht geben. Der Sünder, wäre er auch mit feinen 
äußern Umſtſt. zufrieoen, genöffe er auch manches Ver— 
gnügen: fo Fann er doch nie fagen: ich bin mie meie 
nem Verhalten zufrieden, ich habe ein ruhiges Gemif- 
fen und eine —— Hoffnung zu Gott. Dieſes in— 
nere Mipverhältniß peinigt ihn ſelbſt und feine ‚innere 
— SH alle Vergnuͤgungen ſeiner aͤußern 

Lage. 

b) Es iſt ein trauriges Geſchaͤfte, feinen morali 'fchen 
Sinn und die fich “wider Willen auftringende beffere 

Einſichten zu unferdrücen, im Widerſpruche mit fich 
felbft und in beftaudiger DBerwirrung zu leben und bei 
der täglich wachfenden Macht der Begierde niemals 
zum Genuffe feiner ſelbſt zu gelangen. Wie kann ie- 
mand glücklich feyn, welcher entweder Unwiſſenheit u. 
Irrthum in den wichtigften Gegenftänden der Erf. bei 
fich unterhält, oder Degierden, die feine Bernunft miß— 
billigt, in fich berifchen laßt? Es iſt ta in feinem In— 
neren ein fleter Widerftreit. Er thut immer, was er 
nach der. beffern Einſicht nicht will. Vern. und Sinn» 
lichkeit ift ja in fferem Kaͤmpfe begriffen und die er- 
ftere liegt immer unter. Er fühle eg, daß er nicht if, 
was er feyn fol. 

c) Das innere Selbſt ibewußtfeyn macht ungluͤcklich. Der 
Suͤnder fuͤhlt es, baß er als ein Unterthan im Reiche 
Gottes dem Willen feines Oberherrn widerſtrebt bat, 
fein Schuldner (Luc. 13, 4) geworden, der vollfirechen- 
den Gewalt des Geſetzes unferworfen, (Rom. 3, 19) 
und der Strafe ſchuldig iſt EEzh liert 
nun ſeine Wuͤrde als ein vernuͤnftiges Weſen, wird 
dadurch Gott mißfällig und f. Guͤte unwuͤrdig. 

d) Der Sünder lebt in ſteter Furcht. Denn Sünde 
ift ein Gegenſtand des goͤttl. Mißfaͤllens, unfere ganze 
Wohlfahrt haͤngt 7— an dem Urtheil Gottes uͤber 
uns. Deshalb iſt bange Furcht vor Gottes Unwillen 
die Begleiterin von allem Sittlichboͤſen, IMoſ. 3, 10; 
Ef. 48, 22; Matth. 10, 28; ac. 2, 19. Der Schul: 
dige ficht, da er vergeblich den Ged. an Gott zu ver- 


©. 245 
Sünde, (Abmahnungsgründe vor der —). 


meiden fucht, mit Schrecken feinen Abſtand von „Gott, 
ſieht ſich feiner W Wohlthaten unmürdig und muß uber 
fich felbft das Berdammungsurtheil ausfprechen und in 
banser Erwartung ber firafenden Gerechfigfeit leben, 
Sef. 48, 22. Sobald er bedenkt, daß die Gittenge- 
fege allgemein und unveränderlich find; das mer fie 

Übertritt, auch die auf die Uebertretung geſetzte Strafe 
erfragen muß, und daß ein heiliger Gefeßgeber und 
Rechter über ihre Beob. wacht, fo kann er feine Ber- 
ſchuldung nicht vor Gott verbergen, Rom. I, 29-32 
6, 21. Der Gedanke an die ihn ftrafende Zufunft fi 
disha ſtets beunruhigend. 

e) Aus der Sünde ſelbſt entſpringen mancherlei Uebel, 
die den Leib, oder den aͤußern Zuſtan id, oder auch wol 
die Seele ſelbſt betreffen. Oft HE der Erfolg gegen 
die Boffteng, die fruchtloſen Beftrebungen erwecken 
Unmuth. Die befriedigte Begierde gewährt entweder 
dag nicht, maß fe verfprach, oder lohnt mit fättigen- 
dem Ecfel, mit bitkerer Reue, oder Krankheit, z. D- 
nach der Unmäßigfeit und Wollufi. Es entwickeln ſich 
nach der Sünde die Gefühle der Schaam, Traurigf., 
Verachtung feiner felbft u. der peintgenden Solgen der 
Zufunft. Das bofe Gewiffen erwacht u. eg äußert fich durch 
Aißmuth, Unruhe und Aengſtlichkeit, ob 3,021; 
Es Weish. 7, 10:13; Spt. 2%, 1. €8 hält 
ihm die muchwillige Verachtung gottl. Vorſchriften, 
die Schaͤndlichk. feines Verhaltens, die gerschten Stra- 
fen de8 heiligen Nichkers und die Mißbilligung aller 
Nechtfihaffenen vor. So pyeinigend ibm diefe Gelbft- 
verdammung tft: fo Faun er es fich doch nicht verhee— 
len, daß er felbft an dem Allem ſchuld fey. — Genau 
fiehn diefe Folgen der Sünde mit dent Grade derfelben 
im VBerhaltniß, Nom. 6, 20-23; Eyr. 21, 4. Ge 
mehr der SR. fündigt, defto unfaͤhiger wird er zu Ges 
fchäften. 

5) Wie fieblos und ungerecht ift eg, durch Suͤnde den 
Mitmenſchen iedesmal zu ſchaden! Denn iede Suͤnde 
iſt der menſchl. Geſellſchaft nachtheilig. (S. chriſtl. 
Moral f.d. Canzelgebr. Vr 2. ıfle Abth. ©. 
3707372.) Sobald die herefchend gewordene Ginnlichk. 
es gebeut, macht ſich der Liebloſe kein Bedenken, feinen 
Mitmenſchen — Gottes Gefesen zuwider — an den 


246 \ N 
Sünde, (Abmahnungsgründe vor der —). 


Gütern feiner Seele, feines Leibes, feiner Ehre u. des 
ird. Gluͤcks zu beſchaͤdigen, Jac. 3, 13; Galat. 5, 13. 

Su M—Ffeindfchaft loſſen ſich viele Sünden aufz Rem. 
= 10. Dem Sünder ift dag Wohl feiner Mitmen— 
fchen gleichgültig. 

Offenbar ift alfo die Sünde das Berächtlichfte, Ab- 
fcheulichfte und Entfeglichfte. Wo ift wohl eine Sün- 
de, Die nicht dem Suͤnder felbft an feinem geiftigen 
Wodhl, und wo nicht ibm, gewiß doch andern M. an 

ihrem geiftigen und an ihrem leibl. Wohl fchadete? 
Was iſt mehr dee menfchl. Natur und firtl. Beftim- 
mung des M. zumider, als die Suͤnde? Was fann 
weniger mit dem hoͤchſten Zweck der Vernunft, dag 
hoͤchſte Gut — Tug. und Gluͤckſeligk. moͤglichſt zu be— 
foͤrdern, beſtehen? — Da der M. die Folgen der 
Stunde, "falls fie fih auch nicht fogleich einftellten, 
nac) feiner Vernunft doc) erfennen und vorausſehen 
kann: fo ift das alles Hinlanglich ung zu der Pflicht 
zu beleben: 

„nicht zu fündigen,“ 

und alle Uebungen deshalb anzuftellen, Die Kenntn. 
von genauen Zufammenhang der Tugend mit Glüc- 
feligkeit, des Kaflerg mit Elend, freibe ung an, unfer 
Herz ganz der Tugend gu widmen, iede herrfchende 
eg: sum Boͤſen zu vertilgen, damit daraus keine 
ſuͤndl. Fertigkeiten entſtehen. Denn | 
A. NL Sm ‚licht. zerrüftet mit Allgewalt ganz 
die menſchl. Natur, wenn fie eine unumfehränfte Herr— 
ſchaft über sen ganzen M. ausuͤbt. Sie zerftört aufs 
fuͤrchterlichſte alle menfchl: Gluͤckſeligk. und ift die Duelle 
aller Lafer. — Die edelften — vortrefflichſten Anla— 
gen der menſchl. Natur befommen durch fie fruͤh ſchon 
eine ve rkehrte Richtung, oder werden oft ganz durch 
fie erſtickt. Der ung tief ins Herz serflanzte Selbſt— 
erhaltungstrieb artet oft in tneingefihranfte Gelbft- 
fucht, in Hab- und Rachſucht; die allen Menfchen 
natürl. Selbftliebe in die engberzigfte Eigenliebe, im 
— ———— Stolz und unbiegſamen Starrſinn aus. 
Von Sinnlichk. gemißleitet flieht der noch ungebildete | 
M. gerne iede Anſtrengung, wird oft don Traͤgheit 
beherrſcht, und uͤberlaͤßt ſich oft der Unmaͤßigkeit in 
Befriedigung ſeiner thieriſchen Triebe. 


/ 








S. 247 
Sünde wider den h. Geiſt. 


N 

Sitern müffen daher billig sie Herrſchaft der Sinnlichbeit frühe im 
iugendliben Herzen fihwächen uns dur Hinweiſen auf Pie 
zerſtoͤrenden Würkungen ——— das Nachdenken fruͤhe ſchon 
reitzen. 


B. Je laͤnger man in Suͤnden — deſto ſchwerer 
kann man ſich von denſelben losmachen. Endlich feſ— 
ſeln fie ung ganz, fo daß uns weder Muth noch Kraft 
zur Beſſerung uͤbrig bleibt. Zuletzt zeigen ſich gewß 
die traurigen Folgen der Suͤnde in den truͤben Aus— 
ſichten in die 3: ıEunft diefes Lebens fomohl als in 
Abſicht des Fünftigen. Wer nichts Gutes gefhan 
bat, muß vor dem Alter eben fo fehr als vor dem 

Tode zittern. 

C. Wer im Sündigen fortfährt und zwar ohne daß er 
von Andern genau bemerkt wird, fommt dahin, daf 
er glaubt, Feiner Befferung zu bedürfen, oder er wird 
ficher; denn weil er ſieht, daß das Boͤſe, weil e8 
nicht gleich üble Folgen bat, auch wohl in der Zu— 
kunft keine haben werde, und er die etwanigen Vor— 
wuͤrfe feines Gem. durch Zerſtreuungen zu ſchwaͤchen 
ſucht, geraͤth er in dieſen gefahrl. Zuſtand, mo er die 
Gefahren nicht bemerkt, die feiner warten. Der Tod 
überfallt ihn unvermuthet und die Vorboten deffelben 
benehmen ihm die Möglichkeit, daß er fich beſſere. 
Wer erft ſchuͤchtern fündigt, fündige nachher mit Ver— 
gnuͤgen, und bei langer Gewohnheit begeht man eine 
Suͤnde mit Luſt, wobei man anfanglich zitterte. 

Bol. G Fr. Goͤtz Auszz. aus d. Predd. Über d. chriſtl. GL. und 
Sittenl. 2te * Ars 1X,: © 422472. ie Lehre von der 
Suͤnde;“ Nr. X, © 47: „tie traurigen Folgen per 
Sünde." — | 


Sünde wider den heil. Geift (richtiger: Die 
böhfte Sünde, nämlich zur Zeit der 
Apoftel) Matıth. 12, 24-5325 Marc. 3, 22> 
38; Auc. 12, 10>125-1Köraıı, 29; Ebr. 6, 
#85 12.160,77. 

Berge. Lei Handb. d. riftl. Nel, Theorie, ©. 31625215 Rein⸗ 

Hard’s Vorleſſ. üb. d. Dogm. ©,316: 215 Döverlein?’ß 


_ inft, Th, Chsift. T. I. ©. 116f, obs. 45 deffelben Rel.⸗ 
Untere. IXr Th. ©, 281584 


248 m ©. 
Bünde wider den h. Geift, (3verfh: Mein.ub.d.) 


&3 gehbet diefe Unterſuchung Eeinesweges in den eigentl, Rel,s 


Unterricht. Es ift eine cafuifiifche Aufgabe. Faͤnde fi 
aber jemand, weicher ſich einen Skrupel machte, eine-Günde 
Wider den heil, Geift begangen zu haben, fo könnte man 
ihn wohl allein darüber belehren, oder auch bei: Erklärung 
de3 Evangeliums jagen, daß die Pharifier ſich dieſer Suͤnde 
ſchuldig gemacht haben, und daß dieſe Suͤnde ganz befondere 
Umſtaͤnde vorausfest, die jest nicht mehr eintreten, 


Sie war nämlich zu den Zeiten Jeſu u. d. Apoſtel entweder 


wr 


die boshafte Berwerfung der Wunder Jeſu Ehrifti v. den Ju: 
den, befonders v. ben Phariſaͤern gegen ihre Ueberzeusung und 
ihre boshafte Läfterung derfeiben, indem fie Jeſus Chrifius da— 
bei eines Buͤndniſſes mit dem Teufel beſchuldigten. 9° Dder 
fie war die vorfügliche Erdichtung der Juden, daß die Geiſtes⸗ 
£raft, nach) welcher Jeſus handelte, d. 5. der innerſte Grund 
feines Wollen und Wuͤrkens von einer böfen d. i. Öptteswiz 
drigen Art ſey. **) Oder fie war die Läfterung ber moralis 
fihen Mel, wider-die eigene Ueberz egu Die Redensart 


— — — — — 














— — —,——— nn — — 


*) Sp erklaͤrt dieſe Suͤnde Herr Reinhard a. a. O. S. 
316. Dr. J. J. Stolz in feinen Erlautt. „zn. Teſt. 
18 Heft. ©. 755 allein in der Ueberſ. des n. T. 3te U. 
ift es gegeben: die Lafterung des goͤttl. Geiftes 
ift unverzeiblih, und Dr. unge in Doͤderleins Rel.⸗ 
Unterr. Th. IX. ©. 281 f. ie 


=) So — Paulus im 2ten Th. f. Komment. üb. d. n. 
Tefi. © 104. „Die wiffentl. Verdrehung des aneifann-- 
„ten Guten, welcke die befte Duelle von Handlungen ale 
„die boͤſeſte und Gottwidrigſte abſichtlich mißdeutet, verkehrt 
„die innerſte Geſinnung eines ſolchen Suͤnders. Er iſt 
„eines andern überzeugt und willnidt über: 
„zeugt ſeyn, daß das, was der andere unternimmt, aus 
‚einem rein guten und gottgefaligen Zweck unternommen 
„ſey. Er haßt das Gute, grade weil es gut 
if’ m f. w. 

”) So — J. €, Chi. Schmidt in d. Bibl. f. Krit, 
u. Ereg. des n. Tef. Th. 1. ©. 579 und in f. Lehrb. 
d. Dogm. ©. 139. 140. Daſelbſt fchreibt er! „Es be: 
„ſtrafte Jeſus nicht blos die Zweifel an feiner göttlichen 
„Wunderfraft, denn alsdann ware Fein Schluß von den 
„Reden auf die Gedanken nöthig geweſen- da die Pharif. 
plaut genug ihre Zweifel gefagt hatten. Offenbar bat er 
„alfo an ihnen etwas befiraft, was fie night mit Worten 





&: 249 


Sünde wider den h. Geiſt. 


J 


„ie Sünde kann nicht dem M. vergeben werden, 
weder in diefer noch in jener Welt’ heißt nicht fo 
viel, als fie ift unverbefferlich, ces kaun Feine Sünde geben, die 
‚alle Beil. ausichlöffe) fondern in der Sprache der innigfien Be; 
truͤbniß fo viel, als: fie if ein fehr — Der: 
brechen. 


Nadı der erfiem Erkl. Tann iest nicht mehr dieſe Sünse begangen 


€ 


> 


9 


werden. Denn dnsienige, was Jeſus Sünde wider den 
h. Geift neunt, hängt fo fehr mit den damaligen Umſtſt. zu= 
fammen, daß es unmoͤglich weiter vorkommen kann. Wer dieſe 
Suͤnde iest begehen ſollte, müßte noch Fein Bekenner Jeſu 
jeyn; er müßte. Jeſu Wunder mit anfehben; müßte ſich dem 
Gedanken, Sefus möchte ver Meff. ſeyn, fich widerfegen; er 
müste Jeſum und jene Wunder oͤffentlich laͤſtern; er müßte 
ungebeffert bleiben und der Leberz. von ter Wahrh. fein Herz 
für immer verichließen, _ Weil aber die mehreſten von diejen 
Umſiſt. nicht mehr fiatt finden, fo kann aus), diefe Sünde nicht 
mehr vorkommen. 

Fann allerdings Suͤnden anderer Art geben, die nicht —— 
werden, 3.8. iede Suͤnde, die man nicht bereuet, ableget und 
verbeſſert. In Ruͤckſicht des Erfolgs find viele Sünden der 
Sünde wider den 9. Geiſt völlig ähnlich. Rel.⸗Lehrer 
muͤſſen hieran vie fichern Günter erinnern, welche glauben, daB 
e8 , fo lange fie die Sünde wider ven h. Geiſt nicht begangen 
hätten, noch immer gut mit ihnen fünde. Folgende Sünden 


Shaben mit der Sünde wider den h. Geiſt viele Achn: 


lichkeit: 1) Jeder Gemüthszuftand, Wobei der Suͤnder den 
ordentl. Befferungsmittein ſo große Hindern, entgegen fest, daß 
fie an ihm ganz unfräftig werden, z. B. den Zuſtand der Vers 
hartung, desgleichen .dieienige vollig verderbte Gefinnung, da 
man das Gute um ſein ſelbſt willen haſſet, oder den allg. Vor: 
tes hat, böfe zu bandein und daS anerkannte Gute haäaßt. 
Diefe Sinde nennt Johannes Br. 5, ı) die Sünde 
zum Tode, eine ne Sie if teufeliſch 
und wenige M. find derieiten faͤhig. Val, hriftl. Moral 


- rd. Eanzelgeer. zten Th, ıfle Abth. ©. 348. Da ei⸗ 


niae M. dazu Neigung haben Eönnten, fo ift eine Warnung 
vor derjelben im Allgem. nicht uͤberfluͤßig. Erbitterte — robe 
Seelen koͤnnen wohl diefer Sünde fähig feyn. — Man Fann 
iedoch ſolchen Menſchen nicht alle Hoffn. d. Befferung und 





„geſagt hatten, was ſich nur aus ihren Worten u. Zwei—⸗ 
„fein an der goͤttl. Wunderfraft errathen ließ; und dieß | 
„kann nichts Anderes geweſen feyn, als der Vorſatz, der 
„moralifhen Reform, die Jeſus zubereitete, OH zu 
„treten.“ 


we 
2 5 OÖ \ S. u . 


Taufe, (Abſichten bei deee 


dann der Vergebung abſprechen — 2) Der muthwillige Abfall 
von der einmal als wahr und wohlthaͤtig anerkannten Rel., 
Ebr. 6, 295 10, 26, oder auch die gefliffentiihe u. entichlofjene 
Berlängnung einer folchen: Religion. 3) Die Läfterung und 
gefliſſentliche Berwerfung aller Rel. und Aller Prüfung und 
aller Bewesaründe derielben oder der trotzige Widerfiand gegen 
alle Mittel der Ueberzeugung, oder dieienige Hartnädigkeit, wo 
ſelbſt der Gedanke an Gott das fittl. Gefühl der Suͤnder nicht 
mehr vom Boͤſen adfchreien kann. Eine ſolche Gemuͤthslage 
macht alle, Belehrung — Be. — und alfo alle Vergebung 
unmödglid). * £ Rn 

Vergl. Wefipfals Predd. üb. d. Evang, ITEM, Nr. 14. ©. 197: 
208: „Warnung wider die Verſtockung bei deutlicher Ueber— 
zenaung.. | 2. 

©. Dr. 1. S. Semleri Diff. de peccato in Spirit. S. Halae 
1768. 4.5 ©. ©. Rölter daß die Lehre v. dv. Suͤnde wider 
den h. Geift blos ein Mißverfiändniß d. h. Schrift fey; Sau⸗ 
rin's Predd. a, d. Tr, von Roſenberg. ır Th. 8p5.1744, 
Ir, 6. 7. © 233 ff. und 271 f.: von der Natur u, Strafe 
der Sünde wider den h. Seit; I. & Gilberfhlag’s Pre 
v. d. Sünde wider den h. Geiſt. Berl, 1777. 8. | — 

Bol, chriſtl. Moral f. d. Canzelgebr. IIIr B. d. Art. Jeſus 
II. A. ©. 593. „Aergerniß an Jeſu.“ — Noch bitte 
ich zu vergl. C. L Nitzsch de peccato homini ca- 
vendo, quanguaminhominem non cadente, 
ad illuftr. feript. locos de peccateirremifli- 
bili, Viteb. 180,4. 38% —— | 


2, 
Taufe, (Math. 28, 19.) 


Berge. Döderlein’s inft, Th. chr. T. TI. 5. 34632. ©. 748: 
731; Mori Comm, exeg. hift. T. Ik p. 490:546; 
Stäudlin’s Dogm, und Dogmengefh. ar Th. S. 155. ©. 
9582985 Cannabich's Kritik, 2te A. ©, 124 f.; Bez 
trachtungen üb. die eigenthbüml. Glaubensl. des 
Ehrifienth. ©. 438 f. 


J. Zwe m. Abſichten der Taufe. 


Bekanntlich ift die Taufe dieienige v. Jeſus Chris 
ſtus angeordnete, alfo hriftl. Neligionshandlung, os 
durch Kinder, zum Zeichen daß fie zum Defenntnif der 
chriſtl. Kiel. verpflichter werden, mie Waſſer etwas be- 





% " 251 
Taufe, (Abfichten bei der —). | 


goffen oder befprengt werden. Gie ift alfo gleichfam 
eine Huldigung, wodurch Kinder oder Erwachfene zur 
chriftl. Rel. übertreten und zu verfelben eingeweiht 
werden. — Cie hat folgende mwefentliche Merkmale u. 
Erforderniffe+ 1) das Bekenntniß der Haupf- und es 
fentlichen Lehren des Chriſtenthums, vorzüglich dag 
Hekenntniß Gottes des Baters, Sohnes und h. Gei— 
ſtes; 2) die Berpflichkung, diefem Bekenntniſſe gemäß 
zu leben, Nom. 6, 3 f.; IPetr. 3, 215 3) das Be: 
gießen oder Befprengen mit Waffer, alg ein Zeichen 
der verſprochenen Herzensreinigung und als ein Zeichen 
der Annahme des geleifteten Gelübdeg von Seiten des 
Taͤuflings und Gottes. Dffenbar bildet die T. die 
Dicht ab, ſich von den Befledungen der Sünde zu 
reinigen, Denn Taufen bedeute abwafchen, 3.2. 
Mare. 7, 8; Joh: 3, 15. | Ä 
Die Taufe Hat alfo zur Abſicht: 
1) Sie fol zum Zeichen v. der Aufnahme und Eins 
weihung eines Menfchen in das rifil. Gottesreich d. 
i. in die chriſtl. Mel.: Gefelfihaft dienen; 2) fie fol 
dem Taͤufling die Verpflichtung auf die Lehre Jeſu u. 
nach den Vorſchriften der chriſtl. Sittenlehre ein reis 
nes — unbefleeftes Gemwiffen zu erhalten und zu be- 
wahren auferlegen, IPetr. 3, 21. — 3) Sie fol dem 
T. die Wohlthaten des Khriftentbum zuſichern. — 
4) Der Täufling fol fich auch anheifchig machen, der 
ganzen Geſellſchaft, melche die chriftl. Rel. befennt, 
mit der zaͤrlichſten Liebe zugethan zu feyn, und zu blei— 
ben; wie nur Eine dhrifil. Taufe fey, fo follten 
fi) auch alle Ehriften alg Eine Kirche betrachten, 
Eph. 4, 3:6.— Ehriftus verordnete dieß finnl. Zeichen 
für die, die fich in die chriftl. Kirche begeben oder fich 
zur Zahl derer, die Gott auf eine geiflige und vern. 
Art verehren u. Jeſum für ihren Herrn u. Lehrer erfennen 
n. ehren wollten, rechnen, Matth. 28, 19. 20; Marc. 
16, 15. 16. Durch die Taufe fol der Täufling zum 
Bekenntniß, zum Glauben und Berehrung 
Des einzig wahren Gottes, welder fih als 
Bater, Sohn und Geiſt geoffenb., und wie 
ihn ung Jeſus befaunt gemacht hat, vder 
zur Religion des Vaters —— Geifteg, d. h. zur 
Rel., die uns Gott als den allgem. Vater aller WM. 


252 | = 
Taufe, (Erkl. der Taufformel.) ——— 


erkennen lehrt, die durch Jeſus — ben Sohn Got⸗ 
tes, bekannt gemacht und durch den h. Geiſt beſtaͤtgt 
und ausgebreitet worde Bl aufs — —— 
werden. 


Matth. 28, 19 heist: verpflichtet die M. surch die Taufe zum Staus 

ben an ven Bater — — Geiſt, over zum Bekenntniß oder zur Vers 
ehrung des Vaters — — Geiſtes. Auf Jemandes Kamen 
einen M. taufen, Heißt den Getauften auf eiwas verpflichten 
und verbinden, daß er die Lehre deſſen mit Mund und That 
annehine u. befolge, auf welchen er getauft wird. Der Taͤuf⸗ 
iS erklaͤrt ſich alfo durch die erhaltene Zaufe, daß, da er zur 

Rel.⸗Lehre und Seſellſch. Jeſu Chriſti fi) habe einweihen lafs 

A er fih den Anhängern Jeſu Veigefellen u. die eigenthämlichen. 

Pflichten überneliinen wolle, zu deren Erfüllung, diefe Perſon 

ihre Anhänger verbindet, un fodann auch der Rechte u. Bor: 

tyeile feiner Anhänger theilhaftig zu werden. Getaufte find 
alfo anzufehen als M., die fi) zum: Ehriftenthbum als einer 

Mel, bekennen, die unter der befondern Mitwuͤrkung Gottes in 

der Welt eingeführt, in verfelben erhalten und verbreitet wor: 

ven ift. Sie — als Schüler dieſer Rel. an Gott als 
ven allgem. Vater aller Menſchen, an fein in ter 

Menſchh. —— vollkommenſtes Ebenbild Jeſus Chri— 

ſtus, der auch fie zu der Wuͤrde der Kinder (Söhne) Gottes 

erheben will, und an einen wahrhaftig apttl, Geift, welcher 
in der Lehre Jeſu und durch diefeiße wuͤrkt und ung alle bez 

Ieben fol, Daher nehmen fie ven Inhalt ver chriftt, Rel. mit 

völliger Leberzeugung an und erfüllen ihre Forderungen. Im 

Grunde ift von Matth. 28, 19 der Sinn: verpflichtet fie auf 

die Rel. Jeſu von Gott als Vater, von ihm felbft als Exridier, 

und einer geiftigen goͤttl. Wuͤrkſamk. zur Bell, und Begluͤckung 
ver Menschen, ; 

„Nach dem Sprachgebr. der Biber bedeutet der Vater allemal 
„nen allein wahren Gott nad) allen feinen Eigenfchaften, Weiss 
„beit, Güte, Allmacht u, f. w. zugleihd; der Sohn — den 
„Menſch gewordenen Sohn Gottes Jeſum Chr., als ein vom 
„Vater unterfchiedened ſelbſtſtändiges Wefen, das vom Water 
„defandt, zur befiimmten Zeit auf der Erde als ein wahrhafter 
„M. erichien, und Heil, Geiſt, zumeilen fubiectivifch ge: 
„braucht — Gottes Geiſt — Verſtand und Kraft, die in alles 
„wuͤrkt; zuweilen obiectivifch genommen, die von ihm gewuͤrk⸗ 
„ten geiſtl. Oasen, Kräfte, Neigungen, Geſinnungen in den 
„menfcht. Seelen.” U. D. B. 8778. 136.6, 57. Versi. 
Ereget. Handdb.d. dogm. Beweisft. Th. ıfte Abth. 
©, 249 3258. 


Beider Taufe der Fleinen Kinder, wie fie 
bei ung ublich ift, ift fie mehr eine feierlihe Er- 


T. | 253 
Taufe, (über die Abf. der —). 


klaͤrung der Eltern, in welcher Rel. der, neue 
Weltbuͤrger erzogen werben foll und einellebertragung 
aller damit verbundenen Rechte auf a als Mitglied 
einer relisiofen Geſellſchaft. Da aber das getaufte 

Kind nachher, Menn es die gehorige Erf. von ber 
Wuͤrdigk. derienigen Rel., zu welcher eg eingeweiht 
worden ift, erlangt, Ach ſelbſ von der Verpflicht ung, 
Die angenommene Mel. zu befolgen, uͤ überzeugen kann: 

fo ift die geſchehene Taufe alle di ugs DE —* chtend, die⸗ 
ſer Ueberz. gemaͤß zu handein. Der Get aufte muß als 
folcher treu — eifrig und lebenslang Jeſu Vorſchrif⸗ 
ten, die in f. Lehre enthalten find, ausüben — ode 
tuaendh. lebe 1 1er. 3, 21. Denn ieder, Der auf 
f. Kumn,.D . 5 feine Lehre sefauft worden ft, 
gehört ihm an, Gal. 3, 27°29, und. fie ſollen für die 
Sünden oder, es follen Ihre Suͤnden glei ichſam begras 
ben werden und fie follen für die Tugend wieder auf: 
leben, Rom. 6, 3.4; Col. 2, 11. Der Taͤufling fol 
feinen Eeiſt erneuern, oder fich als umgeboren bes 
trachten, Zit. 3, 5; Ebr. 10, 22, 


Die Taufe fol aber auch dem Taͤufling feierlich 
den Antbeil an den DBerheiffungen der Rel. und alter 
Rechte und Vortheile derienigen Gefellfch., in die er 
getreten iſt, als ein Mitglied derſelben, und aller 
Wohlth., die wir Ehriften Sefu zu verdanfen haben, 
zufichern, Seh. 3,55 Sal. 3, Tit, 3, 55 Nom. 
6, 4 f. — Sie iſt auch ein finnl. Berficherungsmittel 
der Vaterliebe Gottes. 

Das Berfprechen, Gott als den — wahren Gott 
und Vater, Jeſum u. den h. Geiſt zu verehren (nach 
iener Erfl.), Jeſu Lehre in der That gemaͤß zu leben 
und die — der Wohlthaten Gottes und des 
Chriſtenth. wird gewoͤhnlich, aber nicht ſehr ſchicklich 
und deutlich der — genannt. 

Vergh Reinhard a. a. O ©. 568. 


lPetr. 3, 21 heißt Bund io Viel als das vebliche Verſprechen, wels 
ches iemand gibi an Gott, und Jeſu Lehre zu glauben u. Gott 

zu gehorchen. Sinn: wie Noah errettet wurde im Waſſer, 

ſo find wir durch das Taufwaſſer, von welchem man ienes als 

ein Bid aufehen Ednnte, errettet werden, jedoch nicht in fies 

fern wir bei derſelben mit Waſſer beſprenget oder dadurch, daß 

wir blos getauft worden ſind, ſondern in ſo fern wir durch die 


254 2, 
Zaufe, (Berpflichtung zur —). 


Zaufe zum Glauben und Gehorſam verpflichtet und zum Bes 
Fenntniß des wahren Gottes und ver wehren Net, gebracht 
worden find. Bon Zit. 3, 5:7 ift der Sinn: „nachdem Je— 
ſus in die Welt gekommen, gelebt, gelehrt und die weiſeſten 
Anftalten zur Berl. der M. getroffen Hat, indem er das Ehris 
ſtenthum ausbreiten ließ, find auch wir durch Gottes unver> 
diente Liebe errettet von Unwiſſenheit, Übers und Unglauben 
und von Lafern (V. 3.) und durch die gefchebene Taufe und 
den durch die Annahme des Chriſtenthums uns reichlich mitge— 

ttheilten h. Seiſt andere und beſſere M. geworden, fo daB wir 
nun ficher auf fein Wohlwollen rechnen, und uns eine ewige 
Gluͤckſeligk. verſprechen Fünnen, Der Ausdr. „Wiedergeburt be» 
zeichnet Umänvderung des M. — Beſſerung. 


Die Taufe iſt auch das Befenntniß der Hofnung, zu 
Jeſus und zu den Seligen in eine andere Welt zu 
fommen, ISor. 15, 29. Es war Jeſu nicht um ei- 
ne bloße Geremonte zu thun, wobei der M. nichts 

Dachte, fondern er wollte durch die Taufe Belegen 
heit geben, an dem fo feierlich angenommenen Glas 
ben um fo treuer und feſter zu halten und ſich ſeiner 
Rel. zu weihen. 

Alle M., alle Kinder, die Chriſten ſeyn und 
werden wollen, müffen getauft werden, die Geſchlechts— 
verfchiedenheit macht da feinen Unterſchied; Marc. 16, 
16; Gal. 3, 28. 29. Taufen fol man auch alle M., 
die Ehriften werden wollen, ohne, Unterfihied des Als 
ters. Denn die Taufe ift ia die Feierlichk, wodurch 
man M. unter die Zahl der Anhänger Zefa aufnehmen 
fol, damit man fie in der chriftl. Rel. immer mehr u. 
vollftändiger unterrichte. 

Dal. Charck's geiftl. Neben, 4r Th. Nr. 3. ©. 
49 ff.: „die Abf. und der Endzweck der Taufe, cin 
neues Leben gu f.“ üb. Rom. 6, 3. 4; Teller’s 
Mag. f. Pred. IXr 3. 28 St. ©. 61-65: „warum 
werden wir getauft? was hat es für einen Zweck und 
Nutzen? 

II. Verbindlichk. der Neubekehrten u. der Kin— 
der getauft zu werden und zur Einſtimmung der 
Erwachſenen in die — in ihrer Jugend an ihnen ge— 
ſchehene Taufe, 

Chriſtliche Eltern handeln vernuͤnftig, wenn ſie ihre 
Kinder in eine Kirche aufnehmen laſſen, in welcher ſie 
ihr wahres Wohl gefunden haben, im der gegruͤnde— 


®; 255 
Taufe, (Berpflihtang zur —). 


ten Hoffnung, daß, wenn ihre Kinder verftändig ges 
worden find, fie dieſe Aufnahme mit Dank genehmigen 

. werben, 

1) Die Taufe iſt nothwendig, weil fie Jeſus befohlen 
und alg eine Eirweihungsfeierlihf. zum Bekenntniß 
f. Echte angeordnet bat, Matth. 28, 19. Sf hatte 
gewiß feine meife Abfichten, warum er fir ansrdnete. 
Er wollte fihb damit an den fihon unter f. Nation 
vorhandenen Gebrauch anfchließen, indem fie Die zu h⸗ 
ver Mel. übergebenden Heiden tauffe, und ſ. Verehrer 
durch dieſe Ceremonie am Bekenntniß feiner Rel. um 
fo fefter halten. 

2) Sie flieht aus den Begriffe v. der chriſtl. Kirche, in 
‚welche man nicht ohne das Berfprechen eintreten kann, 
ihren Gefesen gemäß zu handeln, welches gerade ein 
roefentl. Eherafter der Taufe ift, IPetr. 3, 21. 

3) Das Neußerlihe bei der Taufe ift ia zweckmaͤßig. 
Weiſe ift die Wohl des Waflers zur Taufe und des 
damit gleichfam gefchehenden Abwaſchens. Jenes iſt 
ia faft überall zu erhalten, und ſchickt fi daher am 
beiten zu der großen Allgemeinheit, mit welcher die 
chriſtl. Rel. berrfchen fol. Es ift auch das Abwa— 

ſchen, oder auch dasBefprengen eine anfchauliche Vor— 
ftellung von dem, wozu fih der Taafling beim Usber- 
tritt zum Chriſtenthum anheiſchig macht, namlıh von 

der ganzlichen Neinigfeit aller Gefinnungen und deg 
ganzen Lebens, vorzüglich nach der Art, wie die ©. 
erſt und im Morgenlande durch völlige Untertauchung 
gefchahe, Der neue Chrift wurde unters Waſſer ge— 
taucht und den Augen der Welt entzogen; fo wurden 
feine vorherigen Gefinnungen gleichſam begraben. Er 
kam wieder aus dem Waſſer hervor ald em gereinig- 
ter, als ein neuer Menſch; IIKor. 5, ı7. Nachdrück⸗ 
licher konnte feine offentlihe Handlung alled, was ». 
einem neuen Ehriften erforderte wird und wozu er ſich 
verpflichtet, vorſtellen, als dieſe. Sehr treffend und des 
deutend erinnert Das Waffer an Herzengreimiguns. Die 
Taufe macht alfo auch dem finnl. MR. die Verbind— 
lichkeit zur Unfchuld und zur Beſſ. des Betragens an- 
fhaulih, Kom. 6, 4. Sie verfinnficht ihm Die »er> 
pflichtung, fih von allen Sünden zu fäubern, ven 
Sünden abzuſterben, feine Geſinnung ganz zu heiligen, 


' 


Be | T. 
Taufe, (was wuͤrkt die T. nicht?) 


und gänzlich u. unverbruͤchlich Gort ergeben zu feyn. 
Unter diefen Bedingungen hat erſt der Taͤufl. mit ‚Se: 
ſus Chriftug eine innige und ewige Gemeinfchafe. 


4) Die Taufe ift fehr nüglich und heilfam wuͤrkſam — 
en für die Kinder, denn fie führe zur Annahme, 
Erf. und Befolgung der chriſtl. Lehre. 


Wenn das n. Teſt. ver Taufe Ap. G.2, 38; 22,16 die Kraft der Vergeb. 
der Suͤnden u. Tit. 3, 5; Gal. 3, 26 die gaͤnzliche Erneuerung 
des Geiſtes (Denkart) zur wahren Froͤmmigk. zuſchreibt: ſo iſt 
das nicht v. der Wuͤrkung der Taufe an ſich d. h. des Waſſers 
oder des Sichtbaren und Bedeutenden der Handl. zu verſtehen. 
Wie koͤnnte die Taufe Vergebung der Suͤnden bewuͤrken? Denn 
die Eleinen Kinder haben noch nicht gejündigt. Und wenn fie 
gefüntigt hätten, wie könnte die Taufe iene bewuͤrken? Als 
Wajjfer? oder als ein Wort Gottes? Das Waſſer aber hat 
keinen Einfluß auf die Seele; als Wort nicht, denn wie kaun 
ein bloßes Wort Vergeb. der Gänke bewuͤrken? Laͤßt ſich die 
Strafe der Suͤnde durch ein Wort aufheben? Es iſt ia auch 
die Vergeb. der Suͤnden keine blos willk uͤhrliche, blos v. Got— 
tes Allmacht abhaͤngende Handlung. Was Bindert ihn dann, 
diefe Gnade auch ohne Zaufe zu ſchenken? Es liegt ihm doch 
gewiß nichts daran, daß ein M. mit Waffer begoffen oder bei 
fprengt wird. Ein heilſames fittl, d. h., eindas Kind beiferndes 
Mittel Cdeffen es nicht entbehren Eünnte,) kann auch die Taufe 
nicht feyn, denn es weiß ia nod) gar nicht, daß es getauft wird 
oder gerauft it? Der Gebrauch eines Belferungsmittels kann 
blos oder an und für fich nicht Gottes Gnade und Suͤnden— 
vergebung ertbeifen, denn fonft müßten die von — Erwachfenen 
gebrauchten Befferungsmittel — die öffentl, Gottesv. und das 
heil, Abendmahl das gewiß geben u. bewürfen, da fie yon ih— 
nen verfianden werden koͤnnen. Gie bat Eeine (pPhyſiſche) leib— 
liche Würkung auf die Seele, es kann aud) Feine leibl. Kraft 
eine fitil. Würkung ÄAußern, Daher Eann der Ausdr. Tit. 3, 
5 die Zaufe ifi ein Bad der Wiedergeb. nichts anders 
beißen, als: Sie bewärft einen veränderten Zuft. der Getauf— 
ten, indem Juden oder Heiden zu derienigen Net. = Gefelfchaft 
übertreten, welche in ver Ref, ein Mittel zur Beſſ. und Umaͤn⸗ 
derung — zur Frömmigkeit darbietet. Die T. ift die Der: 
pflicytung zur guten Gefinnung u. zu einem frommen Lebenss 
wandel, — Bei Ununterrichteren u. Ungläubigen wuͤrket die 
T. nichts. Selbſt iene Stellen (vgl. auch Marc. 1, 4) fenen 
auch ausdruͤcklich die Sinnesänderung und die Anz 
nahme ver Lehre Jeſu hinzu. Jene Stellen reden, wenn 
fie ver T. Sündenvergebung und‘ Geiſteserneuerung beilegen, 
von den Würkungen der erkannten und angenommenen Lehre 
Jeſu, zu deren Bekenntniß amd ihrer fittl., den Geiſt er⸗ 

neuern⸗ 


Or 


= | 257 
f] ] : 
Taufe, (Nutzen der —). 


neuernden Anwendung der Taͤufling ſich verpflichtet, EEph. 
5, 6; I%Xetr, 3, 217, desgl. v. der goͤttl. Kraft, welche die 
guten Borfäge unterſtuͤzt. Delle Einfidten in der 
el. und freiwillige Unterwerfung unter 
-thre Borfhriften Bleiben deshalb immer die 
Hauptladhe beider Taufe. Ohne dieſelbe nimmt der 
Menich unwuͤrdig Theil an derſelben. Man muß deshalb 
die Beil. und Sündenvergeb, nicht als leibl. Wuͤrkungen ter 
Taufhandl. auſehen. — 


Die Taufe bat folgenden Nutzen; 

a) Sie verfichert ung von der Hauptwohlthat des Chri- 
ftenth., welche alle übrigen Wohlthh. in fich fchliegt. v. 
Gotkes Batergefinnung gegen ung, nach welger er ung 
ale feine in Chriſto begnadigfe Kinder anfehen und 

behandeln will, Gal. 3, 26. 27. Wir können daher 
das Zutrauen haben, daß er ung verforgen und ung 
alles geben werde, was mir nach f. Willen Bitten, 
attb. 6, 31: 225 Joh. 5, 145 - 15, 3, desgl., daß 
er ung einft als feine Kinder an feiner Seligk. werde 

Theil nehmen laffen, Rom. 8, 17; FJoh. 3, 1. 2 

b) Wir treten durch die T. in den Genus alfer Wors 
rechte der chrifil. Freiheit, welche für unfere ſittl. Bil 
dung fo wichtig if. 

ce) Sie ift ein heilſames Mittel, unfere Befferung von 
Rindheit an anzufangen u. fortjufesen. Sie wird dieß 
auch ſeyn, fo lange wir leben, theils, weil uns Sort 
im Chriftenth. feinen Geiſt, Beiffand verfpriche, welcher 
uns zu allem Guten antreibt, und darin erhält, auch 
in Leiden beruhigt und troͤſtet, Sal. 1, 65 Nom. 8, 
14:16, theils, weil wir dadurch in eine Religions» 
gefellfchaft aufgenommen worden find, die ung bie 
ganze Befferung und Vervolk. fo fehr erleichtert, ins 
dem fie ung z. B. an die Pflichten unferer Reh, zu 
der wir ung durch die T. von Kindh. an befennen,: 
iind nachher fie und Die Ausuͤbung Derfelben durch die 
Ablegung des Glaubensbekenntniſſes öffentlich befannt 
haben, fleißig erinnert, dazu täglich ermunfert, uud 
uns durch Geber, Bibelleſen, dach 3. geben antreibt, 
fo zu denken, geſinnt zu ſeyn, zu handeln, zu dulden 
und zu genießen, wie es Bekennern und Verehrern des 
wahren Gottes und insbeſondere den Beiennern und 
Nachfolgern Jeſu zufomme. | 
Chriſtl. Gt. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 TH. R 


X 


258. 2, 
Taufe, Berhaften i in Rüdf. der —). 


d) Die Taufe iſt nuͤtzlich für Eltern. Sie überzeugt 
"fie von Gottes Daserliebe gegen ihr Kind, auf eine 
feiert. und find. Art. Sie verpflichtet und ermuntert 
fie zu einer pernünftigen u. Gottgefaͤlligen Erz. der 
Ki vier — 
Wie vernuͤnftig — wie webithat iſt alſo die 
Taufe der Kinder ſowohl für die Kinder, als auch 
fuͤr die Eltern! 
Sie ift zu al len Zeiten ein Euer frefiender, lehr— 
reicher und ruͤhren dp Kirchengebrauch. Durch diefelbe 
ter on Kinder der Wohle back der Lehre Jeſu u. des 
gottl. Beiſtandes zum Guten tbeilhaftie. 
Sie rettet uns nicht als eine Reinigung 
son körperlichen Sleden, fondern als eis 
ne Berpfligfung zu einem guten Betra⸗ 
en. | 

+ Daß Kinder, wicwohl fie nicht sur T. einſtim⸗ 
men und auch nicht einflimmen Finnen, getauft 
werden, iſt nicht zu verwerfen. Denn die Abfiche 
ift, fie der Vortheile von der Annahme des Chrifteneh. 
deſto geiviffer zu verfichern und ihnen ein Recht auf 
die chrifil. Erz. zu geben, und fie durch diefe feierliche 
Einweihung nod) mehr. zur Beibehaltung einer Rel. 
zu verpflichten, für welche fie unter — und von Bes 
Fennern berfelben geboren, gleihfam von Natur be» 
— me zu ſeyn ſcheinen. Eltern weihen durch die 

Gott ihre Kinder, der ihnen dieſe Wohlthat, Chri— 

—— zu ſeyn, erwies und ſie bekennen, daß ſolche 
auch an den Wohlihaten Gottes und der chriſtl. Rel. 
Antheil haben follen. 

IV. — Verhalten in Ruͤckſicht der 
8 au 

1)‘ Men vermeide die Fehler, welche man gewöhnlich in 
Abſicht auf die — begeht, naͤmlich — a) daß man 
an die bei derſelben uͤbernommenen Pflichten ſich nicht 
fleißig erinnert und ihnen nicht Pag ſtrebt; 
b) daf man die burch Diefelbe gefchehene Aufnahme in 
die Gemeinde Jeſu nicht, nit Danf anerkennt; — c) daß 
man der 3. eine an fih ſchon feligmachende Kraft 
beilegt, deshalb mie derfelben bei Kindern überhaupt 
und vorzuͤg glich bei ſchwaͤhl. und kranken Kindern eilt 
und die Noth-Taufe verrichten laͤßt, weil man ſich 





| =, ; 259 
Taufe, ft an u. für fih Fein Mittel zur Seligk.) 


ein Gewiſſen daraus macht, wenn fie ohne Taufe weg— 
ſterben. Ein etwaniger underfehnidefer Mangel der €, 
ſchadet dem M.aber gar nit. Unchriſtlich aber iſt es 
bollends, Kinder zu verdammen, die ohne Taufe ſter— 
ben. Dieß legt ſchlechte uud Schwache Renneni fe 80 
Gott und ber Bidel dar. Wie-fann man an der Se— 
ligkeit ungetaufter Kinder zweifeln? Die Rothe 
taufe if keinesweges enibehrlich. Nur dann, wenn 
fe zur Seruhigung der in Erk. noch — Eltern 
dient, Zann fie ertheilt werden. Die Taufe iſt 
Feine Bedingung u. Fein Mittel der Seligk., 
welche allein von einem derſelben empfaͤnglichen Ge— 
muͤthsz — dt. 


Ay, Gef. 5, 5 zeigen die Worte: „Sohannes hat nicht — — wer⸗ 
den,’ daB Seins Shriſtus auf die Weſſertaufe Feinen großen 
Werth legte. 


Die T. bringe durch Feine unmittelbare Wuͤrkung 
eine rel: siofe Gemüchsverf.. hervor, Marc. 16, 16. 
An und für fih iſt die ©. fein Mitte 7 das auf unfes 
re Bernunft und Babürdh auf unfern freien Willen u. 
Entſchluß wuͤrkt, wie doch iedes Mittel, das ung zur 
Gel ir. empfaͤnglich und faͤhig machen ſoll, ſeyn u. wie 
es wuͤrken muß. Denn das Kind verſteht nicht die 

Belehrung über den Zweck, Nutzen und über die Vor— 

rechte der Taufe. Das Waſſer in der T. kann gar 

nichts wuͤrken. Die T. ut alfo nicht den M. zur 

Geliaf. gefchicft und faͤhi 

Marc. 16, 16 beweißt ger nicht Me Nothwendigk. der Taufe 
zur Geligfeit, &s beißt blos! wer nicht glaubt, (nicht 
aber: wer nicht getauft wird,) der wird verdammi, Über als 
ein feierliches Bekenntniß der chriſtl. Lehre iſt die Taufe 
nothwendig, deshalb befahl Jeſus die Neubekehrten zu taufen. 

300. 3, 5 beweißt auch nicht die Nothwendigkeit der T. zur 

annabichs Keitif sc, 2te U. ©, 132 f. 


Sieht man in der moralifche fe heit getauf⸗ 
ter oder nicht gefaufter Kinder eine Verſchiedenheit?! 
Sur bieienigen Kinder iſt alſo die I. Fein Mittel der 
Seligk., die bald nad) Ihrer Gebt irt idea wieder aus 


der ns —— heraustreten. So lange ber 
W tauf che erwacht ne 
„ar: tauften Kinder noch ii erwacht iſt, ha⸗ 
ben ſie — keine Begriffe von Recht u. Unrecht, 
— 


* 


260 


a 


Taufe ® (rechtmaäßiges Verhalten bei der —) 


u. 28 kann auch) ſelbſt bei der unerweislichen Annahme 
einer außerordentlichen Würfung Gottes an Feine firt- 
lich befjernde Kraft der Zaufe in ihnen gedacht wers 
den, weiche die T. aud) bei Erwachfenen nur durch 
die Erinnerung an die mit dem Uebertritt zum Chris 
ſtenthum verbundenen Vortheile u. Erm. zur Ausüb. 
der chriſtl. Mel. erhaͤlt. | 
Maith, 18, 6 wird den Kindern Feine eigentl, Tugend beigelegt, fonz 


dern nur Me ihnen in ihrem Alter eigene Unbefangenbeit, Bes 
ſcheidenheit nad Nachgiebigkeit zur tachahmung aufgeflellt, und 
22.138,17 will nicht jagen, daB, um felig zu werden, der Er⸗ 
machine mehr nichts zu thun habe, als kindl. Unſchuld anzu 
nebinen. Die Erforderniſſe zur Froͤmmigk. als der Bedingung 
der Seligk. Lat nicht das Bengebrrne Kind, fondern der Erz 
wachjene noch der Entwickelung ſ. Vernunft und Lenkung f. 
Billens auf das Gute. Es if cin Vorurtheil, daB durch die 
Kirchentanfe der heil, Geiſt ausgegofeen werde, Nah Jo— 
bannes dem Taͤufer und Ap. ©, 1,5 war und iſt ia die 
Kaufe mit Waffer nur ein Bild von der X. mit dem h. Geiſte. 
Unterrihtind. hrifil,. Lehre, welde hrifl. Ein: 
fihten u. hrifil. Öefinnungen mittheilt, ift die 
wahre Taufe Die grifil. Neu ſelbſt if das Dad 
der Wiedergeburt u. der Erneuerung des h. 


—ñi 


Geiſtes. 


d) Daß man bei der Taufe Anderer mit Leichtſinn zu— 
gegen iſt; — e) Daß man bei der Uebernehmung der 
Pathenſtelle unchriftl. Gefinnungen zeigt. 


Rel.⸗Lehrer muͤſſen nicht mehr die Teufelsbeſchwoͤrungen bei der Taufe 


vornehmen, Man konnte es Luthern nad) feinen Auguſtini⸗ 
ſchen Grundſaͤtzen verzeihen, daß er, welcher ſelbſt viel mit dem 
Tw zu thun hatte, glaubte, daß der T+* die Kinder leiblich 
beſitze. Aber in unſern Tagen darf es nicht mehr heißen: daß 
ein ungetauftes Sind ein Heide, das getanfte aber ein Chriſt 
fey, Denn ein unſchultiges Kind, welches noch gar nichts 
denkt, noch ger nichts will, und, wenn es Trab getauft wird, 
die Bruft der Mutter noch nicht kennt, foll vom Teufel befeifen 
feyn, wenigfiens in deſſen Reich gehören ? Gott, der Bater der 
Liebe. ſchuf es zum Gluͤck und nicht zum Verderben. Joch hat 
es, wenn es beiprengt wird, nicht fündigen und fi) des Wohl: 
wollen3 Gottes verluſtig machen Finnen, Noch iſt e8 entfernt 
von alfer Gemein’), mit böfen Geifiern, und ein feliges Kind. 
Die Pathen Eönuen eher die Geſinnungen eines böoͤſen Geiſtes 
Haben. Wie könnte auch, Wenn ienes wahr wäre, tie Bez 
fchwörungsfermei den T** verfcheuchen?! — Del, Lehrer 
muͤſſen auch die Zauffornulare ſaͤubern und z. B. nicht mehr 


— — — 


* 


Taufe, (rechtmaͤßiges Verhalten bei der —). 


‚ beten, „dab Gott dem Gartem Kinde die Suͤnden vergeben 
wolle, welde ibn von Adam ber angeboren find, und die es — 
ſelbſt hinzugetban bat,“ Gibt es wol angeborne Suͤnden? 

Kann ein Kind, weiches noch nicht denkt, Suͤnden hinzu⸗ 

thun? 2? 


2) Man füche durch ein rechtmaͤßiges Berhalten, in ins 
ficht der Zaufe, beſonders nach d erſelben ihre — 
ſicht zu erreichen. Man muß deshal — a)die Haus⸗ 
taufe mgglichſt Lermeiden und bie ©. Seenstich ver⸗ 
richten laſſen. Denn die 2. iſt doch’ eine feierl. Auf— 
nahme ip ein Öffentlicher Zutritt zur chriſtl. Gemein⸗ 

e; alle feier! lichen —— ber pflegen bei a! ige: 


r 


meinen Gerfemmlungen der zur Geſellſchaft gehöri 
gen Mitglieder zu geſchehen. GE iſt auch Die = m 

durch die Ba chen aefchehendes Verfprechen des Taͤuf— 
lings, der chriftl. Kehre treu zu ſeyn umd zu * en. 
Die Pathen, die Eltern und Anweſende fagen Hl, daß 
fie ſorgen wollen, daß der Taͤufling gut und chriſtl. 
erzogen werde u. ſ. w. Dazu bedarf es mehrerer Zeu— 
gen. Die T. iſt demnach ein offentl: Geſchaͤfte. Als 
ſolches muß es auch offentlich ge trieben werden, damit 
die Gemeinde wiſſe: der und der — die und die iſt 
nun zu uns getreten, bat mit uns gleiche 3 serpflich“ 
tung und echte. Ueberdieß gibt die öffentliche Taufe 
Gelegenh. zu guten und einbringlichen Ermahnungen, 
Erinnerungen u. Entſchließungen. 


Wenn die Landesgeſetze an einigen Orten beſtimmen, bis zu welz 
dem Stande die Haustaufe geſtattet werden fol, fo wolz 
len fie dadurch) fagen, daß fie eigentlich oͤffentlich geſche— 
den joll, 


Die öffentliche Taufe ifE auch Biel feierlicher. 


Deshalb lefe vet Rel.Lehrer nicht Bios das Taufſormumlar ab, welches 
oft nichts von dem Bat, was tie Hauptlache iſt; ſondern zeige 
in einer Eurzen ruͤhrenden Anrede ven Zweck m, den Nutzen ber 
Taufhandlung. 

„Die Taufe des Kindes ſollte billig in der Gemeinde: Verſamm⸗ 
Aung, auch erſt nad) einigen Wochen, alsdenn naͤmlich geſch e⸗ 
„sen, wenn die Woͤchnerin vollig hergeſtellt, bei Kraͤften, und 
„folglich im Stande iſt, den Mugen dieſer h. Handl. recht zu 
„Senießen.“ Les chriſtl. Rel.-Theorie, zte A. ©. 697. 


b) Man erinnere ſich oft an feine Taufe, als an eine 


große Wohlthat Gottes und ald an eine uber inommene 


262° AR: 
Taufe, Verhalten in Ruͤckſicht auf die — 


V erpfi chtung zur Beſſerung. Man muß deshalb an 
die Abſicht der geſchehenen Ti zuruͤckdenken, naͤmlich 
daß wir durch dieſe in ai Sinne fallende rührende 
Feierlichk. in die chriſtl. Kirche eingeweiht oder in die _ 
chriſtl. Religionsgeſellſchaft au fgenommen, zur An 
yahme der chriſtl. Mel. und gu einem bderfelben ge 
maͤßen Wandel verpflichtet worden find, wodurd ung 
theils die Mechte der Chrien, Gottes Verheiſſ. und 
die Wohlen. der chriſtl. Mel: Berfaffung zuaefichert 
foorden find, theils auch die Ausübung des Guten 
erleichtert wo eben iſt. Man muß ſich deshalb auch 
an ſie erinnern, um ſich zu pruͤfen, ob die Abſichten 
der — uns —— worden ſind? naͤmlich — 
aa) ob man den hohen Werth der chriftl. Rel. recht 
zu ſchaͤtzen wiſſe, dag man burc Die Taufe on derfels. 
ben Antheil — bat u. Antheil nimmt; — bb) ob 
man auch WIE, was man glauben fol? ob man fid) 
vor Un— ud Ubergl. bewahrt habe? Die feierliche Auf 
nahme in Die hriftl. Kirche foll eine lebhafte Erinnes 
rung an die Verhaͤttniſſe des M. zu Gott hervorbrin— 
gen und alſo den Glauben erwecken und beleben. Dieß 
fetzt natuͤrlich voraus, daß ſchon Glaube in dem M. 
vorhanden ſeyn ſoll. Man nuß ſich alſo prüfen: ob 
man nach einer —— Ueberzeugung von der 
Wahrh. und Goͤttlichk. der ehren und nach Be 
rung feiner Erk. trochte? Befindet man die, o 
muß man fich mit ber hriftl. Lehre immer mehr. ni 
kannt mar 2 und feine Erf. und ueber keugung immer 
mehr aufklären und berichtigen. Man muß auch bei 
feiner — lieh berzcugung Randhaft beharren, 
alſo nicht durch falſche Schaam ſeinen Glauben ver— 
bergen, ſondern im Bekenntniß deſſelben feine. Ehre 
fehen. Dan muß fih nicht durch feine Neigungen 
oder durch die DEIN böfer M. von Dem Wege der 
Wahrh. und Pflicht abwen dig — laſſen, ſondern 
man lenke durch ——— ſitaͤt ſeine Neigungen u. uͤber— 
winde die Reitzungen zur Suͤnde. — Man muß ſich — 
cc) in ber Hinſicht an feine 2 Z. erinnern, Daß man fich 
prüft, ob man die in ber durch Die Zaufzengen 
gleichfam in unferm Maine one en Zuſagen daß 
man die goͤttl. und die damit verbundenen Forderun— 
gen erfüllen und die den goͤttl. Zuſagen entgegenfte- 


x 


ch 
N 
| 


— 





Taufe, (Verhalten in Rüdfihe auf die —). 


henden Pflichten wahrgenommen — De T. ift ia 
nach IPetr. 3, 21 der Anſpruch eines guten nn iſſens 
zu Gett, d. h. fie iſt eine Berpflid — fi r den Taͤuf⸗ 
ling, ſich von den Eünden zu re — um hr we⸗ 
gen der Suͤnden feine B Vorwaͤrfe; beſorgen, ſonder 
ein ruhiges Bewußtſeyn zu babe, eott Bertrauen u. 
ihn Vater nenzen zu — Man muß ſich alfa un— 
terſuchen, ob man auch als Chriſt ſo lebt, — ma 
leben muß und ob man alle ung shliegende 8 pfüchten 
vollzieht? Jeder, wer ſich dieſes beiahen fann, ſchafft 
ſich ein gutes Gewiſſen, IZim. 1, 18. 19; Ap. Ge ich. 


Dal. Eeller?’8 Maga. or DB. 28 ©. Nr. za. ©. 


167: 171 „di nt der noͤthigen u. beilfamen Erinnerun 1 
en die Zanfe ub. d. Ep. am 6ten S. n. Tr.; Dr. F. 
V. Reinhards 1798 gehaltene Predd. Sulzb. 1799 


BNer. S. 5-20; „Erinnerung über unfere Ri 
un in den Schooß der chriſtl. Kirche“ über Luc. 
21. | 
=) Der Taͤufling benutze, wenn er zu Jah— 
ren fommt, diefe Wohlthactrecht. Er ſtelle 
ſich lebhaft die dadurch erhaltene Verpflichtung vor u. 
erneuere ſeinen Vorſatz, die Taufgelübde immer treuer 
zu erfuͤllen, naͤmlich a) ſich von Suͤnden loszumachen, 
Soft ia nicht zu wi iderſtreben, ſondern durch feinen 

Beiſtand als ein Chriſt Gott aͤhnlich zu denken u. zu 
vollen und himmliſch zu leben, ı AT in feiner Liebe u. 
Gemeinfihaft einft in die andere Welt übersugchen, 
Tit. 3, 5. Er muß fih fies de 8 2 zw! ks der ©. be⸗ 
wußt bleiben und daran denfen, daß er beshalb fo 
früb ift getauft worden, daß er Feine Zeit Dee Lebens — 
Gott gleich ſam wegnehmen Pr Er muß vorzuͤglich 
ſeine in der Jugend El Sünden bereuen, fie Gott 
abbitten and ſie mit Tugend 2c. Pſ. 25, 7. Jede 
übe fi ſich alſo in der — ing fündlicher Reigungen, 


— 


in der‘ Befiegung ſuͤndl. Neigungen und im Beſtreben, 


immer edler und Gott mohigefälliger geſinnt 1; 
denn iede Suͤnde, Weihe man begeht, iſt eine ſtrafbare 


Entweihung des Taufbundes. Wie kann man auch 
beim Suͤndigen ber herrl. Vorrechte des Chriſtenthums 
und der befel — Hoffnungen ca die Ewigtkert ich 


erfreuen! Durch die Suͤnde sehn wir vielmehr Ser 


Taufe, (Verhalten in Hinfiht der —). 


herrlichen, durch die Taufe erhaltenen Vorzuͤge verlu⸗ 
ſtig, Rom. 6, 20. 21. b) Jeden Tag des Lebens muß 
der Taufling fih näher dadurch mit Gott vereinigen, 
daß er Beweiſe gibt, wie er techtfihaffen gegen den 
ienigen handle, der alle feine Verheiſſ auf's treueſte 
erfuͤllt, IPetr. 3, 21. Er muß alle Tage feinen Eifer 
in: Guten vermehren. Denn die T. iſt eine feierliche 
Ertl, fh auf feiner Seite der Anordnung Gottes: 
mie der M. jeden fol — zu unterwerfen. Wer das 
Chriſtenthum annimmt, verbindet fich zu einem neuen 
eben; wird dieſes nicht erfüllt, fo kann auch Gott 
nicht auf feiner Seite feine Gnade ——— Gal. 3, 
27.3.2, 10 214, K0M. 06,5 A Da bie T. ung nad) 
1 Peer. 3, 21 felig macht, oder vom V Berderben errettet 
durch Jeſu Auferſtehung, d. h. da Seins Chriſtus dem 
Getauften zu gut von dem Tode auferſtanden und zu 
einem neuen Leben auferweckt worden iſt, ſo kann er dieß 
ſo auſehen, daß er ſich Gottes Wohlwollen verfprechen 
koͤnne. ein inniges Gebet zu Gott, daß er ung 
Pu. feinen Geiſt dazu flärfen wolle, trägt diel da⸗ 
zu bei. 

8 Man bewafne nid) durch die Erintterung an bie Ber: 
heiſſungen der chriſtl. Rel. mit Muth und Standhaf- 
tigfeit ın Ueberwindung der fich bei Rr. 3 findenden 
Hinderniſſe. 

5) ern und Taufzeugen muͤſſen die Kinder, da durch 
die I. dieſelben öffentlich in bie chriftl. Gemeinde uͤber— 
ſind, in der — Mel. erziehen laſſen, und 
ihnen Unterhalt und) } Unterricht ocrihaffen. Auch muͤſ⸗ 
ſen Ibrgte iten dahin ſehen, daß den Getauften eine 
riſtl. Erziehung und Unterricht in der Religion zu 
Theil werde, damit ſie dag Recht der Gemeinſchaft 
enießen. 
Vgl. Neinhbard’g 1799 gehaltene Predd ar B. 
&, 1:29: „von den Gefühlen und Sefinnimgen, 
somit wir als Chriften Neugeborne behandeln fol: 
len. — 

6) Man wohne einer Taufhandlung theilg gerne als 
einem Theil des öffentlichen Bottesdienfies bei, theils 
nehme man daren mit Andacht, als einer Stiftung 
Jeſu Chriſti, als —— wegen ihres Zwecks bei. Man 
ſielle dabei zweckmaͤßige Betrachtungen an, z. B. man 





‘ 


— — 265 
Teufel, (der —— was?) 


denke an ſeine eigene Taufe, bete fuͤr den Getauf— 
ten fi. 
7) Dan forge für die, deren Taufzeuge man wird, fo 
viel als man fann, und heife ihren Neligionsun nfets 
yicht befördern; vergl. den Art. Pathen in der 
Brifl Moral f. dm Canzelgedbr. ih ©. 
550 ff. 
S. Clark's geifil Reden, ater EB. RL ie} ©. 
.ıf.: „Glaube, der bei der Taufe noͤthig iſtz“ Po— 
ckeles Katehismuspredd. Halle 1781. gr. 8. Air. 15. 
©. 3558: 70. > hoben Würde der — Bruͤck— 
ners Predd Gb. Die ‚Evang. ır Th. Lpz. 1786. gr. 8. 
E. 172 ff.: „Belehrung fuͤr Chriften, die su Faltfinnig 
und zu aͤngſtlich find in Anfehung der Taufez R. 
Dapp's Predigtbuch für Landleute, über d. Ev. am 
Seham nistagt, ©. 422 f.: „über die chrifil. Taufe, 
1) wag fie 1? 2) Erwägung einiger dabei übl. Gr 
brauche ;' ber Pred. an denchriftl. Feſttagen, od. Predd. 
bei bei snde en Faͤllen, zter =. epy. 1790.: gr. % ©. 
244360 „übersdie chrifil. Taufe; Salzmann's 
Sauspoflilk, ze Th. Nr. 35. ©. 113 fe: „von der 
Schäpfict. e. blinden u. aberglaud. Vertrauens auf 
die Taufe; Vopperes Prevd. ar B.Lypz. 
1794: gr. 8. Fr. 3. 4. „Vom Urtheile des Chriften 
über die bh. Taufe und v. der Verbindlichk. deſſelben 
feiner T. gemaͤß zu leben; Dr. Burfihers Wahr: 
heiten einig in XPredd. er. 1802. 91. 8.. tr. 
1. ©. 1:28: „die 2. als ein von Jeſu hinterlaſſenes 
Denfmal der WVerficherung und der ——— daß 
Jeſus alle ſ. — erfuͤllt hat.“ — — 


Teufel (der). 


Vergl. Doͤderlein's inf. — J. 140 ff. ©, 519⸗ 
5545 dbeffelben Rel.-Unterr. Ip. VII. S. 141. ©, 158⸗ 
2595 Mori comm. exeg, hift. in epit. T. I ©, 3815 
3965. NReinhard’s Borl. üb, Me Dogm. ©.’ 19522145 
Ammon's bibl. Theol. ır Zn, 2te verb. W. ©. 3673383; 
Staudlin’s Dogm. u. Dogmengeſch. ar B. $. 113:118, 
©, 619 f.; Ekermann’s Handb. der chriſtl. Gl.⸗Lehre 38 
B. 1802. ©. 110 f.;5 Bibl. Enchyel oder er eale 
woprrerb, Zr 8. Gotha 1798.4 Fi 32 BE ; bibliſches 
Wörterb, zr Ih. Berl 1801. 8. ©, 250 254. 


265 Er 


Teufel, (der — Gründe wider das Dafeyn des—). 
Man ſehe oben ben Art. Eugel (böfe), ır Th. 
Saar .z02,°. — 
J. Unter dem Teufel od. Satan wird nach den Mor; 
fen mehrerer bibl. Schriftfleller insgemein der hechfte 
unter den böfen Engeln, oder Geiſtern, oder dag Ober: 
Haupt im Meiche derſelben verflanden, wiewohl auch 
bie boͤſen Engel überhaupt und auch wibrig und bofe 
gefinnte Menſchen — Teufel genannt werben. | 


f 


Fir das Daſeyn fo wenig, als gegen das Daſeyn des Teufels laͤßt 
ſich nichts beſtimmt u. vollig ausgemacht entiheiden, denn wenn 
es gleich ® | 

A. Auf einer Seite mehrere wihtige Gründe wider 
a8 Daſeyn des Teufels gibt, namichr 

1) Daß es fi gar nicht denken läßt, wie Gott — ber Heilige ein 
ſolches Wefen, als wie man fih den T** nach mißverſtande⸗ 
nen Bibelſtellen denkt, (wornach derſelbe ein Anfangs gut, ia 
mis hohen und vorzüglich guten Eigenfhaften erfcheffener Geift, 
von erhasenen Kermtniffen war, aber aus Unzufriedenheit mir 
einem ſehr gluͤcklichen — und ſolchem Zuftande, wo er (ohne 
Fleifh und Blut) Fein Beduͤrfniß, alfa wenig oder gar Feine 
Leidenſchaften hatte, dennoch v, Gott lt ander Geifiern ab— 
gefallen, von Gott aus den Himmel verfiofen und an eisen 
befondern finfleen Det, entfernt von den heil, Engeln, in Ge— 
ſellſchaft bofer Geiſter hinverwieſen worden wäre,) mit einer 
unvertilgbaren Anlage zum Boͤſen begabt, erfchaffen haben 
foilte! Wie Ednnte Gott ein Weſen dulden, welches fo aefinnt 
wäre, daB es nichts als das Boͤſe liebe und uͤbe, daß auf 
nichts mehr bedacht ſey, als den M, zu fchaden, fie zur 
Suͤnde zu verführen, um nur fein Reich zu vermehren ?! 
Woher eine ſolche unfägliche Bosheit? Ein Haß zum Guten 
und Liebe zum Voͤſen bei einer genanen Kenntniß des Guten 
ift unbegreiflich. Nichts als Voͤſes thun, das Gute, das diefer 
Geiſt ehemals geliebt hat, ganz baffen, ohne es vergefien 31 
baden, in Ewigk. boͤſe bleiben, wenn gleich Gott ihn ſtraft, u 
Bott — bei der Kenntniß von feiner Weisheit — Guͤte, Macht 
und feiner vortrerfihen Werke haſſen — das ift ein ungaufloͤs— 
bares Raͤthſel. Die dem Teufel beigelegte Vosheit enthält, dA 
ein unkoͤrperlicher Geiſt nicht den Gefuͤhlen und Keidenfchaften, 
fondern der Wille blos den Einſichten folgt — einen inneren 
Widerſpruch. Deshalb und weil wir keinen Fall auf Erden 
ans der Erfahrung anweiſen koͤnnen, daß der Tr damit im 
Spiel, oder daß etwas eine offenbare (phyſiſche) Wuͤrkung 
des Ta* ſey, if vie Idee vom T** gar müht vernunfir 
mäßig, 

Kenn es gleich der Bernunft an fi) wahrſcheinlich ift, daß es quch 
uunter den uͤbrigen vernünftigen Weſen eben fp, wie unter ten 


a 


Cr 


T. ... 367 


Teufel, (der — Gründe wider das Dafeyn des—). 


M. vorfäslich ſuͤndigende — das Boͤſe liebende, alfo boͤſe Weſen 
gibt, wenn zwar auch fie ſehr der Gefahr zu irren u. zu fehs 
ien unterworfen feyn koͤnnen (denn große Fähigkeiten ſchuͤtzen 
den Seiſt nicht vor der Gefahr böfe zu werden): ſo kann ma: 


doch nicht den Glauben an den T** als eines der Beff, 
ganz unfähisen uns als ewig buch Bosheit elenden — 
und Andere elend machenden Geiſtes mir der Natur eines Vers 


nünftigen — morslifchen — alfo freien Wefens nicht vereinigen. 
Wenn ein Wefen durchaus unfüblg if, feinen Willen zum 
Guten zu beftimmen, fo ift es durchaus nicht frei, If es nit 
frei, fo handelt e3 nothwendig — und es iii imputabel. Gott 
kann es alſo nid)t — Weshalb ſtellt denn die Biber ven 


RN * als geftvaft vor ? 


TG 


Ser bat wohl ie in ter That den &”* geſehen? 


3) & fireitet daS Dafepn des E** mit den ee jaften Got 


Die Argüte Gottes kann das Uebel wohl als ein Mittel die 
aber -ald Zweck anſehen. Unmoͤglich alfo fi Elend die letzte 
Befiinmung eines Geſchoͤpfs. Nach ſeiner Allguͤte konnte er 
kein Weſen ſchaffen, von dem er vorher ſah, daß es ewig elend 
ſeyn, oder gar andere vernuͤnftige Weſen ſittlich — ben und 
im Verderben und im Ungluͤck beſtaͤrken werde. Nichts konnte 
ihn bewegen, ein ſolches SGeſchoͤpf hervorzubringen. Denn 
sach ſ. Aluwiſſenh. wußte or, daß ed M. in Suͤnden und in's 
Inglücd ſtuͤrzen würde. - Er durfte, um dich Elend abzuwen— 
den, es nur ungefhafen laſſen. Wenn Gott die M. fo fehr 
tiebt, daß er feinen eingeb. Sohnzc, Joh. 3, 16, damit fie v. 
der Suͤnde abaeleitet u. zur Seligk. geführt werden follen 5; wie 
kann man denn alauben, daß Gott dem IL" voͤllige Macht 
über die M. gegeben habe, daß er fie v. der Beil. abhalte m. imz 

mer tiefer in's Verserben fürge? Wie fehr widerfpricht ſich 
ee: Hot iemand einen von einem luͤderlichen M. verführz 
sen Sohn, welchen er zur Tugend zuruͤckbringen will, fo wird 
er ihm ia nicht ven luͤderlichen M. — den Re rer sum Hofe 
meiſter fegen und dieſem völlige Macht übte ihn geben. Das 


“ 


Daſeyn des T** fireiiet auch mit Gottes Allweisheit. 


Gott Hann hei der Erſchaffung endliher vernünftiger Wefen 
geinen andern Zweck haben, als dab fir zur moͤglichſten Sitt⸗ 
lichkeit u. Gluͤckſeligk. gelangen. Wie koͤnnten tie von ihm 


erſchaffenen Weſen ihre Beſtimmung — dieſen Endzweck Gottes 


nicht erreichen?! Daß ſie durch eigene Schuld ausarten wuͤr— 
den, fah? er ia auch vorher. Wie konnte er, wenn es ibm 
nicht moͤglich geweſen — ſeinen Endzweck zu erreichen, den: 
noch ihr Dafeyn wollen? Ohnſtreitig müßte ver I, falls er 
da if, ein endlicher a. ſeyn. Kur Gott if unendlich, 
woher daun feine außerordentlich-große Macht, daß er neben 


Gott fſaſt unwiderſtehlich wuͤrken, ihm und feinen Abſichten im— 
mer entgegen handeln, ſie vereiteln, ſein Reich immer mehr in 


Abnahme bringen,” Geſchoͤpfen Gach der Sage des Abergl.) 


ee — 
Teufel, (der — Gruͤnde wider das Daſeyn — 


ihre Kraͤfte und Gefunsh. nehmen, DE, mit fi) wegführen ꝛc. 
fol?! Dev Allmaächtige follte das nicht verhindern Eönz 
nen? und nach f. Alulguͤte nicht verhindern wollen?! Haut 
nicht die Idee: Gott if alimadtig, allweife u. allguͤ— 
tig dahin, falls er durch eins feiner Geſchoͤpfe feine ganze 
Schopfung (durch das natuͤrl. Uebel und durd) die Bosheit 
ſelbſt an T**) wieder hätte verhunzen laſſen? Glaubt man 
noch, dab der T** uͤber M. herrſche, fo erniedrigt man offen⸗ 
bar den Werth und die Wuͤrkſamkeit der Erlbſung Jeſu Chriſti 
und fest feine Wohlthaten herab. „Sa! der Tr“ if durch 
Jeſus Chriſtus wieder entEräfter, |. Macht ihm benommen, und 
f. Werte zerfiört worden. orten. Weshalb ließ Sott Jeſu 
diefe Mühe zu? wozu eine Anſtalt, die uͤberfluͤßig war, fobald 
gleich anfang der Tr nicht erfchaffen oder die Yusartung deg 
auten Geiftes in ein grundboͤſes Weſen verhüter wurde? Wie 
Eonnte der Ailheilige es zugeben, daß der E** vor den Bei: 
ten Chriſti fo viel Verderben in der M—welt anrichtete?! 
Wie Fann der Einzige Gott gleichfam einen zweiten — böfen 
Gott neben ſich haben? er fivrt ia feine Geligkeit! | 

4) Sott kann doch nicht den T** anderer vernünftigsfittlichen We⸗ 
fen wegen erfchaffen Haben. Er wird ia nicht feiner als eines 
bloßen Mittels und Werkzeugs zur Befoͤrderung eines frems 
den Zwecks brauchen! Das Reich der Vernuuft wird ia nicht 
zu feiner Gruͤndung und Befefigung ded Reichs ver Unver⸗ 
nunft gebrauchen? Hat der T** Vernunft und er koͤnnte 
och nie vernünftig werden, jo wäre an ihm fehänelich die 
Höchfte Geiſterkraft verrathen. „Vielleicht dient er einer, ganz 
zen Elaffe von ſittl. Geichöpfen zum Strafbeifpiele.‘ Antw. 
Verdient er, wenn er nie gut werten Eann und foll, Strafe? 
Strafe ſchreckt blos, ohne einen freien — guten Willen zu bes 
wuͤrken. — „Er ift deshalb fo boshaft, um vielleidyt den aͤch⸗ 
ten Tugendfreund zu plagen und ibn das Häßliche des Laſters 
empfinden zu laſſen.“ Antw, Alſo die Frommen müffen zur 
Befriedigung des T** dienen? Nur die Bdfen verdienen ge: 
plagt zu werden, Lebt der T** nur an diefen feine Bosheit, 
fo ift er zwar nicht fo abſcheulich, aber toch ein bloßes Werks 
zeug der Büchtigung der Boͤſen u. zwar nur zur Befriedigung 
feiner Plagewuth. Wahrlich es bedarf der HäßlichEeir und 
Nr—feindlichkeit des Lafters nicht, um die Tugend zu empfehz 
len. — Wie kann die Tugend Gottes Zweck feyn, wenn er 
fie durch die zu fihwer zu widerſtehenden bIendenden Verſuchun⸗ 
gen des liſtigen u. mächtiaften Weſens, des von allen Seiten, vorz 
züglich von feiner Lieblingsneigung her angreifenden Teufels 
unmdglich gemacht. bat? 

3) Es bedarf Feines Tenfels, um die Leber in der Natur und im 
M—teben und die herrſchende Neigung der Erwachlenen zum 
Boͤſen ſich zu erkſären. — a) In der gegenwärtigen Unvoll⸗ 
rkommenheit der Dinge liegt genug Stoff zum Leiden und in 


5 Y 


®, 269 
Teufel, (der — Gruͤnde wider das Daſeyn des —). 


der menſchl. Natur Verſuchung genug zum Boſen; durch neue 
Einwuͤrkungen eines mächtigen boͤſen Geiſtes wuͤrde bie Frei: 
heit der M. zerſtoͤrt und der moraliſche — der Dinge zerz 
”, züttet worden feyn und noch ee werben. Bboſe DE auf 
Erden find Teufels genug! ein WM. ift des andern T**! — 
b) Es laßt fi) das Boͤſe, was M. begangen haben und beges 
ben, ſelbſt wenn es ara n. abfcheulic) Ih, aus der Ienigen d Natur 
und Beſchaffenheit des M. hinlaͤnglich erklaͤren. Wenn die 
Aerzte unſerer Zeit das, was men ehehin ber, Hexerei, Zauberei, 
Teufelsbeſitzung beilegte — und daruͤber oft unſchuldige Leute 
grauſam, ungerecht und hart behandelte, als Krankheit hei⸗ 
len, oder wenn Rechtsgel. durch genaue gerichtl. Unterſuchun— 
gen den bald grob, bald fein geſpielten ara dabei enibeden: 
fo fieht man paid Die Un wiſ —— und die Betruͤgerei der M. 
in ehemaligen Zeiten. In unſern Zeiten glandt Fein Richter 
mehr an den T**. Man ame: wenn ein Verbrecher auf 
den T*x* und deſſen Verführung die Schuld von einer verüßs 
ten Bosheit ſchiebt, — dieſen Umſtand, zur Milderung ſeiner 
Strafe gar nicht Ruͤckſicht. — Die im DE, aufſteigenden boͤſen 
Begierden und Sa bringen ihn zu Sünden und Luftern, 
Diarc. 8, 215 Matth. 15, 195 - Sac, 1, 14. 15, Die Welt 
Hat Neigungen genug, um uns M. zu verführen; weldy ein 
Ungluͤck wäre es, wenn Über diefes noch der Die) EF*r auf 
unfere Seele wärken und uns zum Lafter verführen Eönnten! 
6) Schon die Herleitung des Worts Tenfel *) aus der griechir, 
Sprache, wo es einen Anklaͤger und e. Verlaͤumder anzeigt, 
beweißt, daß T** kein Name eines Weſens oder einer Vers 
fon, ſondern Benennung einer Sache oder eines menſchl. Ras 
fievs fey, Der Name Satan if ein hebr. Wort, welches 
einen Widerfacher (Feind) anzeigt, iſt alſo auch Fein Rame eis 
nes böfen Geiſtes. Ein M. iſt des andern Widerfacher. 


Reitet man mit Leibnitz Teufel vom alten Wort Thiu der 
und dem ort Level (Hebel) her, (deun Uebel wurde 
vor Zeiten auch Uevel, Uefel gefihrieben umd Weber heißt 
im platıd. Uevel) 10 dab T** der Uchele Di. der 
Vebelgefinnte anzeigte, indem auch in der engl. Sprache, 
abs einer Tochter der Niederſächſiſchen, Devit (Teufel) aus 
dem Art. The, (Der) und dem Worte evil (übeh zu 
fanımengezögen iſt (ſ. Goth. gel. Zeit. 1778. ©. 534); 


Er 


— ——— — — eç — — — — —— — — — — — — 
*) Von dikßoros und dieſes Subſt. vom Verbo In9Zrrsw, 
welches auch verlaͤumden, iemanden anklagen heißt; ſ. 
Schleußneres Lexicon in Nov. Tef. ate 4, Vol. 

1. ©, 563. v, Sunßarro und S. 564 ff. V. diößoreg, 


270 3. 
Teufel, (der— Gründe wider das Dafenn des —).. 


fo tt egum fo gewifer, dag T** einen böfen, boshaft ge: 
innten, anfıttlichen M. anzeigt. * 


7) Weder — Shriſtus, noch einer der Apoſtel Haben den Glau⸗ 
Ben an das wärfl,, Daſeyn des ETF geſordert, und nie dieſen 
ee fur ein Exüre ver chriſtl. Gl.⸗und Rel.-⸗Lehre evs 
klaͤrt. Zeſus erwaͤhnte blos des Teufels als eines lehrreichen 
— treffenden Eymbots der Ab fhetichkeit des Boͤſen, um tie 

— idurch am kraͤftigſten an die Schaͤndlichke und Strafbark. 


Boͤſen zu erinnern oder um bie Groͤße des Elendes eines 
boͤſen Menſchen dadurch bildlich vorzuſtellen. Eben fo benuntz⸗ 
ten bie Ap. ven Volksglauben vom T** zu ſittlich guten 


di 
alas 
8) „Die innere Möglichkeit dev Lehre vom Tr und ihre ans 

„geblicher Zufammenhang mit andern wichtinen Lehren berech⸗ 

„tigt noch nicht gu einem vernaͤnftigen euere Gie bat Fein 

„ihres und reines praktiſches Moment, fe ift aber gefährlich 

„und bat nach der Geſchichte die trauviefien Wuͤrkungen fuͤr 

„Verſtand und Herz ter M. hervorgebracht.“ *) 

9) Das Entſtehen des Glaubens an den TER aus menſchl. Vorur⸗ 

theilen ift leicht erklaͤrbar, z. B. tie alte finnte. Welt hatte die 

Meinung, daß das unerwartete und aufellense Boͤſe im M., 

verbunden mit einem flarken unwiderſtehlichen Triebe zur Voll⸗ 

bringung von einem mächtigen Geift gewuͤrkt werde, weil ver 
ſich ſelbſt uͤberlaſſene M, einer ſolchen Boshrit unfähig zu feyn 
fhien. Damals dachten fich die M. die Sivaft ihres guten und 
böfen Willens noch nicht fo ſtark, um ſich ganz unabhängig 
von andern einwiirfenden Kräften befiimmen zu koͤnnen. Bei 
dem Öuten nahmen fie die Gottheit, bei dem Boͤſen aber ven 

Teufel oder die Berführung u. zwar als Entfchuldigungsarund 

am. Es iſt ausgemacht, daß die Altefte Philsfophie ven Teufel 

als einen lifiigen, verführenden Geift angenommen hat, 

Es ift alfo bie Gore von ibm erfchlichen. Denn die Vernunft 

kenut bei freien, uninoralifchen Handlungen ſchlechterdings Feine 

Berführung. — — Dan fehe hierüber Edermann’s Haudb. 

ar 3. ©, 117 5, Anmeon’s wire prakt. Theol. ©. 1727. 

Jr. 45 re Anl. 5. Stud. d. pop. Dogmat. 9.87. 

©. 79, 8. 2!" 

10) Su fo Yielen Gibt, Etelien wird der Zuſt. des T** als elend 
gefchileert, und doch müßte er, wenn er feine Abſicht, fo Viele 
M. zu beruͤcken und unter fein Joch ꝛc. erreichte, gluͤcklich 
ſeyn. Nach der Viper if ihm die Macht genommen, d. h. fein 


— — — — — — — — — ee see — — — ———— — —— —— — — — 





*) Dr, Staͤudlin Dogm. und Dogmengeſchichte. 2ter Th. 
S. 645. "Die widerſpricht, Beiläufig gejagt, Dem, was 
Dr. Stäudlin ae D © 042 ſagt: „önnere Wis 

derſpruͤche — — ſtreitet.“ 


Teufel, (Grunde Fi das Dafeyn des —). 


Reich zerfiört und doch müßte ed noch be; chen, f falls er fo viele 
Unterihanen, die er zu ſ. Gehorſam gebracht, hätte, melde 
Widerſpruͤche! fie winken dahin, daß das Wort Teufel uneis 

gentlich, ſtatt Laſter — Bosheit Fehr, 

11) Bir können gar nicht wiſſen, ob ed nach 2000 Jahren noch 
Teufel gibt, da fie ia mit Freih. erſchaffene Seiſter ſeyn ſo ‚Ken, 
alſo auch in ieden Augenblich der Beil, fühls ſind. — 

Ueber diefe und. mehrere Gruͤnde vol. man Eckerman 
Sanse. u Gl-tenre, zrB, S. 139: 134 5 voryüsih fre eim, 
Verſuche G% a in Eheok- m. bisk: Krik cin 
ſchlagende Materien, Berl u. Stettin 1782. 3. Yr 
111, ©, 145=:212. „Eiwas über die Erifen; und 
Wuͤrk. des — G.S. Baueres hebr. Mythol. 
ir B. ©. 140 ff. „Der Satan u. ſ. Engel. *) 

So ſind doch aber auch: 


B.auf der andern Seite verſchiedene Gründe für 
das Daſeyn des Teufels, naͤmlich: 

a) Die H. Schrift lehrt doch deutlich ein mächtiges bösartiges Mes 
fen, weiches Feiud alles Guten u. des Ehrifienth. if, z. DB. bie 
Stellen Matth. 25, 415 Jac. 2, 19 (2te 9. Wenn gleich 
Jeſus nicht beſtimmt und ausdruͤcklich davon reder, ſo redet 
er doch auch gar nicht darwider. Er redet wider manche Sir 
thuͤmer grade zu, deutlich and freimüthig, allein gegen dieſe 
Lehre gar niht. Es laͤßt fh ger nit durch Erkl. Bars 
Reden, noch aus der Geſchichte zeigen, daß fie nicht wahre Lehre 

Jeſu ſey. Dieſe Stelle Ebr. 2, 14 beweißt nichts, denn Sez 
ſus nahm auch dem Tode die Macht, und doch ſterben die M. 
noch. Das Reich Gottes iſt noch nicht oͤffentlich auſgerichtet. 
Man kann deshalb sine a Jeſu und ver Ürofel 
zu dem damals angeblichen, unter ven Juden herrſchenden Aber⸗ 
glauben und cine Duldung — nicht annehmen, weil 

N, Jeſus ſelbſt fo oft von dieſer Sache ſpricht und zwar auf eine 
ſolche Art, 503 man nicht die geringfte Accommodalion annehmen 
Korn, ohne ven Charakter Jeſu ſelbſt verdaͤchtig au machen. 
Er ſpricht fo vom T* ꝛ, als ch er ſelbſt deſſen Daſeyn ataubie. 
Man müßte an_ feiner Aufrichtigk. und Wahrheitsliebe zwei— 
fein, wenn er nicht feine wahre Meinung geſagt haben follte. 
Er ſprach vom £** ſehr ernfihaft, zu einer Beit,wo er aufs 


Go 








Es iſt fait über ale Vorftellung, wie fehe man ehehin 
ale geiunde Vernunft verlaͤugnet bet, wenn man in Fr. 
— un’s vern und ſchriftm. Betr. v. be 
Buch, Macht u Gewalt des T**, Sorau 1729. 
alles das lieſt, was man dem Zr* als Wark, beige 
legt Bat, x 


272. 


en - Er 
Le 


Teufel, (Gründe für das Daſeyn des —), 


b) 


feierlichſte verfichert, daß er bie Wahrh, lehre umd deshalb vers 
folgt würde, sob..8, 44. B2gl. ©, 40: 45. Ey erwähnt des 
Ter an folden Orten, wo er dazu gar feine Veranlaſſung 
hatte, und wo er als ein vorfichtiger Lehrer dieſe traͤumeriſche 
Idee gar nicht hätte einmifchen ınüffen, wenn fie wärklid) ders 
gleichen wäre, Matth. 13, 38. 39. Er thut diefes im vers 
traulichen Kreife mit ſ. Schuͤlern, bei welchen er diefes Vorurs 
theil vor allem hätte ausrotten muͤſſen, Matth. 13, 39. vergl. 
V. 36. Kat er auch Hier nicht die Wahrh. geredet, fo kann 
man von nichts andern feft fagen, daB es Wahrh. fey. Lehrte 
er aber ohne Verfiellung, fo lehrte er auch Hiew das Dafeyn 
des T**. Es war -auc gar nicht bedenklich, dem Volk Hiers 
ber die Wahrh. zu ſagen, denn die große fuͤdiſche Parthei ver 
Sadducaer laͤugnete alle Geiſter, alſo auch die böfen. Jeſus 
fchonte auch ſonſt wicht aus dem nicht an ihm bemerkten Klein— 
muth die ineiichen VBorurtheile. Er Dat feinen Schuͤlern 
nicht im Geheimen feine wahre Meinung entdeckt, fie ſchdeiben 
vielinehe | 
mit gleicher Ueberzeugung vom T**. Ein Gohanneg 
ſchreibt uͤberdem noch an weife erleuchtete Chriſten, I. Br. 2, 
20. Auch Petrus lehrt das Dajeyn des TH* Br 2, q, 
welche Stelle Judas V. 6 in feinem Br, wiererhonlt. Pau s 
Ins lehrt auch das Daſeyn diejes böfen Geiſtes. Wie koͤnn⸗ 
ten fie diefe Vorfichungen immer einmiſchen, wenn Jeſus Heinz 
lich ihnen geſagt haͤtte, daß es iuͤd. Aberglauben wäre? Gie bes 
ſtaͤtigten ia dadurch den Aberglauben. Ein Paulus ſchonte 
keines iuͤd. Vorurtheils und verband mit der größten Freimuͤ— 
thigkeit die tiefften Einfichten. Er würte alfp vom T** 08 
gewiß aufgedeet Haben, falls ff. Nirgends im n. Teſt. ift eine 
Spur, wo die Meinung vom Daſeyn des T** für Aberglaus 
ben erklärt würde. In vielen Stellen dagegen ift fie mit dein 
MWortrage der wichtigſten Neligionsivahrheiten verweit. Nach 
Sefus u. den Ap. gibt es alfo einen IF, 


Einigen neuern Theoiogen it es am wahrſcheinlichſten, daß Die 
neuteſtam. GSchriftfieler feibfi die damaligen  SZeitidsen 
vom T** gehabt wind daran geglaudt haben, nur if 
noch die Frage: war diefer Glaube ein richtiger 
Glaube? 

Teufel und Satan, ſobald dieſe Worter im n. Teſt. mit dem 

Art. fieben (9 deeßBoAas u. 0 cara&y) bedeuten nie einen Mens 

ſchen, fondern einen boͤſen ©eift, vier ben oberfien der vöjen 

Seifter. 9 | 

c) Es 


) 


Eckermann a. a. O. ©. 137. 138. 


— | 273 


Teufel, (Gründe für das Dafeyn des —. 


c) Es iſt diefe Lehre nicht vernunftwidrig. Der Beariff 


iſt möglich. Es laͤßt fi ein ſoiches Seſchopf wie de 
dv. h. das boshafteſte Geſchoͤpf aller Seſchoͤpfe, oder —— 
Weſen, weiches an) ein Geſchöpf; bb) weiches — t 6052 


haft, welches co) ewig gequaͤlt, ohne dadurch gebeſſert au werz 


I 


Teufel 


den, und welches da) in einem veſtaͤ indige 4 Beftresen, die M. 


ewig ungluͤcklich zu medien, ifi, in Einem Begriffe denken, 
uno es iſt zwar unmoͤglich, daß es DE. zwingen, aber doch die⸗ 
ſelben, fo fern fie, als ſinniiche Weſen, nach Begierden handeln, 
taͤuſchen und beruͤcken kann. Es iſt nicht unwahrſcheinlich, 
das ſich groͤe Bosheit mit einem vorzuͤglichen Verſtande paare. 
Werden auch Menſchen oft T** genannt, ſo hebt dieß das 


Daſeyn des Tr nicht auf, ſondern ſetzt Begriffe von ihm 


voraus. — ©. hierüter: Apologie des Teufels von 
Dr. Erhard in Nuͤrnberg, in Niethammers philoſ. 
Journal 1795. 58 Heft; im Auszuge in Haͤnlein's, 
Ammons a. Paulus neuem theol. Journ. 7r B. ©. 693 
715. Eine Beleuchtung dirfer Erhardſchen Apol. des T** 
von Sikler finset man in Yugufii’s theol. Blaͤttern, 2ter 
Fanrg. 18 Dart. Sr. 5.°6.. ©. 65:95, wofelbfi die 
Undenkbarkeit eines Jdeals der Bosheit darges 
tyan wire 


ift aber merfwärdig, daß Dr. Erhard in iener Apol. des 
TE. fihreists „es iſt aber das Dafeyn des T** mit keinem 
„Intereſſe der prakt. Vernunft verbunden. Der ſittl. Menſch 
„bat alio Fein Suierejie, einen T** zu glauben und der Bos⸗ 
„hafte bat ein Intdereſſe, ihn zu laͤugnen. Die Eriftenz des 
na” ik alfo aus nichts zu poſtuliren und iſt daher für Sie 
„theoretiſche Bernunft probleinatiiih u. für die praktiſche gleichz 


7 


„guͤltig. Es laͤßt ſich alfo weder in theoret. Ruͤckſicht ein Er— 


-,0—my 


„klaͤrungsgrund, noch in praktiſcher cin Betimmungsgrand von 


der Doce des I” Hernehmen. Seine Erifienz ift das 


Es 


Chriat. Sl Leref.d. Ganzeigekr. 3 Th. 


Der vellig gleichguͤltig and fie zu glauben oder 
„nicht zu glauben, Dat Beinen Sinfluß auf die 
„Wuürkſamkeit der möoraliſchen Sefinnudg im 
„Menſchen.“ 


ſtreitet die Lehre vom Te* auch nicht gegen die Als Grund⸗ 
begriffe von Gott, daS cr dadurch ver Urheber des Boͤſen wer— 
de, oder daß dadurch die Sreih, des Bi ese wuͤrde. 
Denn Sott kann es ia zulaſſen, daß ein boſer OL, vie Infchuld 
verführt, und das ein Sara die Unſchuld umbringt. Er 
kann elfd auch die Werfährung des Satans zulaſſen. Er kann 
ein beshaſtes Weſen dien, weil er Verehrung uns Gehorſam 
aus freirr LZiebe ſucht, welches unmöglich würde, " wenn das 
geaenjeitige Betragen die Vernichtung ned) ſich zoͤge. Da der 
T** nicht unwite jr ehlich auf ten I. würfen kaun, ſondern 


5 
3 


== 


Ba, T. | 
Teufel, (gebörtdie Lehre v. — in den Volksunterricht ?) 


dieſer wachen und widerfichen fol, fo ift der Suͤndigende nicht 
unſchuldig. | e 


d) Die bist. Lehre vom T*x* if an fi nicht ungereimt. Durch 
Zuſaͤtze und beſonders durch ſinnl. Darfielungen fpäterer Sei: 
ten iſt ſie es erſt geworden. Die Bibel beſchreibt und mahlt 
nie die Geſtalt des Zr, wie ſie es zuweilen mit den Engeln 
nacht. 


Eine gelehrte Unterſuchung und Abwaͤgung diefer Gründe gehört 
nicht in einen Volksvortrag. Deshalb und weil der Gtaube 
“an vie Eriftenz des T** keinen Einfluß auf die Wuͤrkſame. 
der moraliſchen Geſtnnung des M., oder, weil die innere Möge 
lichkeit des T** kein reines prakt. und ſicheres Moment bet, 
weil ſie gefaͤhrlich und moraliſch ſchaͤdlich iſt: ſo beſtreite man 

auf ver Canzel und im Volksunterricht nie weder das Daſeyn 
des Te*, noch rede man für dafjelbe. Da nad 1 Son. 3, 8.. 
Jeſus Ehrifius die Werke deſſelben, cheiße dieß nun jeine 
Macht, oder den Glauben an die Wärklichkeit des T** umd 
die aberg!, Furcht vor ihm) zerſtoͤrt bat: fo gehört dieſe Sache 
und das ehemalige Vorurtheil, daß der T** den DM. verführe, 
wicht zur popul. und prakt. Theologie. Man laſſe diefe 
Lehre unentfchieden u. rüge bloß ven Mißbrauch. 
Aufgeklaͤrte wiſſen ohnehin, daß Teufel nah ver Bezeichs 
nungsart der alten uncultivirten Welt fo viel als icde widrige 
Rage, jedes Mißgeſchick, das fittl, Ueber, und große Feindichaft, 
ia das Ideal der hHöhften Bosheit, Abſcheulichk., 
BerworfenH und Schadenfreupde anzeige — daß T** 
nach morgeni. Sprachgebrauch ein Eymbol von göttl, Strafen 
(vie Gott nicht unmittelbar, fondern durd) Mittelsperfonen volls 
ziehen ließ, bedeutet. Derienige aber ift ein Ideal der Bosh., 
welcher der ſittl. Oefinnung zuwider handelt, um ihre zuwider 
zu bandein, der 3. B. nie wahrhaftig if und es doch ſcheint 
zu ſeyn, welcher fi) der Gittlihr, Unterer als Schwäche zu 
feinem VBortheil bedient, Andere zu Sünden verleitet, während 
er die GittlichE, als etwas Nothivendiges zu erkennen fcheint, 
ver Niemanden liebt, der jeden, welcher nicht von ihm abbanz 
gen will, ungluͤcklich macht und fi, um confequentf zu hans 
dein, niemals etwas reuen laßt, fondern das Beichloffene, es 
Eofie, Was es wolle, ausführt, — Urheber und Befdrderer des 
Bien unter M. koͤnnen auch Teufel beißen. — Wozu dient's, 
das alles Dffentlich in einem Wortrage vor einem vermifchten - 
Haufen zu fagen? Durch einfeitige verfüchte Aufelsrungen 
des großen Haufens verliert dad Herz mehr, als es gewinnt. 
Der Glaube an ven T* unter dein Wolfe Halt bie und da 
noch manchen ad, einen Meinetd zu fihwören, und Schuldige 
werden oft durch vie Schreden des Aberglanbens zum Geſtaͤnd— 
niß des Derbrechens aebracdt Der T** ift oft ein Denkzei— 
chen der Furcht, elwas Verbotenes nicht zu thun und das Ge— 





& 2, 275 
Teufel, (die Lehre vom — gehörtnicht aufd. Kanzel ꝛc.) 


botene nicht zu unterlaſſen. D_ Man kann ober auch) hiege— 
gen einwenden, daB wir dann der Hauptforderung der Leh— 
ze Sefu, nach einer immer reinern Erkenntniß Gottes 
und unferer Pflicht zu fireben, folglich auch allen unlautern 
Befiimmungsgründen immer mehr zu entſagen, entgegen arbeiz 
ten, wenn wir etwas unter die Kehren aufnehmen, was nicht 
vor dem Richterſtuhl einer firengen Prüfung mehr befichen 
kann. Es ift alfo beffer, daB man mdgliäfi des 
T+% gar nicht erwähnt; man gebe aber eine folche rich— 
tige Erk. von der über alles waltenden Vorſehung Gottes, daß 
die Vorurth. v. der angeblichen Macht des T*F*, der Glaube an 
deifen Verſuchungen u. Einwärkungen v. ſelbſt aufnören. Man 
Ichre nur das, was dem M. wahre Weish,, Bel. und Ruhe 
geben, oder dazu anfpornen kann, Die Lehre vom Tr* 
aber iſt zu werig praktifch u, Fann zu leicht gemißbraucht 
‚werden. Die: Menge anderer weit wichligerer Zehren ift zu 
groß, als daB man ihr viel Zeit widmen bönnte. — E83 wäre 
nicht weife u. lehrklug, wenn man folgendes pretigen wollte: 
„Die Lehre vom T*x* Hat ihren erfien Grund in iener alter 
„Meinung von wirkfanen Wefen, deren eins das Öute, das 
„andere das Boͤſe bewürfe. Man gab iedem dierer Wefen feine 
„Helfershelfer als Mittel und Werkzeuge zur Befoͤrderung ſei— 
„ner Abſichten. Auch in der ihbiihen Rel. waren diefe Bes 
„griffe aufgenommen, Mean fchried alles Boͤſe, fowohl in der 
„Körpers als auch in der moralischen Weit boͤſen Geiftern zu. 
„So dachte man fi) die Krankheiten als Würkfungen des Tr*, 
„ſo Raſende u, Epiteptifche als vom T** wuͤrklich Beſeſſene 
„oder Bewohnte, So ſagte man von boͤslich Irrenden, fie haͤt— 
„ten den T**. Alle Verſuchungen zur Sünde machte man zu 
„AÄnfechtungen des T**. Jeſus und die Ap. behielten diefe 
„Bolesfprache bei. Wie durften fie eine andere Sprache reden 
„als die, weiche iederinann verſtand? oder hätten fie jedesmal 
„sagen follen: fo müfje nicht geredet werden! dann würde matt 
„tie ia eben fo getadelt haben, als man uns taveln würde, falls 
„wir iedesmal,fo oft wir fagen hörten: „de Sonne geht auf!“ 
„ſie seht unter” die Anmm. machten: fagt Doch! wir Fehren 
„ans der Sonne hin, wir Eehren ung von ihr weg! fte lehr— 
„ten ia beſſere Begriffe von Gottes weifer — guͤtigen Regier., 
„wodurch fie den T** die Macht nahmen und deffen W. zer— 


„förten,. ‘ **) 
Sa 





=) Bol, Zerrenners deutſcher Schulfreund, 148 Bändchen, 
Ir. 1. „Gedankenkloͤtzchen.“ 


2*) Allg. d. B. 87% B. 18 &t, ©, 72: 73. 


370 R, 
Teufel, (die offentl. Beſtreit. des Daſ. des— if nichtze) 


Desgleichen: 

„Es iſt in der Familie des Allweiſen — des guten Allvaters kein 

„solches Bwittergefchöpf, wie dee vermeinte T** if, Er bat 

„sie M. viel zu lieb, als daß er fie nach Leib m, Seele einer 

„region Zeufer Preiß geben follte. Welche Vernunft Tann 

„wohl einen fo dummen Gedanken denken! Schrieben Jeſus 

„und Me Apoſtel dem T** etwas zu, To nehmen fie es im 

„philsſophiſchen Sinn fuͤr die Hinderniß des Guten in der 

„Aufklaͤrung und Tugend, fuͤr ſittl. Verdorbenheit, Barbarei, 

„Abergl. und Laſter der damaligen M,, für den Geiſt tes 

„Abergl. und Laſiers.“ 9) — — Ferner: „In der Bibel iſt es 

„gewoͤhnlich, ven damaligen Religionsideen des Judenthums u. 

„ner Volksſprache gemaͤß vom I” als von einem Weſen zu 

„Sprechen, das früher fündiste und gleichſam der Suͤnde Erfins 

„See war. Da dieſe die Duelle des menſchl. Elendes ift,fo wird 

„ſtatt deſſen vurch eine Mietonymie der Sprache gefagt: ver 

u "> fey der Urheber alles Elendes in der Welt. Suünden 

„serien desh. Werke des T** genannt, ISoh. 3, 8. Ruihs 

„!ofe M. heißen Kinder des T*= 1Joh. 3, 10. Xropifch ſteht 

„ser Ausdr. Gewalt des Satans für: Gewalt des Irrth. 

„und der Sünde über das menſchl. Gemuͤth.“ **) 

Man erwähne dann, wenn ein 31 erklaͤrender bibl. Text dazu Anz 
las aibt, des T* *; man rede aber wider das, was man fih v. 
den Einwärfungen des Zr" auf die M., vor f Macht zu 
ſchaden, zu Sünden zu verführen, fagt, und wenn M. die Schuld 
ihrer Sünde auf den T** fchieben, nad) Anleit, deilen, was 
unten 1], davon gefagt werden wird, Denn‘ nnläugber wird 
ver Glaube an die Einww. des Teufels für unſere Gemuͤths⸗ 
ſtimmung und Sittlichk. fehr nachrbeilig. 1) Menſchen werz 
den dadurch in eine unndthige Furcht geſetzt, und zum unſin⸗ 
nigſten Aberglauben verleitet; 2) fie lernen dadurch eine uns 
richtige Duelle ihrer Sünden Fennen und verlieren darüber die 
Moͤglichk. ſich zu beffern. Die Sinnlichke, das Herz — die 
Luſt des M. if vie Duelle ter Suͤnde. Wacht man über die 
ſinnl. Neigg,, fo werden ihre Ausflüffe verhuͤtet. Ohnehin ift der 
M. geneigt, die Urſache feiner Vergehungen außer fi) zu ſu— 
chen, ev erareift alſo begierig tiefen Ausweg, um fid) ſelbſt v. 
der Schuld zu befreien, Er klagt nicht fi), fondern den er * 
an, und bleibt fo ohne Beſſerung. — 

„Die Materie von TY* gehirt nicht in. eine Predigt, eben fo we⸗ 
„nig, als wenn ein Diabolicus zu Ehren u, Gunſten ver T** 


w 
— — —— — ——— 2 Te ——— —— 


*) Oertel griech. —— Woͤrterb. des n. Teſt. Goͤtting. 
1799. gr. 8. beim Wort dusR:2ca 

**) (Schulz) Lehrb. der Rel. nach Grundſaͤtzen der Vern. 
und des Ehriſtenth.Lpz. 1789: gi. 8, ©, 221, 222. 


v 


2 | a 277 
Teufel, (fee iere — uͤber den — uͤber die ꝛc.) 


„auftritt. Man erkläre bie Schriftſtellen, vie nach Chat. 
Philoſ. m. ind. Theol. v. boͤſen Geiftern handen, wenn fie 
„vorkommen, aus dem ii. © PN. richtig u. rede nie 
„weder für noch wider den x: “, fo wird er ſich aus ten 
„Köpfen der M, altınährich von feleft Lertieren.“ 9) Sn Uns 
terredungen mit Landleuten Fann man, Wenn von demſelben 
jemand fagte: „ich Babe den T** in den nen 
ſehen“ fie beichven, daß der fliegen: Drake, v. welchem 
ine. glaubt, daß es ter böfe Feind in eigener Perſon ſey, ss 
‚ nichts befieht, als aus brennbaren Düärfien, sie ſich durch Reiber 
an einander enizundet haben. Er fliegt fo lange, bis ſ. Theile 

E verbrannt find. Er bewegt fi) ſchlangenfoͤrmig, weil die Dunſt⸗ 

theile Hoch und niedrig Tiegen, Deshalb zicht er fih nad, den 

Schornſteinen, weil er nad) ver Materie, aus weicher er ſelbſt 

befieht, aus Feuer, hineilt. Wie thoricht iR alfo der Glaube, 

daß ter T** unter diefer Geſtalt ſ. Berehrern Biene! 

‚Die Lehre vom.,Z*r* if aljo problematifh. Auf 
Seiten der Palkolngen fo gut als der Neologen 
gibt es große Schwierigfeiten., Man nehme, um an 
ſicherſten zu gebt, gar seine Partpei, Du aber klare Biselfiels 
len entſcheiden, daß der T** uns gar nicht, fo wenig als ein 
anderer Berführer ſchaden Ednne, falls wir wacden u— ſittlich 
gut handeln, Fo Farın dieabergl, Furcht vor dem DI, 
desgl. alles, was dem T** zur Laſt gelegt wird, beſtritten 
werden. Die Vorſtellung, daß man. den M., weil er als ein 
zwar freies, aber endliches, Weſen immer abhängig iſt, ſo— 
weht im Guten als Bboſen, — mit Recht im legien Falle un— 
ter der Leitung eines boͤſen Grundweſens denken mäfe, wm 
feine Entfernung von Gott und feine Empoͤrung gegen ihn 
in ein deſto helleres Licht zu ſetzen, **) duͤrfte aber ſehr ſittlich— 
ſchaͤdlich werden. Dieſes iſt zu vermeiden und ein richtiger Bez 
griff vom Reich des Satans mitzutheilen, naͤmlich: wenn 
das n. Zeit. als eine feindliche, dem Reiche Gottes und Jeſu 
entgegenfircbende Macht gefchildert wird, Matth. 13, 28. 395 
ISoH. 2, 18. Reich des Satans ift nichtd anderes, als 
das Reich des Boͤſen (Matth. 6, 13), in welchem Irrthum, 
Aberglauben, Wahr, Lafer und Feindſchaft argen alles Gute 
herr eſcht. 

Man rede nicht fuͤr das Daſeyn des T*ubffentl. im Predd., des⸗ 
gleichen nicht von ſ. großen Macht. Dadurch bewahrt man die 
NM, nicht vor Sicherh., ſondern macht ſie erſt recht ſicher, um‘ 
zugleich recht unthätig, um an ver Sinnesaͤnderung — zu 
arbeiten, Es hindert, daß fie nie zur vechten Erk. ihres Vers 


[2 





9 A. Lit. Zeit, 1790. 3r B. S. 534. 
=) Am mons wiſſenſch. Thesl, ©. 130. 


278 = —, “ i —9 
un (über den Vortrag ber Lehre vom 9 


derbten Herzens kommen, ſondern die wahren Urſachen des 
ſittl. Verderbens, beſonders den eigenen Antheil, welchen ſie 
daran haben, snerrehen. Ihr Herz, denken fie. dann, ſey fo. 
böfe nicht, der T** allein Gate Schub. Welch ein Ver: 
derben ifi es, durch das Lehren vom Einf 
T** auf den Di. u. von des M, Unvermdgen zum 
Öuten denſelben ganz unthätig für-feine Beit. 
zu machen! Thun fie Boͤſes, fo bat es der T** gethan; 
ſollten ſie — die traͤgen — faulen Suͤnder, gut werden, ſo nimmt 
man fie ohne alles ihr Mitwuͤrken gleichſam auf die Haͤnde u. 
hebt fie auf einmal aus dem Schlamm der Kafter auf den Berg 
ter Tugend!!“ Wehe denen, die fo das Verderten ver M. vers 
srößern, „Das Rabbiniſch-ſcholaſtiſche Dogma 9. der Macht, u. 
„den Berfuchungen bes Satans vermag fehr die Unſittlichk. zu 
„besänfligen, Denn Eph. 6, 12 find die Dbrigkeiten unter 
„Juden u. Heiden, vorzüglich aber die Boͤſewichter unter den 
„lestern gemeint. I Petr. 5, 8 geht auch blos felkige Zeiten 
„en, worin die Chriften fo manche heftige Gegner, befonders 
„unter ven Juden hatten, vie alle ihre Handlungen belaufchz 
„ten, ob fie etwa Anlaͤſſe zu weitern Bedruͤckungen und Ver: 
„folgungen unter benfelben finden möchten. Es Hot Eeinen 
„Grund zu behaupten, daß der Satan ven M. zu dem oder 
nienem Kbevrede, daß es fein Hauptzweck fey, die Kinderſeelen 
„zu vergiften, denn die Beiſpiele u. Gelegenheiten nähren und 
„entwiceln den in ven Kinderſeelen Tiegenden Keim, und Sefus 
„und feine Boten fagen nichts vom Gatan, von deifen Eins 
„Füffen in die menſchl. Gemuͤther und von feinen Verſuchun⸗ 
„gen.“ — Ueberdieß ſchwaͤcht die Vorftellung: 
iſt ein Te*z,,das Vertrauen auf Gottes Vorſehung, 
erfuͤllt die M. mit einer quälenden — wiewohl 
:  9randl. Furcht w verleitet fie zu mannidhfalti> 


gem Überglauben. 


Mon einem Kampfe mit dom Z** darf auch nicht mehr wie ches 


mals die Nede ſeyn, davon weiß die h. Schrift nichts. 
die Suͤnde ſucht über den Mr. die Herrfchaft zu gewinnen, 


ihr muß der Mt. Eimpfen. Diefe ift der im Herzen des WM. wohs 
nende Feind, der ale unſere —— Kraft und Anſtren⸗ 
gung erfordert; vgl. Dr. ©. Leß Preis. v. Gebet. RE 


fen :1778::.8.)82 433 ei Anm, wie wir gegen die © 
Fampfen muͤſſen.“ 


Bel. Scherer’s alg. homilet. u. Lit. Archiv. 
48 ©t. 18901. ıfte Abh. „fol man dem gemeinen 
Mann den Glauben an den T** laffen (Der Verf. 
gibt den Kath, den T** noch vor der Hand Gig in 
den Seelen ungebildeter M. zu laffen, mwentgfteng den 
Glauben an ihn nicht zu beftreiten, fondern durch Wit: 





T. Ba 279 
Teufel, (prakt, Folgerungen.) 


eheilung beferer Ideen nach und nah in f. Grund- 
fügen zn erfchlttenn.) 

S.— Der Teunfelin feiner Ohnmacht. Ein 
Sragm. von einem Antidiabolicus zur Foͤr— 
derung einer vern. Aufflarung Erlangen 
1790. 8. (4Ggr.); — Kofegarten: der Schat— 
tenkoͤnig. Ohne Angabe des Druckorts) 1800. 8. 
(8 Ggr.) (ift eine geſchichtliche Entwickelung des Dogma 
vd. dem T**. Es zeigt K., daß die Philoſophie we— 
der die Erik. noch Hichteriften; des T** beweiſen 
fönne. Fuͤr die Moralitit hält 3 auch die Meinung 
über den T** für gie —— RE RE 
Erfl. der Schrififtelle, I Petr. 5, ‚ee feyd nüchtern ꝛc. 
auch noch einiger hieber gehoͤrigen Stellen zur Unterr. 
und Troſt fihwacher Ehriften. Gotha 1798. 8. (3Ggr.) 
Goͤtze nuͤtzl. Allerlei; 2te verb. A. ırSh. Nr. 85. ©. 

292 ff.: „eine Feine Golfepredigt über Iperr. IE 

8.8. Sintenig Gonntagsblatt. ır Th. 1801. Ar... 
A des Weltboͤſen ohne Einfl. eines bofen We— 
Bm 


II. Praktiſche Folgerungen. 


1) Da es in unſern Zeiten *) Menſchen A ibt, welche 
nach ihrer neberzeugung das Daſeyn des T** nicht 
glauben Finnen, ſo muß man diefe deshalb nicht für 
Unchriſten halten, fo wie alle die, die den T** Jäug- 
nen, darum bdieienigen nicht. für dumm und aberaläu- 
bifch halten duͤrfen, welche fich das Dafeyn des T** 
haben einreden laffen und fich davon überredet haben. 
Man bleibe vieimehr beim Glauben anGott und feine 
beſchuͤtzende Vorfihung, und an Jeſum und unſere Er— 
loͤſung ſtehen. 

2) Man glaube nicht an Zeufelserfiheinungen. Man 
glaube nicht, daß er unter den M. gegenwärtig waͤre, 
oder daß die T** diekuft erfüliten. — n man auch 

er: den ft.‘ ' 
wurflich an Ar ® an glaubt, ſo ep ia in 
einer von unferer Erde Berjhlebenen Weltgegend, im 


— 





*) Dief ift — nee — zu ſagen. 


280 “ EN 
Teufel, (prakt. Folgerungen.) 


Tartarus eingekerkert, d. h. ohne Bild; ſie find ı eing?s 
fihranft und zum großen Gerihtstag aufbewahrt. 
Hier Teiden ſie ihre Strafen. Sie find alfo weis ent— 
ferne son une. Sie konnen alfo nicht auf und wuͤr— 
Ten und ung alfo ganz und gar nicht fchaden. Nur 
uns ſelbſt fhaden vir durch unfen — * llen und 
durch —— Suͤnden. 

Ueber IIPetr. 2, a uns Judas B. 6 ſ. Briefs ſ. Doderlein's 
Mel. Iinterr. Th. Vil. ©, 189. 190; allein ich erkläre ven 
Tartarus v. einem aͤußerſt en Zuftande und die Ketz 
fen, womit der T** angefchloffen ift, v. der Unmoͤglichk. dab 
er ſchaden Fan. Ben der eivigen Unſeligk der böfen Geis 
fier iſt auch nicht Die Rede, ! 
Ders. Hahnzogs Predd. wider den Übers. der: 

Landlente, Pr. ra. ©. Rn, „von einigen angebl. 
und eingebild sten Erfchenungen des Satans.‘ 

Mean fuͤrchte ſich vor den körperli— chen Einſtuͤſſen des 
T auf uns Mi. oder auf unſere Hausthiece 
aͤngſtlich, als ob er im * wohnen, die M. ing Un 
gluͤck, z. B. ins Waſſer, ftürgen, ven M. lahmen oder 
entfräften. fönne. Dieß iſt thöricht. Es hieße den 
höchſten Aberglauben bewelſen und ſich von aberglaͤu— 
biſchen ar abhaͤngig machen, um ſich auf ihre ver⸗ 
meintliche Gegenhuͤlfe zu verlaſſen. Denn iene Sucht 
a) wurde auf dem Haube nv beruhen, als ob württ! ch 
Die M. und dag Dich vom T* beſeſſen ſeyn könn— 
er * man in der Evang. Geſchichte ton 

Eh _ Be LEER US oder von Be— 
iſchen Leuten) fiel. Wlein 
es nd —5 nun gtuͤgliche, aber gefaͤhrliche, 
ſchwer zu heilende Kranfbeiten, 2. DB Ra; 
ferti BIER Dr fallende Sucht, Shwer- 
muth, hyſteriſche Uebel, wobei die franfen große 

Störfe in den ſchrecklichſten Verzuckungen zeigten und 

ſchreck liche Symptome ſchwerer drantheit n zu verſte— 


hen, die in denen ı 28 
WrRr ar} 
De 


— 
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— 5 
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Ku 

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TER" I rGlaube, daß der 

me, alldeıken herrſchte, und 
wo mon alles und iedeg Hofe, iedes Uebel, — mora- 
fh oder phyſiſch — dem I** als Urheber u, Stifter 
beilegte,dem T”* angefchrichen wurden. Haupkſaͤchlich 
war die a beſitzung dieienige Krankheit, welche die 
Aerzte Wolfswuth nennen, eine Art v. Wahnſinn, der 


en 
* 
++ 


it 
im M. wohnen fen 


— 


x 5 5 
Le 251 


Teufel, (v. den Teufelsbefißungen im n. Teſt.) 


hier und da in Raſerei ausbrach; die man, pen der 
Heftigkeit ihres Ausbruchs, leicht für eine Wuͤrkung 
eins feindfeligen Weſens halten konnte, welches ſich 
eine Freude daraus machte, die M. zu peinigen. Aus 
Unfunde in der Naturlehre und im der Arzneige lahrt— 
heit bezeichn⸗ man iede Krankheit, beren Ih ſache man 
ſo wenig als die rechte Heilung einſahe, oder die ſehr 


— war, hr eine Mürfung ee TS’ Die Hua» 
druͤcke der Volks prache hatten fich einmal nach dieſer 
VBorſtelung gebildet. Beſondere Anfälle des Wahn— 
ſinns und ber fallenden Sucht zaͤhlte men unter Die 
daͤmoniſchen Wuͤrkungen. Die Redart: „er hat 

Frage in beſchimpfendem Sinn unſinnig ſey 

05.7, 20; 8,485 19, 2%. — Meith. 17,15 hair 
erſt Die Krankheit befchrieben, ohne des MIR SIE Tr- 
mahnen; Hanybır erfi 3. 13 heißt es: der S** fuhr 
aus, Das, was von ten nn womit die Teu— 
elsbeſitzungen ſich aͤußerten, geſagt wird, laͤßt ſich gut 
‚on krampfhaften Zuſammenziehungen gewiffer — Theile 
herleiten und erklaͤren. Dieſe Zufaßle flinmen auch mit 
den ſonſtigen a, die man bei manden Epi — 

zim 


unigen wahrnimmt, ſehr uͤberein. Of 
us dieſe Krankheiten durch feine Wun— 


raft. Wenn gleich die bibl. Schriftſteller dieſes 
„Teufelaustreiben“ nennen, ſo beſtaͤtigen ſie da— 
durch Au die gewoͤhnl. Meinung und ı HEbinen dieſe 


h. at Man braucht auch ietzt noch 


die Au * ick „bleich, — hager wie cin Geben! m“ 
ohne grade die chmaligen Begriffe damit zu verbin— 
den. Wenn Jeſus ohne alle Selm iftel Die [merisen 
Krankheiten mit einem Worte bed, fo handelte er eben 
fo groß und wunderthätig, als wenn er im eigenil. 
Sinn S** au ——— haͤtte. 


Jeſus ſelbſt glaubte unmoͤglich die koͤrperl. Teuſelsbeſitzungen, weil 


dieß aller fine n Denfart gradezu witerfireiteh Er ent: 
huͤllte in dieſer feine ahre — nicht, weil er aus guten 
Gränten vorherſahe, daß * — lich ſeyn wuͤrde, ſeine Zeit⸗ 

genoſſen ven Der — drigk. Des angenommenen Vorur— 
theils zu uͤberfaͤhren. an der weite Menn fast nur dann 
f. Meinung dffenttich, wenn er voraus ficht, daß es Awas 
fremmen werte, Er trich eingebtidete TF+ als würd. Tr» 
aus, denn man muß, um einen eingebildeten franfen zu heilen, 

feine bei ihm ſeſt sewirdene Vorſtellung moͤglichſt ſchonend * 


€ 


282 & 
Teufel, (praft. Folge zungen.) 


ur 


handeln. Dieſe fen ſgeſetzte Idee wird fogar eft Grund der Ge: 

neſung, fo war es z. B. bei ven Beſeſſenen zu Gadara der 

Fu, 

Es gab auch fpäterhin ſolche ſchwer zu heilende Krankhh., welche 
man den EFF beilegte, oder deshalb M. für befeffen bielt, 
wie dieß in der Geſch. der menfhL, Narrheit,7 Theile, 
293. 17851789. 8. au verſch. Beiſp. hyſter. Perfonen von 
Adelung gezeigt worten if. — 

Falls man a uch gie: uben wollte, daß T ufelsbeſttun— 
gen moͤglich geweſen waͤren, ſo koͤnnte man doch nicht 
annehmen, daß ſie fortgewaͤhrt haͤtten. Denn nirgends 
ſteht in der Bibel, daß die (vermeinte) Wuͤrkſamkeit 
des Teufels ſtets fortdauern ſollte. Wer kann die 
richtigen Kennzeichen angeben, wodurch ſolche Beſitzun— 
gen von den Würfungen natuͤrl. Urfachen verfchieden 
wären! 

Dei evangel. Hofchnitten, wo die Rede von dem Austreiben des Teu⸗ 

“Fels if, auch Stumm- u. Zaubh., Gicht ze. hielt man für Wuͤr⸗ 

Eugen inwohnenvder böfer ®eifter, z. B. Luc. 11, 14 d.h. 

ex gab einem ſtummen M. die Sprache wierer) rede der Rel, = 

Lehrer lieber von der Guͤte Jeſu, v. ſ. Bereitwilige, zu hel— 


fen, oder v. den Umfiänden, unter welchen er a bat over 
v. ber Natur der Krankheit ꝛc. 


Vgl. Schmidt's Bibl. für Krit. m. Exegeſe, Ir B. 
48 Öt. ©. 525-559: „uͤb. die neuteſt. Daͤmonologie;“ 
bibl. Encyclop. oder ereg. Realwoͤrterb. ıc 
B. Gotha 1793. 4. ©. 284 2923 „Beſeſſene;“ Doͤ⸗ 
derleing Rel.Unterr. VlIr Th. ©. 179-189. 


? Furcht vor dem T** Finder deshalb nicht 

iatf, 

“ a) teil man ſich Gott nicht weiſe, gütig und mächtig 
über alles denfen Fann, menn er fich feine Abfichten 
durch eine folche gefährliche Gegenmacht müßte hindern 
laſſen? oder wenn er erlaubte, daß feine M., ihnen 
ſelbſt unbewußt, gequält und zum Bofen verführt 
mwirden? Was Fonnte der M. dafür, daß er ruchlos 
wärde, wenn er einem folchen übernatürlichen Zwange 
unterworfen wäre? Go bald man den T** zum ge 
waltigen Herrn macht, fo erniedrigt man durch folche 
Berfiellungen den ewigen und einzigen Weltbeherrfcher 
und Sefus Chriſtus — der alle T** auf ewig geftürzt 
ber. Offenbar ift doch der T** unter Gott. Wie 


* ⸗ 


T. 283 
Teufel, (praft. Folgerungen.) 


fann er alfo ohne feine Zulaſſung M. fihaden? Gott 
leidet es nicht, daß er, (falls er da iſt) uns fihade, 
weil wir ung vor ibm als einem unfichtberen Geift 
nicht hüten könnten. Der T** (fals er vorhanden 
ift) ift ein Weſen ohne Korper und Geſtalt. Er fann 
alfo feine von den Wirfungen vornehmen, Die man 
ihm gewoͤhnlich zufchreibt. Die Meinung alfo, daß 
der S** noch ietzo auf der Welt gu fchaffen babe, iſt 
ungereimt. Man lebe nur anhaltend fromm u. recht— 
ſchaffen. Der Allmächtige ift unſer Schußherr und 
Geleitsmannn. Wer Faun ung denn fchaden, «8 fen 
eine fichtbare oder unſichtbare Macht, wenn wir Gott 
bei ung haben?! Wan fürchte ſich nur vor feinem 
eigenen Herzen, u. vor manchem Verläumder u Gegner, 
ber für uns (nad) Eph. 4,27; IZim. 3,7; H Zin. 3, 3) 
ein wehrer Teufel iſt, zumal wenn er unter der roe 
eines Freundes als ein Engel des Lichts erſcheint. 
b) Jeſus bat ia nach Ebr. 2, 14 durch ſ. Lehre dem 
Tode un dem T** Die Drache zu fihaden genommen, 
d. h. er hat der Sünde und ihren Solgen durch Lehre, 
en Besen und Sterben und f. Erhöhung Einhalt 
gethan, das Boſe vermindert und einge föranft, un 
zur Tugend und frommen Gehorjfam gegen Gott, zur 
Gewißpeit vom Antheil an Gottes Freundfchaft ges 
bracht. Er bat Unmwiffenheit, Aberglaube und Laſter 
verringert, Job. 127 31. Sein S** hat alfo Macht 
über irgend einen Verchrer Jeſu, da Jeſus feiner ein- 
gebildeten Herrichaft ein Ende gemacht hat. Würkte 
der S**’ noch zu allem Boͤſen mit, ſo waͤre ia ſeine 
Erloͤſung unvollſtaͤndig. Seine Verdienſte verloͤren da— 
durch von ihrem Werth. Da er uns aber von der 
Gewalt und den ſchaͤdlichen Wuͤrkungen des T** be: 
freie, und ung zur Erkenntniß, Sittlichk. und ewigen 
Seligk. den Weg gezzigt und geebner hat (Joh. 16, 
N: — da dır St“ gerichtet A Alfor. 4, 4) — da 
die Ap. durch die chriftl., mit Wundern beftätigte, Lehre 
den Gogendienft zerſtoͤrt haben: fo ift ia offenbar feine 
Macht zernichtet, vol. II Petr. 2, 4 Brief Juda V. 6. 
Die durch die Offenb. ERUDEETE ern. fordert uns al» 
ſo auf, jedesmal den wahren natürlichen Urfachen der— 
ienigen. Erfcheinungen und Begebenheiten, deren Urhe— 
ber der T** feyn fol, nachzuſpuͤhren a. fie verpflich— 


294 A | Ri 
Teufel, (praft. Folgerungen) 
»” 


een ws wenigſtens das allermeifte, was man ehemals 
u aus Keichtgläubigfeit u. Unwiſſenheit, theils 
aus Bosheit für noc fortwwährende unmittelb. teufe— 
liſche Wuͤrkungen hielt, 4. B. Zauberei, Hexerei u. dal. 
für ganz uuchrifl. Übergl. zu erklaͤren. Sind wir 

Fromm, ſo haben wir uns vor nichts zu fuͤrchten. 
be I ke, mie ein M. .‚ ber diefen abergl, Irrthuͤ— 
mern ergeben iff, unmoslich in feinem Her; sen vor Gott 
Eh: Fur haben eönne, indem er ben Su entweder 
chin fo ftark; oder wohl gar noch ſtaͤrker fürchter alg 
Gott. Hat man nicht in neuern Zeiten durch Aerzte 
die fogenaunten Behexten geheilt? Bat man nicht Die 
Zauberei durch gerichtliche Unterfuchungen alg einen 
groben oder feinen Betrug aufgedeckt gefehen? 


c) Die Gtelle I ßetr. 5, 8 ifi wicht im eigentlichen Sinn 
zu nehmen, denn wer hat ie den-T** als einen bruͤl— 
ienden Loͤwen umhergehen geſehn? Dieſe Stelle iſt 
nicht auf in durch Jeſu Tod Erlöfte anwendbar. 
Vergl. Dapp's Predigtb. ©. 145-157; „daß bie 
Furcht vor en D** unnsthie r, unchriſtl. und fchadl: 
Be © 25 Gannabic 8 Predd. über die Sonn- und 
Fer taͤgl— Evang. ır d/ 2fe id. ;S. 2575285, „daß 
wir nicht Urfahe haben, uns vor dem Satan zu 
fürchten.” Zerrennerg Predd. f. d. lieben Landleute, 
er Th. N. 22. und letzte: „daß der T** die M. we— 
der krank noch geſund machen koͤnne.“ 


4) Reitzungen u. Verfuͤhrungen der M. durch 
den Teufel zu Sünden und Laſter darf fein 
Chrift (wegen 2.n.3.) mehr glauben. Man 
mache nicht den Teufel zum Urheber von boöfen Ent- 
fchließungen u. Dand!angen u. Bergehungen, oder man 
ſchiebe, wenn man fich vergangen bat, nicht‘ die Schuld 
auf den T**, als ob er ung dazu verführt hätte, 
denn — a) dad: urch laͤugnet man die Vollkommenheit 
Gottes und fein? Vorſehung. Der M. ſteht unter 
Gott, iſt gleichſam in der Hand des Heiligen. Wenn 
die Macht, ſinul. Neigungen noch durch Einwürfungen 
eines boſen Gfes verſtaͤrkt werden fonnte: fo würde 
die Freiheit des M. leiden, bie: Aurechnung ber Schuld 
ungerecht feyn, und die Rel. einen großen Theil ihrer 
Verbindlichkeit verlieren. Es fiele alfo dadurch der 


— 28 
Teufel, (prakt. Solgerungen.) 


Glaube an die Weishen Gottes und an wahre 
gend weg. 


Die Bekanntſchaft über die Denkungsart der Juden an ben Seiten 
en widt: uber vie Stellen Euc, 8, 125 22, 315.509, 8, 
443 1 Son 2, 205- IPelr, 5, 3.95 und Eph. 6, 
11. ı2 Licht, welche zwar vom fittl. Einfius Des T** auf bie 
N. und von den boſen Handl. als Eingevungen u. Verfuchun— 
gen des Satans zu bandeln fcheinen, allein in diefen Stellen 
kann eine Bequemung nach dem Sprachgebrauch der Zeit zum 
Grunde liegen, Shriſtus u, die Ap. bebielien Vorſtellungen 
bei, ven weichen ſich vorden Zeiten Ser babyloniſchen Gefan⸗ 
genfchaft Feine Spur fintet, Die Erfahrung kann es nicht fer 
ne ob es Mürkungen des T** auf bie Seele gibt, denn 
‚es End Erine Merfmele vorbansen, con welcher Verſuchungen 
des T** von andern Verſuchungen unrerichieden werden Fonnz 
ten. Man faen auch fagen, daß tie Beiſp. Sr h. Schrift, 
weiche fie v. Einwuͤrkungen des X. gibt, nur v. ſolchen wich⸗ 
tigen Merfouen vorkommen, kei welchen Gott um anderer Ab— 
ſichten willen etwas Außerordentliches zulaſſen Eonyte, Und die 
Ermahnungen der Ap., wider ven T** zu fireiten, beziehen 
ſich zunaͤchſt auf die Umſtaͤnde der damaligen Bekenner Jeſu ı. 
koͤnnen unmoͤglich ſo grade auf uns angewendet werden. 


b) Weshalb heißt ung Jacobus 4, 7, dem T** su wi— 
derfiehen, damit er von uns fliebe, wenn wir nicht 
Schul) am Suͤndigen hätten?! Kann alfo der M. 
dem vermeinten Einfiuß des I ** mwiderfiehen: fo duͤr— 
fen wir nie Die ſittl. Schuld auf emen andern außer 
ung fchieben. Wir feldft bleiben vermöge der Selbſt— 
befiimmung des Willens, — denn wir find freie, ter- 
nuͤnftige Weſen, — felbft und allein die Schuldigen. 
c) Hiemit muß es feine Richtigkeit haben, denn vor 
Gerichte, wo doch auf ieden kleinen Umſtand gun 
Vortheil des Verbrechers gefeben wird, um ihm nid 
Unsccht zu thuns wird doch, wenn ce bie Si Hal d 
von einen beräßten Verbrechen auf den TC *= und det 
fen Gerführung fehiebt, auf diefen Ynfand zur Mil— 
derung feiner ‚Straf: ‚gar Feine Kuͤckßeht genommen; 
dieß waͤre offenbar unrecht, wenn der Te zu den bo: 
fen Handl. der M. mitwuͤrkte. 
d) Die Beifpiele von fogenaunten und angebl. teufe- 
|; then Eingebungen aug der Erfahrung, d. h. 
feiche boͤſe Gedanfen, die manden, ohne Dazu befon- 
dere Anlaͤſſe wahrzunehmen, fehnell und ganz unvermu- 
thet überfallen; wenn folche he mit ungewéhnl. 


kn 


. 


J 


Zeufel, (praft. Folgerungen. 


Staͤrke und Heftigfeit überfallen; wenn man, ohn- 
geachtet manches Kampfes dagegen, fie doc) nicht vers 
foheuchen, und nicht fie gleich von fi) entfernen kann; 
wenn ſich manche böfe Vorfielungen finder, von des 
nen man fonft nichts Ähnliches gehört oder geſehen zu 
haben ſich entfinnen Ffann — die fogenannten geift- 
lihen Anfechtungen laſſen fih deutl. aus einem 
raͤnkl. Zuftande des Leibes oder aus Trübfinn und 
Schwermuth erklären. Niemals kann man mit Ge 
wißheit fagen, daß die teufeliſche Einwürfung hie oder 
da vorgekommen wäre. Diele Bibelfiellen leiten die 
in ung auffieigenden bofen Gedanken und Begierden 
aus der unreinen Duelle unfers eigenen Hertens her, 
z. B. Matth. 15, 19; Galat. Js 16:21; Rom. 7, 5. 
85 21,117-20. 23. vorzüglich Fat. I, 14. 15. (Öenau 
befchreibt bier Jacobus die innere Entſtehungsart 
der Suͤnden den M.; er weiß nichts von 
den Einwürfungen des Tax; er leitet alleg aug ber 
Freiheit des M. ber.) In dieſen und andern Stellen 
wird bei den Se jerbrechen, Laſtern u. Bos— 
heiten der M. der Te* ganz übergangen. Er ifi alfo 
nicht bei der Sinde ale eine mitwärfende unınittelbare 
Urfache anzufeben. Die Neiße der Sinnlichk. 
find Schuld an den menfchlichen Sünden, welchen aber 
der M. widerſtehen kann, daher der M. felbfi für 
feine Vergehungen Rede und Antwort fliehen muß. 
Auch fuchen böfe Mitmenfhen den Mi. zu vers 
führen, theils durch ihre bafe Lehre, theils durch 
Lieberredungen, theils duch Drohungen, theils 
durch boͤſe Beifpiele und Xergerniffe und auf andere 
mannichfaltige Art. Es braucht alfo gewiß nicht der 
Tx* die Tugend der M. in Gefahr zu feßen. Diefe 
boͤſe Menſchen ſchaden den Beſſergeſinnten gewiß weit 
mehr, als eg ie der E** (falls eg einen %** gibt) 
kann. Allein man fann auch diefen Berfuchungen aus— 
weichen und fie befiegen. 


Selbſt dann, wenn man Berführungen des T** zum Boͤſen ans 
naͤhme, dürfen doc) die, die ſich durch ihn verführen laſſen, nicht 
Hoffen umngefivaft zu bleisen, weil er von außen durch die T** 
sum Böfen gereist wird. Es ift vielmehr vie Schuid feines 
eigenen Willens, daB er Weise, vie von außen erregt und bes 
ſtaͤrkt wurden, und v. welchen er wußte, daß fie dem Geſetze 


I 287 
Teufel, (praft. Folgerungen.) 


entgegen jenen, der Stimme der Bernunft u. Pflicht vorgezogen 

Hat. Daß aber Gottes Kraft ieden an fich befiegbaren Weiß 

zur Suͤnde vom WM. abwenden muͤſſe, Fann weder tard) Vern. 

nod) Offenb. bewielen werien, 

Bei größeren äußern Keigen muß der M. groͤßere 
Borfichtigfeit anwenden. Men muB ar: — ‚er eins 
ſichtsvoller zu werben ſuchen gegen a es Bote; man 


* 


muß gegen iede Verſuchung auf feiner a r ſeyn und 


täglich an feiner Beſſerung arbeite Dann richtet 
eine Verführung etwas aus. Gib, — ſt, Acht auf 
de n Herz, auf den ſich regenden R öl, ke ine ben Gang 


deiner Sedanfen kennen. Dieß iſt Das on Jeſu Matth. 
26, 41 eingeſchaͤrfte ge Co bald du zum Ste 
ten erweckt wirft, mußt du forsfeltig wider deine bis— 
berige Neigungen känıpfen und dih ernfilich bemühen 
dem entgegengefegten Guten nachzuſtreben. ...: 
deshalb Aufmerkſamkeit auf dich feibit, bete, beſchaͤf⸗ 
tige deinen Verſtand mit fi ommen Berrachtungen, ſuche 
Umgang mit rechtſchaffenen We verhüte vorzuͤglich die 
Gelegenheiten, welche die alten fündl. Neigungen wieder 
erwecken und verftärfen Fonnen. Wende einen großen 
Ernft in deiner Froͤmmgk. an. 


Da offenbar die SittlichE. der M. u. ihrer Handl. bei dem Vorurth., 
daß der T** de M. reise u. ſ. f. ſehr viel leitet — da der 
Menſch ſ. Tugendkraft verliert und f. Eifer fürs Gute ges 
fhwächt wird: fo muͤſſen Rel.⸗Lehrer das Nr. 4. Geſagte be: 
Tonders oft einichärfen. Denn it ver T** unfichtbar, iſt ew 
durch verborgene unmitteltare Einfläffe bei dem vom M. vers 
üsten Boͤſen fo geichäftig, ohne dad es tie M. einmal willen 
um) ohne das fie befonzere eigenthuͤml. Mittel in Gärten Das 
. ben, die fie wider ihn gebrauchen koͤnnen: fo fallt rin großer 
Theil der Schuld und Strafwuͤrdigk. ihrer Handl. v. ihnen ab, 
und kommt auf die große Rechnung des Satans, Wie oft ha— 
ber Sich auch deshalb Miſſethaͤter damit entſchuldigen Wollen, 
daß fie fagten: der T** hat mich dazu verführr, Man zeige, 
daß es uns nicht zu ſtatten kommre wenn wir glauben, daB ver 
T** und nicht wir felbft am Böfen, das wir thun, Schuld 
wäre, wie S. 286 bemerkt worden if. Pan zeige, daB es 
berrichenter Zon der h. Schrift iſt v. Suͤnden die doch Handl. 

ser M. find, als von Merten des XF* deshalb zu reden, weil 
ale — von M. begangene — ——— Werke ſind, der⸗ 

gleichen der T** (als Ideal alles Boͤſen) gerhan her und — 
tout. Daher ind Sünden und Werke des T** len 
tende Wörter, 3,8. IJoh. 3, 4:8, Was Sof, V. 5 Sünte 


— 





FA 


288 I 
Teufel, (prakt. Folgerungen.) 


wegnehmen nennt, das nennt er V. 8. Werke des ——— eildren, 
Seufelsfinder Ich. 8, 24 find Die, weiche fo böse dach: 
ten u. Bbandeiten, als der I**, x | 

E3 war ſchädlich und ſon nicht mehr fiatt finden, daß die, Prediger 
ehehin von böſen M. ſagten: day fie fh vom T** Kätren „nierden 
laffen, 225 3 Ber Sfinvwen des ES feine Kin der wären, Sag der 
Tr’ fe am Kiride führe! Dieß wäre, eine verkehrte. — La⸗ 
ſterhafte zügren zu wolen, 


i. Alerlei, ziel. ar ©. Ne. EXKL. 
ı „über Die Worte Eur. 2, 12 es eine 
Widerlegung des Vorurth., dem L*r von allen: Boͤſen 
die Schuld zu geben.) | 
5) Dan glaube nicht an dag He wie 
’on. mit dem T** ein Buͤndniß aufrid- 
ten, *) ober dag Die M. welche bereits mit ibm im 
Buͤndniſſe finden, durch ihn zaubern oder auf eine 
— Art unne tuͤrliche & ssinge bewuͤrken, andern 
Menſchen füyaden, Schäse entdecken, oder ſonſt ſich u. 
andere M. reich machen koͤnnten. Sagen uns andere 
Menſchen viel von. den Wuͤrkungen der Zauberfor— 
meln, vom Gluͤck, welches man durch Huͤlfe des Des 
erlangen, und von ibm Geld, M ahruugoͤmittel u dgl. 
erhalten koͤnne: fo traue man Ye nicht. Denen, die 
ung erzählen, daf der, den man für reich belt, mit 
dem Des in einem Bindnif fiche, daß dieſer ihm das 
Geld bringe, ibn bei andern Menſchen beliebt mache, 
traue man nicht. Denn ſehr oft hat ee ſich gefunden, 
daß ſich dieſe M. die Leichtglaͤubigkeit Anderer zu flug 
machten, ſich dabei bereicherten, und unter dem Vor— 
wand geheimer Kuͤnſte oft die ſchaͤndl ichſten Abfichten 
ansführten, und heimlich die Einfalt derer, Die ihnen 
frauten, auslachten. Gott DEM doch weit 
mebr unfer Derfrauen alsd * boͤſen Men: 
ſchen. Hat er nicht ſchon im a. ar zu Ber Zeit, 
wo man noch nicht ſo weit in der E war, es ver— 
boten, daß unter den Volke Fa —— und 


Traumdeuter, keine Zauberer, Todtenbeſchwörer und 
ſolche Leute ſeyn ſollten, die Meng des Abergl. Anderer 
zu 


*) Wie man ſich dieſes ehehin dachte, davon ſ. Ulrichs 
moral. Encyel. ill. 889. 


Se 289 


Teufel, — Folgerungen.) 


zu ff. bi Solche Leute ſollt en verbannt ſeyn aus dem 
Rolf. Die heil. Schrift erklaͤrt alſo, daß dieß alles 
Betruͤgerei und Entehrung — goͤttl. Vorſchung ſey! 
Gott hat ſich eh darin geändert. E8 gilt auch noch 
ießt diefer Befehl. Men gl faube alſo ienen M. nicht. 
Derfprechen fie ung fhnen reich zu werden, fo Denfe 
man an dag, was die Bibel fast: du ſollſt arbeis 
ten u. beten. Dieß ſey der Weg reich zu werden. 
her durch Entdeckung v. Schaͤtzen und durch ſchnell 
erlangten Reicht un kaͤmen wir in Gefahr, in Muͤßig— 
gang und in Laſter zu verfallen, weil wir die Arbeit 
nicht mehr noͤthig finden würden. Es gibt gewiß mir 
gends in der Welt M., die mie dem — in einem 
Buͤndniſſe ſtehen, u. Die ſich ihm zu eigen ergeben haben. 
Es a Die B grobe Zügen, fo wie die Erzählung, Daß 
der T** einft jemanden für die ihm geleiſte sen Dienfte, 
zu einer beſtimmten Zeit gehelt habe. Sollte es der 
Allmaͤchtige, ohne welchen nichts geſchehen kann, wohl 
zugeben, daß der M. mit dem T** in eine fo genaue 
Verbindung freie? Sollte er es —— daß dieſer 
boͤſe Geiſt eines feiner Geſchoͤpfe, er alle zur Gluͤck— 
ſel * beſtimmt bat, fo. en Behandee? e8 (wie 
man ſonſt und noch bie und da erzaͤhlt) in die Luft 
führe, und es da unter graͤßlichem Geſchrei zerreiße? 
Man gebe en die Acht, die man für reich u. im Ver— 
Dacht halt, daß fie mit dem Tes in einem Buͤndniß fie 
hen, und ba biefer ihnen Geld bringe; gewoͤhnlich ars 
beiten dergleichen Leute in ſtiller Betriebſamkeit u. ges 
langen bei anhaltender Sparſamkeit und bei guter 
Haushaltung N einem geößeren Vermoͤgen, als andere, 
die dieſes nicht thun, und die daher nicht wiſſen, wie 
dieſe zu einem ſolchen Vermoͤgen gelangt ſind, ihnen 
alſo bald dieſes bald ienes Schuld geben. Alle 
Henfferungen Der angebl 3a auberei find 
entweder natürliche Erfolge, die theilg 
iheer Ren heit wegen, theils Durch die 
Demuhbungen ihrer Urhebe | 
Wunderbaren erhalten, oder es 
lungen, denen die ge 


Re De TR: 
ren 


fi ind Er zaͤh⸗ 
liche Slaubwür- 
e Östt die M. und felbfi 

E boſer eifier erſchaffen ha— 
Den? In 15ch. 3,8 (ale H.) liegt auch fuͤr den 
Ehrift. &n 2 es Canzelgebr. 3Th. = 


fü 
digkeit fehle. Wie fonnt 
Die Shiere — eh vi db 
2 





290 © > — 
Teufel, (prakt. Anw.); Tod Sefu, 


Ehriften die Verpflichtung, daß er den Glauben an bie 
Würfungen des Tr * in fich zerfioren fol. Der Chrift 
verſaͤume es doch nicht weiter, fo viel er Anlaß bat, 
die nafürl. Urfachen der Dinge, ihre natuͤrl. Wuͤrkun— 
gen Fennen zu Lernen. Dann wird iener für ihn er— 
niedrigende fihändl. Abergl. aufhoͤren. 


le fonnte der Ehri ſt noch an Schaßgraben glau: 
ben, da es eine lichtfcheue Handl. ” Gute Handl. 
fünnen das Licht vertragen. | 


Man büte fich, daß man nicht — wenn man die 
Urſachen mancher Unfälle und Krankheiten, vom Scha— 
den an Vieh u. ſ. mw. nicht weiß, ſage: das kommt 
von böfen Leuten. Dieß bringt Haß, Keindfchaft u. 
Mache. Die Liebe beſorgt nichts Böfes von Mitmen- 
ſchen, fie ift nicht argwoͤhniſch. 


Bol. Goͤtze nuͤtzl. Aller lei⸗ zte A. zr Th. ©. 371⸗ 
330. „Bund mit dem Teufel.“ | 

S. ———— Fragmente uͤber den 

— u. Verſuchung Ehrifti in der Wuͤſte, 
Berlin und Stettin) 1792, 8. (3Ggr.) vergl. mie den 
Ausz. ind. neuen ad Bibl. dB 286. ©. 
107:111. Wagniß FREUEN in "Beifpicken, ır th. 
©. 351356. — — 


Tod Jeſu, Nom 5, 8. 


Berg, C. F. Stäudlin „üb. den Zweck und die Wuͤrkk. des To—⸗ 
des Jeſu“ in der götting BibL dd theor. Litt, -von 
Schleußner u. Stäudl. IB, ©. 2332258; 311-323; 
38924015 467473; 823=29065 C. Fr, Stäudlin de 
mortis Jefu confilio et gravitate Diff, Goettingae 1794. 45 
der nächfte Zweck des Todes Jeſu, und wie derfelbe noch zit 
unf. Zeit zur Beruhig. der M. und d. Gündenvergeb. anzu> 
wenden fey? von Dr, ©, Schlegel, in Henckens neuem 
Magazin x. 2rB. 18St. ©,118:157;5 EAU. Schwarze 
über den Tod Jeſu ald ein wefentl, Stuͤck f. Plans zur Be: 
glüs, des menſchl. Seſchlechts. Lpz. 1795. 8. (20 Ögr,) (eine 
ſchaͤtzb. Schrift) vgl. mit d. Beurth. in Dänlein’s u. YUms- 
mons theol. Faurm,. U B. ©, 177. f. 209 f);5 Didver- 
lein’s inft. Th, ch T. 1,9. 967  E7@, “142356; 
deffelben Relsslinterr. XI Th. ©, 167:2775 'Reins 
hard's Vorl. üb, die Dogm. $. 107. ©. 397 fs Stau 
kin’s Dogm, und Dogmengeſch. 2 B. ©, 7551. — 


T. 291 
Tod Zefu, (Urfach des ——— fuͤr alle M.) 


J. Bekanntlich ſteht in vielen Stellen des n. Teſt. z. B. 
Matth. 26, 28; Rem. 5: 8-93 ich. I, 75 kph. I, 
zu. m. der Ausdrud Blut Jeſu flatt des 
Todes Jeſu. *) 

Weil Sefus duch feinen dreijährige en Unterricht bei 
alien der Wahrheit empfängt. Juden in⸗ und aufers 
bald des iüdiſchen Landes fo viel Beifall fand, fein 
Anſehn ziemlich feſt begründet und die luͤdiſche Prie- 
fierfiaatsgewalt über Judaͤag in ‚been erſten Grundfes 
ften erfchüttert hatte (man dgl. 309:2,,23 7.127,26): 
fo beſchloſſen deshalb die iuͤdiſchen Ober- und Unter— 
prieſter Jeſum mit Gewalt umbringen zu laſſen. Jeſu 
blieb nun nichts übrig, als entweder ſich als Meffiag 
an die Spise des Volks zu fielen, oder feinem Berufe 
zu entfagen und fich in die Einſamkeit zurückzuziehen, 
oder — als ein Opfer für die Wahrheit zu flerben. 
Er wählte als Sreund — als Ge— ſandter — das 
letzte. Er hatte feinen Beruf als Erloſer der M. an- 
gefangen (Joh. 8, 32. 36.) und als Erlöfer wollte er 
ihn vollenden (Matth. 20, 28; Joh. 17, 19. Er ftarb 
alfo den edelſten Tod für die Wahrheit (oh. 18,37), 
aus Liebe zu den Seinen, Joh. 10, 17. — 

Jeſus farb für alle M. 

Das Wohlthaͤtige feines Todes erfirecft fich auf alle 
M., ſelbſt auch die Bofen nicht ausgenommen Es 
war nicht feine Familie, es waren- nicht blos feine 
Freunde, nicht fen Vaterland und fein Volk, für die 
er vol Liebe ſtarb. Nein für alle DR, die damalg 
lebten, und leben werden, biutete er. Er gab fih Hin 
für dag Leben der Welt. Ale M. ohne Unterfchied 
der Zeit, des Orts u. f. w., ieder, wer Suͤnder iſt, u. 
alfo Seh. und Gnade, Erlsfung und Beruhigung be⸗ 
darf, ſollten Theil an den Folgen ſeines Todes haben. 
Sein Tod iſt für alle Zeiten zureichend, Ebr. 9, 12, 

2te Halfte. . Dieß folge Daraus: 

3 2 


— 


*) Bei allem, mus vom Tode Jeſu, deſſen Abſ. und Wuͤr⸗ 
fangen geſagt wird, wird vorausgeſetzt, daß Jeſus wuͤrklich 
geſtorben if; 1. Seiler’ gemeinnuützige Betracht. 1797. 
©, 291: 304: | 


'292 , T 
Tod Jefu, (erfolgte für alle Menſchen.) 


ı) Weil Gottes Güte allgemein und unpartheiifch iſt. 
Sie erſtreckt ih ai uf alle Gefchopfe, vorzügl. auf alle 
yernünftige. Sie Fann Feines unter ihnen vernachläßi- 
gen. Sie wird alſo auch die Wohlthat des Todes 
Jeſu allen beſtimmt haben. — 
=) Dem Meſſias wird im a. und n. Teſt. eine allge- 
meine Beſtimmung beige legt. 
3) Die Wohlthaten des Todes Jeſu ſind etwas, was 
alle M. beduͤrfen. 
4) Paulus behauptet es auch deutlich gegen den Na— 
— der Juden, welcher alle gluͤckl. Folgen des 
Meſſias blos auf die Suden einzugte Er fchrabt 
deshalb: Sefu Tod muß für alle wohlthatige Folgen 
haben, N. weil —— M. Suͤnder ſind und Gottes 
Gnade bedürfen, Nom. 3, 9. 23; b) weil Gottes Güte 
allgemein iſt. Er liebe die Heiden wie die Juden und 
will beider Wohlfahrt, Nom. 3, 29, c) weil Adam 
die Sünde für alle in die Welt gebracht babe, fo habe 
auch Jeſus s Chriftus allen die Begnadigung verſchafft, 
Rom. 5, 12-19; Ifor. 15, 21. 22. Unmoͤglich könne 
die Günde mehr. wuͤrken als die v. Gott beranftaltete 
Huͤlfe. Gewiß würden nicht mehrere durch die Sünde 
ungluͤcklich werden, als Jeſus Chr iftus von Sünde 
und Elend erlöfte Es muͤſſe alfo Jeſus — ſich 
um alle verdient gemacht haben. for. 5,15; 1. Zim. 
2, 6 fagt er dag auch ausdruclich, fo wie aud) Jo⸗ 
hannes, Bre 
5) Nach Joh. 3, 16 liebte iq Sott die Welt d.h. alle 
Menschen. 
Die Allgemeinheit des Todes Jeſu ift aber darauf 
einzufchranfen, daß 
a) nur. denen, Die mit Demfelben (f. Abſicht) befannt 
geworden find, oder befannt werden, und die daran 
glauben, die Mortheile deffelben zu Theil werden. 
b) Rur denienigen wird der Augen des To» 
des Sefu zu Theil, die fihb durch den Tod: 
Sefu zur wahren Deff des Lebens ıc. bemwe> 
gen laffen. Seder Günder, der diefe norhivendige 
Bedingung unerfuͤllt läßt, Fann nicht die Vergebung 
feiner Sünden erhalten, fondern bleibe in einem ſtraf— 
würdigen Zuffande. Blos weil er dieſe Wohlthat nicht 
gebraucht, wirft fie nichts bei ihm. An fich iſt eine 


Ss | 2953 
Tod Jeſu, (erfolgte für die, welche fich beffern.) 


kraͤftige Arznei immer wuͤrkſam. Nur kann ſie bei 
denen, die ſie gar nicht oder nicht der Vorſchrift ge— 
maͤß gebrauchen, nicht würffam werden. Pur die, 
welche Gott richtig kennen und ihn verehren, koͤnnen 
wahre Tugend ausuͤben und dadurch ihm wohlgefaͤllig 
werden. Da nun nicht alle DR. fich beſſern, fo beißt 
es Matth. 20, 22 am Ende: daß Jeſus Chriſtus „fit 
viele und nad Joh. 10, 17,dbaß er nur für f. Vers 
ehrer geftorben ſey 

©. den Art. Leiden Jeſu Chriſti IV. 2.B. 2r 
= ©. 2482.42. 


a Abfichten des Todes Tefu, 11Kor. 
ers ftarb Sefus Epriftus?) 5,15. 


Sr. III. ſteht Hiemit in der genaueſten Verbindung. 


1) Er farb nice für ſich, nicht als ein Schuldiger, nicht 

aus Zwang, fondern freiwillig. 

2) für die Menfchen, d. h. zum Beften derfel- 
Den, in. iar 155 30, 15% 117 51.525 15, 12. 13; 
Rom. 3, 22; IISor. 5, 15; Nom. 5, 8. u. in andern 
Stellen. 


Die Redart: er fiarb für alle Heißt nicht ſtatt aller, ſ. oben 
den Art. Stellvertretung Ehrifi, 

Das Gefhichtlihhe von den vielen — verichiedenen Meinungen 
über die Abſichten des Todes Jeſu gehört richt bies 
ber. Man veral, deshalb außer den verfchiedenen Dogmenge— 

2 — von Muͤnſcher ish. 3 Bid: Wundemann, 
— Fr. Münter C(GHandb. d. älteften chriſtl. Doamergefchichte, 
herausg. von J. P. G. Ewers Ir B., Goͤttingen 1802, 
ri.) u. Dr. 3iegter’s hiftoria — de redemtione, 
—— 1791. 8., in der Kuͤrze in Hermes Handvb. der 
7359; Doöderlein’s Rel.⸗Unterricht 
Th. XI. ©, 195 :208; 226=2240;5 Hende’s neues Mag. 
rd, 186. S. 147 5 Stäudlin Dogm. n.Doginengefo. 
27 9, 8..234: ©. 760 f:; u. 771 1. 

Eben jo wenig, glaube ich, ift die Angabe u. Witerlegung der größ— 
tentheils von unbefangenen Bibelforſchern als irrig befundenen 
Meinungen fuͤr die Canzel geeignet, naͤmlich: 

I) Daß Jeſu Tod entweder als ein Symbol der ſtrafenden 
Gerechtigkeit Gottes anzuſehen ſey, oder auch daß 
‚Gott Jeſum deshalb Habe ſterben laſſen, um an ihn den M. 

⸗ 


294 


ST, 


Tod Kefu, (erfolgte er an unferer ſtatt?) 


ein fuͤrchterliches Strafexempel zu geben, und daß 
Jeſus, weil er für die M. Buͤrge geworden ſey, und ſich 
Gott als Richtern angeboten habe, für die Schuhen u. Stra⸗ 
fen ver M. zu fichen und fie abzubuͤßen, wuͤrklich fich der 
Strenge und dem Anſehn der Gefege aufgeopfert und ftatt 


der M, dieienigen Strafen, welche die M. Hätten erdulden 


follen, ausgefianden habe. 9 — Darnach hätte Gott den Tod 
Jeſu anftatt ver Strafen der M. gelten Iaffen, oder — 
wie einige es weniger fein ausdruͤckten: Gott habe, um feiner 
beleidigten Gerechtigk. ein Genuͤge zu leiften u. das verachtete 
Anſehn feiner Geſetze wieder herzuſtellen, fich genoͤthigt geſehn, 
oder doch für aut gefunden, ven Unſchuldigen ſtatt des Schuldi— 
gen zu firafen. Er hate ſ. Tod als eine wuͤrkl. Senugthuung 
angenommen, und begradige um deſſelben willen die Suͤnder. 
Was dagegen zu ſagen iſt, iſt zum Theil ſchon oben im Art. 
Stellvertretung Chriſti erinnert worden. Ich füge 
noch hinzu: Strafexempel ſind abſchreckend, aber nur dann, 
wenn die Mitmenſchen wiſſen, daß der Geſtrafte ſchuldig iſt, 
ſonſt erwecken fie vielmehr nur Mitleiden mit dem Unſchuldi— 
gen und Unwillen gegen Richter und Geſetze, tie ſolche zu: 
laſſen. Wird durch die Veſtrafung des Schuldigen ein, gleicher 
Miſſethaten ſchuldiges, Subiekt im Verborgenen fuͤrs kuͤnftige 
vom Verbrechen abgeſchreckt, ſo bringt nicht eigentlich die außer 
ihm verhaͤngte Strafe dieſe Wuͤrkung hervor, ſondern vielmehr 
die moraliſche Gewißheit, fie wuͤrde ihm im Sal der Nichtbeſ⸗— 
ſerung auch zuverlaͤßig treffen, macht, daß er ſich wuͤrklich beſ⸗ 
ſert. Die Vorſtellung der Strafe war fo lebhaft in dem, der 
da gefündigt Dat, als wenn fie ſchon wärklich an ihm vollzo— 
gen würde, Blos dadurch wuͤrkt fie fittl, Nuygen. Das Vers 
fahren mit unſchuldigen Perfonen, die ſich für andere verbärgt 
hätten in weltiichen Gerichten, laͤßt fily auf Gottes morslifche 
Regierung und sein böchſtes Nichteramt gar nicht paſſend an— 
wenten. Bat. (Dr.E, Fr. Bahr dts) Ayoı, d. Bern ©. 
1772194. „Willkuͤhrliche Strafen, fihreist KRofegarten (des 
Heren Abendm. an Serena, 85. 1790. 8. ©, 42 fV: 
find ein Unding und natuͤrl. Strafen find Woblthaten, die Got— 
tes ewige Weish, richt kann aufhören laſſen und ſ. Allmacht 
nicht einmal auf einen Tremden Überzutragen vermag.’ Daß 
das fir in ven Ötellen Kom, 15, 6:8; 11Kor. 5, ı5 u, 21 
nicht fo viel als fratt .heiße, fondern 32. Veften, zeigt Dr, 
Sunge in Doderlein’s Re.:iInterr, Ih. XL ©, 173: 
178. — IIKor. 5, 21 if zu uͤberſetzen: Gott hat den, der 
nie fündigte, zu unſerm Veſten zum Sühnopfer gemacht, damit 





+) 


Man finder hiezu in Eludins Betrachtungen uber die 


Rel. Th. IL, ©. 360:362, ein aus dem bürgerl, Leben 


genommenes Beiſpiel. 


T. 295 
Tod Sefu, (erfolgte er um der Str. der Suͤnde der M.?) 


wir durch ihn begnadigt wuͤrden. Dieſes heißt nach dem Zu— 
ſammenhange: Beſtrebt euch nur ietzt aus allen Kraͤften, ein 
beſſeres Leben zu führen, als ehemals vor dem Uebergange zum 
Shriſtenthum und verzagt nicht wegen enres alten Wandels 
bei ser vielleicht iegt nahen Ankunft Chrifii, fondern uͤberlaßt 
euch getroſt ter Güte des Gottes, mit dein ihr durch Jeſus 
Ehrifius wieder verſoͤhnt ſeyd. Er wird euch deshalb wicht 
härter firafen, als es feine weife Säte zu eurem Wohl vers 
lanat. — V. 10 befiätigt dieſe Erkl., denn dieſer V. ſtuͤnde 
‚ mit B. 21 im Widerſpruche, falls wir um des Todes Jeſu 
willen, wenn wir gleich fortfündigten, ale infhuldige behandelt 
wärden, Es ift alfo nur von dem Zuftante vor tem Chris 
fientpume und dem ſchrecklichen Andenken an die Günde die 


Rede. 
2) Jeſu Tod erfolgte nicht um Gottes und ſ. Gerechtigk. willen, 
nicht — um Gott mit den M. zu Verföhnen. IILKor. 


5, 19, f. davon unten den Art, Berführung. 

3) Jeſus gab nicht ſ. Leben als ein Köfegeld her, welches 
Gott bezahlt worden wäre, — Eben fo if die Erfl. Dr. ©. 
Ir. Stäudlin’s in der oben ©. 2900 angef, Schrift aanz 
wilführtich, und beruht auf einer Erkl. der vom Tode Jeſu 
handelnden n, tef. Schriftfielfen nach) ten Grundſ. der krit. 
Dpilefophie. Er meint naͤmlich: Gottwolltedurd Je— 
fus Zod erflären, daß cr der geredhte Richter 
alles Böofen fey, aber er wollte auch dadurch an 
Den Zag legen, daß die M., obngeachter fie wegen ihrer 
Sünden befiraft werden müßten, fich, unter der Bedinaung der 
Befferung, einen nody höhern Grad ver zukünftigen Seligkeit 
zu veriprechen hätten, „Sefus der Unſchuldige 
trug an unferer Stelle die Strafen der Sünde 
Gur Gott wird nicht alS erarimmt über unfere Günden, jon/ 
tern blos als firenge, gerecht beichrieten? u. bewärfte dadurch, 
fo wie durch feine vollfommene, im Tode bewiefene Tugend, daB 
©stt und als Unſchuldige behandelt und felig macht, wenn 
wir die Bedingungen erfüllen, welche von unferer Seite erforsert 
werden.‘ *5) „Die mit Jeſu Tode verinüpften Leiden, die den 
Unfchuldigen um unferntwillen ‚trafen, follten Symbole der 
goͤttl. Strafen ſeyn, die wir mit unfern Sünden verdienen, 
alfo ſymboliſche — flellvertretende Leiten, 7% 

4) Die Meinung: „Sefus farb, (blos) weil er fierben mußte, 
meil jonft fein Haupt und das ihm eigene Werk nicht gluͤcklich 
und aehürig vollbracht werden und gar nicht auf eine andere 
Art und gewiß nicht dadurch erreicht werden Eonnte, saß er fid) 








27 Deffelben Dogmat. u. Dogmengeſch. er B, ©, 774. 
25) Ebenbaſ. S. 779. : 


296 
’ Tod 


—* 
Jeſu, (erfolgte er als unvermeidlich?) 


dein Tode entzogen haͤtte,“*) ift ein nicht zureichender und Fein 
paſſender Grund, weshalb Jeſus einem fo frühen — grauſamen 
Tode n, einer bffentlichen u. Schande bringenten Strafe unter: 
worfen wurde. Es it nicht abzufehen, wie er auf eitte andere 
Art u. falls er ſich dieſen Uebeln entzogen hätte, feinen Wunſch 
hätte erreichen und von feinen Bemühungen den gluͤckl. Erz 
foig bewuͤrken koͤnnen, welchen er, nach der Erf. durch f. Tod 
bewärtt hat. Ich bin nicht der Meinung, als ob Jeſus, ohne 
den Gedanken die Menſchen durch f. Tod vom Wohlwoller 
Gottes zu vergewiffern, von Günden: zu eriödfen u, ſ. * 
allein in der völligfien Ueberz. ſich aufgeopfert habe, daß ſ. 
Tod unter den damaligen Umſtaͤnden fuͤr ihn (als Lehrer der 
Wahrh.) Pflicht wäre. Gewiß far er, daß es Gottes heilig— 
ſtem Wi — zuwider waͤre, ſich ihm zu entziehn. Freilich war 
die Lage der Dinge wuͤrklich ſo beſchaffen, daß er entweder 
ſ. Beſtimmung unthaͤtig liegen laſſen, oder gar widerrufen und 
die Wahrh, verleugnen oder ſich in Lebensgeſahr wagen 
mußte. Allein haͤtte er, wenn er nicht eine höhere Abſicht ge⸗ 
babt hätte, nicht den Fl ausweichen koͤnnen? Er ſtarb 
dennoch freiwillig; ſ.davon unten. 


„Die Umſtaͤnde Kg es, (ſchreibt J. N.G. Beyer im Mu: 





„ſe um für Pre ar Band 183 "Et. 5. 161) fo mit ſich 
„und durch ein Aunker ser Wirrung diefer Umſtſt. aufzuhel— 
„sen, fand die Vorſehung nicht für ont, weil auch der Tod 
„Jeſuſ. großenNutzen hatte.“— Sollte aber nicht Gott — 
follte nicht Jeſus dieſen Nutzen bezwedt haben? er fan 
mit Srunde die Wuͤrkungen des Todes Jeſu, als nicht v. ihm 
keabfichtet, anfehen? Es fireiter mit Gottes Güte und Weisz 
beit, daB er ven ohne Zweck erfolgten Tod Jeſu zugelaſſen 
hätte. ° 

verfhieden auch die Mreiwungen der Schrift: und 
Gottesgelehrten überden IZwed des Todes Jeſn 
find, fo betreffen fiedod bIos nur die Art und 
Weiſe, wie uns die Wohltbaten beffelben von 
Gott verfhafft worden find, aber nicht diefe da: 
durch) bewuͤrkten Wohlth. fettfi. Man muß die 
Wohlthat felbfi fefibalten, Dann kann die Vor— 
ffellungvonder Art und Weife ibrerärwerbung 
verſchieden feyn Es if dem reuigen Günder kei feiner 
von rund aus acvefferten Sefinnung und ſ. anhaltend from— 
men Leben das Wohlwollen Gottes durch Jeſus Chriſtus gleich 
vollkommen gut gewiß, mag er nun den Zod Jeſu entwes 
der als einen Erwerbgrund, oder ald einen Berficherungss 
grund feines Heils anfehen, Jede VBorfiellung vom 





*) Hende’s lineam. fid. chr. S. 169, 





zT, 297 
Tod Je ſu, (das Allgem. u. Sichere bei allen Mein. v.) 


Tode FSefuw ändert in der Seelenberuhigung des 

aͤchten Chriſten nichts! 
So viel iſt bei den vielen — ſo fehr verfihiedenen Meinungen 
über ıc. aewiß: I) Jeſus farb ung zu gut, ſ. Leiden 
find für uns (ms 3. Beflen) erduldet, d.b. uns 
heilfam. 2) Yus tem Tote Jeſn als einer Xhatiache ers 
heifet, daß Gott, Der den Tod Jeſu erfolgen ließ und ilm zu— 
gab, und gewogen, und und unter der Beoingunn der Umkehr 
und Beſſ. die Sünden vergeben und auf alle Art für ung for: 
gen wolle, Der Tod Jeſu ifi alfo ohnfireitig ein 
fiherer Grund unferer Beruhigung und Hoffr 
nung, mag er nun aud) fogar als Abbuͤßung ter von und 
begangenen Sünden, oder als eine Begebenh. betrachtet wer 
den, an die Gott entweder unſere Begnadigung nach einer 
freien Willkühr gebnnden Dat, oder die uns diefen Willen 
SGottes feierlich erffärt, oder bie das fihherfie Mittel der Er: 
reichung adttl, Endzivede war. Vergl. Zug Handb, der 
Tel, 175, ate U, ©. 359361. 


Die Abfichten des Todes Jeſu kann man am 
beſten unterſcheiden 
a) in ſolche, die feine Zeitgenoffen betrafen; dahin ges 
hoͤrt das, was hier gleich unter Nr. 1-23 vorkommt, 
deggleichen, um feinen Schülern ein Mufter eines ffand- 
baften Befenntniffes der Wahrheit, welchem man ſo— 
gar fein Leben nicht zu gut halten follfe, zu geben, fie 
dadurch, daß fie fahen, wie er für die Wahrh. ler 
Lehre ſtarb, aufzumuntern, ihm dadurch bei der Ders 
breitung der Lehre ähnlid) gu werden, und — un die 
bisherige Trennung zweifchen Juden und Heiden auf: 
zubeben, (f. unten Nr. 4.) oder die Moͤglichk. darzu— 
— daß Jeſu Erloͤſung dag ganze Menſchengeſchlecht 
angehe. 
b) in Abſichten, die ung — welche die ietzt lebenden 
Chriſten betreffen; ſ. davon unten Nr. 5. 6. 


Jeſus ſtarb: 
ı) um das moſaiſche Geſetz der Gebraͤuche, 
um den weitern iuͤdiſchen und heidniſchen 
Opferdienſt zu vernichten und dadurch den 
alten Bund db. eealte moſaiſche Reli— 
gionsverfaſſung abzuſchaffen, Sal u a; 
Epheſ. 2, 4; Ebr. 8, 6-13; 9, 125 10, Is1g; Col. 2, 
135 al. & 145 f. den Urt. Erlsfung I. 2. ır D. 
S. 329, Jeſu Tod follte die von ihm neugeſtiftete 


298 x. 
Tod Jefu, (Abſichten deffelben.) 


geiftige Rel. befeftigen. Es folfte derſelbe ein Mittel 

werden, wodurch Gott — a) den Dpferdienft der Ju— 
den und Heiden von nun an aufheben und - felbft die 
chriſtl. Religtonghandlungen, welche mit Opfern Aehn—⸗ 
ZucyEeit hätten, durch Sefu Berdienfte um die M. und 

sinn Tod ganzlich unndthig machen. Alle vermeinte 

Ausföhnung: n der M. mie Goft follten wegfallen. 

Jeſu Tod folite der mildern Vorftelung von der wei— 
Ten Gute Gottes den Eingang ceffnen, damit die M. 
zu der erqui icfenden Wahr. gelangten, daß man Gott 
nicht mit dem Leibe dienen, ihn nicht beſchenken koͤnne, 
und ihn nicht ſklaviſch fürchten, ſondern blog mit 
Eindl. Sinn verehrten fole. Deshalb betrachten bie 
Ap. in vielen Stellen, z. BGall 3, 10; 4, 14; Ebr. 
9, 24; Erb. 2, 145 Col. 2, 14 (aus Drtablefung. zu 
den herrfchenden VBorfelungen der Juden) den Tod 
Jeſu, als ein von Jeſus Chriftus Gott dargebrachtes 
und von Gott als gleichfam ibm lieb — angenomme- 
nes Opfer, weshalb man alles Vertrauen auf die Aus— 

| föhnungsgebräuche und ale Aengſtlichkeit, falls man 
etwa folche verfaumt habe, bei fich verbannen muͤſſe. 
Dieſes Opfern habe gleichſam alles, was das iuͤdiſche 
Geſetz Beſorgliches habe, vertilgt. Gott und Jeſus 
Era den Irrthum der Juden und vieler anderer 

N., auch rlbft der ietzigen M. zerftören, daß e8 außer 
* Beſſ., Tugend und Befolgung des goͤttl. Willens 
noch ein anderes Mittel gaͤbe, von der Strafe der 
Suͤnde frei und Gott wohlgefaͤllig zu werden. Er 
wollte nur denienigen fuͤr einen Buͤrger ſeiner Rel. er— 
klaͤren, welcher Gottes Willen thue. Die M. ſollten, 
ohne einen Werth oder ein Verdienſt in Gebraͤuche u. 
Opfer zu ſetzen, durch eine reinere und thaͤtige Froͤm— 
migkeit fi) das Wohlgefallen Gottes erwerben. Diss 
halb wird Ebr.9, 15-28; Rom. 7, 4-6 die feierliche 
Abſchaffung des alten Bundes durch einen neuen und 
durch die Befiegelung des letztern durch dag Blut (den 
Tod) des über alle Opfer erhabenen — unſchuldigen 
Jeſu vorgeſtellt. 

Dadurch, daß (nach 3 unten) durch den Tod Jeſu 
eine allgemeine Begnadigung Gottes gegen alle Suͤn— 
der und wegen aller bereits veruͤbten Suͤnden ange— 
kuͤndigt wurde, welches das moſaiſche Geſetz der Ge— 


T. | | 299 
Tod Jeſu, (Abſichten des — —). 


brauche nicht leiften Fonnte, ward der Tod Jeſu ein 
dazu fehr paflendes Mitte. Gott wollte Die a 
heit begründen: e8 bedarf hinfort mehr kei 
Dpfer, um Gott den M. geneigt zu machen, 
indem man alle Beruhigung, Die men da— 

durch zu finden te, fon in Chrifio 
finden fünne Die Vorflelung, daß Jeſu Tod als 
das großfe und lebte Dpfer, welches ein für allemal 
denen Gottes Wohlwollen zuſichere, die ſich deſſelben durch 
eine tugendhafte Geſinnung empfaͤnglich machten, war 
ein fanfter Uebergang von einer mit Opfern uͤberlade— 

“nen Rel. zu einer Verehrung Gottes, die von feinen 
Dpfern mehr wiſſen, Fein Verföhnungsmittel mehr no- 
thig finden und eine ewige Erlöfung ven aller bangen 
Surcht vor Gott gewähren ſollte. Die finnbildl. finnt. 
Vorſtellung des Todes Jeſu als eines Opfers war 
damals fehr paflend, um die Denfart der Juden und 
Heiden zu verbefiern, je von ihrem — ohne Nach— 
denken und Erfolg verrichteten Opfern abzuziehen und 
auf höhere — geiftl. Wohlthaten hinzurichten. 


Fur uns paffen freilich diefe Dpferideen nit mehr, Derienige Zweck 
des Todes Jeſu, auf welchen ſich alle uͤbrigen Zwecke beziehen 
laffen,ift vie Befeffigungder neuen Kel;f. Senke’ 

neues Mag. ar B. 18 St. ©, 120 f. 


b) Durch diefe Aufhebung des Opferdienſtes und deg 
iuͤdiſchen Gefeßes der Gebrande, d. b. durch die Auf— 
hbebung des Sudenthums ſolte die bisher unter Juden 
und Heiden fatt findende T Trennung | schoben und alle 

Voͤlker der Erde mit einander in eine Gefellfchaft von 
Gottes Verehrern zu einer Mel, zu einerlei Grund» 
fäben des Glaubens und der Sittlichkeit uud zu einer 
Hoffnung fuͤr die Zukunft vereinigt werden, Joh. 11, 
a1. 722 —o 20. — :. Jefu od 
ſollte Funden und Delben su einer Gemeinde 
vereinigen. Mit dem Tode Sefu follte die Vor— 
ftellüng von Gott als einem parfheiifchen on und 

daß Fein Heide Vergeb. der Sünden und Gluͤckſeligkeit 
im mefflanifchen Reiche erhalten, koͤnne, vernichtet wer 
den. Deshalb befahl auch Jeſus feinen Schü ern, 
alle Völker durch die Taufe in den Kreis feiner Ber; 
ehrer aufzunehmen und fie nicht zur Haltung des mo 


300 — 
Tod Jeſu, (Abſichten des — —). 


ſaiſchen Geſetzes, ſondern zur Beobachtung ſ. Lehren 
und Vorſchriften zu verpflichten. 
2) Durch Jeſu Tod ſollte fuͤr immer die irrige und 
eitle Hoffnung der Juden und ſelbſt der 
Schuͤler Jeſu von einem weltlichen durch 
ibn gu errichtenden Reiche eines irdiſchen 
Herrſchaft fuhenden Meſſias oder eines wel. 
Konigs, von Befreiung von der Dbergewalt der Roͤ— 
mer und einer fichtbaren. (weltlichen) Regieruug def 
felden vernichtet, als Vorurtheil aufgedeckt, Jeſus 
blos als ein geiftiger Meſſias allen Menfchen darges 
ſtellt und aller Aufmerkſamkeit auf den Hauptzweck 
ſeiner Sendung: Erleuchtung des Verſtandes durch 
Wahrheit und Beſſ. des Herzens gerichtet werden. 
Offenbar war die Hoffnung von dem ird. Meſſ. mit 
Abſichten, Begierden und Wuͤnſchen verbunden, die 
blos auf niedriges Erdengluͤck und auf die Entfeſſe— 
lung von dem heidniſchen — ſchon deshalb den Juden 
verhaßten Joche gingen. Man hoffte, daß Jeſus ſich 
ls ein Kriegsheld zeigen wuͤrde, wenn er zum Anfuͤh— 
ver fo vieler Mißvergnuͤgten fi) aufwuͤrfe. Tief was 
ven iene Erwartt. und ird. Hoffnungen eingewurzelt. 
Jeſus vermochte nicht durch ſeine Belehrung dieſe Vor— 
urtheile dem Volke und ſeinen Schuͤlern zu benehmen. 
Zwar ſagte er's ihnen oft und deutlich genug, er ſey 
nicht gekommen, um nach Art weltlicher Fuͤrſten zu 
herrſchen, ſondern die Wahrheit zu lehren, Erf. Got: 
tes und der Tugend zu befördern, fie zur geiftl. und 
ewigen Glücfeligf. zu führen, und eben dadurch den 
Menſchen zu dienen und in diefem Dienft felbfi fein 
Leben aufzuopfern. Aber wie wenig faßten fie feine 
Reden! Seine Schüler, begriffen e8 nicht, daß die 
Dorberfagung feines Leidens und Todes eintreffen 
fonne. Zwar folgten ihm die M. gu Tauſenden auf 
feinen Reifen und verweilten fo lange bei ihm, daß fie 
nicht einmal auf die nothmwendigen Nahrungsmittel be— 
Dacht waren; allein dieß geſchah bei ſehr vielen nicht 
aus ver Einficht vonder Vortrefflichkeit feiner Lehren, 
und aus dem Gefühl des Beduͤrfniſſes fih in der 
Wahrheit belehren zu laffen, nein — aus Eigennuß 
ienes Vorurtheils wegen, und weil fie glaubten, daß 
Jeſus der Dann wäre, welder, als ihr Dberhaupt, 


> 


x 2 501 
Tod Jeſu, (Abfichten des — —). 


& 

die Roͤmer vertreiben, dem iuͤd. Staat feinen vorigen 
Glanz, wie er folchen unter David und Salomo ge— 
habt hatte, wieber geben und feine Anhaͤnger mit eins 
träglichen Aemtern und mit der Beute von ihren Seins 
den bereichern würde. Selbſt feine Schüler hegten 
dieſes Vorurtheil. Einigemal gaben fie ihren Bund 

nach Ehrenftellen in dem neuen von ihm zu gründens 
dem Neiche zu erkennen. Die Berräther des Judas 
erflärte, daß Judas blog aus niederfrächkiger Ge⸗ 
winnſucht ſich mit Jeſus verbunden hatte. Waͤre Je— 
ſus nicht gekreuzigt, und gleichſam als von Gott, ſei⸗ 
ner Macht und ſeinem Beiſtande verlaſſen hingerichte 
worden, ſo haͤtte ihn die Menge —— noch zum 
Koͤnige gemacht, Ancuhen erregt, und zum gr ößten 
Schaden des Chriftenth. noch fruͤher den Umſturz des 
Staats befördert. Es wuͤrde dann auch nicht feine 
Auferfiehung fo viel Aufſehn und Eindrud gemacht 
haben. Dffendar wuͤrde er’8 nicht haben verhindern 
fönnen, daß nicht Empoͤrung und ein blutiger Krieg 

veranlagt worden wärs. Sobald aber Sefüg in Vers 
haft gezogen u. gebunden wurde, fobals er fih nicht 
losmacdhte, fondern fih zum Zode verdammen Lich, 
fobald man ihn flatt der goldnen Krone Die Dornen: 
frone fragen ſahe, gab man diefe Erwartung auf. 
Deshalb rief man fihon bei feinem Berhor vor Pila— 
tus mit wilden Gefchreis „Laß ihn kreuzigen!“ Des—⸗ 
hald verließ ihn fihon ein Theil ferner Anhänger, und 
ergriff die Flucht. Dieß wer vollends der Zell, alg 
man ihn unter Verbrechern am Kreuze bangen und 
hingerichtet ſahe. Mit Zefa Tod wurde gleichfam dieſer 
Zraum von einen irdiſchen Reiche getoͤdtet. Denn 
wie konnte der Anfuͤhrer kaͤmpfen und ſiegen, deſſen 
Arme angenagelt waren?! Dahin war nun ihre Er— 
wartung eines von Jeſu zu errichtenden weltlichen 
Reichs. 

Auch bei den Schuͤlern Jeſu brachte Jeſu Tod ih— 
ven irrigen Erwartungen vom zeitlichen Gewinn ben 
erſten Stoß bei, und fein Wiederaufleben, fein Eingang 
in den Himmel befiatigte e8 ihnen, daß er nur ein 
geift iger Erlöfer war. Denn als er todt war, ſelbſt 
nach ſeiner Auferſtehung I6 enen ſie dennoch ihre ir— 
diſchen Erwartungen noch nicht vollig aufgegeben zu 


302 ——— 
Tod Jeſu, (Abſichten des — —). 


haben. Er mußte es ihnen daher gradezu ſagen: daß 
er nicht bei ihnen bleiben werde. Es ſey Gottes Ab— 
ſicht geweſen, ihn durch Leiden und Tod zu ſeiner 
Herrlichk. einzufuͤhren, und ihre Pflicht ſolle es von 
nun an ſeyn, ihn den M. als einen geifil. Er— 
Infer, durch welchen Vergebung der Stunde, Leben u. 
Seligk. mitgetheilt wirde, zu verfündigen, Luc. 24, 
25 f. Dur erft nad) feiner Himmelfahrt lernten fie 
die wahre Beſchaffenh. der Sache u. den rechten Zweck 
de8 Erlöfungsmwerkes richtiger einfehen, wie dies aus 
ihren ung aufdehaltenen erften Reden erhellet. Sie 
wurden aufmerffam auf geiftige Vollkommenheit, auf ' 
innere Seelenruhe, auf die Vergeltungen der Fünftigen 
Melt und fie gewannen diefe Vorzüge lieb. Gie füch- 
fen niche um zeitlicher Vortheile willen, fondern 
in der Erwartung und Vergeltung defjen, der in’ 
Verborgene fieht, die M. zu belehren und zu beffern. 
Der Kreuzestod Jeſu band feine Schüler deſto fefter 
an ihn. Sie wurden Dadurch zudem pflidht> 
mäßigen, edelem Entfchluffe begeiftert, 
gleich ihm für die Ausbr. feiner Lehre felbft 
ihr Leben aufsuopfern. Es wurde dadurch nicht 
nur der Anftoß gehoben, welchen rohe Juden und Hei— 
den an der ſchmachvollen Hinrichtung Jeſu nahmen, 
fondern auch allen Nachdenfenden die fittliche Bortreff- 
lichkeit und Erhabenheit eines folchen Todes recht eins 
leuchtend gemacht. Es ward fo ein Mittel die Kraft 
der Lehre Jeſu an den Herzen der Menfchen zu ver: 
ftärfen. 

Man fagt zwar hiegegen, daß Jeſus und die Apoftel nirgends darauf 
deuteten, daß die Schmach des Sireuzestoded die irdifhe Regen— 
tenhoffnungen babe erfticken follen ; allein das, was der Erfolg 
ausweißt, ift Doch wohl als gewiß anzunehmen, Wenn auch 
gleich nicht fofort die Hoffnungen eines Gottesreichs auf Er: 
den durch Jeſu Tod erſtickt wurden, wenn ſie auch nach ſeiner 
Auferſtehung (Ap. ©. 1, 6. 7) geaͤußert wurden, fo iſt dag, 
was ein tief eingewurzeltes Borurtheil war, Fein Einwurf. 


3) Sefu Tod follte die M. auf Gefum rede 
aufmerffam machen; benn bag gewaltfame Ende, 
die Hinrichtung eines Wundertbäters und eines höchft 
Unfchuldigen, macht vieles Auffehen. Sefu Tod 
follte auf die M. Eindrudmadhen, feine v. 


T. 303 
Tod Jeſu, (Abfichten des — —). 


ibm vorgebracte Lehren als wahr beftäti- 
gen, und dadurch eher die Beff. und das 
Dr der M. begründen, Luc. 22, 66-71; 1 Tim. 


DZ 


Fr 


6; 

a) Bing Jeſus oͤffentlich und auf eine außerordentlick 
Art farb, mußten dadurch die M. auf den G: Et 
Lehre aufmerffam gemacht werden. Wäre Jeſus wi 

ein anderer M. gei ſorben, im Gefaͤngniß, oder hinge⸗ 
richtet vor einigen Freunden, ſo waͤre laͤngſt — 
vergeffen. Aber er Rarb sicht wie ein anderer Menſch. 
Er — nicht, wie er nam —— abe 

Br 


de 
n 
ſu 


ice mehr zu (ehren, aus dem ee z a u. 
der Lebensgefahr zu entgehen. Frei ſprach er: „du 
ſagſt es“ d. h. ich bin es, naͤmlich Chriſtus — ein — 
aber nicht twelkt. König. Was er gelehrt, gab er für 
Wahrh. aus. Diefes Bekenntniſſes wegen ließ er fi 
verfpotten und mißbandeln. Er wurde oͤffentlich 
hingerichtet und zwar in Gegenwart einer ganzen Na— 
tion, denn fein Tod erfolgte am Dfterfefte, wo das 
ganze Bol, dem mofaifchen Gefege nach, in Jeruſalem 
auf dem Feſte zugegen ſeyn mußte. Er ftarb a 
von der Erbe, ſo daß es fehr viele Juden Lhen un 

Zeugen von feinem ſtandhaften Benehmen im Tode 
konnten. Je mehr er litt, deſto mehr Seelengroße_ bes 
wieß er. Er bat für f. Feinde, verſorete feine Mut: 
ter, — Außerte im Kampfe mit dem Tode feine ee. 
Er ging den Worten: Vater! in deine Haͤnde ec. nach aut 
Unerſchrockenh., ohne Strafen zu fürchten — vielmehr init 
der Hoffn. einer fel. Aufn. inden Himmel, dem Allgerschten 
entgegen. Ein folcher Tod mußte den Unempfinölichiien 
erſchuͤttern. Es durfte — es konnte alſo ſeiner —— 
ſeinem Andenken nicht ſo ergehen, wie es ſo vielen 
weiſen Maͤnnern erging, die man bewunderte, ſo lange 
wie ſie lebten, deren Lehren aber nach ihrem Tode nicht 
mehr ſichtbar wuͤrkſam Waren. Mit Jeſu war es um— 
gekehrt. Nach ſeinem Tode Fam feine Lehre recht ins 
Leben. Da er fie nicht beim 9 Auſchein de Todes, nicht 
am Kreuze wiederrufen hatte, ba ihr Gott durch die 
Auſerweckung das deutlihfte Zeugniß sad, daß fie 


304 T. 
Tod Jeſu, (Abſichten Des) 


wahr wäre, und daß er fein Geſchaͤft zum Wohlge— 
fallen Gottes ausgefuͤhrt habe: ſo uͤberzeugten ſich 
viele von ihrer Gottlichk. und glaubten an ihn. Dieſe 
Ne ubelebung und feine Erhebung zur hoͤchſten er 
lichkeit beſtaͤtigten es, daß Gott auch an ſeiner Tu— 
gend das hochſte Wohlgefallen habe. Wie konnte Gort 
die M. deutlicher Ichren, daß achte M—liebe, auch 
wo es noͤthig iſt, Aufopferung fürs Wohl Anderer, 
Treue in dem ung angewieſenem Beruf, willigen Ge 
horfam gegen bie uns auferlegten Pflichten u. tugend- 
hafte Standhaftigfeit in Lebernehmung der ung zu— 
—— Leiden ihm vor allem wohlgefalle und die 

Wuͤrdigkeit der M. zum Empfang der größten Beloh⸗ 
unse in Der — — i 25 i job. 
5, 9; ITim. 6, 13; IPetr. 2, 21; Eph. 5, 2. 

b) Es ift zwar wahr, daß nirgends imn. Teſt. grade- 
zu erwähnt wird, daß Jeſus, um feine Lehre als 
wahr su beftärfen, geftorben ſey; es iſt auch (nad) 
Joh. 7, 17) richtig, daß Jefus den Beweis der Wahr 
heit der Kehren in die innere Wahrh. und Vortrefflichr. 
derſelben feßte; freilich Ffann die Lehre, die an Alk | 
fhon ihren Gehalt ın fih felbit hat, durch den Tod 
deffen, der fie lehrte, Feinen hoͤhern Werth erhalten, 
und — es hängt auch nicht die ſelbſtſtaͤndige Dauer ei— 
ner Lehre von den aͤußern Veraͤnderungen eines Sit— 
tenlehrers ab, mag er für fie leben oder ſterben: als 
lein eg war Doc) natürlich, daß man aus feinem Tode 
fchloß, daß Jeſus auf f. Lehre deshalb hohen Werth 
geſetzt habe, —* er feſt von ihrer Goͤttlichkeit über 
zeugt war,u. eher fterben als fie zurücknehmen wollte, 
und daß fie eben Dadurch feinen Anhängern noch theu— 
rer und mwerther wurde. — — Es iſt ſchon etwas 
Großes, wenn ein Lehrer mit Berlängnung feines 
eignen Vortheils und mit Mühe und Arbeit bios 
aus dem Trieb der Menfchen- umd — ——— 
ſeine Lehren bekannt macht, und fie aller Widerfprüäche 
und Schmähungen ohngeachtet, ſtandhaft behauptet. 
Dpfert er aber dabei fogar fein Blut und Leben auf, 
fü fonn man nichts Groͤßeres verlangen! Man ſah, 
wie Jeſus ſtets zur Verantwortung ſeiner Lehre und 
feines Verhaltens bereit war, wie er ſelbſt feine Feinde 
bei ieder Gelegenheit dazu — wie er Pe 

en 


3; = 305 
Tod Jeſu, (Abfihten des — —). 


allen Zeiten u. unter allen Umfiänden in Behaupfung 
der Wahrheit gleich blieb, wie er zu feinen Unterneh 
mungen bedächtig fortfchreitel, mie er die harten Ur— 
theile feiner Feinde u. dann mieder bie eitlen Lobeser— 
hedungen feiner blinden Verehrer anhoͤrte, mie ruhig 
er von feinen bevorfichenden Schickſalen fprach, wie 
willig er zu feinem Tod binging, wie zuperläfig er v. 
feiner guten Sache vor allen feinen Richtern ſprach, 
wie getroft er zu feinem Dater, dem Gott der Wahr 
heit und Gerechtigkeit, aufblickte, und mit welcher Fe— 
ftigfeie und Heiterk. der Seele er fich flerbend demſel⸗ 
ben empfahl. Nur die gewiffefte Ueberzeugung Fonnte 
fo ſtandhaft feinen Muth erbeiten. Nur eine aufers 
ordentliche Liebe zur Wahrheit und zu den Menfchen 
fonnte ihn willig machen, fo große — viele Leiden 
und felbft den Tod zu ertragen. Man ſieht alfo aus: 
Jeſu Tod, daß er fein Betrüger war. Denn ein Be— 
trüger ftirbt nicht für feine Lehre, zuma! wenn er den 
Tod ſehr leicht vermeiden kann, gegen welchen er boch 
nicht unempfindlich ife — - Jeſu Tod konnte feiner 
Lehre ein Außeres Gepräge geben und diefeibe mehr in 
Umlauf bringen, oder er fonnte doch die. Wahrh. ders 
felben mehr verftärfen. 

Ueberdieß befiätigte der Tod Jeſu manche einzelne 
fruchtbare £ehre, z. B. daß Gott vie Liebe fen, in fo 
fern er feinen Liebling zum Beſten der M. bin in den 
Zod gibt; daß er aller M. Gott u. Vater fey, 
denn der erfte Liebling Gottes’fiirbe für ale, und gibt 
fein Leben hin für dag Wohl der Welt, damit alle 
Dertrauen und Zuverſicht zu ihm haben follen; es 
liegt darin die DBeftätisung der Wahrh., dag Gott 
auch feine treueſten Verehrer in diefem Les 
ben oft-recht viel dulden laſſe, daß alfo Lei— 
den und Unglücsfälle als fein ficheres Kenn— 
zeichen des goͤttlichen Mißfallens anzufehen find. Den 
Apoſteln u. erftien Befennern wurden durch f. Tod die 
Lehren: feyd geduldig in Verfolgung, auch 
in der Todesnoth; befennt das Wahre um. 
Gute and unter berZiufopferung eures Lebens, bes 
ſtaͤtigt, weil er ſich felbit für die Wahrheit f. Lehre 
aufopferter Er bewieß im Tode, mie ein erleuchteter 
Gsitegverehrer handeln, wie er fih dem Willen Got— 
Ehrifit, Gl. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. u 


306 €, —— 
Tod Seth, (Abſichten Ds 


tes auch unter den härteften Schickſalen unterwerfen, 
die Leiden des Lebens und die Ungerechtigketten feiner 
Zeitgenoſſen in der Hoffnung einer ſeligen Unſterblichk. 
gelaſſen ertragen muͤſſe. Dieſe Lehren mußten Eingang 
finden, weil man an feinem DBeifpiele ihre: Thunlichkeit 
vor Augen — 
Vgl. über 2. 3. Hende 8 neueg Magazin f. Rel.⸗ 
Philoſophie 6ſten B. 38 St. 1902. ©. 505 = 526: 
„uber den Einfiuß des Todes Jeſu auf die Lehrart 
feiner Apoſtel,“ wo haupt fächl: ch bemerft wird, daß 
Paulus die Lehre vom Tode Jeſus zur Grundlehre 
ber el. macht. | 
4) Jeſus ftarb, um feinen Schülern u. allen 
feinen — Bekennern ein lehrreiches 
Muſter des Verhaltens zur Zeit der offent— 
lichen Noch und der Berfotgungen, näam- 
lich von Leidenmwilligk, von Aufopferung, 
von einer edlen Öelaffenbeit, v. unerfhüt- 
teriicher Standhaftigfeit, und der ganzen 
Nachwelt ein Vorbild der reinften — unter 
den fchwerften Leiden u. Berfuhungen zum 
Dofen aushbaltenden Tugend und Unters 
werfung unter Gottes Willen zu hinter- 
laffen. Phil. 2, 5; L%Wetr. 2, 21-23. Wenn eine 
Kirche, eine Gefellfehaft, in welcher Gottesverehrung 
als Werk des Berftes, auf Gchorfam gegen den heil. 
Willen Gottes durch tugendhafte Gefinnung u. treuen 
Eifer in allen Pflichten zurücgeführe würde, auf der 
Erde gegründet werden folie, fo mußten zu der da— 
maligen Zeit die erften Befenner und vorzüglich die er— 
ſten ehren des Unterrichts Jeſu v. der würdigen Ver— 
ehrung Gottes bereit ſeyn, dem Bekenntniß feiner Lehre 
alles, ſelbſt ihr Leben aufjuopfen. Wollte aber Je— 
ſus die erſten Bekenner feiner Lehre und vorzuͤglich f. 
Schüler, welche dazu berufen waren, dieſelbe uͤberall 
auszubreiten, zu dem edlen Eifer und der Standhaf- 
tigkeit erheben, dem Bekenntniß feiner Lehre alles, ſelbſt 
ihr Leben aufzuopfern: fo mußte er ia nothwendig 
auch hierin für fie ein Beifpiel werben. Durch daffelbe 
erhielt nun die Welt große und neue Beweggründe zur 
Tugend und zum Streben nad höherer fittl. Voll— 
kommenheit. Beim Ausgang der Sefchichte Jeſu zeigt 








de? 


| 307 
Tod Fefu, (Abfihten des — —) 


fich die Tugend noch einmal in ihrem sollen Glanze; 
fie tritt ihren hechfien Kampf an, feige immer höher, 
und erringt zulegt einen Seg, melden Simmel und. 
Erde noch in Emwigf. feiern werden. Diefer Ausgang 
feiner Gefchichte war die Krone ſeines Lebens und das 
Siegel feiner Lehre. Nicht blos ahnefe Jeſus wit Zu— 
verficht feinen Tod, fondern er firchte, weil er einfache, 
daß man felchen grade zur Erreichung degienigen 
Zwecks, welchen man dadurch vereiteln wollte, am bes 
fien dienen koͤnnte, denſelben fo Ichrreich als moglich 
su machen. Er wußte ia, daß fein Tod das einzige 
Mittel wäre, wodurch feine Lehre von Gotteswuͤrdiger 
Verehrung zum Heil der M., die ihr gebührende Ach— 
tung und Würffamfeit erlangen koͤnne; degegen, went 
er in die Stille zurück träte, um fein Leben nicht in 
Gefshr zu fegen, diefelbe ohne Würfung bleiben würde, 
Deshalb wollte er bei feinem edlen Entfchluffe, Aufklaͤ— 
rung, GSittlichf., veine Mel. u. Menſchenwohl zu:befor- 
dern und zu verbreiten, auch feinen Tod dazu nüßlich 
machen. Wie Fonnte die neue beffereKel., die damals 
ein allg. Bedürfniß war, die Jeſus als ein recht ein 
leuchtend goͤttl. Geſchenk den M. brachte, in der Welt 
wuͤrkſam werden, wenn nicht die erften SBefenner 
derfelben alles, felbft ihr Leben, falls 88 obne Ver 
läugnung und Unterlaffung der Ausbreitung derfelben 
niche erhalten werden fonnte, willig aufopferten? 
Gewiß nicht. Galt diefes als Pflicht für die erften 
Befenner diefer Lehre, um wie viel mehr mußte es 
Pflicht für den erften Lehrer derfelben fen? Er mußte 
als Borbild den Pfad vorangehn, wenn er bei ven 
Defennern feiner Lehre den notbwendigen edlen Eifer 
ersvechen wollte, um der Wahrheit und Beförderung 
der wurdigen Verehrung Gottes willen alles aufzu— 
opfern! Er mußte ihnen Matth. 16, 24: (d. h. wer 
mein Schüler feyn will, muß auf Keiden gefaßt ſeyn) 
‘oh. 10, 12 zurufen und ihnen fagen fünnen, daß er 
die fittl. Gluͤckſeligkeit (das Leben) der M. befordern 
und dazu fein Leben aufopfern muͤſſe. Dazu flärfte 
er fich ın Gethſemane durch das Matth. 26, 39 (2te 
2.) Eolte die neue Rel. (der neue Bund) unter 
den M. eingeführt und zu ihrer Befeligung wuͤrkſam 
werden, fo mußte fein Blut, das Blut des neuen Bun— 
| uU 2 


308 - x 
Tod Sefu, (Hbfichten des — —). 


des vergoffen werden. Deshalb ftarb er (nach I Betr. 
I, 18. 19), um die M. von ihrem bisherigen fündl. 
Betragen abzubringen and fie zur wuͤrdigeren Vereh⸗ 
rung Gottes zu leiten. — Welche fiandhafte Wahr: 
heitgliebe — welch ein männlicher Tugendſinn — welch 
edler Gleichmuth, weiche Sanftmuth und Verfühnlich- 
feit gesen Seinde, welche rechte Klugheit in der Selbſt— 
veriheldigung, welch ein Findliches Aufſchauen auf f. 
himml. Vater, welch unerfchärterliches Berfrauen auf 
feine Zufagen, weiche edle Verachtung des Todes und 
welche Feſthaltung der Hoffn. des ewigen Kebens wurde 
an ihm vor feinem Ende fichtbar? Auch wir find vers 
pflichtet, wenn wir in abnliche Umſtaͤnde kommen, dag 
Unrecht zu erfragen und für Wahrh. und Ftommigk. 
allerlei Leiben, waͤre es auch ſelbſt ein fchmählicher 
Tod, gelaſſen zu erdulden, IPetr. 1, 21=23. 
5) Jefus ſtarb, um die Lehre von der Unſterb⸗— 
lichkeit der Seele und des zukuͤnftigen Le— 
bens als wahr n. gewiß zu beftätigen, oder 
ihre Gewißheit zu beftäarfen und um über diefe Lehre 
mehr Licht zu verbreiten, IXor. 15, Is22; Joh. 14, 
19. Das, was vor Jeſus nur dunfel und als cine 
ſchwache Hoffnung v. der Unfterblichleit der Seele ges 
glaubt worden war, lehrte Jeſus Chriſtus viel deutli- 
cher und vollftändiger u. behauptete es ftandhaft bis 
— an feinen Tor Niemand folte an der Goͤttlichk. dies 
ſer Lehre zweifeln, deshalb ſprach er Joh. 14, 19, 
d. i. fo gewiß ich nach meines Tode fortleben werde, 
fo gewiß werdet auch ihr fortleben. Er knuͤpfte alfo 
den Beweis v. der Unfterblichf. der M. an feine eigene 
Auferſtehung. Er ſelbſt ſtarb mit der feſten Erwar⸗— 
tung eines neuen und ewigen Lebens und er ſagte den 
Tag ſ. Auferſtehung vorher. Da man ihn öffentl im 
Angeſicht eineg ganzen Volks wuͤrklich allmählich 
ſterben fabe, war fein Zweifel möglich, daß er nicht 
würklich geftorben, fondern blos aus einer farfen Ohn— 
macht wieder zu fich ſelbſt gekommen fy. Da die 
Veberzeugung vom feinem würfl. Tode gegruͤndet mar, 
‚zeigte er fich wieder lebend. Da die M. ihre eigene 
Hoffnung in ihm ſelbſt auf's puͤnktlichſte in Erfülung 
gehen fahen, fo mußte fie das von der Wahrh. dieſer 
Yehre uͤberzengen. Denn fie mußten folgenden Schluß 





Tod Jeſu, Abfihten des erde 


machen: wenn das bei ihm eintraf, was er ſich und 
uns vorher verkuͤndigt hat, war es der goͤttl. Allmacht 
moͤglich dieſen Todten zu erwecken: O warum ſollten 
wir an unſerm eignen kuͤnftigen Leben verzweifeln? 
Lebt Jeſus, warum ſollten wir im Tode bleiben, da 
er uns Auferſtehung und ein ewiges Leben augefagt 
bat? Sn der That fchloffen fie fo, mie Die Briefe der 
Ap. ausweiten. Gie verfündigten mit ebernehmung 
fogar ber Lebensgefahr, daß fie ihm geſehen und mie 
ihm gefprochen hatten. Geste man fie gleich gefan— 
gen, ftieß man fie aus ihrer Nation aus, fonnten fie, 
wenn fie wicderriefen, von derſelben orofe | Belohnun— 
gen erwarten: ſo nahm doch kein Einziger dieſe Aus— 
ſage zuruͤck. Auch wir haben Grund zu ſchließen, daß, 
weil Jeſus nach ſeiner Hinrichtung lebte, auch unſere 
Seele unſterblich iſt. Welch ein helles beruhigendes 
Licht verbreitet der Glaube: daß Jeſus geſtorben ſey, 
um uns von aͤngſtl. Todesfurcht zu befreien und den 
Troſt des ewigen Lebens zu geben, (Ebr. 2, 9. 10. 14. 
15) über diefe Ehre! An feinem Vorgange fehen wir, 
was aud) ung, wenn wir feiner Lchre gemäß leben, 
zubereitet iſt! 


6) Der Hauptzweck des Todes Jeſu war ohnſtreitig: 
um uns dadurch das Woblwollen (Die 
Gnade) Gortes m. feine Bereitwilligf,, dem 
reuigen fih in der That befferuden Sün- 
der zu-verzeiben u. den Umfehrenden auf: 
sunebmen, finnlich zu verfihern, (Matth. 
26, 28) und ung davon bildlich zu uͤber zeu— 
gen; damit die M. dadurch bewogen wuͤr— 
den, Mißtrauen gegen Goitu Abneigung 
son ibm — in ihrem gerzen fahren gu laf- 
fen, und Damit die Furcht des boͤſen Ge— 
wiſſens vor Gottes befondern © Strafen we- 
gen der vorher begangenen Sünden, auf: 
hören, der Borfag nm. die Luft zur Beſſ., Lie 
bezum Guten u. neue Hoffnung, daß es 
nicht vergeblich feygn würde, erwedt wers 
den follte Freilich ift Gott immer gnäbdig “a 
reich an Liebe, der M. ler follte durch den Tod Zefı 
bewogen werden, mehr findl. Bertrauen zu Gott ne 


⸗ 


‚510 | — 
Tod Jeſu, (Abſichten des — —). 


feſſen, um ſich ſeines Wohlwollens zu 9— 
Die Chriſten ſollten, wenn ſie uͤberlegten, daß Gott, 
ſo lange fie gar nicht an ihn dachten, für. 
fie durch das Sterben Jeſu Anſtalt zur 
Verbreitung der brifil.Rel.unter ihnen ges 
macht babe, voraus den Echluß ziehen, daß 
ihr fortsefeßtee Eündigen Gottes Wohl— 
wollen gegen fie nicht gehindert babe Eben 
dieſe ‚vergangenen Suͤnden foliten fie ietzt, da fie durch 
den Tod Jeſu die Frohe Botſchaft der Begnadigung ers. 
heiten hatten, und hiedurch zur Rechtſchaffenheit ge⸗ 
fuͤhrt worden waͤren, noch weit weniger in Furcht u. 
Zweifel über Gottes bleibenden Vorſatz fegen, fie zu 
beſeligen. D nn Ted Jeſu berechtigt den Chriften, fo 
gu fehlen: Fick Goit den Mechtfiheffenften unter al: 
len Srerblichen als Eifirer gegen die Verdorbenb. ſei— 
ner Volksgeno oſſen fo granſam in ver Zeit, als ich 
noch in den Sünden fortlebte, hingerichtet werden: fo 
wird diefer, ntir gewiß ſchon vor der Beranffaltuug 
des Todes Jeſu fo wohlwollende, Gott ietzt, da ich 
mein damaliges Suͤndigen verabſcheue, durch dieſes 
Geſchehene, dag nicht ungeſchehen gemacht werden 
kann, noch viel weniger in ſeinem Wohlwollen gegen 
mich ſich hindern laſſen. Alſo Jeſu Tod ſollte als 
eine auffallende ſinnliche Begebenheit die Menſchen 
mehr zur Aufmerkſamkeit guf Gottes Vaterliebe er— 
muntern, zum Vertraͤuen auf dieſelbe und zur willig— 
ſten Folgſamkeit gegen ſeine Vorſchriften bewegen. 
Von deher war Gott darauf bedacht, durch 
große auffallende Begebenheiten derSinn— 
Lichfeit der. M. zu. D.ulfe. 48 Die 
Aufmerkſamkeit derfelben zu erregen. Auch 





— —— — 


*) Schwarz in der oben ©. 290. angefuͤhrten Schrift 
druͤckt dieſes ſo aus! „Jeſus farb, um uns in ein ſolches 
Verhaͤltniß mit Gott zu Teken, daß wir — bei aufticti- 
ger Def. unferer Standhaftigkeit wegen feine befondere 
anferordentlibe Strafe Gottes — keinen Eünftigen  elen: 

den Zuſtand fuͤrchten durfen, fondern Findliches Vertrauen 

zu ihm und die Hoffaung der ewigen Geligkeit haben 
koͤnnten.“ 


Cor 


27 | 311 
Tod Jeſu, Abſichten N 


der vernünftiafte Denfer bat noch ſinnliches Ge— 
fühl und bedarf ſolcher Ermunterungen, um entwe-⸗ 
der auf diefe oder iene Sache re m gu fverden, 
oder feine erlangte Erfenneniß in Leben und That zu 
verwandeln. Dazu follte Jeſu Tod dienen. Derfelbe 
folire den redlich fi Deffeenden überzeugen, daß die 
. Bel. ihn Gott wohlgefaͤlig mache und ——— 
len verſchaffe. Denn er war das ſprechendſte Denkmal 
feiner vaͤterl. Liebe zu den M., die es zuließ, daß der 
Unſchuldige felbft dur die fchwerften Keiden u. Ver— 
folgungen feinen wohlthätigen Plan, ein geiftliches 
Keich zu gründen, ausführt. Wird der fündi- 
gende M. fih zu beffern 8. den Chriſtenleh— 
rern aufgefordert, und erkennt er ihrer 
Aufforderung su folgen für nothig, fo 
fonnte mandher des Gedankens: „Waß 
hilfts? Denn Sünde fcheidet den M. und 
Gott! Heiligfeit der Gefinnung und des 
Betragens ifi die unerlaßbare Bedingung 
des goͤttl. Wohlgefallens! Wegen deiner 
fchou beganaenen Sünden und. wegen der 
Unvollfommenbeit in Deinen Berfuchen gur 
Defl. macht dich der Heilige — der furdt- 
bare M—richter dennoch ungluͤcklich,“ fi 
nicht entledigen. Aber fobald er hort oder lieft, def 
Gott fogar feinen innigften Liebling, den Meſſ., ven 
würffamen Lehrer des Wahren u. Guten, der Hinrich: 
fung durch dieſe ubermächtige Gegner des Guten aus— 
geſetzt habe: fobeld in iedem, mer fo beforgt iſt, die 
Ueberzeugung entftebet:s Gott, der dieß für ung ges 
than hat, da wir noch wärfich uns nicht gebeſſert 
hatten, fann ung fein irgend vermeidliches Uebel zus 
gedacht haben. Gott ift ficher ein liebender Menſchen— 
freund — ein DBater. — Dieſe PoBelung if II Kor. 
5, 19; Rom. 5, 5:11 gemäß. Paulus ſchließt in 
der Iesten Stelle fo: farb Jeſus En tus für ns da, 
als wir in Suͤnden ungeaͤndert fortlebten: wie viel— 
mehr muͤſſen wir ietzt, da wir aufgehoͤrt haben vor— 
fäglich su fündigen, von allem dem befreiet feyn, was 
wir uns unter Zorn Gottes denken. Hat uns Gott, 
ſo lange wir gegen ihn wie Feinde dachten, vermoͤge 
des Todes ſeines Sohnes, als mit Ont Ausgeſohnte 


312 T. 
ZTod Jeſu, Ab ſichten des — ai, 


behandelt, wie vielmehr müffen wir Ausgeſoͤhnte, nun, 
da der Deffias lebt, vom Uebel gerettet und begluͤckt 
werden! Beſſert ſich der — * Suͤnder, ſo kann er 
nun hoffen, durch Reue, Beſſ., Demuth u. Vertrauen 
des verlornen Wohlwollens wieder theilhaftig zu 
werden. | 
Der Tod Jeſu follte demnach die Ueberz., daß Goft 

die Liebe ift, daß nicht Furcht, fondern Kinderfinn u. 

kindliches Vertrauen ihn chre, begründen. Dieieni- 

gen, melde bisher aus lebereilung, oder 

Unwiffenbeit gefündigt haben, aber num 

mit Ernft fi beffern, koͤnnen den Tod 

Jeſu als eine laute Erflärung u. gleihfam 

als eine anfhaunliche Beftätigung der Liebe, 

Huld u. Geneigtheit Gottes gegen die M. 

und als eine Befreiung v. der knechtiſchen 

Furcht vor Gott, als eine Aufhebung aller 

Heforgniß wegen der Gnade Gottes in Be— 

treff — Suͤnden und als ein Mittel 

anſehen, ihr Herz heilſam zum kindl. Ver— 
trauen auf die fo ſichtbar gemadte Huld 

Gottes u. zur innigften Liebe eines folden 

guten Gottes un. Vaters umzuffimmen. Für 

ieden, welcher fich beffern will und die goͤttl. Auffor— 
derung Dazu beachtet, iſt durch den Tod Jeſu bie 

Sünde mit ihren fchadl. Folgen, fo viel als möglich 

ift, gefilge worden. — ; 
Man muß aber nicht den Tod Jeſu alg einen Er- 

werbungsegrund des göftl. Wohlgefallens, 

fondernalg einen Verſicherungsgrund de ſ⸗ 

ſelben betrachten. 

Dieſe Vorſtellung theilt ſich in zwei — 

1) Der Tod Jeſu als Thatſache ſiellt die Wahrheit: Gott iſt allz 
liebend und bereit, dem reuigen Sünder zu vergeben, ſymbo—⸗ 
lifch dar und gibt einen finnlichen Verſicherungsgrund verfelben, 
oder nad) Tieftrunk (Eenfur des chriftl, Lehrbegr. Th. 111), 
er ift ein Symbol ber begnadigenden Liebe Gottes, welches, 
da Gott es ſelbſt aufftellte, zugleih ein Erweid der götflL, 
Liebe ift (vgl. die Erinnerungen dagegen in d. Goͤtting. 
Bibl. d. theol. Kit. 3r B. ©. 510-514. 

2) Der Tod Jeſu ift Thatfache, eus welcher man, wenn man diefe 
Thatſache mit der Vorfehung zuſammendenkt, durch einen Schtuß 
ſich verfihern Eanır, und fol, daß Gott, ver Jeſum in daB 





F 


2, ! g 313 
Tod Kefu, (Hbfichten des — —). 

Schickſ. eines ſolchen Todes hineinfuͤhrte, gegen alle M., wenn 
fie gleich Sünder find, fo geſinnt iſt, daß er a) kein der Sitt⸗ 
lichkeit nemäßes Befoͤrderungsmittel ihrer Bell. ſpare; b) daß 
ev au Eeiner Beit des Suͤnders Feind fey u. deshalb nur den. 

M. mie fi, nicht fi mit den DM. auszufühnen, (keine 

a, Feindſch. von fid) gegen den M. zu tilgen oder durch Büßen 
tilgen zu Iaffen babe); ſondern Vielmehr c) den NM., ſobald 
er durch ferien Entſchluß wuͤrklich rechtſchaffen iſt, ihn dafür 
anerkenne und ihm darin weder als Perſon noch nad) feinen 
einzemen Handlungen entgegen ſey,  fonsern die Heiligung 
überall fürdere, d. i. ihre Moͤglichkeit oder die Ausfuͤhrbarkeit 
ienes Entfchluffes gefichert babe. — 

Weshalb kann der Chriſt Jeſu Tod als 
ein Verſicherungsmittel v. ——— Gnade, 
als eine Aufhebung des Mißtrauens und 
ber Furcht vor Goft u. feinen Strafen an- 
ieh en? | 
a) Weil die An. Jeſu den Tod Jeſu als ein ein zi— 
ge 8 Gott dargebrachtes großes — allgemeines — 
für immer guͤltiges Opfer *) a Nom. 3, 
23228, 5, 8-10; 11’for. 5, 19-215 Eph. 5,2; 
Lied: 2,2. Of fagen ; Jeſus Chriſtus fey für die 
Seinigen durd) ann Tod eben dag, und mehr als 
Das, was die Dpfer für die eracliten feyn follten. 
Wie die Opfer Die Iſraeliten an die Strafbarfeit ieder 
Sünde erinnern, fie zuc Reue und Ginnesänderung | 
auffordern und unter der SamBaNG der Meue, Sin— 
nesänderung und Beſſ. von der un der Sünde 
verfichern follten: fo fordere der Tod Jeſu Ehrifti fie 
zur Deff., als der nach feiner Lehre einzigen Bedingung 
der Bergeb. der Sünden auf, und verfichere fie unter 
der Bedingung der Def. des MWohlgefallens Gottes. 
Wie der DOpfernde durch fein dargebrachtes Dpfer 
theils feine Reue über feine Vergehungen bezeugte, 
theils dadurch v. der buͤrgerl. Unreinigk. losgeſpro— 
chen fuͤr ein reines Mitglied der Gemeinde Gottes da— 
durch erklaͤrt und von den buͤrgerl. Strafen befreiet 
wurde: fo ſollte der Suͤndenreuige den Tod Jeſu Chr. 
als ein Mittel anſehen, welches ihn von den Suͤnden— 


*) Aus Herablaſſung zu der damals herrſchenden — an 
Opfer gewohnten Denfart der Juden u. Heiden. 


314 I 
Tod Jeſu, Abfigten des — —). 


frafen befreie. In Hinſicht dreier Punkte Fonnten die 
Ap. Jeſu Tod mie einem Opfer vergleichen : ı) Das 
Dpferthier dachte man fih, als ftürbe es für eine 
fremde Schuld, fo auch Jeſus; 2) dag Opfer gab dem 
Juden die Gemißheit, dab er bürgerliche Strafen nicht 


mehr zu fürchten babe; der Tod Jeſu gibt dem ſich 


redlich beſſernden M. die Gewißheit, daß er Feine goͤtth. 

Strafe zu fuͤrchten habe; 3) das Opfer war 

eine von Gott durch Moſes getroffene Anordnung, — 

der Zod J Jeſu erfolgte — dem Willen ns 
gemäß. 
Ein Dpfer war aber nicht fiellvertretend, fondern es war 
ein Geſchenk, weiches der, fo um. Vergebung |. Sünden bat, 
darbrachte und die Annahme des Dpfers war cine Verficherung 
ver Vergeb. d. Sünden, Die Opfer, an welche die M. über: 
haupt gewohnt waren, führte Mofes ein, um an die Noth— 
wendig? der Keue m Beſſ. nah iedem Vergehen 
zu erinnern, zur Dankfbark gegen Gott und zum 
Gehorſam gegen ibn zu erwecken, — Die Apoſtel wählten 
diefe Dergleichung, weil der Ausdruck Dpfer gewöhnlich, bez 
deutend und zur Aufmerkſamk. erwedend war. Sie wollten 
die Unnöthigkeit der Thieropfer zugleich einleuch— 
tend machen, da man nun durd Jeſum, wenn man an ihn 
glaubte und ihm folgte, wuͤrklich auf eine vernunftmaͤßige 
und das Gewiſſen beruhigende Art und Weife vom göttl. Wohlz 
gefallen verfichert wäre. 

Sie fahen nicht vorher, daß diefe Vergleichung mit einem Opfer 
zu ver Meinung: daB Jeſu Xod als ftellvertretend zu bes 
trachten fey, Ichandfich gemißbraucht werden würde. — Statt 
zu fagen: Chriſtus mußte fidy nach Gottes Willen den Kreus 
zeösquaalen unterzichen, wenn er als der Führer der M. zur 
wuͤrdigen Gottesverehrung und ewigen Seligk. anerkannt wer— 
ven und die M. vom goͤttl. Wohlwollen und von den Segnun⸗ 
gen durch Tugend verfichert werden ſollten; anftattio zu fagen, 
fagen fie: Chriſtus habe fi} die Bekenner feiner Lehre durch 
ſ. Blut erkauft, fie vorn Fluch des mof, Gef. Iosgefauft, oder 
fie dem nichtigen Goͤtzendienſt entkauft, fie ſich theuer erkauft, 
er base fie durch f. Blur eriößt, ihnen dadurch Vergeb, ver 
Suͤnden verfchefft, daß er fie durd) ſ. Blut erioßt und fie mit 
Gott aufgefdhnt Hate, Eben fo fagen fie: daß er als ein 
Unſchuldiger für die Sünder geflorben fey, um fie zu ervetrch, 

tab, f. Blur di. Zar; fie von Suͤnden rein mache, daß fie bes 
fprengt worden wären mit f. Blute, wie Moſes bei ter Gtifs 
tung feiner Biel. dad Dpferbiut über das verſammelte Volk 
ſprengte um fie vom Mohigefallen Gottes zu verfichern, wenn 
fie ſ. Vorfchriften folgten, Das altes find bildlidhe Aus: 


— — 


| x 315 


Tod Jefu, (mit einem Opfer verglichen, wiefern?) 


druͤcke. Haͤtten fie gedacht, wie man den Begriff von einer 
Nusfühbnung Gottes vurh Opfer — durch Jeſu Ehrifi 
Tod eigentlich nehmen würde: fo wuͤrden fie ſolchen, ta er 

- wider die Vernunft ift, richt gebraucht — oder nicht dazu den 
enitfernteften Anlaß gegeken baten, *) 


Das Opfern follte den Opfernden dahin Bringen, 
Daß er feine Suͤnde erfennen, ji der Strafen derſel⸗ 
ben ſchuldig halten, ſich vor Gott demuͤthigen und die 
ihm angebotene Gnade annehmen möchte. Go ſollte 
auch der, Jeſu Tod als ein Opfer betrach tende, Ehr:i ſt 
feine Schuchternheit und Beſorgniß, als ob ihn ſein 
fo weiter Abſtand von Gott und feine Strafwuͤrdigk. 
und Fehlerhafe geit mod); u weit vom Eihabenen und 
Heiligen entfernte und ibn feiner Gemeinſchaft unfaͤ— 
hig machte, fahren laſſen. Er ſollte nun voll findl. 
Zuverſicht gleichſam ih Gott nabern, und feibit be 
einem zwar willigen und reblichen, aber noch mangel— 
haften Geherfam Gnade u. Seligfeit erwarten, Roͤm. 
TE ER j 
Im Grunde hat für ung das Bildliche u. Hreigentiiche der Vergl. 

des Todes Jeſu Ehrifi mit einem Suͤhneopfer, ta wir das 

Bedürfnis der Opfer nicht mehr kennen und die Leberzeugung 
9. Gottes, dem fich befiernden Suͤnder vergebender, Huld durch 

den Zoo Jeſu Ehrifii auch ohne die Anſicht als eines Opfers 

haben Eüunen, Fein weiteres Anſehn. Ja ſie verurſacht Teicht 
bei den Chriſten undeutliche und verworrene Begriffe. Da: 
mals aber konnte man Jeſu Tod anf eine ruͤhrende Art zu 
verſinnlichen die Hauptiehre von Gottes AUnvaterliebe und feine 

Erbarmung bramchen. ich's. Eonnte foger der ganzen Den— 

Eungdart und der finntich felavifchen Furcht vor Gott, wovon 

die ganze Welt ehemals aefeftelt war, ie ſeyn, als ein 

foicher zur Ausſoͤpnung der M. erlittiener Opfertod eines Un⸗ 
fihuldigen, weil Futen und Heiden bei der Beforgniß ihres Ge— 
wiſſens durch allerlei Opfer fi) die Gottheit geneigt zu mas 
chen und ihre Strafen von fid) abzuwenden ſuchten. Verzei— 
bung und Criaffung der Strafen konnte man ſich damals nicht 
anders ald durch Darbringung vieler Dvfer, und die Befiätigung 
eines Buͤndniſſes nicht ohne Blur denken. Für alle dieſe wer 
alſo Jeſu Tod eine bernhigende Vorſtellung. Man ver Doͤ—⸗— 
terlein’s Fel-iintern, Sp. XL ©. 249 f. 


—— 


9— Bol. Hende’s neues M. 2r B. 18St. © 120 ff. wm 
das, was oben ©. 298 f. vom Paſſenden der Vergleihung 
des Zodes Chr. mit e. Opfer gejagt iſt. 





a. 0 
ED EN Clbſichten des — — 


„Offenbar gehoͤrt die Vorſtellung des Todes a Bilde 


„eines Dpfers und eines Loͤſegeldes zu den Herablaffungen, die 
aber eben deshalb nicht die Abſicht haben ſollen, für eine uns 
„wandelbare Richtſchnar aller Vorflelungen über diefen Segen; 

„end zu gelten.“ *) 
„ES war ganz natuͤrlich, daß die Ap., Sie ar Juden unter den 
„Opfexgeſetzen erzogen und gebildet waren, den Tod Jeſu als 
„ein hetrachteten, mit weichem er auch eine fo fcheinbare | 
„Aehnlichkeit hatte. Jeſus ward ohne Schuld zum Tode ge: 
„fuͤhrt; er ſtarb für audre und die Abſicht war, die M. zu 
„entſuͤndigen, von Suͤnden frei zu machen, und in gewiſſem 
„Verſtande zu verſoͤhnen. Außerdem konnten fie durch die 
„Forderung der Juden dazu bewogen werden, welche an ſinnl. 
„Mittel gewöhnt, bei der neuen Religion die Opfer zu einer 
„vermeintlichen Ausſoͤhnung mit Gott vermiſſen mogten.“ **) | 
Als ein eigentliche Dpfer, wie die Opfer bei den 
Juden fkattfanden, ann der Tod Jefu nidt an: 
gefehen werden, In vielen Gtüden hat er aud 
Eeine lLebereinffiimung mit den Dpfern, die nah 
Ebr. 9 nur cine Teibl. Reinigung, Befreiungvon 
weltt. Strafen verfhafften wm bie Ausſchließung 
vom öffentl. Umgange verhüteten. Zu ſolchen Iwe: 
cken iſt ia Jeſus nicht geſtorben. Die Apoſtel wollten 
durch dieſe Bergleichung nur die Juden überfüh: 
ven, daß alle vom Moſes vorgeſchriebene Opfer 
 unndthig wären, daß es nach den Grundſaͤtzzen 
des Ehrifientbums durhaus keiner mehr von M. 
dargebrachten Opfer bedürfe, um Gottes Wohl-— 
wollen zu erwerben. Ed fey Jeſu Tod eine Er: 
Elärung, daß der Yormalige irrige Ölaube, daß 
Gott durch Dpfer erfi verfohbnt werden müffe, 
wenn er onädig feyn folie, aufhören müffe, und 
daß dur dieſen Tod Gott feine Huld gegen die 
SM. laut erklärt und ihnen eine allgem, Verzei— 
bung angekündigt babe, Eph. I, 5:7. Damals knuͤpf⸗ 
te man an den Tod Jeſu die VBorftielling v. der Vergeb. der 
Sünde, weil man an ſolche Ideen gewohnt war; es ift alfo 
die Redensart: Jeſus farb zur Dergeb, der Suͤn— 
ben,nicht eigentlich zu nehmen; vgl. Bibl, Encycel 
zr B. ©. 246: 2475 Schmidt?’8 Bibl. d. theol, Litt. 
vB, ©. 2625 Hende’s Mao. f. Rei,Phitof. ꝛc. VIr 2. 
s St. ©. 1:9, „Kurze Entwidelung d. neutefi. Begriffe 


% 





*) Niemeyers Briefe an Mel. Lehrer, 2te Samml. ©. 
268. 269. 


+) Hende a. 0 DE. 128. 


T, | 317 
Tod Sefu, (Abfichten des — —). 


von den Abſichten des Todes Jeſu aus ver Grundidee eineg 
ee, und — Gahrdt's) Apol. d. Bern © 
208:25 


b) Weil wir — zweifeln koͤnnen, daß Gott an der 
Geſinnung, welche Jeſus durch ſ. Tod an den Tag 
legte, ſein heiliges Wohlgefallen habe, und wir alſo 
auch gewiß find, daß er an uns ſein Wohlgefallen 
babe, wenn wir ung dieſe Gefinnung Jeſu eigen ge 
macht heben. Dffendar iff doch im Zope © Jeſu die 
deutlichſte Belehrung und das ſchoͤnſte Beifp ni einer 
Gott ganz ergebenen Gefinnung ſichtbar. Wir find 
berechtigt zu ſchließen: wenn un 19 Gott dermaßen liebt, 
daß er Chriſtum für uns aufopferte, fo dürfen wir 
nicht beforgen, daß er und wegen unferer Sunden be: 

firafen, fondern uns lieben werde, 


In der oben ©. 290, angeführten Schwarzeſchen Schrift vom 
awed des Todes Jeſu wird der Tod Jeſu 1) als eine 
Berfohnung ver M. mit Gott (f. unten Verſoͤh⸗ 
nung Gottes) LSJoh. 2, 25 2) als die Vergebung 
Sünden, 2. h. zur Vergeb. d. Suͤnde erduldet, vorgeſtellt, z. 
B. Matth. 26, 28. Dieß will fo viel ſagen, als: Jeſus ſtarb, 
um uns in ein ſolches Verhaͤltniß mit Gott zu ſetzen, daß wir 
bei aufrichtiger Beil, wegen unferer Suͤndhaftigk. keine, beſon— 
deren außerordentl. Strafen, Eeinen kuͤnftigen elenden Zuſtand 
fürchten dürfen, fondern kindl. Zutrauen zu ibm u. die Hoff, 
der ewigen Seligk. haben Eönnten, 

Schwarze beftätigt diefe Erkl. in ver Schrift: üb. den x od Sein, 
als ein weſentl. Stüs feines wohlthätigen Plans ꝛc. Lpz. 1795. 
gr, 8. mit 5 Gründen, 

Hllein Feine Stelle des n. Teſt. fagt, daB Gott um des 
Todes Jeſu willen Suͤnden vergeben habe, oder 
daß er ein nothwendiger oder ein als ſich ſelbſt verordneter Ve⸗ 
weggrund zur Su— indenvergebuns fuͤr Gott waͤre! 

P. muͤßte dann fchreiten de (wegen, um) Toy Javarıy, A ro 
Be 1, 145.20. 223 -Ebr. 9, 265.10, 105. 15, 1, . 
allein fie verbinden dr (durch) immer mit hen Genitiv, 5.8. 
Roͤm. 5, 10, vergl... 5, 17f. Keine Stelle ſagt, dab die Suͤn— 
denftrafen der vor. Jeſus geftorbenen M. von Gott in Hinficht 
auf deſſen Tod erlaffen worden wären. Daß Gott zu allen 

 Beiten den M,, ihrer Suͤnden ohngeachtet, keine zur Beif. 
nicht nothwendige Uebel aufbärde, wird verſichert, aber nirs 

gends geſagt, daß er dies wegen Jeſu Tod thue; vgl. neues 
eo Journ. v. Ammon, Haͤnlein u. Paulus, VI 
B. ©. 81 Bi — 


[2 


318 | T. 
Tod Jeſu, (für welche Sünden erfolgte der —) 


— welcher Suͤnden gewährt der. Tod 
Seju aa 


Kerr Gen. Sup. Loͤffler behauptet in f. a Abhh. über Die. 


kirchl. en. Zuͤllichau 22.1796. 8. S. 
86 f, vergl. mit ©. 149: daB die Wergeb,d. Sanden um des 
Tores Jeſu wollen fich 6108 auf die Saͤnden der Juden und 
Heiden und derer, welche Ehrifien werden wollten, die ſich noch 
während des alten Bundes oder während ihres Susens und 
Heidenthums d. 4. im vorihrijtlichen Buflande, im der Zeit, ehe 
Jeſus in Die Welt Eam, begangen hatten, n. nicht auf ie eh n f⸗ 
tigen Suͤnden, die fie als Chriſten begehen wuͤrden, beziehe. 
Es haben freilich die Schriften der erſten Lehrer des Chriſten⸗ 
thums ihre naͤchſte Veziehung auf ihre Zeitgenoſſen. Dieſe ha⸗ 
ben ein gemeinſchaftliches Bedaͤrſniß, davon gewiß zu werden, 
daß Gott zu einer allgem. Begnadigung ohne Opfer bereit 
ſey, wenn ſie nicht mehr, wie bisher, ſeine Gnade durch Opfer 
ſuchten. Die Juden bedurften noch außerdem eines ſolchen 
Beweiſes, um ſich zu überzeugen, daß die Heiden an ver allgem. 
Gnude Theil nehmen koͤnnten. Es ift alfo natuͤrlich, daß die 
Ap. in vielen —— ganz deutlich von den N 
Sünden reisen, z. B. IPerm 1, 18205 Gal. 1,45 Kom, 
3, 23; Em, 9, LS. en! nicht Die Apofiel, u fie denen, 
die noch ferner in der Sünde beharren, Hoffn. auf die forts 
würfende Kraft des Verſoͤhnungstodes Jeſu gemacht hätten, 
einen gefährt, Mißbraud) diefer Behauptung veranlaßt haben?! 
Allein daraus folgt nicht, daß nicht Schu Tod in Beziehung 
auf das Heil aller, die nad) ihm gelebt haben, fiehe, zumal, da 
es ia oft beißt, daß er für alte — für die Welt gefiorben 
fey,3.& Matth. 20, 2385 Sob. 6, 515 3, 1264 Be. 24, 27. 


Jeſu Tod bezog fi) auf dag Heil aller derer, die 
nac) ihm gelebt haben. Alle können u. follen, wenn 
fie ihm glauben, und ihm folgen, ſich durch f. Tod 
erwecken laffen, Gott wieder na en und ewig 
felig zu werden, Joh. 3, 16, b. Gott bewieß fo 
anfchaulicy in der Zufopferung Chr feine rg ges 
gen Alle, daß Alle, die ihm vertrauen und ſ. Vors 
ſchriften N: der ewigen Gluͤckſeligk. verfichert 
ſeyn Fönnen. a Paulus 5.5. Rom. 3, 255 5, 6. 8. 
den Tod yefı € hei immer auf die vergangenen 
d. h. ſolche Sünden bezieht, welche die Chriſten in ih— 
rem vorigen finni. Gemauͤthszuſtande begangen hatten, 
und er ausdruͤcklich lehrt, daß Chriſtus zu unſerm 
Beſten, da wir noch Suͤnder waren, geſtorben ſey, 
und da er Ebr. 9, 15 bie Zefreiung von (der Furcht 


ou 


zT, 519 
Tod Sefu, (für welche Sünden erfolgte der — ?) 


vor) den Strafen der gegen das mof. Geſetz began— 
genen Sünden durch den Tod Jeſu Ehrifti gar nicht 
auf die Worväter ausdehnt, fondern beſtimmt u. deut: 
lich auf die zur Seligk. berufenen Chriſten einſchraͤnkt: 
fo ift e8 daher, weil der Tod Jeſu fih aud auf uns 
bericht, gewiß, Daß der bisher ungebefferte 
Chrift durch den Tod Jeſu Beruhigung ın 
Hinficht feiner im ungebefferten Zuftande 
begangenen Sünden u. der außerordentli— 
chen Strafen Gottes haben fann. Die Fob 
gen der Uebertretung währen fort, aber eg 
geht auch Gottes Weltregierung fort, wel— 
che die Kraft der Würfungen vermindert 
und Die Folgen der von ibm zugelaffenen 
freien Handlungen nad f. Abfihten zum. 
guten Ziele lenfen fann und es auch wuͤrk— 
lih thut. | 
„Die Apofiel und ihre Zeitgenoffen find nicht durchaus und jedesmal 
nur allein darunter zu verfiehen, wenn fie etwas 9, fich fahrei= 
ben; oft Eönnen und muͤſſen auch alle ihre Nachkommen, und 
alfo auch wir dabei gedacht werten. Auguſti theol. BL 
2° Jahrg. 28 Quart. ©, 217. vgl, mit ©. 95, 


Sn Hinficht der zufünftigen Sünden fol und 
faun der Tod Jeſu Feine Beruhigung u. fein Vertrauen 
zu Gottes Wohlwolfen begründin. Denn für die Zu- 
kunft fol und darf der Wille des tugendhaften und 
frommen M. Feine andere Beflimmung kennen, als dag 
Geſetz: du folft nad) Vollk. und Heligf. ſtreben! 
Diefes Gefeß allein ift eg, v. dem fich der Ehrift beim 
Gedanfen an die Zufunft leiten laffen darf. 


Kerr» Lehrer duͤrfen vor allen nicht den alle Moral zerfidrenden, 
ſchrift- und vernunftwidrigen Say aufftellen und ihn nicht oͤf— 
fentlich vortragen: daB Jeſus Chriftus auch für unfere zukuͤnf— 
tige Suͤnden gelitten u. unfere Eünftige Verbrechen ein für alle: 
mal verfohnt haben; denn nichts ſchwaͤcht mehr den Tugendei— 
fer, nichts erklärt mehr die Nothwendigkeit eines beftändigen 
Kampfes mit der Sinnlichkeit zum Voraus entbehrlich als dies 

fer Satz. Wenn ein Water nicht nur feinem Kinde das Lafter 
verbietet,  fondern auch f. ganzen Unwillen gegen das Laſter 
zu. erkennen gibt — wird es etwas. helfen, fals er ihm ſchon 
zum voraus die Vergebung feiner Fehltritte unter fehr leicht 
zu erjüllenden Bedingungen verkuͤndigt? Solche unmopraliiche 
Aruberungen haben ſchon viele Laſter u. ſogar Verbrechen ver: 


320 a T, 
Tod Jeſu, (erfolgte niche für die zukuͤnft. S.) 


anladt. Haben nicht die Apoſtel, wenn fie den Tod Jeſu als 
ein Berubigungsmitter für die bereits begangenen Suͤnden ih⸗ 
ver Zeitgenoſſen aufftellien, ausdruͤcklich hinzugeſetzt, daß fie v. 
nun an der Sünde ginziich abſterben und Eeine Verführung 
mehr erivarten folen? Mach ihrem Beifpiel müffen Rel.⸗Leh⸗ 
ver, um nicht Verraͤther an der Pflicht zu werden, den Tod 
Jeſu immer nur auf die Vergangenheit Gezichen und ihn vor— 
fihtig — nach individuellen Beduͤrfniſſen als ein fittl. Heilmit⸗ 
tel gebrauchen, deſſen Kraft fie Leichtfinnigen, die ohne— 
hin geneigte find, ihr fittl, Wohlſeyn zu zerrütten,, nicht unbes 
dächtlich aurühinen, fonderg von sem fie vielmehr, Wenn vie 
Bunde einmal gefihlagen if, "einen weifen Öebrau machen 
follen; vol. Loffler’s angef. Abh. über die Genugth.-Lehre, 
©, 41:44. 5 N 
Mandarfnicht den Tod Jeſu als ein Be— 
wegunggmittel, Vergebung der Sünden zu 
erhalten, anfehben Welch eine unrichtige — un— 
würdige Vorftell. iff eg, wenn man ſich Gott als nach 
feiner Gercchtigfeit unerbittlich denkt und ſich vorſtellt, 

Daß er erfi durch den Tod Chriſti, der dieſer Gerechtigs 

feit Genugthuung geleiftee habe, zur Erbarmung gegen 

die Sünde und zur Vergebung geneigt gemacht gewors 
ben ſey. Das Bildliche am Tode Jeſu als eine 

Dpfertodeg zeigt eg fihon, Daß derfelbe nur als 

ein Derfiherungsmittel v. der Vergebung 

der Sünden anzufehen und als eine Ver— 
gewifferung von der HYuld Gottes zu be- 

trachten ift. 
Daß uns Jeſu Auferſt. dv. der Gewißh. überzeugt, daB wir und wegen 
des Todes Eprifii Gottes Wohlwollen verfprechen Eünnen, zeigt 

Dr. Seiler in ver Frage der zweifelnden Bern. x. 

Erlangen 1798. 8., fe Döderlein’s Rel.- Unterer. Th. XL 

©. 236 u. 248. 

Bar. Fofter’s Reden Über wichtige Wahrhh. d. Nel, 4r Th. Nr. 
16. ©, 337:3485 I. W. ©. Wolfs Predigtauszz. ©.» 
76:80. „Jeſu Tod if die ſtaͤrkſte Verſich. unferer Begnad. 
oder der Vergeb. unſerer begangenen Suͤnden nach redl. u, ernfil, 
Beſſerung.“ 

Don allen dieſen ſechs Abſichten des Todes Jeſu 
Chriſti iſt nicht eine fuͤr ſich allein hinreichend, das 
noͤthige Licht in Gottes Verhalten zu bringen. Nimmt 
man ſie aber zuſammen, ſo entſteht daraus ein deſto 
zuſammenhaͤngenderes, feſteres Gebaͤude, und * 

azu 


T. 321 
Tod Jeſu, ——— Abſichten des —) 


dazu iſt daſſelbe um deſto ſicherer, weil faſt alle chriſtl. 
Partheien hierin voͤllig uͤbereinſtimmen. Nur huͤte 
man ſich ſorgfaͤltig vor den Einfaͤllen ſeiner eigenen 
Einbildungskraft und vor der gutmeinenden Schwaͤr— 
merei, die immer mehr ſieht, als andre ruhigdenkende 
Leute wahrnehmen koͤnnen. Man nehme ſich auch in 
Acht, um nicht Gott ſolche Abſichten beizumeſſen, die 
ſeiner ewigen Weisheit unanſtaͤndig ſtnd, wenn ſie uns 
gleich nad) unſerm eingeengten Verſtande gut u. hei— 
lig zu ſeyn ſcheinen. 

Die Beſſerung der M. kann nicht als ein Zweck des Todes Jeſu, 
fordern als eine für denienigen mögliche (und zu wuͤnſchende) 
Folge, angefehen werden, welcher fid) beifert and dazu den Tod 
Jeſu Ehrifti al ein Symbol von der Ertödtung der Sünde 
im M. APetr. 2, 24) anſieht, deshalb ift davon unten Nr. V. 
die Rede. „In denienigen Stellen, worin die Befferung 
„ner M. für ven Zweck tes Todes Jeſu angegeben zu werden 
„ſcheint, bleibt es noch zweifelhaft, ob nicht der Begriff einges 
„ſchoben werten muß, daß diefer Zod durch die Vers 
„iherung der Önade Gottes beffernd fey, und 
„dieß ift fehr wahrfheinticdh, und weit wahrfdheinlicher, als daß 
nee durch feine beffernde Kraft den M. Verges 
„bung der Sünde verfhaffe” Gtäudlin’s Dogm, 
u. Dogmengeſch. zr Ih. ©. 765. — — 


Ale übrige von einigen angegebene Zwecke des To» 

bes Jeſu Ehrifti, z. B. 

N, Er ſtarb, damit feine Tugend vollendet 
werden follte, (Ebr. 2, 9. 10) oder Jeſus folls 
te dadurch aug eigener Empfindung lernen, 
wie e8 feinen Mitmenfchen zu Muth ſey u. 
er follte dadurch zur Führung feines gott» 
lichen Gefhäfteg, der Beforgung ibrer See 
Tigfeit, vorbereitet (Ebr. 2, 17. 13; 4, 15) und 
gleichfam eingeweiht merden, - Ebr. 5, 10. Es ſollte 
diefe empfindl. Art des menfchl. Elends Jeſum zu dem 
mitleidsoollen Negierer der Welt bilden, welcher für 
die M. fo erwuͤnſcht ſeyn muß. 

2. Er farb, damit Gott u. Jeſus Chriſtus den flärk 
ften Beweis ihrer Liebe gegen die M. gäben. 

3. Er ftarb, weil der Tod des Meſſias mit unter bie 
Kennzeichen kaͤme, nach welchen die Juden ben Mel. 

als ſolchen erfennen koͤnnten, weshalb ſich — ſelbſt 
Ehriſtl. Gl. Lehre fad. Canzelgebr. 3Th. 





322 T. 
Tod Jeſu, (Nutzen de — 


auf dieſen Umſtand beruft, Lucsıg, gr; a 26. yo 
44247. 

find entweder nicht Die nächften — feine Haupt: 
zwecke des Todes Jeſu Chriſti, oder fie geheren uns 
ter die Wuͤrkungen deffelben, oder fie find ungegrün- 
det, denn was N. berrifft, fo koͤnnen ſchon Leiden den 
Menfihen veroollfommnen; was 2. angeht, fo gehoͤrt 
Die im Tode Jeſu fichtbare Liebe Gottes u. Jeſu mehr 
su den Folgen deffelben. 

7. Die Jeſu von den iid. Volksvorſtehern und Prie⸗ 
ſtern zugefuͤgte Beſchimpfung kann man nicht fuͤglich 
als etwas, was Gott veranlaßte, Sjefum- fterben zu 
laſſen, anſehen. 

Bol. Salzmann’ 8 Gottesverehrungen, 3te Samml. 
Nr. 28. ©. #7 60: „Abfichten des Todes Jeſu;“ 
Cannabich's Predigten uber die Evangelien des 
Sahrs, ır Th. 2te A. ©. 199-221: „von den Ders 
dienften Jeſu, die er fich durch f. Leiden und Tod um 
unfere Seligfeit erworben hats ı)er beftätigte dadurch 
feine göttl. Sendung, 2) er erhöhte dadurch f. Kiebe 
zu fich und f. Nel., 3) er zernichtete unf. eitle Hoffn. 
auf eine gegenw. Belohnung; 4)erhob die Urfache einer 
bangen Surcht vor Gott auf zc. 


I. Nugen des Todes Jefu Eorier 


A. Für Jeſum felbft. 

Der dornichte Pfad der Leiden und des Sterbeng 
war für Sefum grade derienige, auf welchem er fich 
einer großern — theilhaftig machen konnte, 
Luc. 24, 26; Philipp. 2, 6-9; Nom. 14, 9; Ebr. 2, 
9-11. Er redet Joh. 17 felbft von diefer zufünftis 
gen Belohnung Furz vor feinem Tode. Gott Fonnte 
ihm in aller Abſicht für fein ausgeſtandenes Leiden u. 
Sterben volligen Erfaß leiften und hat ihm denfel» 
ben geleiftee. Der Tod diente ihm alfo zur Herr—⸗ 
lichkeit. 

B.) Sür die Menfchen, Joh. 12, 24. U. 32. 

Die Erreichung der in Nr. IL 16 angegebenen 
Abfichten, die durch die Einführung des Chriſtenth. 
bewuͤrkte Abfchen vor dem iuͤd. und heidn. Opferdienſt, 


R. | N 323 
Tod Kefu, Nusen des — —). 


die Zernicht. der Ermarfung der Juden und der Schü- 
ler Jeſu Chriſti v. einem rd. Reiche, die Begruͤndung 
unſerer Ueberzeugung, def erſt in ienem Leben werde 
alles vergeben u. belohnt werden und die möglich ats 
machte Def, u. Berubigung der M. waren die Vor: 
theile, welche Sjefu Zod; hatte. Weil Gott alle diefe 
unausſprechlich wohlihätigen Wuͤrkungen des Todeg 
Jeſu Chriſti (denn welche Begebenh. — welche Handl. 
in der Welt bat nicht über kurz oder lang einge: 
fchränfte oder auggebreiteie Folgen?!) nach f. Allwif— 
fenheit vorausfahe, fo lich er diefen Tod zu. Er of— 
fenbarte Dadurch feine weiſe Güte, verminderte dadurch 
dag Dofe, u. beforderte Gutes in der Welt. 
a DE Sob Jeiu Chr. hatte zur Solge die 
Ausbr. und Gründung des Chriftentbums®. 
Mehr als irgend ein anderes Mittel befsrderte Jeſu 
Son die Wurkfamf. u. Sruchtbarfeit der chriſtl. Lehre. 
Auf mehr als eine Art frug er dazu bei; denn nad) 
IL, 2. ©. 300. wurden nicht nur a) der Juden irrige 
Erwartungen von einer ird. und bürgerl. Kegterung, 
zeitl. Macht und Hoher, des Meſſ. vernichtet, ſondern 
b) der Tod Jeſu Chriſti war die Schuͤler Jeſu 
eine Ermunterung, das zu thun, was von hnen die 
Pflicht — als Lehrern der beſſern wahren Religion 
verlangte, u.f. f. Derſelbe erweckte fie, auch Für Dies 
ſelbe zu leiden, oder willig auf dem Wege der Pflicht 
nac) f. Beifpiel jede Muͤhe und Beſchwerde, b) die 
Aufopferung, ta felbit den Sreuzestod, wenn eg nothig 
wäre, zu übernehmen, wie ihnen Jeſus Chriſtus * 
dem Wege der Leiden und des Todes mit ſ. Beiſpiele 
vorangegangen war; c) Jeſu Tod machte ihnen Muth; 
denn fie ſahen durch denfelben nicht fein großes Werf 
auf Erden vernichtet, fondern noch mehr erweitert; fie 
dachten, daß folcheg, falls fie auch ihr Leben einbüßten, 
noch) vielmeniger untergehen wurde, Die wiederholte 
Gedächtnißfeger des Todes Jeſu, die Jeſus deshalb 
angeordiret. hatte, belebte fie in diefem Muthe. 

In der That breitete ſich auch nach Jeſu Tode 
feine Lehre fo weit aus, daß fie aus dem kersten 
Palaͤſtina bie in rn lenlanp sefommen if, und Die 
Hanze Welt erfüüt bat. Durch den Tod eine Us, 
| ſchuldigen ſollten Millionen AUngluͤckliche sur Ofüsafe, 


“ 


324 T, 
Tod Jeſu, (Nutzen des — —). 


ligfeit geführt werden. Don ber erffen Nredigt ber 

Ap. an, (Ap. G. 2, 38) bis auf den heutigen Tag, hat 
dieſe Gefchichte viele Laufend harte Herzen gerührt, 
Aufmerkſamkeit auf die chriftl. Lehre erweckt, Beunru— 
higte von Gottes Liebe uͤberzeugt u. ihnen Troſt und 
Hoffn. mitgetheilt. 

2) Der Tod Jeſu Chriſti erleichterte und be— 
förderte die Belehrung von den wichtigſten 
a die, wenn fie auch ſchon vorher von 
Jeſus Chr. gelehrt worden waren, Dadurch doch weit 
eindräckl: her wurden, 3. E. daß Gott die Liebe felbft, 
aller M. Vater fey, indem er den Anfchuldigen zur 
Beruhigung flerben ließ, daß Sefus auf dag hoͤchſte 
die Menſchen liebe, da er ſtarb, um ſeiner wohlthaͤti⸗ 
gen Beſtimmung getreu zu bleiben und da es der Tod 
des einzigen Sohns Gottes war; ferner, daß er auch 
ſeine rechtſchaffnen Verehrer aus weiſen, vaͤterlichen, ſich 
uͤber das Ganze erfireckenden Urfachen und zur Ers 
hohung ihrer eigenen Vollk. oft in diefem Leben fehr 
viel erdulden laffe, daR der Tod unfere Seele nicht 
vernichte, und daß e8 moͤgli ch ſey, daß uns Gott auf 
ewig wieder ins Leben zuruͤckrufe, daß der Unendliche 
den frommen Dulder, ſein eigenes Wohl fuͤr ſeine 
Mitmenſchen vergißt, ſein Thun und ſeine Leiden nach 
dem Maaßſtabe der Treue und des Gehorſams herrlich 
lohnen werde. | 

3) Der Tod Kefu Chr. ermuntert den — fein 
wahres Wohl fuchenden M. zur Tugend, 
ia berfelbe macht fie ihm erſt recht möglich. Es gibt 
der Tod Jeſu Chriſti ihm dazu den gehörigen Muth, 
daß die Sünde gleichfam meniger Gewalt und Herr: 
ſchaft über ihn hat. Die Gewißheit, nicht für began- 
gene Gunden bei ernfil. Bel. geftraft zu werden, vers 
bunden mit der daraus entfpringenden Hoffnung, daß 
Gott, welcher für uns, da wir nody Sünder waren, 
geforgt hat, uns im Gefchäfte der Bell. unterftügen 
werde, melchen Muth gibt — welchen Eifer erweckt 
das nicht! Das befchämt uns bei igdem Gedanken 
an unfer thörichtes und fträfliches Betragen, u. zwar 
um ſo mehr, ie lebendiger wir die Groͤße der Liebe 
Gottes und unſeres Erloͤſers erkennen; das bewegt 
uns aber auch, nun keinen Fleiß zu ſparen, uns von 


29 325 
Tod Jeſu, (Nutzen des — —.) 


der Welt umbefleckt zu erhalten, unfer Herg von allen 
fündl. Begierden zu reinigen und unfer ganzes Ver— 
‚halten Gott wohlgefällig einzurichten. Die Gefchichte 
von den Leiden und dem Tode Jeſu Ehrifti hat doch 
fo viel Hinreiffendes, Erhabenes und Wahres, daß 
auch der fcharffinnigfte Ehrift, wenn er nur ohne Vor— 
urtheil zu ihre kommt, fie zur Erwecdung edler Em— 
pfindungen benutzen fann. Seil iedem, der dieß thut 
und oft hinfieht auf feinen für ihn leidenden Erlöfer 
und dann geftärkt in der Liebe und Hoffnung mit 
neuer Munterf. den Weg der Tugend fortgeht! Da: 
durch, daß Gott der Gerechte iedem, der fich beſſert, 
die Strafen der begangenen Sünden erläßt, wird ber 
M. zu guten Uebungen erweckt; der Genuß der Wohl— 
thaten entflammt feinen Eifer zu edlen Handlungen. 
Es macht auch der Tod Jeſu Ehrifti dem M. die Zus 
gend leichker und angenehmer. Er bietet neue Kraft, 
Erm. und Beweggründe sum willigen und freudigften 
Gehorſam gegen den Willen Gottes an. — 
4) Der Tod Jeſu Ehrifi iſt für den ſinnl. M. 
ein fehr würffames Beruhbigungsmittel. Ohne 
daß gerade der Lafterhafte, wenn er zu fich felbft zu— 
rückkehrt und feine Sünden aufs Iebhaftefte bereut, 
Gott über feine Sünden entrüftee fih denft, (denn 
das ift eine zu fehr Gottes unmürdige Borftellung,) 
muß ihn doc) theils der Gedanfe, dem Willen Got— 
fe8 des Allbeherrfchergs zuwider gehandelt zu haben, 
ſehr drücen, theils muß ihn fein fitel. Unwerth die 
zu weite Entfernung — den zu großen Abfiand von 
der Wolf. Gottes empfindlich bemerfen laffen. In 
beiden Fällen wird auch bei feiner würfl. Beſſ. nach 
der gegenwärtigen Einrichtung unfrer Natur bei einem 
ieden, Der bei einer ernfllichen Einkehr in fich feldit 
feine Übweichungen von Gott u. feinem heiligen Wil- 
len erfennt und nicht fchon durch dag Chriftenth. ges 
heilt worden iſt, immer noch ein gewiffes Gefühl von 
Unruhe, Schaam, Neue, Unzufriedenheit und v. ban- 
ger Furcht vor noch härtern zufünftigen Strafen Got— 
te8, übrig bleiben. Er wird alfo eine Sewiffensunrube, 
eine von Gott zuruͤckſchreckende Furcht behalten. In 
ſich ſelbſt kann er keine Beruhigung finden. Außer 
ſich muß er den Grund ſ. Beruhigung ſuchen. Ohne 





326 T, 
Tod Sefu, Nuten des — —). 


dieſe müfite er verzweifeln. Was fann aber mehr Bes 
ruhigung und Vertrauen mittheilen, ale grade der Zod 
Jeſu?! Dieſer muß den Dr. zum innigſten Zutrauen, 
zur wäarmften Danfbarfeit, zur aufrichtigften Liebe ge= 
gen Gott umſtimmen. Sefu Liebe als. eines swifchen 
Gott und den M. mitten inne flehenden Sreundes 
leitet dann din Di. zu einem freiern, WET Be: 
gen Gehorfam. 

Jeſu Tod als ein fubiektiveg Beduͤrfniß für sen ſchwachen finnt, M. 
betrachtet — iſt der Lehre und dem Geiſte der Ap, und dem 
reinen Vorſtellungsbegriff von der Gerechtigkeit Gottes u. ihren 
a gemäß. 

5) Der Tod Jeſu Chrifti beſiegt unfere To⸗ 
beſsfuürcht, ſſur Th. Erlſung E35 f. 
a) er gernichtete die Vorurtheile ver id. Vorſtellun— 
gen vom Tode, die denfelben furchtbar machten, indem 
fie 4) denfelben als ein Werk eines befondern Geifteg, 
des Todegengels anfaben, weil er den M.fo lange . 
verflage, bis Gott ihm die Vollmacht gebe den M. zu 
tödten, 8) ihm die grasliche Geſtalt, daß er den M. 
Gift einbauche, die Seele aus f. Leibe reife. (daher die 
Verzuckungen) aaben, — und 7) fih. die Seele nad) 
dem Tode des Leibes an einen Öraufinserregenden, fin» 
fiern, freudeleeren ſtillen Drt, ohne Moglichkeit ſich 
des Mergangenen zu erinnern, dachten. Todesfurcht 
verbitterte den M. alfo ıhr ganzes Leben, Ebr, 2, 15. 
Beide Irrthuͤmer hob Jeſus Chriſtus durch ſ. Tod 
auf. Denn a. er farb unter ſolchen Umftänden, die 
es gewiß machten, daß fein Tod ——— die Wuͤrkung 
eines boͤſen Geiſtes ſeyn koͤnne; b. er ſtarb als ein 
Maͤrtyrer fuͤr die Wahrheit, insbeſondere aa) fuͤr den 
Glauben an Gottes Vorſehung, ohne deſſen Willen 
ſich nichts in der Welt ereignen koͤnne, in deren Haͤn— 
den zu ieder Zeit die M. find; bb) für die Wahrheit, 
daß boͤſe Seifter dem M. nicht fihaden koͤnnten, denn 
er trieb fit aus, Luc. 10, 18 d. 5b. ich bemerkte, wie 
dag Dorurtd., daß Gott einen Berfläger, den Feind 
der Menſchen dulde, ſich verlor; ce) für die Wahr— 
heit, daß man fih nur allen vor Gott fürchten 
muͤſſe. 

b) Er benahm das den Tod uͤberall begleitende Schreck— 
liche, nämlich aa) die Ungewißh. deſſen, mag ung 





T. 3 
Tod Jeſu, Mutzen des — —). 


nach dem Tode wiederfahren wird, denn IITim. 1, 10. 
Die Unſterblichk. der Seele glaubte man unter den 
Juden nicht allgemein; ſie war nur eine Meinung der 
Weiſen. Jeſus verwebte ſie mit der Rel.; ſie war vor 
ihm nur eine Vermuthung. Jeſus machte fie sur voͤl— 
ligen Gemißheit. bb) Er räumte weg die Beforgnif, 
wie e8 ung wegen unf. Sünden ergehen werde, Das 
durch, daß Gott allen, die ſich in der That beffern, 
auch ohne Dpfer und Vergüfung vergeben wolle. Er 
ſelbſt lehrte dieſes und ließ e8 durch die Ap. lehren: 

BD. daß, wenn wir der Sünde fierben u.ber Gerech— 
tigkeit leben, ſo ꝛc. 

6) Der Tod Jeſu Chriſti nahm der bisher bei 
den Juden berrfheuden Borftellung v. ber 
Gewalt des T** Die erfhredende Macht, 
Ebr. 2, 14. f..1r Ch. Erlsfung ll.7. ©. 337 f. 
Auch in derienigen Fuͤckficht fand dieſes katt, dag 
Jeſu Tod gerade die Tugend Jeſu im fchönften Licht 
Darftelite, ihm viele Anhänger erwarb, alfo das Reich 
der Umnfirtlichfeit fchmächte, dem M. Entlediguag von 
den Uebeln verhich, als deren lirheber die Juden den 
&**% zu beftachten pflegten; f. oben Teufel. 

zn Die Würffamfeit des Todes Jeſu iſt von ewiger 
Dauer. Nur einmal opferte ſich Jeſus auf, um eine 
ewige Erloͤſung zu ſtiften, Ebr. 12; 10 145 7, 
7,27. Die fann u. wird etwag die Rrafı des Todes 
Jeſu ſchwaͤchen u. vermindern. 

Kur duch V. 1. wird der Nutzen, welchen der Tod 
Jeſu hat, erreicht. 
Vgl. Schwarz über den Tod Jeſuff. Lpz. 1795. 3; 

im Anbange zum zten Abſchnitt: „von dem Nutzen d 
Todes Sefu für denfende Ehriften.“ 


Werth | 
Br 2: — f .r : 
eig Ewa Self ehrt 


Zum Theil erhellt der Werth u, die Wichtigk, des ꝛc. ſchon aus IM. 


dgl, Short. Bis d. neuefientheot, Litt. ir B. 785 
. ©. 467483. „Richtige. des Todes Jeſu.“ = 


Jeſu Tod ift merkwuͤrdig, lehrreich und uͤber alles 
ne: Diefe Rn ift für die Menfchbeit un: 


328 x 
Tod Jeſu, (Wichtigk. des — —). Ä 


ausfprechlich wichtig, welches daraus fich hervorgibt, 
weil fie, wo nicht eine Veranſtaltung, doc, eine Zu— 
laffung Gottes ift, weil der Zweck derfelben moralıfch 
nochwendig war, und meil fie fittliche Solgen bat. 
Was hat ie einen fo großen — allgemeinen Nutzen ges 
ſtiftet als der Tod Jeſu und feine Lehre?! Selbſt die 
Nücficht auf die Befchaffenheit der Perfon, die da 
ſtarb, fo wie auf die Abſicht berfelben ftellt die Wich— 
tiafeit f. Todes dar. 

I) Der Tod Jeſu Chrifti ift ein unläugbarer 
Beweis von der großen Liebe Gottes, Nom. 
5, 8. 10; Job. 3, 16, ſ. Er loͤſung, 1x Th. ©. 239. 
„Nichts ift gefchiefter ung von Gottes Liebe’ zu übers 
zeugen, als dieſe ſinnliche Thatſache, denn — der Tod 
Jeſu Chriſti, in ſo fern er ſo fruͤh und bei ſeiner Un— 
ſchuld erfolgte, war an ſich keine natuͤrliche und noth— 
wendige Begebenheit. Er gehörte aber zu dem goͤttl. 
Entwurf feiner Sendung, zu dem Gefchäfte, welches 
er unter den M. ausführen follte. Der Ausgang dies 
fe8 Todes beweißt, daß derfelbe zu der Abſicht der 
Vorſehung mit Jeſus Chriſtus gehoͤrt hat, und ſehr 
haͤufig wird im n. T. geſagt, daß Jefſus für uns 
geſtorben ſey, daß alfo fein Tod ung zu guf fomme. 
„Die ſelbſtſtaͤndige Weisheit beliebte, beabſichtete und 
heiligte ſeinen Tod. Man kann nur die verdienſtliche (?) 
Kraft deſſelben aus der Fuͤlle der goͤttlichen Heiligkeit 
ableiten.“*) Gott verſchonte feines eigenen Sohnes 





nicht, ſondern übergab ihn — den Geliebten — zu 
einem Mittel zur Nettung der M. und Befeligung der 
Sünder — zu unferm Beften — zur Erreichung der 


Cin II. angegebenen) Endzwecke, den fehmerzlichften 
Leiden und dem Kreuzestode. Iſt e8 nicht Gute, wenn 
Gott einem einzigen Unfchuldigen für eine ganze Welt 
aufopferte? menn er durch die Zodesangft eines Eins 
zigen Millionen Beruhigung gewährte, wenn er durd) 
die Aufopferung eines Gerechten fich eine Gemeinde 
erfaufte,. die fich von Sünden entledigt und ihm fich 
weihet? Sünder vom Verderben erretten, Unglückliche 
wieder glücklich machen — das ift der thatigfie Ers 





*) Tieftrunk Cenfur des proteſt. Lehrbegr. zr Ch. 





= 329 


Tod Jeſu, (Wichtigk. des — —), 


weis wahrer Liebe zu ung DM. und eines zärtlichen 
Mitleids. Aus diefen großen, zur Erlöfung der M. 
ale Sünder durch feinen Sohn gemachten Anftaiten 
zeigte es fich deutlich, wie ernfllich er an Hinmegfchaf- 
4 in des Boͤſen arbeiten und mie gern er dag Gute 
befördern wolle. Da Gott wußte, wie unglüclich der 
M. durd) die Herrſchaft der Suͤnde wuͤrde, ſo erhellt 
deutlich aus Jeſu Tode Gottes reinſte Menſchenliebe. 
Jeſus Ehriftus felbfi war ihm nicht zu theuer, fo 
lieb er Ihm auch war. 
Bol. Vaßmer' 8 Predigten, Hannov. 1800. Nr. 2. 
„Welsh. u. Güte Gottes im Tode Jeſu.“ 
2) Der Tod Jeſu Ehrifti ift cin unwider— 
fprechlicher Beweis v. der Größe der Liebe 
Sefu Chrifti, Rom. 5, 7; Seh. 15, 12+14; 10, 
12 u. 175 17, 19. (die Worte für euch beißen in 
diefen Stellen fo viel, ald: eu zum Beften). 
en opferte er fein Leben: zum Beſten der 
au 
a) Jeſus bewieß dadurch die groͤßte Liebe gegen Gott — 
feinen Vater, Joh. 14, 31; 18, 11. An feinem Tode 
folite die Melt Ben, daß er den Vater liebe, denn 
diefer ſah die Uebernahme feines Todes als eine Sache 
an, die Gott befchloffen hätte, und durch welche er Liebe 
gegen feinen Vater und Gottergebenheit beweifen wols 
le, Matth. 26, 39. Dadurch, daß er den Tod freis 
willig — aus Gehorfam gegen Gott — oder um ots 
tes Willen durch ſ. Tod zu erfuͤllen, erduldete, erhellet 
dieſe Liebe. Weil er dadurch Gott gehorchte, war ſein 
Tod Wille Gottes, oder das, was zur Abſicht Gottes 
gehoͤrte. | 
b) Jeſus äußerte durch feinen Tod die größte Liebe ges 
gen die M., IJoh. 3, 16. — aa) Dadurch, daß er 
um unferer Rettung willen freiwillig ftarb. 
Er äußerte dadurd) gar feinen Eigernuß und Chrgeiß; 
feine Nückficht auf eigene Vortheile; er fuchte feing v. 
allen den unfere Begierden reigenden Gütern, Matth. 
20, 28. Eben darin, daß allein die Vorfiellung des 
Weltbeften die bewegende Urfache war, Tiegt feine 
reine — freie Verdienftlichkeit. Geſetzt, Jeſus märe 
nur ein vorzüglich rechtfchaffuer und weiſer Menfchen> 
freund gewefen, hätte aus patriotifchem Triebe zum 






330 = 
Tod Jeſu, (Wichtigk. des — — 


Wohl ſeiner Mitbuͤrger und aus eigner zaͤrtlicher Nei⸗ 
gung zur Wahrheit und Tugend ſo viele Leiden uͤber— 
nommen und daruͤber endlich gar ſein Leben — 
ſo verdiente er ſchon deswegen als ein ſolcher unſere 
ganze Aufmerkſamkeit, Liebe und Achtung, weit 

als ieder andere rechtfchaffene Märtyrer der MWahrbeii 
| und Tugend! Da aber bb) Fefug um unfertwillen 
| 








fo vieles — ehe er am Kreuze d. h. auf die quaalvoll⸗ 
fte Art ſtarb, — gelitten bat, fo erfcheint f. Liebe 
+ noch großer. Geine Liebe fcheute feinen Aufwand an 
| Kräften und nicht die Aufoprerung des Kiebften. Je— 
ji ſu Tod war eine Folge der an ſich ſchon wohlthaͤtig⸗ 
ſten Thaͤtigkeit und ſeines raſtloſen Eifers fuͤrs Gute. 
Er hatte den Abergl. entwaffnet, die Heuchler entlarvt, 
dag Gefchafte einer allgem. Verbeſſ. und Erlsfung v. 
Irrthuͤmern und Laſtern ſehr nachdruͤcklich betrieben. 
Davon wußte er dag Ende vorher: Dennoch ließ er 
davon nicht ab. Er blieb ſtandhaft. Die Liebe ift 
groß, welche mit Schwierigkk. zu Fämpfen hat, und 
folche mit Nachdruck überwindet. Mit erößern Hin. 
derniffen hat nie eine Liebe zu fampfen gehabt, als 
dieienigen waren, welche bie Liebe Jeſus fand. Wie 
viel mußte er leiften, mie bie Unwiſſ. augrotten, wie 
der Wahrheit dag groͤßte Dpfer bringen, wenn mir er- 
loͤßt werden follten! Er brachte e8 willig durch feinen 
Tod. Die Herrfchaft des Laſters mußte geſchwaͤcht, 
ein fadellofes gutes Beifpiel gegeben und der Pflicht 
das heiligfte Opfer gebracht werden. Er brachte es 
willig. Er blieb mitten unter Lafterhaften heilig, er 
gab der faft erfiorbenen Menfchheit neues fittl. Keben. 
Er mußte mit den DVorurth. f. Freunde, mit der Fuͤhl— 
lofigfeit feiner Mitbürger, u. der Bosheit feiner Feinde, 
mit den Paften der Niedrigfeit und Arm., mit dem 
Hohngelächter leichtfinniger Spoͤtter, mit einem ſtets 
unruhigen muͤhvollen Leben, mit der Zudringlichkeit ſo 
vieler M. aller Art kaͤmpfen und am Ende dieſer dor— 
nichten, beſchwerlichen Laufbahn erblickte er einen Tod 
am Kreuze. Dieß alles aber machte ihn nicht einen 
Augenblick zweifeihaft. in dem, was er thun follte, er 
fämpfte — duldete und übernahm alles; feine Liebe 
gegen ung war alfo ſtaͤrker wie der Tod. Ungemein 
viel foftere ihm alfo die Unternehmung und Ausfüh- 








” a 
Tod Jeſu, (Wichtigk. des ——). 


rung feines Entwurfs zur allgemeinen Menfehenber 
gluͤckung. Wurde er auch das Opfer ſeines Eifers 
für Wahrh. und für Tugend, fo aͤußerte er doch big 
auf den legten Augenblick nicht die Fleinfte Spur von 
Unmutb und Neue. — cc) Sefus liebte, wie 
fein Sterblider en — er ſtarb fuͤr Suͤnder, 
Rom. 5, 6. (2te 9.) und V. 

Bel. Seller’8 Mas. f. mid. TXten B. 28 ©t. 
Siena 1900. gr. 3. Pr. 13. ©. 89:91: „Um des 
Guten willen wagt der Rechtſchaffene auch das Theuer⸗ 
ſte — * opfert es, ſobald es ſeyn muß, willig 
auf; Ammon's Predd. zur Befoͤrd. e. rein. 
moral. Ebrißene, 27 B. 1800. Nr. 4: „von db. edlen 
Entfehluffe Jeſu, den Tod für feine Mel. zu leiden,“ 
über Matth. 20, 19.20; Sinteni’s Poſtille, ır Th, 
Sir. 17. .18, 2003 über den Gang der Geele 
Sefirre ıc. 

dd) a wuͤrkl. Begruͤndung menſchl. Gluͤckſeligk. legt 
dieſe Liebe ganz dar, (Ebr. 5, 9; 1Theſſ. 5, 9. 10.) 
denn er wird eine Beranlaffung unferer Befferung und 
Tugend. - 

3) So wohl der Werth ber durh den Tod 
gern Chrifti begründeten hriftl. Rel. — 11. 

©. 111.) -mit allen ihren glücdlichen, bis auf 
rt fortgehenden, Folgen, als auch die große 
Beruhigung, welche derfelbe denen gewährt, welche 
wegen ihrer bereit8 begangenen Sünden felbft bei der 
angefangenen Bel. verlegen find, zeigt den hoben 
Werth des Todes Jeſu. 

Ueber 1-3. ſ. man Ammons chrifil. Rel.-Vortr. 
28 Baͤndch. Ar. 43 ‚rüber die beglückende Kraft des 
Todes Jeſu.“ 

4) Als Mufter sur Nachahmung. Jeſus zeigte 
ung in feinem Leiden und Sterben, wie auch wir alg 
Chriften leiden und fterben follen, LPetr. 2, 21:23. 
Kein fichreres und befferes DBeifpiel kann man deshalb 
auffinden und empfehlen als das Seinige, Don feinem 
M. kann manes beffer als von ihm lernen, ftandhaft die 
Wahrbeit zu lieben, männlichen Tugendfinn gu zeigen, 
edel gleichmuͤthig zu feyn gegen Seinde und fich gegen 
diefe und Verfolger fanft und verföhnlich zu beweifen, 
die rechte N in der Gelbfivertheidigung, dag 


332 a 
Tod Jeſu, Werth des — —). 


Findliche Auffchauen zu Gott, das unerfchütterl. Ver- 
frauen auf feine Zufagen, die Unerſchrockenheit vor 
bem Tode und dag Feſthalten des Gedanfens an ein 
ewiges Eeben. Nichts Fann ung die Leiden fo ver- 
füßen und den Tod fo erträglich machen, alg diefe v. 
Jeſu erlernte Sefinnung Denn a) Jeſus fuhte 
feinen Tod nicht. Er dränste fich zu demfelben 
nicht, um dadurch wohlthätige Wuͤrkungen hervorzu— 
bringen — und göftl. Abfichten zu erreichen. Gott 
machte nicht durch feinen ewigen Nathfehluß die Hin- 
richtung Sefu zur nothmwendigen und einigen Bedin— 
gung, unter welcher die (in II. angegebenen) Zwecke 
erreiche werden fonnten. Denn Gott kann nicht noth- 
wendige und ewige Moralgefege aufheben und die Hin- 
richtung Jeſu wird im n. Teſt. als eine g:oße firaf: 
wirdige Sünde der Juden vorgeflelt. Gie war kei— 
nesweges eine Folge eines angebl. nöthigenden, fchlecht: 
weg nothwendigen Matbfchluffes Gottes. Gott reichte 
vielmehr theils Jeſu den Leidengfelh dar, er wieß 
ihn nicht von ſich und fo sefchah Gottes Wille. Jeſu 
Tod war Gehorfam gegen Gott. Theilg fühlte Ses 
ſus in fich den goͤttl. Beruf, eine ſittl. Umwaͤlzung, 
die auf Vaterland und Welt gehen follte, zu bewuͤr— 
fen, ein Reich Gottes auf Erden, eine ewig dauernde 
Geſellſch. wahrer Gottesverehrer zu fliften. Er fah 
dieſes mit Recht an alg einen goͤttl. Auftrag, wovou 
er auf feine Weife abweichen, und zu deſſen Ausfuͤh— 
rung er Alles wagen müßte, f. oben IL 3. ©. 302 ff. 
b) Sefus farb freiwillig, Gohb. 10, 17. 28. 
Er führte mir Großmuth u. Liebe gegen ung Gottes 
Willen aug, denn er dachte: ich handle edel und groß, 
ich thue das befte Werk, welches ie möglich gemefen 
ift. Dei der Laſt, melche ich auf fein Geheiß übers 
nommen, wenn ich fie frage, muß ich ihm mwohlgefal- 
len. oh. 15, 17. Wie wohl er feinen Tod vorher 
fahe, fo unterbrach er doch feine Gefchäfte nicht. Als 
iene ungewöhnliche Beangfligung (Matth. 26, 38-45) 
vorüber war, ging er vol Muth und Standhaftigf., 
mit ſtiller Größe, mit männlicher Entfchloffenheit und 
wohlbedächtig dem herannahenden Verraͤther Judas 
von Karioth entgegen, Xuc. 19, 31. Großmuͤthig fagte 
er zu der Schaar ꝛc. Gelaffen blich er bei feiner Ge⸗ 


| T. 333 
Tod Kefu, (Anwend. der Lehre vom — —). 


fangennehmung, Berfpottung und Berurtheilung zum 
Tode, gerade fo, als man Ef. 53, 7 liefl. Er vers 
ſtummte, außer daß er £uc. 23, 34 ff. und daß er dem 
Miffethäter zu sc. Die Worte Matth. 27, 46 (leste 
9.) d.5. fo weit der Bosh. meiner Feinde uberlaffen— 
find niche Worte der Zaghaftigkeit, fondern der Be— 
wunderung der außerordentl. Wege Gottes und feiner 
unendl. Menfchenliebe. Bon gänzlicher Verlaffung iſt 
nicht die Rede. Die Worte Luc. 23, 46 zeigen von- 
der Gemuͤthsruhe Jeſu, Die er in feinen Leiden bes 
hielt. Bgl. oben Th. I. den Ark. Leiden Jeſu. 
©. Zollifvfers Predd. nad) f. Tode ff. Ir B. 
Nr. 19. 20, ©. 202 ff. Die Feyer des Todes Jeſu; 
©. 206 f.: der Tod Jeſu ein Mufter und Vorbild . 
des Todes feiner DVerehrer; Dr. Reinhbard’S 1797 
gehalt. Predd. Sulzb. 1798. ©. 100-119, deſſelben 
1793 gehaltene Predd. ebend. 1799. Pr. 7. ©. 119: 
137: „über die ftille Größe, womit Jeſus infalten 
zu ſ. Tode traf, über Ev. am ©. Eſtomihi; desal. 
Sr. 12. ©. 220:234: „dag Verb. Jeſu beim fchnelen 
Gange f. legten Schickſale.“ — | 


V. Unwendung vom Tode Jeſu. 


ı) Sefu Tod fordert ung (wegen IV. 1. 2.) gur 
Danfbarf. gegen Gott m Kefus, zur ernfl. 
Gegenliebe gegen beide auf. ag erfordert 
mebr unfere Erkenntlichk. als die Veranſtaͤltung eines 
fo wichtigen Zugendmittels?! Mag ermuntert ung 
mehr zum Danf als die Bemerfung, daß die wohl: 
thatigen Folgen des Todes Jeſu noc, fortwähren? 
Eph. 1, 3 f.; Col. 1, 3 leiter Paulus folgende geift 
liche Güter aus der Erlsfung durch den Tod Jeſu 
ber, daß Ehriften zur Erfenntniß der wehren Mel. ge— 
langt find u. ietzt eine volligere Erfenntniß des gottl. 
Willens in allerlei Weisheit u. Einſicht erhalten koͤn— 
nen, daß fie flarfe Bewegungsgründe haben, ein beili- 
ges — unfträfliches und Gott gefälligesfeben zu füh- 
ren; endlich daß fie die Hoffnung der Suͤndenver— 
zeihung befisen und zur Fünftigen ewigen Seligkeit 
fähig gemacht werden. Diefe Srüchte dauern noch 
fort. Noch ergieße ſich der Segen diefer großen Ver— 
anfaltung uber den größten Theil des Menfchenge- 


334 | N... 
Tod Jeſu, (Anwend. der Lehre vom — —). 


ſchlechts und auch über und. Das uns icht noch 
fcheinende Licht der Erf. verbanfen wir ihm. Die un: 
ter den Chriſten noch vorhandene und für ung ausuͤb— 
bare Tugend fließt aus diefer Duelle. Unſere Beru— 
bigung beim Gefühl unferer fündlihen Schwachheit, 
unſer Troſt in Leiden, unfere Hoffnung in der Nähe 
des Todes und der Ewigk. — alle diefe Vortheile find 
Wohlthaten des Todes — der Erlöf. Jeſu Ehrifti. 
Ylfo auch an ung hat Gott gedacht, indem er Sefum 
ferben ließ. Preiſen müflen wir den Vater unfers 
Heren, wenn wir legtern ehren. Laßt uns ibm de 
weiſe unferer Eiebe und Dankbarkeit darbringen und 
ung als muthige — thätige DBefenner ſeines Namens 
beweifen. — Was Sefum betrifft, jo muß feine gegen 
ung in feinem Tode bewiefene Liebe unfere Hochadh- 
tung gegen f. Perfon vermehren, ın uns Empfindb.- 
der Gegenliebe und Danfbarfeit hervorbringen, unfern 
Gehorſam defto freiwilliger und thötiger machen, uns 
mit der reinften Liebe an ihn binden, und dadurch 
Gottes erfte Hauptabficht befördern. Wie fann man 
eine Sreundfchaft, welche fo viel arbeitet und duldet, 
aufnerffam betrachten, ohne etwas von Mitleid und 
Danfbarf. zu empfinden? 
2) Man faffe, da Jeſus Chriſtus geftorben. 
ift, feſtes Vertrauen gu Gott und beruhige 
fi feines Todes wegen, Rom. 5,9. 10; %, 
31-39; fo gewiß als Jeſus geflorben ift, fo gewiß ift 
ihm die Befferung des reuigen Sünderg angenehm, u. 
fo gewiß firaft er nicht außerordentlich die bereits be> 
gangenen Sünden. Da Gott der verirrten und la- 
ftechaften Welt die Wohlthat erwieß, fie durch Ver— 
anftaltung eines durch die Todesart und Auferfiehung 
verherrlichten Lehrers zu erleuchten, zu beffern u. dabei 
von der Sündenvergebung und Fünftigen Eeligkeit zu 
verſichern: mie dürften wir wohl bei der Befolgung 
der goͤttl. Abficht und bei dem Beſtreben u. der Beſſ. 
und Heiligung an der gottl. Verficherung zweifeln ? 
Der veuige Sünder fehe deshab Jeſu Leiden und fei» 
ren fo fihmershaften Tod gleichfam als für ihn er- 
duldet und ausgefianden an, und berubige fich dabei, 
wie ehemals die Ehriften zu den Zeiten der Apoſtel, 
nur muß er zufolge der Lehre Jeſu feine fundliche 


2. N Mi 
Tod Sefu, (Anmwend. der Lehre vom — —). 


Gemuͤths- und Handlungsart mit einer beffern ver 
mwechfeln. 
3) Der Tod Tefu CHrifti bewege uns, daß 
wir ung beffern und in der Tugend wahren 
Fleiß beweifen, Eph. 5, 25:27; HI Kor. 5, 15; 
Nom. 6, 10-125 14, 8. 9; Eph. 4, 32; Til. 2, 14; 
Ifor. 6, 20. *) Dffenbar zeigen diefe Stellen, daB 
der Tod Jeſu Ehrifti einen willigen Gehorfam gegen 
alle goͤttl. Borfehriften, den aufeiöptigiten Abſcheu vor 
allen und ieden Eünden in uns und eine erluchtete 
Sıommigfeit begründen fol. Immer freudiger und 
williger fol unfer Öchorfam, unfer Eifer im Guten ims 
mer lebendiger, und unfere Srommigfeit immer. lauterer 
und unanſtoͤßiger werden, welche wir unfer ganzes Le— 
ben hindurch an den Zag legen fellen. Unfere Beff. 
muß vorangehn, um fich der beilfamen Sol 
gen des Todes Sefu zu verfihern Wer 
diefe nicht mit ſich felbft vornimmt, für 
den ift Sefus Chriſtus niche gefforben, 
d. h. der fann die Berubigung der Gnade Gottes um 
des Todes Jeſu Chriſti willen bei f.iner Schlerhaftigf. 
nicht haben. Für ihn ift der Tod Sefu Eine Gna— 
denwohlthat, fo wie ihm der bioffe Glaube auch 
nichts Helfen Fann, der erft nach der unerlaßlichen 
Dedingung der Beſſ. ein bloßes Mittel ift, ſich 
diefer Gnadenwohlthat zu verfichern Ohne 
Werke ift.der Glaube tod. Sobald der Zuftand der 
Gottgefälligfeit aus irgend einer andern Urfache erfols 
gen koͤnnte, als aus dem Nechtoerhalten, SER 
aus der Deob. des goͤttlichen — oder des Sittenge— 
ſetzes, ſo ſinkt die Heiligkeit Gottes und das Sitten⸗ 
geſetz dahin. 
a) Welche Kuͤhrung iſt auch kraͤftiger als dieienige, 
welche der Tod Jeſus Chriſtus gibt! Jeſu Sterben 


*) Möchte, man doch nicht mehr — (wie De Em aid in > 
Schrift: Bedarf der M. Vergeb. der Sünden? 
13802, 8.) lehren, daß die Beſſerung nicht die Beſſe— 
zung — nicht Urſache der Vergeb, der Sunde fen! Dieß 
— Unſi Alle wenigſtens zur Traͤgheit im 

sten! | 








Tod Kefu, (Anwend. der Lehre vom ——). 


hat, wie fein Leiden, eine fo hohe ſittliche Echönbeit, 
daß derienige außerft roh ſeyn muͤßte, auf welchen ſie 
keinen Eindruck machte. In der Erwaͤgung von IV. 
124. liegen fo viele Beweggruͤnde, unſer Herz auf eine 
gründliche und edle Art zu beſſern, Daß derienige ff. 
Wer die Leiden Jeſu Chrifti erwägt, wer überhaupt 
Die großen Anfialten bedenft, welche Gott — blos ung 
von Sünden zu befreien, gemacht hat, wird gewiß weit 
ftärfer die : Abſcheulichk. der Sünde fühlen, fich tiefer 
vor Gott demücbigen und piel ernftlicher die goͤttl. 
Erbarmung fuchen und hoffen. Wir hätten gewiß ein 
verhärtetes gefuͤhlloſes Herz, wenn nicht Jeſu auſ—⸗ 
ferordentlihe großmuͤthige Liebe uns ruͤhrte. Die 
Erinnerung an die orte unferer Eltern oder eines 
weifen Mannes macht ia ſchon fo vielen Eindruck auf 
und, daß wir unferer Neigung zuwider lieber ihren 
Math befolgen, weil wir überzeugt find, daß fie immer 
zum Beſten .gerathen haben. Der Sedanfe alfo an den, 
der, um feiner Einladung zur Tugend Nachdruc zu ges 
ben, und uns den Ernft feiner Liebe darzulegen, ben 
ſchrecklichſten Zod ausſteht — muß alfo noch einmal 
fo viel Stärfe haben. 
In Jeſu Tod findet ver Chriſt die eigentliche Belehrung Aber daß, 
was Gott fordert, Gott über alles zu lieben, wie Chriftus ihn 
liebte und Gott über alles gehorfem zu feyn. 


b) Wag ift Liebe, was ift Sreundfchaft, welche nichts 
erwiedert? Aus Dankbarkeit gegen den, welcher fein 

Reben für uns M. aufopferfe, (Joh. 15, 12-14) muß 
man die Regel auguben, die er uns als Vorſchrift eis 
nes guten und Gottgefälligen Verhaltens befannt ges 
macht hat. — 


c) Ohnfireitig bedarf der M. der Verſicherung der Ber» 
gebung feiner begangenen Sünden. Er bedarf eg alfo 
aud) vom Elend der Sünden frei zu werden. Die 
Sünde macht alfo M. elend — unglüdlid — mithin 
ift die Sünde forgfältig als etwag Schädliches zu 
meiden. Wie fehr fehaden fich die, welche dieſes nicht 
hun! Gie rennen unaufhaltfam in ihr Verderben. 
Schon hier fühlen fie die traurigen Folgen des Las 
ſters. Sind fie auch Außerlich heiter, fo peinigeu Ar 


u) 


2. 337 
Tod Jeſu, (Anwend. der Lehre vom — —), 


doch innere Vorwuͤrfe. Se länger fie ff. deſto ſchreck— 
licher wird ıhr Elend. | | 

d) Nie erwähnen die Ap. der tröftenden DVerficherun- 
gen aus dem Tode Jeſu Chriſti, oder fie ermahnen 
iedesmal zur Befolgung feiner Lehre, zur Ablegung al- 
les fündlichen Wefens, zur Thaͤtigk. ın der Hetligung 
und zum Wandeln im Licht, d. h. zu einem Betra— 
gen ff. Nur der reuige Sohn, welcher feine Vergehun— 
gen erkennt und verabfchenf, und zu feinem Vater zu» 
rücfehrt, wird mit offnen Armen aufgenommen. Nur 
dann, | - | | 

aa) wenn wir durdy Glauben an den Tod Jeſu Chrifti 
an demfelben Theil nehmen, d. h. wenn wir an dag 
feit glauben, wag durch den Tod Jeſu Chrifti darges 
fiellt und verfichere wird, und was Jeſus und die Ap. 
oft gelehrt haben, nämlich an Gottes Gerechtigf., aber 
auch an feine Guie glauben und an dag, mag das 
mit verfnäpft iſt; — nur dann, wenn wir 

bb) Zutrauen zu Gottes Güte faffen (Nom. 3, 25), u. 
nur dann, wenn mir | 
cc) nach Jeſu Lehre ung ernftlich der Tugend befleiffi- 
gen, wird ung der Nugen feines Todes zu Theil. 
Dann erreichen wir dieAbfichten deffelben. Denn auch 
als ein Opfer betrachtet, fol fich der M. von der 
Sünde frei machen; f. oben. 

Einftimmig lehren die Up., daß nur derienige fich 

der Wohlehat des Wohlgefalleng Gottes durch Chri- 
ſtum erfreuen Eönne, welcher Chriftus Geift und Sinn 
annehme, und in f. Zußftapfen trete. Nach der uͤber— 
einftimmenden Lehre der Propheten des a. Teft., Jeſu 
und der Up. verfchafft die aufrichtige Def. dem M. 
die Vergeb. der Sünde wieder. Somohl iene als diefe 
fprehen den Opfern alle Kraft ab, an und für fich 
den M. Berged. der Sünde und Gottes Wohigefailen 
su verfchaffen. Nicht am Opfer, fondern an der guten 
Gefinnung, die durch das Opfer erweckt und bezeugt 
werden ſollte, hatte Soft nach der Lehre des a. und 
des n. Teſt. fein Wohlgefallen; alfo ꝛc. Nur derie= 
nige Fann in Sefu Tod Beruhigung finden, welcher 
unfchuldig und fromm zu feyn — zu leben u. zu wer— 
den ſtrebt, wie es Jeſus Ehriftus war; denn der 
Glaube an Jeſus Geift if die Hauptſache 
Ehrifit, GI. Lehre f.d. Canzelgebr. 3 Th. P)) 





338 | ©. 
* Jeſu, (Anwend. der Lehre vom — 


beim Tode deſſelben, Ebr. 9, 14. Dann wird 
unfer Gemwiffen gereinigt, dann find wir verficherf, daß 
Gott nicht mebr an ung Mißfallen habe, dann find 
fir wuͤrdige Verehrer Goftes und Jeſu, menn wie 
Jeſu Geſinnungen annehmen und — wie er dem zeit— 
lichen Leben ſtarb — der Sünde abſterben und für die 
ee aufleben, Nom. 6, 10. 11. verglichen mie 
erg 
AD: Lehre vom Tode Jefu Chriſti darf 
— nicht ſicher bei Rn Sünden u. side 
träge in der firtl. Vervollf. machen. Sie 
hebt Neue über Die Sünde u. ſ. f. nicht auf. Zu viele 
halten fich wegen des Todes des Heiligfien auf Erden 
mit Gott verfohnt un. beſtaͤrken ſich ſchaͤndlich in ihrer 
| Nachlaͤßigkeit, auch ſo zu leben, wie Jeſus. Sie glau— 
ben, Jeſu Tod mache den Fleiß in der Tugend vollig 
unnoͤthig. Es ſey faſt einerlei, ob man viel oder we— 
nig Gutes else babe. Man höre noch häufig die 
Redensart: ich getröfte mich meines Heilan— 
des! ich verlaffe mich auf ihn, denn das 
Blut Jeſu Chriſti macht mich ia rein ff. wenn 
man gleich bei diefer Stelle nicht denkt, wer fich rein 
machen fole? Man wähnt, vaß man nur glauben 
und fich Jeſu Verdienſt zueignen müffe. 
Auf's Thun komme nichts an. „Daß diefe Irrthuͤmer 
noch berrfchen, erbellt aus dem beftändig für rathfam 
gehaltenen Auffehub der Beſſerung. Man glaubt, daß, 
wenn man in den legten Lebensaugenblicken fich feiner 
Erlöfung getröfte, fo koͤnne ung die Seligkeit nicht 
fehlen. 

Diefen gefährt. Irrthum — — thatenloſen Glauben muͤſſen Rel.⸗ 
Lehrer auf alle Weiſe im Volksunterricht beſtreiten. Sie muͤſ— 
ſen zeigen, wie die Wuͤrkſamk. des Todes Jeſu abhange von 
des M. ganzen Geſinnungen und wie er ſein En ein: 
richte, 


Wie deutlich find die Stellen Gal. 2, 17; Nom. 6, 
15; Tit. 2, 11-14; IlRor. 5, 15, deggl. 3-10; Ebr. 
9, 14; 1 Joh. I, 7. 21. gegen iene falfche —5 — 
gen! Für den, welcher ein Sklave f. Laſter bleibe, iſt 
ia fein ff. Ebr. 10, 26; 9, 12. Die Apoftel haben 
nie ihre Leſer mie diefer Lehre blos zu troͤſten und zu 
beruhigen gefucht, fie haben ihnen nie eine blog auf 


T. 339 
Tod Jeſu, (Anwend. der Lehre dom — —). 


Jeſu Verdienſt ſich ſteifende und in ſeinen Wunden 
ruhende Sicherheit vor den goͤttl. Straͤfen zugeſagt, 
fondern fie dringen dabei immer auf unfere Beff’rung. 
Sie fordern immer zuvor Ginnesänderung und Reue, 
ehe fie Sündenvergebung zuſichern, Luc. 24, 47; Up. 
G. 2, 38 u. a. Sie leiten aus diefer Lehre die drin— 
gendften Beweggründe zur Tugend her und begegnen 
ernftlich allem Mißbrauch derfelben, 3. B. Rom. 5, 1. 
Sie befrachten Jeſu Tod als ein Verdienſt, wodurch 
er das großte Recht auf unfer Herg und unfern uns 
befchranften Gehorfam erlangt habe, als ein Mittel, 
wodurch er ung vom Sündigen u.von der Verbindlich 
feit des mofaifchen Gef. erloͤſt und unter feine Ober— 
herrfchaft, in den Zuffand, wo wir nur ihm leben fol 
len, verfeßt hat, IlSor. 5, 15; Ti. 2, 14; Ifor. 
335 Rum. 6,7. 85 Gal 3,45 -1Petr. 2, 
21:24. So wenig unfer Gemüth recht gebeffert wer— 
ben Fann, wenn es nicht wahrhaftig beruhigt und da— 
durch mit Zuneigung und Vertr. zu Gott erfüllt wird, 
fo wenig fann in demfelben eine gruͤnoliche — fefte u. 
dauerhafte Beruhigung entftehen, fo lange es noch un— 
redlich mit fich felbft verfähre und hinter der Lehre 
vom Zode Sefu Schuß für feine geheime Sündenliebe 

fucht.- | 
E83 ift ung möglich die reinften Gefinnungen zw 
faffen und über den Seind unſrer Tugend u. Ruhe — 
Unmiffenheit und Sinnlichkeit zu ſiegen. — Nur 
mäffen wir unfere Bemühung ım Guten fo lange, als 
wir in einzelnen Salen handeln follen, d. h. durch die 
“ganze Lebensdauer, nicht aufboren laffen. Denn faft 
jeder einzelne Fall, in welchen gehandelt werden fol, 
fordert, (wenn er nicht zu bekannt, oder für das fittl. 
Gefühl emporend if) neue Ueberlegung und neue Ser- 
figfeit. Hier niche zu irren, wenn man den Irrthum 
vermeiden kann, — bier nicht der Sinnlichkeit unters 
zuliegen, wenn man ihr zu widerſtehen Kraft hat, das 
iſt die Tugend des Chriften. Wenn denn der Gewif: 
fenbafte, der unerſchuͤtterlich Recht und Tugend liebe 
und befimsslichft übt, dennoch in einzelnen Faͤllen 
febit; ſo find feine Vergehungen nicht Sünden eines 
böfen Herzens, fondern des Irrth. und der Weberei: 
lung. Fehlt er auch aus Schwachh., fo bereich doch 

| | ; 2 


= 


340 a | 
Tod Jeſu, (Anmwend. der. Lehre vom — —). 


nicht in ihm die Sünde So groß auch diefe Ver: 
gehungen feyn konnen, und fo fehmershaft die darüber 
empfundene Reue iſt: fo wird ihn doch dag Gefühl — 
welches un fo lebendiger iſt, ie mehr er's bereut — 
daß er den Irrthum vermeiden oder der Sinnlichkeit 
widerſtehn Fonnte, auch bei der ſchmerzhafteſten Em— 
pfindung — vor Muthlofigfeit und Verzweifelung bes 


wehren; — er erneuert feinen Vorſatz nach richti— 
ger Einſicht und mit forgfältigerer Ueberlegung zu 
handeln. 


Man ſchiebe doch ia nicht die Beſſ. auf. Man 

denfe nicht, daß es immer noch Zeit, ſey, die Bedin⸗ 
gungen zu erfuͤllen, an welche die Suͤndenvergebung 
gebunden iſt. 
Geliebte Bruͤder! die ihr mit mir Jeſum den Serrenzigten predigt, 
laßt uns doch nie die Lehre vom Tode Jeſu fo Vortragen, daß 
Jeſu Verfühnungstod allein ohne Bel, und Frömmigkeit uns 
Gottes Wohlwollen und Beruhigung verfchaffe. Ganz vorzügs 
lich laßt uns doc) dem leicht möglichen Mißverfiand von JJoh. 
1, 7 Cam Ende) und Ebr. 9, 4, ald ob der Tod Tefu an und 
für fi) u. ohne unfere Bemühung uns entfündige, vorbauen; 
f. Exeget. Handb, des n. Teſt. ıztes St. ©. 10. 115 
Semleri paraphr. in primam Joann, epift, p. 100 fq. Eben fo 
laßt ung zeigen, daß die Nevdensart: durch Jeſu Wunden 
heil werden, fo viel heiße, als dur Jeſu Tod beruhigt 
und zur Befferung bewogen und glücklich werden. 


Dol. Mag. f. Pred. 7rTh. Nr. 29. ©. 296-301: 
„Jeſu Hinrichtung ift ein flarfer Beweggrund, uns zu 
beſſern.“ 

4) Der Chriſt ſey des Todes Jeſu Chriſti 
wegen ſtandhaft in der Tugend und handle 
auch in den bedenflichfien Umftänden und Berlegen- 
heiten unverbrüchlich vechtfchaffen. Denn Gefus hätte 
ſich leicht allen Leiden entziehn können, (f. ar Th. ©. 
238. Anmm.) wenn er nur hätte heucheln oder ein nie— 
driges Mittel ergreifen oder feine Lehre wiederrufen, 
die Wahrheit verfihweigen, die Pharifäer nicht als 
Heuchler ꝛc. darſtellen wollen; allein er war maͤnnlich 
und unerſchuͤttert, entſchloſſen und muthig, um uns 
glücklich zu machen, nicht um ſich Glück zu verſchaffen, 
Güter zu erwerben 2c. (f. oben ar 4 ©. 295 f.) 

5) Der Chriſt leide, fo wie Jeſus die quaalvolliten 
Todesſchmerzen litt, alles son ber und mit 


Br: } | 341 
Tod Jeſu, (Anwend. der Lehre vom — —). 


Gofttunterwerfung; er erfrage, wie er, gelaffen 
das Unrecht, und dulde willig um Wahrheit und Zus 
gend willen allerlei Leiden, felbit auch den Tod. Ges 
laffen blieb Jeſus bei feiner Berurtheilung zum Tode. 
Du kannſt, o Chriſt, um fo ruhiger in deiner Krankheit 

ſeyn, da du unter Verpflegung, Zufpruch u. Gebrauch 

der Arzeneien flirbfi und bald das Ende abfiehit; nicht 
fo Sefug, der ff. 

6 Lerne von dem für uns fierbenden Jeſus 
gu.Per Seelengröße zu gelangen, daß du 
Din, wenn es das Beſte Anderer en: 
dich für baffelbe auforferft. ISoh. 3, Laß 
Eigennutz — Trägheit, — Weichlichkeit — the. 
figkeit fahren, hege feinen übertriebenen Abſcheu gegen 
Schmerz u. Leiden, hege Feine zu heiße Begierden nach 
Genuß, ferne genagfam und großmüthig feyn. Opfre 
dich Andern auf, und zwar 


a) Durch Berufstreue Wäre Jeſus weniger darin 

- treu, weniger aufrichtig in DBeffrafung der Laſter, tes 
iger thatig in Beſeligung der M. durch Wahrheit ꝛc. 
geweſen: ſo wuͤrde er nie hingerichtet worden ſeyn. 
Allein ihm war die Pflicht und — Menſchenwohl das 
theuerſte. — 


b) Durch ernſtliche Befoͤrderung der menſchlichen Wohl— 
fahrt aus allen unſern Kraͤften gleich dem Lichte, das 
durch das Leuchten verzehrt wird. Das Wohl unſerer 
Mitmenfchen müffen wir ung befonders angelegen feyn 
laffen, zumal da, wo e8 unfer Beruf mit fich bringt, 
‚Feine Beſchwerden, Leiden, Gefahren 2c. zu feheuen, u. 
felbft mit eigener Aufopferung feine Brüder zu retten, 
1505. 3, 16. 17. Sohannegs verlangt bier dadurch, 
daß wir das Leben ff. nicht zu viel, denn um darzu— 
hun, daß wir wie er gefinnet find und ihm angeho- 
ven, muͤſſen wir gegen unfere Mitmenfchen und gegen 
das Vaterland eben fo Handeln, als er. Linfere Mit- 
bürger fiehen mit uns zunaͤchſt in Verbindung. Durch 
Befchaftigungen fürs Gemeindefte, durch ein ermun- 
ferndeg Beifpiel werde Andern nüglich. Weg deshalb 
mit der Engherzigfeit, daß ung nicht der etwaige frau: 
rige Zuftand unfers Vaterlandes zu Herzen gebe, daß 
man feinen Vortheil auf Unkoſten des allgemeinen Be⸗ 





342 zT | 
Tod des M,, Cift er eine Strafed. Sünde Adams?) 


fien befordere, daß man blos das Wohl u. den Glanz 
ferner Samilie zum Zweck habe, nur immer die Seini- 
gen vorziehe, mag auch Andern dabei Unrecht gefchehn, 
daß man fid) partheiiſch blos derer annehme, die fich 
zu unferer Kl. - Dartbei halten und gegen Andere uns 
gerecht und lieblos fey, daß man nur gegen feines 
Gleichen billig, und dagegen mit Verachtung auf Nie— 
drigere herabfieht. Dein, unfer Wohlmollen und un- 
fere Liebe und Eintracht fey allgemein. Sefus flarb 
ia für alle Menfchen. 

Hal. Keinhard’g 4797 gehaltene Predd. Sulzb. 
1798. ©. 119. 2er Theil. 

Ueberh. fehe man H. Blair’s Predigten ır Th. 
Nr. 5. über Chriſti Tod, über Soh. 17, I; Ecker⸗ 
mann's chriftl. 5 Seffandachten, Alt. 1797. 8. Nr. 13. 
©. 193: 215; ‚über den Tod Jeſu.“ — — 


Tod des Menſchen. 


Das Wort Tod bedeutet in der h. Schrift, beſonders im n. Teſt., 
nach einem gewoͤhnl. Sprachgebr. der Morgenlaͤnder, oft nichts 


anders als — SElend und zwar einen hohen Grad des Elen— 
des. — Vergl. Mori comm. exeg. hiſt. in epit. T. JI. 
pag. 407 fq. 


Die Untert, der Frage: ift der Tod (as Sterben) des M. als 
eine Strafe de3 fogenannten Sündenfalls der 
Stammeltern des M—geſchlechts anzufehen? 9 
ift nicht für die Canzel geeignet, allein zur gelegentlich mitzu— 
theilenden Berichtigung derer, die den Tod als ein Uebel anſe— 
ben umd ihn fürchten, ift doch folgendes zu zeigen, 


Zwar der Tod, wie er gegenwärtig befchaffen ift, 
ift nach unferer Sinnlichkeit als das großte Elend Die- 
ſes Lebens anzufehen. Deshalb hielt ihn Paulug 
I for. 15, 26 für den legten zu befiegenden Feind. 
Der M. liebt von Natur dag Leben, felbft wenn er 
noch fo viel leidet. Er Hält es, falls er auch in 
Stunden des Schmerzes und der Traurigfeit anders: _ 
ſpricht, für eine Wohlfahrt und fürchtee fich vor dem 
Ende deſſelben. Ihn fehauert vor der Trennung von 








2) Dergl. Reinhard’g Borlefungen über die Tel ©. 
652: 657. 


| 2 343 
Tod des M., cift feine Solge v. Adams Sünde.) 


feinem Koͤrper, der für ihn ein freuer Gefährte lange 
Zeit durch war, vor der Trennung von den ihn umge— 
benden fihtbaren Dingen und allem dem, mag ihm 
lieb if. Das Grauen des Grabes und dag Dunkel 
der Zukunft erhöht dieſen finnlichen Abfchen. Eben 
Deshalb nannte man auch) alles Elend, ieden unange— 
nehmen Zufiand, befonders das Elend des GSünders 
d. h. die Laſt feiner Vergehungen — Tod, Eph. 


Di. 
Allein man muß doch den Tod 
1) als ein nothwendiges Naturgeſetz ieder thieriſchen 
RNatur und ais dag nothiwendige — und einzige wohl— 
Ä — Mittel zu unſerer weitern Entwickelung vor- 
len... 2, 
2) Durch die angenehmen Bilder und Vergleichungen 
des Todes mit dem Schlaf, Dingange (Phil. 
I 14) Heimgange zu Gott und Jeſus, Rube, 
Defreiung von allen Erbenübeln kann und foll man 
fih den Tod von feiner guten Seite vorftelen; ſ. 
chriſtl. Moral f. d. Canzelgebr. d. Art. Tod. 1. 
Ar 5. 5ten Sh. ıfle Abth. ©. 434 f. 
3) Man muß den Tod, auch der Stelle Nom. 5, 12 
ohngeachtet, nicht als die Folge u. Strafe der Sünde 
anfehen, die von Adam und Eva auf alle M. nberges 
gangen ſey; denn 
a) es würden die M., falls fie auch nicht gefündigt, 
jondern im Stande der Unſchuld beharres hatten, nicht 
immer auf Erden ihr Leben fortaefekt haben. Am 
Ende hätten fie, falls fie auch Gott in eine andere 
Gegend des Himmels verfegt hätte, doch eine Ummandf. 
ihres nur für die Erde eingerichteten Lei— 
bes erfahren muͤſſen. Die ganze Anlage des Koͤrpers 
iſt auf Zerficrung gemacht. Der Tod iſt eine noth— 
wendige Solge der Einrichtung unferer endlichen Na— 
tur. Denn der menfchliche Leib war und ift aus fo 
vielen, uͤberdieß meiftens weichen und zarten u. leicht — 
alfo auch im Stande der Unfihuld theils toblih zu 
verletzenden, theils an fich zerftörbaren Theilen kunſt— 
vol zufammengefige. Er ift auch von der Art, daß 
summer Theile abgefondert und duch) Nahrungsmittel 
wieder erfegt werden, in dem alfo eine ſtete Veraͤnde— 
rung vorgeht, dem eine ewige Dauer, Die feldft bei haͤrtern 





344 — 
Tod des M., (iſt er e. Strafe für die ©, Adams?) 
und weniger zufammengefegten Korpern nicht ſtatt 
findet, unmoͤglich zukommen, und daß nichts dag Ab— 
nugen der Werkzeuge, das Veraltern der Gefäße und 
die immer sunehmende, Unbrauchbarfeit abwenden, 
und nichtg di Wuͤrkungen aͤußerer Gewaltthaͤtigkeiten, 
der Kaͤlte und Hitze, des Waſſers und des Feuers, der 
fallenden und ſtuͤrzenden Körper um ung ber aufhal⸗ 
ten oder unfchädlichb machen fann. Er würde nicht 
dem Einfluß der ihn umgebenden Natur, der Abnutzung 
und Schwächung feiner Theile in der Länge widerſte— 
ben fönnen. Eine zu große Bevslferung der Erde 
durch die fortgehende Fortpflanzung der Menschen 
machte auch ein Verſchwinden von der Erde noth— 
wendig. 

b) Es ift Höchft unwahrſcheinlich, daß die freye Denk— 

kraft an die groͤbere — ihr ſo viele Hinderniſſe in den 
Weg legende Materie ewig gebunden ſeyn ſollte. 

c) Nom. 5, ı2 (vergl. Syr. 25, 24) will P. entwe- 
der, wie aus dem Gegenfaß v. dem Leben durch Ehri- 
er erhellt, nur fagens daß die Stunde und die den 

M. beherrfchende Sinnlichkeit dem Tode feine fuͤrch— 
——— Geſtalt gegeben, ſo wie er hingegen, wenn es 
moͤglich geweſen wäre, daß die M. ohne Sünde ae- 
blieben wären, für eine Wohlthat würde geachtet wor— 
den feyn; oder P. benutzt die unter den Juden herr⸗ 
ſchende Zeitidee, daß der Tod eine Folge der Sünde 
Adam ſey, zu einer Vergleichung, ohne daß er fie in. 

der Zufunft geprüft wiffen will. Da Adams Nadı- 

fommen nicht auf die Art, wie er, fündigten, noch 
fündigen fonnen, (Rom. 5, 13); da ihnen, wenn fie 
unfchuldig waren, auch feine Sünde nicht zugerechnet 
werden fonnte: fo kann man ihren Tod auch nicht als 
eine eigentliche Strafe der Sünde anfehen. Sie ſter— 
ben blog, weil fie mit ihm als feine Nachfommen ın 
derienigen natürlichen Verbindung flehen, daß von 
Mn POTIADEEN feine Lnfterbliche abflammen 
oͤnnen 


Vergl Mori Comm, exeg. hift. etc. T.I. p. 481 fq. 
„Paulus verbindet zwar hier die Nothwendigk. des 


„Todes mit der Sünde ald ein mit ihr verbundenes 
„Uebel, aber er behauptet nicht, daß wir M., indem 





| 2. 345 
Tod des M., lift er e. Strafe für die S. Adams?) 


„wir fterben, Die Sünde Adams mitbuͤßten, fondern er 
„erinnert nur, daß in der Sünde außer andern natür- 
„lichen — häufigen Urfachen, der erſte Grund liege, 
„weshalb er dem M. Feine Foörperliche Unfterblichkeit 
„habe mittheilen wollen.‘ 


®ergl. Doederl. ink, Th. chr. T. II. p. 243. 144. 


d) Einw. „Wenn der Tod Feine Strafe der Sünde 
ift, weshalb wurde er dann dem Adam, I of. 2 BAT. 
(2te 9.) gedrohet?“ A. Gott fonnte den T. deshalb 
drohen, entweder, weil er den Eintritt und die Aus— 
‚breitung der Sünde auf der Erde vorherfahe und die 
endliche Befreiung des Geifles von d. grobern Mate- 

rie von Ewigk. her befchleffen hatte, oder in vo fern 

er unfrüglich erfannte, daß die Sünde in ihrem Fort— 

" gange die Keibesfräfte ſchwaͤchen, viele Sranfbeiten 
herporbringen und dadurch eine frühere und ge- 
waltfamere Zerfisrung des Leibes und der Lebens— 
fraft unter manchen bangen koͤrperl. Leiden und Ge— 
wiſſe ensvorwuͤrfen herbeiführen wirde. 


e) Der Tod iſt ia zugleich ein Uebergang zu einem beſſern 

Leben und eine Erledigung von fo vielen Leiden. Wie 
fann er alfo Strafe ſeyn? — Warum fterben die 
Thiere, haben fie etwa auch gefündige? 


f) Nimmt man an, daß alle M., wenn Adam nicht 
gefündigt hatte, nicht fterblich geworden ſeyn würden, 

+ fo verwickelt man ſich in viele Schwicrigfeiten; z. B. 

wo hätten dann die M. nach fo vielen Jahrhunderten 
bleiben ſollen? Iſt es nicht phyfifch unmsglih, daß 

fie nach dem Bau und der Maffe ihres Leibes unſterb⸗ 
lich) ſeyn koͤnnen?! 





L. Cigenfgaften des Todes, 


ı) Er ift nothwendig oder unvermeidlich. (f. dag 
Vorhergehende.) 

2) Er ift allgemein; alle M. müffen fterben, 
I Kor. 15, 22. 51. 52. Ebr. 9, 27; Pf. 89, 495 49 
8 f.; Pred. 9, 2 f.e Nur durch. den Tod fann der 
Leib abgelegt werden, welcher durch langſame Berwe- 
fung das Fleiſch aufloͤßt. 





san. T. 
IoddesM, CBerubigungsgründe ec des ey 


Troft - und Beruhigungsgrinde in Hin- 
— der Unvermeidlichkeit und ie 
meinbeit Des Zodes, 


Folgende 3 ſind ſo wichtig, daß fie — bey der 
noͤthigen Beachtung derſelben Eindruck machen muͤſſen: 
1) Gott regiert ia alles weiſe und guͤtig, alfo auch ge⸗ 
wiß die Schickſale der M. Gottes Weisheit hat die 
Stunde unſers Todes mit der genaueſten Ruͤckſicht 

auf unſere natuͤrlichen Kräfte, auf unſer eigenes freies 

Verhalten, und auf die uns umgebenden Zeitumſtaͤnde 
angeordnet, und zugleich mit auf die Wohlfahrt der 
unfrigen und unfer felbit Bedacht genommen. Mir 
fterben nicht nad) einem blinden und ungefähren Zu- 
fall, nicht nach dem Wunſch unfrer Seinde und Haſ⸗ 
ſer, ſondern zu derienigen Zeit, die unfer liebevoller 
Pater unter unfern iebesmaligen Umftänden für die 
befte erkannte, wo es für und und unfere Mitmen- 
ſchen am zutraͤglichſten iſt, wo unſere Familie am we— 
nigſten darunter leidet. Gottes Anordnung kann nicht 
anders als weiſe und gut ſeyn. Sey uns ſein Rath 
und feine Verauſtaltung noch fo verborgen und uner— 
Hörbar, fo ift doch fein Wille, daß fich alles zu die— 
ſem Ausgang mit. einander verbinden. wird, und fo 
wird c8 gewiß guf, gewiß unferm wahren Wohl Als 
gemeſſen feyn. 

2) Die urfpränglichen Theile unfers Feibes, wenn gleich 
die Verweſung die groberen Theile, Die wir aus dem 
Stof der Nahrungsmittel in und aufgenommen haben, 
zerſtoͤrt, bleiben und dauren fort und es wird ſich aus 
ihnen ein herrlicherer Leib, der Feiner Verweſung mehr 
unterworfen ift, zum beffern Gefährten des unfterb- 
lichen Geiſtes entweiceln, Phil. 1, 21; f. oben Auf 
erſtehung. 

3) Der Tod betrift nur unſern ſterblichen Leib, nicht 
aber die unſterbliche Seele, die Bewohnerin der ver— 
gaͤnglichen Hude, I Kor. 5, 6-8. 

Es kann alfo ver Gedanfe an T. und Bergänglich- 
feit bey einem wohlgeordneten Geifte die Se Bohgkeit. 


nicht foren. — — 





| au. ne 
Mebel, (das natürliche u. koͤrperl.) \ 


Be d 
Uebel (das natuͤrliche — in der Welt.) 
Sm Art. Boͤſes ır Th. ©. 209 f. wird vom fittlihen (mo— 
ralifchen) Uebel gerebet. 

a Deere in, Th. ichr; T.-T. 8.172. .p. 605: 
Deffelven Rel,zUnterr. 8r Th. ©. 17222145 Reime: 
tus Betrachtt. üb. d. nat. Wahrhh. d. Rel. gte Abh. (nad) 
d. Nacjor. Züb. 1782. ©. 700 fi. auch ©, 698 f); Jer u⸗ 
falem’s Betrachtt. 56. d. vorn, Wahrhh. d. Net. Ir Th. 

©. 92 f. „®. Urfer des Boſen.“ I Chr. Schwab 
Diff, in quaeftionem: Qui fit, ut fumma relig. chri- 
 ftianae efficacia ad imbuendos virtute animos in paucis 
eius cultoribus appareat etc.? Cui fubiecta et alia de 
permiflione mali divinis perfectionibus non refragante 
eiusdem Auctoris Difiertatio. Ulmae 1786. 8. 


J. Was wird darunter verffanden? 


Dieienigen Uebel, welche in der Sinnenwelt vorfal- 
len, und die in der natürlichen Einrichtung und Bes 
ſchaffenheit der Dinge außer dem M. und in der Na— 
fur des. M. gegründet find, fie N num entweder 
aus Mangel an Kraft, oder aus unrichtiger Würfung 
ber Naturkraͤfte her, indem fie — auf den 
unrichtigen Gegenſtand, oder in Uebermaaße wuͤrken. 
Es gehoͤren hieher dag zahlloſe Heer von Krankheiten 
und Seuchen, die Berwüftungen der Natur durch 
Blige, Erdbeben, Stürme, Veberfhwernmungen, Ha: 
gelſchlag, Mißwachs (Theurung, Hungersnoth), die 
natuͤrliche Abnahme der Kräfte des M. feine Hinfäl- 
ligfeit, der Tod, Desgleichen die. durch Menfchen feldft 
- angerichteten allgemeinen Uebel: Krieg, Berheerungen, 
u. 








 f. 
ie viele Mängel, welch mannichfaches Elend, wie 
viele Unordnungen in der Welt findet man überall, S 
welches dem erften Anblick nach entweder eine mangel- 
bafte Einrichtung auf der Welt, oder den Mangel an 
der goͤttlichen Negierung zu bermuthen fcheint. Ins— 
gemein koͤnnen die M. nicht begreifen, warum, wenn 
die Allguͤte Gottes alles beherrfche, fo viele Kriege, 
Erdbeben, anfteckende Krankheiten, Waſſerfluthen, F Feuers⸗ 
bruͤnſte, Hungersn. u. dgl. m. in der Welt flatt fins 





348 —— u. 
ala, das natuͤrl. (vielerlei Arten des — „ag, 


dee? Weshalb im Waffer, wo ieder Tropfen vol von 
Geſchoͤpfen ift, wie auf dem Lande, ein Gefchspf dag 
andere verfolge? weshalb überall Verderben und Tod 
in d. Natur mitten im der Lebensfuͤlle herrſche? wes⸗ 
halb iedes Geſchoͤpf ſeinen Mangel — ſeine Leiden — 
ſeine Feinde — ſeinen gewiſſen Untergang habe? Wes⸗ 
wegen nirgends wahre Ruhe und wahres Glück fey? 
Wie es wohl mit der weiſen Güte. Gottes zufammen- 
ffimme, daß noch ganze Nationen in einer ungluͤckli— 
chen Wildheit, als halbe Thiere dahin Ieben? weshalb 
ihnen feit fo vielen Jahrhunderten noch nicht das 
Licht der befeligenden Wahrheit aufgegangen und das 
Gluͤck eines gefitieten Lebens noch nicht zu Theil ge— 
worden ift? Warım ließ Gott es gefchehen, und ars 
am laßt er es noch hie und da zu, daß Tyrannen 
ganze Kander beherrfihen, nach ihrer granfamen Luſt 
rauben und morden und viele tauſend Unſchuldige zu 
Schlachtspfern machen, oder von geraubten Guͤtern 
ihrer Unterthanen fchwelgen? — Woher fo viele Mile 
lionen, weiche unter fFlavifchen Arbeiten in Hunger 
u. Kummer ihr ganzes Leben verfeufjen? Woher fü 
viele Wittwen u. Waifen und andere Elende, die durch 
den Druck ungerechter Richter und Herrſchaften in 
traurige Armuth verſunken ſind? Woher ſo viele an— 
dere Nothleidende, Die vergeblich zu Gott um Huͤlfe 
rufen ? Warum wird der Geizhals, der feinem Armen erwas 
fo reich und dagegen warum bleibt der guthersige 

M—freund arm? Warum hat der Verſchwender Ueber: 
fluß und warum leidet der tugendhafte fleißige Bürger 
Mangel? Warum hat doch Gott dag Glück nicht ver» 
haͤltn ßmaͤßiger nach der Menſchen Verdienſt und nach 
dem Grade ihrer Gottſeligkeit ausgetheilt? Warum 
geht dem einen alles nach Wunſch von ſtatten und 
weshalb ſchlaͤgt dagegen alles dem andern bey ſeinen 
redlichen Bemuͤhungen fehl? 

Der Menſch an ſich, ein nach ſeinen Anlagen 
ſo vortreffliches Weſen, wie arm — wie duͤrftig — 
wie elend iſt er nicht! Nackend, winſelnd, unter 
Schmerzen wird er geboren — unzähligen Uebeln uud 

Gefahren unterworfen. Mit Mühe wird er erzogen 
und fo mancher Todesgefahr entriffen. acht er 
heran, fühle er als Juͤngling und Mann f. Lebens- 


| u. 349 
Uebel, das natuͤrl. (vielerlei Arten des — —). 


fräfte, fo erwachen feine Leidenfchaften und mit ihnen 
feimen viele Hinderniffe auf, um fein Gluck einiger: 
maßen zu gründen. Um fih Kenntniſſe einzuſammeln 
und nüßliche Fertigfeiten zu erwerben, muß er fich viele 
Mühe geben und, um fich Unterhalt zu verfchaffen, Arbei— 
ten u. Gefahren nicht verdrieffen laffen. Dft muß er dag 
alles mit Hingabe feiner Ruhe, feiner Gefundbeit und 
f. Kräfte erfaufen. Wie viele DR. im niedrigen Stande 
verlchen ihre Tage im Druck der befchwerlichften Ar— 
eiten! Heußerlich fiheinen Andere dagegen glüc- 
lich zu feyn, aber innerlich find fie es nicht. Der 
Zufriedenen und mahrheftig Glüclichen find immer 
nur die Wenigſten. So ſieht es in unfern Rändern 
aug, deren Bewohner Gebildete heißen. Der Zus 
ftand derer, die volig oder beinahe imroben Stande 
der Natur leben, iſt noch bedauernswuͤrdiger. Ei— 
nige diefer Nationen wohnen unter einem fo rauhen 
Himmelsſtrich, in fo öden, unfruchtbaren, mwüften Ges 
genden, daß fie Faum durch die grobſte — edelhaftefte 
Koft fich ernähren Fonnen und mit den Schreckniſſen 
ihrer Gegenden, ſey e8 bier nun die unausfprechlichfte 
Hige oder dort die graufamfte Kälte, zu Fämpfen haben. 
Sie ſowohl als die Bewohner gefegnefer angenehmer 
Gegenden leben in Unwiffenh., thierifcher Unempfind— 
lichkeit u. Unbefanntfch. mit den Freuden des Kebeng, 
oft unfer dem Druck Feiner graufamer Herrn oder 
grauſamer Gefeße und Gewohnheiten, oder in einer 
niedrigen Gleichheit des Standes ohne alle Einrich- 
fung und Drdnung. — 
Mehr v. Elende des M. aͤberh. ſ. Cludius 2r Th. ©. 85:87. 


Dieſe Bemerkungen find richtig und die Frage:. 
warum? verdient Beantwortung und zwar eine fols 
che, die Gottes uber alles fich ausbreitende Güte und 
feine mweife Regierung der Welt rechffertige. Denn 
wie trofilog wäre der Glaube, daß nicht ein hochſt 
volfommnes Wefen diefe Welt erfchaffen und einge- 
richtet, oder daß ein anderes bofes Wefen die gute 
Eimrichtung verfchlechtert habe, oder daß Gott nicht 
die Welt regiere, fondern fie fich felbft überlaffe und 
fie nur blos erhalte, ohne fie zu leiten, oder, daß es 
Gott an der hoͤchſten Bollfommend. fehle, entweder 


— 





3500 —— 
Uebel, (natuͤrl.) wesh. finden die — — ſtatt? 


an der Allwiſſenheit und Weisheit, daß er alſo bey 
der Einrichtung der Welt einen Mißgriff gethan, oder 
an Thaͤtigkeit, ſich um die Welt zu bekuͤmmern und 
für das Wohl feiner Geſchoͤpfe zu ſorgen, oder an 
Güte, daß er gleich einem willkuͤhrlich u. ſtrenge herr— 
fchenden Regenten fich uber dag Elend feiner Unterth. 
freie, oder an Allmacht, daß er Diefe Unordnung nicht 
zwingen, diefen Uebeln nicht abhelfen koͤnne. Wäre 
der M. der Verzweiflung Preiß gegeben, wenn iene 
Uebel u. Mangel wuͤrkliche Unorönungen in Gottes 
Regierung wären, die er aus Ohnmacht oder aus 
Gleichguͤltigkeit nicht hindern konnte oder wollte: o 
ſo koͤnnte kein M. ſich mit Zutrauen Gottes Schutz 
empfehlen, aber iene 5 laſſen ſich alle zur voͤlli⸗ 
gen Beruhigung des M. heben und loͤſen. 


II. Weshalb 5 die vielen natuͤrlichen 
Uebel ſtatt? 


Im Allgemeinen iſt es damit zu beantworten, 
ba eg an fich Eeine Uebel oder Unordnun— 
gen in der Welt find. Sie find vielmehr theils 
nothmwendig, theils heilfam, und wenn fit recht uns 
terfucht werden, Deutliche Beweiſe einer ordentlichen 
Regierung, einer alles umfaffenden Borfehung. Gott 
ift unfchuldig an allen Vebeln in der Welt. Er ſchuf 
ia alles ſo gut, als es ſeine Allmacht konnte. Er iſt 
hoͤchſt guͤtig. Die Menſchen und Geſchoͤpfe zu plagen, 
Fönnte alfo nicht fein Zweck ſeyn. Er ift allwigfend, 
alfo waren die Uebel feinen. weifen Entwürfen nicht 
zumider. Gein Verſtand erkannte das wuͤrkliche Uebel 
in der Ordnung, in welcher e8 folgt, und in der Zeit, 
fo lange es fortwährt, als auch im Erfolg zu der fols 
genden Vollk. und dem Beſten der Welt nothiwendig; 
Denn fonft hatte er es wegen feiner Güte aus feinem 
weifen Nathfchluß ausgefchloffen. Näher: 

I) Biele von den natürlichen unangenehmen 
und von den ung unvollfommen foheinenden 
Dingen find feine eigentliche und wahre Hebel 
und richt fchlehtbin nothwendig, I Mof. ı, 
31; ac. I, 13:16; Ef. 45, 7. _ Denn ein wahres 
Hebel ift nicht das, was Einfihranfung, eine in der 
Weltverbindung unpermeidliche Schwäche, oder was 


ur 





e 


| | U. 351 
Uebel, (die natuͤrl. — — find Feine Uebel.) 


zum Theil und auf einige Zeit bie Gluͤckſeligkeit ver⸗ 
nünftiger Geſchoͤpfe fchwächt, oder was im gegenwär- 
tigen Augenblick eine unangenehme Empfindung macht. 
Uebel ift nicht mit Schmerz fo wenig eizerlei, als dag 
Gute eins mie Annehmlichkeit iſt; fondern das iſt ein 
Nebel, wodurch die Gluͤckſeligk. und das Wehl des 
Ganzen fowohl als auch des Einzelnen in aller Nüd- 
ficht und in alle Ewigfeit mehr geſchwaͤcht als befor⸗ 
dert wird. Sndiefem Sinn ift gar fein ei-> 
gentliches Uebel in der Welt. Sein Raturübel 
ſtoͤrt unfere eigentliche Gluͤckſeligkeit, es iſt alfo Fein 
"wahres Hebel, vielmehr befördert e8 dieſelbe, f. unten 
Nr. 3. Wenn man alles, was erfi dem M. unanges 
nehm ift, ein Uebel nennen wollte, fo wuͤrde im der 
Welt faft gar nichts Gutes feyn. Dem tragen Kinde 
ift dag Lernen etwas Widriges, iſt es Deswegen ein 
Nebel? | | 
a) Sp vieles, worüber man Flagt, ifi nur der 
- erften Empfindung nahund zwar blos nach 
der Empfindung des Klagenden ein Uebel 
undwird in feinen leßten Folgen felbft oft 
etwas Gutes undeine Wohlthat. Welche Kegel 
ift wohl unbeflimmter, truͤgeriſcher und unrichtiger, 
als wenn ieder ein gewiſſes Uebel nach feiner Empfin- 
dung, nach feiner Willkuͤhr abmeffen wollte?! Ale Er— 
fejeinungen in der Natur werden einzelnen Menfchen 
auf einen Augenblick fchmerzhaft, aber fie find doch : 
unentbehrlich. Wie fann man über eine Witterung, 
die fürs Gange Wohlthat ift, als über ein Uebel kla— 
gen? Wie fann man ein Gewitter, den Regen ꝛc. des— 
‚bald, weil e8- (er) ein kleines Vergnügen raubt 
oder 88 verbittert, oder fur ung unangenehme 
Solgen bat, wegmwünfchen, wenn nac dem Regen ein 
ganzes Land feufze? Wird wohl das, was nad) um: 
fern ießigen Begriffen fohadlich ift, auch nad) dem Ur- 
theil der Zufunft oder in einem andern Geſichtskreiſe 
fhadlich heißen? Vgl. Dablendburg Philoſ. u. Rel. 
3r Th. ©. 406. £ 
.D) Insgemein vergrößern wir M. das Uebel, 
d. 5. wir befchreiben die unangenehmen Empfindungen 
von einem Uebel wider alles Necht arsßer, als fie in 
der That find, und unfere Einbildungskraft pfiegt auch 


+ 


= 





3 52 | U. | 
Uebel, (die natuͤrl. — — wesh. es feine wahre — find.) 


dag Uebel Anderer zu vergrößern. Seiner mißt genau 
den Grad des Leidens ab. Sobald wir bey übler 
Laune, oder bey der Empfindung eigener Uebel muth⸗ 
los werden, fobald ſcheint und alles in Gottes Welt 
unordentlich, alles sde und fraurig. Schon ein Flei- 
ner Unfall fann unfere Laune verffimmen, und dag 
Herz mit Ungeduld und Klagen anfüllen. Kommen 
wir hernach zu ung felbft, fehen wir die Sachen, wie 
fie find, fo müffen wir ung öfters felbft unfers vori- 
gen Unmuths und der darin ausgeftoßenen Urtbeile 
fohämen. Eben dag bemerft man bey unfern Mie 
menfchen, ‚wenn fie unter dem Druck eines Leidens 
find. Viele M. find gar nicht unter die Ungläcklichen 
zu rechnen, wenn fie gleich darunter gerechnet werden. 
Andere find wenigftens nicht fo ganz unglücklich, als 
man gemeiniglich glaubte. Ein M., der im hohen 
Stande und fleten Ueberfluß Tebt, berechnet gewoͤhn⸗ 
lich das Gluͤck Anderer blos nach ſeiner eignen Lage 
und alſo nach einem ganz unrichtigen Maasſtabe. 
Sein Geſchmack ift durch Erziehung und Gewohnheit 
verzaͤrtelt; feine Empfindungen find durch weichliche 
Lebensart übermäßig. verfeinert, feine Begierden ver- 
ftärft und feine Beduͤrfniſſe vermehrt. Er haͤlt alſo 
alle dieienigen fuͤr ungluͤcklich, die im niedrigen Stande, 
unter manchen befchwerlichen Arbeiten und. Sorgen, 
ohne Reichthum und Ehre, ein weniger bequemes und - 
glänzendes Leben führen; aber er irrt fich im dieſem 
Urtheile, was die meiften Sale betrift, zuverläßig. 

Vergleicht man die Lebensa. d. Großen und Reichen 
mie dem niedrigen flillen Leben des gemeinen Welt 
bürgerss fo dürfte eher auf der Seite der Lestern 
das größere Glücd ſeyn. Denn mit dem zwar fehr 
fhimmernden Neichth. u. Ehre find fo viel Zwang, 
Langeweile, M ißgunft, Liebloſigk. und andere Lebel, 
die aus d. verfeinerten Lebensa. entſtehen, verbunden, 
daß die damit begabten M. nicht fo gluͤclich ſind, 
alg das gemeine Urtheil fie dafür halt. Don den im 
niedrigen Stande Gebornen und Erzogenen fühlen die 
mebrften nicht den Mangel mancher Vorzuͤge und Die 
Beſchwerlichk. m. Einformigt: ihrer Lebensart, fon» 
dern fie leben ©. einem Tage 5. andern zufrieden. 
Dann, wenn ihnen der Druck mancher harten — 

un 
y 


u. 353 
Uebel, (die natürl, — wesh. ließ fie Gott zu?) 


und die Laſt der Nahrungsforgen befchtwerlich werden 
will, finden fie bey ihrer geringern Empfindfamf. als 
Ierlei Mittel ſich aufzurichten. Geſundheit, guter 
Schlaf und andere Feicht zu habende Aufmunterungs— 
mittel halten fie ſchadlos. Ueberhaupt fann man dag 
Gluͤck des Menfhen nicht nach feinem äußern Slanze, 
fondern nad) d. innern eigenen Empfindung eines ieden 
berechnen. Werinf. Stande zufrieden lebe, 
iſt gluͤcklich, wenn auch fein dußeres Gluͤck in Vergl. 
it den guͤnſtigern Umſtſt. Anderer nur gering zu ſeyn 
cheint. Sieht man auf die größere Zahl der 
Zufriedenen, ſo iſt das Uebergewicht des Gluͤcks 
zuverlaͤſſig auf Seiten des wiedrigen Volks. Welch 
eine weiſe — liebevolle Borfehung, daß fie alle Umſtſt. 
jo zu verbinden und die mannigfaltigen Güter des 
Kebens fo augzufheilen wußte, daß d. groͤßte Haufe 
der M., det freifich in Niedrigk. u. Armuth leben 
muß, dennoch das unſchaͤtzbare Gluͤck eines zufriedenen 
haͤusl. Lebens genießen kann. — Selbft die Zahl 
einzelner für unglücklich gehaltenen Perfonen wird 
zu ſehr vergrößert und Feiner unter ihnen ift fo ganz 
ungluͤcklich, als er fih und Andern zu fenn dinkt 
Jeder Mürrifche muß erſt billig ſich mie fich ſelbſt 
und feiner Natur ausföhnen, ehe er über den Kauf der 
Dinge fich zu befchweren Grund hat. 
ec) Wie Fann man deshalb, daß man big ietzt von einis 
gen ſcheinbaren einzelnen Unvollkommenheiten noch 
Feine weiſe Abſichten und Vortheile entdeckt hat, die 
aus der Anlage der Natur unwiderſprechliche Wahr⸗ 
‚heat: Gott hat alles unendlich weife und guͤ⸗ 
tig erſchaffen und eingerichtet, laͤngnen? Je 
weiter mir im der Entdeckung der Ratur fortgehen, 
ie mehr werden wir von der Weish. und Wohlthaͤtigk. 
ber Abſichten aller Dinge in den bisher noch geglaub- 
gen Unvollfommenhh. überführt. Sol denn für un— 
fere fünftigen Beobachtungen nichts übrig bleiben? 
Wie viel hielt man ehehin in der Natur für ein Uebel, 
ſah' es als Unordnungen. Mangel an Güte an, was 
ietzt nach dem fortgeſetzten Forſchen der Naturbeob⸗ 
achter als weiſe — als Wohlthat Gottes erkannt wor— 
den iſt. Man ſchließe, wie 68 billig iſt, wie es uns 
in andern Faͤllen eben ſo gehen wird, wenn unſer 
Chriſtl. SU, Lehref. d. Eanzelgebr. 3 Th, 


354 U. 
Uebel, (die natuͤrl. — Gr. d. Beruh. in Ruͤckſ. der —. 


Verſtand in dag Innere der Verbindung und in das 
Enifernte ihrer Kolgen eindringen koͤnnte. Man ver» 
geffe es nie, dag unſere Unwiſſenheit und ein falfcher 
Gefihtspunft, oder einige irrige Anwendung uns cf- 
was ald eine große Unordnung zeigen kann, was in 
feiner wahren Berbindung in der That die größte 
Vollk. if. 
ce) Es fehlt ung an Vermoͤgen, das ‚Ganze zu über, 
fehen. Wir Einen bey weitem nicht den ganzen 
Staat Gottes überblicken, fondern nur einen über- 
aus Fleinen Theil deffelben, diefe Erde und auch dieſe 
lange nicht ganz. Wir ſehen nur einzelne kleine Theile, 
die zunaͤchſt vor uns liegen, ſelten aͤber die Dinge in 
ihrer ganzen Groͤße. Unſere Blicke ſind dabey ſchwach, 
unſere Urtheile ſind blos einſeitig. Wir ſind bey der 
Betrachtung der Werke Gottes in einem viel zu engen 
Raume unb leben zu Furg, um überall Weisheit in 
alten feinen Einrichtungen zu bemerken. Wie dürfen 
wir aus den wenigen Erfahrungen, welche wir in dem 
Fleinen Zeitraume unferes Lebens gemacht haben, alle 
gemeine Begriffe bilden und diefe zu den Gründen uns 
ferer Urtheile machen? wie dürfen wir darunach Gefeße 
entwerfen, wornach fich alles richten mäffe und dar—⸗ 
nach fogar das Weltall verbeffern? Welche Thorheit! 
ir fehen zu Furg und unfere Erf. ift zu enge, um 
den ganzen Plan Gottes bey feiner Welkeinrichtung 
und Regierung, um Die Verbindung aller großen und 
fleinen Theile in Gottes weitem Neiche zu uberfehen 
und zu durchſchauen und die. Folgen iedes Vorfalls 
zum voraus ſchon zu wiſſen und ſolche beurtheilen zu 
koͤnnen. Kein M. iſt im Stande, die Summe des Guten 
und des Boͤſen genau zu berechnen. Wenn wir aber 
ſo kurzſichtig find, fo iſt es eben fo kuͤhn und unweiſe, 
uͤber das Unangenehme als uͤber etwas Boͤſes abzu— 
ſprechen. Wie oft betrachten wir die Dinge aus ei— 
nen falfchen Gefichtspumnfte! Leicht wird es daher oft 
© der Sal feyn, daß wir dag für bofe halten, was in 
der That gut if, und zur Vollk. des Ganzen ſowohl 
als der einzelnen Dinge beytraͤgt. Das, was wir 
beſſer nennen, wuͤrde grade dasienige. feyn, was den 
Zuftand der Welt verdürbe, und bag, was ung eine 
Unvollt. oder etwas Boſes zu ſeyn duͤnkt, iſt eben 


Uebel, (die natürl. — find Feine wahre —). 


dag, was zur Vollk. der Dinge gehört und nad) reis 
ferer Einfiht gut zu nennen if. Die verfehrte 
Einbildung, daß wir alle Abſichten der 
ganzen Schöpfung allein auf und ziehen 
und ung zum Mittelpunft der Welt maden, 
perurfacht, daß wir die Welt und Natur aus 
einem verkehrten Geſichtsp. anfehben, und 
dann in derfeiben viele (nicht vorhandene) Unordnuns 
gen wahrzunehmen vermeinen. Dadurch machen wir 
uns aber nur felbft misvergnuͤgt. Wie viele Dinge, 
deren Abſicht, Nothwendigkeit, Nutzen und Ueberein« 
ſtimmung mit den andern kann, nicht des Menfchen — 
ſondern ein unendl. Verftand beurtheilen. Iſt eg nicht 
möglich, daß etwas, was in einem niedrigen Gefichtsp. 
unordentlich feheint, im Auge des höher fiehenden er» 
was Schoͤnes it? Wie wollten wir M., die wir an 
der Erde kleben, vom wahren Verhältniffe der Dinge 
in der ganzen Welt richtig urtheilen fönnen? Aus 
dem, was wir von der Volt. fo vieler Dinge gewiß 
wiſſen, fehließen wir bilfiger und vernünftiger auf dag, 
was wir nicht wiffen, daß e8 ebenfalls gut und nüße 
lich ſeyn werde, als daß wir wider Die erfannte Bes 
fchaffenheit fo vieler Dinge von anderen bey unferer 
Unwiſſenheit gedenken mwellten, als ob fie unnüge, una 
ordentlich, unvollk. und böfe finn follten. Das Zadeln 
der Schöpfung iſt demnach) unverſtaͤndig. 
.e) Die vermeinfen Unvollflommenbeiten auf Erden find 
gegen die Vollfommenheiten des Ganzen nichts, Die 
aber nicht wir, fondern nur ein alles umfaffender Vers 
ftand uͤberſehen kann. Daher kann oft ein Uebel im 
Kleinen ein wahres Gut im Großen ſeyn. Die Berge 
und Waldungen z. ©. find bie Wohnungen fehrechs 
licher wilden Thiere; an jenen verfensen die Saaten 
und verdborren durch den Wind, und die niedrigen 
Gelder werden durch das fich berumterzichende Waſſer 
erfäuft. Allein fie find die Behälter des Waffers, fie 
ziehen die Naͤſſe der Nebel und Wolken an fih, von 
ihnen rinnen die Quellen, von ihnen flürzen die Wald— 
Bäche, fie nähren und behaufer viele Arten der Thiere, 
ſie eriveitern Die Oberfläche der Erde, fie verfchönern 
und machen Abwechſelung, fie aewähren weite Aus— 
ſichten, leiten die Winde, Stürme und RN ſchuͤz⸗ 
| Ä | 3 


356 u, 
Hebel, (die natuͤrl. — find nothwendig.) 
zen die Thäler und wehren viel Ungemach von den 
Bewohnern der Flaͤchen, denen fie auch Bau⸗-und 
Brennholz, Skin: und Metall gewähren. Sie find 
alfo gewiß im Ganzen gut umd ihre Abweſenheit waͤre 
Unvollk. im Ganzen. 
-H Wie kann fo manches ein wahres Uebel feyn ‚wag 
doch zulegt Gutes befördert und am Ende einzelnen, 
wie auch mehren Menfchen zum Beſten dienen muß, 
falls es erft auch, einzelnen M. nicht wenig mißfaͤllt. 
5) Das Uebel waͤhrt nicht ewig. Dann, wenn 
Gleichgewicht der Natur durch Urſachen, die der 
M. nicht abzuwenden vermag und die er nicht eher, 
als bis ihre Wirkungen da find, und off auch dann 
nicht einmal kennen lernt, aufgehoben werden, ſteht 
freilich der M. huͤlflos und hülfbedurftig da, und 
muß warten, big die Natur es umandert und wieder. 
schafft. Sie thut es allemal und ficher. Dieß iſt eis 
ner der groͤßten Beweiſe, daß Weish. und Guͤte der 
Nat. ihre Geſetze gab. Jedes Uebel finder fein Ende. — 
2) Die natürlichen Unvollfommenbeiten u. 
Uebel waren zum Theil nochbwendig und 
unvermeidlich. Es find nothmwendige undveränder- 
fiche Folgen der einmal feſtgeſetzten Einrichtung der 
Natur der Dinge und der Einſchraͤnkung derſelben. 
Das, was wir Uebel nennen, ſind nicht an ſich ſelbſt 
von Gott erſchaffene Dinge, ſondern Maͤngel dieſer 
Dinge, wegen welcher, wenn fie in dieſer Welt fehl—⸗ 
ten, die Welt entweder nicht aus endlichen und fo 
fehr mannichfachen Dingen beftehen Fonnte, oder me- 
nigfteng ung die Erf. und dag Gefuͤhl dieſer Maͤngel 
fehlen muͤßte. 
„Das Bofe iſt anders nichts, als die Beraubung 
„des Guten, fo wie die Finſterniß nichts anders iſt, 
„als der Mangel des Lichts. WJohannes von 
Damask. 
Die Uebel gehoͤren entweder nothwoen sur Welt 
verbindung, oder fie laſſen fich durchaus nicht von 
unferer Natur rennen; fie find unaugsbleiblih. Sollte 
Gott alles Uebel ang der Welt wegſchaffen, 
fo müßte er auch aus derſelben alles Gute, 
vertilgen. Die ganze Natur ift endlich und einge: 
- fchränft, und mußte eingefchranft erfchaffen werden. 


en, 357° 
Uebel, (die natürl. — find nothwendig.) 


Etwas Endliches konnte Gott nur fchaffen, denn lau—⸗ 
ter Gottheiten neben fich hervorgubring gen — wie un— 
gereimt! Er haͤtte gar nicht ſchaffen muͤſſen, wenn er 
nichts Endliches fchaffen follte, und daun. würde er 
nicht Gott ſeyn; bey allen endlichen Dingen find aber 
Schranken nothbwendig. Jedes Gefchöpf mußte, wenn 
eö dag ſeyn follte, was e8 iſt, und nad) den gewiß 
allguͤtigen und alftoeifen Entwürfen Gottes in der 
Stufenleiter aller Gefchöpfe ſeyn mußte, feine Schran— 
fen haben. Sollte iedes Geſchoͤpf in demienigen Ver: 
haͤltuiß gegen die uͤbrigen ſtehen, als ſolches der un— 
endliche Verſt. Gottes fuͤr das, dem Ganzen vortheil— 
hafteſte untruͤglich erkannt bat, fo waren auch bie 
Schranken nothwendig. Freilich geben diefelben zu 
mancherlei empfindlichen natuͤrl. Uebeln Gele genheit. | 
Gott mußte, wenn iedes Gefchöpf nach ienem Verhaͤlt— 

niß und Beſtimmung zum allgem. Beſten wuͤrken ſollte, 
ihnen Bun mittheilen u. fie mit der Faͤhigk. ai usftaffen, 
folche heilfam gebrauchen zu können. Allein die Faͤ— 
higf. zu dieſem Gebrauch feßt auch die Moglichkeit deg 
Mißbrauchs und dadurch eine Beranlaffung von Ue— 
bein vorausſs. Gott konnte und wollte diefes, ohne die 
endliche Natur der Dinge ſelbſt aufzuheben, nicht ver- 
hüten. Auch die zufälligen, in jener angegebenen Ver— 
bindung liegenden Schranfen Fonnte er nicht aufheben, 
weil feine Weisheit diefe Verbindung gewiß nicht ge⸗ 
waͤhlt haben würde, falls fie nicht die beſte wäre. 
Mit einer folchen Aufhebung würde das 
viele Gute, was in den Uebeln gegründet 
iſt oder mit ihnen unzertrennlich zuſam— 
menbängt, wegfallen. 

Sollte Gott dann, wenn die den Naturgegenſtſt. ae 
gebenen Kräfte zumeilen und zufaͤllig ſchaͤdlich werden 
koͤnnen, dann, wenn z. E. ein herabfallender Ziegel, 
ein Schieferſtein oder ein wildes Thier einen frommen 
Mann beſchaͤdigt, wenn die nachläffige Waͤrterin ein 
Kind verwahrloßt, wenn das Waffer einen M. ver: 
ſchlingt, iedesmal gleichſam in die Katur mie Gewalt 
einbrechen, durch feine darzwifchenfretende Allınacht 
ieden Schaden der Naturfräfte hindern, alfo der; Ma— 
furgefegen, die er felbft gab, entgegen handeln, 5.3. 
alle mechanifche Bewegungen in ber W. hindern und 


358 “ U. 
Uebel, (die natuͤrl. — wesh. fie nothwendig?) 


die uͤbrigen und ſonſt heilſamen Kraͤfte der Natur, die 
dieſe von ihm ſelbſt erhalten, wieder zerſtoͤren: dann 
würde erſt wahre Unordnung entſtehn. Gein Keich 
fönnte dann fo wenig beſtehn, als jedes irdifche Neich, 
in dem der R iegent zwar gute Gefege gibt, aber ihnen 
ſelbſt beſtaͤndig entgegen arbeitet. 

Scht man einzen die Natur durch, fo wird man 
feben, daß die Nebel unvermeidlich find, und wenn 
dieß an fo vielen Fällen einleuchtet, ſo muß man, um 
vernünftig zu verfahren, daſſelbe auch auf die uͤbri⸗— 
gen, wo wir dich Weniger deutlich einſehen Fonnen, 
ihliegen. Viele Dinge find ihrer Natur nach hachſt 
veraͤnderlich und haben ganz entgegenwuͤrkende Kraͤfte, 
als Luft, Waſſer, Feuer u. ſ. f. in ſteter Verbindung. 
Nothwendig AN baher manche Gaͤhrungen und 
aus diefen zum Theil fchrecfliche — verderbliche Fol— 
gen entfiehn. Dazu kommt nun die Unvorſichtigkeit — 
die Ruchloſigk. der M., die z. B. Kranfheiten, ge 
waltfame Todesfaͤlle, und ein unzaͤhlbares Heer ’5 
andern Uebeln verbreiten u. veranlaffen: jede heil 
fame Kraft kann auch unter gewiffen Umfländen Nr: 
fiörend werden, und das muß zuweilen gefchehn, da⸗ 
mit fie ſich in ihrer ganzen Wohlthaͤtigkeit zeigen koͤnne. 

a) Offenbar find. die Sonnenftrahlen nothig, damit die 
Erde fruchtbar werde. God fie nicht unerwaͤrmt, ſon⸗ 
dern in gewiffen Grabe erhigt werden, ſoll fie ihre 
Erzeugniffe in einer gemwiffen Vollk. Liefern, fo muß 
fie Heiß fcheinen, Natürlich leiden aber durch Die 
Hitze manche höhere und trocknere Gegenden und mans 
che Arten von Gewaͤchſen. Die Blume bricht aus der 
Knospe, um der Sonne entgegen zu laͤcheln, aber ihre 
brennende Strahlen entſtellen ſie bald. Die lang an— 
haltende Sonnenhitze veranlaßt heftige Gewitter, 
verbunden mit Platzregen und zuweilen mit Wolken— 
bruͤchen, u. andern dadurch für die Erdbewohner ent⸗ 
ſtehenden Nachtheilen. Der Blitzſtrahl beſchaͤdigt ein 
Gebaͤude und todter einen M. — Dieß iſt zwar ein 
offenb. Schaden. Aber wollten wir ung wohl deehalb 
einen ewigen Winten winnfchen, um nur von diefen 
ſchredll. Uebeln befreiet zu feyn? Außerdem daß diefe 
ſchreckende Uebel felten find und die meiften Gewitter 
unfchädlich vorübergehn, ift der Nuten weit allgemei— 





| u. 359 
Uebel, (die natuͤrl. — daß fie feine wahre Uebel —). 


ner und anhaltender. Um die Luft von ſchaͤdlichen 
verpeſtenden Duͤnſten zu reinigen, welche durch ihre 
Wuͤrkungen anſteckende Seuchen verbreiten und Tauſen— 
den das Leben nehmen Finnen, verbrennt der Blitz 
die aefammelten ungefunder Dünfte, bringt der Ge⸗ 
witterregen die zur Fruchtbarkeit der Gewaͤchſe auf 
Geldern und Wieſen und in Gaͤrten viele Meilen weit 
nöthigen Schwefelduͤnſte herab. Die Gewitter entladen 
fi alfo ihrer Flammen zum Segen der Fluren. Gie 
befördern die Gefundheit der DM. und laben mit einer 
erquickenden Kühle. Sie führen nicht blos die Aug» 
duͤnſtungen verfihiedener Korper, fondern auch den 
Saamen verfchiedener Pflanzen an andere Derter, fie 
verurfachen alfo eine mehrere Vermiſchung, und befoͤr— 
dern dadurch das Gedeihen “vieler Geſchoͤpfe. Nur 
wenigen Gewittern folgen die Thraͤnen der durch ſie 
verarmten Buͤrger und Landbewohner. Iſt gleich die 
große Hitze laͤſtig, ſo iſt doch die Stellung der Erde 
gegen die Sonne die beſte, iede andere würde die Erbe 
—— bewohnbar machen. Sie kann nicht mit ei— 
ven Luftkreiſe umgeben ſeyn, und doch Feine Ausduͤn— 
ar aufiteisen laſſen, die Blig, Wind und alerle 
Metter verurfachen. Die verfchiedenen Ausduͤnſtungen 
veranlaſſen im Luftkreiſe einen feurigen Ausbruch, aber 
Bet find mie. Fruchtbarkeit verbunden. 
b) Da bie Erde aus fo verfchievenen Theilen und 
Schichten zuſammengeſetzt ift, welches zur ——— 
gung von allerlei Pflanzen und — Gr; engniffen, 
woven einige aus brennbaren Materialien ung zur 
Bequemlichk. und Nothdurft dienen, nothwendig iſt, 
ſo iſt es unvermeiblich, daß Sich nicht bie und da und 
zu einzefnen Zeiten eine innere Gährung und Entzuͤn— 
bung außere, welche Erdbeben nach fich ziehn. 
Vielleicht find die ——— Erſchuͤtterungen des Erd— 
bebens das heilſame Mittel, die Luft von Zeit zu Zeit 
mit einem neuen Borrafhe befruchtender Dünfte aug 
den innern Klüften der Erde zu bereichern, und bie 
ganze Natur dadurch in ihrer Fruchtbark. zu erhalten. 
ce) Der Wind reinigt beitändis den Dunſtkreis und 
treibt Schiffe von einem Erdtheile zu dem andern 
wie nothwendig iſt dieſes, denn die Luft wird et 
faule Dünfte vergiftet, und dann verurfacht fie bos— 


360° ll, | 
Webel, (die natürlichen, find Feine wahre Uebel.) 


artige Krankheiten; dieſe werden zwar durch undor- 
fihtige M. von einer Familie, ia von. einem Ort zum . 

‚andern Weiter verbreitet und der heftige Wind Wird 
zum Sturme und Orkane. Wir wiffen aber nicht, 
zu welchen Zwecken derfelbe dient, aber er ereignet ſich 
nur zu der Heftigfeit, daß er Baume und Hänfer nie- 
derreißt und Fahrzeuge zertrümmert, fehr felten. Er 
iſt Feine beftändige Einrichtung unferer Natur, iſt alfo 
nicht beftimmt, alle Jahre unfere Pflanzungen zu zer- 
fisren und unfere MWohnpläge zu verheeren. . Diefe 
ftärfere Bewegungen der Luft werden zum Leben un: 
entbehrlich nothwendig fepn. + & 

d) E8 ifi wahr, Wafferflutben u. Heberfhwem- 
mungen richten große Verheerungen an, wenn dag 
Meer aus feinem Geftade, und Fluͤſſe aus ihren Ufern 
treten. Allein wie fehr -bedürfen wir theilg des 
Waſſers?? Stroͤmen nicht Slüffe zur Befruchtung und 
zum Nutzen der Selder? Soll die Erde fruchtbar wer— 
den, fo muß c8 zuweilen regnen, und follen die Seen 
und Sluffe nicht vertrocknen, fo muß diefer Regen oft ' 
heftiger als gerschnlich erfolgen; und dann entftchen 
in niedrig gelegenen Gegenden Ueberſchwemmungen. 
Wiſſen aber nicht die M. die Ströme oft fo einzu— 
fhranfen, und in der Aufficht zu erhalten, daß fie 
ung blogs mit ihren wohlthätigen Würfungen dienen? 
Dheils wie felten find nicht die Ueberſchwemmun— 
gen! Wenn des MWaffers auch in einem Jahre zu viel 
ift, fo zieht die Dürre deg folgenden Jahrs es wieder 
aus der Erde, und befordert dadurch mieder. Die 
Sruchtbarfeit. “ 

„ES gibt doch zu viel Waffer, es find zu viele 
„Seen und Miere, die einen zu großen Theil unferer 
„Erdflaͤche unnüß bedecken.” A. Wäre das Waffer 
in. eine engere Oberfläche eingeengt, fo duͤnſtete e8 zu 
wenig aus; denn Negen, Schnee, Thau ꝛc. entfliehen 
von den Ausdünftungen der Slüffe, Seen und Meere. 
Allein wir haben deg Regens, Schnee's und Thau's 
nicht zu viel, um den Erdboden zu befruchten. Genau 
wog Gott das Maaß der natürl. Urfachen nad) dem 

. abgezielten Nugen auf alle zufünftige Zeiten ab. Die 
Berge verhüten auch eine vollige fchlammichte Ueber- 
ſchwemmung, und durch beydes ift der Erdboden be» 





U. 361 
Uebel, (die natürlichen, find Feine wahre Uebel.) 


wohnbar. Erhält doch auch Gott in den Meeren 
mehr Lebendige, als auf dem Lande leben koͤnnen. 
Wollen wir vom Monde Licht und Ebbe und Flut 

wahrnehmen und erhalten, fo muͤſſen wir auch von 

- feinem Drucke oder Anziehen Stürme und Heberfird- 
mungen annehmen. 

e) Die Witrerung, fvenn fie gleich, auch zuweilen 
dem Landmann zumider und für ion jchadlich if, wenn " 
fie auch auf der einen Erdart das Wachsthum Bin 
dert, fo fordert fie dagegen das Wachsthum auf der 

andern. Es wird dadurch die Fruchtbark. aller Fen- 
der und Erdarten, und für alle I. sur Gleichheit ge⸗ 
bracht. Sol die Sonne auf- und untergehen, Fruͤh⸗ 
ling, Sommer und Herbſt machen, fol allenthalben 
die Erde bewohnbar feyn, fo koͤnnen wir nicht einerlei 
Sonnenfchein und Wetter verlangen. Wie kann zu— 
gleich für das magere Land Megenmwitterung — fiir 
den fetten Boden Dürre einfallen? Wie kann zu glei— 
cher Zeit für die Wäfcherin die Some fcheinen‘, und 
für den Landm. es regnen? Wie kann für den aus- 
laufenden Schiffer der Oftwind, für den einlaufenden 
aber der Weftwind tochen? 

f) Der Mißwachs wird zwar einigen, aber nicht allen, 
Erdbewohnern druͤckend. Er haͤlt auch in iedem Erd» 
friche feinen Kreislauf, fo daß man ein Jahr ins an— 
dere gerechnet, nie über denfelben Hagen fann. Es 
wäre auch gar nicht gut, wenn nicht etwas von der 
Arbeit verloren ginge, . und wenn dag Bemuͤhn der 
Landleute nach ihren Wi ünfchen immer fo ergiebig be» 

lohnt würde. Wie — würde er dann nicht uber zu 

wohlfeile Kornpreife —— 

g) Zwar gibt es viele ſchaͤdliche und giftige 
Thiere, beſonders iene nagende Hausthiere, die Erd— 
fruͤchte, Gewaͤchſe, Eßwaaren, Kleider, Hausgeraͤtheꝛc. 
verderben. Es gibt Ungeziefer und Geſchmeiß, das 
die Saaten verdirbt und uns ſticht. Allein man uͤber— 
lege, daß in der großen Kette der Geſchoͤpfe keine Luͤcke 
ſeyn darf; ein Geſchoͤpf iſt um des andern da, und 
im Zuſammenhange aller Dinge muß alles Moͤgliche 
ſeyn. Jedes der Geſchoͤpfe will leben. Die mehrſten 
ſchaͤdlichen Thiere ſcheuen von Natur den Menſchen; 
man kann ſie toͤdten, oder ſie mit leichten Mitteln 


362 — 
Uebel, (die nati — — — ſind keine wahre Uebel.) 


fangen. Sie ſpannen die Thaͤtigkeit und Vorſichtigk. 
des M. Nicht alle ſchaͤdliche Dhiere vermehren ſich 
ſtark, fie reiben ſich ſelbſt auf, und halten ſich in den 
gehörigen Schranken. Wäre fein Ungeziefer (die KFerb⸗ 
| 0 die Maͤuſe ec.), fo wuͤrde manches andere Thier 
nicht leben Fonnen, welches den M. nüßlich ift. Mir 
fkonnten klagen, falls die Thiere nicht da waͤren, die 
das Ungeziefer wieder verzehren, z. B. die Sperlinge 
WE Raupen, Gott ein dem Ungeziefer nur das 
Veberfäfige, wag ohnehin verdürbe, an. Wenn eins 
mal dag Ungeziefer (von Heufchreeden, Mäufen 2c.) ein 
ganzes Land zu Herheeren droht und alle menfchliche 
Vorſicht — u. aller Fleiß nichts fruchtet, fo Fommt 
bald eine ſolche Witterung, die fie veriagt oder ihre 
Brut erſtickt und toͤdtet. Der giftigen Thiere 
find fo viele ni u als das Gefchrei acht, fie faugen 
ach das Gift aus der Erde, Luft und ben Gewaͤch— 
fen- we, und die Raubthiere haben nicht mehr Frucht— 
barkeit, Waffen, Staͤrte Liſt, Geſchwindigkeit und 
Freßluſt, als zur Verzehrung des Ueberfluſſes anderer 
Gefehleähter und ber rauf werdenden Sir nothwen— 
dig iſt. 
9— Dornen und Diſteln treiben die M. zur Arbeit 
an Wuͤchſen uns alle Früchte ohne Bemuͤhung in 
den Mund: fo entſtaͤnde eine allgemeine Faulheit. 
Dann ſchlaͤferten alle edlere Kräfte der M. ein. Muͤſ⸗ 
ſiggang ſchwaͤcht unſere Nerven, zerruͤttet unſere Des 
gierden, toͤdtet den Geiſt. Ohne Arbeit daͤchten die 
M. auf nichts als auf die Befriedigung' ſchaͤdlicher 
Luͤſte, und alle fänfen in eine rohe — milde und thie— 
rifche Lebensart herab. Mir finnliche irrd. Gefchöpfe 
wollten feine Arbeit? wir verlangten eine perfchivende> 
rifche Natur, — beftändigere Güter? fo häften wir ia 
die Glieder — Kräfte — Sähigfeiten umfonft! fo hätte 
ia unfer Leib und unfere Seele grade vie befte Nah- 
rung nicht! fo hätten wir alle unfere angenehmften 
Empfindungen, unfere Bequemlichkeiten, unſere wohl— 
thaͤtigen Erfindungen und Kuͤnſte nicht, ii würde bie 
Welt für ung nicht reicher als für die Thiere feyn, 
und wir felbft würden Thiere an Dürftigk,, an Ge— 
ſchmack und an Empfindd. feyn. Iſt gleich die Arbeit 
muͤhevoll, fo lohnt fie doch durch frifche Gefundheit, — 


U. 363 
Uebel, (die natuͤrl. — find Feine wahre Uebel.) 


durch einen heitern Geiſt, durch einen gereizten Hun— 

ger und wird verſuͤßt durch den erquickenden Schlaf. 
Das Zeugniß, unſere Kraͤfte nuͤtzlich augewandt zu 

— wie belohnen d iſt es nicht! 

V Das Feuer verzehrt zuwellen eine Stadt, ein Dorf, 
‚einige Haͤuſer, aber was huͤlfe es uns, wenn es zum 
Heitzen und Brennen die Kräfte nicht hatte?! Wer 
will, Daß das Holz die Kraft zu brennen nicht hätte? 
Wer Fann wolen, dag 7 > Holz auf den Heerde 

in Brand fegen fol, u. es verlangen, daß es Nicht 

auch das Holz, wovon ein Haus gebaut iſt, anzuͤnden 
fonnte?! Su verlangen, daß letzter res wegfallen follte, 
ift etwas Unmögliches und etwas Ungereimtes. 

k) Wie viele Uebel verurfahen die Menſchen 
Fer Dt aber nicht ohne Gottes Leitung! Da— 
bin gehört 5. ®. der Krieg. Es Me traurig, daß 
M., die nach einer gemeinfchaftlichen 2 bſtammung mit 
einander verwandt, fich in ihren Empfindd. ſo aͤhnlich 
und durch andere ae mit einander verbunden find, 
daß sernünftige M R., die fo viele weiſe — billige Ge— 
feße zu ihrer gemeinfchaftl. Wohlf. gegeben haben, 
andere Mittel kennen, ihre BRD auszu⸗ 
führen, als die wilden Thiere gegen Thiere brauchen ;— 
daß oft, um nur eines Ehrſucht — Eigennuß oder 

Rache zu Er ſo — tauſend Unſchnldige 
ihre Guͤter — Freih. ihr Leben verlieren muͤſſen; 
daß ſo viele tauſend n M., deren Leben ver M—heit 
Stück iſt, auf fuͤrchterl. Wahlſtaͤtten ihr Blut ver- 
gießen müffen; daß noch fo viele Tauſend aus den Ar— 
men der Ihrigen von ihren nuͤtzlichen Ge J— wider 
ae Willen dazu hingeriſſe n werden; daß ſo viele 

| MWaarenweiſe fuͤr einen geringen Sold ihr Leben ver— 
fkaufen, und daß endlich — em dieſem Slutver- 
gießen die übrig gebliebenen für ihre Ruhe nichts 

gewinnen; daß die neuen —56 welche die 
Furcht be ſtaͤndig erfordert, ſelbſt im Frieden alle 
Fruͤchte deſelbe en wieder verſchlingen; und daß ſelbſt 2 

Ariodensfhlifte tı ichts als Anlagen zum neuen Krie 
find, der, fo bald die M. zu dem noͤthigen Maaß ber 
Stärke wieder herangewachfen find, mit eben de r Wuth 
und mit chen fo wenigem Gewinn wieder anfängt. 
Allein da Fein Uebel in der Natur ift, welches Gottes 


304 ul. 
Uebel, (die natur. — find feine wahre Uebel.) 


Weish. nicht ——— und da’ der Krieg zugleich ein 
heilendes Uebel ift, da die Natur eine Argney bat, um 
der menfchl. Verfaſſung auf eine Zeitlang eine neue 
Geſundheit wieder zu geben, fo ift er Fein wahres 
Uebel. Bey Ruhe u. Ueberfluß nahme der Keichtf. der 
M. zu fehr zu, die Denkungsart der M. würde bald 
unmenfchlih. Den einem ewigen Frieden, unter wel⸗ 
chem ſich die Reichthuͤmer haͤuften, die Erfindd. zur 
Bequemlichk. und zum Vergnuͤgen immer fliegen, würs 
den die Lafter ausfchweifend, der Meichen Ueppigfeit 
unmenfchlich und der Großen Stolz tyranniſch wer- 
den. Gott und die ernfthaften Lehren der Tugend 
gälten nichts. Durch Krieg ‚hindert Gott die gefaͤhrl. 
Ausbruͤche der Unſittlichk. ſo gut, als er durch Stuͤr— 
me u. Gewitter ben Luftkreis von vergiftenden Aus— 
bünftungen reinigt. Dach dem Kriege fühlen die M. 
ihre Schwäche, ihr Leichtſinn wird gebrochen, die Den- 
fungsart wird — wenigſtens auf eine Zeitlang — 
ernfihafter, Achtung der Rel. u. Tug. wird wieder er- 
weckt und der unbefannt gewordene Gott wieder her— 
vorgeſucht. Die Zerſtoͤrungen erwecken und ſpannen I 
von neuem die Thätigfeit, man erfindet neue Künfte, 
eine Menge M. wird dadurch in Ordnung gebracht 
und dem M. nüßlich gemacht. Die Reichthuͤmer kom⸗ 
men in Gegenden, wo Duͤrftigkeit hauſte, die M. und 
ihre Charaktere werden mehr mit einander gemiſcht, 
bie kriegenden Voͤlker lernen ſich naͤher einander fen» 
nen, bie M. werden mehr eine Familie, und Künfie 
u. Wiſſ. auch nach andern Drten herüber gebracht. 
Es wird auch der Krieg, ie mehr er eine Wiff. wird, 
menfchlicher und mit Beibeheltung der Zucht geführt, 
u. ſ. w. Vgl. Jerufalem’8 Betr. ır Th. ©. 142⸗ 
145; der Krieg ind. Hand d. Vorſehung ein 
Fleineres Uebel zur Verhütung größerer. 
a Wort zur Beruhigung, Leipzig 1794. 8. 
2 Bogen. Die Peft und anfledende Seuchen 
würden fich aus der Natur wieder verlie> 
ven, wenn die Unordnungen aufhörten, wovon fie die 
natürlichen und gerechten Folgen find. Schwächten 
nicht die linmäßigkeit und der aus ber graufamen 
Verſchwendung zugleich fuͤr die Armen entſtehende 
natuͤrliche Mangel der gefunden Nahrungsmittel alle 


U. 365 
Uebel, (die natuͤrl. ſind keine wahre Uebel.) 


Theile der menſchlichen koͤrperl. Einrichtung ſo, daß 
auch die geringſte widrige Miſchung der Luft ſchon 
ein anſteckeudes Gift wird, ſo wuͤrden keine Seuchen 
ſtatt finden. Zwar iſt die Peſt eine unmittelb. Wuͤr— 
fung der Luft, und ihre ſchnelle Verbreitung iſt eine 
unvermeidl. Solge des gefelligen Lebens; allein, da alle 
- andere Uebel Folgen eines großern Guts find, da Gott 
- auch die Uebel in feiner Gewalt behält: fo wird aud) 
die Deft Feine Einw. mider die göttl. Borfehung ſeyn 
fönnen; vgl. Jerufalem a. a. D. ©. 151-153 ı. 


155. | | £ 
)) De Menfch ift insbeſondere an fich vielen Uebeln 
unterworfen. aa) Er fommt nackend und huͤlflos auf 
die Welt. Er bringe Feine Waffen mit, und fein Ver— 
mögen, fich feibft zu erhalten, dagegen die Thiere ihre 
beftändige Kleider und Waffen mitbringen, ihr Sutter 
bereitet finden und bald ohne die Pflege und den 
Schuß der Alten oder der Mutterthiere allein fertig wer— 
den. Die menſchl. Natur ift überhaupt arm und vol» 
ler Bedürfniffe, die fo viele Sorgen und Arbeit Foften. 
Sreilih, wenn die Kinder zu nichts anderm beſtimmt 
wären, als Thiere zu feyn, fo wäre dieſes eine gerechte 
Befchwerde. Allein da fie dazu erfchaffen find, durch 
Kern. und Tugend wohlthätige Glieder in der menſchl. 
Geſellſchaft zu werden, fo fiele die Bildung der Serie 
weg, falls die Kinder nad) einigen Monaten entlaufen 
fonnten. Dazu haben fie Eltern, daß diefe fich ihrer 
annehmen follen. Die natürlichen Bedörfniffe find 
nothwendig, um ung gefpräcdig, vernünftig, Fünftlich, 
weife, umgänglich, liebreich, tugendhaft und glücklich 
zu machen, und ung zu aller Vollk. zu bilden. NHät- 
ten wir nach der Muttermilch Feine weitere Handreis 
chung und Hülfe nothwendig, fo würden wir wie bie 
Thiere für ung leben, feine Sprache lernen, und ohne 
dieſelbe feinen Gebrauch unferer Vernunft haben noch 
Unterricht genießen koͤnnen, folglidy auch kein deut: 
liches Bewußtſeyn, Feine Erfenntnig von ung und an— 
dern Dingen, Feine Kunft oder Wiffenfchaft, Feine Be- 
quemlichkeit, Feine höhere geiftige Vergnügungen erhal: 
ten, vielmeniger. zur GSittlichkeit erzogen werden kon— 
nen. Go aber macht der huͤlfbeduͤrftige Zuft. der 
Kinder, daß fih die Eitern ihrer annehmen, und daß 


366 ; U. 
Uebel, (die natürl. find feine wahre Uebel). 


x iene aus Gefühl ihres. Mangels und aus Sucht vor 
der Gefahr zu den Eltern halten, fi) nad) ihrer Vor⸗ 
fhrift und nad) Ihrem Beifp. zur Spr., zum Vers 
nunfigebrauche und zur Sittlichkeit gerväbnen ni hf. 
Sie fonnen dabey deifen, was die Thiere voraus ha- 
ben, bequem entbehren. Die Naturgaben der Thiere 
würden die Kinder nur in einem niedrigen Grad finnl. 
Vollk. erhalten... Shre Sinnen, ihr Verſtand und ihre 
Hände find allein. genug für ihre Nahrung, Sicher» 

heit, Bequemlichkeit, Deranügen und Wohlſtand zu 
forgen, alle mögliche Geſchicklichkeit zu erhalten, alles, 
was in der Natur ift, fih zu Nutze zu machen und 
unter einander Gefelligfeit, Umgang, Gefpräch, Freund⸗ 
ſchaft und Aufheiterung zu ſtiften. Die Beduͤrfniſſe 
des M. wecken den Fleiß u. die Tugend, dadurch wird 
auch Liebe und Geſelligkeit befordert. 
bb) Sin dem menſchlichen Leibe, in feinen Gefäßen 
und Einrichtungen Fonnen Unordnungen entfichen, Zer» 
ruͤttungen eintreten, die ihre Wuͤrkungen hemmen, boͤſe 
Säfte fih entwicdeln und verbreiten, und Schmerzen, 
Krankheiten u. d. Tod zur Folge haben. Aber fie find 
doch an fich nicht dazu beſtimmt, diefes zu hun, ihre 
urfprängl. Einrichtung zielt nicht auf Schmerz; und 
Krankheit, fondern auf Wohlbefinden ab. Der Kör- 
ver hat ſogar Krafte, eingetretene Unordnungen wie— 
der zu vecheffern, entflandene Zerrüffungen wieder auf: 
zubeben und Verletzungen feiner Gliedmaßen wieder 
zu heilen. Gehorchte der M. nur mehr den Winfen 
der Natur, Fame er dem wohlthätigen Streben feiner 
Kräfte zu Huͤlfe, und arbeitete er nicht aus Unwiſſenh. 
oder aus Nachläfliak., oder aus Ungeduld und Wider: 
willen, der Ertragung der Ungemächlichkeiten durch 
übel gewählte oder gewaltſame Mittel ganz entgegen: 
fo würde er manche Uebel leichter überwinden und 
nach der Krankh. eine feftere Geſundh. genießen, flatt 
daß er num oft durch fein Eilen in der Entledigung 
vom Schmerz fih weit hartnäckigere Uebel — und 
gar einen frühern Tod zuzieht. Dieſes find Fehler 
der M., nicht der Natur. Die wefentliche Einrichtung 
ift doch. nichE zur Krankheit und zum Schmerz ges 
mache. Der Schaden, ven die Kräfte zumeilen ans 
richten, wird durch überwiegende Vortheile erfegt. 


a u. 367 
Mebel, (die natuͤrl. — find Feine wahre Lebel.) 


Die finnlichen Werkzeuge find ſo am Menſchen gebeuf, 
daß fie ihm, was außer ihm vorgeht, amzeigen fin 
nen; das feine Nervengewebe fol Keben und Empfin- 
dung verbreiten, Die Verdauungswerkzeuge follen vie 
Nahrungsmittel verarbeiten und aus ihnen gefunde 
Saͤfte zur Erfegung der Kräfte uns zufuͤhren und 
das Triebwerk des Bluts fol alien Thellen Die nöthige 
- Nahrung in feinen Kanelen zuffremen. Sreilid; wuͤrde 
3.3. die Schwindſucht, die den hoffnungsvollen 
Süngling in der Lebensblüte wegraffi, ganz wegfal—⸗ 
len, wenn unfere Zungen nicht fo ſehr zart gebildet 
wären, aber ihre Zartheit ift bie Bedingung des Le— 
bens; benn ohne fie ift das Athemholen unmeglid. 
Unfer Leib ift vielen fchmerzhaften Empfindungen uns 
terworfen; allein der Wunſch: „Füblte der M, we- 
niger oder gar nichtg, denn wuͤrde er von vielen 
Vebeln nichts wiſſen,“ wäre Unverfiand. Unmöglich 
fann der Menfh noch im Ernfl fragen: warum If 
mein Leib fo verleglich und fo fehr dem Schmerze 
ausgefegt? denn wenn unfer Sleifch die Härte und 
Seftigf. des Eifens und Stahls hätte, wie koͤnnte 
dann der M. fich biegen und regen? Hätten wir bie 
dicke unempfindlichere Haut des Elephanten od. Naß— 
horns, oder den Magen des Pferdes, fo würden wir 
manchen Sranfheiten und fehmerzbringenden Verlegun- 
gen nicht ausgefegt ſeyn; allen dann entbehrren wir 
auch die unendlich angenehmen Vergnügungen deg fei- 
nern Gefühle. Dffenbar bangen unfere feinere Sreu- 
den, die wir gewiß nicht bingeben würden, vom fei- 
nern Leibesbau ab. Sollte der M. die Annehmlich— 
keiten der Natur ale cin vernünftiges Gefchöpf ges 
-nießen, fo mußten feine Sinne -und Nerven zärter als 
die der Thiere ſeyn. Sollten wir feinen Schmerzen 
unterworfen feyn, fo müßten wir unempfindlich) feyn, 
dann koͤnnten wir aber auch Feine Luft und Freude 
genießen. Ohne Leidensfähigfeit würden die angeneh: 
men Empfindungen nicht den hoben Werth haben. 
Wie der Schatten das Gemälde erhöht, fo erhöht der 
Schmerz das DBergnügen. Der Schmerz, fo empfind- 
lich er auch ift, fo lange er anhält, ift doch nicht der 
berrfchende und überwiegende Zuftand des M., und 
ſelbſt bey denen, die vor andern viel leiden, nicht fo 


368 U. 
Uebel, (die natuͤrl. — find Feine wahre Uebel.) 


ſchlimm, als wir ihnen anſehen. Sie werden, wenn die 
Nerven lange genug dadurch angegriffen find, derfels 
ben gewohnt. hr Gefühl ift oft betaͤubt; haben fie 
auch Berzuckungen, und fiheinen fie äußerlich gemar⸗ 
tert zu werden, ſo empfinden ſie doch nichts. Daß 
aber der Schmerz das Vergn. erhoͤhe, erhellt daraus, 
daß dieienigen, welche die heftigſten Schmerzen gelitten 
haben, wenn ſie ſolche uͤberſtanden, ſich nachher ſo 
wie nach einer volbrachten ſchweren Arbeit freuen, 
und den Genuß des Gluͤcks ihres Lebens da— 
durch auffrifchen. Zwar ift der Schmerz empfindlicher 
als die Srende, aber dieß mußte er zur ficherern Un— 
terhaltung des M. ſeyn. Er ift eine Warnung dert 
Natur, bey den verlegten oder fhadhaften Theilen auf 
unfere Rettung bedacht su fiyn. Ohne daß wir 
Schmerzen fühlten, würden wir feine Wunde u. Franth. 
achten, dadurch aber ſehr oft zu Grunde gehn. Die 
Schm. erinnern ung nachdruͤcklich, die Pflichten in Ab- 
ficht der Gefundheit zu beobachten. - Sie erinnern an 
unfere begangenen Fehler und nöthigen ung, ihnen 
entgegen zu arbeiten, zur Verhütung großerer Uebel, 
deren Annäherung wir fonft gar nicht. merken würden; 
bey einem noch feinern Empfindungsvermoͤgen ftänden 
wir noch fehlimmer. Dann wäre diefe irdifche Woh— 
nung zu grob, zu fehlecht, feine natürlichen Begierden 
fanden feine Befriedigung, und fie ängftigten ung 

martervoll. 
cc) Die Abnahme ber Kraͤfte und des Lebens 
ift auch den M. nafürlich. Darüber ſich zu beſchwe⸗ 
ren, hieße klagen, daß man endlich und nicht unend— 
lich wäre. Goft Fonnte feinen unfterbl. — Menfhen 
machen, der aus Fleiſch, Knochen u. Blut beftände. 
Der Tod felbfi, der als dag groͤßte u fuͤrchterlichſte 
aller Uebel angeſehen wird, gehoͤrt zu dieſen natuͤrl. 
Einſchraͤnkungen irdifher Körper, Im innern Bau 
des Leibes liegt ſchon der Grund ſeiner Hinfaͤlligkeit, 
und einen unzerſtoͤrbaren Leib verlangen, heißt, ver: 
langen, daß man nicht geboren ware, beißt, undank— 
bar mit dem Schöpfer rechten. An ſich ift der Tod 
dem erſten Anblick nach ein Uebel, aber zur rechten 
Zeit befreye er den Leidenden von feinen Laſten. Er 
iſt die — uns in ein und unbefanntes, aber gewiß 
beſſeres 


i U, 
Uebel, (die natuͤrl. — find nothwendig.) 


beſſeres Land, als unfer ießiger Aufenthalt it, hin 
führende Hand. Er iff doch der Weg zur gro 
Vollk. des Ganzen zu gelangen. Iſt derſelbe aud) 
dunkel und rauh, fo ift er doch Fein Uebel gu nennen, 
und die Vorſchung faun darüber nicht angeflagt wer— 
den, daß fie ihn zuließ. Es fiheint ein großes Hebel 
zu feyn, daß Eltern früh ihren Kindern entriffen wer: 
den, aber für viele Kinder ift das Wohlthat. Ihre 
Eltern hätten fie verzartelt — Fremde erziehen fie bef 
fer. Uns ſchmerzt der Verluft eines treuen Freundes, 
aber fahen wir wicht hinterher, dag ihm dadurch man- 
che Leiden erfpart worden find, welchen er fonft aus— 
gefegt worden wäre? Immer fann man e8 freilich 
nicht genau angeben, aber da wir es doch oft Finnen, 
fo follen wir ung billig auch in denienigen Füllen be 
ruhigen, wo wir nit wiffen, warum 13 gut gemeren 
iſt, daß uns Roth traf. — 
Aus den allen folge dieſes: die vielen unangeneh- 
men Uebel entfiehn aus den Einrichtungen und an 
fi) nothwendigen und nuͤtzlichen Kräften ver Natur— 
gegenflände, nämlich aus den Kräften der Luft, des 
Waſſers, Feuers, des Eifing, der aus der Erde 
gegrabenen nuͤtzlichen Gachen, aus der Neizbarfeit, 
aus dem Leben und Empfindungsvermögen des Kor- 
pers, welche Kraͤfte und Neußerungen fein Bernünfti- 
ger aus der Welt wegwänfchen wird; denn fie dienen 
dazu, um großern Schaden zu verhüten, die Geſundh. 
zu erhalten und zu befchüßen, und viel Böſes abzu— 
halten. Wurden diefe Kräfte gewaltſam zerſtoͤrt, fo 
ſtuͤrzte die ganze Welt in einander, oder eg hörte aller 
in der nicht aufzuhebinden Verbindung damit ver— 
knuͤpfter Vortheil auf. Alle Naturkraͤfte mußten end- 
lich feyn; denn die unendl. Kraft kann fich nicht auf 
das Unmogliche erfirecfen, und dem, was feinem We— 
fen nach Swranfen haben muß, fann Feine Unendlichk. 
und Gihranfenlofigf. anerſchaffen ſeyn. Endliche 
Kraͤfte koͤnnen daher nicht alles bewuͤrken und aus— 
richten, da ſie von andern gehemmt, eingeſchraͤnkt und 
gehindert werden. Weil der M. eingeſchraͤnkte Kraͤfte 
hat, ſo kann er auch nicht der auf ihn wuͤrkenden Ge— 
walt anderer Kraͤfte widerſtehen. Er iſt immer der 
Unwiſſ., dem Irrth., dem Mangel u. der Abnahme 
Chriſtl. EL. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. Aa 





Te EEE Tr — — 


. 


370 U. ar ; 
Uebel, (die natuͤrlichen — find Feine wahre Lchel,) 


Der Kraft unter Fon, ei er ſchmerzvolle Ges 
fühle erhalt. © Die inet Einficht, die vielfachen 
Irrth., Die unzureichenden, ober abnehmenden, oder 
unrecht geleiteten Kräfte feiner Mitm. werden häufig 
feine Abſichten hindern; feine. Entww. zernichten, ihn 
huͤlflos laſſen und auf eine mannichfache Art ſchaden. 


Aug Der En blichfest folgt daß Daſeyn dies. 


ler Uebel. Diefelbe iſt aber den Gefchöpfen north» 
wendig, und desh. Fann das Uebel wicht davon ge— 
trennt werden. Entgegengeſetzte Kräfte, 3. B. daß 
der Leib weich.und fühlbar und Boch auch wie Holz 
unempfindlich. ſeyn follte, Fonnte Gott den Dingen 
nicht verleihen, er würde dadurch ihr Wefen felbft aufs 


u 


heben und zerſtoͤen. Welche Thorheit wäre es zu 


verlangen, daß die Naturkraͤfte bald wirffam, bald 
unwirffam feyn follten! Ohne die Katur umzu— 
kehren, ERANEN Daher viele Uebel sar. nicht 
aufgehoben werden. Es find die Naturfräfte 
zweckmaͤßig anb nuͤtzlich und deshalb unentbehrlich. 
— muß man auch nicht uͤber die Uebel unile 
lig werden, die damit verbunden find. Offenbar ſieht 
man, Daß iene Naturereigniſſe (ſ, oben ©. 358 ff.) 
arfprunglie) nicht zum Nachtheil des M. gemacht find, 
weil fir nicht in einem forf Verwuͤſtungen anrichten, 


weit die Verwäftungen u. das Dudlen der Geichöpfe 


ticht ihre gewöhnlichen Wirkungen find. 

3) Auch die natürlichen Uebel find dent M. 
9 tzlich. Die ganze Welt wäre nicht fo vollfommen 
und ihre vernünftigen Bewohner waͤren nicht fo glück- 
lich, als fir fegn konnten, wenn biefe Uebel nicht waͤ⸗ 
ren. lie Uebel haben theils fuͤr's Ganze, theils 
fuͤr's Einzelne allemal uͤberwiegend gute Folgen und 
find alſo auch Feine wahre Uebel. 


a) Die Raturübel erhöhen die Eipfihbing 
des Angenehmen, welches wir mit dem Uebel oder - 


nachher genießen. Diele ung drückende Uebel machen 
uns erfi recht bes Vergnuͤgens enpfängli) Ein leb— 
haftes Bergn. kann ohne vorbergegangenen Schmerz 
gar nicht ſtatt finden. - Die auf die nannehmlicfeit 
folgende Annehmlichkeit iſt weit großer alg dag vor- 
bergegangene Gefuͤhl des Unangenehmen. Sm Letztern 
iſt nicht das Uebergewicht, ſondern im Angenchmen. 


U. 371 
Uebel, (die natuͤrl. — find Feine wahre Hebel.) 


Dhne Arbeit und Ermädung Fantı man feine Erho« 
lung, Ruhe und Schlaf mie Vergnuͤgen genießen. 
Die in bie Froͤhlicht. ſich mifipende Uniuft erhoht ſo⸗ 
gar ihre Ensfi ndung, fo wie der Winter ben Fruͤh— 
ling, wie dag Gewitter den Sonnenfchein, wie der 
Schaffen die — wie der Misklang die Ueberein- 
ſtimmung der Tone. — Der naͤmliche Leib, welcher 
der Seele unangenehme Empfindungen verurfacht, muß 
ihr auch angenehme gewähren, und Die mehrften 
Schmerzen des Leibes und unangenehme Empfindd. 
der Seele ſind mit Vergnuͤgen vermiſcht. Denn die 
Seele ift bey den unangene ehmen Empfindungen noch 
etwas thaͤtig und iede Uebung der Kräfte iſt auf eine 
iedem ſelbſt bewußte Art mit Vergnuͤgen verbunden. 
Alles Schmerzhafte iſt im Grunde nichts als eine 
Verringerung des Un genehmen indem ienes unſere 
Kraͤfte hemmt, aber nicht raubt. | 
b) Die Naturübel bilden a M. aug; fie find 
theils fuͤr ihn Antriebe, ſeine Kraͤfte zu wecken und 
felche thätig anzunenden. Dadurch, dag wir in den 
Kinderiahren huͤlflos waren, wurden wir ſehr lange 
von altern Perſonen abhängig, und biefe ——— 
keit hat eine längere ns zur Folge. Beduͤrf— 
iſſe mancher Art noͤthigen zur Arbeitſamkeit, zur Er— 
findung En sum Sachdesfen. Ohne Beduͤrfniſſe, 
Gefahn, Widerſtand, ohne eine Miſchung von Uebeln 
hätte der . feinen Anreiz zur Thaͤtigkeit. Träge 
würde er fein Leben verfchlummern. Auch ————— 
gene Arbeit iſt nicht ganz ——— wir haben da⸗ 
durch weni gſtens unfere Kräfte geübte. Was übt Kraͤf— 
te — was übt den Berftand mehr als Berlegenbeit, — 
Noth, — dringende Gefahr? Dem Werfen find die 
ie Uebel alfo ein Sporn zur Thaͤtigkeit, 
d. i. zur Gortähnlichkeit *). Theils — n und 
ftärfen fie auch des M. firtliche Kräfte; fie befsrdern 
feine. Beſſ., üben feine Tugend, machen ibn alfo voll— 
fommener und glücklicher. Gott bedient fi) des 
uebels, als eines großen Mittels, die M. 





S. Sierig die troſtvolle eehre ı v. d. goͤttl. Vorfehung. 
S 
Aa2 


; 
Ü 


72 
© 


NN... 
ebel, (die naturl. — find feine wahre Uebel.) 


su ihrer Beſtimmung zu lenken, und uns 


zum berechneten Gluͤck zu führen. Zugend 
kann nicht von ung ohne Uebung erlangt werden; zur 
Hebung gehoͤren aber Veranlaffungen und Schwierig- 
feiten, die nicht allemal ohne unangenehme Empfin⸗ 


dungen und Vorſtellungen abgeben. Indem fie ung 


thaͤtig — weige und fromm machen, befördern fie uns 
fere Gluͤckſeligkeit. Ale äußere Gluͤckſ. iſt nichts, wenn 
dabey Die innere fehlt, und Die innere erſeht alle Maͤn⸗ 
gel der aͤußeren. Die innere entſteht aber durch das 
Fortſchreiten in der Tugend. Der M. wuͤrde aber 


nicht fortſchreiten, wenn er nicht die Hinderniſſe ſei— 


ner Tugend beſtegte . Soll daher fuͤr ihn innere Gluͤckſ. 
moͤglich ſeyn, ſo muß er fortfchreiten Edunen und dazu 
müfen ſich ihm Hinderniffe feines Strebens in den 
eg flellen. Dief: Hind erniſſe werden nun freylich ſo 
lange, als ſie noch nicht beſiegt ſind, ihm Schmerz 
—*—— und feine aͤußere Gluͤckſ. ſtoͤre Allein 
da ohne dieſe Hindern. — alſo ohne dieſe Störungen 
der aͤußern Släd kſ. es unmoͤglich ware, ſich zur innern 
Gluͤckſ. erheben zu koͤnnen: — da uͤberdies die innere 
Gluͤckſ. allen Schmerz uͤber die Stoͤrungen der aͤußern 
uͤberwiegt und vernichtet: ſo mußte Gott, wenn er 
guͤtig ſeyn wollte, gerade um deswillen ſolche Sto⸗ 
—5 unſerer äußern Gluͤckſ. zulaſſen; Roͤm.4, 3 f. — 
gehre n und die Maturübel nicht Selbfibeberrfchung, 
Maͤßigung, en! d, Ganftm., Unerfchrockenheit und 
Standbaftig keit? machen fie ung nicht beym Anblick 
der Noth Anderer empfindlicher und mitleidiger? Diefe 
und andere Tugenden wären ohne fie gar nicht moͤg⸗ 


lich. Es ſind aber Tugenden, welche die menſchl. 


Seele am meiſten erheben und wodurch fie ihre Große — 
ihren Adel am deutlichften zeigt. Eine vollfommene 
Gluͤckſ. gibt unfeer Einnlichfeit zu viel Nahrung, als 
daß dbabey die Tugend fruchtbar. reifen koͤnnte. Bey 
verzärtelten felbftifchen Lieblingen des Gluͤcks finder 
man nicht die größte Klugheit, — die größte Stande 
haftigfeit, die edle Großmuth, zertliche — 
Mitleiden und Menſchenliebe, ſondern bey Leidenden. 
Offenbar hat das Uebel, was auch an ſich ein Uebel 
iſt, nachher Guͤtes zur Folge. Iſt es z. B. wohl ein 
Uebel, daß Kinder zeitig ſterben, die hier ſchlecht er— 





Mi. ee i — 
33 ER: 


U. 73 
Uebel, (die natürlihen — find Feine wahre Uebel.) 


sogen erden, oder fonft durch Andere verdorben wuͤr— 
den, damit fie in ienem Leben gu mehrerer Vollk. rei: 
fen? Wir toiffen oft nicht, weshalb ung Gott beugt, 
vielleicht, um ung defto mehr wieder aufzurichten. 
ec) Die Uebel find, wenn auch nicht immer und iedes— 
mal für Einzelne, doch gewiß fürs Ganze Wohlthat. 
Sie haben allemal mehr gute als ſchlimme Folgen. 
Die boͤſen und fuͤr ſchaͤdlich gehaltenen Folgen ſind 
keinesweges überwiegend. Durch die von ber Vor— 
ſehung ihnen angeiviefene Richtung fragen fie gewiß 
zur Golf. des Ganzen und zum Gläd der gefammten 
R—heit, bey. 
Mer über die Uebel Flagt, erlangt, daß die ganze 
Melt und ihre Einrichtung fih nach ihm blos richten 
fol: Iſt denn der Klagende allein in Der 
Welt? at der Einzelne nicht mit der sangen Menfch- 
heit in Berbindung? fol fich nad) feinem Willen, wel—⸗ 
cher oft mit Thorheiten vermifiht iſt, alles ric chten? 
Wuͤrden ni icht, wenn ale feine Winfch erfüllt wuͤr⸗ 
den, die Wuͤnſche unzaͤhlicher anderer M a blei— 
ben und dieſe eben ſo wieder uͤber * Vorſehung fla- 
‚gen? Ginge alies nach feinem Ginn, [8 würden gewiß 
viele andere unglücdlich werben. Das! —— welches 
er heute für fein Vergn. verlangt, würde Vieler Scha— 
den, ia vielleicht der Echaden eich halben Landes 
ſeyn. Der Kornverkaͤufer r, welcher einen großen Vor— 
rath hat, wuͤnſcht eine ſchlechte Aerndte, darunter — 
den aber Tauſende leiden. Es iſt beſſer, daß Gott e 
entſcheidet, was der Welt gut oder nicht gut W — 
auch einzelne Uebel, z. B. Stuͤrme, ſchaͤdl. Duͤnſte, 
Kerbthiere aus fremden Gegenden, E nzelnen Sanscn 
bringen, fo find diefe Wenige ia nicht der Mittelp. 
des Ganzen und fie konnen nicht verlangen, daß alles 
blos zu ihrem Nutzen gereichen ſolle. Hber indgemein 
ſetzt fich der Menſch zum letzten Biel von Allem; was 
ihm nicht offenbar und unmittelbar v Horcheilhaft ift, 
das dünft ihm überfiüßig und unnuͤtze zu ſeyn, und 
was nicht mit ſeinen Wuͤnſchen uͤbereinſimmt, das 
erklärt er fuͤr unordentlich und boͤſe — Jeder M. 
muß ſich in die end keiten fuͤgen, die das 
Wohl des Ganzen fur Einzelne oft nothwendig macht. 
So wenig die Erde Wi Verl n er ter nur für M. 


(4) 


374 U. 
Uebel, (die natuͤrl. find feine wahre Uebel.) 


allein gefchaffen find, fondern für ungähliche Gefchöpfe 
zugleich, die ebenfalls Anfpruch auf Gottes Güte und 
Verſorgung haben ; fo wenig beziehn ſich alle Einrich- 
tungen und Berauderungen nur auf einzelne M. Soll: 

- ten um ber gefelligen Berbindung willen einige reich 
ſeyn, r mußten Andere in Armut) und Abhängigf. 
leben. Den Vorzug, welchen der eine befißt, muß der 
Andere ———— Einzelne muͤſſen alſo um des ge— 
meinen Beften willen manches ertragen, aufopfern, und 

Anderer Leiden u. Ungluͤck zuweilen mitfuͤhlen, ſo wie 
fi auch wieder an deren Glück Theil nehmen; fie 
muͤſſen Andern dienen, wenn Andere ihnen wieder die— 
nen folen u. f. w. Hore alfo auf, o Menſch! über 
dag zu Fiagen, was dir etwa eine Pflanze, eine Blume 
perbirbt und was auch nicht allen Mitm. zum Scha⸗ 
den gereicht. 

4) Die Uebeld. Natur werden fo weife aus. 
getheilt, daß fie jedesmal der Mafle von den draͤf⸗ 
fen des M. angemeſſen find, I Kor. 10, 13. Gott 
legt Niemandem eine größere Laſt auf, als ff. Das 
Schmerzlide ſteht mir unfern Anlagen im genauefien 
Berhältni iſſe. Don Menfchen, die von allen Seiten 
durch dag traurigſte Schickſal beffürmt wurden, die 
an ihren Kindern Herzeleid erfuhren, die unter den 
Qualen einer ungluͤckl. Ehe litten und von beſtaͤndigen 
Nahrungsſorgen und Schulden gedruͤckt wurden, fand 
mi Ar wenn man fie naher Fennen lernte, daß ihr gan« 
zes Ungemach nicht fähig Ba ihnen die natürl, Hei— 
terkeit des Gemuͤths zu rauben, durch die Gott ihnen 
reicht. Erſatz für die Leiden gab, welche er aus weiſen 
und « Bu igen, obgleich uns verborgenen Abſichten uͤber 
ſie — ——— 

5) Kein Menſch hat ein Recht, bier von Gott eine 
reine, von gar feinem Uebel getrübte Gluͤckf. zu fors 
dern. Seiner kann auch von Gott eben die Gluͤckſe, 
bie ein Anderer bat, als eine Schuldigfeit verlangen, 
Rom. 9, 20. 21. Wie kann das Gefhoöpf berechtigt 
feyn, den Schöpfer vor feinen Michterffuhl zu fordern? 
Jedes Gefchöpf ift fo vollkommen, und genießt bag 
Gute fo, als eg fiyn kann und als e8 ihm dienlich iſt, 
ſey es auf diefe oder auf ine Art. Dadurch, daß 
e8 höhere über fi) Het, wird eg nicht unvollkommner. 


; 


; u, 575 
Uebel, (bie natürl. — find — wahre Be 


) 
Der meife und befie d Rathſchluß Gottes ſetzte und vor— 
erſt in dieſe Welt, und in derſelben wollten * En: 
‚gel ſeyn? oder wollten wir glauben, daß wir gluͤcklich 


——n 
5 


waͤren, wenn wir unſer — in wolluͤſtigem Maͤſſig— 
gange oder Traͤgheit verſchlummerten? Dasjaı tige Gute, 
was wir haben, oder gern befigen möchten, kann 
ner als ein Kecht verlangen, und die B equemlich keiten 
und Vergnuͤgungen nicht ven nothduͤrftigſten Beduͤrf⸗ 
niſſen gleich ten und ſie als eine Schuldigk. von 
Gott fordern. > jedem Elende eines Andern, ben 
dem Anblick eines Gebrechlichen muͤſſen wir fletg den— 
ken: verdienteſt du nicht eben das Ungluͤck? Jeder 
Be z. B. erinzere uns, wie viel Gutes wir ge— 
en. 
6) Alle Uebel, welche die M. treffen, werden 
weiſe regiert. Gott ſetzt ſo wohl der Verbreitung, 
als auch der zerſtoͤrenden Macht derſelben durch ſeine 
Allmacht Schranken, maͤßigt dieſelben, und leitet ihre 
Folgen 3 einem weifen Ziele und zum Wohl fo wohl 
einzelner M., ald ai uch des Ganzen. Er weiß z. B. 
die Sonnenhitze ſo zu maͤßigen, daß die Erde nie su 
einer duͤrren audwilte werden a Er Hält d 
Meer fo in f. Ufern, daß es mie das san; e Land er. 
deckt, wenn e8 gleich bie und da einb richt. Woher 
kommt's, daß die Menge des Elendes nicht noch groſ— 
fer. in dem Beben mancher Leidenden wird, da doch oft 
Anlage genug dazu vorhanden zu ſeyn ſcheint? Ver— 
kuͤndigt ſich nicht zuweilen der M. ſelbſt ein weit 
ſchlimmeres Schickſal voraus, als ihn wirklich trift? 
Mer gibt die Linderungsmittel — Troſtungen und 
Aufmunterungen ton allerkei At, die unerwarteten 
Huͤlfen, Die oft grade zur gelegenen Zeit und ohne 
unfer eigenes Zuthun erfcheinen? Gate ift es, der auch 
ba Rettungsmittel gibt, mo fein menfhl. Auge fie 
wahrnehmen kann. Ueberh. bat der M. gegen viele 
Uebel Mittel — wenigſtens yeah: Wer 
hat iene aber erfunden? Mer bereitet die heilfamen 
Arzeneien — die Gegengifte? — geht es zu, daß 
das Menſchengeſchl. ich noch immer Dip: da 68 
doch mit vielen Uebeln zu Fampfe a "hat: 9 die Erf. 
‚zeigt, daß Soft den Uebeln fo viel Gutes enfgenenge- 
ſetzt und beydes fo unter einander gemiſcht hat, daß 


— — — —— _ 


376 | U. 


Uebel, (die natur. — find Feine wahre Uebel.) 


dieſes nicht nur ienem das Gleichgewicht haͤlt, 
ſondern es noch um ein Großes uͤberwiegt. 

7) Es gibt in der Koörperwelt mehr Gutes 
und Freude als Uebel, Leiden und Shmer- 
sen. ” Beym größten heil der M. und im Ganzen 
hot das Sn das Uebergewicht. Gott läßt nur fo 
pie] Uebel su, als die iedesmalige Befchaffenheit des 
Ganzen RS Br befonderen Schwachheiten eines ieden 
. erfordern. ſpart die aͤußerſten Uebel mit ver 
größten — aufs Letzte. Die Erfahrung beftä- 
tige es, daß das Böſe vom Guten übertroffen wird. 
Pur muß a wenn man dieß felbft einfehn wid, die 
Dinge um uns ber ohne Borurtheil anfehen a) In 
Hinficht 28 Gan; en. Gind auch einige Uebel auf 
der Erde, fo find fie doc) gegen die Summe des Gu— 
ten auf derfelben nichts. Gegen die vielen ruhigen 
und beitern Tage gibt es nur wenige finrmifche und 
fchreckliche. Die fogenannten Landplagen (frieg, 
Erdbeb., Pet und andere Seuchen) freffen nur den 
Heinften Theil des M—geſchlechts. Der Antheil, wel 
chen viele daran nehmen, iſt bey weitem nicht ſo groß 
und fuͤrchterlich, als er oft in der Entfernung zu ſeyn 
ſcheint. Nach alten Nachrichten darf man nicht das 
Gluͤck der Welt berechnen. Von ieher pflegte man 
mehr die Ungluͤcksfaͤlle und ſchreckliche Veraͤnderun— 
gen aufzuzeichnen, als die gluͤcklichen Begebenheiten 
und den ſtillen Fortgang des Gluͤcks. Die Zeiten, 
worin ganze Laͤnder im Frieden und im Wohlſtand 
bluͤhen, worin die Einwohner derſelben, frey von an— 
ſteckenden Seuchen, einer guten Gefundh. genießen, 
wenn die Erde zur rechten Zeit und reichlich, ihre, Er- 
zeugniſſe abliefert, wenn einzelne Familien in haͤusl. 
Freuden vieler Art ruhig fortleben, werden nicht be⸗ 
merkt, aber wohi die traurigen Folgen der Kriege, des 
Erdbebens, der Ueberſchwemmungen, Feuersbruͤnſte, 
und fogar die nur a [ne Familien und Perſonen 
Ace a Jeder gibt gern feinem 
Nachb. Nachricht von widrigen Begebenheiten, 
und er * ‚ot "fe noch fehr zu vergrößern, Gehts ihm 
aber wohl, macht er ſich Vortheile, befigt er Vorzüge, 
fo ift er im Erzählen nicht offenherzig. Bey Be: 
fchreib. ſ. Noch iſt mancher geſchwaͤtzig, bey Angabe 





\ u. | 377 
Uebel, (die natürlichen — find feine wahre Lebel.) 


der gest. Wohlthaten aber hat er eine ſchwere Zunge. — 
Es gibt meit mehr ergichige als magere ernten, 
mehr fruchtb. als unfruchtb. Jahre. | 
b). In Ruͤckſ. deffen, mas den SR. einzeln trift. Es 
gibt mehr Tage ber Geſundh. als der Krankheit. Dieſe 
bat nur gleichfam. Stunden, iene währet — Jahre. 
Mer hat wohl Öftrer hungrig, als gefattist ſich 
zu Betz? gelegi? Wer hat wohl me br ſchlafloſe als 
ruhige Naͤchte? Welcher —— ſinnte wird mehr ver— 
achtet als geehrt? Was ſind die A—blicke des Schmer— 
zes, bie ein einzelner Unfall verurſacht, gegen die 
Stunden des Lergmügens, die ung der Genuß des 
‚fortdaurenden © ebeng, der Spei fen — Getraͤnke, der 
Bekleidung, Wohnung, der Bewegung, der fchonen 
Natur, der Ruhe, des Schlafs, der Erreichung unfe- 
ver Wuͤnſche, der Gefellief., der Zunahme unferer 
Guͤter dur nicht vergebl. Fleiß uns Ichenkt! Iſt das 
nicht Gluͤck genug?! = De Zahl. der Unglüg- 
lichen iſt nicht fo groß als die BR Glücli- 
chen, wenn gleich Unzufriedene das nicht glauben, 
Sind und leben mehr franfe, oder mehr ge funde M.? 
Gibts nicht mehr M. von einem. vollig regelmäßigen 
Körperbau als Kruͤppel? Gibt es nicht mehr M., die 
ihr binlängl. Aust. und noͤthige Bekleidung haben, 
als Arme u. Nackte? Gibt es mehr Boßgeſinnte, die 
uns Ichaben als folche, die man achten muß? Viele 
M., die mian unter die Ungluͤcklichen rechner, gehören 
nicht unter diefe Zahl: andere find nicht fo ungluͤck— 
lich, als man gemeiniglich glaubt. Menfchen, die in 
hoͤheren Ständen und ſeten Ueberfluß leben, berechnen 
‚gemeinhin das Gluͤck Anderer blog nach ihrer eignen 
Lage, und alfo nad) einem ganz unrichtigen Maaß— 
ſtabe. Ihr warte iſt durch Erziehung und Ge- 
wohnh. versärtelt. hre Empfindungen find durch 
weichliche Lebensart uͤ RAUS: verfeinert, ihre Degier- 
‚den verſtaͤrkt und ihre Bedürfniffe vermehrt. Gie hal— 
ter elfo alle die, welche im nicdeigen Stande, unter 
befinwerlichen Urbeiten und Enrgen, ohne Reichth. u. 
Ehre weniger bequem und g gingen leben, für unglüc- 
Ich. Gier irren fh. Bey ihnen fehimmern zwar 
Meichthum und Ehre, aber fie haben auch mit Zwang, 
Langeweile, Mißgunſt, Liebloſigkeit und andern Hebeln, 


U. 
el, (die natuͤrl. — find Eeine wahre Mebel.) 


Die aus der verfeinerten Lebensart entfpringen zu 
kaͤmpfen. Sie find deshalb nicht fo gluͤcklich, als das 
gemeine Urtheil fie macht. Die mehrſten dagegen von 
ben im niebrigen Gtande Gebornen m. Erzogenen fuͤh⸗ 
len den et mancher Vorzuͤge und bie Beſchwer⸗ 
den und Dag € Zinförmige ihres Lebens fo wenig, Daß 
fie ihre Sage zubj und zufrieden verleben. Wird 
ihnen zuweile n der Druck mancher ſtlaviſchen en | 
und die Laſt der Nahrungsſorgen zu beſchwerlich, 
finden fie bey ihrer geringern Empfindſamkeit ale 
Drittel, ſich aufzurſchten und ihre Gefundheit,. ihr. 
guter Schlaf und andere Aufmunterungen halten ſie 
ſchadlos. Der iſt gluüͤcklich, welcher in ſeinem 
Stande zufrieden lebe. Zufriedenheit iſt auch 
ven M. in den ni iedrigen Ständen moͤglich. Denen, 
welche, wie es ſcheint, beſtaͤndig leiden, und nicht ihres 
Daſeyns froh werden, iſt iede Schmerzſtille, ieder ru—⸗ 
hige A—blick, ieder ungeſtoͤrte Genuß einer Speiſe 
oder eines Getraͤnks — ieder Schlaf, iede Erquickung 
in ſo lebhaftem Grade angenehm, als ihnen die uͤbri— 
gen: Zuſtaͤnde empfindlich waren. Waͤren auch einige 
wenige vollig Unglückliche zu finden, die mehr Schmerz 
als Sr. fühlten, fo iſt Doc) die größte Zahl der M. 
glüclich. Dieienige Zeit, wo der Schmerz eine Zeite 
lang aufhert, oder aud), wo der M. Feine Leiden, aber 
auch Feine vorzügliebe Freuden hat, iſt ta nichk eine 
gaͤnzliche Beraubung, ſondern als ein unendlich Flei- 
ner Grad des Vergnuͤgens anzuſehen. Beſonders 
wuͤrkſam iſt dann in dieſer Abſicht die Einbildungs— 
kraft. Sie macht die flüchtigen angenehmen Empfin— 
dungen gleichfam feſt, baurend und reiner, indem fie 
bey der Zuruͤckrufung derfelben dag Unangenehme, wag 
fie noch etwa haben, mwegläßt. Gelb unangenehme 
und fihmerzbafte Empfindungen macht fie durch bie 
Erinnerung angenehm. 
Gerade dadurch, daß das re feltener ift, 
fallt ee mehr auf, und wird mehr geachtet, als dag 
nichrere Angenehme im geben, ci es gewoͤhnlich und 
haͤufiger und das erſtere dagegen fuͤr den Mempfind— 
lich iſt. Das Erfreuliche iſt die gewoͤhnliche Regel, 
Das Schmerzende macht die Ausnahmen aus, die eben 
deshalb befremden, weil es Ausnahmen ſind, aber 


— 


u, | 299 


Hebel, (die natuͤrl. — find Eeine wahre Uebel.) 


weder an Zahl, noch an Größe und Wichtigkeit die 


eigentl. Regel übertreffen. Es ift aber wahrer lin 


dank, wenn man das weit hänfigere und größere An— 
genehme in feinem teahren und hohen Werth wegen 
des weit wmenigeren und geringeren Unangenehmen über: 


fieht, verfennt, w eniger hast. Laßt ung das nicht 
thun. Laßt ung auch nicht mehr den Werth des Le— 


bens nach den Wuͤnſchen einer uͤbertriebenen oder 


weichlichen Frei ſchaͤtzen, ſo daß wir nicht mehr 


dann klagen, wenn durch ein kleines Ungemach der Kitzel 


der Sinne aufh Fr oder geflört wird. Man fchaße 
bie fanfte Kube und flille Freude, welche eine Folge 
ton nüßlicher Befchäftigung, von der Betr. der Na— 


tur, von der darin lesbaren Macht, Wesh. u. Güte 


Gottes, von der Ert. nuͤtzl. Waͤhrheiten, vom u 
u. nuͤtzl. Erfindd, von einer weifen und rechtfch. Auf 
abr ang, 2. d. Zufr. des Sen. und von Plichterfüf- 
lung ift. Man be achte und fühle nicht länger Das 


i | ie ale dag Gute. Ma an (ehe tenes nicht an durch Das 


Gerärößerung sglas einer mismuthigen Embildunggs 


| kraft und peinige fich nicht ſelbſt. Man bedenke, dag im 


Leben Leiden und Freuden gemiſcht ſeyn muͤſſen, und 


daß die Erinnerung uͤberſtandener Leiden den Genuß 


gegenw. Freunden erhoͤhe. Wird auch mander auf 


eine ganz befondere Weife durch eine an — han⸗ 


gende Reihe von Leiden verfolgt, ſo daß es ſcheint, 
als habe ſich alles zu ſeinem Untergange —— ſo 
berechne er nur Gluͤck und Ungluͤck richtig 
segen einander, er zeichne nur anf der einen Seite 
Gottes Wohlthaten und auf der andern die erlittenen 
Unfälle, auf der einen die genoffene Ruhe und Freue 


‚den, und auf der andern Schmerz und gegründete 


druͤckende Sorgen an, und ziehe dann von beyden un— 
partheiifch die Summe und er wird feben, Daß die 
Summe des empfangenen Guten weit groͤßer ſelbſt 
bey denen iſt die vor andern mit großen Leiden ꝛc. 





zu kaͤmpfen Hatten. Nur muß man billig Die Dielen un— 


nuͤtzen Beforgniffe, die man fi wegen eingebildeter 
Hebel gemacht bat, und ſo manche geiden, Die man 
fih durch eigene grobe Vergehungen zugezogen bat, 
aus der Rechnung wegiafjen RB. Zur Gegenrechnung 


muß man nicht bios die außerordentlichen Gluͤcks⸗ 


380 A 
Uebel, (die natuͤrl. — find Feine wahre Uebel.) 


fälle,. fondern auch die alltaͤglichen Wohlthaten 
Gottes, die wir in zahlreicher Menge an iedem Tage 
von ihm empfangen, aufführen. 
aa) Man gewehne ſich nut, bey einem langen oder Fur- 
gen Abſchnitt unferes Lebens dag viele ung widerfahrs- 
‚ne Gute mie dem ung ha ch ofen zu vergleis 
hen. Man endige den Tag mit einer kurzen Wieder⸗ 
holung der mancherlei Freuden und Lebensguͤter, die 
uns an dem Tage zu & Sheil wurden. Es iſt fo ge— 
woͤhnlich, daß man am Ende eines Jahrs Die frauers 
vollen Tage, welche in demſelben vorgefallen ſind, un⸗ 
nuͤtz wiederholt — warum wollte man nicht auch das—⸗ 
ienige wiederholen, was zu unſerer Beruhigung oder 
zu unſerer Bequemlichkeit, oder wenigſtens zum unge— 
ſtoͤrten Genuß unſers Lebens etwas beytrug! Dann 
wird man finden, wie man an ſo vielen Tagen Urſach 
hätte, mehr Gott für deſſen Wohlth. zu preifen, als 
m über Uebel zu befihweren,' die ung wiederfahren 
ind. 
bb) Man benuge auch dazu den Anblick iedes fremden 
Leidens. Gibt es allerdings in der W. der Leiden 
viele, fo freffen doch ungemein viele Leiden ung gerade 
nicht. Wir werden zufriedener mit unferm Zuſtande, 
werden erkenntlicher gegen die Vorſehung, wenn wir 
beym Anblick iedes fremden Leidens denken: dieſes 2. 
iſt vor mir auch voruͤbergegangen! Beym Anblick des 
Armen denke man; fo duͤrftig bin ich doch nicht. Hoͤ⸗ 
ren wir von Kranken, oder ſehen wir Schmerzenvolle, 
fo denfe man: von dieſen Uebeln weiß ich zum Glück 
nichts. Solche Bemerfungen werden e8 uns fagen, 
daß für ieden M. mehr Gutes als Bofes in der W. ift. 
Erſter Einw. „Go weit reiht unfer Scharflinn 
„und unfere Kenntniß nicht, daß wir gerade die Sum- 
„me aller angenehmen und ae eig Zuftande 
„aller einzelnen M. wahrnehmen Fünnten. Es fehlt 
„uns auch ein Maaßſtab des Vergnuͤgens u. Schmer- 
„zens.“ A. Das iſt zwar wahr, ia noch mehr, man 
kann nicht einmal das VBerhältniß der angenehmen 
und unangenehmen Zuſtaͤnde bey irgend einem einzel- 
nen Gefchsuf angeben. Allein zu behaupten: daß 
hier mehr Ungluͤck alg Glück ſey, das ift zu gewagt. 
Deswegen läßt fich nicht Gottes Borfehung bezweifeln. 





ih 381 
Uebel, (die natürl, — find Feine wahre Uebel.) 


Zweyter Einw. „Daß des Euten mehr alg der 
„Uebel auf Erden fey, muß nicht wahr feyn; denn feiner 
„wird das zurücgelegte Leben noch einmal von neuem 
„anfangen zu wollen Luft haben, um nicht die bereits 
„überftandenen Uebel abermals auszuſtehen.“ A. Dieß 
ift a) irrig, denn die meiften M. werben gern ihr vo— 
riges Keben wieder anfangen, wenn dieß moglid wäre. 
Denn die Natur hat einem ieden eine ffarfe Lebens— 
liebe eingepflanzt. Gern würden viele deſſen Erhals 
fung mit vielen Schmerzen erfaufen, wenn e8 ihnen 
freyffünde. Die meiften M. leben in einem mittel 
mäßigen und erträglichen Zuftande, viele find auch 

gluͤcklich reich, geehrt und geſund gemefen. Nichts 
bewegt fie alfe, ihr voriges Leben fo ſehr zu haften. 
Wuͤnſchen fih nicht fo viele Die fröhlichen Jugend— 
iahre und die vollen Kräfte Des männl. Alters wieder, 
wenn fie gleich der eingemifchten Leiden nicht vergeffen 
haben? Selbſt dieienigen, denen im böheren Alter dag 
ganze menſchl. Leben als fo elend, eitel und betrübt 
vorfommt, würden den Tod, wenn er fie im Ernte 
erlöfen wollte, wieder abmeifen. Weshalb ſehn fo 
viele den Tod als das allerfichreclichfte an, wenn es 
beffer wäre, todt zu feyn, als zu leben? — b) Wenn 
28 auch einige M. gäbe, die ihr voriges Leben nicht 
wieder verlangen, fo thun fie dieſes darum nicht, wail 
fie eine genaue Berechnung von aller empfundenen Luft 
und Unluft gemacht, und die Unluſt weit größer ger 
funden hatten. Brechen auch einige in ver Leidenfch. 
bey der Empf. oder Erinn. eines gemiffen gr. Leidens 
in e. Berwünfchung ihres Lebens aus, fo find fie 
doch dann anderes Sinnes, wenn fich die ungeftüme 
Bewegung gelegt hat. Einige fehen auf das Zukuͤnf— 
tige und hoffen ein befferes Leben. Sie hoffen und 
verlangen immer vollfommmer zu werden. Sie wer— 
den deshalb nicht gern die niedern Stufen noch eine 
mal fleigen wollen. Wie der Reifende, ver noch 
manchen fihonen Ort zu befuchen vor fi bat, alſo 
nicht wieder umfehren und die bereits befehenen Orte 
nicht noch einmal bereifen will, deshalb fein Misfal— 
len am Neifen hat, fo fann man nicht von beien, 
die nahe vor ihren Tod in iene frohe €. Hinubir- 
bliefen und das bevorſtehende beſſere & mie dem nie— 


38 U. | 
Webel, (die natuͤrl. — ſind feine wahre Uebel.) 


drigen vermiſchten Erdenleben vergleichen, ſagen, daß 
ihnen das Erdeleben ganz mißfallen babe. 

Dal. Kit. u. Batert k 178 „Sefpr. sw. 
Zenophanes und Dicearch über die Frage: 
ob eg in der U. mehr Boͤſes denn Gutes 
gebe?“ Ehr. Mor. f. d. Eanzele. et B ©. 357. 
8) Tach Ausfage aller bisherigen Geſchichte und ach 

bem, was bie Erfahr. ung von allen einzelnen leben- 
den Wefen lehrt, geht die Weltanlage dahin, daß al- 
les fih allmählich veredelt und veroollfommnet und 
Daß alfo eine Verminderung des Uebels mit Necht er⸗ 
wartet werden kann. 

S. deutſche Monatsſchrift, 1794. sr B. S. 

67:37; über die Klage, dag die Welt immer fehlimmer 
werde, von W. 8. Krug. 
9) Kann uns das alles bey den Uebeln des 8. nicht 
— —— (es gibt Stunden und Tage der Niederge— 
ſchlagenheit, wo am Leidenden nichts haften will); fo 
bleibe noch derienige Troft übrig, daß dieß Fröenleben 
fein Schauplag ungeftörter Gluͤckſ. ſeyn fol, fondern 
eine Prüfungs - und Uebungszeit. Es wartet unfer 
ein kuͤnftiges Leben, eine beſſere Welt, in welcher alles 
vergütet, erſetzt und in's Gleichgewicht gebracht wer-⸗ 
den, wo ſich der Mißklang ungleicher und unverdien— 
ter. Schickſale in den ſchoͤnſten Einklang und Wohl⸗ 
laut aufloͤſen ſoll; die Leiden dieſer Zeit, die doch im⸗ 
mer mit dem ietzigen Leben ſelbſt vergaͤnglich ſind, ſind 
nicht werth ꝛc. Nom. 8, 18. 

Einw. „Daß fo viele Naturuͤbel den M. treffen, 
„waͤre gerecht, wenn ſie immer dieienigen traͤfen, welche 
„ſolche verſchuldet haben. Aber es gibt auffallende 
„Uebel, worin fie oft ohne ale Schuld gerathen, z. B. 
„Die Krankheiten eines Kindes, in beffen Adern * 
gen feiner Geburt an ein verdorbenes Blur’ fließt, 
„2 er dag Elend eines rechtſchaffnen Dieners eines 
„Fuͤrſten, der vom Tyrannen, deſſen verderbten An— 
viagen er ſich widerſetzt, in's Elend geiagt oder in's 
„Gefaͤngniß geworfen wird.“ A. Wir können nicht 
genau den Grad der Glückfeligfeie oder Unglüdf. An—⸗ 
derer meffen. Die miehrfien und ſchlimmſten Uebel 
haben bern die M. durch Thorheit, Leichtſinn, Ueber— 
eilung und Laſter ſich ſelbſt zugezogen. Man beachte 


U. 383 
Uebel, die natuͤel. — find feine wahre Uebel.) 


nur die vielen Faͤlle, wo man leit Stfinnig dur Er- 
bigung, Erföltung, oder Unmaß: gkeit ſich ſchadet. Wie 
viele Krankheiten wuͤrden weniger in der Welt ſeym 
wenn weniger Suter in derſelben herrſchten. Daß 
Gott 28 den M. schen left, wie fie eg verdienen, iſt 
feine einge Manchen DPF. gelingt faft alles, 
wenn fie gleich nicht die beften M. find, aber fie fan— 
gen es darnach an, fund Hug, Fennen die M. u. ſ. w. — 
Der: Leichtſian, die Anfieclicht. des Unm— aͤßigen, Wol⸗ 
lüſtigen, Ehrſuͤchtigen u. ſ. f. bringt in Sorgen und 
Plagen, zerruͤt tet ihre Get fundheit, ſtoͤrt ihre Gemuͤths— 
ruhe, verwirrt ihre Haushaltang u. ſ. w. Die DR. 
misbrauchen ihre mehrere Faͤhigkeiten im Nachdenken 
dazu, fich ſelbſt allerlei zu— "ihrem wahren Keranügen 
durchaus nicht nschwendi erforderliche Beduͤrfniſſe 
zu erfinnen, und ſich chſam zu ſchaffen. Konnen 
fie nun nachher Die] Er i ieh alle nach ihrem Wunſch 
befriedigen, ſo —— ſie unzufrieden, ſtellen ſich un— 
geberdig, beſchuldigen Gott eines Mangels Der Gute, 
da je ſich * ſelbſt ihre Beſchwerden verurſacht 
haben. Manche M. ſetzt mon als unbrauchbare — 
unnüge M. bintenan, weil fie nicht zu nuͤtzl. Mitglie— 
dern der BEN: durch Mühe und Fleiß ſich gebilder 
haben. —— u. Rußlgganght werden natuͤr— 
licher Weſſe duͤrftig; davon rue Schuld an ihnen 
ſelbſt. Manchem wird das Leben durch innere Un— 
ruhe und — verbittert, aber ihr vorheriges 
ſchlechtes Betragen iſt davon die Urfache, Ber kann 
Gott davon die Schuld geben, oder das einem Mans 
gel feiner Gute beymeffen? Go iſt es mit Hundert 
aͤhnlichen Befchwerden, welche die M. guf Hätten ve 2 
meiden fonnen. „Barum madt e8 Gott ſo, daß wir 
„ſolchen Folgen der Thorhh. und Toter ee 
„ſind? MWarum richtete er nicht unfere 9 9 ein, 
„daß wir 3. B. Erhigung ‚ Veberladung Hr Magens 
„it; d9l. häkten vertragen fennen 77 A. Die Verletzlich⸗ 
keit unſeres Leibes if theilg Grundlage unferer rg 
fen en theils kann ung feine andere Einrich 
tung vor folchen Folgen arm. Denn Unmaͤßigkeit 
ar Veberfpannung der Kräfte. Sofern alle Kräfte 
hre Granzen baben, werden in iedem Falle ueba ſpan: 
— und alſo auch die unangenehmen Folgen derſel— 


384 2% | 
Me: (die natuͤrl. — find Feine wahre Uebel.) 


ben moͤglich bleiben. Theils begruͤndete Gott durch 
Moͤglichmachung uͤbler Folgen ſolcher Verirrungen un— 
ſere geſammte Gluͤckſ. Verband er nicht mit dem feh— 
lerhaften Betragen im Genuß unſerer Freuden ſolche 
Zolgen: ſo konnte er keine. Antriebe den M. geben, 
alle innen beſtimmte Grenden und iede nach dem Grade 
ihres Wirthes zu genießen. Jeder bliebe dann beym 
erſten beſten —— (der gewiß allemal ein ſinn⸗ 
licher waͤre) haͤngen, erſchoͤpfte an ihm feine Kraft, 
und verloͤre für die uͤbr eigen allen Stan. 

„Es find wohl Huͤlfen und Erleichterungsmittel 
„wider Die Uebel da, aber wäre eg nicht beifer, daß 
„eine andere Einrichtung der Welt fie. Bnndebig ge— 
„macht haͤtte. Es iſt wohl Arznei für die Kraͤnkh. 
„da, aber waͤre es ni che beffer, wenn wir derfelben 
‚nicht bedürften? Was nuͤtzen die unzaͤhlichen, die Erk. 
nd. Wahrh. hindernden, © Schtöierigfeiten? warum müf- 
„fen die Geſchoͤpſe von fo vielen Arten von Schmer- 
„zen geplagt werden?“ U. Unter den moͤglichen Arten 
von Gefihöpfen, die Gott, als in den Entwurf des 
Ganzen paffend, fihuf, waren wir M. auch. Das muß 
ber —— Verſtand Gottes doch geſehen haben, ſonſt 
kann man ſich keinen Wi llen, keinen Entſchluß, keinen 
bewegenden Trieb der Allmacht denken. Was wäre. 
nun weiſer und guͤtiger geweſen, lieber dieſe Gattung 
von mangelhaften, Schmerzen und Krankheiten unters 
worfenen, Geſchoͤpfen nicht su fihaffen, und den Platz 
leer zu laffen, oder fir zu erſchaffen? Jener Fall if 
doch gewiß nicht weiſe und guͤtig zu neunen Denn 
offenbar freuen ſich mehr ihres Lebens. Nan klage 
alſo nicht uͤber die Unvollk. des ird. Glüdg, und er— 
kenne e8 als Liebe, daß ung Gott bey den vielen, von 
unferer Natur ungertrennlichen, Uebeln fo viele Er- 
leichterungen gegeben hat. Unſere Uebel u. Krankhei— 
ten leiteten uns zu einer gruͤndlichen Kenntniß unſeres 
Leibes, ſeiner ———— und Einrichtung, der 
Eigenſch. und Kraͤfte der Pflanzen und Erderzeugniſſe. 
an hat auf dem Wege dieſer Unterfuchungen die” 
wichtigsten Entdeckungen DRS Ohne dene Uebel 
fehlte ung dieſe Erf. der natuͤrſ. Dinge, der Einrich- 
tung der Welt u. eine Erf. 5 ottes von ſolchem Um— 
fange. So viel iſt, fo ſchwer es haͤlt und fo langſam 

| es 


— 
— 





mM - - 385 


Uebel, (die natuͤrl. — find Feine wahre Nebel.) 


t 


es auch forfgeht, doch entdeckt worden, als zum Wohl, 
als zur Ergaltung des M. nothwendig if. Der Ei— 
gennuß, Die Furcht deffen, welcher fich erheben will 
und der Zorn derer, Die unterdräcdt werben ſolen, 
ſctzen dem Berſuch, die Kräfte zu misbrauchen, 
Schranken, weil ieder erbittert wird über denienigen, 


welcher Anderer Schwäche, Unwiſſenh. oder Zutr. mis: 


brauchen wii. | 
„Freilich zieht iedes Uebel auf die Vervolkommnung 
„der Geſchoöpfe und beſonders des M., aber warum 
„ſetzte uns Gott nicht gleich auf die beſtimmte Stufe 
„und erſparte ung Die muͤhſelige Reiſe?“ A. ») Auch 
dieſe Reiſe iſt ein Vergnuͤgen, das man einzubußen 
nicht wünfchen -fann. Selbſt das Schritt vor Schritt 
zu sehn und das Wachsthum fehen und fühlen, iſt 
angenehm und Ichtreich. Zuruͤckblick und Ausſicht ge— 
währt faufendfaltiges Vergnügen. — 6) Diefe Keife, 
ie langfamer und gemifchter fe mie Unannehmlichkei— 
ten war, wird einſt unſere Vollendung unausſprechlich 
verſuͤßen. Wenn man Jemandem auf einmal Schaͤtze 
gibt, fo wird er ſich nicht fo darüber freuen und fich 
dabei fo felig fühlen, als wenn er den Zuflend vor— 


ber kennen lernt, wo er fie nicht hat, und wenn fie 


ihm Mühe Foften. — 2) Zwifchenräume deg Mißver⸗ 
gnuͤgens ſtaͤrken und veredeln die Empfindungskraͤfte 
des Vergnuͤgens und der Freude. Durch iene erlangt 
man einen Geſchmack an ächten Sreuden, und derſelbe 
wird Dadurch befeſtigt. — 3) Gewiß waͤrde der AL 
meife und Ullliebende uns iede Muͤhſeligkeit unfereg 
Erdeleb., fo wie die Reiſe ſelbſt erſpaͤrt haben, wenn 
es an fi möglich und nuͤtzlich gewefen wäre. Es 
gehört ficher zu dem Weſen endlicher Dinge, daß fie 
mit dem erfien Augenbl. ihres Daſeyns auf der uns 
terſten Stufe fliehen, und erft durch iene Reiſe ſtufen— 
weiſe Dad werden, was fie werden ſollen. Diefes 
Leben ift Die Zeit der ne 
gl. Pe) Billaume vom Urſpr. u. Abſichten 
des Uebels, 1-37 B. Leipzig 1734-87. und in's Hol. 


‚überf., Utr. 1793-945 Ab. Weishaupt Apol. deg 


Mißvergn. u. Uebels, te 4. Frft. u. Leipzig 1790. 8. 
2 Theile; I. P. de Fagaras Difp., qua demonftra- 


‚tur, non elle contra naturäm Dei perfectifimum 


Ehrifit, SL, Lehref. d. Canzelgebr. 3Th. Bb 





386 u, 
chef, (die natürlichen —) [Anwendung.] 


<#uoile mundum, in guo mala infunt. Accedunt de 

' eo argum. IV Difertt. (von Schw b, £ier, Spaan 
u. Bromn) Lugd. Bat. 1784. gt. 4; über Theos 
dicee und M—glüd. Ein Gefpräch. Altona 1794. 
8. 7 Bogen. (8 Ger.) Me 8 Betrachtt. ır Th. 
©. 254 ff.; Dablenburg’g Philof. und Rel. 
ge B. ©. 400. „Das Uebel ift Fein. Beweis gegen, 
fondern vielmehr für die goͤttliche Güte und Vor— 
ſehung;“ Deutſche Monatsſchr. 1791. Nov. ©. 
196 ff.; (Peter ſen s) Predigten für unſer Jahrzehent, 
Halle 1785. gr. 8. Nr. 3. „Die natuͤrl. Uebel berech- 

tigen uns Feinesneges, eine alles umfaffende Borfehung 
zu läugnen, über Matth. 8, 23:27. (fehr gut — 
an den einzelnen Uebeln bemicfen); ee 9) 
philof. Briefe au meine Schwefter, Halle 1779. 8. ©. 
298311: „Vom phyſ. u. mor. Uebel; Religion 
vortr. uber felbfigewählte Texte, Halberfk. 1797. 3. 
Ir. ... „Auch bey Betr. d. Uebel in d. Welt finder 
d. Vern. Veranl., die Weish. u. Gute Gottes zu be- 
wundern und fid) zu beruhigen“ über £uc. 19, 41:48; 
— Rel.-Vortraͤge für die Bed. unſ. Zeita. Lpz. 
1794. Nr. 7. Beruhig. uͤber die Zweifel an der 
göttl. —— bey Wahrnehmung des ausgebr. Ue— 
bels und Elends auf E. uͤber ar Vte⸗⸗ 
nis Sonntagsbuch, ır Th. ©. 2ı7ff.; — Wagnig 
Rel.lehre in Benfpielen ır Th. Wr. 47. ©. 36694: 
„auch dag, was dem M. —— und böfe zu 
feyn fcheint, ift doch gut und befordert fein phyſ. und 
moral. Wohlſeyn.“ — — 


II. Was folgt daraus, daß dag natürl. Uebel 
nothwendig und heilfam if für unfer De- 
fragen? 


1) Man lerne von nun an die ll. ind. Nat. 
immer vichtiger beurtheilen. Man erſtaune 
nicht gleich, wenn fie fich ein Jahr Bor dem andern: 
mehr ereignen, über dieſelbe als über unerborte Dinge 
und fomme vom Vorurtheil zurück, als ob eg damit 
auf fihtbare Strafen und Zorngerichte Gottes (f. oben 
Strafen) abgefehen wäre, deffen Einrichtungen, mas 
auch einzelne Perſonen darunter leiden, im Ganzen 
immer wohlchätige und nebenben (da das natürliche 


U. | 387 
Hebel, (die natürl. — —) [Anwendung.] 


und moralifche Gute und Boͤſe genau zufammenhängt) 
auch beiferude Abfichten Gaben. Man lerne auch bie 
Eigenfchaften Gottes in ihrer Berbindung unter einander 
kennen, und man beurfheile feine Handlungen nicht 
nac) dem erften Schein und Wirfung, fondern nach 
ihren endlichen Folgen. Ehe man Gott eines Ver: 
feheng, fogar einer Unvollk. zu befchuldigen wagt, gebe 
man lieber fich felbft, feinem biöden eingefchränften 
Blick und unfrer Thorheit die Schuld. 
2) Wegen II. fol bey ung billig Fein einzelner Vorfall 
mehr Zweifel an Gottes Guͤte und Weish. in der 
Weltregierung erregen. Wir wollen, der duch alle 
Erfahrung und fo viele Vernunftgruͤnde hinlaͤnglich 
erwieſenen Wahrheit auch dann glauben, wenn wir 
die Laft der U. ſchwer fühlen, und Schmerzen und 
Leiden bey ung Zweifel wecken. Wir wollen treu ges 
gen die Unzufr. mit Gott und gegen Mißmuth fan 
pfen. Denn da es en nicht an Kraͤften und gutem 
Willen fehlt, dieſe U. zu vertilgen, da aber feine 
—— erforderte, daß er ſie zuließ, weil ſie von dem 
beſten Plane der Welt unzertrennlich waren; — da 
| Gott alle mögl. Arten von Wefen und alle mögliche 
Verbindd. verfelben überfahe und die fFatt findenden 
4. dennoch bewilligee, meil fie im Ganzen nüßlich 
und, da fie von folchen Wefen alg bier wohnen ſoll⸗ 
ten, unzertrennlich waren: ſo mäffen fie gewiß für 
ans nothw. und heilfam ſeyn. Man erwaͤge den 
menſchlichen Kurzblick und huͤte ſich, Gottes Werke 
zu beurtheilen und vorwitzig feine Reg. zu tadeln. 
Man glaube nun feſt: Alles iſt gut fuͤrs Ganze. 
Man belebe ſeinen Glauben an die Vorſ. und an die 
Unſterblichkeit und fein religioͤſes Gefuͤhl. Dann wird 
- man auch unter dem Druck der U. mie neuem Muth 
erhoben werden. 
3) Um ſich vor Unzufr. und Klage uber das Uebel zu 
bewahren, gemöhne man fich 
a) bey einem langen oder kurzen Abſchnitt unſers Le— 
bens das viele uns widerfahrne Gute mit dem ung 
betroffenen DBofen zu vergleichen. Denn gewöhnlich 
überfehen wir dag Gute, oder befrachten “blog das 
Uebel von der fchlimmen Seite — Db) man vergeffe 
es nie, daß man ger nichts von Gott — 
Bb 2 


Hebel, (bie natuͤrl. —) [Anwend.] Unabh. Gottes. 


und man ſehe das Gute als etwas Unverdientes an. 

Wer kann auf etwas Gutes als ein Recht Anſpruch 
machen? Rom. 9, 20. 21. Da man nichts von Gott 
verlangen, auf Nichts einen Anſpruch fich anmaßen. 
fann, fo follen wir „wicht Klagen, fondern Gott danken 
u. das Gute genießen, fo mie in unfern Geſchaͤften 
treu ſeyn. Wie duͤrfen wir uͤber die Einſchraͤnkungen 
der Natur murren? Nicht verlangen wollen, zuwellen 
krank zu ſeyn, hieße verlangen fein M. su feyn; mer 
die Vorzüge und Güter der Nat. genießen will, muß 
fich ihre Einfchränfungen gefallen laſſen. So wenig 
das Thier fich darüber befchtweren kann, daß es fein 
M. — fein Engel iſt: fo wenig der M., daß er M. 
u. fein Gott ift, oder er kann nicht iwünfchen, wie die 
Vögel fliegen, mie die Fiſche im Waſſer fih auf- 
halten zu fönnen, da er Bernunft bat. — c) Bey 
iedem Elende eines Andern, 3.3. beym Anblicfe eineg 
Gebrechlichen, denfe man ſtets: Verdienteſt du nicht 
eben das Ungluͤck? Jeder Kranke erinnere uns, wie 
viel Gutes wir geniehen. Es iſt wahr, dag viele Gute 
überwiegt das Boͤſe. 

4) Man werde durch die Mängel, Schwachheiten und | 
‚die ung betreffenden Uebel mitleidiger gegen Andere, 
wenn fie in der Folge eben fo oder aͤhnlich leiden. 

Man beife ibnen ihre Leiden fragen und ſtehe den 
Schwachen bey). | 

5) Sieht man einige M. durch die Naturuͤbel vor an⸗ 
dern ſonderlich leiden, ſo nehme man ſich ihrer, wenn 
man weniger Noth erfahren hat, mit — Huͤlfe 
an. 


Unabhaängigkeit Gottes, Ap. ©. ı7, 24. 25 
(eine fehr faßl. Erklärung diefer Eigenſch. Gottes.) 
T. Entwidelung des Begriffs. 

Abhängig ift derienige, welcher feinen Grund in - 
einem Andern hat, oder der Wirkfamfeit eines Andern 
nicht entbehren Fann, fo daß man fein Benehmen und 
feine Wirkungen aus dem Andern erft begreifen kann. 
linabhängig ifi der, welcher iedermann entbehren 
fann, oder zu feinem Beſtehen und Dafeyn Diemandes 
Wirkſamkeit noͤthig bat, wer felbftftändig ift, und den 
Grund feines Daſeyns und Wirkens ſelbſt enthält. — 





. » 389 
Unabhängigfeit Gottes, (mas?) | 


Gott ift unabhängig heißt daher: er verdankt 
feinem: RR außer fi etwas, und bedarf in Hin- 
ficht feines Dafeyns und feiner Kraft feines Andern 
zu feiner Vollk. und Geligfeit. Er ift allein — uͤber 
. Dinge Oberherr. 

a) Sein Weſen und f. Wirklichkeit ift in nichte 
anderm außer fih, fondern in ihm ſelbſt —— 
Daß er iſt und warum er wirklich iſt — laͤßt ſich au 
‚einem andern Dinge nicht erflären oder ableiten. Er 
bedurfte feiner hervorbringenden Urſache. — —2* Er 
iſt in ſich ſelbſt gegruͤndet, oder er hat ſowohl das— 
ienige in ſich, warum er wirklich da iſt und noth— 
wendig vorhanden ſeyn muß, als auch, warum er ſo 
und nicht anders beſchaffen iſt, als er iſt. Er reicht 
ſich ſelbſt vollfommen hin und iſt keines 
andern Dinges, oder irgend eines andern Weſens 
außer ſich benoͤthigt. Er bedarf keiner erhaltenden 
Urſache, oder nichts zu ſ. Vollk. u. Gluͤckſ. Die h. 
Schr. nennt dieſes: Das Leben in ſich ſelbſt ha— 
ben, Joh. 5, 26. vgl. mit Ap. ©. 17, 25. und ſagt, 
wie ſich niemand um Goft fo verdient gemacht habe, 
Daß er Vergeltung fordern Fonne, Nom. IT, 35. ogl. 
Ef. 40, 13. 14. — c) Gott ift dag Grundwefen von 
allen Dingen, d. b. er fann Niemanden vor fich ha⸗ 
ben, welcher eher geweſen waͤre, oder der vollkomme— 
ner und vorzuͤglicher iſt. Er iſt unendlich (hoͤchſt) 
vollkommen. Er beſitzt ohne alle Einſchraͤnkung alles, 
was nur als Vollk. moͤglich iſt, und was nur in einem 
Weſen bey einander gedacht werden und was mit ein— 
ander beſtehen kann, —— ſich z. B. nicht ſelbſt wi— 
derſpricht). d) Gott iſt gar keiner Vermehrung ſeiner 
Vollk. oder einer Erhohung (Verbeſſ.) feines Weſens 
und Beſchaffenheit faͤhig. Er kann nie vollkommner 
werden, als er ſchon iſt und bleibt, und nothwendig 
von ieher immerfort geweſen iſt; — e) Gott iſt ſich 
ſelbſt und allen andern Dingen hinlaͤnglich genug, und 
auch allen Geſchoͤpfen unentbehrlich, f. Allgenug-> 
famfeit Gottes, 12%. © 59 ff. — HD Gott 
ift auch in fittlicher Beziehung unabhängig, d. ir. Nie— 
mand fann ihm Gefege vorſchreiben und DVerbindlich- 
feiten auferlegen. Sr ift vielmehr unumfchränfter Ge⸗ 
ſetzgeber und hoͤchſter Herr, San. 41 323 Rom. 9, 20. 


390 u. 
Unabhängigkeit Gottes Beweife - — Amendung) 


I. Beweife. 


ı) Es folgt other aus dem Begriffe von Gott 
als dem Lirheber deffen, was wirklich außer ihm ift. 
Da man diefem Begriffe gemäß Gott ſich als unab⸗ 
haͤngig in Abſicht ſeines Daſeyns denken muß, ſo iſt 
es auch nothwendig, ſich die Kraft Gottes als von 
ieder andern Kraft unabhaͤngig zu denken. Denn of: 
fenbar ift er ia Urheber aller der außer ihm wirfen- 
den Kräfte, nach ihrem Dafeyn und nach ihren Wir- 
fungen. Wie fann Gott etwas außer fich zu f. 
Vollkomm. und Seligk. bedürfen, d. b. etwas nothig 
haben, um feinen Endzweck und ieden feiner Zwecke 
zu erreichen, umd er ſollte es felbft fich nicht fchagen 
koͤnnen? Was er will, kann er nicht darum wollen, 
weil er deffelben zu feiner Vollk. und Seligk. bedurfte, 
fondern weil er außer fich Seligk. mittheilen und be— 
wirfen will. Er thut wohl, weil das Wohlthun an 
fih das Beſte ift, nicht aber, weil es zu f. Seligk. 
etwas beytrüge. Nichts Fann man denfen, welches 
nothmwendig wäre, um Gottes Endaweck zu erreichen, 
und welches Gott nicht fehaffen koͤnnte. Dffenbar 
fann er dag Mögliche wirklich machen. Was an fich 
unmöglich iſt, kann er nicht wollen und das kann nicht 

‚fein Endzweck feyn. Er kann alfo alles fchaffen, was 
nothwendig iſt, um feinen Endzweck zu erreichen. Gott 
fann aber auch nicht einem Wefen außer ihm Vergels 
fung fihuldig feyn, weil er der Urheber des Dafeyns 
alter Wefen und alles deflen ift, was fie zu ihrem 
Wohlſeyn und su ihren Zwecken bedürfen. 

2) Die h. Schrift redet außer Ap. G. 17, 24. 25 von 
der U. Gottes in allen den Stellen, wo fie fast, daß 
ale Sefchöpfe von Sort abhangen und daß Gott ver 
hoͤchſte Herr aller Dinge ſey, Ef. 44, 6 und befond. 
13. 145 Pf. 104 ganz; 115, 3; Ef. 46, 10. 11. 

III. Anwendungen. 


1) Man laſſe nicht den Gedanken aufkommen, als ob 
Gott einen Anfang genommen habe, oder, daß er, weil 
er das Grundweſen aller Dinge iſt, ein Theil derſel— 
ben ſey, oder — daß die Dinge Beſtandtheile Gottes 
wären, oder als ob Gott in allen Dingen forperlich 
vorhanden wäre. 


| U. | 391 
Unbegreiflichfeit Gottes, (was?) | 


2) Gott als unabhängig verdient unfere ganze Ehr: 
furcht und Anbetung. 


Unbegreiflihfeie Gottes, Pf. 145,3. (2te H.); 
KRöm. 11, 33 ff. 


J. Etwas begreifen heißt nicht blos, etwas durch 
Begriffe denken, fondern e8 auch aus Grundbegriffen 
(wie das Defondere aus dem Allgemeinen) erkennen. 
Gott als Gegenrftand ift nicht begreiflich, 
fondern nur denfbar. Er ift unbegreiflid, 
beißt: er ift ein Weſen, welches alle unfere Borftels 
lungen überfteigt, er ift mit venfelben umerreichbar, 

and man Ffann ihn in Slbficht dee Menge und Größe 

feiner Vollk. mit nichts hen, U Moſ. 15, 115 
Pf. 113, 5; 149%, 5 (ee 9); €. 45, 15; I Tim. 6, 
16 der da wohnt »- » Fam, heißt: man kann Gott 
nicht ganz nach feinem Wefen erfennen, |. ereget. 
Handb. d. dogmat. Bemeisftellen, 2 Th. ıfte 
Abth. ©. 200 f.). Es gehsren alle von Gottes Große 
handelnde Stellen, alg Hr. 82, 83 99, 1-5; 1045 113, 
vr 148, 135 Ef. 40, 12 hieher, nur Joh. 4 24 
ni 

Gott iſt unbegreiflich 

u in der Große oder Unermeßlichkeit (UAnend— 
IchF.) feines Wefens Sein Wefen ift unerforfc)- 
lich, es ift Feine vollſtaͤndige und deutlihe Erflärung 
von feinem Weſen moͤglich, Pf. 104, 2. Unbegr. ift 

ee in allen feinen Eigenfh. Wenn wir diefelben, z. B. 
ſ. Ewigk., Allm., Allwiſſ. Allgegenw., Allweish., Hei⸗ 
ligk., Gale, Ger. u. Wahr. betrachten, fo feben wir, 
Daß er unbegr. ift, z. B. wer Fann eg faffen, daß 
Gott alles nach E Allmacht aus dem nicht Vorhande— 
nen mit einem Wink ſ. Willens erſchaffen habe, ſeit 
unnennbaren an ba geweſen, und noch Eiwigfeiten 
‚hindurch da ſeyn werde, wie er überall fen, alles wiſſe 
und alles aufs Beſte ordne? 

2) In feinen Entwürfen und Abfichten, Roͤm. 
11, 3336. 

3) In feinen Werfen. Wie viele Geheimniffe gibt 
es noch in der Natur! Wie raͤthſelh. iſt uns Gottes 
Weltregierung im Großen wie im. Kleinen, — in 
Der RS menſchl. Schickſ.! Wir koͤnnen oft nicht 


EIERN 


a 1 ER | 
Unbegreiflichfeit Gottes, (mas? Beweiſe — Anwend.) 


begreifen, warum er fo und nicht anders mif ung 
handle? weshalb z. E. viele Edle und Rechtſchaffne 
früh wegfterben und Unverbiente und Taugenichtſe ſo 
lange leben ? | 

4) In feinen Gerihten. — — Mer fi über- 
redet, daß er dadurch, daß er fich einen Begriff von 
Gott bildet, welcher fich nicht widerfpricht, auch ſchon 
Sri Erf. Gottes — beſitze, — ſich 
14 R 

U. Beweife. | 
1) Schon der endliche Geiſt ift keines Begriffes, von 
fie) felbft fähig, ‚fondern wenn er fich ſelbſt denfen 
will, fo gibt er eg auf, feine verfchiedenen Kräfte als 
Eins zu denfen. Wer fann nun den unendlichen 
Geift denfen? d. b. wer kann fich nicht blos verſchiedene 
geiftige Kräfte als Eins denfen, fondern iedes von 
Diefen Vermoͤgen fich als unendlich vorftellen? Das 
Eine, was. alle göttliche Eigenfchaften ausmacht, muß 
alfo für ieden endlichen Geiſt unbegreiflich- feyn. 

2) Gottes Werke, 5. D. die fo vielen dem Sternfenner 
noch verborgenen Werke, die vielen ung noch unbe- 
Fannten Gefihöpfe auf der Erde, im Meer, in ber 
Luft, ihre Einrichtungen, die in der Sefchichte uns 
ganz unerflärbaren Veränderungen und der Untergang 
der Voͤlker geist es, daß Goft- unbegreiflich iſt. 

3) Hiob r1, 7:9; Kant, II, 33. 84: 

' MI. Wie müffen wir ung, da Gott unbegr. iſt, 
verhalten? 

ı) Iſt Gott unbegreiflich, ſo iſt unſer Erſtaunen über 
Gott, unfere Bewunderung Gnftes gerecht, und Deö- 
halb Ehrfurcht und die kieffie Anbetung Pflicht. Wir 
muͤſſen Gott immer aufs höchfte verebren. Dee Ehrift 
erkennt Gott als anfangslos und ohne Ende, ohne 
Wachsth. an Größe, ohne Abnahme feiner Kräfte; — 
ev erk, wie Gott alles — die Vergangenheit — — Zu—⸗ 
funft umfaßt und überfchaut — mie er nahe iſt, und 
doch nicht ſichtbar, wirkſam ohne Anftrengung, thätig 
ohne Erfchöpfung, durch alle Gegenden der Welten 
gefchäftig, ohne Gehülfen; herrſchend uber Geifter, 
ohne ihre Freih. zu vernichten, herrſchend uͤber Mate: 
rie, ohne felbft Materie zu ſeyn, überall im Himmel 
wie auf der Erde, in der Tiefe, wie ff. — wirkfam, 


N 





u a... 
— Gottes, (Anwendung.) 


wie er den Blitz lenkt, des Waͤchtigen Herzen leitet, 
wie er die Flammen, das Feuer ꝛc. zu Werkz. ſ. 

Weish. und Liebe macht, wie er liebt ohne Empfin— 

dung, ſtraft ohne Zorn, ſeine Entww. ausfuͤhrt, ohne 
in die Raͤder der großen Maſchine einzugreifen — — 
wer das alles vor feinen Geiſt bringt, wird durch die 
Größe diefes Gegenft. betaͤubt.  Derfelbe verſchlingt 
alle Betrachtungen. Hat man ſich von dieſer Betaͤu⸗ 
bung geſammelt, ſo faͤllt man gewiß demuͤthig nieder 

und betet an. 

2) Man ſehe ein, daß ein ſo vollkommnes und daher 
unbegreifliches Weſen allerdings im Stande iſt — 
Schöpfer, Erhalter und weiſer Regent der Welt zu 

ſeyn. Deshalbmuß man Gottes Wegenicht 
kuͤhn meiſtern und tadeln wollen. Wie klein 
iſt der vor ung im Staube ſich kruͤmmende Wurm 

gegen uns, und wie viel kleiner find wir gegen Gott, 
der alles Fann, alles und auch ung erfchaffen het und 
ung erhaͤlt. Man unterwerfe ſich allen ſeinen Schik— 
kungen mit Demuth. Der Ausg. derſelben wird auf 
eine unſere Erwartung uͤberſtelgende Art zeigen, daß 
fein Rath und Wille der befle war. Man laffe auch 
das Dertrauen zu ihm nie fahren und hoffe zuper- 
fichtlich, daß er alles mit ung wohl machen Fönne. 

Man wähle fich diefen Ged. zu f. Beruhigung. 

3) Man liebe Saft aufrichiig und gehorche ihm mit 
der möglichften Treue. 

4) Dann, wennman Gott nicht nach feinem Weſen, Eigen: 
ſchaften und —— faſſen kann, harre man iener beſſern 
Zeit, wo das I Särhfelhafte gelok werden und wir reis 
ner in den reinften Geift blicken werden. Dan hoffe 
auf die kommende beßre Erkenntniß und begnüge fich 
mit der frohen Borempfindung, wie eg ung zu Muthe 
en werde, wenn die Nebel verfchwinden, die dunflen 
Vrgaͤnge lichter werden und von Kreis zu Kreis die 

Seele ſich zu Gott, um ihn naͤher zu erkennen, um 
ihn würdiger zu verehrten, und einer ewigen — vollk. 
Freude zu genießen, emporſchwingen wird. Wir ſind 
ia zur Unſterblichk. berufen, wir haben Faͤhigte: t, noch 
bekannter mit der Gotth. zu werden, die offenbar er— 
kannt ſeyn will. 

5) Wenn es gleich des M. höchſtes Vergnügen ſeyn 


394 a. 
Unendlichkeit Gottes, — was di 


muß, mit Gott und bi Erf. Gottes ſich gu beſchaͤf⸗ 
tigen, wenn man ſich gleich in den Unterſuchungen 
über feine Natur und Größe weder durch ihre Schwie— 
rigkeiten noch durch ihr Mißlingen darf abfchreden 
lafen: fe muß man doch diefem Vergn. und diefem 
Streben Graͤnzen fegen, wenn beydes nicht Schaden 
oder Gefahr bringen ſoll. Wenn der fühne VBerftand 
nur die Gcheimniffe der Gottheit anfchauen oder aus— 
foähen will, fd wagt er zu dreuffe Unterfuchungen 
gder einen zu verwegenen Slug f. Geifteg, den er durch 
Herirrungen u. durch feinen Sturz fchwer büßen muf. 
Solche Unter —— (Beyſpiele ſagen es zur War⸗ 
er find ohne Gewinn für bie Wahrheit, und ver» 
geblich. Sie erfchöpften die Kräfte und man fonnte . 
nicht mehr vorwärts fehreiten, "oder man gerieth auf 
Ungereimtheiten. Der M. fol nad) nußberer Wahrh. 
trachten, aber eine eingehufte — dunkle Wahrheit 
kann feinen vortheilbaften Eindruck auf ung machen. 
Solche Unterſſ. rücken ung Goft immer weiter aug 
den Augen. Sie hindern die Rel. felbfi, da dann der 
Ged. an Gott nicht wohlthaͤtig wirkt. Ueber Gott 
laßt uns nicht nachgruͤbeln, ſondern laßt uns 
nur unſere Augen auf das ſelige Verhaͤltniß richten, 
in welchem wir gegen Gott als Schoͤpfer, Vater und 
Herrn ſtehen. Dieß unterhaͤlt die Religion in uns. 
Vgl. Predigten über die Werke Gottes in 
der Natur, erſte Sammlung ©. 198-226: „Die 
Unbegreiflichf. Gottes aus den Geheimniften der Nas 
tur; Waldau's Returbetrachtungen zur Berb. d. 
chrifff. Religionggefinnungen, ır Th. Nrnb. 1786. 4. 
©. 131-135: „Unbegreiflichk. Gottes.“ — — 


Unendlichkeit Gottes, Hiob ız, 7:9. 


Sort ift unendlich, heißt: das, was Gott und 
in Gott ift, iſt im feiner Art dag Höchfte, dag Größte 
und Beſte. Er ift in Ubficht der Erf. und feiner 
Macht ohne die geringfte Einfchränfung. Seine Größe 
($ Najeſtaͤt) uͤberſteigt alle unſere Vorſtellungen, und 
fie iſt in Hinſicht der Menge und Größe ſ. Vollkom— 
menheiten mit nichts zu vergleichen. Bey ihm ſind 
alle nur moͤgliche Vollkommenheiten und 
dieſe ohne Maaß! Er haͤngt von nichts — 


A u. 395 
Unerforſchlichkeit u. Unermeßlichkeit Gottes, — (was?) 


alles von ibm ab. Dieß vermag der M. nicht 3 u 
— Gott iſt daher unermeßlich. 

L. Erell Unendlichkeit des Weltſchoͤpfers aus 
der ———— d. Natur u. aus ontologiſchen Gruͤnden 
erwieſen. Helmſt. 1778. 8. — 


Unerforſchlichk ee Ef, 40, 28; Rom. 
— — 


. Was? 

Gott iſt ſo hoͤchſt vollffommen, daß ein M. — ein 
Engel — ein endlicher Geift, ſelbſt der Dante 
Verſtand endlicher Weſen fich feine völlig deutlich 

und binlängliche Begriffe von Gott machen — feine 
Größe gleihfam nicht umfaffen, d. i. faffen Fann. ‚Der 
menfchliche Verſtand kann nicht die emige Fuͤlle der 

goͤttlichen Vollkommenheiten ergruͤnden, nicht mit ei— 
nem Blick uͤberſehen. Das, was JKor. 13, 12. P. 
geſteht, paßt auf nichts mehr, als auf unſere Kenntn. 
des goͤttlichen Weſens. Ganz und vollſtaͤndig 
und wie Gott das iſt, was Er iſt, vermag fein 
endlicher Verſtand zu erklaͤren; denn Er iſt unerkenn— 
bar und unbegreiflich. Seinen Urſtoff, ſeine Subſtanz 
— ſein Wo wiſſen wir nicht. „Du ſagſt: Er iſt 
„ein Geiſt; aber was iſt ein Geiſt? Du ſagſt: Er 
„iſt ewig; mir ſchwindelt; Einfach: — ich habe 
„keinen Begriff davon; von ſich ſelbſt nothwen— 
„dig: ich denke nichts; Unendlich: ich kann mir 
„vom Endlichen eine Vorſtellung machen, weil ichs 
„vergleichen, weil ich Graͤnzen denken, erweitern, ver— 
„engern kann, aber das Unendliche denke ich nicht.“*) 
Vergeblich bemuͤht ſich der M., (ſtrengt er auch ſein 
Nachdenken noch fo ſehr an,) Gottes erhabenes Weſen 
and feine Eigenfchaften in volliger Klarheit zu ſehen. 
In jeder derfelben findet er Tiefen, welche cr niemals 
ergründen fan. Vergebens würde er arbeiten, ſich 
von Gott die Sper, daß er die hoͤchſte Frundurſache 
aller Dinge und ihrer Kraͤfte, daß er voͤllig unabhaͤn— 
gig und der höchfte Geiſt ſey, deutlicher, besgreifiicher 





>) Bahrdts Syſt. d. moral. Rel. Ir B. te Aufl. ©. 113. 


Unerforſchlichkeit u. Unermeßlichfeit Gottes,- — (mas?) 


und anfchauender zu machen, Pſ. 145, 1:17; 1 Tim. 
6 16; I-$or. 2,10: IT. 
©. den Art. Gotf, II 26. 12 und hen | 


ac 


Art. Unbegreiflichfeit Gottes, oben ©. 391 f. 






Religionstehrer koͤnnen vorzuͤglich in Tatechiſationen zur Erlaͤuterung 


Ey 


— be Frage: was Gott ſey? die Erzählung ven der Frage 

de8 Kon, von Syracuſaͤ Hiero an den Dichter u. Weiſen 
anfuͤhren, ſ. Eicers de natura Deorum, 
L. L cap. 22. Döverl. Relslintere. zer &h © 17; 
Schulz Behrs: d. Reh iſte ©. 75, 


Es ift ung ſehr begreiflich, daß Gott für ung und. 
an fich unermeßlich if; denn ung kurzſichtigen M. iſt 
ſchon unſere Erde unermeßlich. Und doch iſt fie nur 
ein Fleiner Winkel in Gottes Staat. Wenn ganze 
Sonnen und ihre Sonnenſyſteme untergehen: fo ift 
dag in Gottes Reich noch weniger, als wern unter 
Millionen mal Millionen Fackeln ein ſchwaches Lämp- 
chen verlifche. Und diefe Sonnen und Sonnenſyſteme 
vergehen; neue werden von ihm gefchaffen; fo leicht 
gefchaffen, als wir ein Kleid mit dem andern tech: 
feln. Yuch diefe vergehen. Er aber — bleibt ewig, 
wie Er ift, und feit aller Ewigkeit war, Bf. 102, 27. 
28. Himmelhshen find fihon dem M. unermeßlich. 
Des Schattenreichs Tiefen find ſchon für ung uner- 
gründlich. Aber mit ihnen verglichen It Gottes uns 
endliche Vollk. doch weit unermeßlicher und unergrunds 
licher. . Es ift durchaus dem Begriff der Vernunft 
von Gott als Schoͤpfer des Weltalls zuwider, ſich 
eine Graͤnze — eine Einſchraͤnkung der Vollkommen— 


heiten Gottes, ſeiner Macht, Weisheit und Guͤte zu 


denken, Mogen wir ausmeſſen der Erbe Länge, oder 
des Meeres Breite, mogen wir. alleg, was irdifch, 
fihtber und finnlich iſt, ermeſſen; Gott, den Unend- 
lichen, kann der Di. nicht ermeffen, weil er unendlich — 
weil er Gott ift, Hiob 26, 14. Ueber diefe Stelle, 
bitte * ‚zu vol. Eckermann's Handb. d. Gl. Lehre, 
or B. ©. 139 f; über Ef. 49%, ı2 ebend. ©. 14r f; 


Pf. —9* 3; 139, 6, 


Erklaͤrt mar mi D. €. Fr Banrot Wer. e. bibl. Syſt. 8. Dogm. 


iv B. S. 134 f) um» D. Fr V. Reinhard (Borief. üb, 
die Dogm. ©, 99) Gottes Unerm. als bieienige Eigenſch., 
wornach er oem Weſen nach) fies und — allenthalben 


— — ——— 
Unermeßlichkeit Gottes, (pract. Folgerungen.) 


ift, dab er durch gar keine Graͤnzen des Raums eingeſchraͤnkt 
werde, und dab dad wo, woſelbſt Gott iſt, unendlich iſt, er 
aber mit den Gefehöpfen zugleich ta iſt: To verwechfelt man 
theils oiefe- aha, mit der Allenthalbengegen— 
wart Gottes (mit Sottes Veberailzieyn), theils iſt dieſe 
Erklaͤrung gegen die Herleitung des Worts unermeßlich, 
von meſſen — alfo: was fid) nicht meſſen — teifen Größe 
u. Umfang fih nicht beſtimmen läßt, Freilich liegt in dem 
Begriff der Unermeglichkeit der Begriff von Unendlichkeit, vier 
allerhoͤchſten Vollkommenheit. 


I. Practiſche Folgerun gen, f. d. Ak Gott, 
or Th. ©. 113 f. Bier bemerfe ich noch: 

ı) Wenn gleich Gott unermeßlich — der Umfang der 
Erfenntniß son Gott unersründlih iſt: fo if es 
dennoch unfere Pflicht, Gott, fo meit er ung hier nad) 
feinen Eigenſch. een als den Allweiſen, Allies 
benden, Aüheiligen, Gerechten 28) und nach feinen 
Werfen zu erkennen moͤglich if, erkennen zu lernen. 
Bey unermübeten Sleiß fonnen wir doch von Ihm und 
feinen Vollkommenheiten fo viel erkennen, alg zu uns 
ferer Beruhigung, und zum Antrieb, uns zu beſſern, 
im Erdenleben nothig if. Gott laͤßt fich gleichfam, 

wenn wir ihn füchen, finden. Er wird ſich, wenn un» 

+ fer Geiſt zu ihm ſich auffchwinge und vol heißer Sehn— 
ſucht nach feinem Weſen und feinen Gefinnungen for> 
ſchet, ung näher entdecfen. Gehen koͤnnen wir Gott 
nicht mit den Augen des Leibes auch ſeine Gegenwart 
nicht fuͤhlen, wie wir andere Dinge durch Beruͤhrung 
entdecken. Aber unſere denkende Seele kann ihn auf— 
ſuchen, kann feine Werke Betrachten und aus dem, 
was ſie da wahrnimmt, auf ihren Urheber zurück. 
ſchließen. Man feße getroft diefen Verſuch fort. Ge: 
wiß werden wir ihn noch beſſer erkennen lernen, und 
neuer Gewinn an Weish. u. Frieden wird dann die 
Frucht unferer B Bemuͤhungen ſeyn. 


2) Iſt Gott unermeßlich, ſo iſt er ſich ſelbſt genug, es 
kann alſo der M. durch⸗nichts die Gunſt Gottes er— 
kaufen oder erſchmeicheln. Die Einſicht dieſer Wahr— 
heit erleichtert ung den Sieg über die verbotenen Der 
gierden Durch unfere Vernunft und Die Tugend; denn 
‚der MR. kann fih durch Tugend die Gunſt Ösites und 
feine Gluͤckſeligk. zufichern. Die Zug. iſt das einzige 


398 a 8 
Unermeßlichfeie Gottes, Unfterblichfeie der Seele. 


Mittel, Gott immer ähnlicher und wohlgefälliger su 
werden. — | ee | 


Unfhuld — Stand der — fi theifs den Art. 
Aehnlichkeit mie Bock, Ebenbild des M.) 
teils d. Ark. Sallädams. 

Unſterblichkeit der Seele, II Tim. ı, 10. 


Bor. Julius od. v. 8. Unſterblichk. d. Geele von J. Tr. Haͤſeler, 
Braunſchw. 1790. 8.5 Elpizon, oder über meine Fortdauer 
im Xode, ır Th. 2te verb. A. Danzig 1798. 8.5 Berfud 
einer Eurzen hiſt. crit. Ueberſicht ver Meinun; 
gen unferer vornehmfien neuen Weltweifen v.. 
Unfterst.d. menſchl. Seele. Altona und Leipzig 1796. 8. 
(14 Gar.); Blicke in Walhalla, oder über den Glauben 
an Unſterbl. von Fr. Simonis, Jena 1796. gr. 8. (73 B. 
9 Sgr); ob wir unſterblich fine? Eine philoſ. Predigt 
vor K. Leipzig 1800, 8. (2 Gyr); Ich bin unfterkiich, X phi⸗ 
loſophiſch chriſtliche Reden für and an Hoffense, von Aug. 
Geroße, Kalle 1801. 8. (IS Ggr.); M. Mendelſohns 
Phaedon — u. deſſelben Ay) v. d. Unſterbl. d. Seele, 
Berl. 1787: 8. — — Verm. Abhh. u. Urtheile, 5r Th. ©. 
9233.35 „philoſ. Ged. Über die Fortdaner d, Seele;’ Neimas 
russ Wahrhh. d. mat. Rel. Iote Abh.; Serufalem’s Bes 
trachtt. Vlfie Betr. ©. 176 ff.; Klaͤden über vie Ewigk. 
und ihre Treuen, ©. 26 f; Hermes Handb, d. Rel. 4te A. 
©. 96:130.5 Material. 3 Nachd. üb. Re, Offenb. 
x. ©. 130 ff.; De&els Palingenefie, ©, 172136. Har⸗ 
monie der Bern. m. Offenb. in Anſeh. d. Lehre v. d. Unſt. 
dv. Seele;“ Troſchels Lazarus von Bethanien, zte A. ©. 
4352461. Vernunfteründe für die Unft. d. Seele; Dah⸗ 
ltenburg Philoſ. u. Wer, ze B. ©, 435=:50. „Unfterblichs 
geit5? Döderlein’s ink. Th, chr, T. U. $. 215. p. 1452 
163; vdeffelben Reli. = Untere, IXr Th. ©. 3403985 
Stäudiin’s Dogm, und Dogmengeſch. Ilr Ih. ©. 838:879. 


Die Unſterblichk. d. Seele ift das immerwäß- 
rende Sortleben des Geiftes, des Todes des Leibes 
ungeachtet, oder die endlofe Fortdauer und dag Forts - 
wirfen der Seele mit denfelben geifiigen Kräften und 
deımfelbigen Bewußtſeyn von unſerer eigenen Perfüns 
lichkeit, wach dem Tode des Leibes. Die Seele wäh. 
ret nämlich nad) ihrem Weſen, nah Bewußtfeyn, 
Perſoͤnlichk. und nach der Erinnerung fort, fo daß ihr 
iegiger Zuftend cine Folge des vorhergehenden ſey. 
Sie währt fort ewig mit fortgeſetzter Thätigkeie in 





— ii, ir a 
Unfterblichfeie der Seele, (was iſt Die — —) 


einem glücklichen oder unglüdlihen Zuftande, ie nach— 
dem ihr fitel. Zuſtand befchaffen iſt, und fie ſteigt im- 
mer zu höherer Bollf. und Gluͤckſ. empor. Unfer Ich 
— der Befiger fo vieler taufend Vorſtellungen, Be— 
geiffe u. Urtheile waͤhrt mit d. Bewußtſeyn des vori— 
gen und ietzigen Zuſtandes fort, wenn unſer ſichtb. 
Theil durch den Tod vernichtet wird. Es wird noch 
ienſeit des Grabes denken, noch die Kenntniſſe erwei— 
tern, noch Freuden genießen, noch ſeines Daſeyns und 
ſeines Schopfers ſich freuen. Der Geiſt des M. wird 
nach dem Tode des Leibes kein anderes Weſen, er 
bleibt der naͤmliche, behaͤlt ſeine hieſigen Angewoͤhnun— 
gen, Faͤhig-⸗ und Fertigkeiten, Grundſaͤtze und Geſin— 
nungen; er kommt in ienes Leben fo gut und fo boͤſe, 
fo vernünftig und unvernünftis, ſo weiſe und un— 
weife, wie ee im Augenblick des Todes if. - Nur die 
grobe Sinnlidyf. falt mit dem Tode hinweg und der 
Geift wird dann beffer, ficherer und ſchneller fortge: 
bildet, als es bier gefcheben FTonnte. — 

Der Menfh dauert alfo na dem Tode 
fort}. 

ı) mit Derfonlichfeit und Bewußtſeyn, und 
zwar vorzuͤglich von feiner Würde oder Berworfen- 
beit. Dan muß dieß annehmen, fo bald man an 
Belohn. u. Beſtr. nach) dem Tode glaubt, Die ohne 
Bewußtſeyn u. Perfonlichkeit gar nicht ſtatt finden 

konnen. 

2) Mit Werkzeugen, die ſeinem kuͤnftigen Wir: 
kungskreiſe angemeſſen ſind; ſ. Auferſtehung. Der 
endliche Geiſt bedarf Werkzeuge der Empfindung zum 
vollen Bewußtſeyn und Genuſſe feines Daſeyns. 

3) Unmittelbar nach dem Tode faͤngt fuͤr uns 
die Periode einer neuen Wirkſamkeit und 

eines neuen Genuffes oder Leidens an; 
Matth. 22, 32 f; I For. 5, 2; Ebr. 11, 16. — 

4) Zwifchen dem Fünftigen und gegenw. Zuflande wird 
kein Zwifchenzuft. ſeyn. — 

I. Demeife für die Unfterbl. der Seele. 

©. Zilemann?s Crit, d. UnfierblichE, = Zehre. Bremen 1789, 8: 

Materialien für alle Theile der Amtsfuͤhrung 
eines Predigers, ar B. 4tes Heft: „V. d. populären 
Behand, d. Vernunftbeweiſe für die Unſt. d. Seele.“ 


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400 U. Fr 
Unfterbiichkeie der Seele, (Beweife für die — —) 


Wenn: gleich das firenge Nachdenken des pruͤfenden Philoſophen 
gegen manche der gewoͤhnlichen bisher fuͤr firingent gehaltenen 
Beweife für die Unſt. d. Seele vieles mit großem Schein zu 
erinnern findet, wovon man a) in der Neuen allg. d. 

-Bibt, Anh. 3 1:28 ©. are Abth. ©. 205221135, desgl. 
te Abth. ©. 36:39. b) in Jakob's philof. Annalen 
1796. ©, 568 :574 ſehr wichtige Proben antrift: fo kann 
und darf doch wohl nicht der Rel.-Lehrer fo ganz philoſophiſch 
genau verfahren und fo viele für Wiere ſehr überzeugende und 
einleuchiende Beweiſe verwerfen, Er muB beachten, daß diefer 
Beweis fuͤr diefen, ein anderer für ienen wichtig ift, u. er die 
Veberz. auf mancherley Wegen begründen oder beftärken muͤſſe. 
Sobald fie nur den Gefegen des Denkens gemaͤß find und wir 
ung, aller Einwendungen ungeachtet, von ihrem Einfluffe nicht 
ganz Iosmachen können, ift e8 vernünftig, ihnen ein gewiffes 
Gewicht beyzulegen., Auch dieienigen Gründe verdienen An— 
fehen, weiche blos eine Fortdauer nad) d. Zude, weun auch 
nicht eine ewige Fortdauer darthun. Es wäre fürs Volk ſehr 
ſchaͤdlich, wenn Prediger fagen wollten: Die reine Vers 
nunft batfür die Inf. Eeine Beweife dawider — 
aber anc gar nicht dafür, oder gar: fie fen nicht 
aus der Vernunft erweislidh. Fuͤr Denkende wire 
es anftübig zu behaupten: daB die inf. nur ein Ge: 
genft. des Glaubens fey, oder daß fie blos deswegen an⸗ 
zunehmen, weil die Dffenb. es verfichere und man 
deshalb keine Gruͤnde daf uͤr zu willen brauche, Die aus 
Gründen angenommenen Wahrhh. find auch anſchaulicher und 
wirkbſamer als die, welche blos aus dem Dffenbarungsglauben 
angenommen werden. Sehr ſchaͤdlich wäre es, auch nur von 
weiten her einigen Zweifel an dieſer der Sutuchken zur Haupt⸗ 
ſtuͤtze dienenden Lehre ſich merken zu laſſen, weil einige Rel.⸗ 
ſpoͤtter ſolche Zweifel ſcheinbar vorzutragen wußten. 


A. Solche Beweiſe, welche die Unſterbl. un= 
fers Ichs beffätigen, ohne daß dabey Got- 
teserfennfniß zum Grunde gelegt und aus 
derfelben gefolgert wird. Sie find von ber 
Fan daß fie die Unglaublichkeit der Vernichtung 
der Seele nach dem Tode des Leibes beſtaͤtigen. 


1) Ueberall wird nichts, wenn gleich in der Natur 
Koͤrper zerſtoͤrt werden, bier vernichtet und nie iſt et— 
was vernichtet worden, wie dieſes die Raturgeſchichte 
und enis Wiſſ. von der Aufloͤſung und Scheidung 
der Theile zeigen. Die Natur u. d. Kunſt koͤnnen die 
Geftalten der Dinge jerfiören, aber die. Dinge feibft 
nicht. Es bleibe immer ein Stoff übrig, welcher fich 
| zu 


U. 401 
Unfterblichfeit der Seele, (Beweije für die — —) 


zu neuen Geftalten umändern läßt. Alles, was wir 
fehn, ift Berwandlung, Wiedergeburt, Veränderung 
der Geftalt, der Zufammenfigung des Driß, 3.9. das 
geſaͤete Weitzenkorn ff. Nach einer richtigen olseräng 
wird alſo auch der Geift nicht vernichtet werden, oder 
der Urfioff des M., der Grundbeſtandtheil feines Le— 
bens wird nicht vergehen. Daß am DM. die einzige 
Ausnahme feyn follte, tft nicht glaublid. Warum u. 
wie. follte unfer Geift, welcher nicht. als Korper ge: 
dacht werden fann, verſchwi nden? 
2) Alles wird durch — Tod zu einem neuen Leben 
zubereitet. Und der M. wäre auf der hoͤchſten Stufe 
der Vollk. unter den — befannten Dingen, wo er 
erft recht faͤhig ward zu genieße nr und ſich ſeines 
Daſeyns zu freuen, mo er dag hochſte Gluͤck — ein 
Sch hat, fih felbft befchauet, feiner ſelbſt ſich bewußt 
iſt, Vergangenheit und Zukunft denkt und Freuden 
zu ſchmecken anfängt, die fein Weſen hienieden außer 
ihm genießt, — und er follte auf diefer erften Stufe 
des vollkommenſten Dafeyns und des vollkommenſten 
Lebens — auf ewig ſterben? fuͤr alles ſoll ein 
Fruͤhling kommen, nur für den M. nicht? 
Das iſt unter allen Unglaublichen das lUnglaublichfte. 
3) Nach der Gefchichte war unter allen Nationen, 
befonders unter denen, welche ihre Vernunft gebildet 
hatten, unter den Weifen der Lehrſatz von einem 
geben ienfeie des Grabeg gangbar. Alle M., wo 
wir in der Gefihichte der Menfchheit nur hinblicen, 
fimmen allgemein für bie Unſt. d. Seele. Es war 
- eine allgem. Meinung aller — aud) der unwiſſenſten 
Voͤlker der Erde, daß die Unſt. gewiß waͤre. Alle 
glaubten dag gerne und die Weiſen fanden die— 
fen Glauben immer wieder *). Wie konnten ale 
Weiſe, alle Gefengeber und Stifter der menfchlichen 
Gefelifchaften fi oder ihre Mitm. fo beträgen? Un: 
möglich hat fih doch das ganze menſchl. Geſchlecht 
verabredet, eine Unwahrheit zu hegen und Die Betruͤ— 
ger zur verehren, die folche erdacht hatten. Dffenbar 
iſt alſo dieſe Lehre eine göttliche Wahrheit in dem 





*) 6, Ddels Palingenefie, ©. 108 fs Shesdor?’g gluͤckl. 
Morsen, S. 5312. 


Chriſtl. EL Lehre f, d. Canzelgebr. 3 = & 


492 0 


Unſterblichkeit der Seele, (Beweife für bie — —) | 


inne, als alle Wahrheit von Gott if. Denn wir 
mäfen entweder annehmen, Gott habe uns gar feine 
Wahrheit gegeben, oder gerade Das ift Wahrheit, die 
von ihm fam, welche von felbfi, und ohne daß man 
immer nicht weiß, wie diefelbe unter den M. gefeimt 
und Früchte getragen bat. Aug unähten Duellen ift 
diefer Glaube nicht entfianden, wie gemwiffe andere eben 
fo allgemein gewordene, 5. B. wie der Irrth., Goft 
mit Opfer zu verfühnen. Diefer Glaube war eine 
Folge und Wirfung des allen M. eingepflanzfen 
Triebes und Verlangens nach) Unfk., und es geist an, 
daß es ein fich auf daſſelbe beziehendes Ahnungsges 
fühl derselben in der menſchl. Natur gebe. 

Nun kann man ficher fo ſchließen: was die ausge 
bildefe Wernunft in Dingen, welche des M, Gluͤckſe⸗ 
ligkeit angehn, zu allen Zeiten fand, das muß untruͤg⸗ 
lich ſeyn. Denn alle Kraͤfte in der Schöpfung find 
unfehlbars wäre es nun die hoͤchſte Kraft, die Vers 
nunft nicht, fo märe der M. in der fo zweckvollen 
Welt das zweclofefte Ding. Es ift daher unglaub-» 
lich und undenkbar, baß mit d. Tode des L. die Seele 
untergehen ſollte. 


„Wenn gleich hierin kein feſter Beweis liegt, fo beſtaͤrkt es doch, 
„wenn die uͤbrigen Gruͤnde dazu kommen, nicht geringe unſere 
„Hoffnung. Ein fo allgem. Glaube — ſelbſt unter Natio—⸗ 
„nen, die nie mit einander Gemeinſchaft unterhalten Haben, 
„muß doc) entweder aus einem nähern von Gott veranftaltes 
„ten Unterricht, oder aus eigenem Nachdenken entfprungen 
„ſeyn. — Im letzztern Tale folgt daraus, daß diefe Erz 
„wartung eines Flünftigen Lebens mit zu ven Wahrheiten ge: 
„bört, welche die forfchende Bernunft bey ihren Nachſuchungen 
„ſehr Teicht und giüelich zu finden im Stande if, Sie muß 
„feiglid) fo genau an andere unlaͤugbare Wahrhh. angeknuͤpft 
„seyn, daß man diefe nicht füglich anffuchen Fann, ohne auch 
„fie ſelbſt zu gleicher Beit zu entdecken. — Mit Tieiß ließ 
„Gott nicht eine fo allgem. Taͤuſchung zu, noch befdrderte er 
„ſolche durch e, Offenb., fo daB man denken konnte, wie er 
„fe vorausgefehen habe, daß die Welt aus diefer Ieeren Gelbft: 
„uͤberredung großen Wortheil Haben würde, indem ſolche dad 
„Eräftigfte Mitter zur Verhütung vielev größern Infierhaften 
„Ausſchweifungen feyn werde, Denn Gott ift gut, Inuter 
„Bahrheit und Liebe. Keine allmädhtige Güte kann 
„ur die untadelhafteften Entwürfe machen 5 feine unumfchränete 
„Weish. kann nie unrechtmaͤßige Mister, nie Betrug und Kift 


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u. 403 
Unfterblichfeie der Seele, Bewe iſe für die — —) 


„zur Ausfuͤhrung ihrer Abſichten gebrauchen. Welche Ohn⸗ 
„macht, wenn ſich Gott offenbarer Ungerechtigkeiten zur Era 
„haltung ver Ordnung unter feinen vernünftigen Geſchoͤpfen 
„bedienen müßte! Welche Sraufamfeit, wenn er ihnen 
„3% den füßefien Hoffnungen Anlaß gäbe, und fie dann doch 
„om Ense um alle diefe Erwartungen beitröge! Kein meifer 
„Regent, Fein gütiger Vater kann fo unbillia gegen feine 
„Unterth. oder Kinder verfahren. Es iſt in iedem Falle firafa 
„car und araufam, wenn man M. durch falſche Hoeffnungen, 
‚sie. fie noch dazu auf der empfinslichften Geite treffen, zur 
„Berläugnung defien, mas innen fonft lieb ift, und zur Ueber⸗ 
| „mehmung der größten Beſchwerden anlocken will. Ein Gott, 
‚ner meine Bruf mit den angenehmjten Wünfchen und Hoff⸗ 
ungen fült, der e8 mit fonterbarer Argliſt fo lenkt, daß ich 
„ſelige Ewigfeiten von ibm erwarten muß; und mich endlich 
„doch, wenn ich bis zum Grabe gehofft, meine liebften Lüfte 
„and tanfend irdifche Vortheile verlaͤugnet und mit redl, Treue 
„feine Vorfchriften befolgt Habe, mit Heimlichem Hohnlaͤcheln 
„täufcht, in den ewigen Tod — in den Abgrund des fchrect. 
„Nichtſeyns ſtuͤrzt — ein ſolcher Gott iſt nicht mein 
„Bott — if nicht meiner Anbetung werth, nicht 
„werth eines weltlichen Throns. Er iſt ein ſich ſelbſt 
„widerſprechendes Weſen — ein Unding.“ *) 


B. Solche Beweiſe, welche das Daſeyn Got— 
tes vorausſetzen, und Dip: die Vernich— 
tung der Seele nach dem Tode des keibeg 
als unmöglich und mwiderfprehend darftels 
len; 

AA. DBeweife aus der Vernunft: 

1) Gott gab uns einen Geift,  deffen Natur wir zwar 
nicht ganz a) genau kennen, welcher aber gewiß ein 
vom Leibe ganz verſchiedenes — fein Förperl, Wefen 
iſt; denn unfere geiftigen Kräfte laſſen ſich fehlechter« 
dings nicht aus einem bloßen — £hierifchen Mechanigsmug 
befriedigend erklären. Wir fonnen uns die Handlun= 
gen des Denfens und Wollens und die - Eigenfch. der 
Verfönlichkeit durchaus nicht als Handlungen oder 
Refultate von Körpern vorſtellen. Wir müffen ung 
infofeen unfern Geiſt als ein Wefen von anderer Art 
denfen. Es iſt eine Kraft, die fich ihrer Einheit be 
wußt und die wirkende Urfache aller wilführlichen 
SR EN des an ift, melche empfinder, denft, 





) Hermes Handd. der Rel. ate A. 17 B. ©. 127:129, 
Ce 2 





404° | um 
Unfterblichfeie der Seele, (Beweiſe für die — —) 


urtheilt, will. Die Werke der menſchl. Dernunft, der 
Kunft und des Geſchmacks Eönnen nicht eine Folge 
der materiellen Zuſammenſetzung und Einrichtung und 
mechaniſche Wirkungen des Körpers feyn. Die ung 
befannte Materie hat nicht die Faͤhigkeit zu denken. 
Wir merken auch deutlich, daß der Leib es nicht ifk, 
welcher die Sr. zu d. bat. Wir kennen auch feinen 
einzigen ſichtbaren Theil deffi elben, der an und für fich 
feibft diefes Vermögen hätte. Man kann ganze Glie- 
der von unſerm Leibe trennen, ieden Theil deſſelben 
fehr befchädigen und fo gar ganze Stuͤcke vom Haupt 
und Gehirn wegnehmen, ohne daß dadurch diefe Kraft 
der Seele zerflört werde. Es ift alfo der Leib 
und fein fühlbarer Theil deffeiben, der da 
denkt. Die Muskeln und Sterven felbft verrichten 
nicht das Gefchäft des Denfens. Die Sinne nehmen 
die aͤußern Gegenftände an und überliefern fie durch 
eine unglaublich Fünftliche und gefchwinde Mittheilung 
der denfenden Seele. Diefe hat alfo ein ihr ganz 
eigenes Empfindungsvermögen, welches vom 
grobern Gefuͤhl der Sinne merklich verſchieden iſt, ob 
es gleich mit demſelben bey der gegenwärtigen Ein- 
richtung im einer fehr genauen Verb. ſteht. Wahr- 
ſcheinlich bringen die im ganzen Leibe vertheilten Ner- 
sen die Empfindungen der Sinne in eine geheime — 
ung unfichtbare Werfftätte der Seele, daſelbſt 
gehen ſie in Vorſtellungen uͤber, ſie werden gelaͤutert, 
und zum fernern Denken den iedesmaligen Umſtaͤnden 
gemaͤß angewandt. Hat man gleich noch dieſen vers 
borgenen Gig ſelbſt nicht durch Bergrößerungss 
olafer entdecft, fo muß er doc irgendwo vorhanden 
feyn, da fie dieſer Werkſtatt zu ihren geifligen Em— 
pfindd. und Beſchaͤftigungen bedarf. Freilich ift bier 
unfer benfendes Weſen an den groben Leib gebunden. 
Es eriweitert ſich mit der Ausbildung und dem Wachds 
thum bdefjelben an Kraft. Nur hört e8 nicht zu wach 
fen auf, wenn der Leib feine Größe und Ausdehnung 
erreicht hat. Erhält zwar die Geele durch die Sinne 
ihre Empf., Borftellungen, wenigſtens den erften Stoff 
zu allen Ueberlegungen, Entſchließungen und Handl.; ſo 
hängt doch auch die Seele oft vom Zuft: des Leibes ab, 
ſo daß, wenn deffen Glieder verlegt, ſtumpf oder uns 


| U. | 405 
Unfterblichkeie der Seele, (Beweiſe für die — — 


brauchbar werden, der Geift mit leidet, weil beyde ein 
Ganzes ausmachen. Allein dag alles beweiſt nicht, 
daß der Geft aus eben dem groben Stoffe beitehe, 
woraus der Leib gebilder ift, fondern vielmehr, daß 
unfere Ceele eine feldftftändige Natur und Kraft if. 
Denn unfer Leib kann ung nur hindern, unfere uf 
fere Thaͤtigkeit zu dußern, aber ie weniger wir von 
ihm abhangen, vefto mehr find wir, wag wir feyn 
follen, durch ung ſelbſt und deſto thätiger iſt der Geiſt, 
der ihn zum Denken und Wollen nie bedarf. Die 
fes für ſich felbft beftchende Sch aͤußert ia auch Wir— 
fungen, an welchen unfer Leib durchaus feinen Antheil 
nehmen fann, «8 kann ihn zwingen, ohne Rüdfiche 
auf feine Zriebe und gegen das Streben berfelden. 
thätig zu feyn; fo lange diefeg unförperfiche, gebie— 
tende, bewegende, felbftftandige Wefen in ihm wohnt 
und wirkt, muß die Materie gehorchen. Dieß ficht 
man daraus, daf der Geift bey der großten Schwäche 
und Meisbarf. des Leibes, oft felbft in der Naͤhe des 
Todes am lebhafteften und thätigften if. Gein Da: 
ſeyn haͤngt alfo gar nicht vom Dafeyn des Körpers 
ab. Diefer Unabhängigkeit vom Korper find wir uns 
auch durch unfer Wollen bewußt. Wir fonnen ung 
felbft beftimmen. Dieſes Bewußtſeyn iſt gerade unfer 
fiherfies Weſen. Was daraus unmittelbar folgt, ft 
uns gewiffer, als alles, was wir durch die Außern 
Sinne und mit Hülfe des Leibes erfahren. Unſer 
Leib fieht unter mechanifch zwingenden Naturgefesen, 
aber die Seele ſteht nicht blos — nicht ganz dar» 
unter, fondern auch unter frenmoralifchen Gefegen, 
wir koͤnnen nicht nur uns wilführlich zum Handeln 
‚oder Nichthandeln beftimmen, fondern wir haben auch 
Pflichten, zu welchen wir ung frIbft beſtimmen follen. 
Wir find alfo fittliche Wefen und das Gefeg der Frei— 
heit, welches ung Pflichten auferlegt, ift ein allgem. 
Geſetz und feßt einen gemeinfchaftl. Gefeßgeber, Gott, 
den Herrn der Körper: und moralifchen Welt, voraus. 
Durch freye Anwendung der Naturfrafte follen wir 
nad) den ſittl. VWorfchrifien zur Gluͤckſ. der Welt mit: 
wirken. Dazu ift, fo lange wir leben, unfer £eib ein 
angewendetes Kittel und nur unfer Werkzeug. Im 
Tode Herr er auf, dieß zu ſeyn, aber unfer Geift, den 


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406 | u. 
Unfterblichkeie der Seele, (Beweife für. die — —) 


wir dazu anmenden, hoͤrt darum nicht auf, ein Wir- 
fendes — felbftftändiges Wefen zu feyn, da fich fchon 
im Erdenleben die Gelbftftändigkeit in vielen Stüden 
vom Leibe unabhängig bewieß. Wir koͤnnen im Bes 
fit unferer Geiftesfräfte fortdauern, innerlich fort- 
empfinden, fortdenfen und fortwollen, wenn gleih uns 
fer Werkzeug der Empfindung deffen, was außer ung 
in der Koͤrperwelt iſt, zerſtoͤrt ift. | er 
b) Der Geiſt des M. ift als eine vernünftige Einheit 
außer der Zeit und dem Raume vorhanden, folglich 
auch unzerfiörbat; denn alle Vernunft ift ewig. Da 
nun der Tod blos den Leib zerrüttet; fo ift dag Das 
feyn des Geiftes auch nach der Auflöfung des Leibes 
unzweifelhaft. — — Was aus dem allem ausgemacht 
gewiß folge: Die Seele ift ungerfiörbar, if 
fhon genug. Aus den folgenden Beweifen folgt auch, 
daß er mit Bewußtſeyn und eigentl. Berfönlichkeit 
fortwahren werde. | 
2) So bald wir die erfie große Wahrbeit: es ift ein 
Gott! annehmen, dürfen wir nur mit Aufmerkſamkeit 
Gottes Eigenfchaften, befonderg feine Weisheit, Liebe 
und Gerechtigf., und dann auch unfere Anlagen und 
die gegenwärtige Verwickelung unfers Schickſals be- 
trachten: fo muͤſſen wir fchließen: es folgte noch 
ein anderes Leben, in welchem fi Gottes 
Abfichten mit ung weiter aufflaren und wo 
unfer Schiefal entfghieden feyn wird. 

Gott ware nicht allweife, wenn er die Seele 
im Tode des Leibes zu leben aufhören Tiefe. Iſt 
Gott aliweife, fo muß alles feinen Zweck und feine 
Beflimmung vollkommen erreichen. Keine Anlage muß 
unentwickelt, Feine Kraft unverbraucht bleiben. Nichts, 
ſelbſt der Fleinfte Grad von Kraft muß überflußig vor— 
handen feyn. In der ganzen Natur ift dieß Geſetz 
der Sparfamfeit augenfcheinlich. Gott gibt auch Feine 
halb erreichten Zecke wieder auf. Noch mehr. Es 
rühre die Weisheit her, woher fie wolle, genug, fie ift 
in Allem, was ung umgibt, da; fie leuchtet aus Allem, - 
was da ift, hervor, und iedes Merk, welches von M. 
richt gemacht ift, trägt ihren Stempel. Vermoͤge die— 
fer allenthalben aus der Natur hervorblichenden Weis» 

heit finden wir bey Allem, was in der Natur vorgeht 





.. | | u 407 
Unfterblichfeie der Seele, (DBeweife für die — —) 


und erfcheint, einen gewiffen Zweck, deffentwegen es 
vorgeht und erfcheint, und allemal einen um fo viel 
wichtisern und erhabenern Zweck, ie wichtiger bag 
ift, was vorgeht und erfcheine. Hier nun bey dem 
wichtigſten Borgange, bey menfchlichen SKraftanlagen, 
die gar nicht, oder doch zum Theil nur ausgebildet 
werden, oder bey menfchl. Kräften ſelbſt, Die eben fo, 
entweder ‚gar nicht, oder Doch nur zum Theil ange 
wendet werden, märe entweder gar fein Zweck, oder 
doch nur ein folcher,. gegen den die aufgewendeten 
Mittel ganz und gar nicht verhaͤltnißmaͤßig waͤren, ſo 
daß ihr Uebermaaß die heilloſeſte Verſchwendung 
wuͤrde, die ſich ein vernuͤnftiges Weſen nur denken 
koͤnnte. Wir finden naͤmlich, 
a) daß des M. Seele ſo geſchaffen iſt, daß fie ewig. 
wachſen, immer mehr ihre herrlichen Anlagen, 
womit ſie fuͤr die Ewigk. ausgeſtattet iſt, entwickeln 
kann. Gott ertheilte dem M. Kräfte, welche durch 
allmaͤhliche Uebung gebildet und erhöht werden koͤn— 
nen, aber in einem höheren Maaß, als er hienieden 
verbraucht. Er bat gar zu viel Anlagen und einen 
voͤllig unentſchuldbaren Ueberfluß davon, wenn ſich 
ſein Daſeyn mit dem Tode ſchließt. Hier werden dieſe 
großen Anlagen nicht ſo benutzt, wie ſie benutzt wer— 
den koͤnnen, ia unter mehrern Tanfenden benugt kaum 
ein einziger eine gchorig davon und haf, um die uͤbri— 
gen zu nußen, Feine Gelegenheit. Es bleiben Millios 
nen folcher Anlagen blos in Keimen verborgen. Don 
denfelben geht alfo eine fo ungeheure Menge verloren, 
daß man nicht verbärgen Fann, ob auch wohl nur 
der taufendfie Theil davon zur befrächtl. Ausbildung 
gelange, und dann bleibt wieder eine unausſprechliche 
Menge von wirklichen Kräften ohne die gehoͤrige An- 
wendung, fie ift entweder gang umſonſt da, oder lei: 
flet auch das, was fie leiſtet, nicht fo viel, daß es 
auch nur. der Mühe werth gerechnet werden koͤnne, 
daß fie da ſey. Wozu haͤtte Gott dem M. fo viele 
Kr. gegeben, wenn er gewollt hätte, daß fie unentwif- 
Felt, oder daß fie fo unvofffommen, als fie hier find, 
bleiben follen! Sie bleiben bier unentseickelt und un⸗ 
vollfommen, die fieht man | 
aa) am der Menge von Kindern, die fchon eher fterben, 


408 | U. | — 
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe fir die — —) 


als fie das Tageslicht fahen, oder ehe fie die Welt 
Fannten, deren Bewohner fie. waren, ober die, wenn fie 
mit großen Schmerzen geboren worden find, entweder 
einiaemal Othem holen u. dann fterben, oder doch nach 
wenig Wochen, Monaten u. J., und zwar in der 
günftigften Vorbereitung zu einem der M—heit wuͤr— 
digen Leben flerben. Der dritte Sheil der I. 
ſtirbt nach einer nicht übertriebenen Berechnung in 
ben Jahren ber Kindheit. Wie viele finfen als Jung— 
frauen und Sünglinge dahin! und unter diefen wie 
viele edle, ſchoͤn gebildete Menfchenfeelen, vol von 
großen Anlagen, werth eines längern Lebens. — werth 
einer Emigkeie! Sind dieſe — falls die ©. fterblich 
iſt — nicht unnüß geboren?! Gott follte fo erhabene 
Geifter, dergleichen die Seelen der M. find, erfchaffen, 
um fie wieder zu verderben? Fuͤr wen wurden fie ge⸗ 
boren, da fie ihr eigenes Leben gar nicht oder wenig 
empfanden? nicht. für ihre Eltern, nicht für Gott, da, 
fie ihren Urheber nicht Fannten? Wie kann Gott mit 
dem Tode der M. gedient feyn? wie Fann er am fir 
nem Gluͤcke, wie an dem Ruhm feiner Macht gewin— 
nen, wenn feine linfe Hand wieder zerftört, was feine _ 
Nechte gemacht bat? Wenn nicht vernünftige Werfen 
Gottes Werke erfennen und ihn preifen, wer ſoll's 
dann thun? Jammert eg ung fehon, wenn ein voll: 
blühender oder fchon reichlich zarte, noch unreife Früchte 
tragender Obſtbaum ploßlich durch einen Sturmwind 
aller Blüthen oder Früchte beraubt oder zerſplittert 
wird. Und Gott — aller vernünftigen Weſen Urquell, 
follte e8 nicht iammern, daß die Meifterft. feiner. Kunſt 
im Tode ff.?! Denn dag find doch die menfchl. See— 
len. Sie tragen Gottes Bild, oder koͤnnen durch 
Aufkl. des Verf. u. Vervollk. des H. bdaffelbe immer 
nichr erhalten, koͤnnten ihn ihren Urheber durch edle 
Thaͤtigk. preifen, fonnten endl. zunehmen in Bolf. von 
Stufe zu Stufe, immer an Weish. wie an Tugend, 
an GSoträhnlichfeit und auch an Geligfeit wachfen. 
Wird Gott die ausgeftreute Saat im Keimen vernich— 
ten oder im Wachseh. verderben?! „Das Gehen 
„wäre ia dann des Kommeng nicht werth, 
„wenn fih im Grabe fein Morgen zum Er— 
„wachen roͤthet. Er roͤthet fih gewiß und 





U. 409 
Unfterblichfeit der Seele, (Beweiſe für die — —) 
in feinem Licht wird es belle, warum hier 
„die Knoſpen der Menfchheit fo früh abfie- 
„ten. Es iſt ein würdiger Gedanfe, zu glauben, 
fie find nicht verloren, fondern Soft wollte die zarten 
Pflaͤnzchen in ein befferes Fand verfeßen.. — 
bb) Auch Erwachfene fommen bier nicht zur volligen 
Entwickelung und Ausbild. ihrer Anlagen und 
Kräfte Man denke fih auf einer Seite 4 
e) dag Denfvermögen und die Erfenntniß- 
träfte des M. Erreicht wohl ein einziger M. hie— 
nieden die Stufe der Erk., welche er erreichen koͤnnte? 
- Em M. kann Jahrhunderte alt feyn und von Zeit zu 
+23. immerzu gelernt haben, er ift dann Doch nur wie 
ein Sind gegen dag, was er noch werden fönute. Die 
Schnaͤche unferer Kräfte, die wenige und Furze Zeit 
u. die fparf. Gelegenh. machen e8 unmöglich, das 
hoͤchſte Wachsth. in der Weish. u. f. w. zu erreichen. 
Unfer Verſt. bedarf zu ſ. Vervollk. ein ewiges Leben, 
I Kor. 13, 10, 12. *) — Auf der andern Geite 
erkenne der mißbegierige und fleißige Forſcher fo vie— 
les (der M. ift e8 allein auf Erden, der die Dinge 
erkennt), er findet die Eigenfch. der Dinge, ihr Ver— 
haͤltniß gegen einander, die Drdnung darin, er bewun— 
dert die Uebereinftimmung dabei, ihn entzückt der Erde 
Schönheit, er blickt ſtaunend gen Himmel, fleigt vom 
Gefchöpf zum Schöpfer, eriinnt ihn, preift ihn, betet 
ihn an, blickt in die Zuf., in die Vergangend., über: 
fieye zum Th. die Gegenwart — und daß alles nur 
für das ird. Leben? Iſt die E, nicht unfterblich,, fo 
bringt die fo fehr muͤhſame Uebeng der Geiſteskr. zu 
wenig Gewinn und die Urbeit if dagegen zu groß. 
Zwar gewinnt der M. an Klugheit, Er lernt M. 
fennen, und weiß beffer mit ihnen umjugehn. Er 
ſieht richtiger die Befchaffenh. der Dinge und die Ur: 
fache mancher Begebenheit, und bleise deshalb vor 
manchem Schreefen, vor mancher Gefahr bewahrt. In 
Entvdeefung vieler Schönheiten der Natur finder er 
manche abwechfelnde Belnftigung. Die Beschäftigung 
mit den Wiſſ. verfchafft angenehme Unterhaltung, die 





.*) Die Kräfte der wilden Voͤlker bleiben num vollende 
unentwickelt. 


4ro | .. 
Unfterblichkeit ver Seele, (Beweiſe für die — —) 


| fo diele Andere entbehren müffen. Durch ſolche Vo r- 
m x güge gewinnt man auch am aͤußerl. Slüf. Man 
lerne fein Reben in mancher Abſicht beffer genießen ale 
Andere, weil man die Mittel Fennt, wodurch einige 
Uchel verhütet und manche Freuden herbeigefchaft 
werden koͤnnen. Ban- erhält bei Fleiß u. Klugh. 
Guter, Ehrenftelen u. ſ. w. Aber das ift dann atıch 
alles, wag man gewinnen fann, Wenn Dir 
Seele ff. Dieſer Gewinn iſt noch dazu ungewif: - 
Unzaͤhlbare Hinderniffe Finnen dem Meifeften /m 
Wege fiehen, die er burch alle ihm bewußte Half. 
nicht forteäumen kann. Er erreicht alfo wohl nur 
ein miftelmäßiges Gluͤck. Zumeilen ift fogar feine _ 
tage fo widrig, daß ihm ſ. Klugh. mehr zur Loft und 
sur Vergrößerung feiner Noth zu dienen feheitf, in⸗ 
den: fie ihm Neid, Unterdruͤckung, Undanf bey denen, 
die feine Ueberlegenheit fühlen, errege. Namumt men 
aber auch an, daß e8 ihm nach Wunfche acht, dag er 
ein bequemeres Leben, ein hinlängl. oder gar überfläf: 
figes Dermögen, Beyfall, Ehre u. andere damit ver- 
bundene Vortheile gewinnt: fo zieht ee fich doch ge- 
wiß durch feine Arbeiten des Geiftes ober des Koͤr⸗ 
‚pers, durch Undorfichtigk., ſittl. Bergehungen u. f. w. 
Herluft zu. Der Verfal der Leibesfräfte und Ge 
ſundh. ift nach der Erf. eine der erftien Folgen großer 
Geiftesanftrengung. Nur felten wohnen recht tief 
fehende — arbeitfame Seelen im feften u. ſtarken Kor- 
pern. Se thätiger dr Geift if, deſto fehmacher wird 
der Leib. Wie hinillig, flech und kurz iſt nicht oft 
dag Leben der großen Gelehrten. Diefer ſchon an 
fich bedeutende — aus anhaltenden Geiftesarbeiten 
entfichende Verlaſt, iſt noch lange nicht alles. Se 
mehr die Seele aufgeflärt und geübt wird, deſto Me- 
niger findet fie an den gewöhnlidhen Ergögun- 
gen der Sinne Gefhmad. Was Andere bis 
sum Entzuͤcken vergnuͤgt, iſt fuͤr ſie eine ſehr geringe 
Luſt, die gewoͤhnlichen Zeitvertreibe werden ihr leicht 
eckelhaft, allenthalben findet ſie Langeweile und Ueber— 
druß. Kommen auch Stunden, wo ſie ſich ſelbſt ver— 
gißt und mit einer gewiſſen vergnuͤgten Theilnahme 
die gewohnt. ſinnl. Freuden genießen kann: fo merkt 
fie doch bald das Leere, Unzureichen de in dieſer 


U. nr 411 
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe fuͤr die — —) 


Beſchaͤftigung. Sie genießt dadurch Fein wirkl. Ver— 
gnuͤgen. Auf der andern Seite empfindet ſie die Lei— 
den dieſes Lebens Doppelt ſtark, entdeckt dag Uns 
vollk. in dem menſchl. Gluͤcke und ſelbſt in den guͤn— 
ſtigſten Vorfaͤllen weit leichter; findet alſo Anſtoͤße 
und Zweifel, wo andre gemeine M. ihren Weg 
ruhig fortgehn. Eben daraus entſtehn weiter fo viele 
ſehnliche Wünfche nach einem vollfommmeren Glüc ; 
oft auch wirfliche Unzufriedenheit, Ungeduld und Ue— 
beröruß des Lebens. Die Welt wird ihr gleichfam zu 
enge, fie findet Feine Genüge leiftende Sreude — fie 
fucht etwas Größeres, eine neue Sphäre, wo fie mit 
mehrerer Sreih. wirfen Ffann. Dechnet man nun Ges 
winn und Verluſt von der vorzüglichen Hebung. der 
Geifteskräfte richtig gegen einander, fo kann man nicht 
entfcheiden, wo dag Uebergewicht ift. Genug, 
"die Erdenwelt paßt für die geuͤbteſten Geifter, die in 
f9 fern ihre Beſtimmung am richtigften erfüllen, am 
weniaften. Denn | 
£) unfer Geift Hat bey den Herrlihen Anlagen 
zugleich einen unerfättlidhen Trieb, fie 
noch immer herrlicher auszubilden und die— 
fer Trieb nad Vollk. gleicht an Stärfe ſei— 
nem Triebe nad Fortdauer. Der Geift ver: 
lange und firebt immer vollfommner zu werden. Die 
höheren geiſtigen Begierden find unendlich. 
Gold, Silber, Ehrenfiellen, Wein, Liebe und andere 
finnliche Ergößgungen koͤnnen fie ia nicht fättigen. Sie 
müflen offenbar wie ale Kräfte eine Abficht haben. 
Der Vogel it zum Stiegen beftimmt, weil er dazu 
Merfzeuge Hat. Eben deshalb fliege er auch. Der 
M. hat aber Begierden,. die theils in ihrer Art und 
theils in ihrer Sättigung feinen Umfang finden. Un— 
ſere Selbſtvervollkommnung ift offenbar Gottes Wille 
Matth. 5, 48.). Er gab und dezu auch alle Mittel. 
Uns WM. allein gab er fich ia näher zu erfennen. Er 
entdeckte ung feine Vollkommenheiten in dem Spiegel 
der Natur, und dadurch, daß wir Begriffe von einer 
weit volfommmeren und, dauerhafteren Gludf. erbiel- 
ten, reiste er unfer Verlangen nach Gluͤckſeligkeit. Die 
Elemente der Koͤrperwelt dauren fort, aber fie Eönnen 
nicht veredelt werden. Unſer Geift aber kann es und 


412 | U. | 
Unfterblichfeit der Seele, (Beweife fir die — —) 


wird e8 durch feine ihm eigene Kraft. In der Koͤr— 
permelt kommt alles zu einer gewiffen Bolf., deren 
es fahig ift, und fängt dann, ohne jemals ganz uns 
terzugehen, nach den Gefesen des Kreislaufg fein Da- 
ſeyn von neuem an. Dur allein der Geift des M. 
bleibt hier noch unvollender u. unvolfommen. Nech- 
net der M. ale zufällige Zerfisrungen feineg Lebens 
ab, ſtirbt er im hohen Alter, er ſtirbt allezeit zu früh. 
Gott läßt ihn als eine unzeitige Geburt erben. Denn 
alle Erf. — Lug. — u. alle Vollk. womit er flirt, 
ift faum Anfang zu nennen. Er fühlt eg, daß er 
in der Erfenntniß u. Eiche Gottes, in der Tug. 
unendlich vollkommner werden "Innte, aber der Tod 
laßt ibn nicht dahin fommen. Er muß wieder Nicht g 
werden, da er kaum etwas zu feyn anfing. Ein Vor: 
ſchmack von Wahrheiten und Vollk., unfer Vermoͤgen 
und Verlangen, vollkommner gu werden und die Fleine 
Erfenntnif von Gottes unendl. Weish., Liebe, Mack, 
und Gluͤckſeligk. nugte ohne ienes Leben — nichts. 
Gibt es Feine Unft., fo bat ung Gott ein Ziel augge- 
fteckt, welches wir nicht erreichen Eönnen. Geine Bor- 
fehung wäre Feine voollendende, weil für den M. 
Feine Bollendung wäre. Man denfe fich einen 
Kater, der fein Kind auf dag forgfältigfte erzoge, ibm 
alle mögliche Kenntniſſe und Gefchieflichfeiten mitzus 
£heilen fuchte, welche das Maaß der Kraft des Kin⸗ 
des nur faffen mag, der langfam u. mit vieler Mühe 
an feiner Bildung arbeitete, den Eleinften Flecken ſei— 
nes Herzens auszutilgen fuchte u. f. mw. und der end» 
lich, wenn diefe Vorbereitung gang oder zum Theil 
geendigt und das Kind nun gefchickt wäre, in bie 
Welt einzutreten und die Früchte einer fo forgfältigen 
Erziehung zu genießen — das Find toͤdtete. Muͤßte 
nicht Gott ein folcher Water feyn, wenn er dag Leben 
der M., welches nichts anders ift und ſeyn kann als - 
Erziehung, mit dem Tode endigte? Welche Anftalten — 
Korbereitungen, welchen meifen Gang eines Vaters, 
der die Bildung und fteisende Vervollk. f. Kinder be> 
abfichtet, fire man — und wozu? um fie nad) einis 
ger Zeit zu vernichten? Rein. Wer an eine alles 
vollendende Borfehung glaubt, muß auch an linfterb- 
lichkeit der Seele glauben. 


U. | 413 
Unfterblichfeie der Seele, (Bemeife für die — —) 


7) Beachtet man dag Empfindungsvermögen, 
fo findet man, daß fein M. fo viele Sreuden genießt, 
fo viele Selig. empfinden, als er zu genichen oder zu 
empfinden fabig iff. | 

) Unſer Herz ift einer ewigen Vervollk. 

Durch Tugend fähig. Der M. hat eine An- 
lage zur Sittlichkeit und zum pflihtmäßigen 
Betragen. Des M. hoͤchſte Beſtimmung iſt, fih den 
Einn: nur nach dem zu handeln, was er als Recht 
und Pflicht erfennt, zu eigen zu machen. Der Gebil- 
defe u. der Chrift, wenn er fih auch fein ganzes Le— 
ben hindurch bemüht hat, ein Mufter der Tugend zu 
feyn, bet doch gegen die Volllommenheiten, die er im 
befieren Leben erlangen fann, nur einen Anfang ge 
macht. Die Schwäche unferes Herzens, die ftarfen 
Reize zur Sünde in und außer ung find aber tägliche 
Perbinderungen, daß wir nicht einmal die Vollkom— 
mendheiten in der Tugend erreichen, die wir beym eif- 

rigſten Beftreben fihon in dieſem Leben erreichen koͤn— 
nen. Der befte M. verläßt gewiß diefes 2. mit Un- 
zufr. mit fich felbft, daß er eg nicht zu noch größerer 

Vervollk. beſſer benugt habe, und mit dem Wunfche, 
noch höher in derfelben zu fleigen. Der befte M. 
bleibt bier faufend Schwächen und Fehltriften unter 
mworfen. Der beſte M. bedarf alfo zur volligen Ent- 
wicelung f. fittl. Kräfte und zum hoͤchſten Wachsth., 
deffen er in d. Zug. fähig ift, noch Unft. JJoh. 3, 2. 
Hier rafft ihn der T. eher weg, che er einigermaßen 
feine Kräfte durch allmähliche Uebung gebildet und 

- erhöht hat. Sollte Gott diefe Kräfte mitten im Stre— 
ben nach Ausbildung und nach der Anwend. d. geüb- 
ten Kräfte ihn in Nichts zurücfallen laffen fönnen? 
Das-ift unmöglich zu denken, wenn man den großen 

Werth der Geele erwägt. Sollte Gott fein edelſtes — 
ihm ähnlihftes — fein der mwachfenden bleibenden 
Bol. fähigftes, fein darnach edelmüchig und raſtlos 
firebendes Gefchöpf, in die lebloſen Elemente zurüd- 
ftoßen, feiner Veredelung berauben, es an feiner fer: 
nern Beredelung hindern wollen? Bein, diefe zweckloſe 
dem M. gegebene Summe von Kräften fteht mit den 
Begriffen von einem weifen Gott und dem, mas mir 
Aehnliches in d. Natur fehen, im Widerfpruch. Un— 


414 N. N 
infterblichfeie der Seele, (Beweiſe für die — —) 


möglich ift dieß eben die ganze Beſtimmung des Mens 
fchen. E8 muß eine Zeit geben, wo iene Kräfte noch thäs 
tig, wo des Menfchen Veredelung möglicher werden wird. 
e) Man erwäge nur die Würde des M. und 
feine großen Vorzüge. Der M. verdient Achtung. 
Denn der DM. iſt es aflein auf Erden, der denft und 
betrachtet, der an der Spike der übrigen Bewohner 
fieht. Er ift Herr der Erde und der Gefihöpfe 
auf derfelben. Er ift leßter Zweck der gangen Erdenmwelt. 
Als folcher kann er nicht vernichtee werden, wenn er 
auch durch tauſend Arten des Todeg gehen müßte. Die 
übrigen Gefchöpfe find zwar auch zur Werberrlichung 
ihres Schöpfers durch den Genuß ihres eigenen Le— 
beng da, aber doch zugleich um des M. willen. Dies 
fer kann fi) ihrer nach einer vernünftigen Willführ, 
und fo weit es fein Vortheil erfordert, und es feine 
übrigen Umftände verjtatten, bedienen. Sie erfüllen 
alfo ihre Beſtimmung ſchon ietzt auf diefer Erde 
Dom M. aber laßt fich nicht fagen, daß er 
zum Nutzen anderer bier mit ibm verbund«- 
nen Gefhöpfe von Gott gemacht fey. Er 
lebt um fein feldft willen, zu feinem eignen 
Glück und eben dadurch zur Verberrlichung Gottes. 
Gott gab dem M. nicht allein das Noöthige, fondern- 
auch das Angenehme im Ueberfluß. Er allein ift 
Zwec, weil er allein anfchauen, fühlen, brauchen, ges 
mießen fan. Der Mentch entreißt dag Erdreidy dem 
Weltmeer, er macht e8 fruchtbar, verfchönert c8 und 
fhafft 8 um. Duch ihn ſtoͤßt fich das drohende, 
augtretende — die Felder uͤberſchwemmende Meer an 
mächtige Damme, er unterwirft fich die Erde, reinigt 
die Luft von den ſchaͤdl. Ausdünftungen fauler Waſ— 
fer. — Wie follte ein fo erhabenes Wefen vergehen! 
Ein Wefen, welches auf allen Seiten fo fehr v. d. 
übrigen Erdgefchipfen ausgezeichnet iſt, muß es auch 
im Tode ſeyn. Der Here der Erde am Ende felbft 
Erde! Wie läßt es fi) glauben, daß eine fo vollige 
Herrfihaft über alle Weſen außer ihm mit völliger 
Niederlage feines Weſens fich endigen werde?! Gewiß 
fchäge Gott die M—Seele mit der Thierfeele nicht 
gleih. Wenn ein Gott iſt, fo wird er gewiß 
die Wefen, die herrlichſten und heiligften 





| 
| 





u. 415 
Unfterblichfeit der Seele, (Beweiſe für die — —) 


inder Schdpfung ewig erhalten. Ein Gott, 
der fie vernichten fönnte, wäre fein Gort. 
Gerade die fo großen — vielen Beweiſe von feiner 
Güte, Die er ung vor allen andern Erdgefchöpfen ge— 

ſchenkt hat, berechtigen ung, noch mehr, als wir in 
diefem Leben genießen, von feiner Liebe zu hoffen. — 
Kann ie die hoͤchſte Weisheit ihren Hauptzweck fahren 
laſſen? kann Gott eine Gattung von Geiſtern zerfid- 
ren, für welche er erft eine ganze Welt erbaute und 
fo wundervoll einrichtete, daß fie dadurch zur Erf ſ. 

herrl. Größe gelangen folen? Was wäre es dann, 
daß fie ihn erkannt hätten? Alſo um Nichts willen 
Hätte Gott eine Welt erbaut? Welch ein undenfbarer 
Widerſpruch in Gott! eine wahre Läfterung der hoͤch— 
fen Weish. Sahren aber Geifter, die ihn erfennen, 
in diefer Erf, fort zu wachfen, dann If feine Weish. 
gerechtfertigf. | 

Kein anderes Iebendiges oder todtes Geſchoͤpf in 
Gottes Welt, fo weit fie ung befannt find, gewinnt 
durch unfern Untergang, e8 wäre denn, daß den Naubs 
thieren unfer entfeelter Leib zur Beute zufiele, oder 
daß der Acer Durch verwefende Reichen gedüngt würde. 
Gen auch beydeg, fo entſteht doch diefer unbedeutende 
Kusen allein durd die Verwefung unferes verfiorbe- 
nen Leibes, nicht durch den Untergang Des den— 
fenden Geiſtes. Was durch diefen gewonnen Were 
den foll, laͤßt fich nicht augmitteln. 

Man fann gar feinen Zweck ergründen, warum ung 
Gott gerade fo werden ließ, um nach Vollendung un- 
fers irdifchen Kaufs unfer Wefen zu vernichten und in 
ein neues umzuſchaffen. Eine ganzlihe Umfchaffung 
fißt eine vorhergehende Vernichtung voraus. Nun 
läßt fi) aber von. Gottes Güte und Weish. nicht 
denken, daß er Dinge hervorbringe, um fie bernach 
gänzlich zu zernichten, etwa wie Kinder, nachdem fie 
fih fatt beluftige Haben, hernach ihr Spielzeug zer- 
brechen. | | 

Vgl. über diefen Beweis n. a. d. Bibl. z7rr ©. 
S. 420, Anh. 5. 1=:28 2. 2te Abth. ©. 208. — 

3) Gott wäre nicht die Allliebe, falg er die Seele des 
M. nit dem Tode deg Leibes ſterben ließe. Dffenbar 
liebe ung Gott und er findet in dieſer Liebe feine Se- 


LEE 


416. oc | 
Unfterblichfeit der Seele, Beweiſe fuͤr die — —) 


ligkeit. Zwar gibt er uns in dieſem Leben ſo ſehr 
viel Gutes, und Freuden ohne Zahl. Dieſe Freuden 
muͤſſen wir allerdings ſchaͤtzen und in denſelben den 
Grund zur innigſten Liebe und Dankbark. gegen Gott 
finden. Aber was ſind ſie bey aller ihrer Menge und 
Güte, wenn wir fie mit Gottes Macht u, Liebe ver: 
‚gleichen! Als freie Gefchenfe find fie mehr, als wir 
erwarten und fordern fonnen, aber als Yeußerungen 
der Liebe eines Vaters find fir — zu wenig. Nur 
dann kann der M. fih mit der Ghüdfeligk., die ihm 
Gott bienieden gab, begnügen, und fie mie der unendl. 
Liebe Gottes vereinigen, wenn er fie als Vorfhmad 
volfommmerer Freuden betrachten darf. Denn was 
ift e8, daß er, wenn er fruͤh aufgeffanden iſt, einiges 
Getränk genießt, und Arbeit, die ihm Koͤrperſchwaͤche 
und lindanf drücdend macht, verrichtet, zu Mittag 
fpeift, feiner Gefundheit halben fi eine Stunde Be— 
wegung macht, wieder arbeitet, wieder eine Abend» 
mahlzeit halt und dann die Gefchichte des Tages mit 
Schlafen endigt? Was iſt's, daß er, um zumeilen aus 
diefer Eintönigfeit heraus zu £reten, einen halben oder 
ganzen Tag an gefellfchaftl. Sreuden Theil nimmt, 
‚und dann die Langeweile oder das Leere in feiner 
Seele mit der Neue, einen halben Tag verfehwendet 
zu haben, empfindet? Es iſt zwar wahr, durch den 
Sortgang der Arbeiten, durch die dadurch erhaltenen 
Vortheile, durch den dadurch geftifteten Nutzen, durch 
dag erquickende Bewußtſeyn, einen Tag guf angewandt 
zu haben, durch haͤusl. Freuden am Gatten — an 
Gattin, Kindern, DBertrauten, Freunden 2c. hat der 
M. manche frohe Stunde. Allein diefe reinen Freu— 
den, die ihm Gott gibt, find doch Flein gegen die Fafs 
ſungskraft feines Herzens. Maͤßig ift ihre Zahl; dur 
die Menge der Sorgen, Verdruͤßlichkk., Eorperliche 
Schwachheiten u. dgl. werden fie ‚werbittert und auf: 
gewogen. Gewiß Gott befeligt uns hienieden nur un- 
sollfommen. Hier ift alfo gewiß mehr Vorbereitung 
als wirft. Genuß, und wir werden einft alle zu einer 
vollfommnern Seligfeit gelangen. 

Als der Allliebende will Gott, daß fo viel Leben auf 
Erden fen, als moglich ift, und daß fo viele Geſchoͤpfe, 
als möglich find, die Freuden des Daſeyns en 

vollen. 


u. 417 
Anfterblichfeit der Seele, (Beweiſe für Die — —) 


ſollen. Iſt diefes aber wohl dann erkennbar, wenn 
‚er die Wirkfamfeit der Seele vernichtet? 
+ Menn Gott feine M. liebt, und dabey undefchränft, 
mächtig und weiſe if, fo muß feiner ſich über ihn bes 
Hagen und fagen fonnen, daß er ihn vernachläßigt 
babe, fo muß es feinen gereuen, ihm fein Dafegn zu 
verdanfen. Nun gibt. e8 aber bier M., welche als 
ganz Unglücliche aus diefer Welt zu gehen fcheinen. 
Falls man auch annehmen kann, daß während ihres 
- Iangiährigen Ungluͤcks ihre Empfindungen fo abge- 
ſtumpft find, daß fie ihr Unglück faum halb empfin— 
den, oder doch weniger, als es äußerlich fiheint: fo 
ift doch ihr Leiden an ſich wahres Leiden. Man venfe 
fich iene armen Tagelöhner, die ieven Tag bei ſchwe— 
rer Arbeit verleben, von welcher fie nur Fümmerlich 
mit ihren Kindern frocfnes Brod haben, die für ie 
meiften finnlichen Freuden zu arm und für Sreuden 
des Geiftes zu ungebildet find, Die alfo einformig, 
faft chierifch ihre Tage verleben und oft noch durch) 
häusl. Zwift, oder nachbarliche Bosheit, oder Bedrüf- 
- fungen der Obrigf. manche bittre Stunden haben — 
machen nicht diefe eine anfehnliche Zahl von Menfchen 
aus, die fih in Vergleichung mit andern Menfchen, 
die bey einer gluͤckl. Gemuͤthsſtimmung, einem leichten 
Blut, einem arbeit » und forgenlofen Leben faft ieden 
Tas, wo nicht im Freudengenuß, doch im Wohlbefin- 
den zubringen, über Gott beflagen fönnten, daß er 
leßtere ihnen vorgezogen babe, da fie doch aud) fo 
gut feine Kinder waren als fie?. F 
Wendet man auch dagegen ein, daß diefe Zahl der 
Minderglüdflichen fen Recht hat, mehr zu for- 
dern, daß Gott Macht bat, die Reichthuͤmer feineg 
Segeng nach Belieben zu vertheilen, daß ieder M. zus: 
frieden feyn muß, wenigſtens mehr Freuden alg Leis 
den in der Welt genoffen zu haben u. f. w. fo fiebt 
man doc nicht dadurch Gottes Weish. und Liebe ge— 
rechtfertigt. Soll das immer fo bleiben? Wir dürfen 
bey der Berechnung unferer Leiden und Freuden, fo 
maͤßig bie legten und fo zahlreich die erſten waren, 
nicht mit Gott rechten, fondern müffen mit Untermwer- 
fung feinen Willen ehren und, erfenntlich gegen fo 
ianchen frohen Augenblick unferg Lebens, unfer Da- 
Ehriſil. Sl. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. od 








418 N 
Unjterblichfeit der Seele, (Beweife für die — —) 


feyn in feine Hände ohne Murren zurückgeben. Allein 
wer und was hindert ung zu glauben, daß. Gott nicht 

- einft am Menſchen mehr thun werde? 

Hier trifft uns mancher unheilbarer Schmerz. Wir 
find dafür fühlbar gemacht. ° Unfere Empfindd. fon 
nen wir Dagegen nicht abſtaͤhlen. Oft fieht der 
M—verfiand fein Rettungsmittel für den gegenwärti> 
gen Sammer, um ihn zu enden. Wie kann Goft wol 
Ien, daß meir bier blog leiden folen? Wie Fann er 
ung dazu blog fähig gemacht haben? Laͤßt es ſich 
nicht hoffen, daß diefe Leiden felige Srüchte in der 
Zufunft bringen werden? 

Gibt es nicht eigentlich Ungluͤckliche? Wie — 
wenn der arme Tageloͤhner krank wird, auf Stroh u. 
auf demfelben ſich wund liegt! — Man denke fich 
das Elend feiner verwildernden Kinder, die ihm feine 
DHrodrinden zufammenbefteln, wie er mehrere fahre 
auf diefim Sranfenlager ohne Erquidung und Troft 
zubringt, wie er an iedem Morgen mit Geufzen den kom— 
menden Tag erblickt und an iedem Abend ſich wuͤnſcht, 
daß er nicht wieder erwachen möge. Dann toͤnt laut 
die Wahrheit: Gott wird — Gott muß den Un⸗ 
glücklichen und Mitunglüclichen eine Zeit der Ver— 
guͤtung aufbehalten Haben. Dieß M—leben ift blog 
Erziehung und Vorbereitung. Dort werden fie für die 
Leiden mie froher Glückf. entfchädiget *). — Vergl. 
Wagnis Nel-Lehre in Beyfp. ar Th. ©. 223. 24. 

4) Gott wäre nicht gerecht, wenn die Gecle 
ſter blich wäre. Die Nothwendigkeit — zwifchen 
Tugend und Glückf. eine Verbindung anzunehmen, die 
doc gewiß im iener Welt ſtatt findet, weil man fie 
in dem Erdenleb. vermißt, ift für die Vernunft ein- 
leuchtend und für unfere Beruhigung erforderlich. 

a) In diefem Leben bat der M. in feinem Herzen eine 
unperdrängbare Sehnfucht nach Gluͤckſ., aber er kann 
zu feiner ungefrübgen Glücf. Fommen. Noch nie hat 
ein M. gelebt, welcher vollkommen zufrieden und glück- 
lich gewefen, dem nichts zu wünfchen und 3 hoffen 





*) Daher haben von ieher alle Leidende fo fe an Unſt. 
geglaubt, Rom, 8, 18. 


” 


: U. | 419 
Unfterblichfeie der Seele, (Beweiſe für die — —) 


übrig geblieben wäre. Gibt e8 Feine Unft., fo weiß 
ich nicht, wozu Gott diefe unverdrangbare Schnfucht 
nach Gluͤckſ. in unfer Herz gepflanzt hat! Gott hat 
offenbar diefe Gehnfucht nach Glüdf. in den M. ge- 
legt, und er ſollte fie nicht erfüllen, der Dr. follte 
nach) diefem Vorzuge dürften, und fein Durft follte 
nicht geftillt werden? Ein guter Water pflege nicht bey 
feinen Kindern Neigungen zu erwecken, die er nicht 
befriedigen fann oder will, und wenn er fie erweckt 
bat, fo will er fie auch erfüllen. Denn mit echt 
müßte man den einen barten Vater nennen, der feis 

nem Kinde etwas zeigte, um es lüftern zu machen, u. 
der e8 ihm nachher nicht gäbe. Der M. bat dieſes 

Merl. nach Glückf., meil er eine Vorausſicht in die 
zukunft und eine Vorſtellung von ewiger Kortdaner 
bat. Dieß DBerlangen wird um fo reger, ftärfer und 
lebhafter, ie mehr der M. die Mangel u. Unvolf. 

feines gegenwärtigen Zuft. fühlt. Auch dann, wann 
er fich glückfelig fühle, wuͤnſcht er die mögliche Vers 
längerung feiner Glückfeligfeit. Wäre e8 nıcht unge» 
recht, dieß Derlangen dem M. mitgetbeilt zu haben, 
falls es nimmermehr befriedigt werden konnte oder 
folte? Es fordere alfo unfere Vernunft u. Empfind. 

Sortdauer u. Glücf. Beides kann man vom Urheber 
unfers Daſeyns, als dem meifeften, güt. u. ger. We— 
fen, hoffen. Ein hochſtes Wefen als Urheber der uns 
fer Verhalten betreffenden Worfchriften ift gar nicht 
gedenfbar, wenn e8 nicht zugleich alg ein richtendeg 

‚und vergeltendes Wefen und als Urheber des genaues 
ſten Verhältniffes zwifchen Wohlfeyn und fittl. Würs 
digkeit gedacht wird. 

b) Als ver Allgerechte wird doch Gott nichts Gutes 
unbelohnt, Fein Bofes ohne firafende Folgen laffen. 
Es muß ein zuf. Leben ſeyn; denn hier ift zwischen 
ſittl. Wuͤrdigkeit und Glücf. feine Uebereinſtimmung. 
zu oft fehn wir's, daß vie Tugend bier unterdrückt 
wird, wenn dag Laſter triumphirt. Wird die Tugend 
immer belohnt? Erfähre das Laſter immer feine ſtra— 
fenden Folgen? oder fagt uns die tägl. Erf. nicht ge= 
trade das GegentH.? Pred. 3, 165 9, 14*. De 





*) Vgl. Mendelfohns Phaͤdon/ 38 Geſpr. Carlsr. 8. S. 177. 
— ODd 2 


420 U, | ; 
Unfterblichkeie der Seele, (Beweife für die — —) 
Tugendhafte ift oft der Unglüclichere, wenn ber La— 
fterhafte der Gluclichere if. Zwar iſt es die groͤßte 
Klugheit, uns Gott im Guten zu veraͤhnlichen. Die 
Tugend iſt nie eine falſche Münze, nie ein todtes Ca— 
pital. Sie iſt — ſie macht liebenswuͤrdig, ſie gibt 
ein gutes Gewiſſen. Aber das iſt oft auch alles, 
was ſie einaͤrndten laͤßt. Gaͤbe ſie aber auch alle 
Gluͤckſ. der ‚ganzen Erde, — den Gewinn einer ganzen 
Welt, fo wäre der Sohn gegen die Aufopferungen, welche 
fämpfende ernflliche Tug. in gewiſſen Fällen zu wagen 
bat, dennoch zu geringe. FIRE ſteht vieler Menfchen 
zeitliches Glüc mit Nel_ u. Tug. in gar feinem rich— 
tigen Verhaͤltniß. Der zb und Prlichtvergeßne lebt 
oft im Ueberfl. und. bleibt von befondern Ungluͤcks— 
fällen und Befüummerniffen frey, da hingegen der Tu— 
gendhafte darbet, mit vielen Leiden bis zu f. Tode 
Falupg und zumeilen um feiner Wahrheitsliebe u. 
Tugend willen gedruͤckt und verfolgt wird. Iſt das 
auch nicht, ſo ſtirbt doch oft der Fromme mitten in 
feinen bluͤhendſten Jahren, im Lauf feiner Toblichften 
Unternehmungen, nachdem er erft aus eigenem Scha⸗ 
den Klugheit gelernt hatte, und nun als ein fehr 
fruchtbarer Baum die beften reifften Srüchte verfprach. 
Er flirbt, und wird, — ift feine Seele nicht unſterb— 
lich, mit allen ſ. guten Erff., mit ſ. muͤhevoll erwor— 
benen Kenntniſſen und Fertigkk. ein Raub des Todes 
und der Verweſung. | 
Gott ift ſelbſt hoͤchſt fittlich gut, und er follte die- 
ienigen nicht lieben, die immer gern fittlich beſſer und 
vollfommmer werden wollen? Er, der mit der großten 
Weish. und Gerechtigf. feine Gaben unter alle übris 
ge Gefchöpfe diefes Erdbodens austheilt, fo daß für 
die Beduͤrfniſſe eines ieden geſorgt iſt — ſollte gegen 
feine vernünftigen Geſchoͤpfe weniger gerecht u. 
gätig verfahren, feinen Unterfchied machen unter 
denen, welche Gott lieben, und denen, welche ihn nicht 
als ihren Schöpfer erkennen und ehren? Wir M. als 
Eltern retteten fo gern, wenn wir Eonnten, unſer 
en wenn's franf und elend im Falten Todesfchweiß 
da liegt, Flößten ihm gern neue Lebenskraft, um es 
dem Tode zu entreißen, ein, viefen es — wenn e8 
fchon gefforben ift, fo gern in’8 Leben zurück, ſcheuch— 





U. 421 


Unſterblichkeit der — Beweiſe fü die — —) 


ten fo gern auf ewig weg den fchrecklichen Tod, der 
es uns abermals rauben fonnte Was iſt aber unſere 
muͤtterl. oder vaͤterliche, auch noch ſo zaͤrtliche Liebe 
gegen Gottes alles uͤbertreffendes Erbarmen, da er 
Vater aller Väter und Mütter und Urquell der Liebe 
iſt! Wie koͤnnte alfo Gott ung fterben laffen, da er 
ung retten fann! Wie fonnte er in uns den Lebens— 
feim vertilgen, wie ung vollig und auf ewig vernich— 
ten, da eg ihm nicht an Macht fehlt, dieſen Beift, 
welcher den flerbl. Leib „bereit, vorm Tode zu fichern! 
Eltern, wenn fie zwey Sinder haben, wovon eing ihnen 
willig folgt und fie zärtlich liebt, das andere aber 
gegen fie gleichgälig, rucifch und mwiderfpenflig iſt — 
werden fie nicht das erftere zärtlicher lieben? Würden 
fie nicht unrecht handeln, wenn fie beiden gleiche Bes 
weiſe der Liebe und des Wohlgefalleng geben wolten ? 
Herden fie nicht im Stande feyn, den Gehorfam deg 
einen fhazig zu beiohnen? werden fie nicht wenigfteng 
alles verfuchen, was ıhnen moͤglich ift, ihm ihre herzl. 
Liebe zu zeigen? — Um Gott haben wir freilich keine 
Verdienſte, wegen welcher wir nach ſtrengem Rechte 
— fordern fonnten, aber wohl Kindes— 
rechte haben wir, fo bald wir ibn aus allen Kraͤf⸗ 
ten lieben und ehren. Von ihm als Vater koͤnnen 
wir doch Beweiſe feiner liebevollen Geſinnung und f. 
goͤttl. Wohlgefallens hoffen. Hier auf Erden iſt die 
Vergeltung auf eine vollkommnere Art, als fie wirk— 
lich geſchieht, unmöglich. - Über deswegen ift fie für 
immer nicht unmöglich. Eher — fo wahr Gott — 
Gott if, muß diefe Welt zu Grunde-gehn und aus 
ihren Trümmern eine neue von Gott gebaut werden, 
eine neue, in welcher Unft. wohnen und mo icder Red— 
- liche 2c. den Lohn f. Tug. einärndten wird, ehe man 
e8 von ihm alauben fann, daß er ungerecht han— 
dein, das Gute vom ofen nicht unterfcheiden und 
den M. blos für das Furze irdiſche Leben beſtimmt 
ſeyn laſſen koͤnne 
Vgl. Ockeles Palingenefie, ©. 173: 175; Spal⸗ 
ding's Beſtimm. des M. ©. 54. 55. 
Segen das, was mad nm. a, d. Bibl. 2r Anh. ©. 209. 10., 
: Ehhmisre. Lehrb. d. Dogm. ©. 302 f. u. a. a. DJ gegen 
diefen Beweis zu erinnern ift, zeigt Keimar a. a. D ©. 





\ 


AR 

422 U. 
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe für die — —) 
817, daß, da die menſchl. Zug, ſehr unvollk. iſt, fie dem M. 
auf E. Eein für fich ſelbſt binreich. völliges Selbſtgefallen, oder 
eine ungeftörte Gemuͤthsruhe im Ungluͤck (weshalb fie geuͤbt 
werden fol) gewähren Fonne, „Das Gute muß man thun, 
weil es Pflicht iſt.“ Wahr — aber wesh. ift es Pfliht? Die 
Untw., weil es ven M. vollkommen macht, genäget nicht, in⸗ 
dem es nicht der Mühe veriohnt, füws Erdenleben ficchen 
volle zu werden. Kann und wird Gott den M., der fich zu 
vervollkommnen ſuchte, vernichten? Zertritt der Landmann vie 
keimende oder gefeimte Ausfaat? Freilich Eann Gott nad f. 
Macht und als Urheb. der Seele allein fe zerfidren. Aber ev 
wird es nicht wollen. Ihn kann das, was er gemacht bat, 


nit gereuen, Was |. Weish, baute, kann und will er nicht 
niederreißen, * 


5) Jeder M. bat eine innerliche Empfindung 
von ünfterblichfeit und eine wahre Sehn— 
fuhtnac derfelben. Das Gefühl unſeres 
Herzens und unfer Verlangen fpricht laut 
für unfere Unfterblichfeit, Nom. 8, 22. 22. 
So wie wir ung überhaupt das Nichts nicht denken 
fönnen, fo wird e8 ung insbefondere, wo nicht uns 
möglich, doch überaus fchwer, ung. unfere voͤllige 
Vernichtung vorzuftelen, oder ung fo zu denfen, als 
ob wir an demienigen, was nach unferm Tode feyn, 
und insbeſ. mit unferm Leibe vorgehn werde, gar Fei- 
nen Antheil mehr nehmen follten. Mit der natürl. 

»Furcht vor dem Tode ift ein Abſcheu und Graufen 
voor dem Nichtfeyn verbunden, woraus fowohl dag 
Kerlangen, nach dem Tode fortzuleben, ald auch eine 

Ahnung, daß man den Tod überleben werde, entftcht. 
Noch mehr — der M. ift nicht blos fähig, fich Die 

- Zeit nach dem Tode des Leibes vorzuffellen, und er 
wuͤnſcht fich nicht blog überhaupt gluͤcklich zu feyn, 
fondern er wuͤnſcht fich und verlange auch in 
der Zufunft (nicht blos fuͤr dieſen Augenblick) glück» 
lich zu feyn und daß diefes Glück nicht aufhören möge. 
Dieß ift ein vom Schöpfer in ung gelegter 
Trieb. Wäre alfo die Seele fterblih, fo hätte er 
in den M. einen Trieb gelegt, der nimmer erfuͤllt 
würde, welches er nie, auch felbft bey Feinem einzigen 
unvernünftigen Geſchoͤpfe gethan hat, noch thun— 
Fann. Vgl. oben A. 3. ©. 401+403. Vgl. R. Ey» 
lert's Detrachtungen bey der Trennung v. d. Unftis 





U. .425 
Unfterblichfeit der Seele, Beweiſe fuͤr die — —) 


gen, Hamb. 1803. 8. Nr. S 185-210 u. Nr. 
VOL ©. 211ı- 236 „üb. d. Verlangen und Gefuͤhl 
unſeres Herz ens, das ſo laut fuͤr unſ. Unſt. ſpricht“ 
über Nom. 8, 22. 23, am ın u. fen Dfkert, (ſehr 
gut ausgef.) - 

6) Der Menfd BSH, feiner Froͤmmigkeit 
und Zugend wegen des Gl. an U. Man be— 
darf einer Sache, deren man nicht entbehren kann, 
wenn man nicht auf irgend eine Art unſern Zuſtand 
verſchlechtert ſehen, uns zuruͤckgeſetzt, oder unſere Voll— 
kommenheit vermindert, und uns vom Genuß derfelben 
mehr oder weniger verdrängt fühlen wil. Der M. 
bebarf des Sl. an U., beißt, er Fann deffelden nicht 
entbehren, ohne daß dadurch feine eigene Zugend, fein 
Feſthalten an ihr und an Gott, eine mächtige Stüße 
und er im Herzen son feiner Kraft zu handeln und 
zu hoffen unendlich viel verlieren follte. a) Nu iſt die 
unwandelbarſte feftefte Stuͤtze der Sittlichk. der 
vollſtaͤndigſte, unentbehrlichſte und wi irkſamſte Veweg— 
grund fuͤr dieſelbe. Ohne U. fehlt der Tug. aller 
Glanz, die ſie in unſern Augen goͤttlich macht. Faͤllt 
der Gl. an U. d. S. weg, ſo haben die M. zum Gu— 
ten, welches nicht belohnt wird, keinen hinlaͤnglichen 
Antrieb mehr und vom Boͤſen, welches nicht beſtraft 
wird, keinen Abhalt mehr. Dann ift die Rel. eitel m. 
vergeblih, dann ift eg Thorheit fittlich zu leben und 

feinen Begierden Feſſeln anzulegen. Ohne Unſt. ſinkt 
der Muth zur Tugend hin. Entweder iſt Gott nicht 
heilig, oder man muß glauben, daß er keine Tug. for— 
dere und ihr keinen einzigen aushaltenden Beweg— 
grund, die einzig hinreichende Kraft verfügt habe, oder 
ff. Wie laͤßt fih, wenn man an Gott glaubt, ienes 
bezweifeln? Wer fann von feiner Güte überzeugt feyn 
und nicht glauben, daß er die Gluͤckſ. der M. wolle? 
Wie und wodurch Fann er dieß anders wollen alg 
duch Tugend? Zur Tug. gibt eg feinen — aud für 
den Einfältigen wirffamern. Antrieb als bie ler 
ber Geele und die fortwirkenden Folgen des Gute 
„Sind wir hieher geſetzt, wie das Thier Nahrung — 
„lachen und dann zu ſterben: fo wird es in wenigen 
„Tagen gleich viel ſeyn, ob ich eine Zierde oder Schan- 
„de der Saqnſuns (der Erdwelt) geweſen, ob ich mich 





424 8 
Unfterblichfeit der Seele, (Beweife für die — —) 
„bemuͤhet, die zahl der Slückfeligen oder der Elenden 
‚zu vermehren, fo hat der verworfenfte Sterbliche ſo— 
„gar die Macht, fich der Herrfchaft Gottes zu ent- 
ziehen und ein Dolch, Fann das Band auflöfen, wel⸗ 
„ches den M. mit Gott verbindet“ *%). — Zur ge— 
woͤhnlichen Tugend kann fih der M. zwar ohne 
dieſen Glauben entſchließen, ſo wie wir auch in der 
Tug. keine Lohndiener ſeyn dürfen **), aber zur Tu— 
‚gend, die den verwöhnten M. zum Kampf auffor- 
dert, die für’ Furzficheige Auge folgenlos und zu⸗ 
weilen gar ſchaͤdlich zu ſeyn ſcheint, die unter Ders 
folgung, Widerftand, Leiden 2c. feufzt und-unter 8. 
ſtirbt, fann man die Aufheiterung, die ber Glaube 
‚an Gott als Vergelter und an Erfaß gibt, gar nicht 
. entbehren. aa) Es ift fchwer, beym Undanf der 
Welt, oder bey der vorfegl. Widerfeglichkeit d. M. 
wider das Gute ihren mit gleichbleibendem Eifer an» 
haltend nüßlich zu bleiben. Folgt man ung gar nicht, 
verkennt man unfere DBerdienfte, verachteer man Be— 
rufstreue, fo wird man leicht derdroffen. Nur der 
Glaube an Matth. 6, 4 62te 9.) erhält ung in der 
Pflicht freu, und bey ben. arbeiten wir mit willigem 
Herzen fort. bb) Sm Drude, beym Mangel 
gewiſſenhaft und ehrlich zu bleiben, die vielen Gele— 
genheiten, durch verbotene Mittel fich zu helfen, den» 
noch nicht su benugen, ift eine fo fihwere Berfuchung 
für 2c., daß nur der Gedanfer „es bringt Verantwor⸗ 
fung nad) dem Tode,“ dagegen ſchuͤtzt. cc) Sn fih mw e- 
ren — lange anhaltenden Leiden ift eg ſchwer, 
fie mit Ged., Zufr. u. Unterm. unter Goft zu ertras 
gen. Unft. ift dann die einzige Stüße. Bei fo vielen 
Kämpfen und Befümmerniffen fann der M. diefes Gl. 
. nicht entbehren. Wer lebenslang an f. gebrechl. Koͤr⸗ 
per Schmerzen leider, oder durch ploͤtzl. Ungl. voͤllig 
aus ſ. Wohlſtande in Duͤrftigk. verſetzt worden iſt, oder 
wenn Eltern durch den Tod nicht eines Kindes, ſondern 
mehrerer an einem Tage, wenn Freunde durch den Tod 





— EEE ET 
*) Moſes Mendelſohn's Phaͤdon, 2tes Geſpraͤch, 
S. 178, nach d. Nadhdr. ©. 90. 


*x) ©, Jeruſalems Betrachtt. I, VIſte Betr. ©, 195 f. 


EUR... 425 
Unfterblichkeit der Seele, (Beweife für die — —) 


ihres Lieblings einen unerſetzlichen Verluſt erleiden, ſo 
vermag ohne den GI. an Unit. nichts fie aufzurichten ze. 
Denn der Leichtfinn fann das Gefühl der Feiden nicht 
abftumpfen und ficy ohne Unruhe vom Strome ber 
Nothwendigkeit fortreißen laſſen. Wie fehr menige 
find eg, die feiner Hoffnung bedürfen, um zufrieden 
zu ſeyn, die e8 für einen Troft halten, fich unter die 
graufame Allgewalt des unvermeidl. Taunigten Schick: 
fals zu beugen, ohne weitere Gicherh. zu erwarten. 
Sie haben nur Fuͤhlloſigkeit zum Schein und wollen 
ſich auszeichnen, und hi äußerli ch ihren Un- 
muth. Beftürmt von Sorgen und Kummer, gebeugt 
durch die Trennung von Freunden, hinwankend zum 
Alter, zum Grabe — waͤre der Blick in den ſchauer⸗ 
vollen Abgrund der Vernichtung fuͤrchterlich. Im 
Drucke der Leiden keinen Stab zu haben, iſt ſchreck— 
lich. Alſo ff. Wie viele andere Pflichten ſind ohne Gl. 
an Unſt. unmoͤglich zu üben! Denn die Tugend um 
ihrer felbft willen zu üben, ift nichts. Um der 
Ehre oder des Nachruhmg willen ift e8 auch nicht 
der Mühe werth tugendhaft zu feyn; denn die M. 
denfen zu zmweidentig von Ehre und Glüf. Was ift 
der Nachruhm, wenn der Tod ung vernichtet ?! — 
Deshalb bedurfte Paulus I Kor. 15, 19 dieſes Glau⸗ 
bens, fo wie alle Apoſtel und damalige Chriſten, da 
fie um des Bekenntniſſes der Lehre Jeſu willen ſo viel 
litten. Sie litten für die Wahrh. u. Pflicht, Spott, 
Gefangenfchaft, Stäupung, Verweifung und den Tod. 
Fruͤh predigte ihnen Jeſus diefe Wahrh. ein, der fie 
hernach eingedenf waren, Matth. 5, 10-12; 19, 29; 
Mom. 8, 18; II for. 4, 17. 18. Auch den nach d. 
Zeiten d. Up. lebenden Ehriften, welche die Wirffam- 
feit dies SI. an Unſt. felbft erfahren hatten, war 
diefer Glaube fo theuer, daß fie das Dfterfeft zur Er- 
innerung an Unſt. anoröneten, da noch fein anderes 
Feſt gefeiert wurde. Sie nannten e8 das Feſt der 
Unfterblichfeit. 
„Aeußere und innere Berfuchungen sum DBofen, 
„Lockungen, Drohungen erſchweren und gefährden 
„noch ießt unfer Sefthalten an Zug. u. Rel. Unſer 
„Gl. an Pflicht und an Gott, als Dergelter des 
„Guten, Nächer des Boͤſen wird oft durch manche 


426 — U. —— 
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe für die — —) 


„Ereigniſſe, welche Gott als gleichgültig gegen Recht 
„hund Unrecht, gegen Edelmuth und Niedertr. — ia 
„als einen Beforderer des Boͤſen und Unger. dar— 
„zuſtellen ſcheinen, maͤchtig erſchuͤttert. Dann loͤßt 
„der Gl. an Unſt. das Dunkle der goͤttl. 
„Regierung. — In Chriſten kann das Bewußtſ. 
„ihre Pflicht erfuͤllt zu haben, geſchwaͤcht oder ver— 
„dunkelt, oder es kann ihnen durch Krankheit u. ſ. w. 
„auf eine Zeitlang geraubt werden, dann bedürfen 
— „ſie des GI. an Unft. Fordert die Erfüllung unſe— 
rer Pflichten Verläugnung, fo. fühlen wir ein an— 
„deres Geſetz in ff. Nom. 7, 23. Die Pflicht kommt 
„ins Gedränge mit der Leidenfchaft. Der M. ift 
„Runlih und ſchwach. Furcht u. Hoffnung beberrs 
„ſchen ihn. Dann ift die Unfterbl. ein mächtiger 
„Sporn und.eine kraftvolle Aufmunterung, fich der 

„Hoffnung derfelben zu verteöften‘ *). 

Immer hielten fich alle, denen ihre Bflicht wichtig 
war, fe an diefen Glauben. Sie fanden in demfel- 
ben Reiz und Kraft zum Gufen und Aufmunterung, 
wenn fie ermüden wollten. Jeſus felbft ftärkte fich 
oft dadurch, befonders in f. Iesten Leiden, Joh. 17, 
4.5. Er fab auf feine Belohnung, alfo auf Unft., 
dieß war fein leßter Troft. 

Nas ift die Tugend, welche fich nur auf den Eigen 
nuß des gegenwärtigen Augenblids gründet? Dann, 
wie oft werden gute Abfichten vereitelt? Iſt mit dies 
fem Leben alles aus, fo ift eigene Behaglichfeit des 
Kluͤgſten lester Zwei, fo ift Eigennuß, Wohlleben u. 
der Genuß aller Sinnlichkeit ein erlaubdfes Zıel, Dann 
fanı man, um obrigkeitl. Strafen zu entgehen, auf 
eine feine Art lafterhaft fenn. Dann binge man von 
Gott gar nicht ab. - Dann Fünnte man fich durch 
Selbftmord von jeder richterlichen Gewalt, ſelbſt von 
der göttlichen auf ewig. unabhängig machen. Gott 
wäre für ung nicht allmadhtig. Man Fönnte unge- 
firaft feiner Macht frogen. Wer wird Gott gehor- 
chen, wenn man ihm entachen Fann? Hoͤchſtens wird 
man ihm, dem Urheber unfers Lebens, fo gehorchen, 


*) Tellers Mag. 7. B. 1. Sf. Rt, 28. ©, 214:219, 


u. 427 
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe für die — —) 


wie mancher Sohn ſeinem Vater, deſſen Huͤlfe er nicht 
mehr braucht. Nur dann ſehn wir ung unſerm Schoͤ-— 
pfer zum unumfchränften Gehorfam verpflichtef, wenn 
uns der Tod nicht aus feinem Gebiete tragen und 
nicht Berge vor f. Strafen fchügen koͤnnen. Wäre 
aber die Seele fterblich, fo bedeckte ung des Grabes 

Hügel vor Gottes Macht. | . 

Lebe nicht bier der M. um fugendhaft zu ſeyn? 
Sollte ung Gott wohl in die Welt fegen, um die An— 
fangsgründe der Tug. zu erlernen und weiter nichts? 


Dopulärer ift diefer Beweis fo vorzutragen: 


Unſer in uns unauslofchlich Tiegendes Verlangen, 
glücklich zu werden u. reine Freuden ungefidrt zu genieſ— 
fen, fönnen wir auf feinem andern Wege erlangen, als 
‚auf dem Wege der Tugend, d. b. wenn wir den HELL 
Norfchriften der Bern. u. d. Offenb. Folge leiſten u. 
fo Heilig — fo vollk. werden, als möslih if. Die 
Vernunft, welche uns diefes gebietet, ſagt eg uns 
auch, daß nach den Graden unferer fittl. Güte auch 
unfere Glückf. ſteigen müffe, und daß wir alfo den 
höchften Grad ver erfteren zu erreichen fuchen muͤſſen, 
wenn wie die hoͤchſt moͤgl. Stufe der legtern erreichen 
wollen. Die Erfahrung lehrt ung aber dag Gegen— 
theil, daß nämlich beide hier nicht in einem uͤbereinſtim— 
menden, fondern oft in einem fehr unuͤbereinſtimmenden 
Berhältniffe ftehen, da zur vollkommnen Gluͤckſ. noth— 
wendig die Uebereinft. des Aeußeren mit dem inneren 
gehoͤret. Nun bat aber unfere Zug. Feine Stüße u. 
unfere fittliche Vervollkommnung feinen Antrieb u. Feine 
Ermunt., wenn Fein höchfies Wefen ift, welches auf 
ung achtet, wenn wir den fiftl. Borfchriften folgen, 
welche uns durch unfere Bernunft gebieten, und wenn 
fein Lebenszuſtand ift, in welchem wir die. vollkommenſte 
Harmonie unferer Gluͤckſ. zu unferer fittl. Güte ers 
warten dürfen. Folglich muͤſſen wir dag Dafeyn Got— 
tes und die Uinfterbl. d. Seele annehmen, da e8 ein 
nothw. Bedürfniß zu unferer fittlihen Vervollkomm— 
nung iſt, die ung die Vern. gebieter. _ | 
vs Bsk Witting?s Handb. ır B. ır Ch. © go: 
42: „Ölaube an Unſterbl. ift das Beduͤrfniß unferer 
Seele; Wolfs Ausz. ang ſ. Predd. 3r Jahrg. ©. 


428 Ä U. | 
Unfterblichkeie der Seele, (Bemeife für die — —) 


‚65-63: „über den Werth d. Hoffnung e. kuͤnftigen 
Lebens für die Tug.“ am ıften Oſtert. üb. das Ev; 
Predigten von Chph. Joh. Rud Chriftiani, 
ab. u. 893. 1795. Pr. 6: „der Glaube an die Unft. 
d. Seele ein gr. Beduͤrfniß für unſern Verſt. u. für 
unſer Herz“ am 2fen Dftert.; NR. Eplere’8 angef. 
Betrachtt. bey d. Trenn. v. d Unfrigen. 1903. ©. 
105 -1eoı wi 
b) Sp manche Begebenh., Veränderungen und 
Schickſale fioßen ung in d. Welt auf, deren Ur- 
fachen wir fo wenig alg ihre Folgen erra> 
then Fonnen. Einiges ſehen wir nachber ein, dag 
meifte bleibt uns dunfel und andere unzähliche Vor— 
fälle fehen und hören wir wohl, “aber wir begreifen 
davon nichts. Andere Wefen follten die Kolgen fol- 
cher Veraͤndd. und Vorfälle einmal erfahren und wir 
nicht? wären wir nicht dann unnäße Zeugen und Zu« 
ſchauer derfelben? — 
c) Ohne GI. an Unſt. d. ©. haͤtte der M. durch— 
aus keinen Troſt gegen das groͤßte aller Uebel, 
gegen den Tod, und er muͤßte ohne dieſe Hoffnung 
verzweifeln. Da nun fuͤr ihn in allen Uebeln Troſt 
da iſt, ſo muß auch fuͤr ihn Troſt in Anſehung des 
alfergrößten Lebelg da feyn *). Deshalb, weil wir 
dieſes Glaubens bedürfen, ift diefer Glaube wahr, und 
wir werden dem, der ung diefen GL. anpreift, unfern 
Beyfall geben, f. Teller’8 Mag. 7r B ı ©t. 
a EB ER | u! 
Bey diefem Beweiſe liegt der Schluß zum Grunde: 
was unfern Tugendfinn befeftigt und erhöht, mie es 
diefer Glaube thut, dag bin ic) verpflichtet zu glauben. 
Auch aus dem allgemeinen Dentvermögen 
läßt fich die Unſt. folgern, namlich: wag wir denfen, 
wovon wir ung erfreuliche Borftelungen machen koͤn— 
nen, fo daß es ung ein Antrieb zum Guten wird, 
ung Kraft zur Tug. und Troft in Leiden gibt: dag 
follen wir denfen, oder wir verfündiger ung an ung 


*) © M. Mendelfohns Phadon, 3tes Gefpr. nah d. 
ladhdr. ©. 91. 92: „bie bittere Erinnerung ded Todes 
muß alle unfere Freuden vergalen — — Staub — Mo: 
der und Verweſung;“ N. Eplert a. a. O. ©, 179 fi. 


J U. | 429 
Unfterblicheie der Seele, (Bemeife für die — —) 


ſelbſt, wie an dem ewigweifen Urheber unfers Dafeyns 
und Lebens. Nun fonnen wir in die nahe, ferne und 

fernſte Zufunft nad) dieſem Leben uns Hinein denfen, 
wir fonnen ung angenehme Bilder. davon machen und 
finden ung dadurch über allen irdi ſchen Tand erho— 
ben, bey kleinen und groͤßern Leiden geſtaͤrkt, zu allen 
unſern Pflichten aufgelegter: wir ſollen ung alſo die 
Fortdauer dieſes unſers gegenwaͤrtigen Seyns nach 
unferer Trennung bon dem, was ung in dem für ietzt 
Sichtbaren. umgibt, denfen; wir follen fie glauben 
und hoffen. 

Dal. Sr. Raifer’g Predigten uͤber die wichtigſten 
Glaubenslehren, Zeiz 1801. Nr. 4: „der Glaube an 
die Unſterblichkeit iſt nothwendig. | 

7) Wäre die Seele fterblich, fo tft zwifchen dem Ver— 
langen des M. zu leben, feiner Kebensliebe und feiner 
natürlichen Surcht vor dem Tode und der Pflicht, 
auch die geringite Todesgefahr ‚zu fliehen, (welches um 
fo dringender und gerechter wäre, ie mehr man dieß 

‚gegenwärtige £eben, wenn fein andereszu erwarten ſteht, 
als fein einziges und höchftes Gut zu ſchaͤtzen hätte) 
und zwifchen der fittlichen Berpflichtung, dem Naͤch— 

ſten euch mit feinem Schaden, felbft mit der Aufopfe- 
rung feiner felbft, mit Gefahr feines eigenen zeitlichen 
Lebens zu dienen, ia felbft zmifchen dem Hecht der 
— uͤber Leben und Tod ein Widerſpruch *). 
der: 
Odhne Unſt. d. Seele muß der M. ſein zeitl. Leben 
als fein hoͤchſtes Gurt betrachten, und es waͤre die 
groͤßte Thorheit, fein Leben für die Pflicht, 5. B. für 
das Baterland, aufzuopfern. Selbſt der Miſ⸗ 
ſethaͤter kann dann nicht verpflichtet werden, den Tod 
zu leiden; er muß fich vertheidigen fo lange er kann, 

- um dag Kiebfie, was er hat, zu retten. Nun aber 

laͤßt fid. diefes ohne Unvernunfe nicht Aaapen; es 
iſt * eine Unſterblichkeit. 


Dich: Beweis von M. Mendelsfohbn — if ini. 
Phaͤdon, 3tes Geſpraͤch, Carlsruhe 8. ©. 166:170: 
„Was iſt dieſes Leben — — was kann ungereimter ſeyn,“ 
vortrefflich ae 


430 u, et 
Unfterblichkeie der Seele, (Beweife für die — —) 


Diefer Beweis ift mit dem folgenden moralifchen Beweis 
"won Kant, Fichte, Jakob) deshalb nahe verwandt, weil 
derfeibe auf ver Behauptung beruht, daß ohne U. Eeine Zus 
gend, Feine Aufopferung, Fein Gehorfam gegen die Obrigkeit 
ſtatt finde. | — 
8) In der Verbindlichkeit zur Befolgung 
der Sittenvorſchriften und der Pflicht 
liegt ein wichtiger Ueberzeugungsgrund 
von der Gewißheit d. Unf. d. Seele Die 
GSittlichfeit oder fittl. DBerpflichtung zur Tugend 
und Vollk., in fo fern folche die unumgangliche Bes 
dingung zw unferer Gluͤckſ. ift, fordert die Unft. 
Dieſer Beweis ift dreyfach, oder er laͤßt fich unter 
folgenden Abänderungen führen. | | 
a) Unfer Gewiſſen fordert von ung, uns ernftlich zu be— 
mühen, tugendhaft zu feyn und nie aufhoren zu wollen, 
e8 zu feyn, und unfer Entfchluß zur Tugend und uns 
fere Tugenduͤbung fol nicht wanfen. Unſer Gewiffen 
treibt ung zu dem, was Recht und Pflicht ifl. Die 
acht defielben ift fo groß, daß ihr Faum der M. zu 
yiderfichen vermag. Es weiſet ung bey allen unfern 
Handlungen auf ein fittliches Mufter zur Nachahmung 
hin, und fordert unbedingten Gehorfam felbft oft mit 
Hingabe und Aufopferung feines Febend. Nun dringt 
aber unfere Sinnlichfeit ebenfalls auf Genuß und auf 
die mögliche Erhaltung und Begluͤckung unferes Wes 
fens. Zugendh. zu werden, 3. B. die Lüfte zu bezaͤh— 
men, die Vorſicht, daß nicht unlautre Bewegungs— 
gründe ung zu Handl. verleiten — Eoftet in der That 
nicht geringe Mühe. Sinnlichen Genuß haben wir 
dafür nicht. Es ift die moglichft genaue Erfüllung 
der Forderungen der Pflicht und des Gewiſſens nicht 
immer von angenehmen Solgen begleitet und die Pflicht> 
übung gebiefet ung, dem von Gott uns eingepflanz- 
fen Triebe nach finnl. Wohlfeyn entgegen zu handel. 
Es muß alfo etwas feyn, was uns diefe Hinderniffe 
übermwältigen läßt, und eine gerechte Gottheit, welche 
die Tugendmühe nicht. vergeblich feyn — umd nicht 
die Srüchre eines Jahrelangen Fleißes in der Pflich— 
tenuͤbung vernichten laffe, - fondern ung eine unfern 
Verdienſten entfprechende Gluͤckſ. ertheile. Oder man 
müßte behaupten, daß unfer Gewiffen und Ölaube an 


/ U. 431 
Unſterblichkeit der Seele, (Beweife fuͤr die — —) 


Gott eine bloße Einbildung und eirle Griffe wäre. 
Gegen diefe Behauptung aber empört ſich unfere Ver— 
nunft. Es iſt alfo nur die erfie Behauptung gewiß. 
Diefe Gewißheit wächft, ie mehr der M. ſich zum 
Guten ſtimmt und e8 freu thut. Oder man mußte 

. (in Hinficht, daß Gott durch unfer Gewiffen u. durch 
die Dffenb. unbed. Gehorf. mie Aufopf. ©. allem 
verlangt) behaupten, Daß Gott nicht gerecht wäre, in⸗ 
dem er eine auf f. Befehl fich der PR; che aufopfernde 
Seele vernichter. Mer darf dag? In der Gefesgeb. 
Gottes ift Feine Lücke! 

Dhne GI. an Unft. d. Seele ſinkt demnach unſer 
Vertrauen zum Sittengeſetz unausbleiblich dahin. 
Dann geht uns Gottes Wille nichts an. Dann fra— 
gen wir nichts nach ſeinem Wohlgefallen, dann ſcheuen 
wir ſo wenig die kuͤnftigen Strafen der S., als wir 
einſt kuͤnftige Belohnungen erwarten — dann fallt aller 
Trieb zur Sugend hin. 

BIH NN. R Wegſcheider's Verſuch, die 
der philoſ. Nel.: — in Predd. darzuſtel— 
len, Hamb. 1801. 8. Nr. 3: „Unſer Gewiſſen iſt ung 
Buͤrge der Unſterbl.,“ nach 14:16. Schmidr’g 
Gegenerinnerung, f. ſ. Lehrb. d. Dogm. ©. 304-306. 
b) Das Gittengefeß fordert unflreitig in gewiſſen Fäls 
len von ung, uns in Todesgefohr zu begeben und 
felbft das Leben aufzuopfern. Man wird alfo eine 
Fortdauer nach dem Tode, nicht etwa blog deshalb, 
um für unfere Aufopferung belohnt zu werden, fons 
dern deswegen annehmen müffen, weil ia fonft dag 
Sittengefeß die Vernichtung eines moralifchen Weſens 
fordern, alſo fich felbft widerfprechen würde. Wie 
durfte Jeſus Ehrifius fein Leben aufopfern, wenn ff. ? 
Wer fann annehnen, daß er gegen Gottes Willen u. 
zulaffung in den Tod ging?! Sollte Sort feine Seele 
vernichtet haben?! 
c) Die Vernunft ſtellt uns die Nothwendigkeit dar, an 
einen moraliſchen Plan der Welt zu glauben. Sie 
macht die Unmöglichkeit einleuchtend, dieß zu Tonnen, 
ohne daben einen Gott im vollen Verſtand eineg 
Schöpfers und moral. Weltregiererd vorauszuſetzen. 
Nach dem moralifchen Plan der Welt find die vers 
nünftigen Weſen Zwecke an fih in der Schöpfung u. 


—— 


432 U. 
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe für die — —) 


‚ in Beziehung darauf kann nichts anders. als, Eng, 
und Gluckfeligf. in Uebereinflimmung Zweck der 
Welt ſeyn. Wir ſind zur reinen Sittlichkeit beſtimmt, 
und ſollen eine immer vollfommmere, immer reis. 
nere und nie aufborende Zug. üben; vollig ſoll 
unfer Wille und Ihun dem gottl. Willen angemeffen 
feyn (Gott ford. wahre Heiligk.) Was wir aber 
ſollen, das muͤſſen wir auch koͤnnen. Kein 
endliches Weſen, alſo auch nicht der M., ift in irgend 
einem A—blick feines Dafeyng, alfo auch einer volls 
fommnen Tug. fähig. Der M. fann feine vollfomnne 
Tugend erreichen. „ E8 gibt für ihn feinen fittlichen 
Vollendungspunft. Deshalb kann iener Forderung 
des GSittengefeges anders nicht, als durch ein endlofeg 

Streben, das Mufter der zugend immermehr zu er- 

reichen, ein Genüge gefchehen. Des M. Fortſchritt 
zur Annäherung an das Mufter der Heiligkeit muß 
endlos feyn, oder es wird dazu eine ewige Sortdauer 
erfordert. Gott muß alſo des M. Dafıyn nad) dem 
Tode noch verlängern und ihn dem Ziele näher brin= 
gen. Eben fo wenig gibt «8 für den M. einen Grad 
‚der Glückfeligkeit, über welchen Feine Erhöhung ge— 
denkbar wäre. Das Wahsthun an Glückfeligfeit muß 
alfo, wie der Fortſchritt im Guten, unendlich ange: 
nommen werden. Es liegt daher in dem moralifchen 
Weltplan, welcher die ganze volle Forderung der Ver- 
nunft befriedigt, die Nothwendigkeit der Unfterblichk. 
der vernünftigen Weſen, und zwar ift fie als dag vor— 
züglichfte wefenel. Merkmal darın enthalten. Muͤſſen 
wir nun einen Gott vorausfegen, weil dieß die einzige 
Bedingung ift, unter melcher wir ung das Dafenn 
und die Ausf. des moralifhen Weltplang begreiflich 
machen koͤnnen, wozu der Grundriß urſpruͤnglich in 
unſerer Vernunft liegt: ſo wird mit dem Gl. an Gott 
auch zugleich der Glaube an die Unſterblichk. in ung 
erregt, und diefer kann nicht fehlen, fo bald iener 
ſtatt finder. 

„Kein Beweis für die Unft. d. ©. ift ffärfer und 
„unumftößlicher, al8 der, welcher aus dem Glauben 
„an Gottes Dafeyn, Schopfung und MWeltregierung 
„unausbleiblich hervorgeht. Ammons bibl. Theol. 
st, Sh..2fe. ll, Ou212 

„Wenn 


u. 433 
Unfterblichfeit dee Seele, (Bereife fir die — —) 


„Wenn die Bernunft nach der beftimmten — — 
„ausgeführt wäre.” D. Ammon’s bibl. Theol. a. 0. 
9, ©. 215. 216. 

Mag ınan diefen Beweiſe ——— iſt: bey demſelben liegt die 

Vorausſetzung: daß das Sittengeſetz vom M. wirklich eine 

vollk. Tugend fordere, zum Grunde. Dieſes aber iſt falſch, fo n. 

a. d. Bibl. 52er. B. 1 S— 6332 3 

Del. Heydenreiche Betr. üb. d. Philoſ. d. nat. 
Mel. Leipzig 1791. Ar. XVIIL 

Dieſer Beweis leidet noch folgende Abänderungen: 
aa) Wir find durch Die Geſetzge bung unſeres uͤberſinnl. 
Charakters verbunden, das hoͤchſte Gut zu bewirken. 
Bas wir nach einem ausdrädt. Geſetze thun follen, 
muͤſſen wir auch Fonnen. Was arfächen fol, muß 
möglich feyn. Es muͤſſen alfo, wenn das hochfte Gut 
bewirkt werden fol, auch die Bedingungen da feyn, 
unter welchen e8 bewirkt werden fenn. Das Höchfte 
Gut beſteht in der Heiligk. und einer ihr angemeffenen 
Glückfeligfeit. Jene Finnen und follen wir durch 
Selbſtthaͤtigk. erfireben, die ſe aber fiehe nicht in uns 
ſerer Gewalt, und doch gehört fie nothwendig zu iener, 
Man muß alfo die Bedingung, wodurch dag höoͤchſte 
Gut bewirkt werden kann, auffuchen, und diefe iſt blog 
Gott, welcher Gefeggeber der Welt if. Er bat ung 
die Heiligf. zu erſtreben geboten. Diefe ift aber etwas 
Unendliches an ſich, man muß alfo gewiß auch unfere 
Unſterbl. annehmen. Jedes ſittl. Weſen muß ewig 
fortwaͤhren, wenn der Endzweck des Moralgeſetzes 
nicht unmoͤglich ſeyn ſoll. Wir find freie und ſitt— 
liche M., find durch das Geſetz der Gittlichkeit gebals 
ten, und weil wir die$ find, fo muß ein Got — fo 
müffen wir unfterblich feyn, oder das höchfte Gefeß 
ſteht mit ſich ſelbſt im lauteſten Widerſpruch. 


So — Fichte in dem Verſuch e. Srit. alter Offenb. Koͤ⸗ 
nigsͤberg 1792. 8. ©. 104 ff. 


bb. N. Wenn die Vernunft etwas fordert, daß etwas 
durch fie gefihehen fol, welches durch Vorausjegung 
irgend etwas andern durch fie nicht geſchehen Fönnte: 
fo würde die Vernunft ſich felbft wid: tfprechen, wenn 
Diefe Vorausſetzung nicht wahr wi fe aber 
unbedingt unmeglich. Nun aber Ar nicht nur 
Ehrint. EL, Kebref, d. Canzelgebr 3 Th. Er 





434 we 
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe für die — —) 


befondere Hfichten, z. B. fürs Vaterl. gu fischen, 
weiche ohne Boransfegung eines Fünftigen Lebens un- 
noͤglich, ia Thorheit wären. Wir follen 3. E. blog 
ech der Vernunft, ohne Leidenſchaft und Affect han» 
dein. ber Fonnen wir das auh? Wir follen vor 
allen Irrthum ung hüten, aber fonnen wir das auch? 
Waͤren diefe Pflichten, wäre die Pflicht, für fein Bas 
terland zu ſterben, nicht ohne Vorausſetzung der Unft. 
Thorheit? und doch hängt das ganze Wefen der Ber- 
pflichtung mit der Unfterblichfeit durch eine fo noth— 
wendige und ungerfrennliche Verbindung zuſammen, 
daß der Inbegriff aller Dflichten, welcher fonft von 
allen andern Grundbegriffen fo ‚unabhängig beftehet, 
iu ſich ſelbſt zuſammenfallen wuͤrde, ſo daß Pflicht 
und Tugend Einbildungen waͤren, wenn der Untergang 
der Seele nach dem Tode vorausgeſetzt würde Denn 
mit dem Tode wurde unfer Dafeyn und mit demfelben 
unfere Vernunft und mie derfelben iede Pflicht auf: 
hören. Die Vernunft müßte fih alfo felbft vernichs 
gen, oder die Erhaltung des Lebens als ihren hachften 
Zweck fich vorfeßen, und was derfelben entgegenfteht, 
falls es auch die Pflicht erforderte, mit der groͤßten 
Mühe vermeiden. Da ferner die Ausübung der Tu— 
gend mit dem wefentl. Zweck des M. mit der Glüdf. 
und den angenehmen Empfindungen in Colliſi on 
kommt: fo müßten wir, entweder in gewiſſen Faͤllen 
eine Ausnahme des erffern oder des letztern annehmen, 
oder durch Nothwendigk. gedrungen, das mit ſo Pics 
km Eifer sefuchte höchſte Gut, welches aus der Ver— 
bindung der Tug. mit der Gluͤckſ. entſpringt, aufge— 
ben. Wie viele Miderfprüche, toelche die Weruunft 
nicht auflofen könnte, ohne Hoffnung der Unfterbl.! 
2. Wenn ich die Würde eines moralifchen M. behaup- 
ten will, fo muß mir meine Pflicht über alles gehen. 
Thue recht und ſcheue nichts in der ganzen Natur — 
fo ruft in uns unfer beßrer Theil — die ſittl. Ver 
nunft. Haben wir nun für diefe Stimme dieienige 
Achtung, welche gute M. dafür zu allen Zeiten gehabt 
haben, find — als tugendhafte M. genothigt ihr zu 
gehorchen, weil bier ohne Glauben fein Gehorchen. 
Baer ift; —— und gehorchen wir aber dieſer 
Stimme feſt und unerſchuͤtterlich, ſo erlaubt nun die 





F 


u. | 435 
Unfterblichkeie der Seele, Geweiſe für die — —) 


Natur unſeres Verſtaudes uns nicht, irgend etwas 
fuͤr wahr zu halten, welches dieſe nor Luͤgne⸗ 
rin machen, welches das Sittengefit dag Pa über 
alles hochachten muͤſſen, bey uns um ſein Anſehn 
bringen würde. Und von dieſer Art ware bie Meia 
nung, daß vernünftige freye Weſen eben fo ein Spiel 
ber Elemente ſeyn ſollten, als ihre reiber. Alſo ff. 


3. Die Vernunft ſchreibt uns als ob erſte Pflicht vor, 
die Vernunft aͤllenthalben, mo mir fie autreffen, als 
die abſolute und letzte zu be handeln weil fie ber hoͤch⸗ 
ſte und der Betimmungesrund 2 ale Handl. a 10%, 

und der Zweck iſt, welcher alle übrigen einfchränfz, 
dem ade übrigen Zwecke untergeor net werden follen. 
Alſo ſind wir die festen Zwecke in der Natur und 

- feinen Zeit ebefimmun: en unterw orfen, und mithin un⸗ 
ſterblich. 


So — 8.9. Jakob in ſ. Beweis für die Unſt. d. Seele aus 
dem Begriffe der Pfucht, 2te umgearb Aufl. Zuͤllichau 1794, 
8. (20 Gar.) Vaol. Jakobs philoſ. Annalen 1795. ©. 169⸗ 
Bib 18 8. ı St. ©. 98: 103. 

„Die Unft. d. Seele laͤßt ſich — bhos aus der Natur der (moras 
„lichen) Intelligenz befriedigend herleiten, u. es ift nichts 
„ſchwerer, dieſen Beweis, welchen der Erfinder bes tranfcenz 
„dentalen Idealtsmus zuerſt aufgeſtellt hat, fo gemeinfaßlich 

„vorzutragen, als das bie Intelligenz denke und wolle.“ 

Da der M. ſich leichter zum Glauben an Gott als zum Glauben 
an Unſterbl. erhebt, fo muß man tie aus dem Glauben an 
Gott geſchoͤpften Gründe beſonders gebrauchen Wenn ein 
Gott iſt, fo wird er ganz gewiß die morali— 
ER Weſen, das Herr lichſte und Heiligſtein 
der Schöpfung, ewig erhalten Ein Bott, 
der fo vernichten föunte, wäre kein Gott. 

Auch aus ver Sternkunde laͤßt ſich die U. d. Seele beweiſen, 
wie z. B. Streithorſt in d. deutſchen Monatsſchr. 
Kov. 1792. ©. 202 ff. „Gruͤnde für unſere Fortdauer aus 
der Aſtronomie⸗ und B. ©, Walther in d. Betr. der Nat. 
56⸗69, „and wa die Sternkunde von unſerer 
Unſt. uͤberzeuge“ aethan hate 

Folgenie Gründe halten (per Er vie Probe einer firengen Pruͤ⸗ 
fung aus: 

3) „Die 1. ©% Seele if wünfhenswerth und wird 
vom Mi, ge wäünfdht, Pur ein Boͤſewicht kann fich feine 
Vernichtung wuͤnſchem — Mus einem bloßen Wunſche fort⸗ 
— laͤßt ſich nicht ein kuͤnftiges gewiſſes Daſeyn folgern. 

| Er 2 


436 U. 
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe für die — —) 


Kan Eann diefen Wunſch nicht als eine Sehnſucht — nit 
als ein Verſprechen ahfehen, weiches der M—heit gegeben 
worden if und ihr gebalten werden muß. 

2) „Die Seele ifi einfach Cimmmateriel), fie kann nicht — Auf⸗ 
fung, Faͤnlung, Verweſung ꝛc. in kleine Theile aufgeloͤſt 
werden and vergehen.“ (Bol. Ockel Palingeneſie des M. 
S. 17:75) — Wir kennen die Seele nicht genau. Es ſetzt 

dieſer Beweis voraus, daß man die Einfachheit der Seele ans 
nimmt, und Serfelbe aeht auf bloße Möglichkeiten. Aus dem⸗ 
feiden folgt auch zur, daß die Seele Eein Theil der großen 

taterie, woraus der Leib zufammengefegt if, feyn, daß fie zwar 
wohl ein vom Leibe ganz verfchiedenes Wefen ausmachen 
Edune. Dadurch, daß die Gerle nur erfi mit. dem Körper, 
d. 5. bey der Zeugung des MM. da zu ſeyn anfaͤngt, erhellt 
mehr die Materialität als Immateriellitaͤt der Seele, denn es 
laͤßt fich nicht erweifen, daß fle fchon vorher da gewefen oder 
im A—blick der Empfängniß erfihaffen wäre, Dieß zu ber 
heupten, führt zu Ungereimtheiten, ſ. n. a. d. B. Anh. 3. Is 
28ſt. B. Zte Abth. ©. 36. 37% 

3) „Das Dafeyn diefes Gedankens — woher? Aus Volksabergl. 
and andern Vorurtheilen läßt er ſich nicht herleiten, Gr 
mußte aus vernünftigen Begriffen gefolgert werten. Schon 
dadurch empfiehlt er ſich der menſchl. Glaubwuͤrdigkeit.“ — 
Bon ofiend. Irrth. u. Vorurth. Eaun man auch nicht das 
woher? allemal angeben und doc) nicht für eine Offenb. 
Sottes aunehmen. 

4) „Gott kann der Seele die unſi. geben. Es iſt ihm — 
Wer kann dem Unendl. das Vermoͤgen abſprechen, ſolche vers 
nuͤnftige Weſen zu ſchaffen, die mit ihm ewig leben und in 
ihrer Erk. u, Thaͤtigkeit unaufhoͤrlich fortſchreiten koͤnnen? 
Da, wo unerſchoͤpfliches Lehen iſt, da kann auch Lebenskraft 
auf andre niedere Weſen bis in alle Ewigk. ausfließen. Gott 
bat alſo die Macht, feinen Geſchoͤpfen das in gewiſſem Grade 
zu geben, was er felsft im höchfien Grade befist, Daß wir 
unſt. feyn werden, hat eine innere u. äußere Möglichkeit. Es 
ift nichts ungereimtes fid) die U. zu denken.” — Bol, Reis 
marc. aD. ©. 789. 791 #. 794. Vom Können und 
Moͤglichſeyn findet kein ſichrer Schluß ſtatt u. ſ. w. 

Zu ſagen: ohne U. ware der M. das elendeſte unter allen Ge: 
fchöpfen, wäre er nichts mehr als das Thier, ia weniger als dafs 
ſelbe; Ohne U. wären die freien denkenden Wefen nichts als 
eine Heerde vernunftlofes Wiches nnd elender als die Thiere, 
da die M. zu ihrem Ungluͤck über ihren Zuſtand nachdenken 
könnten und den Tod fürchten müßten; Ohne U. wäre dad 
Reben unter — lauter Srfahren und Leiten traurig und höchft 
elend; es aliche einer ungeftümen Fahrt zwifchen Klippen 
und Sandbaänken, unter Sluthen und Stürmen, in duͤſtrer Sins 
fierniß, ohne Ruder und Steuermann; Ohne U. fey der wuͤr— 


| U. 437 
Unfterblichfeit der Seele, (Beweife für die — —) 


digfte Menſch, weicher ſich durch Tugend und Arbeitſ. um fein 

—  Beitalter und nod) um die fpäte Nachwelt verdient macht, 
nad) j. Zode um nichts beffer, als ein- den Naubvögeln zur 
Speife vorgesworfenes verfiorbenes Thier u, f. w. — _ Das 
alles find offenbare Uebertreibungen. — 


Die Bemerkungen: in der Natur -entfpringt fo oft 
‚wieder Leben, der Anblick eines Schmetterling — 
die Vermuthung, Daß vielleicht überall fein mahrer 
Tod, Feine vollfommene Ertodtung lebendiger Kräfte 
vorkommt — beftätigen auch den Gl. an Unit. S. 
Herder’s Ideen 3. Philof. d. Geſch. d. M heit, 
iv Th. Riga u. Leipzig 1785. 8. ©. 252-261. 280⸗82. 

BB. Aus dem neuen Teſt. $ 

An fich ſetzte Jeſus Chriftug die Unft. salg bes 
fannt und angenommen voraus, und er bewieß diefe 
Lehre nicht auf eine aus der Natur der Geele berge- 
nommene und auf Feine andere firenge Art. Er. nimmt 
fie als zugeftanden an. Aber überall liegt fie feinen 
Delehrungen und feinen Worfchriften zum Grunde, 
z. B. die Slückfeligkeit, die er den M. durch die Mits 
theilung feiner ganzen Lehre verfchaffen will, iſt ewi— 
ges Leben. Sie kann’ alfo nicht blos auf dieß ir- 
difche ſich einſchraͤnken, Joh. 10, 23. [Rsm. 6, 23.] 
Tyrannen fönnen nur den feib, nicht aber die Seele 
tödten, aber Gott fonnte fie nach dem Tode ungl. 
machen, Matth. 10, 28 un. f. w. Es fiel auh nicht 
den Apofteln ein, daß M. an der Unft. zweifeln 
Fönnten oder dürften. Diefe Vorausſetzung aber fchas 
det. nichts. Was im R. T. gerade zu als wahr ver: 
fichert wird, iſt gewiſſe Wahrh. ES beftätigt doch 
die Fortd. der S. nach ff. Jeſus fpricht (außer in 
den bereits bemerften Stellen ob. 5, 295 8, 51 f.; 
11, 25. 26 u. 28.) (mer auf m. Lehre ſich verläßt, 
fey fiher, daß, obwohl fein Leib fierde, dennoch fein 
beßrer Theil nimmermehr flerben werde,) Luc. 16, 19— 
29. Alſo nah d. Tode gibts einen Zuſt. d. Gluͤckſ. 
für den Frommen, und einen Zuft. der Ungl. für den 
Lafterh. Jeder iſt ihrer fire. Wuͤrdigkeit und ihren 
Verdienften, oder ihrer Schuld angemeſſen; Matth. 22, 
30; 1%, 8; 19, 17. Joh. 20, 36. Jeſu ſelbſt war 
jein eigener Tod Hingang zum Vater, alfo feine Der» 
nichtung feines Weſens, Joh. 14, 2. 28. Dem Vater 


NS 


438 U. 
———— der Seele, —*— fuͤr die — 


empfahl er, wie er ſtarb, feine Seele, Luc. 23, 46. 

Vom Baker erwartete er Erfaß feiner, Feiden und Er— 

hoͤhung feiner Slück., Joh. 17,5. An derſelben Bir 

alle, die feine ächte Schuler find, Theil nehmen, 9 — 

Vgl. Staͤudlin's Dogm. u. Dogmengeſch. Eh. 

©. 264: 868. 

Diefint Steffen liegt unverkennbar der Gede 

Grunde, daß vom wahren Religiousglauben der Glaube 

an Unſt. der Geele nicht gu trennen iſt. 

Ueber M atth. 22, 32. ſ. — 9 Zeit, 1790. 1. 
©. 232. 45. 

Auch Die Auferſtehung und die Himmelfahrt 

Jeſu kann man als Symbole und Beſtaͤtigungsgruͤude 
der Unſt. anſehen. Wenigſtens iſt die erſtere doch 
ein Bild von unſerer kuͤnftigen Fortdauer. 

Die Apoſtel, vorzuͤgl. Paulus reden von ber 
Unft. d. Seele, Nom. 8, 1857 II Tim. 1, 10; Philipp. 
1, 21-263 I Kor. 13,12; 15; IJoh. 3, 2. 3 ‚1er. 1,3. 

En Bor: zuͤge der Lehre des Chrißenth. „die 

S. iſt unferblich” vor den Gründen der Bern: unft 
find, daß es 1) unſere Fortdauer nad) dem Tode auf 
den einzig unwiderſprechl. Beweis auf den Glauben 
an Gett durch Jeſus gruͤndet, 2) die Unft. und Auf: 
erſtehung zu einer Wahrheit vereinigt, 3) daß es die 
Unft. mit der Sittlichfeit verband, 4) durch) das Chri— 
ſtenthum iſt dieſe erfreuende und begluͤckende Lehre un⸗ 

ger den Chriſten allgemeiner Volksglaube geworden. 
Durch daffelbe erhielt diefer Glaube mehr Einfluß auf die 

fiel. Seftunung, Handelsweife und das Leben insbeſon— 
dere des großen Haufene. Deshalb kann Jeſus der große 
(nicht aber der. erfic) Lehrer der Unſterblichkeit heißen. 


Etwas Neues, vorher Unbekannkes hat Jeſus Ehr. in Ruͤckſ. ber Inf. 
nicht gelehrt. Aber feine Lehre zeigte ven M. den Weg, ſel⸗ 
bige ans Gruͤnden der Vernunft deutlich zu erkennen. Durch‘ 
goͤttl. Anſehen wurde fie unlaͤugbar gewiß und dem M—derz 
ſtande faßlicher gemacht; das Cpriftenth. Hat auch die allgemei: 
nere Annahme: d. Unſt. d. Seele befordert, fo daß wir Chris 
fien nun hellere u. vollfiändigere Begriffe vom Zuſt. unſerer 
Seele nad) dem Tode haben, als die größten Weiſen des 
Alterth. nur muthmaßen und wuͤnſchen Eonnten, iq als ſelbſt 
die aufgeklärtefte Philofophie nit Gewißheit weiß. 

Im a. Teft. gibt es nur dunkle Spuren vom Gl. an Unft., und 
in den erften Schriften deſſelben Fauın. Die Juden hatten 


u. | 439 
Unfterblichfeit der Seele, (Beweiſe für die — —) 


„einige Zeit vor Chrifius Vorſtellungen von Zuſt. nach dem 
Dede; Gieß ſieht man and Prev. 12, 75 Weish, 2, 235 3 

7:4.) nur dunkel find davon ihre Vorſtellungen und jie wirds 
ten nichts auf die Sittlichkeit. Sie glaubten vie U. als eine 
Lehre ver Rel., aber fie hatten dafuͤr keine Beweiſe. Vis zur 

Seit Chriſti wer die Lehre v. d. U. blos auf das kleine Palds 
ſtina eingefchränft,, und fie würde ſchwerlich durch die Juden 
allgemein geworden fegn. So deutlih und beſtimmt 
als das n. Teſt. lehrt ſie das a. T. nicht, aberes 
gibt Hinweifungen auffiu. — Dal Anmons mi 
prakt. Theol. 5, 276. ©. 297 f. Die Verf, d. Apocr. Schrif⸗ 
ten haben im a. T. die reinften Begriffe von d. Unſt. und be⸗ 
reiten auf das hellere Licht des n. T. vor. Weish. Sal. 2, 
233 3, 124. 
©. — Thym's Verſ. e. hiſt.⸗crit. Darſt. d. Jad. Lehre ——— 

Fortdauer nad) dem Tode. Berl. 1795. 8. — Hiob 19, 2522 

beweiſt nicht die Unſt. Hiob 3, 3--Ende; 14, 7-Ende; 17, 
514105.7, 7:10; 10,207225 13,:.1A, 15 zeigen, tab >. 

Vf. des Buchs Hiob nicht die Idee eines Fünftigen Lebens 

“amd eines beſſern Zuſtandes nach den Tode gehabt bat, f. Yus 
guſties theol. BT. zr Jahrg. 2tes Quart. ©. 241 252. 


Dal. Philoſophifch— theol. Abh. uͤber das 
Verdienſt der chriſtl. Rel. um die Lehren. d. 
Unſterblichk. d. menſchl. Seele. Flensb. u. Lpz. 
..1788. 8. 7 Bogen; Fr. Simonis Slicke in Wals- 
Hal, Tena 1796. Fir. 4: „das Verdienſt des Chri⸗ 
ſienthums um. die Ausbr. u. feſtere Gründung ber 
Unſterblichkeitslehre;“ Koppe's Predd. erfte Samml. 
Nr. 2. ©. 25744: „das Verd. des a um 
die Lehre der. Unſt.,“ am Dfterf.; S. Bail’s 
Rel.Vortr. 1798. Nr. 16: „von =. gt. Berbienften 
ZJeſu um. die Lehre v. d. Fortdauer nach d. Tode, 
| über — — * 
WUeber 1. uͤberh. ſ. man noch Forſters Reden: 
Th. I. Nr. 15; Th. IV. Nr9. Galsmann’g 
Hauspoſtille, ze. Th. Nr.29. ©. 44: 53; Politz Dar» 
j —A— der Lehrſ. Reinhards, ır Th. ©. 413-447; 
I G. R. Beyer Beitr. zur Aufkl. d. Volksrel. in 
Predd. sr S. £p4.. 1794. Nr. 13. ©. 156-168: „bie 
‚Gründe u. Vermuthuͤñgen d. Verm d. €. andern Le— 
ben“ über dag Ev. am iſten Oſtert.; ebend. ©. 169- 
181: „die Hoffaung eines andern Lebens iſt uns durch 
Jeſus gewiß gemacht worden‘ ab. d. Ev. am 2ten 
Oſtert.; Jon. Shudersffs mor aliſch⸗ religioͤſe Re⸗ 


——— u. 
Unſterblichkeit der wor Anwendung.) 


Saale, — 1794. 8. Ni 1. „Glaubensgrund für die 

Unſt. d. Seele — (der) bloßer (m) Vernunft‘ über 

BER — 15, 42. 435 Cannabich's Predd uber die 

Evang. ır B. 2te 3. Lpz. 1797. 8. ©. 206» 471: v. 

db. Gründen der Hoffn. unf. Unft., am ıflen Oſtert.; 

Eckermannes chriſtl. Feſtandachtsbuch. Al. 1,47. 
8. Nr. 15. ©. 229245 „uber die Grunde des Gl. 
an ein fünftiges Leben; G.W, C. Starfe’g Prevs. 
Berl. 1797. 80.48. Nr DR U Bu role, 
Ribbecks Predigeen über die Unft. d. Seele. Mach, 

1798. Nr. 1. ‚rüber die aug den Begriffen v. Gottes 
Ger. und Weieh herzuleitenden Beweisgruͤnde fuͤr die 
Hoffnung d. Unſt. d. Seele;“ J. Chr. Martini’ 
Predd. nach bibl. Grundſ. 1798. Nro9. Io. von den 
Beweiſen für die Lehre dv. d. Unft. und — vom Einfl. 
derfelben auf das Menfchenleben; Bail's Rel.Vortr. 
Kr. 15: Gründe für den Gl. an eine ewige Fortdauer 
über I Petr. 1, 3:55 5: H. Gebharods Predd. über 
den ganzen Umfang der Nel. ır B. Nr. 15. ©. 294 ' 
321: Ölaube an Unfterbl. über II Tim. 1, 10. 

HT. Anwendung der Lehre von der Unſt. b. Seele. 

I) Man Terne den ausnehmend großen Werth, die hohe 
Michtiafeit des GL. an Unſt. recht fchägen, und halte 
feft an diefem Glauben. 

a) Außer dem, daß derfelbe zur nes der Zug. Mlls 
entbehrtich ift, (f. oben IL 6. ©. 423 ff.) befördert | 
dieſer Glaube eine fortdanernde Thätigfeit, ſowohl 
wenn man ſeine Arbeit nicht mit den erwarteten gluͤckl. 
dehen begleitet ſieht, als auch bey abnehmenden 

raͤften. Das Alter iſt z. B. der Abend, die Zeit 
der Ruhe, aber der Alte fol doch nicht ganz unthatig 
feyn, fondern muß die Gel, die er hat zu wirken, be— 
nußgen. Dazu ermuntert nun der Gl. an Unft., weil 
diefer ihn am den Zweck des Lebens, fich zw ienem 
borzubereifen und an ein unermuͤdetes Gutesthun, um 
dort reichlicher zu erndten, erinnert. 

b). Er wirft Gemeingeift und dag mir ung beeifern, der 
iüngern Welt ein nuͤtzliches Beifpiel zu geben. Denn 
wir zeigen dann ihnen durch unfer Beifp. die Wirks 
ſamkeit diefes GL, u. empfehlen ihnen die nt 
feit am nachdruͤcklichſten. Zeigt der Beiahrte durch ff. 

Heiterkeit, womit er dem Tode entgegen fieht, baß 





U. | 441 
Unfterblichfeit der Seele, Anmendung.) 


feine frohe Erwartung ſich auf ſein vorheriges, zum 
Nutzen der Menſchheit verwandtes, Leben ſtuͤtze, ſo 
wirkt das auf juͤngere M. mehr, als die beredteſte 
Vorſtellung. 
©) Diefer Glaube gewährte R uhe. 
aa) Ueberhaupt, indem wir bey diefe m öl., welcher bie 
Surcht vor Vernichtung benimmt, mit unferm Dafeyn 
"zufrieden find, und an uns ein erlaubfes Gefallen 
haben; indem er den Gütern und Sreuden mehr 
Werth gibt, (bey der Beforgniß, daß mit dem Tode 
alles aus fey, findet feine Freude flatt) und indem er 
| vr Sreuden der Sreundfch. und des gefelligen Lebens 
er eht. 
bb) Sn: befondern Lagen und Umftänden, vor— 
züglich in Leiden, (f. oben 1. 3. S. 417 f. u. 4.b. 
S. 419 f.) 4) Auf dieſen Gl. “ann man in Leiden, 
befonders bey großen £orperl. Leiden, 5. B. in Sranf- 
beiten, bey Koͤrpergebrechen, bey Slechſeyn im hohen 
Alter, bey lebenswaͤhrender Krankheit, dann, wenn 
nichts ein Leiden endigen oder lindern, wenn man 
durch nichts ſein Schickſ. verbeſſern kann, ſehr feſt 
ſeine Geduld ſtuͤtzen, J Kor. 15, 42:44. 
£) Bey und in unferm eigenen Tode arwährt diefer GT. 
Aufheiterung. Er befreit von der Todesfurcht, f. 
Shr. Mor. 'f.d. Canzelg. ger Th. Tod. IL B, 
„. BBB. 4. ©. 452 ff. Teller’s Mag. f. Pred. sn 2. 
.2te8 St. Nr. 3..©. 97-101: „wie mwohltbätig dag 
Gefuͤhl d. Unfterbl. alsdann insbeſondre wirft, wenn es 
‚mit ung Abend werden will,“ am 2ten Oſtert. uͤb. d. 
Ev. Luc. 24 13-35. 
y) deym Tode der Unfrigen. Möüßte man ſich's 
bey der I Trennung von d. Unfrigen im Tode denfen, 
daß fie auf ewig bernichfef wären, ſo bald man ſie 
erſtarrt vor ſich liegen ſaͤhe — ſo waͤre das das Al— 
lerſchrecklichſte. Allein zu wiſſen, daß d. Tod nur auf 
eine kurze Zeit trennt — das macht ung unendl. glück: 
Ich, ob. 16, 22. Daß fie fich früher v. ung tren- 
nen, iſt fein Berluft. Kai ift der kurze Zwiſchen— 
raum? f. Wiederfehn, Epnlert’s ee 
Kr. V. ©. 133-156. — Dal. Wolff?s Ausz. 
f. Predd. ır Jahrg. ©. 81-84: „üb. d. Einfi. des St. 
an Unft. aufunfere Ruhe;“ — a. a.O. ©. 172177. 


442 j a 
Unfterblichkeie der Seele, (Anwendung.) 


Damit ver SI. an Unſt. folche wohlehätige Wir. 
kungen äußere, firebe man 
"N. nach fefter Ueberzeugung. Man mache ſich niit den 
faßlichſten Gruͤnden fuͤr die Unſt. d. S. bekannt und 
damit die Erinnerung an Jeſu öftere Vers 
heißungen, und wie diefe Wahrh. die Hauptwahrh., 
der Grund fi Del. ſey. Man ſehe ein, wie alle Zwei— 
fel gegen bie Unſt. im Grunde nichts find und daß, 
wenn wir Sie —— In, alle Ruhe des Herzens, alle 
aͤchte — dauernde Tug., alle Berubigung in Leiden 
gr e und ung der Tod fürchterlich werden wird. 


2. Dan mache fih mie diefem Glauben recht vertraut, 
da e ung leicht erinnerlid, werde. Er muß ung 
immer und überall nahe liegen, ſich gleichfam in alles 
unfer Thun und Laſſen serweben, mit allen merkw. 
Pebengverändd., mit teder Wahrnehmung des Kort- 
ſchreitens der Zeit, mit ieder Erfahrung elücklicher 
oder frauriger Begegniſſe, mit jedem Andenfen an den 
Tod verbinden. Er muß allen unfern fittl. Handl. 
zum Grunde liegen, und ihnen die gehörige Richtung 
geben. So wie wir ung deg Lebens bewußt find, fo 

süffen wir ung ſtets unſerer großen fünftigen Beſtim— 
mung bewußt feyn u. bleiben, dag iff dag, was P. 

.‚Bhilipp. 3, 20 meint; man bringe fich dieſe Hoffnung 
oft vor bie Empfindung. tan übervenfe oft, wie 
ſchaͤtzbar fie if, Em Leben ohne Ende, ein in ieder 

Ruͤckſicht vollkommnerer Zuſtand u. fü we, ſ. oben 
Seligfebt (ewige) — fo es fich off gedacht, macht 
diefe Hoffn. erfreulich. Man laffe feinen Tag ver- 
geben, ohne fich diefer fo ſtaͤrkenden und erquickenden 
MWahrh. zu erinnern und immer neue Spuren, nee 
Delege, nene Thatfachen zu den Folgerungen der Ver— 
nunft, daß die ©. unſt. ift, aufsufinden, damit die 
Wahrheit Wurzel faffe und endlich unaugroftlich werde. 

3. Dan Enüpfe die Vorſtellung v. d. eu d. Seele 

an angenehme und erfreuende Bilder, 3. B. daß man 
fich den. Tod unter dem Bilde dee Schlafs, als ein 
Veberfreten in einen. neuen Wirfungsfreis und als 
die Hoffn. des Wiederſehns vorftelt, und denfe fich 
bie höhere edlere Freude der zuk. —3866 hr. 
War. f.db. Canzelg, Tod, aAr Th. © 433. 1.456. 


— 


> 
PEN * 


| il, 443 
—— der Seele, (Hnwendung.) 


Wenn ſich einige M. die Unſt. aus dem ©. zu reden 
bemüht find, fo zeigen fie ſchon baburch, daß fie laſter⸗ 
haft ſind und unnatuͤrlich denken. Ihr boͤſes Gewiſ⸗ 

ſen laͤßt ſie kuͤnftige Strafen a fonft würden fie 
ſich bie Unſt. d. ©. winfchen. Fern andern M. alle 
Hi Vergnuͤgungen der Welt und ſelbſt die vernuͤnftigſten 
nicht Genuͤge thun wollen, da ſich ihre Begierden uͤber 
Das Ziel dieſes Leb. ins Unenol. erſtrecken: fo iſt die— 
fin nichts erwünfchter als bie feſte tieberz. und die 
oͤftere Erinnerung an Unft. ES 
Tel. der Ehriſt, in deſſen Seele der wichtige Ge⸗ 
= Dante an ein Leben nad) diefem Reben ſte ts gegenwaͤr— 
it; ift, eine Pred. sam And. von Dr. F. ©. Lange, 
don Rice Funk, elite 1791: 8. über 3b. 14, 19; 
Zeller’8 Mag. f. Pr. 7 9. ı St. Mr. S. 69- 
"77, Art und W., wie man fih den SE. an 4 Sep 
ſich ſelbſt vecht feſt und lebendig erhalt; Loffler's 
neue Predd. ıfle Sammlung, Siena 1801. Nr. 7: „wie 
man den GL an inf. feſt und le ebendig — ke 
Spaldings Vorr. zu f. deutfchen Ueber. von Vi— 
lette’8 Unterredungen über die Gluͤckſ. bes fünftigen 
Lebens. Berl. 1766. 8. „üb. d. Werth d. Lehre 
+ RA: 8:8. ficht auch in (Heinzmann?s) literaͤr. 
Chronik. ze d. ©. 313 324; Sollikofer’s Predd 
über die Würde des M. ır Th. ©. 409 1; Herz 
lieb’8 Predd. an Sonn- und Feſttagen, Zuͤllichau 
1795. gr. 8. Nr. IX. ©. 126» 138: „d. GI. an Unſt. 
und an ewige Fortdauer gibt unferm gegenwärtigen 
Beben und allen Geſchaͤften deffelben den hoͤchſten 
Werth, üb. Matth. 16, 14-20; Trinius Auswahl 
von religiöf. Unterhh. Ne. VI. ©. 52 ff. „wie viel es 
werth ift, Unſt. zu Bonn Cannabidy’$ Predd. 
uͤber d. Evang. Re te A. Lpz. 1797. 8. ©. 421 ff.: 
„v. Einfl. d. Hoffn. der Unſt. auf unſer gegenwaͤrtiges 
Leben, ”uͤb d. Ev. am aten Dftert.: G. Fr. Frie— 
Del’ Predd. 1300, Pr. 4: „warum muß unſer Gl. 
an Unſt. fo viel werih, warum und fo theuer und heis 
Ss ya? — Wagnig Nel-tchre in Beyfp. ar Th. 
©, 290 fi: „oerienigt ments nicht gut mit der 
MBeit, welcher ihr den SL. and, — will.“ 
2 Wir ſind unſt. — alſo verpflichtet, die Sorge zur 
— unſers Berfi., und das Streben nach Wahr. 





444 U. | 
Unfterblichfeit der Seele, (Anwendung.) 


und Welsh. zum Hauptzweck unfers Lebens auf Er- 
den zu machen. Man bilde fihon bier feinen Geift, 
denn fonft gehn wir nach dem Tode des Leibes des 
Vortheils verluftig, Daß er dann leichter — ſchneller 
 fortgebildee wird. Sonſt blieben wir lange in der 
Vollk. und int befeligenden Genuß derfelben zurück: u. 
möfen ung einer unangenehmen Zucht unterwerfen. 
Wenn dort unfer Geift an Bol. wachfen fol, fo muß 
es ſchon bier unſere Freude geweſen ſeyn, alle Ans 
al zuc Vermehrung unferer Kenutniſſe benugen zu 
konnen. ers | 
S. Ribbecks Predd. uͤb. die Unſt. d. Seele Nr. 3. 
3) Wir muͤſſen als Unſterbliche denken und 
Handeln, deshalb uns ET | 
a) beffern und das Lafter meiden, denn wir 
leben ia nicht blos für diefe Welt. Auf iene ung 
vorzubereiten, ift unfere Erdenbeftimmung und unfere 
Hauptfache. Ueberdieß nehmen wir ia die ung bier 
erworbenen und nicht abgelegten boöfen Gewohnheiten 
und Sertigff. im Tode mit in ienes Leben, in welchen 
gewiß alles Böfe beftraft werden wird, f. Gerech— 
tigfeit Gottes Man muß alfo ernfilich alle böfe 
Gewohnheiten ablegen und iede gufe Fertigk. anneb- 
men. Nur der Tugendh. Fann fih mit dem Gedanfen 
an die E. aufricheen, nicht der Unſittliche. Sie. if 
‚ein. Stand der Vergeltung, Nom. 2, 6. Man erfülle 
ben der Kafterfiheu aufs befte feine Pflichten, u. fammle 
fih einen Schaß edler Gefinmungen und Handl. für 
die Ewigf. Da wir an Unſt. glauben, fo fonnen wir 
uns auf Feine Weife u. unter feinem VBorwande vom 
eifrigen Ringen nach fittl. Güte, von ſtrenger Tugend» 
ubung, und unbedingter Pfichterfüllung im gegenmwärs 
tigen Leben loszaͤhlen. M 
b) Man lerne durch die Vorftelung der Fortd. unfers 
Geiſtes feine Gluͤckſ. immer richtiger Fennen, daß fie 
nicht durch ungulänglihe Güter und Freuden diefes 
Lebens bewirft werde. Man fuche fie in Erf., Weis: 
heit und eifrigem Streben nah Tugend. Man mache 
ſich vou der übertr. Anhaͤnglichkeit an's Irdiſche frey. 
Dann werben und bie Güter iener Welt defto reizen- 
der und die Erw. der Ewigk. deflo erfreuender ſeyn. 
Hier verweilen wir nicht ewig; wie übel würde es alfo 


ä u. | 445 
 Unfterblichfeit der Seele, (Anwendung.) | 


um ung ftehen, wenn mir in Dingen diefer Welt un- 
fere Ruhe — unſere Zufriedenheit — unſere Gluͤckſ. 

ſuchten! Ehr. 13, 14. 

„e) Unfer grober Leib hört mit dem Tode auf, alfo ift 
es nicht mweife, ihn fo zu hegen und zu ‚pflegen, als ob 
er unfer befter und wichtigſter Theil wäre, und alg ob 
wir ung nie von ihm frennen folten. Man mache 
nicht feine ganze Angelegenh. daraus, die Schönheit 
und Reize des Leibe zu erhöhen. Man wende nicht 

. alle Künfte der Eitelf. an und werde fein Sflave ber 
zeit und geldfreffenden, oft finnlofen, ſtets willführ- 
lichen Mode. Man lebe nicht fo, als ob unfer Leib 
unfer ganzes Sch und Weſen wäre, als ob nur durch 
ihn und um feinetwegen dieß Leben Werth, hatte. Uns 

fer Leib, wofür mir freilich auch forgen mäffen, (denn 

wir find halbgeiftige Weſen) iſt nur um des Geiſtes 
willen da; wir dürfen durch die Körperpflege des Gei— 
fies Thätigk. nicht abftumpfen, fondern ermeitern, er- 
hohen und folche ſchaͤrfen. Wir müffen ben Leib fo 
pflegen, daß er der Vernunft gehorfam bleibt, und 
fih willig zum Werfzeug der Pflicht gebrauchen Taf. 

d) Man vervollkommne den Genuß des irdifchen Rebeng 
und die Freuden deffelben, lerne an den geiftigern — 
edleren Freuden mehr Geſchmack finden. 

e) Man mache fi) Bier unfterblich durch edle Gefln- 

nungen und Handlungen in Betreff Anderer. Man 
wirke müßfich auf die Zeitgenoffen und wirfe fort auf 
die Nachkommen. Dieß. ift die wahre Unſterbl. und 
bleibender Nachruhm. (f. Chr. Mor. f. d. Canzelg. 

sten DB. 2te Abth. d. Art. Verdienft. B. ©. 29 f.) 

Vgl. Zöllner ’g 2 ⸗Entww. fürs Jahr 1800. 

Berl. 1801. gr. 8. ©. 65 ff.: „die Hoffn. der Unft. 
muß ung. zur A Anw. unf. ird. Lebens ermuns 
tern,“ über d. Ev. am Dftert. 

4) Da wir Be find, fo frage man mit 
Geduld und GelaffenHeit die Leiden diefer 
zeit. Der GI. an Unſt. flärfe ung, menn wir unter 
trübem Himmel wandern, er trockne ung den S chweiß, 
und kuͤhle ung in Stunden der Bangigkeit; II Sor. 
4 17. 18. 

©. Sohn’s Pred.⸗Entww. ar Jahrg. 1900, ©. 
93 ff.: „Troſt für Leidende aus dem GI. an Unſt.“ 


N m - 
446 U, $ % 
Unſterblichkeit der Seele, Anwendung.) > 7.1 


5) Alg Unfterbl. burfen wie nicht t troſtlos BEER, 
wenn uns 

a) der Tod die Unfrigen auf eine Zeitlang. entreißt. 
Dort finden wir die Freunde wieder, bie. bier der: Tod 
9 nel unſerm Umgange entriſſen, ‚oder. die er 
doch durch manche widrige Zufälle au der Miteheilung 
ihres freundfipaftl. Herzens verhindert bat. „Dort er- 
‚halten Eltern ihre fruͤh verblühten Kinder wieder, um 
fie zum Preiſe des Allbaters und zu ihrer eigenen: 
unausfprechl: Freude noch derienigen. Erziefungsart, 
die unter den feligen Geiſt een üblich ai te mehr und 
— * tuͤchtig zu machen, J Ihe: 4 3 u (fe Wieder— 


b) Als Unſt. muͤſſen wir eine übertriebene, eines. Chris 
ſten unm: irdige Furcht vor dem Tode ablegen. Man 
denke an den Tod nicht mit Schrecken, ſondern ruhig. 
Dazu beſchaͤftige man bier anhaltend die Seele, mit 
nüslichen Kenntniſſen. Dann wersen wie hier den 
Tod als einen Lehrer anfehen, der ung fo vieles fagen 
wird, mag wir hier nicht verſtehn und lernen Fonnten. 
Man lerne es, wie viel befjer ieneg Reben ift,: wenn 
unfere Tugend nicht durch Sinnlichkeit fo geſchwaͤcht 
und gehindert werden wird, als es ‚hier ſo oft ges 
ſchah, indem wir im Tode den Leib ablegen, in dem 
die Suͤnde wohnt. Derienige, welcher die Unvollk. 
und Abwechfelungen des irdifchen Lebens aus. Erf. 
fennet, ſieht gern einem Zuſtand entgegen, in dem.al- 
les dauerh. ſeyn wird. Jeder, der fehon. hier den 
Werth des M. nicht nah ſ. Stande, nicht nach f. 
Reichth., nicht nach, dem aͤußern Glanze beurtheilt, 
der freut ſich auf eine Welt, worin nur der Wahre 
Werth des M. etwas gelten wird, und mo man nicht 
dag aͤrmere unbefannfere Berdienft darum geringer 
fchägen wird, weil e8 aͤrmer oder undefannt war. 
Haben wir hier das gegenwärtige. Leben nicht als die 
Zeit d. Borber., nicht die Erde als den gang legten 
Beſtimmungsort betrachtet: fo fehen wir unſere fünfs 
tige Berfegung in einen andern Zuffand als den Ueber- 
gang in einen befferen Wohnort an. Deshalb nennt 
auch die Bibel den Tod einen Schlaf, — einen 
Schinmmer, ein Ausruhen. Sie vergleicht ihn mit 

einer Erquickung nach des Tages Laſt und Hitze; mit 





| w 447 
Unfterbf. der Seele, (Anw.). Unveränderkchf. Gottes, 


einer Reife in unfer wahres Vaterland und mit einem 
Hingange zu Gott, der Duelle der zent. Um alfo 
als Chriſten zu urcheilen, febe man den Tod nur als 
ein nothwendiges Hebel an, deſſen Folgen freudig, und 
"in welchen eigentlih nur das unangenehm iſt, was 
einmal die Schwäche und Unvollk. unferer Natur mit 
ſich drivigf De 

Bol R. Eylert’8 Betrachtt. b. d. Trenn. v. d. 
Unſrigen. Rr. XL. ©. 295 ff. „das Chriſtenth. be⸗ 
freiet ſ. Verehrer v. d. Furcht vor dem Tode.“ 

Vgl. Ribbecks Predd. üb. d. Unſt. d. G., worin 
Nr. 2- -$. durchaus praftifch find. 

Ueber I. uns II. vgl. man noch Loffler’s Predd. 
gr: DB. Nr. 8: „die doppelfe Unſterblichk. des M.“ 
über Merc. 16, 1-3. am Iſten Oſtertage; — Wag⸗ 
niß Rel.Lehre in Beyſp. ar Th. ©. 218:265. — 


Unveränderlihfeit Gottes, Mal. 3, 6. (nad) 
dem Ebr.: ich Andere mich nicht.) Rom. ız, 29. 
Bol. Doederlein’s int. Th. chr. T. IL p. 290. 294 06; 


 &dermann’s Handb. d. Dogin. St 3. ©. 3130-135: PPB. 
:©..224, 25. 


I. Was iſt die Unv. Gottes? ſ. ır Th. ©. 345. 
Anm. Gott if unveränderlich oder — un— 


wandelbar heißt: bey ihm findet keine Folge und 
Abwechſelung von Beſtimmungen ſtatt. Er iſt und 
bleibt ohne Aufhoͤren immer daſſelbe — unendlich voll⸗ 
kommene Weſen. Keine Zeit und nichts vermag feine 
Kraft zu ſchwaͤchen. Die fehlt ihm etwas, was zu 
dem Begriff eines vollk. Weſens gehört. Er iſt im— 
mer derſelbe, ſowohl in feinem Weſen, als 





) Man laſſe alſo die Gewohnh. fahren, nur immer au die 
kalte Haud, an das harte Nögein, an den Geruh Ser 
Berweiung, an das Weinen der Freunde um das Sterbe— 
bette herum, an die Sterbealsde, an das ſchwarze Grab, 
und an's Cinienfen der Zeige in die Fühle Erde beym 
Tode zu denfen. Gehen wir ihn immer u. nur von bie: 
fer Seite an, fo muß uns ein Falter Schauer durch Mert 
u. Bein fahren, fo oft wir an ihn denken; aber das iſt 
BURK: Die tete Seite des Todes. 





448 U. 
Unveränderlichfeit Gottes, (mas?) RARERHRR 
auch inf Willen. — In den Sefhspfen hören 


immer geroiffe Beſtimmungen auf, und amdere £reten 
an ihre Stelle. Sie find aber auch eben deshalb in 
allen Augenblicken ihres Daſeyns Veraͤnderungen uns 
terworfen. Unſer Leben iſt ſteten Abwechſelungen uns 
fertworfeng einige flerben und andere fangen an zu 
eben. Aber gang anders tft eg mit Gott. Er wird 
nie alt, denn er iſt iege noch, mie er war, ehe etwas 
gefchaffen wurde, und wird, wenn alles wieder in 
nichts verwandelt feyn wird, noch immer daffelbe blei— 
ben. Gott Fann nie irren in ber Erf. des Beſten. 
Er fann nur dag Veſte wollen. Gott iſt uneinge— 
ſchraͤnkt vollkommen. Jede Veraͤnderung aber muͤßte 
man als einen Zuwachs oder als eine Abnahme von 
Vollk. denken, Darum aber iſt in Gott keine Veraͤn⸗ 
derung gedenkbar. 

I) Er iſt unveraͤnderlich nach feinem Befen, oder 
nach feiner Natur. Es ift in ihm feine Zu» oder eine 
Abnahme und noch viel weniger eine Vernichtung 
benfbar. Er kann nicht vollfommener noch unvol- 
kommener werden, nicht an Kraft, nicht an Weish., 
nicht an GSeligfeit zu- oder abnehmen. Geine Eigen- 
fchaften verbleiben fies in einerlei Richtung — und 
Grade, ihre TIhätigf. wird nie unterbrochen, fie find 
Feines Aufhoͤrens und Feines Anfanges fähig. Sp 
groß, fo mächtig, weife und gütig cv war, als er das 
erfte M—paar ſchuf: eben fo tft er noch, bleibt für 
immer und bis in alle Ewigk. derſelbe. Kein Wefen 
bleibt, wie es „war, ohne alle innere und äußere Ver— 
anderungen, Daher heiße Gott bildlich I Tim. 1, 17 
unverderblic, d. h. unabänderlich — umnvergäng- 
lich. In Beziehung der Beraͤnderungen in der Welt 
durch Gott kann man Gott auch nicht veraͤnderlich 
nennen, weil die Vergangenheit, die Gegenwart, die 
Zukunft außer Gott, nicht in ihm find. Gottes 
Vollk. leidet dabei auch nichts, wenn ſich die Ver— 
haͤltniſſe Gottes gegen die Geſchoͤpfe aͤndern, denn in 
dieſem Falle findet ſich die Veraͤnderung allezeit in 
den letztern, niemals aber in Gott, der alle möglichen 
Verhaͤltniſſe, in welche alle Geſchoͤpfe gegen ihn kom— 
men wuͤrden, von Ewigk. vorher wußte, und dem 
alles gegenwaͤrtig, nichts serganc oder zukuͤnftig iſt, 

in 


ul. 449 
Unveränderlichkeit Gottes, (was?) 


in dem Sinne, wie wir dieſe Ausbrücke gebrauchen. 
Gott hängt von nichts ad. Daher find die Bergleis 
chungen Eh 4 4. Jerem. 10, I 1:6. mit den falfchen 
Göttern ſchoͤn. 

2) In feiner Weltregierung und Vorſorge. 
Er ſorgt fuͤr alles, regiert alles, ohne zu ermuͤden, 
regiert immer nach einerlei Grundſaͤtzen, und befördert 
durch alles, in allem und zu ieder Zeit die Vervoll— 
fommnung und Glücfeligf. des Ganzen und befons 
ders der Menfchen. 

3) Gort if unserdnderlich in Anfehung der Zeit, f. 
Emwigfeit. 

4) Rad f. Willen verändert ſich Gott nicht, d. h. 
nicht in feinen Geſinnungen. Jeder ſ. Rathſchluͤſſe 

und Verheißungen iſt nach der Beſtimmung ſ. untruͤgl. 
Verſtandes gefaßt, bleibt ewig unwandelbar. Wir 
ändern unſere Entſchließungen, da ſich unſere Einſich⸗ 
ten durch Nachdenken, unſere Urtheile und nach reife— 

‚ver Ueberlegung und nach gemachten Erfahrungen ums 
fere Grundf. ändern. * Wir ändern unfere Neigungen 
fo, mie unfere Empfindungen Icbhafter oder matter, 
unfere Bedürfniffe fiärfer oder geftißt, und die Gegen- 
fände unferer Begierden ung naͤher oder entfernter 
werden. Finden wir unfere Entwürfe PORN 
oder fehlerhaft, oder ſchaͤdlich, fo ändern wir fie ab. 
Der hoͤchſte Verſtand aber, für welchen nie ein Gegen— 
fand neu, Feine Betrachtung verbeffernd, fein Urrheil 
taͤuſchend iſt, iſt daher allen ienen Gefahren der Ver— 
aͤnderlichkeit nicht unterworfen. Der Grundfaß des 
Beſten iſt nur Einer, die Wahl nach demſelben feſt, 
die Handlung darnach Feiner Neue oder Verbeſſ. aus— 
gefest. Gottes Vorſchriften find deshalb uns 
veränderlich, ſowohl die natürlichen Gefege als die 
fieelichen, deren Dauer und Unmandelbarf. die Ord— 
nungeder Welt erhalt, und die er nie den neugierigen 
Wünfchen der wunderfüchtigen Schwäche u. den. ver- 
fehrten Neigungen der finnl. M. zu Gefallen aufhe— 
ben wird, Pf. 119, 89. Die Uns. Gottes macht aber 
deshalb nicht die Handl. und Schickſ. der M. — 
wendig, Allwiſſenh. Gottes, ır Th. 
132 f. und Rathſchluͤſſe Gottes, 2ter Sp. er 
304 f. Dann, wenn die Bedingung von uns M. er 
Chriſtl. GT. Lehre fd. Canzelgebr. 3 Th. Sf 





0 : U. 
Unveraͤnderlichkeit Gottes, (was?) 


fuͤllt wird, „wird Gott das, was er vorher wollte, 

(das, was wir uns denken, was er gewollt habe) 

nicht mehr wolien muůͤſſen.“ — Dieß iſt eine unnuͤtze 

Beſorgniß. Dem M. iſt es ungewiß, ob ſeinen Be⸗ 

dingungen ein Genuͤge geſchieht oder nicht. Der M. 
faßt erft nach den Erfahrungen hierüber feine be- 
ſtimmte Entfpliegungen, Fehrt auf dem angefangenen 

Wege wieder um, und wird anders. Das ift bey 

&ott nicht, dein er wußte vorber, ob feine FKorderuns 

gen befolgt werden oder nicht. Die Vorherfehung 

beſtimmt Gott zu feinen Entfehliegungen fo, wie wir 

M. durch ſpaͤtere Erfahrungen beſtimmt werden, ſ. 

Wahrhaftigk. Gottes. — Kurz: Gottes Vor— 

fellungen, - Entfchließungen und feine Große bleiben 

immer diefelben, denn fie find nothwendig und weiſe. 

Er tft unendlich » vollfommen. 

Im Örunde liegt Gottes Unveraͤnderlichke. in ſeiner 
Ewigk. und — Unabhängigfeit, 

Betrachtet man Gottes Unveraͤnderlichk. in Ruͤckſicht ſeines We⸗ 
ſens — fo iſt fie Einfach heit; in Hinſicht feines undes 
ſchraͤnkten Daſeyns if fie Ewigkeit (Uufterblichkeit); im 
Ruͤckſicht  nnabäanderlihen Liebe gegen ſ. Geſchoͤpfe 
if fie Treue und Wahrhaftigkeit, fo wie auch Ges 
rehtigfeit, In —— ſeines Bühl seo it fie All⸗ 
wiifendeit, — 

Meder die Vibel zuweilen von PER in Gott, fo müffen 
wire dabey denfen, cab fie dag, was fie ung von Gott fagen 
will, nicht deutlicher machen kanu, als wenn fie. es uns 
menſchlicherweiſe vorſtellt; nur muͤſſen wir es eben ſo wenig 
eigentlich verſtehen, als wenn fie Gott Augen, Ohren, Haͤnde ꝛc. 
beylegt. 

„Sieh, in der Ewigkeit nimmer ermeſſenen, nim⸗ 
mer beſchifften 
Ocean treiben die Zeiten, und dringen fi) Wog' 
auf Woge! 
Schau, wie fluthen die hundert, wie rollen die 
faufendmal TZanfend 
Brauſend dahin, uud reifen hinmeg in wirbelnden 
Strudeln 
Alles, was iſt und war und ſeyn wird! nur die 
Gottheit 
Bleibt, wie ſie iſt und war, und der Gott— 
heit Tochter, die Tugend.“ 
Krug 


| Mm; 451 
Unveränderlichkeit Gottes, (Beweiſe.) 
II. Bemweife 
1) Ohne Underänderlicht. wäre Gott fein vollkommnes 
Weſen und fein reiner Geil. Der Glaube an diefe 
Eigenſch. gehört notöwenbig zum Glauben an Gottes 
unendli che Vollkommenheit. Shne denſelben finden 
feine würdigen Begriffe von Gott und femme richtige 
Religionslehre und Religionser kenntniß ſtatt. Man 
muß Gott eine ganz uneingeſchraͤnkte Vollk. beylegen, 
weil ſonſt ein anderes Weſen als vollkommner gedacht 
werden koͤnnte, und es dann auch nicht mehr wider— 
ſprechend wäre, fich dieß vollfommnere Weſen auch 
als den Urheber des minder vollkommneren zu denken. 
Gott aber denken wir als das einzige nothwendige 
Weſen, und als den letzten Grund alles außer ihm 
Wirklichen. Er iſt ia das Weſen ohne Anfang und 
Ende, welches durch fich felbft ſtets mirflich ift, bat 
fein Dafeyn von feinem andern und iſt die Duelle 
‚ales Dafeyns. Vollkommenheit fann alfo nie, in irs 
‚gend einen Zeifpunft nie ohne Begriffe von Gott ges 
frennf werden. Dan Fann alfo auch feine Verändes 
rung in Gott denken, weil Gott zu Feiner Zeit anderg, 
als unendlich » volfommen und weder vollkommner 
noch unvollfommner gedacht werden fann. Ihm Fann 
nichts fehlen und wird nichts fehlen, was zu dem 
Begriffe eines vollkommnen Weſens gehört. Denn 
wäre dieß, fo wäre er ia nicht das vollfommenfte 
Weſen und nicht mehr Gott. Kin Wefen, dag ein— 
mal nicht. als das vollfommmenfte gedacht wird, kann 
nie, ale wäre es hernach dag volltemmenſte geworden, 
gedacht werden. Denn im vollkommenſten Weſen iſt 
‚fein Werden, ſondern nur ein nothwendiges Seyn 
denkbar. Jede Veränderung in Gott gereichte ihm 
‚entweder zu höherer Vollkommenheit oder Unvollf. 
Bolfommmer kann er nicht werden, denn er iſt fchon 
der alervollfommienfte. Unvollkommner kann er aud) 
nicht werden, denn dag widerfpricht feiner Natur. Er 
muß alfo bleiben, wie er iſt. Ohne unveränderlich zu 
ſeyn, waͤre Gott nicht ewig. Denn alles, was ver— 
aͤnderlich iſt, iſt vergaͤnglich. Daraus aber, daß Gott 
Schoͤpfer aller Dinge iſt, erhellt, daß er ewig iſt. 
Er wer alſo, che etwas war und kann Daher nicht 
geſchaffen feyn. 
fr 2 








452 u. 
AUnveranderlichfeit Gottes, (Anmendung.) 


2) Ohne Unveraͤnderlichk. Gottes koͤnnte dag Gebot der 
Blicht nicht unbedingt und nothwendig ſeyn. 

5) Verſchiedene Schrififtellen verfihern e8, } 3. IV 
Mof. 23, 145 Jar. I, 17 (f. ereget. Hand. db. 
dogman Bemeisftellen, 2ten Th. ıftle Abth. S. 
Ag Efermann’g Kerr d. Gl-Lehre, ar B.©. 

3 f); Fr 102, 26285 18, 17; Rom. 435 11, 

25. Zum The gehören auch Ef. 40, 28; Hiob 13, 
19; Mal. 3, 8. bisher, in fo fern in diefen Stellen, 
die immer ſich gleichbleibende Erk. Gottes in Ruͤckſ. 
des Beſten der M. und die Unmöglichkeit zu irren in 
der Wahl der Mittel liegt. . 

Il. Dractifhe Folgerungen. 
I) ie groß erfcheint ung Gott, . er underänderlich 
if. Denn Gott gewinnt durd) feine ewige Fortdauer 
nichts, der DM. aber gewinnt durch ieden Tag, welcher 
feiner Dauer zugelegt wird. Kmigfeiten liegen vor 
ibm, in welchen er meifer, beffer, vollkommner werden 
fann. Dan freue fi) über Gott als eine ewig flief- 
fende Duelle mahrer Stückfeligfeit. 

2) Die Unveränderlichfeit Gottes beftärfe ung in unfe- 
er Ueberzeugung von der Berbindlichfeie zur Sittlich- 
eit; denn i 

aa) Gott ift immer derſelbe. Sein Wille iſt alfo uns. 
widerruflich und fein Gebot unveränderlih. Menſch⸗ 
liche Offenbarungen fonnen veraltern, ihr Anfehn ver: 
hieren und in den Abgrund der DBergangenheit verfine 
fen; feine unmittelbare Offenb. bleibt ewig und über 
alten Einfluß der Zeit erhaben, Luc. 16, 17. Man 
glaube und befolge daher die ewigen Wahrheiten, 
welche Gott nach feiner unveränderl. Gute und Wahr: 
heitsliebe durch die Vern. und Schrift geoffenbart 
hat. Man befolge Gottes unveränderliche Lehre ohne 
Ermüben. 

bb) Der Ungebefferte entfage beym Glauben an die Un» 
veranderlichk. Gottes der thoͤrichten Hoffnung, daß 
man auch ohne ganzliche Beflerung, auch ohne fich 
von allem Bofen zu reinigen, Gott gefallen, und zu 
einer wahren — dauerhaften Glüdf. gelangen fonne. 
Denn wie Gott unveränderlic) am Guten fein heiliges 
Wohlgefalle n hat: fo ift auch fein Heiliges Mißfallen 
am Boͤſen, und feine Gerechtigf. unveränderlich, die 





| U. 453 
Unveraͤnderlichkeit Gottes, (Anwendung.) 


dem M. feine Gluͤckſ. oder Ungluͤckſ. nach feinem Ver— 
halten zumißt. Der Laſterhafte erſchrecke vor ſich 
ſelbſt. Unmöglich iſt es, daß feine Laſter ie Gott ge— 
fallen werden, nie wird er ſie billigen, bey denſelben 

des M. Wohlfehrt befoͤrdern und feine Laſter unge- 
ftraft laſſen. 

cc) Unveränderlich find Gottes Berbeiffungen und Dro- 
hungen. Man fürchte dieſe, um die Sünde zu mei⸗ 
* n, man hoffe auf iene, um das Gute zu thun. Ver⸗ 
fließt auch eine noch fo lange Zeit, che das Verſpro— 
chene erfuͤllt wird, che der Lohn einfstt, ſo iſt 8 

tes Zuſage weit ſicherer, als ob M. etwas vor einer 

Stunde Ageſogt haben. Durch Froͤmmigk., bat Gott 

zugeſagt, ſollen wir gluͤcklich ſeyn, und wir konnen 
uns ohne beſondere Verſicherun gen darauf be ‚erlaffen, 
denn Gott ift in f. Verheiſſ. unveraͤnderlich, Ser. 17, 
7. Dieb. Schrift fagt deshalb: wer fih auf Soft 
verlafie, der bane auf einen Selfen, wer fich aber anf 
M. verlaffe, der baue auf Sand. 

3) Welche Beruhigung gewährt die Ueberzeugung ven 
Gottes Une. er bleibe fich immer gleich. Den 


Frommen behält ‚Gott immer lie Gottes Wille if 
es, ben Srommen vollfommen stück ich zu wiffen. Dies 
fer Rathſchluß ift unmwandelbar. Alſo kann, wenn 


wir nur ſelbſt wollen, — den Lauf zu unſerer 
großen Beſtimmung aufhalten, es darf alſo nur unſer 
Wille rein und beharrlich ſeyn, wie der ſeinige, um 
uns aftieden und gluͤcklich zu machen. Den From— 
men leitet Gott immer gut, ſorgt fuͤr ihn, ohne zu 
ermuͤden und befoͤrdert ſeine Vollk. und Gluͤckſ. ohne 
Aufhoͤren. — Gottes Rathſchluͤſſe ſind von uner— 
ſchuͤtterlichem Beſtand; wenn ſich "auch alles vers 
ſchwoͤren ſollte, ſie zu vernichten, Spr. 19, 21. Wir 
koͤnnen und follen ibm daher feft vertrauen. Bey 
allem Wechfel und Unbefiand des a rdiſchen beruhige 
uns dieſer Glaube durch die Hoff ER: auf eine hoöbere 
unfichtbare und unwand eibare Dronung der Dinge, 
in welche einzutreten Hier unjer Beruf, und in welcher 
uns unfer wahres Wohl von Gott bereitet it. Man 
glaube, daß unfre Gluͤckſ. unwandelber ik, welche nie 
unter der Aufficht und unter den Händen veränder- 


REN d. ihre SSeftigkeit Ar 


454 u. V. BE 
Unveränd, Gottes, (Anw.). Vater, (Gore ift Vater.) 


4) Man ahme Gott in der Seftigkeit des Charakters 
und in der Unbeweglichkert guter Gefinnungen nach. 
Han fey alfo auf der einen Geite nicht tadelnswür- 
Dig veränderlich in allem Guten, oder vollig charak- 
terlos, auf der andern Seite nicht flarrfinnig und ei» 
genfinnig. Man unterrichte den Verfiend wohl, Fläre 
feinen Geift vorzüglich durch die unveränderliche helfe 
Belehrung der h. Schrift anf, überlege ales wohl 
und reifich, hoͤre Gegenvorftellungen mit Gelchrigfeit 
an, dann aber fen man auch in Sefinnungen und äuf- 
ferem Betragen und in iener Tugend ganz unveräns 
derfich, unbeweglich und darın ununterbrochen fleißig. 
Gleich dem Selfen, gegen welchen die Winde vergebens 
fehlagen und toben, und an welchem feldft die fuͤrch— 
terlichen Wellen des Meers fich brechen. Gleich der 
Sonne, die zwar Wolfen bedeefen u. Nebel im Wohl— 
thun hindern Fonnen, die aber ftandhaft und unver: 
rückt ihren Lauf fortfeßt, und wenn auch Stürme und 
Gewitter unter ihr wuͤthen, fo bleibe fie doch immer 
heil, rein und wohlshätig. So auch der Chrift; I Kor 
15, 58; Eph. 4 14; Ebr. 13, 8. 9. ne | 

Bol. Raus Materialien zu Canzelvortraͤgen über 
die Epifteln, 4 Thls ir Abichn. ©: 37 f.: „Betracht. 
u. Anm. d. Lehre v. d Uns. Gottes; M. 5. 4. 
Mayer's Derrachtungen über die gottl. Eigenfchaf- 
ten zur Belehr. und Erb. SHeilbron 1791. $. Wr. 2. 
Gottes Unveränderlichkeit über Sac. I, 17. — 


V. 


Pater — Gott iſt Water der M. Pf. 103, 13; 
Ef. 63, 16. 


T. Gott beißt Vater über alles, weil er der Ur-- 
heber und Verforger der Gefchöpfe ift, und weil die 
fi) mit denfelben zutragenden Veraͤndetungen einen 
für die empfindenden lebenden Gefchöpfe fehr wohltha- 
tigen heilfamen Zweck haben und erreichen, indem da⸗ 
durch ihre Erhaltung, ihr Nutzen und Vergnuͤgen be— 
fördert wird. Wir M. gehören zu dieſen Geſchoͤpfen 
und find Gottes Kinder, d.h. wir verdanken ihm 





2. 455 
Vater, (Gore ift Vater) | i 


unfer Daſeyn und unfer Glück. Er Befördert unfere 
leibliche und geiftlihe Wohlfahrt Er ift unfer 
hoͤchſter Wohlt haͤter, und mir ſtehn mit ihm als 
ſolchem in der zaͤrtlichſten Verbindung. Er ſorgte mit 
gleicher Milde nicht nur fuͤr unſere Beduͤrfniſſe, ſon— 
bern auch für unfere Bequemlichkeiten und unſere 
Vergnuͤgungen. Gott iſt zwar als Schoͤpfer und Er— 
halter ber eigentliche hoͤchſte Oberherr und Eigenthüs - 
mer der Melt und der M., der ganz nach feinem Be: 
lieben mit ihnen fihalten und walten koͤnnte, wie en 
will, der fie quälen und vernichten Fonnte, wie er will, 
der wenigſtens dazu die Macht hat, welche ihm nie- 
mand flreitig machen und nicht rauben kann. Allein 
feine ganze Regierung zeigt, Daß er es nicht darauf 
angelegt hat, blos feine Dbermacht und alles übers 
wiegende Gewalt zu zeigen, fondern zugleich auch in 
allen feine Güte zu offenbaren, indem er alles zum 
Gluͤck und Wohlfeyn der Geſchoͤpfe eingerichtet hat. Alle 
Veraͤnderungen im Ganzen genommen, alle uns gege— 
bene Geſetze find heilſam und nuůtzlich. Der Zweck 
ſeiner Regierung iſt auf das Gluͤck der Geſchoͤpfe ge— 
richtet. Wir muͤſſen ihn daher als Vater, als einen 
wohlthaͤtigen — guͤtigen Regenten, als Freund und 
Wohlthaͤter betrachten, weil er das wirklich iſt, und 
Ra auch als folchen immer in der That gezeigt Hat 
und noch immerfort fo zeige. Dieß befördert bey 
uns mehr Vertrauen und mehr teilligen herzlichen Ge— 
borfam gegen feine Vorſchriften. Alte M. gehös 
ven zu einer Familie, alle haben einen Va— 
fer. Er liebt alle, will allen wohl und ſucht alfe 
gut und felig zu machen. Er ift aller Wohlthäter, 
Joh. 3, 16; 1 im. 2,:4: 


Zunaͤchſt bezicht ſich das: aller Bater, auf bie Beit ter Entſte hung 
des Chriftenthb., jo daß es beißt: Gott if nicht blos der Sus 
den — fondern auch der Heiden Vater. Er liebt fie ale 

- Matth. 8, ı1. 12. Joh. 10, 16. Möm. 3, 29, 


1) Er iſt ein liebevoller Water, frei von Haß, Zorn 
und Rachſucht, mehr Water als Herr, der nicht knech— 
£ifch gefürchtet, ſondern kindlich geliebt ſeyn will. 
I ob. 4 105 Joh. 3, 175 16, 26; Roͤm. 8, 5. ſ. 
Allguͤte. 


Lee} 


456 B. 
Bater, (Gott ift Vater) [Anwendung] 

2) Er iff ein Heiliger Vater, der die Tugend Liebe und 
die M. blos nach ihrem er ſchaͤtzt, ſ. 
ligkeit Gottes. 

II. Bractifche Bemerkungen. 

N Sf Sort unfer W., fo lerne man * als —— 
unſers Daſeyns verehren, fühle feine Abhaͤngigkeit von 
ihm und vertraue ihm wegen ſeiner liebevollen Geſin— 
nungen. 

2) Man denke ſich Gott nicht als einen irdiſchen ſchwach 
geſinnten unvollkommnen Vater, wie letzterer gewoͤhn— 
lich iſt. Der Sohn verehrt in ſeinem Vater den Ur— 
heber feines Lebens, den Pfleger und Verforger feiner 
‚Kindheit, den Geber alles deffen, waß er bedarf. Er 
erkennt e8 an, daß er ihm Achtung und Gehorſam 
ſchuldig iſt, und verläßt ſich, wo er iert und fehlt, 

zutrauungsvoll auf feine Geduld und Schonung. Das 
altes finder ohne Ausnahme auch im Verhaͤltniß der 
M. gegen Gott ffart. Aber man denfe fih auch, wie 
der Sohn huͤlflos, unmündig und gänzlich ven ber 
päterl. Gewalt abhängig iſt und denke fih, wie ohn⸗ 
mächtig der M. geaen Gott ift, und wie iedes Auf: 
lehnen gegen den Willen des Allmächtigen den tho- 
richten Entgegenftreben des Kindes gegen die Kraft 
des Vaters afeicht. Mean fey alſo demürbig gegen 
Gott, und ſtrebe mit allem Fleiß, Gottes VBorfehriften 
zu erfüllen. Man nehme alles, was er ung befohlen 

beat, mit Endl. Vertrauen in der Ueberzeugung an, 
daß e8 und nüßlih if. Mau erfuͤlle Gottes Willen 
aus kindlicher Liebe freudig. 

Kein guter vaͤterlicher Erzieher wird leidenſchaft— 
lich und willführlich verfahren. Sein guter Vater ift 
parsheiifch gegen eines feiner Kinder, er wechfelt nicht 
Hachficht wir Strenge, wenn auch die a tgebungen 
von gleicher Art find, er gibt nicht den Thraͤuen und 
Hirten nach, begnadigt nicht den Straffälligen da, wo 
die Strafe unfehlbar beffern, und großere Uebel ver- 
huͤten wird, und er uberhäuft nicht mit Gaben und 
Wohlthaten, wo er deg mweifen Gebrauchs noch nicht 
aanz ficher if. doch weniger liebt Gott, einen M. 
mehr als den andern, er nimmt e8 mit bem einen fo 

genau alg wie mit dem andern, nur unter der Bedin— 
gung der Beſſ. des Sinnes und fLebeng. vergibt er. 





Er V. 457 
Vater, (Gott iſt Vater) Anwendung.) 


Er iſt die Liebe, aber nicht in dem Sinne, als der lei— 
denſchaftliche Menſch dieß waͤhnt. | 

Gerade darin beſteht die hoͤchſte Güte des großen 
Menſchenvaters, daß er von feinen Kindern eine un- 

“bedingte Unterwerfung unter feine beil. Borfchriften 
verlangt, daß dag Mach friner Billigung und Miß— 
biffigung lediglich durch den fitel. Werth des SR. be- 
ſtimmt wird, da iede andere Ruͤckſicht unter der Würde 
des vollkommenſten Berftandes und Willens if. In 
Abſicht des Nachlaffeng von der Strenge feiner Ge— 
feße ift Gott m: Ban. Aber fie gehen ia alle von 
der Gorge für unfe r Wehl aus, und zwecken auf die 

Vermehrung ee Bolfommenheiten ab. So ſchwer 

‚auch unfern finnlichen Neigungen zumeilen bie Erfuͤl⸗ 
lung derſelben iſt, ſo waͤre doch iedeg Nachlaſſen der 
übelfe Dienſt, den ung Goͤtt erweifen fünnte Selbſt 
die mit der Uebertretung der Gefege verbundenen Uebel 
find nur Beweiſe Der ergiehenden Vaterguͤte. Der 
Sohn wird ſich willig Bingen laſſen, damit er wei— 

ſer und beſſer werde, Ebr. 12, 5. 6. 

Wir alle find. Gottes Riuder, feine. Unterthanen. 
Melches Kind — welcher Unterthban follte nicht wuͤn— 
fhen, feinen Vater, feinen guͤtigen Beherrſcher näher 
fennen zu lernen, und verlangen, recht viel, fo viel als 

es nur moͤglich iſt, von ihm zu wiſſen?! 

Als Vater will er unſer Beſtes dadurch, daß wir 
ſeine Vorſchriften befolgen. Es wird ihm alfe gewiß 
unfer DBeftreben, in guten Gefinnungen und Wandel 
täglich vollfommmer zu werden, gefallen, und ung dar: 

in ſchuͤtzen und beſtaͤr ken, und einſt es herrlich be— 
lohnen. 

3) Man mache ſich Gott ahnlich und erhalte nicht nur 
dieienigen, welche uns angehoͤren, ſondern ſchaffe auch 
— Freuden. 

m Sott iſt V.“ dieß beruhige un denn als V. 
— er uns, er will unſer Wohl, th hüt alles, um 
uns zu erhalten, zu ſchuͤtzen und zu begluͤcken. Als 
V. wird uns Gott in Leiden nicht veriaffen, ſondern 
beifen und alles zu unferm Beſten wenden. Auch in 
der letzten Lebensſtunde wird fich Gott unferer anneh— 
men, ung befreien von den Banden dieſes RE 8 und 
uns in das befre Leben hinüber bringen. Da Gott B. 





458 V. 
Verdammung. Verdienſt Jeſu Chriſti. 


iſt, ſo iſt auch gewiß für den M. ein anderes Leben, 
f. Unfterbligf. 8. Seele, I. 3. oben ©. 415 f. 
Bol B. Klefeckers Gethfemane, Hamb. 1797. 8. 
©. 34554: „Bott ik Vater; Gintenis2te Pos 
file, zr Th. ©. zır-130: „über die Gedankenfuͤlle 
der Vorſtellung: Gott iſt Vater;“ über Rom. 6, 13; 
Daß die Ehre von Gottes Vaterliebe die Grundlehre 
der chriſtl. Rel. ſey. Eins Bredigt, am aten Weihe 
nacjistage von ©. €. Cannabich. Gonbershanfen 
Ton gr8ß— 22 





Berdammnif. BETEN 


Gott verdammt den D., Heißt vom Bildlichen 
entkleidet: er mißbilligt die Sünde und erklärt, daß 
fie den M. ungluͤcklich mache. — = * 

Bon d. Verdammung des Unſittl. nah d. Tode iſt 
oben in Art. Holle die Rede gewefen, f. auh Welt— 
gericht. 


Verdienft — (Verdienfte) Jeſu Ehr., f. den Ur. 3 
Sefus, arTh. ©. ı70; Efermann’s Handb. 
d. ÖlLehre, 37 D. ©. 638. 


Gegen dag Vorurtheil von der Ergreifung und 
Zueigrung des Verdienfies und der Ge- 
rechtigkeit Jeſu Chriſti von dem auch nicht Tu—⸗ 
gendhaften — kann der Rel.-Lehrer nicht oft und 
ernftlich aenug reden. Beym fremden Verdienft laßt 
der M. feine eigene Kräfte ungebraucht, befümmert 
fich um fein Selbftverdienft, lebt unnuͤtz für die Welt, 
denkt nicht dran, anf fich felbft zu wirfen und an fich 
felbft zu arbeiten. Und doch iſt Gelbfithätigkeit Be— 
ffimmung des M., Gal. 6, 9, f. Sintenis ate Po- 
file ır Th. S. 59. | 

Dal. Salzmann?’ 8 Goftesverehrungen, ıfte Samml. 
Nr. 2. ©. 28:40 ‚rüber Die Verdienſte Jeſu um die 
menfchl. Gefelfch.;" Wolfs Auszuͤge aus ſ. Predd. 
üb, die Evang. gr Jahrg. ©. 257:60: „wie wir. ung 
am befien zu einer dankbar frohen Empfindung ber 
Verdienſte J. Ehrifti erwecken koͤnnen,“ am ın Weihn.⸗ 
Tage; Greiling’3 neue praft. Materialien zu Can- 
zelsvortraͤgen üb. d. Evangelien, aus Kants Schrif—⸗ 


V. 459 
FE (ſittl. der Menfchen.) 


fen, I B. 18 Heft, am ın Adv. ©. Nr. 6 ; ‚Achtung 
iſt Die erfie Verehrung unſers Herzens, die wir den 
Verdienſten Jeſu nicht verweigern koönnen. — — 


Verderben oder Verderbniß a des Menſ., 
Verdorbenheit (ſittliche) Roͤm. 3,23. 
(Das radicale Boͤſe.) 


„Gehoͤrt die Lehre von dem ſittlichen Naturverderben des M. in den 
Religionsunterricht für das Volk und f. d. Jugend? — und 
wie iſt ſie darin vorzutragen?“ Ein Fragment aus einer — 

leſung von Dr. Knapp in Halle — in I. 8 Ewald 

chriſtl. Monatsſchrift 2r Sabre. (1402) 2r Band ıfles Ethe. 

Shi —— theol, Unterſſ. 1 DB, 2ties St. ©, 105:159: „die 
Ertfände und ©. 159 200: „die Gäte der menſchl. Natur” 
vol. deſſelb. verm. Aufl. IB. iſte Samml. ©, 143 f. 
169 f.; Starge’s theol. Symmitta, 2te Samml. Nr. XL 
©. 2085231: „Etwas Uber die Erbſuͤnde“ wier W. A. 
Teller | 

- Be N. P. D. Bugge de ververfitate humana mo- 
rali, eiusgque origine et ratione univerfa, 
Diff. inaug. Göttingae 1796.4. 02% D. Vf. hans 
dels v. d. Natur und dem Urſprung des Hanges zum Voͤſen, 
gibt die verfh. Meinungen der Theol. u. Philof. über diefe 
Lehre an, erklärt die mof. Lehre vom Suͤndenfalle und beweift, 
dad dieſe Lehre richtig verfanden nichts Gottesunwuͤrdiges ent: 
halte; Gchners Schrift, f. ıv IH. dieſer Gl.-Lehre ©. 2r7; 
de malae voluntatis ratione et originibus „... diflerit 
G. Fr. Seiler, Erlangae 1802. 4. 2 Bogen, Gtein> 
bart’s Gluͤckſ.-Lehre ate A.8,24..©,. 50 5,3.5.43. ©,100; 
6. 49. ©. Iıo ff. vorzügl, 9. 50. S. 114 f5 Doeder⸗ 
lein’sinft, Th. chr. T. I. $. 182-192. ©. 32:99; def; 
felben Rel,: Unterer. IXr Th. ©. 164:238; Schulz Ers 
Eenntnißlehren des Chrifienth. Ir Th. ©. 43:60, 9. 158. 
1595 Ammons bibl. Theol. 2te Aufl, ır IH. ©. 3395 
Niemeyer’s Briefe an NRel.:Lehrer, 3te Samml. ©. 80: 
108; Mori comm. exeg. hift. in epit. Vol. I. p. 492:508 3 
Stäudlin’s Dogm. u. Dogmengeſch. Ile Ih. ©. 575:593; 
vorzuͤglich ©. 388 f5 Reinhard's Vorleſ. Gb. die Stanz 
benäl, 9. 82:84. ©, 29553105 Kant’ Melig. innert, d 
Er. d. bloßen Vern. ıfes St, „v. d. Eimwohn. de3 böſen 
Princips neben dem Guten oder Über das radicale Boͤſe.“ 


T Sf die ſittliche Verdorbenheit dem M. an- 
geboren? kann man cine fogenannte Erb 
— (das ſittl. Erduͤbel) annehmen? 


460 V. 
Verdorbenheit, (ſittl. der M., gibt es eine Erbſuͤnde?) 


Man behauptete ehehin und noch ietzt haͤufig, daß die Natur des 
M. durch die Suͤnde der beyden erſten M.vbllig verderbt, 
zu allem Boͤſen geneigt, Tür alles und iedes Gute abgeneigt 
ſey, oder, daB durch vie eine Sime Adam's und Eyvars 
die Menfchen eine ſehr farkfe Anlage zum Gündigen, 
eine dadurch zerrüttcte verderbte Katır erhal: 
ten und auf alle ihre Nachkommen fortgecerbt 
hätten, fodaß iedem Kinde die ſittlich verdor— 
bene Natur angeboren würde Der M. ‚ fagte man, 
erhielte mit feinem. Lebensanfange auch die firtlich 2 Veröorbene 
Natur und dadurch die Beſtimmung zur Sfnbe und zum 
‚ewisen Ungluͤck. Man beſtimmte die Erbſuͤnde als ven 
Mangel der anerfhafftten SKeiligkeit, oder ais die durch Adams 
Fall veranlaßte innere Verderbniß der menfchl. Natur, als eine 
Beraunbung der urfprüngl, Gerechtigkeit und als Peisung . 
zu allen umd ieden Sünden, die uns der göttlichen Strafen 
"and. ewigen VBerdammniß fehuldig machte. 

Man bewies tie vermeinte Erbſuͤnde hauptfüchlich aus den Stellen, 
I Mof. 0,.53 8,988. Ih.5l. 85, son 3.06; 'Eph, 3 3* 
wel. a, d Bibl. 109 8. 2 St. 
7,.1727205 Sat. 2, 1a. TE; Ein, 12,110 E man, 32, 

Allein man hat gründlich gezeigt, daß in diefen Stellen gar Eeine 
Erbfünve liegt, 3. B. Pl. 51, 7. (wo David nur von 
fich, nicht von allen übrigen M. redet) fagt nach d. gewoͤhn⸗ 
tichen Ueberſ. entweder ur: der M. von fehlerh. fündt, 
und unvollkommnen Eltern achoren — kann ſelbſt nicht anders 
als fehlerhaft, fündigend und unvollfommen feyn ; er fündigt 
son Sugend au; man Hal. Knapps Pfalmeniberf. 2te A. 
©. 206. 7. 95 oder es if nur eine Fühne — dichteriſche 
Ausrufung, welche fangen fol: meine Eitern waren nicht flek⸗ 
kenlos, wie follte dev Sohn ſolcher Eitern ohne Suͤnde feyn? 
In Roͤm. 5, 12. ſteht ia nicht, dab fih die Neigung zum 
Suͤndigen durch die Erzeuaung fortpflanze, fondern nur: Adam 
bat zuerſt gefündigt und gleihfam die folgen: 
den DM. mit der Günde befannt gemacht. Seine 

Nochkommen Haben ja nit in ihm ſelbſt geſuͤndigt. Dieß 
fireitet auch gegen Paulus Worte: die nicht mit gleider 





@) ch geftehe es, daß die Leber. Doderlein’s: bin ic 
darum geboren daß ich fündigen foll? Bin id 
darum von meiner Mutter empfangen worden, um Der: 
brechen zu begehen? im Hebr. feinen Grund hat. ©. 5. 
beftitigt es ie, daß David V. 7. nichts anders jagen 
will, als: ih war von Kindesbeinen an ein Sünder. Er 
erinnert fih an feine vorher — in f. Jugend begangenen 
Sunden mit Reue. 


u | 46i 


Verdorbenheit, (ſittl. der M., gibt es eine Erbſuͤnde?) 


Uebertretung wie Adem gefündigt —— Das 
——— — zeigt die An lage zum Suͤndigen, den Hang 
3. Boͤſen an; Roͤm. 7, 15. druͤckt Paulus im tiefen Gefuͤhl 


ſeiner ohren: Schwäche fidy febr Fark aus, und reitet nur 


von dem, was oft bey ihm der Tall ſey; dieſes wird aber in 
der populaͤren Eprache fo ausaedrädt, als wenn c3 immer der 
Fall ſey. Naͤhme man das Leste buchſtaͤblich an, fo koͤnnte der 
Ap. gar nicht ein moralifch guter M. beißen, Ueber dieſe 
und die uͤbrigen Stellen, ſiehe Schmid's Lehrb. d. Dogm. 
©. 150. 151; Am mon's bibl. Th. ır B. 2te A. ©, 3223 
39 Morus a. DD; allg. d. Bibl. 46n B. 18 St. ©. 


"92 295; Betr, üb. d. eigenth. Gl.-Lehren ©, 231 f, Kant 


beruft fi, Ca. a. D. ©. 25 f. nach d. Nachdr.) um den verz 
dorbenen eingewurzelten Sana zum Boͤſen im M. zu beweis 
fen, auf bie ———— und Geſchichte, dagegen vgl. man aber 
nu 6 t S34 


&3 if hier zu ausführlich, alle die vielen gehaltvollen Stellen neue— 


rer Theol. und Philoſ. gegen die Erbſuͤnde herrnegen ich 
enge mich auf die Erwaͤhnung ſolgender ein. 


Schon Thomas Barcker in the Duty circumſtances and Be- 


Tr 


nefits of Baptism 1771. 8, feyrieb; „Die Ausſpruͤche der h. 
„Schrift, die man gebraucht, um die Erbſuͤnde zu beweifen, ber 
„weiſen entweter nichts uͤberall, wern wir fie in ihrem Zu— 
„ſammenhange betrachten, oder fie find zu unbeſtimmt. Im 
„Segentbeil ift diefes die Lehre der h. Schrift, 208 richte 


| „Suͤnde fey, als was freymwillig Boͤſes geichieht, weld;ed gewiß 


„bey einem neugebornen Kinte nicht fiatt finden Fann. Die 
„Ap. eben, ald wenn fie voraus gefeben, daB in ver Folge der 
„zeit ein aanz entgegengefegrer Begriff entfieben würde, reden 
„daher von einem Kinde, als einem unſchuldigen und einem 
„Beyſpiele ver Unſchuld, nirgends ater, als einem folchen, der 
„voller Sünden wäre, wiewohl das Kind noch gar nichts er: 
„kennt, Die Lehre von der Erbfünde ift Eeine fehriftliche Lehre, 
„ſondern ift nach den Zeiten der Ap. nach und nach eingeführt 
„worden, — ben jo fihreiöt Harttey Betrachtt. uͤb. den 
MM. ins Deutſche ꝛc. Roſt. 1772. IB. ©, 235 ff: „der M. 
„darf nicht feine eigenen Vergehh. einem urſpruͤngl. Verbre— 
„chen feiner Stammeltern zufchreiben, wosurc etwa ein Hang 
„zu Ähnlichen Uebertretungen in der Nachkommenſchaft erblich 
„geworden wäre, (denn willkührliche Handlungen konnen nichts 
„aAnerbendes bey fich führen); ev muß vielmehr das von ienen 
„Seſchehene mit vollem Rechte, als von ihm feibft aetban ans 
„erkennen, und fi) von allen Uebeln, die aus dem Mißbrauche 
„einer Vernunft eutipringen, die Schuld gaͤnzlich ſelbſt bey— 
„meſſen.“ — „Nie und nirgends Ichrt die Bibel, daß wir im 
„Ser Erbſuͤnde empfangen und geboren werten; denn von Erb— 
„ſuͤnde Weiß fie gar nichts, fondern blos unſere alten Dogma— 
„titen find es, Die viefes Leber infient Bat. Die Vibei be: 


462 


Verdorbenheit, (ſittl. der M., gibt es eine Erbſuͤnde?) 


„ſchreibt Adams Suͤnde blos als den erſten Anſang aller Suͤn⸗ 
„de und alles des Elendes, was in d. Welt natuͤrlicher Weiſe 
„aus den von Adams Zeiten anfangenden und nachher immer 


nfortaefegten Günden entfprungen ift *), „Die Urauelle ver 


„ganzen moral. Vervorbenheit des M. im Sündenf. des erſten 
„M. und deſſen aug. Zurechnung zu ſuchen, iſt eine in ver 
„Bibel ungegruͤndete une für Gott ſelbſt hoͤchſt entehrende Meis 
„nung. Mun muß te zuverlaͤſſig zur immer erſt in die Dis 
„Bei hineintragen und bey ihrer Erklärung fon zum Grunde 
„legen, wenn man fie daraus herleiten will. Nicht Paulus 
„bat fie gelehrt. Er fast blos, daß ale M. fp wie Adam, 
„gefündigt Haben, ©. h. fo wie er — verführt dur Sinn— 
„lichkeit ff. Diele Hypoth. iſt eten fo hoͤchſt etitehrend für 
„Gott feleft, und iſt mit allen vernünftigen Begriffen von feiz 
„nen Eigenfchaften, Werken und Abſichten unvertraͤglich. Denn 
„eine einzige Sünde, und noch dazu bloße Uebertretung eines: 
„ſo ganz willtührlichen Geſetzes, mit einem uͤbernatuͤrlich ge: 
„wirkten Verlufte (denn natürlich ließe er Tod) gewiß auf keine 
„Weiſe ſich erfiäcen,) aller Neigungen und aller Kräfte zum 
„Buten, mit einer beftändig fürtretenten moral. Verdorbenh., 
„oder mit der theol. Erbſuͤnde zu beſtraſen, das iſt eine nur 
„bey einem Unmenſchen, der an der Zerſtoͤrung des Guten 
„ſeine Freude findet, nicht aber vom Allweiſen u. Allg. denk⸗ 
„bare Strafe, der das Werk ſ. Hände unmoͤglich ſelbſt zu feis 
„men Abfichten unbrauchbar machen kann, um es etwa taliter 
„gualiter in ver Folge wieder berzuftellen, Der Vater wird 
„das gefallfene Kind nicht mit allen ſ. Nachk. an Händen und 
„süßen laͤhmen wollen? Wie kann man Gott beymeſſen, daß 
„ex mit einer eigenen, zu diefem Erfolge abjichtlich gemachten 
„Veranſtaltung dem M. einen Falftrik zu einer Sünde gelegt 
„babe, die nicht nur ihn feibft, fordern mit ihm aud) zugleich 
„das ganze menſchl. Geſchlecht durd eine Art von abfolutum 
„decretum in's Berderben 509g? Warum fol man doch zu ei— 
„nee Hypotheſe ſ. Zuflucht nehmen, vie fo unendlich große 
„Schwierigkeiten bat, da man doch alles weit leichter, natuͤr— 
„cher und Gott anfiändiger erflären Fann?! **) — „Man 
„verkenne doch nicht die Würde der menſchl. Natur zur Ehre 
„des Schövfers, man entwärdige nicht den Menfhen, man 
„geböre nicht zum Haͤuflein der erdärmiichen Brüder, die da 
„ſenfzen und ihre Geberden verfiellen, wenn vom gegenw. Zuft, 
„des M. u. d Welt die Rede ift, die Gott einen Dienft zu 
„thun glauben, wenn fie den M. zum nichiswärdigen Teufel 
„berabwärdigen, Freilich hat der Verfiaud umd das Herz 
„Schwächen und Blößen, aber man jchreibe fie, wie billig, auf 





*) Hllg. d. Bibl. 109 B. 2 St. ©. 346. 
=) Neue allg. d. B. 1 B. 2tes St. ©, 514.515. 





V. * 
Verdorbenheit, (ſittl. der M., gibt es eine Erbſuͤnde?) 


„ste Eingeſchraͤnktheit dev menſchl. Natur, und man zeige, wie 
„bey allem dem der nach Heiligung Strebende ſich eipor— 
„ſchwingen und Gott und der Menſchheit Ehre machen koͤnne. 
„Das ewige Scheule über Erbfünte und gaͤnzliches Fein 
„dahinter fich gemeiniglich geheimer Stolz, aberglaͤubige Dammız 
„beit, Heuchelei, Suͤnde und Schande verbirgt, kommt doc) 
„weder Gott noch M. zu out. Eine niedertraͤchtige Geſin⸗ 
„mung, bey der ſich ver M. allen Werth ablaͤugnet, unter⸗ 
„graͤbt Muth und Kräfte, und leitet zu dem verworfnen Chez 
„rakter, ta man alle Buͤberei mit feinen natuͤrl. Verderben 
Fentſchuldigen wit 9, — Die Möglichkeit ver Forrpflan⸗ 
„zung des abamitifchen Verderbens durch die Zeugung it uns 
"endlich fihwierig. Im menſchl. Semüthe, als dem Vermoͤgen 
„au denken, zu fühlen und zu wollen, war eine Verſchlimme⸗— 
„rung nur durch Einſchraͤntung biefer Siröfte möglich. Kat 
„aber Adam nicht auf einem höheren Planeten geſuͤndiget und 
ife er nicht erfi zur Strafe auf die Erde verfioßen worden, 
„was 8. Biel unbekannt if; ſo bleibt eine ſolche Einſchraͤn⸗ 
kung unerweisiich, denn ter Erdbewohner ift ned; immer das, 
was er feyn ſol — Menſch und ver vollkommenſte Bürger 
„der Erde. Raubt oder befchränft man ihm nur eine Kraft 
„feiner Natur, fo hört er auf Menfch zu feyn, und es ift aus 
„ter Kette der Weſen ein Glied gewaltiam heransgeriffen. — 
“Es ifi bis ietzt noch nicht der alten theot. Schute gelungen, 
„zu zeigen, daB und wie eine einzige Suͤnde bie ganze Fürperz 
„liche Eonflitution eines M—paars fo zerrütten koͤnne, daß 
„dieſe plößiich angerichtete Zerfiörung noch an den Tpäteften 
Nachkommen nad) vielen Jahrtauſenden ſichtbar ſey. Die 
„verdorbenen Saͤfte einer Familie oder eines ganzen Voͤlker⸗ 
ſtammes pflanzen ſich zwar eine Zeitlang fort, aͤber in ver 
„Folge infteirt entweder dieſe Verdorbenheit auch die en 
„Säfte, und diefe Eranfe Menſchenrace ſtirbt ganz aus, oder 
„die organifirende und heilende Naturkraft gewinnt die Ober— 
„band, und es entficht eine neue geſunde Nation. Da nun 
„eine x ganzliche Zerruͤttung des menſchl. Leibes in den iesinen 
„Geſchlechtern weder aus chemiſchen noch anatomiichen Ver— 
fuchen zu erweisen ſteht: jo dürfen auch in Ihm die Folgen 
„des adamit. Falles um fo viel weniger aufgeſucht werten, 
„weit durch die Zeugung ummöglich etwas Anderes, als etwas 
„Körperliches auf die Nachkommen fortgepflanzt werten kann. 
„Wer alſo vie Propagation des adamitiichen Vertersens in der 
„Zeugung aufſuchet, der erflizt entweder das GSemuͤth mit 
„allen feinen Kräften, oder doch ten Millen, die Handl. und 
„Moralitaͤt des Menichen für etwas —— und iſt alſo 
„in beyden Faͤllen ein grober Materialiſt. Soest man das 





Neue allg. deutſche Bibl. ır Anh. z. 12:28 B. €. 22. 


464 DB. 
Verdorbenheit, (ſittl. der M., gibt es eine Erbfünde?) 


„moralifche Verderben aber ‚weder in dem Gemüthe, nod im 
„Körper, fondern in dein Berpäliniß des letztern zu dein erz 
„fern, fo liegt ia theils dieſes Verhältnis ganz außer dem 
„Wirkungskreiſe zeugender Eltern, theils lehrt die Erfah⸗ 
„tung, daB die verdorbenſten Eltern oft Kinder mit den vor⸗ 
„tweflichkien moralifchen. Anlagen zur Welt fördern, und daß 
„in dem kraͤnklichſten und zerrüttetften Körper eines Kindes die 
„geiſtvollſte — edelſte Seele. wohnen könne 9,4 „Es laͤßt fd) 
„in der menſchl. Natur kein Verderben des Willens denken, 
„weil derſelbe immer — das Urtheil des Verſtandes beſtimmt 
„und geleitet wird. Je mehr Weish,, deſto mehr Tugend: ie 
„mehr Zhorh., deſto mehr Laſter; dieß lehrt ſchon Salomo **).“ 
Selbſt D. Leß, wenn er gleich in ſ. Rel.-Theorie, Zzte A. 
©. 501 ff. das angeborne fittl. Verderb. und eine Zer⸗ 
ruͤttung d. ganzen menſchl. Nat. behauptet, ſchreibt doch S. 
674: „An den Kindern iſt keine Bosheit u. Fein Laſter, ihre 
„Handl. Haben Feine Mioralität, ihre Unſchuld ift liebenswuͤrdig 
„md unſerer Nachahmung werth.“ — „Es ifi unvernünftig, 
„eine Ersfünde zu glauben, wenn anders Suͤnde fo viel ſeyn 
„ſoll, als eine gefenwidrige freie Handlung u. f. mw. 

Die menfhlihe Natur iſt gewiß an fih rein und un 
ihuldig. Sie Hat Anlagen zum Öuten Die Der: 
gehungen einzelner M. rühren vom Mißbrauch 
der Kräfte her, Die menſchl. Natur hat eine Kraft des 
Willens, eine Unabhängigkeit und Freiheit, vor fich, vermöge 
der von Gott dargereichten Mittel, ihre Beftinunung und Sitt> 
lichkeit zu erreichen. Da bei der Gittlichkeit Fein Mechaniss 
ınus fatt findet, darf man Feine Erbfünde annehmen. Gute 
und böfe Geſinnungen Fönnen nicht Yon einem auf den andern 
übergetragen werten, 

Man vgl. noch wiser die Hypoth. v. d. Erbſuͤnde Campe’ 
väter. Rath, Th. II. ©. 9. 10: „Eeines M. Geete ift fo > 
durchaus verderbt — — mildern muB; vorzägl. Duttenz 
bofer Unterif. Gb. Pietisnus u. Orthod. ©, 189 f; 192 ff. 
woſelbſt, wie auch in allg. d. Biblioth. 728. ©. 48. 49. 
und in d. Betr. über die eigenth. ÖL,:Lehren des 
Ehriffenth. ©. 224. das hoͤchſt Nachtheilige der Behanpzs 
tung einer Erbſ. für die GittlichE. des M. gezeigt wirt ***5. 
Bo. D. Junge in Döderlein’g Rel.-Unterr. IXr Ip. 

©. 


J 





*) Hanlein’s m. ——— 5 theol, Spourn. 2 B. ©. 
421:23. | 
**) Ammon?’ bibl, Theol. ır TH. ©. 338. Anm. 


*2*) Man lefe auch Senfs chriſtl. Anthropol. in Predd. 
28 Th. am 14ten ©. nad Tr, „was kann es doch augen ff.” 


DB. 465 
Berdorbend., (die fiel, der M., Gründe gegen d. Erbſ.) 


©. 220.5 deſſelben inſt. Th. chr. T. IL. p. 44548; Zöllner 
in theol. Unterfi. ın ©. 28 — ;- Steinbart a. a. D,; 
Eberhard'»s Ay. tes Socr. 2rXh. ©. 134:339.5 Henck e's 
lineam. fid. chr. p. 127. 128.5; Cannabih a. q. O. um 
©, 190.5 Eampel.c.;Funrfe in Menſchennatur u, Men⸗ 
ſchengroͤße. ır B. Cap. 3.0. D.E. ör. Ammon’sprogr. 
-de veligiis Theol. iudaicae in ep. P. ad Rom. 
1801. worin die Zurechn. der Suͤnde Adams auf das ganze 
Menſchengeſchlecht als eine bloße iuͤdiſche Lehrmeinung erblaͤrt 
wird. Hier wird mit entſcheidend-ſiegenden Gruͤnden das 
Unftetthafte der Hyp. 9.» Erbſuͤnde dargethan; ich führe das 
von folgende an! 

3) Die vielfältigen. Beobachtungen über die unverdorkene Menichs 
heit iſt an foIchen Kindern, an welchen man noch nicht die reine 
Natur durch mißverfanzene Kunſt verwiſcht ‚oder durch unz 
vernünftige Behandlungsarten noch nicht verunſtaltet hatte, 
fehtser, Wie viel Gutes haben die Kinder von Natur an 
ſich! Bor dem Seprauche ihrer Vernunft bemerkt man an ihnen 
nichts Böfes, Alles, was fie Unrechtes thun, geſchieht blos 
aus’ Umwiifenheit ver Irrthum, oder aus Eigenſinn, der in 
der Natur des M. liegt, ver feine Seisfiftändigeeit fühlt, die 
er gern behaupten will. Hatte nicht Jeſus die EI. Kinder fo 
lieg? ſtellte er fie nicht den Erwachſenen in ihrer Unſchuld, 
Demuth und ansern Zuga. zum Mufter auf? 

2) Loͤſt man menfchtiche Thorheiten und Laſter in ihrem eins 
Faden lirfioff auf, fo if derfeise bey genauer Prüfung als aut 
zu finden. Dadurch, daß der M. feine Vern. — u, Freiheit 
mißpraudyt, - wozu er durch die Sinnlichkeit gereist wird, die 
er aber befiegen kann umd fol, entflehbt ale Sünde, Oben im 
Art. Suͤnde II. ©. 234f. ift näher gezeigt worden, worin die 
Suͤnde des M. ihren. eigentlichen Grund hat. 

3) Der Slaube an einen mächtigen, weiſen und allgätigen Schoͤ— 
pfer des M. ift ein Zeichen für die nicht urſpruͤngl. Verdor⸗ 
benheit des M. Sott Hätte erſt dieſe Eigenfchaften ablegen 
oder verlaͤugnen muͤſſen, wenn er den zur Sittlichk. beſtimmten 

t. mit ſittl. böfen Eigenſch. erſt begaben, oder es nur zu—⸗ 
geben ſollen, daß er bey ſeiner Entſtehung von irgend einem 
andern Weſen damit begabt wuͤrde. Die urſpruͤngliche Einrich⸗ 
tung der menſchlichen Natur und die angeborne Miſchung der 
Kraͤfte iſt Gottes Werk. Gott wird — ſie der Beſtim⸗ 

mung des M. gemäß: eingerichtet haben, Zur, 19, 16. 

4) Selbſt an den Ermwachienen bemerkt man nuch vieles Gute, 
was in feiner Natur vorhanden iji und ſich auf eine manniche 
faltige Art aͤußert. Der M. Hat an Wahrh. — an Ord-— 
nung, an Vollkommenheit ein Wohlgefallen, er 
ſchaͤtzt fich ſelbſt, daraus entfleht der Trieb, fich zu erhäls 
ten, feinen Zuſt. zu verbeffern. geiellig und theilnebmens an 
Unterer Wohl und Wehe und dankbar zu ſeyn. Dies iſt aud) 


CEhrii. GL Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. Sg 





466 | V. 
ee (die ſittl. der M, Gründe gegen d Erbſ) 


denen nicht abzuſprechen, die ſonſt auf die mannigfaltigſte Art 
ſehlen und ſuͤndigen. Dieß iſt etwas Gutes, dieß Gute kaunn 
nie an ſich Boͤſe werden. Nach Ehrifti Lehre muß man aber 
jedes einzelne Öute fihägen, da, wo wir es finden, und ınan 
muß jede Vollk. achten, wäre fie auch. mit noch fo vielen Uns 
volleoinmenheiten verbunden. Offenbar fin: im M. noch gute 
Triebe vorhanden. Machen fie zwar den WM. an fih nicht 
gut, find es auch nur Anlagen: fo muß man fie tod) nicht 
Daten. Eine a Beobadjtung lehrt rer fol⸗ 
gendes: 

Außer der Em und dem fie Willen bat der M. noch als M. 
a) ven Trieb ver Selbſtliebe. Dieſes Beftreben nach 
Verbeſſerung unſers Zuſtandes iſt gar Fein unrechtmaͤßiger 
Trieb. Er wird es blos durch die falſche Richtung, die ff., 
blos durch die Verwechſelung der Scheinguͤter mit wahren 
Gütern. Kinder find daher gern ſtets thaͤtig, ſſie begehren — 
ſie ſehnen ſich ſtets nach allem dem, was ihnen gefaͤllt. So 
lange ſie ihre Vernunft nicht brauchen koͤnnen, iſt das, was 
wir Eigenſinn nennen, der heftigſte Trieb nach einer vermein— 
ten Verbeſſ. ihres Zuſtandes, welcher Trieb daher nicht ſowohl 
Strafen, als vielmehr einer Leitung, Richtung und Belehrung 
bedarf. Dieſe uns angeborne Selbſtliebe kann das vortreff— 
lichſte Mittel werden, uns beſſer und vollkommner zu machen. 
Selbſt die ſtaͤrkſten und lebhafteſten Begierden koͤnnen zu unſe⸗ 
rer Bervollfommnung im Dienſte der Tugend das meiſte bey— 
tragen, wenn der M. fie nur gehdrig und auf das Gute lenkt. 

b) In dem M. Liegt auch der Trieb zur Gefelligkeit, 
welche nicht ohne ein gewiſſes Wohlwollen oder Theilnahme 
an fremtem Wohlſeyn und Wehe gedacht werben kann. Schon 
die Kinder find lieber in Geſellſchaft, als allein; fie theilen 
lieber ibr Vergnügen mit andern, als daß fie es allein geniefz 
fen. Das Segentheil an einen M. ift ſchon an fich unnatürs 
ih, Man fiebt ungern traurige Sefichter, man freuet ſich 
beyin Anblick der Froͤhlichen. Quaal und Ungluͤck eines ats 
dern Geſchoͤpfs macht uns Feine angenehme Empfindung; quäz 
Ion gleich Kinder zumeilen die Thiere, fo wirft doch ſchon vie 
Borfiellung, daß es Thiere empfinden und Schmerzen leiden, 
auf fie fo viel, daB fie es unterlaſſen. Es ift mehr ihr Hang, 
ihre Thaͤtigk. auszunsen und dadurch fh zu Vergnügen, Wir 
finden in der M—beit, daß ver M. fich fogar fähig fühlt, mans . 
ches von feinem eigenen Vortheil um eines Andern willen 
fahren zu laſſen, und zwer nicht nur das, was mit Tugend 
erworben ift, ſondern es ift dieß überhaupt natärlih. Was 
thut eine Muster nicht für ine Kind? Ein Bater, wie quält 
er fic) für die, von welchen er doc) nicht weiß, vb fie ihm ie 
das Geringſte werden wieder. vergelten Fünnen? So viele 
fchraftofe Naͤchte, To fehr viele ſaure Mühe K. ihren Eltern 
verurjahen, To Flagen diefe doch nicht ſehr daruͤber. Dir 


V. 467 
Verdorbenh., (die ſittl. der M., Gründe gegen d. Erbſ.) 


Menſchennatur iſt alſo noch nicht voͤllig verdorben. Sie hat 
noch ihr Gutes. 
©) Bey vielen Menſchen iſt noch eine natuͤrliche Sſch a a m vor 
ſchlechten und ere Handlungen, vor Betruͤgerei, offenbarer 
Bosheit und Argliſt. Denn warum wird das alles fo heim⸗ 
lich getviepen? auch da heimlich, - wo man keine bürgertiche 
Strafen zu befürchten Het? Woher die Unruhe, went man 
jemandem etwas Böfes vorwirft? Woher fhon key Kindern 
der unſtete Blick, oder daß fie es nicht wagen, denen in's Ges 
ſicht zu jehen, welche ſchon das Böfe willen, was fie gethan 
Haben ? 
® Häufig (im Ganzen genommen) findet man am M. den Trieb 
ver Dankbarkeit. Der M. liest feine Wohlthaͤter, fühlt 
einen Trieb, ihnen da3 zu vergelten, was ff. Oft wird nur 
- duch zu große Fluͤchtigkeit d. Seele, durch fchnelle Vergefjenz 
heit und durch Unvermögen dns nicht ausgeführt, was man 
als dankbar F. Nur dann, wenn jemand glaubt, gar zu viel 
aufopfern zu müflen, wird die Dankbarkeit ſchwer. Kinver 
hängen an denen, welche ihnen Gutes thun ,. vertheidigen fie 
auf alle Art, wollen ihre Fehler nicht gelten laſſen zc, Dieß 
beweift ihre Danktarkeit, Die Duelle ift gut, nur was fie 
thun, gefchieht nicht mit der gehörigen Klugheit. - . 
e) Der Verfiand des M. Hat noch große Kräfte. Er 
kann die fchwerjien»Dinge Idfen, vieles damit umfaſſen, Wahrh. 
and Irrth. von einander unterſcheiden. Durch Ausbildung 
Fann der Verf. (und wenn der M. ſich nicht von DBorurtheis 
len. verblenden laͤßt) einen Hohen Grad von Staͤrke erhalten, 
Es ifi mehr Traͤgheit und eigene Schuld, wenn .diefes nicht 
> gefchieher, als daB es Unvermoͤgen und Kraftlofiafeit wäre. 
Der M. iſt alfo noch richt völlig zerrüättet, und feine Natur ift 
nicht fo durchaus verderbt, daB der M. aufgehört hätte, Got⸗ 
tes Bild vier ihm ähnlich zu feyn, Es iind noch. von f, ur⸗ 
fprüngt, guten reinen Natur zum wenigfien ehrwuͤrdige Uebers 
bletbfel zu entdecken, ſ. oben Gutes, ar Th, ©. 134 f. Noch 
‚mehr — keine Handlung ift fo fihlecht, daB man in der ganzen - 
Lage des Handelnden nicht noch immer einen und andern entz 
ſchuldigenden Umſtand finden follte, ver unſern Zabel mildern 
muß. 
5 Da8 Böfe de3 M. ift eine Folge der freyen 
menſchl. Thäatigfeit, es kann alſo nicht Forterben. 
., Denn if es gleich nicht zu laͤugnen, daB ieder eine moralis 
ſche Schwachheit an fich ſelbſt wahrnimmt, und ihre Wirkſam— 
keit ſowohl im Widerſtande gegen die ſittl. Vorſchriften, als 
such in den daraus entſtehenden Suͤnden bemerkt: fo ift doch 
alles. Sittlihe etwas yon der Freiheit Bewirktes, alfo auch 
etwas Ueberfinuliches, es kann alfo auch anf keinen Fall forts 
geerbt werden. Mag alfo immerhin der Hang zum. Böfen u. 
sie moral, Schwäche, die wirklich ——— iſt, entſtehen wie 


Gg 2 





468 
Ber 


I, 2 


Dorbend., (die fiel. der M., Gründe gegen d. Erbſ.) 


er will, und dem M. unerflärlich Bleiben: fo darf man fie 
doc) nicht ald natürlich angeboren oder angeerbt denken, fonft 
bleibt fie in dem Augenblick eine natuͤrliche koͤrperl.) Schwäche, 
Alles, was moraliſch beißt, muB als frey erworben gedacht 
werden, wenn man gleich die im M. fo früh vorhandene mo: 
raliſche Schwäche allenfalls angeerbt nennen kann. Denn 


alles, was man- in der früheften Kindheit des ME. N 


pflegt man nad) dem Sprachgebrauch, ſobald der M. nur frey 
handeln kann, angeboren — angeerbt zu nennen 9. Dieſes 
Sprachgebr. wegen läßt es ſich leicht erklären, wenn in der 
Bibel ein erbliches Boͤſe zu liegen ſcheint, weiches das 
vernünftige Nachdenken nicht anerkennen, ob es gleich zuge⸗ 
ſtehen kann, daß man es populär als ein erbliches Boͤſe dar—⸗ 
ſtelle. Etwas anders darf man aber nicht darunter verſtehen. 


6) Wie Fönnte Bott dem Kinde gegen deſſen Willen und Ein: 


wilisäng die graufeme Nothwendigkeit fündigen su müffen, 
mittheilen ?!“ 


7) Syr- 10, 22; I Tim. 2, 15. find gegen die Lehre a, 


Erkfünde, (wegen d, legten Stelle fehe man Yugufti?s neue 
theol, Bl. ın B. 28 St. ©. 47) €. 7, 15. 16; Röm, 9, 
17, ftellt die h. Schr. den M. von Natur nicht böfe, fondern 
als unichuitia vor. Das Wort Erbfünde Fommt nirgends 
in der Bibel vor, fg I 


Die Dertheidigung d. Meinung v. d. Erbfünde findet man in de 


Mareies Gottes Vertheit. üb. vie Zulaſſ. des Boͤſen auf 
unſerer Erde, ır Th. Deffau 1784. in Leß cchriſtl. Rei.s 
Theorie, ©. 487:505), Reinhard a. a. D. uns in Kant 
9.0. D., wiemoht Letzterer micht laͤugnet, daß das fittl. licher 
von ter Freiheit des M. herruͤhre, welche die Ordnung der. 
moralifchen Beweggruͤnde flöre, und das, worauf die Reizungen 
ver Sinne und die Antriebe des ſinnl. Begehrungsverindgens 
fiehe, den GSittenvorfchriften vorziehe. 


Die Benennung des fittl, Verderbens oder der Verdorbenheit mit 


 Erbfünde muß wegfallen, da die menſchl. Unvollfommens 
heit, die freilich fortgepflanzt wird, an ſich unverfchuldet if, 
Selbſt der Ausser. Erbuͤbel oder erbliches Bdfe mißfaͤllt 
mir. Der Ausdr.menſchl. Schlerhaftigkeit paßt nicht, 





») 


Pflegen wir nicht den Beſi itz vorzüglih guter oder auch 
ſchlechter — ſchaͤdl. Eigenfhaften und Kräfte, die wir an 
den fih verwandten M. bemerken, von ihren Eltern her: 


zuleiten? Im Grunde follte man aber ſagen: es ift na- 


türlich, daß die Kinder, weil ihr Vater fo und fo gefinnet 
iſt und handelt, die Väter nachahmen. Sie ſahen — ſie 
hörten ia nichts andere als das ift, was fie thun oder 
fagen. | 


| — 469 
Verdorbenheit, (ſittl. der M., worin beſteht fie?) 


ſo wenig als der: menſchl. Verdorbenheit; denn fehs 
lerhaft iſt das, was nad) ſ. Natur beſſer ſeyn konnte, uud 
verderbt oder verdorben iſt das, was vorbin RR war, 
aber fehlerhaft geworden ift. Kun kann aber der M. nicht 
ohne Sinne und Sinnlichkeit vollig fehlerfrei und mit einer 
reichtichen angekornen Erkennmiß geboren werten; er muß in 
Begierden verfallen und durch finnliche vermeinte, oder wirk⸗ 
liche Güter geveizt werden koͤnnen. Bon Tugend an-wird der 
M. durch feine Sinne geleitet, — Die Hypoth. im theol. 
Lehrbegr. von Erbfünde gehört nicht anf die 
Canzel und iſt kein Gegenfiand für die dffentL 
Satehifatt. Denn dieß wäre werer der Wahrheit noch 
ver Erbauung gemaͤß. Val. Ddderlein’s Religioensunter— 
richt Th. IX, ©. 230338: „vom oͤffentl. Vortrag d. Lehre 
Yon ver menſchl. Verdorbenh.“ Mori Comm. exeg. hift. in 
epit. T. I. p. 507. 8, — Töliner’s vermifchte Affäre, 
2ten-B, 2te Samml. ©. 34:45: was und Wie viel aus d. 
Lehre v. d. Erbfünde gehört in die Erkennt. des gemeinen 
Ehrifien? In n. a. d. Bibl 13 B. ı ©t. ©. 68. wird bie 
Erbfünse aber behauptet, weil fonft die Freiheit des M. aufs 
höre, „Iſt es weislich gehandelt von e. Pred, den Art. v. d. 
Erbſuͤnde fteif dogmatifch zu lehren, und fteif polemiſch in feiz 
nen Canzelvorträgen und Catechiſ. zu vertheitigen ?’! V. Pafor 
Schwager zu Joͤllenbeck in den Materiau f. alle 
Theile d. Amtsführ e, Pre. ı 8 ©. 14 f. 


Mm Worin beſteht die menſchl. (ſogenannte) Ver— 
dorbenheit? 

A. Nicht ſowohl in der mit Vernunft ſo oft in Wider— 
ſpruch kommenden Sinnlichkeit *), ſondern fie iſt das 
Uebergewicht der Sinnlichkeit, die Anlage, dem Ange— 
nehmen oder Unangenehmen des erften ſinnl. Eindruf- 
kes gemaß zu handeln, ohne Nachdenken über’ die ent» 
fernteren Solgen und höhere Beweggruͤnde und die 
Geneigtheit **), den Neigungen entweder ein na 
Mebergewicht über das Gittengefeß, oder doch d 
Mitherrſchaft mit demſelben über den Willen ek 
men; Kurz: fie ift der natürliche — überwies 

gende und jelbfi - verfähhuldete (alfo felbft fich 
erworbene) Hang des M. zum Doöfen, der ne— 
ben den wrfpränglicen Anlagen zum Öus 





2) So der Recenſ. in oh d. Bibl, 117 B. — — 
38. 39. | 


=) Hang, propenfio. 


4709 V. — 
Verdorbenheit, (ſittl. der M., worin beſteht ſie?) 


ten vorhanden iſt, Nom. 5, 757, 18; Matth. 
26, 4I. Der M. ift geneigt dem zu folgen, was ihm 
feine Sinne als angenehm und wünfchenswerthb vor- 
fielen; er zieht dann nicht feine Vernunft zu Rathe, 
glaube nicht ihren Warnungen, feßt ihre Vorſchriften 
hintenan, und wählt das, was die Sinne und Begier— 
ben ihm als gut anpreifen, vor dem, was die Ver— 
nunft als recht und gut darftelt. Er geräth dadurch 
immer mehr unter die Herrſch. f. Begierden 2c. und 
wird boͤſe Ungewöhnungen immer fehlimmer. 
Daß der M. feinen Neigungen eine folhe Nichtung 
gibt, daß fie ihn an der Ausübung feiner Pflichten 
fisren, if Ric Gott dem Urheber ver menfchl. Nat. 
beizulegen. Das neugeborne Sind, das feine 
Nernunft a nicht entwickelt Hat und nicht feine Ver— 
nunft und Sreibeit zu gebrauchen im Stande ift, bat 
diefe fehlerh. Beſchaffenh. noch nicht; fondern der M. 
zu der Zeit, wenn feine Vernunft entwickelt iſt, und 
wegen feiner. Öefinnungen und Handl, verantwortlich 
feyn kann 9%). Nach d. Erfahrung aber leitet ver 
finn!. Hang zum Bofen den M. von Jugend an, nur 
erft dann begeht er die wirkl. Sünde, wenn er bie 
Borfihriften Gottes und des Gewiffens Fennt und ſich 
derfelden bewußt iſt. Die Macht der Begierde oder 
die Gewalt der Sinnlichkeit, fo bald fie gegen dag 
Gute anſtrebt, ift der Nang zum Boöfen. 
„Das natürl. (fittl.) Verderben ift die Schwachh. 
„der menfchl. Natur, vermoge deren fie an und für 
„ſich ſelbſt bey allen ihren Anlagen nicht nur zum 
„Guten noch nicht gebildet, fendern auch durch fich 
„ſelbſt zu demfeiben unfähig (2) und zum DBofen 
„geneigt iſt; Dover es iſt die e. ieden M. einene Nei— 
„gung zum Boͤſen und die Unfaͤhigkeit zum Gu— 
„tn CH 9. — „Wenn Erbfünde die Reis 
„gung zum Bofen — der übertoiegende Hang sum 


*) Der Anfang des bofen Willens iſt nicht von der Geburt, 
fondern von dem Zeitpunkt an zu —* wo die Ben 
ſich zu aͤußern anfängt. 


**) Tittmann's chriſtl. Moral, 3te A. Lpz. 1794: gr. 8. 
6. 84. ©, 46, 


DB. a7ı 
Verdorbenheit, (ſittl. der M., worin befteßt fie?) 


„Boͤſen iſt: ſo iſt das ſittliche Verderben weit mehr, 
„naͤmlich die Neuerung der Neigung zum Boͤſen 
„in vielfachen Begierden, Leidenfheaften und Hand— 
„lungen — kurz die geſammte Laſterhaftig— 
— Pe 
Der fitel. verborbene zuftand des M. beſteht alfo in 
folgenden drey Stuͤcken: 

a) Der M. erhält vermöge feiner Sinnlichkeit fhon in 
der —— eine ſolche Richtung des Willens, welche 
den goͤttl. Vorſchriften zuwider iſt, zu einer Zeit, wo 
die Vernunft noch nicht entgegenwirken und das 
Pflichtgefuͤhl mit feinem Anſehn u. Kraft dazwiſchen 
treten kann; Joh. 3 6; Rom. 7, 175 I Xoh. 2, 16. — 
b) Diefe Richtung des Willens bleibt ſeloſt dann noch, 

. wenn die Bernunft erwacht, wenn dag Gewiſſen ſich 
regt und der M. fündigt fehr oft und vielfach, wenig: 
fens der Abſicht und Geſinnung nah, Gal. 5, 17; 
Rom. 7, 14 ff. 

ce) Dft geben die unreinen unſittlichen Geſinnungen in 
Handl. über, Sal. 5, 16; Eph. 2, 3. 

Diefen unglücl. Zuft nennt Paulus und Petrus 
IT Petr. 2, 19; Eph. 4, 22. und I Tim. 6, 5. das 
Derderben. Das Wort Berderben *) zeigt fo 
viel an, als: was nicht ſo iſt, wie es eigent— 
lich ſeyn ſoll. 

„wein Menſch wird unfaͤhig zum Guten ge⸗ 

„boren, noch weniger aber verderbf. Su 

„iedem zeigen fich Keime und Reigungen zum Gu— 

„ten, die nur eine günflige Dflege zu ihrer Ausbil» 

„dung erwarten. Und felbft ienes gefuͤrchtete Erb- 

„übel befieht nicht in wirfficher Neigung zum Bo: 

nfen, davon der M. von Geburt an noch femen 
„Begriff hat; noch in dem Mangel an guten Kraͤf— 

„ten und Fahigfeifen, die dem M. wefentlich find; 

„fondern in einer falſchen Richtung feiner 

„natürl. Triebe und Fraͤfte, oder eigent— 

aka, in der Da de r Sinnlichkeit, Die 








— Morus academ. Vorleſ. über bie theol. Moral, ıe B. 
-Keipz. 1794. gt. 8. ©, 206. 
) Ofoez, EpImenevos vo, EpIaueyn nzeile, 


MR V. 
Verdorbenheit, (ſittl. der M., worin beſteht fie?) 


„ſich fruͤher bey ung regt, als die Ber 
„nunft erwacht und derfelben dag Gegen- 
gewicht Halten fann. Der M., fo wie er 
„in die Welt tritt, Hat weder einen gufen 
„noch böfen Willen. Denn e8 fehle ihm der 
„Gebrauch der Bern. und der Sreibee. Wenn 
„das Kind geboren wird, ift es weder gut 
„noch böfe, fordern unſchuldig. Nach und 
„nach entwickelt fich erft feine Vernunft, und es 
„faͤngt an frey zu handeln, kann fich aus eigener 
„Wahl zum Guten oder Bofen beffimmen 9). 


Am M. bemerkt man eine gewiffe natürliche Trägheit und Scheu 
vor Anfivengung und Aufovferung, und die Uebermacht der 
ſinnlichen Luſt, welde uns Scheingüter mit wahren Guͤtern 
verwechiein und auf die Stimme des uns durch Tas Gewiffen 
warnenden Gottes nicht hören laͤßt. Diefe dem M. natürtiche 
Traͤgheit wird nur dann durch feinen Thaͤtigkeitstrieb übers 
wunden, wenn ibn entweder ein flärkeres Intereſſe zu dem hin⸗ 
zieht, was er nur durch Anſtrengung ſeiner Kraͤfte erreichen 
ſoll, oder wenn ſeine Vernunft, ſein edelſtes Selbſt zur Herr⸗ 
ſchaft gelangt iſt. 


Daß der M. lieber und oͤfterer das Boͤſe dem Gu— 
ten, als das Gute dem Bofen vorzieht, und daß die 
M. gewoͤhnlich im Sündigen aller Art es zur Ge 
wohnheit und Sertigf. bringen, hat aufer in der an- 
gegebenen Tragheit in folgendem feinen Grund: 

1) in der Sinnlichkeit des M., in der Kebbaftigf. 
ferner Empfindungen, in der Regſamkeit der na= 
türlichen Triebe. Sehr wahr"ift es, daß die 
Macht ver Begierden und ihre Herrfchaft Abneigung 
zum Guten und die Schwierigf., tugendhaft zu wer- 
den, bewirkt. Die Vernunft ift Anfangs bey dem M. 
noch ſehr ſchwach, ungeuͤbt und unentwicelt. Die 
Einnlichf. aber iſt gleich Anfangs ſchon in ihrer vol- 





>) Cannabich in f. VPredd. üb. d. Sonn- u. Fett. : Evan: 
gelien, 2te U. ır Th. ©. 134. — Folgende etwas fon: 
derbare Meinung theile ic bier mit: „Cine Mutter 
Tann heftige Leidenſchaften, wenn fie fi denfelben ergibt, 
ihrem Kinde mitrheilen. Dieb ift die fogenannte Erb: 
fünde” Magazin für Frauenzimmer, 1739. 48 Quart. 
—— 


— 


* 


V. u 
Verdorbenheit, (fittliche der M., woran liege diefelbe ?) 


ligen Stärfe da. Daher gewohnt fih der M. von 
 Sugend auf, mehr nad) Trieben der Sinnlichkeit zu 
handeln, als nach Borfielungen und Gefegen der 
Vernunft. Wird der M. nicht fehr gut durch Er- 
sichung, Anterricht und Hebung im Guten geleitet u. 
gebildet, fo wird die Sinnlichkeit uber die Vernunft, 
oder dag Fleiſch über den Geift nach und nach mehr 
oder weniger Meifter, und fo geräth der M. in den 
- Stand d. Sünde oder ſittl. Verdorbenheit, indem er 
zum Boͤſen überwiegend geneigt wird. Nach der Erf. 
wirft das Ungenehme und unmittelbaren Genuß Ge— 
währende ungleich ftärfer auf die Sinne, als dag 
Pügliche und Gute. Alles, was den Sinnen fehmeis 
chelt und ihnen Vergnügen verfpricht, reist den M. 
zur Sünde, Jac. 1, 15. Die Macht der Sinne ift 
ſehr groß, eben fo die Gewalt der Triebe und die aus 
innern und aͤußern Umfiänden entftehenden Lüfte. Sreis 
lich find nicht des M. Triebe zunächft zur Suͤnde bes 
ſtimmt und die Begierden find an fich nicht ſuͤndlich, 
fie erhalten aber bey der langen Minderjährigk. der 
Bern, bey. den Sehlern der Erz. und den verführeris 
-  fchen Reigen boöfer Benyfpiele gar leicht ein fehadl. Ue— 
bergewicht über die Vernunft, und gründen cine ſchwer 
zu befiegende DOberherrfchaft der DBegierden. Der M. 
wird in feinem vernunftlofen und halb vernünftigen 
Zuſtande, alfo gerade da, wo feine Kräfte zuerſt thä- 
tig geworden find,. an die Befriedig. blog finnlicher 
Begierden nah Wohlfenn, ohne Mückficht auf die 
Rechte Anderer und an die Wahl iedes naheliegenden 
„Mittel gewöhnt. Die Richtung der Neigung zur 
Stoͤrung der Bflichtenerfüllung ift allerdings die Sache 
der Selbſtbeſtimmung des M. und nicht blos eine 
Folge der Verbindung mit andern M. Denn alles, 
was Sünde beißen kann, iſt etwas ſelbſtverſchulde— 
tes, und die Selbſtverſchuldung iſt von Selbſtbeſtim— 
mung abhaͤngig. = t | 
—Im Sündigenden ſelbſt Liegen die Ausbruͤche 
der Sündhaftigfeit der M., entweder am Verſtande 
oder am Willen, over an beyden zugleich — a) Am 
Berftande Wenige oder Feine mit fehenden Augen 
werden in eine Grube — in em Koch fallen wollen. 
Wenige vermindern und vernichten ihre Gluͤckſ. durch 


474 | V. 
Verdorbenheit, (ſittl. der M., woran liege diefelbe?) 


Sünden), um fie vermindern oder zerſtoͤren zu wollen. 
Die mehrften fehn nur dag nicht ein, was zur wah⸗ 
ven Gluͤckſeligkeit, zur Veredelung und Bervollfomm- 
nung ihrer Natur gebort. Sie fündigen, weil fie 

‚ feibft in der Sünde Vergn. und Glück zu genichen 
meinen, weil fie den Werth ieder Sache und Handl. 
nicht deutlich zu fihäßen verfiehen. Unwiſſenh. Strs 
thuͤmer, Vorurtheile und Aberglauben find demnach 
die Duellen vieler wirfl. Sünden. Je mehr der Ver: 
fand beym einzelnen M. aufgeklärt, feine Erfenntn. 
‚erweitert, fein Urtheil berichiige wird, deſto mehr wird 
die Sünde aufhören, oder der M. wird nicht feine 
Kraͤfte zweck- und pflichtwidrig äußern. — b) Am 
Willen. Diefer Fann durch ovftere Wiederholung 
finnlicher unerlaubter Entſchluͤſſe eine falfche gezwun— 
gene Richtung erhalten, und die Entfchl. können zu 
einer bofen Fertigk. übergehen. ine iede Fertigkeit 
entſteht aus ofterer Wiederholung von einerlei Hands 
lung; daraus entſteht Gewohnheit, dieſe wird herr— 
fchend und zur andern Satur. Wer alfo zum erften- 

“ mal eine böfe Handl. begeht, verrichtet fie aus Un— 
wiffenheit, aus Irrthum, Mangel an Ueberlegung, aus 
übereilter Sinnlichfeit. Wiederholt er fie oft, fo be- 
acht er fie fehon mit einem gewiffen Zwange, weil fein 
Wille nicht anders begehren, Eeinen andern Entſchluß 
faffen mag. Sein Wille iſt in der That nicht mehr. 
ganz frei und er ift ein Sklave der Sünde. Selbſt 
mit Widerfpruch feines Berftandeg, bey beffeen Ein- 
fichten ift er genoͤthigt fo zu handen, meil er die 
Mühe fcheuf, mit feinem eignen Willen zu Fämpfen, 
der nun einmal dieſer und Feiner andern Richtung ges 
wohnt iſt. Diefe entfchiedene und beſtimmte Neigung 
zu einer Art Sünde ift dann Laſter. Die Suͤndhaf— 
tigkeit verwandelt ſich in Eafterhaffigfeit. — c) Aeuſ⸗ 
ferer Reiz und Zwang; die Sünde verfpricht 
Dortbeil und — Dergnügen, man glaubt fi) durch 
biefelde bey einem gewiffen Theile der Gefelfch. Ach- 
tung gu verfchaffen, oder hofft denjelben nicht zu ver— 
lieren; man befürchtee in gewiffen Verhaͤltniſſen von 
der Nichtvollgiehung der Sünde Nachtheil. — Alſo 
in der Sinnlihfeie — in der Heftigf, finn- 
licher umbezügelter — verfehrt geleiteter 


| | V. — 475 
Verdorbenh.(ſittl. der M., worin hat ſie ihren Grund?) 


Begierden liegt mit der Grund v. d. ſittl. Ver— 
ſchlimmerung der M. Aber ſelbſt die Staͤrke der Ver— 
nunft kann dem M. Anlaß zur Vernachlaͤßigung ſeiner 

Kräfte geben. 

2) Bon außen. befördert das ſittl. Merderben a) eine 
ſchlechte oder vernachlaͤßigte oder verkehrte 
Erziehung. Es wird bey den Kindern nicht fruͤh— 
zeitig und forgfältig genug de rhuͤtet, daß ſie ſich nach 
ihrer Sinnlichk. in allen Stuͤcken entſchließen, und 
ihre Kraͤfte auf eine ſchaͤdliche Art aͤußern und an— 
wenden duͤrfen. Im M., welcher unbeobachtet und 
blos ſich ſelbſt uͤberlaſſen — ohne Unterricht bleibt, 
muͤſſen die ſinnl. Vorſtellungen gelaͤufig, die Triebe 

immer heftiger, die finnl. Begierden immer flärfer und 
. übermächtig werden, woraus Trägbeit, die Ver» 
nunft zu bilden, und Unvermoͤgen, fie zu gebraus 
chen, entſteht. Eine verkehrte Erz. verſchlimmert 
noch mehr, wenn durch Strenge der Zucht und will— 
kuͤhrlich ſcheinende Befehle die natuͤrl. Neigung zur 
Selbſtthaͤtigk. unterdruͤckt und eben dadurch in Empo— 
rung geſetzt, die das Gute lehrenden und empfehlenden 
Vorſtellungen unverſtaͤndlich, kalt, gebieteriſch, nicht 
mit einleuchtenden Gruͤnden unterſtuͤtzt und nicht mit 

Sanftmuth begleitet ſind, der Nachahmungstrieb durch 
den ſtarken Eindruck der boͤſen Beyſpiele von Eltern 
und Erziehern ſogleich vom Anfange an auf Abmege 
geleitete und entweder nur die Sinnlichk. verfeinert, 
der Geift aber gefchont, oder hoͤchſtens nur die Ver— 
flandesträfte ausarbildet werden. Die Eltern fün- 
digen felbft und haben oft viele Laſter an fih. Dieß 
macht nachtheilige Eindrüce auf die Kinder. So tie 
die Kinder gemeinhin das Bild ihrer Eltern in ihrem 
Körper darftelen und oft von ihnen gewiffe Krank— 
heiten erben: fo fonnen fie auch ihr Bild in d. Seele 
gewiſſermaßen darſtellen und gewiſſe herrſchende Rei— 
gungen und Triebe annehmen, die dadurch gleichſam 
ihnen angeboren ſind. Haͤtten die K. von Anfang 
ihres Lebens an lauter gute M. um ſich, Herten — 
ſaͤhen ſie nichts als Gutes und wuͤrden ſie recht ſorg— 
faͤltig zum Guten angefuͤhrt, ſo wuͤrde es weit beſſer 
um ſie ſtehen. Gewoͤhnlich iſt der Unterricht der K. 
ind Rel. ꝛc. nicht deutlich, zweckmaͤßig, nicht ans 


“ 


x 


476 | V. 
Verdorbenheit, (ie dee M., DVeranlafl. zur * 


gewendet und eifrig genug. Die verkehrte Lehrart iſt eine 
der vornehmſten Urſachen der unter allen Staͤnden ge— 
meinen ſehr großen Unwiſſenheit und Laſterh. — b) Der 
Einfluß boͤſer Beyſpiele iſt ungemein ſtark. Wie 
viele boͤſe M. gibt es nicht! Dieienigen, die durch 


Anſehn Einfluß haben, oder die ſich zu gewiſſen Suͤn— 


den verbruͤdern, wirken noch mehr, ſie erleichtern der 
eg den Sieg. Taufend und aber taufend 

Theil gute und rechifchaffne M. würden vieles 
Ste auch nicht einmal haben fennen lernen, wenn fie 


8 nicht an Andern Bejehen und von ihnen gehoͤrt 


hötten; die befondern DVerbindd. mit Lafterhaften und 
Theilnahme an ſchlechten Geſellſch. (Pſ. 1, 1; I Kor. 
15, 33.), In welchen fowohl Bofes, alg auch nichts 
Gutes geredet und gethan wird, gebsren auch hicher. 
Da der Nachahmungstrieb ung unvermerkt dag billi- 
gen und annehmen läßt, wag wir an Andern ſehen; — 
da die Furcht, Andern gu mißfallen, ung beftürmt; da 
wir dann, wenn wir Andere dafjelbe Bofe thun ſehen, 
leichter ung entſchuldigt zu ſeyn waͤhnen; — da wir 
dann zum Schein mit der Suͤnde einige aͤußere Vor— 
theile verbunden ſehen; — da wir meinen, daß wir 
Maͤnnern, welchen wir Grundſaͤtze und Rel. zutrauen, 
nicht leicht untreu werden duͤrfen; — da uns endl. 


Laſterh. überreden: fo vermag das bife Beiſp. ſehr 


viel dazu, Die Sünde zu vermehren. Die Beifp. des - 
Guten find feltener, alg die B. des Boͤſen, Gal. 5, 9; 
— 0) die Leibeseinrichtung u. Befchaffend. RR. die 
herrschenden Gemuͤthsſtimmungen — (f. dr. Mor. f. 
d. Canzelgebr. 5n B. ıfe Abth. S. 340 f.;) — 
d) Schriften; ſowohl folche, welche die Rel., Zug. 
und gute Sitten angreifen, als auch, die nicht fittlich 


Gutes’ enthalten uud befördern. Beide find für Ver: 


ftand und Herz gleich ſchaͤdlich. Wie viele ſolcher gif- 
figen, mit einem hönen Sirmiß gleich ſam uͤberzogenen 
— efzuterten Schriften gibt eg ietzt mie! 
Vgl. über * mehrere Veranlaſſ. zur menſchl. Un—⸗ 
ſittlichkeit hr. Mor. f. d. Canzelgebr. 5ten B. 


iſte Abth. ©. 339344, oder den Art. Sünde, Ill. 


Durch diefe Gründe wird es begreiflich, warum man 
in allen Zeitaltern fo einfiimmig uber die Verderbniß 
dv. Natur des M. u. ihren übertoiegenden Hang zum 


V. 477 
Verdorbenheit, (fitel, der M., fie iſt allgemein.) 


Bofen geklagt, und die Beſſ. deſſelben zwar als moͤglich, 
‚aber als ſchwer und ohne einen hoͤhern Beyſtand bei— 
nahe als unmöglid, befchrieben hat. 


Da e3 nach dieien Veranlaſſ. zur Unſittl. fich ergibt, daB Ser M, 
ſelbſt ſchuld ‚an der legtern iſt, da er feine Traͤgheit zum Gu— 
ten, feine Unauſmerkſamkeit anf ſich ſelbſt, feinen Kalifinn 
gegen bie ihın angebotenen Mittel, fein unthätiges — 
auf Gottes Erweckung und Antreibung u. ſ. w. bekaͤmpfen 
und ablegen und ſich vor dem Mißbrauch gewiſſer — 
huͤten kann: fo werden doc in unſern Tagen Rel.-Lehrer 

nicht mehr von einer Anlage zum Boͤſen in dem Einne 
reden dürfen, daß fie darunter cine nähere Borbereitung und 
Stimmung unfrer Kräfte, eber wider unfere Beſtimmung als 
nach derſelben zu handeln verfichen. Die Bemerkung aber 
son ter Möglichkeit, dab der Di. feine Kräfte vernachläßige 
und mißsrauche, ifk richtig. Nur muß man dabey aut beachz 
ten, daß dieſe Mibglichkeit eine nothwendige Bedingung der 
menfchl. Sreiheit "it,  desgleichen daß bey allen frühen 

Aeußerungen des Boͤſen die keiten Zriebe und Neigungen der 
Nat., befonders Freipeitsgefüht und Neigung zur Selbſtthaͤtig⸗ 
Eeit, zum Grunde liegen. Einerlei Art von Aräften ſtimmen 
den M. eben ſowohl zu guten als zu böfen Impfintungen, 
Begierden und Handlungen, 


Pol. Niemeyer’S Briefe an Re: — 3te 
Sam. = — 
B. emerkungen uͤber das 

— Fitti. Verderben. 
1) Das ſittl. Verd. iſt zu — Zeiten ſehr groß und 
gemein’gemwefen, und iſt — noch, ſelbſt unter den Ehrie 
fien. Nach Euc. 8, 5 f. iſt es immer nur ein gerin- 
ger Theil der M., bie fih durch Jeſus Chr. bon ih- 
rem Verd. ganz befreien und im vorzügl. Srade 
ſich beffern laffen, in welchem der M. durch f. Lehre sc. 
gebeſſert werden fann. Die mehrften laffen fih nur 
zum Theil, aber nicht —— und vorzuͤglich beſſern, 
daher, durch die Schuld der M. bey weitem nicht fo 
viel Erf. dv. Wahrh., Ueberzeugung, mufterd. Tugend 
und vorzügl. Gluͤckſ. durch das Chriſtenthum bewirkt 
umd unter den M. gefunden wird, als wirklich da 
feyn koͤnnte und ſollte. Wollten die M. die verliche- 
nen Beff.- Mittel recht gebrauchen, fo würden fie zu 
einem hohen Grad v. Beff. und Geiſtesvollk. gelangen; 
die Schuld ver M. an sc. ift unverantwortlich. 


478 V. | 
Verdorbenheit, (fiel. der M., Eigenfchaften dee —) : 


2) Das ſittl. Verderben iſt allgemein. Wie— 
fern? Alle M. haben ienen urſpruͤnglichen, ohne 
Huͤlfe der Vernunft gefaͤhrlichen Hang der Natur zu 
allem, was ſinnlich iſt. Bey allen gehen ſchwache 
u. fehlerh. Zuſtaͤnde vor ihrer Beſſ. und Ausbildung 
vorher, Ron... 3, 235.5, 12; Lob. u mer. 12, 1. 

Hiob 14, 4. Alle Dr. fündigen, indem fie von Ju⸗ 
gend auf von irgend einer boͤſen Luft verführt werden, 
aber fie koͤnnten derſelben woiderfichen, wenn fie die 
von Gott angemiejenen Mittel recht gebrauchten. Den 
Entfihluß von den Sittenvorfchriften abzugeben, wels 
cher alle Handl. hervorbringt, kann man von iedem, 
auch, dem befien M. vorausfegen und es gehoͤrt diefer 
Entſchluß daher mit zum Charafter der Gattung des 
M., ob er gleich nicht aus dem Beariff dieſer Gat- 
tung gefolgert werden Tann, denn alsdann wäre er 
nothwendig. Zur Aufnahme dieſes Entfehluffes in 
die Willführ ift ein Hang bey allen M. vorhanden. 
Es ift Fein M., der fich nie von der Sinnlichkeit hätte 
verführen laſſen, Feiner, der für feine Ausbildung und 
Heredlung mit dem möglichften Fleiße geforgt. hätte; 
viele find auf abfchenliche Laſter gerathen. — Nur darf 
man nicht glauben, daß ale und iede M. durchaus 
boshaft und vollig lafterhaft wären, wenn e8 gleich 
wahr ifi, daß der M. durch Laſter fief falen kann. 
Unzählihe M., ia ganze Nationen find im Ganzen 
genommen im höchften Grade fiftlich verfallen. Die 
Hefchreibungen Matt). 23; II Tim. 3, 2:7; Tit. 3, 
1:5; Nom. 1, 23. 31. find nichts als Gemälde d. 
menfchl. Natur oder der Menfchheit überhaupt, 
und gar nicht als dag Bild iedes einzelnen WM. 
zu betrachten. Aber es find traurige wahre Abbil- 
dungen gewiffer M. und gewiffer Gefellfehaften 
und Fonnen immer dazu benugt werden, um zu zeigen, 
wohin der M. fommen fann, wenn er die Mittel 
nicht anwendet, welche ihm Gott gegeben haf. 


Rel.-Lehrer muͤſſen ſich vor den Übertriebenen Klagen über die Menge 
boͤſer M. und über die winzerlich Eleine Zahl der Guten bi: 
ten. Aus einer Stadt, au3 einem Dorfe und aus einem 
Haufe kann man nicht beurtheilen, ob mehr gute oder boͤſe 
M. in ver Weit find! Wie darf man die M. Klos nach fich 


| V. — 419 
Verdorbenheit, Cfittlihe dev M., Beſchaffenheit.) 


beurtheilen, und dann, wenn ſie nicht mit uns übereinfiimmm n, 
ſagen: ſie ſi ſind nicht gut?! 


Es will doch dem noch ſo fleißigen Verderber der 
menſchlichen Naturanlagen nicht gelingen, fie durch» 
aus zu unterdrüden, dieß beweiſt doch die Vortreff⸗ 
lichfei£ derfelben. Sn Nom. 3, 23. und Tit. 3, 3 7; iſt 
das allg. ſittl. Verderben geſchildert. 


3) Der M. ift im Stande, über feinen Hang zum Boͤ⸗ 

fen Meifter zu werden und mehr das Gute als das 
Boͤſe zu lieben. Daher Nom. 12, 21. Die Geſetze 
unferes Denkens und Wollens, unſrer Entwiclung 
und Affecten find untadelhaft gut und dienen zum 
allg. Beten. Die Veredelung ift alfo meglih. Die 
Anlage ift nicht fehlerhaft. Bei unferer Unwiſſenh., 
Sinnlichk. und Freiheit fündigen wir. Hätten mie 
eine angeborne Neigung, eine augeerbte Anlage zum 
Döfen, fo koͤnnte ung feine Sünde zugerechnet wer⸗ 
den. Der M. iſt nicht todt fuͤr's Gute, nicht unfaͤhig 
zur Erfuͤll des goͤttl. Willens, nicht gänzlich ohn— 
mächtig. Der M. ſoll nicht durch ein Wunder ge 
beffert werden. Es ift nicht die Schuld Gottes, fon- 
dern der M., daß die Sinnlichk. dag Lebergemicht er⸗ 
haͤlt. Wie duͤrfte Gott dem M. ſeine Sinnlichkeit 
nehmen? Kann der M. ein anderes als ein endliches 
Weſen feyn? M. koͤnnen bei den Schranfen ihrer 
Einfiten, bei den Iebhaften Reizen außerer Gegen— 
ſtaͤnde und dem regen Drange ihrer Begierden nicht 
innmer ohne Sünden bleiben; aber fie haben bag 
Ehriftenth., ein fitel. Gefühl, die Befl. - Mittel. Des 
halb ift Gott gerechtfertigt, in deſſen Entwurfe eine 
almshliche langfame Entwicklung unferer Krafie, ein 
fiufenweifes Sortifchreiten von den unteren thieriſchen 
Vollkommenheiten bis zur edleren Geiſterwuͤrde, ein 
Selbſtuͤben und eine Selbſtanſtrengung unſerer Kraͤfte, 
und zwar eingeſchraͤnkter menſchlicher Kräfte, durch 
Das Beſtreiten eintretender Hinderniffe, und dag alles 
der’ fittl. Sreig. unbefchader, war. Als M. Eonnten 
und durften wir nicht gleich zu dem geſchaffen wer⸗ 
den, was wir dereinſt erſt werden ſollten und was 
vielleicht auch höhere Geiſter erft durch Uebung und 
Fortruͤcken geworden find. — RD 


480. * V. 
Verdorbenheit, ci. Der M. A Unwendung.) 


LI. Anwendungen. 
1) Man frage nicht: woher TE en fat Ver⸗ 
derben ſeinen Urſprung bald. 5. ob cd etwa 
in Adam's Tal allein gegruͤndet und uns angeberen 
fey? en man lerne * — fitt sche Verdor⸗ 
ffenheit, ad ihren 





— su — es iſt * wenn * nur 
die Krankheit ſelbſt kennt, um ihr die erfordert. Mit- 
tel entgegen zu feßen. Es mag das Sündenübel ent 

ſtanden feyn, wie ed will, das macht in der Behand— 
lung felbft feinen Unt erfchied. Die Krankheit ift eins 
mal da, ieder M. fuͤhlt, fobald er erwächft, das lie: 
bergewicht feiner Sinnlichkeit, die Starke feiner Triebe, 
die ihn oft wider fein beßres Wiſſen fortreißt und die 
Zragheit zum Gurten. Diefem muß durch die erfor= 
derlichen Gegenmittel gewehrt und abgeholfen werden. 
Dieß muß die Angelegenheit des M. werden. - Se 
treuer er daran arbeitet, deſto gewiſſer Ffann er hoffen 
zu genefen. Die Sorge eines ieden fey alfo nurs wie 
muß dag, mwas an mir nicht fo iſt, als x. gebeſſert 
werden? Man aͤndere ſeine uͤblen Reigungen, Vorſaͤtze 

and Handlungen. Dazu uͤberzeuge man ſich von der 
großen Unſittlichk. der DM. und wie ſchwierig die Beſſ. 
iſt. Jeder halte es ſich oft vor, daß er eine Neigung 
zu mancherfei Sünden in fid) habe und fihon von 
Jugend auf geneigk ift, dem Bofen zu folgen, und 
daß er der Kraft, dem Boten nicht zu folgen, auch 
unterliegen koͤnne. Jeder fordere fich ſelbſt auf, um 
ſich treu zu beobachten, er gebe auf die überall vor 
ihm verbreiteten DBeifpiele feiner. Zeitgenoflen Acht, 
durchlaufe die Gefchichte aller. Nationen, um von der 
Allgemeinheit dieſes Verderbens gewiß zu werden. 
Wie und wodurch lerns der M. feine ſittl. 
Verdorbenh. einſehen? 

a) Er werde mit den mannigfaltigen Män- 
. geln feines Verſtandes bekannt. Deshalb 
frage man fi: Ende du in deinen Verſtande Die 
Lernbegierde in Abſicht wichtiger und nuͤtzlicher Wahr— 
heiten, oder ut ſolche Dielmeht auf "unbedentende 
nichtswuͤrdige Dinge gerichtet? Beſchaͤftigt ſich * 

Ver⸗ 


| V. | 481 
Verdorbenheit, (ſittl. der M., Anwendung.) 


Verſtand immer gern mit der Wahrheit? liegt dir 
etwas daran, immer richtiger denkender und weiſer zu 
werden? zwar findee dein Verſtand vielleicht Kahrung 
an Gegenſtaͤnden, Die wohl ihren Werth haben, die 
zu unferm Fortkommen in der Welt dienlich und nüße 
lich ſeyn koͤnnen; aber macht deine Eernbegierde auch) 
den gehoͤrigen Unterfehied zmifchen dem, wag dir nur 
auf kurze Zeit, und dem, wag dir auf immer helfen 
fann? Du unterfchbeideft dich dadurch vornehmlich von 
den übrigen Gefchspfen, daß du dich mit deinen Ges 
danken bis zu Gott zu erheben fähig bift, und mag 
fann aud) wohl dein Geift für eine mwürdigere und 
größere Befhäftiaung haben! Suchſt du nun gern 
diefe Gedanken auf? Hat «8 für dich etwas Unterhals 
tendes, in der Erf, Gottes weiter gu gehen? Gind 
nicht Thorheiten — Spielereien des Witzes oft dir 
angenehmere Linterhaltungen als der Unterricht über 
Gott und feinen Willen? Iſt dein Berftand entfrem« 
det — oder iſt dir fremde geworden der Gedanke an 

Gott? 

b) Man lerne feine ent gegen Gott alg Wohl: 
thärer einfehen. Alles, was mir fr id und haben, find 
u. befigen wir alles durch Gott. Die danfbaren Empfins 
dungen davon find das Einzige, was Man für alled 
dag zurückgeben fann, wag man empfangen hat. Aber 
man frage fi), ob das wohl geſchehen ſey? ob uns 
der Genuß des Guten, das wir taͤglich und mannich— 
faltig aus ſeinen Haͤuben empfangen, zu ihm zuruͤck— 
fuͤhre? ob uns der Schutz in Gefahren und der man— 
nichfache Ueberfluß, den wir vor manchen voraus 
haben, an den erinnere, der es uns unverdient gege— 
ben hat? Man hoͤrt die M. davon immer ſehr wenig 
ſprechen, da doch ſonſt von dem, wovon das Herz voll 
iſt, der Mund uͤberzugehen pflegt. Wie foll man ſich 
das Nerftummen der M. erklären, die in andern Dins . 
gen fo beredt find, fd bald die Nede auf Gott kommt? 
Wie fol man es auslegen, daß diefe Gefühle der . 
Dankbarkeit gerade dem M. am fremdeften zu ſeyn 
fiheinen? Man verdenft es dem Sohne, der fich feis 
ner Eitern ſchaͤmt, wenn ſie auch noch ſo geringe waͤ⸗ 
ren, und es ſollte kein ſchlimmes Zeichen ſeyn, wenn 
der M. ſich feines Schoͤpfers ſchaͤmte? Wie wahr iſt 
Chriſtl. St. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 TH, Hh 








Verdorbenheit, (ittl. der M., Anwendung.) 


Pe ER 1.3. der Menſch thut, als kennt er Gott 

nicht 

e) Man erkenne die ſchlechte Anwendung — 
rer Vernunft und unſ. Nachdenkens. Der 
M. iſt durch die Vern. weit uͤber alle Thiere erhaben. 
Er hat den Vorzug, nicht blind zu waͤhlen, oder durch 
bloße unordentliche Triebe ſich fuͤr dieſes oder ienes 
einnehmen zu laſſen. Unſere Triebe ſollen dem Nach— 
denken unterworfen ſeyn, und da fie ung leicht mis— 
leiten koͤnnen, fo fol die Vernunft die Führerin ſeyn, 
die ung vor dem Abmwege fihere. Aber haben wir 
(fo laßt ung felbft ung fragen) — nicht oft ihrer 
feitung ung entzogen? Haben wir nicht oft die Mit 
tel verſchmaͤht, wodurch unſere Vern. erleuchtet und 
die Kraft, ihren Geſetzen gemaͤß handeln zu koͤnnen, 
verſtaͤrkt wird? Haben wir die vielen Mittel, die uns 

das Ehriftenthum dazu gab, treu gebraucht? Oder, 
ift unfere Sinnlichfeit nicht mächtiger geworden, als 
die Vernunft über ung? _ 

d) Man lerne einfehen, aug welchen Beweggrün- 
den man das Gute gethban und das Boͤſe 
vermieden habe? Wie viele Handl. find fo be⸗ 
fchaffen, daß fie der M. zwar vor fich, aber nicht vor 
Gott, der alles weiß, rechtfertigen Fann! Iſt das ſchon 
Tugend, was blos aus der Betrachtung pr aufs 
ferer Vortheile, aus Rücficht von Ehre und Schande 
vor M., oder aus Furcht vor den Strafen der Dbr. 
gethan oder vermieden wird? Zu einer guten Handl. 
gehört, daß man fie aus dem Gefühl der Pflicht thus, 

daß fie bis auf ihren tiefſten Grund rein ifi, und daß 
man eine reine — gute Abficht dabey babe. - Man 
frage fich: fuchteft du, wenn du etwas Gutes thateft, 
dadurch Ruhm? Würde die Welt, falls fie in dein 
Herz fehen koͤnnte, oder wenn du ihr deine Abficht da- 
ben entdeckteft, dich noch ruͤhmen und fuͤr groß und 
edel erklaͤren? 

e) Man ziehe ſich ſelbſt wegen der Anwendung 
der Zeit, die und zu einer immer mehreren Bervoll- 
fommnung unferer ganzen Natur gegeben ift, zur 
Rechenſchaft. Iur dieienige Zeit ift wohl vollbracht, 
deren Anwendung ung nie gereuck, u. nur Dieienige Zeit 
gereut ung wicht, darınnen wir entweder wirklich voll: 


| B. | 4853 
Verborbenheit, (fiel. der M., Anwendung.) | 


fommner, weifer, beffer geworden find, oder darinnen wir 
ung durch Erbolung neue Kräfte gefammelt haben, | 
um es zu werden. Mit wie viel Mißvergn. muß der 
M. oft auf die verlebte Zeit zurücfehn! Deshalb 
frage man fich: wie viel, haft du darin für deine Vers 
volfommnung und für die Emigfeit getban? Man 
bringe dabei die Gelegenheiten in Kechnung, welche 

Gottes Vorfehung dem einen mehr oder weniger gibt. 

Man vergeffe Luc. 12, 48. (2te H.) nicht. Man Iege 
fidy die Srage vor: haft du fo viel Gutes gethan, als 
dir möglid war? Nichts Bofes zu fhun, ift nicht ges 
nug, auch zunehmen fol der M. und wachfen und 
vollfommner werden. Die Stunden find gewonnen, 

in welchen er es wird. Wenn uns Gott von allem, 
was gethan worden ift, zur Nechenfch. ziehen wird, 
wie wird 28 dann um unfere Verantwortung ausſehn? 

f) Dan lerne durch Beobachtung des M. in Ge— 
ſellſchaft ſich ſelbſt näher fennen. Die Fra— 
gen: wie weit ſind wir in den Pflichten des allgem. 
Wohlwollens, der allg. M—liebe, der Gerechtigkeit, 
der Billigk. gekommen? Wiefern haben wir die Regel 
erfuͤllt, nichts zu thun, was wir nicht wollten, daß 
Andere es thun ſollen, nichts zu unterlaſſen, wovon 
wir nicht wuͤnſchen, daß es Andere gegen uns unter— 
laſſen ſollen? werden uns auch Maͤngel in Ruͤck— 
ſicht ꝛc. gewahr werden laſſen. 

Dergleichen Selbſtpruͤfungen koͤnnen uns uͤberzeu— 
gen, daß wir bey weitem nicht alles geleiſtet haben, 
was wir leiſten u. thun ſollten, wie wir vielmehr in 
vielen Stuͤcken gerade das Gegentheil gethan haben. 
Unſer Zuſtand bedarf alſo der Beff., wir find nicht fo 
gut, als wir ſeyn foliten. Wir würden gegen unfer 
eigenes Befte gleichgültig feyn, wenn wir ung nicht 
beftrebten, von diefer Sranfbeit geheilt zu werden. 

g) Um dag große Bedürfniß der M., beffer zu werden, 
fennen zu lernen, lefe man die b. Schrift: Die Bibel 
geht von dem. Satze aus: „der M. muß beffer mwer- 
den, wenn er Gott gefallen will.” Die Stellen Pf. 
51, 7; 1Mof. 9, 21; Pf. 33; Rom. 3, 95 5, 12-19. 
I Sob. I, 8-10. u.a. m. brauche ein ieder fo, daß 
er fich frage, wie viel von den hier angezeigten Zügen 
ber Verdorbenh. und Laſterhaftigk. auf ihn ee 

| — 





484 V. | ER 
Verdorbenheit, (fiel, der M., Anwendung) 


find? Findet man, daß dieß oder ienes auf ihn nicht 
paßt, fo fey man danfbar, daß ihn Gott dafür be- 
mwahrt hat; fieht man aber, daß manches davon auch 
von ibm wahr ift: fo fihliege man, daß man aud 
von dDiefer Seite der Befferung bedürfe, und forfche 
De Belehrungen der Rel. und der Vernunft, daruͤber 
na 

Das bloße oͤftere Klagen uͤber das Weibenken des 
Herzens hilft nichts. Man arbeite vielmehr ernſtlich 
daran, die oben ©. 472 ff. angegebenen Weranlaffun- 
gen zu feiner ſittl. Verborbenheit su entfernen, als: | 
in Ruͤckſ. der Unwiffenh. Fläre man feinen Berfland 
auf, in Hinf. der Sinnlichkeit erfenne und wolle man 
das wahre und wirklich - geiftige Gute. | 

Vsl. Cannabichs Predd. zur Befoͤrd. eines reis 
nen u. thatigen Ehriftenth. zr Th. ©. 310-29: „von 
dem Einfluffe einer öfteren Iebhaften Vorftelung von 
unferer moral. Unvollk. auf unfere Beſſ.“ uber Hiob 
15, 14-16; Reinhard’ 8 1801. gehalt. Predd. ar B. 
Amb. und Sulzb. 1802. gr. 8. Nr. 43: ©. 385:409: 
„ernſthafte Borftellungen über dag immer. herrfchender 
werdende Verkennen des fittl. Verderbens“ am zten 
Bußt. über I Joh. 1, 8: 9. 

2) Kein M. fchiebe fein Sündigen und das 
Sittenverderben auf feineangeblih mit 
feiner Geburt erhaltene oder mit auf die 
Welt gebrachte fehlerhafte oder verdorbene 
Natur. Keiner fages ich kann nicht anders, ic 
muß fündigen, es gehort zu meiner Natur, e8 ift für 
mich umnvermeidlih. Eine folche Sprache verräth 
Thorheit und Bosartigkeit. Es iſt ungerecht, zu kla— 
gen, daß die Sunde in ung herrſche, daruͤber follten 
wir Flagen, daß wir fie in ung berrfchen laffen. Man 
fage nicht, daß wir das Ber, wenn wir es einmal 
gethan haben, nicht mehr laffen fönnen; denn dag 
Suse, wenn wir eg oft thun, wird ung auch zur Ge— 
wohnheit. Das fage man auch. Wer fich einmal 
überwindet, das Bofe zu unterlaffen, der überwindet 
fi) dag zweitemal ſchon fehneller, alfo nicht nur. das 
Hofe, fondern auch das Gute kann man fich angewöh- 
nen. Des M. natürlicher Hang zum Sofen, welcher 
ſelbſt verfihulore if, hebt nicht das Gute im M. auf 


V. | 485 
Verdorbenheit, (fiel. der M., Anwendung.) 


fondern er erfchwert eg nur und verleitet fie zu aller- 
lei Thorhh. und Vergehh. Er zerſtoͤrt auch nicht die 
natuͤrlichen Kraͤfte und Vollkk. der menſchl. Seele, 
ſondern haͤlt ſie nur in ihren Entwickelungen auf und 
gibt den natuͤrl. Trieben eine falſche Richtung. Der 
M. iſt durch ſein Gewiſſen, den Willen Gottes zu er— 
—— und durch die in ſeiner geiſtigen Natur liegende 
Kraft, ſittlich gut zu handeln, im Stande, f. oben 
©. 471. Unſer HDauptbeftreben muß nur feyn, 
unfern Neigungen von den feübeften Zei— 
ten aneine ſolche Richtung zu geben, Daß 
fie ung die Ausübung unferer Pflichten 
nicht binderf, und daß wir uns nihr dem 
Untriebe finnlicher KReigungen bingeben, 
fondern ernſtlich nad Selb ſtſtaͤndigkeit des 
gebeſſerten und reinen Willens (Paulus 
mnennt eg I Kor. 16, 13. ein Stehen im Glau— 
ben und 15, 58. einänbeweglihfeyn im Herren) 
fireben. 
Man beachte (für ı und 2) folgende wichtige Be⸗ 
weggruͤnde. 
a) Jeder M. darf doch nicht ein folcher M. bleiben, 
als Be gewöhnlich ift, I Kor. 15, 58; Ebr. 12, 14. 
BEL I 
.b) Jeder M. fann anders handeln, und braucht nicht 
der Sinnlihf. oder den ſinnl. boͤſen Neigungen zu 
folgen. Menn ieder die guten Anlagen (f. oben ©. 
465 ff.) feiner Natur erhöht, feine Vernunft ausbils 
det, von der Kraft der Sreiheit und des Gewiſſens, 
mit den übrigen — auf des M. Beredelung abzielens 
den Trieben und v. d. Mitteln sur freuen Ausuͤbung 
des Guten einen rechten fleißigen Gebrauch macht: fo 
kann und wird er feine Sinnlichk. und Luft uͤberwin— 
den, bie Herrfchaft-der Vernunft fiarfen, die Sünde 
vermeiden, und feine Weisheit und Tugend befeftigen; 
- Bhilipp. 4 13. Jeder Hat fo viel in feinen Handen, 
und zum Gebraud) , als vollig zureicht, ihn auch bey 
feiner natärl. Schwaͤche zum Guten dahin zu bringen, 
daß er als ein vernuͤnftig freier M. das thun kann, 
daß er wirklich thue, was er als ein ſolcher thun ſoll; 
wenn er es nur im rechten Ernſt thun will, wenn er 
nur darauf die Sharigt und ahoiteriche Sorgfalt 


486 2: 
Verdorbenheit, (fiel. der M., Anwendung.) 


verwendet, ohne welche eg,freilich nicht angeht, f. oben 
E. 479. (3). Der M. muß nur dabey Muth faf 
fen und im Bertrauen auf die von Gott dargebotenen 
vielen und wirffamen Huͤlfsm. feine Befferung anfan» 
gen, die vorhandenen Schwieriaff. ſtandhaft bekaͤm⸗ 
pfen und nach der erhabenen Würde einer geprüften 
und. feften Tugend mit männl. Kraft ringen. Keiner 
muß beym Bewußtſeyn feiner Schwäche und Seblers 
baftıgfeit, feiner Sehlbarkeir und Unvollk, feinen Kraͤf⸗ 
fen zu viel. zutrauen, und fich nicht in flolger Gichers 
heit einmwiegen, vielmehr alle Mittel und Unterfüsuns 
gen zur Bewahrung feiner Zug. forafältig auffuchen, 
und fir treu und unabläfig gebramchen. Die Einbils 
dung einer über alle Gefahr erhobenen Seelenſtaͤrke, 
die immer mit Gorgiofiafeıt verbunden iſt, Fann viel- 
fältig eben fo sum Kal führen, alg der allgumächtige 
Reiz der finnlichen Begierde, I Kor. 10, 12. Als 
Huͤlfsmittel hiezu erwäge man: \ 

N. Wie fehr die Gewohnheit und Fertigf. zu fündigen 
die Kräfte des Geiftes und Leibes ſchwaͤche, Nom. 6, 
12. Se öfter der Menfch fundigt, deſto mehr leidet 

«) fein Verftand, in welchem Unvermoͤgen, bie 
mwichtigften und nothwendigften Dinge zu erfennen, 
Vorurtheile, Hang zur Berwerfung der heilfamften Wahr- 
heiten, oder Zmweifelfucht und Irrthuͤmer in den wichtig— 
fin Sachen ſich einfinden; g) es wird die Vernunft 
zerrüttet, denn nicht fie ift Negentin, ſondern gemalt: 
ſame Leidenfchaften find die Negenten; ») die Begiers 
den werden zerrüttet, denn es fehlt ihnen an gehoͤ— 
riger Richtung, an Uebereinft., an Ordnung und an 
Maͤßigkeit; 3) die Freiheit Hort auf, nämlich die 
edle Sreih., zmwifchen Gutem und Boͤſem im Ueberge- 
wichte des erſtern; ) dag Empfindungsvermo- 
gen leidet, denn die unfchuldigen Empfindungen arten 
aus, und die böfen find weit ftärfer alg die guten; 
2) die Vorftellungsfraft mwird irrig. Der M. 
bleibe blos beym Sichtbaren fiehen, und beurtheilt 
den Werth oder Unmwerth der Dinge blog nad) dem 
Auge, Ohre und dem Gefühle; „die Einbilbungs- 
Fraft erhält dag Uebergemwicht über den Verſtand u. 
Willen; 5) das Gedaͤchtniß leidet, fo daß der M. weit 
leichter das Boͤſe als das Gute faſſet -und behält; 


V. 487 
Verdorbenh., (ſittl. der M., Anw.) Vereinig.m. Gott. 


die Leibeskraͤfte werden geſchwaͤcht, vol. hr. 

Mor. f.d. Canzelgebr. Sünde. VOII AA.a—b. 
5 Shl. ıfle Abth. ©. 366. 367. Der Sünder läft 
fich nach Art der Thiere blos von feinen natürlichen 
Trieben leiten, laͤßt fein edelftes- Vorrecht die Ver⸗ 
nunft ungebraucht sc. Seine Beſſ. wird immer ſchwe— 
rer. In einem ſolchen Zuſtande iſt der M. ſchon ver— 
moͤge der Einrichtung ſeines Gemuͤths zur Gluͤckſ. un— 
fähig. Welches Elend! Deshalb huͤte ſich doch ieder, 
daß er nicht der ſelbſt verſchuldeten Vergroͤßerung ſei⸗ 
nes ſittl. Verderbens durch Vermind. und Schwaͤchung 
ſeiner Anlagen zum Guten Gott verantwortlich werde. 

Ueber 2. S. 484 vgl. man Predd. z. Widerleg. 
und Vertilgung —— prakt. Vorurth. 
Frankf. a. M. 1796. gr. 8. Nr. 12: „uber dag Be—⸗— 
rufen auf dag in der Bett herrſchende Verderben, wo— 
durch man eben ſeine Schuld entſchuldigen zu koͤnnen 
glaubt,“ über Eph. 4, 17. 

3) Man vermehre nicht durch boͤſe Beyſpiele oder durch 
Vorſuͤndigen das große ietzt herrſchende Sittenverber- 
ben und den Reiz zur Suͤnde. Man verbreite nicht 
die ſittl. Verdorbenheit. 

Rel.⸗Lehrer und Erzieher haben es zur größten Gewiffenspflicht, ihre 
Mitm., für deren moraliiche und religidfe Erziehung fie arbeiz 
ten, befonders zur. Herrichaft über ihre Neigungen anzuführen, 

4) Wegen des natürl. menfchl. Hanges zum Bofen duͤr⸗ 
fen Eltern ihre Kinder gar nicht ſich ſelbſt uͤberlaſſen, 
ſondern ſie muͤſſen ſolche — eingedenk der Wahrheit, 
„dem Kinde gebuͤhrt die ſorgfaͤltigſte Ach— 
tung“ auf das Beſte erziehen, und ſie recht leiten. 
Ohne eine gute Erz. zur Sittlichk. und Religioſitaͤt 

bleibt der M. den Thieren nicht nur gleich, fondern 
er reibt fich felbft zu den fchandlichfien Vergehungen 
mit andern M. auf. 

Dar. Duttenhofers Predigten, Heilbronn 
1792. Rt. XXI, „über dag natuͤrl. fittl, Verderben 
der Menſchheit.“ — — ’ 


were) 

mit Soft, ob. 14 23: 

Gemeinfhaft Joh. 14, 

Bol. Döderlein’s inf. Th. chr. T. I. © 5:6. 528 = 30; 
Reinhard’s Vorleſ. üb, d. Dogm. ©. 3532. | 


488 V. 

Vereinigung mit Gott, (was?) 

 NelssZchrer muͤſſen fich des Ausdr, Bereiniaung mit Gott, 

0. enthalten. Es ſtammt derſelbe aus der Schule der Myſtiker 
und Fanatiker ber, er ift nicht iedem faßlich. Es it auch gar 
nicht zu einer befondern Ner. Lehre zu machen. Es ift ein 
bildlicher Ausdruck. Berein. mit SGott gebört, wie die 


Wiedergeburt, Erneuerung 2, zu der Öinnesänderuug und 
Beſſerung. | SR Tr RER 


LMitGottvereinigtfeyn, heißer) mit Gott einer- 
Lei Sefinnungen und Abfichten haben; daher ift Ver— 
einigung mit Gott nichts anderes, als Kennt 
niß des gottl. Willens und die eifrige Be 
folgung deffelben. Dadurch fiimmt der M. und 
Gottes Wille mit einander überein, und Gott erzeint 
ihm mancherlei Wohlthaten. Wer mit Gott vereinigt 
ift, 1) befolgt Gottes Lehren und richtee feine Reigun— 
gen auf dag fittliche Gute; 2) er liebt Gott auf das 
innigſte und iſt feft überzeugt, daß Gott noch viel 
größere Liebe habe, als wir gegen ihn haben, und uns 
ferer Schwäche wegen nicht fähig find; 3) er genießt 
die edlen Freuden des Verflandes und Herzens und 
andere Sreuden, die uns Gott verfihafft. — ob. 17, 
23; I Kor. 6, 17; Io. 1,.35 2,.5 fe 4 16. Dur) 
die Mel. fommen wir mit Gott in ein Verhaͤltniß, 
wobey man fich wohl befinder, wenn man gleich von 
ihm abhängig lebt. Nach I Kor. 6, 17. iſt derienige, 
welcher Gott anhaͤngt, d. h. ihm ergeben ift, ein 
Geiſt mir Gott, d. b. ſtimmt mit ihm überein, denft 
fo, und will dag, als und wag er denft und wıll. 
Denn wer Jemand ergeben ift, der ſtimmt auch mit 
ihm überein, oder hat einen Geift, ein Herz mit ihm. 
Sind aber zwey — eine Seele, fo kann man auch von 
ihnen fagen, daß fie mit einander übereinftimmen. — 
Mit Gott vereinigt feyn, beißt aber auch 2) Gott 
erfennen und in diefer Kenntniß beharren. I “job. 
3:6. woſelbſt in Gott bleiben fo viel als mit 
Gott vereinigt bleiben und der Sünde anbangen, 
fo viel al8 dem Laſter nachhängen, heißt. In Gott 
bleiben oder ihn Fennen, ift offenbar baffelbe und 
der Sinn ift: wer der Erf, Gottes treu bleibt, 
frohnt gewiß nicht dem Kafter. — Mit Gott vereinigt 
feyn, beißt auch 3) feines Wohlgefallens verfichert 
kenn, I Joh. 4, 16. 17. Sinn: Wer Gott anhaltend 





/ 


Vereinigung mit Gott, (Mittel zur — —— 
liebt, dem bleibt der huldvolle Beyfall Gottes gewiß. 


Der Zufaß: ein folder bat Sreudigf. am Tage des 
Gerichts, beftätigt diefen Sinn. Wer Gott vertraut, 
ift alfo von Gottes Vaterliebe überzeugt, daß Gott 
ihn in feiner Noth verlaffen, fondern benftehen, von 
allen Leiden erretten und ihm diefelben ff. Ein folcher 
hält fich dur Jeſu Tod a) mit Gott ausgeföhnt, 
Col. 1, 22; Bf. 32,1. b) er ift bemüht, Gott ähn« 
lich zu werden, ibm nachzuahmen, IL Betr. 1, 4; endl. 
c) er bat die frohe Hoffnung, Gott in der Emigfeit 
näher zu fehen, wie er ift. 


Sum Theil fehr anftößig war es, daß man ehehin die in Hof, 2, 


19.205 11 Cor. 6, 165 Bad. 2, 8. vorkommenden Bilter 
vom Weinfto und den Neben, Haupt — Leib und Glieder, 
Braut und Bräutigam von der DB, mit Gott gebrauchte, 
Se Ausdr. find inM. & © Reiche's Rel, eines freien 

Geifies, Berl. und Leipz. 1774. gr. 8. ©. 321. zur Beſeiti⸗ 
gung alies Unftößigen erklärt. 


u. Mittel sur Bereinigung mit Goff. 
I) Man made fich durch Vern. und Schrift mit Got: 


tes Borfchriften befannt, uͤberzeuge ſich von der Vor— 
trefflichkeit derſelben, praͤge ſie ſeiner Seele tief ein, 
und ſuche ernſtlich fie in f. Reden, Geſinn. u. Handl. 
zu befolgen, oder man handle bey ieder Gelegenheit 
nach dem, was Gott will. Dieſes erfahren wir von 
dem Geiſte, der in uns wohnt, der unmittelbar von 


Gott abſtammt und den er uns zum Fuͤhrer gegeben 


hat. Man richte alle f. Gedanken ‚auf Gott, denfe 
an ihn als den Allgegenw., man fühle feine Allliebe, 


wie viel er durch Chriffum für ung gethan hat. Dieß 


beroirft innige. Sreude, herzliche Dankbarkeit, eifrigeg 
Streben nach Gottes Beyfall und Zufriedenheit. Aug 
lebendigen Vertr. zu Gott überzeuge man fich, daß 


. Gott ung liebe und ewig lieben werde, Dieß gewährt 


eine zu allen Zeiten gleichbleibende Kraft, Zeftigfeit 


und Sreudigfeit, die alle Schmwierigfeiten befiegt, und 


alle Ervenübel überwinder. 


2) Man ziehe die flillen edlen Freuden des Geiſtes deu 


geräufhnollen eitlen Freuden der Sinne vor. 


II. Aufmunterungsgründe sur Gemeinſchaft 
at Spk. 


Vergebung” der Sünden. 


1) Sie tft dag hoͤchſte Gluͤck unfers Lebens; vgl. 9. — 
Hermes Predd. üb. die Evang, 1792. 8. Nr. 6. ©. 
41 ff. „die Vereinigung mit Gott dag hoͤchſte Gluͤck 

auf Erden‘ am Seite Mar. Kein. 

2) Sie ift nicht nur Vorbereitung auf, bie höhern Freu⸗ 
den des Himmels; ſondern auch ein Vorſchmack der⸗ 
ſelben. 

Bel. D. €. Er. Ammon’s Predd. 4. Beförd. e. 
reinen u. moralifch thaͤtigen Chriſtenth. ar B. Nr. 10: 
„v. d. Gemeinſch. mit Gott;“ Schleiermachers 
Predd. Berl. 1801. Nr. 11. „die Gemeinſch. d. M. 
mit Gott; Reinhard's 18015. geh. Predd. ır B. 
Amb. u. Sulzb. 1802. ar. 8. Wr. 22 ü. 23: „von 
dem feligen. Einverflänpniß, in welchem wahre Chris 
ften mit Gott leben,“ üb. die Ev. am ın u. 2n Pf. 
Tage. — — 


—— der Sünden, Ap.G.2, 48; Eph. 


Bol. den Art, Rechtfertigung, ar Th. ©, set , 

&. — Quid id fit, Deum condonare peccata? Ein Programm 
von Nöffeit, Halae 179..45 D. 3. W. Schmid Progr. 
commentarius in quo remiflionis peccatorum notio biblica 
indagatur. Particula I-III. Jenae 1795:97. 4. Die Fra⸗ 
gen ver zweifeinden Vernunft: iſt die Vergeb. der ©. moͤg⸗ 
ich ? RL f. f., von D. ©, Fr. Seiler, Erl 1798. 3.; M. 
Fr. 2. Koch Diff. philof, dogm. .theol. de Deo, poenas 
eas, quae ipfam naturam et phyfico caufarum nexu pec- 
cata fequi dieuntur, remittere, Torgaviae 1802. 4. 44 B.; 
D:. 3:8, Ewald: Bedarf der DE, Vergeb. ver S.? was 
lehrt die Bibel darüber ? Leipz. 1802. 8. — Döderlein’s. 
‚inf. Th, chr, T. II, p. 383. vorzügt. $. 262. obf, 2, ©. 
3865 deſſelben Rel.-Unterr. Th. XL, ©, 114:147.; Am⸗ 
mon?’s wiffenfh. pr Theol. S. 20132105 NReinhard’s 
Borlef ib, die Gi.-Lehre ©. 3965 Mori comm. exeg. 
bi, in epit. T..I. p. 468 ;.T: H. p. 68:89; Stäuplin’s 
Dogm. u. Dogmengefh. ar Th. ©. 706 f. (5. 127) und ©, 
770 f; Hende’ 8 neues Mag. 2 B. 1 Gt, ©, 1367143, 


J. Ueber das, was Sündenvergeb. if, find bie 
Theologen fehr. verfchiedener Meinung. | 


Verſchie dene verfichen darunter das um des Todes Jeſu Ehrifti 
und durch Sefus Chr. erfoigte Urtheil Gottes, wornad er dem 
ſich beffernden Suͤnder die gedrohten und. verdienten Strafen 
der Sünde erlaffe und aufhebe, (nicht dieſelben vollziehe) ihn 
von den bbſen Folgen der Suͤnde befreye und ihm dieſes Ur⸗ 


DB. 491 
Vergebung der Sünden, (worin?) 


theil befannt mache, damit er dadurch beruhigt, getröftek und 
immer glüclicher werde. Nah andern ift fie ſogar Aufs 
hebung der Sträflichteit (Strafwuͤrdigkeit) und der Suͤnden— 
fund. Im Grunde ift Fegteres aber unmöglich, vol Doͤ⸗ 
derlein’s RKel.zlinterr. XIr Ep. ©. 126 f. Andere meinen, 
Sündenverg. fey, dab Gott den Schuldigen weniger firafe, 
als er verfchuldet Habe. Noch Andere, z. B. Reinhard 
a. a. D., erflären fie dadurch, daB Gott unter gewiffen Bes 
dingungen, welche den M. Fund gethan werben mußten, die 
- Sünde nicht weiter firafen, fonsern es bei den natürlichen 
Strafen 5103 bewenden Iaffen wwelle, die ohnehin mit der ©. 
verbunden find; f. oben Tod Jeſu Ehr 11. 6. b. ©. 317f. 
Einige, . 8 Stäuslin aa. 9, ©. 706. fagen: 
S.:Bergeb. ift: Gott zuͤrnt nit ewig, To bald f. 
Ger ein GÖenüge geſchehen und der Günder es 
würdigift, ifter gegenibn Fein firafender Rich— 
ter mehr, er fhenet ihm fogar fein Wohlgefal— 
len, er begluͤckt ihn, und mehr, alder es verdient. 
— Einige braichen es auf die Erlaffung der Strafen der vorher 
als Juden und Helden begangenen Eünden, Rom, 3, 15; Ebr. 
9,15; .Hende’s Mag. 4 B. 3 ©. ©. zı2. vgl, mit S. 
308. und Löfflers in dem Art. Tod Jefu angef, 2 Abhh. 
Freilich reden die neuteft. Schriftfieller von Suͤndenvergeb. zu 
Leuten, die Bekehrte aus dem Juden = und Heidenth. waren, 
falls fie fittlich gut leben wollten, und — nicht zu M., bie 
‚im Schooß der K. geboren worden find. Allein find wir 
denn weniger Sünder? Verſchiedene beziehen die 
S.Vergeb. auf die Erlaff. d. Strafen in iener Welt, „Süns 
„denvergeb. ift die Erlaffung, oder Hinmwegnahme aller ver Gtras 
„fen, welche nicht nothwendiae Folgen der Sünde, und zur 
„Beil. des Sünters unentbehrlich find R.“ — „Soll die Suͤu⸗ 
„denvergeb. in d, chriſtl. Dogmatik überall etivas mehr feyn, 
„als eine Ankündigung, daB Gott die Sünden der 
„M. nicht Härter firafen wolle, als es sie Sefege 
„seiner Heilige u. Gerechtigk. nothwendig zum 
nBeften des Subiekts erfordern, fo geht der Haupts 
„begriff einer moralifchen Gottheit — rımlidy die Heilige, vers 
„foren, weiches der Vernunft widerfireitet. — — „Die Bes 
„reachtung von Gottes Güte, Liebe und Weish. kann bie 
„Strafen der Sünde (an fi) nicht aufheben. Diefes muß 
„vielmehr durch einen moralifhen Actus der Freibeit zur Bell, 
„Nach und nad) aufgehoten werden, alfo von Geiten des M. 
„ſelbſt gefchehen, wobey die Güte und Barmhberzigk. Gotres 
„wicht eingreifen darf, um die Gefege feiner Heilige, u. ©es 
„rechtigkeit zu befchränten, die ewig feft fiehen **..“ — 


*) Döderlein im Rel.:Unterr. Th. Xl. ©. 119, 
**) Allg. Lit. Zeit. 1796. 1V. &, 330. 


2% A 
— 
— 


1 


492 V. 
Vergebung der Suͤnden, (was iſt darunter gemeint?) 


In den 4 Evangelien heißt Suͤnden vergeben ſo viel, als: 


von einer Krankheit frei oder — geſund werden; denn die 
Inden fahen vie Krankheiten als Suͤndenſtrafen, oder als eine 
‚Strafe des Verhängniffes von Gott an, fo wie fie iedes Was 
turuͤbel für eine beionders verhängte Strafe fir etwas bes 
fimmtes Boͤſe hielten; der Gedanke an fortwährende Strafe 
dernichtete alle Hoffnung dee Genefung und alle Anwendung 
eigener Kräfte. „Um dieſes Hindernib der individuellen Ges 
„neſung inviduell, wie e8 da war, zu heben, fagt er dem franz 
„ken: Du, wie du hier vor mir biſt, Haft dir deine Günden 
„nicht mehr als unerlaſſene Schulden zu denken! Gie find dir 
„erlaſſen. Nicht, wie wenn ietzt eben Jeſus, ihm allein, aus 
„beſonderer Gnade fie erließe, fondern weil Sefus überhaupt 
„ienes Vorurtheil ald verwerflich einfah, wie er-dieß bey an— 
„dern Selegenheiten allgemein erklärte *),.7 Matth. 9, 2:5. — 
In vielen Stellen der h. Schr, Fommt der Ausser, Sündenp, 
in verſch. Bedeutungen bald als Aufheb, der goͤttl., befond. der 
zeitt. Grdifchen) Strafen — (fo vorzüglich im a, Xeft.), bald 
als die gütige liebevolle Geftnnung Gottes gegen den Suͤnder, 
bald als die Sutheilung unverdienter BER bald ald 2 diefer 
Stuͤcke, bald als alle zugleich vor. | 
Die neueften pttesgel. geben zwar weit richtigere Erkll. von 
Vergeb. d. ©, als ©. 490, angeführt worden ift, unter 
welchen folgende: daß fie 2a) die durch J. Ehriftus gefchehene 
Aufhebung der Ötrafen, vor weichen fich die Juden nad) ihrem 
firengen moſ. Geſetz fürchten mußten, und dor welchen fich 
nicht die zum Chrifienth. llebergetretenen zu fürchten brauch⸗ 
ten **); desgl. b) fie ift die Werficherung , daB dem Reuigen, 
weicher bier zu fündigen aufhört, auch nidyt weiter die mit 
der Sünde verbundenen fchädfichen Folgen treffen werben, fehr 
ſchaͤzbar find; allein gewöhnlich fieht man doch die Vergeb. 
d. ©. als eine Erklärung Gottes an, daß er dem Ge⸗ 
Kefjerten wohlwolle **8; oder als eine VBerfühnlichkeit © ots 
te8 und Zuwendung feines Wohlwollens. Allein bey der 
S.-Vergeb. geht* keine Veränderung in Gott vor, ſo daß fie 
aus einem zütnenden Gott einen gnaͤdigen Gott mache, fons 
dern 03 iſt eine Beränderung in der Borfieilungss 
art des Suͤndigenden. Genau genommen kann man 
von Gott nicht fagen: daB er vergebe. Gott kann Feine 
Veränderung leiden. Denn wenn er dem M., dem er feine 
©. vergibt, feine Liebe n. Gnade wiederſchenkte, fo veränderte 
an un nn — — ñ — — — m — — — — — — 


*) Paulus Commentar üb. das n. Zeft. ı7. Th. ©. 381 f. 


**«) Sp Herr Abt Hende in lineam. fid. chr. P. 199. 
nach d. 2ten.. WU, _ / 


#2) So nod here M. 804 a. a. O. 





V. 493 
Vergebung der Suͤnden, (was iſt darunter gemeint?) 

er ſich zweimal. Einmal liebte er den M.; ſo —— 
laſterh. wird, fo wuͤrde er ihm boͤſe; das wäre eine Veraͤnderung 
in Gott,  Befferte fich der Sünder, fo müßte Gott aufhören 
böfe zu feyn, das wäre eine abermalige Veränderung. 
Gott ift aber Feinen einzigen Augenbli& anders geſinnt, als 
er es vorher war. Er liebt unveränderlid). 


IT, Wie ift die Lehre v. d. Verg. d. S. öffent 
lich vorzutragen? Bon Menfchen ſagt man: fie 
vergeben, wenn fie aufhören zornig und rachgierig 
zu ſeyn, wenn fie nicht firafen und nicht mehr leiden» 
fchaftlich den haſſen, der etwas Beleidigendes gethan 
hat, fondern wieder Freunde des andern merden. 
(DBergeb. fegt eine Belcidigung voraus.) Go ſagt 
man;. der Vater vergibt feinem Sohne, der ungehor- 
fam getwefen oder etwas Boͤſes gethan hat, d. h. er" 
fraft ihn nicht. - Zwar haßt er den Sobn felbft nicht, 
aber das Boͤſe an ihm mißfällt ihm, fo lange er nicht 
aufbort, e8 zu thun. Gemeinhin geht, ehe er feinen 
Unmillen nachläßt, eine Befänftigung durch Bitten, 
durch Ueberredung und Demütbigung vorher. Sin 
diefem Sinne kann man nicht fagen: Gott vergebe 
und. Denn Gott fann nit von ung beleidigt wer> 
den, oder wir koͤnnen Gott fein Leid zufügen, folglich 
braucht er ung nicht zu vergeben; ung felbft fügen 
wir ein Leiden zu, wenn wir nicht feinen Willen thun. 
Gott zürnt ia nicht, er ift der unveränderlich Liebende. 
Wie Fonnte in Gott Nache aufftchen? Wer dürfte 
denken, daß er fie durch Strafen abkühlen wolle?! 
Gott hat nur über die Sünde des M. f. Mißfallen, 
nicht aber am M. ſelbſt. Eben fo wenig dürfen wir 
denken, Daß Gott, wenn er dem M. die ©. vergibt, 
augenblicklich die Strafen der Sünde aufhebe, oder 
ihn v. d. natuͤrl. Folgen der ©. befreie, oder auch, 
daf er weniger firafe, als der Sünder verdient habe. 
Denn Gott fann nicht willführlich handeln und feine 
Gnade zum Dachtheil. feiner Gerechtigkeit verwenden. 
Die Folgen der Sünde find uͤberdieß gut und beffernd. 
Sie follen dag unfittl. Betr. der M. aufheben. Wie 
follte alfo Gott etwas aufbeben Finnen, mas feine 
Weish. gefegt hat! Und würde das wohl Gnade 
feyn, die Folgen der Sünde aufzuheben und dadurch 
den Sunder noch tiefer ins Verderben zu ziehen? Dat 


494 V. 
Vergebung der Suͤnden, (was iſt darunter gemeint?) 


der M. Strafen verdient, oder fordert das Geſetz die 
Strafe, und man. denkt fich doch Gott fo, als ob er 
die Strafe nicht vollgiehe, fo ſtellt man Gott alg ei— 
nen fchwachen M. vor, der zwar zuerft Strafe drohe, 
hernach aber fi) durch. Bitten ermeichen laffe, die 
Drohung nicht zu vollziehen. Man Fann auch. nicht 
annehmen, daß Gott bald vergebe, bald ftrafe, over, 
daß feine Strafen willkuͤhrlich wären. Wenn Gott 
dem Sünder ftatt Strafen feine Gnade sufommen 
ließe: fo wären entweder feine Gefeße, welche übertres 
ten find, nicht gerecht und gut, oder er wäre ein 
ſchwacher weichlicher Nichter. Daß die Sünden mit 
traurigen elendmachenden Solgen derbunden ſi ind, iſt 
ia nicht aufzuheben moͤglich. 
Bgl. Neue a. deutſche Bibl. 42 B. 2 St. ©, 431:33. — Es 
| ift der Ausdruck Sündenverg. eben fo gut, wie die Bibl, 
Redensarten: Gott vergeffe unfere Sünden, er vers 
fen&e fie in die Tiefe des Meerd, fein Herz ers 
weiche fi, er breche vor Erbarmen u. a. m., nidt 
buchſtaͤblich, ſondern bildlich und uneigentlich zu nehmen, und 
ift von diefer bildl. Hille zu entkleiden. Er ifi eine Herab⸗ 
laffung zu der Schwäche der M. | 


Sp tie eigentlih und nur in dem Sohne, welcher 
bey einem meifen und guten Vater Vergebung fucht, 
oder wenn diefer ihm Vergebung anfündigt, eine Der: 
Anderung vorgeht, daß er fich der väterlichen. Liebe, 
die fich nie verändert hat, wieder empfänglich macht, 
und neue Hoffnung hat, ein Gegenftand des MWohlges 
falieng zu werden, wenn er bisher ein Gegenfland des 
Mitleidend war; fo iſt es auch in Ruͤckſicht der Vers 
gebung unſ. Suͤnden durch Gott. So wie, in 
Hinſicht des Sohns, deſſen Bitte um Vergebung nicht 
Aufheben eines Zorns iſt, welchen er nie erfuhr — 
(denn kann der zuͤrnen, der noch immer Verſuche 
macht, den Sohn zu gewinnen? Er bittet eigentlich 
nur um Zuneigung des Wohlgefallens, weil er ſich 
ießt einer Gefinnung bewußt ift, welche ihn. deffen 
fähig miacht. Das Wort des Vaters: „ich ver- 
zeihe” ſagt im Grunde nur: das Hinderniß ift auf: 
gehoben, wodurch das Verhältniß zwifchen ung ge— 
ſtoͤrt war): ſo iſt ers: d. ©. nichts anders, als: 
das durch den Tod Jeſu Chr. gegründete 





J 
Vergebung der Suͤnden, (was iſt darunter gemeint?) 


Vertrauen u. ſuͤße Bewußtſeyn (bie Selbſt— 
verſicherung) des wirklich ſich Beſſernden, daß 
an ihm Gott, welcher zuvor ſeiner Laſter 
oder Sünden wegen gin gerechtes Mißfal— 
len Batte, weiter, da er dem Boͤſen ſentſagt 
habe und ſich ernſtlich und beſtmoͤglichſt zu 
beſſern und allein im Guten zu leben be— 
firebe, fein Mißfallen, fondern ein gnaͤdi— 
908 Wohlgefallen Haben, die noch übrig ge 
bliebene ſittl. Unvollk. nicht ſchaͤrfer ahn— 
den werde, als es die Geſetze ſeiner unparth. 
Heiligk. und Gerechtigk. zum Beſten des M. 
erfordern und ihmbey fortgehender Beſſ. 
ıc. allmaͤhlig die boͤſen und ſchaͤdlichen Fol— 
gen (Strafen) feiner Sünde aufhoren laf 
fen werde *). Die Gründe zu diefer Selbftuerfiche- 
rung, die Derienige bat, welcher S.-V erg. bofft, find: 
er ift überzeugt, daß Gott feine Beff. billige und da 
er ihn nun als einen ſolchen anerfenne, der wirklich 
fo denkt und handelt, wie e8 vor Gott und feinem 
Gewiſſen recht und gut ift, oder teil er durch die 
nunmehrige Befolgung das werde, was er fiyn foll. 
Der Gebefferte fürchter ſich alſo nicht mehr wie vor— 
hin bey einem böfen Gewiffen Enechtifch vor Gott. Er 
denkt fih Goff mit Ruhe, oder daß er ibn dennoch 
liebe und einft felig machen wolle, wenn er gleidy vors 
her nicht ec. Erift freivon Gemwiffengunrube 
und anderninnern Folgen der Sünde. Die 
äußern Folgen feiner ©. bleiben vielleicht noch eine 
Zeitlang, und er kehrt gur Heiterfeit, zum 
freudigen Bemwußtfeyn von feinem etwai— 
gen Werth vor Gott und M., zur Drdnung 
und Gluücf. wieder zuruͤck. Denn fo lange der 
M. fündigt, liebt ihn zwar Gott noch fort, aber der 
M. ift unfähig, ſich Gott als liebend zu denken und 
angenehme Wirkungen von feiner Liebe zu erfahren. 
Verg. d. ©. iſt alfo die unmittelbare Feige ei: 








) BEL m. 0 d. Bihl.. XIX B.-1 6 &sr5: 16; 
XXI 3 ı ©. ©, ıı25 XLI®. 2 ©r. ©, exo. 
XVII ®. ı &. ©. a7. und LXIX 8, ©. 237. 


496 V. 
Vergebung der Sünden, (mas iſt darunter gemeine?) 


ned guten Gemwiffens des M., der wieder Grund hat, 
groͤßtentheils mit fich zufrieden zu feyn. Ein folcher 
ſieht auch nicht mehr die natuͤrl. und leibl. Uebel, 
welche ihn f£reffen, und ihn auch nach der koͤrperl. 
Naturverbindung, 3. DB. als Folge der Wolluſt, noch 
ferner treffen müffen, ale Strafe oder Solgen deg 
Mißfallens Gottes, welches er nicht verdient habe, 
fondern als ein Erziehungsmittel zur Tugend an, die 
ihm auch erleichtert wird, weil er nicht mehr Sünden 
auf Sünden häuft. Denn nur Uebel, die einen M. 
£reffen, an welchen Gott ein Mißfallen hat, find nach 
der Bibel Strafen Gottes, weil fich der_M. folche 
als Erinnerungen an Gottes Mißfallen zurechnen fol. 
Nur fo lange ift der M. ftrafbar, d. h. ein Gegenftand 
des richterlichen Mißfallens Gottes, fo lange er 
Hofe ift. Er hört aber auf firafbar zu feyn, fo bald 
er aufhört, böfe zu feyn. Die Sunde ftrafte fich ent: 
weder felbft oder fie ift beftraft worden, fo lange er 
bofe war... Dem Gefege ift genug gethban, denn dieß 
erklärt den Bofen nur fo fange, als er bofe ift, für 
firafbar. So bald der Ehrift wahrhaftig Chrifto 
glaubt, daß er nur durch Tugend Gott mwohlgefällig 
werden fönne, und fich daher von allem Bofen los— 
fagt, der Sünde abſtirbt und der Gerechtigkeit lebt, 
kann der M. auf Verg. d. ©. rechnen. So bald der 
SM. die wahre Uebergeugung von der Lehre Jeſu an 
genommen hat, daß er nur durch Tugend Gott wohl- 
gefällig werden Fönne, und daher auch feine Gefinnung 
wirklich gebeflert hat, alles Gute — umd nur das 
Gute zu lieben und alles Bofe zu haffen angefangen 
bat, erfolgt die Zuficherung auf Berg. d. ©. 


Wenn man bedenkt, dab im m. Teſt. bey der Vergeb. der Suͤnden⸗ 
firafen immer nur von pofitiven Strafen der Sünde die Rede 
ift, die die M. vollig willeährtich dachten, und wobey es einer 
Berficherung zu ihrer Beruhigung bedurfte, daß diefe willkuͤhri. 
Strafen Gottes in der neuen Wei, nicht flatt finden Eonnten, 
wenn fih die M. nur aufrihtig befferten : fo wird inam. tiefe 
Exil. von Sündenverg. deshalb, ſo wie wegen des oben 
&. 492 Öefagten aunehmlich fürden, Won der völligen Ver⸗ 
nichtung ver natuͤrl. ſchaͤdl. Folgen ift die Eundenvergebung 
nicht zu verſtehen. Koch's Erklärung in dev S. 490 angef, 
Diff. iſt folgende: Verg. 8. ©. heißt Gottes Erklaͤrung, daß 
unfere Suͤnden ihn nicht hindern follen, um uns feine Kiebe 

zu 


ne ' 497 
Vergebung der Sünden, (mas iſt darunter gemeint?) 


u entziehn, Wohlthaten zu erzeigen, und uns ſeines Schutzes 
 außerorventlich zu würdigen. Es iſt ſeine Erft., dab wir ihn 
nicht wegen unferer Froͤmmigkeit, die nichts ift, fordern aus 
andern Gründen lieb und wohlgefikig find, und fle iſt die ges 
mächte Hoffnung, daB wir durch feine Huͤlfe und ſ. Beyſtand, 
falls. wir die ung gemachte Bedingung annehmen, ven Zweck 
des Geſetzes, Heilige, und was damit verbunden ift, Gluͤckſe⸗ 
ligkeit erlangen koͤnnen. 


Um des Todes Jeſu willen — der beſſernde 
Suͤnder dieſes tar des gottlichen Wohlgefal— 
Ien®., Der Lod Jefu ft t ihm ein Unterpfeno von 

„Berg. en. 300.3, N EuGr 24, 63, 
19; 26, 18. Er ficht die mit Jeſu — unfchuldig u. 
freiwillig erduldetem Tode verbundenen Leiden alg 
Denkbilder von den göttl. Strafen an, die er mit ſei— 
nen Suͤnden verdient haͤtte, ſ. oben Tod Jeſu, und 
II Cor. 5 21. ogl. n. a. d. Bibl. Xle t. 
SG; 396. 

Die Sündenpers. iſt moͤglich; denn 
1) die Schuld des Suͤnders laͤßt ſich freilich durch 

fkeine nachherigen Tugenden aufwiegen; denn mehr zu 

thun, als die Pflicht gebietet, iſt unmoͤglich. Aber 
indem ein Suͤnder ſich beſſert, veraͤndert er ſittlich 
ſeine Perſon; er zog mit dem alten M. auch die Schuld 

aus. Im neuen Zuſt. kann er ſich alſo nicht mehr 
dieſelbe zurechnen. 

2) Sit der Schuldverlierung kann fich der fich Def 
ſernde nicht mehr dag Leiden, verbunden mit dem. Bes 
wußtſeyn der Schuld, denfen. 
3) Vor Gottes Gericht hat der M. nicht die Folgen 
der Suͤnde, die freilich noch fortwaͤhren, aber unter 
der Aufſicht der alles zum Welt-Beſten lenkenden Vor— 
ſehung ſtehen, ſondern immer nur die Sittlichk. ſeiner 
Geſinnungen zu vertreten. 


Da der Ausdr. Suͤndenvergeb. ſo oft im n. Teſt. vorkommt, 
und derſelbe, fo wie der Ausdruck Sändentilgung, Ap. 
Geſch. 3, 235 Pf. 51, 3. einer richtigen Erkl. bedarf, indem 
es dem großen Volkshaufen gewoͤhnlich an einer richtigen Vor⸗ 
ftelung yon BO. fenit, welche mitzutheilen. vielen 
Vorurth. und der daraus entſtehenden Unſittlichkeit oder falſchen 
Beruhigung vorbeugt: ſo darf man in den oͤffentl. Religions⸗ 
vortraͤgen fo wenig ſich des Ausdrucks Suͤndenverg. ents 


Ehrift. Gh ‚Lehref. d. Sanzelgebr, 3Th. Bag: 


498 — — 
Vergebung der S., (hoher Werth der —) [Anwend.] 


halten, als auch nicht ganz diefe Materie in den öff. Relss 
Vortr. unberührt Iaifen. | 


II. Hoher Werth der Verg. d. ©. 

1) Sie erftredt ſich auf alle Suͤnden fuͤr denienigen, 
welcher ſeine Suͤnden pr, bereut und ſich beſſert, 
I Job. ı, 7; Rom. 5, 20 

2) &s ift eine Wohlthat für alle M. „ohne Unterfchied, 
wenn fie fich mirflich beffern, felbft für die, welche wie— 
der in Suͤnden, aber unvorfäglich, ſan und aufs 
neue fich wieder beffern. 

3) Sie gewaͤhrt Turchtlofigkeit, Freudigk. zu Gott u. 
innere Ruhe. Sie ermuntert zur wirklichen Vollen- 
dung guter Entfchlüffe und zur eifrigen Sührung eis 
nes fugendh. Wandele. Mer der Vergeb. f. ©. 
gewiß ift, wird nicht mehr, mie der Anfittliche, von 
feinen Gewiſſen angeflagt, daß er an. feiner Anfeligs 
feie felbft fchuld fen, Ezech. 18, 21:23. 27. 28. 32. 


IV, Anwendung. 


A. Wodurch erhalt man Säuteneländb: ee 

1) Richt durch bloße Abbitte, nicht durch winſelnde 
Anklagen als eines großen verdammungswuͤrdigen 
Suͤnders, nicht durch bloße muͤndliche Zuſage der 
Beſſerung. Dazu kann die Sehnſucht, von Schmerz 
und von Furcht frey zu werden, treiben. Dabey kann 
man ſich blos auf Jeſu Tod verlaſſen, ohne ſich in 
der That zu beſſern. 

2) Fran den Glauben, daß man burch Jeſu Tod er- 

ey. 

Vgl. Heym's Predd. für Landl. üb. die Epiſteln, 
©. 409:417: „Chriſten erhalten ihre Suͤndenvergeb. 
durch den Glauben an Jeſum.“ 

3) Wenn man von Sünden frey zu werden fucht, oder 
° irklich aufhört zu fündigen. Feſter und ernftl. Ent- 
fhluß und Anfang Gotf zu gehorchen, iſt die unums - 
gängliche Bedingung, ohne welche nicht Merre von 
Thraͤnen, nicht ein iahrelanges Winfeln und Heulen, 
nicht ein DBerlaffen auf Jeſu Chr. Verdienft, Fein Ver— 
fprechen, fein v. d. Surcht auggepreßtes Gelübde, von 
den fich felbft zugezogenen Uebeln befreit zu twerden, 
ung der wahren FSreudigfeit zu Gott u. des Gemiffens 
theilbaftig machen kann. Dieß fagt Petrus Ap. ©. 3,19. 





V. 499 
Vergebung der Suͤnden, (Anwendung.) 


deutlich. Ohne redliche Sinnesaͤnderung, ohne Beſſ. 
der Geſinnungen und des Verhaltens iſt V. der S. 
unmoͤglich. Haͤtten wir tauſend Mittler und tauſend 
Fuͤrſprecher, und koͤnnten wir tauſend Suͤhnopfer 
bringen, ſo wuͤrde doch dadurch das boͤſe Gewiſſen 
nicht in ein gutes umgeſchaffen. Wer gottlos lebt, 
kann unmoͤglich die Freuden eines von der Suͤnde 
entledigten Herzens genießen, Roͤm. 3, 22. 

Die Mittel dazu ſind: man ſtrebe nach wahrer 
Gelbfterfenntniß, und habe einen ernfllichen Willen 
von ©. [08 zu werden. Man übe fih im Guten und. 
Jaffe vorzüglich feine Liebe wirkſam feyn. 

„Es gibt fehändliche Leute genug, welche meinen, 
fie haben die Vergebung der Sünden, wenn fie 
„nicht anfangen, das Dofe zu laffen. Dieß gehe 
‚aber firafs wider die Vergeb. der Sünden. Denn 
„dieſe will beides haben, daß man das Unrecht bes 
„kenne und davon ablaffe. Dabei machen fie auch 
„ihre Sünden gering und fagen: ih weiß nichk 
„fonderlihe Sünde, die ich gethan habe, ich bin 
„Fein Ehebr., fein Dieb, fein Todtfchläger! Aber ift 
„auch dag Herz rein? Das find nur grobe und ges 
„malte Sünden. Du mußt auch die bofen Gedan- 
„fen, die Lüfte und verftellten Gebrechen ablegen, 
„wenn dir die Vergebung zufommen fol *).% 


Rel.⸗Lehrer koͤnnen nicht genug ſich Mühe geben, den gemeinen Leus 
ten den Srrwahn aus dem Kopf zu reden, daB man fich der 
Berg. d. ©. bey einem umnfittl. Leben getröften Eönne, Sehr 
viele machen daſſelbe zu einem Pflaſter für das durch Lafier 
zerriffene Gewiſſen, um es auf Koften der GitrlichE. zu heilen. 
Die Sünpenverg. ift ihnen gleichjam eine Wechfelbude, indem 
fie ſich die moralifhe Schuld abichreiben laſſen, um auf gutes 
Sluͤck eine neue Schuld zu machen. Gewöhnlich befördert bie 
Lehre v. d. Berg. d. ©. fehr viele Traͤgheit in der Tugend 
und der gemeine Mann denkt ſich darunter einen wahren 
Eathol. Ablaß. Dem muB man vorbauen. Der Immer des 
Chriftenth. ift Fein anderer, als den M. vor Suͤnden zu bes 
wahren und zu einem menfchmöglichen tugendh. Leben zu fühz 
ven. Der aͤchte Chriſt darf nice fündigen, — Eben fo müfs 
fen die Nelsskehrer gegen das Vorurth. eifern, ald wenn man 
ohne Bei. auf bloße Keue und Betruͤbniß, oder auch auf den 





2) Tiſcher's Leben Luthers, zte A. ©, 148. 149. 
1:2 


ce 


500 i V. 2 
— der Sanden (Anwendung.) 


—bloßen Glauben an Jeſus Berg. d. ©. erhalten Bine wel⸗ 

‚ches geradezu alle Gittlichkeit aufheben würde, und wogegen 
die Bibel in fo vielen Stellen nachdruͤcklich eifert. Das Vor⸗ 
urtheil, daß Prediger Vergeb. d. 5, ertbeilen koͤnnen, muß 
ebenfalls mit allem Nachdruck beſtritten werden, weil dieß das 
allerverderblichſte und noch genug rung iſt. — 


Man benutze dieienige Zeit, wo wir * Verſtand 
und Kräfte zu unſerer Beſſ. haben, da uns Gott noch 
Mittel, Gelegenhh. und Ermuntt. gibt, die Sünde 
— — und täglich beſſer zu werden. 

Br) Man werzage nicht, wenn auch das Bewuůßtſeyn | 
unſ rer vorherigen Sünden erwacht. Bey redl. Eifer 

im ‚Guten findef Vertr. auf Gottes Güte ſtatt. 

| '2) Man bemahre die S.-DBergeb. banfbar und übe 
fich täglich in dem chriftl. Sinne, daß man nicht fer- 
ner beten dürfe: vergib — — Schul, Pure: er⸗ 
halte ff. Pſ. 86, 11. 

3) Man lerne davon, daß wir in Ruͤckſi cht Gottes 
Verg. unſerer S. hoffen koͤnnen, auch unſern Mitm. 
ihre Fehler und Vergehungen zu vergeben, und ſey 
gegen ſie geduldig, vertraͤglich, nachſichtsvoll und ver— 

foͤhnlich, Matth. 6, 14. 15; 18, 35; Marc. ı1, 25. 

Vgl. Lange und Schöner Lehren und Vorſchr. 
deg vern. Chriftenth. ©. 607 fr „wie follen unferm 
Nächften fo vergeben, wie ung Gott vergibt.“ 

Man vgl. überhaupt Magaz. f. Pred. gr Th, 
Nr. 97. ©. 101-9: „über die Bitte: vergib ung un: 
fere Schulden‘ (fehr gu); JR. ©. Beyer zur 
Aufkl. d. Volfsrel. in Predd. zr B. Ep. 1794. gr. 8. 
©. 41627: „warum läßt Gott den M. 009: 0-5. 
verfündigen ?” über Ev. am 19 ©. n. Er. ; Teller’g 
Mag. fi Pred. sn-B, 18 St Re TE SI I3T-161: 
„vd. d. Berg. 8. 6,:4 0b Er am Io en Zr.; 
Predigtenzur Widerlegung m Bilde 
wichtiger praft. Vorurth., Sref. 1796. 8. Nr. 4 
über die Lehre v. d. Berg. d. ©. über Col. 1, * 
Loͤffler's Predd. 3r B. 2fe Aufl., oder deffen Predd. 
dogm. und moral. Inhalts, ıfle Samml. Wr. — 
—J Sünden,“ üb. Ev. am y ©. n. Tr.; 
Cannabich's Predd. uber die Sonn » u. Feſttaͤgl. 
Evang. ar B. 2te YA. ©. 37791. „Warnung vor er 
nigen Vorurtheilen in Ünf. d. Berg. d. S.; Sins 


— 


. — V. 501 
Verhaͤngniſſe⸗ (was?) Vern., Gebr. der — ind. Rel.) 


„tenis Poſtille, ar Ih. Nr. 34. S. 355— 74: „ächte 
ebangel. Borfiell. der Lehre v. d. Verg. d. S.“ über 
‚Ep. am 3:6. n. Zr. über Luc. 15 Il-22. — — 


Berhängniffe. 


Sind folche unangenehme Vorfälle, welche den M. 
„durch eine Berbindung, von mancherlei und unvorher— 
Sgeſehenen Umſtaͤnden treffen, aus welchen dieſe widri— 

gen Zufaͤlle nicht geradezu fließen, die nicht unmittelbare 
naturuche Folgen von unſern eignen — — 
‚find, bey denen auch andere es eben nicht darauf 
legen, ung webe zu. thun, und die uns dennoch ſchme —* 
haft ſind. Man pflegt fie in einem befondern Ver— 
ande Gott zuzuſchreiben. — Diele Berbängniffe 
‚haben einen doppelten Zweck; 1) Zuweilen läßt 
Gott ſolche unangenehme Berhängniffe iemanden £refs 
fen zur Pruͤfung und Bewährung feiner Tugend, und 
sur Zubereitung auf andere wichtige ihm ſelbſt vor— 
theilhafte Werfaffungen, die er fonft nicht fo gu£ be- 
augen und anwenden wurde. Als geringere Uchel-u. 
als Mittel zu einem großern Gluck haben fie dann 
den Werth eines Guten und einer Annehmlichkeit. 
2) Zumeilen find fie aber als be ſondere Strafen anzu— 
ſehen, die Gott über jemanden verhängte. — — 


v ernunft, (Gebrauch der — in BET 


Bol. Döderlein’s inft, Th. chr. T. I. $.. 51:58. p. 197:212; 
deſſelben Reli, :Unterr,. ©. ı Wat, Zieftrune’s Eenfur 
de8 proteft. Lehrbegr, 'ır Th. Kay. V. üser den Werth der 
Vernunft in Religionsſachen. 


J. Was gehoͤrt zum Gebr. d. Bern. in Relis 
gionsſachen? 

Die Kraft unſerer Seele, wornach fie Dinge im Zu⸗ 
ſammenhange ſich vorſtellen kann, das ErFennbäre 
„deutlich und nach gemiffen Grundbegri ffen erkennt, und. 
alles beurtheilt, darf auf die Rel. angewandt werden, 
‚d.h. man foll vermoͤge dieſer $ Kraft Die Mel. prü- 
‚fen. (die Wahrh. der gottl. Dffens. untrfuchen, Die 
Gründe, worauf fie die Anſpruͤche ihres hohern Urs 
ſprungs macht, prüfen), durch dieſe Kraft d. S. die 
Bibel auslegen, die bibl. Begriffe durch dieſelbe bil⸗ 
den, entwickeln und befiimmen, diefelbe gegen einander 


502 V. — 
Vernunft, (Gebr. der — in Rel.⸗Sachen, wiefern?) 


halten, oder die Lehren der Rel. mit unläugbaren 
Wahrheiten, welche durch die Betr. D. SWelt-n. durch 
eigenes Nachdenken gefunden werden, -sufammen: hals 
‚ ten, die Beweife für die Nel.-Wahrhh. prüfen und 
dieſelben durch diefelbe führen, die Lehren des Chriftenth. 
mit den Belehrungen der natürl. Rel. vergleichen, u. 
ihre Zweckmaͤßigk. beurtheilen. Was die Vernunft 
bey ieder Art des menfchlichen Wiffens zu thun hat: 
Wahrheit fuchen und entdeden, erläutern 
und aufflaren, vertbeidigenundbefeffigen, 
ift auch in Ruͤckſicht der Rel. ihr Gefchäfte. Bel. 
Doderlein’8 Nel-Unterr. gr Th. ©. 30-f. 

Der M. wage nicht zu viel, und mißbraucht die 
Nechte der Vernunft nicht, wenn er auch den Inhalt 
der Schrift unpartheiifch prüft und die Güte derſel— 
ben unterfucht. Sie ift dag erffe, allgemeinfte — nas 
türlichtte Mittel, mwodurd Gott feinen Willen ung 
mitgetheilt hat, wodurch er ung zu moralifchen Werfen 
bilden und einer gewiffen Glück. in diefer und iener 
Welt fähig machen will. 

Nur muß man micht feiner Vernunft bis dahın 
Freiheit verflatten, 1) daß man deutliche Kehren der 
h. Schrift blog deswegen, weil man fie gar nicht, 
oder nicht vollig begreift,  verwirft, Denn bey den 
Schranken des menfchl, Verſtandes und der Uner: 
forfchlichfeit de8 Wefens und der Entwürfe Gotted, 
ift nichts vernünftiger, als ben goͤttl. Belehrungen 
‚ohne Vernünfteley glauben, fo bald man nach der 
prüfenden Bernunft einen hinlaͤngl. Grund fieht, dag, 
was ung als eine goͤttl. Belehrung vorgelegt wird, 
wahrhaftig für eine folche zu halten. Wie fann des: 
halb etwas irrig feyn, weil es. der eingefchränfte 
menfchl. Verſt. nicht faſſen kaun? Die Bern. muß die 
unbegreifl. Lehren der Offenb. fo lange gelten laffen, 
als fie feinen innern Widerſpr. zu zeigen im Stande 
ft 9); fe Seheimniffe. Ikn. II 1. 2r Sh. ©.7.8. 

2) Daß man nicht glaube, daß einzig und allein unfer 
Nachdenken zur Erf. Gottes, der Pflichten gegen ihn, 


*) Oder die Nel.:Lehren müffen nicht den erften Srundwahr: 
heiten der Vernunft widerfprechen. 


* V. 503 
Vernunft, (Gebr. der — in Rel.-Sachen, Gründe.) 


uns felbft und Andere binlänglih, alle Offenb. über: 
flüßig fey, die uns nichts Neues fage. / 
Bey der Auslegung der b. Schr. und bey Unterf. 
der dadurch herausgebrachten Lehren ift die menſchi. 
Vernunft verbunden, die gewiſſenhafteſte Sorgf. und 
Genauigk. zu —6 Man muß lauter ausgemaͤchte 
Wahrhh. der Bern. bey dieſer Prüf. z. Gr. legen, u. 
nach den Gefegen einer richtigen Ausl. müffen die 
Rel.- Lehren wirklich in der Schr. enthalten ſeyn. 


ll Kor. 10, 5, bat folgenden Sinn: Wenn gleich meine Gegner (die 
des Ehrifienih.) mit liſtigen Raͤnken und liſtigen Planen meiner 
Lehre entaegen arbeiten wollen, fo fürchte Ich mich doch nicht, 
Sch will Feine Liendende Beresfamkeit und Rednerkuͤnſte, die 
sen Verfiand überfchreien, fondern die geiſtlichen Waffen, 
die Kraft ver Wahrh. gebrauchen, um ihre Ränfe zu vers 
eiteln. Sch wil fie gleichfam gefangen nehmen, und durd 
meine überlegene Geiſteskraft zwingen, die Uebermacht der hr. 
Lehre — Bon einer fogenannten Gefangen— 
nehmung der Bernunft fieht in dieſer Stelle kein Wort, 


II. Gründe, daß wir unfere Bernunft in Keli- 
gionsfahen gebrauchen dürfen und follen. 
A. Heberhaupt. 

Nicht Wenige haben gegen den Gebrauch der 3. 
in Religiongfachen geeifert. Dieß gefchab entweder 
a) aus Trägheit, oder Liebe zur. Bequemlichkeit. Man 
ſcheuete den ermüdenden fihtwächenden Aufwand von 
Kräften; oder b) aus Wahrheitsſcheu, denn das 
Nachdenken über die Rel. klaͤrt ale unſere Pflichten 
auf, und gibt ihnen die gehoͤrige Ausdehnung. Wir 
lernen dann einſehen, wie weit wir noch in der Erf. 
derſelben zuruͤck ſind, und wie viel wir noch zu thun 
haben, um ff. Dieß iſt ein fuͤr Viele unangenehmer 
Spiegel; oder c) aus Aberglauben und Schwärmes 
rei. Denn iener tappt gern in der Sinfterniß und die- 
fer Fann ohne die Vernunft frei — Sie bringt 
alles auf Empfindungen zuruͤck, und laͤßt ſich blos 
von der Leidenſchaft leiten. Die Vern. aber zeigt der 
Einbildungskr. ihre Schranken, die fie nicht uͤberſchrei— 
ten darf, mäßige und mildert fie. Sie zeigt bie 
Schäblichkeit aller überfpannten Gefühle, befonderg 
der Rel.»Gefühle; oder d) aus Angewoͤhnung an eis 
nen gewiſſen fefigefeßten Glauben. Ver einer aufges 


Lu Be; 5 
Vernunft, (Gründe für den Gebr. d. — in d. Reh). 


nommenen langſt eingefuͤhrten Lehrvorſtellung — 
ergeben iſt, will nicht gern durch ſein Nachdenken vie— 
les unhaltbar, vieles als mit den ausgemachten Grund— 
fägen ver Vern. unvereinbar finden. Er flieht des— 
halb die Vern. wie eine Schlange. Deshalb ift eg 
nothwendig, ſich mit Gruͤnden von der Freiheit, 
unſere V. ind. Rel. gebrauchen zu duͤrfen, 
zu uͤberzeugen. Se 
1) E8 ıft nothwendig. 
a) Die Fragen: was babe ih vom Urheber. eins 
Daſeyns zu denfen? Was von meinen Verhältniffen ‘ 
gegen ihn? Welche Gefinnungen bat er gegen mich? 
Was verlangt er von mir? Wo finde ich die befte 
Belehrung über ihn und ſ. Willen? Was habe ich 
fhon von ihm erhalten, was noch zu hoffen und zu 
fürchten? find für ung fehr wichtig. Durch den in 
der Jugend erhaltenen vielleicht mangelhaften Rel.- 
Unterricht. bleibt ung einiges hierüber noch dunkel u. 
zweifelhaft. Unſere Rel.-Erk. iſt oberflaͤchlich, wir 
—94 nur trockene Saͤtze, kennen aber nicht ihre Be— 
weiſe und Anwendung. Einem zum Denken aufgeleg— 
tem Geifte wird e8 unmoͤglich feyn, jenen Fragen feine 
Aufmerkf. nicht zu fehenfen,; aber das, mag er bisher 
zu ihrer Beantw. weiß, mird er ungulänglich, nicht 
vollig richtig und wahr finden. Ohne Nachdenken 
würde unfer Glaube Leichtglaͤubigkeit, er beruhte 
auf VBorurtheilen, er hinge von der Lift und dem Be— 
fruge berrfchfüchtiger und eigennüßiger oder von den 
Einfallen ſchwaͤrmeriſcher M. ab. Ohne den Gebr. 
der Bern. koͤnnen wir nie zu einer richtigen Er⸗ 
fenneniß der Nel., niemals zu einer feften Ue— 
berzeugung v. der Wahrh. derfelben tommen. Der in 
der Tugend erhaltene Keligiongunterricht gab ung nur 
eine gefchichtliche Kenntniß derienigen Glaubenslehren, 
welche in der Relh. in welcher wir geboren find, ge— 
Ichrt mwerden. Wurde auch derfelbe mit Gründen, 
warum fo und nicht anders gelehrt wird, unterftüßt, 
fo waren diefe entweder unverſtaͤndlich, oder man hat 
ſie vergeſſen, oder wenn wir ſie noch wiſſen, ſo haben 
wir uns doch nicht die Muͤhe gegeben, ihre Tauglich— 
keit, Staͤrke und Feſtigkeit zu unterſuchen. Dieß vers 
anlaͤßte bey M., die von Natur eine Steifigkeit des 


| V. 505 
Vernunft, (Gruͤnde fuͤr d. Gebr. der — in d. Rel.) 


Geiſtes haben, eine blinde Nachbeterei. Ihre Rel. 
Erf. iſt gerade wie die Rel.Erk. unferer Däter. Sie 
halten fie für die befte — allein wahr u. feligmachenp. 
Sie verfechten ihre einmaligen Meinungen fehr heftig; 
nichts in der Welt kann ſie davon abbringen. ENT.) 
fpätern Jahren find fie zum Prüfen zu trage, an ihre 
Meinungen zu fehr gewohnt und wohl auch zu furcht> 
fam, bie oder da nachzugeben, weil fie beforgen, daß 
alles umftürze. Gie haben alfo Feine richtige Erf. u. 
feine fefte Ueberz. Fluͤchtige Koͤpfe aber ſchwanken 
unaufhorlich, ſie ſind in einer anhaltenden Ungewiß— 
heit. Sie hoͤren und leſen vieles, was ihren Meinun— 
gen widerſpricht, gerathen auf Zweifel und koͤnnen ſich 
dieſelben nicht heben, weil ſie nachzudenken nicht gelernt 
haben. Leichtſinnige Koͤpfe ſpringen von einem Aeuſ— 
ſerſten aufs Andere, vom Abergl. zur Gleichguͤltigkeit, 
zum Unglauben, zur Nel.—fpötterei und am Ende zur 
religiöfen — Der blinde Glaube ſtuͤrzt uns 
alſo gewiß in einen oder den andern Abgrund. Wahr—⸗ 
beit und Irrthum, Recht und Unrecht, Zug. und La- 
fier, die Stimme Gottes und die Stimme des Bes 
trugs laffen fich nur durch die Anwend. unferer Bern. 
Bon einander unterfcheiden. Ohne fie fönnen wir die 
| DOffenb. Gottes nicht recht erfennen, verfichen und ge- 
horig benußen, nie unferes Glaubens aus wahrer — 
inniger Ueberz. gewiß werden. Denn Ueberzeugung 
erhalten wir nie anders, als durch Pruͤfung und Ab— 
waͤgung der Gruͤnde, worauf die Wahrh. einer Lehre 
beruhet. Kennen wir fie auch, fo muͤſſen wir ihre 
Demweisfraft unterfuchen. Denn man hat oft zu. viel 
bewieſen, oft die Sraft eines Beweifes zu weit aug: 
gedehnt, oft den Drt, wo feine eigentliche Stärke lag, 
überfehen. Das veranlaße Verwirrung und nimmt 
ung gegen die Wahrh. ein. Haben wir felbit die 
beften Beweiſe aufgefunden, ſo maͤſſen wir ſie geſchickt 
zuſammenordnen, damit die Wahrh. unerſchuͤtterlich 
ſtehe. Dieß Geſchaͤfte kann kein anderer an unſerer 
Stelle verrichten; derſelbe kann hoöchſtens nur ung dag 
Auffuchen der Gründe erleichtern. Auf diefem — freie 
lich muͤhſamen Wege erhalten wir allein eine feſte — 
aewiffe Erk. Diefe muß ung doch viel werth ſeyn. — 
Die Dern, iſt alfo dag Licht — das Auge unferes 


506 V. 
Vernunft, (Gründe fuͤr d. Gebr. der — in d. Re) 


Geiſtes. Wer wird wohl gern blind ſeyn wollen? 
Wahrheit ohne Deutlichkeit gleicht dem Wan— 
deln des Blinden oder Bloͤdſichtigen durch angenehme 
Gegenden. Wahrheit ohne Gewißheit iſt wie 
der Beſitz der Guͤter, die iedem Raͤuber, ieder Flamme 
und Fluth Preis gegeben werden muͤſſen. 
b) Ein blinder Glaube reißt bald alles in eine wilde 
Schwaͤrmerei fort, denn dag Licht iſt ihm genom—⸗ 
men, welches ihm auf ſeinem Wege leuchten ſollte. 
Ihm waͤre es alſo faſt beſſer, gar feine Rel. zu haben. 
Die erhitzte Einbildungskraft glaube z. B. in Träu 
men — Gottes Stimme zu hoͤren u. ſ.w. 
ce) Die Offenbarung iſt nur die Beranlaf- 
fung zur Erweiterung der Kenntniffe und 
Ueberzeugungen, nur das Zufammenleiten 
son Vorflellungen in der Seele, welche ein- 
zeln und zerfireut fhon vorhanden find, 
und nun ineinefolche Verbindung gebradt 
werden, Daß aus ibrer Gemeinfhaft— neue 
Begriffe und Wahrheiten entfichen. | 
d) Die Bedürfniffe unferes Zeitalterg mas 
hen das Nachdenken in d. Rel. nothwendig. 
Denn man hoͤrt auf einer Seite uͤber Gleichguͤltigkeit 
in der Nel., auf der andern über eine ungeprüfte Rel.⸗ 
Erf. klagen. Welche haben Recht? Unter fo vielen 
großen und Eleinen Rel.-Parth. Fonnen unmöglich ale 
Recht haben. Keine Verbindung der Rel.-Lehren bes 
ſteht aber auch aus lauter Irrthuͤmern. Es ift daher 
gefägrlich Parthei zu nehmen. Wir erfahren auch 
nicht fogleich, auf weſſen Geite bie meifte Wahrh. ift. 
Zu welcher Parther wir ung auch wenden, allezeit - 
werden ung viele von den übrigen bemitleiden, und 
perfpoften, oder anfeinden, haffen und verfolgen. Wer 
ift überzeugt, daß er da oder dorf die meifte Wahrh. 
fände?! Das eigene Wahrheitsforfhen ift für 
ieden das befte Auskunftsmittel. Man trete auf Eeine 
Seite, fondern man gehe feinen eigenen Weg. Zum 
Wahrh.-Forſchen gehoͤrt der Gebr. und die Uebung 
unferee Vernunft, um fich nicht von Alterthum, oder 
von der Neuheit und vom Anfehen blenden zu laſſen; 
um das Wefentlihe nom Minder » wefentlichen, um 
Wahrheiten, die zunächft auf unfere Tugend Einfluß 


V. 507 
Vernunft, (Gruͤnde fuͤr d. Gebr. der — in d. Rel.) 


haben, von denen, welche ſich nur entfernt darauf be⸗ 
ziehen, zu unterſcheiden. 
Die haͤufige Leſung ſolcher Schriften, die in unſern Tagen entfernt 
oder geradezu die Rel.⸗Lehren — macht — das Strache 
denken nothwendis. 


2) Es iſt Fein anderes Mittel vorhanden, un— 
„fere Religionserfenntniffe lebendig und 
wirffam gu machen, ald durch ein vernünf- 
tiges Nachdenfen B — wir die Religions— 
lehren von allen Seiten, uͤberzeugen wir uns immer 
mehr von id er Wahrheit, Endpfen wir fie unvermerkt 
an unfere übrigen Borfielungen, fo machen wir, daß 
fie ung geläufiger werden, und dann Fonnen wir fie 
auf alles, wag wir denfen, reden und thun, mit grof- 
fer Leichtigf. anwenden. Denn e8 ift der Natur der 
Seele gemaß, daß die Erf. eines wichtigen Gegenſtan—⸗ 
des deſto lebendiger und wirkſamer wird, ie anſchauen— 
der und deutlicher wir uns ſeine Beziehung auf uns 
vorſtellen. Dieß letztere geſchieht durch ein oft wie— 
derholtes vernuͤnftiges Nachdenken. Durch alles 
Streben nach Erk. will doch der M. weiſer, beſſer, 
vollkommner Si nun unfere Erf, nicht lebens 
dig und wirffam, d. i. kann fie nicht unfer Begeh— 
rungsvermogen zu er Wahl de8 Beſten beftimmen, 
fo ift fie unnüß. Se geläufiger ung alfo die Rel.- 
£ehren werden, ie mehr wir ihren Zuſammenhang mit 
unſerer Gluͤckſ. einſehen, ie geſchickter wir ſie anwen— 
den lernen, deſto lebendiger und wirkſamer wird un— 
ſere Erk. davon ſeyn. Verſaͤumt man es, daruͤber 

nachzudenken, fo hindert man die Aufklaͤrung der Be— 
griffe, fo macht man das Unfchließgen an unfere übris 
sen Borftelungen unmoglich, erftickt den Gedanfen an 
den Einfluß, welchen fie auf unfere Rube und Zufr. 
haben und benimme dieſen Vorſtellungen alle Kraft, 
auf ung zu wirfen. 


3) Ohne Nachdenken über die Rel. iſt es unmoglid, 
Daß fie die Duelle einer Tugend und fefter 
Nechtfchaffenheit werde. Unſere Vorſtellungen 
bangen mit unfern Begierden genau zufammen. Je 
nachdem wir uns etwas als gut oder nicht gut vorfiel- 
ken, ie nachdem wuͤnſchen oder verabfiheuen wir etwas. 


508 | Bi; 
Vernunft, (Gründe für d. Gebr. der — in d. Rel.) 303 


Die Begriffe und Vorſt. von gut — böfe, wohl oder 
uͤbel — find fie auch dunkel, fie beffimmen ung den— 
noch. Unſere Handl. richten ſich flets nach der Leb⸗ 
—— unſerer Erk., mag ſie auch irrig oder wahr 
ſeyn. Wer von einer ſchaͤndl. Handl. die voͤllige Ein⸗ 
ſicht un Ueber. von der Abſcheulichk. und den uͤblen 
Folgen hat, wird ſie nicht mit kaltem Blute begehen. 
Die Rel.-Lehren koͤnnen uns am beſten Tug. u Rechts 
ſchaffenheit einflößen. Dazu iſt aber nöthig, fie oft 
durchdacht, von allen Seiten betrachtet, u. ihre Kraft 
wohl erwogen zu haben. Mir muͤſſen genau wiſſen, 
was ſchicklich — anſtaͤndig, pflichtmaͤßig, was mit un— 
ſern Verhaͤltniſſen gegen Gott und unſerer Beſtimm. 
auf Erden vereinbar oder was ihnen widerſprechend 
iſt. Wir muͤſſen genau wiſſen, durch welche Beweg— 
gruͤnde die Rel. uns zu bewegen ſucht, die leicht herr— 
ſchend werdende Sinnlichkeit zu uͤberwaͤltigen und dem 
Rufe der Pflicht zu folgen. Man muß folgendes un— 
terſuchen: was iſt nach der Rel. gut? was boͤſe? was 
befördert unfer Wohl? was verurſacht unſer Wehe? 
Auf welchem Wege kann ich vollfommmer, Gott ähn- 
licher , glücklicher werden? Man muß die Beantwort. 
diefer Fragen als wahr und richtig mit fefter Ueberz. 
anerkennen, - fie fich fiets lebhaft vorftelen und feine 
Handl. darnach anordnen. Daß ift der erfte Schritt 
auf dem Wege zur Tugend. Allein hiezu wird ein 
beſtaͤndiges Bewußtſeyn ſeiner ſelbſt, eine nie ermuͤdende 
Aufmerkſamkeit, eine Feſtigkeit des Charakters erfor— 
dert, welche wieder Fruͤchte des anhaltenden Nachden— 
feng find. Der Alüchtige — tiber alles hineilende, fi ſich 
mit bi oßer oefchichtlichen oder bildlihen Erf. begnü- 
gende Geiſt verfpricht Feine folche Früchte. Er kann 
nicht eigentlich tugendhaft, nicht aus Grundfägen der 
Mel. rechtſchaff en ſeyn, weil er ſie nicht kannte — nie 
pruͤfte. Sein ——— erſetzt ihm dieſen Mangel 
nicht. Ihm kann die Mel. niemals Duelle der zug. 
werden, weil er fie nicht kennet. Ja feine in. der Ju— 
gend eingefogenen irrigen Diel.- Begriffe, Die er nie weg— 
fehaffie, werden ihn zu Kaltern führen, wenigſtens 
fcheinbare Entfchuldigungen feiner Vergehungen an- 
bieten. Eine durch vernünftiges Nachdenken geläu> 
terte el.Erk. bewahrt ung vor dem fihadl. Einfluß 


| DIR 509 
Vernunft, (Gründe für d. Gebr. der — in d. Rel,) 


derienigen irrigen Rel. Meinungen, welche die Tugend⸗ 
kraͤfte des M. laͤhmen, z. B. daß der M. iS 
fey zum Guten, daß der Te* über den M. Macht 
babe, oder auf ihn wirfen fönne u. f. w. Je mehr 
wir unfere Berhältniffe gegen Gott und gegen unfere 
Mitgefchöpfe einfehen, ie mehr wir uns an die leb— 
hafte Erinnerung derfelben gewohnt haben, deſto we- 
niger werden wir mit Bemußtfenn gegen unfere Pflicht 
handeln. Ber alfo in feine Kel. Wahrbeit, Deutlich» 
feit, Gewißh., Leben und Wirkſamk. bringen will, der 
muß oft, ſorgfaͤltig und ſtrenge uͤber die Rel. nach— 
denken. 
Ah „Wodurch ſollte der todte Buchſtabe d. h. Schrift 
„Leben im Menſchen erhalten, wenn ihm nicht die 
„Vernunft gleichſam eine Seele gaͤbe, wenn ſie ſich 
„nicht mit dem geoffenbarten Unterricht beſchaͤftigen 
„und alſo vor allen Dingen den Sinn deſſelben zu 
„verſtehen ſuchen ſollte? Das bloße Leſen und Her— 
„ſagen geoffenbarter Worte, ohne daß der Verſtand 
„und durch dieſen das Herz daran Theil nimmt, 
„kann doch nicht die Kraft haben, beſſere M. zu 
„machen, Liebe zu Gott und zur Tug. im Di. herz 
„porzubringen, und dieß fol und muß doch der 
„Zweck der Offenb. feyn. Der Glaube fann, nicht 
„pie: Stelle der Vernunft erfegen; wenn er fein blin- 
„Der Glaube feyn fol, der fietg der Gefahr unter: 
„worfen ift, fich felbft zu täufchen oder von andern 
„betrogen zu ſeyn und zu werden: fo muß die Ver— 
nunft ihm Grunde darreichen; denn Slauben heißt 
„nicht: etwas ohne alle. Gründe für wahr halten. 
„Sol alfo die Bern. ſich gar nicht mit der Offenb. 
zbefchäftigen, fo würde eine immer fortgefigte uns 
"mittelbare Offenbarung an ieden Einzelnen insbe-⸗ 
a erforderlich feyn, die dasienige erfegfe, was 
die Bern. zwar thun kann — aber gegen die Of— 
„fenbarung nicht Da Bi MD). 
Der Gebr; der Bern. in: der Nel.if unbe 
denflid. Denn 
a) Gott fann nicht den Gebr. der Bern. unterfagt, ha: 
ben. Denn da er ſie uns als das hoͤchſte Geſchenk, 





510 V. 
Vernunft, (Gründe fuͤr d. Gebr. der — ind. Rel.) 


welches er ung miftheilen Fonnte, gegeben hat; fo kann 
er nicht den Gebr. derf. verbieten. Letzteres wäre ge - 
gen dag erfiere ein Miderfpruch und es wäre abge⸗ 
ſchmackt. Es wäre auch der ärgfie Unfinn, wenn wir 
glauben wollten, daß überall die Bern. zu gebrauchen 
frey fiehe, nur in der Nel. — alfo gerade da, wo e8 
ung am meiften darum zu thun iſt, ſelbſt und richtig 
zu fehen, fen e8 ung verboten. Die Bern. iſt ia die 
erfte Duelle der Rel., felbft bey der Dffenb. fann man 
ihrer nicht entbehren, denn man muß die Wahrh. der- 
felben prüfen. Die Rel. ift nur für die Vernunft da. 
b) Die hriftl. Rel. fheut feine Prüfung. Un— 
moglich fann eine wahre Nel. ‚mit den Grundfägen 
einer wahren Weisheit und mit ausgemachten 
Vernunftwahrheiten derfelben flreiten. Denn auch 
die Vern. rührt von Gott ber, welcher durch die in 
der Welt getroffene Einrichtung der menfchl. Vernunft 
eine Anzahl wichtiger Wahrhh. hat befannt machen 
wollen. Die Dffenb. behauptet ia nichts in fich felbft 
oder andern unlaugbaren Wahrheiten Widerfprechens 
des, fie macht vielmehr durch gefchiefte Berfnüpfung 
mehrerer chriftl. Begriffe und Gäße unter einander 
iede derfelben wirffamer und brauchbarer. Bern. und 
Schrift find auch nicht als einander entgegengefegte 
Dinge anzufehen. Sie ſtimmen mit einander überein, 
und follen einander unterftügen und ergänzen. Es 
find gleihfam zwey Tochter eines Vaters, 
zwey friedlihe Schweftern, die für einan— 
der leben, einander rathen, und ſich wech- 
felfeitig unterffüßen, um Liebe und Ach: 
tung für Wahrheit zu befsrdern. 
5) Die h. Schrift fordere uns zum Gebr. der Vers 
nunft, zum eigenen Nachdenken und Unterfuchen auf; 
Ef. 40, 26; I Sheff. 5, 21; I For. 10, 155 Matth. 
6, 26-305 7, 15:20. — — 1l Tim. 2, 7; Epb. I, 15: 
18; 5, 17; I $or. 14, 20; Col. ı, 9:11. wird ia auch 
das Zunehmen in eigener. Einfiche angepriefen. Daß 
felbe ift nothmwendig, vgl. Doͤderlein's Rel.Unterr. 
11r ©5243 f 
B. Ingbefondere dafür, daß die Vernunft die h. Schrift 
auslegen darf. Die Geſetze der richtigen Auglegungs- 
£unft find lauter Ausſpruͤche der menſchl. Vernunft 


| V. 511 
Vernunft, (Anwend. v. d. Gebr. der — in d. Rel.) 


und das feine Gefuͤhl, welches den Ausleger leiten 
muß, iſt nichts anders, als eine durch viele Uebung 
zur ſchnellen Empfindung des Wahren und Salfchen 
gewoͤhnte Vernunft. Dann, wenn Die Rel.-Lehren 
aus Vergleichung mehrerer Stellen gefolgert oder in 
eine gewiſſe Verbindung gebracht werden muͤſſen, iſt 
gewiß die Vernunft nothwendig. 


— Anwendungen. 
1) Man erkenne den Werth der menſchlichen Vernunft 
in Ruͤckſicht einer gereinigten — aufgeflärten Rel.⸗ 


und Gofteserkenntnig mit allem Danf, Die Vern. 
ift das einzige, wodurch der M, einer Rel. empfäng- 
lich if. Sie ift ihm keinesweges an der Beförderung 
feiner zeitlichen und ewigen Wohlfahrt hinderlich. 
2) Sein M. foilte eg ſich eſehen die Freiheit ſeiner 
Mitm. im Gebrauche ihrer Vern. einzuſchraͤnken. Ueber 
die Seelenkraͤfte eines Andern herrſchen und ſeiner 
Vernunft vorſchreiben zu wollen, wie weit ſie zu gehen 
habe oder nicht, iſt eine frevelnde Anmaaßung. 
5) Man misbrauche die Bern. in a 
fahen nicht. Es ficht ung frey, mit der Bern. die 
Rel.⸗Lehren zu prüfen, an dem, was nicht mit Grüns 
‚den beiwiefen, fondern als bloße Behauptung aufge» 
ſtellt if, zu zweifeln; Gründe und Gegengründe abzu— 
wagen, alles das aufzufuchen, was der Wahrh. noch 
mehr Stärfe und Seftigf. geben fann, und dag, was 
noch dunfel und verwickelt ift, mehr aus einander zu 
ſetzen. Es iſt uns erlaubt, dasienige nach vorgenom— 
mener redlicher — unpartheiiſcher Pruͤfung fuͤr falſch 
‚zu erflären, was die Vern. aus hinlaͤnglichen Gruͤn— 
den dafür erfennt und fo lange an der Wahrheit des— 
ienigen, welchem eg an faugl. Gründen fehlt, zu zmweis 
feln, big man demfelben folche mittheilt. Es Darf der 
M. das verwerfen, was mit den ausgemahten Wahr- 
heiten der Vern. in offenbarem Widerfpruch ſteht. Der 
M. foll freilich ſowohl die Lehren, als auch die Pflichten 
prüfen, um aud) die Gründe feiner Verpflichtung ges 
nauer Fennen zu lernen. Allein man muß auch bes 
fcheiden die Gränze der Bern. anerkennen und nicht 
alles, was dem M. unbegreiftich fcheint, gleich ver: 
werfen. a) Man muß nicht feine Einfichten zur ein: 
zigen Regel der Wahrheit, zum Maaßſtab der Süchtig- 


512 V. 
Vernunft, (Anwend. v. d. Gebr. der — in d. Rel.) 


keit in Lehren, zum Grund alles deſſen, was geglaubt 
werden ſoll, machen. Man laͤugne nicht gleſch das, 
was man nicht begreift; man finde: nicht ſogleich al⸗ 
les dag ſeicht, wozu man feine Stuͤtze findet; man er- 
Hare nicht dag als unnüß, wag men, ſelbſt entbehren 
kann. Denn der beſte Weiſe erhaͤlt taͤglich neue — 
beſſere Einſichten. Die Wahrh. iſt von einem uner⸗ 
meh chen Umfange und Menſchenvernunft ift von fehr 
eingefehränfter Faͤhigkeit; b) man wolle nicht alleg 
beurtheilen. Man maaße fich nicht an, alle Abſichten 
Gottes auszufpähen, alle Raͤthſel zu loͤſen, alle Ueber— 
einftimmung wahrzunehmen. Man vergeffe es nicht, 
daß man noch auf der Erde iſt. Man fuhr Gott zu 
eriennen, werfe ſich aber IE zu feinem Nathgeber 
und Nichter auf. ce) Man maaße ſich nicht an, 
atleg entfheiden su wollen. Denn die Blicke 
mehrerer M. in den Zufammenbang der Wahrhh. 
ſind ſehr verſchieden. Das Auge iedes Beobachters 
hat ſeine eigene Erſcheinungen. Jeder Geiſt hat ſei— 
nen eignen Gang, auf welchem er von Unterricht und 
Erf. zu Vorſtellungen, von Vorſtellungen zu Meinun— 
gen, von Meinungen zu Ueberzg. fortfchreitet. Unſere 
. eigenen vermeinten Ueberzeugungen WER oft wieder 
twanfend, und verſchwinden wieder. Man ſpreche alfo 
nicht von untruͤgl. Gewißh., von Zuverlaͤßigkeit. Man 

dulde vielmehr verfchiedene Meinungen. Das erſte, 
was die Vernunft gewiß weiß, iſt, daß der 
M. irren kann; — d) man laffe fih nicht in un— 
nüße uͤberfluͤßige Betrachtt. ein; — e) man bezweifle 
das nicht, was der gefunde Menfchenverftand) als eine 
gleichfan unmittelbare Erkenntniß für ausgemacht 
halt. f) Der Gebr. unf. Bern. muß ung zur 
Bildung des Herzens leiten, man mußfie 
 aufstebenanwenden Ifor. 13,2. (Sinn: beſaͤße 
ich alle Weish., koͤnnte ich noch ſo tief in die Wahrh. 
dringen, waͤre ich noch ſo ſcharfſinnig 21.) Liebe zu 
erzeugen, zu lenfen — zu ftärfen, ıft der erſte Ges 

brauch, den der M. v. f. Vern. machen Fann. : 

„Der Danfbare weiſe Eigenthämer der Vernunft 
„wird nicht. diefelbe fchlummern, nicht durch. die 
„Uebermacht der Empfindungen betaͤuben und ver— 
„draͤngen laſſen, er wird nicht geſtatten, daß —2 
aube 


7 V. | 513 
Vernunft, Verfhonung Gottes. | 


„Glaube die Unterfuchung bemme, daß die unge- 
„ſtüme Scwarmere die ruhige Betrachtung der 
„Bahrh. unterbreche und die fanftere Stimme der 
„Vernunft betäube, Er wird defto Fälter prüfen, 
pie bißiger der Eifer der Meinungen, Urtheile und 
„Gebräuche vertheidigend und geliend gemacht wer« 
„den fol. — — Er wird die Harmonie dee Glau— 
„bens mit der Vernunft unterfichen, die Nusfprüche 
„des Chriſtenthums mit den Erkenntniſſen des ges 
„meinen Menfchenverftandeg vergleichen, u. fo zwey 
große Lehrer der Menfchheit — Bern. und Offenb. 
„ſchaͤtzen, deren ieder, nach feiner eigenen Lehrart 
„Unterricht ertheilt, ieder deg andern bedarf, ieder 
„dem andern viel zu danken hat). 


Bal. — s Reden uͤber die wichtigſt. Wahrhh. 
ıc. ar Th. ©. 71:96: „vom verſchied. Gebr. d. Vern. 
u. Dffenb.“ ie. Spruͤchw. 20, 275 Spalbing’s 
vertraute Briefe über die Religion, 2te A. ©. 178 f.; 
Z0llifofer’8 Warnungen vor einigen herrſchenden 
Fehlern unf. Zeitalter, ©! 195 ff: „über den Werth 
und Gebr. d. ern. in Rel.-» Sachen; Predd. z. 
Deford e. freien und vern. Nachd. in der 
Mel. or B. (ganz, handelt von den echten d. Bern. 
in d. Rel.) Gsrliß 1795. ar. 8; Cannabich's Prr. 
über die Sonn» und fefteägl. Evang. ie B. 2te A. 
Leipz. 1797. 8. S. 32242: „vom rechten Gebr, der 
Bern. in der Mel.“ über dag Ev. am F. d. Verf. 
Marii; Ewald's Entww. üb. d. Sonn- u. Feſtt. 
Predd. 1798. 8. S. 163-168: „über den rechten Gebr. 
und Mißbr. der Bern. in RelSachen;/“ Predd. v. 
proteſt. Gottesgel. 7te Samml. Berl. 1799. gr. v. 
Nr..... „zuber die Herabwuͤrdigung der Vern. in Re— 
ligi onguangelegenheiten;“ 5 J. Fr. 36[1ner’s Predigt 
entwuͤrfe fürs Jahr — Berl. 1302. 1912.82. ©. 45 
f-: womit haben wir ung wegen deg fiheinbaren Wis 

derſtreits zwiſchen d. Bern. und Rel. zu beruhigen 2‘ 
über Ev. am ©. Oculi. — — 


ao nung Gottes. 


Döberlein’s Detstnten, Th. u. $. — S. Ni 85, 


514 V. 
Verſoͤhnung der Menſchen mit Got. - nu. 


Iſt derienige guͤtige Wille Gottes, wornach er die 
M. gar kein Elend treffen läßt, wenn es nicht zu ih⸗ 
rer Beſſ. nothwendig iſt, und wenn er durch Guͤte 
ſeinen Zweck, die Beſſ. der M., erreichen kann. 

Vgl. oben Langmuth Gottes, ar Th. ©. 205 ff. 


Verföhnung der Menſchen mie Gott durd 
den Tod Jeſu, Nom. 5, 10; II Kor. zZ 49° 20; 
1 Sob. 2, 2. 


Bor. oben d. Art. Tod Jeſu, I. 6. ©. 309. desol. die Art. 
Erldfung, Genugthuung, Vergebung er Suͤnde, 
und das hier Nr. II. ſtehende Reſultat. 

©, Tieftrunk''s Cenſur des chr. proteſt. — ar Th. 
Einleit. ©, LXIV ff. und Th. Il. ausfuͤhrlich; deſſelben ır 
Th. ır und 2r Anh.: „ob die kirchl. Verſoͤhnungslehre der 
Moral angemeſſen iſt u. ob fie einen prakt. Gebrauch habe?“ 
M. Carl Chr. Flatt“s philoſophiſch- exeget. Unterſuchung 
uͤber die Lehre v. d. Verſoͤhnung der M. mit Gott als ein 
neuer Beytrag zur endlichen Entſcheidung der dogmatiſchen 
Streitfragen, welche ſich auf dieſe Lehre beziehen, in 2 Thei⸗ 
len 1797. 8; Joh. Gottfr. Aug. Kroll's philoſophiſch 
crit. Entwurf der Verſoͤhnungslehre nebſt einigen Gedanken 
uͤber denſelben Gegenſtand von J. H. Tieftrunk. Halle 
1799. gr. 8. (15 Gar); W. Tr. Krug der Widerſireit der 
Bernunft mit ſich ſelbſt in der Verfühnungsichre dargeſtellt u. 
aufgelöft, nebft einem Entwurf einer philofoph. Theorie, Zülz 
lichau u, Freyſtadt 1802, 8. (12 Ser.) — (Bahrdt’s) 
Apol. d. Bern, ©. 16:27: „was ift die Derfühnung?‘ ins: 
befondere ©. 194208: „sie Berfühnungsdichre des Syſtems 
bewirkt weder Beil. noch Beruf. des M., fie ſchadet vielmehr 5" 
Mori comm. in epit, T. II. p. 94 fq. 98 fq.; Ummon’& 
will. prakt. Theol. 9. 187 f. ©. 210 ff; Casrmann' 4 
Handb, d. Gl.⸗Lehre 3r B. ©. 560 ff. 

Es wäre wirklich beffer, wenn man in — u. Katechi⸗ 
ſationen den leicht zum Mißverſtand fuͤhrenden oder doch einer 
langen Erklaͤrung beduͤrfenden Ausdruck: Verſoͤhnung, 
wegließe. 

„Verſöhnung ſcheint, man mag einen Begriff unterlegen, wel⸗ 
„en man will, mit einer reinen Zugend = und Religionslehre 
„durchaus umvereinbar *).“ 

Der Begriff Verſoͤhnung iſt wie ver: Vergeb. d. Sünden, 
mehr eine Borftelung des M., als etwas, was zu Gottes 
Rathichiäffen gehörte, Die Redensart: „Der M. hat Vers 
„gebung bey Spott erhalten, er ift für fromm und gerecht 











) A. L. Zeit. 1801. ir B. ©, 40, 


V. 515 
Verſoͤhnung der M. mit ot, (iftes ein haltb Begriff?) 


„erelärt worden, und ähnliche, bedeuten nichts anders, als: der 

oh. weiß es und ift uͤberzeugt, daB er von Gott nichts zu 

„Ffuͤrchten habe, fondern daß er vielmehr Gott, welcher ſelbſt 

„alles Boͤſe haſſet und das was Necht ift, thut, lieb und werth 
en „ſey *), “ ; ' 

„In neuern Zeiten haben die Theolvgen behauptet, daß der Tod 
* „Jeſu Chr. nicht eigentlich als ein Berſoͤhnungstod genommen, 
Cangeſehen) und nicht als ein Bewegmittel der Verführung 

Gottes und der Sünden: Bergebung betrachtet werden Eünne, 

„Sie unterfiünten diefes mit folgenden Gründen: — 1) Gott 
„bat nicht die Opfer im a. Teſt. befohlen und angeorönet, ſon— 
„dern ite haben unläugbar der Schwachbeit und der Sinnlich⸗ 
„keit der M. ihren Uriprung zu verdanfen, Wie Eonnte er 
„ste wie ein vollgältises Sühnopfer im n. Teft., da er eine 
„reinere beffere Reli. einführen will, anordnen und für ſchlech⸗ 
„terdings nothwendig halten? — 2) Moſes hat den Iſraeliten 
pie Menſchenopfer durchaus als Greuel im a. Teſt. verboten; 
„wie Eonnte nun das im n. Teſt. von Gott gebilligt, ia sar 
„geboten, und von ihn ſelbſt veranftaltet werden? Nimmt matt 
„dieſes an, fo widerfpräche fidy ia ©ort felbfi. 3) Es ift die 
„Verſoͤhnungstheorie der alten Theol. überhaupt wider 
„Die geſunde Vernunft, Denn a) Öott Eonnte ſich ia ſelbſt 
„nicht aufopfern, und die Mi. mit fich verfühnen. b) Ein una 
„endlich lievevoler Gott, welcher unverinderlich- liebt, kann 
„nicht boͤſe werden und eines Mittlers bedürfen, um Wieder 
„gut zu ſeyn. — © Die Beſtrafung eines Unſchuldigen, ſelbſt 
„wenn der Unfchuldige fie freywillig übernähme, wäre Gott 
„unanſtaͤndig. — d) Die Zurechnung des Verdienſtes Ehrifti 
„reimt fich nicht mit den Zwecken Gottes; — a) nicht mit det 
nö Wwecen der göttlichen Strafen, und 6) nicht init dem Zwecke 
„des gvoͤttl. Geſetzes; — es ſtimmt auch endlich nicht mit 
„der Erfahrung uͤberein, daß Jeſus ale Strafen aufgehoben 
„habe **).“ 
Ich theile hier noch Tieftrunkes, Krolles und Krug's 
Anfichten von dieſer Lehre mit. Der erfte fchreist davon dies 
ſes: „Alles, was in der Schrift von Gott gefagt wird, oder 
wir überhaupt von ihn fagen koͤnnen, ift nichts weiter als eine 
ſymboliſche Darftellung praktt. Ideen. Co ifi es auch mit 
der Lehre v. d. Verſoͤhnung. Sie enthält blos Beſtimmungen 
eines moraliſchen Verhaͤltniſſes Gottes zu den M., keinen Auf⸗ 
ſchluß über Gottes innere Natur. Es ſoll damit blos geſagt 
werden: Wie ſich verhaͤlt ein M. zu dem andern, wenn iener 





) Hende’s lineam. fid. chr. ate A. ©, 200, 
2) Auguſtis theol. Blätter, aten Jahrg. 2tes Quart. 


S219. Sr 
— 


516 DB. 
Verſohn. der M. mit Gott, (die neueften — d.) 


durch inpralifche Zwecke beftimmt, belohnt, firaft, begnadigt, 
verfühnt 2c. eben fo verhält fih au Soft zu den Mr Gott 
- wird als die perfonificirte moraliſche Gefengebung gedacht; es 
> muß folglich die Nichtbeoßacht. des Geſetzes ein anderes moral, 
Merhältniß der M. gegen Gott bewirken, ald die Beobachtung. 
Diefe Verſchiedenheit des moral. Verhältnifies Eönnen wir uns 
nicht anders deutlich machen, als durd) Symbole, indem. wir 
nämlich die Wirkung des GSittengefeges auf unfer Subiekt, in 
wiefern es unfer Verhalten befiimmt, auf unfer Verhaͤltniß 
gegen Gott übertragen, Zwiſchen zwey M., die einander bes 
leidigt haben, wird Verſoͤhnung bewirkt, und das entflandene 
Mißverhaͤltniß aufgehoben, wenn der Beleidiger feine Sefins 
nung ändert, alfo die gegenfeitige Denkart ded Beleidigers und 
des Beleidigten identificirt und dieß gegenfeitig erflärt wird. 
Die Gemüther kommen in Einftimmung, und dieß glaubt einer 
vom andern, Tragen wir dieß nun auf dad Verhältniß zwis 
ſchen Gott und WM. ber, fo ergibt fich das Reſultat: Die Lies 
bertretung de8 Geſetzes bringt ein anderes Verhaͤltniß zu Gott 
hervor, als die Beobachtung deffelten. Diefes VBerhältniß Fons 
nen wir uns nicht anders begreiflich machen, als durd) das 
Verhaͤltniß zwiihen einem Beleidiaten und SBeleidiger unter 
M. Der Ausdrud it alfo blos fymbolifch: denn Sott an fich 
kann von Eeinem M. beleidigt werden. Go wie aber unter 
M. auf Beleidigung Unwillen und Verluſt der Seneigtheit 
fotat, fo bat auch der Uebertreter von Gott Strafe zu fürdhs 
ten. Der M. Eann feine Unthat gegen das Eittengefeg nur 
dadurch vergüten, oder das Mißverhaͤltniß zwiſchen ſich und 
Gott nur durch Reue und Beſſ. und durch Ruͤckkehr zum Ge⸗ 
horſam gegen das Geſetz aufheben. Dadurch wird der Wille 
und die Denfungsart des M. mit dem Willen Gottes uͤberein⸗ 
ſtimmend, und das gute Vernehmen hergeſtellt, alſo das Mißs: 
verhaͤltniß aufgehoben; folglich iſt die Herzensbeſſ. der Grund 
der Verſoͤhnung oder Begnadigung. Iſt ſich der M. einer ge⸗ 
beſſerten Geſinnung bewußt, fo führt dieſe auch die Verſiche— 
rung mit ſich, daß ihm Gott nunmehr gewogen ſey. Um dieß 
noch faßlicher zu machen, wird der Gedanke ver Chriften auf 
die Gefinnung Jeſu gebeftet umd zwar durch dieienige 
That, worinnen fie am lauteften zu erkennen gegeben ift, durch 
f. Zod zum Weltbefien. Dieſelbe moral. Gefinnung, weiche 
Jeſus durd) fein Leiden and Sterben an ben Tag gelegt hat, . 
follen wir uns in Gott denken, d, b, die Sefinnung des für 
das Wohl der M. fterbenden Jeſus ift ein Symbol der abttl. 
Sefinnung. Wie der M, mit der verlegten Pflicht nicht ans 
ders ausgefühnt werden kann, als dadurch, daß er zu ihr zu— 
ruͤckkehrt, ſo bat Gott aud) Feine andere Bedingung der Auss 
ſoͤhnung mit fich, als daß ınan feinem heiligen Willen huldigt.“ 
Krolta. a. D, ſchreibt: „Die Verſoͤhnung dev M. mit Gott ift: 
1) daß der M. mit Verwerfung feiner bisherigen vbſen Srunts 


V. — 
— der M. mit Gott, (was iſt darunt. zu verft. ?) 


füge und mit herzl. Unterwerfung unter feine Pflicht das 
Bertr. zu Gott verbindet: er werde ihm gnaͤdig ſeyn u. ihm 
nicht feine Sünden zurechnen. 2) Daß Gott aus freier Save 
’ feine Suͤndenſchuld tilge und den Mangel eigener Gerechtigkeit 
an ihm ergaͤnze, um den hoͤchſten Zweck endlicher moraliſcher 
Weſen auch an ihm zu realiſiren.“ 

Krug gibt folgendes als die Hauptmomente der bibl. (2) Verſoͤh— 
nungsichre an: „Sott if erzürnt über die Suͤnde der M. 
Er will aber doch vie M. begnadigen um Jeſu willen. Wer 
da glaubt, wird ſelig; arbeite aus allen Kräften an deiner fittz 
tichen Vervollkonmnung mit dem fefien Vertrauen, daß dir 
Sott um Jeſu willen in Ruͤckſicht auf fein Verdienſt die Sins 
* vergeben werde,’ Bor. Leipz. Lit. Z. 1802. N. 81. 

.S. 648:654. Id glaube, folgende Bemerkung ift eine 
er Borftelung. „Wenn die populäre Schriftſprache ſagt: 
Gott zuͤrnt: fo ift iedermann Über die Erfl. einverfianden: 

dieß bezeichne nicht den Modus, das Wie diefes Verhaͤirniſſes 
Gottes gegen die Suͤnder, nicht die in Gott wirdende Urſache. 
Es bezeichne nur das Reſultat — den Effekt. Man uͤberſetzt 
ſich die anthropemorphifcdhe Redeusart: „es ift im Erfolg 
für ven Sünder, wie wenn Gott zürnte” Das 
„wie wenn” klaͤrt auch den Gegeniss auf. Ihr feyd mit 
Gott verföhnt! fagt even dieſe populäre Schriftfprache, Nöm. 
3, 19.) um abermals dem Suͤnder den Effeft für ihn zu bes 
zeihnen. Er if nit dein Feind. Du bafı von ihm alles 
Buteg zu erwarten, dejien du nach teiner Natur und Morali: 
tat empfaͤnglich biſt. Gott iſt fuͤr $pid, wie wenn man 
dich mit ihm verföühnt hätte *,” 


L. Was iſt unter der Verſoͤhnung der M. mit 
Gott zu verftehen? Die Apoft. fagen_ an verfchies 
denen Stellen, daß Ehriftus mit feinem Tode die M. 
mit Gott verföhnt habe, 5. B. Rom. 5, 10; II Fer. 
5, 19. Chriſtus wird auch die Verföhnung genannt, 
z. B. I Joh. 2, 2. Das Wort verföhnen over 
| ausföhnen von Gott gebraucht, fann man nicht in 
bem Sinne nehmen, daß e8 hie: den Zorn oder 
den Unwillen Gottes befänftigen und die 
Feindſchaft aufheben. Der rachſuͤchtige M. 
wird durch die Vergehungen ſeiner Mitm. zu einem 
leidenſchaftl. Zorn gereizt und gibt dieſen nicht eher 
auf, bis er ſeine Rache befriedigt oder durch Geſchenke 
und Gaben, durch aͤngſtliches Flehen beſaͤuftigt oder 





—9 Ammon s, Haͤnlein's und Paulus neues theol. 
Journ. VIIr B. ©. 73. 79. 


\ 


Verſoͤhnung der M; mit Gott, (mas ift darunt. zu verft:?) 


verfohnt worden if, Aber: wer fann und darf von 
Gott denfen, daß er erzuͤrnt werde, und fich leiden» 
fchaftlich rächen werde? Man darf nicht daraus, daß 
dag n. Teſt. an vielen Orten den Tod Jeſu als ein 
Dpfer vorſtellt, fchließen, daß auch Gott durch dag 
Blutvergießen und d. Tod Jeſu des Unfchuldigen zur 
Yerföhnlichkeit und Erbarmung gegen. bie Di. geneigt 
' gemacht worden fey; f oben im Art» Bergebung 
d. Sünden. Denn:: | 0 
a) daß Gott zürnen koͤnne, widerſpricht aller geſunden 
Vernunft. Daß dag Blut Jeſu ihn Habe befanfiigen 
müffen, ift eine unmuürdige Vorſtellung von Gott. b) 
Es folgte daraus die Ungereimtheit, daß Jeſus Ehr., 
weil er für die M. zur Ausfohnung derfelben geftor- 
ben wäre, eher und mehr Mitleiden mit allem M. ge- 
fuͤhlt und Barmh. erwiefen habe, alg der Bater, da 
diefer erft durch den Tod f. Sohns bewogen worden 
fey, ung Gnade zu ermweifen; degaleichen, daß Gott ein 
leidenfchaftliches Wefen ware, deffen Zorn erſt durch 
einen dritten befänftigt werden müßte, big bey demſel— 
ben die Vernunft, feinen ſich beſſernden Kindern die 
Hand zu reichen, wirffam werden fonnte. Wie kann 
ein fo gutes und heiliges Wefen, als Gott iſt, Feind⸗ 
fchaft haben? Wie konnte diefe mit 'der Liebe Gottes, 
welche er ia nach allen Stellen des n. Teſt. dadurd) 
bewieß, daß Jeſus Chr, für die M. ftarb, beftchen? 
Rachſucht ift fchon am M, eine wahre Unvolf. Um 
wie viel weniger darf man fie fich im Gott denfen! 
Er ift feiner Leidenſchaft fähig. Gott wollte den M. 
wohl, als fie ıhm nicht geneigt waren, Das Mißfals 
len aber ander Sünde der M. iſt ihm alg dem All: 
heiligen wefentlih. So langerdie M. boͤſe find, kann 
daffelbe an ihren Sünden nicht aufhoͤren, wenn 
er gleich die Hochfte Kiebe ift, und ver M. durch Sünde 
Gott nicht feine Ehre raubt und ihn nicht beleidigt; 
denn auf ihn Fonnen Feine fogenannte Beleidigungen 
der M, einen nachtheiligen Einfluß haben. Er ift u. 
bleibe, fo wie er war — der ewig Tiebende Vater 
der M, Er ift dieſes auch dann, wenn er flraft, Er 
liebte die DM, fchon, ehe Jeſus Ehr. in die Welt Fam; 
denn fonft hatte er Jeſum nicht auf die Erde finden 
fonnen. Der Ausdruf Zorn Gottes bedeuten feine 





DB. 519 
Verführung der M. mit Gott, (mag iſt darunt. zu verſt.?) 


Strafen. Durch dieſelben wird fein hoͤchſtes Mißfal— 
len gegen alles ungerechte Wefen offenbar. Weil die 
Sünde den M. ins Verderben bringt, erfcheint er in 
feinen Strafen als die Alliebe. Des M. wegen wird 
er auf feinen Fall die natuͤrl. Folgen der Sünde auf- 
heben, noch auch aufheben wollen. Als der Unverän« 
derliche wird auch Gott nie feine Gefinnung gegen bie 
M. Andern, noch ändern Eönnen. Was ihm mißfaͤllt, 
wird nie, auch nicht durch das Dazwiſchentreten eines 
andern Weſens, ihm als gefaͤllig erſcheinen. 
Schoͤn und näher Hat dieſes Morus inf. comm. exeg, hiſt. in 
epit, T. II. p. 95 fa. gezeigt 9. Rot, die ſchoͤne Stelle in 
2.08 Bis. IV 8 86, ©. 374 
Er fann fich weder über die ſittl. Beſchaffenh. eines 
Sr, irren, noch feine Heiligk. verlaͤugnen. Go bald 
aber der M. fich gebeffere hat, erfcheint er auch dem 
Allwiffenden als ein Gebefferter, und Gott hat an ihm 





*) Unmöglib koͤnnte die heil. Schr. die Sendung Jeſu zur 
Erl. der M. deutlih ald einen Beweis v. d. — zuvor— 
fommenden Liebe gegen die M. ausgeben, wenn 
Gottes Zorn erfi durh Jeſu Tod hätte geftillt werden 
müffen ! I Joh. 4, 9. 10. In Feiner n. teft. Stelle ſteht 
es, daB der göttl. Serechtigf. erft habe eine bintige Be— 
friedigung gefbehen müfen. Es ift augenfheinlich, daß 

ie Stelle, Ebr. 9, 22. (ohne Blutverg. ff.) diefe noth: 
wendige Stillung des Zorns Gottes nicht beweiſet; fon- 
dern fie zielt auf die im a. Teft. v. d. Opfern herrfchenden 
Begriffe hin, auf weldhe die ganze Theorie von d. Opfern 
im Mofatfhen Gefere fih bezog. Der Zufammenhang 
diefer Stelle lehrt dieſes deutlich. Es ift auh fon im 
Art, Tod Jeſu gezeigt worden, daß es nicht die Abs 
ſicht der iüdifhen Opfer (mit weldhen blos Sefu Tod ver: 
glichen wird) geweien, Gott erſt zur Berg. d. Sünden zu 
bewegen, fondern die Opfernden von dev Verſoͤhnlichkeit 
Gottes durch diefe ſpmbol. Handl. zu überzeugen. Die 
Dpfer waren alfo der Opfernden wegen. Sie follten zu 
Gott Zutrauen faffen, um hinführo eifriger in der Suͤn— 
denfheu zu fern. Sm Mag. f. Pred. XIr Th. Nr. 
XXI. im 2ten Theil ift das Vorurtheil, dag Gott mit 
uns verföhnt fey, auch trefflich widerlegt. 


520 V. En, 
Serſebhauge der M. mit Gott, * iſt darunt. zu verſt. ?) 


ein Wohlgefallen, ohne daß in ihm eine Veraͤnd. und 
neue Regung vorgeht. Denn der M. kann nur Gott 
als gnaͤdig befrachten, aber in Gottes Natur und in 
feinem Willen, in ſ. Rathſchl. und Anordnungen kann 
‚Feine Verand. vorgehen. Er ift der alles vorher Bif 
fende. Er Handelt in Wirfungen nach feinen beftän- 
‚digen Grundfägen und nah feinem Vorherwiſſen und 
Beſchließen. — Eben fo wenig laͤßt ſich die Verſoͤh⸗ 
‚nung der M. mit Gott in dem Sinne nehmen, daß 
‚Gott die zur Beff. des Sünders, oder um der Gitts- 
Jichfeit willen überhaupt verhängten Strafen — die 
ewigen Geſetze der Gerechtigk. aufböbee In Gott 
liegt gar Fein Bedürfniß und feine Nothwendigk., vers 
ſoͤhnt zu werden. Nicht er mußtemitu n8, fondern 
wir mußten mif ibm verföhne werden. Es heißt 
auch nicht II Kor. 5, 19. und nirgends. im n. Teſt.: 
Chriſtus verföhnte die erzürnte Gottheit mit der Welt. 
V. 20. fteht vielmehr deutlich: Laßt euch verföhnen 
mit Gott. Gott wollte nur die M. mit u durch 
Jeſu Tod ausföhnen, indem fie 
I) wegen ihrer unrichtigen Begriffe von ihm u. wegen 
ihrer Lafterliebe fich ihn als ihren Feind dachten, das 
her feindfelige Geſinnung gegen ihn besten, und auch 
wirflich. wegen ihrer Mebertretung feiner Gefege von 
ihm fich nichts Gutes verfehen fonnten. Als Sünder 
kann fih der DM. gar nicht ale einen Gegenft. deg 
göttl. Wohlgefallens anfehen Kann fich wohl der 
pflichtvergeßne Sohn als vom Vater geliebt betrach⸗ 
ten? Im DM. alſo liegen die Urfachen und Gründe ei— 
nes ei Berhältniffes zu Gott, welches das n. 
Teſt. Seindfhaft gegen Gott nenne. Dief 
Verhaͤltniß entſtand und mußte entſtehen aus Unwiſ— 
ſenheit, Irrthum uͤber Gott, aus ſittl. Verdorbenheit 
und Laſterhaftigkeit. Dieß traur. Verhaͤltniß 
ſollte Jeſus aufheben und eine friedli— 
chere — vertraulichere und frohere Ges 
muͤthsfaſſung der M. gegen Gott bewirfen. 
Berföohbnung feße freilich eine Trennung voraus. 
Oft ift nur von eimer Geite Abneigung, Furcht des 
bofen Gew., oder ein- feindfchaftliher Sinn. Nun 
trennt die Sünde den M. von Gott, Ef: 594, 2; Luc. 
15, 12. Denn die Neigung zum Derbotenen und die 





| > | ——— 
Verſoͤhnung der M. mit Gott, (mas iſt darunt. zu verſt.?) 


Unluſt zum Guten wirft erſt Unzufriedenh. mit dem 
Geſetz, dann Abneigung gegen den Gefeßgeber, dann 
wirkliche Uebertretung, und damit ift die Zuneigung 
zu Gott noch mehr verringert. Der Sünder erlebt die 
bofen Folgen ſ. Sünde, fein ihn anflagendes bofeg 
Gew. erwacht. Nach feinen unrichtigen Vorſtellungen 
denft er fich Gottes Haß, feine Rachgier, gern mochte 
er ihn nun verfühnen, Mid. 6, 6. 7. Wie irrig! 
Die Strafen find Feine Wirkungen f. Zorns. Nicht 
Opfer — Gaben ꝛc. fonnen Gott bewegen, f. Misfal: 
len am: Boͤſen aufzuheben. Blog die Umkehr vom 
Bofen kann dem Sünder wieder Zufrauen zu Gott 
rn Ag wozu die Einſicht feines Unrechts nothwen— 
dig ift. | 
2) Ale Voͤlker vor den Zeiten Jeſu glaubten, daß Gott 
zwar gütig, aber wegen feiner Macht furchtbar und 
auf fene Ehre eiferfüchtig ware. Er räche, meinten 
fie, iede Beleidigung mit Strafen. Nach dem verbef: 
ferten Handlungen (meinten fie), blieben noch dieſe 
Strafen. Die M. konnten ſich auch nicht wohl Gott 
anders als nad) dem denfen, mas fie bey fich wahr: 
nahmen. Gie begriffen, daß viele Handl. verrichtet 
würden, welche Gottes Willen entgegen wären. Don 
icher fühlten fie, daß Recht und Unrecht, Tugend 
und Lafter zweierlei waren. Kein Menfch glaubte ies 
mals, daß Gott dag Gute haffe und das Bofe liebe, 
Es war ein richtiger Begriff, daß Gotf unmoͤglich 
eben fo gegen die geſinnt ſeyn Fonnte, welche feine 
Gefege erfüllten, als gegen die, welche fie überträten. 
Aber dadurch geriethen fie in den Irrthum, daß fie 
fiatt durch Beff. des Lebens fich Härten Gottes Wohl— 
wollen wieder erwerben follen, fich Gott zu menſchlich 
und e8 alg moglich dachten, ihm die zugefügten Bes 
leidigungen abzubüßen, feinen Unwillen durch Buͤſ— 
fungen und Opfer, fogardurh Menfhenopfer 
zu flilen und ihn verfohnen zu wollen. Man fah 
die Opfer als Ausfohbnungsmittel der Sün- 
den bey Gott an. Die war bey allen Bolkern d. 
alten Welt der Sal. Eine der mwichtigften Abfichten 
bey Jeſu Anf. auf Erden war nun, die M. beffer zu 
beiehren u. ihnen die Wahrh. eindrücftich zu mischen : 
Gott ift liebevoll und gusig, auch felbfi gegen Sirrende 


522 | V. 
Verſoͤhnung der M. mit Gott, was iſt darunt. zuverſt.?) 


und Fehlende geſinnt. Wenn nun unter den M. 
ein Mißverſtaͤndniß aufgehoben wird, ſo 
ſagt man: ſie ſind verſoͤhnt. So auch bey 
Bott und den M. Da die M. beſſere Begriffe von 
Gott erhielten, fo faßten fie Zutrauen zu Gott, 
die ängfil. Sucht vor ihm hörte auf) fie fingen an, 
ihn zu Lieben. In fo fern bat Jeſus = fhon bie 
M. mit Gott verföhnt. 

3) Bor den zeiten Jeſu unterſchied man alle Voͤlker 
der Erde in Juden und Heiden. Beyde waren 
immer wider einander; am verſchiedenſten war ihre 
Rel. Durch die chr. Rel. wurden beyde mit- einander 
vereinigt, oder Jeſus Chr. fliftete, indem er Die, beyde 
von einander trennende, Scheidewand niederriß, zwi— 

ſchen beyden Friede. Er und ſeine Ap. hoben das 
durch Moſes begruͤndete Judenth. auf. Dieß war 
feine geringe Veränderung, Eph. 2, 14-16. 

Sefus hob alſo blog die im Menfchen de 
genden Hinderniffe, wodurd er ver Gewiß— 
heit und des Genuffes der goͤttl. Liebe be» 
raubt wurde, I Joh. 2, 2. Inter den M. fann 
eine Ausföhnung flatt finden, ohne daß die Gefinnung 
de8 Beleidigers und des Beleidigten ſittlich polig 
gleih gemadyt wird. Wenn nun legterer Feine Belei⸗ 
digung mehr fuͤrchtet, und die alte nicht mehr raͤchen 
will, und wenn nun der Beleidigte Grund gibt zu 
glauben, daß keine ſolche mehr zu befuͤrchten ſey, ſo 
iſt die Ausſohnung geſchehen. Ob beyde wirklich ins 
nerlich ſittlich gut und in ſo fern einſtimmig denken, 
das thut nichts zur Sache. Freilich iſt die ſchoͤnſte 
und ſicherſte Ausſohnung die, welche von beyden Sei— 
ten aus einer reinen Geſinnung fließt. Allein in Ruͤck— 
ſicht Gottes iſt dieß Verhaͤltniß anders. Gott iſt 
nicht ein Weſen unſers Gleichen, ſondern unſer Regent 
und Richter. Wir koͤnnen uns dann nur mit ihm 
verſohnt anſehen, wenn wir feine außerord. Stra— 
fen mehr von ihm zu fuͤrchten haben und ſeines goͤttl. 
Wohlgef. ung werth denken koͤnnen. 
Die Redensart: Die M. wurden durch Jeſu 

Tod mit Gott verſoͤhnt, heißt alfo: Die M. koͤn— 
nen vermöge Des Todes Jeſu wieder Zus: 


- . 523 
Verſoͤhnung der M. mit Gott; (wodurch 2) 


"trauen und Hoffn. zu Gore hegen. Durch 
den Tod Sefu kann man ſich das Mißver— 
ffändniß aufgehoben vorftellen, welches vor— 
Ber ıc. Der Neuige und fih DBeffernde 
iſt der goͤttl. Liebe gewiß. 


Die Stelle II Cor. 5, 19. ıfle H. fagt nur: allen M. laßt 
Gott sur Shriſtus f, Suede anbieten. — 


II. Wie fern und wodurch föhnte Jeſus Ch 
tus die M. mit Gott aus? 
ı) Durch feine Kehre, durch f. Unterricht, 
durch die von ibm und durch ſ. Apoſt. ver— 
kuͤndigteſchriſtl. Wahrh., oder durch ſ. Gottes— 
und Tugendlehre. Er machte es, wie es ein weiſer 
MM. thut, wenn er einen andern, welcher ohne billige 
Urfachen einen Argwohn oder Haß auf ihn aa 
hätte, mieder mit fi) ausfohnen und zu f. Sreund 
machen wollte. in folcher gibt fich ale Mühe, feis 
nen Seind von der Unbilligkeit feines auf ihn gewor— 
fenen Haffes und von feinem Unrecht zu überzeugen; 
- er fender dem mit Haß und Groll erfüllten M. eine 
Mittelsperſon zu, um ihm eine bejfere Meinung von 
den freundfchaftlichen und Tiebreichen Gefinnungen u. 
Abfichten des Weifen beizubringen, und ihn v. d. Un— 
grunde ſeines auf ihn geworfenen uͤblen Verdachts 
zu uͤberfuͤhren. Er wird ihm nicht allein die aufrichtigſte 
Verzeihung aller bis dahin von ihm erfahrnen Kraͤn— 
‘ Fungen und Ungerechtigkeiten anbieten laffen, fondern. 
ihn auch durch sallerley ihm fehr angenehme Gefchenfe 
und Wohlthaten, die alle f. Erwartungen übertreffen, 
“ja felbft durch eine edelmüthige Berläugnung u. Auf— 
opferung eineg großen Theils feiner eignen Vortheile 
zu gewinnen und zu friedlichern Gefinnungen herum— 
zulenken ſuchen. Eben diefes that auch Gott durch 
Jeſus Ehr. Diefer lehrte, a) daß Gott die Welt, di. 
alle M. Liebe, d. b. ihr Wohlſeyn wolle, auch dann, 
wenn fie eg ſelbſt verkennten, Joh. 3, 16. b) es be— 
duͤrfe keines aͤußern Beweggruũdes, um Gott geneigt 
zu machen, den M. zu helfen. Joh. 16, 26. 273 6) 
da er fie belehre und dadurch zu $; ffern fuche, da Soft 
ihn dazu gefandt habe, fo fähen fie Deutlich, daß es 





524 DB. | 
Verföhnung der M. mit Gott, wodurch?)  .° 
nie an Gott, fondern immer nur an den M. liege, 


wenn fie ihn, ale ihren Feind betrachteten, Joh. 3, 16. 
17. DBgl. Rom. 5, 8:10. d) Gott gleiche einem Va⸗ 
ter, aus deffen Haufe der Sohn weggegangen märezc. 
Der Bater - bleibe immer derfelbe und fo bald ver 
Sohn zu ihm zurücfehre, ſey er ihn wieder aufjus 
nehmen bereit, Luc 15, 1124; endlich e) wer feiner 
(Jeſu) Lehre glaube, fie als wahr annäbme und fie 
‚erfülle, dem ſey die ewige Glüdf. gewiß, Joh. 5, 24; 
"Durchf. Leiden m. durhf. Tod. Ohne den 
-felben ware e8 unmöglich gewefen, daß fich die von 
der knechtiſchen Furcht und dem fflavifchen Sinne 
niedergedrückte und von aller kindl. Liebe zu Gott eitts 
fernte M—heit auf einmal zum Glauben an Gottes 
verzeihende, erbarnıende Liebe u. Gnade erheben fonnte. 
Sefu Tod war aber eine feierliche Beftätigung der von 
ihm verkündigten Eehre von der Vaterliebe Gottes u. 
feiner Bereitwilligfeit, ihn nicht weiter zu ſtrafen, alg er 
fich felbft durch feine Sünden geftraft habe, falls er von 
' f. Sünden für immer abftehe. Näher: — Jeſu Tod 
folte als eine finnliche DBegebenheit dem zur Zus 
send zuruͤckkehrenden M. zur lauten — Sf 
fentlihen Erklärung — zur feierlichen 
Verfiherung und Beftätigung der Wahrh. 
daß Gott die M. liebe, daß er daß vergan 
gene Bofe gleihfam vergeffe, und fich be 
Sünders erbarme, dienen. - Dadurch follte ein 
findliches Vertrauen auf die dadurch fichtbar gemachte 
Huld Gottes, eine innige Liebe zu einem folchen Gott 
und Vater bewirkt werden, welcher. beym Tode feines 
Sohns gleihfam eine allgem. Berzeihung unter der 
Bedingung wahrer Sinne » und Lebensänderung ans 
fündigen laffe, welche man fich zuvor nicht anders als 
bey der Darbringung vieler Opfer und Uebernehmung 
vieler Buͤßungen denfen Eonnte. Sefu Tod war. 
eine Erflärung, daß Gottes Gnade allen 
dDenienigen gewiß wäre, welche ihm durch 
tugendhafte Gefinnungen gefällig zu wer 
den fuhten. Durh Hinweifung auf den 
Tod Jeſu als fe Sohns will der Vaterdie 
ausgearteten Söhne überzeugen, daß er 






| V. 525 
Verſoͤhnung der M. mit Gott, (wodurch?) 


ihr Beſtes iu veranftalten nie aufgehoͤrt 
habe. 


Im Grunde war die Borftellung der Apoftel vom Tode Jeſu als 
eines Verſohnungstodes eine Herablaſſung zu den an 
Opfer gewoͤhnten damaligen Voͤlkern. Die Juden tvaren durch 

das große Verſoͤhnungsopfer, welches Gott durch Moſes höͤchſt— 
wahrſcheinlich auch nur aus Herablaſſung zu den Schwaͤchen 
und Gewohnheiten der Juden anordnete, an dieſe Vorſtellung 
zu ſehr gewoͤhnt, als daß die Ap. ſie geradezu ihnen haͤtten 
nehmen Ednnen, Daß die Ay. ſelbſt Jeſu Chr. Tod als Vers 
ſoͤhnungsopfer vorfielen, Fam daher: a) fie Hatten ſelbſt 
dieſe iuͤdiſchen Borfielungen, b) Gott ließ fie bey denfelken, 
- weil fie Eeine anf das Vetragen ſchaͤdliche Irrthuͤmer waren. 
Die Hinwegraͤumung wäre damals fehädlich geweien. Mer 
darf alle Borfirlungen der Up, geradezu annehmen? Wenn 
fie ſagen: Chrifius hat fi) ſelbſt geopfert, fo glaubt Feiner, 
daß er fich felbft ermordet Habe. Wie oft fprechen Chriftus 
und die Up. nad) der damals gangbaren, wenn gleich irrigen, 
Sprache! — Jeſu Tod — als das- größte, wahre und legte 
Verſoͤhnungsopfer ſollte alle uͤbrigen Opfer und Vuͤßungen für 
überffüßig erklaͤren. Nah f. Tode trat auch an bie Gtelle 
des DOpferdienfies die freie Anbetung Gottes im Geifte und in 
der Wahrheit; vol. ven Art, Tod Jeſu, und die bibl. 
—Encycel. od. bibl. Realwödrterb. 37 B. ©. 247. 
‚Der Ausdruck: Verſohnung, ift ein Iocaler Begriff, 
vgl. Revifion der Lit. ır Sahrg. 2r 8. S. 100; Dds 
derlein's Rei.:lihterr, Xlr Th. ©. 250 ff. 


Die Verfshnung der M. mit Gott ift alfo die br 
Jeſus wiederhergeftellte Wiederdereinigung der M. mit 
Gott. Sch meine die Wiederherftellung eines gunftis 
geren und angenehmern DBerhaltniffes gegen den Rich— 
ter, wobey ber M. ein ruhigeres Gemuͤth haben fonnte. 
Es iſt dieienige Veranflaltung, wodurch M. von feis 
ner Gütigfeit überzeugt werden koͤnnen. Es iſt die 
Wiederbegründung des Einverftandnif: 
fes und des Zutrauens der M. zu Gott, 
oder die fefte Ueberzeugung, Daß der fich 
Beffernde und im Gurten Fortgehende von 
Gott wegen feiner vergangenen Sünden 
Feine außerordentlihen Strafen mehr 
zu befürchten Habe. Es iſt die Ueberzeu— 
gung, Daß es dem A wenn er — beſſert, 


526 V. 
Verſoͤhnung der M. mit Gott, Anwendung.) 


wohlgehe. Wir follen die Abneigung von 
Gott und dem Öuten fahren laffen, das wag 
ung von Gott fiheidef, mas ung verhindert, feine 
Segnungen zu genießen, was uns Glaube und Hoff 
nung zu ihm zu haben verhindert, dran zu geben und 
zu meiden, oder aus unſern Gedanfen, Abfichten,. Nei— 
gungen und unferm ganzen Berhalten —— erh 
Diefe Mühe müffen wir übernehmen. 


Religionslehrer unferer Zeit müfjen doch das Unrichtige und Unwuͤr⸗ 
dige in dem GSedanken fühlen, wornach man ehehin Gott vor⸗ 
ſtellte, als ein Weſen, weiches den reuigen Verirrten blos uns 
ter der Bedingung mit Uebeln verſchone, die er den Uebertre⸗ 
tern des Geſetzes angedroht habe, falls ein anderes unſchuldi⸗ 
ges Weſen fuͤr ihn die Uebel uͤbernaͤhme und erdulde. Denn 
ein Regent, der blos unter dieſer Bedingung begnadigte, würde 
bey uns ein Tyrann heißen, weil er den lnfchuldigen ftatt 
des Schutdigen befirafte, und man würde ihn verabicheuen, 
Nach der Geſchichte wwiderrief fogar ein Tyrann dann fein 
Zodesurtheil, ald er den Edelmuth des Freundes eines andern 
fabe, der für legtern fierben wollte. Der Tyrann feibft verabz 
ſcheute alſo die Ungerechtigkeit, den Unfchuldigen ſtatt des 
Schuldigen zu ermorden. Vom Richter der Welt iſt es alfo 
gewiß ferne, daß er den Unfchuldigen wie den Schuldigen be— 
Handeln follte, Ezech. 18, 20. Der Schuldloſe fol nicht ftatt 
des Schuldigen buͤßen. Beſſert ſich der Lafterhafte, fo fol 
feiner vorigen Sünden nicht mehr gedacht werden, — 

Sn F. Eh. Döring’s Diff. libror. facrorum de morte Jefu 
Chrifti vicaria etc. Vitenbergae 1802. 4. wird die ſtellver⸗ 
tretende Senugth. Chriſti vertheidigt. 





III. Anwendungen. | 

Die Erfüllung von II Kor. 5, 20. ift hier die Haupt: 
fache, d. b. wir müffen die Bedingungen eingehen und 
die Mittel gebrauchen, worunter und wodurch wir 
uns bey unferm bisherigen, aber ietzt drangegebenen 
fündlichen Leben Gottes Wohlwollen und Berzeihung 
zueignen, oder uns von Gottes Allguͤte verſichern koͤn⸗ 
nen. Jeder muß fich gedrungen fühlen, dem fo wil— 
lig verzeihenden und nur wahre eff. fordernden Bas 
ter Gehör zu geben. Wir müffen: 

1) Eine wurdige Denfart von oft annehmen. Man 
halte von ihm nicht zu wenig, dichte ihm aber aud) 
nicht8 an. tan laſſe alles fahren, wag zur Unehre 
ſ. Borfehung gereicht, was gegen feine weife Regie— 


V. | 527 
Verſoͤhnung der M. mit Gott, Anwendung.) 


rung fireitet, oder mag veranlaßt zu glauben, daß 
Gott fey gleich wie wir. Denn dieß würde machen, 
daß wir ihn und ganz aus dem Sinne fihlügen, oder 

nur flüchtig an ihn dachten, oder nicht mit willigen 
frohen Gemüthe an ihn als Duelle alles Guten däch- 
fen, und wodurd) wir eine Abneigung vor Gott haben 

‚würden. Man denfe nicht zu Flein und niedrig von 
Gott. Man erhebe fich zu einer edlern Vorſtellung 
von ihm, Mich. 7, 185 Ef. 55, 75 Pf. 147, 11; 40, 
7. 9; 111, 35 25, 105 I Soh. 4 8. 16; 5, 3. Man 
überzeuge fih zu dem Ende, daß a) es fein Fleiner 
willkuͤhrl. Einfall ift, daß Gott die Sünden unterfage, 
und daß das Derbotene gleichgültig wäre. Gottes 
Geſetze ſind die Geſetze einer unveraͤnderlichen Ordnung 

in der ſittl. Welt. Das Boͤſe ware Boͤſe, falls es 
auch feine Offenb. gäbe. Das Boͤſe thun, heißt, etwas 
dem, der es thut, und der Wele Schädliches thun. 

Nur aus Liebe verbietet Gott das Schädlihe und 
warnt por Schaden, ehe der M. ihn erfährt. — Daß 
b) Gott feinem M. Unrecht thus, wenn er ihm Leiden 
zufchift. Es gefchieht dieß auch nicht aus Willkuͤhr 
oder aus Schadenfreude. Wer die L. gut benugt, 
wird erfahren, daß Gott recht und gütig handle, Pf. 
51, 6; Hiob 34, 10-12; 39, 33-35; 22, 21-30. — c) 
Daß Sünde ihrer RNatur nach keinen Nutzen bringen 
koͤnne, ſondern Elend. Sie fuͤhrt gewiß fruͤh oder 
ſpaͤt in's Verderben, und zwar blos nach dem natürl. 
Zuſammenhange, nicht aus einem willkuͤhrl. Rathſchluß 
Gottes, Spr. 3, 35; Hof. 13, 9. — 4) Daß Beſſ. noth⸗ 
wendig ıft, um dem Verderben der ©. zu enigehen; 
und e) daß Gott bereit ift, dem zu vergeben, der fich 
ernftlich und innerlich beſſert, und deshalb weiter Feine 
Buͤßungen, Opfer ꝛc. verlange; Ser. 3, 12. 13; Ezech. 
18,21. 22, 

2) Man muß immer beffer zu werden fuchen und im- 
mer vechtfchaffner leben. Gott lieben, feine Vorfchrifs 
ten befolgen, Jefu Shr. in Gefinnungen und im Ver— 
halten ahnlicher werden, heißt, fich mit Gott ver- 
föhnen. Mer in der Liebe zu Gott bleibe, bleibe in 
der Gemeinfchaft mit Sort. Man meide deshalb alle 
Sünden, (Ef. 59, 2.) alles, was eine Seindfch. wider 
Gott ift, Rom. 8, 8. Man fey zufrieven mit feinen 


J 


528 | B: | 
Verföhnung der M. mie Gott, (Unwendung.) 


Einrichtungen, billige feinen Rath über ung, Tiebe 
Wahrh., Drdnung, Güte, Gerechtigf, und Herzens. 
reinigfeit 2c. Denn ohne das alles hätte der M. im: 
mer etwas wider Soft. Er wäre mit feinen Gedan- 
fen oder mit feiner Neigung und Wandel in einem 
gemwiffen Wivderfpruch mit Gott u. f. fe 5 

5) Wir muͤſſen ı und 2. ©. 526. 527 f. um fo treuer 
erfüllen, da wir alle der Verföhnung mit Gott bedür- 
fen. Denn wie viele fündigen, wie viele denfen uns 
gern an Gott. Mie viele tadeln die Einrichtung der 
Melt darin, daß das Bofe - hun dem M. ſchadet. 
Wie viele fürchten fich wegen ihres bofen Gewiſſens 
(eine Folge ihres_fortwährenden Suͤndigens) vor 
Gott, denfen mit Bangigf. an ihn als ihren Nichter, 
an die Ewigk. Allein I Joh. 4 18. Wer fich ffla: 
vifch vor Gott fürchtet, iſt nicht mit Gott verföhnt. 
Der aber mit f. Neigung und f. Thun vom felbft zu 
ieder Tug. zuruͤckkeyrt, wer aus eignem Trieb» das 
Gute thut, göttlich denft und wie Jeſus Chr. gefinnt 
ift, der fann fich mit Gott verföhnt halten. Jac. 4, 
8. 10. Wie kann ſich derienige mit Gott verſoͤhnt 
halten, wer zum h. Abendmahl gebt, fich Jeſu Todes 
vertroftet, aber fo bleibt, wie er vorher war, die Rel. 
dazu mißbraucht ꝛc.? — 

4) Man erkenne den großen Werth ber Ver— 
föhnung. Denn was bedarf der Sünder zu feiner 
Beruhigung mehr, als daß er weiß, unter welchen 
Bedingungen er von Gott Werzeihbung wegen feiner 
vorherigen S. zu erwarten habe! Wie ficher ift ihm 
die vor aller Augen dargeftellte Begebenheit, ber Tod 
Jeſu, an die Gott die Zuverläßigfeit der Begnadigung 
bindet! Wir felbft waren nicht im Stande, dag Miß— 
fallen Gottes an uns aufzuheben. Opfer hatten feine 
Kraft mehr, Beff. konnte doch nicht die vorigen Suͤn— 
den wieder gut machen, und ein Engel oder ein ander 
reg Gefhöpf war zu ſchwach dazu. Vol. Hänlein’3 
neues theol. Sourn. Sr B. ©. 377. vgl, mit ©. 376. 

S. Kofter’8 Reden üb. die Wahrhh. d. Rel. gr. 
sh. Rr.XVL ©. 329 f. befond. G.337 f.z Sturm’g 
Predd. üb. d. Epifteln, neue A. ır B. Halle 1776. 
gr. 8. Nr. 13. ©. 192 f.: „vom hohen Werth der 
Berföhnung Jeſu Chriſti“ Hppotypoſſe eines ya 

“ em 


— 523 
Verſoͤhn. der M. mit Gott, Verftand — Vollk. Gottes, 


dem Geiſt des Chriſtenth. und des wahren Proteſt. 
gemäßen, Vortrages über 2 Cor. 5, 19. „alle 1793. 
8. & Sgr.); ae 8 Pred. über 2 Cor. 
J 19. Duisb. 8. Sr. Huͤlsmann über 
. Berföhbn. d. M. mit Gott; e. Bred. über 2 Eor. 
= 19. Efien 1793. 8. 2 De Duttenhofer’g 
ige Halssont 1792. 3. Pr. 24: „Warnung vor 
dem Mißbrauche der gehts v. d. Berfshn. Jeſu; 
Teller’8 Mag. f. red. SR EL Mr ©, 
.197:209: 2 Reden von E. Rath Senf üb. die . 
föhnung, ebend. Pr. 31. ©. 237:40; daſelbſt 4 
1:6. Rr. 10. €. '106- 118 ; „d. d. Berfshnung e 
SM. mit Gott,“ am Charfr.⸗T.; A. Große Glaube u. 
Pflicht des Chriften, ©. 169- — „die Lehre v. d. 
Verſoͤhn. d. M. mit Gott,“ (über 2 Cor. 5, 19.) 1) 
als eine folche, die leicht unrecht verffanden und ges 
mißbraucht werden fann; 2) alg e. folche, die e. ſchoͤ— 
nen und wahren S. hat, 3) die als folche oͤffentlich 
gelehrt und vorgetragen werden fol; Ribbeckes 
Miagaz. neuer Feſt- u. Cafualpred, zr Ih. amCharfr. 
Jeſus Ehr. der ne. der M. mit Gott, über 
2 Cor. 5, 196; D. Sr. DB. Reinhards 1801 gehals 
tene prebd. Amb. u. Sul;b. 1802. gr. $. Nr. 22. 22. 
„Bon dem feligen Einverffändniß, in welchem wahre 
Chriſten mit Gott leben,” am 2ten Df.-Tage. — 


Berftand Gottes, f. Allwiffenheic Gottes, 
ir 20,9, 128 f. 


Der hoͤchſte Verſtand ift Gott; (ſo bald wie 
der Menſch ſich's bewußt wird, daß die Vernunft das 
Hoͤchſte in ſ. Natur ſey, muß er ſie auch Gott dem 
Urheber dieſer Natur und zwar im vollkommenſten 
Grade beylegen. ES kann nichts geben, mas Gott 
nicht aufs Benauefie erfennte.) S. d. Art, Geiſtig⸗ 
keit Gottes, 2r Th. S. 10 ff· 


Vollkommenheit 
Vollkommenheiten. 


Gott hat alle nur moͤgliche Vollkommenheiten und 
zwar im hoͤchſten Grade. Seine Natur beſteht in ei— 
ner unveraͤnderlichen Neigung zur hoͤchſten Vollk. Er 
EHrift, Gt, Lehre f. d. Eanzelgebr, 3 TB. xf 


Gottes. Ef. 40, 25. 26, 


530 V. 


Vollkommenheit Gottes, (Anl. zur Erf. von — —) 


ift vollk. im Betreff des Verſtandes oder der Erfennt- 
niß, vollk. in ſ. Willen u, int. Wacht; volff. in An- 
fehung feiner Dauer. Ihm kommt nichts gleich. Er 
iſt das erhabenfte Wefen. Es ift außer ihm fein 
Sort. Ein Wefen — eine Sache ift deſto volifomm- 
ner, ie mehr Selbſtſtaͤndigkeit, Dauer und Wirk— 
lichkeit bey derſelben, und ie mehr Zweck in derſelben 
iſt. Der M. iſt weit vollkommner als die Thiere, als 
die uͤbrigen ef n und Koͤrper in der Natur, aber er 
ift Schwach, abhängig und vergänglich. Doch ie mehr 
Weisheit, ie mehr Uchereinftimmung mit den beiten 
hoͤchſten Zwecken, ie mehr fittl. Schönheit und Stärke 
ſich bey ihnen findet; ie unabhängiger von niedrigen 
finnlichen Dingen fie na te mehr fie durch Ueber— 
einffimmung mit dem Schöpfer Gewißheit ihrer Un— 
ſterblichkeit erlangen, deſto mehr ſteigen ſie in der Voll— 
kommenheit. Gott aber iſt das allervollkommenſte 
Weſen. 

Um am leichteſten ſich Gott als das allervollfom- 
menfte Wefen vorzuftelen, denfe man fich Gott als 
die erfte Grundurfache von allen Arten und Stufen 
der Vollk., und über welchen hinaus ſich feine Ur- 
fache mehr denfen läßt. Man vereinige in der Stille 
alles in feinen Gedanfen, was man an den Gefchöpfen 
Schoͤnes — Edles und Erhabenes findet. Man ver: 
größere das mit aller Anfirengung feiner Einbildungs⸗ 


und PVorftellungsfraft gleichfam bis in's Unendliche. 


Han fondere endlich alles von Gott ab, wag an den 
Geſchoͤpfen Unangenehmes, Sehlerhaftes und Unvoff. 
befindlich ift, und Iege Gott dag enfgegengefeßte Anges 
nehme und Vortreffliche- bey; man bemuͤhe fich fodann 
— das alles in einem Inbegriffe fich vorzuftellen. 


Freilich iſt die innere Natur des hoͤchſten Weſens 
unferm Verſtande durchaus unerforſchlich, Nom. 11, 
33. Wie mag ein endliches Weſen, welches feine ei⸗ 
gene Natur nicht Eennet, ein unendliches faffen? Wir 
fonnen ung nur aus den ung befannten Wirfungen 
Die erhabenen Vollkommenhh. Gottes abziehen und 
mit unfern Schlüffen fo weit gehen, als wir nur koͤn— 
nen. Gebr wahr ift es, was Pf. 145, 3 (ete 9.) 
1 Cor. 2, 11. ſteht! Unſere ganze Erf. iſt Faum ein 


Vorſehung, (die görtlihe — was?) 


Troͤpfchen von dem, Was eigentlich Goft ift, f. Era 
fenntniß Gottes, ır Th. ©. 315 
Bel. Schneider’sbibl. Worterb. ar Th. ©. 465. 
Unter den Bollfommenhbeiten Gottes aber 
verſteht man auch feine Eigenfihaften, (Beſchaffenhei⸗ 
ten, Vorzuͤge) ſ. den Art. Eigenſchaften Gottes, 
ır Th. ©. 259 > 


Borherbeffimmung Gottes, f. Karpfchfüffe 
Goffes, ar Th, ©. 302 fi, u, Efermann’s 
Handb. d, Gl.⸗Lehre, ar B. S. 196 f. — 


Vorſehung (die goͤttliche, — Maͤtth. 6, 
31; 10, 29-3131 Bett: 5, 7.) 





Die Leſer belieben die Art. Erhaltung und Regierung, dess 


gleichen wegen des v. d. Zulaffung des Boͤſen gegen die adttl. 
Dorfen. zu machenden Einiwurfs die Art. Böfes und Leber 
zu vergleichen. 


Del. außer Rich. — s vier Abhh. — 1774: 
8. Nr. 1: v. d. Vorſehung, (fehr ausführlih) — 
Sherlod’8 und 9 Sander's befannten Schrifs 
ten, I. H. Heinrichs de aucta fenfim per providen- 
tiam divinam humani generis felicitate. Göttingae 
1736. 4. (6 Sar.); die £roftvolle Lehre von d. 
goͤttl. Vorſehung, von ©. €. Gierig. Dortm. 
| ig 3. (bisher noch zu wenig bekannt.) Die Schrift: 

5. Hieronymus Meflerionen über die Worfes 
Eiche Maufchenberg 1792. 8. ift von geringem Werth. 

S. SJerufalem’g Setrachtt. sc. ır Th. 4te Betr. 
©. 56:91; Reimarus Abhh. v. d. vorn. Wahrhh. 
d. nat. Mel. ste u. gie Abh. (nach d. Nachher. Tuͤb. 
1732. r S. 662:784); Doöderlein’g inf. Th. chr. 
IT eER.h, 164 174 S. 580-620; beffelben Rel.⸗ 
Unterr. Vllie Th. ©. 88-298; Schulz Erf» Eehren 
des ER, ır ẽh. S. 281-300; Mori comm. 
in epit. T. I. p. 304 14; Eckermann's Handb. d. 
Gl. Lehre, Zr 3. S. 216.236; Poliß Darftellung de® 
Keinhardfehen ehrfäge, ıv Ih. S. 501-508. 
Was iſt unter der — Vorſehung zu vera 
ſtehen? 
L12 


532 DB. 
Vorfehung, ‚ (die görtlihe — was?) 


Gemeinhin erelärt man fie für Gottes Erhaltung und weiie 
ee der Welt, oder als den goͤttl. Einfluß auf 
beyde. Ich weiche, fo wahr es and) ift, daß die gütil, Vor⸗ 
ſeh A die Erhaltung aller Teblofen und lebendigen Dinge in 
der Welt, 6, br die Erhaltung aller Weſen, bie Berforgung 
aller Lebenden, und die Negieyung Gottes von allen Verindes 
zungen in der Melt (wozu feine Mitwirfung durch alle Kräfte 
in d. Welt aekört) vorausfegt, den Sprachgebrauch in Ruͤckſ. 
‚bes Worts Vorfehbung 9 gemäß und um zugfeich moͤglichſt 
vie Wiederholung deſſen, was ſchon in den Art. Erhalt, und 

» Reg, Gottes gefagt worden"ift, im Folgenden davon ab. 


Eine Fürfehbung faßt bie Verhütung deffen, was 
Uebel ik und vorzüglich die Sorge für iemanden *) 
in ih. Gottes Kürfehung if darnach feine 
Sürforge für das Wohl deg Ganzen und ber einzele 
nen Sheile defjelben. 

„Sie ift die beſte — zweckmaͤßigſte Zufammenord« 
„mung aller natürlichen und willführlichen Veraͤn⸗ 
„derungen, oder die Veranſtaltung der fürs Ganze 
„zutraͤglichen unſchaͤdlichen Folgen der Wirkungen 
„der eingefhränften,„ in unſerer Welt befindlichen 
„Kräfte.“ Allg. d. Bibl. 7239. ı St. ©. 62. 

Gott, welcher ung und allem, was ift, dag Dafeyn 

gab, ift Fein mäßiger Befchauer feiner Werke; er ent» 
fernte ſich nicht, gleich dem DBaumeifter, von feinen 
Werfen, ſo bald fie Fertig waren; erüberließ 
und forgte immer für ihre Sortdäuer, für ihre 
Vollfk. u. Die Glücfeljafent ihrer Bewohner. 
‚Er bringt die Zwede bey feiner Welter> 
fhaffung in derfelben zur Wirklichkeit. Er 
laßt alle Geſchoͤpfe ihre Beffimmung errei— 
hen. Er erzieht und bildet insbefondere 
feine vernünftigen Gefchöpfe, regiert fie 
durch das Sittengefeß, durch ihre Schickſale, 
durch die Naturveranderungenzc., vollzieht das 
Sittenaſes macht das dage Gut wirklich. Er iſt 












*) Man follte billig Ken laͤngſt allgemein ſprachrichtiger fuͤr 
—Worſehung den Ausdruck Fuͤrſehung oder Fuͤr— 
forge gewählt und in Rel.Vortraͤgen, Katechiſatt. und 

in Schriften eingeführt heben. 


»*) Procuratio, 


| V. 
Vorſehung, (die goͤttliche — was?) 


wirkſam, alles ſeinem Rathe und ſeiner Abſicht gemaͤß 
einzurichten und zu lenken. Er ſucht, daß der 
Eundzweck der Schöpfung: Tugend u. Gluͤſck⸗ 
ſeligkeit in Uebereinſtimmung im Allgemei— 
nen und auch im Beſondern möglichſt beför- 
dert und erreicht werde. Es kann nichts 
geſchehen, was er nicht angeordmef. und zu: 
gelaffen Hat, wenn gleich vieles erfolgt, 
was M. nicht vorhergefehen und nicht ver— 
muthethaben. Er leitet unfere Schickſale, 
unfere Leiden und Freuden väterli und 
lenkt elle uns und andern Geſchoͤpfen wie 
derfahrende Veränderungen sum beften 
Endzwed und zum allgemeinen Beften. Das 


alles gehört zur Vorſehung. Sie if: Gottes be— 

— wohlthätiger Einfluß aufs 

 DBefte der Gefhöpfe, fein fortdauerndes 
Verhältniß zur ganzen Beln 


Das Wort VBorfechung ift nach den: Eibl. bildlichen Redensarten‘ 
Gott fieht, ſchauet herab; er klickt vom Himmel auf die M. 
u. ſ. w., gewählt und fol anzeigen, daß Gott nicht die Ge— 
ſchoͤpfe, nicht den M. vergeffe, ſondern mit denfelben in einem 
immer fortwährenten Verhältnis fiehe, orer daß alles, was in 
der Welt geſchieht, mach Gottes Willen gefchehe und fo fih 
ereigne, als es feine unendliche Weish. und Liebe angeordnet 
bat, oder es doch zulaͤßt. Das Bild if von einem Negenten 
entlehnt, der ftetS auf alles achtet und auf alles merft, damit 
Basienige gefchehe, was nach feinem Willen gefcheben fol und 
damit die M. zum Guten durch angemeßne Belohnungen ers 
weckt werden möchten. Die Sylbe vor fiht im W. Vor— 
ſehung ſtatt für — Fuͤrſehnng, für etwas EVER bes 
weifen — für etwas forgen. Nimmt man ienes Wort aber in 
dern Sinn, daß es mit Vorausſicht— een ift, fo if 
das W. deshalb gewählt, Weil Sort daS Begenwärtige nicht 
‚erfi kennt, fondern es a ine Allwiſſenheit laͤngſt Vorbers 
geſehen hat. Das Wort Vorſicht Guͤrſicht) ſagt aber zu 
wenig. — 


In Gott iſt zwar die ganze Regierung und Len— 
kung der Welt als nur eine ‚ginzi ige —— Hand⸗ 
lung oder eine und dieſelbe Fuͤrſorge. Wir koͤnnen 
ung aber dieſelbige nur in Her Zeit in a 

Handlungen wirfend denfen. Unſer endlicher Verſtand 


534 V. 

Vorſehung, (die goͤttl. — welches find d. Gegenſt.derſ.?) 
muß in ihr folgende Punkte als einzeln denken: 1) 
alles Vorhandene kann allein nur durch Gott forts 
dauern. Er bereitet aber in der ganzen Sinnenwelt 
allen vernuͤnftigen Weſen unendlich viele Freuden mit 
der groͤßten Weish. 2) Was ſich in der Welt durch 
die den Dingen mitgetheilten Kraͤfte oder nach den 
vorgeſchriebenen Geſetzen ereignet, geſchieht nicht ohne 
den Willen u. die Zulaſſung Gottes; 3) Gott lenkt alle 
dieſe Weltveraͤnderungen nach dem ſich en 
awede, oder er lenkt den Lauf der Weltbegebenhh. 
im Ganzen, und die Schickſale des einzelnen M. fo, 
daß iedes vernünftige Wefen nad Verhaͤltniß feiner 
ſittlichen Würodigfeit gluͤcklich werde. Denn Gott be— 
foͤrdert an allen vernuͤnftigen Weſen die Sittlichkeit 
als den Endzweck des Daſeyns ihrer und der ganzen 
Schöpfung. — Gott erhält umd regiert das Ganze. 
Ylfo ift iedes Gefchöpf, iede Kraft, iedes Leben ein 
Gegenftand der goͤttl. Vorſe hung, Pſ. 104; Ap. Geſch. 
17, 28. Ale und iede Veraͤnderungen der lebloſen u. 
der lebendigen Dinge; — alle Erfiheinungen der Na— 
tur, (1 Moſ. 8, 22. Hiob 38, 22>3$.) ale Verthei⸗ 
lungen der Freude und Gluͤckſ. empfindender Weſen 
(Hiob 10, 8-12; Ap. ©. 14, 17.) find als Wirkungen 
der goͤttl. Vorſehung anzuſehen. Das ganze Men— 
ſchengeſchlecht in allen ſeinen Gliedern, das Verhaͤlt— 
niß der Gebornen und Sterbenden und der beyden 
Geſchlechter gegen einander (Pf. 127, 3); ihre Ver— 
theilung auf der Erde (Ap. G. 17, 26); der einzelne 
M. iedes einzelne Ereigniß feines Lebens, die Stunde 
ſ. Geburt Giob 38, 21; Pf. 139, 15. 16) und die 
Stunde f. Todes, (Pf. 90, 3. 5-10; 91, 3-7; 139, 16) 
das Maaß feiner Kräfte, feine Bildung, feine Verbin- 
dungen, feine Stelle in der Welt, feine Wirkfamfeit 
und fein Einfiuß auf Andere, feine Vorzüge u. $reus 
den, feine Leiden und —— feine Rettung aus 
Gefahren, (Pſ. 92; II Tim. 4, 16. 17.) feine ihm 
gelingenden oder fehlfchlagenden Hoffnungen, Pf. 177, 
1. 2; 1 Sam. 2, 5-3; Pf. 37, 12-14; ek. 10, 23; 
Spr. 16, 33. — alles dag find Heftimmungen feineg 
mweifeften und gütigften Willens. Gott fucht insbef. 
die Vollk. und Glücf. eines ieden Gefchöpfs nah | 
dem Maaß feiner Empfänglihf. (IT Tim. 2, 4.), am 


a 535 
Vorſehung, (die goͤttl. — wodurch ſie ſich äußert.) 


meiften die Bolf.ıc. des Menfchen, auf verfchiedene 
Art, auch durch die Leitung feiner Schickſale zu Bil: 
den und zu vervolf. Denn unfere Natur ift einer 
fehr großen Vervollk. und durch diefe eines fehr hoben 
Grades von Wohlfeyn fähig, Wenn gleich die dem 
einzelnen M. bier gegebenen Mittel, einen gewiffen 
Grad von Ausbildung und Wohlfeyn zu erreichen, 
ſehr ungleich find, fo find fie doch in einem jeden ale 
Beranftaltungen einer weifen und gütigen Vor— 
fehung zu verehren. Sie ließ es zu Feiner Zeit und 
feinem M. ganz an Bildungsmi tteln fehlen, nie ließ 
fie ſich ganz un bezeugt. Iſt nicht der M. ſowohl 
mit Anlagen und Srieben sur Bollf. u. Gluͤckſ., 
als auch mit Kräften, fie zu erreichen, verſehen? 
Shen dag ift alg die allgemeinfte Beranftal-: 
tung Gottes zum Beften des M. zu betrachten. Nach 
der Erfahrung find auch viele M., ohne eine vorzüg- 
liche Anleitung, ohne einen hoͤhern Unterricht im 
Stande gewefen, Gufes u. Boͤſes von einander zu unter— 
fcheiden und, wenn fie nach diefer Erf. bandelfen, zur 
Zug. und der fie begleitenden Glücf. zu gelangen. 

Gottes Vorf. fucht die M. 2 bilden a) Durch die 
Natur, f. Ratur, L ar Th. ©. 268 und II. 2. eb. 
©. 2715 — b) dur ihre Bunker zb Jedes Er 
eigniß in ihrem Leben, iede Wohlthat, jede Prüfung, 
jedes fie £reffende Leiden ıft Bildungs » und Erz.-Mit- 
tel in ihrer Dand. Sie weckt dadurd) (hlummernde 
Sähigkeiten, fi fie rege Kräfte auf, fordert TIhätigfeiten, 
laßt die M. Erfahrungen fanımeln, Ueberzeugungen 
gründen, Tugenden veranlaffen oder befeftigen. Sie 
wirft Fehlern entgegen, und bringt fo ieden einzelnen 
M. immer einige Schritte näher; — c) durch die 
natürlichen Folgen des Guten und Boͤſen. Es findet 
oft fhon hier feinen Lohn oder f. Strafe. Dadurch 
wird der Wille des M. gelenft, ohne ihm dadurch 
feine Sreiheit zu entziehen. Wer nad) den Maaß ſei— 
ner Erf. und Kräfte Recht und Gutes thut, genicht 
ſchon bier davon Srüchte durch die Gewiſſensruhe, 
durch alle die angenehmen Empfindungen, welche dag 
Bewußtſeyn feiner erhöhten und wohl angewandten 
. Kräfte giebt; durch den mwohlihätigen Einfluß des 
- Guten auf den äußern Zufland, auf Gefundheit, 


536 V. 
Vorſehung, (die goͤttl. — wodurch ſie ſich u. 


Wohlftand und Achtung in der Geſellſchaf Wer 
Boͤſes thut, beraubt ſich ſchon iener Vorz n ſtoͤrt 
den ruhigen Beſitz ſelbſt derienigen Guͤter, die von der 
ſittl. Beſchaffenheit unabhaͤngig find, erfchepft feine 
Kräfte, u. büßt oft fehr hart für gefeßwidrige Freu— 
den eines Augenblicks. MWeldy eine nüßliche fittliche 
Zucht ift dag für jeden, welcher fie nugen will! Gie 
legt unverkennbar einen heiligen und gerechten Willen 
dar; — d) durch vorzügliche — erfeuchtete und thaͤ⸗ 
tige Maͤnner von Zeit zu Zeit, obwohl unter hoͤchſt 
verſchiedenen Umſtſt. und durch verſchiedene Mittel, 
zur Aufkl. des Verſtandes, zur Bildung der Sitten 
zur Aufnahme des Wohlſtandes der menſchl. ——— 
ſchaft. Sie wirkten dazu durch Geſaͤnge, Lehren, Ge— 
ſetze, Einrichtungen, Verbeſſ. und durch ihr gutes 

Beyſpiel, welches maͤchtig wirkte. Gewiß iſt durch 
Maͤnner, welche das gemeine Weſen einrichteten, weiſe 
Verordnungen zur Unterdruͤckung oder Minderung 
der Roheit und Unſittlichkeit gaben, und welche gute 
Anſtalten ſtifteten, um dag menſchl. Elend zu erleich— 
tern, ſehr viel zur Vervollkommnung ihrer Zeitgenoſ⸗ 
ſen und ſelbſt ſpaͤterer Geſchlechter geſchehen. War 
es auch mit manchen Mängeln und Unvollkommenhh. 
gemifcht, fo war e8 doch immer ein wichtiger Bey: 
trag zur Erziehung und Sortbildung der M—heit. 
Es waren doch befondere Beranftaltungen Gottes zum 
Beſten einzelner Nationen. 


Sagt man, daß Gott dem Streben des Menfchengefchlechts, in der 

fittl. Bildung fortzufchreiten, die Richtung gegeben babe, ſo 

koͤnnte man das fo verfichen, daB der Mienfch dabey fich 6103 

feidend verbielte und fich nicht ſelbſt beftimmte. Gott will 

freilich die fittl. Bildung des Menfchengefchlechts, aber er lei— 

tet blos das darauf gehende Gtreken ver M. und zwar fo, 

daß 08 der Willführ der DT. überlaffen geblieben ift, ob fie für 

oder gegen den Zweck Gottes haben fireken wollen und fireben 
werden, 





Die großen wie bie Heinen Weltbegebenheiten, die 
Schickfale der Volker und Staaten, die Erhöhungen 
oder die Erniedrigungen ganzer Nationen durch zu— 
nehmende oder abnehmende Eultur und Aufklärung — 
alles ift Gottes Veranfialtung. Ap. ©. 170 264. $jel. 
45, 4:15; I Mof. 50, 20; Spr. 21, 15 Jer. 18, 6:9. 


| V. 537 

Vorſehung, (die goͤttliche — Arten der —) 

S. Witting’s Handb. ꝛc. ır B. S. 43 f.: „die Vorſ. Gottes 
bey Staatsrevolutionen,“ uͤb. Ev. am 2ten Adv.⸗Sonnt. 

Sn Witting’s Handb. finder man faſt alle einzelne Beziehungen 

der Borfehung, z. B. bey den gemeinſchaftl. Berbindd. der M. 
1 2%. 2r Th. ©. 199 ff.; bey den Familienverbindd., 1 ®. 
ie Ih. ©. 242 ff.; bey ven chelihen Verbindd., cbens. ©, 
424 f.; bey der Verbind. gefaͤhrl. M. mit guten M. auf der 
Erde ; bey d. ungleihen Austh. irrd. Guͤter; bey der Ungleich— 
heit 5. Stände unter ven M., 1 8. ır Th. ©. 210 f.; bey 
dem Gluͤckswechſel der Familien, 1 Bd. or Ih. ©. 228 f.; 
bey d. Erhebung u. Erniedrigung der Samilien, 2 B, ar Th. 
SS, 62 f.; key d. verſch. Austh. unferer Kräfte, ebend. ©. 
124 f. um ı B. 2 Xb. ©. 380 f.; bey der Verſchiedenh. 
— Geſchaͤfte, 2 B. ar Th. S. 127 ff.; bey den Freuden 
des Lebens, I B. ar Th. ©. 189 f.; bey der Beförd, unſerer 
Vollk. ı B. ar Th. S. 706. 77; bey dem menſchl. Lebensziel, 
8, 18. äh Gi223 m fe wi 


Es if alfo in der Welt kein eigentliher Zufall. 
Nichts gefchieht nach einer blinden Rothwendigkeit. 
Alles iſt ein weiſer und wohlangelegter Entwurf. Zu— 
fall iſt nicht möglich. Für einen unendlichen Verſtand 

kann fein Zufall ſeyn 9%), fuͤr die hoͤchſte Weisheit 
dorf Fein Zufall ſeyn; der allergeringfte koͤnnte den 
ganzen Entwurf derfelben zernichten. - Nichts von 

allem, was gefchieht, iſt daher als Birfung eines 
blinden Ungefaͤhrs J d. Art. Regierung 
Gottes, III..2. c. 2r Sh. ©. 331. 

Ya C. C. E. Schmidt Mrevigten, 1797. Br. 
10: „die Wege der Vorſehung.“ 

m Unterfcheidungen in ber göttlihen Vor— 
febung rten). 

Wir M. pflegen diefe Unterſcheidungen zu machen. 
Denn wir vermögen nicht viele Gegenſtaͤnde zugleich 
deutlich in einem Gedanken sufemmen zu faiten. Wir 
müffen daher unter dem, was eine naͤhere Beikhung 

auf uns hat, u. uns deswegen wichtiger fcheint, u. dem, 
was ung weniger angeht, und was wir daber unmwich- 
tig nennen, unterſcheiden. Wer vieles zugleich faſſen 





— Denn er überfgant ia die Zukunft, die Gegenwart und 
die Vergangenheit mit einem Blide, mit dem hoͤchſten 
Grad der Deutlihfeit bis auf Die verborgenften Trieb⸗ 
federn aller Ereigniſſe. 


5383 V. 
Vorſehung, die goͤttl. — Arten der — die allg. u. bef.) 


- wollte, würde nichts gehsrig klar und beſtimmt faffen; 
wer für alles forgen wollte, würde feinem binlänglich 
helfen, fondern feine Kraft unnüß gerftreuen. Gottes 
Sürforge ft eine und diefelbe, mir mögen ung dad 
Ganze oder blog die M., oder bloß einzelne unter 
den M. denken. Sicht in Gott, fondern blos in uns 
— Erk. findet in dieſer Hinſi cht eine Verſchiedenheit 

att 
Man unterſcheidet die Borfehung 

2) in die allgemeine W., oder Gottes” Vorforge 
erftreift fich auf die ganze Welt und alle Gefchöpfe*). 
Alles in der Welt, dag Größte wie dag Kleinfte, dag 
Wichtigfte wie das Geringſte, das Kleinſte und Ges 
ringite wie dag Wichtiafte und Groͤßte ift ein Gegen» 
ftand der göttlichen Borfehbung, Pf. 145, 9; Ebr. 4 
12. Der vollendetfie Engel, wie ber Fleinfte Wurm, 
das leichtefte Stäubchen wie der groͤßte Weltkoͤrper 
N fo zu ieder Zeit durch Gottes Willen, als er if. 

Nichts ift von feiner Vorſorge ausgefchloffen. 

2) Die befondere Borfehung Gottes, fofern fie 
fich auf ung M. erfireckt, d. h. wir denfen ung die 
vernünftigen Weſen als einen befondern Pal 
der Aufmerkſamkeit und Fürforge Gottes, weil ſich 
derfelbe an den vernünftigen Gefchopfen, die einer viel 
größeren und edleren Vollk. und Glücdf. fähig find, 


als vernunftlofe Wefen, näher ‚entdecft, oder man 


fieht, daß es Gottes Zweck mit ihnen, die moͤglichſt 
große Summe von Vollk. und Gluͤckſ. wirklich zu 
machen, iſt. Gottes Weisheit hat alle und iede, 
auch die allerkleinſten Theile und Begebenheiten 
in der Welt in aller Folge der Zeit auf's deutlichſte 
betrachtet, und in dieſem Sinn iſt ſeine Vorſehung 
ſowohl über lebende als lebloſe Geſchoͤpfe eine be— 
ſondere zu nennen. Aber wir M. haben ausnehmende 
Vorzuͤge in unſerm Weſen und in unfern Naturkraͤften 
zu einen hoͤhern Gluͤckſ. von Gott erhalten. Da wir 
allein auf der Erde, durch) die Faͤhigk., Gott zu er- 
fernen und zu verehren, in eine Gemeinfch. und Vers 





*) Das ein Theil der Vorſehung auf die Gattungen, der 
andere auf die Individuen gehe, iſt ein widerſprechender 
Begriff. 


V. 539 
Vorſehung, (die goͤttliche, die beſonderſte — —) 


bindung mit ihm geſetzt ſind: ſo muß auch die Ab— 
ſicht auf unſer Wohl und folglich ſeine Guͤte fuͤr uns 
bey dieſer Vorſehung ausnehmend u. in ſolchem Ver— 
ſtande eine beſondere ſeyn. Wir M. bedürfen auch 
mehrerer Güte zu unferm Wohl als die niedrigeren 
Geſchoͤpfe. Gott bat nach feiner Güte von Anfang 
an darauf Nückficht genommen, Den M. dag zu ges 
währen, was ihre vernünftige Natur erfordert und 
was ihre Bedürfniffe heiſchen. Nach diefer befondern 
Borfehung kennt Gott alle unfere Abfichten, Handlun— 
gen, Schwachheiten. Es werden alle unfere Berbins 
dungen, Berandd. und Schickfale unferd Lebens von 
feiner ewigen Weish. und Güte hiernach gewählt und 
—— 
Vgl. J. C. Martini Predd. nach bibl. Grundſ. 
170%, 0: * Nr. 2. 3. „von d. Allgemeinheit d. Vors 
febung und v. d. befondern V. über die M.“ 


3) Die befonderjte göttliche Vorſehung, fo 
fern man fich die goͤttl. Vorſeh. in Beziehung auf 
dieienigen unter den M., welche gutgefinnt und Gott 
gehorfam, oder rechtfchaffene Verehrer Gottes find, 
denft. Gott leiter diefe Edleren unter den vernünftis 
gen Wefen theils durch Vernunft und Gemiffen, 
theils durch den ihnen verfchafften Unterricht, durch 

alle die Umftft., worin er fie ſetzte, durch die Erweckun— 
gen, Bepfpiele, Ermunterungen, Antriebe oder Wars 
nungen, die er für fie veranftaltete, zur Anerkennung 
feines heiligen Willens, als ihres Geſetzes, und er uns 

 terftüßt fie in dem Beftreben nach einer immer hoͤhern 
-Bollfommenbeit im Gehorfam gegen denfelben. Diefe 
find den M. vorzugsmweife Beweiſe feiner heiligen Fuͤr— 
ſehung und, befeftigen ung in der Ueberzeugung,, daß 
Gott alle feine vernünftigen Gefchöpfe zu einer immer 
vollkommneren Tugend und Slückf. erziehen wolle, u 
daß alle Hinderniffe des Guten und der Slüctligf, 
und alle Uebel deg Lebens nur Erziehungsmittel find, 
durch welche Gott die M., wenn fie nur thun, was 
fie thun follen, zu einer ſtets ſich erhoͤhenden Vollk. 
und Gluͤckſ. führe. Die M. find der göttlichen Auf: 
ſicht beſonders würdig, und feines Troſtes und feiner 
Hulfe vor allen andern empfänglich, Nom. 8, 28; 
1 Mof. 15, 1; 1 Sam. 2, 9. 


409 B. 
Vorſehung, (die goͤttliche, die beſonderſte — —) 


Dieſe beſonderſte Vorſ, zeige ſich 1) in der Bes 
ſchuͤtzung der Frommen, IMof. ı5, 1. I Sam. 2,9*). 
2) Dadurch), daß er fich der Nothleidenden annimmt, 
Dr. 9, 19; a) der Armen und Geringen, insbefondere 

ber Witwen und Wayſen, Pf. 9, ro. 13. 19; Spr. 
22, 22. 23; Ef. 25, 45 Sy u u Gm 7; 
35,16 — V Mof. 15 195- Pf or 6 
Spr. 23, 10. 11; Syr. 35, 175 — b) aller derer, die 
Gewalt und Unrecht leiden müffen, Bf 9, ch 102, 
20. 21; 103, 6; Gyr. 35, 15-23. 

Die befonderfie Vorſehung bloß auf die Chriften zu beziehen, 
ift gar nicht anzunehmen, denn theils find die Fruchtbarkeit 
der Erde, der wohlthätige Sonnenſchein, ter Reichth. ver Wa: 
tur auch Wohlthaten, die Gott ven Nichrchriften zuflichen läßt. 
Seine Liebe ift alluınfoffend, und in Nücficht ter Vernunft 
haben fie, jo wie durch andere Gelegenhh., Mittel genug, ihe 
Herz zu bitden, wozu auch ihr ſittl. Gefuͤhl dient, Nom. 2, 
14. 15. Wie kann man annehmen, daß Gott vie fo fehr vies 
Ien, weit ärger als die Heiden in der Welt Iebenden, Chriften 
mehr verforge, mehr beichüse, mehr liebe, mehr ihnen wohls 
thue? Sie machen fich deshalb feiner Wohlthaten unwuͤrdig, 
weil ſie mehrere Mittel zur Erk., mehr Antriebe zur Tugend 
haben. 


Nun denke man, was 2 und ; Betrifft, deshalb ia 
nicht, als ob Gott partheiiſch waͤre und eine beſon— 
dere Vorliebe für die M., insbeſondere fuͤr die From— 
men habe; man muß vielmehr dieß richtig ſo ſi ſich vor⸗ 
ſtellen: Gott hat die © Stüdfe tigfeit, die er jedem Ge— 
fchöpfe zufließen läßt, nach ber Fähigkeit ausgetheilt, 
welche iedes Geſchoͤpf vermoͤge feiner Natur zum Ge— 

nuſſe beſitzt. Da ſich nun der Fromme und Tugend— 
hafte immer faͤhiger macht, Gluͤckſeligk. anzunehmen, 
fo hat ihm Gott auch die meiſte zugedacht und führe 
ihn dazu. Da die M. auch mehr Gutes anzunehmen 
im Stande find, als die unvernünftigen Thiere, fo er- 
theilt Gott auch tenen mehr als diefen. Es iſt alſo 
feine Vorliebe, fondern die weifefte Wertbeilung alles 
Guten nach der Enmwfänglichkeit der Geſchöpfe. Ueber: 
all richter fh Gottes Weisheit in Mittheilung feiner 


— — — —— — m —— — — — — — — — 


*) Eſ. 49, 15. 16. iſt Eos von der oöttl. Fuͤrſeh. für die 
M. überhaupt die: Rede, a 


ne :; 541 
Vorfehung, (die götel,, natürliche und auferord. —) 


Güter nach der Empfänglichkeit derer, melchen fie be- 
ſtimmt find. 

Die gottl. Sürfehung fann man als fo mannichfal- 
tig fich denfen, als eg Grade der Empfänglichfere bey 
den Geſchopfen geben kann, welche aber fih nicht an- 
geben laſſen. - Bee] | 

4) Die natürliche und ordentliche Fuͤrſehung, 
oder Dieienige göttl. Surforge, Die Durch den ordent— 
lichen Lauf der Natur und durch die ben Gefchepfen 
mitgefheilten Kräfte und nach den gewöhnlichen Wir: 
kungsgeſetzen derſelben fich wirkſam zeigt, oder fofern 
fie nad) gewiffen feſtgeſetzten befländigen Regeln fich 
aͤußert. 

5) Die außerordentl. göttl. Fürfehung iſt die— 
ienige, die, ob fie gleich auch nach Naturgeſetzen bans 
delt, doch uns unmistelber auf fih aufmerkſam mad, 
und in ung Gefühle hervorbringt, welche ung Keine 
Gyefulation rauben fann. Sicher gehören wunder— 
bare Lebengrettungen, Erhebungen niedriger, aber wuͤr— 
diger, M. auf hohe Stufen der Macht, des Reich— 
thums und der Ehre, feltene Verbindungen von Um— 
ffänden, durch welche drohende Gefahren abgeweuder, 
große Uebel gehoben und glüdlihe Veränderungen 

 berbeygeführt worden find, desgleichen wenn durch 
Fuͤgungen, welche niemand vorher wiffen und Ienfen 
fonnte, Entww. der Bosheit vernichtet werben, firafs 
bare Verbrechen an's Licht kommen, das freche Koffer 
feine Etrafe erhält, die unterdrücte Unfchuld dagegen 
gerettet wird, wenn den verkannten Verdienſte Ge- 
rechtigfeit widerfährt und die unterliegende Tugend 
plögiich die Oberhand gewinnt und ſiegt. Diefe Ers 
folge find dadurch außerordentlich, weil dabey Die 

Umſtaͤnde oft auffallend find, meil die Verknuͤpfung 
und das Zuſammentreffen der Umftft, oft unerflärfich 
ifi, weil dabey feltfame DBerwickelungen und Auflöſun— 
gen mit einander abwechfeln. Hieher gehört auch die 
durch die geoffend. Mel. und durch ihre Lehren und 
Vorſchriften und Gebräuche von den gewöhnlichen 
Kräften der Gefchöpfe verfchiedene Neibe von Urs 
fachen, die Gott gleichfalls zur menſchl. Wohlfehre 
anwenden fann. Die geoffendb. Rel. wurde durch eine 
außerordentliche. Beranfteliung Gottes in Die Reihe 


542 V. 
Vorſehung, (die götel., — ihre Eigenfchaften.) . 


der gewöhnlichen Urfachen eingeruͤckt. Nur balten 
dieſe Drittel, die nicht gewöhnlich find, eben fo wie der 
Lauf der Natur ihre Drdnung und verurfachen Feine 
in die Augen fallenden und v. d. allgem. Regel ab» 
mweichenden Erfolge. 

Die Bu nder haben aufgehört, daher kann ietzt nicht mehr von der 
wundervollen göttl, Vorſehung im eigentlichen Sinn die Steve 
feyn, Sottes Vorfehung ift allinächtig in ver Welt wirkſam, 
aber mittelbar durch die Ihätigteit d. Natur und auch des M., 
als eines verfiändigern VBernunftwefens; f. Mitwirkung. 
Die Natur ift aber ganz Gottes Wert, alles hängt von ihm 
ab. Daher ift der Gedanke: Gott if der Urgrund von alleın, 
was gefchieht, gar nicht unrichtig; vol. Reimarus a. a. O. 
IXte Abh. 9. 135155 Ddderlein’s Rer..Unterr, Xp. VI. 
©. 278:280 und ©. 274. und unten Wir, IV. 


II. Eigenfchaften der goͤttl. Sürfehung und 
worauf fie fich erftredt. 

ı) Sie ift allgemein, fie erſtreckt fich aufs Ganze, 
auf's Weltall. Sie iſt allgemein fowohl in Anfehung 
der Gegenftände, mwelche fie umfaßt, als auch in Bes 
treff des Erfolgs und der Werändd., welche ieden der> 
felben betreffen. Gott Fennt nicht „blos alle Gefchöpfe, 
die großen wie die Fleinen, Dieienigen, welche ung 
wichtig, und die, welche ung unwichtig fcheinen, auf 
das genauefte, fondern forget auch für alle Er ver- 
nachläßigt Fein einziges feiner Gefchöpfe. Denn als, 
was er erfchaffen bat, bedarf nicht nur dieſer Kür» 
forge, fondern ift auch derfelben würdig. Deshalb 


forgt auch Gott für iedes einzelne Gefchöpf, u. 
folglich auch für dag kleine. Matth. 10, 29. Ihm 
entgeht nichts unbemerft. Ihm, dem unendl. volff. 
Wefen, war nicht3 zu Flein, nichts, ſelbſt das kleinſte 
Wuͤrmchen nicht, unter ſeiner Wuͤrde, um demſelben 
mit Allweisheit ſeinen Bau, ſ. Einrichtung, ſ. Triebe, 
ſ. Lebenskraft, ſ. Leben und ſ. Dauer zu geben. Es 
kann alſo auch nicht zu geringe fuͤr ihn ſeyn, ſich 
fortgeſetzt um das Schickſal, um die Fortdauer des 
Zuftandes eines ieden Geſchoͤpfs zu bekuͤmmern. Pf. 
145, 15. 165 147, 9; Jon. 4, 6. II. 

Alfo Gottes Borf. erfirecft fih auf das Ganze, 
auf ganze Weltförper, ganze Gefchlechter u. f. w. fo, 
daß alles in dem Laufe, in der Ordnung, in. der 


V. 543 
Borfeh., (die goͤttl. — erſtreckt fih auch aufs Einzelne.) 


Schönheit, Proportion und Beftimmung bleibe, wie 
es feit mehrern taufend Jahren war, aller Umwaͤlzun— 
gen ungeachtet, welche feltenere Naturbegebenheiten 
oder menfchl. Wilführ veranlaffen. Nichts feheint 
mehr feine Regierung, u. f. we, f. d. Urt. Regier. 
1. 2..€..:ce, 6323. 

2) Sie erfiredt fid auch auf’s Einzelne und 
Kleine, aufieden Theil des Ganzen, welche 
Theile zufammen das Ganze ausmachen; auf jeden 
einzelnen Weltkoͤrper, auf iedes einzelne Geſchoͤpf. Auch 
die kleinſten und in unſerer Art nichts bedeutenden 
oder unwichtigen Dinge und Veraͤndd., welche er 
kennt, weiß er fuͤr's Ganze weiſe und guͤtig zu be— 
nutzen; Matth. 10, 29. 30. Gott erhält nicht blog 
den Umriß des Ganzen oder die großen Weltförper. 
Es ift ihm nicht zu Elein, Ra für iedeg einzelne Ges 
fchöpf befonders zu forgen, d. h. «8 ‚u befhüsen u. 
ihm alles zu feinem befondern Glüde Noͤthige zu ges 
ben. Er wählte nicht blogs die Geſchlechter, gab nicht 
blos iedem feine Natur und beſtimmte nicht ein für 
allemal die Gefege, nach welchen fie fortwa hren ſollen, 
ſondern auch fuͤr iedes einzelne, auch fuͤr das geringſte 
Geſchoͤpf eines Geſchlechts und einer Gattung ſorgt 
und iede, auch die Eleinfte der Berändd. des Gefchepfs 
leitet er. 

Hol. Greiling’ 8 neue praft. Materialien zu Gan- 
geloorträgen, ı D. 28 Heft, Nr. 16: „auch Kleinig- 

keiten fiehen unter der gotil. Fuͤrſehung.“ 

Gottes Sürfehung waltet daher auch über ieden 
einzelnen Menfchen, Matth. 6, 305 10, 30. 31. 
Kemer ift fich felbit ganz überlaffen. Gott wacht über 
den M. noch ehe er geboren ift, bey f. Geburt, waͤh— 
ver d f. ganzen Lebens, befonders über den Srommen, 
beſtimmt dag Zıel feiner Kebenstage; ſ. d. Art. Re— 
sierung Öotteg, 1. 2. c. aa. 2r Th. ©. 320. 21. 
Der M. ift Fein Ball, mit welchem die Umſtſt. fpielen 
fonnen, wie fie wollen. Ale unfere Schigffale leitet 
Gott. Sein Plan ift, uns moͤglichſt glücklich zu ma— 
den. Ohne Gottes Willen faun ung nichts, 
auch nicht das geringfie Boͤſe begegnen; iede 
Traurigk. ſoll und wird ſich uͤber lang oder kurz in 
Freude verwandeln. Gottes Kraft — ſein allguͤtiger 


544 V. | — | 
Borfeh., (die goͤttl. — geht aufs Einzelne, fie ift guͤtig.) 


Wille außert ih auch an iedem M. IR in iedem Augen— 
blick feines Dafeyns. Daß wir ernährt werden, daß 
die Mittel zu unferer Erhaltung immer vorhanden 
find, daß die einmal dem M. gegebene Einrichtung 
der menſchl. Natur keine Ausnahmen braucht, iſt die 
Wirkung des weiſeſten goͤttl. Willens. Keinem M. 
begegnet etwas ohne Gottes Willen und Zulaſſung. 
Von dem, was Dr. begegnet iſt, iſt nichts für Gott 
unerwartetes. Er weiß die grimmigfte Bosheit — u. 
die geheimften Anfchläge der M. zum Voraus, macht 
weife Einrichtungen ‚dagegen und wenn der Bofewicht 
glaubt, ietzt ſey es ihm gelungen, fo werden alle feine 
Entwm. zu Waſſer, und er falle ſelbſt in die, Andern 
gearabene, Grube. Ja, auch dasienige Unglück, was 
fi) die M. felbft zugesogen haben, ſteht unter Gottes 
Fuͤrſehung. Ihre Fehler und Verirrungen lenkt Gott 
nach ſeinem Entwurf. Wir gleichen dem auf ſ. Reiſe 
Irregegangenen, der durch einen der Wege kundigen 
M. wieder zuruͤckgefuͤhrt wird, und fo — wiewohl 
ſpaͤter, an den Ort ſ. Beſtimmung koͤmmt. Unſere 
Verirr. und ra sieben ung Leiden zu. Dutch diefe 
laßt Gott uns unfere Pflichten deutlicher. erkennen, 
unfere Vernunft beffer gebrauchen und an unferer 

Verbeſſerung arbeiten. 
3) Gottes Vorf. if hoͤchſt sütig. Es will Gott 
nicht blos die Vollk. und das Wohl aller Geſchoͤpfe, 
fo meit und wie es ihrer Natur zukommt, fondern 
auch die moͤglichſte größte Glücfeligk. wird ihnen zu 
Theil, Df. 10% 24. ‚Nur ift die Glädf. nad) der 
Befchaffenheit der Gegenfiände verfchieden. Bey den 
unvernünftigen Geſchoͤpfen geht ſie auf die Befried. 
förperl. Triebe und Beduͤrfniſſe, bey ſinnl. vernünfti- 
gen Wefen aber auf Förperl. und geifliges Wohlfeyn. 
Dazu traf Gott alle Anſtalten, dazu * er in der 
Natur des M. alle Einrichfungen. Dazu verlich er 
alle Mittel. : Nur müffen fih die M. ienen nicht wi- 
derfegen, und diefe freu gebrauchen. Scheint e8 ung 
oft, ale wenn unfere Gluͤckſeligk. nicht in einer Welt, 
wie die Erdenwelt ift, mit dem Gehorfan gegen Gott 
und der Pflichtentreue beſtehen koͤnne: fo irren wir ung 
‚doch und fchliegen mit Unrecht von der gegentwärtigen 
Mühe, Sorge, Aufopferung u. f. w., die wir auf dem 
Wege 


en V. na 
Borfehung, (die goͤttl. — ift gütig und meife.) 


Wege der Pflichten ung gefallen laſſen muͤſſen, auf 
einen Verluſt unferer ganzen Gluͤckſ. in ver. unendl. 
Däuer unfers Daſeyns. Go gewiß als Gott allguͤ— 
tig ift, fo gewiß macht ung Tugeuduübung zur volis 
fommenften für ung unerreichbaren Gluͤckſeligkeit faͤhig. 

Aus iedem Uebel, welches ung bey der Uebung unfes 


rer Pflichten begegnet, entwickelt ſich, gebrauchen wir 
jel 


es nur recht, größere Vollk. und Gluͤckſeligkeit. Wol⸗ 
len wir nach einem noch fo lieblichen Dit, fo haben 
J 
— 


wir nicht immer einen ſchonen und liebl. Weg, oft 


° 
ee EINE 





müffen wie durch tiefen Sand, bald über fteife Berge, 
bald durch enge Wege, bald durch ſumpfichte Gegen- 
den. Ohne diefe zuruͤckzulegen, kommen wir nicht zu 
dem aeliebien Ort. So iſt es mit ber Kebengreife. 
She Ende wird eg ung darſtellen, wie weile — wie | 
gütig Gott ung geführt bat. | | 
4) Gottes Fuͤrſehung iſt hoͤchſt weiſe, Bf.1og, 
24. Sie hat ſtets den beſten Endzweck und waͤhlt 
und gebraucht untruͤglich die beſten Mittel, um dieſen 
Zweck zu erreichen. Dieſer Endzweck kann nicht in 
der leblofen Schoͤpfung, die offendar nur zum Wohl 
ber Lebendigen eingerichtet ifl, biegen. Es iſt derſelbe 
bey den vernünftigen Erbbewohnern zu fuchen, und 
diefer Zweck ift die forfgehende Ausbildung ihres Gei— 
ſtes und ihres Herzens und die ihrer Natur u. Auges 
bildung angemeßne Gluͤckſeligkeit. Alle Geifter, aber 
auch die Di. oder die niedrigeren unter denfelben fols 
Ien an Kenntniſſen und Herzensgüte immer vollkomm— 
ner und immer fo südlich werden, als es der Stufe 
ihrer Durch freye Anwendung ihrer Kräfte erworbenen 
Wuͤrdigk. gemäß if. Dazu gab ung Gott die ange- d 
meſſenſten Mittel. Er flartefe uns mir Verſtand und 
Willensfreibeit aus, er gab ung Anlaͤſſe und Mittel 
zur Ausbild. der Einfiht und der Sittlichkeit. Er 
gab uns Licht und Kraft, die Wahrh. zu finden und 
die Tug. zu üben. Gott richtere Die ganze Natur fo 
ein, und ordnete fo den Lauf der Dinge, daß der WR, 
wenn er will, dadurch weite, edel und glücklich wer— 
den kann. In der Art, wie Soft alles regiert und 
zur Erreichung feineg Endzweckes mit einander ver. 
bindet, zeigt fich eben fo Gottes Weish.; fiche davon 
unten. Stets erreihe Sort feinen Endzweck. Denn 
Chriſtl. Gt. Lehref.d. Canzelgebr. 3 Th. | Sam 





5 46 DB. 
Vorſeh. (d. goͤttl. —iſt allweiſe, gerecht u. oft unerforſchl. 


er kann niemals in der Wahl des Beſten irren, und 
nichts kann ſeinen Willen hindern. In der Verthei⸗ 
lung der Wohlthaten und Guͤter zeigt ſich auch die 
Weish. der aötel. Fuͤrſehung. Sie gibt edem Geſchopf 











ſo viel davon, als es feiner Natur nach faſſen Fann, 
als es derſelben empfänglich iſt, und nad) f. Verbin⸗ 
dung mit andern der goͤttl. Sürfehung eben fo würs 
digen und bedürftigen Sefchspfen erlangen fann, und 
als ihm wirklich zu f. Bildung gut if. Denn Gote 
handelt nie willfabelieh, nie nach Eigenfinn, nie cheilt 
er f. Gaben nach pertheiifcher Vorliebe aus. Er thut 
ihnen Gutes, fo weit fie es ihrer Natur und ihrem 
Werthe nach verdienen. Er uͤberſieht keins von ihnen. 
Er gi bt iedem, was es bedarf, was ihm nüßt, was 
feiner Wohlfahrt im Ganzen angemeffen if. Da, wo 
er entzieht oder verfage, handele er auch nach Weis— 
heit und Güte Nur fehen wir dag nicht allemal 
oder nicht fogleich ein. 

Gottes Furfehung muß allweife feyn, denn Gott 
hat den hoͤchſten Verſtand, den erleuchtetften und beften 
Willen, und befigt eine ganz uneingefchränfte Macht. 
Ein ſolches Wefen Fann nady der innern Vortrefflich- 
keit feiner Natur feine anderen Zwecke als folche waͤh— 
len, die zur Vollk. der Erſchaffenen und zu derſelben 
Erhaltung dienen, und e8 wird feine übrigen Zwecke 
fo zufammen zu ordnen wiſſen, daß dadurch ırgend 
ein Hauptzweck erreicht wird. | 

5) Gottes —— iſt vollkommen gerecht, 
Pſ. 145, 17. Offenb. 15, 3. Sie gibt iedem die fräf- 
tigften Antriebe, Recht zu thun und Unrecht zu ver— 
meiden. Denn Goft Fann nur am Rechtthun Gefals 
len haben. Handelt der M. unrecht und bofe: fo 
kann die Schuld nicht an den Umftänden liegen, fon- 
dern fie liegt blog am M. Sin denfelben Umſiſt. fände 
ein guter M. Ermunterungen zu deflo größerem Ei. 
fer im Guten, wo der bofe Reizungen zum Boͤſen 
findet. 

6) Nothwendig iſt ung kurzſichtigen Menſchen Öot- 
tes Fuͤrſehung größtentheilg unerforſch⸗ 
lich. Die Wege der Vorſehung find ung oft unbe— 
greiflid, Kom. 11, 33; Ef. 45, 15. Wir vermögen 
oft nicht einzufehen, warum dieſes ober ienes geichieht, 


⸗ 


V. | 547 


Vorfehung, (die goͤttl. — iſt oft unerforfchlich.) 


x 


diefe oder iene Veraͤndd. erfolgen, hier namenloſes 
Elend und dort Gluͤck ohne Maaß gehaͤuft iſt, der 
Unnuͤtze lange lebe, der Brauchbare und Gefchiefte in 
feiner Blüte dahinwelft, die Anfchläge der Boͤſen oft 
gelingen, und dagegen die Unternehmungen der Guten 
Dft unerwartet fcheitern. Allein man muß fich daran 
halten, daß doch die Weisheit und Güte des Schoͤ— 
pfers in der Hervorbringung und Einricht. der Welt 
und aller ihrer Gefchöpfe unverkennbar ift, und daß 
fie auch aus dem, was gewöhnlich zu gefchehen pflegt, 
unwiderſtehlich hervorleuchtet. Daraus, daß wir 
ſehen, wie Gott überall hoͤchſt weiſe und hoͤchſt gütig 
handelt, koͤnnen wir ſchließen, daß er auch den 
Faͤllen ſo handeln werde, wo ung die lirfachen feines 
Verhaltens nicht in die Augen leuchten. Wie oft 
haben mir etwas wegen bei nächiten mif etwas vers 
bundenen Bortheile für gut gehalten, wovon wır in 
der Zufunft das Nachtheilige defjelben wehrnehmen! 
Wie oft befeufzen mwir etwas als ein Unglüd, wag 
Doch hernach ein Grund unferes Glückes ward! Wir 






- Fonnen nur einen Eleineh Theil der Welt, nur die 


nächfien Urfachen und Erfolge der Begebenhh. übers 
fehen, aber wir vermögen nicht das Ganze — die 
Verkettung aller diefer Ereigniffe, die Verbindung mit 
dem Endbzwecke der Gottheit und die fpäter einfretende 
Wirkfamfeit gegenwärtiger Uebel zu einer groͤßern 
Wohlfahrt zu faffen. Koͤnnen wir gleich nicht Gott 
bey diefen zweckwidrig ſcheinenden Verhaͤngniſſen voll— 
ſtaͤndig rechtfertigen, ſo duͤrfen wir uns doch nicht er— 
kuͤhnen, fie anzuklagen. Man muß vielmehr glau— 
ben und vertrauen, und dieß um fo mehr, da die 
Gegenwart mit der Zukunft genau zufammenhäugt, 
da unfer Erdenleben kurz und verganglich iſt, das 
fünftige aber ewig währt, da Leiden zu unſerer Uebung 
unentbehrlich find, und iedes Keiden, welches dag Zus 
nehmen unferer Erf. und Zug. be fördert, von dem 
Allgerechten eine angemefßne Belohnung erhalten wird; 
die Stellen Hiob 36, 22; Bf. 73, 165 Nom. ıı, 23 
Ba BED. 3 115 9% 175 Ihr 55,257,25 €f..350° 8. 
beftätigen diefeg. Diefe Unbegreiflichk. der goͤttl. Vor⸗ 
ſehung iſt auch deshalb natürlich, weil wir in der Res 
gierung der M. vieles raͤthſelhaft finden. — viel⸗ 
Mm 2 


, 


548 | U, 
Borfefung, (die goͤttl. — wodurch beweißt fie id 
mehr in der großen Haushaltung der Wele. Man 


werde daher bey einzelnen — uns unerklaͤrbaren Faͤl⸗ 


len nicht irre an der Reg. Gottes. Man werde auch 


nicht dabey bange, denn ſelbſt die für ung unbegreif 
lichen Abſichten umd Schickſale find gewiß feiner 
Weish. und Güte gemäß und mgeden einft gewiß zur 
Erhoh. unferer Bolt, Sittli fr. und Glückfeligfeit 
ihre Wirkfamf. aufern. Des, was ung bier uner 
forfchlich war, wird die Zukunft anffläaren. Das bier 
Dunkle wird dort aufgehellt werden. Man erwarte 
die Zuk. froh und finde darin feinen Troſt, wenn wir 
ihn ont nirgends finden fonnen. In der Leberz., 





daß Gott alles — machen, alles zur Verherrlichung 


ſeiner Weish. u. Guͤte und zur Vollendung des End— 
zwecks aller feiner vernünftigen Geſchoͤpfe Hinleiten 
werde, vertraue man Gott, Einiges Fonnen wir ies 
doch von Gottes Abfichten entdecken. Denn die Vers 
nunft und die h. Schrift belehren ung binlanglich 
über die von Gott bey den M. fich vorgefeßten Zwecke. 
Es kann Niemanden, welcher auf ihre Belehrungen 
achtet, unbefannt bleiben, was er, um feine Beſtim⸗ 
mung zu erreichen, zu thun oder zu laſſen hat. — 


Vgl. R. — s Betrachtt. bey der Trennung dv. 


d. Unfrigen. Dortm. 1802. ©. 454 ff. — 
S. unten IV. 


IV. Wodurch beweißt fich die göttliche Vors 


febung wirffam? 
i) Richt durch Wunder, f. oben Regierung 
Gottes, I. 1. ar Th. ©. 325. Gott fann freilich 
nach feiner Alm. W. thun, aber eg ift unficher, in 
einzelnen Faͤllen ihre Wirklichk. zu behanpten. Sehr 
felten hat Gott 28. gethan. Er überläßt die Natur 
ihren Gefeßen u. er lenkt die natuͤrl. Dinge zu einem 
herrlichen Zwece und Wirkung. Der M. würde fich 
felbft taͤuſchen, wenn er an eine befondere iedesmalige 
| Einwirkung der Vorſ. in feine oder Anderer 
Schiff. glauben wollte. Man darf nicht überall 
Gottes Finger bemerken wollen. Wie darf der M., 
. dem Gott die Vernunft zur Prüfung und Wahl des 
Beſſern gab, fi) auf eine fo thörichte Ark einbilden, 
DaB Gott iedesmal unmittelbar fih für ihn verwen: 
‚ben folle?! Es fehle auch -an einem ausgemacht 


549 
Borfehung, (die goͤttl. — wie und wodurch wirft fie?) 


fihern — untrügl. Kennzeichen, wodurch man folche 
vermeinfe auperordentliche Winke und Eintritte der 
Borf. von den Laufchenden Borfpiegelungen der Ein- 
bildungsfraft und der Feidenfch. von bloßen Launen 
‚und Zufallen unterfcheiden koͤnnte. 


Das, was man in der Vorzeit glaubte, wie Gott alle großen Natur— 
begebenheiten unmittelbar bewirfte, daB er z. B. bey einem 
Erdbeben ſeibſt die Säulen der Erde bewegte u. f. f. das, was 
man ihn hernach durch mächtige Geifter thun ließ, muͤſſen wir 
den Naturkraͤften beylegen, durch die Gott alles mittel⸗ 
bar bewirkt. Man kaun daher bey ver Erkenntniß, daB alles 
nach dem Laufe der Natur erfolgt, Gottes Vorſehung nicht 
uͤberſehen, ſ. Niemeyer’3 pop, m. pr, Theol. 4te U. 5. 56. 
—23. 


2) Mittelbar, oder Gott bedient ſich zur Erreichung 
aller ſeiner Abſichten und auch da, wo wir ſie nicht 
erkennen, ſondern vermuthen müſſen, gewiſſer Mittel— 
urſachen. Durch fie leitet er bie Naturkraͤfte und 
gibt ihnen eine gewiſſe Richtung zu ſ. Zwecken. Er 
weiſet den natuͤrlichen Urſachen nur ii Zeit, Dr£ u. 
die übrigen Umſtſt. an, und dann geſchiehe t alles, was 
ſeine weiſe Allguͤte will, blos durch natuͤrl. Veranl. 
und Mittel. Er hat die erſte Einrichtung der 
Dinge nicht fo inboff. gemacht, daß er von Zeit zu 
zeit die darin entftehenden Mangel und Unsrönungen 
erfegen, und wie ein M. aus Mangel an Einficht und 
Gerchicklicht. nachbeſſern müßte. Er fah alles vor 
aus, was aus ihrer Einrichtung in der Zufunft Nach— 
theiliges entftehen wird, hat aber auch die Gegenmittel 
angeordnet und eingewebt, die den Schaden aufheben 
und die Fortdauer des" Ganzen erhalten. jedem ein— 
fretenden Uebel find von Ewigk. her Grenzen, allen 

zerſtoͤrenden Wirkungen in der Natur ein nicht zu 
uͤberſchreitendes — gerät, und den Zerräffungen des 
Körpers durch die Heilkraͤfte der Piianzgen und Mine— 
ralien Ge— genmitfel angemwiefen. Welche Weisheit! 
Weiche Güte! Bey ung Menhen wirft Gott auch 
durch Vorſtellungen, Belehrungen, Warnungen, Ver— 
bindungen mit Andern u. ſ. w., um durch Nachden-— 
fen und Aufmerkſ. auf Erf. d. W. und Ausübung 
des Guten zu gelangen. Die fchrecklichen Verwuͤſtun⸗ 

gen des Laſters muͤſſen demſelben, wenn es ſeine gewiſſe 


550 V. 

Vorſehung, (die goͤttl. — wie u. wodurch aͤußert fie ſich ?) 
Hoͤhe erreicht hat, am Ende auch Graͤnzen ſetzen und 
zur Tug. zuruͤckfuͤhren. Gott erweckt uns alſo mittel— 
bar zum Gebrauch unſerer Vernunft, um die Kraͤfte 
der Dinge, und die Mittel zu unſerer Wohlfahrt ken— 
nen, um das Schädliche fliehn zu fernen, um gefähtl. 
Anſchlaͤge zu unterlaffen u. f. w. Gott bleibt bey 
dieſer einmal feftgefegten Hebung der Natur und 
Anwend. der Mittelurfachen eben fo groß, als durch) 
feine unmittelbare Wirkungen. 

3) Es laͤßt fih nicht von ung die Art und Weife 
angeben, wie die Naturkraͤfte, wodurch Gott 
alles bewirkt, noch unaufhoͤrlich fortwaͤhren u. forte . 
wirfen, oder — mie er es macht, daß er ihre Fort— 
dauer bewirkt, und wie er dieſelben 2, — und nicht 
anders leitet, oder — mie er in die Veränderungen 
der Natur einwirft, wie er fie durch f. allmächtigen 
Willen erhält und regiert. Diefe Leitung geht oft 
in's Wunderbare, und iſt uns eben ſo wenig bekannt, 
als wir die Zwecke beſtimmen konnen, welche fein höch— 
fter Rathſchluß erreichen will. Wir Fonnen nur die 
nächften Umſtaͤnde, die etwas beranlaßten, fehen, obne 
anzugeben, was diefe veranlaßt hat. Wenn die ent— 
gegengefegten Staturfräfte zu Mmirfen anfangen, die 
Wirkſamkeit der erſtern unterbrechen, oder ihnen eine 
andere Richtung geben, ſo ſehen wir erſt das nicht 
ein; erſt ſcheint es uns, als traͤte die ungeheuerſte 

eeere—— ein, am Ende aber geht ſie in die voll— 
Fommenjte Drdnung über. Aus fich fanı aber die 
Natur allein dag nicht. Bey der Leitung der 
menfchl. Shidfale find ung verborgen a) Gottes 
Anfichten. Gelbft dann errathen wir fie, fo groß — 
fo erhaben fie auch find, nicht, wenn fchon alles zu 
ihrer Erreichung zubereitet ift; b) die Mittel, durd) 
welche Gott feine Zwecke erreicht, find ung unbefannt. 
Dft tragen die zur Erreichung derfelben bey, die den- 
felben entgegen arbeiten wollen. . Man erffaunt am 
Ende über den Erfolg unbeveutender Mittel und fol- 
cher Leitungen. Man darf deshalb nie über Gottes 

Vorſehung aus einzelnen Erfahrungen vom Verbor— 
genen in den menfchlichen Schiff. aburtheilen. Denn 
dazu müßte men den Entwurf v. der ganzen Schepf. 
und Weltreg, überfehen. Wer kann das? Man muß 


Vorſehung, (die goͤttl. — Vorz.d. Belehrr. Jeſu v. deif. ) 


Gottes Wege verehren, mit ihnen zufrieden ſeyn, und 
ſeiner Leitung folgen, denn ſie ſind — wenn gleich 
erborgen, dennoch gut. Gott iſt ia weiſe und alllie⸗ 
end. Haben uns nicht die verfloßnen Zeiten und die 
tägl. Erfahrung genug gezeigt, daß die erfi dem M. 
unerklarbaren goͤttl. Führungen der M. am Ende den 
herrlichſten Erfolg hatten?! — 

V. Jeſu große Verdienfte um die Le hre v. dd. 
göttl. Vorſehung, zur Erleichterung le 
rer Einfidhe 8. d. GöttlihEf. Send. u. Lehre. 

Das a. Teft. enthält zwar fchene — aͤber 
die goͤttl. Weltregierung und V., z. B. I Mof. 5o, 
20; Hiob— 10, 11 f.; Pf. 104, 29 5; ; 139, 6; €. 43, 

8 [2 yet. 10, 23 f.; Amios' 3, 6; ©pr. 16, 335 Pre: 
9, 11 ff.; u. einzelne rührende Aeußerungen vom feſten 

| Bertrauen auf Gottes Hulfe, Pſ. 27, 15 73, 23 ff.; 
91, 1 f. Allein a) es fennt Feine allgemeine Vor— 
fehung, fondern ſie wird ſo vorgeſtellt, als bezoͤge ſie 
ſich blos uͤber die Juden, (Pſ. 44.) und auf einzelne 
— vorzuͤglich durch Gott weiſe und guͤtig geleitete 
Perfonen, 5. ©. des Abrahams, Joſephs, Da- 
pids uam Man fähe Gott als ben befondern 
Schutzgott der Juden an. Dagegen Ichrte Jeſus und 
f. Ap., daß Gott aller M. Regent, aller M. Vater 
fy. Sie erklärten die geiftige Veredelung als den 
vorzüglichen: Theil feiner Borfehung. 


Beydes ſetzt Hr: Gierig in d. angef. Schrift ©, 1053113 aut 
aus einander, woſelbſt auch Matth. 6, 25734. ©. 106 f. ers 
klärt wird. 


b) Im a. Teft. wird bie Fuͤrſchung Gottes mehr von 
Sottes Allmacht, im n. Teſt. aber von Gottes Güte, 
Weisheit und vom Gebrauch der natürl. Mittel abge- 
eitef. Jeſus verweift blos auf die Naturkraͤfte, die 
Gott erhalte und durch welche er alles bewirfe, z. B. 
darc. 4, 23. d. 5. die Erde bringt ohne Mitwirkung 
anderer Kräfte ald die vom Schöpfer erhaltenen, Gras, 
dann 2c. hervor. Wie es mit dem Weißen ift: fo ift 
e8 mit dem Gewitter, Erdbeben und mit allem. Alle 
fängt erft Flein an, entwickelt ſich und reift durch) die 
Naturkraͤfte. | 
e) Jeſu unterricht über sc. ift deutlichet, be ſtimmter u. 


552 | Be 
Borfehung, (die goͤttl. — Beweiſe fuͤr die none, 


mit mehr Waͤrme vorgetragen. Man leſe Matth. 5, 
455 6, 26. Nach ihm Ienfe fie den Lauf der Dinge 
fd, daß dag äußere ——— dem Frommen von 
ſelbſt zufallen muß, Matth. 6, 33. Er zeigte an ſei— 
nem Benehmen, wie mwohlthätig diefer Glaube an :ıc. 
wirke, denn er hatte deshalb Muth zu d. mwichtigften 
Unter nehmungen, Joh. 1, 52. hatte die höchfte Zuver- 
kat, Natth. 12, 39 f. war getroft in Eeiden und im 
Tode, Matth. 26, 39; Puc. 23, 46. Die Up. hatten 
| — Ueberzeugung, Ap ©. 17, 26-28. und Baftejbr 
Rei kratietl Kom. 8, 28 f.; I Betr. 5, 7 
Bel. Staͤudlin Dogm. und Dogmengefih, 1:0, 
401 >» 403. 


Um die Lehre von der Alles umfaffensen, weifen — wohlth. Vorſ. 
Sottes Kindern recht anichaulich Yorzutragen, fange man wit 
dem Bilde eines errichteten ausgebauten Haufes an, welches, 
falls Niemand auf daffelbe ſieht 2c., nad und nach fo verfällt, 
daß es in einander fiützt. Desaleihen mit ver Vergleichung 
mit einem weifen und guten Hausvater, welcher nicht blos 
nach Eugen Regeln ſeine Haushaltung führt, fondern durch 
f. immer fortgeſetzte Aufſicht den beſten Fortgang verfelben bes 
wirkt. Fürsten, fage man, geben nicht blogs ihren Laͤndern rine 
gute Verfafiung, fondern fie regieren felbft, feben darauf, ob 
ihre Einvichtungen befolgt werden 2c., und dadurch erhalten fie -» 
die Wohlf. ihres Staats. Wie lange Dat fihon die Welt ges 
ftanden! Immer wurde fie erhalten, Laͤßt ſich das wohl obne 
immerwährende Aufficht und Lenkung denken? Iſt e8 mit ders 
felben wohl wie mit einem Haufe, das der Baimeifter, fobaid 
eö ferrig it, verisßt, ohne fih weiter darum zu befiimmern ? 
Kann ih wohl Sort von ihr trennen? Iſt Gott ie ganz fer- 
tig? Kann der unend!, Verf te untbätig feyn? Iſt er nicht 
enge mit dem Weltall verbunden? Wiles, was ift, dauert in 
iedem A—blick durch Gott fort, beftebt fort, if noch) fo, wie es 
im erfien A—blick f. Dafeyns durch Gott ward, 


VI. Beweiſe für die Lehre vond. Borfehung 
Gottee. 


A. Ueberhaupt für Diefelbe, (für die allgem. 
Vorſehung.) | 
Bol. Neimar a. a. D. Ste Abh. $. 1:8,, Sorerianerung 6.173; 
Sieriga,. u D. © 27 f. 39 f- 
Man Fann nicht die Vorf. G. läugnen, ‚ohne dag 
Dafeyn Gottes zu laͤugnen. Eben die Gründe, die 
ung nöthigen, einen weifen und guͤtigen Weltfchöpfer 





V. | 553 
Vorſehung, (die göttl. — Berveife für dieſelbe.) 


anzunehmen, zwingen uns auch zum Glauben an d. 
goͤttl. Vorſehung. Sie folgt 


T) aus den EB da nen Gottes — aus. fi = 


Allwiſſenh, Allweisheit, Allgüte und Almmacht. Man 
‚müßte bie ganze an (das Weſen) Gottes laͤugnen, 


er 


wenn man feine B. annaͤhme. 

a) Die Hllwiffend. ©. iſt ein Zeuge für f. Vorf., 
Ef. 40, 28. Welches Geſchoͤpf — N Sache follte 
Gott perborgen feyn? Was — ie geſchehen, was 
er nicht wuͤßte? Kann wohl e ti gefhchen, was 
Gott nicht vorher geſehen und ee hätte? Er 
welcher dem Adler feinen ſcharfen Blick ſchenkte, wo— 
mit er der Sonne zueilt und von da herab die Gegen: 
fände der Erde wahrnimmt; der unserer Seele bie 
Sabiaf. gab, zu denken, zu beobachten, der Wahrheit 
nachzuſpuͤren und das Unbelannte und Verborgene in 

der Natur zum Theil aufzudecken — ſollte ſelbſt nicht 
ſehen koͤnnen, was in ſ. Reiche vorgeht? Sollte nicht 
tiefer eindringen in die Natur der Dinge, in die Ur— 
ſachen und ihre Wirkungen, als wir mit unſern blo— 
den Blicken vermsgen? Sollte nicht alles, was ſeine 
Allmacht erfchaffen hat, uͤberſehen und durchſchauen 
koͤnnen? Setzte das nicht voraus, daß Gott erſt dann 
die Dinge erkennte, wenn ſie wirklich waͤren; daß er, 
um das Wirkliche zu erkennen, muͤhſam auf d eſelbe n 
achten muͤßte? Allein Gottes Wiſſen hängt nicht von 
d. Wirklichkeit der Dinge, fondern diefe haͤngt von 
jenem und ven feinem Gutbefn den ab. Nichts if, 
ſelbſt nichts ifE einmal moglich, was er nicht vorher 

gedacht und gewußt Hat. Wollte er der Natur un- 
veränderlich richtige Gefege geben, fo mußte er dag 
Weſen der Dinge und alle mögliche, alfo auch die zus 
fälligen Abaͤnderungen derſelben kennen. Alles Er— 
ſchaffene zeugt von feinen ı unendlichen —— 

b) Aus ſeiner eishe it. Iſt es wohl möglich zu 
denfen, daß ein unendliches weiſes Weſen De Melt 
ohne Abficht Sefchafen oder fie folchen Zufaͤllen und 

Veraͤnderungen überlaffen babe, — die Erreichung 
ſolcher Abſichten — machen? Die Einric — 
der Welt ſtellt es dar, daß Gott bey der Weltſe hö 

pfung einen Hauptzweck hat te. So lange. Gef — 

da find, durch welche der ſelbe erreiche werden kann, 


554 247 


Vorſehung, (die goͤttl. — Beweiſe für diefelbe.) _ 


muß diefer Zweck erreicht werden. Es muß alfo Goft 
‚die vernünftigen Geſchoͤpfe, die Kräfte und die Der- 
bindungen derfelben erreichen, erhalten, und die freien 
Handl. der Gefchspfe fo regieren, daß fie feinen grofs 
fen Entwurf nicht Hindern, nicht zerſtören, fondern 
befördern. Er wird diefen Endzweck nicht aufgeben, 
fondern alles fo eingerichtet haben, daß derfelbe und 
alle f. Zwecke von Zeit zu Zeit erfüllt werden müffen. 
Aus den unzählichen Proben der Zweckmaͤßigk. der 
Natureinrichtungen, aus dem Vorhandenfeyn fo vieler 
Mittel zur Ausbildung der Anlagen, die wir in un— 
frer eignen ratur bemerken, und melde alle auf 
Vervollkommnung und Gluͤckſ. hinwirken, kann man 
ſchließen, daß ein allg. höchſt weiſer Weltplan vor— 
handen iſt, und daß alles zu ſeiner Ausf. hinarbeitet. 
Die von ung zu beobachtenden abſichtvollen Einrichtun— 
gen der Natur zeigen uns bald, daß das alles nicht 
von Ungefähr fo iſt. Ein regellofer Zufall, ein blindes 
Geſchick kann und wird nichts auf eine fo vernünftige 
Art einrichten. | | — 
c) Als der Allguͤtige kann Gott unmoͤglich die mit 
Empfindung begabten Wefen allen Zufällen überlaffen. 
Es fehle ihm nicht am guten Willen, das Wohl aller 
f. Gefchöpfe durch feine Aufſicht u. f. f. zu beforgen. 
Er wird alfo gewiß allen den Anftalten, die zum Be— 
ften feiner Gefchöpfe, der blos empfindenden und der 
vernünftigen, gemacht find, SFeftigfeit und Dauer ge— 
ben, und die Gegenftände feiner Gute nicht untergehen 
offen. | | 
d) Aus feiner Allmacht folgt ed, daß eine göftliche 
Fuͤrſ. iſt. Sie ift aus der Weltfchspfung unverfenns 
bar. Dasienige Wefen, welches hervorbringen Fonnte, 
was nicht da war, welches geiftige, fittliche und koͤr— 
perliche Kräfte in die Naturen legen, den Körpern 
Schwere, den lebendigen Körpern Bildungsfraft, den 
Geiſtern Verſtand und Willen zu geben vermochte, 
wird gewiß das Vermögen befigen, ihnen dieß alles 
zu erhalten. Wer muß nicht erfiaunen, wenn man 
vom kleinſten Wuͤrmchen, in welchem ſchon eine alle 
Sinne der M. uͤberſteigende Kunſt vereinigt iſt, auf 
der Stufenleiter der Geſchopfe hinaufſteigt, ſich im 
Geiſt bis zu der Sonne — zu den Sternen erhebt, 


| V. | 555 
orfehung ‚ (die göttl. — DBeweife für diefelbe.) 


und dann auf fich, feinen Funfivollen Leibesbau, auf 
die Kraͤfte der Seele herabſieht? Wie groß erſcheint 
uns dann der Schopfer! Dann iſt folgender Schluß 
gerecht: der Unendl., weicher dem rufen konnte, was 
noch nicht mar, daß es werde, ber Sonne — Sterns, 
die ganze Erve, alle — nicht zu zählende Geſchoͤpfe 
auf derfelben, unfere Stammeltern erfchaffen konnte, 
muß auch Aufſeher, Erh. und Reg. der Welt 
ſeyn. Er muß alles Erſchaffene genau kennen, alle 
Veraͤndd. nach ſ. weiſen Rath lenken und nichts darf 
ohne ſeinen Willen geſchehen. Wenn ihm die Her— 
vorbringung aller D. möglich war, muß 
ibm auch die Regierung und ſtets fo rt ge— 
hende Aufſicht uͤber dieſelben eben ſo moͤg— 
lich feyn Denn feine Allmacht iſt unbegraͤnzt. 
Gott als der Unendl. ſchreitet auch nicht vom Wol— 
len bis zum Koͤnnen fort. Beides iſt bey ihm eins. 
Was er will, das fann er, und E bald er etwas 
will, fo Bald geſchieht es. Ger — iſt 
Gott — Gott. Co bald man nun nah c. ©. 554 
weiß, daß er den guͤtigen Willen bat, ſich ie Tr Ge⸗ 
ſchoͤpfe unter allen ihren Umſtaͤnden anzunehmen, und 
ihr Beſtes zu beſorgen, ſo bald iſt man auch gewiß, 
daß er dieß wirklich thut, oder, daR es eine Fürf. gibt. 
o) Aus der Sortdaner der Welt; f. Erhaltung 
IH. ır Th. ©. 310. Wäre feine Fuͤrfehuug, ſo wuͤrde 
die Welt, die nicht durch ſich ſelbſt vorhanden iſt, u. 
nicht durch ſich ſelbſt beſtehen Fann, in ein Nichts zus 
fammenfallen. Der Fleinfte Zufall, iede auch noch fo 
fleine Beränderung würde die Welt und das Wohl 
der Geſchopfe in die Gefahr des Unterganges oder 
einer Verwirrung bringen. 
3) Aus der vorhandenen fortwährenden 
Drdnung in der Ratur und in der Menſch— 
beit. Zwar erſtreckt fich unfere Weltbetrachtung nur 
auf diefe Erde. Bey der großen Einſchraͤnkung unfe- 
rer Kräfte und unferes Wirkungskreiſes find wir auch 
nur eine fehr Fleine Anzahl von Beobachtungen anztı- 
ſtellen im Stande. Das Buch der Zukunft, welches 
erſt über fo viele auffallende Ereigniffe Aufklärung 
geben Fann, bleibt und wird ung bier verfchloffen. 
Dennoch aber reicht unfere Natur- und Weltberrach- 


555 | | V. 
Vorſehung/ (die goͤttl. — Beweiſe für dieſelbe.) 


tung voͤllig hin, unſern Glauben an Gottes Fuͤrſ gu 
begründen und zu beleben. Die Körperwele beftcht 
aus unbefchreiblich vielen und mannichfachen. Theilen, 
wovon ieder Theil feine befondere Abſicht, Beftimmung 
und eine darnach eingerichtete Spafur baby und unab- 
laͤſſig wirkſam iſt. Alle Theile in der W ſind durch 
die allgemeine Bewegung in einem ſteten Wechſel und 
Fluſſe von Veraͤnderungen, der ſie immerhin mit ſich 
fortreißt. Nichts bleibt einen A—blick unveraͤndert. 
Mit der forteilenden Zeit, wovon der gegenwaͤrtige 

A—bli nicht der vorhergehende iſt, verwandelt ich 
zugleich alles Weranderliche, und zeigt fü immer uns 
ter neuen Geflalten. Falls dieſe allgem. Bewegung 
aufhoaͤrte, ſo wuͤrde gleichſam der Puls der Natur 
ſtille ſtehen, und ein graͤuſenvoller Tod von einem 
Ende sum andern erfolgen. Wenn — wiewohl felten 
einntal, die Naturkraͤfte ungewöhnlich wirken, wenn fie 
einmal durh Stürme, Ueberſchwemmungen, Erdbe— 
ben sc. ihren gewohnl, Lauf und Ordn. verlaſſen — 
(0 würde, falls Feine Borfehung ware, fehr bald die 
W. in Trümmern schen, die Himmel zufammen ſtuͤr⸗ 
zen, und die Elemente ſich aufloſen. Allein wir ſehen 
überall eine ſtandhafte Ordnung (denn der Abweichun— 
gen find nur wenige u. erfolgen nicht ohne eine weiſe 
Abficht) im Ganzen und in den Theilen, von einer 
Zeitenreihe DIS zur andern. Diefe finden wir im 
Weltgebäude, fo weit es ung befanne if. Die mäch- 
tigen Annaͤherungs =» u. Schwungfräfte, durch melche 
die ſchweren Maſſen der Weltförper in der Luft in 
ihren Bahnen mie Leichtigfeie dahin rollen, find noch 
nicht erfchlafft. 53 verfihieden Die großen Erſchei— 
nungen in der Welt ſind, ſo hat doch noch kein Welt— 
koͤrper den andern h fo vielen tauſend Jahren, in 
ihrem Hehorigen Laufe, Zuflande oder Wirkungen ges 
hinherk Ale Sterne haltın ihre Bahn und Zeit ihrer 
Bewegung auf dad richtigſte. Sie find weder naher 
gegen die Sonne, noch näher gegen eimander gekom— 
men. Shre Kräfte fin d in demſelben Berhaltniffe und 
Gtleichgewichte geblieben. Offenbar Hat alfo der Schoͤ⸗ 
pfer in der erſten Stellüng der Himmelskoͤrper, in dem 
Dach, im den Rege In und Verhaͤltniſſen der Kräfte, 
die er ihnen gleich anfangs beſtimmte, in der Richtung 





— a a 
Vorſehung, (die goͤttl. — Beweiſe für dieſelbe.) 


und Geſchwindigkeit ihres Laufs, den zukuͤnftigen Zu— 
ſtand der Welt und ihrer Theile, auf alle unzaͤhliche 
Tauſende von Jahren vorausgeſehen. Noch hat nicht 
die Sonne etwas ſeit fo vielen Sabreg von ihrer 
belebenden Wirkfamfeit verloren. Noch reifet uud ger 
deihet alles eben fE gut durch ihre Wärme, ale es 
ac ihrer Erfiheffung gefhähe. Noch bet unſere 
Erde diefelbe Stellung gegen die Sonne, als im Ans 
fange. Sie ift ihr nicht näher geräct, und hat ſich 
auch nicht mehr von ihr entfernt, als damals ꝛc. 
Wären nicht iene Ierfierne (Eometen) den Befehlen Gottes unters 
worfen, würden fie durch den blinden Zufall umhergetrieben, fo 
Hätten wir Urfache, bey ihrer Annäherung für unfere Erte bes 
forgt zu feyn. Allein auch ihr Lauf bleist abgemeijen, wenn 
fe gleich aus allen Himmelsgegenden herabfommen und die 
Bahnen der Planeten durchſchneiden. 


So fehr alles in der Luft in Bewegung ıft, fo fiockt 
— fd irrt Doch nichts. Nichts weicht von feinen un 
wendelbaren Geftgen eb. Boch nie hat die Luft, in 
welcher ſich unfere Erbe bewegt, ihre Spannkraft und 
Schwere, ihren Drud, ihre Tichtigfeie zum Athmen 
fo vieler Geſchoͤpfe und zum Wachsth. der Pflaͤnzen 
verloren. Es fehle nicht an wirkenden Rräften, Wels: 
che in ihr Winde, ia Sturm zur Neinigung der Luft, 
zur Milserung der Hitze, zur Befsrderung der Schiff— 
fahrt erregen. Noch erzeugen fih in ihr wie ehedem 
hau, Regen, Schnee und Gewitter, um die verfchic- 
dene Witterung zu bewirfen. Diefe tft fich in 2 Jah— 
ren nie vollig gleich. Dennoch folgen frucht - und 
unfruchtbare Sjahre in einer folchen Ordnung, als es 

gut und nothwendig iff, um Die M. thätig zu erhal- 
ten. Das Weltmeer hat noch nicht Die ganze Erde 
uͤberſchwemmt, fondern Hiob 38, 11. traf ein. Haben 
wohl ie die wilden Thiere fo überh. genommen, daf 
die Hausthiere, daß die M. aufgerieben worden find? 
- Sind ie der M. auf der Erde zu viele gewefen, um 
nicht auf derfelben Icben zu koͤnnen? Hat ie eine Peſt 
u. f. f. fo allgemein gewuͤthet, daß ff.2 Don ellen 
vorhandenen Stoffen geht auf ver Erde bei allen 
MWechfel der Gefchöpfe durch den Tod u. ſ. w. nichts 
verloren, nichts wird ganz abgenutzt! — — ©. Re— 
gierung Öoftes, IL 2. ar Sh.©. 332 f. Wie 


558 V. 
Vorſehung, (die goͤttl. — Beweiſe für diefelbe.) * 


viel betraͤgt das, was die Geſchoͤpfe auf der Erde ver⸗ 
zehren, und dennoch bleibt ſie ein Jahr wie das an⸗ 
dere reich an Nahrungsmitteln für fie alle. Immer 
ift fie fruchtbar. Man denke ih ale Thiere vom 
größten bis zum kleinſten in der Laufe — im Waffer, 
auf u in der Erde. Allein nirgends entſteht er: 
wirrun Unter den Thieren herrſcht ein beſtaͤndiger 
Krieg, aber dennoch wird nie eine Art vernichtet. Ver⸗ 
mehrt fi zumeilen eine Urt zu reichlich, fo ſetzt eine 
unguͤnſtige Witterung oder ſonſt ein Umſtand alles in 
die gehoͤrigen Schranken. Bey ieder Gattung bleibt 
auch das Verhaͤltniß der bepden Gefchlechter, bie Zeit 
der Begattung, des Gebäreng, Eyerlegens unveraͤnder⸗ 
lich dieſelbige. Die erzeugten Jungen arten nie von 
den Alten weder an koͤrp. Bildung, noch an Kräften 
und Trieben ab. Wie die Thiere vor Alters waren, 
fo find fie noch ietzt. — Iſt keine Vorſehung, fo laͤßt 
fi) daß genaue Verhaͤltniß unter den beyben Ge 
fchlechtern in der Menſchheit (Up. ©. 17, 26.) und 
nicht der Umſtand erklären, daß immer im Ganzen ge- 
nommen wenigftens fo viele M. geboren werden, als 
derfelben flerben, und daß deshalb, weil das maͤnn— 
liche Gefchlecht mehrern Gefahren unterworfen ift, von 
demſelben mehrere als vom weibl. Geflecht geboren 
werden. Dann läßt es fich nicht angeben, woher c8 
fommt, daß, wenn gleich mehr geboren werden, als 
fierben, doch das Menfehengefihlecht ſich nicht zu ſehr 
vermehrt und daß der M. ben feinem außerft zarten 
Leibegbau 60-30 Jahr alt wird, da man doch glauben 
follte, daß er nicht ein Jahr leben koͤnnte. Kann dieß 
alles ein Werk des Zufalls ſeyn? 

Vgl. Scherer’s heil. Reden zur Bel. u. Beruh. 
f. 8. deg Fichte. Lemgo 1799. 8. Ar. 9: „die Ers 
haltung des M—geſchlechts enthält einen merfw. Uns 
Bestie von d. goͤttl. Borf.,“ über DAR, 20, 1s1$. 
(von Tertor.) 

Kenn fihon der Fleinfle Staat ohne einen oder ei⸗ 
nige Regenten zu Grunde geht, wie Lald würde die 
Welt, deren Theile und Kräfte unendlich zahlreich, 
unendlich mannichfach,, immer gefpannt und wirkfam 
find, untergehen! Es iſt alfo eine göttliche Sur 
fehung. 


5 67 559 
Vorfehung, (Die goͤttl. — Bewei ſe fuͤr dieſelbe.) 


Woher ruͤhrte wohl die Ordnung, welche unter 
den Voͤltern der Erde herrſchte, wenn keine Fuͤrſehung 
wäre? Jahrhunderte gehn vorüber, Volker entſtehn 
und verſchwinden, der Erdboden wird veraͤndert durch 

die Natur und M—hande — zeigt das nicht vom 

Gange einer ewigwaltenden Borfebung?!! Bel. Gie— 
194989. 95 39-45. 

Eben fo ermweifen gewiſſe Befonderheiten in der Na—⸗ 
tur, das Mißverhältniß der mirfenden Kräfte gegen 
dag, mag gefchieht, Die Folgen des Guten und Boſen, 
welches der M. begeht, die goöttl. Sürfehung. — 

4) Aus dem Gange, mweldhen die Schicfale 
einzelner M. RE und ausder Entdek— 
fung und Beftrafung geheimer Verbrechen. 

Ueber Iegteres find die merkw. Beyfpirle in Rungius Archiv % 

Borf. 18 Heft, ©. 85 f. 23 9. ©. 61 f. und 38 Heft ©. 69. 

zu vergleichen, — Die Vorſ. wirft bey Entdeckung der gea 

beimfien Verbrechen mit, um die M. zu warnen, nicht die 

Wege des Rechts 2c, zu verlafien, fo vorfihtig fie aud) immer 

auf dem Wege des Kafierd gehen mögen. 

a) Man gebe nur Acht auf die Entwickelung feiner 
Schickſale, um die gottl. Vorſehung zu bemerfen. Wie 
oft waren unfere Gedanfen anders als die Führungen 
Gottes. Erfiere fcheiterten; was mir beabſichteten, 
wurde nicht erreicht und hinterher ſahen wir das als 
Allguͤte ein. Vieles, was der M. ſich wuͤnſcht, erhält 
er nicht, und das, was er nicht erwartet, wird ihm 
zu Theil, ia fogar dag, was er perabfchenet, muß er 
oft annehmen; Fred. 9, 11. Ken M. iſt Herr feines 
Schickſals, Feiner Fann fich feibft den rg vorzeich⸗ 
nen, den er gehen will und wird. Ein Eleiner Um— 
ftand verändert oft fo feine Lage, daß er gerade nach 
der entgegengefegten Gegend, als nach der, wohin er 
wollte, geführt wird. Dft berechnet er ven Erfolg 
einer Handlung fehr zuverfichtlich voraus u. er kommt 
‚ganz anders, als er es erwartete. Dan beobachte de 
heilſamen Einfluß der Vorſ. auf ſich, nach ſeiner Ge⸗ 
muͤthsſtimmung, und auf die befondere Stimmung, 
die feine Neigungen und Beflrebungen dadurch erhbal- 
fen, und man wird in HE felbft in den kleinſten 
Vorfaͤllen feines Lebens, die alles leitende Weish. und 
vegierende Liebe Gottes gewahr werden. Die Beob. 


560 | ; DIA 
Vorſehung, (die goͤttl. — Beweiſe für dieſelbe.) 


unſerer eigenen Begeguifte seigt, daß nicht. der gering⸗ 
fie Vorfall vergebens iſt, ſondern daß aus unſern 
Schickſalen die goͤttl. Fuͤrſ. hervorleuchtet. Unter al- 


len unſern Shit. iſt ein offenbarer Zuſammenhang. 


Der Menſch — (ieh che man bald). reiche niche bin, 

um allein dabey zu handeln. Nicht dag zehate von 

dem, was man Dose geht nach unferm erſten 

a So wie e8 aber geht, geht es iederzeit am 
— 

b) Die Anſtalten Gottes zur Gluͤckſeligk. und Sittlicht. 
auf Erden bezielen aͤußeres Wohlſeyn nach dem Mache 
der fittl. Wuͤrdigkeit. Dieß gerechte Geſetz wird aa) 

A allgerieine Erfahrungen. beitätigt. Der 

Lauf der Dinge iſt fo eingerichtet, daß die Tugend, 
* weiſe Thaͤtigk. betrachtet, der Regel nach mmer 
aͤußere gute Folgen hat. Es iſt audı, wen man auf 
die Stärke und Dauer der angenehmen Empfindungen 
in einem ganzen M—leben und nicht auf die Menge 
derſelben ſieht, die Gluͤckſ. der "Oro RR bey weiten 
übermwiegender, als das Glüc der Bofen. bb) Die 
befondere Erf. beftätige es, z. B. aus der. bißl. 

Geſch. ein Sofepb, Hiob, David un. a., die Bey 

foiele fpater lebender M., daf vorübergehende Leiden 

und Aufopferungen der Srommen durch ein oft un« 
vermuthet einfretendes glückliches Loos bey meisten 


aufgewogen und vergütet worden find... Findet nicht 


noch ietzt mancher M. das in ſeinem Leben beſtaͤtigt? 
Sollte auf E. noch eine genauere und gaͤnzliche Aus⸗ 
gleichung und Gluͤckſ. ſtatt finden, (0 wirde die Frei— 
heit der Laſterhaften eingeſchraͤnkt, die Reinheit und 
Uneigennuͤtzigk. der Tugend vermindert; die Entwicke— 
Yung großer Geiſteskraͤfte aufgehalten; die M. zu ſehr 
am diefe Erde gefeffelt, und ſelbſt der Glaube an bie 
Religion und Unfierbl. geſchwaͤcht werden. 

5) Aug der h. Schrift. Im Grunde iſt Die Lehre 
v. d. goͤttl. Fuͤrſehung aus dem Glauben erkenn— 
bar. Der Glaube iſt die aus der reine moraliſchen 
Geſinnung hervorgehende Ueberzeugung, daß Gott, der 
vernuͤnftigen Weſen durch ihr Gewiſſen ſeinen Willen 
und feinen Beyfall zu erkennen gibt, auch ihre Schick—⸗ 
fale zum Beften lenken werde. Unfere heil, Bücher eut« 
halten häufige Aeußerungen dieſes Glaubens, DI. 91; 


139 


/ 


a 561 
Vorſehung, (die goͤttl. — Beweiſe für die befondre —) 


139, 1-19; Matth. 6, 33; 10, 29. Die h. ChHhrift 
leitet alles Gute, welches den Gefchönfen zu Theile 
wird, immer von Gott ab, und nenne bey allen. in 
der Welt vorgehenden Veränderungen Gott entweder 
als ven Urheber derfelben, oder fagt Doch, beß er fie 
zugelaſſen babe. en. führe faft iede Zeile Fr 
‚Bibel auf die Lehre v. goͤttl. Vorſehung, SE. 
"(wo auch der Zwed * goetti. Vorfſ, alle. Stifkt * 
feit zu verbreiten, deutlich bemerfe iſt); Bf. 148, 5-8. 
(wo von der goͤttl. Neg. über die Ieblofe Welt geres 
def wird) und Matth. 6, 25-33; 10, 29:31. find die 
vorzuͤglichſten Stellen, womit noch Ap. ©. 17, 24-28. 
zu verbinden if. Sie find faßlich u. ſtellen die goͤttl. 
Säürf. ganz allgemein vor; man vol. auch oh. 5,17. 
In Matth. 10, 29. liegt der Sinn: nichts gefchieht 
wider Gottes Willen, alles hängt von ihm ab, auch 
der Erfolg der Unternehmungen der M. 

Wie aus ver bibl. Gefchichte, namentlich an den 
Schickſ. Joſephs, Moſes, Davids und beſon— 
ders Jeſu Ehr. ſich die Vorſehung, oder daß ſich Gott 
um die Schickſ. der M. bekuͤmmere, beſtaͤtige, iſt nicht 

zu uͤberſehen, ſ. Regier. Gottes, II. 2. 2r Th. 
— 318. Anm. und Gierig a. a. O. ©. 67-104. 

Was die Geſch. Jeſu Chr. betrifft: ſo konnte die 
wur feinen einleuchtendern Beweis, daß fie das fittl. 

Wohl der Menfchen angelegeneli chſt wolle, an den Tag 
legen, als durch die Veranſtaltung der Lehre J eſu auf E. 
Sie beweiſt es, daß Gott ſich um die M. her. 


Der Beweis aus der Gefhichte, f. Gierig m a. D. ©. 45239, 
und die im on Th. ©. 334. angef. Schrift von Richer, Vgl. 
auch Rungius Archiv d. Vorſ. 3 Hefte. Halle 1798. 99. 8, 


Veber A. vgl. man Zerrenner’g deutſch. Schul» 
freund ©. 1. (1791) „kurzer und allg. faßl. Beweis 
v. d. Fuͤrſehung. 4 von Villaume.) 

B. Beweiſe für Die Lehre v. d. befondern — 
auch auf einzelne Gefchopfe, befonders den 
einzelnen Mr. * erſtrecken de Vorſehung. 

Die Zweifel: „es iſt fuͤr Gott unanſtaͤndig und 
„gegen ſeine Größe, wenn man annimmt, daß er für ; 
„iedes einzelne Geſchöpf beſonders forgte. Es iſt ein 
„unverzeihlicher Stolz des — wenn man behauptet; 
Chriſtl. Gl. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 TH Jen 


562 V. 
Vorſehung, (die goͤttl. — Beweiſe für die befondre —) 


„daß fih Gott mit ihm und feinen Fleinften Umftän- 
„den befchäftige. Es hat Gott nur die Gefchlechter 
„gewähls, einem ieden feine Natur gegeben und die 
„Belege ein für allemal beſtimmt, nach welchen fie 
„fortwähren follen, und eg ift genug, menn er ſich 
„uam die Erhaltung des Ganzen und der Gefchlechter 
„befümmere. Wie kann ein fo unbedeutender Theil 
mdes Ganzen Gott befchäftigen?! . Mag es den Feld 
„herrn fümmern, mo ein einzelner Soldat zu fiehen 
„kommt, oder wo einer mehr oder weniger verwundet, 
„oder erfchoffen wird? Die Sorge fürs Einzelne iſt 
„zu klein und vollig überflößig. Gewiß befümmert 
„ich Gott nicht um alle zufällige Veränderungen der 
„Dinge, um alle Eleinere Begebenheiten, um alle Ge— 
„danken, Entſchließungen und einzelne thorichte oder 
„gute Handlungen der M. Er ſieht blog aufs Große, 
„um dag Ganze in feinem ordentl. Gang und guten 
„Stand zu erhalten. jenes aber hieße unwürdig von 
„Gott denfen; denn man würde fihon fehleht von 
„einem Könige denken, welcher 3. DB. die unwichtigen 
„Gegenſtſt. des haͤusl. Lebens einzelner Unterthanen, 
„nach ſeinem Willen leiten und durch Befehle vor— 
„ſchreiben wollte. Es wäre das auch feiner unwuͤr⸗— 
„dig. Wie vielmehr iſt alſo ienes Gottes unwuͤrdig, 
„der uͤber alle Koͤnige der Erde erhaben iſt! Bekuͤm— 
„mert ſich Gott um Alles in der Welt, ſo ſtoͤrt das, 
„weil es unſaͤgliche Mühe und Beſchwerden verurſacht, 
„Gott in ſeiner Seligkeit“ — ſind ungegruͤndet. 
Denn 1) in demienigen Zuſammenhange der Dinge, 
als der gegenwaͤrtige iſt, iſt das Feine Kleinigkeit, was 
ung nach unfern eingeſchraͤnkten Einſichten als uns 
wichtig vorfommt. Alles, was da ift und gefchieht, 
ift vielmehr ein Glied im der großen Kette der Dinge; 
e8 kann ohne Nachtheil de8 Ganzen nicht überfeben 
und weggenommen werden. Bor Gott iff nichts ges. 
ringe und unbedeutend von dem, was er erfchaffen 
hat. Es beficht das Ganze aus lauter Theilen; ohne 
diefelben ift e8 fein Ganzes. Das ganze Mgefchlecht 
befteht aug einzelnen Menfchen. Bekuͤmmert fih nun 
Gott, wie man e8 zugibt, um das ganze Menſchenge— 
Schlecht, fo wird er ſich auch um die einzelnen Glieder 
dejfeiben befümmern. Die Gattungen konnen nicht 


V. 563 


Vorſehung, die goͤttl. — Beweiſe für die befondre —) 


anders beforgt werden, als vermiftelft einer Gorafalt 
für ale dazu gehorige einzelne Gegenftände Das 
Kleine ift als ein Theil des Ganzen nothwendig für 
Gottes Endzweck mit demfelden. Da es nicht uns 


würdig war, um von Gott erfchaffen zu werden, fo 


77 
RR 


wird auch die Drdnung und Beflimmung feines iedes— 
maligen Zuftandes nicht Gottes unwürdig fenn! War 
e8 nicht unanftändig für Gott, daß er den Wurm 


» fchuf, fo ift es auch dag nicht, daß er ihn erhält und 
ihm fein Schickfal beſtimmt. Welche Weish. und 
Macht leuchtet auch aus dem Bau und aug den Nas 


furtrieben eines Wurmes hervor? Wo ift der M., der 
das Gott nachthut? — Iſt dann Gott gleich einem 
ird. Negenten? Diefer hat eine eingefchränfte Erkennt— 
niß, und weil er deshalb iedesmal fih nur mit einem 


- Gegenftande befchäftigen kann, und nie alles mit eis 


nem Blicke umfaffen oder auf alles feine Aufmerff. 
richten kann, fo zieht er das Wichkigere dem Gerins 


‚gern vor. Weil des M. Vorftellungsfraft begränzet 


iſt, unterfcheidee der M. zwifchen dem Großen und 
Kleinen, Wichtigen u. Unwichtigen, zwifchen dem, was 


noͤthig und dem, was weniger nothig if. ‚Er muß 


ienes diefem vorziehen. Die Erfahrung fagt e8 ung 
auch, daß nichts abgefondert von dem übrigen da ift. 


Jedes Einzelne hängt mit dem Ganzen zufammen. 


Alles ſteht mit andern Dingen im genaueften Zuſam— 


menhange. Man nehme nur einen, auch einen unbes 


deutenden M. aus der Kette heraus, und die ganze 


folgende Reihe wird fehr verändert. Nehmen wir nur 


einen, auch den Fleinften DER, aus der Gefchichte unfes 


rer Erziehung u. unferes Lebens heraus, fo würden wir 
nicht vie Me. geworben fen, die wir find. Es if 


alfo „nicht unnüß, daß Goft fürs Einzelne wirft *). 


2) Für einen Negenten ift es freilich Unvollf., wenn er 


über. Kleinigfeiren das MWichtigere in feiner Kegierung | 
verfäumen wollte, aber ift e8 auch an einem Hauss 
vater.rühmlich, wenn er e8 aefchehen läßt, dag man 
in einzelnen Faͤllen ſich nicht nach feinen allg. Anord« 
nungen richter? Iſt ein menſchl. König groß, weife u 





guͤtig zu nennen, welcher er gute Anftalten OL 


ne Gierig a. a. O. ©. 24. 25. 


Nuz 


Vorſehung, (Die goͤttl. — Beweife für die befonbre —) 
und 7— Gefite gegeben bat, aber nicht darauf 


achfet, ob dieſe lobl. Anſtalten einzelnen Unterth. wirk— 
lich zu Gute kommen, ob die Duͤrftigen aus den Bor: 
ratbehäufern ihren gehoͤrigen Theil erhalten, u. f. w.? 


. Hört man „som Gegentheil, fo fagt men: mochte es 


doch der König nur wiſſen. Jeder Hilfsbedürftige 
eilt es ihm zu fügen, meil er weiß, daß es ihm, alg 
einem aufen Regenten, lieb ſeyn werde, zu erfahren, 
ob man feine Anordnungen befolge oder nicht. Ein 
guter Regent forget alfo auch für den einzelnen und. 
geringen Unterthan. Wenn Gott nit für das 
Kleine forgie — fo wäre er unvollfommen. 
Er würde dann nicht alles Fennen und nicht allmäch- 
tig ſeyn. Dann befande fich dag Unbedeutende in dem 
Auftande, worin es ift, ohne feinen Willen und feine 
Zulaſſung. Ein Gott, der nicht im Stande ware, alle 

f. Geſchoͤpfe zu uͤberſehen, ift Fein Gott. Kannte Gott 
bie Natur blos fo, daß er ihr allg. Gefege geben 
fonnte; wußte er nur im Allgemeinen, was aus 
der Miſchung fo verfchiedener Dinge entftehen konnte, 
nicht aber, was durch die zufällige Verbindung derfel» 
ben entſtehen mußte: ordnete er nur die Gattungen 
der Geſchoͤpfe, ſahe er aber nicht auf iedeg einzelne 
Geſchopf hin: fo wußte der Allwiſſende wenig. Bey 
ſolchen mangelhaften Kenntniſſen könnte er nicht der 
Reg. einer ſo großen Welt ſeyn, nicht alles zum Be⸗ 
ſten ordnen! Denn aus einer ganz zufaͤllig ſcheinenden 
Miſchung und Verb. verſchiedener Materien entſtehen 
die fonderbarften Erſcheinungen, aus einem unbeden— 
tenden Zufall die wichtigſten Veraͤndd., aus einem ein— 
zigen Gedanken, Worte u. Handl. die groͤßte Staats— 


| ummälgung und der blutigſte Tangwährende Krieg. 


Will Gott die Weltbegebenhh. leiten, fo gehort dasu 
ein genaues Vorherwiſſen aller zufälligen oft ganz 
fleinen Umſtaͤnde. Oder iſt Gott nicht allguͤtig? 
Wollte und will er nicht für alle forgen, und fie alfo 
nicht Fennen? Welch ein Gott wäre dann Gott! Da 
er aber offenbar das hoͤchſte und moglichfte Wohl des 
Ganzen und aller einzelnen Theile will, fo muß auch 
altes, ſey e8 auch in unfern A. klein, von ihm zuvor 
gleichfam berechnet feyn. — Iſt Gott wie ein M., 
der nicht uͤberall ſelbſt zugegen ſeyn kann, manches 





V. 565 
Vorſeh- (die goͤttl. — ———— für die alferbefonderfte—) 


nicht bemerft und liegen laffen muß, oder nicht alles 
unternehmen kann? Er als der Altwiffende kann alle 
Dinge felbft fehen, und alg der A mächtige alles ribft 
' wirfen. Er kann alfo iede größere und Fleinere Ver— 
‘ Anderung nad) feinem mweifen Math vollziehen. Ihn 
beunruhigen feine unermeßlichen Re gierungsgefchäfte 
nicht. Sie vermindern nicht feine Kräfte. Sie ſtoͤren 
ihn nicht in f. Geligkfeit. Offenbar beſchraͤnkte man 
Gottes Macht, falls man irgend einen Gege nſtand fuͤr 
ſo unbedeutend anſaͤhe, daß auf ihn die goͤttl. Vorſ. 
entweder gar nicht, oder doch weniger als auf u 
andern ſich erfireckte. Wie kann man von Bott d 
| Ei daß ihm etwas Mühe und Befchwerden achte? 
re fpricht und es gefchieht. Sein bloßes allmächti- 
* Wollen gibt dem, was nicht war, ſeine Wirklich— 
keit. Seine Seligkeit entſteht aus feiner uneinge— 
ſchraͤnkten Wirkſamkeit zur ——— alles deſſen, 
was ſeine untruͤgl. Weish. fuͤr das Beſte erkennt. 
Wie kann alſo die Fuͤrſ. Gottes Seligk. —23 Seine 
Vorſtellungskraft iſt uneingeſchraͤnkt, er ſtellt ſich alſo 
die Gegenſtaͤnde nicht nach einander, nicht muͤhſam vor. 
Er erliege nicht wie mie unter der Laft, er braucht 
ſich nicht über der einen Gorge der andern zu ent— 
fchlagen. Er uͤberfieht alles mit einem Blick und 
thut alles mit einem Wink. 

Deshalb ift die goͤttl. — auch auf das Keine ſich 
erſtreckende Fürforge Gott nicht unanftändig. Denn 
nur dieienigen Handl. find unanſtaͤnd wobey iemand 

dieienigen Vollk. nicht aͤußern kann, die man von ihm 
zu erwarten berechtigt iſt. Gott gibt aber durch feine 
alles umfaffende Reg. feine höchſten Dei, — a 
nen, und geigt dadurch, daß feine Weish. und Macht 
uber alles erhaben iſt, was wir faffen * be greifen 
fonnen. Es ift demnach eine folche Reg. das Ankäns 
digſte u. Wuͤrdigſte, wag man Gott beylegen kann. — 
3) Es iſt keinesweges uͤberfluͤßig, für das Einzelne u. 
fogenannfe Kleine zu forgen. Denn a) wer fo ur— 
theilt, thut einen ſehr kuͤhnen Machtſpruch, weil er 
fi) anmaßt zu wiſſen, was zur —— der Welt 
noͤthig oder nicht 6es Kleid ſcheint, daß 
ein Sandkorn, eine Pflanze, ein Kabts hier, ein 
M. mehr oder weniger in dieſer oder einer andern 


ce V. 
Vorſeh., (die goͤttl. — Beweiſe fuͤr die allerbeſonderſte ) 


Lage, das Ganze gar nicht veraͤndere, ſo iſt das doch 
nur Schein. Im Ganzen, welches Gott erſchaffen 
bat, iſt fein Theil unbedeutend oder entbehrlich. 
Denn das ift das Merkmal der Werke des Weiſen, 
daß nichts in denfelben überflüßig, nichts müßig, 
nichts ohne Zweck ſey. Nah den Naturbeobachtun- 
gen ift nun alles zweckmaͤßig. Keine Kraft ift ver- 
fehwendet und fein Ding ift auf feinem-Standpunfte 
entbehrlich. Goftes Werfe find auf dag voßfommenfte 
berechnet. _ In der. Summe ift nicht eine Einheit zu 
viel oder zu wenig. Bey einem fo berechneten Ganzen 
fann der Werfmeifter der Uebereinfiimmung feines 
Ganzen gewiß feyn. — .c) Zn der Welt ift nicht die 
geringfte Veränderung ohne Folgen. Die allergroöß- 
fen Begebenhh. find nichts, als die Wirfung einer 
Menge Fleiner Erfolge, durch die fie nad) und nach 
vorbereitet worden find. — d) Die Vol. des Gan- 
zen beruht auf der Vollk. der einzelnen Theile. Wären 
Gottes Einrichtungen nur im Allgemeinen und obenhin 
beftimmet, fo wäre diefe Vollk. nicht wirflih. Sie ift 
dieß, alſo — — 4) Öott hat die Welt, - wenn er 
gleich zu ihrer Erhaltung allg. Geſetze angeordnet hat, 
nicht aus f. Öefichte gleichfam gefchafft, wie ein menfchl. 
Haumeifter. In feinem unendl. Verſtande muß ia die. 
Welt mit allen ihren Theilen aufchaulich gegenwärtig 
bleiben. — 5) Nur der GI. an eine allerbefonderfte, 
Sürf. erflärt e8 ung, wie dieienigen Vorfälle in der 
Natur, welche die Drdnung in derfelben zu fidren 
feheinen, 3. DB. Ueberſchwemm., Kriege, Seuchen, Theu— 
rung, Dunger, die doch fchaden, dennoch Beweiſe der 
tiefiten Weish. find. Zu großer Neichthum der Na— 
tur 5. DB. ließe ung nicht den Werth ihrer engrige 
einſehen. Bey demſelben haͤtte die Thaͤtigk. keinen 
Sporn. Bey der Entfernung der beſonderſten Fuͤr— 
ſehung müßte Gott ſtets ausbeſſern und nachhelfen. 
Wie menſchlich! wie unvollkommen! — 6) Es iſt der 
Sl. an die allerbeſonderſte Fuͤrſ. für den M. ein Be— 
duͤrfniß. Wie follte Gott nicht einzelne M. f. Fürf. 
würdigen, die die edeljten Theile Schöpfung find? 
Für die follte er nicht forgen, die der größten Un» 
vollfommenbeit auggefegt find? Bel. Jeruſalem's 
Betr. ır Th. ©. 73. 74 — % 


V. 567 
Vorſehung, (die goͤttl. — Zweifel wider dieſe beantw.) 


VO. Beantwortung einiger Zweifel wider die 
goͤttl. Vorſehung. 


In Volksvortr. mſen nur dieienigen Zweifel beantwortet werden, 
welche unter iedes Lehrers Zuhoͤrern herrſchen. Ganz iſt dieſe 
Zweifelaͤuberung nicht zu uͤbergehen, weil es zur — 

vieler beytraͤgt. 


„Es iſt nicht fichtbar, daß Sort fi um die Melt 
„bekuͤmmere. Was gefcheben fol, geichieht doch ; denn 
„Gott thut feine Wunder.“ Antw. Vieles ift nicht 
ſichtbar, was doch wahr iſt. Wir alle haben eine 
Seele, und glauben daran, aber wir haben ſie nie ge— 
ſehen. Wir koͤnnen, wenn wir auch unſere Augen 
verſchließen, ung dennsch die Dinge vorftellen.: Unfere 
bloßen Angen denfen nicht, aber dennoch hat dag Ge⸗ 
ficht Einfluß auf unfern Körper. Wäre Gott auch 
- gleichfam wie große Seele der Welt, ſo koͤnnte er auch 
unſichtbar auf ſie wirken. Er kann die W. regieren, 
ohne daß wir ihn ſehen, denn er iſt als ein Geiſt un— 
ſicht bar. 
2) „EB gebt alles feinen Gang. Was fommen foll, 
„kommt doch.“ A. Alles geht aber ordentlih. Bon 
Ungefähr folgt doch nicht auf den Winter das Fruͤh— 
iahr u. fe w. Weshalb wird es im Winter nicht auf 
einmal Sonmer? Weshalb feheint die Sonne ein gan- 
zes Jahr einmal nicht? Eben deshalb, weil Gott alles 
in der MW. erhält, geht alles feinen ordentl. Gang. 
3» „Es find der Uebel, es ift des Giftigen, Schädlichen 
„und.des Unnügen im der W. fo ‚viel, u. des Gluͤcks 
„fe wenig. ft eine gottl. Fürfehung, fo würde fie 
„ſo viele Uebel und Thränen nicht zulaffen!“ Antw. 
f. oben d. Are. Uebel und — Boͤſes, und E der: 
mann's Handb. d. hr. GL.-Echre, B. IL. ©. 221-225. 
Bol. SJohn’s Pred.Entww. Jahrg. 1800. ©.45: 
„wie man das Gelingen. großer Verbrechen mit dem | 
Gl. an Gottes Borf. vereinigen fann?“ üb. Ev. am 
S.n. Neuj.; Ammon's Predd. z. Bef. des mor. 
Chriſtenth. zr B. 1802. Nr. XVIL „die goͤttl. Vorſ. 
bey heftigen Leiden der M.“ üb. Luc. 9, 51:56; F. 
P. W. — — unter Gottes Weltreg. muß ſelbſt 
das — die Tug, verherrlichen. Eine Pred. Sau: 
1802. 8. (4 Ggr.) 


568. V. 
Vorſehung, (die goͤttl gZweifel wider dieſe beantw) 


4) „ES geht hier dem Tugendh. ſo widrig, dem Lafterh. 
oft fo wohl. Die Zug. ſeufßzt, das Laſter frohlockt. 
„Wie mancher Redl. wird bedruckt, unverdient verach— 
“tet, feine Bemuͤ übungen fcheitern, oder werden nicht 
belohnt, feine Wünfche Schlagen fehl. Boͤſe Unter— 
mehmungen gluͤcken, große Verbrechen werben. began— 
„gen und nicht beſtraft!“ Autw. a) Der Laſterh. iſt 
oft Flüger, geht vorfichtiger zu Werfe, ift betriebſamer 
and gefaͤlliger als der Rechtſchaffene. Dieſe guten 
Eigenſchaften muͤſſen gute Folgen haben. Der Fromme 
muß ſich oft aus Beſcheidenheit verbergen; wie ſollte 
er alfo zu allen Zeiten. hervorgezogen und belohnt 
werden. koͤnnen? Mehreres ſ. int Urt. Gerechtigkeit 
“Gottes, HL ar Th. Sreg5 fr &dermann’s 
Uns zr B. © 225 I > ech cr. Reel. CTheor. ©. 
Aa —— 
Zr Erbdenleben: iſt ach nur ein Stand der Bor. 
bereitung oder der. moraliſchen Buche. acht dem Tode 
‘ fange erft die entfiheidende völlige Vergeltung 
5) „Wie ungleich find die Gluͤcksguͤter ausgeipeift, 4 
Antw. diefe find Feme wahren Guter, fie fonnen den 
° Menfchen an fish,» weder? gluͤckſelig noch unglückfelig 
machen. Dieß haͤngt vielmehr: blos’ von — 
dem Gebrauche ab, welchen er davon macht. Sie 
find eben ‘fo wenig zeichen der: Gunſt als der Ungunſt 
Gottes; denn oft beſitzen ſie Die Unwuͤrdigſten und die 
Würdiaften muͤſſen ihrer entbehren | 
6) „Wie viel Zweckloſes und weckwidriges iſt in der 
„Welt! Wie viele Unvollkommenheiten * es! Bey 
allen Geſchöpfen befinden ſich ſolche.“ U. a) Sollte 
nicht dieſet Einw. einen hohen Grad’ von Unwiſſenh. 
und auch — von Eigenduͤnkel verratheu! b)⸗ Unvoll⸗ 
kommenheiten find in der Welt nothwendig. Jedes 
Geſchöpf iſt aber fo vollf., sale es feiner Natır — 
und dem Plan des Schoͤpfers nach) feyn kann.— 
7) „Es ift die Fürfehung Gottes unnoͤthig. Die Welt 
„gleicht einer Uhr. Wenn fie einmal aufgezogen -ift, 
„fo läuft fie von ſelbſt abe Verriethe es nicht die 
„Ungeſchicklichkeit des Werkmeiſters falls er alle Au— 
rgenblicke an der Mafchine etwas rücen müßte? Koͤn— 
„nen menſchl. Werkmeiſter ihren Werken eine 
„ſolche Dauerhaͤftigkeit geben, daß ihre weitere Theil— 





V. 569 


Vorſehung, (die goͤttl. — Zweifel wider dieſe beantw.) 


nahme daran uͤberfluͤßig iſt — wie ſollte denn nicht 
„Gott ein Werk hervorbringen koͤnnen, an dem gar 
nichts weiter zu aͤndern und zu beſſern fe? Antw. 

Wie hinkend — wie unedel iſt iene BI leicht Die 
Welt ift Fein bloßer Mechanis’m. Eine Menge Kräfte 
wirken mit ein, welche von freien und naeh chen 


9— £\ Pu” 
e in 


Entfchließungen denfender Gefchöpfe abhangen. Laͤßt 


Gott auch alle Naturkraͤfte frei zu wirken, ſo hat er 
| doch uͤber alles Aufficht, und er leitet unfichtbar alle 


natürl. und fittl. Veraͤndd. zu Einem Hauptzweck. 


Dieß iſt mit einem ftümperhaften Sorthelfen einer feb- 
lerhaften Mafchine nicht zu vergleichen. Wer gibt. «8 
auch zu, daß Gott an der Welt zu beffern babe? 


Seine ewigen Geſetze ſind ſo gut, daß er keine Aus⸗ 


nahmen davon zu macyen braucht... ber : welche 
menſchl. Mafchine währt nur 100 Jahr? Se Fünft- 
"Jicher fie ift, deſto eher erhält fie durch den Gebrauch 
einen Mangel. Wie paßt daher die Vergleichung? 


Ueberdieß if zwiſchen menſchlichen Kunſtwerken und 


der Welt Gottes derienige ſehr große Unterſchied, daß 


‚cher Künftler die Kräfte, die er zu f. Zweck braucht, 
ſaͤmmtlich ſchon in den Dingen. finder. Er nutzt blos 
Jr vorhandenen natürl. Kräfte. Woher nun die Er: 


altung der natuͤrl. Kräfte? Woher der Urforung der: 
‚ glden? Bringt ung das nicht zuletzt auf den forts 
waͤhrenden Willen Gottes BR welcher aller Dinge 
Nrfache iſt? 


8) „Wenn — Fürf. if, woher bleibt ung dann 


„ſo vieles von den kägl: Erfcheinungen unerklaͤrlich?“ 


ni 


N. Wie können win hier erwarten, Daß ung alles 
deutlich feyn fol? Solte dieſes ſeyn, fo ware Gott 
der allermenſchlichſte Regent. Kein verſtaͤndiger Mann 


urtheilt uͤber die Geheimniſſe der Großen in der Welt 


gern, weil er ſagt: ich uͤberſehe nicht das Ganze. Und 
wir, die wir auf einem fo niedrigen Standp. ſtehen, 


nur einen” fehr Eleinen Theil des Reichs Gottes ken— 


nen, — wir — die wir es ſelbſt gugeben muͤſſen, daß 


in einem fd gr. Reiche oft dem einen etwas mißfallen 


müfle, wenn dem Ganzen geratben werden foll — foll 


ten alles faffen, alles begreifen Finnen? Fuͤr ung 
/ Kurzſichtige iſt Gottes Rath unerforſchlich, aber er 
fuͤhrt dennoch ans herrlich aus. Gottes Allweisheit 


570 | V. 
Vorſehung, (die goͤttl. — Zweifel wider dieſe beantw.) 


wird und kann die Wege nicht nehmen, die der M. 
waͤhlt; Ef. 55, 8. 9. Führt Gott ung auch im Dun- 

keln, fo müffen wir dennoch ihm glauben. Erzieht der. 
weife Bater fein Kind nicht auch f0?. Er zeige dem⸗ 
felben nicht gleich die Urfache feiner Befehle an, um. 
e8 zu prüfen, wie weit ſ. Vertr. zu ihm geht. Man 
bete alfo in Dunkelheiten Gott an. 

9) „Iſt Gott Regent der W., fo kann er nie Mangel 
„an Macht und Mifteln haben, und doc finder dag 
„Gute eine große Menge von Hi nderniffen, und das 
„Boͤſe breiter fich fehr fchnel aus. Sa dag Gute 
„wird soft unterdräcdt.“ U. Daraus ift die Folge⸗ 
tung: Gott bekuͤmmert ſich nicht um die Welt, über: 
eilt. Man muß fo ſchließen: wenn diefem oder ienem 
das, was ihm gut feheint, nicht gleich nah f. Wun- 
ſche geräth und mancher Zweck nicht fo erreicht wird, 
fie man ihn gern erreichen möchte, fo ift die Zeit da— 
zu wohl noch nicht genug vorbereitet, oder die Borf. 
wird fihon aus dem Boͤſen Gutes hervorbringen. 
Waͤre das Chriſtenthum fruͤher ausgebreitet worden, 
wäre die gr. Kirchen— und Nel.-Berb. eher erfolgt, 
als beides gefchah, fo wären beide Begebb. ‚wohl 
ohne folche glücl. Erfolge gemefen. Sehen wir in 
unferm Kreife, daß ſich manches verbeffern ließe, wie - 
aber mehrere Hindern. e8 nicht zulaffen, fo denfe man: 
Gott kennt und liebt die M. und dag Gute, fo gut 
ale wie du. Er weiß dazu die bequemfie Zeit. Ber 
traue ihm, daß er bie Umftände dazu aufbehalten 
werde. 

10) „Die Zeiten J immer ſchlimmer, ſo 
„wohl äußerlich durch Nahrungsloſigkeit, als auch in» 
„mertich durch abnehmende Nedlichkeit, Treue, Zugend 

„und Meligiofttät. ES ift des Boͤſen weit mehr in 
„den Welt, als ebehin. Wie kann alfo wohl eine 
„göttl. Borf. feyn! U Dieß iſt eine unbeftimmte 
Klage. Will man die Zeiten nad) dem, was man zu— 
nächft um fich gewahr wird, beurtheilen, fo mag dieſe 
Ki. wohl wahr feyn. Manche einzelne Städte koͤnnen 
an Wohlfiande und guten Eitten wohl verfallen, aber 
machen fie die ganze Erde aus? Vielleicht ift in eben 
der Zeit. an einem andern Ort mehr Sittlichfeit und 

mehr Wohlftand verbreitet. Das Gute in der Welt 


V. 571 
— (die goͤttl. — Zweifel wider dieſe beantw.) 


kennen wir weit weniger als das Boͤſe. Die beſten 
M. machen nicht immer das meiſte Aufſehen, ſie wir— 
ken lieber in der Stille, prahlen nicht damit. Die 
—— der Laſterh. fallen dagegen ſehr in's Auge. 
Wie kann man alſo genau das Gute berechnen? Da, 
wo die Menge Gottesvergeßner M. ſteht, überfiche 
man die vielen Guten, welche fih fill halten. Haben 
nicht die Bofen auch ihr Gutes an fh? Kann ihr 
Boͤſes nicht viele gute Folgen haben? Warum will 
man das Gute in der ießigen Welt, z. B. die beffere 
Erzieh., die Verbeſſ. des Schulunterrichtg, die Srün- 
dung von Armenverſorgungen n. ſ. w. nicht nennen? 
AH nur immer das Bofe? Das aͤußerl. Leben der 
M. ift auch zweideutig. Mancher hat feine Leiden 
ſelbſt verfchuldet, 3. B. Armuch wegen Muͤßiggang. 
Mancher leidet ietzt Druck, Andere aber litten ebedein 
darunter. Es läßt ſich alfo nicht beſtimmt behaupten, 
daß die Zeiten ſchlimmer wurden. | 
il) „Der Gl. an eine gottl. Vorſ. ſtreitet mit der 
„Freih. des Menfhen. Wie fann Gott alles in der 
„W. regieren, da doch die meiften Verändd. in der 
„Belt, befonders fofern fie auf das Schickſal des M. 
„Einfl. haben, vom freien Willen der M. abhangen. 
„Iſt des M. Wille wirklich frey, gibt e8 gar Feine 
„andere Gründe feiner. Willensbeſtimmung, als er 
„ſelbſt: fo fann ia Gott diefelbe und feine Handl., 
„fo wie die dadurd) hervorgebrachten Veraͤndd. nicht 
„vorhergeſehen und auch nicht in Beziehung darauf 
„den Weltlauf geordnet haben. Das Schickfal deg 
„M. hängt alfo blog von f. Wilfführ, nicht aber von 
„Gottes Regierung ab, oder es bat der M. Feine 
„Freiheit.“ Antw. Der M. bat feine ganz uneinge- 
fchränfte Sreiheit, aber fo viel Freiheit, als erforder- 
lich ift, um feine Kräfte zu entwiceln und zu üben. 
Der Geift des M. ift felbftrhätig. Der Zuſt. ſ Er- 
kenntniß und Geſinnung beſtimmt ſeine W — und 
Handl. Je nachdem er weiſe oder thoͤricht iſt, ie nach— 
dem ſeine Neigungen ſind, ſo wie er ſeine Pflicht liebt 
oder nicht achtet — fo waͤhlt er etwas, fo handelt 
er. Dieſer fein iedesmaliger Gemuͤthszuſtand ift fein 
eigenes Werf, Die Solgen von feiner Thorheit, Dflichke 
vergeffenheit u. ſ. w. hat er ſich alfo felbft beizumeffen. 


572 V. 
Vorſehung, (die göttl. — Zweifel wider diefe beantw ) 


Gott aber kennt ieden M. ganz genau, wußte von €. 
ber, wie der M. ſich betragen würde nach dem iedes— 
maligen Beſtimmungsgrund des M. Mach diefer Bors 
ausſicht beffimmte er die Verbindd., Verhaͤltniſſe und 
Schickſale des M. Der größere oder geringere Um— 
fang der Freih. des Einzelnen hänge von der groͤßern 
oder geringern Kraftmaſſe ab, welche er von Gott 
erhielt. Es ficht zwar bey ihm, ob er diefes meife 
anwenden oder zum Boſen niisbrauchen will; aber 
der Lauf der Weltbegebb. wird dadurch nicht unter 
brochen oder abgeändert, denn es ift fehon zum Vor⸗ 
aus auf den Grad feines Verdienſtes oder feiner 
Schuld mitgerechnet. Gottes Rathſchluͤſſe find nic: 
als etwas Bergangenes und die Handl. der M. nicht 
als nothw. Solgen derfelben zu betrachten. Blos die 
Bildung und Entwicelung des Vernunftvermoͤgens 
der einzelnen M. erfolgt in der Zeit. Es iſt alſo nicht 
die Freiheit, als das Vermögen gut zu handeln, fons 
bern Die ‚Sreiheit, als dag Nermögen bofe zu handeln 
eingefchränft. Der M. ift ein Mitarbeiter Gottes an 
den Entwürfen feiner Meltreg,, I Kor. 3, 9; aber als 
ein Zeind u. Gegner Gottes (ac. 4 4.) ift feine 
Sreiheit zu feinem und des Ganzen Glück in gewiſſe 
Schranfen eingeſchloſſen. Blos die Folgen des böfen 
Willens der M. fchr änft Sort ein. Kerker u. Bande 
fonnen den innern freien Willen eines Gefangenen gar 
nicht einfchränfen. Die fittl. Natur deffelben bleibe 
alfo dieſe elbe. Jeder gute und boͤſe Beſchluß deſſelben 
kann ihm eben ſo, als ob er ausgefuͤhrt waͤre, zuge— 
rechnet werden. Sind demnach die Folgen der Be- 
ſchluͤſe des M. den mechanifchen Geſetzen oder der 
phyſ. Rat. unterworfen, fo leidet dadurd) doch die 
Freiheit an fich nicht. Daher find die Aeußerungen 
pr. 16, 15-108 5; 12>145.01..8, 0. 10% 52.16; 
Sat. 4, 13:16. ganz richtig. — Bol. Kegier. Got: 
te8, IE 2. — Th. ©. 327;' Edermann! 8 Handb. 
3. III. G. 
12) „Gottes Borf. ſoll ſich befonders auf Die M, er⸗ 
„ſtrecken, allein der bey weitem großte Theil der 
„beit lebe in Unwiſſ., Abergl. und Irrth. a. 
ever diefer M., ſelbſt der alferwildejte hat die noͤthi— 
gen Mittel, ſich in Zei u. Ewigk. gluͤcklich zu machen. 


Borfehung, (die goͤttl. — Anwendung diefer Lehre.) 


Darfſt du, o Ehrift, wohl den hoͤhern Grad deines 
Gluͤcks zur Verleugnung der Borf. anwenden? biff du 
nicht ungerecht? Rem. 2, 14. 15. — 

lim alle Zweifel an Gottes Vorſ. zu heben, beachte 
man: | | 

a) Goft ift in allen feinen Eigenſch. unendlih, es if 
ibm alfo um nichts ſchwerer, tauſend Welten als eine 
Samilie zu regieren. — b) Gottes Führungen müf 
fen ung oft ein Geheimniß ſeyn. 

VII Bractifhe Folgerungen. 
©. den Art. Regierung Gottes, IV. ater Th. 

‚©. 338 f. | 

1) Man erfenne die Wichtigkeit der Lehre v. d. goͤttl. 
Vorſehung, beſonders der befondern V., an. 

a) Sie floͤßt uns erſt wahre Ehrf. vor Gott und Liebe 
zu ihm ein. Alle Ueberzz. von Gottes Daſeyn und f. 
herrlichen Eigenfchaften wärden uns gar nichts hel- 
fen, wenn wir nicht zugleich zu der Gewißheit einer 
über Alles, befonders über uns M. mwaltenden Borf. 
gelangen koͤnnten. Gene Weish., welche in der allg. 
Einrichtung der Welt fichtbar ift, wuͤrden wir bewun- 

dern, über f. Allmacht erftaunen, aber die Welt würde 
für ung nichts als eine Mafchine ſeyn, in welcher un- 
fere Schiff. nur nach einer blinden Nothwendigk. be= 
fiimmt würden. Ein Gott, welchem wir zu Hein waͤ— 
ren, um unfere Schickfale gut zu lenfen, welcher unfer 
Gtreben, ihm zu gefellen, nicht achteie, fondern ung 
verachtete, wäre für ung Fein Gott, oder unfer Gott 
nicht. Wir ffünden in feiner Verb. mit ihm, brauche 

. sen ihn nicht zu verehren, fonnten ihm nicht vertrauen 
und nichts von ihm hoffen. Wie Eonnte man vor ihm 
Ehrf. haben, da er zwar Kräfte, aber nicht den Wil— 
Ien hätte, für ung zu forgen, da er ung doch in's 
Leben gerufen hat *)2! Ohne diefen GI. fehlte e8 ung 
an Nel. — an dem nöthigen Antrieb zu den wichtig— 
ften Dflichten. Bey diefem SI. ſteht allein die Tugend. 
ag foll venienigen beiwegen, tugendb. zu fiyn, wel: 
cher fich beredet, daß Gott feinen Theil an der Welt 
nehme, gleichgültig unfere Handl. anfehe, oder gegen 
unfer Betragen gleichgültig fiy, oder — daß es unter 


+) Bgl, Döderlein’s Relzinterr, Th. VIIL ©. ss f. 


ee nn 
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung dieſer Lehre.) 


Gottes Wuͤrde ſey, ſich um das Einzelne zu bekuͤm— 
mern? Der Gedanke: „Gott iſt Zeuge meines Thuns, 
ſein Wille iſt mein Geſetz, ſein Beyfall iſt mein Lohn“ 
kann uns allein da zur Pflicht ſtaͤrken, wenn mit der 
Uebung derſelben keine aͤußere Ehre, kein unmittelb. 


Vortheil verb. iſt. Nimmt man dieſen Grundſatz weg, 


ſo entſteht derienige Zuſtand, welchen die h. Schrift 
Gottloſigkeit (oder — daß man in ber W.ohne 
Gott lebt) nennt. Der Ged. „Gott ſieht alles, was 
ich thue, er wird mit Tugend Gluͤck, mit dem Laſter 
Elend verbinden“ wirkt, wenn er lebhaft gedacht wird, 
dann und da auf das Herz, Mann und mo anders 
Beweggründe feine Kraft haben. Zu mwiffen? daß man 


vor Gott, vor dem Allfehenden — vor dem Alfregies 
. venden wandelt, oder daß er ieden M. weit genauer 


bemerfe und beherrfihe, als ein weifer und zärtl. Va— 
ter fein Kind — das ift ein Antrieb zur Tugend, der 
faft noch mehr alg der GI. an Unfterbl. über den M. 
ausrichten Ffann. Mit dem GI. an die goͤttl. Vorſ. 
verfchiwinden dagegen die Hoffnung auf das beloh- 
nende goͤttl. Wohlgefalen und die Furcht vor feinem 
firafenden Mißfallen. Die Lehre v. d. Vorfeh. macht 
uns recht Hug, vorfihtig, ſelbſt bey den Fleinften 
Handlungen. Gie verfihafft Muth und Luſt bey den Ges 
fchäften unfers Amts und Standes. An welchem Drt 
und unter welchen Umfift. der Fromme fich befinden 
mag, allentbalben Faun er ſagen: es gefchieht Gottes 
Wille. Sie erhebt ung zum achten Himmelsfinn. 
Bol. Gierig a. a. D ©. 2:4 — 


b) Sie gewährt ung wahre Beruhigung und zwar fo- 


wohl in Abficht auf ung felbft, als auch in Abficht 
Anderer. Sie gibt Muth in Ertragung der Leiden, 
und beym Mißlingen angenehmer irdifcher Entwürfe, 


und im Unglück. Sie gibe fefte Hoffnung auf eine 


beffere Zufunft. Offenbar befelige ung alfo fihon bier 
dieſe Lehre. 


aa) Das Leben eines M. fange noch ſo gluͤcklich und 


ſorgenlos an, ſeine Jugend entfliehe wie ſeine Kindheit 
unter einem Wechſel von lauter angenehmen Empfin— 
dungen, fuͤr ſein ganzes Leben iſt er doch nicht gluͤck— 
lich. Er wird gewiß leiden müffen. Sein Stand, 
nicht die Geburt, niche Reichth., nicht das Verdienſt, 


Ei: A 575 
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung diefer Lehre.) 


felbft die Tugend fehügt nicht ganz vor keiden, nur 
macht die letztere die 2. erträglich. Sind wir alfo 
noch ießt im Genuß der reinen Glüdf. und Freuden, 
fo muß e8 ung fehr willkommen feyn, zu wiſſen: ob 
die Leiden, die ung noch treffen fonnen, ung von Un— 
gefähr begegnen, oder ob fie ung nach weifen Abſich— 
ten und zu guten Zwecken mwiderfahren werden? Im 
leßtern Sal werden mir mit weniger Unmuth und 
weniger Gefahr, in den L. felbft zu verzweifeln, alles 
erwarten und tragen, was uns begegnen wird. Sit 
Much und Standh. werden wir geruͤſtet fen, denn 
Kom. 8, 28. Iſt aber feine goͤttl. Borf., fo trifft 
ung dag, Was ung begegnet, blog von Ungefähr; 
womit wollen wir uns dann beruhigen fonnen? Wie 
viel Bofes muß man in einer Belt rechnen, wenn fie 
nicht von Gott, fondern vom Zufall, vom ungefähren 
Zufammenftoß der Ereigniffe, von den Launen eines 
blinden Gluͤcks, oder vom Eigenf. und der Bosheit 
ber M. regiert wird! Wag bleibt dem wirklich Leiden— 
den in feiner Hülflofigf., unter dem Druck feiner Lei— 
den und f. Ungluͤcks für Hoffnung, wenn keine Vorſ. 
ift? wenn er fich feinen Netter denken darf, der alles 
prönet, deſſen Weish. und Liebe die Schiff. der M. 
lenkt, das Maaf- ihrer Leiden fegt und ihnen in denſ. 
beyſteht? Bermag wohl der Gedanke: „es kann nicht 
anders fen, es bringe diefes der Kauf der Welt fo 
mit ſich“ den Unglücl. zu berupigen? Es ift diefer Ged. 
nur ein Spott feines Elendes. Er muß verzweifeln. 
Aber zu wiffens „ES ift ein Gott, deſſen Entww. 
nicht der Kanıpf der Elemente, der Drang der Ereig- 
niffe, die Wuth der Bosheit vereiteln, nicht hindern 
konnen; es .ift ein Gott, der des Keidenden Thraͤnen 
fieht, zähle und fie nach der Erreichung der guten Ab— 
fihten abtrocfnen u. ihm die Leiden erfegen wird“ — 
das gibt wahre Beruhigung. 
bb) Gefest auch, daß wir ganz ficher vor Leiden wären, 
oder doch mwenigftens nicht viele und große Leiden zu 
erfahren hätten, fo leben wir doch mir M., welche 
leiden. Gehen wir nicht von Zeit gu Zeit unter den 
Gluͤcklichen einige Leidende und Unglücl.? Wir haben 
smar ein gewiſſes Mitgefühl bey fremder Noth und 
- bey Anderer Leiden. Allein wenn diefe blog- fremde 


576 | V. 
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung dieſer Lehre.) 


M. treffen, rührt ung der Anblick davon fo ſehr noch 
nicht. Sehn wir aber unfere Sreunde, Verwandte, 
Kinder, Eltern, Brüder und Schweſtern leiden, liegt 
ung das Leiden alfo näher, und fehen wir an den 
Unfrigen die Unſchuld umnterdräcdt, die Tugend ver- 
kannt und das Verdienſt gemißhandelt: fü find wir — 
falls wir nicht feſt v. d. weiſen Reg. Gottes übers 
zeugt find, nicht. im Stande, die Unfrigen zu beruhis 
gen, weil wir felbft der beſten Beruhigungsgrunde 
entbehren. 
Der Gl. an die V. enthält alfo für ieden Srommen- 

die allerwichtigften Gründe, ſtets froh zu ſeyn. Er 

| verdoppelt den fröhlichen Genuß unferer ſinnl. Ers 
goͤtzungen und flößt zugleich eine befcheidene Vorſicht 
bey denſelben ein. 

c) Dieſer Gl. ſichert die Erwartung der — un⸗ 
ſers Gebets, ſ. ik Betrachtt. üb. d. Lehren. d. 
Hel. 2er B. ©. 


d) Diefer eine BE allen Selbſtmord, und be—⸗ 
wegt uns fuͤr die Erhaltung unſers Lebens alle Vor— 
ſicht zu beweiſen, und verſtaͤrkt ben, großen Leiden die 
Hoffnung auf ein anderes beſſeres Leben. 


gl. über a) und b) Doͤderlein?s Rel.-Unterr. 
Th. VIII ©. 235-294; ©. B. Berckhan über Jer. 
10, 23: vom Einfl. d. goͤttl. Vorſ. anf den Gang uns. 
“& Lebens und unferer Schickfale, Magdeb. 1786. 8. 

8. 2. ©. Lommatſch vom hohen Werth des Glau- 
bens an die göttl, Vorſehung. Oſchatz 1802. gr. 8. 
(2 gr.) 

Es ift daher diefer Gründe wegen nothw., an eine 
göttl. Surfen. zu glauben. Wer an feine Surf glaubt, 
greift entweder zu den allerfchlechteften Mitteln, um 
ſich zu helfen, mweil er nicht glaubt, daß andere übrig 
find; — und fo veranlaße der Unglaube große Vers 
brechen, durch die man fich retten will; — oder er 
fucht fich des Gefühle feines Elendes durch gewalts 
fame Handl. mit einemmale zu entledigen, u. fo führt 
Unyl. und das Verzagen an Gott — zuweilen zum 
Selbfimord, Matth. 27, 4. 5. Die Gewohnung 
Gott zu vertrauen If alfo ein Mittel, ſich vor 
Laftern zu bewahren, 

Dal. 


BV. 3 577 
Dorfehung, (die görtl. — Anmendung diefer Lehre.) 


Dal. Kayſer's Dredd. üb. die wichtigften Gfau- 
benslehren, Zeiz ıgor. Nr. ı. „über die Rothw. des 
Gl. an eine goͤttl. Vorſ.“ 

Deshalb muß man ſich 
2) von allen und ieden Zweifeln an der goͤttl. 
Fuͤrſ. frey zu machen und ſich v. d. Gewißh. 

derſelben zu überzeugen ſuchen. Man muß 
on fie glauben. (wegen VI. und VII.) 


a) Man Iöfe fich erft die ung in der Lehre v. d. goͤttl. 
Fuͤrſ. aufſtoßenden Zweifel. Gott hat es uns nie 
unterſagt, über Lehren nachzudenken, die ung dunkel 
ſcheinen, ſondern wir ſollen Wahrh. fuchen. Bon 
demienigen Baum, um welchen Häufer ftehen, u. der beym 
Sturme deshalb fliehen bleibt, kann man nicht fagen, 

daß er feſte Wurzeln gefaßt Habe, fondern nur von 
dem, welcher auf freiem Selde ſteht, und der, wenn die 
Winde um ihn braufen, dennoch ſtehen bleibt. Die 
Zweifel ſind die uns erſchuͤtternden Stürme. Schlieſ— 
ſen wir uns vor ihnen ein, ſo ſtehen wir in Gefahr, 
unvermuthet uͤberfallen zu werden; haben wir uns 
nicht fruͤh dagegen verwaͤhrt, ſo werden wir zur Zeit 
des Sturms nicht ſtille ſtehen. Man loͤſe ſich deshalb 
fruͤh die Zweifel, denn wir ſind nicht in allen Zeiten 
in der Faſſung, ſie aufzuloͤſen. Es iſt nicht die rechte 
Zeit, wenn man erſt im uͤnglaͤck pruͤfen will, ob Gott 
auch fuͤr uns ſorge, ob er auf unſer Beſtes bedacht 
ſey; iſt man aber ſchon vorher uͤberzeugt, daß er un— 
fer Vatex iſt, jo wirft man ſich ihm zur Zeit der Leis 
den gleichfam ın feine Arme und —— es ihm, wie 
er es mit uns machen will. 


b) Eine richtige Erwaͤgung von VI. und VI. oben® 
S. 552 f. u. 567 f. fann ung alle Zweifel an der ıc. 
benehmen. Dur beachte man eg, daß man nide 
von d Borf Wunder erwarten und fie fid 
fogleich, als es der feidende oder derienige, 
dem Unrecht geſchehen if, hofft, für ihn ver- 
wenden u. ibm beyfiehen fol Man lerne von 
David in Keiden Gott: vertrauen und vom Abrah. das 
Liebſte aufopfern. Iſt uns etwas in der W raͤthſelhaft, 
ſo denke man, daß uns bey der Eingefchränftheit un⸗ 
ſers Verſt. nicht alles helle ſeyn koͤnne. Wollten wir 
Chriſtl. ©, Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. Ve Do 


‚578 V. 
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung Diefer Lehre, YA 


Gottes Reg. ganz erkennen, fo müßten wir Gott ſelbſt 
ſeyn. — Um diefes erfuͤllen zu koͤnnen, nehme man 
c) die Spuren v. d. goͤttl. Sürf ind Welt 
wahr. Wohnt Gott gleich in einem für ung un— 
Durchdringlichen Echte, fo fehn wir doch in unferm 
Leben von allen Seiten einen Schimmer feines goͤttl. 
Glanzes, und derſelbe ift ffarf und reigend genug, um 
durch Die Wolken zu dringen, die unfern Verſt. uns 
huͤllen und ihn verbergen. Man bemerfe nur die Zeit 
und den Drt, wann und wo jede Kraft wirft — die 
unerwarfefe Zufammenfettung der Miftelurfachen, die 
mannigfaltige Abänderung dieſer Zuſammenkettung, 
wie durch einen langſamen — faſt unmerklich fort— 
ſchreitenden Zuſammenfluß der Mittelurſachen eine uns 
in Erſtaunen ſetzende Wirkung entſteht — u. wie die 
Begebb. eine aller menſchlichen Klugheit unerwartete 
und unerklaͤrliche Wendung nehmen ; — fie eine ger 

ringe Mittelurfache gerade zu der Zeit wirkt, wo fie 
Anlaß zu wichtigen Umwaͤlzungen wird; — wie Die 
Hleinften Begebb. oft Dinge ausrichten, die ung ohne 
Wunder unmöglich fcheinen -— mie durch eine Zuſam⸗ 
menfettung von Urfachen Iafterh. Handl. zum Guten 
gelenkt, wie Anfchläge, ung unglücl. zu machen, ver⸗ 
eitelt und in beilfame verwandelt werden *). Man 
bemerfe auch die moralifchen Gänge der Dorf. — 
wie unerwartete außere Urfachen den M. veranlaf- 
fen, mider feine Abficht eftwag Gutes zu fhun, und 
etwas Boͤſes zu unterlaffen; — wie ung oft Gedan— 
ken überrafchen, die unfern Entfchließungen plöglich 
ai ganz andere und heilfame Richtung geben; Pf. 
3, 155 — wie weiße den boͤſen M. und ihren vos 
4J beiten die fchicklichfte Zeit und Graͤnze gefeßt wird; — 
wie Vergehungen, -Sehler und Laſter einzelner M. un— 
vermuthet zum Beſten des Ganzen augfchlagen; wie 
Tugendhafte gerade zur bequemſten Zeit, am fehicklich- 
fien Ort und im der beften Berbindung in der Weir 
auftreten; — wie oft die liſtigſten Anfchläge vereitelt, 
und gerade zum Gegentheil gelenft werden; mie bie 
feinfte Weltflugheit zur Eindifchen Thorheit wird; 





*) D. ©. Leß in f. or. Nel.- Theorie, Zte A. führt ©. 
374. Davon. einige wichtige geſchichtl. Bepfpiele an, 





V. 579 


Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung dieſer Lehre.) 


ia wie, wenn eg die Nbf. der 2 Vorſeh. erfordert, alle 
Begebb. der Welt ſich darnach fuͤgen muͤſſen, und wie 


alle ſelbſt entgegengeſetzte menſchl. Änſtalten das befoͤr— 
dern helfen, was fie verhindern ſolten, Hiob 9, 4 *). 


Wie oft werden Die, welche zum Berderben reif ind, 


won einem Schwindelgeiſt befa llen! u. ſ. f. — Achtet 


man auf die goͤttl. Vorſeh. genau, ſo findet man, wie 
uns dieſes oder ienes vermeinte Gluͤck würde geſchadet 


haben, und wie uns hingegen mancher Mangel und 
manches Bofe zum Mittel unferer Wohlfahrt dienen 
mußte! Bey einer folchen Anfmerff. auf die Spuren 


der Vorſ. im Laufe der Begebb. werden wir in dem, 


f 





was Unmiffende u, Gedankenlofe zufellu. Schick⸗ 
fal nennen, eme Uunſicht b. Hand gewahr werden, 
welche die menfchl. Augelegenhb. gleich Wafferbechen 
leitet und lenkt: Was uns dann noch dunkel bleibt, 
das wird uns einſt die Ewigkeit aufhellen. Dieſes 
Achtgeben auf die Spuren der Vorſ. iſt nothwendig, 
denn theils macht es den Gl. an die Vorſ. bey uns 
lebhaft und wirkſam, theils ſetzt es ung in dem 
Stand, auch Andere in diefem Glauben su ſtaͤrken. 


d) Man muß aan SI. fo feſt bey fich begründen, daß 


er durch Feinen Vorfall, felbft nicht bey langwierigen 
Leiden, ſelbſt nicht beym Anblick unfchuldig Leidender 
aufhöre. Man balte unerfchüsterlich feſt an diefem 
Glauben, denn — aa) langwierige Leiden find 
nicht fehr haufig, find nicht immer ganz unverſchul⸗ 
det, und fie find nicht ohne mannichfaltige Erleichtes 
rung. Bol. Magaz. f. Pred. Xlr Th. Rr. 27. ©. 
299-305 3 „Rechtfert. Gottes wegen langwieriger Lei— 
den“ uͤb. Ev. am 24 S. n. Tr. — bb) Sieht man 
auch Andere fo aubaltend und fo fehr vieles leiden, 
daß es fiheint, als ob die Vorfehung recht eigentlich 
fie zum Elend beftimme habe, fo muß man’ doch dabey 
denken: a) daß es uns an deutl. und vollſt. Begriffen 
vom Innern Zuſtand folcher M. fehle; — 4) daß Die 
&füeklichen nichts von Belange vor den Ungluͤcklichen 
voraus haben, und — y) daß Gluͤckliche und Unglück. 


& z 2 _ 








*) Auch davon führt Lef a. a. O. ©. 375. 76. verb. mit 
©. 376.. Ann. einige Benfpiele anz vgl. Lange und 
Schöner Vorſchr. des vern, Chriſtenth. ©, 2 —— 

o 2 


— — — 


580 V. 
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung dieſer Lehre.) 


einſt an einem großen Ziele zur ewigen Gluͤckſeligk., 


- zur Gemeinfeh. mit Gott, Jefus und allen Seligen 


zu ſammentreffen werden; vgl. Mag. f. Bred. ri. 
Tr. IX. ©. 95-105: „mie man die hartfcheinenden 
Schick. anderer M. beurtheilen muß, um in ſ. Glau— 
ben an die Vorf. nicht irre zu terden, über I Theſſ. 
4, 13⸗17 oder Ep. am 2 


3) Weil die Lehre ©. d. goͤttl. V. fo wichtig. für uns 
ſere Rel., für unfer Leben und unfere Ruhe iſt: fo 


müffen wir billigdanfbargegen Gottſeyn, 
theils wegen der hellen und gewiſſen Erk. von dieſer 


Lehre, theils wegen der guͤtigen weiſen Leitungen 


Gottes in unſerm Leben. Sind wir gluͤcklich, geehrt, 


geſund, beguͤtert; ſo erkenne man, wie das alles von 
Gott herkomme. Man haͤlte ſich nicht fuͤr den Urhe— 


ber feines Gluͤcts. Man iſt das fo wenig, als der 
Urheber unfers Dafeyns. Sind wir auch für unfer 
Wohl ehatig, fo find wir es nur durch Gottes Bey- 
fiand. Ihm verdanfen wir unfer Seyn und alles 
Gute. Er thut ung immer Gutes. Unfer Danf höre 
alfo auch nicht auf.  Derfelbe darf fich nicht in un» 


° ferm Herzen verfchließen. Nein, unfer Leben müffe 


Gott preifen. Man freue fi), daR man unter Gott 
ſteht; denn er ift der Weifefte, Mächtigfte, Gütigfte u. 
Vollkommenſte. fe großer und volfommner aber der- 
ienige ift, welchen man unterworfen ift, defto mehr 
fann u. fol man fich über einen folchen u. fo großen 
Herren freuen. Denfe eg dir, Ehrift: er ift auch dein 
Herr, Dein Megierer, ift auch dein meifefter, gütigfter 
und vollfommenfter Gott, der alles lenkt und regiert. 
Da die ewige Zürf. auch an dich gedacht und dir 
in der prachtvollen Welt der Kebenden auch dein 
Dafeyn u. Leben zu deinem Wohlfeyn beftimme hat — 
da auch für dich die Natur gefchäftig ift: — fo 9% 
nieße auch’d u das viele Gute, was du am keibe, an _ 
Gefundh., Bildung, Sinnen, Kräften und dem Geifte 

nach, an Verſt. Gedachtniß u. f. m. befigeft, nie un: 
empfindlich, Sieh es als Gaben Gottes, deines Schoͤ— 
pferg, an. Werde dadurch zur Erfüllung der Abſich— 
ten Gottes gerührt *). Wahrlich der Gott, der ung 





*) Vgl. Reimarus a. a. O. 5. 9. ©, 694:96. 


V. 581 
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung dieſer Lehre.) 


fkennt, uns alle und alle feine Geſchoͤpfe liebt und un— 
ſere Schickſ. mit weiſer Guͤte zum Beſten leitet, ver— 
dient unſere Gegenliebe. 
4) Man vertraue, weil eine goͤttl. Vorſ. iſt, Bett⸗ 
| * beruhige ſich durch den Gl. an dieſelbe in Leiden, 
I Betr. 5, 75; Bf. 37, 5. Denn a) wenn Gott die 
ſorglos herumfliegenden Vogel dennoch ihr Futter fins 
den läßt, wie vielmehr wird er dann uns M. die wir 
vor allen Erdengefchöpfen fo hohe Vorzüge haben und 
für eine ewige Daner beftimmt find, verforgen, und 
ung zum Glüde leiten! Wir müffen alfo fo wenig 
aͤngſtlich wegen unſers Unterhalts als auch wegen der 
glückl. Entwickelung unſerer mißlich ſcheinenden Schickſ. 
bekuͤmmert ſeyn, und nicht gar zu aͤngſtlich fuͤr unſer 
Gluͤck ſorgen. Die Vorſtellung: Gott, der das Ganze 
weife und gütig beherrfcht, wırd auch mich zärtlich 
verforgen, bewege ung, recht herzlich auf ihn — auch 
in Leiden zu vertrauen. Man überlaffe dag Zulünf- 
tige, was man weder vorherfehen noch ändern kann, 
dem großen Weltreg. unbeforgt, und hoffe das Beſte. 
Will er ung leiden laffen, fo glaube man an den Rus» 
zen der Leiden. Man denfe bey allen feinen Unterneh 
mungen an ibn, oder befehle ihm feine Wege, Jac. 
4 13216. man beforge gefroft und mit Freude feine 
Angelegenheiten. — Wie wohl ift man daran, — wie 
ruhig, wenn man Gott vertraut. Wie verfügt dag 
Gottvertr. iedeg Gute, welches man genießt. Es ıf 
ein Stand» haltender Felſen. Weg mit allen zerbrechl. 
Stuͤtzen: Verftand, Keichth., Familie, Gefchieflichfeit 
und Stärfe, ihr feyd nur ein wanfender Rohrſtab, auf 
deſſen fcharfer Spitze — die Ruhe — die Hoffnung 
bluten: — b) Man denfe e8 fih in Leiden, in 
Krankh., bey Armuth, bey erfahener Treulofigfeit, 
Salfchheit, Unbeftandigfeit und Unger. Underer, bey 
Berkennung, Verachtung und Verfolgung — während 
der empfindlichften Schmerzen lebhaft: „Sort iſt nahe 
allen feinen Gefchöpfen ;? man kann verſichert feyn, 
daß er uns bey der Menge von Gefahren, womit wir 
durch Natur, M—willführ bedroht find, beyſtehen 
will, weil er ſie weiß u. fein Geſchoͤpf nicht verſaͤumt, 
und beyſtehen kann, weil er allmaͤchtig if Man 
denfe es, daß er mie ein Leiden unfere Kräfte übers 


/ 


582 V. 
Vorfehung, (die goͤttl. — Anwendung biefer dehre.) 


ng läßt; Matth. 6, 25 f.5 10, 29. 30; I Cor. 10, 
13; Ef 41, 10; Ebr. 13,5 
Man darf nie der —* Norf. gleichfam von vorne 
her ——— und beſtimmen, wie ſie handeln muͤſſe ſe, 
Eſ. 55, 8. Man muß ihr nicht unſere Art, wie wir 
etwa handeln würden, unterfcehieben, nicht nach menſchl. 
Schwachhh. und Unsollf. die Abfichten Gottes beur—⸗ 
theilen. Man muß vielmehr Gottes Gang mehr auf- 
ſuchen, als ihn vorher beflimmen. Denn wie wenig 
ift ung bekannt, wie thericht find oft unſere Wüns 
fehe, wie eitel die Entwürfe, die wır machen! 
5) Man fuche die Borf. nicht bios in ungewöhnlichen 
und außerordentlichen Ballen, fondern in dem gewoͤhn— 
lichen Kaufe der Natur, oder man glaube nicht, daß 
die Vorſehung Ausnahmen von der einmal gewählten 
Ordnung der Dinge mache, ihre weifen Gefege auf: 
hebe, Wunder verrichte und ihre weiſe goͤttliche Kath 
fchlüffe veröndere. Man gewehne fih, nicht blog da 
Gottes Vorfehung zu erfennen, wo fich etwas nach) 
ungewehnl. Urfachen und Gefegen zutraͤgt, ſondern 
man glaube, daß e8 ber gott. Weish ſehr gemaͤß iſt, 
die vorhandenen Mittel gu feinen Zwecken gu benutzen. 
Es fommt ia nicht auf das Vertrauen der M. und 
deffen Stärfe an, um eine unmittelb. Häülfe Gottes zu 
‚ erlangen, und e8 wird fein fefter Glaube Wunder zu 
unferm Beſten bewirken, oder wohl gar uns ſelbſt 
MWunverfräfte verfchaffen können. Dazu berechtigt bie 
h. Schrift uns nicht, fie heißt ung mohl auf Gottes 
Beyſtand trauen, fie fagt uns Gottes Hülfe zu, ver— 
- fihert ung aber nirgends eine Unterftüßung durch 
under, f. oben d. Art. Allmacht Gottes, IV. 
iv Th. ©. 103 und Regierung Gottes, IV. 4 
ar Th. S. 342. 
dan gebrauche vielmehr die gehoͤrigen 
Mittel, Weish. 14, 3-5. Gott hat zwar dem M. 
feinen Beyſtand verheißen, - aber nicht ieder Faule, 
Saumſelige, ——— und Leichtſinnige kann ſich 
dieſe Zuſage zueignen. Der Traͤge, Betruͤgeriſche und 
Ungerechte Tann ſich —* Gottes Beyſtand verſprechen, 
welcher blos demienigen zugeſagt iſt, der bey der Ber: 
richtung f. Geſchaͤfte treu und redlich iſt. Der Muͤſ— 
fige und Traͤge kann ſich den verſprochenen Gegen. 


\ 


; A a 83 
Borfehung, (die görtl. — Anwendung dieſer Lehre.) 


der Arbeit und der redl. Bemühung, gut in der Welt 
fortzufommen, unmoͤglich zueignen oder verfprechen ; 
dieß kann nur allein der Rechtſchaffene. Man muß 
alſo nicht die Bedingung verſaͤumen. Ueber das Ge— 
rede Vieler: die Vorſehung wacht fuͤr den M., darf 
der M. nicht ſchlafen. 
6) Man ſchreibe nie das auf die Rechnung der Vor⸗ 
fehung, und fehe nie das ale eine unmittelb. Wir: 
fung verfelben an, weg feinen naͤchſten Grund im Ver: 
Halten des M. ſelbſt bat. Der Kranke, welcher ſich 
ſelbſt die Leiden zuzog, darf nicht die Vorſehung an— 
klagen. Sie ſchickt ihm ſ. K. nicht ne nd zu, 
er felbft hat fie durch fein vorhergehendes Verhalten 
veranlaßt. Der, fo feine Sr. verwahrloft, iſt die 
nächfte Urfache davon. Der Verſchwender klage fich 
ſelbſt an als die lirfache feines fehlechten Schickſals. 
uf der andern Seite ſehe man aber dasienige, was 
Gott fhut, nicht an, als haften es M. gethan, —8. 
daß der, welchem ein großes Ungl. wiederfährt, ein 
großer Sünder ,:8509.:97 2.37 ie 13a 35 


- Alles als ein Werk der Vorf, darfiellen, heißt ten Unaufgeklaͤrten in 
‚ein Labyrinth von Zweifeln verwideln. 


2 Spt der GI. an die Vorfehung an ung feine ganze 
wohlthaͤtige und beruhigende Kraft äußern, fo muß 
man fromm und rechtfchaffen zu werden fuchen, ober 
fih zur GSittlichkeit erheben. Denn wenn wir unun— 
terbrochen unter der genaueften Aufficht Gottes ſtehen, 
ſo muͤſſen wir alle — Geſinnungen, alle boͤſen 
Abſichten und ſchaͤndl. Thaten meiden. Wer es weiß, 
daß Gott unſere Shaten kennt, und alles Boͤſe be— 
ſtraft, daß der M. ieden A—blick unter feiner Aufſicht 
ſteht, muß fromm ſeyn, oder redlich vor Gott wan— 
deln. Dann kann man ſich auch Kraft zur Verede— 
lung des Herzens von ihm verſprechen. Verlebt man 
auch — der Welt unbekannt, fromm ſeine Tage, oder 
Tann man das Gute, was man gern ſtiften möchte, 
nicht zu Stande bringen, fo kennt ung doch Gott, u 
man kann dem. ſeinen Lieblingen vorbehaltenen — 
entgegen ſehen. — Wie koͤnnte man aber, wenn man 
ſich dem Laſter ergibt, auf Gott hoffen?! 
S. Gierig a. a. D. ©, 5-7. | 


584 V. 
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung dieſer Lehre.) 


8) Der Gl. an — — bewahre uns vor allem Uebermuth. 
a) Unſer Gluͤck, das Gelingen unſerer Arbeiten, der 
Fortgang unferer Unternehmungen lege man nicht un⸗ 
ferer Klugheit und DBetriebfamfeit allein, fondern zus 
gleich der mohlthätigen Verbindung der Umftände, den 
güfigen Zeitungen des Weltregenten bey. Man bilde 
fih nichts ein, fondern fühle ſtets feine Abhängigkeit 
von Gott. Was wir fuchen, wolle man bey ihm und 
durch ihn fuchen; was wir unternehmen, wollen wir 
nach feinem Willen anfangen, und nicht glauben, daß 
wir allein etwas durch ung felbft erringen, Vergl. 
Pfranger’s verm. Predd. gr Ih. Ne 2. ©. 98= 
107: Gottes Fuͤrſorge fuͤr uns als der dringendſte 
Beweggr. ung zu demuͤthigen ec. I Betr. 5,7. — b) 
Ale M. fiehen unter Gottes Borf. Dieß flöße ung 
Achtung gegen die Geringften unter unfern Brüdern 
ein, um fie, die auch Gegenſtſt. der genaueften Surf. 
Gottes find, edel zu behandeln. Wir dürfen fie nicht 
verachten, ſtolz mißhandeln, untertreten 2c. denn fie 
haben ihre Geburt und ihren Stand fo wenig waͤhlen 
fönnen, als wir unfer Dafeyn und unfern Nang un 
ter M. vor unferer Geburt gewaͤhlet haben oder un— 
ſern Verdienſten beymeſſen fünnen. Hat ung Gott 
über fie erhoben, fo danfe man ihm, aber man laffe 
e8 ihnen wie fehmerzlich fühlen, daß man über fie er— 
höhi if. Sind wir aber unter unfere Mitm. ernie- 
drigt, fo werde man nicht darüber unmillig. Gott 
wußte beſſer, was uns erſprieslich ſeyn wuͤrde, als 
wir ſelbſt. Man ehre ſie näch Gottes Willen, ſey in 
feinem geringern Berufe zufrieden und ſtill, und ar— 
beite unermuͤdet zum Beften der Welt. Dann ift man 
in der Stille groß. i 

Vol. Martinis Predd. nach bibl. Grundſ. 1797. 
Kr. 4: vom Derhalten des Chriften gegen die Vorf.; 
Ammon's Nel.Dortrage 38 Banddh. Nr. ı. ©. 8% 
23: die Sruchrbark. d. hr. Betrachtt. über die gottl. 
Vorficht (Vorſehung) bey großen Weltbegebenhh. 

Ueber I— VII. vol. Softer’8 Reden üb. wicht. 
MWahrbh. dv. hr. el. zer Th. Nr. 13 und 14. ©. 
286 f. u. 302: f.: „Betr. uͤb. d. Lehre v. der beſond. 
Surfehung ;“ Goͤtze nügl. Alferley, ır Th. Nr. 24: 
„uber die Borf. Gottes, weiche alle Umftft. fo gut zu 


Ps 


f 


V. W. 585 
Woeſorge Wahrhaftigkeit Gottes. 


gebrauchen weiß;“ Dahlenburg's Philoſ. u. Rel. 
zr Th. S. 394 f.; Salzmann's Gottesverehrr. 
te Samml. Nr. 46. ©. 101-115; (G. Gefners) 
Morgenftunden sc. 1797. ©. 9:23: „über Vorſ. und 
Glaube an diefelbe;“ 8 9. Jacobs verm. philof, 
Abhh. aus d. Teleologie, Yolik, Rel.-Lehre u. Moral, 
Halle 1797. Nr. 8. ©. 257:Ende ; „Ariſtaͤus, oder uͤber 
die Vorſehung,“ ein — Geſpraͤch; Große Glaube 
und Dfl. des Chr. 1795. ©. 94 ff.: Es ift e. Vorf., 
die alles regiert, — ebend ©. 103:112: ‚daß 
fich. die goͤttl. Vorſ. auch auf die geringfts n Vorfälle 
des wi Lebens erſtrecke;“ Wagnitz Rel.-Lehre 
BB. hr. 38; ©. 295 f-5 Rr.:40. ©: 318 ff; 
a, BEER: 42 5: N. ©. 
339 f.; Rr. 46. ©. 356 7.3 I 749.: SG; - 400 f.5 Nr. 
ER FZEE Zr f. und Nr. 4. G. 
Ge 
Vorſorge (Fuͤrſorge) Gottes, Pf. 145, 15. 16. 
Iſt die Erhaltung der lebendigen Geſchoͤpfe, fo weit 
febuns dazu mitwirkt. S. Erbaltung und Vor— 
e 
Val. race 8 Pred.-Entww. üb. d. Ev. Texte 
1798. ©. 245 f. „Gott ſorgt als Vater var — M.“ 
üb. d. Ev. am 15 ©. n. Te; D. Sr. PB. Rein» 
hards 1798 geh. Predd. ır B. Sulzb. — Tr. 4. 
©. 65:80: vern. achdenfen über die Wunder eines 
hoͤhern Schußes, die tägl. mit ung vorgehen, im 
ping in Polis Darſt. d. Reinh. Echrf. ır Th. © 
492 f. 


IB, 


Wahrheit (Verdienfte Jeſu um die religiöfe Wahr- 
heit der M.) f. Sefus. UL. 1. 2. zr Th. © ©, ı7ı f. 

Wahrhaftigkeit (Treue) Gottes, IV Mof. 23, 
19; 1 Sam. ı5, 29. (über diefe beyden Stellen 
vgl. man Exeget. Handb. der bibl. Beweisſtellen 

v. d. Dogm. 2r Th. ıjte Abth. ©. 170 f. 172. 


586 I W. 
Wahrhaftigkeit Gottes, (mas iſt dieſelbe?) 


Das oben im Art, Unveraͤnderlichkt. Gottes Sefaste ie mit 
diefen Art. zu vergleichen, 

©. Döderfein’s inft. Th. chr, E: . 5. 94 ©. 349 7353; 

deſſelben Rel.-Unterr. IH. V. S. 97. ©. 163:176; Eder 
mann’s Handb. or B, ©, 326: 40. 

„Wahrhaftigkeit (Gottes) if, fo weit es ein moral, Begriff ift, 
‚Schon in der Heilige. enthalten, aber Feiner beſtimmten prakt. 
„Erklaͤrung, als Praͤdicat der Gottheit fähig, und Eeine eins 
„zelne Thatſache darf daraus beftinumt, oder darnach beurtheilt 
„werden, Die Zheol. haben gerade dieſe einzente menſchl. 
„zugend beſonders angeführt und Gott beygelegt, blos um. der 
„Offenb. willen, in welcher Abſicht man biefen Begriff nöthig 
„zu haben meynte. Gie ift das Verhaͤltniß der goͤttl. Heilig⸗ 
„keit zur Wahrheit, als einem Zweck vernünftiger Weſen.“ 
C. C. € Shmid’s Verf. einer Moralphiloſ. Ste U. Tena 
1795. gr. 8. ©. 381. 82. Freilich if nach die Wahrh. Got⸗ 
tes nicht als eine befondere Eigenſch. Gottes anzuſehen, ſon⸗ 
dern in der Heiligk. und Gerechtigk. Gottes enthalten. Allein 
eine iede Eigenſch. Gottes ift nicht als etwas Getrenntes oder 
für ſich Beſtehendes anzufehen. Iſt nicht die Gerechtigk. Got⸗ 
tes auch mit ſeiner Heiligk. eins und daſſelbe? Freilich iſt es 
nicht gut, die Eigenſchaften Gottes zu vervielfaͤltigen und da— 
von eine gar zu lange Reihe darzuſtellen; aber welcher M. 
vermag alle Eigenſchaften Gottes in deutlichen Begriffen zu 
gleicher Zeit ſich vorzuſtellen? Ueberdieß iſt eine beſondere Bez 
lehrung uͤber die Wahrhaftigkeit wegen Nr IV, (untem ſehr 
wohlthaͤtig. Die W. iſt doch eine nähere und beſtimmtere 
Aeußerung von f. Heiligkeit, 

Han kann dieſe Eigenfchaft Gottes auch als eine andere Benen⸗ 
nung der Allgüte Gottes betrachten. Gott bleibt nämlich in 
ſeiner Liebe unveraͤnderlich. 


J. Was iſt die Wahrhaftigkeit (Auverläfigkeit) 
Gottes? 


Wir M. nennen dieienige Perſon wahrhaftig, 
welche redet, was wahr. ift, dabey bleibt und deren 
ſaͤmmtliche Aeußerungen (Reden) mit ihrem Gedanken. 
und Geſinnungen ubereinftimmen, und welche zuver— 
laͤßig in ihren Verſprechungen ift. Dieß ift auch der 
Hall in Rucficht Gotte2, nur daß Gott unendlid 
über alles, mas in unferer Sprache wahrhaftig und 

zuverlaͤßig heißt, erhaben iſt. Gottes IB. und Unver: 
anderlichkeie ift demnach die Zuverlaͤßigk. in feinen 
efehrungen, Berficherungen, Borfchriften, in feinen 
Verheißungen und Veranfaltungen. er har das voll- 
kommenſte Wohlgefallen an Wahrheit. 


| W. | 587 
Wahrhaftigkeit Gottes, (was ift diefelbe?) 


1) Gottes Belchrungen find untrüglihe Wahrheit und 
fie ſtimmen genau u. guverläffig mit f. untruͤgl. Wif- 
fen überein. Es iſt unmoglich, daß er ung in f. durd) 
die Dffenb. ertheilten Unterricht in Irrthum ſtuͤrzen 
Ze 883 ob. 17, 17; Sin, 2):— 
Sein Unterricht enthäle Feine Unwahrheit und feinen 
MWiderfpruch, Ebr. 6, 18; Df. 33,4. Wenn er den Di. 
etwas zu erkennen gibt, oder ihnen feine Meinung auf 
irgend eine Ark anzeigen läßt, daß etwas fo fey, oder 
daß er fo und nicht anders geſinnt ift, oder daß. ex 
Diefes oder ienes gethan, dieſes oder ienes vermieden 
Haben wolle, fo ift eg auch iedesmal wirflich fo, wie 
er 28 anzeigen ließ. Von ihm ift nur reine Wahrheit 
zu erwarten; auf feine Belehrungen kann man fic) 
feſt verlaffen. Da er immer fo handelt, wie er es u. 
zwar immer gut mit ung meint, fo kann man Gott 
auch Aufrichtigfeit, und da er bey feinem Berfahren 
gar feine unvechtmäßigen Mittel anwendet und fo ver— 
fahrt, alg man erwarten Fann, auch Redlichkeit bey— 
legen. | 
2) Alle feine Berbeiff. und Zuſagen, d. h. alle 
feine Erklärungen über das, was er von Emwigf. ber 
zu thun Willens gemwefen ift, und alle menfchliche — 
in einer richtigen Erfenntniß Gottes und f. Willens 
gegründete Erwartt. u. Hoffnungen zu und von Gott 
und f. Güte, zu welchen M. durch ihren Verſtand und 
ihr vernuͤnftiges Nachdenfen oder durch den Unter» 
‚richt anderer M. erweckt worden find; deggleihen 
f. Drohungen und Strafen — find gewiß. 
Er hält und erfülle f. Verbh. und Drohungen zur 
rechten Zeit pünktlich. Sie werden wahr. Sein Vers 
fahren ſtimmt mit feinem Willen überein, IV Mof. 23, 
19; Pf. 33, 45; 1 Sam. 15, 19; Ebr. 4, 14; & 1855 
II Kor. 1, 18:20. Deswegen beißt Gott treu, oder 
ihm wird Treue (die dem Wankelmnth u. der Veraͤn— 
‚derlichkeit nicht blog in der Liebe, fondern in den Zu— 
„jagen entgegenftehe) beygelegt, Nom. 3, 3; I Kor. 1, 
9.10. 135 U Sor. 1, 185 1.Sheff, 5:24; II Sheff. 
3,2; 11 Zim. 3.135 Ebr. 10, 23. Gottes Treue 
ift die Genauigkeit in Erfüllung f. ZJufagen, 1 Tim. 
2, 13. Man fann Gott deshalb auch rechtfchaffen 
nennen; denn feine Handl. ſtimmen genau mie feinen 


588 | W. 
Wahrhaftigfeit Gottes, (was iſt dieſelbe?) 


- Morten überein. Sein Wollen ift unveränderlich. 
Er Hält über fein Wort und über die einmal zu uns 
ferm Heil fefigefeßfe Ordnung. Er bleibt immer der- 
felbe Gute und Heilige, der den Bund und Barmher: 
zigkeit halt. „Wir M. miffen vieles nicht, was Gott 
„von Ewigk. gewollt babe, oder wir wiſſen es nur 
„wahrſcheinlich und vermuthen eg nur. Um zu wiſ—⸗ 
„ſen, daß es fein Wille — und zwar von ieher ge— 
„weſen ſey, dieſes oder ienes (an uns) zu thun, bat 
per 1 ch über viele Dinge wortlich erklärt, er hat es ° 
„verheißen, daß etwas gefchehen folle u. werde. Die 
„it von €. her fein Wille geweſen. Es laͤßt fe) ° 
aber feine augsdrüdiiche Verheißung Gottes 
„denken, als die mit Worten auf eine dem M. faß⸗ 
„liche Ark gefchieht. Daher enthalt die Offenb. durch 
„Worte gegebene ausdrückliche Erflärungen Gottes 
„uber dag, was er thun werde, d. h. ne 
„Jede Verheißung hat die Erflärung bey fich: ich 
„werde es thun, oder ich werde dag, was ich ver- 
heißen babe, halten. Bey Gott flimmen Neben und 
„Thaten mit einander — er ift wahrhaftig — 


Daß ſich Gott iedesmal bey ſeinen Aeußerungen nach den iedesmali⸗ 
gen Umſtaͤnden, Faͤhigkeiten, Schwachhh. und Vortheilen der 
Geichöpfe bequemt und weile herabgelaſſen, und ſich nach 
den unſchaͤdlichen Vorſtellungen der M. gerichtet habe, ſtreitet 
keinesweges mit dieſer Eigenſchaft. Gott kann daher, wenn 
es die Wohlfahrt der Geſchoͤpfe erfordert, manches verſchwei—⸗ 
gen, manches zweideutig und unneftiimmt ausdruͤcken, und fich 
in allen Stuͤcken wie ein weifer Erzieher gegen feinen Lehrs 
ling verhalten. Auch dadurch wird nidyt Gottes Wahrhaftige. 
aufgehoben, daß er bedingungsweife gegebene Verfündigungen, 

vobungen und Verheißungen bey dem Ausbleiben der Bedin— 
gung nicht erfüllt oder vollzieht, Ier. 18, 75 Jonas I; 3,10. 
desal., daß er willkuͤhrl. Gefege abändern lieb. Deshalb, daß 
er Verh. nicht erfüllt, Drohh. nicht vollzogen bat, folgt nicht, | 
dab man annehmen dürfe, daB ihn etwas g ereuet babe, und | 
daß fein Wille wandelbar ſey. Diefer freilicd im a. T. cl Moſ. | 
6, 5. 7. und a. a. D.) vorkommende Ausdr. ift uneigentlich 
zu nehmen, Es wird dadurch Gott nicht die unangenehme | 
beunrubigende menſchl. Empfind. der Reue bepgelegt, fondern 
dadurch folhe Wirkungen bezeichnet, welche die Neue bey deu Ä 
M. bat, Gereuet biefen eine Handl., jo fuchen fie die Folgen 





= gu — — 


a a ke a NG 





*) Morus Borlef. über d. theol. Mor, 2 B. ©, 145, 


W. 589 
Wahrhaftigkeit Gottes, (Beweiſe für Diefelbe.) 
davon wegzufchaffen, zu entfernen, zu zerfidren, fie auf irgend 
eine Art, wenn und fo viel fie Eonnen, aufzuheben, z. B. 
I Divf. 6, 6. beißt fo viel, als: ich werde die M. umkommen 
laffen, wie dieſes auch V. 7. fiebt. Man beachte dabey ten 
finnt. Ausdruck der Borwelt, wornach fogar reuen durch 
beſeufzen gegeben ward. 

In der Kindheit dachten fi die M. die Vorſ. nicht mit der Vor— 
ſtellung d. allg. Vorherſehung und ewiger Rathſchluͤſſe. Sie 
maßen die Gottheit nach ihrer Schwachheit ab, denn bey uns 

M. erfolgt der Wille nach und nach. Sie nahmen bey ieder 
Berand. in d. Nat, und im Mleben auch Veraͤndd. in Gott 
en. Sn bald fie das Vorhergehende zerfiört u. ihre Erwartt, 
nicht esfält fagen, nahmen fie eine Neue in Gott an. — — 


II. Bemweife für die Wahrh. Gottes. 

ı) Schon bey ung M. ift in unferer Seele unläugbar 
ein MWahrheitsgefühl vorhanden. Wir Haben eine 
Abneigung gegen alles Zalfche und Berrügliche. Wie 
vielmehr muß dieß bey dem vollfommenften Wefen 
feyn. Uns M. gereiht e8 auch fhon zum Nuhme, 
wenn man ehrlich, freu — wahrhaftig ift, wie viels 
von muß Gott auf das vollfommenfte diefe Eigenſch. 

aben. 

2) Die ganze h. Schrift bemeift die fefte Ueberz. ihrer 
frommen Verfaſſer von diefer Eigenſch Gottes. Sie 
feßt überall die in derf. vorgetr. Mel.» Kehre, deshalb, 

daß fie Lehre von Gott ifl, als untruͤglich- wahr dem 
Sirrtb. anderer Voͤlker entgegen. Es ift auch mit der 
richtigen Gorftellung von Gott der Gedanfe, daß er 
uns täufchen fonne, unvereinbar. Er als der Aliwif: 
ſende muß alle Wahrheit untrüglich Fennen. Er will, 
daß wir ung um richtige Erf. bemühen und Wahrh. 
von Irrth. unterfcheiden follen. Denn dazu gab er 
uns Verſt. und Vern. Iſt uns wohl dieſes Vermoͤ⸗ 
gen zwecklos mitgetheilt? Dieß ſtritte mit ſ. Weisheit. 
Durch die Vernunft befiehlt uns Gott 
wahrhaftig zu ſeyn! Er gründete das gegenſei— 
tige Zutrauen, die brüderl. Vereinigung unter einan— 
der auf die Pflicht der Wahrhaftigk., ohne deren Er- 
füllung die Sefelieh, nicht beftehen und nicht glückl. 
feyn kann. Wie konnte man alfo annehmen, daß er 
nicht wahrhaftig fen? 

3) Es hat Gott von allem dem, was bey ung Unwahr- 
"beit und Unzuverlaͤßigkeit veranlaßt, — an ſich. 


⸗ 


0 
Wahrhaftigkeit Gottes, GBeweiſe für diefelbe.) 


Wenn der M. die Unmwahrh: fagt: fo thut er dag 
nicht immer aus Abficht, fondern weil feine Erf. von 
etwas irrig iſt. Deshalb find auch f. Ausfagen da— 
von unrichtig. Sagt kemand die Unwahrb. wider f. 
beffere Erf. v. d. Sache, um vorfägl. zu lügen, fo 
hat er entweder Wohlgefallen an der Unwaährheit, 
weil er einmal fo bögartig ift und das Unwahre ihm 
gefällt, (dieſer Fall ift felten) oder um für fich einen 
Schaden, welchen er befüicchtet, zu verhuͤten und ab» 
zumenden, oder um fich einen Vortheil dadurch zu 
verfchaffen, welchen er. auf eine rechfmafßige Ark. niche 
glaubt erhalten zu Finnen. Allein bey Gore finden 
alle diefe drey Falle nicht flat. Er ift almiffend. 
Als ſolcher weiß er, ohne zu irren, alles, was fahr 
ift, und irrt nie. Er als der Aliheilige muß dag Un- 
wahrheitfagen an fich felbft als Bofe und Unrecht 
halfen. Als der Allgutige will er die Wahrh. fagen 
und als folcher kann er nicht feine Geſchoͤpfe taͤu— 
fhen. Als der Allmächtige Fann er Wort und Glaus _ 
ben halten. | 1 —— 
4) In Ruͤckſ. der Verheißungen und Drohungen findet 
Gottes Wahrh. deshalb flatt, weil a) alles, was er 
zufagt, ſchon in den Gefeßen der Natur aller Dinge 
u. unferer eigenen geiftigen Natur gegründet ift, welche 
Gefeße — recht verftanden — allerdings zuverläßig 
find. — b) Alle Verheiſſ. und Drohh. Gottes in der 
heil. Schrift find gegründet auf die fefte Ueberz. von 
Gottes Gute, Heiligf., Gerecht. und Alm, als auf 
unmwandelbare und in Goft von einander ungertrenn- 
liche, und in der vollfommenften Webereinfiimmung zu 
denfende Eigenfch., nach welchen Gott gewiß die 
möglichft größte Gluͤckſ. des M. auf dem Wege der 
Zugend wolle. Alle befondere und einzelne Verhh. 
und Drohh. Gottes in der h. Schrift find Anwen» 
dungen ienes allg. Nel.- Ölaubens an Gottes MWelt- 
regierung nach heiligen, weifen und gütigen Gefesen, 
Anwendungen derfelben auf einzelne M. oder auf- Ge— 
fellfchaften von M. und auf einzelne Schickſale ber- 
felben. — ce) Die Gefchichte erweifee und beftätigt 
Gottes Wahrhaftigk. in f. Berheißungen auf vielfache 
Art. Man vdenfe an die Gefchichte Abrahams und 
offer f. Nachkommen, was ihnen zum Voraus ver⸗ 





m: 591 
Wahrhaftigkeit Gottes, (Beweiſe für diefelbe) 


heißen wurde, und mie den Juden dieſe Dinge von 
Zeit gu Zeit gewährt wurden. Traf dag, was die 
Propheten andern Völkern zum Boraug geſagt haben, 
nicht ein? Lieſt man die Gefch. der Perſer, Chaldaͤer, 
Aſſyrer und and. Voͤlker, fo findet man, daß das Wir 
der Edom u. Moab, für Cyrus (Eores) und die Per— 
fer Borausgefagte zugetroyfen if. Den Apofleln war 
vorhergeſagt worden, daß fie durch Ausbr. der dir. 
el. in allen Erdgegenden ein großes Werk anfangen 
und fortführen würden. So, mie es ihnen voraus— 
geſagt wurde, fraf e8 ein. Gie würden, hieß es, aus 
einer Stadt in die andere getrieben, vor Könige und 
Obrigkeiten gezogen werden, um des Namens (Lehre) 
Chriſti willen. Das gefihah genau. Das Leben Jeſu 
beſtaͤtigt es, daß alles, mas er vorausgeſagt hat, 
wirklich erfolgt if, 3. B. daß er leiden, gemißhandelt, 
fterben werde. Diefe Thatfachen im der Gefchichte bes 
ftötigen den Satz: Gott ift wahrhaftig und thut auch 
das, was er verheißt. Wenn denn nun Goft im AT: 
‚gemeinen verheißen: ich will dich nicht verlafe 
fen noch verfäumen, ich will für dich forgen, fo 
muß man denken, daß diefe Verheiß. von bemfelbigen 
Gott komme, deſſen Unveränderlichk. in ſ. Verheiß. 
durch die ganze Geſch. beftätigt wird. Man gebrauche 
nur fleißig die h. Schr. zu ſolchen Folgerungen. Nach 
Rom. 3, 26. hat Gott die ſtaͤrkſten Broben f. Zuver— 
Lößigfeit gegeben. — d) Die Erfahrung beftätigt 
Gottes Wahrhaftigf. in feinen Verheißungen. Dabey 
kommt es auf die Fragen an: „haben wir nicht immer— 
fort Antheil an den Gütern diefes Lebens gehabt? 
haben wir nicht immer eine Art des Fortgangs unfe> 
rer Befchäftigungen, — Spuren der DBorfehung be> 
merft ?“ Sind es nicht wahre Worte für ung: „es fol 
Guten — Soft Suchenden nicht gänzlich an Gütern 
fehlen; fie ſollen Gottes Hülfe u. andere Beweiſe feiner 
Wahrhaftigkeit erfahren?” Muͤßten wir dieß in unferm 
Leben aus deutlichen Borfallen bezeugen; fo muß das 
in ung das Vertrauen erwecken, daß Gott auch ferner 
feine Verheiß. erfüllen werde. — Wo iſt der Fall, 
dag man in Gottes Unterricht einen ermeisl. Irrthum, 
wo man in demfelden einen Widerfpr. zwiſchen Wille 
und Erklärung, zwifchen Gefinnung u. That, zwifchen 


592 W. 
Wahrhaftigkeit Gottes, (Deweife, Anwendungen.) 


Verſicherung und Erfolg entdecken koͤnnte? Wo haben 
uns die durch ihn erweckten Hoffnungen getaͤuſcht? 
Wo hat die Vernunft eine Belehrung irrig, wo die 
Erf. die Rathſchluͤſſe, deren Inhalt uns entdeckt wor- 
den ift, unausgeführt gefunden? Man beobachte fein 
und Anderer Leben und urtheile: ob es nicht Wahr: 
heit ift, was Gottes Wort ſagt, daß die Tugend mit 
gluͤckl. — die Sünde mit vielen traurigen Folgen ver- 
bunden iſt? Wird’8 in der Zukunft anders ſeyn? Wer- 
den da, wo Die ganze Lage freier if, diefe Folgen 
nicht noch fichtbarer werden muͤſſen? Iſt es alfo nicht 
höchft gegründet, was Gott verheifiet” und drohet? 
Bon den Zweifeln hingegen und deren Beantw., f. Dodderlein’g 
Rel.-Unterr. Th. V. 9. 97: ©. 1712174: „Über wie oft — — 
zu befriedigen, Ihn Esermann’ 8 Handb. der SI. = Lehre, 
Th. 11. ©, 3307336: „Man hat nämlich eingewendet — — 
zur hoͤchſten en führe,“ 


5) Es wird in vielen Gchriftftellen ſowohl Gottes 
Wahrhaftigf. in Nückficht feiner Belehrungen, als 
auch in Betreff feiner Verheißungen verfichert, 3. B. 
IV Mof. 23, 115 V Mof. 32, 45 1 Sam. 15, 29; 
„ 33, 45 Ef. 40 85 54 10. 115 55, 8-10; Rom. 
‚3-4. Sn Ddiefen Stellen liegt es, daß iede Unter— 
Faden feiner Reden und Zufagen die Nedlichkeit der- 
felben darfielfe, und daß ieder, welcher feine Treue 
verdächtig mache, alg ein Lügner befunden werde, vol. 
Nom. 4, 20. 215 11, 29; Ebr. 6, 17.185. 10, 23; 
I Tim. 2, 13; Tit. 1, 2; 1 She 5, 24. — Rad 
II Petr. 3, 8. und II Kor. 1, 18>20. find alle feine 
Zufagen ganz untrüglich gewiß; nach Ebr. 4 12. ba: 
ben feine Drohungen eine unmiderfiehliche Kraft. In 
folgenden Stellen heist er der Unwandelbare und ein- 
zig Zuverläßige, » 31, 65: V Mof, 32,245 Sohriz, 
33; 1 Cor. 10, 13; 1 Theſſ. 5, 23. 24. — Rah PT. 
5, 5:75 15, 124. haſſet und verabfcheut er auch iede 
Unwohrheit und Falfchheit auf das Aeußerfie. 
II. inwendungen. 
Gott if wahrhaftig, feine Belehrungen enthalten 
Wahrh., das ſey uns eine Aufforderung au Wahr- 
heit zu achten. Die mehrfien M. find zu gleichgüls- 
tig gegen Wahrh. und Irrthum, fo bald ihnen die 
Wahrh. Feinen ſinnl. Bortheil und der Irrth. Feinen 


fühl: 


W. 593 
Wahrhaftigkeit Gottes, (Anwendungen.) | 


fühlbaren Schaden bringt. Sie hören nur bie Stim— 
me ber Keigi: ag und nicht die der Vernunft: Sie 
haben mir für Gewinn oder Verluſt, Vortheil oder 
Schaden an ird. Gütern Sinn. Und doch hänge Tus 
. gend und Stück von der Achtung der Wahrheit ab. 
, Wer gegen die Wahrheit gleichgültig bleibe, der bleibt 
auch gegen die Pflicht glei chguͤltig, und wird nie tu— 
gendhaft. Gott hat uns faͤhig gemacht, das — 
und Falfıhe von einander zu unterſcheiden. Dieſe 
Faͤhigkeit bilde man immer mehr und mehr aus, und 
handle derfelben gemaͤß. Es ift wahr, daß alies, was 
uns die wohlgeleitete und gut angewandte Vernunft, 
dag Gemiffen und Gott durch die h. Schrift werklich 
lehrt, verbeißt und droht, untrügl;ch wahr, zuverlaͤßig 
und gewiß ifl. Denn auch die Stimme der Vernunft 
iſt Gottes Stimme. Gott, der fie ung aab, belehrt 
ung durch folche. Allen um Gottes Ausfprüche nicht 
zu mißserfiehen, feine Entderfungen nicht zu mißdeu- 
ten, um nicht in den Träumen unferer Eimbildung 
Gott zu hören vermeinen, um nicht in unſern leuten 
Wuͤnſchen den Nachhall feiner Rathſchluͤſſe zu verneh— 
men wähnen, um wicht in der a und Anmwen- 
dung feiner Verheiß. fich felbft aus Leichtglaͤubigkeit 
zu taͤuſchen, muͤſſen wir durch unſere Vernunft alles 
pruͤfen, das Gewiſſe vom Ungewiſſen, dasienige, wor— 
über unſere Vernunft nicht entſcheiden kann, von dem 
unterſcheiden, wovon ſie uns deutlich und gewiß 
belehrt und ung zu immer behern Einſichten Bil: 
den. Es iſt gewiß kein Verbrechen, eine ım Naͤchden— 
fen geubte Bernunft zur Unterſuchung ſelbſt der Rel. 
zu gebrauchen, und alles, wag mit Ihr in Harem Wis 
derſpruche ſteht, als Vernunftwidrig zu verwerfen. 
Sollten wir dag nicht, fo wäre Gott nicht waͤhrhaf—⸗— 
tig, und er hätte ung ein Mittel gefehenft, welch 8, 
zur Sührerin unferer Einfichten beſtimmt, doch fein 
Mittel dazu wäre und ſeyn duͤrfte, Bf. 33, 45 Joh. 
17, 17. vgl. Efermann’s Handb. Th. 1. ©. 309. 
310. Nur überfehe man dabei nicht Die engen Schran= 
fen, melde unfer Werfen dem Erfenntmßoermogen 
feßt. Man zweifle da, wo überwiegende Gründe ents 
ſcheiden, und feine vollfiändige Erkenntniß ſtatt findet, 
nicht,  fendern beftimme feine Ueberzeugung nach den 
Chriſtl. ST, Lehre f. d. Canzelgebr. 3Th. Pp 


594 W. 
Wahrhaftigkeit Gottes, (Anwendungen.) 


uͤberwiegenden Gruͤnden. Denn es iſt unvernuͤnftig, 
da zu zweifeln, wo kein anderer Grund zu zweifeln 
iſt, als der, daß wir Feine vollſt. Erkenntn. von einer 
Sache erhalten können. Vgl. Edermann Th 1. 
=? 31of.; Doderlein?’s8 Ael.-Unterr. Th. V. ©. 168. 
2) Da Gottes als des MWahrbaftigen Belehrungen 
hrh. find, fo muͤſſen ung dieſelben wichtig ſeyn. 
Denn wir koͤnnen uͤberzeugt ſeyn, daß er uns die 
beßen Lehren gegeben habe. Auf dem Glauben an 
Gottes Wahrhaftigk. beruht das ganze Anſehen der h. 
Schrift, ale Sicherh. unferer Erf. und unfere ge- 
fammte Ruhe und Hoffnung. Wohl uns, daß Gott 
wahrh. ıft; denn nun Fonnen wir alles, was in der 
Bibel fteht, als untrüglihe Wahrh. glauben. Man 
perftarfe alfo den Eindruck von allen, als gottlich er- 
—— Lehren als untruͤglich, zuverlaͤßig wahr und 
gewi 
3) Man lerne die Wohlthaͤtigkeit des Glaubens an 
— Wahrheit einſehen; a) wie liebenswuͤrdig iſt 
Gott, dem dieſe Eigenſchaft ſo weſentlich und noth— 
wendig iſt! Welche Seligk. iſt es, mit einem ſolchen 
Gott in Gemeinſch. zu ſtehen, welche Beruhigung ge— 
waͤhrt es, ſein Gluͤck und ſeine Leiden in den Haͤnden 
dieſes Gottes zu erbliden! Wie ZEV e8 Bekuͤm⸗ 
merte, daß unfere Untreue Gottes Treue nicht aufhes 
ben kann! b) In verwickelten Umftft. des Lebens, bey 
der Dunfelheit der Zufunft und in gr. Leiden, welche 
durch ihr Uebermaaß den M. niederbeugen, in fehmerz- 
haften SKranfheiten, in der Stunde des Sterbens fann 
der M. nicht meitlauftige Bemweisführungen von der 
goͤttl. Borfehung faffen, weil dazu Nachdenken gehört, 
um denfelben Schritt für Schritt, von einem Gliede 
des Schluffes zu dem andern Gliede zu folgen, - und 
weil Leiden und Krankhh. traurig, angftlic und zag- 
haft machen, weil fchmerzliche Krankheiten felbft den 
Geuͤbteſten im Denken ſtoͤren, oft es ihm gar nicht er— 
lauben, und im Sterben fich alle Rörperfräfte ver: 
mindern. Dann muß der Gedanke: „Gott hat ſich 
darüber erflärc“ alfes erfegen. Dann fann fich der 
Chriſt an die Verheiß. halten, die auf das Künftige 
gehen, 3. B. an die Verh. der Unfterbl. und an die 
Fünftige GSeligfeit. Denn Gott will und wird gewiß 


| RD. i 595 
Wahrhaftigkeit Gottes, (Anwendungen.) 


das thun, was er nad) dem Nachdenfen darüber wahrs 
fcheinlich hun wird. Er verheißt es ung, daß wir 
nach dem Tode leben und immerfort glüdlich ſeyn 
folien. Die fehwächfte Seele — und die unruhigfte, 
die mit Schmerzen des Leibes Fampfende und im Tode 
ſchwaͤche Seele braucht fih nur an diefe Zuſage zu 
halten, welche ung hierüber gegeben ift, um treuher— 
zig zu fagen: ich habe ia dein Wort, daß du in Ge- 
fahren fhüßeft und hilfſt. Sch fehe zwar nicht, wie 
ich nach dem ießigen Kauf meiner Schiff. ruhig feyn 
fann, aber auf dein Wort will ich Hülfe und Schuß 
erwarten; — oder in den legten Lebensſtunden: auf 
dein Wort glaube ich es, daß mein Geift fortwähre 
und bald zum Genuffe feines beftimmten Schickfals 
gelangt. Wie wohlthätig ift alfo die Wahrh. Gottes! 
4) Da Gott wahrhaftig ft, fo feße man auf Gott u. 
feine Verheißungen dag unbedingtefte und feftefte Sers 
fraiten, um uns dadurch bey allen Zweifeln und in 
alien Keiden zu beruhigen. Er bat verfsrochen, daß 
er ſich wie ein Vater über ung erbarmen, unfer Gebet 
erhsren, ung in aller Noth helfen, und uns befeligen 
wolle. Wir fonnen nun feft glauben, daß er es 
thun werde, denn er ift wahrhaftig. Erhoͤrt Gott ſo— 
gleich unfer Gebet nicht, hilft er ung nicht immer, fo 
zweifle man nicht gleich an feiner Wahrbaftigfeie und 
an feiner Liebe, Man feße es fich ia nicht fogar vor, 
gar nicht zu beten; denn Gott kommt mie feiner Hülfe 
gewiß, wenn e8 feinen werfen, güfigen und gerechten 
Abſichten gemäß und eg am notkigften iſt. Wir dürs 
fen ihm daher nicht Zeit u. Stunde vorfchreiben wols 
Ien, wenn er uns helfen folle. In der Wahrhaftigk. 
Gottes haben wir den erften Grund, in allem, wag 
uns begegnet, auf Gott zu hoffen; denn er meint es 
gut mit ung; Gott hat auch an einem unbeweglich 
feiten und wohlgeoröneten Vertrauen auf ıbn ein ſehr 
großes Gefallen, Nom. 4, 20-22. 23-25; Ebr. 10, 38.39. 
5) Da Gott die freue Uebung im Dienfte der Tug. zu 
belohnen zugefagt bat, da diefe uns fein Wohlgef. 
und fene Segnungen sufichert, fo muß fie ung vor: 
züglich heilig und unfer angelegentlichfies Beftreben 
feygn. Denn als der Allwahrh. wird er das wahr 
machen, und feine Selehrungen durch Schr. gu Ver—⸗ 
v2 


596 W. 
Wahrhaftigkeit Gottes, (Anwendungen.) 


nunft koͤnnen ung wicht kaͤufſchen, Die uns das Gute 
waͤhlen und alles Boͤſe zu verwerfen gebieten. Bey 
redlichem Gebr. der Tugendmirtel, bey unferer unwan— 
delbaren Br harrung in der Sttlichk. wird f. Verheiß. 
eintreffen. Deshalb erwecke man fih zur Zugend. 
Man gehe unausgefegt den Weg der Pflicht. Gott 
bringt ung ſicher zum Ziel, ſe Verb. gemaͤß. Aus—⸗ 


harrende Treue wird belohnt werden, J Theſſ. 5, 24. 
6 Wie aufrichfig und freu meint es Soft mit uns. 


Deshalb falle alle Heuchelei weg. Man verehre, Gott 
in der That und Wahrheit, und nicht dutch) frommen 
Schein, womit man hoͤchſtens nur einige Mitmen- 
ſchen nicht aber Gott taͤuſcht. 


7) Von Gott als dem Allwahrh. laͤßt es ſich nicht den— 


fen, daß, da er am Boͤſen fein Mißfallen hat und es 
zu beſtrafen droht, feine Drohungen nicht vollzogen 
werden würden, wenn er auch unfere Sünden nicht 
gleich auf der Stelle beftraft. Er vollzieht endlich 
doch feine gedrohten Strafen, wenn der M. unge _ 
fheut fortfündige und fich nicht beffert, II Mof. 32, 
34. Denn fo wenig man fein ihm als hoͤchſtem Ober: 
herren zufommendes Recht, Strafen zu vollziehen, be⸗ 


zweifeln kann, ſo wenig laͤßt es ſich denken, daß er 


ſich nicht zur Vollziehung ſeiner Strafen entſchließen 


koͤnnte. Seine Guͤte iſt nicht Weichherzigk., f. Liebe 


iſt nicht ohne Gerechtigk. — ſ. Langmuth Got— 
tes. Dieß halte ieden von S. und Laſtern ab. Gott 
handelt mie dem Suͤnder ehrlich, da er ihn noch im— 
mer väterlich warnt, den guten Weg zeigt, und durd) 
Verheiß. lockt. Wer ift ie von ihm bintergangen 
worden, welcher feinem Rache gefolgt iſt? Aber ver 
M. handelt nicht immer ehrfich gegen ihn.” Er bat 
noch nicht aufrichtig den Weg der Froͤmmigk. betre— 
ten. — Wehe iedem, der. nicht eher glaubt, daß Gort 
feine Drobh. volfziehe, als bis er durch eigene Erff. 
davon überzeugt ift! 


g) Da Gott wahrhaftig ift, fo müffen wir ung in 


Ruͤckſ. der geſellſchaftl. Gefprache und im Umgange 
mit Andern ver Wahrheitsliebe und Aufriche 
tigkeit befleißigen. Auch wir müffen freu u. wahr— 
haftig feyn, nicht die Unwahrh. fagen, und freu un: 
ſere Berfprechungen halten. Wir mäfen Falſchheit, 


Y B. 597 
Wahrhaftigk. Gottes, (Anw.) Welt, (ift die Befle:) 


Betrug und Lügen verabfchenen und meiden. Gott 
fiy für ung das Mufter der ebenen Zuverlaßigfeit, 
Matih. 5, 48; Eph. 4 25. vgl. V. 24. Man vers 
ftärfe bey ſich immer mehr die Sie gung, Wahrh. zu 
fagen, auf alle Weiſe, verabfchene iede Unwaͤhrh. von 

+. ganzem Herzen, man rede gegen Andere in feinem Salle 
| — als man denkt, und erfuͤlle auf das puͤnktlich— 
ſte ſ. Zuſagen. Dann find wir in dieſem Stuͤcke Gott 
aͤhnlich, Abdruͤcke ſ. Muſters, u. darum ſeine Freunde 
und ſeine Kinder, Matth. 5, 44:48. Die Wahrbaf 
tigfeit ift ia von Gott geboten, er ſelbſt iſt wahrhaf— 
tig, ſie iſt alſo Pflicht. Jeder Ged., iede Erinnerung 
an die Wahrhaftigkeit Gottes ſtellt uns die Pflicht der 
Wahrh. in ihrer unverletzlichen Heiligk. dar und ſtaͤrkt 
-die Seele zur freuen Bflichterfülung. Wie ſehr muͤſ— 
-fen fih die vor Gott fehämen, die fih durch ibren 
Wankelmuth, ihre Verſtellung und Heuchelei, durch 
Betruͤgerei, Liſt, Falſchheit und Luͤgenhaftigkeit zu 
Gegenſt. des Mißfallens Gottes gemacht haben. Ohne 
13. fonnen wir fchlechterdingg Feine Ynfprüche auf 
die Fiebe und das Wohlgefallen Gottes machen. Leber 
ihre Bernachläßisung muß er fo gewiß fein firafendeg 
Mißfallen bezeugen, fo gewiß er Gott ift. 

Da fo häufig im tägl. Leben die Wahrh, von den ME. verlegt wird, 
fo muͤſſen Rel.-Lehrer oft ihre Zub, an die Pflicht, wahrhafz 
tig und treu zu feyn, an Redlichkeit und Ehrlichkeit, erinnern, _ 
Miha 7, 2. 

Bol. M. J. A. Mapyer’g —— uͤb. d. goͤttl. 
Eigenſch. Heilbronn 1791. 8. Nr. 12: „uͤb. die Treue 
und Maieſtaͤt Gottes.“ — — 

Wankelmuth in der Rel., ſ. oben Religion, 

294 fi. 
Weisheit Gottes, ſ. Allweisheit, ır Th. 
EEE Al | 

Welt, (die) | 

Iſt in ihrem aanzen unermeßlichen. Umfange n 


beite, d.h. fie iſt fo befihaffen, daß dadurch die bach 
moͤgliche Summe von Glüdf. für ale lebendige Er 


598 W. 
Welt, (Ende derſelben.) 


ſchoͤpfe bewirkt und hiemit die hoͤchſten Eigenſch. Gots 
tes auf das Deutlichſte erkannt werden koͤnnen, z. B. 
ſ. Allweish. und Allguͤte. I Mof. 1, 315 Pf. 104, 24. 
31. fönnten fonft nicht wahre Aeußerungen ſeyn. Hiers 
uber und mehrerer Gründe wegen für diefe Wahrheit 
vergl. man Doderlein’g inft. Th. chr. T. I. 8. 130. 
©. 496; dDeffelben Rel.-Unterr. VIIr Th. ©. 06 ff. 
and oben d. Art. Schöpfung, zı Th. ©. 24 f. 
(oder III. 5. a und b.) | | 
S. Snell's drey philof. Abhh. Eos. 1796. ©. 
83-187. über d. Sag des Optimis'm: daß dieſe Welt 
die beſte ſey; Scherer’g8 bomil. litura. Arco. 4tes 
St. ıgor. 2fe Abb. Nr. 1. unter den ausgef. Predd: 
„iſt diefe Nele die beſte?“ (von Thurn) über Kom. 
8, 28: 39. — 


Welt — ihr Ende, (richtiger: das Ende der Erde, 
und der dazu gehoͤrigen Koͤrper, z. B. des Mon— 
des) Weltende, II Petr. 3, 7 und 10:13. 


(Bol. über diefe Stelle Eckermann's Handb. zr 
B. ©. 7245 [Bauer’s) bibl. Theol. des n. Teft. 
st Th. ©. 237 ff. und unten Art. Zufunft Jeſu.) 


Bor. Döderlein’s inf. Th. chr. T. IH, p. 300:35 def. Rel.⸗ 
Unterr. Th. X. ©. 307:3135 Mori comm. exeg. hift. in 
epit, T. II. p. 754:761;5 Reinhard’s Vorl, üb, d. Dogm. 
$. 191. ©, 679:81;5 Ammon's bibl, Theol. zr Th, 2e A. 
©. 264:72; Stäudlin’s Dogm. und Dogmengeſch. Ur 8, 
S. 868:76. 878. 8845 EC #ermann’s Handb. d. Gl.⸗-Lehre, 
31-8. ©, 722 Y 

Kant’s Auffay „das Ende aller Dinge” in der Bert. Mon, 
Schr. 1794. Junius. ©, 495:523. dgl. Goͤtt. Bibl. d. 
neueft. th. Lit. ır B. ©. 457266 


Im Grunde bezeichnet der Ausdrud, Ende der 
Melt, nur den Zeitpunft der allg. Entwicfelung aller 
menfchl. Schickſale. Dieß Tiegt in Mattb. 13, 41. 
deutlich, „die Aerndte (Bergeltung) Ift das Ende der 
Melt.’ In I Kor. 10, 11. ift aber damit dag Auf: 
hören der id. Rel.-Verfaſſung zu verftehen; vergl. 
Il Kor. 3, 13; Ebr. 6,5. Irrig bat man ehehin die- 
ienigen Stellen, worin von der Wiederf, Jeſu die 
Nede ift, vom Ende der Welt gedeuter. 


W. 599 
Weltende, (Anwendung.) Zr | 


Es iſt eigentlich nicht zu erweifen, daß im nm. Teſt. in irgend einer 
Stelle eine Berwäftung, Vernichtung und Auföfung aller 
Dinge in ihre erflen einfachen Urfioffe durch das Feuer in 
der Zükunft, und von einem eigentl. Ende der W Belt behaupret 
werde. Es jagt nur, daß zur Zeitdes großen Welts 

gerichts unfere Erde eine große Veränderung — eine Um— 
wandelung erleiden werde, II Betr. 3. 20. ıı. „Soll 
iefeite auch für das zukünftige Leben, wie es faſt ſcheinen 
koͤnnte *), die Wohnung unſterbl. M. ſeyn, fo muß fie ganz 
verwandelt werden, Go wie fie ietzt ift, fihidt fe ſich nur 
für unfere koͤrperl. hinfaͤllige Natur. Für vollkommnere geis 
ftigere Weſen (unft, Seelen) ift fie aber Fein paſſender Aufentz 
halt. Sie Fünnten auf derjelben nicht die reineren (geiftiaen) 

und ewigen Freuden ichmeden, die ihnen Gott beſtimmt bat, 
und nicht fo felig werden, als fie feyn follen. Es kaͤnn ung 
gleichviel feyn, wie Gott diefe Erde Fünftig gebrauchen will, 
Er Herricht in allen Welten. Mo ift tie Gränze ſ. Reis? 
Bo ein Drr, da er uns nicht nahe wäre? wo wir nicht felig 
feyn Eönnten, fobald er denfelben zur Wohnung für ung aus 
eriehen hat **) 2 


„Das Ende aller Dinge ift das Verſchwinden der— 
‚„‚felben aus der Reihe der Zeitweſen und der Gegen⸗ 
„ſtaͤnde (unſerer) moͤgl. Erfahrung, wobey ſie abe 
„zugleich nach der moraliſchen Ordnung als uͤber— 
„ſinnliche Dinge fortdauern.“ — „Die Urſache, 
„warum die M. ein Ende der Welt und zwar ein 
„ſchreckliches erwarten, liegt darin, weil ung, als 
„oernünftigen Weſen, fonft die Schöpfung zwecklos, 
„wie ein Schauſpiel ohne Entwickelung erſcheinen 
„wuͤrde, und uns dabey ein Gefühl d. natuͤrl. moral. 
„DBerdorbenh. unfers Gefchlechts beywohnt, welche die 
N Gerechtigk. zur Strafe auffordere.” Kant 
>, 


Anwe ndung. 
Hüte dich, o Ehrift! da dir über dag Meltende gar 


feine nähere Belehrungen und Zeichen gegeben worden 
find, deine Einbildungstr. mit fehredlichen Bildern su 
erfüllen. Auch von dem Weltende weiß Niemand bie 
zeit und Stunde. Biſt du ein wahrer Gottesvereh— 
rer, oder ein Achter Ehrift, fo haft du den Troſt, daß 





*) Ich bin nicht dieſer Meinung. Der Herausg. 
*) Hermes Handb. d. Rel. Ir B. ©, 453. 54. 


600 W. 
Weltgericht, (Literat.) 


fo viele, fo mannichfaltig die bevorſtehenden Umwan⸗ 
delungen auch ſeyn werden, und ſo viel Unerwartetes 
in deiner kuͤnftigen Lage und dem folg. Zuft. des Da: 
feyns kommen mag, du doch immer in den Händen 
der für dich mwachenden — dich Liebenden goͤttl. Dorf. 
bleibeſt; Daß dem, welcher Gottes und Jeſu Willen 
gemaͤß gelebt hat, alle Dinge zum Beſten dienen muͤſ⸗ 
ſen, daß Unſerm Begluͤcker Nemand die Seinen aus 
feiner Hand reifen fol, und daß die aͤußeren Veran» 
derungen der Dinge auf unfere innere Ruhe feinen 
Einfluß haben werden. Sind wir in Gemeinſch. mit 
Gott, ſo kann uns gleichguͤltig ſeyn alles, was um 
uns her vorgeht, ſelbſt das — wenn ſich einſt krachend 
aus ihren Angeln der Bau der Welt hebt. Most ihr 
vergehen, ihr ivd. Schönheiten der Welt, die ihr durch - 
die Sünden der M. ohnehin verunftaltet wurder, ihr 

erdet ın eine fihonere Gegend umgefchafen werden, 
in welcher eine großere Glückf., als in der Erdenwelt 
iſt, herrſchen wird. 

al, Heym' 8. Predd. für die Landl. üb. d. Ev. 
©. 14-20: „der Untergang ber Welt im Feuer,“ üb. 
Ev. am 2 ©. des Adv.; Crichtons Predigeen (Ir 
Theil) ©. 371 ff. „die Erwartung einer neuen Welt“ 
üb. II Betr. 3, 13. — | 

Welterhaltung, f. Erhaltung, ır Th. ©. 303 f.— 
Weltgericht (das Fünftige allgemeine —), Matıh. 
25, 31 f.- Ip. Sch. 17, gr. 

Es iſt zu gezwungen, wenn einige, z. B. Prof. 
Stange in obfervatt. mife., Hammonae 1788. 4. 
p- 13 fg. diefe Stelle von ber Ueberzeugung alır 
Heiden durch die chr. Nel. v. d. Nichtigkeit des Göz— 
zendicnfieg erflören wollen; aber fehr bequem läßt fich 
durch eine and. Conſtruction die Gtelle fo verftehen: 
daß Gott durch das Weltger. die adtrliche Sendung 
Jeſu dee N des Meſſ. beftatige, oder auch: 
daß er Durch Auferſt. Jeſu glaubwuͤrdig gemacht 
habe, daß einſt die Welt richten werde. il Kor. 
5, 11. 


Bol, D. E. Fr. Ammon's Ash. über die Aeußerungen Jeſu u. 1; 
’ Wiederkunfk zum Weliger, in Ammon's und Haͤnlein's 





— 


IB, - 894. 


MWeltgericht, (Literat.) 


8 


a. theol. Journ, zr ©. © 1852200. Bol, mit B. V. ©. 
3652795 Hende’s Magaz. x... 8. Ur ©t. 2. ©. 359 f. 
4%. ı ©t. ©, 175:179: „ Über die ungegr. Unterfcheidung 
der doppelten Wiederk, Jeſu;“ Jo. Chr. Koken commen- 
tatio de reditu Mefliae ad indieium gentium, Gött. 1800. 4. 
(8 Ggr); U. Th. Bartmann?s Blicke in d. Geiſt des lirs 
chriftenth. Duͤſſeld. 1802. 8. ©. 86: 137: „über die Wiederb. 
Ehrifi zum Weltger, und die aus diefer Lehre enttandenen 


Erxſcheinungen (9 und Traͤumereien.“ (Der Bf. ift der unge: 


gründeten *) Meinung, daß Matth. 24 und 25. gar nicht von 
d. Serfiör. Serkfalems die Rede ſey und daB Jeſus und Sie 
Ay. in der That geglaubt haben, daß Jeſus noch während der 
lebenden damaligen Generation als Meſſ. und Weltrichter im 
Hohen Eon. Glanze wiederk. und fein neues Reich antreten 
wuͤrde. Jeſu Verſicherung v. ſ. Wiederk. iſt ſymboliſch und 
nicht eigentlich zu nehmen; ob aber, wie Hr. Eckermann 
will, v. d. Ausbr. ſ. Lehre, oder ob von den Kommen zum 
Strafen, d. b. zur 3erftör. Jeruſalems, oder 2. — ꝛas ift Bier 
nicht 313 unterfuchen. Daß Jeſus und feine Apoſtel nicht ges 
glaubt haben, daß das Weltende und das letzte Gericht noch 
bey ihren Lebzeiten vor fich gehen würden, zeigt Pr. Stange 
in f. thbeol. Symmicten, 2r’ Th. ©. 383:89. aus 
Michaelis um Runge Von den Apoſteln ift dieß richt 
zu beweifen. Falls diefe auch das nahe Weitente 20, glaubz 
ten, fo folgt daraus, daß es nicht erfolgt ift, nicht, daB Fein 


Weltgericht feyn werde); Polis Darf. d.L8chri. Neinhards, 


ıv &h. ©. 447 f.; Döverlein’s inf. Th. chr. T. U. p 


303 fq.; veflelben Kelslinterr. Xp. X. ©. 309:17;5 Am⸗ 


non’s Entw. e. will. praft. Theol. Se 290:99,. ©, 300:17;5 
Keinhard’s Borl, üb. d. Dogm. ©. 679>681; Mori 
comm. exeg. hift, etc, T. Il. p. 7112225 Gtäudlin’g 
Dogm. ꝛc. 27 B. ©.869. Kant?s Rel. innerhalb ꝛc. S. 200. 
207; deff. Krit, d. praft. Vern. ©, 232. 


Religionslehrer müffen billig bey dev Zehre vom Meltgericht, da fie faft 


allenthalben im n. Teſt. unter Bildern vorgefielt wird, das Wahre 
von denfelben umnterfcheiden und auf — der Bernunft gemäße 
Saͤtze zurücdführen. Es ift beym Vortrag diefer Lehre vor 
dem Molke Pflicht, fo davon zu reden, daß das Volk nicht an 
den Bildern hängt, oder die Einb.: Kraft mir neuen Bildern 
anfühlt, fondern man muß fagen: daß man den Gedanken, 
„die ganze Reihe unferer Hand, auf Erden und iedes Geheim— 


) ©, Döderlein’s Rel.: Unter. Xrt Th. ©. 283 f.; 


Stäudlin’g Dogm. u. Dogmengeſch. 2r B. ©. 806f.; 
Eckermann's Handb. zt B. S. 720.721; (Baner’$) 
bibl. Theol. des n. Teſt. Ir Th. S. 106:126; 4r Th. 


©. 444 f. 


602 W. 
Weltgericht, (worin wird es beftehen ?) 


nis des Herzens wird befannt und allem M. aufgedeckt werden,” 
nach feiner ganzen Wichtigk. und Größe falle. Nur auf dieſe 
Art Eann diefe Lehre für die Beil. des Herzens wahren Nutzen 
Haben und den Lafterh. fehen, den Frommen aber muthig und 
ruhig machen, Es ift zwar fehr annehmlich vie Meinung 
vieler neuerer Öovttesgel, und Weltweifen *): 
Daß im n. Teſt., vorzüglicdy in Jeſu Neden nur aus Herablafzs 
fung zu ver Meinung der Juden, wornad) der Meff, bey feis 
er Ank. auf Erden und feitier feiert. Errichtung feines Reichs 
die Welt — die Heiten richten werde ‚ diefe Vorſtellung beis 
behalten, unser Bildern wiederholt, und auf das Einftine große 
allg. feiert, Weltgericht umgeändert worden ſey; (vgl, Nie⸗ 
meyer's pop. Theol. ©. 4755 Ammon’s will, pr. Entw. 
2c. 9. 294. 95. ©. 312 f.); Sm Grunde aber muͤſſe man 
Jeſu und der Ay. Beichreibungen vom allg. Weltgericht, 
welches — nurein Bild von der fünftigen Ver: 
geltung, oder eine dichterifche Einkleidung 
yon einem fünftigen Vergeltungszuftande 
fey, gar nicht wörtlich verfieben, weit Fein beſonderer Ge⸗ 
richiörag, Fein befonderes Verhoͤr, Bein Unterſuchen und Abs 
wäsen der Handlungen, die ia dem Allwiffenten aufs genauefte 
bekannt find, angenommen werden koͤnnte. Das Gemwiffen 
brächte ia dem M. fein Thun zum deutlichen Bewußtfeyr, und 
ver M. Ednne fich ſelbſt rihten. Wenn man iene 
blidl. Phraſen v, d. Allegorie entEleive, To fagten fie fo viel: 
der fittlihe Werth des Ehpriften wird nad den 
moralifhen Grundfäsen der Lehre Fefu beffimmt 
werden, Nod mehr: die Befchreistungen FSefu u. f. Ap. 
vom Weltgericht find zurtebhaftern Anſchauung 
verfinnlichter Darftellungen von dem Selbfts 
gericht iedes Bemwiffens nach dem Tode des 
Menſchen, und von der natärlihen (von ſelbſt) 
erfolgenden Scheidung un. Abſonderung der From— 
men u. Öottlofen zu verfiben. Dann, wann ver Menſch 
aus per Zeitindie EwigE, übergeht, wann der 
Geift vom Leibe netrenntift, rihtet Gott den 
M. durch das Gemwiffen, welches dann von 
feiner Sinnlichkeit mehr getaͤuſcht wird, 
oder es maht dem M. Gottes Urtbeil fund 
und dieß Urtheil wird ſogleich durd fein 








— —— 


>) 3. B. verſch. Herren Recenſ. in der Jen. Lit. Z. 1801. 
Il. ©. 180; in d. m. a. d. Bibl. 681 3. ©. 25.; in 
Hanlein’s und Ammon’s n. th. Journ. zr B. ©. 
198; in Ockel'»s Palingenefie, ©. 188. 1905 Ammon 
6. d. anzuf. Orten, Herder, Sannabic in ſ. Kritikꝛc. 
in Dertels Ehriftologie und vieler Anderer, 


W. 603 


Weltgericht, (worin wird es beſtehen?) 


Schickſal vollzogen. Das Weltger. iſt die 


eigene richtige Ueberzeugung teder eele 


von. ihrer Würdigfeit oder Unwuͤrdigkeit. 
Der Todestag ift für ieden eingelnen Wen: 
fchen fein entfcheidender Serichtstag, wel: 


hem fein M. entflieden fann. Dann ſpricht 


das Gewiſſen des M. entweder los, oder es ver— 
dammt ihn, entweder peinigt es ihn mit dem 
Borwurfe, der Urheber feines einenen Unglüds 
und Verderbens zu feyn, oder es beſeligt ihn mir 
dem Bewußtfeyn, durch ein Gott u. d. Zug. ges 
winmetes Leben eine Ewigkeit voller Fremder 
fih bereitet zu Haben. Dann ärndtet oder ges 
nießtieder dort die Früchte von dem, was er Bier 
ausgefäet hat. Eine andere Art zu richten, ſagt men, 
laͤßt ſich mit der Maieftät des Heiligen und Unſichtb. nicht 
Yereinigen. „ES Eann Eaum mehr zweifelhaft Bleiben, daß 
„außer ver großen Wahrheit: „zer M. weiß die Stunde des 
„Weltgerichts eben fo wenig als die Stunde feines Todes: er 
„muß ſich alfo auf beides durch einen Heiligen Wandel vorbes 
„reiten, (ll Petr. 3, 11.) nichts mit Zuverlaͤßigk. zu dem 
„Uinfange der chrifil. Lehre von dem Gerichte Gottes durch 
„Jeſum gerechnet werden koͤnne.“ Hanlein’s u. Ammons 
n. th. Sourn. sr B. ©. 198. „In allen bildlidden — dem 
„zeitalter angemeßnen Abbildungen vom allg. Weltg. liegt bie 


} „Wahrh.: das Gute wird auf das vollfommenfte belohnt, und 


Es 


„das Boͤſe auf das vollkommenſte beſtraft werden. Das iſt 
„weſentl. Lehre Jeſu, das uͤbrige iſt nichts anders als Form 
„und Einkleidung.“ Hende’s Mag. 4 B. 3 St. ©, 525. 

iſt zwar wahr, 1) daß vieles ehehin im u. Teſt. auf das Welt: 
gericht gezogen worden ift, was eine Schilderung von der ers 
flörung Serufalems und vom Aufhoͤren des ind. Staats ift, 
3.8. Matth. 24, 15. nur — bis zu V. 305 Luc. 21, 31 u 
34; 1 hell. 5, 2. 3; Iac. 5,1535 1 Joh. 2, 18:285 4, 17. 
Es ift unverfennbar, Daß das, was vom Weltger. geinat ift, 
nad) der ſinnl. Vorftelungsart der Juden eingerichtet worden 


iſt. 2) Dab in Ebr. 9, 27. u. Dffenb. 14, 13. (am Ende) 


und auch in den Worten: von nun an, desgl. Matth. 22, 
Braut, 326, 253.23,.43. 465 Ye ©. 7, 59; Bil: ı, 235 


11 Kor. 5, 8, verfichert wird, daß ieder M. aleich nach ſ. Tode 


gerichtet, d. h. nach feinem hier geführten Leben, ie nachdem 
feine herrſchende Art zu denken gut over ſchlecht war, fein vers 


dientes lirtheil erhalten und fogleich entweder Hlüdl. oder un— 


gluͤcklich werden wuͤrde. Wann aber fon dann des M. Ber 
lohnung oder Befirafung erfolgt: fo ift nicht abzufchen, wozu 


ein neues befonderes — ſichtbares Gericht notbiwendig if? 


Wozu fol man es annehmen, da Schon dann die M. Tange 
ihre Vergeltung erhalten Haben? Mann der M. nicht nad 


604 er. 
Weltgericht, (morin wird es beftehen ?) 


feinem Tode gerichtet würde, oder ſich ſelbſt richtete und er 
nicht belohnt oder befireft würde, ſo müßte man entweder eiz 
nen Seelenſchlaf annchmen, welches unwahricheinlich ift, oder 
glauben, daß der M. nach ſ. Tode noch nicht fo volkommen 
belohnt oder befiraft werden würde, als. es nach ienem allg. 
Weltger. gefchehen fol *).  Hievon fagt uns aber das n. Teft. 
gar nichts. Wenn nun die Gottesgel, ein doppeltes Gericht, 
ein Particuläres und allgemeined annehmen, wie 
3» B. Leß in d. hr. Rel.= Theorie 20. :3te U. ©. 766. 67. 
fo hat das auch Eeine einzige Stelle des neuen Zeft, für ſich. 
Allein das Eiinftige große alle. Weltger. vom Selbfigericht iedes 
einzelnen M. zu verfichen, dürfte wegen Maith. 25, 31744. 
Soh. 5, 22. 23. 255 My. Ss 274 a5 DER 5 28 nit 
ſtatt finden, Iſt die erfiere Stelle freilich varabolif uns hat 
fie viel Bildliches, und eine dichteriſche Schilderung, voll von 
Local- und Zeitbeziehungen, 3. B. V. 40. (f. unten) und bes 
zieht fich darin manches auf Jeſus Zeitgenofien, fo kaun man 
doch nicht ſagen, daB fie gar nicht auf alle M. und alle Beis 
ten gehe. Wie genau wird Matth. 24, 29. die gewoͤhnlich 
vom Weltger, erklärte Scene von V. 15:28. oder vd. d. Zer⸗ 
ſtörung Jeruſalems unterfchieden. V. 32242. Eann bequem 
auf das V. 15528. Gemeinte gezogen werden. Go ganz ge: 
nügt mir Ar. Edermann’s Erkl. von Matth. 25, 31 fr 
in feinem Handb. d. Gl.-Lehre 3r B. ©. 713:16. nicht. Die 
drey oben erwähnten Stellen koͤnnen doch nicht auf etwas ans 
deres gezogen werden *). Alle von Jeſu Wiederkunft auf 
Erven handelnde Stellen dürften doch nicht, wie D. E ders 
mann will, von ter Ausbr. f. Rel., oder von der Erfüls 
fung feiner Drohung des Untergangs des iuͤd. Staats, oder 
von der Beſtimmung des Schiäf. der M. in ver Ewiaf, nad) 
feiner Lehre zu verſtehen ſeyn. Judaͤ V. 6. ifi vom Gericht 
des großen Gerichtstages, Ap. ©. 17, 31. von einem 
Tage, in beyden Stellen alfp Bon einer gewiffen Beit 
die Rede, eben fo 11 Theſſ. 1, 7 und 10, — 2) Wenn auf 
einer Geite die weite - Hinansfegung der Beurth. des menſchl. 
Merhaltens auf den Tag des Weltentes den Zugendh, träge m 











*) Vol, Bauer’s bibl. Theol. des n. Zeit. ar Th. © 
443:452. vorzügl. Herder v. d. Anferit. als Glaube ıc. 
1794. 8. ©. 109 f.; Hende lineam. 6. 114. Ecker- 
mann —— Th, chi. .8...56. p. — 
Palingenefie, © . 192. die aus der Schrift über die 
Lehrart Jeſu angeführte Stelle. 


x*x) Jedoch Joh. 5, 16:47. beſond. V. 25228. * von 
Hrn. Hofr. Eichhorn yon Jeſu Privaturtheil über die 
M. verſtanden, ſ. oben ır Th. S. 167. 


r IB, j 605 
MWeltgericht, (mas ift darunter gemeine?) 


den Rafterhaften fiher nacht: fo if ed auf der andern Geite 
für den finnlidden M. weit rährender, wenn man die Vorfiels 
lung: „der M. muß feine Handl.vor Gottes Öes 
richt vertreten; er muß fie vor dem Üligereds 
ten verantworten; Jeſus oder der Weltrichier wird einft 
oͤffentlich iedem fein Schickſal und Loos nad) f. Werth oder 
Unwerth zutbeilen,” vortraͤgt. 3) Ueberdieß ift es gar richt, 
fo wenig für oͤffentliche Net. Vorträge als auch) für Kinder 
zu Katechifatt.) gerigner, wenn man ieme Stellen von ven 
iuͤdiſchen Kebenvorfielungen, vom Bildlichen entFleiden, ganz 
das öffentlich zu haltende allg, Weitgericht Tezweifein und alle 
neuteſt. Stellen vom Selbſtgericht des M. nad) j. Tote erklaͤ— 
ven wollte. Es koͤnnte dich Zweifel an allen Rel.-Lehren ver: 
— anlaſſen. — 4) Alles, was man bey der Beſchreibung des n. 
Teſt. von Weltger. bedenklich findet, iſt blos das Bildliche. 
Die Sache ſelbſt iſt alſo gewiß. 5) „Das beſondere 
„Sericht bat volle Gewißheit. Hiezu (aber) kann man noch 
„ein allgemeines Gericht gar wohl hinzudenken und ſelbſt im 
„Volksunterrichte beibehalten, Nur laͤßt fich Ort, Zeit und 
„Form dejieiben niemals jo befiimmen, daB man auf den allg. 
„Beifall alier chriſtlichen Denker rechnen dürfte.“ Ammon ’sg 
Entw. der will. pract. Theol. S. 317. „Die Stelle 1] Perr, 
„3, 10:13. fann nur injofern für den alfa. chr. Unterricht 
„benutzt werten, als fie von Zeitbegriffen geläutert, die Chri— 
„fen ermahnt, vergängl. Gütern (B. 11.) feinen zu großen 
Werth beizulegen, ſondern fi durch Froͤmmigk. und Zuge. 
„auf die feyerliche Zukunft nach diefem Leben vorzubereiten,’ 
Ammon's bibl, Theol. zr Th. 2te A. ©. .280. 81 *). 


J. Was iſt unter dem allgem. Weltgericht zu 
verſtehen, durch wen wird es gehalten, — 
welche M. — was, wie — und wann werden 
die M. gerichtet werden? 

Jemanden richten, heißt, nicht blos die Beſchaf— 
fenheit einer Derfon unterfuchen, fondern wirklich ie— 
mand nach feiner Aufführung vergelten, d. h. entiveder 
belohnen oder beftrafen **). Das Weltger, faßt alfo 











- 


.*) Auch Herr Prof. Bauer in d. bibl. Theol, des n. T. 
4: Th. ©. 460 f, zeigt, daß fih das Schwierige gegen 
‚die Meinung vom allg. Weltger. gut heben laffe, 
*5) Der Ausdrud Gericht zeigt zuweilen im n. Zeft. 3.28, 
ob. 5, 24. 295 12, 315 ac. 2, 155 Mare. 3, 29 
die Derurtheilung, eniweder zur Belohnung (bie 
Zuerkennung derſelben) oder zu Strafen an. 


606 f IB, 


Weltgericht, (was iſt darunter gemeint?) 


die oͤffentliche, allg., d. i. zu einer und derſelben Zeit 
erfolgende und allen und ieden M. bekannt werdende, 
höchft unpartheiifche Beurth. Erklaͤr. und Entfcheis- 
dung Gottes uͤber das Fünftige, entweder erfreus 
liche oder ungluͤckl. Schickſal der. auferweckten, fämmts 
Ich vor Gott verfammelten M., ie nachdem fie hier 
gefinnt waren u. fich gut oder ſchlecht betragen haben, 
und die ihrem Betragen genau entſprechende wirkliche 
Vergeltung in ſich. Dieſe unwiderrufliche Entſchei— 
dung wird ſofort vollzogen werden. Das kuͤnftige 
Leben wird mit dem gegenwaͤrtigen im genaueſten Zu— 
ſammenhang ſtehen, und das kuͤnftige Schickſal der 
M. wird ſich genau nach ihrem ird. Verhalten rich- 
ten. Die M. werden dann nad) der Befchaffenh. ihrer 
Gefinnungen und ihres Verh. auf Erden auf ewig 
- abgefondert, von einander gefrennt werden. Jeder 
wird nach f. Betragen, — der Gute Belohnung, — 
der Bofe Deftrafung von Gott erhalten, Rom. 2, 6> 
10; Mattb. 16, 27; II Kor. 5, 10. Der Richter 
wird die Guten ihres guten Verhaltens wegen zur 
GSeligf., die Gottlofen aber für das, was fie Bofes 
gedacht, — geredet, — und gethan haben, zur Strafe 
führen. Gem unpartbeiifches Nichterurtheil wird ie— 
dem den Pla anmweifen, welchen er nach feinem fittl. 
Gehalt verdient. Dann werden alle M. auf 
einmalan ihr ganzes auf Erden geführtes 
Leben erinnert und veranlafßt werden, fidh 
alles deffen bewußt zu werden, waß fie hier 
gedacht, gefprocdhen u. gethban haben, Maͤtth. 
. 12, 36. 375 Roͤm. 2, 10; 1 Kor. 4 5. Daß. Ge- 
wiffen wird dann einem ieden c8 laut genug fagen, 
was er zu erwarten hat, und die Allwiffenh. Gottes 
ihm es fogleich vor Augen fielen, was er gethan oder 
unterlafen hat. Das Gemiffen wird ieden von der 
Gerechtigfeit feines Schickſals überzeugen und der uns 
vermeidliche Erfolg wird den Nachdruck des gottl. 
Urtheils genugfam beweifen. Wahrſcheinlich wird dann 
ı) der Menſchen Gedaͤcht nißkraft geſtaͤrkt werden, 
um ſich alles Vergangenen und bereits Vergeſſenen 
lebhaft zu erinnern, ohne ſich, wie bier auf Erden, 
Durch Zerſtreuungen dieſer Erinnerung wieder entfchlas 
gen zu Finnen. — 2) E8 dürfte auch dann in dem 





W. 607 
Weltgericht, (was iſt darunter gemeine?) 


Zuſtand, wo keine Sinnlichkeit mehr taͤuſcht, wo alle 
Nerblendungen, to alle Borurtheile wegfallen, der 
Herftand erhöht werden, daß er fehärfer ur£heilt, 
die Folgen des Gefchehenen im mweiteften Umfang übers 
fehauet. Dann muß iedeer — 3) die Alwiſſenheit 
Gottes, feine Heiligkeit und Gerechtigf. fo lebhaft ers 
Fennen und fühlen, Daß er innerlich entweder zu ſ. 
Beſeligung oder zu f. Schrecken und Unmuth die Ge- 
rechtigkeit der gottl. und ewigen Entfcheidung feines 
Schickſals einficht und anerkennt. Jedes M. — 
ſen wird von der Rechtmaͤßigkeit der goͤttl. Vergel— 
tung bey ſich und bey Andern, bey een und 
Unbekannten unmwiderfiehlich überzeugt werden. - Sjeder 
Pflichtvergeßne wird die Größe der verſcherzten Gluͤck⸗ 
feligkeit und ieder Gutgefinnfe und Fromme das Se— 
lige der Belohnung des Guten einſehen und fahlen. — 
Dieſe Erinnerung an das auf E. zugebrachte, Gottes 
Willen gemäße, Leben wird nicht in der Seele eines 
ieden verfchloffen bleiben, fondern der übrigen Bere 
fammlung der Mi. befannt gemacht, und alfo ieder 
SR. nad) feiner wahren Befchaffenh. oͤffentlich darge- 
‚fiel werden. Dann Werden vorzüglich gute und 
fchlechte Gefinnungen und Handlungen, die hier nicht 
: find befannt geworden, befannt gemacht und die da— 
für gehörende Vergeltung ertheilt werden *). 

Diefes wird in vielen Stellen des n. Teft. — 
nißweiſe und unter Bildern — daß z. B. Je— 
ſus in ſichtbarer goͤttl. Maieſtaͤt, mit feierl. Domp, 
unter ſchrecklichen Erſchuͤtterungen der Natur vom 
Himmel auf die ak ın Begleitung vieler Engel, als 
feinen Dienern, Theilnehmern und als — Gerichtsbey— 
figern auf den Wolfen des Himmels herabkommen, daß, 
wo nicht Jeſus felbft, doc) die Erzengel in die Po⸗ 
faune und Trommete floßen (1 Kor. 15, 52; 1 Thefl. 
4, 16.), daß durch feine Stimme die Gräber ich oͤff⸗ 
nen, alle Begrabenen belebt bersorgehn, durch die En» 
gel vor ihn zuſammengebracht werden würden, Matth. 

13, 41. und mit den dann noch Lebenden ſich vor dem 





Man ſehe die ſchoͤne Stelle in Steinbart’s Gluͤckſ.⸗ 
Lehre, 2te A. ©, 218: ‚dort wird es fih zeigen — — 
belohnen. 


608 W. 
Weltger., (Abſond. des Bildl. ind: neuteſt. Befchr. des) 


mit den I2 Apoſt. umgebenen weißen Thron auf bey— 
den Seiten zur Rechten und Linfen ſtellen, daß die 
Bücher würden aufgefchlasen und den M. Gottes Urs 
theil würde befannt gemacht werden, und daß dann 
der Erdboden wanfen und in Trümmer fallen würde. 
Das alles find Bilder, die nichts wirkliches zum 
Grunde haben. Sondert man diefes Bildliche ab: fo 
heißt dag: die Fünftige Gluͤckſeligk. und Unglückfeligk. 
wird von der Art und Weife, mie wir bier auf Ers 
den gelebt Haben werden, abhangen. . Das zukünftige 
Leben ift ein Stand der gerechteften Vergeltung. Gott 
bat in demfelben dieienigen Anordnungen gemacht, die 
dazu etwa erforderlich find, um iedem fein verdientes 
Schickſal anzumeifen. Wer wird ein Bild — ein 
Gleichniß für die Sache felbft halten? Wer iemand 
bier war, was er von Gott zu erwarten hat, dag 
wird er fhon aus feinen Vorbereitungsftunden abneb- 
men fönnen, und das wird ihm fchon fein Gemiffen 
fagen. „Was brauchte es der aufgefchlagenen Bücher, 
„wo unfer vollig erwachtes Bewußtſeyn, die ganze 
„Summe unfers £ebeng, die in lebendigen Zahlen in 
„uns glüht, ia die ganze Geftalt unferes neu ermech 
„ten geiftigen Körpers, der, wie er dafteht, ganz Aus— 
„druck der Seele und ihres innern Bewußtfeyne ift, 
„genug aufgefchlagene Bücher find. Mag bedarf es 
‚eines langen Verhoͤrs, wo die Entfcheidung des 
„Richters, ia die verborgene Moralität und Immora— 
„lität des M. ietzt als helles Naturgefeg fo offenbar 
„und allgemein werden wird, als irgend ein Naturge— 
„ſetz der Welt wird? Alles wird natürliche Aerndte 
„einer natürl. Gaat.” Herder’8 Briefe üb. d. 

theol. Stud. zte Samml. ©. 167. 168. v 
Es wird durch diefe Bilder das Fünftige Weltgericht 
nach der weltlichen, im Morgenlande üblichen, Art, ein 
Gericht zu halten, gefchildert, wornac, der Kong als 
Richter auf einem Thron faß, feine Diener, welche 
den Deflaaten und den Kläger vorgefordert haften, 
um denfelben ftanden und Beyſitzer waren, wornach 
ein ieder einzelne vor den Nichter geladen wurde, und 
dann die Klagefache genau unterfucht und endlich das 
Urtheil Öffentlich und laut befannt gemacht wurde. 
Tach iuͤdiſcher Weife zu richten, wurden — 
welche 





2 : 609 
Weltgericht, Art und Weife deffelben.) | 


welche freigeſprochen wurden, zur rechten Hand, die⸗ 
ienigen aber, welche verurtheilt wurden, auf die linke 
Hand des Richters hingeſtellt. 


Wenn man aus ver Offenb. Joh. z. B. in, If. 20, ı2 $, und 
Matth. 25, 46 geſchloſſen hat, daß am Geridytstage eine eiz 
gentliche Unterfuchung der Thaten iedes einzelnen M. nad 

den. vorhandenen Büchern und eine langſame Prüfung derſel— 
ben erfolgen, oder daB teder werde verbört werten; ia daß der 
Richter fogar ieden einzeln befragen, diefer darauf antworten, 
fi) zw entſchuldigen over zu rechtfertigen fuchen werde, daß 
der Richter Zeugen auffordern und anhören und jedem einzeln 
fein Urtheil mit beygefügsen Gründen bekannt machen werse: 
fo iſt das offenvar nach der Urt, wie ein menfchtiches Gericht 
ochalten wird, eingerichtet und Feinesweges eigentlih zit Vers 
we *. Es lößt fich dieß bey der Vorfiellung, dab der Allwiſſ. 
und * Allmächtige Gericht halte und dab fon das eigene Ges 
wiſſen bey einen teden M. das Richteramt Verwalter u. ihm feine 
Wuͤrdigkeit oder Sträflichkeit nad) dem Inhalt der gdtt!, und 
der Noturgeſetze vorhalten wird, von ſelbſt als ungegruͤndete 
Meinung auf. Es finder teshalb auch gar nicht ver Ges 
danke flatt: wie ya e5 möglich, Daß fo viele M, en einem 
Tage, binnen 24 Stunden, gerichtet werden Eönnen? werden 
nicht dazu viele Sabre erfordert werden? denn man muB nicht 
bey sem Ausdruck Tag verweilen, Tag bezeichtet iin n. T. 
überhaupt Zeit, Der Tag des Gerichts ift die Zeit, da 
Gott allen M. vergelten wird. Weshalb wollte mat alſo we— 
gen der Dauer des Gerichts beſorgt ſeyn? Ueber bie Art und 
Weiſe des Gerichts kann man auch nichts befiinmen, denn 
wem ift die Zukunft aufgeſchloſſen? Men muß beſcheiden das 
Gott uͤberlaſſen u. blos ſich die Hauptwahrheit merken: „wir 
alle werden einſt eine hoͤchſt gerechte Vergeltung erhalten,’ 
Freilich bey der Meinung: daß iuͤngſter und detzter Tag 
des M. Sterbetag bezeichne, und daß fein Todestag für ihn 
der Uebergang zur Uuſterblichk. iſt, bleibt gar Feine Bedenklich— 
keit uͤbrig. 

D. Sunge in Doͤderlein's Rel.-Unterr. Th. X. S. 304:307 
meint, daß das Bildlihe und Ginnliche in den Beſchreibb. des 
MWeltgerichts Feinesweges unfihielid und Sottes unwuͤrdig ſey. 


Die Art und Weife, wie wir werden gerichtet 
werden, oder Die außerl. Umftände, womit diefe Bes 
gebenheit verbunden ſeyn ni ift ung bier fo guf, 
wie die DADENRDELE ienes Lebens HERNE: at 








*) Bal. über Beydes — comm. exeg. hiſt. T.H. p- 


7212022 


Pre 


Chriſtl, Gl. Zehre f. d. Canzelgebr, R TH. 9 q 


610 i W. 
Weltgericht (das kuͤnft. — Art u. Weiſe u. Zeit deſſelb.) 


konnte und wollte aus guten Abſichten uns das nicht 
entdecken. Wer kann von einer kuͤnftigen Begebenh., 
welche fo einzig in ihrer Art und von allen unfern 
Erfahrungen verfchieden ft, etwas Gewiſſes fagen? 
Es fonnen ung auch die Außerl. Umftande des Welt: 
gerichts gleichgu tig ſeyn. — 

Eben ſo iſt uns die Zeit, wann das letzte Gericht 
gehalten werden wird, völlig unbefannt. Es wird 
unmittelbar auf die Auferft. des Leibes erfolgen; denu 
Joh. 5, 20:29; Offenb. 20, 11:13. werden beyde Er- 
folge mit einander verbunden. Es ift auch dieſer Zeit— 
punkt der bequemſte, wo die M. anfangen follen, die 
Folgen ihrer Handl. auf Erden zu arndten, als gleich 
nach ihrer Wiederberfiellung zum neuen Leben, wo fie 
ſich wieder ganz fo fühlen, wie fie ehemals befchaffen 
waren. Naͤher laͤßt ſich die blos bekannte, uns — 
und ſelbſt Jeſu Chr. unentdeckte Zeit nicht angeben, 
Matth. 24, 36; Marc. 13, 32. Die Ankunft des 
Weltrichters wird ploͤtzlich, unvermuthet und unerwar- 
tet folgen, Luc. 21, 34. 35; 1Theſſ. 13233⸗ 
Ende; 11 en 3, 10. Es gibt feine Vorzeichen 
vom iuͤngſten Tage *). Man iert daher, wenn man 
in gewiffen MWeltbegebenheiten, in großen Umwaͤlzun— 
gen der Erde und der auf ihr wohnenden Nationen, 
oder im Zunchmen des Unglaubens und der Laſterhaf— 
tigfeit die Zeichen de8 herannahenden Weltendes er— 
blicken, und fie Andern mit einer Sicherheit, als ob es 
ung befonders offenbart worden wäre, verfündigen, 
Dder es aus der Offenb. oh. berechnen will. Der 
legte Erden» (Welt-) Tag fann noch viele Jahre 
und Sahrhunderte entfernt feyn, aber auch bald, viel- 
leicht noch heute oder morgen einbrechen. 

Es kaunn fich auch in der Folge ereignen, wie es im Sept. 1302 der 
Sal war, daß Aftroisgen und Öeifterfeher Teichtglänbige und 
unaufgeflärte M. durch Voranssefimmung des iuͤngſten Tages 
in Schrecken ſetzten, wie es 1786 der verſtorb. Superintend. 
Ziehen that; dann wäre es gut, daß Rel.-Lehrer predigten: 
„aus phyſikaliſchen Gruüͤnden kann hod dag Ende 
unferer Erdenwelt weit entfernt feyn.“ Denn 
I) bis siegt Liegen noc) ungeheure Streden der Eröfläche uns 


) S. Leß a. a. O. S. 776. 77. | 


ee. | 611 
Weltgericht, (das kuͤnftige — Zeit deſſelben.) 


angebaut und wuͤſte. Pur ein Drittheil der Erdkugel iſt trofz 
kenes Land. Die Erde iſt alſo noch von wenig M. bewohnt, 
0) Bey weiten if der Eleinfte Theil tes M—sefihlechts bi 
dahin gebildet. Auch diejer ifi es nur in einem geringen nies 
drigen Grade, Wie langſam, unter welchen mancherlei Ab⸗ 
wechfelungen, (oft durch Ruͤckgaͤnge) vom Guten zum Beſſern, 
von diefem zum Schlechtern fihreitet die Bildune fort. 3) St 
nicht die M—heit einer noch immer grödern Bildung fäbig? 
Wesh. follte der Allweiſe die Erdenzeit dazı aufheben? Alles 
ſcheint uns eine immer beglüdtere Zueu ft und weis 
fere m fittlihere Menſchheit zu verkuͤndigen. — 
Wenigſtens follten Rel.-Lehrer zu der Zeit, wo Pfeuboprophes 
'ien den Weltgerichtstag anberaumen, von der Kunft predigen, 
em hohes Alter zu erreichen. i 


Bol. unten den Urt. Zukunft Jeſu. 

Weshalb dag künftige Weltgericht erſt zu feiner 
Zeit, feierlich und öffentlich, nder vor aller M. Augen 
werde gehalten werden, dieß laßt ſich auch nicht nr. 
fentlich angeben. Gott fann dazu Urfachen haben, 

die uns ietzt unbekannt find und deren Schicklichkeie 
erft uns in der Zukunft einleuchten wird. Jeſus fol 
Dadurch efwa in feiner Erhabenheit, in feiner Ober— 
herrſchaft über alle M. dargeftelit, auf eine ‚fan. Art 
beſtaͤtigt und ſeine Verehrung, wie die des oe be⸗ 
foͤrdert werden, Rom. 14, 195 Up. ©. 17, 31 *). 
Sehr aufmunternd fürs Gute, fehr ——— — 
das Dofe wird es ſeyn, daß dadurch dann alle bier 
- im Berborgenen gefchehene und unbefannt gebliebene 
vorzüglich edle u. gufe, u. auch die fchlechten Handl. 
Sf: atlich werden bekannt gemacht und zur offenel. 
Lobpreiſung u. zum feierlichen Ruhme oder „gu Schande 


und Beſchaͤmung vor alen Engeln und M. gleichfam 
zur Schau geſtellt und Die letzt ern mit ——— ge⸗ 
brandmarkt werden, I Kor. 4, 5. Eine dadurch ge— 


fchehende öffentliche —— und Verherruchung 
der goͤttl. Gerechtigk. fuͤr alle M. auf einmal iſt kei— 
neswegs zwecklos, und endlich bezweckt und bewirkt 
Gott durch das Weltgericht die vollige Schei— 
dung zweyer großen Gefellfch. der M., der 
ofen und Guten. Heyden werden ganz verſchie— 











) Vgl. Mori comm, exeg. hıft. in epit. Vol. I. p. 
120, Soll vielleicht — — eius rei veniant. 


Q0 2 


612 28, 
Weltger., (bey demf, erfolge die Trenn. d. Boͤſe v. d. Gut.) 


dene Zuſtaͤnde und Wohnorte u in denfelben mehrere 
Abtheilungen nach) Den verfihiedenen Stufen ihrer Gut— 
n. Bssartigkeit angewiefen u. fie dahin geführt wer: 
den, Luc. 16, 26; IL Petr. 3,13. Die Srennung 
der Boͤſen und Guten ift nothwendig, ber 
Ruhe und des feligen Gluͤcks leßterer und auch ber 
Höfen felbft wegen. Die Guten fann Gott nicht ewig 
in Unruhe faffen. Sn der Geſellſch. der Boͤſen wür- 
den fie auf mannichfaltige Weife beünruhigt oder doc) 
befümmert werden. Die Unart der Dofen, wenn fie 
ihnen auch nicht ſchaden koͤnnte, wuͤrde fie, wenigſtens 
betruͤben und kraͤnken. Die Boͤſen aber wuͤrden durch 
das höhere Gluͤck des Guten theils zum Neide und 
Unmillen gereist werden, theils den großen Abftand 
mit Schmerzen fühlen. Ein minderes Glück Sau; 
wenn man auch von einem hoheren Glück weiß, 
aber nicht finnlich Fennet, oder ſich nicht davon —* 
deutliche Anſchauung, was es eigentlich ſey, machen 
kann, mit Zufriedenh. genoſſen werden, da daſſelbe, 
wenn man ein ungleich hoͤheres Gluͤck anſchaulich 
kennte, ein Ungluͤck ſeyn wuͤrde. Gott wird gewiß 
nicht ſeine Guͤte unnuͤtz oder ſchaͤdlich anwenden. Er 
wird daher auch nicht vern. Geſchoͤpfe zuletzt in eine 
Welt ſetzen, die nicht für fie iſt, oder deren Guͤter von 
ihnen gemißbraucht werden wuͤrden. Die Boͤſen und 
die Guten werden alſo in ganz verſchiedene Gegenden 
verſetzt und ieder M. in eine ſolche Lage gebracht wer— 
den, in welcher er das ewig ge nießt, was ſeine Tha⸗ 
fen werth waren. 


2) Jeſus Chriſtus wird der Weltrichter ſeyn. Die 


fen hat Gott zur ewigen Entfiheidung des Schieff. 
der M. beſtimmt, ibm das Gericht übergeben- und mit 
goͤttl. Kraft dazu verfehen, Ap. G. 17, 31; 10, 41. 
42; Joh 5, 22; Rom. 14, 9. 10; II Kor. 5, 10. 
Er bat fih auch durch fl Erisfung eine Herrſch., ein 
Eigenthbumsrecht über die Menfchen erworben und die 
h. Schr. betrachtet dag Gericht als eine Bollendung 
de8 Erlöfungswerfs. Dieſer Umſtand gereicht den 
Freunden des Guten zur größten —53 Denn 
ein Richter, welcher ſelbſt Fenſch war, kennt die 
Schwachheiten der menſchl. Natur, u. weiß die ganze 
Art, wie M. empfinden, aus Erfahrung. Er fennt 


/ 


W. | 613 
Weltger., (das kuͤnft. — wird fich üb, alle M. erſtrecken.) 


aber auch ihre Herz und weiß, daß fie ihn Liebten. Er 
bewieß ſchon durch f. Tod die größte — zärtlichfte 
Liebe, liebevoll wird er auch richten. Aber den Gott- 
lofen erfcheinet er nicht zum Troſte, Judaͤ V. 14. 15. 


3) Jeſus Chr. wird Alle M. ohne Ausnahme 
richten, die ie auf der Erde gelebt haben, von we Icher 

Mel. fie auch gewefen feyn mögen, und die beym An— 
bruch des Weltger. noch leben werden. Nicht nur 
feine Diener werden vor ibm Mechenfchaft ablesen, 
nein, auch alle feine Befenner in ae Erdgegenden, 
die Guten mie die Bofen, die Ger. wie die Unger., 

- felöft die bofen Engel. Seiner von ben M. wird zu 
groß feyn, welcher deshalb vom Gerichte dürfte aus— 
gefihloffen werden. Keiner ift zu niedrig, geringe und 
arm, welcher koͤnnte überfehen werden. Dieß liegt in 

‚dem Worte alle in II For. 5, 10; in den Worten: 
Der Kreis des Erdbodeng, Ap. ©. 17, 31; in 
oh. 5, 28. 29. und in Nom. 14, 10 [am Ende]. 

4) Das, was Gott durch Jeſus Chr. richten 
wird, wird folgendes feyn: nicht die frdifchen 
Borzüge, Anfehen, Ehre und Keichthum an fich, wohl 
aber ihre Anwendung: 

a) Die Gedanken und Begierden der Men— 
ſchen, I Kor. 4, 5. Denn Gott weiß alles genau, was 
wir Gutes oder Bofes gedacht haben, wenn es auch 
nicht laut wurde. Die auten und böfen Gedanfen 
find eben fo verscltungswürdig als die Thaten, f. 
hr. Mor. f.d. Canzelgebr. den Art. Gedanfen. 
II. a—d. 37 B. ©. 94-96. und Lange und Sch d> 
ners Fehren und V. deg vern. Chriftenth. in Predd. 
üb. d. Ev. ©. 579 ff.: „Gedanken find nicht zoll— 

frey.“ Selbſt das Entſtehen böfer Gedanken iſt in 
manchem Betracht eine Suͤnde und ga M. iſt des— 
halb verantwortlich, welches nach Jac. 1, 14. nicht 
geläugnet wird.- Sie haben in eds, mas der M. 
vermeiden fann, ihre Beranlaffıng. Zi Gedanken 
reizen den M. zur Luft, dieſe gebiert die Siinde. 

b) Die orte und Reden der M., Matth. 12, 
36. 37. Wegen alles Boͤſen, welches M. geredet, we⸗ 
gen aller Worte und Reden, womit fie ihren NRaͤchſten 
beleidigt, oder befchimpft, oder geärgert und verſchlim— 


6 14 W. 
Weltger., (d. kuͤnft. — bezieht fich 16. Worten, Thaten. 9 


mert, oder nichts Gutes bewirkt haben, 4. B. Ver- 
wänfchungen, Fluͤche, Verlaͤumdungen, Zoten, ſuͤndl. 
Scherze, Laͤſterungen, Narrentheid sungen u. f. w., 
werden fie Rechenſchaft ablegen müffen; f. dr. Mor. 
f. d. Gangelgebr. in d. Art. Reden, Sherzg 
Laͤſterungen, Gottesläfterung, Zoten x. 

c) Alles, was die M. gethan haben, (U Sor. 
5, 10.) u. zwar nachdem fie den Gebrauch) ihrer Ver— 
nunft und Unterricht erhalten hatten. Nicht nur 
das, was befannf geworden ift, was mehrere Mit— 
menfihen fahen, deutlich wußten, oder davon Bone, 
fordern auch dag, was durch Naht und Dunkelheit. 
bedeckt, ohne Zeugen und heimlich verübt, was nie 
irgend einen: M. bekaunt geworden iſt, wird gerichtet. 
werden, I Kor. 4 5 (bier heißt dass im Finſtern 
Herborgene daß Unentdeckte und die unbekannte 
Boͤsartigkeit. Rath des Herzens heißt hier ſo 
viel als die innern Anſchlaͤge, „heimlich gehaltene Ab— 
fichten, — 2c.); Nom. 2, 12-16; Pred. 
12, 14. Das ganze Gewebe menfchlicher Handl. und 
Shaten, welches feit der Dauer der Melt entftanden 
ft, wird nach ſeiner wahren Beſchaffenheit entwickelt 

. und die wahren Arfachen und Beranlaffungen (bie 
Zriebfedern zu den) der Begebb. und Handl. nebft 
ihrem eigentlichen und verborgenen zufammenhang 
aufgedeckt werden. Die geheimen Anfchläge und Ver— 
abredungen der M., um etwas Gutes oder Boͤſes zu 
thun, wenn fie gleich nicht ausgefußre wurden, und 
die Abfichten ben ihren Handl. werden dann aufge- 
deckt — aufs Offene gebracht werden, Gyr. 32, 9. 
Gott wird dag Eee Betragen der M. richten und 
—* nach iedes M. eigenen Faͤhigkeiten, Gaben und 
Gelegenh., die er zum Guten ꝛc. "hatte. Vorzüglich 
wird dann nicht vorzugsmweife auf den Glauben oder 
darauf Ruͤckſ. genommen werden, zu welcher Rel. und 
Sekte wir ung aͤußerlich bekannt haben. (Matth. 7, 
21:23.) Am iuͤngſten G. wird es ung nicht zu ſtat— 
ten fommen, wenn wir zwar als Chriften geboren, 
getauft und erzogen worden find, ein chrifil. Glau— 
bensbekenntniß abgelegt und nachher die chr. Rel.⸗Ge⸗ 
brauche mitgemacht und auf Beibehaltung des rei— 
nen Lehrbegriffs mie Eifer gehalten, aber nicht unſern 





IB, | 615 
Weltgericht, (das Eünftiige — Norm deffelben.) 


Glauben mit Tugendfrüchten bezeichnet haben, fondern 
Jeſus wird die Hauptfrage vorlegen: Lebtet ihr auch 
wohl nach eurer Nel.? oder dem angewandten Theil 
‚eures Glaubens gemäß 2? Ganz befonders wird Je— 
ſus nad) den Er sifungen der M—liebe, nach men 
ſchenliebenden Neigungen u. Handlungen, nach dienſt— 
fertiger Theilnahme am a und Wehe Anderer 
— Rachfrage halten, Matth. 25, 3ı fa Die 
Bernachläßigungsfünden in vetreff der Naͤchſtenliebe 
werden in dieſer Stelle als Urfache der Berurtheilung 
- zur Unglück. (ewigen Bein) und die Erweifungen ehr. 
Dienftfertigfeit, Wohithätigf. und M—liebe als die 
Urfachen der ſeligſten Belohnungen (des ewigen Le—⸗ 
beng, der Grerbung und Bei enchme des aͤnzſt den 
Menfchenfrennden zugedachten Reichs) dargeſtellt. 
Jeſu große Vorſchrift der —— wird alſo der 
Maaßſtab ſeyn, wonach der ſittl. Werth eines ieden 
M. mit unbeſtechl. Gerechtigkeit entſchieden werden 
wird. Offenbar muͤſſen alfo alle Lafter und Untugen- 
den, die zur Sterung menfchl. Gluͤckſeligkeit beitragen 
und M—haß darlegen, zur — der Guten unfaͤhig 
machen, Galat. 5, 19:21; I Kor. 6, 9. 10. — De 
Weltenrichter wird am gr. Gerichtstag gleichfam fras 
gen alle Hohe der Erbe: Habt ihr die großen Vor— 
Sin uud Kräfte auf eurem hoͤheren Standorte fo ge— 
wiffenhaft - redlich, alg möglich war, verwalter? Habe 
ihr Dadurch die Druhe, Sreude und die ird. Wohlfahrt 
eurer Antergebnen befördert? Habt ihr Unrecht vers 
huͤtet, Gerechtigfeit befördert? Habt ihr, die ihr meh— 
rere Einfichten als eure Mitm. hattet, dadurch meine 
Größe, Güte, Weish. denfelben einleuchtender 
fie auch zu ihrem Gegen angewandt, Vorurtheile un 
Abergl. bey ihnen ausgerottet? Habt ihr fie —— 
ihnen in allem Guten vorgewande it, ihren Fleiß befor⸗ 
dert? waret ihr Sürften — Hafer eurer Bolter? 2 Verſor⸗ 
ger der Armen — Befoͤrderer des Gemeinnuͤtzlichen? 





*) Bey der Erinnerung an fo viele in der Chriſtenh. herr⸗ 
ſchende Rel.-Partheien iſt es ein beruhigender Gedanke: 
einſt kommt doch die Zeit, wo der Sektenglaube auf: 
hören, und der Alleinglaube an Sittlichkeit fib 
einfinden wird, 


616 W. 
Weltgericht, (das kuͤnftige — wird alles aufdecken) 


Fragen wird er alle Beguͤterte: habt ihr, die ihr 
hinlaͤnglich Mittel in Haͤnden hattet, euren Mitm. 
beyzuſtehen, den Nothleidenden bengeftanden, nuͤtzl. 
Anſtalten errichtet und vorhandene unterſtuͤtzt? Habt 
ihr Hungrige geſpeiſt 2c.? waret ihr reich an auten 
Merken? ſetztet ihr nicht allein eure Zuverſicht auf den 
fo leicht einzubuͤßenden Reichth., fondern 2.2. Shr, 
Die ihr bey euren Mitm. gelitten und geachtet Ban: 
habt ihr fie zum Guten angeleitet u. ſ. fe? Es wird 
der Nichter alfo nach der Ausübung gufer — Men 
fchenliebe darlegender Werke fragen. Daß Jeſus 
nicht auf den Glauben der M., auf ihr Net. Be⸗ 
kenntniß, auf ihr Mit machen frommer Gebränche, auf 
vieles — verftandlofis Beten, auf den Eifer für die 
reine Lehre, auf die Verfolgung der ehemals genann— 
fen Ketzer u. ſ. w. feben wird, iſt natürlich; — denn 
folchen M. fehlt es am thaͤtigen Glauben, welcher al: 
lein beſeligt. Die Hauptfache im ieder Rel., die 
Summe des ganzen Thriftenth., dag rechte Weſen def 
felben iſt — Herzenggüfe und Frömmigkeit. Lieben 
wir Andere mie der That, fieben wir ihnen in Noth, 
Armuth, Krankheit nicht blog durch unfer Bedauern 
und Mitgefühl, fondern mit Dienften, Verpflegung, 
Mitrheilung u. f. w. bey, und helfen wir fo vielen, 
als es uns meglich it, fo zeigen wir den achten 
Glauben, und — daß wir gebefferte Chriſten find; 
denn I oh. 4, 20. (am Ende) ift vollige Wahrheit. 

Am Weltgericht wird alfo offenbar werden : 
aa) Die innere Befchaffenheit des M., def- 
—— Geſinnungen (Herz) ; 

I Kor, 5, 14; Matth. 10, 265 I Tim. 5, 24. 25; 
red. 12, 14. oder der innere Zuft. der Seele. Die 
M. werden dann, ba alle Verbindungen und Selbſt— 
täufchungen wegfallen, ſich felbft und ihre Geſinnun— 
gen und Die ganze ine Lebensart im Lichte Der 
Wahrh. und des Gewiffens erfennen. Wenn hier 
ſchon M. ihre M itmenſchen aus ihren Mienen, Betra— 
gen, Benehmen u. Reden erkennen, wie vielmehr wird 
ſolches dort geſchehen, wo die nicht mehr mit dem 
groben Koͤrper verſehenen Seelen ſich deutlichen und 
alſo auch die im M. ſelbſt liegenden Urſachen ihres 
Benehmens erkennen muͤſſen. Deshalb, daß dann der 





2 ! 617 
Weltgeviche, (das fünft. — wird alles aufdecfen.) 


Mi fi und Andere aufs genaueſte erkennen, wird, 
wird ieder die Gerechtigk,  Weish. und Gute Gottes 
in ihrem wahren Lichte einfeher und bewundern. mifs 
fen. Seder ſieht die treffenden Gründe, weshalb Gott 
J—— belohnt oder beſtraft, weshalb er dieſen in 
dem habern; jenen im dem geringerm Grade belohnt 
oder befiraft? Dich wird. ſehr zum Guten aufmuntern. 
Wie beruhigend. wird dieß für Fromme ſeyn, wie ſehr 
wird es die Gottloſen erſchrecken, nun es zu erkennen, 
daß ſich dieſes Leben genau auf das kuͤnftige bezieht; 
wie man da nur wegen ſeines Tugendflei ißes geſbaͤht 
werde; wie Tugenden u. Suͤnden in ienes Leben hin— 
uͤbergehen u. binüberreichen, u. unfern Werth u. unfer 
+. Schiff. entfcheiden helfen, wie alfo 1ede Haͤndl. dort 
Einfluß auf den Grad unferer Glück = oder Ungluͤckſ. 
habe. Denn der fittlihe Werth oder Unwerth ihrer 
Handl. iſt dann ihnen ſelbſt entſchieden und mit ihnen 
dag innere. Gefuͤhl ihrer Entakeie oder Unſeligkeit. 
Diet benaulane! die oben S. 611 f. erwähnte eh, 
von ſelbſt. Denn weil alddann teder ſowohl das 
Innere iedes Andern anfchaulich erfennen wird, als 
auch weil die Seele die Steigung bat, dag zu fachen, 
was ihe ähnlich und mit ihren Gefinn. und ihrer Hand» 
lungsart übereinflimmend iſt, werden fih M. von 
gleichen Sefinnungen und Schieffalen zu einander ge— 
fehlen. Gute werden fi nur zu Guten, Bofe nur zu 
böfen M. Halten. Sene treibt. ihr inneres Gefühl 
und ihre Herzensgüte au, ſich ſowohl Gott, welchen fie 
lieben, als auch den das Gute licbenden Geelen zu 
nähern; die ſe — fih von ihm und den Frommen 
zu entfernen. Letztere glauben in der Geſellſch. unſeli— 
ger Berworfener Geifter eine Linderung ihres unglückl. 
Schickſals zu finden, Matth. 25, 34. 41. 
bu Die BEWERBUNG der Zeit „und beſonders der 
Mußeſtunden. — Das Urtheil Jeſu Chr. am gr. 
Weligericht von welchem man an fein höheres 
Gericht wenden kann, wird fogleich vollzogen erden, 
oder, es wird fogleich in Erfüllung gehen, Matth. 
25, 46. Jeder wird fogleich dasienige Loos erhalten, 
was feiner Maffahrung gemaͤß if. 


5) Wiewird I Jeſus Chriſtus alle Menfchen 
richten? 


618 W. 
Weltgericht, (das kuͤnftige — wie wird es ausfalten?) 


a) vollig unpgartheiifch, auf das gerechteſte. 
Sein Urtheil iſt unbeſtechlich und unbefangen, Nom. 
2, 11. Bey ihm gilt Fein Anſehn der Perſon. Bor 
ihm findet Feine Taͤuſchung ſtatt, vor ihm Hilft Feine 
Verſtellung und Heuchelei. Er richtef ganz nach dem 
Verdienſt oder Werth und nad) der Würdigfeit, fo 
wie es ihm als einem gerechten — heiligen Richter 

anftändig tt. Jede Handl. wird er nad) ihrem wah— 
ren inneren Serth beurtheilen, nicht nach dem, was 
ſie vor den M. gegolten hat; iedem wird er den Platz 
anweiſen, welcher ſich zu ſeinen Faͤhigkk. zu feinen 
herrſchenden Gefinnungen paſſet; den wird er lohnen, 
wer des Lohnes werth und faͤbig iſt; Den aber ſtra— 
fen, welcher 2c. Dann gelten Feine Ausfluͤchte, Feine 
Entfchuldigungen und Befchönigungen feiner Vernach— 
laͤßigungen und Sünden, Soh. 15, 22; Matth. 7, 22. 
Gott kann und wird unparth. richten; denn alg 
der Allwiſſende weiß er untrüglich alles, auch die Ab— 
Ron und Sefinnungen der M. Bor ihm als dem 

Hifgerechten ift auch gar Feine Partheylichkeit denkbar. 

b) Er wird darnach Die PM. richten, aa) ie nachdem fie 
Sähigfeiten, Kräfte, Gelegenheiten zur Selbftbildung, 
sum Guten, zur Gemeinnüslichkeit, zur Erlangung von 
Kenntniſſen und Einſichten, Di uͤlfsmittel, Unterricht ge— 
habt und ſie redlich oder ſchle cht, oder gar nicht benutzt 
haben; ie nachdem ſie hier ihre Kräfte (leibl. u. Geiſtes⸗ 
kraͤfte) nuͤtzlich ſowohl fuͤr ſich als fuͤr Andere geuͤbt, 
Gutes geſtiftet, ihre Pflichten erfuͤllt, M—liebe erwieſen 
u. ſich durch Herzensguͤte u. Adel zu einer ausgeſuchten 
Geſellſch. frommer Auserwaͤhlten geeignet haben, Luc. 
12, 45. — bb) ie nachdem fie in Hinficht des Guten 
mit Hi inderniffen und Schwierigkeiten und Verſuchun— 
gen zu kämpfen haben. cc) Jeder M. wird nach der 
Nichtfäjnur der ihm bekanut gewordenen, ſein Betra— 
gen — —— —— Geſetze gerichtet werden, und zwar die 
Juden, Heiden und die, andern Rele-Partheien erge- 
benen, Mẽ werden nach ihren eingefchränfteren Kennt— 
niffen, der Ehrift aber nach der vollkommneren Bes 
lehrung der h. Schrift, der Heide wird nach dem 
Licht der Natur und feinem fittl. Gefühl (Mont. 2,15), 
der Jude nad dem alten Teft. |. Urtheil erhalten. 


Jeder fo, als er gehandelt — ſich betragen hat 


W. | 619° 
Weltgericht, (das kuͤnftige — Beweiſe 7 daſſelbe.) 


bey Leibes Leben, (II Kor. 5, 10. — alſo nicht nach ſ. 
Rel. - Wiffenfch.,, nach‘ dem bloßen Glandben). Ber 
ohne ein geoffenbarte 8 Gefeg gefändigt hat, wird auch 
nach feinen geringern Kenntniſſen gerichter werden, 
Rom. 2, IT-16; Xuc. I2, 17= 48; Matth. 25, 14-30. 
Chriſten werden, wenn ſie — ihrer Erk., ihrem Gl. 
gemaͤß gelebt haben, eine ſchwerere u und größere Wer: 
antwortung haben, I So). IE 22.0: 

I. Bemeife für Das alle. Weltgericht. 

1) Die Vernunft macht es ſchon wahrſcheinlich u. ge 
wiß, daß es ung bevorſte be; denn 

Sobald man die Unfterbl. der Seele glaubt, muß 

mon auch) annehmen, daß in tenem Leben ein ihrem. 
Berhalten gemäßes Schickſal auf fir warte, da dich 
die Natur der Seele fordert. | 

9 Es gruͤndet ſich die Gewißheit des Weltgerichts auf 
ie Kenneniß son Gott und feinen Eigenfchefien. Gott 
ift ia das vsllkommenſte, heiligfte, gerechteſte, weiſeſte 

und Zuͤtigfte Weſen. Er iſt ein unveraͤnderl. Freund 
der Tug. und ein ewiger Feind des Laſters, und ift 
zugleich unſer Oberherr. Schon hier iſt alles ſo ein— 
gerichtet, daß gute Hendlungen gute, — boſe Handl. 
aber böfe Solgen haben. Es kann ibm alfo nicht 
gleichgültig feyn, wie wir bier gefinnt find und han 
dein. Ihm bleiben wir als feine Gefchöpfe für alles 
verantwortlich, und wie e3 feine Gercchkigfeit over 
der ewig nothwendise Unterfihied des Guten und Bo— 
fen nach der Beſchaffenh. unſers Verhaltens erfordert, 
belohnens— oder beſtrafenswerth. Das weiß und er— 
fahre ſchon der M. im Ert enleben. * Zi er Anrecht 
gethan: fo ſtraft ihn fein Gewiſſen. Dieß Gefühl 
vegt und außert fich bey ihm in dem Ma * zart oder 
lebhaft, als ſein Berfta: id richtig urfheile und fein 
Herz gut if. Wer gefändigt bat, kann nicht mehr 
mit Ruhe an Gott denfen und fühle ſich vor ihm 
firafbar, fo wie ihm Dagegen bey einem auten Gemwife 
fen der Gedanfe an Gott mit angenehmen —— 
erfuͤllt. Iſt dieſe unwillkuͤhrliche Gelbftbeurtt yeilung 
fhon bier, mie vielmehr wird fie bey den ben ©. 
613. 14. angeführten drei wahrfcheinlihen Voraus— 
fegungen in der Ewigf. ſtatt finden. Es muß auch 
ienes Leben eine ununserbrochene Fortſetzung des ge— 


620 N W. 
Weltgericht, (das kuͤnftige — Beweiſe, Anwendungen.) 


genwaͤrtigen geiſtigen ſittl. Lebens ſeyn Hier iſt die 
— — des Gluͤcks ungleich. Hier werden nicht 
alle Gute belohnt, und nicht alle bofe MR. beſtraft. 
Die größten DBerbrechen «eben bier oft unbeftreft 
durch und die edelften Tugenden bleiben unbeloßnt, 
Nred. 3, 16. 175 8%, 14; (12, 9.) Diefe lingleichheit 
wird einmal aufhoren, dieſer Mangel an Bergeltung 
einmal durch das Weltgericht wegfallen. | 

3) Der Zweck des Erdenlebens macht es wahrfchein: 
lich, daß eine Verantwortung alles deffen, was man 
bier that, erhalten hatte und war, unvermeidlich be- 
vorſteht. Hier fol der M. fih und Andere glücklich 
machen, bier fowohl fih als f. Mitm. zur Zufunft, 
zur ewigen Gluck. vorbereiten und bilden. Wie kann 
es gleichviel ſeyn, ob man diefem, Berufe nachgelebt, 
oder demfelben entgegen gehandert habe? Gal. 6, 9. 
Alſo muß e8 für den M. ein Gericht geben, welches 
ihm die verdiente Belohnung oder verwirkte Strafe 
zu erkennen geben wird. 
4) Es gründet fich das Weltg. auf die untruͤgl. Auss 
—* mehrerer Aeußerungen der h. Schrift, Jeſu und 

d. Apoſtel; Hiob 40, 5— 9; Pi. 7, 95 75 8596, ii 

08, 9; Pred. 12, 145 AP. 193175 Matth, 12 
36; 16 * 25, 31546; Nom. 2, 6. 16; I For. * 
5, H Son: 5,7 10. 8.0. 8% 

Schon Heiten baten bey ihrem Nachdenken über Gottes Regier. und 
die menſchl. Schickſ. auf Erden ein MWeltgericht vermuthet. 
Penn die Ehrifien unferer Beit heimlich dad Weltger. bezweifeln, 
fo ruͤhrt das von ihrem pflichttofen Leben und ihrem un 

Sewiſſen ber. 


Bol. en 8 Epiftelprebigten, neue A. or Th. 
S. 315 ff. — 

“ul Was folgt dargus, wenn ein Weltgericht 
ift, in Ruͤckſ. unferer Geſinnungen und un— 
ſeres Betragens? 

1) Daß wir oft an den großen Tag der — 
denken muͤſſen. Dieß fann nicht oft genug gefchehen, 
denn a) der tüngfte Tag, komme er heute oder nior- 
gen, oder erft nach vielen Jahren, (dag werß der Ewige 
nur) kommt, fo wahr ein Gott, ſo wahr er allgerecht 
ift, und fo wahr er ee durch f. Sohn bat werfichern 
laffen, daß ein Weltger. feyn werde: > Um demfelben 





3, 621 
Weltgericht, (das kuͤnftige — Anwendungen.) 


gemäß zu leben, muß man fuchen, b) daß der Ge 
danke an daſſelbe zum lebendigen Bewußtſeyn werde, 
welches uns überall begleiten kann. Bey der Ver— 
ſuchung zu ieder, auch zur kleinſten Suͤnde muß es 
uns ſogleich einfallen, daß uns ein zukuͤnftiges gerech— 
tes Weltger. erwarte. Mit ieder Erinnerung an eine 
Pflicht, die wir zu uͤben haben, muß man den Ge— 
danken verbinden, daß der, welcher ins Verborgene 
ſieht, fie uns oͤffentlich vergelten werde. Daher ge> 
woͤhne man ſich, um es dahi n zu bringen, von fruͤher 
Sugend, ernſtlich über Zeit und Ewigf. nachzubenfen. 
Bgl. Weſtphal⸗ s Predd. and. Sonn⸗ uhr. 
des 5. üb. BIrBuS ar 271:283 : Wahrheit, 
Wichtigk. und Annehmlichk. des Ged. an “ein zukuͤnf⸗ 
tiges goͤttl Ger: ht, üb. d. Ev. an 26. S. n. Tui 
2) Daun mug fihb auf f Tod und aufdas allg. 
gr. Weltgericht bey Zeiten, gebesrig, ernfihaft amd 
das ganze keben hindurch vorbereiten, AI’etr. 
1, 17; Ib Betr. 3, 71 u. 14.) oder fo hier) zu leben 
fischen, daß man einſt am gr. Weltgerichtstage getroſt 
und ohne Zucht vor Gott treten koͤnne. Zu une 
Horb Frei. gehört a) Behutfamf. und Borlid jeigf. 
feinem 8 u zwandel, deshalb I Thefl. 5, 6. Oiele 
M. chen unbefsrgt über den Yusgana ihres fündl. 
Lebens nach ihren Lüften, fie find ficher; wahre Chri- 
fien aber leben bedächtlich, fie wachen, fie find vorfich- 
tig. Um alfo iener Stelle nach nicht za ſchlaäfen, um 
nüchtern zu ſeyn, muß man fi) forgfältig vor altem 
hüten, wes man einft nicht wird vor Goft verantwor- 
ten koͤnnen. Man befleißige fih mit Ernſt, alle and 
iede Suͤnde zu meiden. Man kaͤmpfe gegen die Rei— 
zungen zum Bofen. Denn nach Pf. 5, 55 Roͤm. >, 
7:95 Meith. 5, 8. kann nur derienige fih vor Gott 
— — und ſich feiner Gnade getroͤſten, welcher 
iede fündl. Luft, Rede und That meidet. Der Glaube 
an das Weltgericht ift die Lebe rzeugung von der ewig 
gültigen Einrichtung, ‚daß e8 guten M. aut, boſen 
aber übel gehen werde. Das Boͤſe Fann nicht für 
immer verborgen bleiben. Auch loͤſcht nicht die Zeit 
das geübte Boͤſe wieder aus. Fließt noch fo viele 
zeit nach unfern Sünden bis zum Weltgericht hin; 
fo wird das doch nicht dieſelbe und die unausbleibl. 


622 W. 
Weltgericht, (das kuͤnftige — Anwendungen.) 


Folgen derſelben aufheben: Der Allwiſſende kann 
doch nichts vergeſſen und überfehen. Unſer nach dem 
Tode vervollkommneter Geiſt wird ſich einſt auch des 
bereits Vergeßnen wieder erinnern. Reue und Hoff⸗ 
nung auf Gottes Allliebe vermoͤgen nicht, veruͤbte 

Sünden zu vertilgen, ober deshalb, daß, Gott barm— 
herzig und bey ihm viele Vergeb. iſt, Fonnen mir 
nicht hoffen, daß er ung nicht zur Rechenfch. ziehen 
werde. Das Verrichtete und das Unterlaſſene muß 
und wird gerichtet werden. Von mehreren Seiten ift 
ung alfo die Nothwendigf. eines frommen Lebens eins 
leuchtend. Um aber fich von allen Sünden los zu 
machen, iſt es nothwendig, forgfältig fein Leben zu 
uneerfuchen und ftrenge zu beurtheilen. Man denfe 
fih) den unbefchreiblichen Schrecken der Günder, wel 
che der iüngfte Tag übereilt. She Herr, — ihre Stra- 
fen find de a, 100 fie dag gar nicht erwarfet haben. 

b) Wir müffen mit Eifer Gutes verrichten. Nur der- 
ienige kann einft vor Gott beftehen, welcher hier für 
fi) und Anderer Wohl thätig war, feinen Mitm. bey⸗ 
ſtand, gemeinnuͤtzl. Anftalten 2c.; denn Matth. 7, 21 
11,.28::295' 25, 34 N RRELHTO, 235 Fe. 17; Sf⸗ 
fenb. 22, 14. 

Beydes (a und b) darf deshalb nicht von ung ver- 
faumt werden, weil "der Gerichtgtag unerwartet kommt, 
und weil alle Augenblicke der M. in Gefahr flieht, - 
daß Gott, um ihn zu richten, fommen werde, Luc. 12 
37. Er darf ung nicht’ unerwartet übereilen. & 
wird ohnehin einge in Schrecken fegende Szene ſeyn ), 
um wie viel groͤßer muͤßte unſere Furcht und Angſt 
werden, wenn von a und DE. Gar. 22. dag Gegen— 
theil. verübt worden wäre. Wie erfreulich wird der 
legte Tag allır Tage dann den Frommen werden **)! 
Deshalb beachte man es bey aliem, was man vor⸗— 
nehmen will, daß wir davon Gott werden Nechenfch. 
ablegen müffen. Man erhalte fi mit aller Borficht 
— — gutem ns und sirebe, niemals bey Verſuchun⸗ 








— — 





— — — —— — —— — —— 








*) ©. Joh. Chryſoſtomus Predigten und El. — 
IXt 3. ©. 176 f. 


*x) Ebendaſelbſt, S. 175 fl. 


Weltgericht, (das künftige — Anwendungen.) 


gen unterzuliegen, I Joh. 2, 17. Man werde nie 
träge im Guten, Gal. 6, 10. Der Ged., alles wird 
einſt von Gott befiraft werden, warne ung vor Suͤn— 
den, gründe in ung Gewiffenbaftigkeit. Er fiy uns 
ein ftarfes Gegengift wider die Reizungen des Bofen, 
was ungefehen gethan merden kann. Er ſey ung eine 
Iebhafte Ermunterung, unbemerkt Gutes zu üben und 
unerkannt und unbelohnt hienieden ſchwere Pflichten 
zu erfuͤllen. Er mache unſere Tugend uneigennuͤtziger 
umb irkina®'; Ä 
c) Da die Beweifuugen der M—liebe hauptfächlich am 
MWeltger. den M. vertreten werden, fo ube man mit 
allem Eifer und Fleiß Gutehätigfeit gegen Dürftige, 
Nothleidende, Hülfiofe, Unberatbene, linverforgte, 
Wittwen und Waifen. Man mache fi) um Andere 
verdient. Man nehme Theil an Anderer Leiden, Ver— 
Luft u. Summe. Dan lindre ihre Noth durch Geld- 
beiträge, Mitsheil. der Lebensmittel, Kleidungsftüchen 
ıc. Man fiche der gedruͤckten Unſchuld, den boshaft 
Gemißhandelten bey. Man verrichte aber diefe thaͤtige 
M—liebe auf die rechte Art, ohne Stoß und Selbſt— 
erhebung, ohne damit Auffehn zu machen, ohne Prah— 
lerci, ohne es als etwas Verdienſtliches anzufehen. 
Schr ſchoͤn ſtellt deshalb Jeſus Matth. 25, 37-39. 
die Frommen ſo vor, als ob ſie ſich nicht einmal des 
Anderen bewieſenen Guten beſinnen koͤnnten, und daß 
ſie ihrer Gutthaͤtig- u. Dienſtfertigk. nur einen gerin— 
gen Werth beylegen; Matth. 6, 3. Man diene Andern 
und fey ihr Wohlthäter aus Gefühl der Pflicht, aug 
Gottes » und M—liebe. Das Gute entficht aus dem 
Olauben, dann trifft Match. 10, 42. ein. 
Dal. Scherer’g heil. Reden zur Bel. und Ber. 
f. d. Kinder des Lichts, Nr. 18: „über den Einfluß 
des Andenf. an die zuf. Mechenfch. auf menſchl. Ge— 
finn. und Denfungsart,“ über Luc. 16, 195 (von 
Tertor.) | | 
3) Kommt e8 bey unferm fünftig von Gott zu baren: 
den Endurfheile und unabanderl. Ausfpruch über un— 
fer ewig glückliches Schieffal nicht auf unfer Außer: 
liches Religionsbefenneniß und auf dag alleinige Mit— 
fenern unferer Mel.» Gebrauche an, fondern beruht eg 
allein darauf, wie ein M. nad) Glauben und nach 


624 m. 
Weltgericht, (das Fünftige — Anwendungen.) 


f. Rel.⸗Erk. gelebt und Gufes gethan, das DBofe aber 
vermieden hat: ſo lerne man doch hier Religionsdul— 
dung gegen: andere Neligionsperwandte zu beweiſen. 
Man verachte die M. von andern Mel. = Barth. nicht, 
man ashte fie, wenn fie Recht hun, fremde Roth lin— 
derm und gute Werfe uben. Gott wird ia durch. Je— 
ſus Chr, nicht ſowohl unfern Derfiand als in Hin- 
ſicht der Rel. unſer Herz— richten, ob es MMiebe be⸗ 
wieſen hat. 
4) Man tadele, da ein alle. Weltger. iſt, nie Gott, 
wenn man auch bemerkt, daß hier noch nicht ein ieder 
das empfaͤngt, was er nach ſeiner Auffuͤhrung ver 
dient, Pred. 3, 17. Man erwaͤge Gottes Laängmuth, 
welche dem Suͤnder lange Zeit zum Beſinnen und zu 
ſ. Beſſ. laͤßt. Man beruhige ſich, wenn auch unſere 
Tugend, gute Abſicht und die Guͤte unſeres Herzens 
verkannt —* mit dem Gedanken, daß der große Ge— 
richtstag unſere Unſchuld aufs Offene bringen und 
nichts von dem geuͤbten Guten uns unbelohnt bleiben 
ſolle, Matth. 10, 42. Go beruhigte ſich auch Dau- 
lus bey ꝛc. I Kor. 4, 3. 4. 
Vgl. Herzlieb's Predd. an — und Feyer⸗ 
tagen, Zuͤllichau 1795. gr. 8. Nr. 23. ©1358: 72: 
„wie beruhigend und troſtvoll die Ueberzeugung iſt: 
Gott iſt unſer Richter,“ uͤb. Matth. 25, 31:42; ae 
Schuderoff moral. vel. Neden, Halle 1794. 8. Wr. 
3: „bon einigen Vortheilen aus dem Sedanten an 
Gott als Richter für unfere Beruh. und Tug.“ über 
1 Kor. 4 4: 
5) Die Zeit, wann das Weltger. eintreten wird, iſt 
uns eben ſo wenig als die Stunde unſers Todes be— 
kannt (Luc. 21, 355 Mare. 13, 32-37; 1 Ihefl. 5, 
1. 2.). Deshalb falle man nie auf die Thorheit, fie 
vorwitzig erforfihen, ausrechnen und beflimmen zu 
wollen. Die Mel. macht es ung zur Pflicht, unfern 
Furzen Aufenthalt zu unferer wahren Bildung: zu be— 
nußen und die Weisheit, Hegebenheiten und Ereigniffe 
nicht beſtimmen ‚zu wollen, welche weit über den reis 
unferer gegenwärtigen Kenntniffe heraus liegen, und 
über die wir erfi nach dem Tode Unterricht und Bes 
Iehrung erwarten dürfen. Bis bicher find alle die, 
welche den iuͤngſten Tag babın voraus beflimmen ee‘ 
ur 


W. 625 
Weltgericht, (das kuͤnftige — Anwendungen.) | 


durch die Nichterfüllung ihrer Ausſage als Träumer 
‚befunden worden. Es werden alle in der Zufunft 
daſſelbe Schieffal haben, die es fih anmafßen, einen 
Zeitpunft zu beflimmen, den felbft Jeſus nicht mußte. 
Alle ſolche Verſuche müffen verunglüden. 

Man glaube auch nie denienigen, welche die Zeit des 
Weltgerichts ausgerechnet und beſtimmt gu haben mei— 
nen. Die. Ungemwißheit dieſer Zeit muͤſſe uns zu einer 
deſto treuern Erfuͤllung von Rr. 2. oben ©. 621 f. 
bewegen. Sollte der iüngfle Tag noch ferne feyn, fo 
ift ung ber Tag bes Todes vielleicht defto näher und 
dieſer iſt als unſer iuͤngſter anzuſehen. Das Ver— 
ziehen des Weltgerichts beweißt ge nicht die Unmoͤg⸗ 
lichkeit und Ungewißheit deffelben, II Petr. 3, 9; Xp. 
&. ı, ıı, Wir muͤſſen uns vor dem leichtfinni gen 
Gedanken des Lafterh. hüten, daß man dächte: der 
Herr kommt noch lange nicht, Matth. 24, 37 und 48. 

Verzieht auch der Gerichtstag noch lange, fo wird der 
Todestag für ieden das feyn, Was der Gerichtstag 
für alle feyn wird. 

Bol. Heym’s Samml. v. Predd. üb. d. Epift. für 
Pandleute, ©. 3848-56; „der ungewiffe Anbruch deg 
inngften Tages,“ ik d. Epiftel am 26. ©. n. Tr. — 

©. über J. II. „v. dem Eindruce einer ernfien Des 

frachfung des allg. Weltger. auf unfere Herzen,‘ eine 
Pred. über die Ep. am zten Adv. von ©. Ch. ©. 
Buſch, Eifenach 1787. 8. (3 Ggr.) Bourdalourg 
fammel. Predd. ır Th. Dr. 2. ©. 307-483 „v. dem 
iungften Gerichte; — Range und Schöner Lehren 
‚und Vorſchriften des vern. Chriftenth. in Predd. üb. 
die Ev. ©. 66270: „daß es eine ungegründete Hoffe 
nung ift, wenn ‚der Gottl. hofft, noch in f. letzten Aus 
genblicken auf die Erfchein. des Weltrichterg fich vor— 
bereiten zu Fünnen;” Heym's Samml. v. Predd. f. 
gandl. üb. bie Evang. ©. 816:26: „die Lehre vom 
iüngften. Gerichte,“ üb. d. Ev. am 26. ©. n. Tr. 
deffelben Samml. v. Predd. für Landl. über die 
Epift, ©. 860-673 „die genaue Verbind. zwifchen d. 
iuͤngſten Tage und unſerer fegten ein über 
dv. Ep. am 27. ©. n. Er; Hennig’s (8 € ©.) 
Predd. 3r Th. Königsb. 1781. 8. „v. d. Wiedert. 
Jeſu zum Gericht,” üb. d. Ev. am 26. ©. n. Tr.; 
Ehrifil, Gl. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. Rr 


626 W. 
Werke, (gute — was ſind ſie?) £ 


Dapp’ 8 Predigtbuch für Landleute 55. d. Sonn- 
und Feyert. Ev. ©. 636-963 „uͤber das Gericht, wel- 
ches über ale M. gehalten werden wrd G. Er. 
Goͤtz Auszz. a. d. Predd. üb. d. hr. GL=w. ‚Sittenl. 
©. 11317. „db. dem allg. Weltgerichte;“ Wolf's 
Auszz. aus. ſ. Predd. 2r Jahrg. ddie 
chr. Lehre über unſere kuͤnftige Verantw. vor Gott;“ 
Neinhbard’8 1799 gehaltene Predd. ar B. Nr. 42. 
©. 356:76: „die Fünftige Entſcheidung unſeres ewi⸗ 
gen is⸗ am 26. ©. n. * über Matth. 25, 
31 5; Borheck's Pred. in d. Luth. K. zu Muͤhl⸗ 
heim gehalten, Lpz. 1801. Pr. g und 10 — Wags 
niß Rel.-Lehre in Beyfp. zr Th. ©. 343553 3 „Gott 
wird geben einem iegl. nad) —— Thun mit — Gerech—⸗ 
tigkeit und Liebe.“ er 
In Reguis Stimme des Hirten: vertraute Reden eines Pfarrherrn 
an feine Pfarrkinder, 1x TH. Leipz. u, Wien 1774. 8. Nr. 1. 
ſteht eine muſterh. Pred. eines Kathol. vom iuͤngſten Gericht. — 


Weltregierung Gottes, ſ. —— Got—⸗ 
tes, ar Th. ©. 16 


Werke (gute), Eph. 2, ı. NT 
Bol. chriſt l. Mor. f. den Canzelgebr. zu B. 2te Abtheil. 
9,.3622.6% | i 


Ueber den chemaligen Streit v. d. Noth-z um Nicht not h⸗ 
wendigfeit d. guten Werke zur Seligkeit, ſ. Plankes 
Geſch. des proteſt. Lehrbegriffs, 4 B. ©. 479 f. GCeſſ. Geſch. 
d. proteſt. Theol. ſeit Luthers Tode, Ir B. Buch HI. ©, 479 
f. — ſ. Mori comm. exeg. hift. T. II, p. 333-33; Ber: 
{u e. Geſch. 8 hr. Mor, Mfcer m Nyf. ©. 
103 f.; (OOckei) über Seift und Wahrh. d. Rel. Jeſu, ©. 42 
f.; Ammon Entw, d. wiſſ. prakt. Theol. ©..222. 


I. Werke bezeichnet im n. Teſt. Handlungen des M., 
fomohl die Iobenswürdigen (Marıh. 5, 16; 26, 10; 
Eph. 2, Io u. a. a. Stellen) als auch die lafterhaf: 
ten, 4. B. Soh. 3, 20. 215 I Soh. 3, 85 Sal. 5, 19. 
furz das Betragen des M., 3. B. Nom. 2, 6. Dar: 
nad) ift der Ausdrucd, gutes Werf, fo viel als bie 
äußere Erweifung der innern chrifil. Gefinnungen ge- 
gen Gott und den Nächten — das tugendhafte Be— 
tragen des M., 3. B. Rom. 2,7. Zuweilen zeige 
diefer Ausdruck, gute Werke, ruͤhm iche BER _ 





W. | 627 
Werke, (gute — was find fie?) | 


ſchoͤne) Handlungen (cevæ nara), d. i. was rechtmoͤßig 
und lobenswuͤrdig geſchehen iſt, — Roͤm. 13, 3. wohin 
auch wohlthaͤt ge Handlangen. gehoren, z. B. Joh. 
“76,52. So gebraucht Baulus“ von allen gefeßmößis 
gen: Handf. der Juden und Heiden im Gegenfaße des 
" Glaubens diefen Ausdruf, Rom. 2, 14. 15; 3, 28; 
4224. — Gal. 2, 16; 3, 16. hingegen nimmt er 
ſolchen vom moſaiſchen Sa auf mw: a 
die Zuden fo viel rechneten; II Kor. 9, 85 An. ©. 
36. nennt er die Yeußerungen Der Woplchätigkeit 
—— Werke. 


Wenn Davon die Rede ift, daß man mit dem Glauben 
gute Merfe verbinden müffe, fo bezeichnet der Aus— 
druck „gute Werke“ die Außeren Erwerfungen der ficzl, 

Gefinnungen in Reden u. Handlungen, oder die einzels 
nen Theile eines den Borfchriften Gottes gemäßen inneren 
u. außeren Detragens — mit einem Worte: fittlich gute 
und pflihtmäfige Handlungen — QTugenden — 
Edelthaten oder Gefinnungen, Reden und Handl. 
einer nach Goftes Mufter und Vorſchriften eingerich« 
teten und aus Danfdarfeir erfolgten Gottes - und 
M—liebe, I Zim. 6, 18; Ebr. 10, 24; I Petr. 2, 12; 
Erb. 2, 10. Das Weſen eines guten Werks ıft, es 
befteht aus einer recht = und pflichtmäßigen und ges 
meinnüglichen Handlung, welche Folgen und Erwei— 
fungen des aus gutem Vertrauen zu Gott und Sjefug 
und ber Wahrh. feiner Lehre (aus dem Glauben) ent 
fpringenden Entfehluffes find, ee Vorſchriften der 
chriftl. Lehre gemaͤß zu leben. el Entſchluß treibt 
den Chrifien an, den chriſtl. Borfihriften auf dag 
pünftlichfte und wiligfte und aus Danfbarf, u. Liebe 
zu geborchen. Jede Erfüllung unferer Pflichten, wel— 
che mit vedl. Herzen und mit Fleiß gefchieht, iſt nach 
Jeſu Lehre ein autes Werk, es fiy nun, daß e8-$tt- 
nächft ung, oder Gefonders unferm Nächften zum 
Nutzen gereiche. Es gehoren dahin unfere Berufs— 
pflichten, melde gemiß gute — Gott wohlgefäls 
lige Werke find. Nicht einzelne gute und nur Außerl. 
Froͤmmigkeit darlegende Handt. : R; B. einzelne An 
dachtsuͤbungen, dag Gebet, das Bibhellefen, dag Sins 
gen, Kirchengehen, bäusl. Andacheeibungen und die 
3 


628 | W. 
Werke, (gute — was find fie?) 


uns leicht fallenden Temperamentstugenden ſind gute 
W., fondern ein anhaltendes frommegs Leben. 

1. Erforderniffe aͤchter guter Werke. 

I) Was ein gutes Werk fiyn fol, muß von Gott vor- 
gefchrieben und befohlen feyn, Matth. 15, 9; 12, 7. 
‚Eine Sache, die Gottes Vorfhriften zumider ift, kann 
‚auch durch die befte Abfiche nie ein gutes Werk wer: 
den. Nie befahl Gott dag gefelfch. Leben aufzugeben, 
den Leib zu geißeln, denn Gal. 5,24. geht auf Selbft- 
beherrfchung. Daber find viele tugendhaft feheinende 
Handlungen der Chriften ohne fittl. Werth. — 2) 
Es muß aus einem aufrichfigen Gehorfam gegen Gott 
entftehen, Phil. 1, 1. — 3) Es iſt nicht nothwendig, 
daß man fich feines Entfehlufis, den Belehrungen 
Gottes zu gehorchen, bey einer ieden einzelnen Handl., 
die ein gutes Werf ſeyn foll, deutlich bewußt feyn 
muß; e8 ift genug, wenn derfelbe überh. in der Seele 
herrfchend ift. Deshalb kann man von den aus Tems. 
perament, Ehrliebe, Gewohnheit u. f. m. entfprunge- 
nen guten Handl., wenn folche zugleich mit Liebe zu 
Gott und Jeſus geubt werden, nicht fagen, daß fie 
feine guten Handl. waren. 4) Jedes gute Werf muß 

aus einer guten Abficht geſchehen. So bald die 
Abficht bey einer guten Handl. nicht gut ift, fo bat 
fir, ſey fie auch noch fo glänzend, entweder gar feinen 
oder doch nur einen fehr geringen Werth. Diele . 
Dienfterweifungen, Sreundfchaftserzeugungen, Beweiſe 
der MWohlthätigf. Fommen aus Eigennuß, Ruhmſucht, 
Ehrfucht und Eigenfinn ber. Es ftiften diefe Handl. 
Gutes, daher find fie nicht ganz ohne Werth, aber es 
find doc) feine chriftl. guten Handlungen. Nur fann 
eine gute Abficht eine Handlung nicht allein fchon gut 
machen. Die gute Meinung und Abficht benimmt der 
boͤſen Handl. das Straffällige derf. nicht. — Derie— 
nige Ehrift verrichtet Fein Gott wohlgefälliges Werk, 
der dabey die Sünde nicht verabfcheuet und zur Bell. 
Luft und in derfelben Eifer beweifet. — 5) Dieieni: 
gen guten Handl. haben die Hochfte fiel. Vollk., wel: 
che aug einer in der Tug. bereits erlangten Fertigkeit 
entftehen. 

Gute W. entftchen aus dem Glauben und einer 

fitelich guten Gefinnung. Mer GI. befißt, wird, falls 


W. | 629 
Werke, (gute — Nothwendigkeit derfelben.) 


nicht äußere  Hinderniffe ihn abhalten, gute Werke 
volbringen. Da, wo der Glaube vorhanden ift, fol: 
gen Tugenden von felbft, II Betr. 1, 8; Zac. 2, 18. 
, Nur Fann man nicht von denienigen, die einzelne Auf: 
fere Tugenden üben, fagen, daß fie den Achten Gl. 
haben, denn es Fann ihre äußerlich geſetzmaͤßige Handl. 
innerlich durch unſittl. Beweggruͤnde erzeugt worden 
ſeyn, ſo daß fie nur eine Scheintugend ift, meil fie 
nicht aug dem Glauben kommt, Nom. 14, 23. 
UL Nothwendigkeit der guten Werfe, um fe 
lig zu werden, Br 
Sie ſind ein nothwendiges Stuͤck gu einer gufen 
Führung des ächten Chriftentbumg, ac. 2, 14; Matth. 
7,21. Nun ift 88 zwar wahr, 
A. daß alle gute Werke als äußere in die Sinne fal— 
lende Handlungen äußere Gelegenheiten erfordern, um 
fie verrichten zu. Eönnen; z. B. um Feinde zu lieben, 
ift e8 erforderlich, daß man einen Feind habe, daß 
dieſer unferer Unterftüßung bedarf, daß wir dazu Vers 
mögen haben, daß wir feine Dürftigfeit wiffen. Nun 
haͤngt es nicht immer von uns ab, dieſe Gelegenhei= 
‚ten: zu haben, oder fie ung zu verfchaffen. Allein has 
ben nicht die mehrftien M. Gelegenheit, wenn auch 
nicht zu allen — doc gewiß zu mehrern guten 
Merken? | 
B. Es iſt gleichfalls wahr, daß ſchon die fittliche 
"Gefinnung dem M. Werth gibt, und daß Diele 
dann auch ohne gute Werfe den M. fchon vertritt, 
wann es äußerer dem M. in den Weg getretener Hin— 
derniffe wegen nicht in feiner Macht ſteht, feinen guten 
Borfägen gemäß leben zu koͤnnen. — En 
C. Sreilich werden die guten W. nicht erfordert, um 
Gottes Beyfall zu erlangen. Sreilich kann man durch 
fie nicht die zukuͤnftige Glückfeligk. verdienen, mweil mir 
fie auszuüben fchuldig find, Luc. 17, 16. Freilich, er» 
ringe fich der M. durch feine guten W. fein eigent- 
Tiches DBerdienft vor Gott. Es fann ihm durch feine 
‚ auch nocd fo gute Handl. ein eigentlicher Dienft ge 
fchehen. Er Fann nicht das mindefte durch die Voll— 
ziehung f. Vorfchriften gewinnen. Diefe beziehen ſich 
alle auf ung felbft und auf unfern Nugen. Wir wers 
den durch die Erfüllung: unferer Pflichten nur ung 


630 ae 
Werke, (gute — Nothwendigkeit derſelbenJ)J. 


ſelbſt nuͤtzlich, Rom. 11, 355 Luc⸗ 17 9. Unſere Tug. 
bleibt auch immer unvollfommen, PH. 3 12⸗14. Der 
Chriſt bleibe bey allem ſ. Tugendeifer nur ein unwuͤr—⸗ 
diger Knecht. Allein ausgemacht gewiß iſt es eben fo 
ſehr, daß der Glaube gute Geſinnungen in der 
Seele wirken und zu einem guten und pflichtmaͤßigen 
Betragen veranlaſſen muß, ſ. oben d. Art. Glaube, 

"LT WS BE 65. Gute, W. find 
alfo nothbmwendig.. im | 

I) Als natuͤrl. und unaugbleibl.: Folgen. guter Geſin⸗ 
nungen, (Matth. 7, 18.) an welchen ieder M. erken— 
nen muß, 05 er wirfl. den Sinn Sefu babe, I Joh. 
3, I0. 14. Die gusen W. ſtehen in einer nothwen⸗ 
digen Verbindung mit der Bedingung des goͤttlichen 
Wohlgefallens. Sie find die natuͤrl. Folgen der 
danfb. Liebe zu Gott, fie ermweifen zuverläßig eine Acht 

gute Geſinnung, Matth. 7,16 fie find: Gott: ange- 
nehm, weil er ſelbſt unveraͤnderlich alles; Gute will. 
Sie mechen ſchon bier den zuverläßigften Erweis des 
Chriſtenthums aus; wer fann ohne fie Gottes Segen 
erwarten? Nach 1 Joh. 3, 9. kann der aus Gott Ge- 
borne nicht fündigen, nicht wider fein Gewiffenshans- 
deln noch unperhefen: was 08 von ibm fordern © 

2) Ohne gufe W. hat Fein: M. den gehoͤrigen nnd 
rechten en Diefer zeige fich in den guten W. 
als Folgen. Ohne gute W. iſt er nicht febendin, | 
fondern fodt. Er ift ein bloßes Sürmahrbalten,‘ nichts 
als sine Zuftimntung. | 

3) Die guten W. find Befeftigungsmiftel guter Ge: 
finnungen; denn es fonnen nur durch) liebung in der 
Geduld, im DBerrrauen auf Gott, im Nachgeben, in 
großmuͤthiger Wohlthaͤtigk., in der Arbeitfamfeit, die 
beiel:genden Tugenden zu Sertigfeiten werden. 

4) Dhne aute W. findet Feine wahre Beſſeſtatt. Diefe 
muß auf. den Wi llen wirken und dag gauze Betragen 
des Gebeſſerten muß davon zeugen. Was iſt die Tu— 
gend, die uns die ewige Seligkeit erwirbt, als ein 
fortwaͤhrender Zuſtand ſolcher Geſinnungen u. Handl., 
die gut — vollkommen und Gott gefaͤllig find? 

5) Gute Werke find ia auch Beforderungsmittel der 
Wohlfahrt, indem iede Ausuͤbung der Pflicht unfern 
Zuſtand verbeffert. So oft als wir Andern mit Ehr⸗ 





W. 631 
Werke, (gute, ihre Nothwendigk., prakt. Beziehungen.) 


erbietung und Dien ſtbefliſſenheit zuvorkommen, eriers 
ben oder vermehren wir ihre Achtung oder Freund— 
ſchaft gegen uns. So oft wir eine Bari chung g sur 
S. überwinden, entgehen wir uͤblen Folgen, Die ung 
beunruhigt haben wuͤrden, und befefligen die Herrſch. 
des Geiſtes uͤber die Sinnlichkeit. 
6) Jeſus Sir erflärt das Lnterlaffen -gufer Handlun- 
gen. für den Grund der Unfeligfeit, Matth. 25, 42 ff. 
7) Paulus Ichre Rom. 3, 23. keinesweges, daß ber 
Glaube allein den M. felig mache. (Das Wortchen 
‚atlein . im Urtert, f. Mori comm. exeg. crit. 
Vel;.II. p. 335.) Er meint- unter dem Glauben 
uicht blos Fer Surwahrhalten der chr. Lehre, fondern 
die Erwarfung der Serge. der Sünde uud Begluͤk— 
‚fung von Gott um des Todeg Jeſus willen, elfo die 
zuver ſichtl. Erwartung dieſer geifeli chen Güter, und 
‚unter den Werken. (ded Gefrkes) die Defolgung g dee 
moſaiſchen Verordnungen und Gebraͤuche; Jac. 2, 14. 
wird aber unter dem Glauben blos das gefehicht- 
| liche Sürwahrhalten und unter den Werfen die mo— 
raliſchen Geſetzeswerke — — gemeint. Paulus 
ſieht aber ausdruͤcklich bey feinem moralifchen oder 
Rel.⸗Glauben auf ein gutes Betraͤgen, z. B. Roͤm.6, 2 

Bol. Meyer’g Entwickl. des pauliniſchen Lehtbe⸗ 
griffs. S. 218: f. | 

S. Glaube, IL. 5. zr Th. S. 6. — Die gu; 
ten W. find alfo notbwendig zu üben, ſo— 
bald fih zu derfelben Verrichtung Gele— 
genheit darbeut. — 

IV. Praktiſche Folgerungen aus Nr. III. 

Wir muͤſſen allen Fleiß in guten W. beweiſen, oder 
in denſelben fruchtbar ſeyn, Tit. 2, 14 (am Ende); 
3, 8; Coloff. 1, 10. d. h. wir müffen treu das Chris 
fenthum ausüben und ung in allen Tugenden 
üben. An Ermunterungen dazu fehlt es uns nicht. 
Was iſt ruͤhmlicher, als gute W.? ꝛc. Die Vorſchrif— 
‚ten und Verheiß. der chriſtl. Lehre ermuntern ums 
haͤufig zur Verrichtung guter W. Es folgt aus der 
Sache ſelbſt, aus den natuͤrl. guten Folgen der guten 
W. und aus den erſten Begriffen der Liebe und des 
Gehorfams gegen Gott und Jeſus. Man wede fi 
deshalb aus feiner Trägbeit au feärfe fich zum Ernſt 


632 W. 
Werke, (gute - — Mittel, um reiht viel — zu hun.) 


und zur Beftändigfeit und lerne eg immer beſſer, wie 

man Gutes thun müffe. | 

Wiemuͤſſen wir’g anfangen, um. als Chris 
fien recht viel gute W. zu ee 

I) Man forge, daß aus unfern guten Vorſaͤz— 
zen, aus unferm redl Willen —216— 
That werde. Wir muͤſſen unſere in der Stille vor 
Gott oder auch vor unferm Rächften gegebene Berfpre- 
chungen erfüllen. Was Hilft e8, gute Worfäge ‚zu - 
faffen fie oft zu erneuern und fie felten oder gar nicht 
auszuführen? Ruͤhme den Baum, wer da kann, wenn 
ſolcher in iedem Fruͤhlinge reichlich bluͤht, aber nie 

Fruͤchte anſetzt, oder fie unreif wieder abwirft- Ueber— 
lege erſt, ehe du dir etwas Gufeg vorfegeft, ob du es 
und wie viel du nach deinen Sräften und nach den 
vorhandenen Mitteln und Anläffen ausführen EN! 
Sey nicht flafterhaft, falle nicht von einem aufs A 

dere. Mache dir feine unnuͤtze Bedenklichfeiten, fine 
nicht von einem Tage zum Andern. Nimm dir lieber 
weniger vor, und thue deſto mehr. Gib auf 
die Umſtſt. genau Acht, um die günftige Gelegenb. 
zu entdecken. Iſt fie da, fo ergreife fie ſchnell, damit 
fie dir nicht wieder entwifche. Thue noch heute dag 
Gute, fo lange noch dein Herz von frommen Empfindd. 
erwärmt iſt. Schiebe den guten Vorſatz heute nicht 
auf morgen auf, er mochte fonft wieder vergeffen wer» 
den, oder e8 dürften Hinderniffe eintreten. Erfcheint 
gerade dann, wenn du fehr befchäftige bift, ein dich 
dringend um Hülfe bittender Elender, fo fehiebe deine 
Huͤlfe, da dieſe Verzoͤgerung —— Folgen haben 
Eönnte, nicht auf. Hilf auf der Stelle. 

2) Man übereile fich aber bey diefer raſchen Ausuͤbung 
guter W. nicht. Suche die Faͤlle, wo entweder ge— 
ſchwinde Entſchloſſenheit oder laͤngere Ueberle— 
gung erfordert wird, genau zu unterſcheiden. Er— 
kenne es, welche von zweyen Pflichten die dringend— 
ſte Pflicht ſey. Keiner handle eher, als bis er ſich 
uͤberzeugt hat, daß er recht handle Nur dann 
kann man ſich ſchnell entſchließen, wo dieſe feſte Ueber— 
zeugung vorhanden iſt. 

3) Man uͤberlege, was gegenwaͤrtig am nüßlich- 
fen und alfo auch am nöthigften if. Die 





W. 633 
Werke, (gute — Mittel, um recht viel — zu thun.) 


öftere Unterf.: „was hab’ ich Gutes zu thun? was 

tonnt’ ich nach meinen Kraͤften und Gelegenhh. am 
gluͤcklichſten ausfuͤhren?“ iſt ſehr noͤthig, beſonders 
wenn man in der Erf. f. Pflichten noch ſehr zuruͤck 
> ift, oder viel Trägheit zu guten Werfen bey fich be- 

merkt. Mie fihon paßt fie fi) beym Anfang eines 
neuen Jahrs oder Woche, oder iedes Tages. Wieder— 
holte man fie oft, fo. würde: fehr viel Guteg gefchehen. 

>4) Man fange iedes gute Werk mit fefter Entfchlief- 
fung und Gebet zu Gott an um f. Beyfiand, und 

verftärfe dadurch den Trieb und veredle feine Nei— 
gung: Dann wird man nicht fo leicht bey den vor- 
fommenden Schwierigff. erfchrecken, die damit verbuns 
dene Laſt geduldiger ertragen, und durch dag Hinfehen 
u auf Gott Muth und Kraft zur Vollendung erhalten. 

: Denn die Ueberz.: „ich thue meine Pflicht, ich arbeite 
—unter Gottes Leitung und Wohlgefallen,“ ſtaͤrkt un- 

gemein. Weiß man, daß man recht gehandelt habe, 
daß dag W. gut war, fo achter man Spott und Tas 

del nie. 

5) Man warte, wenn man diefe Ueberz. hat, nicht auf 
einen befondern Trieb, Aufforderung und Gelegenheit. 
Man ſuche vielmehr dich alles recht abfichtlich, wenn 
es ſich nicht von felbft findet. Nirgends heißt es im 

n. T., daß uns Gott iedesmal durch einen außerord. 

rich zu guten Werfen auffordern wolle. Wer dag 

erwartet, verräth nur feine Tragbeit zum Guten, feine 

Liebe zur Gemächlichkeit und Ruhe. Gottes Geift 

foll ung zum Guten freilich £reiben, dieß ge- 
ſchieht aber nur durch Vorhaltung der Wahrheit, 
nur durch Lehre und Verheiß., aber nicht durch eine 

-unmittelb. Wirkung in der Seele. Durch eine Be- 
grachtung der Gebote Gottes und ſ. Verheiß. und 
andere Hülfsm. kann man fi) den Trieb und die 
Freudigk. zu guten WI. geben. Denn da e8 Gottes 
Mille ift, diefe zu thun, (Eph. 2, 10.) fo ift feine 
 DBedenflichkeit vorhanden. Iſt eine Dandl. wirklich 
gut, iſt es moͤglich u. nach den Klugheitsregeln rath— 
fam, fie auszuführen, fo warte man nicht, big ung 
außere Umfift. dazu auffordern. Man fuche viel— 
mehr die Selegenbeit, denke daruͤber nach, wie 
es aͤm beſten anzugreifen iſt, raͤume die Hindern. aus 


| 


634 | W. 
Werke, (gute — Mittel, um recht viel — zu thun.) 


dem Wege, und beſeitige Zweifel und Bedenklichkeiten. 
Forſcht man abſichtlich nach Gelegenheiten zum Guten, 


fo wird man ihrer fehr viele entdecken. "Man Kerne 


nur den ganzen Umfang feiner Pflichten mehr kennen, 
Sand man wird in jedem. Stande u. zu ieder Zeit bin 


laͤnglich viele Gelegenhhe zum Guten Haben. 


6) Da die Berufspflichten guter Werfe bs: fo 
frage man fich cam iedem Tage: was fordert heute dem 
Beruf von dir? wie kann ich denſelben ſo treiben, daß 


ich mir und Andern nuͤtzlich werde? Iſt man eine 


o brigk. Perſon, fo wird man Eisen genug 


finden, fich folche Kenntn. zu erwerben, die zur beſſern 


Führung des Amts, oder fuͤr die Untergebenen „noder 


fürs allg. Befte, ober für: Berlaffene und» Unterdrückie 
fehr dienlich und nüßlich ſeyn werden. Treibt man 
Handlung oder ein Handwerk, oder den Acker—⸗ 
bau, oder arbeitet man als Tageloͤhner und Dienft- 


bote: fo ſey man fleißig, “nehme: feine Arbeit gut in 
Acht, betruͤge feinen Naͤchſten nicht durch ſchlechte 


Waare, oder Nachlaͤßigk. im Dienſt, trage die mit ſ. 
Arbeit verbundenen Beſchwerden gelaſſen ꝛc. Iſt man 
Hausvater, ſo ſinne man darauf, wie man ſein 
Hausweſen in beſſern Stab feßen, ıf. ‚Rinder gut ver- 
ſorgen, fie gut erziehen, dem Geſinde die Laſt erleich- 
fern oder ihnen ſonſt nüßlich werden fonne u. wolle. 
Als Ehemann liebe man f. Gattin, erfuͤlle mie ihre 
treu ſeine Berufspflichten, die Pfl. der Erd. 
u. ſ. w., frage ihre Fehler: mit Geduld, fo wie fie Die 
deinigen 2c. Iſt dag alles im Ücht genommen: ſo 
frage’ man fih: wie kann ich meinem: „Rächften mit 
Kath, Troft und wirkl. HYülfe dienen? Iſt fein Elen— 
der da, welchen ich heute erfreuen, een Freund — 
welchem ich für feine Liebe: einen Gegendienft Teiften, — 
fein Feind — mit dem ich mich ausföhnen fann? 
7) Man verrichte iedes Werk zur rechten Zeit: For⸗ 
dert ung die M—liebe zur Wohlthaͤtigk. aufs! fo feße 
man einige Zeit ſ. Berufspflichten zurüd, Fur feine 
"Seele forge man eher und mehr, als für den Genuß 
eines Vergnuͤgens. Denn nicht iedes gute, Werk ift 
gleich nuͤtzlich und noͤthig. 

8) Man lerne zur leichtern Uebung des Guten ſeine 
natuͤrlich vortheilhafte Anlagen und Faͤhigkeiten, auch 


2 


W. 635 
Werke, (gute — Mittel, um recht viel — zu thun.) 
die bereits erworbenen Geſchicklichkeiten, kennen, ſie 
ausbilden, und nach den Lehren des Chriſtenth. ver— 


edeln und gebrauchen. Man trachte aber auch nach 
» folchen Fertigkeiten, die and weniger natuͤrlich, gelaͤu— 


fig und angenehm ſind. ran fange deshalb vom 
Leichtern an und gehe. zum Schwerern fort. 
Dieß erleichtert ſehr das Gute. Man unterſuche, was 


man fuͤr gute Eigenſchaften und Vorzuͤge hat, 
welche Pflichten man ſchon einigermaßen und wenig— 
ſtens dem Aeußern nach erfuͤllt hat, was uns bey der 
Erfuͤllung am beſten v. d. Hand geht, und was man 
ohne. ardechichen Swang und mehr willig. tbun fann. 
Findet man 3. D., daß man von Natur gern arbeitet, 
die Drom liebt, mäßıg und fparfam ift, fo. fin 
man fernerhin fleißig, mäßig 2c., aber man ordne nun 
weife feine Gefchäftigkeit, man wende 1. Fleiß nicht 
blos eigennüßig für — ſondern auch zum Dienfie 
des Naͤchſten an. Man fpare nicht bey der Noth 
Anderer, fondern A freyaebig. Man entziche unter 
dem Borwande der Mäßigkeit und Eparfamf. f. Leibe 
oder ſ. Hauggenofjen die nothdürftige Pflege u. Ver— 
forgung nicht. Hat man ein weiches — lenkſames 
Herz, iſt man freundſchaftlich, hilft man Elenden gern, 
gibt man gern den Dürftigen, fo lenke man dieſe 
ſchoͤne Naturgaben, und gebrauche ſi fie treu. Man be— 
wahre fein Herz vor gefaͤhrl. Eindruͤcken der Wolluſt, 
oͤffne es nicht iedem Verfuͤhrer ꝛc. Man ſey aber 
weich und empfindfam für M—leben. Man wende in 
f. Freundſch. Behutfamfeit an, fliehe den Umgang der 
‚Epstter und Gottlofen, und fen wohlthuend nicht 
blos aus angeb: Gutherzigfeit, fondern aus Ueber: 
legung, zur rechten Zeit und am rechten Dre. Iſt 
man ehrliebend.- oder halt man auf f. guten Na— 
men, auf anftändige n. ehrbare Sitten: fo hüfe man 
fich vor Ehrſucht, vor Stolz, nnd man richte dieſen 
>» rühmlichen Trieb auf das wirklich Ruͤhmliche — auf 
wahre Tugend. Man fuche fe Ehre im der Demuth, 
Verſſoͤhnlichk., Dienſtfertigk. u. f. w., geſetzt, daß man 
auch nicht immer den Beyfall der M. erhielte. "Kurz: 

manlenfe dag —5 Gute beſſer und 
erhebe eszur hriftl. Tugend. £ 
Dann, wenn Wir theils. auch dag mit mehrern 





636 W. 


Werke, (gute) Wiedergeburt, (mas?) 


Schwierigkk. und Abneigung verbundene Gute nen, 
theils wenn ung die Volbringung‘ des Guten eben 
fo geläufig wird, als e8 vorher das Bofe war: fo 
erreichen wir den volfommenen Grad der GSinnegän- 
derung. Welch ein glückl. Zuftand ift das, wenn man 
fo genau f. Pflicht Fenne, daß man nicht Tange zu 
fragen Braucht: was iſt vecht? fondern beym erften 

Blick auf eine Sache ſchon ver fefte Entfchluß da iſt: 
das will ich than, weil es recht undchriſtl. 
iſt. Wie ſchoͤn iſt es, wenn man Andere ehrlich be— 
handelt, die Wahrh. fagt, f. Zufagen hält, weil 
man’s gemwohntift, alfo zu handeln; wenn 
man durch die Beleidd. Anderer nicht aufgebracht 
wird, fich nicht rächt, GSanftmuth übe zu — Jedem 
muß diefer Zuft. gefallen. Aber wo fein Anfang 
ift, da if Fein Fortgang. Nur durch Uebung 
wird jede Kunft leichter. 

Bol. J. Hülle die Unzertrennlicht. des Glaubens 
u. d. <ugend, Gotting. 1803. 85 J. A. G. Petri 


Predigt v. d. Ungertrennlichfeit des Glaubens und der 


Tugend, welcher v. der £heolog. Fak. zu Gotting. d. 
Preis zuerkannt ift, Goͤtt. 1803. Hr. 8. DA. MW. 
Tappe über bie Unzertrennlicht. des Glaub: u. der 
Zugend. Gott. 1803. 8 — Lange und Bee! 
Lehren u. Vorſchr. des vernünft. Chriftenth. S. 460- 
467: „über d. „guten W. im Chriftenth.“ üb. d. Ey. 
am sn ©. n. Tr.; Goͤtz Auszz. a. d. Predd.: üb. d. 
hr. Gl.» und Gittenl. ©. 79-83: „v. d. guten W. 
als Srüchte des tugendh. GI. an: Jeſum.“ 


Wiedergeburt, (die neue NEL AA Geburt des M.) 


Bol. 


od. 3, 3 und 5. 


Dödertein’s inf. Th. chr, T. TI. p. EI 
comm. exeg, crit, “in epit. ei 368 fg. Schleusneri 
Lex. in N. T. ed. II. T. II. p. 374 fa. 

Es iſt diefer Ausorud eine — oder vergleichungsweiſe ge⸗ 
waͤhlte Beziehung von der inneren fittl, Beſſ. des M. 
Er ift aus der Sprache der tüdifchen Gottesgelehrten genom⸗ 
men, die von den Profelyten behaupteten: daß biefelben durch 
die Kaufe aufhörten, Kinder ihrer leiblichen heidnifchen Eltern 
zu feyn, und daß fie Abrahams Kinder worden, Hievon ges 
brauchten fie ven Ausdruck;: daß fie wieder — aufs neue — 
zum zweytenmal geboren würden. Mit Wiedergeburt 


WB. | 637 


Wiedergeburt, (mas die — anzeige.) 


- bezeichneten fie alfo ven Uebertritt der Heiden zu ihrer. beffern 
Gotteösverehrung. Jeſus Ehr, und die Ap. nahmen diejen 
Ausdruck auf, gaben ihm aber eine höhere geifiigere Bedeutung, 
Bey ihnen heißt wiedergeboren werden fo viel als: 
durch die hr. Rel. ein ganz anderer M., ein neues Ger 
ſchopf, (Eph. 2, 10; Sal. 6, 15.) ein Befiner der: Vaterhuld 
Gottes werden, vgl. Joh. 8, 39:44. — Joh. 3, 3. ſteht der 
Ausdruck: von oben, d.h. von Öott geboren werden, 
dieß heißt, wie V. 5. der Ausor,: geboren werden aud 
dem Waſſer (Zaufe) uns Geift zeigt, nichts anders, als; 
von Gott vermöge des Unterrichts in der Hr. Wel, die Faͤ— 
higkeit erhalten, die göttl; Dinge 31 erkennen und zu glauben, 
die Rel.-Lehren als wahr und vorireffl. anzunehmen), und 
darnach ſich gut und recht zu betragen, alſo durch die dr. 
Kel, gebeffert werden. Es if alfo die W, die nene 
first. Umfhaffung des M. durch ſich felbfi vers 
möge der göttl. Belehrung, Aufforderung und 
Befferungsmittel, Die gänzliche Sinnesänderung bey 
Sein Beitgenpffen, wenn fie würdige Bekenner feiner Lehre 
werden wollten, ihr Uebertritt aus der finnlichen ceremoniellen 
ei. zur innern Gottesverehrung Eonnte bequem und treffend 
Wiedergeb. genannt werden. Denn durch die Verbeſſ. der 
Denfart und Handlungsweife entfieht wirklich ein ganz neuer 
Menſch. Derienige M. weicher fich beflert, wird auch in eine 
ganz andere Lage verfest, 3. B. der Zornige wird fanftmüihig, 

der Unmäßige mäßig u. f. w. Bequem ift baher auch iegt 

noch das Bild der neuen Geburt Wenn ſich der M. 
ganz ven Laftern ergibt und an Erine Bell. denkt: fo fagt die 
h. Schr. von einem folchen : er fey evfiorten. Wenn er aber 
anfängt ſich zu bejiern, fo fagt fie: er. fiehe auf v. d. Xodten, 
vom Suͤndenſchlafe, daher die Wörter Wiederaeburt und 
Auferſt. fittl) des M. oft eine Sache anzeigen, 3, B. in 
I Sob. 3, 9; 1 Petr, 1, 23 5 Ioh. 3, 3. — Joh. 3, 5. heißt 
durch Geift u, Waffer geb, werden fo viel, als: Seit 
der Taufe durd die chrifil, Net. gebeflert werden. Es heißt 
alfd Wiedergeburt nichts anders, als völlige Aenderung 
der Gefinnung und des Berhaltens — die Befferung. 
Wiedergeboren werden (I Petr. 1, 3.) beißt in den 
frohen Zuft. verfegt werten. In der Metapher Wieder: 
geburt wird daS wahre geifiige Leben, welches nur der 
fttiich gute M. führen kann, dem irdifhen blos finn: 
lichen Leben entgegengefegt, und allen gebeiferien M. ein 
neues cfittl.) Leben im edlern Sinn zugefchrieben, Wir 

M. jagen ia im tägl. Leben: ich bin wie nem geboren, wenn 
eine ganz bejondere Veränderung mit uns vorgegangen ift, 
Die Heiden und Inden hatten bis dahin, als Sefus und 
die Up, diefes Wort brauchten, in Irrthuͤmern u. in manchen 
Sünden gelebt; wenn fie num Ehrifien werden wollten, mußien 


638° 


Wiedergeburt, (mas fie RIO Ba tree 


Es 


Die 


ſie ihre Irrthuͤmer ablegen, ihren Sünden eutſagen, fie muß⸗ 


ten ganz anders als bisher denken und leben; kurz, fie muß⸗ 
ten gleichſam von neuem geboren, ganz. andere Mwerden. 
Dazu mußten ‚fie fih durd) ie Laufe verpflichten. "Daher in 


Kit. 3, 5. das Bad der Wievdergeb.. Ebsen das will der 


Ausar, Erneuerung des h. Geiftes ſagen; cf. oben 
Kaufe, ©. 256) Sinn: ein vorzuͤgl. Hilfsmittel zur Ver⸗ 
befferung der menſchl. Geſinnungen ift die Taufe, " Denn dur 
fie verpflichten wir uns zur Aenderung unferer Denkungsart, 


‚zur Uebung tugenohafter Gefinnungen and zur Annalme tue 


gendhajter Grundſaͤtze. Die Taufe war ia’ nicht BIOS zum 
Bekenntnis ver Rel., fondern auch zur Herzens = und Lebens— 
befferung eingeſetzt. Der Getaufte wird angeſehen als ein 
euer M., als ein foicher ifi er ein anders denkender u. hans 
delnder Menſch. Er bat nun gute fromme Gefinnungen, fein 
Seit und Wandel if erneuert und umgeſchaffen, f, 
Erneuerung, ıv Th. ©, 342 fe Das damit verwandte 
Bild der Zeugung bedeutet das Naͤmliche, z. B. Jac. 1, 18 
und Eph. 2, Io. ich habe euch gezeugt, ſchreibt Paulus 
1 Kor. 4, 15. (Philem. V. 10. Sat. 4, 19. de D. ich habe 
zu eurer Annahme des Chriſtenth. und an eurer Beſſ. gear⸗ 
beitet, habe euch zu tugendhaftern M. gemacht durch das Chris 
fientbum. Gebeſſerte M. find von Gott Gchorne, 
weil fie Gott ähnlich, alfo im vorziglicheren Sinne Kinder 
Gottes find; (ſ. er Th. ©, 198 8. Art, Kindſchaft 
Gottesy1 Joh, 3, 9. 105 5,.15 1 Petwiz, 23. 

ift die Wiedergeb, Eein befonderer Theil der Sinnesändes 
zung, fondern als die durch Öotrvermdgeder hr. 
Rel. durch Nührumgen 2. veranlaßte völlige 
Befferung des Herzens und des Wandels— nicht 
befonders, fondern bey der Beſſ. atzuhandein, ©. das bry ven 
Artikk. Beſſ., Buße, Erteudbtung und Erneuerung 
Geſagte. Es iſt auch faſt bedenklich, fie als eine durch Gott 
geſchehene Bewirkung guter Neigungen im Willen des M. 
vorzuſtellen. 

Beſſerung des M. erfolgt nicht. immer in — rd, 
wie der kirchl. Lehrbegriff es ehebin angab; daß erfi ©stt 
gelegentlid) zur Beſſ. einlade und auffordere, (fh Berufunn; 
dab er fodann die dazu möthige Erkenntnis im Verſtande 
des M. mittheile Cerleuchte), dann die guten Neigungen 
erwede (wiedergebäre) Nicht immer fängt fie vom Vers 

fiande an. 


Dal, ar. Mor. f. d. Eanzelgebr. d. Art. Befferung, ır 


Th. S. 191 ff.; Dapp’s Predigtbuch üb. d. Evangg. ©. 
378:86: „über die Wiedergeb.“ ZölIner"s Predigtentww, 
für 1800. Berl. 1801. gr. 8. S. 121 f.: ohne Sinnesändes 
rung ift es nicht möglich, ein wahrer Chriſt zu werden, (if 


e. Erkl. des Ausdr. wicdergeb, werden) über Joh. 3, 1715, 


W. | 639 
— — (das -— nach dem Tode.) 


Wiedererinnerung im !eben nah dem 
Tode, ſ. Biederfebn, II. 1. — 


Wiederſehn (das) nach dem Tode, Joh. Id, 22. 


„Stören will ich, bie Hoffnung des Wiederſehns nicht, weldhe dem 
„Kummer des Herzens bey den tranrigfien Trennungen noch 
Schranken ſetzt, aber fir zuverläßig wage ich fie auch 
„nicht zu beiten, noch Viel weniger davon zu predigen *).“ 
Ohne gerade hierin wegen III, (unten) D. Dderlein bey: 
zuftiimmen, ift doch den Rel.-Lehrern 1) anzurathen, tem Glauz 
ben an ein finnTihes Wiederſehen (wovon IIl,r. unten), 
welcher der würtigen Gottesverehrung nachtheilig ift, mit 
Würde und Vorfichtigkeit entgegen zu arbeiten. 2) Daß fie 
(wegen I. unten) sen vernünftigen Olauten an Wiederſehn, 
Wiedererkennen imd Wiedervereiniguang mit tu 
gendhaften Freunden, welcher ven finnlichen vernünftigen Weſen 
fo wichtig ift, nicht ganz niederreigen, weil fie nicht unier lau⸗ 
ier reinen PBernunftweien- leben und zur Beſtreitung dieſes 
Glaubens Eeinen Grund baben, auch nicht über diefen Staaten 
fpotten, over ihn Iächerlihy machen. Dadurch würde mehr 
Schaden geſtiftet werden, als durch den ungearündeten Glau— 
ben feltfi an ein finnlihes Wiederſehn. — 3) Daß ‚fie ia 
nicht zu oft vom Wicderfehn, yon welchem wir doch ei 
sentlih nihtSausgemacht Gewiſſes wiffen Fön: 
nen, u. wovon die Bibel mit Weish. nichts entſchieden Deutz 
liches fagt **), Neligionsvoririge, und ia nit in einem em 
pfinseinden Zone, immer aber mehr nach einer praktiſchen 
Zenven;, als um die Neugierde zu beichäftisen, halten. Gebr 
viele Chriften hören zwar fehr ern jolche Vorträge, fie wer: 
den dadurch fehr gerührt, aber ihre Empfindd. verrauchen bald 
und erzeugen gewöhnlich. Feine ſittlich guten Entſchluͤſſe und 
Feine Lebensbeſſerung. 
4) Das Wiederſehn darf auch eigentlich nicht zum Beweggrund 
zur Zugend gebraucht werden. Man hat beire Motive. Es 
iſt aber das W. dazu zu benugen, daB man a) dem Gewicht 
der Sinnlichkeit das Gegengewicht durch Morfiellingen aus der 
Zukunft halte. Der Geizige hängt an den Gütern ver Erde. 
Es if vernünftig, ihm zu fügen: wende Sie Stter doch an 
sur W Wohlthaͤtigkeit gegen * dann wirft du ewige Vortheile 








— — 


*) Doͤderleins — Biht. ar B. ©. 300, 


**) Wegen diefer beyden Gründe handeln die mehrſten klei— 
nein und größern dogmatiiden Schriften gar nicht vom 
MWiederfehn. Ihre Verf. fehen es nur als Hoff: 
nung an. | | 


- 
« 


a | W. 
Wiederſehn, (das — nach dem Tode, 


und renden dafür erhalten, Luc. 16. Da die Macht ver’ 
Sinnlichk. fo aroß ift, fo ift es erlaubt, durch höhere Vorſtel⸗ 
lungen, die den M. von der groben Sinnlichk. Tosreißen, zur 
Zua, zu erwecken. Solche Beweggründe find in unferm Kins 
desalter auf Erden nothwendig. b) Um hier auf Erden die 
edeifte and treuefte Freundſchaft zu pflegen. 
Gegen die Hoffnung vom Wiederf, hat man folgende Ab⸗ 
handlungen und Schriften: über die Anfragein Wr. a3. 
der theol. Blätter: ‚finder man wohl Stellen 
inder Bibel, welhe vom Wiederf. der Freunde 
im Eünftigen Leben handeln und daffelbe beſtaͤ⸗ 
tigen, und welche find die?" von C. Perlet, in Yu: 
gufti’s theol. Blättern 1ſter Jahrg. 38 Duart. ©. 436>42; 
auch ein Etwas Über die in den theol. Blättern aufgegebene 
Frage: „ob die Hoffnung des MWiederfehns aus bibl, Stellen 
begründet werden koͤnne?“ von J. A.Ph. Gutbier, ebend. 
an Jahrg. 18 Quart. ©. 107— 112. womit J. ©. W—9*6 
ae Abſchn. ſ. Verſ. e. Darfiell., wie man ſich die Art und 
Fortdauer unferer Seele x.: Beantw. der Frage: „ob Wir 
unfere irdiichen Freunde in jenem Leten nothwendig Wieder era 
Eennen werden?’ ebendaf. an Jahrg. 48 Quart. ©. 7215 
26. — Werden wir ung wiederfehnnad d. Tode? 
in Hinfiht auf KRant’s Unfterblichfeitslehre be 
antwortet. Briefe an Emma, von D. Joh. SottL, 
Münc. Bayreuth 1798. 8. (12 Gar); deſſelben Schrift: 
ver Genius am Brabe, oder, wir finden ung wies 
der nach dem Tode, Briefe an Georg, Nürnb. 1800, 
8. (Io Gyr.) 2e A. ebendaf. 1803. 8. (ifi auch zugleic) eine 
MWiderlegung von den angzuführenden 4 Predd. von Ribbeck 
über das Wiederſ.) Man vergl, hiemit die El, Schrift: Beys 
träge zu der von I. ©. Muͤnch beantworseten Frage: wer: 
den wir ung mwieverfehn nach dem Tode? nebft Nachträgen von 
einem Nichttheologen, Apelles poft tabulam genannt, Dreso. 
1802. 8. (4 gr.) Bi 
Für die Hoffnung vom Wiederfehn gibt es folgenve 
Schriften : * 
G. C. Storr Diff. de vita beata poft mortem. Tüb. 1785. 4; 
D. G. Lefs opufcula Theol. exeg. atque homilet. arg. 
T. II. Gött. 1781. 8. p. 326:47: de beatorum in coelis 
confortio, vgl. mit Döderlein’s Prüfung in deſſelben theol. 
Bibl. 2r B. ©, 2987301; Über die troftvolle Hoffnung, un⸗ 
fere Lieben im andern Leben wiederzufehn. Ein deutfcher 
Ausz. aus des Prof. C. J. Anfaldi italieniſchen Citaliäni: 
ſchemy Buche gleiches Namens. Eine hiſt.-theol. Abh. Halle 
1793. 8. (4 Bar); — wir werden uns wiederſehn. 
Eine Unterredung nebft einer @legie vonD. ©. 
Ehrif, Enget. Vene (2te) mit dem Nachtrage (ſehr) ver: 
mehrte U. Leipzig 1798. 8. (12 Ggr.) (ſehr ſchaͤtzbar); — 
C. G. Ribs 


m’ 


ı 


Wiederfehn, (das — nach) dem Tode, Gründe wider —) 


€, ©, Ribbeck's vier Cvortreffiihe) Predigten von dem 
Wiederſehen in d. Ewigk. 2te verm. A. Magdeb. 1792, 8. 
(10 Ggr.) (die erſte 1789. 8.)5 „über das Wiederſehen“ von 
& Sr, in Auguſti's theol. Blättern, ın Jahrg. 43 Duart, 
©. 649:654; „über die Hoffn. des Wiederfehens in der Eürfs 
tigen Welt‘ — in D. Seiler's gemeinnügigen Betrachtt. 
d. neueft. Schriften 1798. 33 St, ate Abth. ©. 499-5065 
„Eurze Prüfung der Gruͤnde gegen das Wiederiehen unferer 
/ Freunde in ienem Leben‘ in D. Gabler's neuefi. theolog. 
Sourn. ır B, der neuen th. Journ, 27 BJ ©. 49:72; 
Wiederſehen — Ideen dafür vor G. W. Benecken in veffels 
ben Philoſophen auf der Luͤneb. Heide, 18 Heft, Luͤneb. 1801. 
Ir. 11. ©. 18087. „einige Ideen über und wider die ges 
wöhnlihden Meinungen von Wiederſ. nah dem Tode.“ X Ein 
Sragment, ebend. 23 Heft, Ver. 7. ©. 177:86;5 Kläden üb. 
d. Ewige. und ihre Freuden, ©, 216 f. — cl. Nr. IV. Sie 
einzeimen Predigten von Sturm, Froriep, Eylert x.) 


Unter vem Wiederſehn verſteht man die Hoff: 
nung von dem deutlichen Wiedererfennen unferer ab: 
gefchiedenen Lieben, Verwandte u. Freunde u. Freuns 
dinnen im einer andern und beſſern Welt, um gleich» 
fam dort mit ihnen als Freunden meiter fort zu leben 
und dadurch die größte (geiffige) Glückfeligfeit su ge⸗ 
niegen, meil e8 fchon hier die Sreundfchaft mit ihnen 
gewährte. „Unfere tugendha ften Zreunde*), Dieß 
„Kleinod unferer Seele, finden wir dort wieder; ters 
„den fie erfennen, uns aller der füßen — feligen Stun: 
„den dieſes Lebens erinnern; die unterbrochene Sreunds 
„ſchaft aufs neue anfangen, sur Engelfreundfchaft er⸗ 
nböhen und in alle Ewigkeit fortfeßen **).“ 
1. Gründe gegen die Hoffnung des Wieder 
 fehn®. | 
„Bir finden und fehn uns wieder nach dem Tode, (aber nur in fo 
„fern) in unfern Freunden, als die Ireundfchaft uns für den 
„Simmel bildete, Jede gute Seele, die durch Freundesliebe 
„veredeit worden ift, icder fromme Antrieb, weicher uns zum 
„Gutſeyn leitete, und iedes, gute Vorfäge belebende, Geſpraͤch, 











*) Gemeinbin dehnt man aber das Wiederf. auf alfe unfere 
Freunde und Verwandte ang, als ob die Bande der Ver: 
wandſchaft auch im Tode unauflöslih wären; da doch Vers 

‚einigung durch Sittlichkeit nur dann ſtatt finder, 


*) Ref hrifil. Rel.-Theorie, ©. 791. — 
Chriſtl. ST, Lehre f.d, Canzelgebr. 3h. S s 


me W. 
Wiederſehn „(das — nach dem Tode, Gründe wider —) 


„welches uns weiſer und beſſer — uns wuͤrdiger Gefellfchafe 
„ter und des Unterrichts höherer Geifter werth macht, ifi ein 
„BSittlichEeit liebendes Wiederſehn.“ — — „Das MWievderfehn 
„mach dem Tode Fann nichts anders beißen, als zu der Kette 
„der Geiſter gereiber zu werden, zu weicher in iener Welt der 
„Semeingeift alles, was Geiſt if, an einander Eettet, Wir, 
„Sehn uns in dem Sinn, dab wir das alte Spiel des Um—⸗ 
„ganges mit Treunden und Freundinnen forttreiben, nie nad) 
„nem ode wieder. Wir werden eine neue Beſtimmuns 
„erreichen *).“ SR, 
Ueberhaupt fagt man wider viele Hoffnung: Cie it ein Kind der 
Schmärmerei bey den Gräbern, eine Lieblingsidee vie— 
ler empfindfamen M. und vorzüglich des fihönen Ges 
ſchlechts, welches feiner empfindfameren, zur Liebe eingerichteten 
Natur wegen diefe Idee fo zärtlich pflegt... Es iſt eine Krank 
heit, weiche die Seele erſchlafft. Es if bins ein füßer Traum 
der Einbildungskraft, fie ift fogar unmoratiich und Gottes uns 
wuͤrdig. Wir geben dadurch der kuͤnftigen Geiſterwelt ein 
kleinliches Anſehn, denn wir gedenken einen eigenen Staat dort. 
mit den Unſrigen zu bilden; wir vergleichen die Freundſchaft 
der Geiſterwelt mit unſern freundſchaftl. Verhaͤltniſſen, legen 
gleichſam Converſationszimmer an m. dgl. m. Dieſer Glaube 
but auch einen finnlichen Uirfprung. Man bildete den Zuftand 
nach dem Tode nach den Wünfchen und Berirfniffen des ges 
genwärtigen Lebens und glaubte, daß alle Lieblingswuͤnſche, fp 
srobfinnlich fie auch waren, dennoch ausgefülle werden würden. 
Die craßfinnlicdhe Vorſtellung der heitmifchen Völker von der 
Seligfeit nach dem Tode erregte die Schwärmerei in der 
Freundfchaft und Liebe, die man mit der Vorſtellung des Wir: 
derſehns verband, Alle Kinder follen da ihre Väter und Miüts 
ter, diefe alle ihre Kinder, Öattinnen ihre Gatten und fo ums 
gekehrt ihve Öeliebte wiederfinden, Da fol es ein Umarmen, ein 
Händevrüdfen, eine Freude geben, wie fie ie auf Erden blühen 
konnte. Ginnlichfeit hat alfo unläugbar den Glauben an das 
Wiederſehn nad) dem Tode veranlaßt, Man beftimmte die zuf. 
Seligk. nach feinen gegenwärtigen finnt. Empfindungen und 
Wuͤnſchen. Man Fonnte fich Feine andere Geiigkeit denken, 
als gerade eine folche, vie dieſen ſinnl. Wuͤnſchen und Begiers 
sen entſpraͤche. In iener Geifterwelt aber Eanu nicht eine 
pathologiſche Kiebe, welche an der finnt. Hoffnung des Wieder— 
ſehens den größten Antheil bat, ‚gedacht werden; näher: 
ı) Der Glaube an das Wiererf. liegt außer den Gränzen aller 
Erf. u. Erfehrung. Unſere Bernunft m, unfer Nachdenken ver: 
laffen ung bier. Sie berechtigen uns nicht zu diefer Erwar— 
tung, und es läßt fi) das W. nicht mit Gewißh. behaupten, 





— 


*) Muͤnch a. a. O. 


— 


IB, 643 
Wiederſehn, — (nad) dem Tode, Gründe wider das—) 


Es ift nur eine bloße Hoffnung, da man uns nicht erklären 
Eaun, wie die menfchl, Seele bey der gänzl. Zerfibrung aller 
ihrer Sinnen = und Empfindungswerkzeuge im Tode dennoch 
ihre Erinnerungstraft fortbehalten, und einfi daher ſowohl vies 
ienigen, weldhe fie bier gekannt und geliebt Hat, als aud) dies 
- ienigen, welche fie nicht perfhntich, oder fo gekannt hat, daß bie 
Merkmale der Kenntniß aus dem Gedaͤchtniß verfhwunden 
find, 3, B. eines Kindes, welches im Zn bis zn Jahre feine 
Mutter — feinen Vater verliert, aber doc aus ihren Reden, 
Schriften und Zhaten gefannt und hochgefchägt hat, wieter ers 
Eennen inne. Wie kann vie Erfahrung einen Ort organifiz 
zen, weichen fie nicht mit ihren Augen erreichen Eann? Wie 
will fie auf eine eigentliche Erkenntniß iener überfinnlichen 
Gegenftände Anfpruch machen, die dem theoretifchen Erfennts 
nißvermögen unzuaänglich und alfo erhaben über alle Erfahrung 
find? Der Glaube an Unfierblichkeit bat nicht zum Zweck, ums 
fer Wiffen über die Erf, hinaus zu erroeitern, fondern blos 
die Möglichkeit einer harmoniichen Vereinigung der Gluͤckſelig— 
Zeit mit der Zug. außer Zweifel zu fielen und unfern Kerzen 
thener zu madhen. Durch denfelben Eönnen wir nicht erfahs 
ren, ob die Verhältniffe fortsauern werden, in weichen wir hier 
mit den Lieben unfers Herzens fliehen, 

9) Der Slaube an das W, beruht blos auf einem finnlichen Ver⸗ 
langen, welches nach dem Tode nicht befrietigt werden kann, 
und verräth offenbar Eigennutz u. ein patholngifches Intereffe, 

. Bir Hoffen das Wieverfehen nur, weil wir es wuͤnſchen. Wer 
wird, beißt e3 immer, nicht das W, aus dem Zrieb und aus 
dein unferer Natur eigenen Wunfche hoffen? Es verheißt zwar 
das ChHriftenth. ein beßres Leben, aber Eein irtifches, wo wir 
aufs neue familienweife zufammen feyn würden. Wie fehr eins 
feitig u, ermürend müßte dann unfere Gluͤckſ. ſeyn! In ienem 
Reben,. wo das Verwesliche anziehen foll das Unvermesliche, 
wird es nichts Sinnliches geben, an welches ſich unfere Vor⸗ 
fielung haiten und darüber fih erfreuen Eann. Die Liebe der 
Aeltern zu ihren Kindern und umgekehrt, der Satten zu ats 

ten, ift nur meift Förperlich und für das irdiſche Leben, in 
weihem fie finntiche angenehme Empfindungen gewährt. Nach 
den irdifchen Leben, wo ihr Zweck wegfällt, muß fie gleichfalls 
aufhören, und wenn fie quch fortwährt, fo ift dazu Eein Um⸗ 
gang näthie. Wie kann es dann, wenn wir die Berhältnifie 
diefes Lebens mit andern in iener Welt gewechfelt haben, nod 
finnl, angenehme Empfindungen geben? Der Wunſch, unfere 
Freunde dort wieder zu feben, ift offenbar finnlih. Sollten 
wir dann an finnlichen Gegenſtſt. unſer Vergnügen Haben, 
wenn wir geifiig find? Und wie Fann man das, was uns dort 
angenehm zu feyn fiheint, Gott vorfchreiten koͤnnen? Mie 
bürfien wir und anmaden, die fttti. Ordnung iener Welt und 
die von Gott zu deren Erhaltung gewählten Mittel beſtimmen 


Ss 2 


644 | W. 
Wiederſehn, — (nach) dem Tode, Gruͤnde wider das —) 


zu wollen? — Was ift mehr Eigennutz, als zu erwarten, daß 
wir dadurch für unſere zaͤrtliche Liebe, Sorgfalt und Tugend 
belohnt werden moͤchten, daß wir unſere Lieblinge wiederſehen? 
Das Bewußtſeyn, unſere Pflicht gethan zu haben, muß uns 
Belohnung genug ſeyn. Unſere Verdienſte muͤſſen, wenn ſie 
ſittl. Werth haben ſollen, aus reinem Pflichtgefuͤhl entſprun⸗ 
gen ſeyn. Iſt es nicht eigennuͤtzige Freundſchaft, wenn wir 
verlangen, daß unſere vollendeten Freunde mit Aufopferung 
ihrer höhern Vollk. nur für uns leben follen? Sollen die Wies 
derzufindenden Zeugen unferer Seligk. feyn: fo if auch, Eitel⸗ 
feit die Duelle unferer Hoffnungen, 

3) Die Hoffn. des Wiederf. ift werer zu unferer Berufigung 
beym Tode unſerer Lieben nothwendig, noch gewährt fie uns 
wahre Berupigung. — a) Der reine Gottesverehrer kann dies 
fes Zrofigrandes entbehren. Der Slaube an Gottes MWeish,, 
Güte und Heiligk., — richtige Borfielungen, welche ſich der 
Chriſt vom Laufe ver Natur nacht, wo alles nad) weife, geord— 
neten Geſetzen gebt, — der Glaube an die fittl, Ordnung, 
welche unter Gottes Leitung nie fehlen und fallen kann — 
die Ueberzeugung v. d. weifen Fürforge Gottes, tie uns die 
Seligfeit unferer Lieben ſichert, — und die Gewißheit der leb— 
haft gemachten Vorftellung, daB wir, iemehr wir hier entbehren 
muͤſſen, deſto mehr zu den edleren Freuden des Geiſtes hinge⸗ 
leitet werden, welche unſere Zug. und Nel., die hier für die 
Ewigk. reifen foll, geben, — das alles reicht zu unferer Bes 
ruhigung und zur willigen Ergeb. in Gottes Willen vollig 
hin, olme des füßen Zraums unſerer Einbildungskraft und 
Einnlichkeit vom Wiederſ. bendthigt zu feyn, Das n. Teſt. 
gründet unfern Troſt beym Nbfterben der Unfrigen auf die 
Nortdauer der Seele. Der Chriſt hat auch an der großen 
Sluͤckſ., welche ung ienes Keben gewähren wird, einen zulaͤng⸗ 
lichen Troſt. Wenn alſo das W, gelaͤugnet wird ‚fo bevanbt 
man dadurch die M. gar nicht eines Troſtes, fondern man gibt 
ihnen nur einen richtigen Begriff von dem, Was fie nad) ver 
Vernunft zu hoffen haben. Es ift ia beffer, ald daB dasienige, 
was uns bier täufchenden Zroft geben Eonnte, dort nad) ev: 
Sannter Taͤuſchung uns Mißbehagen verurfachte, | 

4) Es ift wahr, für Sterbende iſt c8 ein Hartes, ſich von ihren 
edlen Freunden zu trennen, aber dieſe Trennung ift kein eis 
gentlicher Verluſt. Cie ifi zwar ein Uebel, aber fie führt den 
Sterbenden zurıhöhberen Vollfominenheit — zu ſ. Ziele. Wer 
vermißt im feinen reifern männlichen Sahren die edelften und 
liebſten Geſpielen ſ. Jugend? muͤſſen u. werden fie auch dann 
noch die beſten Gefaͤhrten ſeyn? iſt aud) noch dann ihr Um— 
gang Beduͤrfniß unſers Herzens? wird das nicht in ienem Les 
ben derſelbe Fall feyn? War bier unfere Irenndfchaft vein, 
umeigennüsig unfere Liebe, eifria and thätig unfer Sinn für 
Tugend; fo werden wir dort an andern Geiſtern auch Freunde 


W. 645 
Wiederſehn, — (nach dem Tode, Gründe wider das — 


Anden umd ihrer Freundſchaft werth ſeyn. Werden wir die 
Hinterlaßnen vermiffen, wenn wir wiſſen, dab wir ihnen mit 
die Bildung unferer fittl. Natur verdanken, und fie uns zu 
Ber himml. Gluͤckſ. führen halfen? Hat nicht iede tugendhafte 
Verbindung unaufhoͤrliche gute Folgen, falls wir auch von ders 
felben getrennt find? Freundſch. findet in der Einftigen 
Seligkeit auch ohne Wiederſ. ſtatt. Aber es if noch nicht 
. ganz ausgemacht, ob fie zu unſerer fernern fittl,. Bildung und 
Vervollk. nothwendig if, Wie viele tauſend M. Haben bier 
keine Freunde. Findet Freundſch. aber dort ſtatt, To iſt fie ohnfireis 
tig edler u. höher, als fie hiex erreichbar ift. If es nım dazu 
nothtwendig, gerade mit denienigen Freunden wieder vereinigt 
zu werden, weldye wir bier auf Erden gehabt haben? Weshalb 
ſollte unfer iegiger Lebenspfad, welchen wir in der Geſellſch. 
unferer Freunde wandeln, der einzige zur Vollk. feyn? Es gibt 
noch Millionen gleichartiger Weſen außer unfern gegenwärtis 
gen Freunden, die unſere Bildung auf die angenehmſte Meile 
befördern koͤnnen; der innigfie Freund, den wir bienieden haben, 
wird einem beſſern, den uns die Ewigk. ſchenkt, vielleicht uns 
‚endlich achfiehen. Das Chriſtenth. verbeißt Eein irdiſches 
Leben nad) dem Tode. Werden wir dort in Verbind. mit inehs 
rern oder wertigern nach Beſchaffenh. unſerer Fähigkeiten ) 
. vernünftigen Weien ſeyn, ſo werden das wohl nicht gerade uns 
fere ird. Freunde ſepun. In ienenm Leben, in weldem 
feine bürger!,. Verbindung (Matth. 22, 30m mehr ftatt bat, 
werden blos die Grade der Geiftesbildung 
und fittl. Güte die Wahl unfers Umganges 
allein beffimmen, und diefer wird bey meh: 
rerem Fortſchreiten freilihb nit immer 
gleich und derſelbe bleiben fönnen. Wenn mar 
in ienem Lehen immer ſittlich vollkommner Werden fol, und 
falls dazu eine Verbind. mit Geiftern notbwendig if, um un— 
jere fittliche Thaͤtigk. äußern zu fünnen, fo kann ed uns aleich 
viel feyn, mit welchen — went auch mir unbefannten, Weſen 
wir ein in Berbindang Eommen werden. Warum ſollten wir 
nicht mit höheren Griftern umgehen? Ihr Abſtand wird dann 
nicht zu groß feyn. Wenn Kinder fich einbilden, daß fte in 
Zukunft nicht gluͤcklich ſeyn koͤnnten, wenn nicht ihre Geſpie— 
len immerfort mit ihnen in Verbindung blieben: ſo widerlegen 
die folgenden Jahre ihres Lebens dieſe kindiſche Einbildung, in 
welchen fie dann weit edlere Freundſchaften ſchließen und oft 
die Sefpielen ihrer Jugend ganz vergeſſen, oder doch nur fluͤch⸗ 
tig und oft init mitleidigem Laͤcheln fih an die Spiele ihrer 
Kindheit erinnern! Sollte die höhere Vollkommenheit der Geis 
ſier die Freundſchaft in iener Welt hindern: fo müßten wir 
in auch alle Hoffnung aufgesen, mit ſolchen Freunden wieder 
Hereinigt zu werden, die fihon fange uns borangegangen find, 
und gewiß jchon eine hohe Etufe ver Vollk. erreicht Haben. 


646 0 j 
Wiederſehn, — (nad) dem Tode, Grunde wider das ) 


Der Gedanke iſt keinesweges Unſinn: auf dieſer Welt gab mir 
Gott Freunde, er wird fie mir in einer andern Welt auch geben, 
wenn es auch nicht diefelbigen find, Gie, die ich hier fo aufrich⸗ 
tig, fo rein liebte, werden auch ohne mich gluͤcklich u. felig feyn 
£önnen, wie ich ohne fie. Wie wir hier, getrennt von Jugend⸗ 
freunden, dennoch unſer Leben ruhig u. freudenlos zubringen, weil 
wir wiſſen, daB iene freundfchaftlichen Verbindungen einige Zeit 
währen: fo werden wir aud) die Eiinftige Seligk. rein und 
ungeftört geniefen, ohne daß die Entfernung 9. d, Freunden 
während unfers irdifchen Suftandes ihren Genuß hindert: Man 
kann doch nicht feine Gattin als ſolche, fein Kind nicht als 
folches lieben, weil die Verhältnisie aufhören, Unter den Bürs 
gern iener Welt wird fich das Band der Freundfchaft immer 
mehr erweitern, die Anzahl der Freunde ſich immer mehr ver: 
mehren, und man wird immer näher zu einander hingezogen 
werden, ie fittlich vollfommner man wird, ohne eben das Bes 
dürfniß zu fühlen, viefen oder ienen Erpenfreund wieder zu 
finden und zu erfennen, mit welchem man bier einige Zeit hins 
durch für unſre gemeinichaftliche Beſtimmung thätig war. 


5) Weshalb follten wir dort unfere irdischen Freunde vermitfen ? 


weshalb foltte dort die Wiedervereinigung mir nnfern irdischen 
Freunden einen jo großen Zheil unferer Gluͤckſeligkeit auss 
machen? Dort wird a) das Gute, weldhes wir hier von uns 
fern Anverwandten und Freunden genoffen haben, nicht mehr 
von einem großen Werthe feyn; denn dort bleibt ſowobl das 
von Andern genoffene Gute, als auch das uns durch Andere 
wiederfahrne Boͤſe in unferm Andenken, Keiner unferer 
Freunde aber wird fich bey unferer menfchl, Natur, vie wir 
auszubilden anfangen, aber noch nicht vollig ausgebilter baben, 
rühmen fönnen, uns mehr Gutes als Böfes erzeigt zu haben! 
Wie viel Böfes ift wohl nicht unter dem Guten mit unterges 
lauſen! Gefegt, es hat jemand viel und das meifte Gutes ge: 
than, wird er vollfommene Beruhigung, wahres Seelenvergnuͤ— 
gen bey deifen Erinnerung genießen, wenn ihm Die und ba 
auch Fehler, Ehwahhh., Thorhh. und wohl gar eine mutbz 
willige Frevelthat mit einfällt? Diefes von ienem abgezogen, 
ift. gewiß die Summe vom Guten nicht fehr beträchtlich. Wozu 
ein Bersnügen, wenn fehr viel Misvergnügen darunter nes 
mifcht in? — b) es ift wahr, bier erfreuen ung Freunde, 
aber wird, da wir nicht unfere gegenwärtigen Eimpfinvd, in 
iene Welt herüber tragen, dort das noch Gluͤck ſeyn, was und 
bier dafür gilt? Wird und dasienige Angenehme und Vor: 
theilhafte, was ung gewiffe Freunde, Verwandte, Eitern und 
Geſchwiſter verfchafft haben, auch dort nad) unferer erhöhten 
geiftigen Natur nod) genug feyn? Wir genoffen hier Gutes 
in unfern Verhättniffen, aber ift das Gute für den Genuß in 
ienem Leben nicht zu grob, zu finnlich ? Haben wir dort nicht 
weit ausgebildetere and verfeinerte Seelenkraͤfte, nicht höhere 


| W. —9 
Wiederſehn, — (nach dem Tode, Gründe wider das—) 


Gegenſtaͤnde zu ihrer Befriedigung? Was verlieren wir alfo, 
wenn wir das Irdiſche einbüßen? Peach der h. Schrift follen 
wir in eine weit fehönere Welt Eommen, als die iesige iſt; 
warum wollen wir mit unfern Gedanfen auf der fihlechtern 
berumfchweifen, wenn wir ir einer beſſern find? Wird ung 
dert eben das noch Gluͤck feyn, was ung hier dafür galt? man 
trage doc) nicht feine gegenwärtigen Empfindd, in iene kuͤ nf⸗ 
tige Gluͤckſeligkeit uͤber. 

6) Es muͤßte das Wiederſehn, wenn es z wahr waͤre, eine Bedin⸗ 

gung ſeyn, uns in der Sittlichkeit, oder in der vollkommenen 
Ausuͤbung der Tugend und des religioͤſen Verhaltens, ſowohl 
dem Umfang als dem Fortſchreiten nach, weiter zu bringen, 
weil unſere Freunde hier in dieſem Leben mehr Einfluß auf 
unſere ſittliche Bildung und Beſſ. haben, als andere uns be— 
kannte M., alſo auch in ienem Leben. Allein es laͤßt ſich 
nicht behaupten, daß das, was hier ein Mittel iſt, in unſerer 
Beſtimmung weiter fortzuruͤcken, als eine nothwendige Bedin— 
gung des weitern Fortſchritts in der Heiligk. in iener Welt 
angefehen werden muͤßte; denn was nicht moraliſch nothwendig 
iſt, das duͤrfen wir nicht willkuͤhrlich als wahr in iene Welt 
hinuͤber tragen. Im Himmel brauchen wir auch nicht die 
Freunde zu Zeugen unſerer edlen Thaten vor Gott. Dieb 
hieße klein von Gott denken. Der Allwiſſende braucht keine 
Zeugen wie ein menſchl. Richter. Fuͤr unſere irdiſche Tugend 
darf das W. kein Beweggrund zur Tug. und zum Streben 
nach Seligk. ſeyn. Iſt es ein Beweggr. für unſere Tugend, 
ſo handeln wir nach einem unlautern Antriebe — nad) Weis 
gung. Wir ſind der angenehmen Folgen wegen gut; nicht um 
des Guten ſelbſt willen, alſo um des Eigennutzes und der 
Selbſtliebe wegen; oder, wenn wir unſere Tugend unſerer 
Ruͤckerinnerung an unſere verſtorbenen Freunde verdanken, ſo 
iſt unſere Tugend auch ohne Werth. 

7) Es iſt das Wiedererkennen unſerer Freunde gar nicht moͤglich. 
Woran ſollten wir ſie einſt wieder erkennen? an aͤußerl. koͤr— 
perlichen Merkmalen? Dann iſt es ganz unmoͤglich, weil ſowohl 
Sinn als Gegenſtaͤnde nach dieſem Leben veraͤndert werden. 
Unſere Seele wird entweser nach ven Tode zu feiner Zeit 
einen gewiſſen, aber einen ganz andern, Koͤrper wieder erhalten, 
als der ird, Körper it 9. Er wird von dem icgigen Ganz 
verichieden und unverweslich, alfo für uns eine ganz neue und 
undefaunte Erfcheinung feyn. Es werden alfo nicht am demz 
felben die aͤußerlichen Merkmale vorhanden fern, woran wir 
unjere Freunde wieder erfennen Eönnen. Wer kann z. DB. an⸗ 
nehmen, dab wir einen Freund, Welchen wir bier als hager 





») Bol. Kant — die Kel. innerh. d. Grängen d. bl. Vern. 
S. 182. Anm. 


648 —— W. | 
Wiederfehn, — (nad) dem Tode, Gründe wider das —) 


oder als alternd Kennen geleent Haben, in der nämlichen Geftalt 
nad) feiner Wiederbefebung wiederfinden müßten, um ihn wieder 
zu Eennen? Wird er aber veriüngt und verändert, woran foltten 
wir ihn dann wieder feinen? Nichts kann am Körper fo aus: 
zeichnend fegn, was nicht bey der volligen Umbildung deſſelben 
auch mit verloren gehen wird. Nach. der tägl. Erf. erkennen fich 
zwey Derzensfreunde, die fange mit einander umgegangen find, 
nach) einer 15 :23oiährigen Trennung kaum, ia gar nicht wieder, 
Shr Leib, Der noch lange nicht iene Umbildung nach Den Tode 
erlitten, wird ihnen nur durch einige veritellte Züge unbekannt. 
„Die Freunde find an gewiffen eigenen Maniereir, Durch eigene 
„Haltung des Körpers und an befondern Geberden zu erkennen.“ 
A. Wenig WM. zeichnen fih Dadurch aus, und wie Eonnen diefe 
Manieren, Diele Haltung bey dem neuen Körper zurück bleiben ? 
Den alten Leib befommen wir doch gewiß nicht wieder. Dder, 
wir werden gar Eeinen Leib wieder erhalten, und Bann it das 
Wiedererk. ganz unmöglich. „Es kann intellektuelle Merfmale 
„einer finnk Wahrnehmung der mwiedererfcheinenden Freunde geben. 
„Wir können fo viele geittige oder intelleftuelle Merkmale yon 
„unfern Freunden behalten haben, daß wir daran fie erkennen 
L „werden. — U Sinnliche Ericheinungen müſſen wir auch nur 
durch die Sinne wieder erkennen. Wie ſollen fh reine Beritans 
desbegriffe, eine gewiffe Denkungsart, gewiſſe Grundſätze kenntlich 
machen, ohne Durch die Wege der fymbolifchen Erkenntniß durch) 
Mienen, Geberdenfprache u. Hände? Wo bleiben alfo reine anſchau— 
liche Merkmale, wenn fie nicht durch dieſe Wege erſt Die Seele auf: 
faßt? Schwerlich werden wir dort in ienem Leben fo reine Geiiter 
auf einmal feyn, welche wieder reine Geifter erkennen; u. was wer— 
den dieſe auch weiter für unterfcheipende Merkmate Haben, da voll 
kommene Wefen, oder foiche, die fich einer höheren Vollk. nähern, 
darinnen alle einander gleich, ſeyn müflen, daß fie Marimen begen, 
welche felbft nach der höchiten göttl. Vernunft die einzig richtigen 
find. Noch mehr Haben wir auf der Welt voll ſinnl. Gegen: 
fände bey unferer Sinnlichkeit fo viele reine Anfchauungen und 
können wir fie haben, die wir nicht alte durch ſymboliſche Er: 
fenutmiß erlangt hätten? Don finnf. Dingen Fommen wir erft 
auf DBorftelungen in unferm Verſtande. Wenn man hier 
«uf Erden fo wenig Seelenfreundfchaft finder, welche aber fehr 
am finnlichen Gewande hängt; wenn die mehrften Freundfchaften 
auf Erden fich nur auf äußere Umftände gründen, auf Anfehn, 
Körpergeſtalt, Reichtum, Temperament, und wenn diefe Berbin: 
dungen zerriffen tderden, die Freundfchaft folglich mit verfchwin: 
det, wie ſollen wir den Freund in einer andern Welt an innerer 
Gemüthsart wieder erkennen, da wir ihn bier nicht daran erfauns 
ten? Es gibt hier feine reine Vernunftwefen unter den M., und 
kann es nicht geben, weil ſie duch die Sinnlichkeit nur mit dieſer 
Welt in Verbindung gefest find. Es iſt alfo nicht anzunehmen, 
das ſich die M. in der Zufunft als reine VBernunftivefen wieder 
erkennen. Hier haben fie fich nicht als ſolche erfannt und erken— 
nen £ünnen, wie £önnen fie es dort, wo doch das Wiederiehen 
nur Erinnerung an das feyn kann, was man hier erfahren hat? 
8) Es it nicht zur Geligkeit erforderlich. Ueberhaupt ift au unſerer 





W. 649 
Wiederſehn, — (nach dem Tode, Gruͤnde wider das —) 


Glückſeligk. kein endliches Weſen ſchlechterdings unentbehrlich, und 
der Himmel hat an ſich Seligkeit genug, ohne die ſich eingebilde— 
ten Freuden des Wiederſehns. Es iſt gar nicht zu erweiſen, Daß 
es zur höhern Vollk. der Seele entbehrlich iſt; nicht einmal, daß 
dadurch die reine Seligkeit beträchtlich vermehrt und erhöhet 
werde ). Sittliche Glückſeligkeit, wie fie im Himmel nur fiatt 
finden kann, beruht auf moraliifchen Grundfähen, Gefinnungen 
und Handlungen, zu welchen finnt. Anſchauungen künftig nicht 
mehr Veranlaſſ. und Gel. geben können. 

9) Es kann wegen der künftigen Stufen in der Seligk. kein allge 
meines Wiederfehen. fratt Haben; denn nur wenige Glieder einer 
Samiiie werden in gleichem Grade der Ausbildung des Verſt. und 
der fittl. Herzensgüte ftehen. Jeder wird Doch zuverläffig nad) dem 
Grade feines Berdienftes belohnt und beftraft werden, 

au Es ift von dem W. in Feiner einzigen Stelle des n. Teft. deut: 
lich die Rede, oder Jeſus und die Ap. entfcheiden nicht für 
das Wiederiehen der Freunde. „Wir werden doch Gott und Jeſus 
in ienem Zeben fehen können.“ N Wenn die Bibel fagt, wie 
würden Gott fchauen, fo ift an feine finntiche Anfihauung zu dene 
fen. 1505.3,2. heißt: „Jeſum fehen, wie er iſt,“ fo viel ald wie 
werden ihn. genauer und fo ganz Tennen, wie er nur zu denken 
it. Das Sehen Gottes zeigt eine geiftige Erf. von Gott an, 
denn fonft widerfprähe ia I Mof. 32, 30. der Stelle II Mof. 

. 33, 20. — 1 Kor. 5, 7 ftimmt damit gut; Sinn: iebt haben 
wie nur gewiffe überfinnlihe Wahrheiten zu glauben, aber 
einſt werden wir fie Deutlich erkennen, — wiſſen. 

= 14, 3. 3 und r9 redet Jeſus deutlich blos von der Wicderverei: 
nigung mit ſ. Ap. unter finnl.- Bildern, oder dag fie ihn wieder: 
fehen foliten im ienem Leben. Die fest nicht dag W. unferer 
ird. Freunde voraus. Nach I oh. 3, 2 ſoll ia der Umgang mit 
Gott und Sefu einen "Theil unferer Eünftigen Glückſ. ausmachen. 
Soh. 16, 22. deutet man Deshalb, weil die Freude der Ap. über 
das W. Jeſu bleibend vorgeftellt wird und es deshalb richt auf 
die Freude- über ihn nach dem Anblick Jeſu als Auferftandener 
gehen - fünne, weil Sefus in der Himmelfahrt fih ihren Blicken 
entzogen babe, auf das Wiederfehen, und man fchlieft aus der 
fortwährenden Freude auf das Eünftige Wiederfehn. Aber Jeſus 
fagt auch Joh. 16, 16, Daß fie ihn in Kurzem nicht, — dann 
aber bald wiederfehen würden, alfo meint er feine Auferfiehung. 
Da fahen fie ihn wieder, und wenn er gleich von ihnen gen 
Himmel führe, fo konnte und muste Doch ihre Freude forrdauern 
wegen ihrer belebten Ueberzeugungen von ihm, ohne ihn beſtändig 
zu Sehen und Die Freuden des Anblicks zu empfinden. — Joh. 








*) Die Schwachheit der Gründe, wodurh die Wichtigk. des 
Wiederſ. zur Erhöhung unferer Eünftigen Seltgfeit ein— 
leuchten Toll, zeigt — in der oben S. 640 ange⸗ 
fuͤhrten erſten Schrift, ©. 538-115 überzeugend nnd mit 
voͤlliger Klarheit. Alle iene Gruͤnde laufen am Ende auf 
Sinnlichkeit und Eigennutz hinaus. 


— 


Yale a mass — — — = 


659 W. 
Wiederſehn, — (nach dem Tode, Gruͤnde wiberdas 


17, 24. enthält weiter nichts, als daß Jeſus wünſcht, daß ſeine 
wahren Verehrer eben deffeiben Seligfeitsgenuffes, wie et, theils 
haftig werden mochten. — I The. 4, 14 umd ı7. 18. fast 
ebenfall8 nach dem Zufammenhang weiter nichts, aid daß die 
dann (bey der Wiederbelebung der Todten) noch Lebenden zugleich 
mit den Veritorbenen iene Beränderung erfahren würden. DB. 18. 
ermuntert Paulus die Chriften durch Bi Hoffnung der Wiederbe: 
lebung zur Ausdauer der gegenwärtigen Leiden. DB. ra. iſt von 
der Erhebung der Beritorb. zur Seligf. die Rede und von V. ı7. 
(Ende) Bey dem Herrn feyn gilt dad, was bey oh. 14, 2. 3 
und 19. ©. 649 bemerkt worden il. — Ebr. 12, 23. fagt nicht, 
dab Abraham in die Gefeufch. der Sarah, Davids und Sona: 
than's gekommen ift, fondern dag wahre Fromme in den Kreis 
der in der Tugend Geübten, — der Rechtſch. und Geligen ge- 
langten. — Luc. 16, 19:31. it ein Gleichniß, Dieß gibt Eein 
Dogma ab. Uederdem it bier ia gefagt, daß Lazarus in die 
Gefettich. feiner Eltern, Brüder 2c. gefommen wäre. Abraham 
fießt bier im Namen mehrerer feligen Geiſter. — — Luc. 24,23 
fo wie Phil. 1, 233. fagen auch nur, daß es im Himmel über: 
haupt feige Fromme gebe, und dag ein Umgang mit Jeſu ftatt 
fände. Woltte man den Grundfag: alles im .n. Teft. wörtlich zu 
nehmen, bier anwenden: fo folgte freilich daraus, daß man in 
ienem Leben fogleich nach dem Tode in ienen höhern Gegenden 
feine Bekannte wieder erkennen würde, Allein nach dem Gei: 
fte der Lehre Jeſu darf man nicht alles im n. Teſt. wörtlich aus: 
legen. Deshalb mus ' man diefe Stellen, worin ein Wieder: 
fennen in ienem Leben behauptet zu werden fiheint, dem Urtheil 
der Vernunft gemäß deuten, urd dann liegen in diefen Stellen‘ 
folgende Säge: a) Wir werden mit den Geeien der Berfiorb. wies 
der in Verbindung geiegt werden, und mit ihnen gemeinfchaftlich 
wirfen. b) Wir werden mit ihnen eine gemeinfchaftiiche Glück— 
feligfeit nach der Beſchaffenheit umferer &ittlichkeit genießen. 
Diefer Zweck läßt fih nun denken ohne die wirkliche Wiederesfen: 
nung ieder einzeinen Perfon von iener großen Gefellfhaft, mit 
welcher wir werden in DBerbind. gefest werden, um unferer ge: 
meinichaftlichen Beltimmung immer näher zu fommen, ohne fie 

doch iemals zu erreichen. 
Münch in der ©. 640. angef. ten Schrift, ber ns Ic. 


geht “Brief 18. HR Ru Schriftſtellen — findet auch, 
das die h. Schrirt nicht für das Wiederf. enticheider. 


Folgende zivey Stellen find wider das Wiederfehn : x) Matth. 22, 33. 
fagt, daß in tenem Leben alle irdifchen Berhältniffe aufhören 
würden. 2) Paulus Tehrt I Kor. 15, 30., dag und eine große 
Beranderung bevorfiehe, indem dieß irdifche Keben wegfalte, und 
der M. gieichlam neu werde umgefchafen werden. Wo bleiben 
dann die finnt. Merkmale des Wiederfehens, die wir nur an dem 
Wiedererfcheinen des erſten unveränderten Körpers finden Eönnen ? — 
Alfo Pie Hoffnung, fih wieder zu erkennen, gründet ſich auf gar 
feine, oder Doch nur zweideutige Stüsen der Bibel, die nach einer 
genauen Unterfuchung der obigen VBernunftgründe bald zufammen- 
falten. Wie darf man etwas aus gutem Derzen, ohne 
Sründe Dafür zu haben, glauben? Fuͤr dag Wiederſehn gibt 


| W. | 651 
Wiederſehn nach dem Tode, (Gründe für das —) 
es Eeine zureichenden Gründe, weder phyſiſche, noch moralifche, 
noch religidfe. „Die bloße Bernunft kann dafür feine Sicherheit 
geben *).' 
I. Grunde für die Hoffnung des Wieder- 
ſehns. 
1) Das Wiederfehn unferer Freunde iſt moͤg— 
lich. a) Unſere Vernunft findet in demſelben nichts 
Widerſprechendes. Denn aa) wir behalten nach dem 
Tode unſer Bewußtſeyn, dieß ſtirbt ſo wenig als un— 
ſere Seele. Wir werden uns unſers irdiſchen Lebens, 
alſo auch unſerer Hinterlaſſenen oder vorangegangenen 
Verwandten wieder erinnern koͤnnen. Jede Seele 
hat eine gemwiffe Gedanfenreihe, wodurch fie fich von 
alien andern umterfcheidet, und darinnen liege der 
Grund ihrer fich von aller andern unterfcheidenden 
Perfönlichkeit. Diefe Gedanfenreihe darf in Feiner 
Seele ganz vertilgt werden, fie würde fich fonft nicht 
mehr für die erfennen, die fie war und ift; bb) Zeit 
und Emigfeit find nicht zwey verfchiedene Dinge, fon» 
dern Vergangenheit, Gegenwart u. Zufunft nur eine 
Zeit; — cc) zum geiftigen vernünftigen Leben ift die 
Erinnerung aller ſchon durchlebten Zuftände, ift die deut— 
liche Wahrnehmung ihres Zufammenhanges durchaug 
nothwendig. Und eim folches Leben ıft doch des M. 
Befimmung. „Der M. bat doch im Tode fo lange 
Jahre gefchlafen:“ U. Das ift gleichviel; denn Zeit 
und €. ift wie heute und morgen. Die Zeit des 
Schlafes und ieder unbefinnliche Zuſtand ift fein wirk— 
licher Theil unferes vernünftigen Daſeyns, und fo 
würde die ganze Zeit unfers irdifchen Lebens mit dem 
künftigen gar feine Verbindung haben, falls der Tod 
alles Andenken derfelben in uns auslöfhte. Wir 
‚würden uͤberdieß ganz umſonſt nach Vollk. ſtreben; 
denn fie ginge ganz verloren. Die Ewigkeit iſt duch 
das Reich der Tugend für den M., fonft erreichte der 
M. nicht feine Beftimmung. Es wird der M. nicht 
blos von feinem Erdenlcben einige dunfle zerftreute 
Borftellungen, wie von einem gehabten Traume Ben: 
»Er wird fich vielmehr feiner ganzen vorigen Lage, f. 
Schabten freundfchaftl. Verbindungen, feines bewiefe- 


I EIER 0. 2.08, 789: 


652 W. 
EN nad dem‘ Tode, (Grunde für das —) 


nen Charakters, ſ. Thaten, Hoffnungen und Wünfche 
eben fo deutlich im Ganzen erinnern müffen, als er 
fich 5. DB. alles deffen erinnert, was ihm auf einer 
Reiſe begegnet iſt. Der Zugendhafte bringt alfo auch 
dag Bewußtfeyn von dem Freunde mit, meiner ihn 
hier zur Tugend geleitek hat. | 


Iſt es gleich wahr, daß das Gedaͤchtniß mit der Organifation veraͤn⸗ 


dert wird, ſo iſt doch noch nicht erwieſen, daß es ganz und 
allein von den Organen abhängt. Einige Erfahrungen beweis 
ſen vielmehr, daß es auch im Seelenweſen ſeinen Sitz hat. 
Villaume hat in ver an Abh. ſ. Verſuche über einige 
yfvhologifhe Fragen, Leipz. 1789. 8. behauptet, daß 
wir uns im kuͤnftigen Leben nicht des gegenwär— 
tigen wieder erinnern würden, aber er ift gründlich 
widerlegt worden a) in der Schrift: Aphorismen über 
das Erinnerungsvermdgen in Beziehung auf 
den Zuftand nach dem Tode bey Gelegenheit der 
vom Herrn Pr, Villaume unterſuchten Frage, 
won J. D. Mauchart). Zübingen 1792. 8. (8 Sgr.); b) 
von Mag. Sintenis in d. Progr. praefentis vitae 
non erit recordatio. Zittau 1792. Fol. 2 Bogen, 


b) Es ift das W. auch in Hinficht des Wiederfen- 


nens möglich. Haben wir auch nad) dem Tode gar 
feinen neuen Korper, welchem dag irdifche Antlitz, alſo 
auch Geſichtszuͤge, oder Gefichtsbildung und Geftalt 
fehlen: fo konnen fich doch die Geiſter der verftorbe- 
nen Freunde, fo bald fie nur einander nahe kommen 

fönnen, und ſich mit einander unterhalten, einander su 
erfennen geben. Erfennen wir doch fchon bier einen M. 
allein nicht durch den Anblick, oft blog durch ein gei- 
ftiges Mittel. Perſonen, welche nach einer langen 
Zwifchengeit von ungefähr zufammentreffen, wenn fich 
die Geftalt, Sprache und die Handlungsmeife beyder 
ganz verandert haben, erfennen. fih durch Unterre- 
dung einander wieder, - falls auch ihre Gefichtebils 
dung einander ganz unfenntlich geworden feyn follte. 
M., die in gegenfeitiger Abwelenheit das Band der 
Freundſchaft gefhloffen haben, erkennen fich, wenn fie 
fich einander fehen, nicht an der Bildung deg Leibeg, 
nicht an den Gefichtszugen, nicht an den fid etwa 
einander überfandten Abbildungen, fondern am Ges 
foräch und an der Lebereinffimmung der Den: 
Eungsart, zumeilen auch durch ein verborgenes Ge— 


MWiederfehn nach) dem Tode, (Gründe für das —) 


fühl, an einer geheimen Ahnung, und an einem unbes 
fehreiblichen gewiſſen Etwas, was fie aufmerffam 
macht, an einander zieht und fihnell ihre Arme zum 
freudigen Willfommen öffnet. Kann das nicht auch 
bey den Derewigten flatt finden? 


Sonderbar it ed, daß Ddderleininf. theol, Bibel, Band IL 
©. 300 ſchreibt: „daß wir einander ohne dieſen Leib, 
„diefe Sefihtszüge, Bildung und aͤußerl. final. Werkzeuge 
„nicht zu evfennen fähig find, iſt ſehr waͤhrſcheinlich. Wenn 
„darauf geantwortet wird, daß die Anerkennung der Freunde 
„auch durch Gefpräche, vier dffent!, Umgang erfolgen koͤnne: 
„ſo Eaan ich mir Eeine Gefpräche ohne den Mechanism meiz 
„nes tegigen Körpers denken, und das andere ift nur Muth: 
„maßung,“ da er doc) in ſ. inft. Th, chr. T. II. p. 546 das 
Segentheil annimmt, Jenes wird feine frühere Einſicht und 
Meinung ſeyn. 


Mir unterfcheiden ia die, mit welchen wir näher bes 
kannt find, fhon an ihren Meinungen, Geſinnungen, 
Denfungsart und an der Art und Weiſe, wie fie Die- 
felbe außern, wenn wir fie gleich nicht fehen. Man 
erfennt gleich das, was ein Freund bey diefer oder 
iener Gelegenh. gefagt, einen Brief, telchen er ge 
fehrieben hat, am Geifte, der darin herrſcht. Nun 
nehmen mir unfere Denfungsart und Geſinnungen mis 
in iene Welt, es müffen alfo auch die, welche hier vere 
traut mif einander umgingen, fich dort wieder erken— 
nen koͤnnen. Daß aber Geifter fih mit einander un— 

terhalten koͤnnen, welches durch Annahme des Be— 
wußtſeyns nach dem Tode möglich ſeyn wird, iſt des— 
halb wahrſcheinlich, mel der Umgang mif höheren 
Geiftern die Vervollk. "Sie abgefchiedenen Seelen be= 
wirken muß. Iſt e8 alfo ganz unmahrfiheinlich, daß 
der neue in der Auferſt. zu erhaltende Leib eine Achn- 
lichfeit mit unferer gegenwärtigen Geftalt oder einige 
Merkmale von Beute irdifchen Yeußern an fich haben 
werde? f.ır T . 158. Kann — wenn auch das 
— —— nicht durch koͤrperl. Merkmale geſchehen 
und bewirkt werden ſollte, daſſelbe auf eine uns ietzt 
ganz unbekannte Art geſchehen? Wie, wenn uns Gott 
dieienigen zufuͤhrte, mit welchen wir uns wieder zu 
verbinden ſehnlich wuͤnſchten? oder koͤnnten wir nicht 
durch eine beſondere Beranftaltung und Wirkung Got— 


654 .W, 
Wiederfehn nach dem Tode, (Grimde für das—) 


fe8 gerade an den Ort ieneg neuen Aufenthalts ver- 
fegt werden, wo fich unfere Freunde befanden? oder 
wie — wenn wir durch eine geheime Ahndung unfers 
Geiftes nach feiner Trennung vom Leibe gerade zu 
ihnen hingezogen würden? oder — wenn er ung durch 
eine Difenb. den Ort anzeigte, wo wir unfere Sreunde 
anzutreffen hätten? Freilich laͤßt fich diefes, was in® 
Wunderbare fallt, nicht nach Vernunftgeſetzen als ges 
wiß behaupten, aber ift es nicht. moglich? Freilich 
muß man annehmen, dag wir dort neue Werkzeuge, 
um unfere Gedanfen einander mitzutheilen und um die 
Gedanken Anderer auffaffen zu Fonnen, annehmen. ft 
aber dieß, fo find die fich miederfindenden Seelen aud) 
im Stande, einander an dag zu erinnern, was im ir- 
difchen Leben von ihnen gethan und gelitten, gegeben 
und genommen, erfahren und empfunden worden ift. 
Es fann alfo dann auch der Wohlthäter dort von 
denen den Danf noch empfangen, welchen er Gutes 
erzeigt, der Freund fann den Freund daran erinnern, 
was er ihm für angenehme Beweiſe der Liebe gegeben 
bat. 
c) Es ift das W. möglih, wenn auch nicht unfere 
Sreunde oder wir felbft denfelben Grad von Geiftes» 
aufflärung und Herzenggüte erreicht haben. Die fich 
gleichgefimmten Seelen werden ſich nur wieberfehen. 
Zu dergleichen Stimmung gehört aber niche die gleiche 
Stufe der Bollfommenheit. Sind denn hier dieieni- 
gen nur Freunde, welche auf gleicher Stufe der mora⸗ 
lifchen Vollk. ſtehen? Eine gleiche Stimmung fnüpft 
fhon das Band der Freundfihaft. Nimmt man an, 
daß zu unferer Seligk. die Verbindung mit hohern 
‘ Geiftern ‚erfordert wird, die ung zu höherer Vollk. lei— 
ten, fo fteben diefe hoͤhern Geifter auch nicht auf ders 
ienigen Stufe mit ung. Es fönnen alfo die fihon 
vorangegangenen Freunde die nachkommenden zur hö— 
bern Vollk. leiten und fie eben dadurch in die Gefells - 
fchaft noch höherer Geifter bringen. - Wenn nur Dies 
ienigen einft in freundfchaftlicher Verbindung wären, 
welche auf gleicher Stufe der Vollk. ftünden, fo würde 
gewiß dadurch die höhere Vollk. fehr erfchwert werden. 
Bol. Ribbecks 4 Predd. v. Wiederſ. ©. 52-61. 
2) Der Glaube an das W. iff unferm Derzen 


J 


Wiederſehn nad) dem Tode, (Gründe für das —) 


Hedürfnif, da wir in den Verbindungen mit 
Freunden dag höchfte Glück des Lebens finden. a) Die 
Hoffnung und der Wunſch iſt eine angeborne oder 
ung von Gott anerfihaffne — ungemein flarfe Nei— 
gung, fogar eine Sehnfucht, ein Drang unfers Her- 
zens, welcher aus allen, felbft aus den roheſten und 
ungebildetſten M., felbft in dem Fälteflen Herzen vers 
nchmlih und laut fpriht. Hat auch iemand noch 
nicht fein Gefhmwifter, und f. Sreunde verloren und 
er ftelle fich nur ihren Verluſt vor, fo wird er doch 
fagen: ich mwünfche die Meinigen einft wieder zu fehen. 
Denen aber, die fchon eins oder fihon mehrere von 
‚ ihren Lieben durch den Tod eingebüßt haben, ift Fein 
Wunſch ſehnlicher, heiliger u. theurer, alg der Wunſch, 
fie wiedersufehen nach dem Tode. Alfo alle die, wel» 
che fich hier fennen und lieben, münfchen fi einander 
wieder zu fehen, um länger und ungefiörter mit ein- 
ander glücklich zu feyn, als fie es bier feyn Fonnten. 
Wie natürlich ift diefer Wunfch; denn unter den 
SM. währen oft die Verbindungen kurz. Der Tod 
trennt oft die, welche zartl. Liebe und Freundſchaft 
mit einander vereinigfe. Erreichen wir auch das hoͤch— 
fte Alter mit einander, fo wird doch die gemeinfihaftl. 
Gluͤckſ. fo oft unterbrochen, daß noch immer der 
Wunſch eine ungeftörten Genuffes derfelben zurück 
bleibt. So ift es fhon auf Erden. Was het wohl 
der Jahre lang von feinem Vaterlande Gekrennte für 
einen berzlichern Wunſch, fuͤr eine heißere Sehnfucht, 
als feinen Freund mwiederzufinden? Wenn er nach late 
ger Trennung in fein Vaterl. zurudfommt, wird er 
gewiß nicht erft darauf denfen, neue. Defanntfchaften 
zu fliften, und fich in neue Berbindungen einzulaffen. 
Sein erfier Wunfch ift vielmehr, feine alten Sreunde 
wieder zu umarmen und fih mit ihnen zu freuen. 
Welcher Schmerz, wenn ibm diefe Freude verfagt wor- 
den ift! Iſt demnach diefer Zug — diefe Neigung un- 
ferg Herzens fo flarf, fo unausloͤſchlich, warum ſollte 
fie denn mit unferm Tode vergehen? Nur Gott ift eg, 
der ung diefen Wunfch gab, ihn an unfere beiten Ge— 
fühle band, ihn mit den innigften und ſeligſten Ver— 
haͤltniſſen des irdifchen Lebens verfnüpfte; er, der ıcde 
Anlage in ung bildete, iede Reigung in ung weckte, 


656 B 
Wiederfehn nach dem Tode, (Gründe für das —) 


ieden Trieb in ung anfachte. Gott der Allmächtige 
und der Allgütige follte ihn nicht erfüllen Eönnen u. 
wollen *)? Wäre nicht die Sehnfucht nach unfern 
Sreunden, die wegen IL 1. aa. ©. 651 ftatt finden 
muß, für ung verzweifelnd, falls fein W. wäre? forte 
fie nicht unfere Ruhe? Lebt fie mit ung fort, fo wäre 
es ia das grauſamſte Loos in ienem Zuflande, ung 
ewig des Andenfens an unfere Freunde bewußt zu 
feyn, ohne fich wieder zu fehen. - Das wäre eine zu 
ftarfe Vermifchung der Freude mit zu bitterem Kum— 
mer. Liebe begehrte Bereinigung. Je ſtaͤrker fie ift, 
defto ſchmerzhafter ift auch iede Scheidung, zumal die— 
ienige, deren Ende fich nicht abfehen läßt. Man denfe 
fih nun eine ewige Scheidung! | 
Engel in der oben angef. Schrift zeigt ©. 1572159, dab das W. 
wahricheinlicher ift, als die Bezweiffung deſſelben. Bor. daſelbſt 
©. 165 und Nachtrag zu diefer Schrift ©. 35. 9 und 34. 


b) Der Glaube an dag W. ift Bedürfniß deshalb, um 
während der großen Trauer, worin ung die Entziehung 
unferer Eieben durch den Tod derfelben verfegt, einen 
hinlaͤngl. Beruhigungsgrund zu haben. Nun gibt es 
feinen flärferen und beruhigendern STroftgr. beym Ab- 
fierben unferer Verw. und Sr. als die Hoffnung des 
W. Der M. ift nicht blog geiftig und vollfommen 
£ugendhaft. Er leider — auch durch) den Tod derer, 
die durch das zärkfliche Band der Liebe, welches Eltern 
an ihre Kinder, diefe an iene, Gatten an G., Mütter 
an K., DBerwandte an V., Freunde an Sr. fnüpft, 
von einander getrennt werden. Bey der Aufloͤſung 
dieſes Bandes verfinft das Herz in Die fraurigffe 
Wehmuth. Dan muß das Einverftändniß der Geelen, 
men muß den Einklang unter Freunden, und ihre ges 
genfeitige Anhaͤnglichkeit unter einander, daß wechfel: 
feitige Bebürfniß derfelben, um Ideen mit einander 
auszutaufchen, fich gegenfeitig zu rathen, gu helfen, 
zu dienen und fich einander zu unterhalten, felbft und 
genau aus der Erf. Fennen, um nur in etwas die 
Größe der Trauer zu ahnen, welche der zurückbleibende 
Freund fühlt, wenn fein Liebling RE An 

eru⸗ 





*) S. Ribbeck a. a. O. © 64 f. 


Wiederfehn nach dem Tode, (Gründe für das —) 


Beruhigungsgründen fehlt e8 zwar dann nicht, aber kei— 
ner hat denn dieienige Wirkfamkeit als der hat, wel— 
chen ver SI. an dag W. darbiefet. Denn denfen wir 
es ung, daß wir mit ihnen — wer weiß wie bad, 
wieder werden vereinigf werden, fo find fie ung hier 
noch faft ganz gegenwärtig, wir fprechen und träumen 
von ihnen, und dann meinen fir nicht vor Unmuth 
u. bitserem Nummer, fondern vor mehmüthiger Echn- 
sfucht, Die uns dag Herz erleichtert. Dieſe Taufchung 
verſchwindet zwar bald, aber fie beruhigt doch, fo 
> fange fie währt, und ie mehr wir dieſe Hoffnung der 
Wiedervereintgung in ung naͤhren, deſto ruhiger und 
ſanfter wird dann unfere Traurigkeit, und andere 
Sroftgründe in Verbindung mit denfelben wirfen dann 
ſtaͤrker auf uns. | 
Wie kraftvoll der Troſt des W. beruhigt, ſchreibt D. ©. Le, weichem 
f. einzig Sind — Dorothea Salome Leß — Imlin, ein 
vielverſprechendes Mädchen, abſtarb, babe ich bey einem der traus 
rigſten Vorfälle meines Lebens gefühlt, und es zur Ehre der Her. 


öffentlich bekannt in der kl. Schrift: Trof bey dem Grabe eineg 
einzigen Kindes, 2te A. Gütitngen 1786. 3. (3 gr.) 


Wer dag M. bezweifelt, muß bey der Trennung 
von f. Sreunden muthios, und beym Hinfcheiden fei- 
ner Theuren troſtlos werden. -. Er wird allen Ges 

ſchmack an den Lebensfreuden verligren. 

Bol. Ribbecks 4 Predd. ©. 62-655 Engel a. 

aD. E17 f.; R. Eylert’s Betrachtet. bey der 
legten Trenn. v. d. Unfrigen, Dortm. 1302. 8. Nr. ı. 
S. 1:34: „werden wir ung wiederſehen?“ ©. 16-22. 
3) Findet fein W. flatt, fo würden die Verbindungen 
der Liebe u. Freundſchaft groͤßtentheils zwecklos feyn. 
Es ift wahr, der gefellige Trieb iſt unferer Seele wer 
fentlih, liege tief in der Natur, und fowohl zum 
Wohlſeyn eines ieden, als auch zur Vollk. des Gan- 
zen. Nicht blos grobe Sinnlichk. knuͤpft ung an uns 
ſers leihen. Die ächte Freundſch. gründee fich niche 
auf äußere Vortheile. Iſt fie recht innig und herz— 
lich, fo ift fie auch von einer edleren Natur. Waͤhrt 
fie hier aber nicht oft nur eine Furge Zeit? Sollte 
- Gott ein fo inniges Buͤndniß Fnüvfen laffen, um es 
fo bald — auf immer zu serreißen ? Aechte — anf Tugend 
ſich gründende Freundſch. iſt einer ewigen Fortdauer 
Ehriſil. Gt. Lehre f. d. Canzelgebr. 3Th. Dt 


658 Be: 32 
MWiederfehn nach dem Tode, (Grunde für das —) 


würdig. Horte fie mit dem Tode auf, fo ſtimmte nicht 
ihr wirkl. Schickfal zu ihrer natürl. Beftimmung, fo 
hätte fie der Moglichkeit nach einen fehe hohen — der 
Wirklichkeit nach aber einen ſehr geringen Werth. 


Klug würde man daher Ju Werke gehn, wenn man 


ſich nicht zu zaͤrtlich an Jemanden Ron um fich bier 
und dort den fo bittern Schmerz der Trennung zu 
erfparen. Unendlicher Schade mare e8 um die fo edel 
entftandene zärtl. Freundfch., falls folche für immer 
aufgehoben werden ſollte. Wie kann das Buͤndniß, 
das Gott aus einer natuͤrl. Uebereinſtimmung der See— 
len entſtehen ließ, im Tode vernichtet werden? Soll es 
nicht den ganzen ſegensvollen Einfluß auf unſer Glück 
haben, den es feiner Natur nach haben fann? Die 
Zwecke deffelben für dieß Erdenleben find zu geringe. 
Es muß alfo fortwähren. Wer Fann e8 ſich denken, 


daß unfer Sreund mit Andern glücklich, nur nicht mie 


ung lebte, da er doch an unfere Herzen am fruͤheſten 
und durch die ſtaͤrkſten Bande geknuͤpft war? Er 
koͤnnte uns ein ewiger Gegenſtand unſeres Genuſſes 
ſeyn, und waͤre es nicht? So zwecklos kann Gott 
nicht verfahren. | 

©. Eylerta. aD. ©. 24:27; Engela a. O. 
Nachtrag, S. 26 u. 27. Noch mehr, fol nicht der 
Geift der Nachftenliebe ung bier Anlagen zur Seligkeit 


ienes Lebens verfchaffen? Iſt fie nicht Bedingung det 


zufünftigen Geligfeit? Diefe Seligk. kann unmöglich 
in ihren edelften Theilen einft erfchüttert werden. Diefe 
bier auf der €. gemachte Anlage mird nicht ausge— 
rottet werden. Nein, wir werden einft die, welche wir 
bier liebten, wieder fehen. 


4) Der Wunſch des W. fliegt aus einer rei- 


nen Duelle. Das W. ift nicht blog etwas Er— 
mwünfchtes, fondern auch etwas Wünfchenswürdiges. 
E8 gründet fich auf die edelften Empfindungen — der 


giebe und des Einflangg der Seelen. Nur Edle und 


Gute unterhalten diefen Wunfch.- Sobald fie ihn 
begen, erheben fie fich über die Sinnlichkeit ing Reich 
der Zugend, in dieienige Gefelfch., welche frey von 
eigennügigen Abfichten ift, die nur reine Liebe und 
wahres Pflichtgefühl zu den beften Zwecken mit einan— 
der vereinigt. - Gerade dann, wenn gute Ehriften es 


W. 659 
Wiederſehn nach dem Tode, (Gruͤnde fuͤr das —) 


ſich bewußt ſind, immer mehr in der Erfuͤllung ihrer 
Pflichten fortzuſchreiten, gerade dann, wenn ſie ſich 
mit Gott und der Erinnerung an ihre Obliegenh. und 
an das Gute, was ihre verfiorb. Sr. an fich hatten, 
unterhalten, dann fühlen fie dag Beruhigende diefer 
Hoffnung am ſtaͤrkſten. Sie iſt eine Frucht ihrer 
Sittlichkeit. Wie koͤnnte der Unſittl. dieſe Hoffnung 
hegen, da ſie ihn daran erinnert, daß es dort auch 
HM. gibt, die er bedruͤckt und gekraͤnkt hat? Vgl. das 
bey Nr. 3. Geſagte. ©. Eylert aa. O. ©. 22:2. — 
5) Es iſt ver Glaube an das W. Gottes All- 
—— Allguͤte und Allgerechtigkeit ge— 


= € ift unbezweifelt gewiß, daß Goft alles mögliche 
Gute will, was aug einer jeden Einrichtung im Zu— 
ſammenhang der Dinge entftehen, fann. Nun find 
tugendhafte Verbindungen der Gemuͤther von Na—⸗ 
tur einer Wiederherſtellung in iener Welt faͤhig, weil 
ſie dadurch ſelbſt weit zweckvoller fuͤr die Zukunft 
werden, und weil eben dadurch unſer ganzes gegen- 
waͤrtiges Leben eine nähere Beziehung auf unfere Fünf- 
tige Beſtimmung erhält. Es ift alfo ihre Wiederhers 
ſtellung der Weish. Gottes gemäßer, als ihre gänzl. 
Aufhebung. Sie find fodann wirklich zwecfvoller, find 
fodann felbft Zwecke der Zukunft, anftatt blos Mittel 
zu andern Ubfichten zu feyn. Inſofern das W. un: 
» fere Seligfeit erhöht, Fann man es von der unend- 
lichen Güte Gottes erwarten, welche alles mögliche 
Glück der Gefchoöpfe will, und von der Weish. Got- 
tes, da er nichts umfonft veranftaltet, fondern auch 
den vollfommenften fittlichen ſowohl als natürl. Zu— 
fammenhang liebt, und deswegen unfer gegenwaͤrtiges 
Schickſal auch unſerer beſondern Beſtimmung in 
iener Welt gemäß eingerichtet hat. — b) Wie würde 
Gott ohne Wiederſehen ſeine Gerechtigkeit, wor— 
nach er auch ieden Frommen und iedes Verdienſt be— 
lohnen will, aͤußern? Woher wiſſen wir denn, daß 
Jeſus und ſ. Apoſtel, daß die weiſen Lehrer, die eifri— 
gen Vaterlandsfreunde, die freuen Eltern, die ſich bier 
für Andere aufgeopfert haben, einft dort wirklich die 
ihren Zugenden angemeßne Belohnung erhalten, wenn 
mir nicht an den Ort fommen, wo fie find er laßt 
t 


08. WB, 
Wiederſehn nach dem Tode, (Gründe für das —) 


- fi) das wiffen, wenn nicht Kinder ihre Eltern, Gats 
ten und Sreunde fich einander wiederſehen? 

6) Es gibt gewiſſe Pflichten und Tugenden, die wir 
ganz ſo, wie es das Geſetz fordert, nicht ausüben 
fonnten, wenn wir nicht dazu in dem-Fünftigen Leben 
beym Wiederfeben Gelegenh erhielten. Es find ſehr 
viele M., die Andern den Danf ſchuldig bleiben, wel⸗ 
chen iene von ihnen erwarten koͤnnen; viele follten 
Andere erfreuen, und haben fie hier betruͤbt 2c., dort 
werden fie ihre Schuld gefeßmäßig abfragen Fönnen. 


Hiergegen läßt fich aber einmwenden: es geht nicht nothivendig aus unfe: 
ter Beſtimmung hervor, daß wir erft in iener Weit gegen unfere 
Sreunde und Wohlthäter dankbar feyn folen. Denn haben wir 
bier den Witten gehabt, ihnen unfere Dankbarkeit an den Tag zu 
legen, und wir wurden von der Natur daran gehindert: fo ver: 
tritt der Wille die That feldft und unfere Pflicht ift erfüllt. 


7) Der Gl. an W. und das WW. ſelbſt iſt Alferbitigs 
ein Mittel zu unferer gegenfeitigen ſittl. Vervollkomm⸗ 
nung. Dieß will nicht ſagen: 

a) daß wir den Glauben an dag W. zu einem Beweg⸗ 
grund zur Tug. gebrauchen ſollten und müßten, ſon⸗ 
dern daß wir das W. fuͤr unſere ſchwache Natur als 
ein unſchuldiges Mittel benutzen, unſere guten Grund» 
ſaͤtze zu befeſtigen, unſere guten Entſchließungen zu 
bilden u. eg für unſere Handl., als einen-wohlthätigen 
Schußgeift, um folche zu leiten, anfehen. Wie heilig 
find uns nicht die Aufträge unferer Freunde, wie 
theuer die letzten Bald unferer Eltern und die 
legten frommen Wünfche unferer Geliebten! Blos die 
Hoffnung, fie in einem begren Zuft. mieder zu fehen, 
ung mit ‚ihnen zu freuen und mit ihnen auch nach 
ihrem Tode im Andenfen an fie in unfern Handluns 
gen fortzuleben, treibt ung an, ihre Aufträge, Erinne- 
rungen und Wünfche mit der großen Anftrengung 
unferer Kräfte, oft mie den größten Aufopferungen 
zu erfülken und ihnen nachzufonmen. — Dffenbar ers 
hoͤht und veredelt der GI. an das W. unfern gefelligen 
Trieb; denn aleichviel Fann es doch in Anfehung die» 
fes 2 Triebes nicht ſeyn, ob wir unfere Geliebten als uns 
verlierbare KRleinode betrachten, oder nur als vergangl. 
Schäge. Denken fih Eltern die K. zwar nicht als 
vergängliche, aber doch als folche Wefen, bie ihnen 





W. 661 
Wiederſehn nach dem Tode, (Gruͤnde fuͤr das —) 


nach dem Tode nichts mehr angehen, oder daß ſie 
ihre ferneren Schickſale nicht erfahren wuͤrden, und 
daß ſie, ſo viele Verdienſte ſie auch um ihr kuͤnfti ges 
Wohl haben, doch nicht durch den Anblick ihrer Gluͤck— 

ſeligkeit und durch die Aeußerungen ihres Danks wer—⸗ 
den belohnt werden: ſo muͤſſen ihre zaͤrtlichen Geſin— 

nungen, ſo muß ihr treuer und muͤhvoller Eifer er— 
falten. Wenigſtens macht es fie weit mutbiger und 

underbroßner, wenn fie zu ihren S. jungen koͤnnen: id) 
werde euch ewig lieben, und emig werdet ihr mich lie⸗ 
ben. Wir werden ewig Mitgenoſſen eures und ihr 
Mitgenoſſen unfereg Gluͤcks ſeyn. 

b) Unſere Tugend wird in der Ewigk. fortgebilbet wer⸗ 
den, d. h. wir ſelbſt werden unfere Zug. fortbilden; 
dieß kann am beiten und ſicherſten durch Verbindun— 
gen mit den Unfr. geſchehen und durch den Umgang, 
welcher den hoͤheren Beduͤrfniſſen eines ieden angemeſ— 

fen iſt — durch Freunde, die mit unſerm Charakter 
vertraut ſind. Denn ſolche enge Verbindd. haben den 

porzůglichſten Einfluß auf unſere ſittl. Bildung, un 
fere Sreunde haben fchon in diefem Keben mehr Eins 
fluß * dieſelbe, als andere ung Unbekaͤnnte. Alſo 
werden iene auch in ienem Leben in der vollkommne— 

ren Ausuͤbung der Tugend und des religioͤſen Verhal— 
tens, an Güte und im Umfang derfelben immer wei— 
ter zunehmen. Kann nicht der Bollendete etwa be- 
ſtimmt ſeyn, feinen nachfolgenden Freunden den Weg 
zur Seligk. zu zeigen? 

8) Das M. ift nothwendig gegründet in unferer Vor— 
ſtellung von unferer Fünftigen Glückfeligkeit, und wird 
zu derfelben ungemein viel beytragen. — a) Was er- 
wartet man gerechter v. d. filigen Ewigk., ale Auf: 
hebung der Erdenmängel? was mehr als Aufhebung. 
ber Trennung durch die Wirdervereinigung? Nicht auf 
ewig dürfen unfere ießigen zaͤrtl. tugendhaften Ver— 
bindungen aufhoͤren. Wer kann fich aber die Wonne 

groß genug, welche Freude reiner denken, und welche 

Belohnung kann wahrer u. welcher Lohn ber Freund⸗ 
ſchaft hoͤher ſeyn, als wenn wir 
aa) in iener Welt nicht nur unſere Eltern, Gatten, 
Kinder und Verwandten, wenn wir nicht blos unfere 
vorangegangenen Schweſtern und Bruder, wenn nicht 


662 Fe. 
Wiederfehn nad) dem Tode, (Gründe für das —) 


nur der Water den Liebling feiner Söhne, deffen Vers 
luſt fein Alter ummolfte, wenn der Gatte den Gatten, 
und der Freund den Sr. wiederfindet, fondern wenn 
wir auch redliche und folche Freunde, mit welchen wir 
in der Denfart, in Gefinnung, im Betragen gang 
übereinfimmen, und zwar nicht den einen oder den 
andern, fondern ihrer mehrere toieberfinden, an ihnen 
das Borzügliche ihrer Erf., ihrer Tugend und Liebe 
einfeben, mehr u. für immer von ihrer Herzensguͤte ıc. 
Nutzen sieben, ihnen für ihre Wohlthaten den 
fhuldigen Dank abiragen, ihnen -unfere Ergebenh. 
zeigen u. f. w.! Wie vielen Stoff wird das zur ge= 
genfeitigen Gluͤckſ. darbieten! Welche unausſprechliche 
Gefühle der Freuden muͤſſen z. B. in der Seele eines 
Vaters entſtehen, welcher eine ganze Menge verherr- 
lichter Seelen vor ſich ſieht, welche zu feiner Nach— 
kommenſchaft geboren, welche durch ihn mie menſchl. 
Leibern vereiniget, zur Empfindung ihres Daſeyns ges 
langt, und alfo der Unfterbl. fähig gemacht worden 
find? Diefe Gefühle der Freude über Millionen ſeli— 
ger Geiſter, z. E. der Nachfommenfch. eines einzigen 
Abrahams, follten fie nicht eine ewige Duelle des 
Danfes gegen Gott und ein flet8 erneuerter Antrich 
werden, deſto thätiger in der Beforderung der Vollk. 
eben diefer Seelen zu feyn? — bb) Welche Freuden 
muß es gewähren, fich mit feinen wieder erkannten 
Sreunden in aufgeflärter Vernunft über die Meet Ders 
borgenen Rathſchluͤſſe — die Raͤthſel ſeiner Vor— 
ſehung in den Schickſ. der M., in zartl. Vertraulich— 
feit zu befprechen — mit ihnen feine FSreundfch. zu 
erneuern, die weit edler ift, als die Freundſch. diefer Erde, 
die nicht mehr die Tochter irdifcher Bedürfniffe, nein, 
eine vollfonmene Uebereinftimmung der Seele und dag 
Dand der Wolf. if. — cc) Welch eine Sreude, in- 
dem nunmehro Feine Trennung der Sreundfchaft mebr 
fiatt findet, welche fein Feind, Verlaͤumder und Reis 
der zerreißen, fein gegen einander ſtoßendes Intereſſe 
und fein unfeliger Partheygeiſt trennen kann, reiches 
vielmehr durch die Länge der Dauer immer feſter ge⸗ 
knuͤpft, und wie der M. in ſeinem Denken u. Thun, 
in ſeinen Abſichten, Wuͤnſchen und Streben veredelt 
wird. Falls auch dann die Freunde uns an unſere 





W. | 663 
— nach dem Tode, (Gruͤnde fuͤr das —) 


Fehler erinnern, ſo wird das nicht unſere Freude ver— 
kuͤmmern; denn eben weil unſere Fehler irdiſch waren, 
muß unfere Ruͤhrung deſto inniger feyn, weil wir ung 
bey der Erinnerung unferes Beftrebeng, gut zu ſeyn, 
keinen Vorwurf zu machen haben, als den unſerer ird. 
Unvollkommenheit. Die Freude uͤber unſere irdiſchen 
Tugenden muß um ſo groͤßer ſeyn, weil es Tugenden 
ſind, die ſchon auf Erden unſer Eigenthum waren. 

b) Hier lebt der Wenigſte ganz blos für fih. Wird 
dort der M. Durch Einfamfeit vollig glüclich feyn? 
Der Einfame ift in dem — — Zuſtande. Sind 

aber wohl die Seligen unthaͤtig? Thaͤtigkeit will aber 
irgend eine Veranlaͤſſung, irgend ein Ziel haben. Se 
zahlreicher daher die Gegenffände, welche einen Stoff 
zur Befchäftigung darbieten; ie mehr der Verbinduns 
gen, ie mannichfacher die Verhältniffe feyn mwerden: 
defto thätiger wird man feyn fonten, Wäre man 
von allen übrigen Weſen abgefchnitten, und alles 
deffen von außen beraubt, mas Deranlaffung, mag 
den Kräften Nichtung gibt — fo ift man nicht im 
Stande, fih binlänglich zu befchäftigen. — be⸗ 

ſchaͤftige ſich der Selige mit ſich ſelbſt.“ A. Ach der 
armſelige Vorrath von groͤßtentheils dunkeln, unrich⸗ 
tigen, verſtuͤmmelten Begriffen, die er hier ehmals auf— 
geſammelt hat, würde ſehr bald erfchöpft feyn. Gott 
ift auch micht ‚einzig und allen ver Gegenftand der 

Detrachtung für die Geligen. Denn fie fonnen ihn 
nicht aus fich felbft erkennen, fondern nur aug feinen 
Werken. Die einfame Betrachtung der Herrlichkeit 
des Unendlichen und feines Abſtandes von ihnen würde 
givar immer wichtig und groß, aber für Endliche niche 
immer belehrend bleiben. Soll der Selige blog über 
Gott nachdenfen und nich handeln, nicht feine Gedans 
Een und Empfindd. fortpflanzen und dadurch Andere 
beglücden? Es gibt das mehr Vergnuͤgen, als «8 
Sreude gibt, wenn man Wahrh. ſucht und finder, 
wenn man die gefundene Wahrh. mittheilen und ges 
meinfchaftlich denken kann *). Ze edler eine Seele iſt, 
defto mehr finder fie Vergnügen darin, einen recht aus— 
gebreiteten Wirkungskreis, einen en. wichtigen Ein 


x) Engel N. 8: O. S. 163. 


Wiederfehn nach dem Tode, (Gründe für das —) 


fs auf Andere zu haben. Menn im Himmel unfer 
Wirkungskreis fih unaufbörlich erweitert, wenn als⸗ 
dann dag Gluͤck von Taufenden unfer wird, und wir 
hingegen diefen Zaufenden ein Gegenſtand ihrer theil⸗ 
nehmenden Freude werden; welch eine hohe Gluͤckſ— 
muß dag fon! Weich ein Tauſch von Gedanken und 
Empfindungen! Welche entzückende Uebung unferer 
Kräfte! Solten nicht die weifeften Sreunde, die fchon 
hier gemeinſchaftlich Weahrh. fuchten, durch die Ver⸗ 
gie: ung ihrer Einſichten, die ſie auf €. hatten, mit 
denen, welche fie einft im Himmel erlangen werden, 
beiio "größere und gefchtwindere Fortſchritte in der. Erf. 
d. Wahrh. machen fonnen, wenn fie dort wider ver- 
— werden? Wenn wir dort, ſo wie hier, nach und 
nach werden vollkommner werden, ſo iſt keiner geſchick— 
ker, uns von unfern Sehlern zu entwohnen, als der 
Sreund, * lcher ſchon bier durch feine Erinnerungen 
und fein Seyfpiel ung zur Beſſ. ermunterte. | 
c) Nach I. 3. ©. 657. hat ver M. hier Anhaͤnglich⸗ 
keit an Freunde. Wird der M. nicht ſeine Ergeben⸗ 
heit gegen dieſelben mit in die E. nehmen? Wären nun 
auch unfere Freunde im Himmel im Beſitz der reinfen 
und feligfien Sreuden, fo wird dag doch ung nicht, 
falig wir nichts von ihnen erfahren, ihrentwegen be- 
ruhigen und troften. Sind Eltern nicht ihreg Sohns 
wegen deshalb beforst, weil fie nichts von ihm erfah> 
ven, falls e8 ihm auch recht gut geht? Es ift, als 
hätten fie ibn nicht, als wäre er tod. Daß wir wif- 
fen, daß die Unſrigen felig find, iſt nothwendig zu 
unferer eigenen Seligkeit. Geben wir dorf dieienigen 
glück ch, welche ſchon hier durch das Anſchauen ihres 
— Gluͤcks uns frohe — ſelige Tage machten, fo erhält 
dort unſere Freude den ſchoͤnſte n, edelſten Zuſatz. — 
d) Offenbar werden wir im der E. mit unſern Freun— 
den sunachft umgehen, denn der Umgang mit höhan 
Geiftern, 3. B. Engeln, würde zwar ben Seligen Ehr— 
furcht einflößen, aber er würde ihnen die unerſetzbaren 
Freuden der Vertraulichkeit rauben. Gehn wir auch 
dort mit den hoͤhern Geiſtern um, fo fönnen fie doch 
unmöglich unfere liebſten Geſellſchafter, unfere zartlich- 
fien Sreunde feyn. Der Abftend zwifchen ihnen und 
ung iſt zu groß. Dertraulichkeii, die zur Natur der 





— 


3. 665 
Wiederſehn nach dem Tode, (Gruͤnde fuͤr das—) 


Freundſchaft gehoͤrt, fest eine hinlängliche Gleichheit 
unter beyden woraus. — 

ie B3l. Engel a. ai D.:©. 144: 147. — e) Offen» 
bar wird die Fünftige Belohnung der Frommen darin 
befiehen, daß fie durch ihre Sreunde das Gute erfah- 

ren, was fie denfelßen ermwiefen und Dadurch befördert 
haben, alfo durch Anerkennung deffelben zuruͤck genieſ— 
fen. — ) Wird es nicht zu unſerer Seligkeit bey⸗ 
tragen, wenn uns das, was in den Schickſalen der 
Unſrigen, z. B. bey ihrem fruͤhen Tode, dunkel und 
unbegreiflich war, wird aufgeklärt werden? Durch Er⸗— 
fahrung und Mitgenuf ihres Gluͤcks kann ung am 

beſten dieß Glück zu Theil werden. 

9) Die VBerfiherungen Jeſu und f. Apoſtel 
beſtaͤtigen die Hoffnung des W. und erheben fie da- 
durch wu volligen Gewißheit, Joh. 14, 2. 3 und 19; 
16, 22. Jeſus macht in diefen Stellen feinen Schü- 
leen die Hoffnung des MW. und des Genuffes feines 
vertrauten Umganges. Aber er ging auf Erden 
mit feinem von ihnen einzeln um. oh. 17, 24 würde 
Jeſus nicht gebeten haben, daß ff., wenn das W. 
und Beyſammenſeyn im Himmel ein Traum wäre. 
I Sheff. 4, 15 .fagt Paulus als eine befondere goͤttl. 
Dffenb., daß die lebenden Theſſal. mie ihren verf ſtorbe—⸗ 
nen Freunden gleicher Gluͤckſ. theilhaftig werden wuͤr⸗ 
den. Was aber von dieſen Chriſten gilt, das gilt 
auch von allen treuen Verehrern Jeſus. Denn da 
dieſe wie iene ein kuͤnftiges Leben za erwarten haben, 
da auch fie zum Genuffe einer volfenimmeren Glüdf. 

kommen werben, fo dürfen wir auf) hoffen, mit denen, 
die hier ung lieben und mwerth waren, wieder vereinigt 
zu werden. In I Theff. 4, 14. 19 liegt wie in Ebr. 
12, 23 f. bie Derficherung, daß die Tugendhaften 
gleich nach dem Tode in die Geflfeh. ihrer Befanns 
ten, Freunde und aller edlen Geelen kommen werben, 
die ie bier auf der Erde gelebt haben*). Auch I Theſſ. 

2, 19. 20. gibt von diefer Hoffnung des W. ei 








*) Wenn alle Verehrer Jeſu nach diefer Stelle, fo wie nad 
Phil. I, 22. zu ihm, ihrem Oberhaupte, Eommen werden, 
ſo haben fie eben dadurch die Hoffnung, auch felbit wieder 
zufanımen zu kommen. 


666 W 
Wiederſehen nach dem Tode, (Entſcheidung.) 


Verſicherung, weil ſich Paulus der Frommen am 
Tage des Weltgerichts deshalb freuen will, weil ſie 
ſeinen Ermahnungen folgſam waren und ihr Ziel, die 
Seligk., ſeinem Wunſche gemäß erreicht haben; I Petr. 

1,8. gehört auch hieher; vgl. Eylert a. a. O. S. 
29 = 32. 

Wenn Jeſus Chr. Matth. 22, 30. laugnet, daß 
nach d. Auferfi. die Führung einer leibl. Ehe fla.t 
finde, fo hebt das nicht die Hoffnung des W. auf. 
Denn die Verfchiedenheit der Gefchlechter und die Ge- 
fhlehtsluft wird allerdings in ienem Leben wegfallen, 
aber die Sreundfchaft, welche eigentlich) dag Band. der 
Ehe und DBerwandfchaft ift, wird von Beſtand feyn. 
Hier hört oft die Freundfchaft auf, indeß die Ver- 
wandfchaft bleibt, denn dieſe ift ein Werk der Natur, 
iene die Wirfung der Sefinnung. Aber in ienem Le— 
ben bleibt das Wohlwollen und mit ihm Die Freund⸗ 
fchaft. Die Berwandfchaft, Die aug der for- 
perlihen Abſtammung entſteht, Hort mit 
dem Leibe und zum allgemeinen Beten der 
Seligen auf. | 

10) Die Alten, die mweifeften Männer unter 
Ihnen haben dag W. vernünftig gefunden, und alg 
einen würdigen Troft edler Seelen angenommen. 
„D des vortrefflichen Tages, an dem ich zu icner himmt. Geifterver: 

„fammtung mit hinauf ſchwingen werde, dem Getümmel des Er: 

„denlebens enteennen! Sch werde nicht nur den Großen von den 

„obenerwähnten Männern (er meint die Scipionen) mid 
„nahen, auch zu meinem Cato (Marcus Cato Eenforinus, 

„welcher verfchiedene wichtige Staatsämter in Nom befleidete) 

„werde ich kommen. Ich tröfte mich über feinen. Tod mit der 

„Hoffnung einer nicht zu langen Trennung *).“ Anfaldi in 

der oben &. 640 angef. Schrift gibt viele wohlgeordnete hiſtori— 

fche Beweife und Beyſpiele, dag unter den meiften alten und 
neueren gefitteten und wilden Völkern die Hoffnung des W. ge: 
tiebter Freunde und Anverwandten geherricht Habe, 


IH. Entſcheidung. 


Faus man auch annimmt, dag unfer Verſtand e3 nicht zu erforfchen 
vermag, ob uns das Glück des Wiederſehns unferer Freunde und 
der Wiedervereinigung mit ihnen nach dem Tode vorbehalten fey, 
wozu nüßt es, Zweifel, mit welchen der Geiſt des M, fo oft zu 
kämpfen Hat, zu vermehren, und ift ed nicht graufam, durch Ge 





») Cicero — vom Alter, Kap. 23. 


W. 667 
—— nach dem Tode, (vwiefern finder es ſtatt?) 


wißheit oder Zweifel den Zroft, weichen ieder bey der Trennung 
von Freunden, bey dem Kinfcheiden feiner Xieben empfindet, zu 
fhwächen, vder gar zu rauben?! In Nüdficht des Wiederſehns 
bleibt altes bie3 Vermuthung und Hoffnung. Gewiſſes Iaft 
fih nicht Darüber fagen und feftfeßgen. „Die Unter: 
fuhung darüber liegt außer den Gränzen aller 
menſchl. Erkenntnif. Man fann das Wiederſehn 
weder behaupten, aber auch nidht läugnen; denn wie 
haben gar Eeinen Standvunkt, von wo aus wir diefe Sache er: 
örtern Eönnten. Weder die Erfahrung noch die Vernunft Tiefern 
uns Materialien dazu, und alles Entfcheiden darüber »zeigi von 
einee Dernunft, die fich felbfi nicht Eennt *).” Die Bernunft 
ann durch fich felbit über den Zuftand der menfchl. Scele, nach 
dem Abfchied von dem Leibe, nur das Algemeine, die Fortdauer 
ver MPerfönlichkeit und das Wachsth. an fittl, Vollk. mit einer 
derfelben angemegnen Glückſeligkeit, nicht aber das Specietti, nicht 
den Ort des Aufenthalts, nicht die Geſellſchaft, nicht die Außer: 
liche Lage und die Umftände beſtimmen. Wir wiffin v. d. über: 
finnlichen Welt nichts, und Eonnen davon nichts wiſſen. Es iſt 
alfo bier fchlechterdingS zu Feiner Gewißheit zu geangen, Man 
mus alles der Weish. Gottes überlaffen. Die f. Schrift be 
ſtimmt auch nicht Deutlich das Wicderfehn. „Die Vernunft 
fottte Bier nicht enticheiden, und ihre VBermuthungen als Beweiſe 
ausgeben. Sie fieht fo wenig die Moglichkeit as die Unmöglich: 
Feit eigentlih und vollig ein. Bey allen zufigernden Gründen 
wird Doch die EFünftige Wiedervereinigung nie zur unausiprech> 
lichen Wahrheit ).“ Vgl. Dr. 8 ——— — 
Ribbeck a a. O. ©. 11; neue allg. d. Bbbl. 18n B. 23 St. 
N GIS. 

1) Weil alles, was ſich wider die Hoffnung des W. 
ſagen laͤßt, (eben ſo gut als die Gruͤnde dafuͤr) nicht 
untruͤglich gewiß iſt und weil der Wunſch des W. 

unſern natürlichen Gefühlen und Empfindungen ge⸗ 
maͤß und dem Sittengeſetz nicht zuwider, alſo in Be⸗ 

ziehung auf daſſelbe erlaubt, und das W. wohl moͤg— 

Sich ifts fo ſteht ung die Hoffnung des W. 
allerdings frei. Man hat gar keinen Grund, die— 
ſem Lieblingswunſch unſers Herzens zu widerſprechen. 
Sobald man ein kuͤnftiges Leben annimmt, kann man 
einen ſolchen vernuͤnftigen Glauben, wor— 
nach das Wiederſehn, das Finden und Wie— 
derfinden oder das deutliche Wiederken— 
nen unſerer abgeſchiedenen edlen Freunde 
5 An Jahrb. der Literat. 1801. &t. 243. 

©. 547. 


*+) Engeln. a. O. Nadtrag, S. 15. 16. 


Wiederſehn nad) dem Tode, (miefern finder es ſtatt 7) 


im Himmel, ein freundfchaftlihes Leben 
mit ihnen, eine gegenfeitige Mittheilung 
der Einfihten, Gefinnungen und Gefühle, 
ein gemeinfhaftlihes Guteswirfen und 
ein gemeinfhaftliher Genuß der GSeligfeit 
iſt, nicht verwerfen, zumal da ung die eigentlichen 
Bedingungen einer vernünftigen Fortdauer voöllig uns 
befannt find. Gobald man die Auferfteh. des Leibes 
annimmt, leuchtet die Moglichfeit des Wiederſehens 
ein. Wenigſtens merden fich dann dieienigen gewiß 
wiederſehen, die mit und neben einander aus der Erde 
erweckt werden. | 


2) Ausgemacht gewiß ift es, daß Fein finnlidhes 
und allg. W. ſtatt finden wird. Senes nicht, weil 
die M. dann als AÜbgefchiedene von dem thierifchen Leibe 
getrennte — oder mit einem ganz neuen geiftigen Leibe 
verfehene Seelen anzufehen find.  MWiedervereinigung 
ift fehe von Wiederfehn verfchieden. Denn mit vielen 
M. ſteht man ſchon auf diefer Melt in Vereinigung, 
ohne fie zu fehen. Dort ift eine geiffige Wie>- 
dervereinigung, die ohne leibl. Wiederſ. ſtatt fin- 
den Faun, fo wie folche ſchon bier gwifchen Gott und 
den M. durch Gefinnungen flatt finder. Unfere aͤuße⸗ 
ren näheren Berhältniffe mit unfern Bekannten werden 
in ienem Leben nicht wieder hergeftelet werden, wenn 
fie auch an fich bier auf Erden tadellos und gut find. 
Sie hören mit dem Tode auf. Schwerlich wer- 
den Gatten und Gatten, Eltern und finder, 
Gefhmifter u. Berwandteeinander lieben — 
wenn fie nicht das sleihe Maaß fittliher 
Güte m. Bilduns; wenn fie nicht die Leber: 
einffimmung der Gefinnungen und Gefüble; 
wenn fie nicht Achtung, Danfdarfeit und 
Liebe näber zu einander binziehen, und mit 
einander verfnüpfen; Matth. 22,,30. Der 
Gatte wird feine Gattin, (Diefe ienen) nicht als folche 
(folchen) lieben; der Gohn nicht fo, wie Bier, dem 
Vater mit einer gewiſſen Scheu unterworfen feyn, u. 
Dort werden nicht bie Rechte ber Verwandſchaft nod) 
geübt werden, fondern man wird ſie als feine Sreunde, 
alg vie, welche uns wohlwollen und gleich an Geſin— 





W. 669 
Wiederſehn nach dem Tode, (wiefern findet es ſtatt?) 


nungen find, lieben *%). Blutsverwandſchaft, Ehe— 
buͤndniß, Sreundfchaft — an fich heilige Kamen, mie 
felten find fie dag wirklich, was fie ſeyn follten! Wie 
oft find diefe Bande fo fchlaff; und unwirffam! Wie 
viele Ehen gibt e8, in welchen es an gegenfeifiger 
Liebe fo fehr fehlt, daß die Fünftige Scheidung Feinen 
Kummer verurfachen wird. Die wenigſten Freund— 
fchaften auf Erden haben Sinnigfeit und Würde. Wie 
wenig find fie alfo des Preiſes der Zukunft werth! 
Nur die innere fittliche Befchaffenheit entfcheidet die 
‚himmlische Sreundfchaft. Pur dieienigen alfo, 
welche Durch eine edle Uebereinſtimmung 
ihres Charafters mit einander verbunden 
> find, welche fi) um bleibender Vorzüge willen mit 
wahrer Hochſchaͤtzung und inniger Zaͤrtlichk. einander 
lieben, und vor allen, die durch wohlmollendes Thun 
u. Leiden vorzügliche Verdienfte um einander haben — 
nur diefe werden fich einft wiederfehbn und 
wiederfinden, und in einer ewigen, fiebevollen und 
feligen Gemeinfchaft- fiehen. Es ift aber allers 
dings möglich und wahrfcheinlich, daß eine 
Wiedervereinisung auch mif unfern El— 
tern, Gatten, Kindern, Gefhwiftern, Ver— 
wandten und Sreunden erfi nad) mehreren 
Sahren, wenn wir fie, oder wenn fie ung in Er— 
kenntniß und an Herzensguͤte erreicht, wenn fie fich 
ang oder wir ihnen im GSittlichfeie genähert haben, 
ffatt finden werde. 


Es ift nur ein Wiederfehn mit gleich 
" geflimmten, — edlen, — tugendhaften 
Sreunden und mit Seelen moͤglich, welde 
fich einander zu ibrer Gluͤckſeligk. unent— 
behrlih find. Nur den Tugendhaften 
if die froftvolle Ausfihe des Wieder- 
febns eroͤffnet. Denn iene Welt ift als der 





*) Vgl. Engela. 0. O. Nachtr. ©. 45. 46. befonders die 
Stelle: „Als Kind — — bleiben; Ribbeck a Predd. 
©, 25. 236, er | 


679 W. | 
Wiederfehn nad) d. Tode, (miefern und wie? Anww.) 


Ort zu betrachten, wo einem ieden nach fiinem bier 
geführten Wandel vergolten werden fol *). 
3) Die Art und Weife, wie das W. möglich 
un und wie es flatt findet, ob auf die oben ©. 652. 
653. angegebene Ark durch eine geheime Ahnung, 
durch ein unbefchreibliches Etwas, durch Gefpräche, 
durch Mittheilung der Gefinnungen, oder 2c. — zu 
beftimmen — das fann und foll man fidh 
bienieden nicht anmaaßen. | Dieß mürde zur 
leeren Schwärmerei führen. Beym zufünftigen Leben 
müffen wir die Vorftelung von allen irdifchen Ver— 
Hältniffen aufgeben. Es bleiben ung alfo nur die 
allgem. Begriffe von Leben, Liebe, Freundſch., 
Wiedervereinigung wm. ſ. w. übrig. Will dann 
die Eindildungsfraft beflimmen, was diefe Worte in 
iener Welt bedeuten, da wir von den Berhältniffen 
deffelben gar nichts mwiffen, fo legt ihr die Vernunft 
Stillfehweigen auf und unterfagt ihr alle Beftimmun> 
gen. Da muß man dann fagen: wir werden le— 
ben, lieben, ung wieder vereinigen 2c., aber 
alles diefes gar nicht fo, wie es bier gefchehen 
ift, fondern wir wiſſen fchlechterdingg nicht, mie die— 
fe8 gefchehen werde. Die Vernunft ender alfo mit 
der Belehrung ihre Unterf., daß der M. Feine Einficht 
in überfinnliche Zuftände hat; die Hoffnung der Forts 
dauer feines Bewußtſeyns und der Perſoͤnlichkeit des 
M., die er vornaͤmlich aus dem moraliſchen Theile 
feiner Natur fchöpft, iſt aber der Vernunft fehr an- 
gemeffen und führt fo wenig etwas Widerfinniges bey 
fich, daß vielmehr alle Veranftaltungen, die er an ſich 
wahrnimmt, ihn dazu berechfigen. — 

IV. Bractifhe Folgerungen. 

3) Man bemühe fich ernfilich und eifrig, immer mehr 
ſich zu veredeln und fittlich auszubilden, und man ge» 
wohne fich Hier zu menfchenliebenden Gefinnungen; f. 
Ribbeck a. aD. ©. 92:98; Eylert a. a. O. S. 
47 f. Dieß iſt auch deshalb nothwendig, damit, 
wenn man hier in der Freundſch. verwaiſt iſt, oder 
wenn man hier keine aͤchte Freunde hat, man dort 
wahre Freunde finde. 


*) Engel 08. Nachtr. ©, 39. bitte ich zu vergl, 


⸗ 
⸗ 
f 


W. | 67 
Miederfehn nach dem Tode, (Anwendungen) 


2) Die frohe Hoffn. des W. mache ung willig, unfere 
‚Pflichten gegen die Unfrigen aufs befte zu erfüllen, 
damit fie mit ung, und wir mit ihnen einft vereinige 
werben. Man lebe nad) allen feinen Kräften feiner 
Beſtimmung gemäß. Man fen feiner Familie ein treuer 
Pater, feiner Gattin ein treuer Saite (dieſe jenem). 
Man mache fi) durch Edelfinn und Wohlwolln, 
Dienftfertigk. und Menfchenfreundlichkeit viele Freunde 
und man fey in der FSreundfch. zärtlich, vedlich und 
beſtaͤndig. Man fey gegen fein Geſchwiſter theilneh— 
mend und belfend. Eltern dürfen nicht aufhören, 
ihre Kinder zu erinnern, zu warnen und zu guten nüß- 
lichen M. zu machen. Denn ihre Tug. und ihr Gluͤck 
wird einft der Eltern Glück vermehren. Gatten 
müffen ſtets gegenfeitige Nachficht und Geduld erwei⸗ 
fen, ſich die Laſten des Lebens erleichtern, fich einander 
beffern und beglücden. Dann werden fie im Himmel 
ganz bie Gluͤckſ. genießen, wozu fie re ird. Verb. 
fähig machte. Herrſchaften und Vorgeſetzte 
muͤſſen gerecht und guͤtig gegen ihr Gefinde, gegen 
ihre Untergebenen feyn. Dann werden dieſe einft fich 
zu ihnen drängen und ihnen danfen, daß iene ihnen 
bier ihr Loos erträglich gemacht haben. Auf folche 
Art werden dort unfere Werbindd. fortwähren, ung 
ewig erfreuen und felbft noch die Seligfeit erhöhen. 
Schaͤmt man fich ſchon hier vor dem Anblick eines 
Freundes, welchen man beleidigt hat, wie vielmehr 
wuͤrden wir alſo verwirrt werden, wenn einſt die, 
welche uns Gott zur Bekanntſch. deshalb zufuͤhrte, 
daß wir uns ihrer annehmen, und fuͤr ihre Wohlfahrt 
ſorgen ſollten, uns gerechte Vorwuͤrfe machten. 
3) Man traure nicht uͤbermaͤßig uͤber den Tod ſ. Lie— 
ben. Sf es gleich menfhlih und auch Pflicht, nicht 
beym Tod f. Kinder, Eltern, des Gefchmwifters, der 
Sreunde gleichgültig und unempfindlich zu feyn, fo ift 
e8 doc unerlaubt, zu fehr und zu lange zu frauren. 
Der Chriſt muß gefegt und gelaffen ſeyn, er muß 
Geelengroße zeigen und feine Empfindd. durch feine 
ftärfere Vernunft u. Religioſitaͤt zügeln. Wer wollte 
fich nicht Gortes Fügungen unterwerfen, da er ung 
nicht auf lange, fondern zc. Zeit trennt? I Theſſ. 4 
13. 2te H. Als Chriften haben wir die Hoffnung 


‚672 2 
Wiederfehn nach dem Tode, (Anwendungen.) 
des W. Gott wird ung durch eine unaufhörliche 
Wiedervereinigung beslücen. Die Vorſtellung: die 
verftorbenen Unfrigen haben e8 beym Herrn gut, muß 
unfern Schmerz über die Trennung lindern. Biels 
- Teicht, denfe man, werde auch ich bald von allen Lei— 
- den befreit und an ihrer Gluͤckſ. Theil nehmen. Nach 
 T Theſſ. 4, 18. troͤſte man fidy dann, wenn der Tod 
uns die Lieben für einige Zeit nimmt, mit I Thefl. 4, 
- 17 (am Ende). Dan zeige alfo Fafıng a nie 
der GSeinigen; vol. Eylert a. a. O. ©. 
4) Der Glaube an dag WW. erleichtere ne — eige⸗ 
nes Sterben, und die Faſſung bey unſerer Trennung 
von den nachgelaffenen Sreunden. Wozu unfer Kum— 
"mer, da fie uns ia bald nachfolgen werden? Wir er- 
warten fie in der Zufunft. Die errichtete Befanntfch. 
“20. währt forf. Ihr Weinen um ung wird Reh auch 
bald ‚verwandeln in Freude. 
Mehrere pract. Beziehungen findet man in Rib- 
beck?s 4 Predd. Nr. 3. ©. 90-114: „die rechte An⸗ 
wendung d. Hoffnung des W. auf unfere Sittlichk., 
und Nr. 4. ©. 115-150: „das Tröftende und Berus 
| higende in der Hoffn. des W.“; in — J. G. 9. Den 
ning’s Wahrheiten der Rel. Jeſu in Predd. Celle 
1797. 8. Nr. 8: „dag große Gewicht des Gedankens: 
wir werden ung twiederfehen, für Sreundfch. edler See— 
len‘ — in R. Eylert's Betrachtt. bey d. Tren— 
nung ıc. Wr. 2. ©. 35-62: „Einfluß diefer Hoffn. 
(des W.) auf ung, 1) v. der lehrreichen, 2) v. der 
teoftreichen Seite, uber I Theſſ. 4 17. — 
Ueber I—III. vgl. man außer Ribbeck und Leß 
(oben S. 657. angef. Schrift des letztern Lehre von 
den geſellſchaftlichen Tugenden in Predd. ©. 622-35: 
einziger Eräftiger Troſt beym Tode der Unſrigen,“ 
uͤb. Ep. am 25 ©. m Tr. abe T Chef. 4 13-18; 
enthält, wie z. € ©. 628. zu finnliche Beſchreibb. 
vom W.); deffelb. Pafl.-Predd. ©. 340; Heym's 
Samml. v. Predd. üb. die Ev. f. Landl, ©: 370: 
87: „es iſt gang gewiß, daß wir ung nad) dieſe m Le⸗ 
ben wiederſehen werden;“ die Hoffn. der Frommen, 
einander in der Ewigk. wiederzufehen, eine red. von 
C. €. Sturm, Hamb. 1733. gr. 9 Massa; T. 
Pred. 6r Th. Nr. 33. S. 290: 96; die. — ————— 
Bits 








ER W. 673 
Wiederſehn nach dem Tode, Wille Gottes. 


Wiederſ. unſerer verſtorbenen Freunde,“ üb. Ev. am 
25 Dfert:;.cbend.. ıor Sh- Rr. 11. ©. 127434; 
„v. d. Hoffnung, die Unfrigen nach dem Tode wieder; 
Zehn, üb. Ep: sam osn: ©. n. Sr; Ge R.:©. 
Beyer's 3. Auffl. ver Volksrel. in Predd. ar B. 
Leipz. 1788. Wr. 16. ©. 201-2113 „dv. d. Freude des 
Wiederſehens,“ üb. d. Ev. am 3n ©. n. Oſtern; 
Pfranger's verm. Predd. ar Th. Nr. 338. ©. 164 
78: „üb. das MWiederfehn in d. Em.“ ub. Ep. am 
250 ©. n. Zr. 1 Chefl. 4r 13-185 Dr. G. Sr. Fro⸗ 
rıep?8 Predigt vom Wiederſehn ın d. Ewigk., Wez⸗ 
lar 1796. 8.; Breiger’s Troſt und Lehre bey den 
" Gräbern d. Unſrigen, Hannov. 1799. 8. Nr. 6: über 
die Hoffn. des MWiederf. im zuf. Leben, über Joh. 20, 
19:31; J. & Emwald’g Entwm. zu den 1797 gehalt. 
Sonn - und Fefit. Predd. S. 219:224: „dv. d. Freude 
desW. nach d. Tode;“ Sintenis Poſtille, ar Th. 
Kr. XXI. S. 69-90: „dv. d. Hoffn., daß wir ım fünf: 
tigen Leben wieder in Verbind. mit d. Unſeigen ſeyn 
werden,‘ über Joh. 14, 1-3. am 2n Oſtert.; Geb⸗ 
hard's Predd. üb. den ganzen Umf. der Rel. ır B. 
Ir. 19. ©. 322 fi.: „die Hoffa., dak wir uns in d. 
hoͤhern Welt wiederfinden; Piſchon's Mer. in 
Beyſo. 2r Th. (v. deff. Philoikos are Abth.) Nr, 
LXXXIX. ©. 31624: „werden wir ung miederfehn? 
ein Gemälde aus dem hausl. Leben; (J. B. Muͤl—⸗ 
ler’Ss) praft. Fourn. für Pred. ır B. 38 St. 
Gieſſ. 1801. 8. ©. 301-310: „v. d. Hoffn., unfere 
Sreunde nad) d. Tode tiederzufehen (von Crebe);“ 
Sr. Kaifer’8 Predd. üb. die wichtigften Glaubens» 
lehren, Leipz. ıgor. Nr. 5: „wie wichtig die Ueberz. 
ift, einft werden wir ung wiederſehn;“ R. Eplerr’g 
Hetrachtt. der Wahrhh. des Chriſtenth. bey d. Trenn. 
v. d. Unfrigen, Dortm. 1803. 8. Wr. 1. 2. ©. 1:62.— 


Wille Gottes, (der) Judith 9, 3. 2te H., Pred. 
| 3, 15. 
das Wollen Gottes. 


Vol. Döderlein’s inf, Th. chr, T. 2°£. 88.80. p. 315% ser 
felben Rel.:Unterr, IVr Th. 5. 88. ©. 299 fi; Eder 
nann’s Handb, der chr. Glaubensl. Or B, ©, 176 % 


Chriſti. GL Lehre f.d. Canzelgebr. 3 Th. Un 


674 | W. 
Wille Gottes, (mas?) N 


. Der Wille ift dag Vermoͤgen, etwas, was gefällt; u 
begehren oder zu befshließen, und dag, was mißfaͤllt, 
zu verabſchenen. Das Wollen iſt dem Geiſte weſent⸗ 
lich. — Wenn nun ſchon in vielen Faͤllen das vers 
nuͤnftige Geſchopf waͤhlen und verwerfen kann, und 
wenn ein Theil ſ. Bolllommenheiten darin befteht, daß 
e8 nicht wie dag Thier durch einen blinden Trieb da— 
zu beflimmt wird: fo koͤnnen wir gewiß annehmen, 
daß Gott dich Vermögen, das Gute zu befchließen u. 
zu vollſtrecken, in einem weit boberen Maaß und in 
einem vollkommneren Grade beſitzen muß. Gott muß 
wollen koͤnnen, ſonſt ware er fein wirffames Weſen. 
Er hat aber den volffommenften Villen, All— 
les Gute zu befchließen, verbunden mit der Thätig- 
feit, folches auszuführen. Gottes Wille ift nicht 
Hang und Neigung, wie bey M., fondern von der 
höchften Kraft unterflügt, und cben deshalb ein voll— 
firecfender Entfchluß. Er wird nicht, wie bey uns, 
durch die Sinnlichkeit und Gefühle, ſondern ſittlich 

durch die heiligen Gefeße einer freien Nothwendigkeit 
beftimmt. Gottes Wille ift nicht als auf einander er» 
folgend, als einzelne Begehrungen, Wunfche und Ent— 
fehließungen zu denfen, fondern al ein unendl. 
Rathſchluß, Sietlichfeit und Glückfeligkeit fowohl im 
Ganzen als wie im Einzelnen zu befördern, als ein 
unendl. Rathſchluß, den Endzweck der Welt beiref- 
fend; die Weltverandd. und die Schickfale der M. 
find nur einzelne Neußerungen und Folgen davon. 
Gottes Wille it thaͤtig; denn es Fann ın ihm, fo 
wie in der ganzen Natur feine ganz todte Kraft ge» 
ben. Das wahre Keben des Geiftes und feine Würde 
beſteht in der Ausführung f. Borfage und f. Mitwir- 
fung zur Glückfeligfeit. 
Der Ausdruck Wille Gottes zeigt 1) Gottes 
Entwürfe, feine Zwecke, ſ. Rathſchluͤſſe an, 5.8. Epb. 
1, 9. und dann wird ſolcher mie dem Wort Rath 
Gottes vertaufcht, 3 B. Eph. „ 115 A. © 4 
28; Luc. 2: 30; 2) Gottes Wohlgefallen und Billi- 
gung, 3: B. Pf. 40, 7; 16, 3; Ezech 23; 3) Got 
tes Liebe, 3. B. Luc. 20, 46; 1 Chrom. 28, 45 Pf. 14, 
7. 11; zuweilen 4). Öottes Freiheit, ſehr oft 5) ſeine 
Vorſchriften, insbeſondere die des Chriſtenth., oder 





| | * W. | | 67 5 
Wille Gottes, (mas?) 


den Inbegriff aller Anweifungen, Beleh— 
rungen und Veranſtaltungen Gottes zur Er— 
kenntniß und Beförderung des Rechts und des Guten, 
mb: 4, 34; & 335 1 Chef. 4 3; Röm, 13, 2; Ef. 
53, 10. Matth. 7, 21, 12, so; Mare. 3, 35; Ebr. 
10,17.3651 Shelf. 3,18 (ate HI. Sn Luther’g 
 Bibelüberf. wird dann diefer Ausdruck durch Kath 
Gottes übergetragen, z. B. Ap. G. 20, 27; Kuc.7,39. 
Bon demienigen, tvelcher durch Unterricht dag GSittliche 
befördert, welches von niemand mehr gelten Fann, als 
von Jeſus Chriſtus, heißt eg deshalb, daß er Got— 
tes Willen lehre oder bekannt mache, Job. 5, 30; 
' Ebr. 10, 7. Her nad) den Megeln des Rechts in 
allen Stücken handelt, thut und erfüllt den Wils 
len Gotteg, Matth. 7, 21; 1 ‘ob. 2, 17; Ebr.:13, 
21. Da geſchieht Gottes Wille, (Marth. 6, 
10; Luc. 22, 42.) wo fo gedacht und gehandelt wird, 
* es Die, Vernunft und das fittl. Gefühl billigen 
mu 
I. Eigenfhbaften oder Befchaffenhbeit des 
göttl. Willens. | 
1) Gottes Wille ift voaͤllig frei von allen Unvollkommen— 
heiten des menſchl. Willens, z. B. er iſt nicht der In— 
begriff leidenſchaftl. Empfindd., abwechfeinder Begier— 
den, veraͤnderl. he fihwacher, wenn gleich gut— 
gemeinter Entſchließungen, er wird nicht erzielt durch 
Sinnlichk. ‚ nicht erweckt dann, wenn etwas gefchehen 
ift; er erfolge nicht nach und nah u. ſ. w., f. Doͤ⸗ 
deriein’ 8 Nel.-Unterr. Th. IV. ©. zıı- 314. 
) Der M. hat einen Willen, er wünfcht vieles aus— 
suführen, er wünfcht auch vieles zu hindern, allein 
dieſem Willen fehle e8 oft am Erfolg; der M. nimme 
fich etwas vor, aber es gefihiehe nicht. Er mochte gern 
etwas bindern, aber er vermag es nicht. Der Wille 
des DM. ift alfo ohnmächtig, und dag iſt cine Solge 
feiner Endlichk. und Eingefchränftheit, die aber bey 
‚Dem von nichts abhängigen und duch nichts einges 
fchrönften Gott nothwendig wegfaͤllt, fo wie wir 
ſchon deinienigen unter den M. den hochſten Willen 
zuſchreiben welcher zugleich im Beſitz der hochſten 
menſchl. Macht iſt. Gottes Wille iſt 32 der aller= 
höchfte, weil er zugleih unendlih — allmaͤchtig, 
Uuz 


w 


676 | W. 
Wille Gottes, (Eigenfch. deſſelben.) 


d. 5. uneingeſchraͤnkt — durch fih felbft Fräftig 
und ein fofort vollfireckender Wille ift; Bf. 33, 9; 
115, 35 Pred. 3, 15; ſ. Allmacht Gottes. Alles 
Wirkliche if ein Gegenftand des gottl. Willens. 
Die Welt zeigt vom Willen Gottes. Diefer ift eins 
zige Bedingung alles Vorhandenen, iſt die Bedin— 
gung des Daſeyns und die Bedingung der 
Kräfte Wie koͤnnte etwas ohne ſ. Willen erfchafe 
fen oder entſtanden ſeyn? Gott kann ia nicht ohne 
Gegenwart des Geiftes handeln, f. Krafte mechanisch 
gebrauchen, oder durch frembe Gewalt fi) dag, mas 
entſtanden ift, entziehen laffen. Kein vernünftiges 
Weſen iſt thatig ohne Selbſtbeſtimmung. E8 äußert 
nie, ohne daß der Geift daran Antheil nimmt, feine 
Kräfte — Kein Geſchoͤpf Hat durch fich felbft feine 
Kräfte. Sofern Gott das Nichtvorhandene fehuf, 
heißt f£ Wille ſchoͤpferiſch. Sofern er den Din 
gen Gefege und Einrichtungen gab und gibt, wie fie 
feine Abfichten mit den Gefchopfen beftimmen und noth— 
wendig machen: beißt Gottes Wille anordnen — 
Gott will nur das, was wirflich, nicht dag, was 
möglich if. Sein Wille fann, da er allweife ift, ſich 
auf nichts Ienfen, was, fo gut es an fich felbft etwa 
märe, in die Ordnung der Dinge nicht paßt, und des— 
halb nach den Umftft. unmöglich if. Alles Mögliche 
liegt außer dem Gebiete feiner Billigung, feines Wohl- 
gefalleng und feiner Rathſchluͤſſe. Er findet manche 
an fich denfbare Ereigniffe und Veranflaltungen feinen 
Endzwecken nicht gemäß, in die VBerhaltniffe der Dinge 
gegen einander nicht einvaflend und unfchicklicy, daher 
fann er folche weder billigen, noch wollen, daß fie ers 
folgen. Dabey bleibt fein DVerhältniß gegen die Ge— 
fchopfe u. ihre Veranderungen unverändert. — Nichts, 
weder Hofes noch Gutes, gefchieht ohne feinen Willen 
u. feine Zulaffung, f. Regierung u. Vorfebung.. 
„Gottes Wille gefchieht doch in fo vielen Fällen nicht. 
„Oft ift derſelbe mit dem Erfolg in Widerfpruch. Die 
zübermächtige menfchl. Bosh. vereitelt doch fo oft die 
„Rathſchl. Gottes zur Beglücung der M. Ezech. 33, 
„il. (18, 23.) ıft fein Wille und doch gehn fo viele 
„Sünder verloren. I Tim. 2, 4. ift fein W. und doc) 
„bieiben fo viele ohne Erf, der W. Hat Gott zweier 


W. — 677 
Wille Gottes, (Beſchaffenh. und Eigenſch. deſſelben.) 


„lei Willen? Iſt das Erſtere ſein Wille, warum wird 
„er nicht erfüllt? ift das kebtere, wie fann er das Ge 
„gentheil verfichern 7° Antw. Man muß zwiſchen Bes 
ſtimmung und Nathfchbluß unterfcheiden, welche beyde 
zwar Geſchaͤfte des Willens, aber ihrer Natur und 
ihren Gründen nach von einander unterfchieden find. 
Gott gab allg. Gefeße, feßte Abfichten feft, wozu fie 
vorhanden fi find, als auch Bedingungen, unter welchen 
dag —— dieſe Abſ. auf eine nat. Art erreichen 
kann; d. h. Gott beſtimmte den Dr. zur Erkenntn. d. 
Wahrh. — zur Zug. — zur Geligfeit, aber fein Wille 
ift auch) zulafjend, oder der M. Hat die Freiheit, 
über feine Kräfte zu gebiethen, und fein eigenes Des 
tragen zu beſtimmen. Er fann feine Freiheit guf ans 
wenden, aber fie auch mißbrauchen. Gott faßte 
über den M. f. Rathſchluß mit Ruͤckſicht 
auf den freien Gebrauch feiner Kräfte; denn 
die Freiheit gehoͤrt mit zur Natur des M. Gott will 
und befchließe nichts, was der Natur der Dinge und 
ben allgem. Gefegen entgegen iſt, die er allwerfe den 
Gefchöpfen vorgezeichnet hat. — Gott will nie etwas 
anders, als aus den weiſeſten und guͤtigſten Urſachen. 
Er will daher nie alles auf gleiche Art. Er äußert 
daher auch feinen Willen auf verfchiedene Weife. Eis 
nige Dinge will er ohne alle, andere aber nur uns 
ter einer gewiffen Bedingung. Alles Gute an 
den Gefchoöpfen will er mit Billigung und Befoͤrde— 
rung — bey den Bofen aber äußert ſich fein Wille 
durch Zulaffung und weife Regierung. 

3) Gottes Wille iſt unabhängig, uneinge- 
fhranft und hoͤchſt frei, d. h. nichts bringt Gott 
zu etwas, als feine untrügliche und befte Einficht, 
nichts hält ihn ab, etwas zu wollen und augszufüh- 
ren, denn was recht und aut ift, geſchieht. Er ift 
von nichts, als von feinem vollkommenſten Verſtande 
und von den Gefegen in der fittlichen und Förperlichen 
Melt abhängig. Der Wille des Menſchen finder bey 
f. Entſchließungen oft Hinderniffe, nicht nur bey der 
Ausführung derfelben, fondern felbft bey den erften 
Entfchließungen zu etwas. Der M. handelt oft fei- 
ner beffern Erf. zumider, f. Wille ſtimmt nicht nur 
mit f. Thum überein, f. Sinne taͤuſchen ihn oft, und 


678 W. 
Wille Gottes, Eigenſch. deſſelben.) 


verruͤcken ihm den Geſichtspunkt. Er handelt nicht 

immer frey. Bey Gott aber. kann man gar nicht fol- 
che Hindern. denken. Er iſt hoͤchſt frey. Ken Des 
duͤrfniß, fein Zwang, Feine Verbindlichkeit noͤthigte 
ihn, den von ihm erſchaffenen Weſen die Wirklichk. zu 
geben. Blog beſtimmt ıhn dazu f. untrügl. Erf. des 

Beſten und fein heiliges Wohlgefallen am Beften un- 
2 allem Moglichen. Aber e8 tft auch nichts feinem 
Weſen nach nothwendig, wie Gott. Alles andere kann 
auch nicht ſeyn, und wuͤrde auch nicht ſeyn, wenn er 
nicht gewollt haͤtte, daß es wirklich ſeyn ſollte. Dieſe 
Freiheit Gottes iſt keine Willkuͤhr, d. h. nicht 
ein Wollen ohne deutlich erkannte Gruͤnde, kein Ent— 
ſchluß nach bloßen Einfaͤllen, keine Beſtimmung nach 

Gefuͤhl und Laune, kein Eigenſinn, bey welchem auch 
dag Gegenth. ſtaͤtt finden Fonnte. Denn Gott hat den 
hoͤchſten Verſt. das Befte allemal zu erfennen, er hat 
wahre Vernunft, und in ihm iede Vorſtellung von 
Sinnlichkeit abzufondern. 

Da alles blos durch Gott da ift, und feine Einrich» 
fung erhalten hat, und er almachtig und allweiſe ift: 
fo kann Gottes Wille nicht anders als hoͤchſt frei ger 
dacht werden; f. den Art. Unabhängigfeit Got- 
en vgl. Doderlein’g inft. Th. chr. T. I, $. 90. 

. 320 ff. ; deffelben Rel.⸗Unterr. IVr Th. $. 90. ©. 
en 231. 
* Soft s Mille ift hoͤchſt weiſe und gut. Er will 
nichts nach bloßer Willkuͤhr. Er Hat unter allem 
möglichen Guten dag Beſte gewollt und wirklich ge- 
macht, wodurch die ‚möglichft größte Summe der Voll- 
fommenbeit und Glück. befördert wird. Sein Wille 
ift die volffommenfte Wahl des Beſten. Es iſt folcher 
| — auf das Gute, ta auf das Befte gerichtee. 

Dieß be zeugt die h. Schrift im Allgemeinen und auch 
in einzelnen Faͤllen. Nom: 9, 6. 15; Eph. 2, $-T0.— . 
k Allweisheit und Allgäte Gottes. 

5) Wegen 3 und 4 iſt Gottes Wille unabaͤnderlich u. 
unveränpderlich, f. oben Unveraͤnderlichkeit Got—⸗ 
tes. 

6) Gottes W. iſt heilig und gerecht, ſ. H eiligk. und 
Gerechtigkeit Gottes. 

7) Nur das, was Gott will, ſchließen wir aus 


W. ir 679 
Wille Gottes, (prakt. Folgerungen.) 


- dem, was er gewollt hat, und dieß lernen wir theils 
aus der Betracht. d. Natur uͤberh., theils aus der 
beſondern Einrichtung unſerer ſittlichen Natur. Je 
vertrauter wir mit beyden ſind, deſto wuͤrdiger werden 
auch in dieſer Ruͤckf unfere Vorſtellungen von Gott 

und defto beſtimmtere Begriffe werden, wir damit ver— 
binden, wenn wir fe Willen weife, heilig, gütig 
und gerecht nennen. 

En Solgerungen aus Nr. LI für unfer Ber: 
halten. 

1) An Gott ift die Sreiheit feines Willeng eine wahre 
Bollfommendeit. Wir baden darin eine gewiſſe Kr chn= 
lichfeit mit Gott, daß wir frei uns gut! fließen 3 m uͤ ſ⸗ 
ſen und frei wählen fünnen € 3 if alſo picht 
des Chriſten, in Ruͤckſicht der Sinnlichk. und Reizun— 
gen zur Suͤnde ſeine Freihe it zu Br upfen. Der 
Chriſt muß ſich vor allem huͤten, was der Freiheit ſei⸗ 

nes Willens Hinderniſſe oder derſelben Schranken 
ſetzen koͤnnte. Sein Geiſt darf nie ver Sklave feiner 
Sinnlichkeit werden; denn ſie legt ſeinen Entſchließun— 
gen und Vorſaͤtzen Feſſeln an. Jede Berauſchung ſei— 
ner Sinne, iedes Nachge ben bey feinen Leidenſchaften, 
iede An beſon nenheit bey ſ. Handl. nimmt ihm etwas ur 

der Sreiheit in Beobachtung f. Pflichten. Er muß au 
die von außen herkommenden Einfchranfungen zu en 

‚ ten fischen, daß er nie ein Sklave herrfchender Meinun— 
gen, Borurtheile, Gewohnheiten u. Moden wird, daß er 
fich nie Andern zum Sucht in Abficht der Denk- u. 

Willensfreiheit verkauft, fondern nach IBENEE Ueber— 
seugung, nach feinen eigenen Grunds fasen handelt und 

ſich durch eigene felbſt uͤberlegte —— beſtimmen 

laͤßt. Der Chriſt glaube nie, daß er dann frey iſt, 
wenn er ſich von allen Geſetzen Jog! ſpricht, ſondern 
dann iſt er es, wenn er nach den gegruͤndeten weiſen 

Regeln ſein Verhalten beſtimmt und ſ. Willen lenkt. 
Die wahre Freiheit des M. iſt, blos feinen rich— 

tigen Ürtheilen und den Ausſpruͤchen feiner richtig 
geleiteten und gut gebildeten Vernunft zu folgen. 

2) Gottes Wille iſt frei, aber er wird nach der richtig— 
ſten Erkenntniß ſeines hoͤchſten Verſtandes und nach 
den beſten Geſetzen geleitet. Solglid) iſt alles, was 
ſein Wille über ung Gcfhloffen hat, fen Q Bert des 


3 


690° W. 
Wille Gottes, (prakt. Folgerungen.) 


bloßen Ungefaͤhrs. Wenn Gott nah Willkuͤhr die 
Welt regierte, wenn er fo wenig nach Gründen han— 
deln wollte, als es manche ird. Regenten wollen: fo 
fände der Gedanfe flatt: Mein Loos iſt von ungefähr 
ge;saen oder geworfen. Aber nun weiß ich, was ich) 
von Gott zu erwarten habe. Denn da Glüdf. weit 
beffer als Elend — da Vernolfommnung des M. et- 
was beffere s, als Zuruͤckbleiben ift: fo wird Gott den 
Entwurf von allen meinen Schiff. fo eingerichtet ha— 
ben, daß fie mich, ſofern ich mich) Gottes Abſichten 
nicht widerfige, vervolfommnen werden.  Geine bit 
terfien Fuͤhrungen werden mir, falle ich nur ſelbſt well, 
allemal heilſam. Es gibt feinen Zufall, Fein blindes 
Schickſal. Denn die ganze Welt ſteht unter Gottes 
unmittelbarer Aufficht und Regierung, der unendliche 
Site mit Allmacht verbindet, Alles nach Gottes 
Willen muß der Grundfag — der Wahlfpruch des 

Religioſen und die Stüße aller Zufriedenheit bey allen 
serwickelten Umftänden und mitten unter allen Ver— 
wirrungen der Schickfale und Veränderungen, der Leis 
den und des Drucks, felbft der’ Vergehungen u. Süns 
den ſeyn Gefchebe dann, was da wolle — e8 ift Got: 
teg Wille! Der Fromme fagt immer: des Herrn 
Wille gefchehe, I Sam. 3, 18 (2te 9.) Denn 
Gott muß beffer, ale wir, feben, was in der Welt 
moglich, d. h. wag dag Beſte nach feinen Abfichten ift. 
Der Ehrift hat, wie Jeſus, die Ueberzeugung, daß, 
was nicht gefchieht, auch nach Gottes Abfichten um 
deg gemeinen Beften willen nicht geſchehen fann. Er 
ift daher, wenn er betet, gelaffen und unterwirft fich 
dem goͤttl. Willen, den er verehrt. 

3) Gottes Wille geht in dem oben ©. 674 angegebe- 
nen Sinne als Gottes Geſetzgebung in Hinſicht aller 
vernünftigen Gefchöpfe auf dag GSittlich- Gute, Wenn 
M. ihre Vernunft gebrauchen, und f. Dffenb. Iefen, 
fo fann fein Wille (fein Geſetz) erfanne werden, alfo 
ift es Pflicht, feinen Willen zu thun oder Gott zu 
gehorchen, d. h. dag Eittlich-Önte, an die mannichfal- 
tigen goͤttl. Belehrungen über daſſelbe, und ar ſ. Ges 
er fich au erinnern und fie zu vollziehen, I Joh. 2, 

45 3A ER & ott gebieret ung nichts, 
Als was "ung heilfam ift und verbietet ung nichts, 


/ 4 


28, 681 
Wille Gottes, Würffamfeit Gottes, (mas?) 


als was uns fhädlih if. Er befiehlt nicht nach 
bloßer Willkuͤhr oder nicht nach der Beflimmung ber 
Laune und des Eigenfinns, nicht nach einem bloßen 
Einfall. Seine Gefege find nicht willkuͤhrl. Befehle 
eines ſtrengen Negenten, fondern weiſe Rathfchläge 
des beften Waters, eben deshalb find fie fo unverleß- 
lich, daß er ihre Uebertretung beftraft. Wer den Wil- 
len Gottes wirklich thut, kann in Ruhe und GSicherh. 
in der Welt leben, er ift unverleglich für Alles und 
erhbaben über Alles. An iedem Tugendh. und ieder 
fugendhaften That, Kede und Empfindung hat Gott 
Wohlgef., an ieder fündl. That, Rede und Neigung 
hat er — — und Abſcheu. 
S. dr. Mor. f. d. Canzelgebr. den 9 Art. Ges 
hborfam und Vorfchriften Gottes, rd. ©. 
131 ff. zn B. 2te Abth. 


Wirkſamkeit Gottes, ſ. Wuͤrkſamkeit. 


Wort Gottes, ſ. oben den Art. Schrift — cdie 
heilige) ©. 42:43. 
Man nennt im gemeinen Leben und ehehin nannte 
man in Predd. die h. Schrift das Wort Gottes, 


“ Die Erinnerung, daB diefer Ausdr. Eeinesweges wirkliche und un: 
mittelbare Ausſpruͤche Gottes in fich fiſſe, ift Feiness 
weges, vieler unwiffenden Land = und Stadtlute wegen, wels 
chen diefer Ausdr. geläufig ifi, überflüßig. Jeſus fagt nirgends, 
daß die Schriften des a. Teſt. Gottes Wort wären, er nennt 
aber die hriftl. Wahrheiten, die er feinen Schülern beigebracht 
‚hatte, mit diefem erhabenen Kamen, Sob. 17, 17. Daher ift iede 
fruchtbare — auf das Leben angewandte Wahrh. Wort Got— 
teö, liege fie auch außer der Bibel, 


Man vgl. Tollner?’g furge verm. Aufſaͤtze, ın®. 
te Samml. Nr. . ©. 84-125: „üb. d. Unterfch. der 
h. Schr. und hoc Worrg Gottes;,/ Ammon’g bibl. 
D 3.37 Ch. ©. 155= 16r. 


WBürffamfeit Gottes, Job. 5, 17: 


I. Gott iſt der allerthaͤtigſte und wirkſamſte Geiſt. 
Er kennet keine Ruhe, ſondern feine Kräfte find in ei- 
ner ununterbrochenen, ſteten, übereinftimmenden Thaͤ— 
tigfeit. Diefes erhellet a) aus der vollendeten Natur 


a 


692 | — 
Wuͤrkſamkeit Gottes, Anwendung.) IR 


feines geiſtigen Wefens, denn nur der age der 
Vervollkommnung faͤhige Geiſt kennt Anſtrenguns, Ab⸗ 
ſpa zunung ind Ruhe; b) aus den beſtimmten Aeuße— 
rungen ver h. Schr. wo er der Alllebende IMof. 
16, 14;.V Mof. 5, 23; II Kon. 19, 4) und Jod. 5, 
17. der Allwirkſame heißt. 

I. Praktiſche Folgerungen. 

ı) Man venfe alfo wie, daß Goft ruhe oder geruhet 
babe, TMoſ. 2, 3. 

2) Wie verchrungeiwiirdig ift der ſtets wirkſame Gott. 
Waͤre Gott noch ſo unendlich, aber nicht 9 ſo 
gliche er einer großen Felſenmaſſe, die unter ihrem ei⸗ 
genen Drucke erliegt. Er ware für ung wie ein ewi— 
908 Nichts. Aber da er unaufhoͤrlich thaͤtig if, fo. 
iſt et anbetungswuͤrdig. Nun iſt er die Duelle unfe- 
rer Nuhe und die Stuͤtze unſerer unerſchuͤtterl. Zufrie— 
denheit. Wie achtenswerth ſind wir uns ſelbſt, wenn 
wir, wenn gleich bey eingeſchraͤnkter Kraft und bey 
kurzer Dauer, Gutes wirken. Wie viel Gutes koͤnnen 
wir in einem Tage und Jahre, wie viel in einem 
M—altır bey wahrer Thaͤtigkeit, beym Genuß und 
Gebrauch des Lebens verrichten. Iſt nicht derienige 
Weiſe, dirienige Fürft achtenswerth, welcher jeden Au— 
genblick ftiner flüchtigen Dauer durch fein. Streben 
nach guten Thaten feſthaͤt und im ieder feiner ird. 
Verbindd. feinen Pfad mit Wohlthun bezeichnet? Da 

num Gott enig thätig — und derienige ift, welcher fägl. 
Millionen von Gefchspfen Leben und Othem gibt, von 
Jahr zu Jahr alle beglückt, der, ohne zu ruhen, ohne 
muͤßig zu ſeyn, ohne Schlummer u. Ermüdung Jahr⸗ 
hunderte hindurch Leben und Freude verbreitet, Thiere, 
SM. und Die Himmelsbewohner in iedem Augenblick ih— 
res Daſeyns mit Guͤte uͤberſchuͤttet, und ſein Werk 
von Ewigk. gu E. führt: fo kann ſich ieder dieſes 
Weſens freuen, welches ewig wer um ewig zu be- 
gluͤcken. 

3) Man uͤberzeuge ſich, daß eine reine, geiſtige, leiden 
ſchaftloſe und moöglihft ununterbrochene (denn noch, 
wandeln wir in einım Korper, welcher der Erholung 
und Ruhe bedarf, I Kor. 5, 6.) Thaͤtigkeit dag Ziel 
unferes Beſtrebens nad Die Hedingung unferer Bolf. 
und Tugend if. Die Außere Wirkſamkeit aller Das 


% 


Wuͤrde des M., (worin?) Wunder, (was —5 


turkraͤfte OH DENE — — Drang 
der Seele fordern uns zur Thaͤtigkeit auf. Wer des— 
wegen nur lebt, um zu empfinden zu Suter und 
zu leiden, der verlaͤugnet feine ——— und den Adel 
ſeiner geiſtigen Natur; der lebt als Thier und kann 
nie ſeines Lebens wahrhaftig froh werden. 


Wuͤrde des M., Ebr. 2, 7. (2te H.) vol. Hr. 
Mor. f. d. Canzelgebr. IV. 251. 


Unter allen ung bekannten Gefchopfen iſt der M. 
das vollfommenfie. Wie ibn das Keben über die 
- Teblofen Dinge erhebt: fo erhebt ihn die Vollk. 
feinee geiffigen Kräfte über die thieriſche 
Ehspfung, Matth. 6, 28:30. Er ift Herr der 
Erde, fo fern alles, was die Erde enthäft, su f. Ge⸗ 

- brauch: da if, und er das Vermoͤgen neigt alles ſei— 
nem Dienft zu unterwerfen, f. Ir Th. ©. 29 f. Dig 
M. Bernunft if bie Urquelle alles Bortrefflichen, 
ift Schöpferin der großen Idee eines unbefchränften 
allumfaffenden Willens — ift alleinige Gefeßgeberin 
für fich ſelbſt, it freie Bollenderin des großen Werk, 
wozu fie fih felbft befiimmt. Welche Würde bat die 
Vernunft des M., daß fie Feiner Beyhuͤlfe von Auf 

fen, Feiner fremden Stüßen bedarf, um die Schranfern, 

die ihre moralifhe Wirfung hindern, wegzuraͤumen, 
um die ſinnl. Triebe, die dem reinen Triebe nach fitt- 
licher Vollk. entgegenftehen, niede ufchlagen, und den 

ELLLUTIE db. h. fi ſelbſt zu untermerfen. 

Welche Würde hat der M., da cr unfterblich iſt! ſ. 

* Art. Aehnlichkeit nit Gott, ıv Th. ©. 3 

and Unfterblichfeit, und die Th. 1. ©. ar. an 

- führten he 

DgER. H. Hepydenreich’8 Betrachtt. über Die 
Wuͤrde * M. im Geiſte der Krit. Sitten - und Rel. 
Lehre mit. Zollikofers Vorſtellungen uͤber denſ. 
GHenſt. herausg. von J. ©. Gruber, Leipz. 1802. 
8. (1 Atplr. ) | 


. Wunder, „Sob. 4,.48. 


Bol, Hencke's neues Mag. ır © 28 &. m VL ©.20 
„Revifion der Urtheile über W. u. Offenb., von &, ©. Pe 
ter;" in B. 38 St, Wr. All. & 453 f: „was i 


684 


Wunder, (was?) 


W. 


Glauben der M. an rare überh, und e, natuͤrl. Offenb. 


insbef, zu halten ? . Öabler’s neucftes theol. Journal, 
zn B.28 Et. ©, N „kurze Prüfung einiger philof, 
Hauptgründe gegen die Wunder, nebft einigen andern Anfichs 
ten diefes Gegenft.” von Dr. Gabler; — Düderlein’s 
int. Th. chr. T. I. cap. 2. $. 8. fq. p. 25 fq.; deffels 
ben Re, Untere. Th. 1. Kap. 2. 9. 8. ©, 237 fh; Mater 
rialien 3. Nachdenken über Rel., Offenb. und Ehriftenth. Leipz. 
1792. 8. ©. 315:285 Schmid's Lehrb. d. Dogm. ©. 165⸗ 
1745 TKiemeyer’s Briefe an Rel.-Lehrer, ıfte Samml. 


©. 241:72;5 Reinhard's Vorl. uͤber die Dogm. ©. 232 f.; 


Edermann’s Handb. d. hr. Gl.⸗Lehre, ıv B. ©. 439:77; 
Stäudiin’s Dogm. u. Dogmengefh. ır Th. ©. 287:313; 
Prolegomena zu einer chr. Rel.sLehre, Zerbft 1801, gr. 8, 
u LBS 


I. Was ift ein Wunder? 


Bel. D. C. Fr. Ammon de notione miraculi, (2 Programme) 


173 


Die 


P. I. Il. Göttingae 1795 et 97. 4.5 Dr. F. C, Graeffe 
de miraculorum natura. philofophiae principiis non contra- 
dicente commentatio, Helmft. 1797. 8.; de notione mira- 
culi divini bibliei. Diff. autore I, C. H. de Zobel, (unter 
D. Nitfch Praͤſidium) Vitemb. 1797. 4. 

Weltweiſen und Gottesgel, Haben ungemein verfchieden dag, 
was ein Wunder heißt, definirt, D. Stäudlin bat 
a. a. O. ©. 291:93 viele diefer Definitionen, aber bey weis 
tem nicht alle angeführt. Die mehrftien find darin einig, daß 
ein W. als eine Wirkung anzufeben ift, wodurd 
ein M. als ein Gefandter Gottes befiätigt werden 
foltte, Man erklärt insgemein die Wunder entweder als Tha⸗ 
ten, die über die uns bekannten Kräfte der Natur gehen; 
(darnach Eönnten fie alfo natürliche Benebenheiten feyn, nur 
dab uns die Urſachen davon unbekannt find;) oder als unges 
wöhnliche und außerordentliche Wirkungen, vie nach aller bes 
Eannten Erf. und Sefhichte von M. nicht mit Gewißheit vors 
hergeſehen und vorhergefagt werden Eönnen, In beyden Füls 
len wären dann W. nur wunderbare Begebenheiten, 
Die Wunder als ſolche Berändd. und Wirkungen zu er£läs 
ren, welche die Naturkraͤfte überfleigen, oder daß fie Wirkun⸗ 
gen Abernatürlicher Kräfte und Urfachen wären, dieß läßt fich 
deshalb nicht annehmen, weil dann die MönlichPeit ver W. ſich 
nicht denken läßt u, wir aud) aus Mangel der Kenntniß von den 
Kräften aller endlichen Dinge und der Waturgefege nicht wifs 
fen: ob und wa3, und wann etwas bios durch Gottes Als 
macht bewirkt worden if? f. Serufatem’6 Betrachtt, ır 
Abſchn. ©. 309 f. 


Richtiger ift es zu fagen: daß ein Wunder eine nicht nad) den ges 


woͤhnlichen Naturgeſehen, fondern von denfelben abweichenden 


W. ; | 685 
Wunder, (mas? ob fie möglich find?) . 


Gefegen durch Gottes Deranfialtung erfolgte merkwürdige 
Wirkung und Veränderung in der Sinnenwelt ifi, melche die 
Beglaubigung und Beltätigung eines görtl. Gefandten zur Abs. 
fiht bat, 

„Es find Wunder außerordentliche oder ungemwöhn!, Begebenheiten, 
„die wir nicht erklären Fonnen, da wir die Naturfräfte, durch 
„weiche fie gewirkt werden, nicht kennen.“ N. a. d. Bibl. 
688 1St. © 24.— „Ein Wunser if eine ſolche Wirs 
„kung, weldye die natürl. Kräfte vesienigen, welcher es verrichz 
„tet, überfieigt." Doͤderl. inf. Th. chr. T. I. p. 25; deſſ. 
Rel.-Unterr. Ih. 1. ©, 241. 42. — „Wunder find fonvers 

‚bare und merfwärdige aus natärl, Urfachen, aber unter Got⸗ 
„tes befonderer Weranftaltung, entftehende Thatſachen zur Ems 
„pfehlung feines Geſandten.“ Ammon a. a. O. — „Ein 
„Wunder iſt etwas, was blos auf das Wort oder den Befehl 
„deſſen, welcher etwas thut, geſchieht und durch Feine Dazwi⸗ 
„ſchenkunft vier Vorhergehen einer Sache, ſondern blos durch 
„ven Befehl des Wunderthaͤters bewirkt wird.“ Gräffe 
a. 8% 2), I. 8. — 

Allein es laßt ſich der Begriff eines W. im phyfis 
ſchen Sinne nicht wohl feſtſetzen. Nach der Geſch. 
Dat man unter Wundern alle dieienigen Begebenhh. 
zu verfichen, welche durch eine Üüberrafchente Erfchütterung der 
Sinne die Zrägheit und Stumpfheit der M. überwunden, ihre 
Aufmerkſamkeit geweckt und ihre Empfänatichkeit für Anerken: 
nung des inneren Werthes der Lehre vorbereitet haben, alſo 
foıche Begebb., tie von einem moralifchen Erfolg begleitet was 
ren, f. Prolegomena a. a. D. ©. 26, 

Die Unterfuhung, ob Wunder möglih und wirklich 
waren u. f. w.? gehört als mit Eeinem prakt, Intereſſe 
verbunden nicht für die Canzel. Sehr ift es abzurathen, die 
freie Einfidht Einiger, z. B. in der Schrift: ausf. ErEI, 
der Wundergeſchichten des a. Teſt. in der Einleit. oo, 
©. 1:22: über Wunder und übernatärl, Offenb. (Berl. 1800. 
Sr. 8.), daß die Wunder unmdalid find, und daß der 
Glaube an W. Ihädlich fey *), Dffentlih umd ohne Uns 
terfchied vorzutragen E83 benimmt leicht den Glauben an die 
Lehren der h. Schrift überhaupt, 

Daß W. möglich find, zeigt D. Etermann in f. Handb. d. Gl.⸗ 
Lehre, Th. 1. ©. 446 f. vol. Niemeyer pop, u. pr. Theol. 
$. 58. ©. 122. un D. Staͤud lin’s Doam. u. Dogmengefd). 
fhreibt: ır Th. ©. 295: „Wenn übrigens eine Begebenh, 








*) Bol. damit die Abb. über Wunder un Dffenb, in 
d. Krit. m. Erkl. der im hebr. Staate fid er: 
eigneten Wunderbegebb. von Joſna bis anf 
Seius. Altenb. 1302. gr. 8. ©. 1:19, 


686 


Wunder, (Behurf. der Heli» Lehrer i in en der — 


„durchaus ſo beſchaffen iſt, daß man ſie aus den Geſetzen und 


„Kraͤften der Nat. nicht erkl. kann, daß ſelbſt ausgemachte Na⸗ 


„turgeſetze dadurch aufgehoben werden, und es ſt Alles: die 


„Lehre, zu deren Beſtaͤtigung ſie geſchieht, die Begeb. ſelbſt, 


„der Lehrer, ſ. Char., ſ. Zweck und feine Anſtalt rein ı. wohl⸗ 
„thaͤtig und goͤttlich, und die Wunder find für M. gefcheben, 
„welche derfeisen zum Rel.⸗Glauben nothwendig bedurften; ſo 
„kann man allerdings vernünftiger Weite an Wunder glauben, 
„am fo mehr, wenn man diefen Ölauben bedarf, um ſ. Glau⸗ 


„ben dadurch ‚mehr Feſtigk. zu geben.“ — Es iſt aber eine 


richtige Bemerkung, daß man bey den bibl. Wundern genau 
zwiſchen wunderbar u uͤbernatuͤrlich unterſcheiden muß. 


Iſt es gleich richtig, daß Erf., Ver. u— Achtung gegen die Weish. 


Gottes uns gebieten, nichts fuͤr uͤbernatuͤrlich zu halten, was 
natuͤrlich geſchehen konnte: ſo iſt es doch auch eben ſo abzu⸗ 
rathen, oͤffentlich in der Meinung aufzuklaͤren, die bibl. Wun— 
pergefchichten als aus natuͤrl. Urſachen erfolgt. zu erklären, 

fan macht fi dadurch ten mittlern Volksclaſſen verdächtig, 
und benimmt ven befien Grundfägen Kraft and Wirkfams 
Eeite „Das Volk bedarf. ver Wunder (des Glaubens am bie 
„W. der Vorzeit); denn an den Wundern hängt feine Ueber: 
„zeugung v. d. göttl. Offenbarung, und an diefer fein, Glaube 
„ar die Neligionswchrhbeiten und an tie Merbindlichfeit des 
„Sittengefeges. Sagt man ihm, daß diefe Wunder nichts we— 
„niger als dieß gewefen ſeyen: fo öffnet man der Irreligioſitaͤt 
„Thuͤr und Thor; ihr habt dann zu beſuͤrchten, daß er alle 
„Banden ber Pflicht als Sklavenketten zerſprenge.“ (Schmids 
Lehrb. d. Dogin. ©. 174) 


So „wie ſich der chriſtl. Rruͤgionslehrer in Abſ. auf die natuͤrl. 


Di 


c 


Erkl. der Wundergeſchichten der h. Schrift in feinen Vortraͤ— 
gen zu benchmen Habe?” in Nr. -ı. der Beyträge zur 
Befbrd. des vern. Denfens in d. Rel. 208 Heft, 
Winierth. 1802, or. 8. Hufnagel's Abhaundl. „über die 
zweckmaͤßige Benutzung dev Wunder vor. chrifil. Gemeinven‘‘ 
im neuen Sourn, f.Pred 2918 48 ©t. ©, 396-4025 
der Anhang von (Stuß) krit. Verfuch Gt. d. neuteſt. Wunder, 
Meiben 1797. 8. Handelt auch vom homiletifchen Öebraud) der 
Wunder. — 

öffentliche Neußerung: Wunder beweifen nichts, fie begründen 
nicht den San: dab ein M. von Gott .gefandt worden iſt und 
daß Bott durch denfelben geredet Dabe, fie beweilen nicht unz 
trüglich die Wahrh. einer Lehre, oder: wie bedürfen nicht mehr 
der Wunder, um v. d. Wahrh. des hr. Glaubens überzeugt 
zu Werden, weil iede chriflliche weſentl. Zehre an fich vernünfs 
tig ift, und Heilfame Folgen bat, oder weil der Beweis einer 
ieden Wahrh. auf allg. gültige Vernunfterände gebaut werden 
muß, wird durchgebends nicht gewagt werden koͤnnen. ber 
der Neligionsiehrer muB es wiffen, daB ınan, ohne die neuteft, 


= 


! 


W. 687 


* 


Wund r, WWerh. d. ReleLehrer in Hinf. d Vortr. v. ꝛtc.) 


Wunder zu leugnen, gleichwohl nicht den Hauptbeweis aus 
den Wundern fuͤhren muͤſſe, weil Jeſus Chr. einen andern, 
beſſer n, für alle Zeiten paſſenden, ieder Unterſuchung offen lies 
genden empfohlen Dat. — bedürfen die gewoͤhnl. Chri— 
ſien des Beweiſes d. Wahrh. ber ar. Mel, aus den Wundern 
nicht. Sie bringen fchon den Glauben an die Untruͤglichk. der 
neuteſt. Geih., welche viele Wundererzaͤhlungen mittheilt, mit, 
Der Rel.Lehrer muß es blos für ſich wiſſen, daß der — er⸗ 
fand Vernunſtbeweiſe fordere, nicht Wunderdinge — — Wer 
Wunder unter die Quellen und Beweisgruͤnde des Rel.-Slau— 


bens aufnunmt, verraͤth hoheß moraliſchen Unglauben, indem 


er den Vorſchriften der 5 Pflicht wie ſie urſpruͤnglich durch Ver— 
in die Herzen der De. geſchrieben find, ein nicht zureichen— 

es Anſehn sanejsehen wit, außer, wenn fie dur Wunder bez 
— wuͤrden, Joh. 4, ‚pe valL.5, 475 :I0, 38; ZiH3u 15 

| Math. 12, 39:40; .10, 524. 

Han vergl. das oben im Art. — I. A. 5. ar. Th. ©, 365 f. 
davon Geſagte. 

Auf zer andern Geite Ienfe man ia nicht de Chriſten anf das 
Wunderbare im Chriſtenth., ſondern auf das Weſentliche der 
"Rei — Wahrheit, Zugend und Liebe, Jeſus machte 
f. Beitgenofien darüber Vorwürfe, daB fie Wunder anf W. 
verlangten, und dann doch eben ſo wenig auf die Grimme des 
Wunderthaͤters hörten. Beſtaͤndig fing er mit Unterricht an, 
nie ſuchte ev einen f. vertrauten Gehäler durd) ein Wander zu 
bewegen, ſich zu f. Schule zu balten, Er gab da am wenig: 
fen der Wunderfucht feines Zeitalter. nad), Wo man darauf 
ausging, feine Kräfte auf vie Probe 34 filen. Da, wo er 
diefe Kräfte zur Hervorbringung unerwarteter KBirkungen ans 
wendete, da geſchah es unfehlbar zur Erreicyumg eines mora⸗ 
liſchen und befonters eine! wohlthaͤtigen Zweckes. Es wird 
ſogar ein Wink gegeben, daB er eine gewiſſe moraliſche Stims 
mung der Gemuͤther nöchig gehabt habe, um Wunder verrichz 
ten zu koͤnnen. 

Bey den Anlaͤſſen, wo von den neuteſt. Wundern die Rede iſt, 
ſage man: 


H. 1) Die Wunder Gatten uͤberh. zum Zweck, daß fie 


die Aufmerffamfeit der M. auf den, toelcher ſit ver⸗ 
richtete, richten, ihn als einen goͤttl., untruͤgl. Lehrer 
beglaubigen, und ſelbſt Beweife ſ. Lehren für dieieni— 
gen ſeyn foliten, welche derſelben — Sich. 20, 
31. Gie follten dem Wimbderth. 2 —— Zutrauen 
verſchaffen; die Wunder Jeſu * B. waren nothig, 
weit er ſich ſonſt ſchwerlich einen Eingang in die Ge— 
müther verſchafft haben würde. Die Geſch. beweift 
auch, daß der Glaube an die in der Bibel erzählten 


» 


688 | W. 
Wunder, (find nicht mehr zu verlangen.) 


Wunder bey vielen M. dazu beigetragen hat, fie zum 
Glauben an die Hotel. Lehren, melche die Bibel ent- 
halt, zu bewegen. Es ift daher in der Ordn. u. Zu: 
daffung diefer Begebenhh. eine Ordn. und Zulaffung 
Gottes zu erkennen. Die von Gott geleiteten Männer 
haben ihre Thaten, die man als W. anfahe, und die 
ein Mittel wurden, ihren Lehren Beyf. und Glauben 
zu verfchaffen, mit Gottes Beyſtand und Negier. ges 
than. Denn nach Joh. 3, 2. find W. Thaten, die 
fein M. thun kann, es fey denn Gott mit ihm. Bol. 
Doͤderlein's NRel.-Unterr. Th. I. ©. 246-49. 
Diefer Zweck ift erreicht. Daher find nach den Zei- 
ten Jeſu und der Ap. Feine glaubwürdige W.-gefcheben, 
wenn man gleich aus Abergl. und Unmwiffenh. vieleg 
als Wunder nachher erdichtet und angenommen hat. 
Sn unfern Zeiten find feine Wunter mehr zu er- 
warten, fondern wir muͤſſen ung vielmehr der ordent 
lichen Regier. Gottes ruhig und danfbar überlaffen, 
damit wir ihn nicht verfuchen, oder etwas von ihm 
verlangen, was er nach feiner Weish. und Güte ung 
nicht gewähren will; vgl. oben ©. 548 fu. 582. und 
or Th. ©. 325; denn Eu | 

ı) nach der Gründung des Chriftenth. kann der Zweck, 
für welchen es noch W. geben fonnte, auch ohne die— 
felbe erreicht werden, wenn man fih nur v. d. Wahr; 
heit und Goͤttlichk. d. hr. Rel. überzeugen will. 

2) E8 find uns feine W. verheißen. Dieienis 
gen Stellen des n. Teft., die hieher gezogen werden 
fonnten, als ob fie W. verhießen, beziehen fih auf 
die Up. und erfien Zeiten des Chriftenth., aber nicht 
auf alle folgende Zeiten. — 3) W. find nicht dag 
befte und Eräftigfte Mittel zur Beförderung und Be— 
feffigung guter Gefinnungen, worauf e8 doch haupt» 
fächlich anfommt; indem viele, welche die W. Sefu u. 
der Ap. gefehen Haben, doch dadurch allein nicht bes 
wogen wurden, ihrer Kehre Beyfall zu geben, fondern 
ihr dennoch miderfirebten; — 4) fie find auch nicht 
das vorzüglichfte und ſicherſte Mittel zur großern Er- 
kenntniß der Vorzüge und Herrlichf. Gottes, indem 
daraus hauptfächl. nur Gottes Macht bervorleuchtet, 
wovon iedoch auch die Gegenftft. in der Natur zeugen. 


Bey der Negier. durch den angeoröneten u. beybehals 
fenen 


ee — 689 
Wunder, (wider die Wunderſucht.) 


tenen Lauf der Natur zeigt Gott aber zugleich noch 
mehr ſeine Weish. und Guͤte, die durch mancherley u. 
weitlaͤufige Verbindd. ihren großen und ſeligen ii 
zu erreichen weiß. 


Man fey alfo nicht wunder ſuͤchtig, oder man 
rwarte feine Ausnahme von den Naturgeſetzen von 
‚Gott, Matth. 4 7. Man ſchreibe auch andern Din— 
gen keinen andern als einen natuͤrl. Einflaß auf fein 
Schickſal zu. Schon Jeſus eiferte dagegen, Marc. 8, 
17. 12; 2uc. ı1, 29; Matth. 12, 30-42; oh. 4 28; 
Weish. 14, 3:6. Noch immer gibt es M., die fich 
nad) neuen Wundern fehnen, und fie durch &: ber und 
feſten Glauben bewirken zu koͤnnen hoffen; bie es wüns 
fhen, daß Gott die hr, Lehre von neuem durch Zeis 
chen und W. beftätigen mochte. Allein die Wunder - 
begierde verträgt ſich nicht mit der Ueberzeugung don 
einer toeifen Vorſicht und v. d> Natur und. Wahrh. 
d. Sittlihkeit. Es iſt nicht vernunftig W. zu wuͤn⸗ 
ſchen und zu hoffen. Denn der Endzweck, welcher 
durch Jeſu W. erreicht werden fottte,” iſt erreiche. 
Durch die ehmals gefchebenen W. iſt Jeſu Anfehen 
außer Zweifel gefeßf. Die reine Verehrung Jeſu ift 
bey ung eingeführt. Es find die Zeiten vorbey, wo 
man, um aufmerffam zu werden, durch Zeichen und 
W. erfchüttert werden mußte. Verlangen wir Zeichen 
und W., fo enfehren wir ung feldfl, mir vergeffen, 
daß ung Gott wie erwahfene, zum vollen Gebrauch 
ihrer Vernunft gefommene Söhne behandelt, die aus 
eigener Bewegung denken und forſchen ſollen. Der 
gewoͤhnliche Kauf ber Weltveraͤndd. iff eine 
eben fo kenntliche Afußerung der Gefin 
nungen Gottes. Wer dem gemeinen Zufammen- 
hange der Regier. der Vorſeh. nicht nachdenkt, woran 
er ſich täglich üben kann, der würde auch durch außer 
ordentliche Ereisniffe, wenn er fie auch noch fo fehr 
anftaunen müßte, nicht gebeffert werden. Ueberzeuguns 
gen find ein Werk ruhiger Vernunft, gehen den ſtillen 
Weg des allmaͤhlichen Nachdenkens u. find mit maͤch—⸗ 
tigen Erſchuͤtterungen durchaus unvertragſam. 
©. die Art. Wunderſucht und Wunderbar, [die Liebe zu den] 
ind. dr. Mor. f. d. ECanzelgebr. 5n 3, 2te Abth. ©, 
a5. f. u. 449 f. Zöllner’s verm. Aufſ. an B. 2te Samml. 
Chriſtl. GL. Lehre f.d. Canzelgebr. 3 26. 5 


690 W. 
Wunder Jeſu, Befehaffenfeit und aha der —) 


©. 1305158: „warum Gott dad nicht Übernatürlich thut, was 
natürlich geſchehen kann?“ — Spalding’s neue Pretigten, 
ır Th. Berl. 1768. 8. Nr. Io: „vie unordentliche Begierde 
nach Zeichen und Wundern;“ Koppe's Predd. ır Th. Wir, 9. 
©, 165 ff.; Löffler’& Predigten, 4r B. 70 3, 13: 
„wie unweiſe und gefährlich es ift, feinen Glauben an Gott 
vielmehr auf das Weubere und Wunderbare, als auf die ges 
woͤhnlichen Beweiſe ſ. Weish. zu gruͤnden,“ über dv, Ev. am 
oın Sonnt. n. Tr, 

Ueberh. vol, man Dapp's Predigtbuch, © 6222743: „Über den. 
SGlauben an under 5" Loͤffleres Prev. zr B. Wr 4: 
„vd. d. rechtm. Beurth. und Anw. des Wunderb. und Unbegr. 
in d.h. Schrift und im Eirch!, Glauben,“ üb, d. Ev, am 6n 

©. n. Epiph.; Mas. f. Pred. 6r Th. Jr. X. XL, ©. 685 
91: 06.0. Ep. am an Pfinsfit, Up, ©, 10, 42:48; Sinte⸗ 
nis Poſtille, ar Th. Wr. LII. ©. 34:50: „vom Glauben au 
Wunder und Zeichen, am 21n ©, n. Tr, üb. Joh. 4, 48. — 


2) Was insbef. die Wunder Jeſu berriffer), fo find 

2 dieſe eere — ſeinen Zeitgenoſſen unbe⸗ 
greifliche und edle Thaten, glaubmwürdige That— 
ſachen. Man erwartete dergleichen vom Meßias, 
Jeſus verrichtete fie, und fie wurden auch dag Haupt— 
mittel der erfien Gründung und Ausbr. des Chriſten⸗ 
thums. Bloße Erdichtungen von den Apoſteln koͤn— 
nen fie nicht ſeyn, fie Fonnten es ſonſt nicht wagen, 
fie offentlich, wie fie auch gefchehen ſeyn follfen, anzu- 
fündigen und ihr ganzes Leben, fo wie ihre Schriften 
drücken ihren aufrichtigen und ehrlichen Charakter ab. 
Dot. or. Kapler’s Fl. Magaz. f. kath. Rel.⸗-Leh— 
rer, ( Ir Jahrg.) Monat July, Ingolſt. 1800. 8. ©. 
133 fi „Jeſu W. als glaubmwirdige Thatſachen.“ 

b) Jeſus wollte, dadurch im Allgem. die Aufmerkſ. ſei— 
ner Zeitgenoſſen wecken, weil ſolche dem groͤßern Theile 
nach fuͤr etwas Geiſtiges zu unempfindlich waren, und 
fie mit feinem Charakter, mit feiner Denkungsart und 
Handinngsweife, mit der Meinheit feiner Abfichten, 
mit der Kraft feines Geiſtes, mit dem Umfange ſeiner 
Kenntniſſe u. ſ. w. bekannt machen. Der rohe und 
ſinnl. M. denkt ſich immer die Allmacht als die hoͤchſte 
Eigenſchaft Gottes, darum wuͤnſcht er auch von ſei— 








*) Vgl. oben den Art. Jeſus, 22 Th. ©, 191. 92. Pro: 
legomena zur hr. Rel.-Lehre, ©. 46 ff. 


MR IB, | | 691 
Wunder Jeſu, (Beſchaffenheit der — 


nen Geſandten nicht allein Proben der Weisheit, ſon⸗ 
dern zuerſt Beweiſe der Macht zu ſehen. Jeſus uͤber—⸗ 
zeugte ſeine Zeitgenoſſen von Diefer Verkehrtheit des 
menſchl. Geiſtes nicht allein durch das Beyſpiel des 
En fondern fogar derer, die fich des Beſitzes göttl. 
Dfienbarungen rübmten, Matth. ı2, 38. ber er 
mußte fich in die Zeit fehiefen, und er Eonnte es ohne 
allen Beyftand menfchl. Kunſt, da ihm der Beyſtand 
Gottes gewiß wer. 
co) Jefu W. wären rührende Aufklärungen über dag 
Eigenthümliche feines Charakters, wel Icher ſich hier fo 
Deutlich von den gemeinen Wunderthätern unterfiheie 
det, und fprechende Beweife feines menfihenliebenden 
ne Bey allen Aeußerungen feiner Kräfte han— 
delte er 
aa) als Wohlthaͤter der Menfchheit, theils dadurd, 
daß er menſchl. Gebrechen heilte, theils die, welche 
‚der Kummer um Ieidende Freunde niederdrückte, durch 
Gewährung ihrer Bitten getroͤſtet von fich geben ließ. 
bb) Er wandte feine Wohlthaten mit Weis 
heit an. Wie half er eingebildeten oder vergrößerten 
Leiden ab. Sie gewährte er folche Guter und Vor— 
zuge, melche entbehrlich oder gar gefährlich für.den 
M. werden. . Er machte ſehr viele M. gefund, aber 
nie einen M. reich. 
cc) Nirgends geſchahen feine Thaten unveranlaft 
oder ungefucht. Er verwandelte ſ. Hülfe, wenn 
man folche fuchte, in Belohnungen des Der: 
frauens um a fie da, wo er entweder gar 
feine Empfaͤnglichkeit für fie fand (Marc. 6, 5.), oder 
wo man ihn zwecklofe Aeußerungen feiner Kraͤfte zus 
muthere, die blos die Neugierde befriedigen und Ers 
ſtaunen erwecken folften, Matth. 12, 38-41. — dd) 
Nie war e8 ihm ben ſ. W. um Aufſehn su £hun. 
Seine größten Thaten waren geraͤuſchlos, wie ſein 
ganzes Leben, ohne allen Aufwand von Voranſtalten, 
ohne alle gefliſſentliche Herbehfahrang von Umſtaͤnden, 
die auf die Sinne wirken, ohne alles laͤngere Verwei— 
len bey ihnen, wenn ſie geſchehen ſind. Vielmehr 
dienten fie ihm — ee) gemeiniglich — zum Ueber— 
gange zu wichtigen in welchen 
er ſich hi entweder die 2 lufmerkſamkeit von ſich 
£r2 


093 ' | RB. 3. 
Wunder Jeſu. Zorn Gottes. 


weg — auf Gott — „der durch ihn — * zu deſ⸗ 
ſen Ehre er wirke, von dem er ſich Kraft — 
muͤſſe,⸗“ zu lenken, oder doch von dem Sinnlichen der 
Handlung, ig felbft der Wohlthat abzuziehen; v. der 
Geſundheit des Leibe, auf bie Geſundh. der Seele, 
yon der koͤrp. Nahrung auf bie geiftige Natur über- 
zugeben. Endlich — ff. wie fücher, wie ruhig benahm 
fich babe Jeſus! wie fief blickte er in dag Herz derer, 
mie welchen er zu thun bafte, wie ‚angemeffen. diefer 
Kenneniß behandelte er ieven, wie fahe er auf die Um— 
fiehenden zuräch, wie gelaffen und gemäßigt verthei- 
digte er fich felbit gegen die-Anmerfungen feiner Geg> 
ner. Diefe Art, wie er W. that und feine Handlungs- 
weife bey denfelben verdiene unfer aller Rachahmung 
bey unferer ee. und Wohlthätig- 
keit, 1. hr. Nor fd — den Art. 
Wohlthaͤtigkeit, IIL- sn B. 2te Abth. S —— 423. 

S. oben Jeſus, II. ©. 191 f. 

Bol. D. C. Sr. Ammon’s chr. Rel Morfr. 68 
Baͤndch. Tr. 1; „wie betrachtet der fromme u. aufge: 
klaͤrte Ehrifi die Lehre v. d. Wundern Jeſu?“ D. Sr. - 
DB. Reinhard?s Auszz. aus einigen 1795 beym 
86 sd. in Dresden geh. Predd. Meißen 1796. 8. 

‚die Art und W., wie vern. Chrifien die W. Jeſu an⸗ 
sufe hen haben,‘ am 3° bo. Sonnt. | 

Ueber die Frage: „find Jeſu Wunder Zeugniſſe für fi 
feine goͤttl. Sendung?“ in D. Augufti’g theol. Blät- 
tern, ıv Jahrg. 48 Duart. ©. 7989-94. von Dad. 
Ch. Heifchfeil, und: quantum Chriftus tribuerit 
miraculis (fuis)2 Wittenb. 1796. 4. ein Brogr. von 
Dr. €. 8. Nitz ſch; E. E. Küchler de catflis, quare 
Jefus miracula fua divulgari valuerit admodum pro- 
babilibus. Leucopetrae 1803. 8. — — 


Zerfnirfhung, richtiger Neue, WR 
S. Reinhard's Borleff. üb. die Dogm. ©. 502 
f. und chr. Mor. f. d. Ganzelgebr. den Art. Reue, 
ar Th. ©. 703-720. — 
Zorn Öottes, Job. 3,36; ———— JTheſſ. 1, 10. 


n 3 693 
Zorn Gottes, (mas?) 


Diefer Ausdr. oder auch die Nedart: Gott gürnt, 
en Gottes Strafen. Das a. Teſt. braucht bey 
der Defchreibung der goͤttl. Gerechtigfeit die ſtaͤrkſten, 

in Schrecken fegenden Ausdrüce, z. B. Zorn, Grimm, 

Eifer, Seuereifer, Rabe, Schelten ıc. Niob 

9, 13. wird Gott fogar ein firenger und umerbittlicher 

Zorn beygelegt. Nach Nahum 1, 2. gürut er ges 

mwaltig, vsl. Pf. 7, 7. 12. Noch weit finnlicher iſt 

DE 183,8. 9. 16. I Sam. 22, 9. 16. von Gotteg 

Schnauben, vom Schnauben feiner Naſe, 

vom Entbrennen f. Zorns, (f. au) Pf. 2, 12.) 

vom Emporfleigen des Dampfs aus f. Naſe, 

vom Herausfahren des Feuers aus f. Naſe 
die Nede, um dag Schredliche feiner Strafen 
zu begeichnen. Keinesweges darf man dieſe Ausdruͤcke 
eigentlich nehmen, fondern man muß fie auf eine Gott 
anftändige Art erklären. Im eigentl. Sinn widerſtrit— 
fen fie ı) der hoͤchſten Vollk. Gottes; Zorn iff eine 

Schwachheit bey M; 2) der bachften Seligkeit Got— 

tes, denn Zorn ift eine unangenehme Leidenfchaft. Gott 

würde, da f. Geſetze bald bie, bald da, bald von die— 
fem, bald von ienem, bald auf diefe, bald auf eine 
andere Art übertreten werden, nie ruhig ſeyn koͤnnen, 
fondern immer in Zorn und aufwallender Hitze u. Un— 
ruhe feyn müffen. Auch der elendefte M. bat doch ei- 
nige ruhige Augenblicke, aber Gott hätte fie dann 
nie. — 3) Es iſt gegen Gottes Unveraͤnderlichkeit. 
Gott wäre dann bald zornig, bald gnaͤdig. Man 
. "Denfe ſich aber den Geiſt der alten Welt, oder, wie 
man damals noch auf einer niebrigen Stufe der Aus— 
bildung ın Abſicht auf Gotteserkenntniß fand. Zorn 

Gottes bedeutet feine Strafgerechtigkeit. Zürnt ber 

M., fo will er dadurch dem, woruͤber er zuͤrnt, dag 
Ungerechte der ihm zugefügten Kraͤnkungen, Vernaͤch— 
laͤßigungen 2c. empfinden laffen. Iſt jemand im Zorn, 
— er den Andern gewiß nicht ungeſtraft hingehen 
aſſen. | 


Es iſt befer, die Ausdrücke, Zorn, Rache ꝛc. von Gott in Predd. und 
Katechif. nicht zu gebrauchen, kommen fie aber in Bibelſtellen vor, 
fp muß man fie auf iene Art erklärten, zumal da die Shrafe: 
Gott zent, voraus fest, dag Gott von M. beleidigt wer: 


den könne; Ei, 7, 13, bedeutet aber das Wort beleidigen, a 


694 > 
Zicheigungen Gottes, Ziveifel in der Religion. 


fo viel als Mühe — Befchtwerden verutfachen; man zeige, daß ı 
wir Gott nicht beleidigen Eünnen, denn iemanden beleidigen, heist, 

demſelben Schaden zufügen und ihm unangenehme Empfindd. ver: 
urfachen. Man vertaufche ed mit der Redensart: etwas thun, 
was Gotted Witten zuwider it, — ihm ungehorfam ſeyn. 


Vgl. Schulz Erk.-Lehren des Chriſtenth. ır Th. 
S. 341-46 und. ob. d. Art. ——— 
Gottes, ar Th. ©. 39 f.- dessl. ob. d. Art, Stra- 
ra — — 
FRE Boyen 4. Ui Volksrel. in Pred. 
109. 2ote A. Nr. 20. & 315:29: wie Wir ung eigent- 
lich den Zorn Gottes vorzuſtellen haben, 1) Erkl. 2) 
Anwend., über Df. 30, 6. — | 
Zhchrigungen Gottes, ſ. d. Art, Strafen 
Gottes. | 
Zukunft S$efu, Il Theff. x, 105 2, 19, Sac,s5,S. » 
ift Darunter Die nahe Zerſtoͤr. Jeruſ. gemeint. \ 
Die Ap. empfehlen die Erwartung‘ berfelben ihren 
zeitgenoffen oft und ſtark, II Theſſ. 1, ro. I Theſſ. 
4 15; Hi! 2 20. Dieß war eine Solge der Liebe 
gegen Jeſus, I Petr. 1, 5. 6. der Freude am feiner 
Herrlichkeit, die ich dann ganz offenbaren wird, Coloſſ. 
3, 4. und des Gefühls der Befchwerden des Erdenle- 
bens, welches zumeilen fehr ftark und druͤckend wird, 
Sat. 5, 7.9. Die aut. Sefu zum. Weltger. zu er— 
warten, gewährt dem Frommen Freude, weil fe ihn 
zur Belohnung bringen wird. Gie muß rubig ſeyn, 
elbſt dann, wenn die Sinnlichkeit oder die Ungeduld, 
oder die Unzufriedenheit mit der ietzigen Welt zu einer 
zu lebhaften Sehnfucht werden koͤnnte; denn man er— 
wage, daß diefe Verzögerung auch vortheilhaft (II Beer. 
3,.9.) u. allemal durch die Weish. Gottes beſtimmt iſt. 
al, bibl. Woͤrterbuch z. Nachfchlagen 2c. zr Th. 
Berlin 1801. 9. 8. ©; 426. 27. u: 
Zurehnung, f dr. Mor. f. d. Canzelgebr. zn B. 
2te Ach. ©. 528 f. | 
Zufagen Öottes, f. ob. Wahrhaftigk. Gottes. 
Zweifel, IH 
Zweifel in der Re.) Verhalten bey 
ſ. dr. Mor. f. d. Canzelgebr. in alph. Ordnung, 
5n B. 2te Abth. ©. 553 fe — — 


⸗ 


Abendmahl, Auferftehung. 2 





Einige — 9 und Verbeſſerungen 
sum in — 30 Th. | 


Abendmahl, Cheil.) I. 3. er Th. ©. 3. 


er tor): üb. d. Seift u. Wahrh. d. Rel. Sefu. 
2. 133.%0©.77f. 
—4H. © 121. D4Eela.ad. ©. 37- 00. 


ar o 1Ddelaca. 2 © g 


3 f. 
m 31.1. DEela 09.6. 35 f Dan vgl. 


auch die Schrift: Ueber Krankencommunion 
mit beſonderer Hinſicht aufihre Mishand— 
lung u. Schaͤdlichkeit, Feipz. 1802. 8. (8 8.) 


Aehnlichkeit mie Sort, (Ebenbild des M.) 


f. d. Art. Würde des M. und Edermann’s 
Handb. d. ©l.- — rm OT 


— 1. B.BB. ©. 46. Emwald’s Entww. der 1800 ' 


von ihm gehaltenen plede S. 154:160; der M. ſoll 
Gottes Bild werden. 


Allweisheit Gottes, S. 119. Zeile 20. 215 
"1801 1.1802 erfchien © Theil 3 u. 4, beyde 44 Rthl. 
alle 4 Bände: foften 8 Rthl. 


Auferftebung, ©. ı152>59. 

„Jeſus dachte fih die Unfterblicht., wenn er von 
„Anferft. redete. Beyde Begriffe galten damals für 
„gleich. Dieß erhellee aus f. Neden beym Johan— 
„nes uͤber diefen Gegenſtand, wo er Die ununterbro⸗ 
„chene Fortdauer ſ. Anhaͤuger in einigen Ausſpruͤchen 
„ganz rein, ohne das Bild der Auferſt., doch ohne 
„ſich auf den Unterſch. zwiſchen Se ele und Koͤrper u. 
‚auf die vom koͤrperl. Tode moͤgliche Einwendung ein— 
„uulaſſen, vortraͤgt, unter andern aus ſ. Beweiſe gegen 
„die Sadducaͤer. Denn Matth. 22, 32 beweiſt nichts 


6965 Nachtraͤge und DVerbefferungen. 
Beichte, Beftimmung des: M. | 


„weiter als die fortdauernde Eriftenz Abraham, 
„Iſaaks und Jacobs sur Zeit Mofes, aber Feine eis 
„gentliche Auferft. des Fleiſches. Die Sadducäer ver; 
fanden e8 auch fo, denn fie: befriedigen fich niit dies 
4 Bemeife Jeſu.“ (Fichte) Verf. einer Krit. aller 
Offenb. ©. 130. 13. — Bgl. n. theol. Annal. 
1803. ©. 309 f. 
Ebend.1.ı. ©. 155. — vgl. Dee) üb. Geift 
vu. Wahrhr d. Mel. Jeſu, Perl. 1785. 8. ©.26: 39. — 
DD. ©. Sliemepyer’g Troſtſchriften z. Aufricht. fuͤr 


Leidende. Iftt Samml.) Haͤl 


„richtige Vorſtell. von der zukuͤnftigen Auferſtehung.“ 
Ebend. ID. 5. ©. 168: „die Wirklicht. der 
Auferſt. folgt aus dem Beyſp. der Auferſt. 
Chriſti nicht. Ueberdieß hat dieſe nur. für denieni⸗ 
gen eine Kraft zu uͤberzeugen, welcher se als eine auf 
fernatürliche „Degebend. betrachtet. In fo fern aber 
die Auferſt. Jeſu eine Beftatigung aller f. Kehren, alfo 
auch * Lehre v. d. Auferſt. des Leibes, welche er ge— 
aͤußert hat, war, läßt ſich die an unf. Auferſt. 
0% Jeſu Auferſt. ableiten.“ Is th. Annual, 1803. 
SAFT 


Beichte, ©. 181. 


Pal. D. G. Merckel über die beſondere und allg. 
Beichte. Meine Borftellungen und Ueberzz. Chemnitz 
und Leipz. 1800, 8. GSolte die Einf. einer. allgem. 
Beichte bey den hamburg. Luth. Gemeinden nicht rath— 
fam und möglich feyn? Hamb. 1799. 8. 2 Bogen, 
(für die allg. Beichte, ein fehr vortreffl. — 
Vgl. Ddela. a D.,8. 99% 


— des M. 


Sie iſt an ſich Bildung ins Unendli * sur Ueber— 
einſtimmung mie ſich ſelbſt, oder Streben nach voll—⸗ 
kommner Freiheit in feinem Willen und- Handeln. 
Die Beſtimm. des M. in Geſellſch. iſt: Uebereinftims 
mung mit alem dem, was außer ihm da iſt, u. Ehre 
und Sorderung der Freih— ‚am ung, an Allen und in. 
Allen. | 

— ©. 198. 3. 13: v. u. daß — — Iebe, iſt eine über» 
Aißige —— 


Nachträge und Webeſbeingen 697 


Beſtimmung, Dreieinigkeit. 


— ©. 202. Die Hauptbeſtimmung des ietzigen Dafenng 
der MI. iſt —— um ſinnlich— gluͤcklich zu leben, ſon— 
dern um gluͤcklich zu ſeyn in gehoͤriger Verbindung 
mit moraliſcher Wuͤrdigkeit, ſo daß durch die Beduͤrf— 
niſſe alle unſere Korper = und sn vorzüglich 
aber letztere, welche die höheren find, entwickelt und 
veredelt werden, um vernünftig und nett ch handelnde 
Weſen zu werden. 

Bol. Wolfraths Predd. uͤber die Beftimm. deg 
M. zum ewigen Leben, Hamb. und Altona 1785. 8.; 
Theod. Gutmann’g vhilof. Abhh. über die ietzige 
Irreligioſitaͤt ꝛc. 18 Bdoch. Zerbft 1800. 8. 2te Abh.: 

- was ift die Hauptbefl. des ietzigen Daſeyns des M. 


Beſtimmung, J. C. 1. ©. 206. 


S. Tollner’g theol. Unterſſ. ın B. 28 St. Riga 
1773. 8. ©. 1529: iſt das gegenw. Leben nichts weis 
ter als eine zer vgl. mit Defel üb. Geift 
und W. d. R.Jeſu, ©. 105 f. 


Boͤſes, I, KR SS, 210. | 
Hinter ac. 2, 14. 15 feße man Gyr. 15, 21. 


| Buße, ©. 228. 
„Sie ift fo viel als die Reue, oder die Erfennenig 
f. Sünden, Toͤllner; f. def. theol. Unterſſ. ın ©. 
Bet ie: 9334. Öl ſt I) die erſte Umaͤnderung in 
- Grundf. und Gefinnungen, womit der firtlich Beffer- 
werdende anhebt; 2) die beſtaͤndig fortgefegte fittlic,e 
Defferung. 


Dreieinigfeit, J. ©. 


"Sollner in f. es — 2Baſte lehrt 
©. 1:83 daß die Lehre ©. d. Dreieinigf, Feine weder 
zum Ber, der groffens. Heilsordnung, noch zur Wirs 
fung berfelben in einem M. zu erfennen unentbehrliche 
Lehre iſt, und —— die Rothwendigk. einiger Erf der— 
feiben bey einem ieden Cheiften blog auf Unentbehrl. 
derfelden zum Verſtande und Brntaftigen Gebrauche 
der Dr Schrift berube. 
— 1.2.B. ©. 251. 

„Su diefer Lehre iſt es die Hauntfache, daß Gott 

ſi ich uns als den Vater unſers Herrn Jeſus epritun, 


698 Nachtraͤge und Verbeſſerungen. 
Einheit Gottes, Engel, Erhaltung. 


durch Jeſum Chr. — ſ. Sohn und durch ſeinen Geiſt, 
den er uns durch Jeſu Lehre mittheilt, geoffenbaret 
habe und daß die Wohlthaten Gottes, als des Schoͤ—⸗ 
pfers, Erhalters u. Megiererg der Welt, v. d. Wohl⸗ 
thaten Gottes und Jeſu und durch Jeſum — und v. 
d. Geiſtesgaben, die wir durch Jeſum ihm verdanken, 
wohl und deutlich unterfchieden werden, . befonberg, 
daß mir nicht etwa einen hoͤhern gefchaffenen Geift, 
fondern Gott felbft in Jeſu geoffenbart anerkennen, 
und Gottes Geiſt nicht fuͤr ein geſchaffenes Weſen 
neben und außer Gott, oder fuͤr einen Diener Gottes, 
Rn für Gott felbft anerkennen, der ung zu allem 

Guten feinen Beyſtand leiſtet.“ N. a. d. BibE 63 2. 
1. DE. 0,1% 72. 


Einheit Gottes. 
S. Töllner’s verm. Auff. ıfe Samml. ©. 30» 
66: „von ‚der Einheit Gottes.“ 


Engel, 1.A. ©. 278. 

„Difen bar ift die Eehre 8. d. Engeln mehr von eyes 
„getiſcher Nothwendigkeit, als dogmatifcher Wichkig- 
„keit, weil ſich das ganze praft. Chriſtenthum ohne | 
„dieſe Echre darftellen laßt. Man darf alfo erwarten, 
„daß man ietzt dieſe Lehre aus dem Gefichtspunft der 
„Zeitvorſtellung darſtelle, und daß die Dogmatik 
„nach einer kurzen Erwaͤgung der Moͤglichkeit des 
„Daſeyns hoͤherer erfchaffener Geiſter dieſe Darſtel— 
„lung liefere.“ Alle. L.. 2.1708 IDG. 322 5 

Sn D. Yugufli’ 8 theol. Monatsfhr. ar Jahrg. 
1802. Re. VI. ©. 403-13. findet man Beyträge 
zur er, der Kchre von den Engeln. 

— S. 2 1: at, Ehrenberg’ 8 Reden an gebildete 
M. = Sande. Düffeld. 1802. Wr. 10: „dag Neid) 
der Geifter. | 


Erhaltung, IV. 2-4. ©. 313. 14. 
Durch Gott iſt die Einrichtung fo gemacht, daß es 
dem M. nie an der noͤthigen Unterftüßung fehlen kann, 
wenn er feine Kräfte gebraucht, und zwar fo, mie (8 
ihm fein Gewiſſen — Der pflichtmaͤßige Ge— 
brauch ſeiner Kraͤfte iſt die Bedingung, an welche Gott 
die Unterſtuͤtzung der M. angeknuͤpft hat. Gebraucht 


| Nachträge und Derbefferungen. 699 
Erloͤſung Jeſu Ehrifti, Geift — beiliger. | 


der M. fo feine Kräfte, fo trifft fein Wandel überein 
mit ber von Gott gemachten Welteinrichrung. 


Erföfung Jeſu Ehrifti, VL 2. ©. 340, 41. 
S. Ewald’s Entwm. der 1798 von ihm gehalt. 


Predd. ©. 43 f.: Misbr. und der rechte Gebr. der 
Lehre v. d. Erlöfungstode Jeſu. 


Fall Adam's, — 


Als Mythe, ſ. ©. L. Bauer’ hebr. Mythol. ıe 
BLeipz. 1802. gr8. ©. 85⸗104. 

— S. 354. vgl. Edermann’ 8 Handb. d. Ar. Gl.⸗ 
. .kehre, ze B. ©. 61 ff. Die Hauptabficht der ganzen 
Erzählung ift nicht fowohl den Urfprung des mora> 
liſchen ilebels zu erklären, als vielmehr des phy— 
fifhen Uebels, wozu Schmerz, Leiden und Gterb> 
lichkeit geboren. 

NH. D. W. A. Teller’g Schrift: bie altefte Theo— 
Dicee oder Erfl. der 3 erften Kap. im ın B. der vor- 
mofaifchen Geſchichte, Jena 1902. 8. und die Berich- 
tigte noch beffere Anficht v. d. Salfgefchichte in A. Lit. 
2: 1802. I. ©. 572>74. 


Gehbeimniffe, IT. 2r Th. ©. 11. 
S. Sr. Ehrenberg’s Reden für Gebildete, 2r 


<h. Düffeld. 1802. Nr. 5: „über moral. und religiofe 
Geheimniffe. 


Geheimnißſucht in der Keligion. 


Bol. Keinhard’s Syſt. d. chriſtl. Mor. ır 2. 
ote A. ©. 267. 268. | 
Geift — Heiliger — IL 2r Th. ©. 24 Anmm. 

„Gott ift heil. Geift, heißt: er ift das Ideal aller 
fittlichen Wortrefflichkeit. Eben darum bezweckt er 
auch Heiligkeit und ſittliche Arbnung im Weltall und . 
bey iedem einzelnen M.“ Sr. Ehreuberg ara. O. 
— Bibel nennt eine Gott ähnliche Gefinnung, die 
Gott ſelbſt im M. befoͤrdert, weil Gott fie befsrdert, 
und ausgezeichnete Geiftesgaben überhaupt, meil fie 
Gotfes Geſchenk find, und von Gottes Weish., Güte 
und nt zeugen, Gottes Geift, b. Seit 
ner DibL 62 3.1 ©r, ©: 10 


ag, Nachträge und —— 
Glaube, Hoͤlle. 


Glaube, J ng 
Val. Deel über ben Geiſt u. W. in d. Rel. Jeſu, 
S. 39-53. | SE 
Gnadenwirfungen, ©. 99. 
©. De el. 2. 
Gott, f. Dafeyn, ar TS. 9a 
S. 110. ıır. über das Dafeyn Gottes. Eine nahe 


hs Abh. von Chriſt. Garve, aus dem zn Th. 
. Berfuche befonders abgedruckt. Bresl. 1802. 8. 


——— Chriſt. = Th & 13% - 
Sohn Gottes „Das n. Teſt. nennt Jefum 
wegen feiner innigen Berbindung mit Gott, vermoͤge 
welcher Gott durch ihn fein Neich unter den M., oder 
eine allg. Rel. für alle M. dhne Unterfchied der Voͤl— 
fer und Zeiten fliften wollte, den Sohn Gottes. — 
Ri: d B 68 SH Si 


Gutes, ©. 134 f Ddela. ad. hs 52. 


Hölle, L.B. 7. ©. 159 f. 

„er alfein die finniichen Werfzgeuge anbaut und 
„die Triebe zur Stillung thierifcher Begierden zu Be 
„friedigen trachtet, fo, daß diefe Begierden ſelbſt alle 
„geiſtige Seelenfräfte verdrängen, und der finnl. M. 
„feinen geiftigen Theil überwuchert, daß feine Seele 
„ſelbſt zum Vieh wird, wie dergl. haufenweife um 
„uns hberwandeln, — der nimmt — nur nicht feinen 
„Leib in ienes Leben mit binuber, aber feine Seele be— 
„haͤlt alle die viehifchen Begierden, die nur vermittelft 
„der koͤrperl. Werkz. ihre Befriedigung haben Fonnten. 
„Die Verweſung die ſes Koͤrp. macht dieſe Befriedig. 
„in iener Welt unmoglich, aber Die Seele verliert die 
„erworbene Fertigk. nicht, blos nach dem zu dürften, 
„was hier ihr ganzes Gluͤck ausmachte. Der Schwel- 
„ger in diefer Welt behält die Borftellung von Wein 
„und Bier und feinen Durſt, aber er kann nicht be— 
„friedigt werden. Der Geizige — — hindern. Der 
„grobe Wollaͤſtling brennt dürftend nach den Werk— 
„zeugen ſeiner Ausſchweifungen, ohne ſie erreichen zu 
„konnen, und ieder ſinnl. Sklave hat mit ſ. koͤrperl. 


« 


Nachtraͤge und Verbeſſerungen. 701 
Lebensziel, Religion. 


„Werkzz. ſeinen Himmel verloren u. f. mw. Ik Ockel 
66603 

Vgl. Eckernang? 8% Handb. d. chriſtl. öl. Kehren, 
en. ©:.726 f. 


——— 
S. Efermann’$ — 161 


—— Gottes, — 
Die ſchoͤnſte davon handelnde Stelle ift Df. 93, 2: 4. 


Meffias, ©. 254. 
Bel. Doͤderlein's Kel, -Unterr. Th. I. ©. 176- 
351: „Beweife für die göttl. Sendung Sein. . 


Dffenbarung. 


©. Dr. Gabler’s8 a theol. Journ. on B. 38 
Et. ©. 272-314: „über die Gründe des ietzt herrfchen- 
den Nichtglaubens an eine unmittelb. gottl. Offenb.“ 
von Dr. Gabler; Hende’s ——— AH TOR 
Nr. 2; „warum gibt 28 ießt feine Dfenb. mehr 24 


Regierung Gottes, J. 2. c. cc. ©. 322. 
Lebensziel, fe Edermann’8 Handb. d. Gl.⸗ 
Lehre, 37 B. ©. 161 f.; hr. Mor. f. d. Canzele. 

IV 9.9..74 f. - 


Reih Gottes, ©. 344. 
Sf auch die Herrfchaft der goͤttl. Nel. Jeſu oder 
der beffere und vollfommmere Zuftand, in welchem wir 
uns dann befinden, wenn die Lehren der Wahrh. und 
die Gefeße der Zug., wodurch uns Gott beherrfchen 
will, u. die den Geiſt de8 wahren Ehriftenshumg aus 
machen, in der That uns gang beberrfihen, 3. 2. 
Matth. 6, 33 heißt; Bemuͤht euch, daß euch die goͤttl. 

Rel. Jeſu ganz beherrfche. 


Keligion, II. D. cc 1. ©. — 

Vgl. Töllner’s verm. Aufſ. an B. Iſte Samml. 
Nr. 7. S. 251-290: „iſt zur u Güte Kel. 
nothwendig und warum 2“ 

— Ill. A und B. 
Die Urſachen, warum fie fo wenig wirft, Fiegen auch 
an den el.-Kehrern, meil viele derfelben 1) die Beſſ. 


[2 


7102 - Rachcetge und Vabeſtuungen 


Schoͤpfung „Schrift. * 


mit dunkeln und unverſtaͤndl. Worten, 2) nicht nach 
der Urfache der menſchl. Seele, d. h. nicht nach der 
Folge, wie die Veraͤndd. in der Seele entſtehen, vor—⸗ 
ſtellen; 3) weil ſie nicht zeigen, was der M. eigentlich 
bey ſ. Beſſ. thun, und wie er die Mittel gebrauchen 
muß; 4) weil fie die verſch. Senennungen der Bell. 
in der Bibel, als verfchied. Berandd., die der M. er= 
fahren müßte, angeben, und dadurch die Meinung, 
als ob die Froͤmmigk. unmoͤglich wäre, veranlaſſen; 
und 5) weil die Dis bey den Ermm. zur Beſſ. nur auf 
die Seligk., u. nicht auc auf dag große Gluͤck, wel: 
ches fie ſchon hier dem M. gewährt, hingewieſen werden. 


Schöpfung, L zr Th. ©. 5. 

Sch bin nicht — — Menfihen. Für die Ruhe und 
für dag Gluͤck des M. iſt es fehr wichtig zu mwiffen, 
daß Gott der Schöpfer der Welt iff, woraus. alfobald 
folgen muß: alfo ift er, Menfch, auch dein Schöpfer; 
denn du gehoͤrſt mit zur Melt. Diefer Gedanfe ift 
die wichtigſte Religionsvorſtellung im ın B. Moſes. 
Sie liegt vorzüglich dem erſten Kap. zum Grunde, u. 
dag Folgende ift nur eine Erklärung davon. Man 
muß diefe Wahrheit urfprünglich von einer goͤttl. Ent— 
deefung, von einer nähern goͤttl. Belehrung ableiten, 
da fie fo aͤußerſt wichtig iſt. 

S. Ausfuͤhrl. Erkl.d. ſaͤmmtl. Wunderge— 
ſchichten des a. Teſt. aus natuͤrl. Urſachen, 
ır Th. Berl. 1800. gr. 8. ©. ur 6. Theorien über 
Die Schopfungsgeſchi chte. — Nach Dr. Ziegler in 
der ©. 5 des an Th. angef. sh ift die Schoͤpfungs— 
gefchichte auch Feine eigentliche gefchichtl. Wahrh., ſon⸗ 
dern blos die Vorſtellungsart, die ſich die alten San 
ger von dieſer Sache aus verſchied. Veranlaſſ. gemacht 
haben, z. B. der M. iſt aus Staube gebildet 
— diefen Gedanfen mag der alte Name des M.: 
Ydam von Adamah Erdbe—alfo Sohn der Erde 
und die Bemerkung erregt haben, daß der — 
entfeelte Leib wieder zu Staub wird. — Vgl. 
Oberd. Lit. Z. 1794. 1. ©. 1037-39. 


Schrift, (heilige) IL 3r Th. ©. 96. 
ee Tollners verm. Auffage, ın®. 1ſte Samml. 
Dr. V. ©. 82-1335 „Iſt die h. Schrift vor » ober 


Nachtraͤge und Verbeſſerungen. 703 
Seligkeit nach dem Tode, Tod Jeſu Chriſti. 


ruͤckwaͤrts zu leſen?“ (eigentlich: wie iſt fie zu 
leſen?) — 


Seligfeit nad) dem 09,203 ©. 101 ff. 


Bol. Eckermann's Handb. d. Gl.⸗Lehre, ar Th. 
©. 726 f. | | 
— ©. 135. N | 
„Der Geift des M. geht im Funftigen beſſeren Leben 
„asf der fchon hier betretenen Bahn f. Kenntniffe, die 
„alte im Gebiet der allumfaffenden Gottheit liegen u. 
„zum Anſchauen Gottes führen, fiufenweife fort — 
fein Gang wird freyer und unaufgehaltener, Das 
3Bleygewicht koͤrperl. Bande belaftet ihn nicht mehr. 
„Hier las er im großen Bud) der Nat. nur die Vor— 
rede, — dort lieft er mit erworbener Fertigkeit, mit 
„reifer Merdendem Geifte fort — aber er lieſt immer 
„die Geſchoͤpfe und die Sefchöpfe find die Buchflaben 
„des ganzen Buchs, deſſen bezweckter Inhalt Gott if. 
„Der Leſer ſchließt aus den einzelnen Abtheilungen 
„iedes Buchs auf den Geift des Abfaffers, u. fo fährt 
zer fort, Gott immer naher Fennen zu lernen.“ Ockel 
0 AS. 103; 104. 
Eebend. V.6. 1. ©. 196 und ©. 201. 
Zu oft und zu fehr an die Fünftige Geligf. su 
denfen, iſt ſchaͤdlich, ſ. Schlihregroll?’8 Recrolog, 


1792228 DB; ©, 322. 


Sißen Jeſu Chriſti zur rechten Hand des 
669 | 


Das Sitzen zur rechten Hand eines Koniges heißt 
im a. Zeft., 3. B. Pſ. 110 mohl nicht gleiche Ehre 
mit dem Könige felbit genießen, und auch nicht fo viel, 
‚als an deg Koniges Stelle berrfchen, fondern vor An- 
dern ausgezeichnef werden, mehr Ehre als andere um 
den Thron Stehende genießen. | 


200 Sefn Ehriftt, Th. 3. ©. 290, 


Bol. D. Gabler’s neuefted theol. onen. 98.9. 
38 ©t. ©. 262-663 „von ber Nothwendigkeit des 
Todes Jeſu,“ von D. Gabler. 


704 Nachtrage und Berbefferungen. 
Tod Jeſu, Unfterblichfeie der Seele, 
Tod Zefu, Th. 3. ©. 290. 
Dal. noch: hiſt. philofoph. und eregetifche Darth, 
lung der verfchiedenen Gefichtspunfte, aus welchen der 


Tod- Jeſu —— werden —— Breslau 1802. 8. 
(13 Rthlr.) 


Uebel, (das natuͤrl.) or 2. S. 347: 


Bol. Betrachtungen über die Natur, nicht nach 
Bonnet und Sander. Leipz. 1801. 8. PR eine Anti⸗ 
Theodicee, vor welcher ich warne.) | 


Unfterblich£eit der Seele. Th. 3. ©. 398. 


Bol. die Schrift: Athanaſios oder Verf. über 
die Freih. und Fortdauer des M. im Tode, von ©. 
W. Fri. Benecden, Östtingen 1801. gr. 8. | 
— 11. ©. 440. Die Unſt. erhellt auch daraus nach 
ibrem großen Werth, 1) daß der Glaube an die- 
felbe der Grund aller Rel. if. Ohne diefe wäre Gott 
nur ein Gegenſtand der tieffinnigen Betrachtung, und 
es befände fich Feine religiofe Berbindung zwiſchen 
ihm und den M.; 2) die Unſt. entraͤthſelt alles, was 
ſonſt unbegreiflich iſt. Unſer Urſprung, unſere Beſtim— 
mung, die Kraͤfte unſeres Verſtandes, die Unendlichkeit 
unſerer Begierden, Pflicht und Gewiſſen — alles iſt 
uns ohne Glauben an Unſterblichkeit unbegreiflich. 
— II. prakt. Folgerungen, S. 447. bemerke man 
noch: 

6) Man fühle den unendlichen Werth des M. 
Denn Jahrtauſende vergehen und der M. ift doch nicht 
verloren. Gein Leben iſt wie ein Morgen ohne Abend, 
eine Laufbahn ohne Ziel. Wäre nur einer unfttrblich, 
wie würden Konige Denfelben beneiden! Hat aber die 
Unfterbl. etwas von ihrem Werth verloren, weil fie 
allgemein iſt? Der Menſchheit Würde fühlen ift ein 
rechtmaßiger Stolz. 

7) Man achte und liebe feine Mitmenfchen. Denn auch 
das Leben des Geringften ifE ohne Ende. Der Ge— 
ringfte nimmt Theil an dieſer Ehre der Menfchheit. 
Wer darf ihn alfo wohl verachten? 


- 
= 


l 


Regifter 


— 


705 


Regiſter der angeführten und erffärten Bibelſtellen. 


Die vdm. Zahl zeigt den Theil, m. die arabifche Sie Seitenzahl an.) 


Be. 18, Mofe 


1, U 117.57 
I, 26. 21% 8:37 
111, 16 
3, Ser 392 
/ 5: . a . 585 
IB, Mofe 
Be RO Be 
Pſalmen | 
Ir 3° 1.48 
23, 3. 11.263 
33, 6. 1.95 **). III. 22 
31, 7. 111: 460 
99 2. 1.343 
94:9. , il. 17 
159; I, I: 136 
>, TAI 1. 49. 50 
— 14. 3 III. 39 
Eſaias 
7, 13. III. 694 
Al, 4. 1. 346 
45, 15, 7 II. 341 
49, 15. 111 540 
—— ———— 
64, 4. x» Ill. 106 
| Jeremias 
Er A Fa I. 265 
IN 108 3:33 
ZU ZBEN SS ; 1.50 
Maleachi 
3, 6. De ee ul 
Matthaͤus 
5, % 1. 257, UI. 103,4, 
6,9. H: 263 
6, 33. Ill. 561 
0. 22 I. 206 
55. I1,11% 1il. 206 
10, 29. 3% I. 313 
et. 111. 561 
12, 24:32. Ill. 217 
ar 41. 11. 598 
— „1: 287. 290 
22: 23:30, III. 650, 665 
24: 51. 48.1107 
Ey m u GE. 111. 515 
26, 38, 11::237 
79% | I. 240 
28, I9. 111. 252 


Chriſtl. SI, Lehref. d. Ca nzelgebr. 


Marcus 
4, 28. Tr. 551 
9, 44. #. 158. 160 
16, 16, 111. 259 
Lucas 
Ir 3/5: I. 05. 
12,.10-72; III. 247 
Far. 17-24... % 1. 191 
16, 19:31, II. 151 
III. 103. 650 
16, 24. II. 160 
v8. 177: III. 260 
20, 354530: 1. 158 
HIT EN 1. 2 
— 42, II. 240 
241.43. 11. 630 
Johannes 
3, 3 111.635 
ann. x Il. 637 
4, 24. II. 21. 22 
5, 16=47, I. 147 
ZB 25, 1. 166 
ı 63. I. 95 
— ———— 11 44: 
8, 31. 11. 358 
— 32 und 36, I. 352 
II, 47:50, 11. 242 
14, 2, 1m. 103 
0, 225, IT. 650. 663 
14, 10, IIl. 650, 655 
14, 23. ill. 487 
16,22, 111. 649, 655 
17,11, il. 369 
17, 24, II. 650, 665 
Apoſtelgeſchichte. 
und 25, I. 388. 389 
— 24228 I. 22 
— 27, +. ; 
3]: Ill. 612, “u 
Driefan bie Roͤmer 
I, 19. 20, : 2.98 
2 4, 1488 
247 R Ei4#4 
2572, Er. Te E52 
3, 3 und Ar il. 67 
3, 21,023, 31. 311 
sr 29, 30. I. 277 
3,1. 31. 311 
5.12. 1.370, IH. 343,344. 460 
3 Th. 2, 


706 


Briefandie Römer 


MmAse I. 461% 
Tr 24. 201 
9, 15. Il. 305 u. 307 
11, S2. 7% \ il. 303 
ı Korinther 
I, 30 I. 338 
27 9. 1% 111. 106 
4, 3. 311. 614 
4,15, iIT. 638 
= Tr ste H. 1. 
18,514, Ir 73 
18, 16. 1.5.6. 
11, 24. 25. A 
IT; 27:: 29, I. 25 
11, 29. 1.22 
I, 3 31..20'R, I5 
13,. 10:12. III. 136 
15, 222.25 Jl. 162 
— 25,26. III. 209. 210 
— 30:38 1. 164 
— 38:41. 1. 164 
— 50, 650 
— 53, III. 127. 2 mal 
u Korinther 
3, 18. III. 142 
5ı 7. III. 649 
Zr 10. III 619 
ur RR il. 210 
— 19. 20. Ill. 52 
6, 14. en 147 
10, 5 il. 503 
Galater 
2, 16, 17, 11 311 
5,4. II. 311 
Coloſſer 
370% I. 420 
Ephefer 
272; Il. 305 
I, 13. II. 226 
4, 9. II. 168 
— 22, 23. 1. 34 
Ar 24 Veh 1. 42 
Philipper 
2, 9:11, 2 
3, 14. III. 109 
Sal IL. 157 
—— 
1 Theſſalon, 
2, 19. 20. 605 
4, 3 Ar 7. u. 149 


Regiſter der erklaͤrten Bibelſtellen. 


Ar 
Ar 


2} 
2 


2; 
Ar 


3/ 


2, 20. 27. 
3, 1. % 11.103, 104, IH. 136 
Lu 20.55 
Ill. 103. 4. 136 
31 8. I. 300, 301, 332 
Br. an die Sbraͤer 
2r 4. J. 337 
— 15. 1. 336 
4, 9:11. III. 130 
4, 12. III. 61 
+, 8 und 9, il. 243 
7, 26. 27» il. 186 
Il, 3. III. 21. 22 
12, 14. III. <03, 104 
IN II. 50, 665 
Briefdes Sacıy „? 
I, 14. 15. III. 233 
Ir 12, III. 452 
—— — 
5, 94 
Offenb. 
14, 13. III. 130 
21, 4. III. 124 


1 Theſſalon. 


14. 17. 18. II. 650, 665 
— Il. 665 
u Theſſalon. MN 
13, 11. 305 
1Timoth. 
19. II. 204 
1I Timoth. 
12. "5 HE. I04 
Zi. 'g | III. 103 
Titum | 
5. J. 342 
III. 256. 638 
3:7. 111.254 
ı Br vetri | 
3. | III. 637 
ders) =. 18:.203 
24. Ill. 215 
15:20. II. 168 
J III. 253. 264 
11 Br. Petri | 
10, II. 309. 
10:13, III. 598. 5%. 605 
I. 129 


13 
; Brief — | 
1. 1925 III. 4 


707 





Anweifung, — Artikel der chriſtl. Glaubenslehre 

und Meral für den Canzelgebrauch in alph. 9 dnung 

nach Anleitung der iahrlichen Sonn - und Feſtraͤglichen 

Evangelien in Rel. ⸗Vortraͤgen abgehandelt werben Eins 

nen, hauptfachli für Dred. und Send. in den fon. 
Preuß. Landen. 


Nur da, wo die nachgewieſene Materie nicht ſo leicht in einem 
Art. zu finden iſt, iſt die Seitenzahl und der Band angegeben. — 
Es find oft der Kuͤrze wegen die Materien, worüber gepredigt wers 
den kann, Eurz Ei dem Hauptinhalt bezeichnet, weil Pred. ſelbſt 
leicht das Thema iedesmal formiren Eönnen, Die im Druck ausge— 
zeichneten Worte zeigen die Artikel an. weiche in ver alph. Orodnung 
beyder Werfe nachzufchlagen find, und GL. zeigt die chrifil. Glaubens⸗ 
Iehre, und M. die Hrifil. Moral, die roͤm. Zahl dert Pant, und 
V. Ads 5n 8. ıfe— und V. B 5n 2. 2te Abtheil. und die 
arab. Zahl die Geitenzahb! an. Die der 2n Abth. des zn B. Her 
hr. Mor, angehbängte Zabelle von der Verwandſchaft der Tugen— 
den und Lafter Eann zur vollſt. Abhandl. ieder Materie gute Dienz 
fie leiſten. — Bolftändigkeit fische man in diefer Anweiſung nicht, 


Am ın Sonnt. des Adv. Matth. 2 1:9. 
B. 1:29, vol. mit Matth. 27; 21. 22. Unberändigreit, 
Wankelmuth — MM. Gl. IE. 394 f, 


V. 120. Dienfifertigkei t Cüber) M. I. 
| Gehorfem gegen Gott — (gegen feine) Gebote 
und Vorſchriften, M. in dieſ. Art. 

10 nn Sein, Lob Gottes, — M. IV. 

— Ehre > Berhalt. in Rüdf. auf) — M. I. 

— Ehrfurcht vor Jeſu — SM. 1.204.f. DI. Jeſus 
©,-591 f. 

— — Hochachtung Ginderer — zu befördern if} Prise, Nau. 


ob des Guten — MM. 
V. 89. Bibrungen \ Verhalten bey guten — M. ıv. 


— ei (Verb, in Ruckſ. des Lobes) ni Iv. vol. d. Art, 


Ru 
V. 9. vol. Matth. 27, 22 (Ende) (wider 4% Wankelmuth, 
IR, Ver B: 
Am on Sonne. des Abo. Luc. 21, 25-36. 
V. 25237. Aberglanben (Warnung vor — und) 3eichen 
deuterei, M. Lund V 
V. 34: 36. Gefahren (Nerh. in nahen —) M. u. 
Zukunft (Sorge für die —) MVB. 
Aufmerkſamkeit auf ſich ſelbſt, M. 

— — Leiden (Vorbereitung, auf zukunftige —) M. IV. 
DB. 26. Furcht Abmahnung, ſich nicht au fürchten und zu er⸗ 
j Shredens freien, M. — 

992 


B 


— —} 
m 


in 


708 Anweiſung der Materien 
34 Sn ee (Warn. vor der —) M. vol. d. Yet. v 
Nahrungsmittel, Speifen, Tranf, Freßſucht, M. 
Maͤßigkeit (em. zur —) I, val. Nugternheit, M. 
5 eltliebe (Warnung vor der — ) MM. 
Nahrung sötergen Warnu ing Vor — M.X. 
V. 36. Wach jamfeit (9 Nothwendigk. Der —) SI. N. A. 
Sicherheit (Era, ta nicht zu fiber zu feyn) PM. V. A. 


Am an Sonnt. des Adv. Matth. 11, 2=10. 
Keligion (Pflicht, in feiner — gewiß zu werden) — II. 


= 


3weifel (Verh. in Ruͤckſ. der Sl uͤberh., und — 
Religiouszweifeln insbefondere) M ERTL 
Glauben lie “ah Gewißhett in f. Glauben, 
Lebergeugungs nad Ueberz. zu trachten. 
3. 8% Keligionger kenntniß (Pflicht, nad einer gründl. 
Erk. in ſ. Rel. zu ſtreben, ®1. I. 378 f 
I under Zefu (die Art, wie Tel. Chr. W. that, eine 
wieiz., wie wir wohlthätig ſeyn müffen). &L. It. 
Wohlt! hätiı seit (Erm,, fo wie Jeſus wohlth, zu wer: 
den) ©. V. B. und Gemeinnäßlidhfeit, M. II. 
Gutes (Rerik, d. Gelegenbh. & Gutes thun) M. III. 
1.5 NA NrmeV.L.ıB ©, 
8,6. Gefug (1. A.) IU. ©; 503. Warn. vor Sleichgültigfeit 
V 


* 


* 


gegen ihn, M, III. 310, 

Borurtbeile (PA., von — frei zu werben) M. V. A. 

TA NEE Warn. vor — M. Ir und IV. 

Unzuverlaͤßigkeit — M. V. A. 689 

Feſtigkeit des Charakters — tigt nah — zu 
trachten) M. J. 

Be gr) Wider die — M. v. A und 2. 

8.9.10. Menic (wahrer Werth des Wale; ‚IV. Werth). 
Hochachtung vor ſich ſelbſt — M un. - 


Am an Sonnt. des Adv. Joh. 1, * 28. 


Bekenntniß Jefu Pfliht, Jeſum zu befennen) M. 1. 
Erienntniß efu (richtiger — wer er iſt) Gl. 324 
Aufrichtigkeit empiehinngeinäzbige Tugenden, M. J. 
Ehrlichkeit und IL. 
Wanrhaftigfeit (die Pfliht der —) M. V. B. 
Wahrbeit Ofliht, die —_vor der Obrigk. zu bekennen,‘ 
M. V. B. vol, Eid, Zeugniß. 
V. 19. „wer biſt du?“ — Seibferfenntniß ei a 


eV. 
V. 20. 21. Befheidenh 
Demuth 
Borzüge (Berh. in Küdf, der —) 
V. 20:23. Selbſtbeurtheilung (Pide u, eg — 


Dreiſtigkeit (edle —) V. B. Machtraͤge.) 


27 


+ 


\ 


ei )Ermunterung zur 


zu Relh.Vortraͤgen über die Evangelien. 709 


26, Lob des Guten an Andern M. IV. * 
Hochachtung Anderer iſt zu befürdernf DR. II. 


Am ın Weihnachtstage, Luc. 2, I=14. 
Andenfenan Jeſus, —6 
Verdient (Pflict, ſich um Andere — zu machen) M. V. B. 
Aufklaͤrung fc, bie — unter den M. zu — ern) 
J 


1:5. Unterthanen Hfliten der — gegen ihre Ob buͤgk 
1.3. Gehorſam). M. IV. 
7. Armuth (Verhalten in — MM. 1. 
7. 8. Arm ih ſchaͤndet nicht, M. Armuth iv. 9, ©. 95. 
vgl. den Art. Geringe, M. U. 


30. Unerjorodenheit Erin, zur — bey einem aufen 
Gewiſſen) a. Vs: 

8. 14. Gefang, M. 111. 

14. Sereht ung Gottes. atiat det — Ehrfurcht v vor 


Verherrlichung Gott) IR. 
—— (unter ———— M. V. B. 


Am an Weihnachtstage, 1) Luc. 2, 15-20. 
Von der Verbindung der Sorge für die irdiſche Wohlfahrt 
mit der Sorge fürs Ewige, IM. V. B. 405 f, 
Es iſt moglich, die Sorge 5 — e Seele mit d. Berufsge— 
ſchaͤften zu verbinden. ebend 
15. 16. Wißbegierde (E am. zur — M. V. B. 
Unterſuchunasgeiſt. M. V. A. 
Wahrbeitsliebe er M. V. B- 
17. Berbreitung 8 Guten, 
19. Predfaten (wie fe anzuhören?) M. IV. 
20. Xob Sodtfes, M. iv. 
Dankbarkeit gegen Gott, M. II. 


Ueber Matth. 23, 34° 39: 


Religinneverfolgu nger (von —) M, IV. 
Irrende (Veihalten gegen — M. I. 
Duldung (Pflicht der —) Mi. 
37, @eflerum 
Zurechtweiſung Anderer (liche, Andere zu beffen) 
SM. . 


am Sonnt. nach Weihnachten Luc. — 33240. 
2. 36. 37. (in Berdind, mit DB. 25.) Alte (Pflihten der 
alten) M. I- | 
34. Gleichguͤlt igkeit gegen Jeſus Bern, vor dee —) 
Sp. III. 345 


m ruh GReigung zum — wider die — —JM.V-B. 
37. Wirtwen (Pfücht der —) m. ve’Bi (vgl, den Artikel 
Wa ayie) 


Gottesver ebrung >. Tee er — 
ei andige — iſt Pflicht) M. tu 405 
Gebet, Andacht, Erbauung, M. 


RB 


i 
N 


Anweiſung der Materien 


8. 40. Kinder, (Pflicht der — vgl. die Art.Lernen, Wißbeg) 


E 
E 
K 
G 


Steommigteit — Efruͤhe, oder in der Jugend) M. I. 


Am N —— 1) &uc. 2, 21. 
Reben Eigenſch. des menſchlichen Lebens) M. er 26 AR 


(W Werth des —s) M. IV. S. 28. (N. II. 4.) 
= Anderlißfeit alfer Dinge, M. v. A F B. 
t(hoher Werth und Gebr. der —) M. V. 
Be ef erung (Ermunt. d. neuen Jahr * umgeaͤnd. 
M. zu werden) M. 
Name Sef u (Warn, vor — Misbr. des ap}, sn 


1 
Andenken an Jeſus (M.T. u. im Art. Jeſus M. 


2) Ueber freie Texte. 


Wuͤnſche (Verh. in Ruͤckſ. unſerer —) M. V. B. verb. 
mit dem Art, Erwartungen? M. U. 

Beſtimmung (Nahdenfen über unjere —) M.u. OL 1. 

Ewigfeir Gottes (Erwägung der — u. Unverändert: 
liofetr) ©l. 1. und II. 

Ewigkeit (Borbereitung auf die —) M. I. 

Sufunft(v. der Neigung auf die — zu fehen) M. V. B. 

Werke (gute — Mittel, recht viel — zu Chun) Gl. III. 


Am Sonne. nad) Neuiahr, Matth. 2, 13-18. 


La 


— Schaͤdlichkeit des — 5. B. ein Laſter führe zum 


der —f andern, M. IV. 368. 


14. Entioloffenheit (Bert) der —) M. H. 
13. 14. Öefahren (Ber). in —) M. III. 


Leben (Pflicht, fein — zu Ric M. AN 
Vorſichtigkeit (Pfiihe der —) M. 


16. Zorn (Adarnung vor dem findlichen - M. V. B. 


Grauſamkeit und Harte (Warnung vor der—) M. I. 


18. Kinder (Beruhigung beym EUER Tode der —) M. II. 


607. 
Klageſucht x 
Murten Warnung vor der — M. IH. 


Am ın Sonnt. nach Epiph., Luc. 2, 41-52. 
KaiehN ng (gute — der Kinder it Pflicht) M. u. 
i N zrg »erhalten gegen we M. II und II. 
47. Froͤmmigkeit (frühe — Nutzen der—) M. II. 612, 
eſellſchaft (ante — behutſame Wahl in Ruckſicht der 
Sefellfh. ınd des Umganges) M.ızund v.A. 


. 47. Klugheit (if ruͤhmlich) M. ıu. 
49. Beruf (freue Abwartung unferes —) M 


Erbanen (Pflicht, fih und Andere zu —) in. 1. vol, den | 
Artikel, Erbauungsſchriften, V. A. 71:73 


zu Rel.»Vorträgen über die Evangelien. 7ıı 


V. 52. Verfiand (Pride, feinen, — auszubilden) MV. 


EIIELT 


+ 


2 


2 92 


. 


3 
4. 
5 
I 


vgl. Rn: Ars. Aufklärung, Lernen, Biäbe: 
gie 
Elternfreuden — M. U. 347 f. 


Am an Sonnt. nad) Epiph., Soh. 2, I=II. 


Eh e (Führung einer gluͤcklichen —) M- u. 
— (Gegenfeitige Theilnahme an den Leiden in der Ehe) 
SM. IE. 123 
Bergnugungen (Berth der —) M. V. B. u. II. (Art. 
| Sreuden) 
— — (v. erlaubt. Genuß und v. tugendh. Verh. in und 
bey den —) M. U. (im Art. Freuden) und V. B. 
Er N 5" p Betragen auf — M. IM. 
Geſſellſchaft Werd. in —) M. I. 
Gefhlent (weibl, — Beruf deilelten) M. IL. 
dothleidende Gerh. gegen — Theiln. an Anderer Rei: 
den) Mirtieid. M. 
Wopithatigfeit, M. V.B. 
Dienfifertiafeit, M. I. 


: Armuth (Verſuchungen der —) M. J. = 94 f. (X. III.) 


Sertrane n auf Gott, M. V. B. 
Vorſchriften Sotteg Folgſamkeit gegen Br M. v. 


* Sparfamteit Pflicht der —) M. 


Am zn Sonnt. nah Epiph., Matth. 8, 1-13. 
Mitleidegefuhl } min als ı uforderung für ung, auch 


nm’ 


. D* 


= 
- 


8. 


9. 


Io: 


Dienftfertigfeit/ mitleidig und dbierjif. zu ſeyn — M. 
in d., Art. Mitl., Dientf. Gl. I. 191 f 

Slaube au Sefus— 61.1.6, 60. (N. HI. B.) 

Mitleiden — 

-Leidende (Pflihten gegen —) M. IV. 

. Dienttfertigfeit, M. I. 

9.9 ——— (pflichten der — gegen ihre — 


b 
.Hausgenoſſen „richten gegen unfere —) M. HL. 476 f. 
"Herrfhaften (BerbindlichfE. der — gegen — Gefinde) 
M. IH. 
Kranke (Verhalten gegen —) M. TIL. 

Theilnahme an den Schidt. Anderer, (M. in den Art. 
Mitleid, Mitfrende und Leidende,) 
Befgeidenheit und Demuth (Ermehn. Re, M. 

un 
Ehre und Vorzuͤge (Verh. gegen —) M. und V. 
Stande (Ungleigheit der — iſt Wohlthat) M. V. A. Br f. 
Geſinde (Pflicht des — gegen Herrſch., vgl. Luc.7, 2u. 4.) 
M. in den Art. Dienfiboten und Geſinde. 
13. Glauben zu Gott ee — Werth.) SL. 
0— 


7* 2 


Arnweiſung der Materien 


Am an © Sonnt. nach Epiph. Matth. 8, 13-27. 


Keligion (Werth der — in Leiden) GI. II. 384. 338. 


V. 25. 26. Kleinmuth und Saghaftigfeit (wider —) M. 


- 1. und, V. B. vgl, au den Art. Berzagtheit, 


SM. \ 

Unerf Srduenheit (DfL,, imer(chtocen zu ſeyn) M. 

Muth GWortheile des TER N. IV. 

GSeelengrdse, MV: A 

Stand in ae Gefahren und im iin: 
lud, M. im Art. Leiden und V. A. 310 * * den 

art. Gefahren, 
efahbren (Verhalten in —) M. J—— 
rtrauen auf Gott (während der Leiden x) M. v.B. 
geben (Liebe zum —) M. IV 32 [ 


V. 27. (auf Gott angewand:) Allmacht 


Maieſtaͤt und G Sröger Gottes, 
Öl. In®2 246 f. | 


Am zn Sonnt. nah Epiph., Matth. 13, 24:20. 


& 


ee 


Boͤſes (Hebel —) Gottes Unſchuld bey * Zulaſſ. des — 
Gl.· I. 210. und II. im Art, Ue 

Böfes (Hang zum Boͤſen) M, LU. . e 

Verdorbenheit ver M. Sl. ru. M. in Art. Laſter⸗ 
haͤftigkeit und Bosheit, IV md I 

Irrthum und Irrende (Berhaälten gegen un EI. Ir“: 

Duldung— (v. d. dr, Rel.) M. II. und vgl. d. Art. 

- Stel, : Partheien. 


24. Sandmann (Verh. des —) M. IV. 
28. Schadenfreude (wider die —) M. V. A. 


Kranfungen (Warn., Andere nicht zu Franfen) M IH. 


28. 29. Religionseifer (wider den falfhen —) M. IV. 


Am sn Sonnt. nach Epiph., Matth. 17, 1:9. 


4. Lebensgenuß, M. IV: 


Vergnügungen (wiefern und wann ift es erlaubt, fi 
zu vergnügen?) M. IL. (im Art. Freuden) u. v.B. 

3. Gehorſam gegen Gott und Jeſus. 

9, N Werlaung vor den —) M. ur, 


Am Sonnt. Septuageſimaͤ, Matth. 20, 1-16. 


——— man muß ſich eine serie) wählen. M. I 
einen gewtiien und IV. 


ee (Erm. zur —) M. 1. ©, r84 f 


Onadenwirfungen Gottes (darf der Sn auf — und 


anf feine Beſſ. war ten?) GL I. Gnadenw. und 
Gutes. 


Muͤßiggang (wider den IM. Iv.! | 
Geſchaͤftigkeit (unfere — wie fie einzurichten iſt) M. 


— —— 
Arbeitfamfeit (it Pllicht M. J. 
Arbeiten (man muß mit Fleiß und ai a 2) 


* 





zu Rel.WVortraͤgen un Die if 713 


V. 8 Steiß (der — belohnt fih) M 
Gerecht (man. muß gegen —— — ſeyn) M. II. vol. 
# d. Art. Unpartheylichkf en 
z Arbeiter (Verh. gegen —) M. 1. ©. 82 f. 
0.9. 12 U. 15. (wider die — — Ungenuͤgſamk.) 
-M. 11 und V. A. 
Neid (wider den — und gegen die Mißgunſt) M. IV. 
V. 11. Murten und Klageſucht (ind Lafer) M. 1v und II. 
Ungenuͤgſamkeit, Eigennuß, Lohnſucht. M. 
Öute 4 (man muß — thun, ohne auf Belohnung zu fehen) 
III. 34 : 
Genügfamkeit eu. zur = M. IU. 


Am Sonnt. Sexageſimaͤ, Luc. 8, 4-15. 


Predigten (wie fie anzuhören .- IV. 8. 0.9rE, (öffentl) 
| Söfttesyerehrung, I. B. Ir B. ©. 375 und 395 f. 
Glaube muß mir Tugend verbunden feyn, ÖL. 1. 243 f. 
und ZEI, im Art. Werke (gute), auh M. III. 329, 
Belehrung Anderer it Pflicht, M. 1. 
Geele (Sorge für die —) iii Pflicht, M. V. A. 
Zuhörer (Berhalten der —) VE VE B: 
19:12. Religion (warum wirkt fie fo wenig ꝛc. = 


Io, Gefühllofigfeit, Verhärtung, Verftodung, on 
12. Zerfiteuung (Shädlihe. der —) M. V- B. 

14, Beltliebe, Nabrungsforgen. M. 

©. 15. Herz (gutes —) 2 Werth des guten H. M. III. 


ee 8 


Am ©. Quinquageſimaͤ oder Eſtomihi, Luc. 18, 31:43. 


V. 31. Leiden Je ſu (welche — hat er ferduldet?) GI. I. 234f. 
— 6GGereitwilligkeit Jeſu zu a Sl. a 


gif. 
V. 31: 33. Leiden (Morbereifung auf kuͤnftige — 33 IV. 91 3 
Zukunft GMachdenken über die —) Öl. 
Geduld in unvermeidl, Leiden, M. ım. 
Gelaffendeit — Seelengröße in — M. 111 
A, 


und 
V. 34. Verhartung — M. 
V. 35:43. — Beh. gegen —) M. V. A. (vgl. d. 
Art. Leidende.) 
VNothhuͤlfe fol man gern leiften, M. — 
Wohlthaͤtigkeit (Erm zur —) M. V. 


Am S. Invocavit (od. in S. in d. nn 4, 1:11. 


— in und bey — STB, 
erführen orſichti ur Zeit der 
36 — a = MV. B. 
ge (Berh, "dep böfen — um un M.ı 
und Il. 
V. 2. Ein ſamkteit (utzl. Anwend. der M. u. 





7 14 Anweiſung der Materien 


— Bermeffe nheit— Verwegenheit Cin Gefahren) M. V. B. 
8.9. Suͤnnlichkeit — beherrn Pflicht, M. 
Einbildungskraft A und I. 

chmeichler (Verb. gegen —) R. ar 
V. 10, Verehrung Gottes, Ehrf. vor Gott, M. UI. 192 f. 


Am Sonnt. Reminifcere, (on Sonnt. in d. Saften) 
Math... 15,217 28. 


Gebet (Mißbr. des 
—  (Anhalten im IM. Ki >; 
Dreijtigkeit (edle I MV. B: — m ——— 
Zudringlichkeit (wider die —) M. 
Vertrauen suf Gott, M. V. B. | 
Leidende (Achtung gegen —) M. IV. 
. 23. Fuͤrbitte (it Pflicht) M. I. O14 f. 
24:26. Baterlandsliebe (vgl. auch M. V. . 12.) M. 
B 


Dienſtfertigkeitz Ermahnung Rh Ba welche 
Wohlthaͤtigkeit zunaͤchſt? 

3. 28. Glaube (Werth des —) GI. II. 70. 

Vertrauen (Ruben des —) M. vV. B. 


Am Sonnt. Dculi, (zn Sonnt. in der Saften) 
Luc. II, 14=28. 


V. 13 ad, : . | 
Shmähfuht wider die — M. V. B. und % A. 
DB. 16. Wunderfuht (Warn. * der —) Gl. 111. im Art. 
Wunder, M. V.B. 
17, —— Verhalten bey — M. 
neinigkeit 
36iettaͤht ) Sgadlichteit der — WM. V. A. und B. 
Hausfrieden (es iſt eine ſchoͤne Sache ak lieben — 
III. 


* 


V. 24:26. Ruͤckfall (Schaͤblichk. des — M. 
Beſtaͤndigkeit im Guten (Erm. zur — . I. 
V. 28. Rübtungen leg“ — gute — Mıvuı. 


Empfindungen 


Am Sonnt. Laͤtare, (an Sonnt. in der Faſten) 
208.6, 11 


Gott ſpeiſet uns durch die Natur eben fo wunderb. 
und liebreih als Jeſus dag Volk in der Wuͤſte, 
M. im Art. Nahrungsmittel, 
Gl. im Art. Erhaltung. 
Seele (es laͤßt ſich wohl die Sorge für die — mit der 
Sorge für leibl. Erh. verbinden) M. V. B. ©. 405. 
Gott thut mit wenigem viel (eine Erm, zur Weich. 
und Klugheit) Gl. 1. 113 f. 
V. 5. Mitleid d, M. IV. 
5:8. Nahrungsſorgen (wider —) M. IV. 


zu Rel.Vortraͤgen über die Evangelien, 715 


V. 7:9. Mißtrauen (Warn. vor — gegen Gott) M. IV. 
V. 11. Tiſchgebet. 
8. 12: 13. Sparſamkeit weh er der —) M. V. A. dal, 
den Art. Haushaltigkeik. 
— — Nahrungsmittel (DVerh. in Ruͤckſ e —) M.IV. 
V. 15. Lob: und Ruhmſucht (wider —) M. IV. 


Am Sonne. Judica, S Sonnf. in ber Sa), 
| Joh. % 46-59. 

Tadel (Verb. gegen Anderer —) I. V. A. 
Sanftmurb gegen Feinde, MV. A. 
Schmaͤhſucht (wider die — M. V. A. | 

87 f. Wahrheitsliebe (Empfehl. der —) M. v. B. 

50 und 54 Ehre (Verhalten in Rüdf. auf —) M. 1. 

33. Gigeniiebe (Warn. vor find. — M. I. 

51. Tugend (Ggluckl. Folgen der — Uehbung) M. V. A. 

57: = Religto nseifer (falſcher und blinder — Warn.) 


mM. IV 


* 


— 


+ 


Am Dalmfonntage, (6n ©. in d. Faſten) Matth. ar, 1-9. 
S. am ın Sonnt. des Advents. 
Nerhalten beym Lobe Anderer, M. IV. 
— — gegen Schmeidler, (bey Schmeideleien) M.V.A. 
Reich Teju fhat Jefug ein ird. Reich errichten 9 
— — Was if das — 
— 


Am gruͤnen Donnerſtage. 
Abendmahl (heil.) M. J. ©. 1-18; Gl. J. 1:35 


Am Charfreitage, (die Paſſ.-Geſchichte.) 


Tod Jeſ u, Gl. 111. (beſonders das Liebevolle, ſichtbare 
im Tode Jeſu.) 
Erloͤſung, u 
Berföhnung t Gott, ST, I. 
Leiden Sein, a 11. 
Sterben (Mittel, ruhig und relig su fterben, wie Jeſus) 
. A. voce 60Dd. 


Luc. 23, 406. Lebensziel des M. Sl. | 22. 


Am ın Dfierfage, Marc. 16, 1=8. 
V. d. Auferſt. vom Tode, durch Jeſu Auferſt. Degrüns 
det F S[. 1. 


Unſterblichkeit d. Seele, GL IL. 
V. 3. 4. Sorgen (ansfilide — wider I M. V. 
VI. 5. Farcht ſamkeit (wider die —) M. I. 
B. 9. Liebe (fortdauernde) gegen Berftorbene, M. V. B. 
— Wiederſehn noch dent Tode, SL. Lil. 


ET. 


— 


716 | Anweiſung der Materien 


Am an Oſtertage, Luc. 24, 13° 35. 
V. 14. Geſpraͤche Religions: — zu führen, iſt Pie SR. 11. 


B. 17: = MWiederfehn der Freunde ned >. Tode, SL III. 
— — Verſtorbene Maßigung der RE über —IM.V.B. 
Traurigfeit (wider die —) M. Vv. A. 
Leiden und Verluſt (Grunde bey —— Muaths 
zu ſeyn) M. V. A. 495: 
.23:27. Belehrung \ inderei iſt Pflicht, m. + und 
Zurechtweiſung 
. 21. Wuͤnſche (Verhalten bey — — — — B. 
. 26. Mitleiden Großer Ruben des —) M. ı 
. 30, Gaſtmahle (Berh. bey —) M. ıu. 


ne 


Am ın Sonnt. „nach Dfern, Duafimodogeniti, 
Joh. 20, 19>31. 

glauben (wider den —) M. V. A. 

eifel — Zweifelfu®: (wider —) M. V. B. 

ubenspfligt, M. II. 331. 

ube (Merth eines vernunftmaͤßigen —) Gl. ıı. 78. 

—— (Verh. in Ruͤckſ. der—in d. Rel.) GI. A. 

20. Wiederjehn der —— nach d. —— (reuden des) 


35. Eigenfinn (wider den —) M, II. 


= 


Am 2n Sonnt. nach Dftern, Mifericord. Dom. 
Joh. 10, 12= 17. 
Lehre Jeſu (if die untrüglihfte Anweiſ. 5. Gluͤckſ. — 
Gl. 1. 228 f. 
Beruf (Treue in der Ausf. unſers I M. J. 184; Gl. 
I. 214. _ 
V. 1 efu Charakter, ST. U. 182 f. und 213. 
, — nerbienfie, Gl. II. 170: 79. 
Rel.-Lehrer (Pflichten eines redl. und ee —) M. 


IV. 
Leben Anderer (das — zu reiten, iſt liche) M. IV. 
52. unten und ff. 
V. 14. Zutrauen gegen Andere zu 5 M. VB. 
V. 15. Anfopferung für Andere, M. Iv. 45 ff. 
Erlofung der M. durch Ehriftum, SL °ı. 
V. 16. (am Ende) Reliactan (Verh. bey 
et —) 
Neligionsvereinigung, M. IV. 
. Ein heit in der Rel. — (Verhalten in Rüdfiht der —) 
Gl. I. im Art, Kirche, ©. 200. 20I.  ı 


Am zn Sonnt. nah Dftern, Subilate, Joh. 16, 16:23. 


Leiden (weife Erduldung der —) M. IV. 
U, 16, Vater (Sort iſt unſer —) GL, u. 


zu Rel. Vortraͤgen über Die Evangelien. 117 


Tod (Betracht. des Todes w ſ. erfreul. Seite, als ein 
| Hing. zu Gott) M. V. A. (im Art. Tod.) 
v 20. unangeneh me (das gegenwärtige — hat Die — 
ſten Folgen) M. im Art, Gutes, M.J. a. b. 378, 
426. Leiden (ihr Nutzen.) 
Bergugungen (wie fie zu genießen) M- V- 
V. 22: Wiederfehn nah dem Zode, ÖL. III. 


Bußtag, (der iaͤhrl. — am Mitwoch nach Iubilatk.) 
Ueber freie Texte. 


Beſſerung, M. 1. 

Buße, —— 

Sunde Abſche uchkeit der —) M. V. A. und S. ff. 
Reue (über uniere — M. IV. 

Selbſterkenntniß, M. V. A. 

Ge! nebeurtheilnng, M. VA. 

Sunde (man ſoll jeine Sünden nicht Ge ige) M. 


Am — Sonnt. nach Oſtern, Cantate, Joh. 16, 5-15. 


3.6. 7. Eraurigfeit (der M. nicht fih oft vergeblih. —) 
DB. 7- Einen (Nutzen der —) M. IV 
5 Unfterbliht. der Glaube zn Unſt. ui u beruhigend) 


V. 8. Gewiſſen (dag ſtrafende —) M. ILL. 
Beſtra fen (rechte Art, unſere Nedenmenſchen —) MM. 
1.219 # 
. 13: 15. Gottes Benftand zum Guten, GI. I. (in d. Art. 
Gnadenwirfungen und Gates.) 
V. 15. Gemeinfd. mit Gott, Gl. — im Art. Vereinigung 
mit Gott. 


Am 5n'S. nach Oſtern, Rogate, oder Vocem Jucund. 
3 
Gebet (Verpflihtung zum Beten) M. = 38, verbunb, 


— Nothwendigkeit des Gebets, a 
— Nutzen des — M. II. 34, 
— Erbörung des — M. Im. 50, 
V. 25. V. d. hellern Erkenntniß de Ehrift. in der —— 
Seltigfeit, ®|. II. 135 = 15 
V. 28. Jeſus Gweck feiner untunfe, — II. 169 f, rldfung 
oder.1. 329 f.) 
V den Behutſamk. in feinen — M. IV. 
Dffenherzigfeit, M. IV. 
V. 30, Goͤttlichkeit Jeſu (Heberz. von der — G 4.123 ff. 


Am Himmelfahrtsfefte —— Ap. Geh. 1.) 


Sinn (himmliider —) M. V. 
Ewigkeit (Vorbereitung für die —) M. 


* 


718 SCHE der Maferien 


Gutes (recht viel — zu thun, iſt ber Weg in dem Him— 


mel zu kommen) M. in d. Art. Ba Tugend, 
Gl. im Art. ante Werke, | 
Zufunft Gefu, ÖL zu. 


am on Sonnt. nad) Oſtern, Eraudi, 30. 15, 26. 
16, I - 4. 
Srrenitnit Gottes Bliht, nah einer richtigen — 
zu traten) Ol. 1. 314 f. 
Gott Gwer it — ) GL. I. 114 f. 
R Streben nach — GI. U. 371f. 
— GWachsth. in — Gl. 11.378 f. 
Aufklarung eottelien der —) M. 
Bekenntniß Gen, M. I. 164. 
V. 3, Gutmeinen (uber das —) Si. III. 440, 


Am ın Pfingfttage, 1) Sjob. 14, 23-31. 


Chriſtenth. Vorzuͤge des —) GL 1. 238 f. 

Gnadenwirfungen Gottes auf den NR Gl. II. 83-91. 

Aufklaͤrung (die Begseb. am Pfingſtt. bewirkte di A. 
der Ap. — M. 1 

Wahrheitsliebe, R. v. B. 


2) Ueber freie Texte. 


Ansbreitung des Chriftenfh., OL. LI. 229:35. 

Weish. Gottes bey der — des Chriſtenth., ebend, 

Segnungen, die das Chriftenth. über die M. 
verbreitert bat, ÖL, 1. 238 f. 


Am on Pfingſttage, Joh. 3, 16=21. 


V. 16. Liebe Gottes zu und, fihtbar im Tode Jeſu, Gl. III. 
(im Art. Tod Jeſu.) 
%.16.17. Leben Jeſu (3weck — ea Erden) SL. 11.169 
HEIZ HKEeh dit zu fchäßen) Gl. 1. 
‚19. Lehre Jeſun die — wurde — ie die Erleuchtung der 
Welt) SI. U. 226 f. 
19:21, Sünden (wesh. fie zu meiden find) M. Vv. A. 363 f. 
„20. 21. Gewiffen (gutes — ein unſchaͤtzb. Gut) M, Lil. 
Aufflarung (zu bewirken ift Pflicht) M. 1. 
Hochachtung vor fig ſelbſt, M. um 


ar SITE 


Am Sonnt. Trinitatis, Joh. 3, 1-15. 


Beſſerung, M. und SL J. 
Wiedergeburt, GL, u. 
Sinnesänderung Gothwend. der —) SL, I. voce Et: 
neuerung, M. V. A. 
B.1 1. 2. Wahrheits liebe, M. V. B. 
V. 2. Religionsbekenutniß (Werth des äußern In. I. 


7% 
V. 2. 3. Prüfung der Rel. if Pflicht, GL. U. 367. 





' 


7 


zu Rel.- Vorträgen über die Evangelien. 7719: 


V. 6. Verdorben heit (menſchl. — wiefern?) Gl. I. 
Hang zum Böfen, M. IL. 463. 
Sinnlichkeit qfehlerhafte, Abm er yor —— 


Am ın Sonnt. nad) Trinit., Luc. 16, u 


| Keihthum (weite, Kl Zum 3 2, M.1 
Reichen Di ten der —) M 
Guter, Vermögen, Dr fe(ee) ‘(e6) zu gebr. find di)? gr. 
. und V. 
Bergleihung —— einem — und Reichen, (M. 
dad. Urt. Reichth. und: Armuth.) 
V. 19. Leckerhaftigkeit wider die — M.Ww. 75 f 
V. 19. Aufwand — Lurus — —— (older 
SF. und = B. — 
Leppigkeit, 


Schweigerei Warnung vor der — M. V- A 


Vergnügungsfußt (wider die —) M. V. B. 

V. 19. 21. Harte, Graufamf. gegen Zime u, Fethleidende. 
Seliskeit nach d. Tode (v, der —) Gl. 111. 
Hölle Geſchaffenh. der —) Gl. II. 


Am on Sonnt. nah Trinit., Luc. 14, 16-24. 
Traͤgheit im Guten (Warnung wider die —) MV. 


| 491 
8, 18.19. Begierden Sn : unmäpige — Schaädligfeit 
| der —) 9 
Weltliebe (wider die —) M. Y B. 
Berbindung des Chriſtenth. mit unfern Berufsgefchäf: 
ten, M. VB: ©, AOI 


Sefhäfte — Geſchaͤftigkeit — R. rix. 213. 214. 


Am an Sonnt. nach Trinit., Luc. 15, 1-10. 


Beſſerung des M., Gl. J. 187. M. J. 
Fehler (Verh. gegen die — Anderer) M. II. 
Umgang (Wahl des —) M. V. A. 

V. 4: nur des M. Gl. Tr. und 1. 445 M. IV, 251 f. 
ne Plihten gegen — M. V. B. und UI. 
Sorge für die Beſſ. Anderer I. 

. 9. gi er M. N mt 

_ der Freundſchaft, M. u. 

S, 2 Fieblofigteit im Urtheil (Warnung vor der — 

M. V. A. 094 f. 


* 


Am gun Sonnt. nach Trinit., Luc. 6 3642. 


bei Duldung der Fehler Anderer, M. II. 83 f. 

36. Barmherzigkeit Be &1. 1. 173 f. 

.. Barmherzigteit m. d. prlicht der os gegen den Näd: 
fe 


re 


7120, | Anweifung der Materien, 


BB, 37. Riten (wider das liebloſe —) M. Iv. * I. 244 f. 
Beurtheilung Anderer, wie? M. I. 244 f. und V. 
Urtheil, vgl. d. Ark, Tadel, ° 
Billiskeit (eine vortr. und nothw. Pflicht) M. I. 
Liebloſigkeit (Mara. vor der — M. IV. 179 f, 
Sehler GBerhalten gegen die — Anderer) M. IL. 
‚38. Sand (iede beſtraft fih — — 


a 


Am sn een * Trinit., — 5 Ast; 


Berufstreue aber I M. 1. 184 f. 
Arbeiten (wie muß am — NM. 1. 74 ff. 
Pd AUbEnten — wenn unſere A. geringen) 2. J. sof 
— — er mißlingen, M, 1. sıh 
beſetn (ein feliger Beruf ar. o, 
x u — ein ſeliger Beruf — 214 f. vg 
BEN : Seele (Sorge für die Seele Anderer.) _ 
Freunde — und wodurch a man ſich — Denen D: 
565. 
V. 5. Vertrauen auf Gott ben unf. Arbeiten: M. V. B. 
Selbitverlängnung, M. V. 
‚7. Gefälligfeit und Senffertigfeit, N. II. ‚und 1 IH. 
3. Wohlthater (Kiebe gegen —) M. v 
Dankbarkeit, DI 


ee 


Am 6n Sonnt. nad) Trinit., Matth. 5, 20:26. 


tan eit} ächte — (Erm. zur —) M. IV. 613, 
20, Scheintugend Warnung vor — m. Br 371. IM. 


Heuchelei 51 

Haͤß Barnung vor —) als Quelle vieler 2 Wergefungen, 
Empfindlichkeit Mothwendigk,, feine — zu mäßigen) 

V. 21. Zürnen ohne Noth, und fündliches — (wider dag) M. 


Mord — Todſchlag GWarn. vor um Berireen des —) 


Schelten —A v3 2: 
Se — Fr B. Gunge) 
Zunge ee gend 7 
3225. VBerfd nlichkeit (Erm. a —) Vv.B 
Pr 26. nl SEEN (ar, wider die — M.V. 4. 


er 


Am n Sonnf. nad) Trinit. ‚ Marc 8, 1-9. 
tigung des Volks durch Jeſus ‚ein Bild von 
DI 3. — Erhalt, der Menſchen, Gl. I. 306 f. 
Güte Gottes — ſichtbaͤr in der taͤsl.— er. der Men: 
ſchen, Gl. 1. 71, at 


zu Nel.: Vorträgen über die Evangelien. 721 


Nahrungsmittel (Verh. in Nut, d. sg —) M. IV. 
& Bamen ne der Pe M. ar 
2,3. Empfindfamfeit\ adte — „PM. u 
Mirleid Yo = Werth und IV. 
Nothleidende (Berh. gegen —) M. I 
— (Berh. gegen —) M.V.B. Mater d Naqtraͤgen.) 
| — —— (Empfehl. der —) M. 
g. parſamkeit 2 
Haushältigkeieg Erm. zut — M. V. A. * 


Am gn Sonnt. nach Trinit. Matth. 7, 15:23. 


Wornach ift dag Sr an Ant zu erk. u. zu beurth.? 


?, III. 436. 
eufäentguntnii (Anl. zur —) M. IV. 272 ff. 
V. 15. Sweinheiligfein Warnung vor der — M. V. A. und 
Scheintugend II. 600, (N. III.) 
Heucdelei (wider das Lajter der —) M. II. 
Andahtelei und Werkheiligkeit, M. I und V. B. 
Wiefern man Andern trauen darf und ſoll? M. im Art. 


Zutrauen, verbunden mit d. Art. Misstrauen. 
V. B. uud IV. ° 


Umgang (Borfichtigkeit im —) M. V. A. 
. 19, 20. Werfe (gute, hoher Werth der —) Gl. II. 
. 21. Kirchengehen Gloßes — macht uns nicht felig) M. 
111. 382 und 674, 
Froͤmmigkeit Mothwendigk. der — M. II. 
Fromme (der aͤcht — Kennzeichen des —) M. 1I. 


| - : 
Herz (gutes, Kennzeichen deg —) M, Im. 99 f 


32 


Am on Sonnt. nad) Une £uc. 16, 1:9. 


Argliit und Raͤnke (wider — —) M. I. und IV. 
Ungerechtigkeit Warnung wider) M. V. A. 
Betrug (wider das Berrügen) M. 1. 
Diebſtahl (Warnung, nicht zu ‚frehlen) M. U. 
Klugheit (Erm. zur —) M. 1 
Religion it dem M. unentbeb: lich) GL. II. 384. 
Beifpiele (böfe — über den Gebr. boſer ng MT. 
DB. 2. Verfhwendung Harn. vor —) M. v. B. 
V. 3. (am Ende) Faulheit, Muͤßiggang, Trägbeit — 
— (alö e. Beweis v. des unger. Hausverw. Sorge für die 
Zuk.) Warnung vor Sorglofigfeit, M. V. A. 
263 f. (vol. d. Art, Zukunft.) 
N, 6.7. Sünden Anderer (CTheilnahme an den — —) M. 
vn 978 f» 


Ym son Sonn. nach Trinit., Luc. 19, 41-48. 


Laſterhafte Verhalten gegen —) DM. IV. 
u ngluͤckliche (erhalten gegen —) m. V. A, 


Chriſtl. SE Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Ch. 3 5 


722 Anmeifung der Materin 


Strende (Verh. gegen —) M. I. 
Strafg erechtigkeit Gottes - — GI. u. im art Ge: 
rechtigteit. 
Strafen Gottes — Gl. 
Beſſerung (Urſachen, warm an wenige fich beffern 2) M. 
207° 
V. 41. Mitleid (chriſtliches — — Leidende) M. IV. 
V. 42. Befferung Anderer ft Pflicht M. I- 
— Önadenzeit (Benukung der —) Gl. II. or, verbunden 
mit M. II. ©.438. und III. 368. voce Gnadenſtand, 
auch V. B. 205 f. 
— — (Warnung vor der —) M. V. 
V. 45. Eifer im Guten, M. II. 260 ff. 
34 si rchen (wie wir unfere — anzufehen an M. I. 
zes 


Am zın Sonnt. nach Trinie., Luc. 18, 9214. 


V. 9. 14. Eigenliebe — Selbſtſucht, Stolz, Selbftgefälligkeit, 
(Warn, vor — wegen ihrer nactheiligen Folgen) M. 
— — — ee (ift noch wahre Tugend und aͤchte Froͤm⸗ 
migkeit) M. 
V. 10. 11. Heuchelei (ein abſchenl. Lafter) M. III. (vgl. den 
Art. Verſtellung, nr 
Kennzeihen der —) M. II. 600, 
V. 11. Selbitlob — M. V. A. 
V. 13. Demuth (Erm. zur —) M. U. 
— Beſcheidenheit (Erm. zur — M. I. 
DBeurtheilung unferer ſelbſt, M. 1- ’ 
Selbiiprüfung, M. V. A. 


Am ı2n Sonnt. nach Trinie., Marc. 7, 31:37. 


Sinne (Werth und Gebrauh unferer —) M. V. A. 215f. 
Gebrechliche (Verh. gegen —) M. II. 


V. 32:37. Sprache (das Gluͤck des M., daß er ſprechen (reden) 
fann) M. V. A. 294 
Zunge (redter Gebr. unferer —) M. V. B. und IV. im 
Art. Rede. 

V. 33. Dienftfertigfeit, M. u. 

V. 36. Berfhwiegenheit, M. V.B. 
Plauderhaftigkeit (wider die —) M. IV. 

B. 37. Dankbarkeit gegen Gott (ift Pflicht) M. II. 


— Wider die Unatt, dab das Gute, welches ung gewohnt. 
ge wird, fo wenig Eindr. auf uns maht — 
1 


Undanfbarfeit (Warnung vor der) M. V. A, 
Wohlthaͤter (Verhalten gegen —) M. V- B. 


- Am n ızn Sonnt. nad) Trinit., Luc. 10, 03 « 37. 


Menſchenliebe (wie fie fih äußern muß) — M. IV. 
Menfchenfreund (Schilderung d. wahren —) M, IV. 265 ff. 


| re, 
zu Rel.Vortraͤgen über die Evangelien. 723 
Wohlthätigreit (nad Renten techtmaß, Ermweifungen ) 


Belümmern (es it Pflicht, fi um Andere zu — MI. 
175 


Barmherzig keit und Mitleid mit Elenden, M.1. u. IV. 
Leben (es iſt Pflicht, Andern dag — zu erhalten) M. IV. 


52 
Fremdlinge (Verhalten gegen —) M. v. B. B. unter 
den Nachtraͤgen. 
Neligionserkenneniß (gute — man muß mit einer 
guten — Ausübung der Mel. verbinden) Gl, II. 392 
f. vgl, die Art. Glaube und gute Werfe, 
weigionsverfaledengeit (Berhalten bey der —) 
. IV 99 
Benfpiele (gute — über den zen guter B. —) M. I. 
Nachahmung Anderer — M.1 
29. Ranger (wer iſt —— 2. IV. 299 & 371 4, 
1. 32. Unbarmbherzigfeit — 
Gefuͤhlloſigkeit wider 
Religionshaß (wider den —) M. IV. 689. 


Am ran Sonnt. nach Trinit., Luc. 17, 1-19. 


Gefundheit (der große Werth der —) M. IL. 
— (mie u. wodurd erhalt man feine — 2) M. 1. 

V. 14. Keintickeit (Nusen der —) M, IV. 

V. 15:18. Andenfen an Gott if Pfliicht, M. I. 

— — Danfbarfeit gegen Gott, M. I. 
Undanfbarfeit iſt ein haͤßl. Lafer, MR. v>:A, 
Urfadhen der Undankbarkeit, M. V. A 
Wohlthaͤter (Verhalten genen —) M. V. B. 

Geſunde (Plihten der Gefunden) M. IL. 
Kranfe, (genefende) — ihre Pflichten, M. II. 
. 18. Ehre. Gottes (Gott die Ehre zu geben, was ed 
heiße?) ©1. 1. 258. 


2 


Am ı5n Sonnf. nad) Trinit., Matth. 6, 24:34. 


Verrranen auf Gott, M. V. 
Sorgen (Berh. in Kuüdt. der Er M. 
Vorſehung (soͤttl. — vom Glauben ah Sie —) GL. 1. 
Erhaltung der NM. 61. u. (N: V.) 
. 24. Reicht hum (darf der ul nah — ftreben und R. 
befißen ?) M.IV. vol.d. Art, Güter, Bermögen. 
190,38 Naturbetrahtung aufm. 3 zur —) M. IV. und 


. 33. Bernfsgeihäfte (die Abwart. der — left fi mit der 
| . Sorge für die Seele verbinden) M. V. B. 401 f. 
. 31. 34, Sorgen (wiefern fe — ind? BEN nicht?) 


V. A. 257 
35 2 


Pr 


& 


724 Anweiſung Der Materien 


Am ı6n Sonnt. nach Trinit., Luc. 7, 11-17. 


Tod (öftered Andenken an den Tod, ein Mittel wider die 
Todesfurht) M. V. A. 462 f. 

Todesvorbereitung -M. V. A. 337 f, 

Sterben Anderer a Eggs —) m. v A. 


Religion (aroßer Werth der — = ei — auernde und Lei⸗ 
dende) SL, II. 388. 

Leben (Mittel zur Verlaͤngerung des Lebens) M. IV. 38. 

V. 13. Empfindfamfeit (achte — ihr Werth) M. IL. 376, 

| Empfindungen (VBerh. in Nüdf. unferer > Fi 11.379, 

ee (Mapigung unferer —) M. V 

ER — ) Verhalten gegen — M. v. 


V. 16. Aufrichtigkeit und Unpartgeitiäteit 


* 


— 


Am ı7n Sonnt. nach Trinit., Luc. 14, 1:IL. 


Sonntagsfeyer (wahre und chriſtl. —) M. V. A. 
V. 3 f. Sonntag (welche Werke find am ©. —— M. V. A 


Sonntagsfeyer (welchen Nutzen gewährt bie, Tehte_ 2) 
V. A. 


V. 7: Gaſtmahle (Verhalten bey —) M. III. 
Befheidenheit (von der —) M. 1 


Am Michaelisfeft, Matth. 18, 1-10. 
Kinder (gute Eigenfch. der — — ——2 
649. 
V. 10, Engel (von den —) Gl. J. SR 


Am ıgn Sonnt. nad) Trinit. Matth. 22, 34: 46. 


a (Entwaffnung der —) M. U. 473 f. 
B. 37. Liebe zu Gott über alles (was? — wie?) M. 
46 
Selbſtliebe (vernünftige) M. v. A. - 
Naͤchſtenliebe — M. IV. voce Menfchenliebe. 
Menfhenliebe (weshalb tft fie das Haupt = u, Grunde 
gefeß aller Rel.?) M. IV. 319 
V. 39. Becken (gegen Die — Bin Hätte) M. IV LIT, 
V. 40. Geift des Chriftenthums 
” Seit aller wahren Rel. SL 1. 348 f. 
V. 42, Wer iſt Sefus Chriſtus nad feiner Würde, Verdienft 
und Char.?2 GL, II. 123 f. und 170 f, 


Am 19n Sonne. nach Trinit., Matth. 9, 1-8. 


Bergebung der Sünden (was, wer wird derf, theil« 
haftig?2) SL, 111. 


zu Rel. Vortraͤgen über die Evangelien, 725 


V. 2. Sefunde (ihr Verbalten —) M. IM. 
Kranke (Verhalten gegen — verbunden mit ©. 8, IM. IT. 
Sranfheiten (Berhalten in = verbunden mie, V. 8.) 
M. U. 
Sutrauen (wie und wodurch kann man fi Anderer — 
erwerben?) M. V. B. 
V. ne (Warnung vor —) M. I. 
V. 4. Gedanken (Pflichten in Rüdf. unferer —) M. U. 
| "arsmo - 2 Warnung vor — M. I. und V. B. 


V. 6. Kräfte (und Faͤhigkk.) wie fie zu aa ge on 118. 
97T. 


Am 2on Sonnt. nad) Trinit., Matth. 22, 1-14. 
Sleihguültigfeit in der Rel. er vor —) 
IT; 


Sl. 
Keligion (weshalb aͤußert fe — ihre Kraft?) 
398. 
Berufung Gottes (der M. durch Sort zur Tug. und 
Geligfeit) ST. 1. 
Bortheile des Befuhs (Theiln.) an der öffentl. 
Gottesv. M. ne 3833. 

DB. 11:13. Borfihtigfeit im Wandel, M. V. B. 
Laulichkeit im Chriftenth. (Warnung vor —) M. IV. 
Keligionsverähter (Nrrhalten geaen —) M. IV. 

690. vgl. d. Art. $rrende, 
V. 14. Nur allein der — Chriſt wird ſelig werden. — 


Am 2ın Sonnt. nad Trinit. Joh. 4, 47:54. 


Eltern (Pflichten d. Eltern gegen ihre K.) M. II. 352. 
Elternleiden.” 
Borfehung (gokkl., ift auch in Leiden fihtbar) GL. 111. 
Herrfhaften und Dienjtboten, (was koͤnnen beyde 
von einander mechfelfeitig fordern? M. 111 und 11. 
V. 48. Liebe zum Wunderbaren, M. V. B. 449. 
— Wunderfuht (wider die —) m. Y.B. 451 f, SL, u. 
im Art, Wunder. 
3, 50. Vertrauen zu Gott (Nuben des —) M. V. 


Am zen Sonnt. nach Trinit., Matth. 19, 23+35. 


Vergeben (denienigen gu —, welche ung gefränkt und 
beleidigt haben , tft Pflicht) M. * B. 44 f. 
— ndesliebe (Pflicht der —) M. 
Schonung gegen Andere, M. V. — 
Nadfiht gegen Andere, M. IV. 
Billigkeit gegen Andere iſt der — weit vor⸗ 
zuziehen 
Schuldner Gerhalten gegen ka MVB AZ, 


726 | Anmweifung der Materien 


V. 28. Ungeredtigkeit — vor > — a dem Scheine 
x des Rechts) M —n AH; 
Härte gegen m. Hict — abzulegen) * III. 
Unverſoͤhnlichkeit GWarnung vor — rl 
Feinde (Werbalten gegen —) Il. 
Sanftmuth (Pflicht der —) Mm. v. A. 


Am 230 Sonne, nad Trinit., Matth. 22, 15-22. 


Obrigkeit Cpriaten der Unterth. gegen die —). 
15. Argliſt und Falfhbeit (Warnung vor —) M. Iund u. 
. 16. Aufrihtigkeit (ift Dicht Des — ya r 
16. 18. Schmeichler (Verhalten gegen -—) M. V. A 
— — Falſche (DBerhalten gegen —) M. u. 
V. 19:21. Gewiffenhafrigfeit (von der —) M. u. 
- Unpartbeilibfeit (Empfebl. dert —) M. V. B. 
Reden (Klugheit in — tit fehr ruͤhmlich) en. IV. 
V. 21. Bürger GWerhalten eines guten —) M. I 


oo 


Am 24n Sonnt. nach Trinit., Matth: 9, 18-26. 
Zutrauen (gegründeteg, tft von — Kraft u. Nutzen) 


Vertrauen zu Gott (feſtes, iſt — —— MV. B. 
V. 18. Fuͤrbitte (für re iſt Pflicht) M. 11. 
V. 24. Richtige Anſicht des Todes von feiner erfreu— 
lihen Geite, M. V- A. 433 f. 462 f, , 
Neubegierde (fündlide —) M. IV. 
Spottjuht gegen Leidende und we iſt ein hist, 
Laſter, M. V. 
Andenken an Gott, M. J. 


Am 25n Sonnt. nach Trinit., Matth. 24, 15:28. 


Strafen Gottes (wegen begangener Sünden erfolgen 
gewiß) GlI. 1. 
%. 21. * Leid en ge aa in Leiden.) 
3:26, BerfühbrteN a gegen ’ 
—— EIER af Serhalten MB 
Leichtglaͤubigkeit (Sädlicteit der ws * IV. 
B27. Ar (Warnung vor dei 0 2 Ne 
Wachſamkeit (Erm zur —) M. 


12 
D 


Am 26n Sonnt. nach Trinit., Matth. 25, 31-46. 


Weltgericht (Bas zuf. BER und allgem. — nad ſ. 
Beſchaff.) Gl. m. 
f. Seligkeit nad dem Tode — (worin?) SL, II. 
N 5:20. Menfhbenliebe (Berth der —) M. IV. 
Er V. der Hölle, (nad ihrer Beſchaffenh.) SL. u. 





zu Rel. Vortraͤgen uͤber die Evangelien. 


V. 41:43. Unbarmherzigkeit 


Grauſamkeit 


Liebloſigkeit und Harte) 


Ym 
Beſſerung (wider d 


Ewigfeit (Borbereitung auf 
Klugheit (Empfehlung der —) M. TIL. 


727 


Marmung vor — M. 
Vz A.EII und IV. 


27n Sonne. nad) Trinit., Watth. 25, 1-13. 


en Aufſchub zen M. I. 200 f. 


die —) M 


= 


Wahiamfeit (Empiehlung der —) MV. B. 
Vorfichtigkeit (Empfehlung der —) M. v. 
Tragheir im Guten (wider die — —) N. V. A. 


491: 93. 


Ende des dritten Theilg. 


ı4, 17. 


Anzeige 
von noch einigen in diefem Werke mit Euren — 
angefuͤhrten Bibelſtellen. 
I Mof. 2, 17. Th. III. ©. 345 1 Br. an die Corinther. 
Matth. 6, 24. 111.307 4, 3. TH. III. ©. 6ıa 
— 27, 46. 111: .333:..05°.272 III. 488 
— 22, 30, 111:,666 20), IT; LII. 598 
Suc..1o, 18, 1112 9326: :23,.'0, 211. 522 
308. 35.16, III. 318 U Br. an die Corinther. 
— 11, 25. 26. 28. 111. 437 5,19. III. 523 
-— 44, 10: 11I. 304. 5, 21. III. 294 
II Dr. des Petrus, 
Apoſt. Geſch. III. 280 
— II. 369 Br. an Die Hebräer. 
27, 31, 111.600 2, 14. 111. 277 
9, 22. III. 519 
Br. and. Römer. 1Br. des Sohbannes, 
512 d III.- 488 
460.1 .3,,70.,387; III. 488 
7, 13. IlI. 461 Drief des Sacobus. 
11: 336... 3, 14.125, III. 286 


728 


Der 
dem Gebra 


Drudirrungen 


Drudirrungen und Verbefferungen. 


Verf. bietet die Lofer und Herren Recenſ. vor 
uche und vor der Beurtheilung diefes Werks 


dieſelbe zu berückfichtigen, fie aber der Buchdruckerey nicht 
zur Laſt zu legen. | 


Seite 


Seite 


tr EI RE 1A 


| 


! 


— 


3 


133 
139 
183 
335 


336 
370 
371 
372 
389 
395 
399 
403 


zeile 


| 


BASE 


5 
I 
A 


Erſter Theil. | 


U Ban: Eich: 

v.u. Deral Eeres. 

v. 0. denn den Juden war L denn ed war 
ven Suden. 


he} 


v. o. gespiffen und froben IL gewiffe und 


frohe. 
v. o.preißel. preiſe. 
v. o. werdet — — gemäß L werdet der 


Hriftl. Lehre gemäß gefinnt, 
v. 0. Bertragel. Vortrage 
v. u, Göttern L. Götter. 


12% WAR Ber DIR Au DE 


Zweiter Theil. 


v.o.n. Tre t des Av. 

v. u. Nudolpfi L Rudolphi—e 

v. o. od. d. Columnentitel feine L. fein 

v. u. Joſepfs l. Joſephs, eben fo ©. 338. 3. 11. 
79, 0 88 

v. o. Epipf. l. Epiph. 

v. u. ſt hren ftoren. 

für 

v. u. erkenne l. erkennen. 

v.v. it L. gibet- 

WRtleıihL Tre 

v.0. Vergeb. L. Vergebung der Sünden. 

v. 0. Warenholz l. Barenpot;. 


Dritter Theil, Er 


vw. ein L bey. 
u. Würkungen I. Wirkungen, fo wie an 
vielen folgenden Stellen, wiewohl auch ver: 
fhiedene Gel. Würkungen, Würkſam— 
Eeit und würklich fchreiben. 
v.u. befannt gemacht IL. mitgetheilt wor: 
ven ift. 
aus l. von; man febe das 3. DB. von Leber: 
fhwemmungen in eine Parenth. 
v.u. wieder L weiter. 
v. u. Sternenhelle L. fternenhelte. 
v. o Gteifel Geleife. 
ft. tährlichen L. in einer gewiffen Zelt er: 
folgenden. 
vu. leuchtet  erieuchten. 


c 
* 


Seite 


Eeite ır Zeile 


1 


PEERBREFF SESERELET STEHE NG 


I 


= 


Seen — 


12 — 
13 — 
27 — 
3 en 


und : Berbefferungen. 3 


14 v. af 848 1. dief. 

18 v. u. hinter Land fege man ein Comma. 
15 9%. N t..und L oder, 

37:9. 'Tt Ten, 

zz vu. Lafien I. läßt. 


1 


39 Teste Zeile IV Mof.. 16, 22. 1. I Moſ. 9, 6 


43 Zeile 
43 [sich 
44 Zeile 
x Do 
—— 
| 
39-1 
ss. — 
61 — 
62 — 
63 — 
64 — 
2ER — 
76 — 
76 — 
—— 
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Ba, 
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105 — 
100 — 
EI — 
113 — 
II. — 
115 — 
337 — 
118 — 
1242 — 


16 v. u. worden find L. wurden. 
e man das und in der Parenth. 3. 2 v. u. aus. 
Buche Bud. 
19 v. o. Hinter dd ſetze man; nicht blos. 
22. 23 harmoniſch L harmoniſch antrifft. 
18 v u. Unterricht I. Unterrichte. 
36 v. u. unterſtützen L. beſtätigen. 
2. 23.0 u WM ensVerterL miı tid 
17 v. 0. aängemefiernem I. angemeienen, 
7 nr ee etu.,k fernere 
1 » 0» find Sie zuſammengezogenen Wörter genau— 
mit in 23 Bor ver zu trennen, 
vu. Ernett , Erneit 
v.D. Hinter © hriftftellen fege man: wie man 
meint. 
2.1. Denn wenn L blos Wann. 
vu. fief L- Liegt, eden 
d.; Desgl, 


wn.. 

"8; 
—8 
2 
— 

on 
er 
“ 
« 


3 
7 


8 — ae Sı 
15 


en zu. 
8 — hinter erwarte man iſt das Wörtchen das 
ausgefallen. 

1,29 u, unverletzt L. unverleglich, 

o/’v.0 Kahr Liunfer. 

8 bey ſteht fihliege man die Barenthefe. 

16 v. u. verbafigeut L veräbjicheuet werden, 

12 9. D.:wiyd f, werden. 

ı500.it — — Duell. L maden einen nie 
verfiegenden Duell aus 

4 v. 9, Hinter fiegt ergänze man das Wort: grdf 
"tentheil3, 

190.0. fiel, es, 

7.8. gebildetL. hergeleit 

2 vn. wahrhaft I scher 

SE MR EIT Tester, 

i9 d. o. Kennten IL Kännten. 

7 9, fiatt des ? fege ein | 

12 9. D. ertaunendesStL in Erfiaunen ſetzendes. 

36 v. uf. worden Liifl: 

16 9. u. fege ſtatt des Comma's Hinter Fönnen einG), 
eben ſo 3. 24 Binter —— n. 

31:15 hHeilefie — Alles under den Himmel 
verbergende Gewölk verireibende 
L. die, heitfte Aufklärung, oder das Ber: 
ſchwinden Des Kiles umher und den Simmel 
ververgenden Gewolks. 

ı7 bringen L, veruriähen, 


1 
1 
5 
1 
rs 
Z 
I 


Chriſtl. GL Zehrer. d. —— 3 czh. Aaa 


+ 


4 
* 


FE Druckirrungen 
Seite 124 Zeile 23 v. o. bringen EL führen, 
134 — 34 v. o. bringt L fest. 
126 — 109.0. Gott. Er. < 
— s v. o. hinter Geiftes feße man: Bier. 
ss1. — 7 urn L Leibe | 


II 


154 - 10 v. o. find die 2 hinter Begriffen fiehenden Wör— 
ter: Der Erde auszjumerzen. 
— 156 — 0 v. u. löſche men das Wortchen alſo aus. 
— 1653 — 5 v0 Thirnemann's l. Thienemann’ $. 
— 168 — 153 v. u. etwal. wahrſcheinlich. 
— 176 — 16 u. äußere L außeren, 
— 200 — 9 9. o. Hinter Wißbegierde fee man: fättigen 
wollte, 
— 20 — ı6»Uu Diud L Drude 
— 204 — 5 2.0. und 6 iſt die Stelle Gal. 6, 7. 2te H. in eine 


Parenth. au ſtellen. 





— 210 — 6 v. u. hinter ſtatt fese man an bie Stelle eines 
Punkts ein (3). 

— 213 — 180.0. f alleihre Libre ganze Krafk 

— 2:16 — 15 v. u. AHL Aufſatze. 

— 235 — 5 vu. u ſichs l. es ſich. 

— 237. — 170 2. fiegtek fiegten, 

— 0243 — 2 008. Shier l. Tbiere 

— 215 — 160 02. ftait des (,) Hinter Doffneng feße ein 6) 

— 257 — 69.9 Pauptfahe bey d. Taufe L dievo« 
züglichſt zu erreihenden Folgen 
von der Taufe. 

— 262 — 5,20. desgl. 

— 206053 — ı v. ee Die göttl. So 
derungen und Die den göttlichen 
Zufagen angemefnen Pflichten zu 
erfüllen — wahrgenommen habe? 

— . 263. =. 92. 233 0. u. diefe, Wohithak. EL zrmE..diete 
Wohlthat. 

— 264 3 0 u Chriſti, als wichtig wegen ihres Zwecks 
bei l. Chrifti, und als wichtig ihres 
Zwecks wegen Theil. 

— 267 — 50.0. merze man das: nicht vor den Worten den 


N ag aus, 
— v u. ftatt d. h oder, 
— — DD die, 
273 —34—— 
280 — v. o. Briefsl. Briefes; Hinter dies Wort ſetze 
man ein (3). 


#EJ 


— 282 — 19%. 0. inwohnender l. einwohnender. 

— 300 — 20». u. vermochte 1. vermogte. 

— 305 — 3 » © wieer fs, wiegleigmüthiger. 

— 307 — 120.09. Gotteswürdigen DEICHEMU L von 
einer würdigen Verehrung Gottes. 

— 310 — 209. 0. ift dad (,) dinter wo heran auszumer⸗ 
zen und hinter Gott zu ſetzen. 

— 312 — 5 bis 14 hinter haben ſetze fratt des (.) ein 5; binter 


Rater 3. 9 v. u. rüde man die Worte ein: 
ſobald fält dDiefe Beſorgniß weg. 


und Berbefferungen. 2 IE 


Seite 321 Zeile 5 v. o. andre I. andere, 
323 — 4 vergeben 1. vergoflten. 


— 324 — 21290. 0. zurückrufe l. zurückrufen. 

— 3277 — 10 v. u. Schwarz; 1. Schwarze. 

— 333 — —0 v. u. ſt. des (,) ſetze ein (:). 

— 338 — 15 v. o. das Comma hinter Ra laggken verãn⸗ 
dere men in ein (5). - Statt der 6 folg. 
orte ll. man: indem fie ed — — 
fen, auch fo zu Leben, wie Geiug 
ledte, | 

— 348 m A. u werdel, werde man. RER, 

= 350 — zz 9u bunte Shwäde fehlt: if. 

— 350 a v0 nich hinter in auszuſtreichen 

— BE 7,0 905 Were 

— 358 — ı50.ufielLbdie Sonne 

— 1369. — '17.0..0.f. der 22 feße man ?! 

an 8 80. VI Bener. Bei { 

gan 12 1300 Unterhaltung Erhaltung. 

— 268 — 14 v. u. den l. dem. 

— 384 — ı vv hinter ſchwer fege man aud. r 

— 383 — 6 v u Ainter 1784:87 lebe man: in 8. 

— 386 — 1280. Brofiber gert BrafiDerger’sg 

— 388 — ı12.zov u it: An. ©. 17, 22. 25 mit den Worten: 
eine — Gottes in eine Parentheſe zu 
fesen, um dieſe Worte als eine Bemerkung 
über iene Stelle anzufehen, 

— 39 — 4 v2. leben! L Leben Laßt? 

— 340 — 3 vu. dieienige Wiſſ. — — ZTheile l. Die von der 
Kuföfung und Scheidung der Theile Han- 
delnde Wiſſ. eigen. 

— 407 — 26 v0. eine gehörig davon! Davon eine gehörig. 

— 421 — 0 0.09. vorm L vor dem. 

— 423 — v.0, Scub L Hamm, eigentl. abe Dort: 

| mund, 

— 430 — 152 u die Vorſicht L und die Vorſicht. 

— aaa — 3698. Ver ©, den &mwigf, 

443) Te» 2 89l LEI gergt, 

— 443° — 13% D. fü. eine-L Die, 

— 449 — 3209. 0. andern (Hinter Grundſ.) L. verändern, 

— 453. IE DB einfallt LG sufaak. 

— 453 — 17 v. u ſtatt des () hinter auffalten fee man ein 6), 

u. 453 —— II u einest ein. 

— 462 — 20 9,0. fürtteienden I, hervortretenden. 

— 46 ur u Da k Meil, 

— 4165 — Io» ov. ter. In Ddiefen Schriften. 

— 465 — 2580 0 Loft Lößt. 

en vpo 

ann nit nicht ſonderlich. 

— 49 — ı vf'. u. iſt der Name Tifcher’$ einzuklainmern. 

807 — 5. win einer L der 

aus san, aufi. für 

ee TEN 1. il 

— 5847 .—.16 Gpitl Gottes Borfeydung. 

> 99.0 - 79. Qo.bemwirfte-L BewirEe 


— 


732 Druckirrungen und Verbeſſerungen. 


Seite 552 Zeile 18:22 leſe man fo: desgl. ſage man bey diefer- Bew 
Ä gleigung mit einem weifen — guten Haus— 
vater — bewirkt, Folgendes: Fürften u. ſ. w. 


566 — 7 2.2. run! ade — 

— 567 — 14 v. o. Unfere bloßen Augen L Blos unſere 
Augen. 

— 567 — 225 v. u. hinter geht fege man ein (). 

— 569 — 8 Tide men das zu hinter Frey, > 

— 560 — 29 v. o. nur b. ni nur, 

— 610 — 16 9.0. blos befannte LE ganz unbefannte, 

— 6100 — 5 v. u. wieest fo wie es auch. 

— 611 — 18. 19 v. o. öffentlich L deutlich. 

— 611 — 159 u. offentlicdh L Dffentid. 

— 611 — ı * u. ſtatt des (.) hinter 720 ſetze ein: und —. 

— 613 — 22 u. kennte $, kännte. 

— 645 — 23 je u. if das Wörtchen blos auszumerzen. 

— 646 — 13. 14 9. u fi. Dieses — — gewiß L Wird Diefeg von 
ienem abgezogen, fo iſt gewiß. 

— 648 — 20%. u hinter Noch mehr fee man ein Comma. 

— 648 — vu fol wohl ; 

— 619 — 4 v. o. entbehrlich FL unentbehrlich. 

— 650 — 16» 0 hier ial. hier io nicht. 

— 654 — 3 v. o Ahndungk. Ahnung, 

— 660 — 3 v2. find l. gibt i 

— 660 — 11 v. o. Diergegen l. Diegegen. 

— 672 — 13 v. u, hinter I Theſſ. 4, 17 ſetze: D. C. Se Am 


mons chr. Rel.⸗Vortr. üb, d. wicht. 
Gegenſtſt. d. Gl.⸗ und — ır Thu 23EN. 
Erl, 1803. 8 NR. 8 u8..2. Einf, ven 
d. Glaube an ein a in der Ewige 
auf unf. Zug, Hat.” 
676 — 209.0, anordnen L anordnend. 
678 — 1890 undL um. ‘ 
6078 — 18 — ihm ſich. 
Sn den 2 erſten Theilen iſt mehrmals ftatt deg Diphthong's ph irrig 
pf, z. B. in den Worten Mebe, Philoſ., Joſeph, Epheſer u. a. m. ge: 
fest worden. Die in den Bogen Kr, Er bis 33 Und in dem Vorrede— 
bogen des Zten TH. vorkommenden Drudfehler belieben die Zefer ſelbſt zu 
verbeffern, inden ſolche dem Vf. nicht vor der Ausg, Des Sten Th. vor 
Mugen gefommen find. 


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Deacidified using the Bookkeeper process. ; 
Neutralizing agent: Magnesium Oxide 
Treatment Date: March 2005 


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