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Glaubenslehre
| hauptſaͤchlich
von ihrer praktiſchen Seite
bearbeitet
und
fuͤr den Canzelgebrauch
und
Katechetiſchen Unterricht
| beftimmt,
in alphabetifcher Ordnung.
Vom Herausgeber
der
chriſtlichen Moral fuͤr den Canzelgebrauch
in alphabetiſcher Ordnung.
Dritter und letzter Theil.
Leipzig,
bei Paul Gotthelf Kummer, 1803.
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— — —
— — ẽ
Vorrede.
Bis auf den Tag, an welchem ich dieſes ſchreibe,
ſind mir von oͤffentlichen Beurtheilungen dieſes Werks
feine andere bekannt geworden, als dieienigen, welche
man in den neuen theol. Annalen 1902, Stud
45. ©. 952-956 (eine fo fehr mit Nachſicht abge-⸗
faßte und fuͤr mich ſo —— Recenſion der
beyden erſten Theile, daß die dadurch bewieſene Guͤte
meinen Dank erfordert) und in der Gothaiſchen
gel. Zeitung ı902, 8ıs Stüf, ©. 700:703,
welche blos den erften Theil betrifft, findet. Ich
wünfchte recht fehr dem gemäß, was ich in der Vors
vede zum erften Theil ©. XXI gefagt babe,
diefe Deurtheilung frühgeitiger erhalten zu haben,
damit ih mich nach) den mitgetbeilten drey Bemerz
Fungen hätte richten Fünnen. Gie kamen aber mir
Leider erft zu Gefichte, als ich ſchon das Manuſcript
von dem größten Theil des Dritten Bandes in
die Druderei abgeſchickt hatte. Es fey mir erlaube,
über das, mas der Mecenfent in der Goch. gel.
Zeitung (welcher nad feiner biffigen Anfiht kei—
neswegs dieſem Werfe allen Nutzen abfprihe) an
diefer Schrift vermißt, einiges zu außen.
Derfelbe meint erfilid, daß verſchiedene Leh⸗
ren, welche nicht fuͤr die Canzel geeignet waͤren, und
welchen es an zureichenden Gruͤnden fehlte, nicht in
diefem Werfe hätten aufgenommen werden ſollen.
9
u)
iv. | WVorrede. |
Er führe deshalb die Lehren von der Dreieinig-
feit und von den Engeln an. Allein der Herr
Beurtheiler beachtefe bey dieſem Vorwurfe nicht, wie
ih theils Allen nüglidy zu werden fuchte, und mic)
zum Iheil auch nach ienen Altern Religionslehrern
beguemte, welche fogern dogmatifche Predigten halten,
Dazu Firchliche Dogmen wählen, aber nicht das Prak—
tifche, was fi) damit verbinden fäßt, an Diefelbe
fnüpfen, wenn ich gleich mit dem Necenfenten darin
einverjtanden bin, daß ſich das Praftifche auch ohne
Das Dogma von der Dreieinigfeit befördern laffe); —
fheils, wie verfchiedene Neligionslehrer in Der
That es noch nicht wiffen, wenigftens es noch nicht
wiſſen wollen, weshalb gewiffe Eirchliche Lehren nicht
von der Canzel vorzutragen find. Ihrentwegen war
es nothwendig, dieſe Dogmen felbft, aber vorzüglich
in der erwähnten praftifchen Beziehung und nad)
der angewandten Tendenz aufzuführen und abzu—
handeln. Theils ift dieß Werf, Dem Titel ge-
mäß, auch für die Katecheren beſtimmt. Recen—
fene ‚dürfte fih nur an die Menge der bisher an fo
vielen Orten in Schulen und bey SKatechifationen
eingeführten und zum Grunde des Neligionsunter-
vichts liegenden und zum Theil zmangsweife einge-
führten fleinen 2ehrbücher erinnern, in welchen meh—
rere Firchlihe — und gewiß Die beyden erwähnten
Lehren vorfommen, um es felbft zu fühlen, wie man
noch nicht allgemein feiner — hellen Meinung ift:
daß die Lehren von der Trinität und fogar von den
— —
*) Von dieſer Lehre ſelbſt, und zur hiſtoriſchen Vertheidi—
gung derſelben, und der von Chriſti Gottheit, leſe man
Chriſt. Freymunds gutgemeynte Belehrung einiger
Herren Journaliſten und Necenfenten u. |. m. Leipzig
1503. 8
BUrEEDE \,*. IM
Engeln niche für die Canzel und Katechifationen
geeignet wären. Billig richtet fi der Schriftiteller
auch nach den Anhängern des altern chr. Lehrbegriffs.
Es kommen überdieß Fälle vor, wo Der angehende
‚und mwirflihe Religionslehrer über die erwähnten
Dogmen, fo wie über die Gottheit Chrifti zu
predigen hat. Einzig und allein, glaube ich, dürfen
Doch nicht Die dogmatifchen Säße in dem Fatecher.
Unterricht nah dem praftifchen Maafftabe beſtimmt
werden, Es kommt in demfelben auch auf Beleh—
rung an, welche auch in Hinſicht Der veralterten
Lehren des Syſtems deshalb gegeben werden muß,
weil der Zögling durch Lectüre oder im Umgange
mit altern Perfonen, welche dem Kirchenſyſtem ge—
huldige Haben, von denfelden reden hört.
Wenn der Herr Dec. fürs andere ©. 703
Daumgarten’s Evang. laubensiehre, Halle
1759: 4., Öruner’s prafe. Einleitung ꝛc. 1773»
gr. 8. und einige andere — ältere (bey diefem
Werke blos in praftifcher Ruͤckſicht benutzte) Werfe
als feine zweckmaͤßige Anleitungen anſieht,
wie man im “Jahre 1802 predigen ſollte: fo wuͤrde
er Diefe Bemerkung gewiß zurück behalten haben,
wenn er genau unterſucht hatte: was, wie viel oder
wie wenig, und auf welche umgeanderte Art aus
diefen Schriften winkweiſe zur prakt. Anwendung
der Dogmen benutzt worden ift. Iſt das Gute des-
halb vermerflih, weil es in ältern Schriften ange:
tropfen wird? Fann das Wahre antiquirt werden?
Wenn der Hr. Rec. drittens glaubt, daß
mir Die DVerfertigung des. erften Bandes menig
Fleiß und Muͤhe gekoſtet haͤtte; ſo muß ich, ſo ſehr
ich auch von den vielen Maͤngeln des Werks innigſt
uͤberzeugt bin, nach Pflicht und Gewiſſen geſtehen,
allen Fleiß bewieſen zu haben.
vi | Vorrede.
\
Zwar bin ich weit davon entfernt, mich einem
Reinhard, Löffler, Zeller, Grießbach, Gab-
ler, Ammon, Efermann, Junge und mehrern
andern verehrungswürdigen Theologen aleich zu ſchaͤz—
zen; allein ich bitte die kuͤnftigen Necenfenten bie:
mie Dringend, nicht deshalb eine Schrift zu verdam—
men, meil fie von feinem Meijter in Iſrael ber-
rühre, oder weil der Verf. bey weitem Fein Stern
erfter, zweiter oder dritter Größe ift. sch bin mir der
vedlichjten Abficht bewußt: der Beförderung der
praftifchen Anfichten der Dogmen, und zu—
gleich durch die eingeftreuten neuen Aufdellungen in
der chriftl. Glaubenslehre eine freiere Erfenntniß zu
befördern und Prüfung zu veranlaffen, wozu gewiß
diefes Werk nüslich feyn dürfte, Dieſes mit der
angewandten Mühe fey es, was mich bey allen un:
partheiiſchen Nichtern rechtfertige,
Man Fünnte diefem Werfe den Vorwurf machen,
daß bey der gewählten alphabetifchen Ordnung die
foftematifche Verbindung der Dogmen verloren gebe.
Allein dieß wird, da es ein Neperforium für
den Meligionslehrer ift, welcher iedesmal nur ber
ein Dogma und oft nicht einmal vollendet einen
Religionsvortrag halten Fann, alfo eine einzelne Ma—
ferie wähle und nad) den ihm vorgefihriebenen oder
felbit fih gewählten Terten wahlen muß, unſchaͤdlich
ſeyn. Durch das muͤhvolle öffere Nachweiſen ift
auch die hie und da nothwendige Berbindung zur
Vermeidung der Wiederholung befoͤrdert worden.
Der academifhe Vortrag der Glaubenslehre fordert
zunächft eine fuftematifche Ordnung und Verbindung
der Lehren. _ |
Es fommen freilih hie und da einige nicht
fir den Cangelvortrag veritändliche und fehiefliche
Ausdrüde, z. B. ſittlich, Sittlichkeit, Jdeal,
Borrede EN
Triebfeder und andere mehr vor, allein wer das
in der Vorrede zum erften Th. ©. XIH. XIV. Ge—
fügte beachtet, oder wer es bedenft, Daß dieß Werf
ia niche zu Predigten — abgefhrieben werden
foll und kann, dürfte mid) deshalb auch mit Vor:
würfen verfehonen.
Sch babe hie und da einige Hypothefen, Para:
dorien, Probleme ꝛc. neuerer Theologen angeführt,
aber nicht gerade deshalb, um mich als einftimmig
mit Denfelben darzuftellen und um Diefelben zu bifli-
gen, fondern damit der Leſer folche prüfen und von
denſelben in der Erkenntniß fortfehreiten fünne *).
Einige Dogmen wird man in diefem Werke,
befonders im zn Theile deffelben, ausführlicher als
andere behandelt finden, meil diefelben von vorzüg-
lihem Intereſſe und befonders für Die Canzel geeig:
net find, 3 B.-Seligkeit nach d. Tode, Un-
ferblichfeit, Borfehung, Wiederfehnu.a. m.
Man hört gern Darüber mehrere Vortraͤge. Ich
bitte wegen dieſer Ungleichheit um Verzeihung.
Gewiß aber darf ic) erwarten, wie man an
diefem Werfe es fehr vermiffen wird, daß es nicht
nach den Grundfägen des Puris'm, oder der crifi-
ſchen Philoſophie bearbeitet worden ift, allein vor
*) Alle, die fi diefes Werks bedienen, würden wohl thun,
folgende Abhandlungen zu lefen und den Inhalt zu beher:
sigen: „über den weifen Vortrag neuer Mei:
nungen und Borfiellungen auf der Canzel von
Joh Ludwig — in J. R._©. Deyer’s Mufeum
für Drediger,” an DB. 28 Stüd, Leipzig 1798. 8. ©.
279 ff.; — „Unterſuchung der Frage: ob der Dre
diger auf die Nefultate neuerer Theologen Rückticht neh:
men dürfe, von D. J. Chr. Löfler” — vor dem Zten
Dand der Dredigten diefes achtungswürdigen Gottesge:
lehrten, nac) der 2n Aufl. Jena und Leipz. 1798. (im
uszuge in der neueften dDeutfchen Lit. für Pred.,
Schullehrer und Erzieher, 38 Quart. ©. 33:45.)
VIII — Vorrede.
der Abfaffung deflelben, feit dem es — wor⸗
den iſt und bis ietzt bin ich noch der Meinung:
die Grundſaͤtze des neuern Moralſyſtems find nur
fuͤr die Wenigen, welche ihre Vernunft ſehr gebildet
haben; der groͤßere — nach ſeiner großen Unſittlich—
keit noch nicht hinlaͤnglich den Verehrern des Cri—
ticism bekannt gewordene Haufe iſt noch nicht da—
fuͤr empfaͤnglich, und kann noch nicht dafuͤr empfaͤng⸗
lich gemacht werden. Belohnung und Strafe, Him—
mel und die Ungluͤckſeligkeitnach dem Tode ſind weit
wirkſamere Beweggruͤnde, wodurch der große Haufe
zum Gehorſam gegen die goͤttlichen Geſetze und zur
Ausuͤbung des Praktiſchen der Dogmen gebracht werden
kann. Religionslehrer haben es uͤbrigens zu ihrer
Pflicht, dem Eigennutz in der Tugend — ent⸗
gegen zu arbeiten. —
Der Th. I. ©, 210 — —— Art. Ver—
ſuchung Chriſti konnte, um den letzten Th. nicht
zu ſtark zu machen, nicht — werden.
Die angehaͤngten Nachtraͤge und Verbeſ—
ſerungen (keinesweges Folgen der Uebereilung)
bitte ich nicht zu uͤberſehen.
— den 2oſten May 1803.
Der Verfaſſer.
Sarramente.
1. Die Ehe find von Jeſus Chriſtus angeordnefe
bildliche und bedeutende Neligionshandlungen und
wichtige Neligionsgedräuche, welche theils von un:
ferm Befenneniffe zum Chriftenehume zeugen, theils
unfern Glauben beleben, ung zur Srommigfeit erwecken,
und uns des geftlichen Wohlwollens verfichern, oder
ung zu Zengniffen v. demfelben dienen und ung (beim
techemäßigen und gehsrigen Gebrauche derfelben) ae-
wiffe Wohlthaten verfchaffen ſollen. Bei denfelben
liegt 1) etwag Heußerlihes — Sichtbares und Irdi⸗
ſches, was etwas Geiſtiges abbilden und davon ein
Zeichen ſeyn ſoll, zum Grunde. Deshalb ſind es in
die Augen fallende — aber 2) feierliche u. heilige Hand—
lungen; 3) fie find von der Art, daß fie bei ung und
Andern gewiffe Vorfielungen und Empfindungen ers
wecken, oder auch gemiffe Nechte anzeigen und an ge-
wiffe Pflichten erinnern follen; 4) fie find chrifil. Re—
ligionshandlungen, alfo Jeſus Chriſt. felbft bat
diefelben angeordnet; 5) fie Fönnen nur dann
nüßlich werden, wenn man fie recht 9%
braucht. Sie müffen deshalb die Borftelungen und
Empfindungen erwecken, die fie erwecken follen. Bei
- einer unfittlichen Denkungsart u. Geſinnung nüßt dag
bloße Mitmachen dieſer Gebräuche nichts. — De
kanntlich ſind ihrer nur zwei, bie heil. Taufe u. das
heil. Abendmapl. —
—— St. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 TB. | U
23 | ©. |
Sacramente, (die, — das Praftifche v. denfelben.)
I. Anwendung. | Ä
ı) Es war fehr mweife, daß der Stifter der chriftl. Kel.
nur zwei heil. Rel.» Gebr., die an fich fehr einfach
und zweckmaͤßig find, einfeste. Eine zur Verbrei—
fung auf der ganzen Erde beſtimmte Religion durfte
nicht mit unmefentlichen Ceremonien überhäuft wers-
den, denn Jeſus Chriſtus hafte bei der unter den Men-
ſchen eingeführten Rel., die Abfiche, die Mel. zu dem,
was fir eigentlich ift, zu einer Sache für den Geift
umzufchaffen, ohne dieſes geiftige Gefihäfte durch viele
aͤußere Meligionsgebränche zu erfehmweren. Aber von
allem Aeußeren ganz entbloͤßt ließ er fie nicht. Eine
Menge von folchen äußeren religiefen Gebräucen
führe wenisftens bei dem größten Haufen den Miß—
brauch faft unvermeidlich in fich, daß man ihren gan—
sen Werth in die Vollziehung derfelben fest, und ihre
Beziehung auf fronme Gefinnungen, welche fie als
Huͤlfsmittel zu denfelben befördern follen, vernach—
läßigt, indem man ſich ſchon wegen der (bloßen) Voll⸗
ziehung für fittlich gut halt. Der finnliche M, vers
weile zu Teicht bei den Gebräuchen, die feine Sinne be»
fchäftigen, und denfe nicht an das Heberfinnliche und
Beiftige, er ficht nicht auf dag, was die Sacram. be»
zeichnen, und thut dag nicht, woran fie erinnern und
wozu fir aufmuntern follen. |
Jene zmei Gebräuche find dabei ganz einfach, von
aller Pracht entfernt, erfordern feinen Aufwand und
föonnen, wenn der M. nur mitwürft, dennoch fehr
fräftige Würkungen haben. Zwei geiftvolle Gebräuche
an die. Stelle einer Menge und Laſt von Geremonien
bei dem mofaifchen Öpftegdienft und in der heidnifchen
Mel. zu fesen, beweißt, daß die von Ihm geftiftete
chriftliche Mel. die vollkommene el. iſt, melche ung
Gott auf eine geiftige Art u. mic einem durch Wahrh.
aufgeflärten Geifte anzubeten anführt, Joh. 4 24
und 28. — —
2) E8 war nöthig für Menfchen, die fo fehr von der
Sinnlichkeit abbangen, die an ein fortgefeßtes Nach—
denken nicht gervshnt und auch Dazu «nicht angeführt
worden find, denen e8 zu fihwer halt, ſich ohne alle
äußere Beihülfe mit folchen anhaltenden geiftigen Be—
trachtungen zu befchäftigen, daß folche Keligiongge-
S. 3
Sacramente, (das Praktiſche von denſelben.)
braͤuche angeordnet wurden; denn das Sicht bare wuͤrkt
auf ſolche Menſchen lebhafter und ſtaͤrker, und eg
macht auf fie mehr Eindrüfe, als went die chriſtl.
Rel. ganz geiſtig waͤre. Durch etwas aber, was in
die Sinne fällt, und zum Theil ihren Korper angeht
oder beſchaͤftigt, wird bei ihnen das Geiſtige aufgeregt.
Die beiden chriſil. Mel.» Gebr. find fo — aus ge⸗
waͤhlt, daß ſie fuͤglich etwas — d Religioſes
bezeichnen, andeuten und — abb: HR Sie fin
nen allerdings ein dienliches Mittel feyn, geiſtige Be
ſchaͤftigungen zu befördern, zu religiofen Gefianungen
und frommen Handlungen su fuͤhren. Man muß es
iedoch auch nicht überfehen, daß es allerdings dem M.
möglich ift, wenn er nur will, aud) ohne Sacramente
ächt Fromm su fenn und zu werden. Es hängt aud)
die Fünftige GSeligfeit von den Sacram. allein nicht
ab. Nicht das Waſſer in der Taufe oder Brod
u. Wein im h. Abendm., ſondern allein die damit
verbundenen Wahrheiten der Rel. aͤuſſern heilſame
Wuͤrkungen am M. Taufe u. U haben an ſich
keine leibl. Wuͤrkungen. Beide Sacramente wuͤrken
wie alle ſittliche Mittel, nicht gleich einer mechaniſchen
Kraft, ſondern nie anders, als beim gehörigen Ges
brauch der damit verbundenen goͤttlichen Wahrhei—
ien.. —
3) Man hüte fih ia vor dem Mifbrauche der Sacra—
mente; vergl. chrifil. Moralf. d. Canzelgebr.
sten 3. ıfle Abth. SG. 1. Da der Hauptzweck der
Sacram. Bildung zur Froͤmmigkeit, Lebensbeſſerung u.
Fortgang im etlichen Guten iſt: fo muß diefer Miß—⸗
brauch um fo mehr wegfallen. Durd den rechten Öe>
brauch wird allein iener Hauptzweck erreicht. ing
Chrift darf deshalb nicht blos bei den aͤußerlichen R
ligionsgebranchen *) der beiden Religionshandl. Men
hen bleiben, und davon glauben, daß er fich fchon das
durch Gott wohlgefaͤllig mache. Es reicht auch bloße
Ruͤhrung bei der Feier derſelben nicht hin. Glaube
an die Wuͤrkſamkeit muß da ſeyn, wenn — 46
u
— —t
— — —
*) Beim Formellen.
4 en
Salbung, (mas?) Schickſale, Schöpfung.
der Glaube geftärft werden foll. Durch diefelbe müffen
gute Vorſaͤtze erweckt und * Befolgung belebt wer⸗
‚den. —
Salbung, JJoh. 2, zo und 27; I Cor. F 21.
(Weide),
Die chriftl. Salbung iſt fo. viel als die erſte
Anleitung oder der erfte linterricht zur (in der) richti-
gen Erkenntniß und Verehrung Gottes, welchen die
erſten Schüler der Apoſtel, oder die erſten Chriſten er-
Halten und genoffen hatten, und die dadurch erhaltene
‚ bellere und beffere Erkenntniß von der (chriſtl.) Wahr⸗
heit. Salben heißt naͤmlich etwas Gutes mittheilen.
Johannes ſieht in iener Stelle die erſte Belehrung
im Chriſtenthum als eine Einweihung in demſelben an.
Von V. 20 iſt der Sinn: ihr habt von Gott — durch
ſeine ee eine gehörige Neligionserfenntnif durch
die chriftl. Del. erhalten und ihr behaltet das mit der
Wahrh. übereinftimmende Chriſtenthum, wozu euch
Gott Gelegenheit und Anleitung gegeben hat. V. 27
will der Ap. ſagen: Gott ſelbſt hat euch geſalbt, d. h.
‚euch iſt noch der Inhalt der chriſtl. Rel. bekannt, wie
fie euch anfänglich befannt gemacht worden ft, und
durch diefe Belehrung habe ihr über alles Einficht er—
halten, was euch zu erfennen nüßlich und nothwendig
iſt, und wie ihr euch. in iedem Verhaͤltniß und Lage
zu verhalten habt. Dieſe Erkenntniß iſt für euch hiñ—
laͤnglich u. ihr verdankt dieſer Belehrung die en.
der wahren Neligion. — —
Satan, f. Teufel, —
Schidfale — Gott regiert unfere Schie—
ſale, ſiehe den Art. Regierung Gottes.
Bel, D.F. ©. Bi ir hard's im J. 1799 gehaltene Predd. 27 B.
Nr. 43, ©. 379:99: „daß wir als Ehriften auf alles vor⸗
bereitet * — was uns begegnen duͤrfte,“ am * Sn,
Zrin. über Maͤtth. 25, I: 13. — —
Schöpfung (Erſchaffung) Bar Welt,
IMof. 15 Nehem. 9, 6; Pf, 33, 65 102, 26.
‘
Schoͤpf. (üb. d. Wichtigk. d. Lehre v. d. —u. üb. IMof. 1.)
Bol. Döderlein’3 inf. Th, chr. T.L.L.I. cap 2. ©. 471⸗
496; deffeiben Rel.-Unterr. Ville Th. ©. 1⸗ ne Mori
Comm, exeg. hift. in epit, rel. chr. Vol. 1. .p. 292 2303;
Hende:s Mas, f. Rel.-Philoſ. B. IL St L S. 1. f.:
„Dr. W. &. 2. Biegler’s Krit. über d Art, v. dv. Schoͤ⸗
pfung ; ‘ vergl. auch - 4n B. 33 ©t. ©, 5355. u. 2n B. 28
&t, ©. 283 #5 Materialien für alle Theile der
+ Amtsführung der Pred. 5r B. 48 St. Lpz. 1801. ar,
8. © 434:44. „Grundriß der Lehre v. d. Weltfhöpfung”
von Dr. Rullmann.
Ich bin nicht der Meinung des Herrn Gen. Super. Canna⸗
Bih’3 cArit. alter u. neuer Lehren ꝛc. 2te A. ©. 172):
„daß die Lehre von der Schoͤpfung Eeine befondere Abhandl.
„nothig mache, da darüber nichts weiter gefagt werten Tonne,
als dab Seit alles durch feine Allmacht erichaffen Habe; es
zwaͤre dann, daB man daher Gelegenheit naͤhme, v. ven man⸗
cherlei Geſchopfen zu handeln, welches aber nicht in die Dogs
„matik, jondern im Die Naturlehre oder Naturgeſchichte ge—
„hoͤre“ — denn wenn's auch freilich richtig iſt, daß man von
der Art, wie Gott alles erſchuf, nichts erfläre
kann, indem dieſes außer dem Kreiſe des menſchl. W ns
liegt, und wenn es auch gleich abzurathen ift, ſich im eine gez
lehrte Erklärung der moſaiſchen Schoͤpfungsgeſchichte und über
die Unterſuchung: ob fie Sefihichte, oder Allegorie oder Mythos
it? einzulaſſen: fo iſt doch das Allgemeine von der
Schöpfung, die Idee: Gott iſt Weltſchoͤpfer,
das Nachdenken über die einzelnen Gejchöpfe, ihre wundervolle
„Einrichtung und den Zuſammenhang unter einander u, fs w. als
Yerdings zu prakt. Neligionsvorträgen geeignet. Diefe Lehre
kann unſere Borftiellung von Gottes Größe immer mehr erhoͤ—
ben und es Fann ſogar die Mofaifche @. h. die in Miofes
Item B. befindliche) Erzählung uns fogar uͤber die finnlichen
Begriffe ver Urwelt v. d. Schöpfung der Erse binausführen,
Es ift diefe Lehre ſogar eine Grundlage ver Net. und bt:
teserfenntniß für und Menſchen.
Ueber die Erzählung von der Shoe ung I M of. 1. amd 2, gibt es
vielerlei Meinungen. Weil die Gelehrten darüber fo ſehr
meins find, muß man die Unterſuchung venfelben überlaifen
und den Ehriften als Chriſten damit verichonen »). Sie bes
flieht aus zwei Theilen, naͤmlich Kap. 1. ganz und pickeicht
auch noch. Kap. 2, 2. 3. welche Verſe aber wahrſcheinlich ein
Zuſatz ipäterer Zeiten find) mit ber Schlußfoͤrmel des augen,
*) Man findet Diefe verich, Meinungen in Bellermann’s
Handb, d. bibl. Lit. ır B. ate verb. U. 18 und 28
Kap. $. 1. fg. ©. 1:31, befonders ©. 16, vergl, Dr, C.
Fr. Ammons bibl. Theol. ır Th
Be S. a
Schöpfung d. Welt, (überd.mof. Erz. IMoſ. 1. 2.)
Kap. 2. I, und — Kap. 2, 4. Beide Arfchritte ruͤhren von
zwei verichiedenen Verfaffern ber, Nach Dr. Gabler (neuer
Verſuch über die moſ. Schöpfungsaefh. Altd. 1795. 8, deſſen
Meinung Bellermann in der ©. 5, angef. Schrift ©. 20,
am deutlichſten angist) uns Dr. Chr. Fr. Ammon ib!
Theol. iv Th. ote U, ©, 264 f5 if es cin uralter poeti⸗
her Mythus über die Schöpfung, vormojaiz
ſchen Urſprungs; aber Fein Sabbathsgeſang, und ift mehr
nur ein Schöpfungsgemälde. Der Dichter fense nur V. 1. bie
eigentliche Schoͤpfung des Weltalls nach feiner Vorſtellung, 8
b. der Erde mit ihrer Nimosphäre em Himmen, die Hervor⸗
bringung der rohen — unansgebildeten Maffe der Erde voraus,
Ihm iſt die Erde ter Mittelpunkt der Schöpfung, aber die
Beichreibung der einzelnen Ehopfungsacte ber
sieben fin nur auf die Ausbildung, nidtauf
die Erfbaffung der Erde, Wie und wann sie übrige
Schoͤpfung entſtanden fey, meldet Mofes nicht, ver Ab⸗
ſicht auch dieß nicht war, Dom 2ten Vers an iſt nur von ter
Ausbildung unſers Erdkoͤrpers die Rede ). Aus Moſis
Erzählung laͤßt ſich nicht entſcheiden, daß Gott da gerade das
ganze AU geſchaffen habe, als derſelbe 9. und E. ſchuſ. Mops
ſes wollte nur die fir uns nörhige Nachridit vom Urſprung
unferer Erde mittheilen. Vergl. Dr. €. Fr. Bahrots
Verſ. e. bibl. Syſt. d. Dogm. ır Th. ©. 208.9. — Wahre
Geſchichte it vie angebliche mofaifche Erz. nicht, weil 1)
von einer Begebenheit geredet wird, Don welcher Niemand ein
Zeuge hat feyn koͤnnen, und weil 2) mehrere Völker ſolche
Cosmogonieen und Geogonieen Haben, f. hieruͤber Dr. ©. L.
Bauer’s betr, Mythol. des a, und n. Te. ır B. ©, 63:
65. Nimmt man an, daß es ein dichteriſches Gemälde
ift, To iſt es auch wahrſcheinlich, daß diefe fchöne und erhabene
Vorfiellung eines alten Meifen, erſt blos durch muͤndl. Ueber—
lieferung als Sage oder Volkslied fortgepflanzt, nach der Erz
findung der Schreibekunſt endlich aufgezeichnet und darauf von
Moſes in feine Geſchichte aufgenommen worden iſt #9. „Of⸗
fenbar iſt es als eine dichteriſche, der Faſſungskraft der alten
Welt angemeßne Ausführung der einfachen: Wahrheit, daß
Gott die Welt gefchaffen Habe, anzunehmen, ***) „Nach anz
woſelbſt ©. 169 ff. die Gründe, weshalb die bisher ge:
woͤhnliche Moſaiſche (2) Erzählung v. d. Weltſchoͤpfung zu
verfieben, nicht zulailig ift, angegeben werden.
*) S. über diefe Meinung Doͤderlein's Nel, » Unterr.
ch VIL © 35:39
=) Schmid's Lehrb. d. chriſtl. Doamat. ©. 124,
©. | age
Schöpfung d. Welt, (überd.mof. Erz. IMof. 1,2.)
dern ¶. Bauer am a. O. S. 65), 3. B. Eichhorn, ift
es entweder ein philoſophiſcher Mythus 2%
eine philoſophiſche Speculation uͤber das Entſtehen der Erde,
im Gewande der Geſchichte dargeſtellt, welche die Wahrheit:
von Gott ruͤhrt alles her, angeben fol. Alles Uebrige
iſt ſinnliche Darſtellung aus dem Zeitalter der Kindheit.
In ihr iſt Sprache — Mahlerei. Die Tagewerke und alles an—
dere iſt Gewand und Einkleidung, um den großen und wichti—
gen Gedanken: Gott fhuf alles, recht anſchaulich zu ma=
chen. Ziefe Naturphiloſophie oder gelehrte Phys
fiE muß man hier nicht fuchen. Es find Vorfiellungen, wie
fie ſich bei den hebr. Sängern z. DB, Pi. 104. finden, vergl,
Dr. 5. Pott>s Miofes und Davio Feine Geologen, oder auch
unter dem Zitel: Berſuch über den Schoͤpfungshym—
nus Genes. I. Berlin 1799. 8. Dder (mad) Dr. Staͤud⸗
linin — DogmatiE und Dogmengeſch. Ir Th. ©. 390. 91.
und 2r Th. ©. 492.) feste ein alter Weife feine Vorftellun
‚gen vom Urfprung der Welt ſowohl durch eigenes Nacyforfchen,
durch einene Erfahrungen und Beobachtungen, z. B. aus Ueber—
ſchwemmung, als auch aus alten Ueberlieferungen, die man
wahrſcheinlich von göttlichen Offenbarungen ableitete, zuſam—
men. Diefe Vorſtellung zeigt, daß der Verf. noch eine unvoll⸗
kommene phyſikaliſche Kenntniß und wenig wiſſenſchaftliche Bil—
dung hatte, -—— Erklaͤrt man nun 1IMoſ. J. u. 2. wie man
euch Wil, jo liegt doch darin der Öetanfe: alles, was da
if — die Wels if durch den Willen und durch die Macht
eines von der Welt verfchiedenen Weſens theils hervorge—
bracht, theils wieder ausgebildet worden. Es ift durchaus
nichts, Großes vier Kleines, Nahes oder Fernes, das nicht fein
Dafeyh durch den allmächtisen Willen des Gottes, den die
Israeliten verehren, erhalten babe, Diefen wichtisen Say
Enz
lehrt iene Beſchreibung, die im dichterifch = gefchichtlichen „Stile
abgefaßt if, deutlih m. unwiderfpredlid.
Bolfsvorträge gehoͤrt wohl nicht die Erwähnung der verfchier
denen Erklärungsverfuche. Falls man aber davon einiges er=
wähnte, fo füge man: es fiehe uns Chriften frei, nach unferer
beften Ueberzeugung diefe nder jene Meinung zu wählen, z. B.
ob man die inofaifche 2) Erzaͤhlung von einer Umſchaffung u.
Erneuerung der Erde verfichen, wie es Leß Hrifil, Religionsth.
—S. 305 u. 323 fo wie in deſſelben philof. Eurfus ver
chriſti. Rel. ©, 144 ff.) und Cludius Theil 1. ©. 294 fe
erkl. od.ob man ine Alter mehr erhöhen u. um tauſend Millio⸗
nen Jahre den erfien Anfang der Schoͤpfung zurüdfegen, over
es den bibl. Vorſtellungen gemäßer finden wolle, bei d. Vuchſtaben
iener alten Geſchichte zu bleiben. Behalten ‚fie nur die große
Srundwahrheit: Gott ſchuf einft durch feine Allmacht die
Welt — von ihm rührt alles — daS ganze — Weite Weltall
mit allen feinen Einwohnern Der: fo verlieren fie bei den verz
Fhiedenen Meinungen immer nur wenig oder nichts,
Schöpfung, (der Welt, Erklärung des Begriffs.)
Sollte nicht in der Stelle Palm 90, 2, die Gradation liegen: daß
erſr das Weltatl — dann die Berge — danu die Erde
feipft aefdaffen worden ns? Von ber Schöpfung der Erde
redet Mofes oder der Verf. der beiden Fragmente Genes, 1.
et II, | j a 2
Bol, FSreimütbige Unterff einiger Gegenſtaͤnde der
Neil, Beriin 1794. ar. 8, Nr. 2. „über das Schoͤpfungsge⸗
mälde des Miofes;” Dr, Ilgens Urkunden des erfien 8, Mo:
ſes, ir Th. Halle 1798. ar. 8.5; D. J. Pott Mofes u. Da: -
vid Feine Geolsgen. Berlin 1799. 8. (1311); I.©, VBater’s
Eoimmeltar über den Pentateucht ır Th. Halle 1802. "gr. 8.5
D. Ammons bibl. Theol, ır Th. 2te verb. W. ©. 20605,
274, Ras ⸗
J. Theorie, fo weit fieauf Canzeln u in /En-
tehifetionen gehoͤrt. |
A. Schaffen — cerfhaffen beißt etwas, was bor-
her noch nicht weder zum Thell, noch im Ganzen da
. War (was weder nah Materie noch nach Form bisher
vorhanden war), durch ein unmittelbares Wollen her—
vor - und zur Würflichfeit bringen, Bauen —
errichten und einrichten beißt Dagegen vorhan-
dene Materialien zufammenfegen und war nach einer
andern und neuen Korm. Gott fchufealleg heiße:
er war und iſt der Grund von allem, Was ſt oder
die Scheprfung der Welt ift die durch Gottes
Willen und Macht erfolgte Bewärfung des Daſeyns
derfeiben im Ganzen fo wohl als nach ihren einzelnen
Theilen, oder das Dafeyn der Dinge nach den Weſen
und nach der Form und Einrichtung bat Gott zur
hoaͤchſten, erſten u. unabhaͤngigen Urſache. Das Wort
Welt *) faßt alles, was außer Gott iſt, Die unzaͤh—
liche Menge und Arten von Weltforpern, Firfterne u.
Planeten, (wovon eine Sternenhele Nacht fo viele un-
ferer Blife in: Erftaunen feßt, wovon noch Mehrere
unfern fihwachen Augen entgeben u. welche alle durch
die Gefene der Bewegung zu einem großen Ganzen ver-
bunden find) — lebloſe — Lebende und empfindende
und vernünftige Geſchoͤpfe — u. nicht blog Diefe Erde,
unfern Wohnort, welcher in Gottes unermeßlichem
Reiche ein fehr Fleiner undebeutender Punft, ia em
*) Es kommt das altteutfhe Wort Werelt vom alten Wort
Weren (Üdefen) ber.
—
N; S. | 9
Schöpfung, (der Welt, Erkl. des Begriffs)
Sonn enſtaͤubchen iſt, in ſich. Die Welt iſt alſo das
verbundene und bollsndete Ganze von Wefen u. Sräf
ten, welche außer und und Gott durch Gott zu einem
gewiſſen hoͤchſten Endiwed Ba if. Die heil. Schrift
nennt den Inbegriff aller. erſchaffnen Dinge das gro-
ße — unermeßliche Weltel Himmel u Erde Es
iſt dieſer bewundernswürdige und weit laͤufige Staat —
dieß weite Reich Gottes (mit fo vielen Bes wohnern u.
Gefſchepfen) — ohne Graͤnzen; denn durch kuͤnſtliche
und fleißig? Beobachtungen werden faſt taͤglich immer
noch) neue I: ltforper und Kreaturen entdeckt, —
wor unzaͤhlichen Jahrmillionen war naͤmlich außer
en Emwigen nichts — fein Ding — fein Stoff vor—
| — Gott aber — wollte, daß ein unermeß—
lich: 8 Meltali ent tſtehen u. fortdanern follte. Augen—⸗
blicklich war das jeßige Weltall vorhanden.
Sein Wille m. feine Macht bios bracht e nach
Geſtalt und nach Materie das Ganze mit allen feinen
Theilen, in feinem Weſen, in feiner vollftändigen Einricht.
u. Dronung, herver, — Durch Sott erhielt — einſt —
in der Zeit dag elta mit allen feiren Kräften oder
dem Bernegen, eine beſtimmte Art von Wuͤrkungen
hervorzubringen, und war ganz fein Dafıyn. Er gab
jedem Dinge fein Weſen, feine Natur, feine Kräfte u.
Beftimmung u. feßte Die Berhältniffe feft, worinnen dag
‚eine gegen dag andere ſtehen follte. Es ift alfo die Welt
weder burch fich ſelbſt, noch Durch einen Zufall — ober
durch ein Dhngefäkt da, ſo wenig, wie nur eine
ſchlechte Hatte von fich felbft fich errichtet. Sie ift
auch nicht v. Ewigkeit, fondern fie hat durch Gott ih»
ren Anfang erhalten. Das, woraus die Welt beſteht,
Erde, Waſſer, Luft und Feuer iſt eben ſo wenig von
ſelbſt entſtanden, oder von Ewigkeit geweſen. Die fein—
ſten Beſtandtheile, aus welchen die verſchiedenen Kor—
per auf mannichfaltige Art zuſammengeſetzt ſind, ha—
ben durch ihn ebenfalls ihren Urſprung erhalten. Ehe
Gott alles fch ‚uf, wer außer ihm noch nichts da, und
nichts iſt außer ihm da, was er nicht gemacht hatte. —
Gottes Wille war Urfahe — Mittel u. Werk—
zeug. Materialien brauchte er eigentlich nicht. Nun
fie vorhanden find, kann er fie zu neuen Werfen ans
wenden, fann durch Auftoſung, neue Miſchung und
10 | ©.
Schöpfung, (was zur Welt gehöre?)
Verbindung der Materie einer Welt eine veraͤnder—
fe GeftalE geben; aber die erften Materialien ent>
al. durch er Allmacht ohne Er und
ulfe. —
B. Um ung von der Se der W. gcho-
rige Degriffe zu machen, fo müffen wir an
das Diele gedenken, wag zur Welt gebort.
Allein wer fann es nur in Gedanfen faffen, u. wer
zählen die Werke Gottes?! Die Größe des Weltallg
uͤberſteigt alle Borftelung unendlich meit.
ı) Dan denfe an die Elemente: Waffer, Luft, 5 euer
u. Erde. Sie find durch Gott da, aber wie — 2
Man denke beſonders an die Eu ft, welche sum Wachg-
thum der Pflanzen fo unentbehrlich iſt. Menſchen u.
Thiere een ia ohne fie gar nicht athmen und le⸗—
ben. Die Luft traͤgt die das Waffer an fich ziehenden
und —— Wolfen, Die ung den zum Wachs⸗
thum der Früchte, Gewächfe und Pflanzen fo fehr
nothwendigen - Negen geben, welcher das trockne
Erdreich uͤberall befeuchtet. Weislich vertheilte Gott
das Waſſer auf der Erde und laͤßt es unter derſelben
rinnen, ohne welches Menſchen und Thiere verſchmach⸗
ten und manche Pflanzen und Kraͤuter verdorren wuͤr—
den. Fluͤſſe und Brunnen find als Mittel gegen den
Durft, gegen Unreinigfeie und um Heuer zu löfchen, die
größten Wohlthaten Gottes. —
2) Erheben wir uber ung unfere Blicke, fo werden wir
Spanne, Mond und Sterne und dadurch die mantich-
faltigften, zahlreichfien und größten Weltförper als v.
Gott erfchaffene Werke gewahr, Pf. 19, 1; Hiob 9
95 Pf. 147, 4. 5. Die Sonne ift eine große feurig
fcheinende Welt m. doch nach aller Ueberlegung einer
der Fleinften Sigfterne, fireuee durch Mikionen Meilen
Leben, 5 u. Fruchtbarkeit aus. Sie laͤßt ihre
wohlthaͤttgen Einfluͤſſe ſieben Hauptplaneten und zwoͤlf
Trabanten genießen. Ohne fie würde Fein Fichte und
feine Wärme feyn, alles würde vor Kälte erflarren,
die Erde Feine Kräuter, Gewächfe u. Früchte hervor⸗
bringen und die M. nicht Ieben Eonnen. - Gott gab
ihr die angemeffenfte Stellung. Die neun entdeckten
©.
Schoͤpf un g, (was zur Welt gehoͤrt?)
Maneten *) mit ihnen 10 big 12 Nebenplaneten, wor-
unter auch der — die Nacht erhellende, fanft und lieb-
lich firahlende Mond gehoͤrt. — Welch, einen ungeheu⸗
ren. Raum müffen die 40 bis a5 zur Sonne gehsrigen
Weltkoͤrper LU wenn ihre Dunftfreife nicht auf
einander ſchaͤdlich wuͤrken ſollen. Kein Sterblicher
kann aber fügen, wie weit ſich unſer Planetenſyſtem
erſtrecke. Zahllos ſehen wir bie Fixſterne im weiten
Himmelsranme ausgeſaͤet, wovon man fchon mit bin-
fen Angen 3000 ge— sähe bat. Sie Hiel größer aber
wird die zahl derer ſeyn, Die 5 weit von uns ab⸗
‚feehn, dag wir fie auch mit ben Sernrohren nicht ent⸗
beten fonnen. Die Zahl der Sandförner an des
Weltmeers Ufer iſt nur etwas geringes gegen Die Zahl
der Welten und Weltſyſteme. Schnell bewegen fi
ie Himmelskörper, aber - —— verirren fie fi
je aus ihrem Öfeife, werden nicht weggeſchleudert,
em auch nicht in ihrem Laufe, Pondern be al En
nach Endigung ihres lähelichen Umlaufg Ihre Bahn
neuem. Die entlegenſten Sternhaufen erſcheinen Be
wie ein: ſchwacher Lichtſchimmer. Wer vermag alſo
die Sterne zu zaͤhlen **)? Jeder dieſer Sterne iſt eine
Sonne, und zwar weit 5 als die ah iſt. Jede
dieſer Sonnen erleuchtet und wärmer ihre Welt, d. h.
vielleicht mehrere Dlanetenfpfteme. Jeder diefer Sterne
leuchtet ale Sonne gewiß nicht fraurigen geſchoͤpflo—
fen Wüfteneyen, Das feritte offenbar mit Gottes fonft
befannter Güte und Weisheit. Feder diefer zahllofen
Weltkoͤrper ift vielmehr, wie unfere Erde bewohnt, —
. bewohnt von vernünftigen und vernunftlofen Geſchoͤ—
pfen in unendlichen Abartungen von den Erdgefcho-
pfen; vergl. Doderl. chriftl. Nel.»Unterr. Th. VIL
— —
*) Veber den sten, ſ. Ir Th. ©. 77. *) VerglJ. €.
Bode von dem neuen zwiihen Mars und Jupiter ent:
dedten achten Hauptplaneten des Sonnenſyſtems mit e.
Kupf. Berl. 1802. 8. Den gten entdedte am zsften
März 1802. Dlbers, die Pallas, einen Stern ster Grüße.
**) Allein im Orion, (einem Sternbilde) hat man 2000
Sterne unterfhieden, und im Siebengeſtirn 200 gezaͤhlt.
Bas find fie aber gegen die übrigen vielen Sternbilder ?!
—— —
Schöpfung, (mas zur Welt gehöre?)
G.88. Cludius ır Th. ©.308 f.; 317=19. Eſaias
45, 18. — Alle diefe unzählbare Weltforper haben ihr
eigenes Gebieth, ihren eigenen Wuͤrkungskreis, ihre
eigenen Bahnen, die ſie in einer ungeſtörten Drdnung, .
in Zeiträumen, an welchen auch nicht der Eleinfie Zeitz
; theil fehle, ohne andere zu hindern, oder von ihnen
gehindert zu werden, burchlaufen. |
3) Betrachten wir unfern Eleinen Wohnort — die Er-
de, deren Befchaffenheit und Einrichtung wir genauer
u. — gewiſſer kennen, ſo wird ung die,große Schö—
pferfraft Gottes noch naher verfinnlicht;
a) Schen diefe Wiege der Menfchheit — diefer Wohn-
ort während unſeres Kinderſtandes ift ein — für uns
ganz unermeßliches und unbegreifli ches Reich. Die
Erde bat in ihrer Oberfläche über 9 Niflionen Meilen
ing Gevierfe. Ungeheuer groß ift ihre Mae. Und
doc) verliert fie fih in- dem AU wie ein Punkt, Ef, -
40, 13. 17. Gie beſteht aus 2 Reichen, erflaunlich
‚in ihrem Umfange, gleich ſtark bewohnt, bevolfert und
faft gleich glücklid — dem Meltmeer und dem trock—
nen Boden. Ihre Oberfläche ift durchgehends unter
dem Meere oder dem Waffer wie auf dem Trocknen
feftes Land, verfehen mit unzählich rohen u. Funf-
voll eingerichteten Korpern und bewohnt von zahlloſen
empfindenden Wefen. Das fefte Land oder der Theil,
auf welchen Menfchen wohnen, ſchwimmt mitten im
Weltmeer. In und unter den Fluthen des umgeben—
den Weltmeers leben und freuen ſich Millionen Ges
(höpfe und Menfchen wohnen in feiner Mitte. An
zwei Drittheile dieſes Weltmeers bedecken. die Erbe.
b) Welch eine bequeme u. vortheilhafte tage,
gab Gott der Erde, welde nüßliche Einrichtungen
traf er auf derfelben! 5. B. wie vortreflich ift ihre La—
ge gegen die Sonne, um das ung nöthige Maaß von
Lichte und Wärme — zu ertheilen, welch eine ange»
meßne Bewegung in der Sonnenbahn, um aud) Die
nördlichen Känder bewohnbar zu machen, welch eine
mweife Vertheilung des Gewaͤſſers! Welch eine heil—
ſame Verbrennung ſchaͤblicher Ausduͤnſtungen durch
maͤchtige Gewitter, die durch Darreichung der Salze,
Steine, Metalle, Kohlen u. ſ. w. nuͤtzlichen Gebirge!
Welche nuͤtzliche Lagen von Kleß, Mergel, Thon und
©. . ee
Schöpfung, (mas zur Welt gehört?)
verfchiedenen fruchtbaren Erdarten! Reine diefer Arten
it ohne Nutzen. Man nehme in Gedanfen die Sanp-
ſieine, dag Eifen, das Blei 2c. weg, welch ein großer
Berfut würde entfieben! So wie dieErde ießt einge-
richtet it, fehle e8 an Feiner Hauptſache, und Fein Na—
| urerjehgnig iſt —— Welch eine Menge von Baͤu—
men, Gewächfen, Stauden u. Kräutern, die zur Stab:
rung, Bekleidung, Wohnung, Erhaltung und Wieder:
herſtellung der Gefundheit und zum Bergnügen A; B.
die Blumen) dienen! Berge, Wälder, Klippen, Thaͤler,
Flaͤchen, Duellen, Slüffe, Ströme, Seen, Teiche und
Meere verfcehönern die Erde, zeigen unferm Anblicke die
angenehmſten Abwechſelungen und haben in Abſicht der
Winde, Nebel und Gewitter den größten Nutzen. Laͤ⸗
gen die Bergketten anders, waͤren ſie hoͤher und nie—
driger, ſo wuͤrde die Temperatur der Luft, ſo wuͤrden
die Winde, die Gewitter, Regen und Sonnenſchein in
den Laͤndern, woſelbſt das waͤre, ganz anders ſeyn.
Alle erdenklichen Abaͤnderungen wuͤrden nachtheili ‚ger
ſeyn, als e8 die vorhandene Einrihfung if. Im
oflanzenreiche zeigt fih, wenn man fih vom
ſichtbaren Moofe Bis zur gewaltigen Ceder oder 300
jahrigen Ei: bindenft, die Große, aber auch die
Güte des Emigen! Man ficht da hohe Schönheit,
aber auch weſentliche Vortheile. Giebts nicht unge-
‚zählte Arten von Gewaͤchſen auf den Gipfeln der Eis—
und Schneeberge wie in den dunkeln Thaͤlern, auf den
Fluren und auf des Meeres Boden? Sind fie nicht,
wenn fie ſich auch in den Haupttheilen (Burzeln,
Stamm und Blättern) gleichen, doch an Form und
Bau, Farbe, Blumen, Früchten, und in den Kräften
derfelben verfchieden? Dem Auge gewähren fie bie
angenehmften und abmwechfelnde Farben, dem Geruch
mwohlriechende Düfte, der Zunge Wohlgefhmaf, und
der Gefundheit und dem. Leben Nahrung und Stärke.
Sie verfchönern die Erde und vergnügen Verſtand und
Herz... Sie füllen die Gärten an, geben dem M. Hol;
zu Käufern, Hütten, zum Geräthe und zur Wärme.
Sie nähren die Thiere. Sie geben die Lieblichften
Speiſen, : man bereitet aus ihren Srüchten die beften
Getraͤnke und durch ihre Afche werden wichtige Kunf-
eczeugniſſe hervorgebracht.
14. >
Schöpfung, (was gehöre zur Belt?)
c) Allenthalben find Gefchspfe Gottes, nirgends if
leerer Raum. Sjeder Tropfen Waffer iſt voll von Ge
fchöpfen, und iedes Geſchoͤpf iſt wieder eine von an—
dern Gefchöpfen bewohnte Well. Eben fo ift jedes
Sandforn eine belebte Welt im Kleinen mitten in ber
großen. Mit einem Zußtritt vernichtet oft der Wan-
derer einen ganzen Staat Heiner Thiere u. wenn wir
einen Tropfen Feuchtigkeit wegwiſchen, todten wir
Hillionen von Geſchöpfen. — Unausſprechlich ift alfo
die Zahl der lebloſen und ‚belebten empfindenden Ge—
ſchoͤpfe auf ihrer Oberfläche u, in ihren Eingemeiden.
Jedes Fleckchen Erde hat feine Bewohner, die oft ın
einem Eleinen Puͤnktchen bei faufenden sufammen leben.
Diefe Fleinen, aber deſto zahlreichern Staaten gibts in
der Tiefe wie in der Höhe, in Sumpfen wie im Sans
de, zwifchen den Steinritzen, mie auf dem Laube ver
Pflanzen und Bäume. | | N
Die Arten u. Gattungen der Gefchöpfe auf
der Erde find ungemein mannichfaltig und
zahlreich, (Pſ. 104, 24=28) v. mannichfaltiger Größe
und Bildung, Schönheit und an Lebensart, Trieben
und Kunftfertigfeiten und an Fruchtbarkeit. fehr ver-
fihieden, aber in ihrer Are vollkommen, in ihrer Bil-
dung und Nahrung, in ihren Trieben und Werkzeu—
gen ganz harmoniſch. — Welch eine Menge v. Land⸗
thieren, ſowohl zahmen als milden, da man fihon 450
Gefchlechter derſelben kennt? Welche Heere von aller-
lei Vogeln Deren man ſchon 600 Gefihlechter — wo»
von iedes eine andere Stimme, einen ander Flug, eis
nen eigenen Geſchmaͤck dem Sleifche nach hat — Des
fchrieben hat), die mit ihrem Gefang oder Gefchrei die
Lüfte erfüllen. Wie viele Thiere, Die auf dem Lande
und auch im Waffer leben Eönnen! — wie ungeheuer
viele Kerb- und Schaalthiere! Kurz allenthalben wo
wir auch find, find wir von Geſchopfen Gottes umge»
ben. Allenthalben ſtehen wir in Gottes Gebieth. Die
ganze Schöpfung ift demnach ſein Tempel.
Hei weiten fennen wir die Gefchöpfe Gottes noch
nicht ale, da noch fo viele Länder im ihrem Innern
unbekannt find. Schon bei den befannten feh—
len uns Zahlen — Kamen und Sinne, um ihre
unüberfehbare Reihe zu faffen. Beachten wir es, Daß
©. ' ıs
Schöpfung, (was gehört zur Welt?)
außer den vielen ung noch unbefannten Thieren, fo
viele Schaaren ſchon auf der Erde gelebt Haben, noch
feben und in der Solge noch leben werden, und daß
fo vieler Kerbthiere Leben fo fehr kurz ift, daß ſchnell
Myriaden von ihnen entſtehen und ſchnell wieder ver—
gehen: fo muß man über den großen Umfang der
Schöpfung als ein Werk Gottes erflaunen. So piele
1000 Gefchlechter der Thiere und in iedem fo zaͤhl—
fchwere einzelne Thiere find, wenn fie ihre befondern
Neigungen, Bedärfniffe und Intereſſe haben, doch alle
fo geordnet, daß fie zuſammen gluͤcklich leben koͤnnen.
Die Fiſche ſtehen z. E. nicht den Landthieren, dieſe
nicht den Vogeln, den Kerbthieren nicht die Fiſche im
Wege. Der Waſſervogel naͤhrt fih anders als der
Raubvogel. Sie alle find Fünftlich gebaut, befonders
bewaffnet, und fie haben ihre eigenen Kunfttriebe. Gie
find son berfchiedener, aber alle von fehöner Geſtalt.
Selbft die, welche auf den erſten Anblick haͤßlich find,
ſind doch, fey es den Farben, oder der Form u. dem Eben-
maaß der Theile nach, fhon. Sie alle haben einen
fünftlichen — aus vielen taͤuſend Theilchen eingerichte-
ten Bau, und zwar fo eingerichtet, daß bei ihnen dag
Dlut und die Kebensgeifter slücklich umlaufen fonnen.
ie unbegreiflich müffen nicht die Gefäße, Eingeweide,
‚Glieder und Einne der Thierchen feyn, die man nicht
mit bloßem — fondern nur mit bewaffneten Auge fe-
hen kann, da fchon größere Keibestheile an einem gro—
Ben Geſchoͤpf uns in Erftaunen fegen! Damit nicht Die
Arc einer Thiergattung zu fehr fich vermehre oder ein
zelne Thiere vor Hunger und Ulter fterben, bat iedes
Thier feine eigene Feinde, aber auch feine eigene Waf—
fen, oder e8 weiß fich durch Eift zu helfen. Was dies
ſem Thiere Nahrung ift, iſt dem andern ungenießbar
oder Gift. Sie leben in der Luft, im Waffer, in
Sümpfen, in den Wäldern, in der Erde, in Mauren,
Kleidern, Effen, Büchern u. few. Sp viele der
Gefhöpfe man kennen lernt, fo viele neue
Wunder ſieht man.
Vergl. (Schu) Verſuch e. Gittent, falle M. ır Th. ate
A, Berlin 1786, ©. 13 fir: „v. d. Seſchoͤpfen auf d. Erde
| überhaupt.“ |
160 | S. |
Schöpfung, (was gehöre zur Welt?)
Diefe Bewunderung wacht, wenn man erwägt:
wie viele Vortheile ung die Landthiere, Fiſche,
Vögeln. f. w. geben, wie ſelbſt denen, die uns ſchaͤd⸗
lich find, eine Furcht eigen ft, fo dag fie dor ung
flieben — mie die Thiere durch ihr fchmackhaftes
Fleiſch, Miley u. f. f. ung Speife — aus verfchiede-
nen Theilen ihres Leibes ung Arzeneyen — durch ihre
Wolle over Zelle ung Kleidung gewähren, — wie fie
für ung arbeiten und wachen — wie verfchiedene Thie-
re ung entweder durch ihr Unfehn, ‚oder durch ihren
Geſang — oder durch ihre Gefähieklichfeit, wozu fie
ſich abrichten laffen, ung ergötzen. Dann ſieht man
‚indem Allen die Weish. und Güte des Schoͤpfers.
Selbſt die Gifte in der Natur haben in vielen Gewer—
fen und in der Heilkunſt ihren großen Nutzen. Wer-
. den fin wohl angewandt, fo werden Dadurch Die gs
faͤhrlichſten Krankheiten und die traurigfien Gifte ge-
hoben. RECHTE Thiere gibt eg nur wenige, Die
reiffenden Thiere vermehren fi) wenig. Sie find in
heiffe Länder verwiefen. Kurz, Die ——
der Natur iſt vortrefflich.
d) An uns felbſt bemerken wir um ſo mehr den
Schoͤpfer, ie mehr wir durch die Koͤrperbildung u. des
nfterblichen Geiſtes ——— — uͤber alle andere
Thiere fo weit erhaben ſind. Die Menſchen machen
ia eine neue Ordnung der Wefn de, aber fie haben
den erfien Grund ihres Daſeyns gänzlich in dem Ur-
wegen. Gott ſchuf die beiden erfien Menfchen, Adam
u. Eva, d. h. den Erdenfohn und die Lebensmutter.
Wenn man auch IMof. 1, 26; 2, 7. 21 als bildlich
oder als finnliches Gemälde anfieht, fo liegt darinnen
doch die Wahrheit: Gott gab d. Urmenſchen duch
feine unmittelb. Schöpferfraft das Daſeyn
und ließ fie die Erde mit vollendeten Anlagen des Lei-
bes und Geiſtes betreten; vergl. Ammons wiſſen⸗
ſchaftlich prakt. Theol S. 109. 110 Anmm.: An der
Moſaiſchen — — — Ichs ausmacht. — Gott gab dem
erfien IR. einen der Erde, feinen Wohnſitze, angemeſſenen
Leib. Er ſchuf denſelben aus Erbe d.h. er gab ihm
einen dem Weſen nach thieriſchen Leib, belebte denſel—
ben und verband damit eine unfichtbarg, vernünftige
und
©. | 17
Schöpfung, (mas gehöre zur Welt?)
und unſterbliche Seele, eine Seele Gott aͤhnlich, die
gleichſam ein Theil ſeines Weſens, ein Hauch ſeiner
Gottheit, d. i. gleichſam aus ſich ſelbſt war (Die Seele
ift alfo nicht wie der Leib irdi schen, ui sen göttlichen
Urſprungs, und göttlicher Katur), TMoſ. 1, 26. 27.
Er fielte am Leibe das Haupt des M. oberwaͤrts, das
mit er ich empor und feine Hungen gen Himmel richten,
oder achtſam alles um ſich her bemerken könnte. Weil
ihm noch eine Freundin, — eine Gehülfin, eine Ges
fellfchafterin und ein Beiſtand fehlte (denn Unſterbliche
ſind nur des Gluͤcks der Freundſchaft fe sig), fchuf er
einen dem Adam oder erftei Dessen ſo vollkommen
gleichen Menſchen weiblichen G ———— (aber auch
einer unſterblichen Seele BR zu feiner beffän-
digen Geſellſ chaft beſtimmt, als wenn er (Gott) den
Adam die Seite geoͤfnet m. ein Stuͤck feines Leibes —
eine Rippe, herausgenommen und daraus feine Gattin
gebildet hätte *). — Beide waren vollſtaͤndig erwach⸗
fen, waren gleich mit dem Gebrauch der ihnen eigenen
Vernunft versehen und auch zum Sprechen mit einan—⸗
der fähig gemacht. Denn als unverſtaͤndi ge, huͤlfsloſe
und ſchwache Kinder, wie wir nun geboren werden,
hatten ſie ſich ſelbſt nicht forthelfen Eonnen, va fie
nur noch allein und da —— ihnen noch Feine andere
Menfhen waren; vergl. Doderlein’g Mel - Unterr.
MEBEVEL 8.150. 6. * ff.: „über den Urſpr. des
Menſchengeſchlechts;“ Götz Auszz. aus den Predd. üb.
die chriſtl. Gl. u. Sittenl. 2te verb. A. Gotha 1794.
gr. 8. ©. 32:37: „Bon dem M. nach ſeinem Urs-
fprung — nach feiner Beſchaffenheit u. Beſtimmung.“
Von dieſem einzigen Menfchenpaar —— das ganze
Geſchlecht der M. auf der Erde ab. 1Moſ. 1, 27.
28; Matth. 19, 4; Ap. ©. 17, 26. beſtaͤtigen dieſes
und es iſt dieſes auch ſowohl dem Gefese der Spar⸗
jamfeit, als auch der Einrichtung ber jerglieberten Koͤr⸗
per aller Menſchenarten, — fie weiße oder Neger
*) So erelart Les (chriſtl. Rel.“Theorie ste, ©. 328) die
BEDEDEE „Gott (auf Die Eva aus Adams Rippe.“
Dieie Redensart heist bios; Eva wurde ein Geſchoͤpf von
Be ſelben Art.
Chriſtl. St, Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. . B
18 A |
Schöpfung ‚ (was zur Welt gehört?)
feyn, gemäß. Auch wir flammen insbefondere v. ienen
beiden erſten M. ab. Nun beachte man, um die Größe
des Schopfers su bewundern, die zaͤhlreiche Menge der
Menſchen, die in alien Himmelsgegenden vertbeilt find. —
Durch Gott erhielten alfo auch wir dag Leben u. mit
demfelben unfäglich viel Gutes. Durch ihn erhalten wir
den Geift, der denfen, und die Dinge außer fi empfins
den, fich faſt ins Unendliche verbeffern un usbilden,
und fih auf die mannichfaltigfte Art freuen Tann,
Durch Gott erhielten wir den Leib, durch welchen
die Seele Begriffe erhält, und durch den wir ung eins
ander mittheilen.s Durch Gott erhielten wir unfer
Daſeyn an Diefem oder ienem Orte, von diefen oder
ienen — zu dieſer oder iener Zeit.
e) Außer uns und den Geſchoͤpfen, Die unfer Erdboden
ernährt, hat Gott auch noch andere Weſen erfchaffen,
Geiften, die vollkommner und erhabener find als wir,
namlich die Engel; denn da wir in der Natur, oder
in Nückficht der auf unferer Erde befindlichen irren v.
Geſchoͤpfen eine Stufenfolge ſtatt finden fehen, fo hans
gen nach berfelben die verfchiedenen Arten derfelb. gleiche
ſam wie die Glieder einer Kette zufammen und die ei—
ne übertrifft die andere an Vollkommenheit. Gewiſſe
tittelgattungen füllen auf diefer GStufenleiter den
Uebergang von einem Neiche der Natur zum andern,
von einen Gefchlecht zum andern aus. Der M. ge
höre nun zur Hälfte den Thieren u. der edlern Hälf-
te nach dem Geifterreiche an. Wir find gewiß nicht
die volifommenften Gefchöpfe. Bon uns bis zu dem,
der Alles in Allem erfüllt, ware offenbar, wenn nicht
Engel eriftirten, die mit m. und Gott in Berbindung
fichen, eine große Luͤcke; von uns big zw Goft kann
e8 immer höhere u. — Naturen geben. Vgl.
ır Sh. Engel l. B. Er
Das ift nur — — nur der Anfang der Werke
Gottes. Weit groͤßere und erhabenere kennen wir noch
nicht. Syr. 43, 465 42,:175.43, 29. 34. Gegen
diefe — gegen das unermeßlihe Ganze ift dag, was
wir einfeyen, wenig, aber es ift fhon genug, um Die
Große und Herrlichk it, Macht und Weisheit, Wohl:
ehatigfeit und Güte Gottes zu erkennen. Ja unfere
Sorfellung erliegt unter dem Gewicht der
S 19
Schöpfung, Gott har alles erſchaffen —
Schoͤpfung. ınfere Bernunft finfe in den
Staub vor dem Schöpfer nieder voll Staw
nen n. Anbetung.
I. Gott ſelbſt Hat alles mit göttl. Allfraft
u. Allweisheit erfhaffen Er iff allein Urhe⸗
ber des ganzen Weltalls. 2
— Theologen, z. B. Reinhard Gorleſſ. uͤber d. Dogm. ©,
3166), Junge in Düderiein’s Rel.Unterr. 6. V ©,
28233. u. 0. m. nehmen Joy. 1, 3. (wabrſcheinlich HE Asyas
nur eine Eigenſchaft im Sort, z. B. eine Weisheit; ſ. Dia
derieins Rei, Unterr. &b. VI. S 29.) Esoiſ. . 16.17
und Ebr. I, 3 eigentlich cher glauben, daß wuͤrklich Ehriax
ſt u s alles erſchaffen habe. Andere aber ſagen dagegen, daß
Gott — der Vaͤter, ver Schoͤpfer ſey; das a, Teſt. weiß Ton
iener Meinung gar nichte. Im ienen neunte. Stellen wird
deshalb Jeſus Chriſtus Schoͤpf. der W. beigelegt, weil da—
bei auf den Zweck Jeſu, Menſchen zu beſſern, zu veraͤdeln und
zu befelisen, auf die fittliche Schöpfung gejchen wird, vergl.
Hezels Schhriftforicher ar B. ©. 3735 exeger, Handb. der
bibl. Beweißfielien in der Dogmat. 2ten Th. ıfie Abth. S. 3795.
vorzuͤglich S. 385. 389 f.
Beweiſe, daß die Welt erſchaffen worden
if und zwar durch Gott. *)
Nach unfern finnlichen Erfabr: ungen ift Die Melt
vorhanden, aber durch wen? Wir feben die Pflanzen
entiichen aus ben Saamenkorn der vorbergebenden ſchon
verdorrten Dilanze oder aus ihrer Wurzel. Woher
entficht die verborrte? aus der vor ihr vorhandenen.
Wir gehn alfo von Urfache zu Urfache ruͤckwaͤrts, um
die erite, von welcher alle übrigen — ihrer ganzen uns
abſehlichen Reihe nach **) — bloße Wuͤrkungen ſind,
aufzufinden und, da ſie in der Reihe des Gegruͤndeten
nicht befindlich iſt, außer derſelben zu ſuchen. Man
muß zuletzt alſo auf eine erſte Ur ſache kommen, um
ſich das Vorhandenſeyn ver Welt zu erklaͤren. Ends
— muß unſer Nachdenken Bei einer Urſache ſtehen
B 2
⸗
Lersl. Reimarus Wahrheiten d nat, Rel. te
h
> =) Man vergl, das, Theil IL, ©. 94-100 im Art. Gott,
Geſagte.
⸗
20. | S. |
Schöpfung, (Beweife, daß Gott Urheber der — if.)
bleiben, die nicht wieder eine Würfung von einer an
dern — die vielmehr ohne Zuthun einer andern vor—
handen — die für fich und nochwendig da if. Man
muß alfo, wenn man nicht dag Nichts zum Urheber
alles des, was erfchaffen ift, annehmen will, etwas
Emwiges und Nothwendiges annehmen. Bei allen Ein»
richtungen, die Verſtand und Abficht verratben, muß
man einen ordnenden Verſtand als die erfte Urſache
diefer Würfungen voraugfegen. — Iſt dieß — erfo-
dern die fittlichben Naturen in: der Welt einen Scho-
pfer, der nad) dem Endzweck und Plan einer volf.
fittl. Vernunft fchuf und kann die Vernunft in ung
nicht ohne einen legten Grund aller Vernunft u. fittl.
Geſetzgebung begriffen werden, fo ift es nothwendig,
Gott als die erfie Urfache anzunehmen, welchen wir
zwar nicht fehen, der aber die Sinnenwelt als vors
handen darſtellt.
1) Außer Gott kann nichts ewig und durch eine innere
- „Mothmwendigfeit beftehend feyn. Dffenbar mußte alfo
Die Reihe der erfchaffenen Dinge— die Welt einen An-
fang nehmen. Nicht wahr, fie ift der Erfolg einer
Würfung? fann aber wohldie Würfung eher
als die Urfache ſeyn? So menig, wie diefeg
möglich ift, fo ift gewiß diefe Welt fpater entftanden,
als Gott, die Urfache derfelben, ift u. war. Es kann
alfo die Welt nicht von Ewigf. feyn. Die Annahme
von einer Ewigkeit des Grundfioffs der Welt oder v.
Entftehung der Welt durch einen Zufall, von einem
Rückgang ins Unendliche m. f. w. find vollig der Ver-
nunft unerklaͤrbar, räthfelbaft und unannehmlich, aber
die Annahme einer Schöpfung eines hoͤchſten Wefeng
Loft diefe Raͤthſel und bleibe unferer Vernunft allein
reimlich. / | *
2) Wenn ein Gott iſt — wie er da iſt, fo iſt er auch
Schoͤpfer der Welt. Dieß bringt ſchon der Begriff
eines vollkommenſten Weſens mit ſich. Iſt Gott hoͤch—
ſter ſittlicher Geſetzgeber und Richter, ſo mußte er ſei—
“ nen vernünftigen Geſchoͤpfen Freiheit ſchenken, welches
nicht gefshehen fonnte, wern er als Schöpfer von der
mwüften Maffe der Welt abhängig gewefen, oder wenn
Die Melt ein Theil von ihm wäre Bom Dafıyn Got—⸗
tes ift feine Weltſchoͤpfung unzertrennlich. |
©. z 21
Schöpfung, (wie fhuf er alles?)
3) Die Natur Fann felbft nicht alles, was da ift, her-
Be sebracht haben; denn mag ift die Natur anders,
als der Inbegriff aller Dinge und Kräfte, die wir in
der Welt bemerken und antreffen? Kann fie wohl ge-
würft haben, ehe fie vorhanden war? Kann efwas
fich felbft fchaffen? Nimmt man aber unter dem Aus—
druck Natur die erfte Urfache aller Kräfte u. Wuͤr—
kungen in der Welt, fo ift fie und Gott einerlei-und
dann nenne man lieber. Gott als den Weltſchoͤpfer.
4) Die Bibel gibt Gott für den Weltſchoͤpfer aus; es
iſt dieß der erſte Satz, mit welchem ſie anfaͤngt, IMof.
15: fie wiederholt dieß fehr oft und nachdrücklich, 5 7
a 23, 6; 102; €. 45, 183566, 25 Jet: 10, —
Neh. 9, 6; Ti Maccab. 7, 28; Amos gr en Ehrr TI,
3; Ap. ©. 17, 245 Rom. 4, 17. — Sin alfen diefen
Stelien liegt die Wahrheit: Gott ift allein Urheber
des Weltalls und er hat alles mit gstel. Kraft und
Weisheit aefchaffen.
5) In Anſehung des Menfchengefchlechts Taffen fih un
endliche Reihen von vorhergehenden Geburten nr
gedenfen, alfozc. ſ. Reimarus Wahrhh.d. nat. Re
Dar avi. 3. 4,53.3.-©8.65 1.757. uf w.
II. Wie hat Gott alles erfhaffen?
Auf welde Art und Weife der unendliche Geift
etwas hervorgebracht hat, kann man freilich nicht an-
geben, (f. Bellermann a a. D. ©. 25 f.) aber
folgendes ift durch Nachdenfen doch einleuchtend:
ı) Gott fhuf alles aus Nichts, Ebr. 1,22%).
Die Redensart: Gott ſchuf alles aus eg
heißt nicht, daß dag Nichts die Materie, oder der
Stoff geweſen wäre, deren fich Gott beim Welterſchaf—
fen bedient babe, denn aus Nichts — wird nichts,
fondern c8 zeige nur an: e8 mar fein ewiger Urſtoff
da, aus welhem Gott die Welt fchuf. Vielmehr war
der Grundftoff, aus dem fie befteht, felbft eine Wuͤr—
fung Gottes. Es heißt: alles wurde ohne eine
*) Ta a4 ovrz ift — das, was vorher nod nicht da war,
was deshalb nicht wahrgenommen werden Eonnte — das
Unfistbare. Es tft bier alfo das gemeint, was vorher
noch nit vorhanden war.
22 Be: ya
Schoͤpfung, (wie hat Gott alles erfchaffen?)
vorhbergängige Materie Der letzte und einzige
Grund des Daſeyns von allem, war Gott. Er ſtand
nicht in der Zeit an der Spiße aller ſinnli chen Urſa—
chen der Weltwuͤrkungen. Vielmehr bewuͤrkte er das
Dot er der Welt Durch feine eigene Kraft. Er bes
urfte hierzu feines d J nett. Stoffs — feiner Materia⸗
lien, noch einer Bern — und Ausgießung ſeines
eigenen Weſens. Er wuͤrkte zeitlos, alfo ewig. Die
Elemente der ganzen * He — bie erfie Maferie oder
der urferüungl. Stoff der Welt entſtand Durch die uns
‚endl. Kraft ſ. Wollens, ohne alles Werkzeug, ohne
fremde Hulfe. Da wir M. auf dieſe Are nicht banen,
nd ee nn richt einmal denken —— wie ſich ſo
bauen laſſe, indem aterialien, Mittel und
Werkzeuge zu allen unſern Arbeiten erfordert wer—
den; — da wir bemerken, daß jebes Gewaͤchs aus dem
Saamen oder a. d. Wurzel entftehr: fo ift eg ung
freilich ſchwer, dieſe rt der Schoͤp fung zu fen.
Aber dennoch feige fe euf diefelbe Art. Denn nite
gende = erwähnt d. 6. Schrift etwas dv. einer vorhan⸗
denen Matkterie, Die Sort vorgefunden babe, fondern fie
laͤßt die Welt ganz und in jeder Hinficht von Gott
abhangen. b) Sie ſchreibt ihr auch einen Anfang zu,
‚mworinnen ber Gedanke liegt: die Welt war einmal -
nicht, IMoſ. 1,15: Bf. 102, 26..275. Sp 8: 22.6)
Nach Ebr. 11, 3 ik die Welt ausdruͤcklich aus dem,
was vorher noch nicht war, gemacht, vergt il Nacc.
——
2) Gott ſchuf alles kraft feiner Allfraft,
durch fernen bloßen — freien Willen, ohne
Anfrengung u. Mühe, Ser, 32, 175 Bf. 33,6. °)
Ebr. ı1, 3 (dur Gottes Wort v. h. auf ſein
allmaͤcht ges Gebiethen — durch ſeine Allkraft.) Offenb.
4. 11 (Willen). In der Redensart Gott ſprach:
es werde! verbunden mit Bf 33, 9 wder: Er
ſprach — u. eg wurde; Er wollte u. es.
geſchah, lest ſhon die Wahrheit: Durch Gottes
allmaͤchtigen Willen entſtand alles — die Koͤrper- wie
*) Die Ausdruͤcke: W. des Herrn md — Geiſt ff
Mundes bezeichnen bier feinen allmaͤchtigen Befehl,
S. 23
Schoͤp fu ng, (Wie ſchufG. alles? wann? in6 Tagen?)
die Geiſterwelt. Die Erhabenheit in dieſen Wor—
ten wird hervorſtechender durch die Kuͤrze des Aus—
drucks, der an ſich kraftvoll iſt. Blos das all—
maͤchtige Werde (gleichſam ſchon der Hauch des
Allmaͤchtigen) ſetzte die ungeheure Erdkugel
in Bewegung, gab allem, was darauf und
darinnen if, Daſeyn u. Leben u. gruͤndete
Die Geſetze u. die Ordnung, bie feitdem un-
verruücdt bis auf unfere Zeit fortwähren,
ISRof. 1, 3 Big Ende Gein Wille ward Ur-
ſache — Mittel u. Werfzeug. Nur ſo kann der
Ewige ſchaffen!
3) Gott ſchuf alles in einer gewiſſen Zeit, aber
feleft Zeitlos, d. h. ohne daß er felbft den Be dingun⸗
gen der Zeit unterworfen war. Er ſchuf die Welt
nicht von Ewigkeit. Es muß einmal eine Zeit vorhan—
den ſeyn, wo Dinge auſſer Gott anfingen zu ſeyn —
der Anfang aller Zeit. Die h. Schrift fihreibt auch
der Welt, nicht blog der gegenwaͤrtigen Weltverfafung
und der iegigen ABeltform, RER überhaupt der Ma—
ferie und Form einen Anfang u. Urſprung zu, Elf.
1, 1. Sie behauptet alfo damit, daß ſie einmal nicht
geweſen iſt, Seh. 17, 5. vergl. V. 24 und Ephef. 1,
4 wird diefes auch deutlich verfichert. —
Ob Gott das ganze Weltall aufeinmal oder — nach und nach,
u. nach der&rzähl, des moſgiſchen Schpfungsgemaͤldes
in ſechs Tagen GSeitraͤumen) erſchaffen habe, iſt eine Frage,
welche zuverlaͤſſig zu beantworten zu ſchwer if und welche
feine Erbauung Eeförtert. „Laßt man Gott die Welt in 6
„Perioden fyaffen, fo beberzigt man nicht, daß feine Befehle
„unendlid) find, ‚wie er ſelbſt; man ſchraͤnkt ihn dadurch In
„Raum u. Seit ein, und macht ibn zum endlichen Geſchoͤpf.
„Die Paturgefdjichte macht auch unaufloͤsliche Einmwürfe acgen
„eine perivvifche Schoͤpfung nad) der moſaiſchen Angabe. Wur⸗—
„en 3. B. die Pflanzen in der Zten, die Thiere aber in ver
„sten Periode erfchaffen, wann wurden wohl Me Polypen oder
„die Corallen hevvorgebencht, die weder Thiere noch Pflanzen
—— ————
Nach der moſaiſchen Erzählung konnten Leim Anfang der Scho—
„pfung noch keine eigentliche abgemeßne Tage da ſeyn, weil sie
Erde erſt am gten Zage ihre beſtimmte Laufbahn um bie
*) Gablers neueſtes theol. Journ. ır D. ©. AT. 48.
24 ©. |
Echöpfung, (erfolgte fie in 6 Tagen oder Zeiträumen ?)
„Sonne antrat; folglich erft alsdann in dieienige Verbindung
a Planetenſyſtems einrücte, aus weicher die Ränge der Tas
„ae und Naͤchte und die Abwechlelung der Sahresgeiten begreifz
„ich wird. Die iesige Einrichtung der Erde it erft nach und
‚nach zu Stande gefoinmen. Der Almächtige Eonnte freitich
„ohne eine größere Anwendung feiner Kraft der ganzen Erde
„ihre völlige Schönheit und die ihr. beſtimmte Vollkommenheit
„in einem einzigen Augenblicke geben. Denn Ihm iſt es eis
„nerlei, ob er alles auf einmal, oder in einer gewiſſen ihm
„belienigen Ordnung und Zeitfolge fchaffe? Nur für uns if
„es faßlicher, wenn wir uns die Cache auf die letztere Art
„vorfielen,” ”)
Man kann fich under den 6 Tagen unterm Zeiträume denken,
in denen ſich die ſchaffenden Kraͤfte, die Gottes Wundermacht
in die Narur des Erden-Chaos u. d. Elemente gelegt hatte u.
die zur Erde gehörigen Dinge, nad) u. nach — oder ſtafenweiſe
zum herrlichſten Ganzen durch Gottes Kraft” entwickelten.
Der Gedanke: die Schdpiuna erfolgte allmählich
d. b, all maͤhlich entwicelte fich alles, ift nur bilds
lich ausgedruͤctt — Gott ging bier nach dem Geſetz ver Gparz
ſamkeit zu Werke. Es Heißt. aber nicht: Gott ſchuf als
les zu verſchiedenen Zeiten, over: er fchaf erii ven
Urfioff des Welrolls oder auch unſere Erde, und dann erſt Bilz
dete er nad) und nach ven Erdball aus. Dieß ifi zu menſch—
lic) gedahhts; Pi, 33, 6. 9%
4) Gott fhuf alles allein, ohne! Kuchgeker
und Helfer, (Rom. ı1, 38. Zt.) und ohne Werk—
zeuge, denn des alfen bedurfte er nicht.
5) Gott ſchuf alles ſehr weiſe und ——
a) weife; dieß zeige der Anblick der Welt, ihrer Ein—
richtungen ꝛc.; Ei felbft am kleinſten Wurme ift dieß
fichtbar. Die Erfahrung ift dafür Zeune Go alle
Vorſtellung überfleigend dag Weltall auch ift, fo fin-
den wir doch darin die Inniafte Verbindung und Die
genanefte Ordnung. Alles haͤngt wie eine Kette und
wie eine GStufenleiter in einem Dafeyn entweder u
aleicher Zeit, oder eines auf dag andere folgend zu—
— — — — — —
) J. A. Hermes Handb. d Rel B. ©, 232. 233.
„Gott hatte keine Zuſchauer, die an ſolche Zeitmaaße, als
„24ſtündige Tage find, gewohnt waren, Wann er iedes—
„mal 24 Stunden paufirt haben foll, verfiehe ih nicht.
Dr, € Fr. Bahrdts Syſtem d. Dogm. ıfler B.
©. 215.
2 &; ; 25
Schoͤpfung, (Gott ſchuf alles allein — weiſe u. gut.)
ſammen. Genau find die mannichfaltigſten Geſchoͤpfe
durch allmaͤhliche Uebergaͤnge mit einander verbunden.
Das Größte iſt mit dem Kleinſten zuſammengeſetzt und
beide hangen genau mit einander zuſammen; die Erd—
ſcholle mit dem vollen Halm, dieſer mit dem Thier,
dieſes mit dem Menſchen, dieſer mit dem Engel. Das
Amulerkleinſte iſt alſo wie dag Allergroͤßte ein Ring und
Glied in der unermeßlichen Kette des Weltalls. Die—
ſes macht nur ein einziges Ganze aus, welches aus
lauter Urſachen und Wuͤrkungen und aus Wuͤrkungen
und Urſachen beſteht. In demſelben ſteigt die Natur
vom Kleinern Dis zum immer Großern herauf, und
zwar durch tauſend (zahlloſe) Glieder fort Sig zu dem
der Gottheit Geiſte. Die Geiſter werden gewiß
ſo ſehr uͤber den M. erhaben ſeyn, als der M. uͤber
das kleinſte der Thiere. Aus dieſer faſt endloſen und
Doch harmonſchen Verſchiedenheit entſpringt die aller—
volton monſte Pracht und Schoͤnheit des Weltalls. —
Wie reichlich ſchoͤn iſt die Natur! Welch' eine Fuͤlle
von Kraͤften iſt in der Schöpfung, die alle unabläßig
nach erwigen Gefeßen und nicht zur Zerfisrung wuͤrken,
und thätig find. Don der Pflanze bis zum Menschen
ift eine unſaͤgliche Schaar empfindender und fühlender
Weſen und Gott erfreuet fie nach ihrer Genuffähig-
feit — regelmäßig — alle Auch die Ieblofe Schoͤ—
pfung iſt ganz fo eingerichtet, wie fie gerade folchen
Geſchoͤpfen, mit folchen Gliedmaßen, Trieben u. Kraͤf—
— angemeſſen und ihre Wohlfahrt zu befoͤrdern im
Stande ſind. — Offenbar iſt alſo die Welt ein Schau—
platz der goͤttl. Weisheit.
In Ruͤckſicht der Schöpfung der erften Men«
ſchen zeigte fich ingbefondere Gott weife, z. B. mehr
als ein Menfchenpaar war nicht nöthig. Die M.
wurden zuleßt, als ſchon alle zur Erde gehörigen Din—
ge da waren, erfchaffen; ſie follten die Gefchopfe und
alles Lebrige der Erde zu ihrem Vortheil gebrauchen
fonnen, IMof. 1, 26-29.
b) Gott ſchuf alles fehr gut, IMef. 1, 31;
Syr. 37, 29. Alles ift fo erfchaffen, wie es die Vollk.
und dag Glück des Sanzen erfordert. Alles, was anf
Erden ift, zeigt offenbar, daß es beſtimmt ift, zur.
Gluͤckſeligkeit lebendiger Weſen zu dienen. Jedes Werk
26 $ "I:
Schöpfung, (Gott fihuf alles weife u. gut.)
Gottes Al gut gerathen. Keins feiner Geſchoͤpfe ift
böfe. Jedes wurde fo, wie es feinen weiſen Abſichten
gemäß iſt. Zwar find die Geſchoͤpfe in verſchiedenem
Grade gut; denn. ein iedes Gefſchoͤpf konnte nicht
gleich aut — gleich vollkommen ſeyn. Sonſt hätte
feine Mannichfaltigkeit ſtatt finden koͤnnen, bie ar,
zur groͤßern Vollk. des Ganzen unentbehrlich iſt, 8
nicht iedes Metall konnte Gold und icht ein ber
Stein ein Diemant ſeyn. Nicht alle Pfianzen fonnten
einerlei Schoͤnheit, nicht alle Blumen einerles Farbe u.
Gerud — auch nicht alle baue eineclei Hol haben, |
und biefelben Krüchte ragen. Auch unter den Tiies
ven mußte eine Verſchiede heit fatt finden, . wornad).
diefes int Wafler, tenes auf der Erde, dieſes in *
Luft lebt und darinnen feine NRahrung finden kan:
Darnach behielt ieder Theil feine beſtimmte Einrichtu
und eine beſondere ae Aber iedes iſt im feiner .
Art nuͤtzlich, und ſtellt Gottes Größe dar, Eyr. 39
39 +41. aleß, felbft das Kleinfte und Unanfe liche
trägt: zur V Doll, des Ganzen dad Seinige bei. Go if
z. DB. manche Thierart log dazu da, daß fie die fod-
ten Koͤrper versehren und dadurch die Anhaͤufung der
für die Geſundheit der Lebenden nachtheiligen Ausduͤn—
ftungen verhuͤten folen. Was ung Gi fe ift, ift ihnen
Die zut raͤglichſte Nahrung, Pſ. 104, 10-32. Und der
Menſch iſt in ſeiner Art gut. Er war zunaͤchſt für
dieſe Erde — um ſie zu bewohnen, die verſchiedenen
Geſchoͤpfe zu beherrſchen, ſie zu feinem Vortheil zu ge—
bramchen und durch e. kluge Benutzung derſelben fein
zeitliches Wohlſeyn immer mehr zu befoͤrdern — ge—
ſchaffen. Gott mußte ihm alſo eine ſolche Ratur fchen-
fen, daß er die ird. Dinge zu feinem Gluͤck gebrau⸗
chen fonnie. Es reichte dazu nicht zu, daß ver einen
thierifchen Körper, mit mehreren kaͤnſtvollen Gliedern u.
Werkzeugen zum final. Empfinden verfehen, befam.
Um glücklicher als ein Saͤugt hier oder als ein Fiſch
im 8 aſſer zu werden, mußte er feinere Empfin-
dungen t. Kröfte befigen. Um alles zu behert-
ſchen, waren bloße Triebe und ſinnliche Gefühle zu we-
nig. Gott verſah ihn alſo mit dem. Vermögen, Die ver-
ſchledene Befchaffenheit und Brauchbarfeit der um ihn
her befindlichen Di ge zu unterſuchen, des Nuͤtzlichſte
Schöpfung, (wozu ſchuf Gottalles?)
einzufehen, iede Sache nach ihrem Werth zu beurthei—
fen, des sehen fich ‘zu erinnern, es mit dem
Gegenmwärtigen zu vergleichen, das Zukünftige zu über
denfen und alſo fotsof e für fein Zeitliches als auch
| — f. folgendes Sf . zu forgen — mit der Bernänft.
Dur) diefe vortreffl. Schigfeit wurde Der Menſch in
den Stand gefist, das Boͤſe und alles ihm Schaͤdliche
2: daB Gute auszuwaͤhlen und burch fortge—
Kbfe bung und Eı Fahrung immier mehr gluͤ ckli ch zu
werd f. unten Welt. — —
IV. Wozu bat Gott — erfchaffen?
El: Niheum fein felbft willen, um etwa dadurch
- feine, Breße und Herrlich ir. su enfdecden, oder, dag
er etwa ber Gefchöpfe zu feiner hoͤchſten Seliskeit be—
duͤrfte. Denn wer koͤnnte wohl von Gott denken, daß
er von ſelbſt ſo eingenommen, oder — ſo duͤrftig
waͤre, daß er von anen her noch einer Erweiterung
feiner Gluͤckſeligkeit fäbig g waͤre und notbig hatte. Der
weiße kann ı BT altes bios deswegen gefchaf-
‚fen Heben, um gefannt — geruͤhmt und ver:
ehrt zu werden. Dieß wäre ſonſt eine dem Allerhoͤchſten
——— eine Welt zu ſchaffen, blos um die
Frende der Anbetung zu genleßen, und bald mit Ber:
gnuͤgen zu ſehen t, wie die vernuͤnftigen Geſchoͤpfe feine
Werke anſtaunen und kindiſch bewundern, bald aber
mitleidig und felbft genügfam zu bemerken, mie Diefel-
ben Weſen ber Sehler und Berirrungen klagen u. wie
er ibre Kräfte dazu in Thätigfeit gefegt hätte! Hat
dennGott, der. niemandes bedarf, dieß noͤthig, um ſich
ſeiner Groͤße zu freuen? ) ſondern
2) Die Bewuͤrkung von Gluͤckſeligkeit außer
ſich war der Zweck der Schövfung und die Hauptſache
bei der Aa der Welt. Darauf und zwar
ganz allein beruht die Ehre des Schöpfers_ als Schoͤ—
pfers. Da diefer dag allerfelisfte Weſen ift, fo muß
fie auch ledigli ch der alleinige Zweck ſeyn und Die Ber—
*) Hinge Gott von — Verehrung der Geſchoͤpfe ab, ſo waͤre
er ia, ehe ſie waren, elend geweſen. Ein ſo ſchwachſinniges
und eigennuͤtziges Weſen koͤnnte auch nicht die Welt zu ſei—
nem Vortheil erſchaffen haben.
28 | | S; |
Schöpfung, (legter Zweck Gottes bei der —)
herrlichung Gottes kann hier nur als ein unentbehrl.
Mittel für vernünftige Geſchoͤpfe, um vollk. u. glück
lich zu werden,in Betracht kommen. Dieß lehrt auch
die 5. Schrift in allen den Stehen, mo fie Gottes
Güte gegen die Geſchoͤpfe preißt, und die abfichtsvol-
Ten Einrichtungen der Erde bemerkt, die ſaͤmmtlich da-
zu dienen follen, iedes Gefchopf ein reichliches Maaß
von Glücfeligk. genießen zu laffen, Pf. 104, gan;
Ap. ©. 14, 175 17, 245 da nun aber die Glückfeligk.
vern. Gefchöpfe nur dadurch moglich ift, daß fie Gott
erkennen und durch Tugend verehren, und dadurch des
Wohlſeyns ımmer mehr würdig zu werden trachfen, u
hierinnen Gottes Ehre befteht, fo wird diege Bekannt—
machung der Ehre Gottes in der b. Schr. auch als
ein Zweck der Schoͤpfung angegeben, Ap. ©. 17, 26:
28; Rom. 1, 20. Dach Col. 3, 17 follen dit. M. al:
leg zur Ehre Gottes verrichten. Dieß bezieht fih aber
offenbar auf die Gluͤckſ. der Gefchöpfe. Dieſe bleibe
aber immer der letzte Zweck der Schöpfung. Gottes
Ehre iſt offenbar nichts anders, als die auf Erf. und.
Empfindung der höchften Macht, Weisheit und Güte
Gottes fich gründende Liebe und Ehrfurcht der ver-
nünftigen Wefen gegen ihren Schöpfer. Gie ift alfo
eine Würfung und Folge der verbreitegen und noch zu
verbreitenden Glückfeligfeie. — Gott wollte alfo,
daß durh die Schoͤpfung möglidhfi das
hoͤch ſte Gut, u. eine ber Sittlichkeit außer
ihm entfprechende Gluͤckſeligk. bewuͤrkt würde.
„Fraͤgt man nach dem letzten Zwecke Gottes in ber
„Schöpfung der Welt, fp muß man nicht die Glüc-
„ſeligkeit der vernünftigen Weſen in ihr, fondern
„das BEST: Gut nennen, welches jenem Wunſche
diefer Weſen noch eine Bedingung, nämlich ie
d.ht Slüdfeligfeit- würdig zu feyn db.
„bie Sittlichfeie dieſer Bernunffwefen — 52 —
„allein n den Maasſtab enthält, nach dem fie allein der
„Gluͤckſeligkeit durch die Hand eines weiſen Urhe—
„bers theilhaftig zu werden hoffen koͤnnen.“ *)
*) % Kant Krit. d. prakt. Vern. neue A. Frfrt. m. Lpz.
234
| >: | | 29
Schöpfung, (hoͤchſter Zweck der —)
Gott ſchuf alles zur Gluͤckſeligkeit und Sittlichkeit
vernuͤnftiger Weſen und — den Menſchen zur Bildung
ſeiner ſelbſt. Unter Gluͤckſeligk. iſt hier nicht koͤr—
perliche, ſondern zugleich geiſtige Gluͤckſeligk.
zu verſtehen, wozu Ausbildung der geiſtigen Vollk.,
ſtetes Streben nach e. richtigen Einficht, u. wahre Zus
gend gehoͤrt, und welche Gluͤckſeligk. nicht blos auf
dieſes Leben, ſondern auch auf das L. nach dem Tode
fich erftreckt, alfo unfer ganzes Dafeyn umfaßt. Al—⸗
lesift zurallgem. Gluͤckſeligk. da. Jedes Ge-
ſchoͤpf fol entweder genießen oder — Genug gemahren
oder beides zugleich — zum Genuß empfaͤnglich und
Genuß darreicend fen. Im Leben — in Erhaltung
beffelben, in den Trieben und deren DBefriedigungen, in
den Kräften, ihrem Gebrauch, ihrer Berbefferung, im
Vergnügen und in der Abmechfelung darin fol alles
glücklich feyn, u. eben deshalb find die Geſchoͤpfe mit
einander verkettet. Beſtaͤndig haben fie auf einander
Einfluß. Was ohne Sinne ift — alfo was nicht ge—
nießen kann, fol genoſſen werden. Die lebloſe Natur
ſoll der belebten zu ſtatten kommen, um ein Ganzes zu
bilden. Der Werth des Genoffenen fol! durch die Se:
ſellſchaft vieler Genießenden — die Sreude derfelben durch
die Mannichfaltiafeit und Abwechſelung des Stoffes
erhoͤht werden. Allein blos zum Genuffe fhuf
Gott die Welt auch nicht. Dieß wäre der Hei-
ligfeit und Weish. Gottes nicht gemäß. Denn für
vernuͤnftige Bewohner des Weltalls kann eine
dauerhafte Gluͤckſeligk. nur Folge der Sittlichk. ſeyn.
Nun ſtehn wir Menſchen aber als Bewohner des nie—
drigſten Planeten auch auf der niedrigſten Stufe ver—
nuͤnftiger Weſen. Die Erde iſt alfo nur der Anfang
unſerer fitel. Bildung, und erft in hoͤhern — über
- uns ohne Zahl ausgebreiteten — Welten, kann e8 uns
beſchieden ſeyn, durch eine höhere Wolf. einer reinern
und dauerhaftern Glückfeligfeit würdig zu werden.
Tugend u Glüdfeligf. in Webereinftim-
mung ift alfo der Endzweck der Welt und
ein unendliches Fortfchreiten zu beiden —
iſt unfere Beffimmung. PTR
Gott fchuf freilich Die Welt aus Iaufer Güte und
um allen lebenden Gefchöpfen wohl zu hun, u. frei-
30 Se ©.
S ch op fun g, (boͤchſter Zweck Gottes bei der —
lich ſind lebloſe und lebende Geſchoͤpfe im Erd-⸗Thier—
und —— zum Nutzen u. Vergnuͤgen da. Xi:
les gweft darauf ab, um den M. froh und gluͤcklich
Ei: ‚machen, und ſelbſt die Naturuͤbel und das ſittliche
Boͤſe muͤſſen durch Leitaug Gottes ſogar zum Beſten
der M. dienen; allein die M. haben nicht blos Kor—
per, fondern auch unfterbl. Seelen. Der M. ſoll an
den Geſchoͤpfen den Schöpfer und deſſen Willen, aber
wieder zu feinem (des DM.) Wohl Fennen lernen. Denu
jedes Gefchöpf gibt ung, Anleitung, die Kräfte des
later su betwundern, feine übrigen— herrlichen —
chahmur ——— gen Eigenſchaften einzuſchen und ſ.
Gute zu preifen. Gene Werke zeigen ung, was wir
M. von ihm denen u. erwarten follen. Gene Werke
reiten auch fein ehe Al su den Geſchoͤpfen deutlich
Dar. Über man muß es au — be — en, daß, wenn
gleich die Erde eine Weit für die M.iſt, Die Erde
aber nicht her Mittelpunft und dag Hauptgebaude der
Schöpfung If. Sie iſt nur ein kleiner Punkt im un:
ermeglihen Raume des Weltalls (f. oben ©. 10 ff.).
Wir M. find die allerunterſten in Gottes Geifterflast,
find alfo sicht der Mittelpunkt der ganzen Schöpfung.
Um des Menfhen allein willen ift ia
nicht alles erſchaffen. Die Bemerkung, daß
der M. faft alles zu feinem Nutzen per venden kann,
daß für ihn unter ver teitung der Bi —— alles
Gewinn für feine Geſundheit, Bequemlichk. u. Vergnuͤ—⸗
gen wird, Darf nicht zu dieſer Einbildung verleiten.
Wie wenig laͤßt es ſich denken, daß Gott ſo große
Koͤrper dahin geſtellt habe, um in hellen Nächten ei—
nen schwachen Schimmer auf die Erde zu werfen!
Welche Heine Zwecke müßte Gott bei fo aroßen Wer⸗—
fen gehabt haben! Wie hätte er feine Allmacht ver-
ſchwendet und fo große Anſtalten vergeblich getroffen!
Das märe gegen feine —— und Güte. Wer mag
e8 glauben, daß die Blumen blogs gefchaffen worden
find, um unfere Augen zu erquicken, und unferer Naſe
angen. Empfind». zuzuführen — die Sonne, blog um
ung M. zu leuchten, die Sterne, um des Abends
für unfern Anblick den Himmel zu zieren ꝛc. Diefer
Gedanke wäre zu Eindifey ſtolz! Der 3 .. verliert
S. a
Schöpfung, (Anwendung der Lehre von der —)
ſich ja im umermeßlichen Weltall als Elein und unbe
deutend. Wie Faun er alſo Dad einsige Bei hof von
ichtiefeit fen?! Wäre nicht der Vater ungerecht
gegen feine Kinder, Fels er alles um des. Erfige-
bornen willen ıbut? Sat Gott nicht auch außer dem
SR, viele Rinder? Er wird fie ni icht verſaͤumen, da er
ihnen Sinn und Empfän glichfeit für Genuß und Ver—
gnügen anerfchaffen hat. Die Thiere, wenn fie gleich)
- feine — ſondern aA Empfindung haben, find
nicht blos zu den Bedürfuiffen des Menfchen, fondern
auch um ihres eigenen Wohls willen, vorhanden. Der
wit Vernunft, Freiheit und Empfindung begabte I.
ift auch nicht blog um Anderer willen, tondern um
fein feibft willen da, um fein fittliches Weſen gu der
ihm angemeßnen Stufe der Bohr. auszubilden, und
der ihm beſtimmten geiftigen und koͤrperl. Glückfeligfeig
theilhaftig su werden. Er ſoll zwar nit feinen Gaben
und Kräften Andern dienen, aber auch ſich ſelbſt ver—
vollkommnen.
Man vergl, hicruͤber Reimarus Wahrhh. d. nat, Rel. VIſte Abh.
9. 1. 5ie U. Zus. 1732: ©. 509 und 9te Abh. 9. 7. ©.
225 f.: Denee’s Mag. zten B. ıfles ©t. ©, 188-190:
„Velthuſens DBemerf, über d. Streit: ob Gluͤckſeligkeit
oder fittliche Vollk. yon Seiten des Schoͤpfers letzter Zweck
war?“
—J Das Angewandte der Lehre von der Schoͤ—
pfung. Die Lehre: Gott fihuf alleg, ift fehr
wichtig. Ohne die Erfenneniß, Daß Gott unfer
Schöpfer ift, miffen wir nicht, wem wir angehoͤren,
welches das Ziel unſers Beſtrebens iſt, und was wir
uns von der Gegenwart und Zukunft zu verſprechen
haben. Dieſe Lehre gibt unfern Hofnungen von der
Beſtimmung des M. nad) dem Tode mehr Deutlichkeit
und Leben.
1) Die Schöpfung Gottes iſt von fo unbefchreiblich
großem Umfange, (f. oben I. B. S. 10 f.). Man
lerne alfo aus Gottes Werfen feine unend-
liche Größe erfennen. Sft Gott gleich nach fei-
nem Wefen ımerfennbar, fo läßt uns bach die Schoͤ—
pfung das von ihm erfennen, was für ung miffens-
würdig, befjeend und berupigend if. Sie verfinnlicht
und veraufhauliche uns recht Gotfes Größe. Die Be—
32 a ©.
Schöpfung, Anwendung der Lehre von der —).
frachtung feiner Werke gibt ung genug Anlaß und
Stoff, Gott nad) feiner Herrlichkeit zu beiyundern.
Groß und fihon ift der Tempel Gottes — die Welt —
glänzend und herrlih. Wer denfelben forafältig bes
trachtet, findet nichts darinnen mangeln, nichts Darin-
nen überäffig, nichts am unrechten Drte, nichts ſchlecht,
fondern alles unaͤbertref fflich und unverbeſſerlich gut.
Alles traͤgt das Gepräge von des Unendlichen hoͤchſter
Bortrefflichkeit. Faßt ſchon unfere Erde fo viele Wun—
der der Macht und Welsh. in Ach, und hat Gott al-
les darauf mis Geſchoͤpfen angefallt, die leben — em—
pfinden und der Guͤte Östtes fich freuen, wie unaus-
forechlich groß muß dann bie Menge von Wundern'
feyn, die auf andern Wohnplaͤtzen Gottes Größe ver-
herrlichen, wie unendlich groß die Menge von Geſchoͤ—
pfen, womit Gott alles erfülte! BE 111, 2; Rehem.
9,.6. Eine gehoͤrige aufmerffame Betrachtung nnd
Beobachtung der Natur führt ficher zur innigften Be⸗
wunderung ihres Schöpfers. Ohnſtreitig laͤßt ung die
Größe des Weltallg, die unzählbare Menge der erfchaf-
fenen Dinge Gottes Unendlichkeit und Allmacht, bie
Vortrefflichkeit feiner Werfe, welche Feine menſchl. Kunft
nachahmen, noch weniger hervorbringen Fan, — die
Drdnung, welche fih nad gewiſſen Regeln richtet, —
die Dertheilung — Die Beränderungen — die allmäh-
lichen Abwechfelungen, die Verbindungen u. die Ueber—
einſtimmung, womit alles zuſammenhaͤngt und fich ein-
ander wechfelfeitig diene — lafen uns ſeine Weis—
heit; — die Kräfte der Dinge, die Wuͤrkungen, die
fie für uns und für die Gefchöpfe haben, dag viele
uns und den Geſchoͤpfen Nuͤtzliche, wovon wir leben,
el ung feine Allgüte einfhen. Man maß nur
alle Geſchoͤpfe und den uns vortheilhaften und ange-
nehmen Gebrauch und Genuß derfelben- zu Erfennts
nißquellen machen, um daraus bie göttlichen Bolfom-
9% menbeiten einsufehen, fie ung lebhafter und deutlicher
porzuftellen und folche zu bewundern. Man fehe bie
Geſchopfe als Spiegel Gottes an. Man fleige gleiche
fam auf denfelben zur Gottheit hinauf. — Da mir
überall in der Natur die zweckmaͤßigſte Zuſammen—
ſetzung, Ordnung und Verbindung bemerken, — da
wir in iedem ſinnlichen Gegenſtaͤnde ein in feiner Art
voll:
Schöpfung, (Anwendung der Lehre von der—)
volendetes Ganze finden — da befanders in
richtung der lebenden Geſchoͤpfe Abſichten un
‚unverkennbar find: fo fieht man, DaB ber Urhebe
dem elkm und insbefondere son uns mie en
?
Willen und Freiheit begabten Menſchen emen imer-
Pr, .
E =
meßlichen Verſtand und eine hoͤchſt vollk. Weishe:
‚Güte und eine alles bewuͤrkende Kraft babe Das
alles bewegt uns billig, ein fo majeſtaͤteſches Weſen
anzubeten und vor daſſelbe Die tiefſte Ehrfurcht zu
außern. Dan Ierne von Gott erhaben und würdig
denken; denn bei dem Gedanken an die unzjäblichen
Geſchoͤpfe, die wir kennen, Die ſchon gelebt baben, und
noeh — — ıc., bleibt ung nichts übrig, als erſtaunt
niederzufinfen und zu denken: Welch ein unendl.
großer Herr muß daS feyn! Thorheit iſt's,
wenn mandich, Unendlicher! alg einen Menſchen betrach-
tet, und bon bir, als von feines Gleichen redet,
Mafeftärifcher — Herr aller Welten! ich bewundere
ſchon Heine Große, Weisheit u. Huld auf der Fleinen
Erde. Auf ihr.ift fchon groß die Sch! deiner Wun—⸗
der, unbesreiflich die Menge deiner Wohlthaten! Die
enge derer, die durch Dich gluͤcklich ſind — wer
fan fie angeben? ber wie, ſehr ermälrert ſich mein
Herz, welche höhere Begriffe faßt von Dir meine
Seele, wenn ich mir das unermeßl. Weltall denke.
Da glänzen Sonnen zu Millionen. An denfelben fonts
nen fich fo viele Erden in unbegreiflicher Verſchieben—
heit und in herrlicher Drache. Welche arößere Wun—
der von deiner Weish. u. Güte werden da nicht feyn!
Du — der du im ganzen Raume deiner Unendlichkeit
allem. aleich nahe biſt, du wohneſt nirgends. Die
ganze Welt ift dein Tempel. Welch ein herrlicher —
glaͤnzender Dalaft ift fiel — Ach ich vermag nicht die
- fich in meinem Herzen draͤngenden Gefühle zu nennen.
Ich finfe nieder und bete ſtammelnd Did am. — Dee
Hagenswerthe Thoren, Die ihr ſtolz auf eure geringe
Macht, auf eure fursdauerade Herifchaft, auf eure
Hanbooll Geld dem Weltherrfiher eure Anbetung vers
fagt; — Die ihe die Erde als den Mittelpunkt ber
Schöpfung, und euch ſelbſt als Haͤupter der Erbe ans
ſehet, für die alles geſchaffen ſeyn müßte; Die ihr, ſo
ſchwach auch eure Einſicht if, den Schöpfer tadeln u.
Chriſtl. GL Lehre f. d, Candelgebr. 3 TH : &
34 ee
Schöpfung, (Anwendung diefer Lehre.)
fein Werf. meiftern wollt — bedenfet es doch, wer ihr
feyd! wieihr euch unter den vielen Millionen Menfchen,
unter den unzählbaren Heeren der Gattungen von Ge-
fchöpfen verlieret, mie diefe Erde felbft gegen Die vie—
len Sonnen wie ein Puͤnktchen if. — Die DBetrad):
fung der Welt fol in ung Fein leereg Erflaunen —
feine fruchtlofe Beraubung bewürfen, fondern foll ung
demuͤthig und uns unfere Abhängigkeit v. Gott recht
fühlbar machen. Sie foll uns lehren vom Schöpfer
würdig zu denken und unfere religisfe Empfindungen
‚und Gefinnungen verftärfen. Deshalb bewieß Gott
bei der Schöpfung feine Allmacht, Weisheit u. Güte
anf das alierooifommenfte, damit wır ibn defto beffer
erkennen und eifriger verehren follten, f. Natur —
(Betracht. der —) ar Th. ©. 264 ff. ° |
Lehrer koͤnnen hier noch näher über die Größe der Welt, über
die Menge und Mannichfaltigkeit der Gefchöpfe auf unferer
Erde, über die + Eunfivolle Ordnung und Verbindung aller
Theile zu einem bewundernswürdigen Ganzen fi) ver:
breiten.
2) Iſt alles gut u. hoͤchſt weife erfchaffen, fo
darf Niemand über Unvollfommenheiten
in der Natur, über die Welt alg ein Jam—
merthalflagen. Diefe Welt ift die befte, f. unten
Melt. Ale Uebel und Leiden leiten zum Glück oder
werben zu Freuden umgewandelt. |
3) Iſt diefe Welt fhon fo fhon — welche
noch [hönere Welten werden wir einfinod
feben un. erfennen, die wir bier noch nicht kennen.
Das, Wwag wir durch gefchärfte Sinnen nur ahnden,
macht uns auf nod) großere Anflalten Gottes zum
voraus aufmerffam, Joh. 14, 2.
4) Das Zurücdenfen an die Schöpfung des M.
ift beſonders zur Sittlichk. leitend:
a) Es ſchuf Gott nur ein Menſchenpaar.
Welche Guͤte Gottes gegen die M.! denn da alle fol
gende Menfchen — und auch wir v. dem erfien Mens
fchenpaar abftammen, fo find wir alle unfer einander
verwandt: fo find wir uns alle vollig gleich. Billig
muß dieß in ung: den Stolz ausrotten und eine allges
meine Liebe bewürfen. Wir ale find Kinder eines
Vaters, Maleachi 2, 10. Man achte deshalb ale M.,
+ 35
—— (Anw. der | Lehre v.d. Schoͤpf. des M.)
von welcher Farbe, Naten Abkunft, Einfalt u. Ar—
muth fie ſeyn mögen. Huch, der ge ringſte u. elendeſte
Menſch darf nicht aus übermüthige m Muthwellen von
uns verachtet, be — und antertreten werden; denn
er iſt Gottes — nad) des Allmaͤchtigen Bilde geſchaf⸗
fenes Werk. Man beweiſe gegen feinen M. Ungerech—
tigkeit und Gewaltthätigkeit IMof. 9, 6), man läftere
feinen M., fluche Niemanden. (Zac. 3, 3). — Dffan
bar ſchuf Gott nur ein Menfihenpear, bamit unter
den Nachkommen deffelben die Geſelligkeit — die—
fer wichtige Zweck und Beflimmung dee) Menſchen auf
der Erde als unter den Spr ößling en einer Familie
befdrdert und Umeinigfeit und Kriege, da fie einander
nicht fremd find, vermieden werden.
b) Iſt Gott — vermoge diefer Abſtammung — auch un⸗
fer Schöpfer, verdanfen wir hm Dafenn und Lesen,
indem er in unfere Eltern die Erzeugungskraft gelegt
bat und wir nach fenem Willen gebohren werden, fo
verdient er fhom deshalb unfern lebhaf—
teſten Dank und unſere innige Geg enliebe,
Um aber Gott zu lieben, muͤſſen wir erft Die Schepfung
lieben. Denn wenn ung die Erde nicht ſchön iſt, fo
ift es auch nicht verienige, welcher fie hier herz orge⸗
bracht hat. Sind wir unaufmerkſam auf die Reise
der Natur — nehmen wir die Bluͤten der Boaͤume nicht
wahr, hören wir nicht auf den Geſang der Vogel: fo
fonnen wir nicht zu Dem Gott binaufgezogen werden,
welcher in dem allem fich offenbart und davon Urhe—
ber it. Mau achte alfo alleGefchspfe Pan
febe feinen Theil der Schopfung als ung fremd oder
als jo ganz uns entfernt an, um wicht gewiffe Pflich⸗
ten dagegen zu erfüllen. Würde eg ver Haͤusvater in
einer Schule wohl gut aufnehmen, falls ich Geſchwi⸗
fer deshalb einander geringſchaͤtzten, weil nicht alien
ein gleiches Maaß v. Vollkom imenbeiten gegeben wor—
den iſt? Wir ehren alfo Gott nicht, wenn wir ge
gen etwas in dem Weiten Reich feiner Schoofung kalt⸗
ſinnig oder gar unbillig geſinnt ſind. Indem Gott,
wie wir deutlich wah —J— iedem Geſchopf fo viel
Gutes m fo vie ele Freuben an gibt, als es gemieffen kann:
fo beweißt diefes, daß er gern wollen wird, daß wir
dieſe Abſicht auch befoͤrdern ſollen. Wer es alſo beach—
—
Schöpfung, (Anw. der Lehre v. d. Schoͤpf. des M.)
tet, daß er wie ſ. Mitmenſchen zur großen Familie
Gottes gehoͤre, der mache ſich Wohlthun und Be⸗
gluͤcken zu ſeinem Hauptgeſcha I wie es Gott dazu
macht — Der behandle Die Allah wie es recht
ift — der quaͤle und mißhandele fie n icht, — ber mache
ihnen, wenn er fie braucht, nicht zu ſcaincn Vergnůgen
Leiden und Schmerzen.
©) Sft alles auf der Erden. zum Spell in er
Welt, zwar wohlniche allein um unſernt—
willen, ſondern um der allgemeinen Gluͤck—
ſeligkeit — um des Wohls aller Geſchoͤpfe da:
fo iſt doch (nach dem oben S. 10 u. ı2f. Bemerkten)
unverkennbar, daß fo ſehr vieles in der Welt
sum Beſten des M., zu feinem Genuß, zur
Befriedigung feiner Bedürfniffen. zu A
ner Bequemlichfeit und Freude ba ift.
viele Vortheile 3. B. gewähren die Thiere! Gie —
tzen uns auch. Das alles erfordert unfern waͤrmfien
Dank. Gottes Guͤte muß ung rühren. Gott brauchte
feinetwwegen die Dinge in ber Welt und ung Mi. nicht -
zu erfchaffen, denn er hatte Feinen Fugen davon. Er
waͤre cben fo felig und vollk. geweſen, wenn er fie
nicht erfchaffen hätte, aber er wollte ung und auch die
Geſchoͤpfe mit Leben und Genuß erfreuen. Was iſt
das fuͤr eine erhabene Liebe, die Gefallen
daran hat, daß alles, was lebt, vergnuͤgt
und gluclih iſt!! Man liebe ihn daher wieder!
Um nun Gott zu danken, ſuche man immer mehr die.
großen — in ihrer Art einzigen und unnachahmlichen
Werke d. Schoͤpf. kennen zu lernen, um ihn im Anfchauen
derfelden zu verherrlichen. Beſonders ſuche man alles
das Gute einfehen su lernen, was in den Schoͤp funge-
werfen für uns grade liegt. Sodann erwaͤge man,
wie man an den allgemeinen Wohlth. der Schöpfung
auc Theil nimmt, 3.8. wie weife die Tageszriten an-
georbnet und vertheilt worden find, wie der Wechſel
des Tages und der Nacht im genaueſten Verhaͤltniß
mit den Beſchaͤftigungen des Menſchen am Tage ſte—
het, und wie nothwendig fuͤr ihn die Ruhe ſey, wie
grade von dem Element, was uns am unentbehrlich-
ften ift, dem Waffer, der größte Veberfluß ung gegeben
©. 37
Schöpfung, (Anw. der Lehre v. d. Schöpf. des M.)
worden iſt, u. ſ. w. (Beim Nachdenken über Genes.1L.
iſt es leicht, das Allgemein-wohlthaͤtige in der Schoͤ⸗
pfung von mehrern Seiten einzuſechen.)
d) Das, was Gott uns in der Schöpfung zum
Nutzen, zur Bequemlichk.u.$reude gab, muffen
wir zu den heilfamften Endzwecken, um welcher willen
er es ung verliehe, und zu welchen er es beſtimmte, ge=
rauhen. Man wende Feine Sadje auf eine ihrem
Zweck nicht gemaͤße Are und Weiſe an, man behandfe
nicht graufam die Shiere, Sprächmw. 12, 10; Rom.
8, 20. Man befsrdere auch bei Andern ihren recht-
mäßigen Gebranch. Man Gange auch nicht su febr
an ben Geſchoͤpfen. (Ereafurenliebe it abgoͤttiſch.) Mar
febe ſich felbft fo wenig für den hoͤchſten Endzweck u—.
auch die Sefchöpfe nicht als fein hoͤchſtes Gurt an.
Man ſetze ia nicht fein hoͤchſtes Vertrauen auf diefel
ben, fondern auf Gott; Pf. 53, 23 f. Pan vergeffe
bei ihrem Gebrauche Gott nicht, fondern denfe Dabei
an ihn ale den Schöpfer, und ale Geber der Wohl-
thaten in der Natur und danfe ihm, ISor. 7, 30.
31. Möchte doch alles, was lebt und empfindet,
laut mit ung den Herrn preifen, alles den Schöpfer
lobfingen oder von Danfgefühl überwältigt ſprachlos
niederfinfen und ibn anbeten. an wende Fein Ge—
fchopf zur Eitelkeit und Sünde an, und gebrauche es
nicht zum Mittel, Gottes Vorfchriften zu überersten,
oder andere damit zu befchädigen. — Um biefe Bor-
ſchriften zu erfüllen, erwäge man — aa) daß alle Ge—
ſchoͤpfe von Gott abhangen, wie jeder Genuß, welchen
fie gewähren, gegen die Wonne einer Gemeinfihaft mit
Gott durch Sittlichfeit nichts ifi; — bb) man laffe
feine Neigung u. Flebe zu Gott uber iede Liebe zu den
Gefhöpfen die Oberhand behalten ;— cc) man glaube
nicht, durch den Genuß irgend einer Sache vollkommen
glück. zu fenn, und eben fo wenig halte man ſich nicht
beim Verluſt eines Geſchoͤpfs für ganz ungluͤcklich und
ganz verloren. Man werde auf eine gewiſſe Art ges
gen die Sefchöpfe, ihren Befis u. Genuß gleichgültig u.
halte dagegen Gott und feine Sreundfchaft für das
hoͤchſte ung umnentbehrliche und zur wahren Gluͤckſe—
ligkeit vollig hinlaͤngliche Gut, deffen Verluſt durch)
keilnen Genuß der Geſchoͤpfe erfetzt oder vergütet wer-
33 N |
Schöpfung, (Anm, der Lehre v. d. Schoͤpf. des M.)
‚den Fenn, der aber allen Verluſt zu erſetzen im Stande
iſt. Man ſuche alſo täglich Gott ‚ergebener zu
werden.
e) Da ung Gott gefchaffen, alfo dag Leben — (das Mich:
tigere) argeben hat und bis dahin ernäbrte — Fleide-
te — erfreute: fo muffen wir ihm auch deshalb
in der Zufunft vertrauen. Da er ung erfchaf-
fen bat, fo mird er ung nie verlaffen, fondern für
uns forgen, ung unterjtüßgen und ale Nothdurft
darreichen — und dag um fo viel mehr und gewiffer,
da 28 ihm nicht zu Elein war, einen Wurm zu ſchaffen
und ihm dag Leben zu erhalten. Matth. 6, 2530.
Iſt er der Urheber unferg Reben, fo wird er es ge
gen Anfaͤlle beſchuͤtzen, uns vom Untergang erreften,
falls wir nicht ſelbſt muthwillig unfer Leben u. ſ. w.
verwahrlofen.
f) Kommen wir von Soft ber, fo find wir offenbar fein
Eigenthum, VMoſ. 10, 14; vergl. V. 12..Da er al-
les, was wir find und haben, hervorgebracht hat, und
e8 ung verfihafft (Hiob 10, $-12), und zwar ſowohl
unfer Dafeyn, alg unfern Stand und unfere Rage im
Zuſammenhange mit andern Geſchoͤpfen nach Ort und
nach Zeit; de er ung alle die Geſchoͤpfe zu unſerm
Dienſt und Nutzen mittelbar gibt, die doch ſeine eigen—
thuͤmlichen Güter find, die er ung nur zum Gebrauch
leihet (J Kor. 4 7): fo geheren wir ganz ihm an.
Gott hat alfo ein voliges Mecht uber ung. Er if
unfer Herr. Deshalb find wir ihm zu verehren ı,
gänzlich zu gehorchen ſchuldig, oder alles zu thun ver⸗
— was er von ung verlangt. Wir muͤſſen alle
unfere Kräfte, Sähigkelten und dag was Mir gleich—
fam im Bermoaen haben, zur Verherrlichung unfers
Urhebers und DOberherrn anwenden, nichtg von unſern
Faͤhigkeiten ganz ungebraucht laffen, oder durch unfere
Schuld unbrauchbar machen, fondern fie forgfaltig zu
erhalten, auszubilden und zu vermehren fuchen. Man
wende fie unferer Beſtimmung nach mit Sorgfaltu, Vers
nunft an, damit ſeine Abſichten erreicht werden, Rom.
12, I, 23 #733: INor, 6,.00,
e) Der Menfch iſt dag edelfte Geſchöͤpf Gottes auf Er-
den, groß ift fein Anſehn umd Ei Wuͤrde, (f, oben
Aehnlich eit mit Gott, ır TH. ©. 88 f. 44 ff.)
| &. | 39
Schöpfung, (Anw. der Lehre v. d. Schöpf. des M.)
Diefe mußer füblen u. deshalb der Beftim-
mung gemäß leben, wozu ihn Gott erfchaf-
fen hat. Zwar ift nur der M. der unterſte in der
Geifterwelt. Er grängt unmittelbar durch feinen thie-
rifchen Leib an das Thier. Er ift an feinen Kräften
u. Vorzuͤgen weniger als die Engel (Ebr. 2, 7), aber
dennoch ift er außerft groß. Schon der Bau feines
Leibes zeigt feine Erhabenheit über die ganze irdifche
Schoͤpfung an. Diefer Leib ift von Gottes Weisheit
auf Das kunſtvolleſte zur Wohnung einer denfenden u.
empfindenden Seele eingerichtet. Vermoge feiner auf:
rechten Stellung mit gen Himmel gerichteten Blicke
(eine Bildung, die ihm allein eigen iſt) Fann er feinen
Blick über diefe niedrige Erde zum Himmel richten u.
als ein denfendes Wefen die Wunder von ber goͤttl.
Macht und Groͤße im unermeßlichen und graͤnzenloſen
Raume anbetungsvoll erkennen. Dieſe edle Stellung
zeigt ſeinen Urſprung und den Ort an, wohin er ſich
erheben fol. — Wie ſprechend — mie maieſtaͤtiſch
iſt nicht ieder Blick des Menſchen — wie ausdrucks—
voll iede ſeiner Mienen und Gebehrden! Wie würdig
ſein Gang! Durch das Vermögen zu ſprechen iſt er
im Stande, iede feiner Empfindungen — ieden feiner
Gedanken u. Geſinnungen andern mitzufheilen. Durch
Die Biegſamkeit und Geſchicklichkeit ſeiner Haͤnde kann
er ſowohl nuͤtzlich arbeiten, als auch kunſtvolle Werke
zu Stande bringen, Pſ. 139, 14. *). — Und was ver—
mag nicht der in ihm wohnende denkende Geiſt, gleich—
ſam dieſer Hauch Gottes **) — dieſer Strahl ver
göttlichen Maieſtaͤt und diefer alles an ihm belebende
Berfiand! Er gebeut den Elementen. Er ahmt gar
Gottes Schöpfunggfraft nach. Seine Herrfchaft reicht
über den ganzen Erdboden. Auch in der meiteften
Entfernung fann er würfen und faft ganze Meltförper
rücen. Er fann den Unendlichen erfeniient und vereh—
ven — kann ihn lieben! Und diefe erfiaunlichen
») Vergl. Goͤtz Auszz. aus d. Predigten über die chriſtl.
BL und Sittenl. ©. 33. 34.
— D. h. es iſt die Seele göttl, Urfprungs u. e einer gßoͤttl.
Natur, IV, Moſ. 16, 22.
40 >> en
Ehöpfung, (Anw. ber Lehre vw. b. Schoͤpf. des M.)
Kraͤfte — fo unbegreiflich iſt ſeine Größe — haben
Feine Sraͤnzen! Ewiges Streben — ewiges Fortge⸗
hen — ewiges Zunehmen in allem, was groß und edel
ie. in endlofer immer wachſender Vollkommenh. iſt
eine Eigenſchaft feines Beiftes. Solch ein erhabenes
Weſen — ſolch ein Meiſterſtuͤck der ird. Schopfung
iſt der Menſch — dieſer Alleinherrſcher der Erde! —
Da nun des M. weit vorzuͤglicher als die Thiere iſt,
da er die ganze Schoͤpfung verſchonert, benutzt u. be—
herrſcht, ſo muß er auch einen hoͤhern Endzweck als
alle uͤbrigen Erdengeſchoͤpfe haben. Bei der großen
Schönheit ſeines Lelbes, bei der mehrern Gewandheit
feiner Glieder, bei der hoͤhern Vollk. ſeiner Leibes u.
Geiſteseinrichtung, vorzüglich aber beim Beſitz einer.
nicht blos enpfindenden, ſondern zugleich mit *
nunft und Fretheit begabte n Seele, iſt er einer hoͤherr
Beſtimmung u. einer vollkommnern Gluͤckſeligt. faͤhig, RR
alte Geſchoͤpfe, die mit ihm auf dir Erdg leben, bie
Br — und Triebe, hochſtens etwas den
Verſtand ähnliches, aber keine wahre Vernunft befisen.
Go: e ſchuf den SR. zur Glüdfeligfeit durch
Sittlichkeit, zu einer Stiekfeliefeit, Die der Würde ſei—
vet Natur gemaͤß tr ‚die Rh auf die ganze Dauer
feines Dale — auf die graͤnzenloſe Ewigkeit er—
ſtreckft. Deshalb muß er Ehrfurcht in der Art gegen
ſich ſel TO hegen, ſich nicht geringſchaͤtzen und verachten,
fondern aa) ſeinen Geiſt zur höhern Bolt. — zur Weis,
beit und Tugend bilden, wozu alle Arten von nuͤtzli⸗
chen Kenntniſſen, Uebungen in allen Förperlichen Kuͤn⸗
ſten und Geſchicklichkeiten, dle uns unſern Leib recht
gebrauchen lehren, der Fleiß im Nachdenken und in
Erfernun 13 der Wiſſenſchaften, bie Bekauntſchaft mit
nuͤtzl. Erfindungen und die Aufmerkſamk. auf die Den:
—— und die Sitten der Menſchen als einzelne
Theile der Vollkommenheit, Die ſich der Mi. eigen ma»
Er fann, und die alleſammt zur Erhöhung feiner geiz
ftigen Wohlfahrt beitragen, erfordert werden. Mit Diefer
Seiſtesbi Bein zugleich iene unfchäßbare Ruhe, iene in»
be Zufriedenheit deg Geiſtes verbunden, ohne welche Feine
Gluckfeligfeit gedacht werden fann. Man mache von
feinen Anlagen, Kräften, Extern u. glück. Umſtaͤnden
den beiten Gebrauch. Man wende auf dag freuefle u.
| ©. a 41
Schöpfung, (Anw. von dieſer Lehre.)
richtigſte feine Faͤhigkeiten an. Es kann uns auch nie
an genugfamer Beſchaͤftigung fehlen, wenn wir neben
der. trenen Derwaltung unfers Amts oder Standes
unfern Hauſe wohl porftchen, die Erziehung ber Kin⸗
der beſorgen, ſonſt unſere Glieder oder Kraͤfte fuͤr uns
oder für andere nuͤtzlich anwenden, ihnen zu dienen,
zu helfen, fie zu erbauen und zu troͤſten bereit find,
und dann an der fernern Bildung und Befferung uns
ferer Seele arbeiten.
b) Es gehoͤrt auch Die — Hofnung, daß der Tod
des Koͤrpers unſer Daſeyn nicht aufhebt, daß wir
vielmehr nach — irdifcher Haͤlle in ienem beſ—
- fern Leben unter ber —— Gottes zu höhern Stu—
fen der Vollk. uns erheben — zu den Erforder—
niſſen unſerer Gluͤ —— deren wir nicht entbehren
fennen. Allein der Menſch iſt Fein bloßes geiſtiges
Weſen, ſeine Seele ſteht in Verbindung mit einem
thierſſchen Leibe und muß an den Begegniſſen und N A
duͤrfniſſen deffelben Antheil nehmen. Er lebt in Ver—
bindung mit andern M., die auf eine vielfache Art
auf ihn wuͤrken, darnum werden noch manche außere
ter, der Beſth der koͤrperl. Geſundheit, eines hin—
laͤngl. Auskommens, der Genuß der Ehre, der Freund—
fchaft und des Vergnuͤgens zu feiner Shickfeligfeit mie
afordatch fern. Diefe Suter fiehen nicht ganz in
feiner Gewalt, er kann fie ſich nicht immer verfchaffen,
er kann fie auch nicht immer bewahren und feftbal-
ten. Doc aber gilt e8 auch bier, daß Weisheit und
Tugend das einzige find, was der Menfch dazu thun
kann, ſich dieſe zu eigen zu machen, daß ſie die ſicher—
ſten Mittel ſind, die Sefundh. des Leibes zu erhalten,
feinen noͤthigen Unterhalt zu finden und zu würzen l.
+ fich die Achtung vernünftiger M. und die Zuneigung
ebeldenfender Sreunde zu erwerben.
Moͤchte doch ieder fich Bemühen, feine Beftimmung
su erreichen! Nie muͤſſe fi jemand zum Sklaven der
Erde und der Sünde machen. Jeder achte doch fh
ſelbſt. Keiner verwildere in zugellofer Sinnlichkeit;
keiner wärdige fih zu den Thieren hinab. Wir haben
in ung einen befiändigen Zeugen und unbeftechlichen
Richter unferer Handlungen, und bereiten ung Vor—
naeh Beichimpfung und Unruhe in ung felbft durch
42 | ©.
Schrift, (heilige).
iedes unwuͤrdige oder frafbare Verhalten zu. Sm
Dienfte ver Tugend halte ein ieder alles für moͤgſich
und nichts zu ſchwer. Denn der Menfch Fanın alles,
a er nur will. Ein feſter Wille gibt ung auch
raft.
S. oben den Art. Beſtimmung u. Dodeelein⸗ 8
Kel.- ‚Untere. Th. VIIL 6. 149. ©. 9:17. „Endzweck
der erſchaffnen Menſchen;“ — über dag Eigenthuͤmliche
und Vorzuͤgliche des M. firhe Cludius Betracht.
über .die- Lehren d. Rel. ır Th. ©. 223=357. (fehr
ausf. und gut); A. Große Glaube und Weiche DB
Chriften, ©. 125 f. „die Würde des Menfher“
Bgl. 5. 6. Podels Predd. uber Luthers Catech.
Nr10. ©. 223-2523 „eine EN über die 6 Ta—
gewerfe d. Schöpfung. a ©. Beyer die
Geſch. d. Urmwelt in Predd. ır 3. N Hälfte, Leipzig
1795. gr. 8. Nr. 2° 7. — am 2ten Adv. ©. big
sum neuen Sabre; Dr. 8. 8 Emwald’g Entww. zu
den Sonne. u. Feſtt. Ppredo 1800. in Bremen. a
©. 129.f. 137 f.. 153 f
Schrift — beilige — ob. 5, 39.
Vergl. Döderlein’s inf. Th. chr. T. 1. S. 43:50. ©. En;
196; deffelben chrifl. Reb = Untere. Ir Th. 5. 43: —
©. 262:318;5 Mori Comm. exeg. hiſt. in epit. T. J.
60:162; Staͤudlin's Dogmatik und Dogmengeſch. Ir F
©. 194 f. 217 f; Schmidts Lehrb. d. Dogm. ©, 266⸗
280; Reinhard’s Vorleſſ. ib, d. Dogm. ©, 39:79. ©. 538 f.;
Eckermanns Handb. I. ©. 6185683,
Iſt es rathſam, noch iest bei dem WRel, = Unterr. von einer fehriftr.
Autorität auszugehen? unterf. und beiahbt in Niemeyer’s
Briefen en chrifil, Nel,sKehrer. ate Samml. S. 74:32;
man vergl. damit deſſen pop. u. prakt. Theol. 4te A. S.
Io u. 11. — Durch weiche Mittel fol man. im populären Uns
terricht der Bibel Anſehn verfchaffen? wodurch den Glauben
und die Achtung gegen ihre Ausfprüche fichern? ebendal, ©,
82291 (ehr nachlefenswerth) — In Ulrichs moral.
Encyclop. ır Th. 2te Abth. ©. 109395 find brauche.
Mathichläge über die Trage: ſoll man die Tugend in dev. Bibel
leſen laſſen und wie? mitgethelt worden,
Ich bitte mit dieſem Art, die Rubrik Offenba—
rung 2r Ih. ©. 273 f. zu vergleichen.
I. Im gemeinen Leben heißt die heil. Sarift auch
das Wort Gottes.
| ©. | 43
Schrift, (Heilige — wiefern iſt fie Wort Gottes?)
Ueberhaupt beißt diefer Ausdruck fo viel als eine
Belehrung; nimmt man aber dieß „Wort Got-
tes“ eigentlich, fo ift es von der h. Schrift ein un»
bequemer Ausdruck, Denn Wort Gottes faßt nur den
Snbegriff derjenigen mwefentlichen Kehren in fih, die
fich auf eine vorzügliche und richtige Erkenntniß Sot-
tes, auf feinen heil. Willen, auf die Befolsung deffel-
ben, auf die angenehmen Solgen, die diefe bat, auf
Gottes Berebrung und Mel beziehen. Denn. al-
leg, was dem heil. Willen Gottes und feinen werfen
Rathſchluͤſſen über die W. gemäß ift, it Ausfprud
u. Berheiffung Gottes und Wort von ihm.
Inſofern Die Bibel im Geifte Gottes gefchrieben
und in fofern ihr Inhalt goͤttlich ift, welcher unfern
Verſtand aufflärt und unfer Herz beffern kann, kann
fe Wort Gottes heißen Man fann durch dieſen
Anspruch die wefentlichen Neligionglehren und Pflich—
fen vom anderweltigen Anhalt der h. Schrift vaffend
unterfcheiden. E8 wird dann der Theil ftatt des Gan—
zen genannt. Wort Gottes fieht alfo flatt Unter:
richt von Gott — goͤttliche Belehrung, und es wer—
den damit nicht die Buchſtaben, Worte und Redens—
arten gemeint, worinnen die wefentl. Lehren u. Bor:
fhriften der wahren Öottesverehrung nach dem Sprach-
gebrauch, der Borftellungsart, dem Beduͤrfniß u. dem
Saffungsvernisgen der Menfchen, zu deren Zeit die
bibl. Schriften verfertigt worden find, eingefleidet
find. — Nicht in allen Theilen der heil. Schrift ift
Wort Gottes enthalten.
Bol. derüber Reinhard'»s Vorl, über d. Dogm. ©, 340 f5 Nie⸗
meiers popul. u. prakt. Theol, ©. 9. 105 deffelten
Briefe ꝛc. 2te Samml, a, a, D. Nur muß man diefe Wahrh,
nicht mißbrauchen zur Veracht. der ganzen Bibel, Reinhard
a. a. O. ©, 513.0 mn Teſt. hebt Wort Gottes
(Asyas Jeov): Gottes Befehl — ein göttl. Verfprechen, u, —
ooͤttl. Drohung, ſ. Schleußner’3 Lex. inN.T.T. I. ©.
—39 f5 Biol Woͤrterb. Th. III, ©. 404:407. |
Bag faßt die h. Schrift in fih? und ihre
Namen.
Die h. Schrift iſt die Samml. der aͤchten Reli—
gionsurkunden (und der Urk. der Offenb.) der Juden
und Chriſten und der zuverlaͤſſigen Nachrichten v. der
MA. SS. |
Schrift, (heilige, was fie ift? ihre Benennungen.)
Gefhichte und Lehre derienigen Männer, deren fi ch
Gott als Mittelsperſonen bediente, um die richtige Erk.
und wuͤrdige Verehrung ſeines Willens unter den M.
zuerſt einzufuͤhren, zu befoͤrdern und zu erhalten. Die
Erzählung u. Angabe von der goͤttl. Bekanntmachung
feines Willens und die uns DM. gegebene Anleitung
weife — und durch Tugend au und felig zu wer—
ben, heißt b. Schrift, oder Bibel, d. 5. ein Buch,
gleichfam dag Buch der Bücher, dag den Ehrifien
vor andern wichtige Buche. In dieſem Ginne
heißt fie auch Horzugsweife eine beilise — eine
goͤttliche Schrift; I) weil fie goͤttl. Waͤhrheit —
von Gott geoffenbarte Religlonslehren enthaͤlt, und
2) weil wir die zuverlaͤßi ge Aufbewaͤhrung der Ges
fchichte und der Lehren der goͤttl. Offenb. in dieſen
Schriften, wegen ihrer großen Wichtigkeit fuͤr die Er—
haltung und Beförderung wahrer Rel. und Tugend
unter den Menfchen dankbar für eine Wohlthat Got—
tes PR und daher die Abfaffung und Erhaltung
diefer fo wichtigen Schriften als ein Werk der goͤttl.
Veranſtaltung zum Beſten der M. betrachten ſollen.
Unter Juden und Chriſten traten naͤmlich von Zeit zu
Zeit Geſandte Gottes auf, welche ihre Belehrungen
über Gott und feinen Willen nach ihrer beſten Ein—
ficht und nach den Zeitbedürfniffen aufzeichneten, wo—
durch alimshlich eine Samml. von Religiongfchriften
enfftand , weiche die h. Schrift heißt. Offenbar
hatten die Verf. derfelben zunachft den Zweck, ihre
Mitmenfchen und Zeitgensffen dadurch unter einem
goͤttl. Anſehen zu belehren und zu beffern. Daß fie
auch in den folg. Zeiten dadurch Wahrh. befördert
und zur Froͤmmigkeit der M. viel beigerragen haben,
ift unverkennbar. Sie Fann u foll die M. zur
Seligkeit unterrichten und fie wahrhaftig
weife u. tugendhaft machen. — „Die b. Schrift
„folite nur den M. auf den richtigen Weg führen,
„auf welchem fie ſich dann felbft weiter forthelfen folls
„een. Die Menfchen folten fih duch den Gebrauch
„dee Vernunft und durch fittliches Handeln dahin er—
beben, in ſich ſelbſt den Grund des religioſen Glau—
bens n8 auffinden zu koͤnnen.“ al.
"nm Eumidt’s Lehrb. d. Dogmat. ©. 267.
— — — nn
1 2 | 45
Sär., (heil. — das Anfehn u. die Ehrwuͤrdigk. der—)
IT. et und Eigenfchaften d. heil,
hrift: |
i Sie ift ein in Ruͤckſ. des a. Teſt. wegen feines Als
ters und wegen feines Inhalts ſehr ehrwoͤrdiges und
aufehnches Buch, welches die ſicherſten Urkunden von
‚den nach den Faͤhigkeiten u. Beduͤrfniſſen der Menſch—
heit ſtufenwelſe erfolgten Dffenb. Gottes an die M.
enthält.
Berl. Magay f. Pred. VHr Th. Ir 3, 530295827, De
rechten Sehr, d.h. Schrift“ (Th. J. if vom Anſehn der SBibel,
ihrer. Ehrwuͤrdigk. ꝛc. die Rede.)
a) Sie ift zwar nicht die einzige, aber doch eine
ſichere und hinlaͤngliche Erkenntnißquelle
und ein Erk.Grund der Geſchichte und des
Inhalts der Rel. u. Tugend. Gie iſt dasienige
Auch, aus welchen wir alle unfere Begriffe und Ein-
fichten von der. wahren Mel. —— muͤſſen. Was
ſie als Religionslehre vortraͤgt, das iſt offenbar fuͤr
uns zu glauben u. zu thun; Pſ. 1. 19. 119. u. II Tim.
— 16. 17. wird auch ſchon das a. Teſt. als eine voͤl—
lig entſchiedene Erf. - Duelle und als Richtſchnur des
Verhaltens angegeben, wie vielmehr muß das nun
auch das n. Teſt. ſeyn, vergl. Sal. 1, 8; UI Tim. ı,
13.— Öründe: a) enthält nicht die Bibel einen
vollſt. Unterricht über die weſentl. und wichtigſten
Wahrhh. d. Rel.? Ap. G. 20, 27. — p) Sind nit
andere Schriften von ähnlichem Inhalt entweder aus
‚der B. gefloffen? oder wenn Dieß nicht iſt, fo haben
fie doch nie dag Anſehn erhalten koͤnnen, welches ihr
ſchon vermoͤge ihres Alterthums zukommt. Sicher
uͤbertreffen die Lehren der h. Schrift alle menſchl. Auge
forüche in Neligiongangelegenheiten bei weiten an An—
ſehn und fie entfcheiden, wenn man fie ge hoͤrig erflärt
und richtig faßt — überall vollig da, mo das Anfe-
ben überhaupt entfcheiden kann und darf.
A) Sie ift eine fichere Erkenntnißquelle wah—
rer Rel. u. Religioſitaͤt, denn
a) Die Schriften, welche ſie enthaͤlt, ſind aͤcht und
nicht untergeſchoben, 2. h. fie rühren v. den
WVrerfaſſern ber, deren Namen fie führen, und fie find
wenigſtens zu der Zeit u. unter den Umſtaͤnden wuͤrk⸗
—
46 MS,
‚Schrift, Cheilige— fie iftächt, — u. ganz.)
lich geſchrieben, unter welchen ſie geſchrieben ſeyn ſol—
len. Man hat keinen Grund zu bezweifeln, daß die
Schriften, wovon fie den Namen führen, dieienige Per
‚fon zum Verfaſſer haben, welche im Stande war, Die:
felbige zu verfertigen. Die bibl. Schriften gehoren in
in zektalten, in dem fie nicht als ein Werk der Erdich-
| tung und des Betruges, — fondern ale ächt zu be-
frachten find. Man kann fih hievon am beften
durch die innern Merkmale überzeugen. Wenn
aa) die Schreibart von foicher Befchaffe nh. ift, als fie
grade in dem Zeitalter, in welches die bibl Schriften
gehören, war; bb) wenn vom Anhalt doch wenigſtens
Einiges mit der aus andern Schriften bekannten Ge—
fehichte des Zeitalters in Abficht der bürgerl. Verfaſſ.
der Sitten, Meinungen, Gebräuche u. f. w. überein-
— wenn cc) der ganze Inhalt mit ſich ſelbſt u.
ſ. w. ſtimmt, fo daß fich nicht, wie dieß bey unterge-
ſchobenen Schriften der Fall iſt, eine Spur der Erdich—
fung zeigt; wenn man dd) eine von allem Schmuck
"der Gelehrſamk. und Beredſamk. entbloͤßte Fünftliche
Schreibart, fondern diefelbe mit dem Charakter des
Perf. deffen Namen eine bibl. Schrift führt, harmo—
niſch iſt. Man hat auch ee) noch glaubwuͤrdige Zeug»
niffe für die bibl. Schriften.
Berge. Ddderlein’s Rel.-Unterr. Th. MM. 929 © 29 f.:
„Aechtheit oder Authentie der Bücher des n. Teſt.“ und 9. 38.
©. 167. „Aechtheit und Authentie d. Bücher des a. Teſt.;“
Reinhard's Morteff, über d. Donamat. 9. 17. ©, 42548;
Döderlein’s ink. Th. chr, EL. 9 4,3 8,78 f.
und 130.
b) Die zu der h. Schrift gehörigen Bücher
find, fo alt fie auch find, doch ganz auf
uns gefommen. ES ift feine Schrift verloren ge-
gangen, deren Verluſt ung verhinderte, die h. Schrift
als ein Erf.» Mittel der Wahrh. und zur Erwecung
der Sittlichkeit zu gebrauchen. Auch iſt fie niche fo
verborben und verfälfche, oder durch Auslaffung bon
Sielfen verffümmelt und mit unächten Zufäßen fo *
miſcht, daß es uns nicht moͤglich waͤre, den (oben S
44. angegebenen) Zweck vollkommen zu erreichen.
Denn nad dem ſichern Zeugnß der Geſchichte bewahr-
ten die Juden die h. Schriften fehr forgfältig — und
er Sa
Schrift, (heilige, — enthält Wahrheit.)
im Tempelarchiv auf. Es wurden biefelben auch in eine
andere Sprache überfegt. Das n. Teſt. wurde von
Sreunden und Feinden gelefen und andere ung noch
übrige Schriften ſtuͤckweiſe und ganz angefuͤhrt; kurz
und ausfuͤhrlich erklaͤrt, in verſchiedene Sprachen uͤber—
ſetzt und von fo vielen gegen die Angriffe Einiger vers
tHelbigk. ; |
Bol. Döperlein’s inft. Th. Chrift, T. J. 9. 32 m ar, ©,
F “118 f. u. 1675 defjfelben Werl. -Untere. Ty. Il. 5. 32. ©.
120 f. „iinverfälfchte. Nichtige, ver Bücher des n. Teſt.;“
6.41, ©. 234 ff.: „Unverf. Richtig, des a. Teſt. Ecke r⸗
meann’s Handb. ır B. ©. 653 59
0) sh enthält superläffige Wahrheit, rich»
tige Örundfäge und vernünftige Verhal—
tungsregeln, LKor. 3, 11. Der nach Wahrheit
| verlangende und forfehende Geift findet hier feften Bo—
den. Der Inhalt ver h. Schrift befriedigt den Wer»
ſtand deg wißbegierigffen M. volfonimen, er ift felbft
der prüfenden Vernunft einleuchtend. Er ſtimmt ge—
nau mit der natuͤrlichen Erf. des M. von Gott, Rel.
und Tugend und mit dem ſittl. Gefühl. Sie lehrt
nichts, was gegen die Wahrheiten der natürl. Rel.
wäre. Sie ſtellt fogar fofche in einer bis auf die
Deranftaltung der Bibel unbefannten Neinigfeit dar.
Sie erſetzt alle Mängel der Bernunfteinfichten hinläng-
lich und gibe dem Herzen die beſte Nahrung und Bes
ruhigung. Hier findek ieder Belehrung über bag, was
gut ift und vollf. macht. Zwar hat Gott, ohne fich
de an ein Volk — an ein Land — an einen
Zeitraum zu binden, in den mannichfaltigen Zeiten u.
auf mancherlei Weiſe Die M. bald vollfommener, bald
unvollfommener über ihre Bflichten und über ihre Be—
fiimmung belehren laſſen, (Ebr. 1, 15 Rom. 2, 12.)
aber — ingbefondere ließ er ung Chriſten durch die
Lehre Jeſu, in welcher hie und da auch auf das alte
Teſt. Bezug genommen iſt, und welches oft mit dem
Inhalt des n. Teſt. uͤbereinſtimmt, in alle Wohrheit
leiten. Dieſe gibt erſt der Bibel ihren ganzen Werth.
Denn das iſt doch wohl Fein gutes Buch, welches
zwar in einem beredten, bluͤhenden und recht ausge—
ſuchten ſchoͤnen Vortrage abgefaßt iſt, aber das dem
—
48 S. |
Schrift, (heil.— Beweiſe fd. Wahrh. ihrer dehren.)
Inhalt nach den Irrthum beſchonigt. Sind wir
als Chriſten beſonders an das n. Teſt. gewieſen, fo
iſt folgendes gewiß ein uͤberzeugender Beweiß, daß es
Wahrheit enthalte. aa) Jeſus war nach der ganzen
Geſchichte ſeines Lebens der redlichſte Mann. Er war
redlich in Worten, denn er verſpraͤch nie mehr als er
halten konnte oder wollte. Er war redlich in feinen
Abſichten, denn er ſtrebte nicht nach. den Beifall des
Volks, wer bei der Ausbr. feiner Lehre nie von Stolz
und Eigennuß getrieben. Er fland vielmehr der Wahr
heit wegen vieles ang, opferte zur Bellätigung ders
feiben fein Leben auf, und bekannte noch im legten
Angenblicke f. Lebens, dag die bon ibm vorgerragenen
Belehrungen eine goͤttl. Lehre fig. — bb) Die Berf.
des. n. Teſt. namenzlich die Apoftel, Fonnten alleg, was
fie erzählen u. fchreiben, genau und recht wien. Denn
©) fie waren unmittelbar Schüler oder doch Gefaͤhrten
und Freunde Jeſu, und fihon damals als zuverlaͤßige
Boten feiner Lehre anerfannt. Sie wollten Bie
Wahrheit fagen. Denu ihre Wahrbeitsliche zeigt ſich
vecht dadurch, daß fie ihre eigenen Schler Effentlich ger
fieben. Ihr Eharafter, welchen fie ſtandhaft behaupten
und auch in ihren Schriften deutlich geäußert haben,
war, wie man allgemein anerkannt hat, vollkommen
redblih. Sie waren weit entfernt zu befrügen. Was
fonnten fie bei einem Betruge auch zu gewinnen bof-
fen? Bon Menſchen nichts, denn v. Diefen zogen
fie fih nur Verachtung u. Verfolgung zu. Von Gstt
aber noch weniger, da fie wußten und Iehrten, daß
Sort Falſchheit nad Betrug verabfchene und firafe.
Sie fihreiden durchgehends als ehrliche Leute; denn
N) fie verabfchenen und verwerfen Lügen, Lift u. Be:
frug, warnen davor fehr nachdruͤcklich; — D fie erhe-
ben fich ſelbſt nicht fo fehr, daß fie fih ganz als feh—
lerfrei, und vofffommen befchrieben, u. für übermenfch-
liche Wefen Dielen. Sie entfchuldigen und verfleis
nern ihre oder ihrer Helden Fehler nicht, loben fie aud)
nicht, fondern geben fie als Fehler aus. Sie erdichten
fich fein übermäßiges Lob, geben fih nicht für voll
fommen aus. . Beides zeugt von ihrer offecherzigen
Ehrlichkeit. —— 5) Sie ersählen kunſtlos, ihr Vor—
frag
\
\
Schrift, (heilige, Beweife, daß fie Wahrh. enthalte.)
frag iſt einfach, ohne ale aefuchte Verzierung und fo
treuberzig, ald man es von ehrlichen Keuten gewohnt
it. Sowohl alfo dag, mas fir fagen, als auch die
Art, mie fie es vortragen, ſtellt fie als ehrliche Leute
dar. Glaubt man aber nicht ſchon ehrl. Leuten auf
ihr bloßes Bere?! — — Sie breifeten unter viefen
Befchwerden und Gefahren die Lehre Jeſu aus. Sie
ſchwebten ſogar dabei in Lebensgefahr. Irdiſche V Vor⸗
theife und Ehre, Geld und Bequemlid chkeit mußten fi
bei diefer Ansbreitung entbehren. Dieſe Fonnten fie-
alſo nicht bewegen, mit ſolch wm Ernſt und Eifer Jeſu
Lehre zu verfündigen! — Sie waren feine Schwärs«
mer, denn fie fihreiben mit vieler Kaltbluͤtigkeit, mit
einer ruhigen Stimmung des Herzend, mit vielem
Selbſtgefuͤhl ihrer Redlichkeit, welches immer das Be—
wußtſein einer guten Sache begleitet. Sie erzählen
ganz unbefangen. Sie fchzeiben. mit vieler Demuth
von ſich felbft, find aͤußerſt duldfam, ohne iehoch bie
Rechte der Wahrheit zu ſchmaͤlern. Sie drängten ſich
nicht zur Verfolgung, und farben zwar für die Wapr-
heit, aber ohne Prablerei. Blog Menfchen- u: Wahrs
heifgliebe beivog fie Bothen der Chriſtuslehre zu feyn,
Sie fonnten die Wahrheit fihreiben, denn ——
ſelbſt hatte fie mehrere Jahre unterrichtet und ſie ſelbſt
zur Ausbr. ſ. Lehre für tuͤchtig erklärt und bevoll—
mächtige. Sie waren ia Jeſu Gehülfen und Gefähr-
ten gewefen. Sie waren feine Betrogene, denn
Sefu Charakter erlaubt feinen Gedanken anT Taͤuſchung;
fie ſahen ſtets ſein Betragen und feine Thaten u. bor-
ken ſeine Lehre. Dabei leitete ſie Gottes Geiſt und
Wahrheitsliebe, oder Gott nahm an der edlen Ders
kuͤndigung der Wahrh. Theil. Die chriftl. Lehre kommt
vom Urheber aller Weish. und Wahrheit. Sie ift
goͤttl. und durch goͤttl. Vollmacht vorgetragen. Es
faͤllt alſo bei der heil. Schrift alle Beſorguß weg,
auf ——— geleitet und getaͤuſcht zu werden.
B) Ch ©. 45.) Sie iſt eine hinlaͤngliche Er—
fennenißquelle Sowohl der Wahrbeit als
zur Erm. Diefelbe zu befolgen. Gie reicht
gu, um und Kenntniß von dem Wefentlichen der Of
Ki fenbarungsgefihichte su geben und ung mit dem Saft
der chriſtl. Lehre vollig befannt zu machen. ie |
Ehrifil, Sl. Lehre f. d. Eanzeigehr, 325.
50 a
— Beweiſe, daß ihr Inh. Sinfänaf, —
uns den allgem. Zweck bemerken, welchen ſie hat, die M.
v. Gott u. Gottes wuͤrdiger Verehrung alles das zu
lehren, was wir zu unſerer Beruhigung, Tugend und
Hofnung auf ewige Seligkeit beduͤrfen. Sie enthaͤlt
alſo alles, was, um ewig ſelig zu werden, zu wiſſen
noͤthig iſt. Welche geſchichtliche, welche Glaubens—
wahrheit — welche Pflicht und. Tugend haͤtten wir
nothwendig, welche nicht in der Bibel enthalten iſt,
um hier fromm und beruhigt zu werden?! Gie reicht
zu, um dad Herz zu bilden und zu veredeln, und das
durch ewig — zu werden. Wer kann uns eine
Wahrh. nennen, die der Menſchheit nüßlich, der Rel.
förderlich, für die MILD und achte Gottesverehrung
und Hofnungen der M. nothwendig waͤre, die man
vergebens in der p. Schrift fuchte? Wo ift eine Tu-
gend, welche des Ehriftenthum nicht lehrt? wo iſt ein
Deduͤrfniß des Geifles, dem es nicht zu Huͤlfe kommt?
wo ift eine Lage, im welcher e8 nicht Troſt ertheilte
und worin kann man eine Dffenb. erwarten, über wel:
che man folche nicht fände?! Wo der Geift gu alfer
Wahrheit gebildet, das Herz zu iedem vernünftigen
Troft geſchickt gemacht, die Hofnungen ber Menfchen
bis ing Unendliche erweitert u. eine Tugend gelehrt —
geboten und empfohlen wird, zu welcher fih der M.
nur durch ftetes Streben empor arbeiten fann — da
ift gewiß alles Bedürfniß der M. befriedigt, alle Ab—
fiht der Mel. erreicht, und den Wuͤnſchen eines zufrie⸗
denen M. nichts uͤbrig gelaſſen. In der Chriſtuslehre
fehlt alſo ER an dem den DM: etwas gelegen iftu.
dasnicht blos zur DBefriedig. einer unnügen Neugierde
dient. — Freilich iſt die heil. Schrift nihr ein In—
begriff aller möglichen Weisheit und Kenntniſſe, aber
Das ift auch ihr Zweck nicht. Es fihließt auch die
Bollftandigkeit der h. Schrift nicht alle und iede Be-
mühungen, die Nel. = Lehren zu erflären und fie näs
her zu entwickeln, aus. Man fann allerdingg Die
Lehren der Rel. (aus der Bibel geſchoͤpft) weiter ent-
wickeln, — vervollfommmen u. bereichern. Deun Jeſus
und die Apoſtel fodern hiezu — auf, Matth. 5,
48, 1Ror. 13, 16; erost, ar |
Derfectibelift allerdings die chrifil, Net; f. (Krug's)
Briefe uͤber die — der geoffenb.Rel.
= 51
Schrift, (heilige, ihre Goͤttlichkeit.)
Jena u. Lpz. 1795. 8.5 and deſſelben 177 und Iekter Brief
‚_ Über x. &pz. 1796. 8.
Entbielte die Bibel nicht alles, was ung wei —
fromm — u. felig macht und machen kann, fo würde
ja die Abſicht Gottes nicht erreicht, um weicher willen
er die Bibel gegeben hat. Anderweitige Offenbarungen
hat er nicht den M. mitgetheilt; IL Tim. 3, 15217.
wird auch der h. Schrift Die Vollk. der Vollſtaͤndig⸗
keit beigelegt, indem ſie alles eniba Ite, Ra dem Chri—⸗
fien zur Belehrung — Zurehtweifung — Beſſerung u.
zur Anleitung zu einem Gott wohlgefaͤll — erhalten
nüßlic) u. nothwendig ſey. Wenn Jeſus Chriſt ug Yuc.
16, 29; Joh. 5, 39 das a. Teft. ir die Juden hin»
laͤnglich erklärte, um Gott zu erfennen, und fromm zu
werden: fo ift gewiß, daß,da das n. Teſt. oder der noch
weit vollfonmenere Linterricht Jeſu im nm. Teſt. Hinzus
gefommen ifl, die ganze Schrift zu ienem Zweck bins
länglich if. *
Vergi. Obderlein's Rel.-Unterr. Th. IT. g. 48. ©. 200. is
deffelben Th. chr. T. I. S. 48. ©, 135. 186.
2) (.©.45.) Die Heil. Schrift iſt goͤttlich — —
(oder nach dem theol. Syſtem — von Gott eins
gegeben.)
‚Bergi. Dr. 3. Ir. StTatt’s Mag, f. chriſtl. Dogm, und Mor. 28
&t. Wr, 1. ah ven Inſpirationsbegriff,“ vergl. mit m. a,
d. B..35r 8 28 ©t. ©. 279781; Hende’s Magaz. IVr
.B.,38 St. ©. 501 fı
dar Erbauungs-Vortraͤge chriſtl. Religionslehrer gehört nur die
Wahrheit: daß die Lehren » Bibel von Gott — un?
der würdigen Verehrung Gottes von Sott geofs
fenbart fine, Zu jagen! fieifi von Gott eingeges
ben, ift Eeinesweges nothwendig, um den hoben Werth de3
- „gemeinnäglichen u, gemeinverfiändlichen Theils ver bibl. Schrifz
ten darzuthun. Ueberdieß beruht auf dem wahren Sinn der
we Ausprüde und Phraſen: von Gottes Geift getrieben
A‘ feyn, einbauen, Leitung des h. Geiſtes, Ans
trieb deijelben, die fich für den gemeinen Mann nicht
verſtaͤndlich machen lajfen, die ganze gelehrte Entwickelung des
Begriffs von Theopneuſtie um Snfpiration (Man
vergl. über dieſe Phrafen oben ven Art. h. Seift u. Doͤderl.
Keh,slnterr. Th. Ik ©. 83. 8) „Die. Ausdruͤcke: Theo»
pgneuftiie, getrieben vom hi. Seifi; offenbart durch
den Geiſt Gottes u. a, m. werden auch hät ufig von einem
"2
52
er
Schrift, (heilige, über d. Eingeb. d. h. Schrift.)
tebhaften Affect, von Waͤrme für Rel. und Begeifierung, mit
weicher man Tpricht, gebraucht. Das laͤßt ſich aber im Voltsa
Unterricht ans dem Sprachgebraud) nicht darthun. Es ift dieß
auch nicht ein Mittel, die Zuhörer mit Hocha htuns gegen dis
Bibel zu erfüllen. Was man in den chrifit. Lehrbüchern vo:
der Eingebung behauptet, if zwar denkbar, aber deshal:
noch nicht bewiefen. Es iſt richtig, daß Gott bie erfien chrifin
Lehrer durch den h. Geiſt gelehrt habe, aber es wird nirgends
gefagt, ob eine folhe Belehrung Über alle Narurmöglichkeit
hinausveiche oder nicht. Die h. Schrift lehrt, tab Gott der
Apoſteln zu ihrem Lehramte beigeflanden habe, ihnen zu ihe
rer Wertheitisung und zur Abfaſſung ihrer Schriften behülfs
lic) geweien fcy, u. fie in alle Wahrheit geleitet habe; aber es
wird nicht geſagt, ob diefes auf eine aͤbernatuͤrliche Art, durch
uͤbernatuͤrl. Eingeb. der Worte md Sevanfen, durch Mittheis
lung eigner Worte zu ganz neuen Sachen, durch uͤbernatuͤrl.
Erhaltung einer gefunden Gedaͤchtnißkraft u. |. we geſchehen
fey oder nicht, Man kann nicht annehmen, daß die Worte des
n. Teſt. durch unmittelbare Einwuͤrkung des heil, Geiftes den
Verfaſſern mitgetheilt worden wären, wohl aber — daB Gott
dafür geſorgt hat, fie fo zu leiten, dab zu der Rel. — fürs
ganze Menichengefchlecht in sen neuteft, Schriften ein untruͤg⸗
licher Glaubensgrund fuͤr daſſelbe gelegt wuͤrde.
„Wenn Paulus u. Petrus vom Beiſtande des h. Geiſtes
„ſchreiben, welchen die altteſt. Schriftſteller genoſſen haben ſol⸗
„len, ſo hat dieſer Ausdruck weiter keinen Sinn, als wenn
„Sicero den Dichtern, Quintilian dem Plato u,f.m.oern.
„gottl. Geift zufchreiten. Die Fünf Hypothefe von der
„Theopueuſtie ift eine Erfindung fpnterer Zeiten, und es bleibt
„weit natürlicher, ihren eigenen Antrieb aus Gemeinnuͤtzlichkeit
„zu fehreiben, äußere günftige Bern Yuswahl der
„Maͤterien nach Verhaͤltniß ver Zeit und des Orts; Einkleis
„nung und Vortrag nach Mashgase ihres individuellen gelchrten
„und fittl. Charakters in Rechnung zu bringen.’ =)
„Der Glaube an Infpiration im engern Sinn befiimmt nicht das
„Weſen der Lehre der MApoftel. Die Lehren derfelben bleiten
„wahr, mögen fie ſolche durch mittelbare vder ammittelbare <
„Offenb. erlangt haben, und wern man filh ohne letztere von
„ser Wahrh. derſelben überzeugen kann, fo iſt die Abſicht erz
‚reicht, fo wird Zugend und Rel., auch ohne Stauden und
„Offenb. defefiigt werden.‘ **)
*) Hende EEE fidei chrift. Ed. 2. $. 15, p- 38,
vergl. mit der eriten 2%. Vorrede ©. II.
) Hende’s Magaz. ar B. 38 ©t. ©. 50%
BI. 53
Schrift, (heilige, uͤber d. Eingeb. d. h. Schrift.)
„Die Bibel m: nur — ſchreibt Dr. Ecker mann im Sands
buch der Öl. LZenre, 178. ©. 662, „daß Gott gemürdt und
B% „was — wo und an wem Gott gewürfi habe. Es ift
„aber nicht ihre Abſicht, Hber die Art, mie Gott gewürkt
„babe, oder daß Öott unmittelbar und uͤbernatuͤrlich gewuͤrkt
„babe, zu beichren, wenn fie gleich alles, was fie Gott zus
ſchreibt, Gott fo Beilegt, als ob er es unmittelbar wuͤrke.“
Die Redensart: die heil. Schriften find vurdh gdttlie
Eingebung gefhrieben, heit nur fo viel als: T) die
Berf. der bibl. Schriften, Vorzügl, des n. Teſſt.
- fangen unter der merkw. Muffiht und Leitung
einer höbern Hand. Gie wurden bei der Auf
zeihnung durch eine befonderg Vorſicht geleitet;
a)fie wurden bei Abfaſſung der Shriften (mid
in Anſehung des beredten Vortrags, ſondern des moralifchen
religiſſen Inhalts) — beſonders und goͤttlich — aber
mittelbar unterſtuͤtzt. Oott ſtand ihnen bei, Sie wur—
den vor allem Irrthum in der Mittheilung der Religionsleh—
ren bewahrt. — Weniger deutlich iſt die Erklaͤrung einiger v.
d. Eingebung, daß fie der Antheil des Geiſtes Gottes an der
Abfaſſung d. bibl. Schriften oder eine durch eine wunderthaͤtige
en des h. Geiſtes gefchebene Offenbarung aller chriſil.
Rel.⸗Lehren und Verheiſſungen geweſen ſey.
„Bei der Abfaſſung der Rel.-Buͤcher ver Chriſten hat Gott die
„Berf. derfelben befonders regiert, hat eine befondere nähere
„Aufſicht über fie geführt, fie zur Abfaſſung biefer Cdriften
„angehalten, ihnen die Sachen, die fie vorber nicht mußten,
„angezeigt und entdeckt; bei andern Sachen, die fie wußten,
„zum Xheil ſelbſt gefeben hatten und bei dem ganzen Schreib⸗
„selchäfte fie fo geleitet, daß fie nur wahre u. wifjenss
„werthe Sachen fchriftlicd) abfaßten.“
Daß ſich die Einges. nicht auf alles, was fie gefchrieben haben,
nicht auf alle einzeine Theile einer Rede oder Schrift u, nicht,
“ auf alle Ausser, erfivekt Tat — Haß vielmehr Sprade —
Schreibart und Einkleidung darinnen menſchlich ift, daß dieß
iedem der Verf. beizumeijen if, wird von den mehrfien Theol.
unfrer Zeit als ausgemacht behauptet. Denn es wire — ia
fie jchon durch Jeſus Chrifius eine hinreichende Erfenntniß ers
langt hatten, eine neue Dffenb. ver ihnen bekannten Wahrheiz
ten, ein ganz uͤberfluͤßiges Wunder gewefen. Denn, went
fie der Theopneuſtie gedenten, ift immer —
von dem muͤndlichen Vortrage m übern.
von der Quelle ihrer Kenntniſſe die Dede.
Die Upofielfamen, saChr. ihnen einen ſehr vollſtändigen
Unterricht gegeben hatte, u. ſie in der foigensen Zeit uͤber mars
ches einen nähern Aufſchluß erhielten, was ihnen vorher noch
dunkel war, und ba fie ſelbſt als Minner von vorzuͤglichen
Faͤhigkeiten weiter uachdenfen Eouniten, auf einem natürg
En ©.
S chrift, t Go, was iſt unter Eingeb. der — zu verftehen?)
lichen Wege zu diefen Kenntniffen. Es hat auch -
ieder bibliſche Schriftfieller offenbar feinen eigenthuͤml. fehriftz
ſtelleriſchen Charuiter, Was fie derinnen erzählen, brauchte
auch als ihnen bekannte Thatſachen nicht offenbart zu werten.
Man ınuß bei der Eingebung alfo ia nicht die Verbindung als
fer Mittelurſachen, welche neue und richtige Begriffe heilſamer
ſittlicher Wahrheiten erweckten oder veranlaßten, ausſchließen.
Gott hatte fie naͤmlich als M. mit vorzuͤglichen Gaben, mit
ausgezeichneten Kraͤften gebohren werden laſſen, ſie in Um⸗
fände geſetzt, in welchen dieſe Kräfte gebildet, erweckt und ges
foͤrdert wurden; er hatte ihnen Veranlaſſungen zugefuͤhrt, un⸗
ter denen ſie thaͤtig oder lehrend ihr Werk tricben, ſich ihm
oft ganz aufopferten u. dadurch Wohlthaͤter der Nachwelt wur:
den. Ge reiner ihr Sinn, ie feſter ihr Befireben, ie gluͤckli—
cher ihre Wirkung war, defio heller fahen diefe göttl, Menfchen,
Kein wildes Brauſen, keine übernatürk, Ueberfpannung oder
eine Verſetzung war der Beiftand, welchen ihnen Gott Ieiftete,
noch weniger eine Hemmung ihrer Kräfte, fondern Erwets
Fung, Fdrderung, Antrieb, Belebung derjelben
Sie wurden froh begeifiert, fie waren aber auch
rubig, fleißig und überlegten — weife, Ihre
Seele — war ſelbſt thbätig, Daber Eonnten Die
meiſten Kenntniffe, welche die bibl. Shhriftftetier
mitthbeilen, in ſehr vielen Fällen ohne eine uns
mittelbare Einwuͤrkung Gottes in ihnen vor—
handen ſeyn. Gind es Geſchichten, Pie fie erzählen, io
waren Augmfihein, eigene Beobachtung oder Erfahrung und
Zeugniffe ihre Quellen. D Sind e8 Wahrheiten, die fie vorz
tragen, fo batien fie ia aus dein Unterricht Jeſu richtige
Grundfüge erhalten. Aus einem Grundfage kann man aber
‚mehrere neue Wahrheiten entwickeln. Durch einfames Nach⸗
denken, durch ein Sammlen der vorhandenen Ideen, wenn man
ſie vergleicht, und mit einander verknuͤpft, werden viele eigene
Vorſtellungen hervorgebracht. Unter günfigen — die Seele
erfchätternden Umſtaͤnden entwickeln fie fich ſchnell. - Deutliche
Erfenntniffe erzeugen allemal neue; vergl, Doͤderl. Nel.=
Unterr, Th. 11. S.90 f. Da die bibl. Gefchichtfchreiber als
freie ſelbſtſtaͤndige Männer dachten und ſchrieben — da fie fich
zum Theil auf fremde menfhl. Quellen berufen — da fie von
Irrthuͤmern und Widerfprüchen nicht ganz frei find — und da
fie nirgends von einem uͤbernatuͤrl. Beiftande Gottes bei ihren
— Mm Bi fo Faun man nur die Eingebung von
— — — — — — — — — — — — ——
*) Bol. — Dir, qua infpirationem evange-
liorum actorumgne apoftolorum fine ullo religio-
nis chriftianae damno negari poſſe disputatur.
Traj. ad Viadr. 1793. 4. |
E
— en
Schr ift, (heilige, Eingebung derſelben.)
dem großen Antheile verſtehen, welchen die Gottheit in allen
Anſtalten zur Förderung der menſchl. Tugend, alſo ganz beſon—
ders an den bibl. Schriften nahm, aus welchen die M. ihre
edelſten Religionskenntn. fhöpfen. Genauer läßt ſich
dieſer Antheil nicht beſtimmen. Dennes kounten nicht die Zeitge—
noſſen der bibl. Schriftſteller in ihre Seele blicken und ihren
leidenden Zuſtand ſchildern. Sie ſelbſt haben auch hieruͤber
keine Nachricht gegeben. Es wäre auch nicht nuͤtzlich, wenn
wir dieſen Antheil Gottes an x. näher beſtimmen koͤnnten.
Es it hinlänglich, daß ter Inhalt ihrer Schriften adttlich ift.
Es ift genug, daß und die Wärfungen ihrer Lchre aufs Herz
überzeugen, daß fie weiſe, von Gott beiehrte Männer waren.
AZref. 4, 9). Es if ausgemacht, dab, io lange tie Kräfte
der bibl, Schriftfielfer Kinreichten, die Wahrheiten zu erkennen,
fie fich keines goͤttl. Beiftandes zu erfreuen hatten. „ter da,
„wo die Kräfte u. Kenntniffe der Apoſtel zur Hervorkringung
„isrer Schriften nicht zureichten, wurden fie in iedem Augenz
„blick von Gottes Geift geleitet, Daber find ihre Schriften
„Eeine gewöhnlichen Schriften.” 9. Auf die Stellen II Zim.
3, 16; Soh. 10, 35; Matth. 5, 17, 185 II®etre. 1, 19:21;
1Kor. 2, 7216, desgl. auf IIMoſ. 17, 14; 34, 27; V Mof.
31, 19221; SIerem. 20, 729, gründet man die Einaet. v. D.
Schrift. . Ob dieß Statt findet, karüser vergl. mar NReins-
bard’s Vorleſſ. über d. Dogm. ©. 58 f. 61f.; Bahrdts
Verſ. e, bibl. Syſt. d. Dog. 173. ©, 96. Dr. Ammon's
bibl. Theol. ITTh. 2te A. S. 350 ff. ©. 354 beißt ed: „wäre
„es nicht fiiherer, die ganze. indische Schulidee ‚einer ddttl.
„Einhauchung aufzugeben, und ſich auf eine Apol. der goͤttl.
„Offenb. einzufchränten 2"
Das die Bücher der h. Schrift nicht ohne obttt. Unterfiüsung ab:
gefaßt find, laͤßt fi) mit folg. Gründen unterſtuͤtzen: 2) Die
Yp. wurden ia zur Ausführung ihres Iweds bei ihrem muͤnd—
lichen Unterricht auf eine befondere Art unterftügt, um wie viel
gewiſſer ift dies nun bei dem Yon ihnen fihriftlicy ertheilten Un—
terricht geſchehen; denn ein Verſehen im mind. Unterrichte
Fonnte bei weitem nicht jene nachtbeilige Folgen haben, als ein
Berfehen im jchriftlichen, denn die Folgen des legtern waren
bleibend.
b) Es waren ia die bibl. Schriften ein Beduͤrfniß für die Nach—
welt, und man muB ihre Erhaltung als eine Veranftaltung
Gottes betrachten; — c) waren die Ap. nicht Männer, die
größtentheil$ Feine geichrte Kennen, befaßen ? hatten fie wohl eis
nen aͤußern Beruf zum Schriftſteller? theilen fie nicht recht
viele neue und BAHAOFEDE Wahrheiten mit? wirken fie nicht
*) Dr. Hänleins Handb. dei Einl. in’s m. El ıt Th.
©. 283. u. 287. |
—
u... Sk |
Schrift, (Heilige, — fie ift goͤttl. — wie fern?)
> noch nach Jahrhunderten auf die wiſſenſchaftliche und fittt,
Biltung einer entfernten Nachwelt mit einer bewundernswärs
tigen Kraft ? Offenbar wurden ſie alſo von Sort geleitet und
unterſtuͤtzt.
Man unterſchied ehehin ——— v. Cine chung dadurch, daß
dene die Erzeugung gewiffer Religienskenntniſſe, die vorher
unbefannt waren, in ben Gemütbern der h. Schriſtſteller, —
und diefe eine beſondere Leitung Gottes entweder beim Bors
k trage oder beim Aufzeichnen der ihnen ROM bekannten Wahr⸗
heiten, oder ihrer Vorſtellung waͤre.
Vergl. noch Joh. Kiddel's Abh. v. d. Eingeb, der b. Schrift,
mit vielen (fchägbaren) freien Zuſaͤtzen v. Dr.: — Semter.
Hülle 1733. ur. 3er
Die h. Schrift ik göttlich, d.h. 7 bibl.
Schriften se thmen den Geft Achter Neligigfität,. den
Geift der Frommigk. und Rechtſchaffenheit, lebendigen
Glauben an Gott und Eifer für die Befoͤrderung des
Willens Gottes. Cie enthalten in Ehren u. Pflichten
nichts, welches der Natur Gottes nwrd a, der Na⸗
tur des Menſchen —— gemaͤß und unſerm Gluͤck nicht
zutraͤglich iſt. Der Vortrag iſt auf einer Seite dent—
lich und dem gemeluſten Menſchenverſtande faßlich, auf
der andern doch auch maͤnnlich und der Hoheit der
abgehandelten Sachen fo wohl als der Groͤße Gottes
angemeſſen. Was beruhigt — was ermuntert und zu
guten Thaten weckt, was die Seele in der Ehrfurcht
por Bott m Jeſus Chriftug ftärft, gegen Irrthuͤmer
verwahrt, vom Laſter beilt, Die Geele zur genauen Er-
kenntniß und zur vernünftigen Bewunderung Gottes
bei den Anſtalten fürs Ehriftenthum und feine Befen-
ner anleitet, was einſt die Abficht der Lehre Jeſu enf-
a und for rderte, oder noch ietzt forbert — das iſt
ottlich. Da nun die bibl. Schriften dieſe Merk—
des goͤttl an ſich haben: fo iſt ac. — Da du —
{halt der h. Schrift, fo fern fölche Gottes Erf. be:
ai die Lücken, welche bie Vernunft nicht auszufuͤl—
ken vermochte, ausge fuͤltt and gine reinere Gottesner-
ehrus ng als iene gelehrt bat, — fd fern fie sur rein—
hen Zugend auffordert, durch bie ſtaͤrkſten Beweg—
gruͤnde zur Uebung derſelben erweckt, und die wuͤrk⸗
famſten Beforde rungsmittel, Die beſten Erleichterungs⸗—
mittel darbent — zeigt ſich auch die Goͤttlichkeit der
Bibel. Eben fo thut aud 01: Dirtfamfei ber in der
| Pen Sn: | 57,
Schrift, (heilige, — fie ift göttlich.)
Bibel enthaltenen religisſen Belchrungen und Aufmun—
ferungen die Gottlichfeit der Bibel dar. Jeder, mel
dir feinen Verſtand durd die Wahrkeiten Derfelben
ericuchtet, fein Ser; Durch bie Annahme derienigen Ge—
finnungen, welche fie zur Pflicht macht, veredelt und
gebildet hat, Far und wird ihren wohlthaͤtigen Eins
fluß auf feine Beſſ., Ruhe und Gluͤckſeligkeit fühlen.
Er wird dann fo fihliekens religiohe Schriften ©. der
Art, welche dem Verfiande und den mwichtigfien Wahr⸗
heiten, die fiherfien u. Genuͤgeleiſtendſten Aufſchluͤſſe er⸗
tbeilen, die ihn zur Hebung aller, auch der fehwerften
Tugenden fo geneigt und "willig machen, bie unfer
‚Ser; bei allen Schieffalen des Lebens ruhig, in den
baͤngſten Giunden deg Kummers gerroſt, ta felöft im.
Tode noch freudig und hoffnungsvoll machen, ibn obs
ne Sram über Grab u. Verweſung hinuͤber ins bei
fere Leben fehen laſſen — ſolche Schriften find gewiß
osttlih, Joh. 7, 17. Hat nicht die Bibel auch da,
wo man Ihren. Inhalt befolgte, auf die Gluͤckſeligkeit
des Staats heilſam gewuͤrkt? Koͤnnen wir nicht den
Urſprung ver 5. Schrift (denn unmiffende — unge—
lehrte Berfonen haben fie aufgeſetzt) erflären? War’
fie nicht das Erzeugniß des Nachdenfens und anges
fsaunter Bemühungen? iſt fie nicht v. einem wahren —
gortrefflichen — fittlichen und religisfen Sinbalte? —
brachte fie nicht die herrl. Würfungen auf Sittlichkeit
und Meligiofität des menſchl. Gefchlechts hervor? —
Achter man im Zufammentreffen der Umftände— durch
welche dag Schreiben diefer oder iener bibl. Schrift
möglich wurde, eine höhere Hand — verrathen ihre
Perf. einen Eifer für goͤttl. Wahrheit, u. find fie ſelbſt
überzeugt, daR es Gott wolle: fo ift ein ſolches
Auch — göttlih, von Gott gegeben, mit
goͤttl. Kraft belebt, ia eine Dffenbarung zu
nennen. | | |
Vieles aber in der h. Schrift hat nicht bie geringfie Bezieh. auf dieienige
Wahrheit, welche Jeſus zur Befoͤrderung der Tugend gelehrt
bat. Diefes kann man alfo nicht eine güttl, Belehrung durch
Ehriftium, oder Gottes Wort nennen. Namens u. Geſchlechts⸗
regiſier, Befchreibungen von Lagern, Gebaͤuden, Kleidern, Bar
milienerzaͤhlungen, u. a. m. find nicht von dem Werth, wels
chen wichtige Belebrungen haben, Man preife deshalb (denn
dieß iſt ſehr ſchaͤdlich) nicht die ganze Bibel als Wort Sotr
Schrift, (heilige, — fie iſt deutlich.) TER
tes — als ein Huͤlfsmittel der Be, ver M. an. Dieb erz
* zeugt das Worurtheil, als ob die Bibel eine masifche Kraft.
babe und dadurch würden Laien verleitet, es fuͤr gleichguͤltig
zu halten, was fie leſen. Denkenden wiirde durch ienes Vor⸗
geben die Bibel ſelbſt veraͤchtlich werden, vol, Dr. Ymmon’s
wiſſenſch. prakt. Iheol. 216. ©. 236 f. u. Doͤderlein's
Rel.-Unterr. 20 Th. 9. 35. ©. 141.
Man vergl. über dieſen Punkt neh wie 2).
6.22.32. 40: 4. vr San Kobert-
ſones Predd. a. d. Engl. 1789. Sr. 4. über Die
goͤttl. Eingeb. d. h. Fr, über Luc. 21,74. 153
Witting's Handb. zr 2. ır Th. ©. 83. 84. „Des
weife für die SottlichE. der Bibel;" Groffe Hause
und Pflicht Ie8 Chriſten, S. 316-3273 „der ſicherſte
und leichfefte Weg, zur Webers. v. der Goͤttlichk. der
Bibel zu gelangen‘ uber II Tim. 3, —
3) (f. ©. 51) Die heil. Schrift if deutlich,
d. h. in allen dem, was zur Beſſ., zur Sefartung im
Guten und zur Beruhigung dient, leicht verſtaͤndlich
und ganz auch für ieden faßlich. Die weſentlichen —
und dieienigen Lehren, welche zur Erf, und richtigen
Verehrung Gottes anmweifen, die Vorfchriften, die zur
Weisheit u. Tugend anführen, die Kegeln, welche dag
natürl. Gefühl u. dag Gewiffen iedem als wahr an—
preifen, find nicht verfteckt, dunkel u. raͤthſelhaft vor—
getragen, fondern find in fo Elaren, deutlichen u. alls
gemein faßlichen Stellen enthalten, daß ein jeder uns.
gelehrter — redlicher — lernbegieriger und vernünftig
nachdenkender Leſer diefelbeu ſelbſt einſehen kann. Die⸗
ienigen Glaͤubenslehren der Rel., welche iedem
M. zur Befoͤrderung feiner Froͤmmigk., zu feiner Ruhe
zu wiffen nothig find, find in der Bibel fo kurz vors
gefragen, daß man fie alle in einigen wenigen Stellen
zufammenbringen, und als deutlich verſtehen kann.
on den Gittenlehren iſt dieß derfelbe Fall, wel-
che auch noch durch häufig aufgeftellte Beifpiele für
den gemeinften Menfchenverfiand faßlich gemacht wor-
den find; — alfo alles, was wefentlich zur
Rel. Fgehört u. zum Rechtthun u. zum. glüc-
lich feyn u. glücklich werden erfordert wird,
in fo weit ung die Rel dazu Anleitung, ge—
ben ſoll, iſt darinnen hinlaͤnglich verſtaͤnd—
NER S. 59
Schrift, (Beilige, — fie ift deutlich.)
lich, wenigftens an einem oder dem. andern
Drte, fo Daß ieder, fo vielals ibm zu wifs
fen unentbehrlich ift, bei geherigem Nachdenken
und fleißigem Gebrauc der Bibel verſtehen kann, zus
mal da Lehrer u. Brediger dem gemeinen Chriften dag.
Bibellefen erleichtern. Was von Gottes Größe und
Borfehung, v. unferer Beſtimmung u. unfern Pflichten, v.
Jeſu Berdienften um die Menfchheit gefagt wird, faßt
auch der gemeinſte Menſchenverſtand, woraus das
Grundgeſetz der gegenſeitigen Liebe dann von ſelbſt
fließt. In einigen Stellen iſt ſie allerdings dunkel,
aber dieß ſind Stellen, die nicht zur Rel. und Sitt—
lichkeit, nicht für ung und unſere Zeiten gehoͤren.
Vieles iſt freilich nicht ohne bie gehörige Erfenntniß
von einer leichten Auslegungsart verftandlich, u. felbft
vielen Gelehrten noch nicht vellig deutlich. Aber das
ift eine Folge des höchſten Alterthumg dieſer Bücher u.
eine Folge der großen ——— u. Abweichung
von der Zeit und dem Orte, wann und wo dieſe
Schriften geſchrieben ſind, indem wir andere Sitten,
Sprache, Meinungen und Denkart haben, und iene
Schriften für einzelne Perfonen und Gegenden abge—
faßt worden find, deren lage wir nicht mehr fo genau
fennen. Was ung nicht verftändlich ift, gehört ficher
nicht zum eigentlichen NReligiongunterricht ; falls auch
* Gelehrte. den Sinn von diefer oder iener Stelle nicht
ausmachen fonnen, fo gebt dadurch in der. Hauptſache
der Rel. nichts verloren. Man kann ſich an den verſtaͤndl.
Theil der Bibel halten. Darf der Blinde klagen, daß
die Sonne dunkel ſey? kann der Unwiſſende von den
Beziehungen der Abfaſſung einer Schrift der Bibel ſa—
gen, daß die Unverſtaͤndlichkeit ein Fehler der Schrift
ſey? Kann und ſoll nicht der Bibelleſer das, was
er nicht faßt, als nicht fuͤr ihn, ſondern nur fuͤr die
erſten Leſer geſchrieben betrachten? |
gl. Groffe Glaube und Pflicht des Chrifien nach Bibel u. Vern,
, ©. 3397346: „VBeruhigungen bei den Dunkelheiten der Bir
bel: 1) was uns iegt unverſtaͤndlich und dunkel ifi,ift es venen
nicht geweſen, die zu iener Seit, da e3 gefchrieben ward, ae-
lebt haben; 2) was mir insbefondere dunkel ift, iſt es nicht
'- allen; 3) was ich nothwendig aus der Bibel willen muß, iſt
‚deutlich u, verſtaͤndlich; 4) was wir iegt nicht verfichen, wird
einſt beijer eingeſehen werden,“
72
4
60 S. x
Schrift, (heilige, — fie ift deurlih.)
Wann auch die Schriftausleger über ben Sinn die
fer oder iener Stelle ganz verfchiedener Meinung find, ſo
erwaͤge man, daß das eine Folge von dem verfchiedes
nen Maaß an Einfichten und. Kenntniß ift, womit
Ausleger an die Erläuterung der Bibel fi) wagen *).
Da e8 eine Menge vollig deutlicher und zugleich rich»
tiger und brauchbarer Stellen gibts fo Finnen dieſe
hinlänglich den Nachdenfenden leiten, auch die verbors_
gene Wahrh, aufzufinden. Die eigentliche Belehrung
Gottes iſt Leicht verfiandlich, denn es fpiegelt fih in
ben Seelen aller guten Menfchen. So viel als dem
Ungelchrten noͤthig if, kann derfelbe, falls er fo viel
Unterricht genoffen, als zum Verſtehen einer Sprache
und eines Buchs nothwendig ift, in der elben verffe-
hen. Sinn. Teft. ift wenigſtens nichts, ag nicht **)
felbft dem Allerunvermogenditen nach feinem Berflandes- |
maaße deutlich ſeyn follte, oder bei forigefestem Leſen
deutlicher wird, und die Kefung des a. Teſt. im Zus
ſammenhang uͤbt durch die dunflen Stellen den Ber:
fand und das Nachdenken, und ift auch in dem, was
die, die Beſſ. des Betragens betreffenden Bücher, 3.3. Sa⸗
lomo's Sprüdhm., Jeſus Syrach zc. anbelangt,
an fich fehr faßlich. Wenn auch diefe oder iene Stelle
dunkel ifi, fo ift eine andere deflo deutlicher. Bf. 19,
2-5. und 119, 104. 105. und 130. wird auch dieſe
Deutlichfeit ©. d. h Schrift geruͤhmt; Pf. 119, 103;
IPetr. 2, 2; Ebr. 5, ı2 heißt fie deshalb eine Milch
und Speife; und Pf. 19, 9; 119, 105; IL Weir. ı, 19
heißt fie ein Eiche odereine Leuchte. Iſt Died. Schr.
auch göttlich), (fiehe 2. oben ©. 51): fo kann der
Sinn berfelben nicht verffeckt und unerreichbar feyn;
Gott iſt ia ein Geift des Lichts. Wie kann fie ung
zu gebrauchen empfohlen feyn, wie koͤnnte eg von ıhr
beißen, daß man durch Kefen mit Nachdenken in der
Erf. wachfen werde, wenn wir fie nicht verftehen, oder
ung nicht erflären Eonnten?! Soll fie ung erbauen,
tie eg von ihr gerühmet wird, fo muß fie verftandlich
*) Vergl. Doderlein’s Rel. unterr. Th. IL. $ 36
©. 150 f. |
xx) Bei einer guten Ueberſetzung, 3. B. ber Stolzeſchen.
”
©. 6:
Schrift, (heilige, — fie ift deutlich.)
ſeyn. Man findet auch die Erzählungen, die kurzen
Reden und Gefpräche in der Bibel fo einfach u. faß-
lich, feloft für den gemeinften Menfchenverftand, eine
fo forgfältige Vermeidung aller Spisfindigkriten, eine
ſo edle Einfele im Ausdruck und eine zu_den Vorſtel—
Jungen des großen Haufens fih beauemende Schreib»
art: daß man darüber in Bewunderung gefegt wird,
Die Schriften d, Bibel find zwar nicht mit philoſoph. Genauigkeit
abgefaßt, und in Fein Syſtem von einer Glaubens» nnd Gits
tenichre gebracjt, oder man finder in der Bibel Feinen wilfens
ſchafti. Vortrag nach Form und Materie; allein das wer auch
nicht nöthig, um uns mit dem Geift der Rel. und Gottesver—
gheung befannt zu machen. Gstt wollte durch die Biber ſ.
Willen, aber nach m. nad) bekannt machen; er wollte die Öefchichte
deſſen, was er that, feine Zeitung des indijchen Volks, die
Entſtehung des Chriftentkums im Andenken erhaiten, aber im
einem den allgemeinen Fohigkeiten angemeſſenem Bortrage;
er wollte uns in den Stand fegen, dieſe Schriften als ein Mits
tel unferer Bildung an Erf. und Zugend frei zu gebrauchen.
Er wollte und durch die Biel nur anf den vichtinen Weg fühz
9. zen, auf welchem wir danı weiter fortgehen ſollten. Vergl.
Döderiein’s Ne = Unter. Th. II. 9. 49. ©. 295305:
deſſelben inf. Th, chr. T. I. 5. 49, ©. 187:190;
Sroſſe Slaube u. Pflicht des Ehrifientb. 1795. ©, 336.240,
4) Die Bibel, d. i. die in dDerfelben enthals>
tene Lehre ift fraftvoll, nachdrücklich und
würffam, Nom. 1, 16. (Hebr. 4, 12 gehört nicht
hieher, denn Wort Gottes zeigt bier Gottes Drohun—
gen der Strafe an) *). Sie ift im Stande, den Men:
fchen aufzuflären, fittlich zu bilden, und zu beffern u.
zu beruhigen. Wenn man namlich einem Buche Kraft
beilegt, fo zeigt man dadurch an, daß fein Inhalt fo
befchafften ift, daß es zum Unterricht und zur Lenkung
unſeres Gemuͤths etwas beitragen Fonne. Daher ift
der heil. Schrift wegen ihres vortrefflichen. Inhalts,
*) Sch bin nicht der Meinung D. V. F. Reinhard’s,
(Borl, über die Dogmatif, S,552.) daB diefe Sache nigt
in den gemeinen Volfsunterriht gehöre. Zu fagen, daß
Gott ung dur die in der Bibel enthaltenen Wahrheiten
auffläre und beſſere, — iſt nicht zweckmaͤßig und nicht
hinlaͤnglich. —
"62 “ S.
Schrift, (killen ihre Wuͤrkſamkeit.)
welcher mit den Vorſchriften des a u
übereinftimme und zum Unterrichten und Ueberzeugen
eingerichtet ift, fo wie wegen ber nachdrucksvbollen
Sbxrache und Schreibart eine lebendige und goͤttl. Kraft
und Würkfamfeit über das menſchl. Herz in Hinficht
wahrhaftiger gottl. Wahrheiten eigen, die fich am Le—
fenden, falls derfelbe nicht durch feine Keidenfchaften fie
unterdruͤckt, außert. Am Buchflaben und an der Wer:
fon des bibl. Schriftſtellers liegt diefe Kraft nichk,
denn es gibt verfchiedene Stellen, die weder. den Ber>
fiand noch dag Herz zum Guten Ienfen. Aber a)die-
db. Schrift träge die Wahrheiten, die fie lehrt, bie
Pflichten, die fie e einfchärft, oft ſehr ſtark, rührend oder
auf eine bewegliche Art vor, welche aufs Herz Eins
druͤcke macht. Wie einfach, aber auch wie männlich
und erhaben ift oft der Vortrag der Lehren und Er—
mahnungen! Er iſt fo ganz fürs Herz eingerichtet u.
durchdringend. Ihr Ton ift nicht blos anſtaͤndig und
verſtaͤndlich, ſondern auch feurig und ruͤhrend. Er
fant zur Tugend bewegen und dadurch erofnet die
Bibel die herrlichften Ausfichten in die Ewigkeit. Mit
welchen einleuchtenden und fraftsollen Gründen unter-
füge die Bibel die Ermahnungen! Genau ift der Bor-
frag zur Beförderung und Leberzeugung eines tiefen
und wuͤrkſamen Eindrucks angemeſſen. Ale Veraͤnde—
rungen der Seele fonnen durch die heil. ‚Schrift be-
wuͤrkt werden. Gie erleuchtet den Berftand über
die wichtigften Angelegenheiten (Mom. 10, 175 Pf. 119,
104: 105.), fo bald man ihre Belehrungen mit £ern-
begier annimmt; fie beffert das Herz, fo bald -
man ihren Ermahnungen folge, Luc. 8, II-15; II,
28; Soh. 17, 175 Pf. 119, 9. . Sie gewährt alle
Beruhigung, dern wir M. beim Wechfeln des
Schickſals, beim Bewußtſeyn unſerer Fehler u. bei den
Dunkelhh. der Zukunft beduͤrfen, Job. 8, 51. Sie be—
wahrt den gebeſſerten M. vor fernern Vergehungen,
Ephef. 6, 17, und fie wird durch dag alles: zugleich
ein Mittel einer reinen u. geiftigen Gluͤckſeligkeit. —
b) Die Wahrheiten ſelbſt, die ſie enthaͤlt, ſind im ho—
hen Grade gemeinnuͤtzlich, bereichern den Ver—
ftand felbft mit wichtigen Einſichten und bilden das
Herz zu den edelſten Geſinnungen. Sure Lehren find
“
©. er
Sorift/ (Heilige, — ihre Wuͤrkſamkeit.)
einleuchtend wahr u. ſtimmen genaumit dem überein, was
die Vernunft uns lehrt und von uns fordert. Der
feſte Glaube, daß bie Lehren der heil. Schrift goͤttli—
chen Urſprungs find, verfiärkt und erhöht die Kraft
derfelben ungemein. Denn er. erinnert bei dieſen Wahr«
heiten ſtets an Gott, als Urheber derfelben, und ſtellt
ung Daher dieſe Wahrheiten in ihrer ganzen Heiligk.,
Wuͤrde, Nothwendigk. und Wohlthaͤtigk. fuͤrs Heil
der ganzen Menſchheit u. iedes einzelnen M. dar. Ge
nachdem iemand Die Wahrh. nach ihrem ganzen Ges
wicht lebhaft denkt, ie nachdem aͤußert ſie auf Verſt.
und Herz Wuͤrkſamkeit. Und nur dadurch, daß der M.
die Wahrh. ſtets in Verbindung mit Gott, ihrem Urs
heber, denkt, kann der M. bewogen werden, Die Wahr⸗
heit nach ihrem ganzen Gewicht unparth. zu. erwaͤ⸗
gen. — Die unverdäctigen Verf. reden im Namen
Gottes, wie im alten — und im Namen des
Geiſtes Gottes und Jeſu Chr. wie im neuen
Tefl. Gegen zuverläßige Ausfprüche Gottes aber
laͤßt fich nicht flreiten, wie man e8 gegen menfchliche
fann, wenn fie nicht hinlanglich deutlich und von be—
weifender Kraft find. Da alſo der Ehrift der Heil.
Schrift nicht mwiderfprechen darf, fondern nur Acht zu
geben hat auf dag, wag fie fehreibt, und eigentlich ſa—
gen wills fo — er alles cher und nimmt eg zn
‚Herzen.
Zwar find — sn Wahrheiten der nafürl. Nel.
mit einer goͤttl. Kraft verbunden, aber vorzuͤgl. wuͤrkt
die biblifche — recht. von Den M. angewandte Got-
tesfehre. Sie wuͤrkt feine unnennbare und übernatür-
liche Empfindungen — nicht Eingebungen und eine
Begeiſterung — fie wirft nicht unwiderſtehlich, fon-
dern fanfe und mittelbar. Daß der h. Schrift diefe
Wuͤrkſamkeit eigen ſey, oder daß ſie ausgebreiteter,
ſtaͤrker und ſchleuniger auf den M. und feine Geſin—
nungen als irgend ein anderes Buch wuͤrke, läßt ſich
‚mit feinem Scheine von irgend einem Grunde bezwei—
fen. Es iſt dieß fhon wahrfheinlih: N) weil
die fehr große Sinnlichkeit und noch mehr bie böfen
Gewohnheiten e8 nothwendig machen. Ohne diefe Wuͤrk—
ſamkeit wuͤrde das Gute vom Boſen in Der Welt er⸗
a: 985 | ER
Schrift, (heilige, — ihre Wuͤrkſamkeit bewiefen.)
ſtickt werben. Durch diefe Würffamf. aber wird viel
Boͤſes verhütet und viel Gutes m. D) fieift Gott
anſtaͤndig; I die Gefhichte beftätigt folche. Mil:
lionen M. haben durch die bibl. Lehren, die fie ent-
weder laſen oder aus der Bibel erlernt hatten, i in ihren
Finſterniſſen Licht und Troſt gefunden. Tauſende ge⸗
ſtanden das, was Pſ. 119, 92 ſteht. Tauſend u. Tau—
ſend nd durch ihre Belehrungen und Ermm. von ih»
‚ren Jerwegen surüchgedracht, zum Kampf gegen die
Sünde geſtaͤrkt und au guten. Ge— ſinnungen gebildet
worden. Viele der graßten Gelehrten in der Chriſtenh.
kehrten, wenn ſie noch ſo lange unter den Werken der
bloßen Zern., des Witzes u. f. w. verweilt hatten, zu
ihr zuruͤck, wenn ſie erfuhren, daß ſie in ienen wenig
Beruhigung fanden, die fie dagegen in dieſer anfrafen;
Eſ. 55, IO. 113 Jer. 23, 293 Ebr. 4, 12. „Ich habe
Funfzig Sabre geiebt und mannichfaltige Mühfelig-
„keiten des Lebens erduldet, und nirgends mehr Licht
„in Sinfterniffen, mehr Starke und Muth in Leiden
„gefunden, als bei der Duelle der Rel. Sch Habe
„50 Sabre gelebt, und bin mehr ale einmal an den
„Pforten des Todes gewefen, und habe es erfahren,
„daß nichts — nichts ohne Ausnahme — als die goͤttl.
„Kraft der Rel. — die Schrecken des Todes beſiegen
„hilft. Daß nichts als der heil. Glaube an Jeſum
„den Bangen, bei dem entſcheidenden Schritt in die
„Ewigk. ſtaͤrken und das Gewiſſen, ſo uns anklagt,
ng Fann. Dieß bezeuge ich auf mein Gewiſſen vor
„Gott.“ *)
Die unverwerfichften Zengniffe vom hoben Werthe,
ia von der Vortrefflichkeit der bh. Schrift gaben ſowol
ber große Ernefiif— dieſer Ba, Deutſchlandes, Pe)
in folgenden merfivärdigen Worten; „Ih fage gun
„reife Gottes, Daß alle Weisheit, welche in den
„Schri ften der griech. und rom. Meifen zerſtreut zu
„finden iſt, u. f. w. mit dem, was die Bibel af
* 0 a
— —
*) So der unvergeßl. Gellert inf. ttefſ. Moral.
**) Predigten deſſelben zur Verherrl. Gottes u. gef Chr.
8pz. 1708. gr. 8, ©. :39. 40, |
—
—
Pr
_
; S. 65
Schrift, (heilige, — ſie iſt wuͤrkſam.)
„faßt, weder an Deutlichkeit, Richtigk. u. Vollſtaͤndig⸗
keit, noch an Zuverlaͤßigkeit u. Gewißheit, noch am
„Nachdrucke dem Geifte und ber Kraft zu vergleichen
en, u. f. w. — — und zu erfinden; als auch
legt D. Steinbart dafür dag entfcheidendite Zeugs
niß ab *): „Es find unläugbar nun beinahe volle
38 Sabrhunderte verfloſſen, seitdem Chriſtus zuerſt
„dieſe Gluͤckſeligkeitslehre, im Gegenſatz der aberglaͤu⸗
mbifchen, unmoraliſchen und aͤngſtl. Gottesdienſtlichk.
„der Juden und Heiden, und auch im Gegenſ. der
„Auberibannten und doch fehr unvollſt. Zugendfehren
„der alten Philoſophen vorgetragen hat. In dieſer
„seraumen Zeit iſt bis auf den heufigen Tag, aller
„mebrern Cultur der menfohl. Vernunft u. alles £ief>
„ſinnigen Nachdenkens fo vieler Gelehrten ohnerachtet
„doch moch- nicht eim einziger Satz gefunden worden,
„welcher uns mehr Zufriedenheit, mehr Geneigtheif
zur Tugend, mehr Muth und Hofnungen einfloßen
nFönnte, als die Wahrheiten, die Chriſtus fchon ver»
pfichert bat. Ale — — — verdienen?“
Bergl, Dr. 3. A. Ernefi?s Predd. ıv Th. Lpz. 1768, gr. 8,
Nr, 1. ©. ı ff: über das Ev, am ıften S. n. Tr, v. dem
Worte Gottes als dem einzigen Mittel der Bekehrung.
Und in der That, wie oft floß nicht im tiefften
Kummer eine Bibelftelle wie Balſam aufs Herz. Die
Stelle Hiob 1, 21 (am Ende) 3. B. bat mehrmals,
beim empfindlichſten Berluft eine? Sreundes, Kindes
und eines gefchäßten Erdengutes den ſtaͤrkſten Eindruck
gemacht. Hat nicht oft am Rande des Grabeg die
Lehre v. der Auferfiehung, die Erinnerung an Jeſus
Chriſtus den Vollendeten, den Sinkenden gehoben und
dem Gefeſſelten feine Feſſeln erleichtert?! Wie fo mans
em wurde warn ums Herz, wenn man ihm in eis
nen Nehgionsvortrage die Schrift erflärte, die tref—
fendſten Ermahnungen an's Herz legte, Zweifel an ver
Vorſehung benahm und die dringendſten Ermunternne
gen, Jeſu aͤhnlich zu werden, vortrug! . Das alles
1.2
”) Syſt. d. reinen Philoſ. oder Glüdfeligkeitgs
lehrte des Chriſtenth. 2te Aufl. Zuͤllichau 1780. gr. 8.
Ga 331.32. I
Chriſtl. St, Lehre f. d. Canzelgebr. 3 TH, E
66 ©.
Schrift, (heilige — fie ift wuͤrkſam und nuͤtzlich.) |
würfte zwar die Nel. Jeſu, aber wäre fie, wenn wir
das n. Left. nicht erhalten hätten, vorhanden? —
Diefe Erfahrungen find fo haufig, daß Fein Spoͤtter
fie bezweifeln kann; — in I, 255 Est. 7, 18.
24. 25; Jac. 1, 8 und 21; I Petr. 1, 23 wird aus-
drücklich der Bibel diefer Werth und dieſe Kraft beis
gelegt, v9: auch. Joh 6, 635 Isar. 2 BE
©, oben den Art. Lehre Jeſu IV.3. or Th. ©. 232 Ei f-
fenbarung UL, 2. ar ZH. © 284. — Döpertein’s
inft. Th. chr. T. 1. 5. 341. ©, zıef.; Ekermann’s
Hands, ter Gl.-Lehre Ir B. ©. 673376. Leß Hand, der
chriſtl. Reis Theorie, ©. 1222265 Tobler’s Anmm. zur
Ehre d. Bibel. 88 ©t. Halle 1783. 8. ©.10=2135 Köppens
Hauptzw. des Pred. W. ©. 248 ff.; Joh. Johns Predigt⸗
entww. ar Sabre. ©. 73 fi. „das Bild derer, welche die
Wuͤrkungen des Wortes Gottts ſelbſt an ſich vereiteln,“ uͤb. d.
Ev. am S. Sexageſ. ——
5) Die h. Schrift iſt ſehr nuͤtzlich, ILPetr. 1,19.
Sie bat in Hinficht der Bortheile, die fie gewährt, enge
feheidende Vorzüge vor allen menfchlihen Schriften.
Sie ift die zuverläßigfte Vorſchrift unferer Handl., die
reichfte Nahrung für unfere fittl. gute Gefinnungen u.
der feftefte Grund afer unferer Ruhe und Hofnung.
Sie ift dag wichtigfte Huͤlfsmittel, deſſen ſich Gott zu
unſerer Beſſ. und Froͤmmigkeit bedient, Matth. 13,
3:8; Epbef. 1, 13; I Zima 3rı 165 ‚Sa 1,408 EB.
Denn fie heilt unfere Erf. von Gott und unfer Ber-
hältniß gegen ihn auf und berichtigt dieſelbe. Sie
belehrt uns uͤber unſer pflichtmaͤßiges Verhalten und
beruhigt uns mit Troͤſtungen u. Verheiſſungen. Aus
derſelben kann man die reinſte Religions—
und Sittenlehre mit Leichtigkeit ableiten,
und alles, was anderweitig von Gott und
den Pflichten des M. erfennbar iſt, fann
damit in den ſchönſten Eınflang gebracht
werden. Was kann fuͤr die Menſchheit nuͤtzlicher u.
erfreulicher ſeyn als in Abſicht der Bildung unſers
Charakters, der 8 enntniß Gottes und unſerer ſelbſt,
der Einrichtung unſers freien Betragens, der Gewißh.
unſerer Hofnung für die Zukunft n. Ewigf, Belehrun—
gen zu haben,» welche wahr und faßlich find, welche
Gott felbfi gleichfam erthellt!! — Iſt nicht durch die
—
S 67
Schrift, (Heilige, — fie ift nüßlid).)
h. Schrift im Ganzen und nach ihren einzelnen Theis
fen die Religionskenntniß eines Zeitalters auf dag an-
dere fortgepflangt, und nach und nach zu größerer
Vollk. erhoben worden? *) Welche Ermunterungen
zum Guten — welche Beruhigungen im Miggefhic, —
welche Hofnungen einer Fünftigen Seligfeit gewährt fie
nicht dem M., um ıhn zur Zugend zu erwecken und
im Öuten zu färfen! fehrreicher kann Fein Unterricht
feyn, als e8 ihre Belchrungen über Gott und feine
Vorſehung, von der Errichtung eines ſittl. Reiche
durch Jeſus u. f. m. find, und vollkommner kann
feine & ttenlehre feyn, alg die Sittenl. Jeſu; ſ. oben
Jeſus.J.
Falls ſie auch nichts Neues und nichts lehrte, wor—
auf nicht der Denkende von ſelbſt kommen konnte, ſo
het fie aber ſchon dadurch Werth, dag fie die natuͤrl.
Erf. des M.von Gott und Tugend aligemeiner mach⸗
te, den Gedankenloſeſten zum Nachdenken und die Ir—
renden (die Heiden) zur Wahrh. zuruͤckbracht 2. Sabre
taufende würden vergangen ſeyn, ehe einige m beim
langfamen Gange der Bildung, ihr ſittl. Gefuͤhl und
die Vernunft ſo weit entwickelt haͤtten, daß ſie uͤber
die Beſtimmung des Menſchen, uͤber den Zuſammenh.
der Dinge, über den Urſp. der Welt hatten Erwaͤgungen
anftellen und den Gedanfen: Gott ift Weltfchöpfer —
Erhalter und Regent wagen fonnen. Gott befärderte
auf eine außerordentliche Art die frühere Entwickelung
r
2
-
I
Dr. Fr. V. Reinhard thut dies in f.im Jahr 1797 beim
Hofgotteödienft in Dresd. gehalt. Predd. Sulzb. 1798.
gr. 3. in d. Pred. am Neformat. Feſt über Luc. 10, 26:
„Die Verdienſte der 1. CS hrift um die Sirden:
Verbeſſ.“ dar. Die Bibel erhielt naͤmlich ı)in jenen Zei:
ten der Finſterniß die Wahrh. 2) fie ſtellte dieſelbe zu
den Zeiten der Verbeſſ. wieder ber, 3) fie gab den Ber:
befferern froben Much; 4) ſie it die Freundin einer nußl.
Gelehrſamk. und einer aligem. Geiftesbtldung; 5) fe tik
die Urheberin der Kreibeit, die das Merkmal und. der
Vorzug unierer Kirche ift. Im 2ten Theil leiter Herr R.
Daraus Fugen fur unfer Deihalten her.
68 ©. er
Schrift, (heil. — fie ift nuͤtzllich.)
der Vernunft. Ohne dieß wÄren wir wohl fo roh u.
blos finnlih, als es noch ießt die heidnifchen Wilden
find, f. oben den Art. Offenbarung.
- Der erfte Landmann Fam zwar von felbft endlich
darauf, daß ers lernte, wie man einen Acker beftellen
müfle? aber fam er nicht langfam darauf? Der Sohn
des Doͤrflers, der dieß feinem Vater abſieht und ab»
lernt, lernt es cher umd leichter. Belehrungen Gottes
über dag, was unfere Sinne nicht erreichen, muͤſſen
alfo noch weit fehägbarer in Dinficht der frühern Zeit
ſeyn, in welcher die M. ?c. Um Gottes Willen und
unfere Ehrifienpflichten zu erkennen, fann kein Mittel
beffer feyn als die Bibel, denn fie unterrichtet durch
Bere hle, — Ermahnungen, — Sittenſpruͤche und —
Beifpiele, indem fie theilg Handlungen einzelner M.
mit Mißbiul gung oder Billigung erzaͤhlt, theils
Empfindd. und Geſinnungen derſelben in Liedern, Ges
fängen, und Wünfchen ausdrückt. Das meifte davon,
a
fo jeher es auch in frühen Zeiten unferer Erde abgefaße - -
worden ift, iſt paffıend und verftändlich. — Auch des:
halb ift die h. Schrift, oder die darin enthaltene Kel.
Erfenntniß u. Anl. zur Sittlichkeit nüßlich, weil der
M. bei der allmaplichen Entfaltung und Bildung fei-
ner Geiſteskraͤfte nur durch Anſehn und Geſchichte zu
einem reinen — freien — ſittl. Religionsglauben hin—
gefuͤhrt werden kann. „Wir ſollen durch die aͤußere
und mittelb. Offenb. Gottes für die innere u. unmit-
telbare, wo Goft alles in Allem ift (1Kor. 15, 28.)
reif werden.) — Wie ungemein faflih und
verſtaͤndlich — wie durch die Gefchichte verfinn-
licht — iſt nicht der Vortrag der beilfamften Keli-
gionswahrheiten in der Bibel, wodurch fie Duelle der
Noel.» Erf. für alle wird! — Wie fihön gewährt die
ganze b. Schr. die Einficht, daß ©. nach f. Weisheit
frufenmeife das menſchl. Geſchlecht in der Erf, der Rel.
und Neligiofitat immer hoͤher geleitet u. oleichfam als
ein mweifer Erzieher für die fortfchreitende Bildung def
feiben geforst BAR Als — RN
*») Dr. C. Fr. Ammon's wiſſenſchaftl prakt, Theologie.
©, 46. |
Bi: 369
Schrift, (heilige — fie ift ſehr nuͤtz lich.)
des menſcchl. Geſchlechts, oder als Geſch. des
Ganges, den die Vernunft nahm, hat ſchon die Bibel
einen großen Werth; denn wir fühlen in ung ein Des
duͤrfniß, die Spuren von biefer goͤttl. Erziehung *
menſchl. Geſchlechts in der Geſch ice aufzuſuchen. 2
‚würden uns unbefriediget finden, wenn wir
blos der Meberlleferung glauben ſollten. Die Erhal—
tung ber bibl. Schriften iſt alſo als eine Veranſtaltung
der Vorſehung zu dieſem Zwecke ne
Das a. Teft. iſt zwar für uns feine fo fichere uud
gute Grfennfnißguele der Mel. und Tugend als dag
neue, an welches wir als an eigentl. Duelle der Rel.
und Sittlichk. — als ein zuverlaͤßiges Archiv des
Chriſtenthums gewieſen ſind. Allein ienes iſt keines—
weges für ung ohne Werth und Nutzen. Man kann
nicht ſagen: „ich will nicht beim Lampenlicht ſehen,
da ich die Mittagsſonne habe. Es bat Werth
für ung, meil es die Anfangesründe wahrer Reli—
sion, die Gefihichte der Menfchheit wo nicht vom
Urſprunge — Doch von ber Umfhafrung der Erde,
vom Entftchn des M—geſchlechts und vom erſten Zus
fiande deſſelben — die Gefch. vom Entſtehn der Kuͤn—
fie — die Geſchichte der Sitten — der Vorſchung oder
des Derhalteng und Verfahrens Gottes mit dem M
von feinen ES naR und. Strafen enthält, fo Biete
nuͤtzl. Beifpiele von Tugend und Lafter, die den Ref. =
Unterr. verfinnlihen, und dem ſelben mehr Eindruck
geben, aufſtellt, und — wie das a. Teſt. — fo man—
che vortrefflic che Bemerkungen uͤber das menſchl. Herz
enthält und überhaupt eine Vorbereitung zur beffern
Mel. Jeſu iſt. Freilich war das — Geſetz mehr
politifch als moraliſch, mehr Zuͤgel der Laſter als eine
Anleitung zur edelſten Tugend, mehr nach den Umſtaͤn—
den der Zeit und Beſchaffenheit der Menſchheit noth-
wendig, (Öal. 5, 4: 5, 1-6; Rom. 3, 28; Col. 2,
16) als eine vollkommene Sittenlehre. Allen als
Schriften aus der Ur- und Vorwelt, als ein Kleinod
des Alterthums iſt es ung billig ehrwuͤrdig. Es loͤßt
das a. Teſt. die ſonſt zu ſchweren Raͤthſel, wie es
möglich it, daß die Grundwahrheit aller Mel. und
Glüdfeligk. von dem einem wahren Gott in der Kind—
heit der Dernunft fo allgemein bekannt werden konn—
IB, ©
Schrift, (Heilige, — Nutzen des a. Teſt.)
te, da ſie doch bei der böhern Bildung anderer Bil.
fer demfelben fo ganz unbefannt war, desgleichen das
Raͤthſel vom lirfprung des Bofen. Es bewahrte doch
die reinere Gottegerf. mehrere Jahrtauſende hindurch
auf, und es ift das ältefte Gefchicht- und Erempelbuch
der Welt. Es hat auch wahre Meifterftücke der Dicht-
funft und Beredfamfeit, die zum Theil ihres Gleichen
nicht haben. Es ift nüglich zu gebrauchen, weil «8
vortreffiiche Befchreibungen v. den Eigenfchaften; Got⸗
te8, vorzüglich von feiner Maieftät, Allmacht u. Al:
een und fihone Zeugniffe von Gottes Borfehung,
B.im Eſaias, im Hiob und in den Bfalmen,
ihr vorzuͤgliche Aufforderungen zum ſittlichen Verhal⸗
ten in den trefflichſten Denkſpruͤchen, in den Spruͤ—
hen Salomo's, im B. d. Weish. u. im Jeſus
Syrach, und vom wahren Werth des Erdelebens im
Predigerbuch des Salomo enthält. Welch eine
vortrefflihe Samml. von Beifpielen d. Zug. u. von
Laſtern ift eg nicht?! | |
Vergl. Döderlein’s Rel.-Unterr. Th. II. ©. 249 f.
Pur Unwiffende, Leichtfinnige und Bsfe Finnen das
a. Teft, verachten; verftändige — geſchmackvolle Ken—
ner des Alterthums Dagegen werden e8 bochadıten u.
mit Bewunderung und Vergnügen gebrauchen.
Verol. Doͤderleines Rel.-Unterr. Th. I. gF. 37. ©. 1583167.
(was uns nicht im a. T. angeht und nicht fuͤr uns nuͤtzlich iſt,
iſt daſelbſt 9. 35. 9. 139 f. angegeben. Vgl. Wiemeier’g
popui. u. prakt. Theol. ©. 202 und ©. 461); r.
inft, Th. chr; T.- 1. p. 1722178. — "Weber! Der Bert
des m Teſt. ſ. Leß Abſchn. IL. $. 16. ©. 60,
Burſcher's Wahrhh. z. Nachdenken u. zur Warnung, in Predd.
Lpz. 1802. Wr. 5. ©. 1172138: „wie viel auf das alles anz
£omme, und an allen dein gelegen ſey, was in der h. Echrift
geſchrieben ſteht.“ | —*
J. Eh. Thielifch der unſchaͤtzb. Werth und die Vortrefflichk. des
Wortes Gottes. Wien m. Prag 1785. 8. 2 Begen.
III. Unfer Berhalten in Anſehung der beil.
Schrift.
ı) Manbhege gegen dieſelbe keine Vorurth.
Man verachte fie nicht auf einer Seite u. verehre fie nicht
absoͤttiſch auf der andern. — a) Man halte fie nicht
für ein befonderes Buch, welches man nicht wie an⸗
©. | 7i
Schre, (beil., — Verhalten in Hinfiht der — —)
dere Schriften — duͤrfe und in welchem man alle
Vorſchriften deshalb, buchitäblich verftehen müffe. Dieß
wurde, mie es auch die traurige Erfahrung gelehrt
hat, indem mans. D. die Redensarten: fich daß
Auge augreiffen, Glieder EBEN, fich der
Welt enkhalten, alles’ den Armen geben,
das Fleiſch Freugigen u. a. m. buchſtaͤblich nahm
und deshalb entweder ſich felbft peinigte oder in Eind-
den ging, bon mancher Stelle zu einem unrichtigen
Sinn derfelben führen. Man muß vielmehr auf den
Sen feben. — b) Dan glaube nicht daß man in
ihr Belehrung über ale Kenntniſſe, 2 Wiſſenſchaften u.
Künfte und über das, was den Staat, feine Eıinrich-
tung und Bermaltung der Regierung betrift, herneh—
men und in£befondere nicht iene angebliche, fchnell den
M. reichmachende Kunft erlernen und fchöpfen koͤnne.
- Sie laßt fich auf alles das nicht ein. Sie ift Feine
neue Sefeggebung, fo daß man deshalb meltliche Ge—
feße, Dbdrigfeiten und Kechtshändel aufheben durfte,
um alles nach ihr zu formen. Die entfernteren — z.
3. im Stiege, be Rechtshaͤnd eln u. f. w. menfchen-
freundlich und billig zu ſeyn, hat ſie wohl, aber nicht
die naͤheren Beſtimmungen. Aud) fann man in derfels
ben feine Entfcheidungen und Nathbeebungen über Eins
‚richtung ber Haushaltung, über anzuftellende Neifen zc.
und über feine Schickſale durch das Auffchlagen der>
ſelben ſuchen. Dieß wäre Aberglaube. Dann würde
man vergeblich da eine Entfcheidung fuchen, wo feine
ift, und man überfähe fie da, wo fie if. Man ſieht
alsdann alles einfeitig an u. beurt heilt es einfeitig. —
c) Man fehe nicht die h. Schrift für ein Buch en,
welches nur für den Poͤbel ee für gemeine Leute)
da fey, um diefen durch ihre Lehre und durch ihr An—
fehn im Zaume zu halten und daß deshalb nicht alles
verbinde, was ſie vorſchreibt. danche glauben irriger
Weiſe, daß das a. Teſt. nur fuͤr die Jugend der
Menſchheit oder fuͤr ein rohes und unwiſſendes Volk
geſchrieben und daß das n. Teſt. nur fuͤr die erſten
Zeiten des Chriſtenth. beſtimmt geweſen ſey, und daß
man dieſe Bücher fuͤglich entbehren konne, indem man
Stande ſey, ſich durch eigenes Nachdenken ſelbſt
u helfen, ohne iener Huͤlfe ferner zu bedürfen. Nun
72 S. Be
Schrift, (heilige, — Anwendung — man achte fie.)
ift eg freilich) wohl wahr, daß man, wenn man banen
will, erft ein Gerüfte aufführen muß, und daß dieſes
nachher, wenn man ſchon gebaut hat, — mehr noͤ⸗
thig iſt: aber find denn die Lehren des n. Teſt. die
ung die Nothwendigfeit, Gatt und den
Naͤchſten zu lieben, umd alles, was damit
zufammenhängend if, lehren“ überfiüfig?
Diefe Wahrheiten galten doch nicht blog für das erſte
und zweite Jahrhundert? Brauchen wir nicht die
Lehre v. Jeſu Erlssſung ietzt noch eben fo gut, als die
Leute in den erſten Jahrhunderten? Man erlaube ſich
alſo ſolche ungegruͤndete Vorurtheile nicht: denn fie
haben den fehadlichften Einfluß aufs Herz, und in die
Gefinnungen,u. man wird dadurch unehrerbietig gegen
Gott und das Gute.
2) Man achte die Bibel (wegen II. 1. oben ©. 45.
f. u. 5. oben ©. 66 f.) hoch und danke Goft für
die M ittheilung — Sowohl wegen ih—
res Urſprunges (IL 2. 51 f.), als auch wegen ih—
res Inhalts, indem fie Febr wichtige — befeligen Sa⸗
chen enthält, halte man fie werth. ) Ohne fie wären
die M. nicht das, was ſie ſeyn ſollten, und was ſie
ietzt feyn fonnen. In welcher ſchlechten Neligionds u.
fitel. Derfaffung befinden ſich nicht alle, welche die h.
Schriften wicht leſen dürfen! oder — wenn fir auch die
Bibel haben, fich nicht darnach richten ! Wer fie ha-
ben faun, und bat — fey dafür recht dankbar; f.
oben d. Ark. Dffenb. IV., ar Th. ©. 297. 298. —
Der Umfiand, daß Soft nicht gerade allen Menfihen
die Bibel gab, und fie nicht unterrichten ließ, darf ung
nicht irre machen. Scheint er auch gigen andere nicht
gütig geweſen zu ſeyn, ſo iſts genug, daß er’g gegen
ung Ehriften geweſen if. Ein Bater, welcher einem
feiner Kinder recht viel und viel borzüglicheg Gute
gibt, hat doch echt, von dieſem ausgezeichneten Kin—
de, auch ganz vorzäglichen Danf zu fodern, denn
ihm geht nichts ob. Es mache ung alfo nie irre,
wenn wir fehen, daß Goft einige M. durch elfertei
*) Halt feft an Gottes Wort, — es iſt dein Süd
auf Erden ff. Gellert |
—
| SR - | 73
Schrift, Cheilige, — Anw. — fie ift hochzuachten.)
Mittel hat unterrichten u. aufklären laffen. Gebrauchen
muͤſſen wir das Gute, was ung zu Theile ward. Ges
nießen laßt ung iede Erfenntnig u. Belehrung, iede
Fuͤhrung u. Leitung des Verfiandes u. ieden Aufſchluß,
woher er auch Fommt, ohne die Zeit sum Grübeln,
weshalb nicht allen der Genuß vergoͤnnt warb, zu ver-
lieren. Zu denken ift ung nicht vergönnt, daß und
unfere Mitmenſchen lieber wären, als Gott ſie liebt.
Kann der Schoͤpfer fich nicht um feine Geſchoͤpfe, der
Meifter nicht um feine Werfe befümmern?! Es kann
ia eine und dieſelbe Sache für einige geſund und nuͤtz—
lich, für andere aber fchädlich feyn. Wenn alle gute
Menſchen gerecht find, fo wird es Gott gewiß feyn
und gewiß iſt es, daß, wo er partheiifch zu feyn
fcheint, eg nur Schein iſt. Wer von ung hat durch
uͤhſames Nachdenken feine Neligiongfenntnif heraus»
gebracht? Die Erfenntniß, daß ein Gott fey, daß wir
ibm Bflichten fchuldig find u. ſ. w. ift ung v. früher
Jugend an mitgetheilt worden. Wir hoͤrten das von
unfern Eltern, wag ung die Vernunft zum Theil ends
fich auch gelehrt haben würde, Diefe erzählten es uns.
Hber auch diefe hatten e8 von — ihren Eltern. Mir
haben alfo den Unterricht in der Nel. und von unfern
Hflichten andern M., entweder unfern Eltern, oder
denen, welchen fie es aufgetragen haben, zu verdanfen.
Diefe hatten aber auch frühern Unterricht genoſſen.
Wenn wir alfo auf die erfte Duelle aller unferer Re—
ligionskenntniſſe zurückgehen, fo finden wir fie in der
Bibel, — f. oben d. Art. Dffend. IV — ar Th. ©.
300, Beſonders ift deshalb die h. Schrift unfers Dans
kes werth, Daß feit der Glaubengreinigung em ieder
die Bibel frei u. ungehindert gebrauchen Fann.
Berge, Solfifofers Prepd, ıv B. Lpz. 1769, or. 8. ©. 358 fs
— Predigten bei beſondern Faͤllen zr Th., oder Predd. an chriſtl.
Feſttägen. 1790. gr. 8. ©. 4005418. „ter freie Gebr. des
Wortes Gottes als ein Geſchenk ver Reformation.”
3) Man misbraude die h. Schrift nicht; fo
wenig — a) daß man alaubt, daß in dem Leſen der-
felben an u. für fih fihon Frömmigkeit beftehe. Man
lefe fie nicht, um fie einmal mehr durchzuleren.
Diefer Mißbrauch ift eben fo fehädfich, als wenn man
fie gar vernachläßigt. db) Man gebrauche fie als ein
Schrift, (heilige, — fie ift niche zu mißbrauchen.)
Loſungsmittel uͤber das, was unſere Schickſale ſeyn
moͤgen, oder um dadurch zukuͤnftige Dinge zu erfah⸗
ven, oder wie man ſich unter zween verſchiedenen Faͤl—
len zu betragen habe. Nie gebrauche man ſie ce) zu
Befchworungsformeln bei: Unglückfällen, Schäden u.
f. f., gegen angebliche Zaubereien und andere Abfich-
fen; nicht, um durch gewiffe Schriftftellen Krankhei—
ten an M. und Dich zu vertreiben u. andere todt zu
beien. — d) Man gebrauche weder eine Bibellftele,
DB. Nom. 3,23: n0d Deifpiele jrommer Männer
zur Entfchuldigung feiner Sünden, z. B. IMof. 9,
21; IIMof. 32, 19; man gebrauche nicht bibl. Stel—⸗
len, Redensarten u. Worter im tägl. Leben, um damit
leichtfinnig zu ſcherzen, zu Spöttereien, und um bei
andern Rachen zu erregen. Das alles ift ein fehr gro—
ber Mißbrauch, welchen Gott gewiß firafen wird, denn.
Galat. 6, 95 Eph. 4, 29. *) |
Berge. Dr. W. A. Telter’s Magaz. f. Prod. Ir B. 28 &. S.
119 f.: „Warnung vor dem Mißbrauch u. Auweiſ. 3 rechten
Gebrauch einzelner bibl. Ausdruͤcke;/ Cannabih8 Prev.
3. Beford. e. rein, u. that, Chriftenth. ar Ih. £pi 1801. .
am ©, Invoc. „vom Mißbr. d. Biber; Gohn’s Predigt:
entww. ar, Jahrg. ©, 85 fr: „Warnung gegen den a
der Bibel, über vd. Ev. am ©, Invocavit. —
4) Jeder kann und muß fie — aber auf Be
rechte Art gebrauchen — fie gehörig — fleif-
fig — und mit Nachdenken lefen. —
— Jeder iſt sum Bibelleſen berechtigt; weil
wir dadurch gebeſſert, beruhigt und gluͤcklich werden
koͤnnen, (II Tim. 3, 15.) iſt es eine große Wohlthat
fuͤr uns, daß wir in der h. Schrift leſen koͤnnen u.
dürfen. *) Was dem einen oder dem andern dunkel
ift, Fann man überfchlagen, und dieienigen Bücher. und
Stüce auswählen, die man verftchen und zu feinem
Gebrauch nußen Fann. Jeder, welcher fich Br felbft
liebt, wird gern darinnen leſen.
— —— — — — — — — —
*) Mehreres hieruͤber, ſ. unten 4. B.) b.
*) Vergl. Döderlein’s Rel.-Unterr. Th. IL. $. 50. ©.
305 f.; deffelben int. Th, ch. T..L 8.50. p.
;. 290. ıfyg. |
©. 75
Schrift, (heilige, — man muß fie fefen.)
£
Gründe für das Bibellefen: r) ieder fol m.
muß nänilich feinen eigenen geprüften Glauben haben,
ein ieder nach dem Maaß feiner Fähigfeiten und Ge.
fegenheiten; Ap. ©. 17, 11; Col. 3, 16; Eph. 6, 17;
a Til 5, 321. 275: Lelr.. 2,9335 Sacı 1,
21-27; denn auf menſchl. Einficht darf man nicht blind»
lingg frauen. _ jeder muß fi) von dem, was er
glaubt, eine vernünftige Ueberzeugung verfchaffen, und
in einer fo wichtigen Sache mit eigenen Augen ſe—
ben; IPerr. 3, 15; IE Peer. 1, 19; I Zheff. 5, 2ı.
Indem auch die Ap. ſich oft auf dag alte Teſt. berus
fen, feßen fie voraus, daß e8 ieder leſen dürfe. 2) Es
ift ia die Bibel zu einem ung Menfchen angehenden
Rel.- Unterricht beftimmt. Cie fol Kegel für unfern
Glauben oder Grund für unfere Ueberzeugungen von
der Wahrheit, und — Regel für unfer Thun, ein hei—
ligeg — verpflichtendes — mit göttl. Anfehen verfehe-
ned Gefeß ſeyn, von deſſen Vollziehung Feine Gemäd)-
lichkeit, Feine Schwierigfeit, Eein Widerftand des finnl.
Herzens, und nicht das Gewiſſen frei und losfprechen
fann. Deshalb müffen alle Ehriften fie Iefen, I Tim.
2,4; benn die Wahrh. wird uns nicht blos durch's
Gehör, fondern auch durchs Leſen befannt, Mom. 10,
15. Dieienigen kennen auch den Menfchen und fi
felbft nicht, welche fich einbilden, bei feltenem, kurzem
und flüchtigem Andenfen an die Religion, recht gute
Menfchen feyn zu koͤnnen. Was dem Leibe die tägl.
Nahrung ift, das ift der Seele der tägliche Gebrauch
der Bibel, I Beer. 2, 2. 3. Um recht mit den in
der Bibel enthaltenen Lehren und Ermahnungen zum
Guten befannt zu werden, iff die Bibel ung von Gott
gegeben. Wir follen aus ihr die ung fonft fehlende,
zu unferer Froͤmmigkeit und Glücfeligk, entbebrliche
Erfenntmiß zu erlangen fuchen — 3) Die Bibel zu le—
fen fe nochwendig, denn außer der unmittelbaren
Erbauung des Gemuͤths iſt dem M. ein guter Vor—
rath nüglicher Gedanken und troͤſtender Beruhigungen
sum Fünftigen Gebrauch bei unbewußten Borfallen no:
thbig. — Offenbar hat dag vernünftige Bibellefen
für ieden Ehriften ven größten Nuten. Durch ven
richtigen Gebrauch vorzüglich des für Chriften be—
ſtimmten n. Teft. ergibt es fich, daß Ehrifien in An
Schrift, (heilige, — Gründe fi für Die deſung der —)
fehung ihrer Rel. gl luͤcklicher ſind, als die Heiden oder
Unglaͤubige. Dadurch ſieht man, daß es allerdings
der Mühe werth iſt bei der Rel. die wir von rn
an gelernt haben, zu bleiben. Jeder hat vom Bis
bellefen bleibende Bortheile; man wacht dadurch in
der Erf, Gottes und Jeſu Chrifti; man wird erwärmt
und geftärft zur Uebung der Pflichten und zur Ber»
richtung aller unferer Geſchaͤfte u. zufrieden unter dem
Drucke der Leiden werden. Die Erfahrung diefes Rus
tzens wird ung Immer begieriger machen nach diefeer
Geifteg » Nahrung, um dadurch zu wachen. Und ver -
tägliche Genuß diefer hoben Geiſtes-Nahrung wird
uns hier ſchon Geligfeit geben. Denn wenn die Seele
in der Vorſehung rubt, durch die Wahrheit erleuchtet,
und von der Liebe geleiter wird, fo bat fie den Him—
mel auf diefer Erde. Welchem vernünftigen Menfihen
muß es aber nicht um Erf. — Glauben — Tugend —
Troft und Beruhigung in Peiden und um Gluͤckſeligk.
zu thun ſeyn, welches alles doch die Bibel gewährt! *)
Was Fann der M. für eine angelegentlichere Sorge
haben, als von Gott Licht und Troſt zu erhalten?!
und wo wird ihm beides mehr gewährt, als in ber
Bibel? Wie und wodurch Fann der M. in feinem Gl.
ſicher, in ſeinem Betragen ordentlich und regelmaͤßig,
und in ſeinen Hofnungen feſt ſeyn? Nur durch das
Bibelleſen. Wer nicht die Bibel lieſt, bedenkt nicht
oft ſeine Pflichten, und geraͤth in Suͤnden. Es iſt
kein Laſter, wogegen ſie uns nicht Waffen, — keine
Tugend, wozu fie ung nicht Ermm. und Huͤlfsmittel
mittheilte. Durch ſie kann man ſeine Begierden zaͤh⸗
men, alle ſeine unnoͤthige Furcht verſcheuchen u. alle
Hofnung auf * rechten Zweck richten. Durch ſie
kann man feine Heftigkeit und Bitterk. mildern, den
Haß filgen, den. Neid unterdrücen, feinen zorn be:
fänftigen, feine Zärtlichkeit und Traͤgheit im Guten
verbannen, den Hochmuth und den Stolz ablegen oder
demfelben mwiderfichen, dag laue und taltfingisr Weſen
=) Vol. Johannes CEhryſoſtomusd Predigten u. kleine
Schriften, men von J. U. ae a4ar Th. ©. 232;
sr Th. ©, 3
HM
©. 77
Schrift, (heilige, — Gruͤnde, daß man ſie leſen muß.)
dran geben, und ſich ſeiner bisherigen Gottloſigk. ſchaͤ⸗
men lernen. Kurz, ohne dag Leſen ver h. Schrift iſt
es unmoͤglich, das wahre Wohl ſeiner Seele zu beſor—
gen. „In der h. Schrift, ſchreibt Ambroſius, fin
„den wir unſern Sieg, unſere Freude, Staͤrke und Era
„quickung. Sie iſt uns Arzeney, unſer Licht und alles
in Allem. Sie gleicht dem Waſſer, welches unſere
„Flecken abwaͤſcht. Sie iſt Quelle aller Güter. Sie
zift iedem nuͤtzlich. Der Geſunde findet in ihr Weis—
beit, dem Gefangenen zeigt fie eine Erlöfung, ia fie
‚belehrt alle. Jeder findee in derſelben Heilung für
feine Wunden, oder Beiſtand auf dem Zugend-
ee
Die Stelien. Pf. 1, 2; 112, 15 III, 1 f.; Hiob 34,
16; VMof. 6, 6; Syr- II, 20; 14, 22. 23; Sjoh. 5,
39; Nom. 15, 4; 1Zim. 4, 13; ac. 1, 21>27 fors
dern ung zum Bibeilefen auf. *)
Fordert doch die Bibel dafur zu ſorgen, daß ieder
fi) die Gelegenheiten zum Neligiongunterrichte u. zur
Vermehrung fruchtbarer Einfichten fo mannichfaltig
als moglich made. Kann dieß aber wohl beffer alg
durch das Lefen der Bibel gefchehen? Col. 3, 16.
Verst, Döderlein’s Rel.-Unterr. Th. IT. 5. 50. ©. 317. 18,
„Bir, die wir überhaupt fo nahe Örlegenpeit haben — — an—
wenden.“
1) Die Entſchuldigung vieler M., beſonders des Landmanns, daß
die vielen Geſchafte das Leſen der h. Schrift nicht zuließen,
iſt ſchou vortrefflich in einer leſenswuͤrdigen Stelle in Joh.
EhHryfoftomus Predigten und kleinen Schriften, uͤberſ. von
82 Eramer Ir. Lpz. 1748. 8. ©. 571281 widerlegt
worden: „Zum Lefen ber h. Schrift Halte ich euch fleißig an,
denn — — Nutzen.“ |
2) Man halte aber denienigen, ber eben fo Viel u. Vielleicht mehr
in andern Schriften lieſt, als in der Bibel, für Feinen Res
ligionsfpötter u. Bitelfeind, —
DH) E8 muß das Bibellefen auf die rechte Art
aefhehen; denn die Wuͤrkung einer müßlichen Sache,
befonders eines geiftigen Unterrichts hänge zu fehr v.
der Art ab, wie wir davon Gebrauch machen. Im
a,
— —
—
— — —
*) Ueber dieſe Stellen vergl. man aber Doͤderleins iaſt.
in. ehe 1. LS. 536..6.7190:192.
73 | &, |
Sch rift t, (heilige, rechte Arc der Leſung derfelben.)
Allgemeinen ift erft dag Bibellefen für die reiferen
Jahre des Ehriften zu empfehlen: — Es geſchehe
nach gehoͤriger Vorbereitung u. Stimmung der Seele.
Es kann das Bibellefen entweder in Gemeinfihaft mit
den Hausaenoffen gefchehen, und dann macht e8 ein
nüßliches Stüc der gemeinfchaftl. häust. Gottesver⸗
ehrung aus, oder man lieft die B. für fich allein, blos
zu feiner eigenen Sörderung in Erf. und Befeſtigung
in der Srommigfeit. In beiden Fällen iſt Ueberlegung
und Vorſichtigkeit wäre, u: diefer wichtige
Zweck würflich erreicht werde. Man fuche zuvor erft
eine lebhafte Einficht von der Nothwendigkeit, fie zu
lefen zu erhalten, um dag Verlangen nach dem Leſen
in fich su vermehren u. um dem Leſen recht viel Ge—
ſchmack abzugewinnen.
a) Der Chriſt lefe die Bibel oft, aber zu‘
ſchicklichen Zeiten; bie befie Zeit dazu haben die
mehrſten Ehriften an Sonn- und Feyerfagen, wo fie
von den tägl. Berufsarbeiten frei, und nach der An—
horung des offentl. Rel.-Vortrags am gefchicfteften
find, mit Andacht in der h. Schrift zu Iefen. Allein.
die Bedurfniffe des M. (f. oben IH. 4. 9. 1. ©. 57)
und die unaugfprechlich feligen Solgen, die das Bibel-
Iefen hat, empfehlen iedem, welchen nämlich Tugend,
Gottes Freundſchaft u. fein eigenes Gluͤck am Herzen
liegt, daß e8 täglich gefchehe. An iedem Tage fann
man, wenn man nur will und erfi nur am Blbelleſen
Wohlgefallen gefunden hat, bequem einige Zeit aus—
mitteln, um dadurch für feine Seele zu ſorgen, fen es
nun des Morgens oder zu einer andern Tageszeit.
Pur muß man nicht fo firenge auf dag Leſen in ei-
ner — nach feiner Bequemlichkeit dazu ausgefeßten ge⸗
wiſſen Zeit halten, daß man, falls Geſchaͤfte ung es
auszufeßen nöthigten, Darüber unruhig und aͤngſtlich
würde. Dieß waͤre wahre und ſchaͤdliche Thorheit.
Die Abwartung unſers Berufs iſt eine vorzuͤglich hei⸗
lige Pflicht, und bloßes Bibelleſen iſt vergeblich.
b) Das Bibelleſen geſchehe iedesmal aus
rechter u. einer redl. Abſicht, naͤml. um dadurch
— werden zu wollen, um daraus den Verſtand uͤber
Rel.⸗Wahrhh. u. Pflichten zu belehren, um fen Herz zur
Tugend zu erwecken, e8 zu beffern, und ſich im Guten
S | 19
Schrift, (heilige, rechte Art der Leſung derfelben.)
zu ſtaͤrk en, oder um ſich zu erbanen. Alfo nicht, —
um feine Neugierde zu befriedigen, oder aus Lange—
weile, um die Zeit zu vertreiben, fondern blog aus
Wißbegierde und Wahrheitgliebe — um mit Soft ni»
her befannt und fein Freund gu werden. Dicht lieft
fie der Ehrift, um daraus Redensarten zum Spott
oder Scherz zu ſammeln, oder um der chriſtl. Religion
Vorwuͤrfe zu machen, Schwierigkeiten wider die Bibel
aufzuſuchen und ihrer zu fpoften. Der Chriſt grübele
nicht uber dunkle Stellen, und ſucht nicht im
- derfelben Auffchläffe über Dinge, wovon
fienicht handelt. Er überläßt es blos dem Ge>
- Iehrten, den Sinn von dem, was dunfel ıff, gu erreis
chen, falls es nicht auf fen Thun Beziehung hat.
Er lieſt fir, um feine bereits fich erworbenen Kenntniſſe
zu vermehren, oder ſie zu berichtigen und fich ſelbſt zu
übergeugen, daß der ihm beigebrachte Religionsunter—
richt biblifch fey. Um einzufehen, mie er fich verhals
ten, mie er fich beruhigen, wie er fich in cheiftl. Ge-
finnungen und im Vertrauen auf Gott befeftigen und
wie er das Gelefene ausuben koͤnne — Iefe der Chrift
die bh. Schrift; f. unten £.).
Dilie Abſicht des Bibellefeng iſt nicht gu allen Zei—
ten diefelbe, fondern verändert fichb nach den Be-
duͤrfniſſen, die iedesmal der Leſer hat. Er fann oft
Troſt, Belehrung — Warnung oder Antrieb zum Gus
‚ten brauchen, off Alles zugleich. Dieienige Abficht,
die er am meiften erreichen ——— wird ihn beſtimmen,
ſie deshalb zu leſen.
Vergl. Cannabich' s Predigten z. Befoͤrd. eines reinen u. thätis
‚sen Shriſtenth. Av Th. Lpz. 1801. ©, 47:59: „DB. Mißsr.
de Bibel, “ am ©. Invoc. —
e) Der Chriſt Iefe iedesmal die B. mit einer
wohlgeurdneten Gefinnung, d. h. mit gehoͤri⸗
ger. Vorbereitung, mit Samml. feiner Gedanken, mit
der moglichſten Entfernung der Vorurtheile — mit der
geharigen Achtung alg ein in der That göttliches Buch,
als dag Buch aller Bücher und mit Lerndegierde. Mit
aufrichtigem Verlangen nah Wahrh., Beruhigung u.
Beſſerung oder mit Begierde, um einſichtsvoller und
froͤmmer zu — muß der Chriſt die Leſung anhe—
ben, Luc. be mer eo Var, 22
80 | ©. \
Schrift, (heilige, — die rechte Artdes Lefens der — —)
aa) Wil man fih durch ihre Lefung * der Goͤttlichk.
der chriſtl. Religion überzeugen: fo gebe man vor»
gefaßte Meinungen auf, und unterſuche unpar-
theiiſch — und fie wird fih als bie gllerannehmungs⸗
wuͤrdigſte Belehrung rechtfertigen. Nur gehoͤrt dazu
- Bildung feines Verſtandes, Bereicherung elben mit
d. Wilfenfchaften n. redliche Wahrheitsliebe und For⸗
fhung. SE men frei v. Vorurtheilen, und unpats
Beh iiſch: fo leuchtet bald ihre Goͤttlichk. ein.
) Sf man von ihrer Goͤttlichk. überzeugt, fo bete
— erſt zu Gott, oder erhebe ſ. Gedanken zu ihm u.
wuͤnſche ſich ſeinen Segen zu dieſer Beſchaͤftigung;
denn das Gebet lehrt die Gedanken ſammeln. Man
lernt die Wichtigkeit der Sache einſehen, und durch
——— kann uns Gott auf Entdeckungen fuͤhren,
die für uns ꝛc. 3. DB. es kann uns eine andere Stelle
einfallen, die der gelefenen auf einmal Licht gibt. Vers
mag nicht Gott — angerufen — den Menfchen zur
Erfenneniß der Wahrheit und feines Willens zu
führen?
cc) Man lefe mit Ehrfurcht gegen Gott die
h. Schrift. Wie wuͤrde uns zu Muthe ſeyn, menn
Gott felbft perfenlich mit ung redete? Enthält nicht
die Bibel Belehrungen Gottes, des vollkommenſten We-
fens — des erhabenften MWeltbeherrfchers ? Iſt fie nicht
ein Gefchenf von ihm? ES ift doch ein gar zu merfs
würdiges Buch, welches fo manche gute Veränderun-
gen geftiftee hat. Es ward doch unter Gottes Leitung
gefchrieben. Er breitete doch dadurch Wahrheit aus.
Sie enthält ia alles, was Gott aus großer Liebe mit
ung vorgenommen hat, mit uns vornimmt und vor
hat, um ung ewig zu befeligen, und was mir, um es
zu werden, thun folfen. Gie enthält ia reine Wahrh.
und die hoͤchſten Geſetze in ſich, wornach wir alle unſer
Thun einrichten ſollen. Endlich, ſie iſt ia die Regel,
wornach uns Gott an ienem Tage unabaͤnderlich rich—
ten wird. Allgemein muͤſſen wir daher unſere Gedan—
ken, Worte u. Handlungen nach derſelben einrichten.
dd) Man leſe die h. Schrift mit einer flugen
u. forgfältigen Auswahl u. vorjüglidh das
n. Tefl. Es gibt Leute, welche es fich zur Ehre
anrechnen, wenn fie fagen fönnen, fo und —
| © | 81
Schr., —6— rechte Art, wie die — — zu leſen iſt?)
habe ich die Bibel vom Anfange bis zu Ende durch—
geleſen.
Dadurch, daß ehehin Prediger blos die Beſchaͤ aͤftigung mit dem Wort
Gottes anempfahlen, ohne zu Eeftimmen, was SGottes
Wort ſey? wurde dieſer Mißbrauch 2 tr. Bel Lehrer
muͤſſen billig beſtimmter reden.
Dieſe haben vom Bibelleſen keinen Nutzen, denn ſie
denken ſich weiter nichts, als die Bibel fo bald als
moͤglich durch oder zu Ende zu leſen. Sie leſen alles
ohne Unterſchied an in einer ununterbrochenen Ord—
nung. Darin beſteht nicht das achE= gute Bibellefi fe
daß man Tag vor Tag ein Kapitel nach dem ander
vom erften bis zum legten — vielleicht ohne Verſta *
lieſt. Denn offenbar iſt nicht alles gleich gut fuͤr uns
in der Bibel, z. B. vieles Geſchichtliche, und nicht all»
gemein Brauchbare Fommt darinnen vor, welches auf
Die Ausuͤbung des Guten keinen Einfluß bat. Wer
alles in der Bibel lieſt, da nicht alles Lehre 2c. iſt,
ſchadet ſich auf eine doppelte Art. Theils nügt ibm
das Leſen zu nichts, wenn er gleich glaubt, recht wohl
daran gethan zu haben, daß er fie lag. Sheilg pi
er ſich die Zeit geraubt, die er auf etwas Nüßlicherss
hätte verwenden koͤnnen. Offenbar muß alfo ver Chriſt
Kuͤckſicht nehmen auf die Befchaffenheit ver zu lefens
‚ den Stellen und Bücher überhaupt und auf feine ies
desmaligen Bedurfniffe. Er muß die Stellen und Abs
fehnitte auspeben, welche @) zur Vermehrung vefigiöfer
Erf. und Leitung chriſtl. guter Gefinn ungen — alfo
am fruchtbarften und — nüslich find; g) die er am
leichteften verfichen u. iedesmal oder dieſem oder ienem
Umftand mad zu f. Erb. und —— benugen
kann. Sehr gut iſt es, wenn ieder Chriſt fich ſolche
Geſchichten und Beiſpiele, welche nach den aͤltern
Schriften ſehr lehrreich u. vortrefflich von een
großen und edlen Handlungen vorfonmen u. die viel
wahre chriſtl. Empfindung und eine uns Cheiften an—
ftandige Nacheiferung erwecken koͤnnen, fo wie lehr⸗
reiche and beruhigende Abſchnitte aus der Bibel aus:
ſucht, Die fich grade vorzüglich zu feinem Charafter,
zu feiner ‚ganzen außerl. Lage überhaupt und zu feinen
iedesmaligen Beduͤrfniſſen insbefpn dere paffen, ind das
gegen alles Uebrige überainge. Waͤre Jemand B.
Chriſtl. Si. Lehre f. d. Canzelgebr. Th. 5
82 ©.
Schrift, (heilige, — Art, wie die — — zu lefen ift?)
nad feinem Temperament vorzüglich zur Unzucht ge=
neigt, fo koͤnnte ihm die Gefchichte von David’g Aug-
ſchweifung mit der Datfeba fehr warnend und Jo—
feph8 Heldenmuth im Kampf feiner Keuſchheit mit
der Woluft der Sr. des Potiphar fehr ermunternd
feyn. Hiezu müßte er dann noch einige andere apoftol.
Ermahnungen nehmen, in welchen die fraurigen Fol—
gen dieſes Laſters lebhaft dargeftelt, und die liebens—
mwürdige Tugend der Keuſchheit nachdrücklich empfoh—
len werden. Die aufmerffame Lefung und Beachtung
dieſer Beifpiele u. Lehren laßt nothwendig einige tiefe
heilfame Eindrücke in feiner Seele zurück, vermehrt den
Abſcheu gegen die Unzucht, u. theilt ihm neuen Muth
und Kraft zur Uebung der gegenfeitigen Tugend mit.
Einem andern, welcher grade unter dem Druck der
Leiden kummervoll ſeufzt, find Tolche Beifpiele u. Bes
gebenheiten zu empfehlen, welche merfwuürdige Spuren
der gottl. Vorfehung und der allmächtigen Baterliebe
Gottes gegen feine Verehrer enthalten. Die h. Schrift
ift reich an Stellen, welche dem an Gott fich halten»
den Leidenden Unterricht und Troſt darreichen.
Man unterfcheide daher den in der Bibel enthaltenen
göttlichen Unterricht von dem, wag mit dem Weſentli—
chen der Del. in feinem Zuſammenhang ftcht u. nicht
zu allgemein anmwendbaren Bemerfungen führt. Vie⸗—
les führe nicht zur eigenen und allgemeinen Erbauung,
wenn e8 gleich in der Bibel ſteht, 3. B. Namensver-
zeichniffe, Drtbefchreibungen, Weiffagungen von alten
Völkern, die fchon längft erfuͤllt ſind ꝛc. Vieles be-
zicht ſich blos aufs iuͤdiſche Wolf, z. DB. die Befchreis
bung von der Errichtung der Stiftshuͤtte, vom tüd.
Tempel, von den Geräthen, Gefäßen und andern zu
demselben gehsrigen Dingen, vom Maaß derfelben, v.
den Kleidungsftücken der ind. Prieſter, die Drohun-
gen der Propheten u. few. Wozu koͤnnte dag !efen
derfelben dienen? — Dagienige, mag zu dunfel ift,
und was man nach aller Bemühung nicht verfichen
kann, überfchlage man, als ung nicht angehend. Sich
zu lange bei der Auslegung dunkler Stellen aufzubal-
ten, ift nicht ratbfam. Schwer zu verftehende Bücher,
z. B. das hohe Lied und die Offenb. Soh., übergehe
man, denn man wurde in denfelben Feine Belehrung
*
S. | 83
Schrift-(Seilige, rechte Art, wie die — — zulefen if: ?)
und Erbauung finden.,*) Man huͤte fih vor angf-
lichem oder neugierigem, Sorfchen in ben propheti—
Shen Schriften des a. und n. Teil, vor allen
witzigen Deutungen der Bilder und Gleichniſſe, and)
Bor ‚den Verlrrungen einer feuri igen und. gügelofen
. Einbildungsfraft, die immer mehr fiebt, ala der ru—
big unterfuchende Verſtand, und ven Geiſt ftatt ſiche⸗
te Wahrheit mit nichtigen Traumbildern unterhält,
Es iſt gegen deinen Beruf, o Chriſt! dich an ſolche
Unterſuchungen zu "wagen, und sehe auch, daß du
das eine⸗ oder anderemal glückl: ch gerathen haͤtteſt, ſo
haͤtteſt du doch deine Zeit weit nuͤtzlicher anwenden
fönnen. Laß andern, die dazu berufen find, dieß Ge—
ſchaͤft über. Bleib dagegen bei deinem Beruf und bei
dem, was zur fichern Befferung deiner Erfennmiß und
deines Herzens gereicht. Wer mie redl. Wahrheits⸗
liebe zur. Leſung der h. Schrift fommt, wird, Stellen
genug finden, die ihm brauchbar find. Er wird bei
maͤßigem Forfchen die Hauptichren des Chriſtenthums
entdecken, denn dieſe find fo oft wiederholt, daß eg ihm
leicht fallen muß, fie zu finden und dann mache er
aus ihrer Unterſuchung und Anwendung das Haupt—⸗
wertk feiner ganzen Erbauung. —
Dieß ſagt aber nicht ſo viel, als ob wir das alte
Se ‚ganz im Leſen übergehen ſollten. Einige Schrif-
ten defjelben find von vorzüglich brauchbarem — un»
fere Sittlichkeit beabfichtendem Inhalt. Wenn gleich
das a. Teſt. zunächft die Juden anging, fo wäre es
doch Thorheit, das Rt zu benugen, woraus mir
| weifer, tugendhafter, zufriedener und ruhiger werden
koͤnnen, und was für unfere geiſtigen Beduͤrfniſſe ſehr
paſſend if. So find die mehrſten nigkmen, fo iſt
das Such Hiob, fo find Salomos Denkſpruͤche,
ein Theil des Dredigerg, Das Eiitehkne des Jeſus
Syr. und zum Theil dad Buch der Weisheit, einige
52
3) €8 it auch nicht iedes bibl. Buch zu unferer Erbauung
und zu unferer Glüdfeligfeit glei gut und wichtig. Auch
iſt dem einen, diefe, dem andern iene Schrift mehr ange:
meſſen.
84 A | |
Schri ft, t, (heilige, — rechte Art u. WB. die — — zu leſen.)
hiftor. Stuͤcke und einzelne Stellen aus ven ——
ten, vorzüglich aus Jeſaias fruchtbar an Lehre
der Weisheit und Tugend. Diefe müffen wir: vor en
len andern legen. Das. n. Tefl.ift zwar weit brauch»
barer und verftändl. als dag a. Teft., aber man {efe
e8 auch mit Auswahl. Man halte fich vorzüglich an
das Leben Jefu und an ben Unterricht in den Reden
Jeſu, am einige Briefe der Upoftel, an den ange-
wandten oder zten Theil des Briefes P. an die Roͤ⸗
mer, Goloffer, Ephefer, In und IIn Brief an die for.
I. u. IL. an den Tim. Titus, an den Iſten Brief des
Johannes und des Petrus, an den Brief des h. Ja⸗
cob's, welche mehr allgemein ſittl. Vorſchriften enthals
ten, und daher vorzüglich deutlich ſind. Sie fragen
zur Beſſ., Gluͤckſeligk. und Beſeligung iedes Menſchen,
aus welchem Stand vr auch ſey, vieles bei. In vers
fchiedenen Briefen des n. Teft. finder ſich manches,
was nur für die damaligen erften chriftl. Gemeinden,
was fi) auf ihren Zuftand, auf gewiffe Umſtaͤnde und
auf gemiffe Gegenden bezieht. Manches geht auf Leh⸗
rer, die damals das Judenthum mit dem Chriſtenth.
verbinden wollten, auf perſoͤnliche Feinde des Pau⸗
lus, die z. E. ſagten: es fehle ihm an griech. Ge—
lehrſamkeit, er ſey eigennuͤtzig u. ſ. w. z. DB. im 2ten
Br. an die Kor. Kap. 11. Wenn gleich Chriſten die⸗
ſes leſen fonnen, fo wird dann doch nicht ihr Zweck,
ſich im Guten zu uͤben, erreicht. — Es iſt auch die
h. Schrift nach dem Grade der vorhandenen Auffla-
rung zu lefen. Der eine brauche diefes, der andere
ienes. Man leſe fie mit beffändiger Hinficht auf Spras
che, Denfungsart und Sitten derienigen Menfchen, für
welche diefe oder iene bibl. Schrift geſchrieben wor⸗
den war.
S. Dodert. Rel.-Unterr. Th. I, S. 50. S. 311: ich FRE Hm
rechtfertigen,“
Man halte fih vorzüglid an das in der
Dibel, wog das fittl, Betragen der M. be⸗
trifft:
d) Man lefe mif Drdnung, d. h. entweder ganze
bibl. Schriften, oder doch ganze Hauptabſchnitte und
im Zufammenhangt, nicht Kapıtelmeife, weil die Kap.
oft unrichtig abgerheilt worden find. "Beim n. Teſt.
©; 85
Schrift, (Beilige,— wie fie zu leſen 9 |
fange man 3. E. mit den vier Evang. an, weil man
Dadurch erfahrt, wie und wo dag Chriſtenthum ent—
fanden und was e8 eigentlich iſt u. f. w.
e) Man lefe nicht gu viel auf einmal, Tang-
fam, und nicht in einem fort. Man leſe desh.
jedesmal nur einen Abſchnitt, denn viel auf einmal
zu Iefen befordert unmsglich wehre Erbauung Man
muß wenig — aber das Wenige gehörig lefen. Denn
es kommt nicht auf die Menge des Gelefenen an, und
es beruht nichts auf der Länge der Zeit, im welcher
man die Bibel lieſt; eg ift Fein Lob, daß man die Bi-
bel in kurzer Zeit durchaelefen Babe, und die Leſung
wiederhole, fondern alles kommt auf dag guten. nügliche
Leſen u.auf die Sefinnungen, mit weichen man left, an.
Man muß mit Aufmerkſamk. Nachdenken u. Anwendung
auf fih felbft *) Iefen, und dann bat man an weni«
gem genug. Man lefe deshalb nur einige Berfe, nicht
mehrere Übfihnitte und noch weniger ganze bibl. Buͤ—
er, aber doch fo viel aus einem Kap., als zu der
- Sache gehört, wovon gehandelt wird. s
f) Die Lefung gefchebe nicht mit eıner zur
Gewohnheit gewordenen Gedanfenfofigk.
(Euc. 24, 23:27; Ap. G. 8, 30), fondern mit Bedacht,
mit ganzer und fortgefeßter Aufmerkſamkeit, und allem
möglichen Nachdenken. Man muß das Gelefene zu
verſtehen fuchen, und man befolge Matth. 15, 10.
Die Lefung der bibl. Religionsurfunden darf nicht zu
einem mechanischen und unbedachtſamen Tagewerk wer
den. Vielmehr muß man mit der Urt, wie man fie
tieit, abwechjeln. - Bald leſe man blos, bald aber ver-
binde man damit eigene Betrachtungen über den In—
Halt des Geleſenen. Die Lefung darf nicht das Werk
einiger Augenblicke feyn und ım Vorbeigehn gefchehn.
Nein, 88 muB ein wahres Studium daraus gemacht
werden. F ad
a) Man lefe mit einer von aller Zerſtreuung entfern—
ten Gefinnung und mit gebsriger Anwendung der
Vernunft; Eph. 1,185 1Theſſ. 5,21; 8uc.11,23=35.
Ein flüchtigeg oder folches Leſen, wobei man mit ſei—
—
*) Wovon unten mehreres vorkommt.
56 ee
Schrift, (heilige, — wie die — teen
nen Gebanfen herumſchweift, dient ihm nichts. Man
muß dazu feine Gedanken fanımeln, ſich aller fremden
Vorftelungen entfohlagen, und feine Seele mit aber
Hafmerkfamteit auf das Geleſene richten. Man febe
auf den Gegenſtand, oder auf Die Sacher die: vorgetra⸗
gen wird, Loft, und bemerfe: was, wie, u worin
oder aus wilden Gruͤnden man es hun fol? - ie
kann dag aber derienige, deffen Seele voll von andern
Grdanfen iſt? Das Getuͤmmel derLeidenſchaften muß
geftilt werden. Man zügele alfo feine Begierden;
wern Gott gleichſam redet, muß man nur auf feine
Rede hören, Man muß genau ale Sachen und den
Inhalt unterfüchen. Seshalb wird uns Joh. 5, 39.
das a ih Sat. I, 25 dag Durchſchauen
‚geboten, vergl. IPetr. 1, 12. Es iſt deshalb gut,
die heil. a ft cher, als man an andere Dinge
denkt, frhe Morgens, und wenn man ſich geſammelt —
ſeine Gedanfen und Degierden von Berufsgeſchaͤften u.
ſ. w. meer bat, des Abends zu lefen. Dan
Iefe fie auch in einfamen ſtillen Stunden, fo wie. 68
Zeit N Umftände mit fich bringen, Am Sonntage
hat man dazu die allerbefte Muße, z. B. nach geendig⸗
ten oͤffentl. Gottesverehrungen. —
pP) Man ſuche das, was man lieſet, gehsrig u,
ganz zu verfichen, oder man fuche den wahren
Sinn von dem zu foffen, was. darinnen angezeigt
worden, oder man mache fih dieienigen Gedanken
und Vorſtellungen davon, welche: die Derfaffer davon.
bei ihren Kefern ug n — und hervorbringen
wollen, Ap. G. so. Man beſchaͤftige alſo nicht
blos ſeine Augen 9 feine Sun ige, und auch nicht blos
fein Gedaͤchtniß, fondern gebraudhe feinen Verſtand u.
nehme es zu Herzen. Man erwerbe fich die zum Verſtehen
der Bibel usthigen Kenntniſſe, namlich eine Bekannt—
fchaft mit den Verfaſſern ae Buchs oder Abſchnit—
tes, welchen man lieſet, mit dem Inhalt und der Ord—
nung des Inhalts u. der Art des Vortrags, mit dem
Zweck deffeiben m. ſ. w. Billig iſt eg, Daß der Ehrift
eine Einleitung in die b. Schrift babe, worin
gewöhnlich diefe Nachrichten vorfommen, Man fuche
aber auch mit feinem natürlichen Berſtande in ben Geift
der Bibellehren einzudringen und gebrauche beim Leſen
S. 87
Schrift, (heilige, — wie die — — zu leſen iſt?)
der h. Schrift, um ſie zu verſtehen, ſeine Vernunft,
Matth. 13, 23. Denn, wenn wir beim Geleſenen gar
"nichts denfen, wenn wir ung davon andere Vorſtellun—
gen machen, als wir ung dabei machen follen, fo ver:
leiten wir ung felbft durch eigene Schuld — wider
Gottes Abſicht und Willen und gegen den Zweck diefer
Bücher, zu Irrthuͤmern und in Salfchheit, und wir
ziehn ung dadurch Schaden zu. Ohne daß man das
Geleſene verſteht, ift alles Leſen überflüßig und unnuͤtz
und der Weg zur Schwärmerei eröfnet. Der Chriſt
ſoll nicht mit den Worten der Bibel, ſondern mit ih—
rem Inhalt bekannt ſeyn. Die Bibel hat auch keine
Zauberkraft, daß ung blog die Worte derſelben — —.
Es ift alfo nicht genug, daß man gewiffe Worte und
Redaͤrten, die in der Bibel ftehen, wiſſe, u. den Schal
derfelben Eenne, fondern man muß mwuürflich dabei et—
was denfen, und zwar dag, was man dabei denfen
fol. Wie ſehr aber fehlte noch daran! Denfen wohl
viele 5. DB. bei den Ausdruͤcken: Zorn Gottes,
Soft Haben, Gemeinfhaft mit Gott, den
Herrn feben, Blut Ehriffiu. few. das, was
dabei mit Grund zu denken ift? Wozu diente aber
ein Bibellefen, wenn man nichts dabei denft? Zum
Verſtehen der Bibel wird aber audy die Einficht erfor-
dert v. dem, was aus derfelben zur Belehrung oder Beſſ.,
‚und — was dazu wenig oder nichte beiträgt, z. B.
die Vorfchriften, die ſich nur auf gewiſſe Zeiten oder
Derter bezogen haben, um letzteres fahren zu laffen.
Darnach lernt man das Gewicht der einzelnen Stellen
nach dem iedesmaligen Einfluß unſerer fiel. Beſſerung;
fuͤr den andern find iene oft wichtiger u. für feine Beſ—
ſerung würffamer. Was den einen trefter, dag beru—
higt nicht ıedesmal den andern. Denken wir gehoͤrig
nad), was aus dem Gelefenen folge, und vergleichen
wir dag Gelefene, mit andern Kehren, die ung aug ber
Bibel bekannt find, und mit unferer Erfahrung, dann
dringen wir in den Geift der Bibel ein. Man gebrau:
che dazu alle vorhandene Hülfsmittel und, in deren Er—
mangelung, gefchicktere Perfonen, 5. B. die dazu will
fährigen Nel.= Lehrer, und man lefe in der Bibel eine
Zeitlang nur die von einem Gegenftande handelnden
Gtelen und vergleiche damit alles, was von derfel«
88 ©. |
Schrift, (heili ige, — wie die — — zu leſen if)
ben Sache handelt, um ſich dadurch mie der Bibel
vertraut zu machen, z. E. vom Vertrauen auf Gstt,
vom Tode, von der Vergeltung nach demfelben, ven
ber chriftl. Sreiheit, Gnade Gottes in Sefu Chr. u.
a. m., wovon viele Stellen handeln. Durch Verglei⸗
bung der Parallelſtellen erhaͤlt man eine vollſtaͤndige
Vorſtellung. Da im Religionsbuche des gemeinen
Mannes die zuſammengehsrenden Stellen angegeben
ſind: ſo iſt dieſes leicht. Dadurch erweitert der Chriſt
ſeine Erkenntniß, lernt mehreres ‚lernt deutlicher und
richtiger und er wird endlich überzeugte. Wern man
auch einen Abſchnitt mehrmals und langfam lieſt, und
durch beachtendes Nachdenken ſich bemüht, den Sinn
der h. Schrift zu erforſchen, ſo wird man gewiß mit
dem Sinn des Verf. eines Abſchnitts oder einer Stelle
bekannt werden. —
Vergl. ©, L. Pauli⸗s Predigten zum Theil boomg Inhalts.
Hamb. 1794. 8. Nr. 10. über Ap. G.8, 26⸗ 30: „wie kann
uns die h. Schrift verſtaͤndlich und dadurch recht nůͤtzlich wer⸗
den?“ Teller's Magaz. für Pred. gr B. 28 St. Wer. 13.
©. 162:66: „was hat ein Chriſt uͤberhaupt Bei ſchwer zu
verfiehenden Stellen’ der h. Schrift zu tun?“ am 1zten ©,
n, &t. über 11 Petr, 3, 16. 9),
„) (©. 86.) Soll die Bibel als eine Erkenntnißquelle
der Wahrheit benutzt werden, ſo muß man aus ihr
die Wahrheit herausholen, nicht aber die Wahrheit in
fie Hineintragen. Man muß aus den Bibelſtellen die
Lehren zieben, nicht fich aber die Gtelfen nad) feinen
vorher fich gemachten Glaubensmeinungen erklaͤren.
Hauptſaͤchlich muß man das in ihr aufſuchen, was
unſerer Seele geſunde Nahrung gibt, was zu unferer
Erbauung, Bell. und Beruhigung beiträge, und fich
alfo auf unfer waͤhres Wohl bezieht. Man muß die
Nebendinge, wie die Schaale vom Kerne abfondern.
%) Das, was man in ber Bibel Llieft, muß
man prüfen Die 5. Schrift fordere von Feinem
*) Hauptſaͤchlich muß fih der Ehrift bemühen, daß er die ei-
gentligen — in der h. Schrift enthaitenen Religionsleh—
ten recht faſſe und verſtehe, denn darauf beruht das
meiſte.
©. | 89
Schrift, (Heilige, — wie die — — zu leſen ift?)
einen blinden Glauben u. einen unvernünftigen Beifall,
- fondern Nachdenken und Prüfung, Eph. 5. 10. 17;
-
lLKor. ı0, 15; Ebr. 5, 12-14. Unterſuchen doch zus
weilen die bibl. Schriftfteller ihre vorgetragenen Leh—
ren nach den Grundfägen der Vernunft. Zeigen fie
nicht dadurh an, daß wir nicht an den Buchſtaben
bangen bleiben, fondern felbft über den Inhalt einer
Stelle nachdenken, ihre Wahrheit prüfen, und uufere
Veberzeugung, falls fie annehmenswäardige Wahrheit
enthält, befeftigen follen? Bon dem, was die Bibel
lehrt, muß men die Vernunftmäfigkeit eingufehen ſu—
chen, dann wird eg ung defto fefter überzeugen, und
mebr auf uns würfen. Diefe Prüfung aber fol ung
nicht zu einem unbefcheidenen Zweifeln an dem, was
fie enthält, bringen; wenigftens dürfen die bei ung et—
wa aufiteigenden Zweifel, nicht bei ung alt oder herr
fehend werden. Da man an den Derfaffern ber heil.
Schriften einen guten Charakter — gute Abfichten —
und gufe Gemuͤthsbewegungen bemerft, — da fie ge—
nau in ihren Lehren übereinftinmen; (denn was z. B.
Moſes von ſittlichen Dingen behauptet, iſt auch Lehre
Chriſti; was Jeſus Chriſtus behauptet, iſt auch Lehre
der Apoſtel u. ſ. w.) ſo kann man nicht befuͤrchten
auf Irrthuͤmer geleitet und getaͤuſcht zu werden. Zwar
ſchrieben Menſchen, aber Menſchen, welche von Wahr—
heitsliebe geleitet, vom Geiſte Gottes beſeelt, und von
Gott als Verkuͤndiger der Wahrh. beſtaͤtigt, und mit
goͤttl. Unterſtuͤtzung ausgezeichnet wurden. Schon das
muß uns geneigt machen, dag, was fie lehren, zu glau—
ben. Es kommt ia vom Urheber aller Wahrb. und
Meisheit, dem alles befannt iſt. Wer darf alfo feiner
Lehre widerſprechen? oder feine Einfichten für zuverlaͤſ—
figer, feine Entderfungen für gewiffer und fich für fä-
higer halten, tiefer in die Wahrheit einzudringen ?
Wenn wir Dienfchenzeugniß in der Art annehmen, daß
wir dem ehrlichen Manne glauben, und unfere Einfich-
ten den Einfichten deſſen unterwerfen, welcher vieles
weiß u. erfahren hat, m. feine Ueberlegenheit an Ein:
fichten fühlens fo muß ung Gottes Zeugniß
noch wichtiger ſeyn, um in ung ieden Zweifel aufzuhe-
ben, ieden Widerfpruch aufzugeben und ieden andern
Beweis für entbehrlich zu halten. Was man alfo in
90 S.
Schrift, (heilige, — wie die — — zu leſen iſt?)
der h. Schrift an Wahrheiten und Ermahnungen fin-
det und recht verfianden hat, das muß man ———
gemacht wahr und ungezweifelt richtig annehmen, Luc.
1, 28; Jac. 1, 22. Man muß auch glauben, daß
der Fromme dag darin ihm von Gott verfprochene
Gute gewiß erlangen wird. Er muß deshalb den Be-
fig und Genuß feft und mit volligem Vertrauen er:
warten. Das, was ihm Gott hat verheiffen laffen,
wird unter den Umftänden und Bedingungen, bei wel»
chen er es ihm zugefagt bat, wäre es auch noch fo
groß oder Hein, ihm ausgemacht ficher zu Theil wer-
den. Denn Gott — der nicht luͤgt, bat eg ihm zuge-
fagt. — Immerhin ift es mweifer den goͤttl. Delch-
rungen mehr zu glauben als unfern £raglichen Eins
fichten und Einbildungen oder als dem Blendwerf un-
ſerer Leidenſchaften. linfere Einfälle den Belehrungen
Gottes entgegen feßen zu wollen, wäre Thorheit. *—
©) (S. ©. 77.) Man muß mit dem Geleſenen
recht vertraut werden u. man lefe immer die
5. Schr. mit fietS gewiffenhafter Anwen:
dung auf fich ſelbſt, oder auf fein Herz.
Detragen. Man muß feine Gefinnungen u. feinen
Zuftend nach dem prüfen, was man lief. Man muß
das Gelefene in Leben und That verwandeln. Man
muß es alfo beim bloßen Leſen nicht bewenden laffen,
fondern alles fo Iefen, als ob e8 allein ung anginge,
und als wären wir dabei gemeint, oder man febe ie—
den Befehl Gottes, iede Ermunterung, iede Warnung
als gerade ung gegeben an. Man deute iede Dro-
hung; iede Verheiſſang, teden Zroft nach Befchaffen- -
heit feines Seelenzuftandes mit ernfthaftem Nachden-
. fen und reifer Ueberlegung der Sachen auf fich felbft.
Man prüfe fein Leben nach dem Gelefenen, und nehme
fich dasienige aus der Bibel, was zur rechtmäßigen.
Einficht unfers Betragens und zu unferer Beruhigung.
dienen kann, Rom. 15, 4. Wird und z. DB. ber Zus
gendhafte abgebildet, fo verweile man nicht blog bei .
der ſchönen Schilderung von demfelben; man bewun-
dere nicht etwa die wohlflingenden Ausdrüde, den
fanften Fluß der Worte und die natuͤrl. Verbindung
der Grdanfen, Man lerne die Tugend felbit Fennen;
man frage fih vor der Selbſtbeurtheilung feines Ge-
® 91
Schrift, (heilige, — wie die — — zu lefen iftd
wiſſens: bin ich derienige, der Bier beſchri eben wird —
ſo demuͤthig, ſo ſanft, redlich und ſo thaͤtig menſchen—
lebend, fo recht danfbar u. voll Vertrauen zu Gott?
Lefen. wir von Gottes WVaterliche, fo Beruhige man fi)
durch diefe Eigenfhaft und denfe: Gott liebt auch
mich, er meint's auch mit mir gut, o wie follte ich
ihm danfen? ich muß mich fchämen, daß ich bisher fo
undanfbar war! M an frage fich beimtefen: N) was
follihb thun? Finder man nun; daß man dag Gu—
te ausüben, diefes und ienes Boͤſe meiden foll, fo. fra—
- ge man fib: Habe ıch ienes fihon gethan? dieſes
ſchon vermieden? Da nun der Zerfirenungen im Le—
ben fo viele find, fo muß man auch befannte Stellen
leſen, um fid) und die darinnen vorfonimenden Tugen—
den in Erinnerung gu bringen. Das Ausmwendialernen
portrefflicher und das fittlihe Betragen beireffender
Stehen in der Jugend iſt nicht zu misrathen. 2) Wie
foll ih das tbun, was ich thun foil? naͤm—
lich aus reinem Herzen, aufrichtig und um des Ge
wiffeng willen. ® Mit welcher Gefinnung foll
ih thun? .B. weil es Gott befiehlt, der ge—
recht, guͤtig u. em. Schoͤpfer und Wohlthäter ift,
weil es ung Jeſus Ehriftug heißt, der unfer Herr if,
weil für ung Tod, Zukunft, Gericht und Ewigfeit zu
erwarten find — kurz: aus gewiffen Gründen. Diefe
Anwendung des Gelefenen : ohne Gelbfiprüfung und
Selbſtkenntniß unmöglich, d. h. ob grade wir — bie
£efenden wir, die und bie Berfonen dag thun, Mag
wir thun jpden ? in dem Sinn und mit der Geſin—
nung und aus den Gründen, die ung zum Gehorſam
ſtimmen, es thbun? Bei einer folchen Anwendung
des Gelefenen auf ſich felbft entfichen ficher Rührungen
u. Erweckungen des Gewiffeng, die ung werden einfehen
| ale: entweder daß es da u.da noch fehle, daß wir wohl
die Sache, aber nicht mit der gehorigen Gefinnung u.
aus den gehörigen Gründen thun; oder daß wir, wenn
wir findenz ich that bisher das Meinige, es bat fich
in mir fihon Diefer Sinn gebildet, und e8 waren die
rechtmäßigen Gründe in mir ſchon gegenwärtig, Er-
a sur Sreude über das erneute Gute Haben.
Diefe Anwendung des Geleſenen auf ſich ſelbſt ver-
Schrift, (heilige, — wie die — — zu leſen 1259
langt aber auch, daß wir e8 auf unfere befondern u.
nähern Umftande — auf unfer Amt und Stand —
unfere Lebengperänderungen — Gluͤcks- und Ungluͤcks—
fälle anwenden und zu uns fagen: was habe ich in
dieſen Umſtaͤnden zu thun? wie habe ic) das gu thun?
und auf weiche Gründe werde ich ießt zu ſehen haben,
3. B. bin ich ein guter Freund — Gatte — Bater—
Lehrer — Arbeiter — rechtſchaffner Bürger u. ſ. w.?“
Leſen wir 2. E. von einer Befreiung und Erreftung,
fo frage man ſich: wie oft hat dich fihon dein Gott
aus der Gefahr errettet? Leſen wir eine VBorfihrift
Gottes, ſo denfe man: es gebt auch dich an. Leſen
mir von einer Berheffung, fo febe man, unter welcher
Bedingung Gott das und dag Gute verheiffen habe?
Leſen wir von einer Drobung, fo erfchrecdke man, um:
nicht in die gedrohte Strafe zu fallen und entfchliefe
fich zu einem beffern Leben, u. ſ. w. — Vorzüglich
muß man die h. Schrift gegen die Keißun-
gen der Sünde gebrauchen, wozu eine- verfrante
Defanntfchaft mit ihren Vorſtellungen, Ermahnungen
und Warnungen erfordert wird. Man muß fich des—
halb die wichtigften £ehren, Verheiſſungen, Drohuns
gen, die lehrreichſten Geſchichten und Beiſpiele tief ein—
prägen und fie ſich fo geläufig machen, daß man fie
fich zu aller und ieder Zeit in fein Andenfen zuruͤckru—
fen fann. Auf folche Weife eignet man ſich alles zu.
Dieß fann auch dadurch fehr gut gefchehen, wenn man
das in der Bibel Gelefene in eine Are von Gebet ver.
wandelt, oder fich über das Gelefene und über die Be⸗
dürfniffe, die toir bei ung wahrnehmen, mit dem lir-
heber aller Wahrh. und alles Guten unterredet. Diefe
Anwendung defien, was wir in der Bibel leſen, auf
unfer Herz und Leben, nennt dag n. Teſt. dag Fore
fchen in der Schrift — dag Behalten in emem feinen
guten Herzen — das Bewegen der Wahrheit in deme
felben. Diefe Anwendung auf ung felbft bat ven Nu—
Ben, daß wir vorhandene Fehler und Borurtbeile ab»
legen, daß wir ung fchämen, wenn uns etwas Gutes
och fehlt, daß wir ung gegen Verſuchungen verwah-
ren, in Leiden ung troften, und des an ung gewahr
werdenden Guten freuen, daß wir ung. beim wiederholten
Leſen erinnern, theils deſſen, was uns in gewiffen Zei—
©. . 93
Schrift, (Heilige, — wie die — — zu leſen iſt?)
ten sum Troſt, zum Vertrauen auf Gott — zur War—
nung — Liebe und Berföhnlichkeit Veranlaſſung gab,
indem die vorigen Ruͤhrungen wiederkehren, cheils, DaB
I wir ung, was die Strafen des Gewiſſens beirift, be—
ſinnen: hier ift Dir dag aufgefallen, hier ginaft da in
si —* u. ſ. w. Wir werden dann nach Zac. IL, 23.24.
ode gleich, welcher fein Ungeficht im Spiegel beſchaut,
der ſich an das Sehlerhafte, aber auch an das mit
* Gottes Huͤlfe angefangene und angensmmene Gute er
innert. Dbne diefe Anwendung auf uns ſelbſt bleiben
ir gleichgufel ig; theils denke man, ich leſe ein asttl.
Buch, ich leſe zur Erbauung, zum Heil meines unſterbl.
Geifieg, lebhaft. Dieß lage der Unaufmertfamkeit kei⸗
nen Platz. Eine ſolche Anwendung und Befolgung
deſſen, was wir in ber h. Schrift leſen, iſt für uns
Etimme Gorttes, und das Gute ſt ung darin zu thun
befohlen. Was uns aber Gott befahl, was er ung
unferfägte, wäre es auch uns unangenehm, fonberbar
und ſchwer — erfordert unfera Gehoörſam. Es ver:
. Dient eben. die Yufmerffamfeit und Folgſamkeit, als
Samuel zeigte, da er bei einer außerordentl. Erfcheis
nung: Gottes die Antwort gab; Herr — — 1Sam.
3, 10.
Wergl. Philoſ. Ged. und Abhh. meift moralifchen Inhalts, 48 Binde
chen, &ypz. 1798. Nr. 4. von einem doppelt Heiligen Buche, od.
d. hd. Schrift. ©. 127: 145.
D) Man fuche Deshalb mit dem Gelefernen
recht vertraut zu werden, fo daß man das
Gelefene ausube Man ſey nicht blog Kefer, ſon—
dern ein Thäter des Worts. Gewiſſe nachdruͤckliche —
ſehr praktiſche u. beſonders auf unſere befondern Um—
ſtaͤnde paſſende Schriftſtelen ſetze man ſich vor, eine
Zeitlang oft zu leſen und ſich feft einzuprägen, und
um fie befländig in unserm Andenken gegenwärtig zu
erhalten, fo baß men ſich ſolcher iedesmal bei alier
Gelegenheit zu feiner Rildung, Beſſerung, B Beſcha mung,
Beruhigung und Unterhaltung mit Gott nach feinen
iedesmaligen Debürfniffen erinnere, bei ſich erneuere u.
gebrauche, $. B. mitten in feinen © Sefchäften frucht—
bare: Ber rachtungen über fie anfellen und fie auf ſich
anwenden koͤnne; Eph. 6,175 Pf. 27,8; 119, 24 f.
Wie ann iſt es auch, deshalb fon in feiner 3
— ©. |
Schrift, (beilige, — wie die — — zu leſen it?) -
gend ſolche nuͤtzliche einzelne Schriftſtellen in ſein Ge—
daͤchtniß — — — f. Man kann dann bei vorkom⸗
menden Faͤllen ſie fogleich ausüben, Matth.. 137123;
Luc. 8, 155 11,285 Jac. ,22=235;5 bat fie dann gleich-
fam bei der Hand. Welche große und nuͤtzl. Kraft
liegt dann nicht im manchen bedeutenden. Ausfprüchen
der Bibel! Daß wir das, mas ung. die Bibel ſagt,
gern und willig befolgen, iſt, fo wie bei diefer Regel,
fo auch bei allem Bibelleſen, die Hauptſache. "Ohne
Ausuͤbun a Geleſenen betruͤgen wir uns ſelbſt. Was
hilft uns z. B. die Vorſchrift des Arztes, wenn wir
ſie in — Tagen nicht beobachten? Den Willen
Gottes zu vollziehen, bringt Erfahrung und Aufſchluß
des Sinnes vieler andern Schriftfiellen, Jod. 7, 17.
Um Gottes Vorſchriften zu thun, babe man den
eraftlichen Willen, dieſelben gut: zu faffen und zu be⸗
alten.
€ Man ſehe beim Leſen der h— Schrift aud
auf die vorfommenden Beifpiele des Bofen
and Guten, z. B. eins Abrahams, Joſephs,
Aſſaphs, David’g, Jeſu Ehrifti, der Ap. uf.
w. Man finder. in der hei, Schrift manche Fleinere
lehrreiche Erzählungen, oder vortreffliche Beifp. von
einzelnen großen nnd guten Handlungen, die fait alle
von dem mehr oder weniger enthalten, was entweder
fehlerhaft ift und nicht zur Nachahmung dient, oder
was fuͤrs Gute weckt und den Chriſten zu einer lobl.
und anftändigen Nacheiferung reitzen kann. ) Der
Chriſt ſuche fih vorzüglich folche Gefchichten u. Bei-
fviele aus der Bibel heraus, die fich beſonders zu ſei⸗
nem Ehar., zu feiner ganzen Außerl. Lage überhaupt
und zu feinen iedesmaligen Beduͤrfniſſen insbeſondere
paſſen. Man frage ſich dann: wie wuͤrdeſt du in die—
fer Lage, worin diefe oder iene hier vork. Perfon war,
gehandelt Haben? denn der Unterricht durch Beifpiele
ift der deutlichſte und faßlichfte. Durch Beifpiele wird
man von der Borftellung ber Sache au fih überhaupt
——
*) Vergl. Döderlein’s Rel,: Unterer, Th. Il. ©. 251 ff.
wo fowohl die Nuͤtzlichkeit der bibl, Beifpiele, als auch
die Vorficptigfeit bei ihrer Benutzung gezeigt wird.
©. | 95.
Schrift, (Heilige, — wie die — — zu leſen iſt?)
auf das Einzelne — auf die handelnde einzelne Pers
fon geführt und man ſieht anfhaulih, was — mit
welcher Sefinnung und aus welchen Gründen eine Per—
fon etwas that? Man ficht die Sachen, welche fie
ausüben ff., deutlicher 5. B. am Abraham das Ver—
trauen zu Gott, an Paulus große Amtstreue, an
Chriſtus Aufopferung u. f. w. Daher ftellt die Bis
Ö
bel auch fo viele Beifpiele auf! vergl. chriftl. Gits
tenlehref. d. Canzelgebr. Art. Beifpisl (gufes)
In 8 267° | Ä
) Das Lefen der 5. Schrift werde oft und
gern angeftelle.e Man werde der Kefung nicht
überdrüßig, fondern erfülle Dfalm 119, 103. Es ift
zwar nicht an gemiffe Zeit gebunden, allein eine feſt—
Zeſetzte Zeit fchafft einen ſtaͤtkern Antrieb dazu. Man
feße alfo einen Theil der zur befondern, oder hausli-
chen Gottesverehrung beftimmten Zeit dazu aus. Man
Iefe alle Tage etwas. „Sollte es wohl (fehreibt Au—
„suftin) deinem Leibe. gefallen, wenn du ihn täglich
„nur einmal fpeiferek? Eben fo wenig wird es deiner
„Seele nicht nußen, wenn du fie nicht oft aus dem
„Wort Gottes nähreft und traͤnkeſt. Wie der Huns
„ger oder Mangel oder fchlechte Koft den Leib hager
„macht, fo wird auch die Seele, wo fie nicht durch
„Gottes Wort geftärft wird, ganz matt, und dadurch
„unfähig zu einem guten Werfe. Iſt e8 recht den
„nur aus Erde gebildetenteib zwei- oder dreimal fpeis
„ten und unferer Seele, ein Bild Gottes! kaum in et-
„lichen Tagen das Lebensbrod und aͤchtes Duellmafler
„Darzureichen?. Sch vielmehr halte es für ganz billig,
„den beften Theil auch aufs befte zu verpfiegen! Will
„man nur den Leib, nicht aber die Seele pflegen, das
„iſt als wollte man dem Knechte alleg vollguf geben,
„den Herren aber verhungern laͤſſen. Schon ein Kind
„kann es begreifen, daß fih das gar nicht ſchickt!“
Je öfter man die Bibel lieſt, defto mehr mehrt fich
unfere Einficht von der ganzen Bibel u. ihrem eigenel.
Inhalt , fo wie ihre heilfame Würfung.
6) Man thue niemals etwas, was Andere ge-
gen die h. Schrift gleihgältig machen oder
96 — a
Schrift, cheilige, — Litt. über den Gebr. derſ.)
— der Benutzung derſelben zuruͤckhalten
oͤnnte.
Vgl. über III. Andr. Hyperii 2 Bücher de ER
lectione ac meditatione quotidiana, welhe Schrift aud)
ins Deutfihe überfegt worden if; Erasmug Vor—
rede zu feiner Daraphrafe des Matth. Außer den beis
den, der Lemgoer Handausgabe von £uthers Bibelüber-
fegung in orod. 8. 3 B. 13te Aufl. Lemgo 4767 „und |
vielen anderen folgenden borgefeßten Vorr. v. J. F Ja⸗
cobi, „v. den Vorzuͤgen der h. Schrift“ und Ermun⸗
terung zum fleißigen a gehsren ganz vorzuͤg⸗
lich hieher: Dr. ©. Roſenmuͤllers Anleit.
zum erbaul. Leſen der Bibel. Lpz. 1793. 8; Ulrich s
moral. Encyel. iſten Th. 2te Abth. ©. 1091 + 1097,
und 3er Bd. Art. Schrift ————— Sac. Foſters
Reden ff. ır Th. Frfrt. 8. N. 10. ©. .
225 ff.: Regeln, die 6. Scrif nüßlich, zu leſen, über
ob. 5, 39; Dr. Pb. Doddridge’ 8 * Samml.
h. Reden, Roſt. u. Lpz. 1763, 8 gte Pred. © ar
„Bon der Goͤttlichk. der h. —— NE Seders
Dredd. Gr Th. Lemgo 1779. Nr. 2-55 Waſers
Predd. Zürich 1781. 23ſte Pred. „Wie man die heil.
Schrift mit Verftand u. Nugen leſen ſoll? uͤber Ap.
©. 8, 30. 31; Neym’s Ev. Pred. fuͤrs Landv. 3te
A. 1778. ©. 108 ff.: - „wie kann ein gemeiner Mann—
die Hiftorien in der Bibel mie Nutzen leſen? — F. G.
Pockels Epiftelpredd. 2te Samml. Halle 1779. gr. 2.
Hr. 13. ©. 261 ff. „vom pflichtm. Gebr, des Wortes
—— L Magaz. für Prediger, zr Th. Nr. 8. S. 80⸗
. 95: „DBom vernünftigen” Gebr. der h. Schrift‘ über
Joh. 5, 39; Rau’s Materialien zu Canzelvortr. uͤb.
die Sonn» und Feſtt. Ep. ar Th. Erl. 1789.©.89 =
92. am sn ©. n. Epiph. „Grundfaß den eigenen Ge-
— der h. Schrift betreffend,“ 4 Theils ir Abſchn.
| 49 f.: — den unrechtmaͤßigen Gebr. der heil.
Sack. DD Koppe’g Predo. ıfleSamml. Goͤtt.
1792: gr. 8. ©. 22- 24. Pred. ©. 421-480 über ac.
I, 16-21; Marf, 16, 14 fr und Joh. 14, 23-26:
„Rathſchlaͤge, wie wir die Bibel zu Tefen haben, Alrfpr.
und Ermeiterung derfelben, wie fie von ung angefehen
werden muß? und vier Kegeln chriſtl. Weish., beim
wuͤrkl. REN derfelben ;’‘ Predd! Entw. über Die En
ein,
= 97
Selbfiffändigfeie Gottes, (mas? Anwendung.)
fteln, "893. 1792. 8. am gu ©. n. ?r. ©. 199 ff. Die
Pflicht der fleiff. Uebung in der h. Schrift; Groffe
Glaube u. Pflicht des Chr. ©. 327:336.
Ratecheten empfehle ich den Aufſatz in Beyer’g
Mufenm für Pred. ır Bd 28 St. Kr. 4: „em Mit
tel, den rechten Gebrauch der Bibel zu befordern“
nachzulefen. -
Selbſtſtaͤndigkeit Gottes,
I. Begriff. Nach verfelben bedarf Gottes Dafeyn
Feiner Urfache außer fih. Gott enthält den Grund fe:
mer felbft. Er beſteht u. Dauert nur afein durch Th
feldft fort, u. er hängt son ftiemanden ab. Er ıf—
bat und befist alles zugleih u. auf einmal, was bei—
fammen moͤglich if. Er genießt durh ſich ſelbſt die
hochſte Geligfeit. Man muß deshalb alles, was Gott
thbut, und was ihn zu feinem Thun beſtimmt, blog
aus ihm felbft herleiten und man darf nich: von Ge
fchöpfen den Maaßſtab der Beurtheil. des göttl. Wer:
haltens hernehmen, Gott bevarf Feıneg einzi—
gen Dinges außer ihm, wenn gleich ale Dinge
‚feiner bedürfen... |
S. Allgenugfamfeit ır Th. ©. 59.
I. Anwendung: |
ı) Iſt Gott felbftftändig, fo erwarte man von ihm Mes
fentlich, urfpränglich und aufs vollfommenite, wag
wir Gutes und Vollkommenes in un. an den Geſchoͤofen
einzeln und. zerftreut antreffen. Dan fehe alle Ge—
fhopfe nur als Würfungen Gottes und feiner Kraft
an. |
2) Man erkenne deshalb feine Abhängigkeit von Gott,
bilde nie fih ein von ihm unabhängig zu feyn. Nie
glaube man, —fey man auch in einer noch fo guͤnſti—
gen Lage und Verhaͤltniß, — Gottes entbehren zu
fönnen. _ | —
3) Man ſondere alle Einſchraͤnkungen und Unvollkom—
menheiten aufs genaueſte von Gott ab, und bilde
ſich von Gott nur wuͤrdige Begriffe. Dan lege gegen
Gott die tieffte Hochachtung zu Tage und verehre ihn
mit aller Ehrfurcht als das letzte und hochſte Ziel
aller unferer Wünfche. |
Ehrift. Sl. £ehref.d. Candelgebr 3 Ch. G
Me ©.
Seligfeit Gottes, (mas fie iſt?)
4) Man leite alle die ung eigenen Vorzüge und Vollk.
aus ihm her und führe fie auf ihn zurücd, fehe fie
als unverdiente Gaben von ihm an und ſey ihm dafuͤr
dankbar.
S. Allgenugſamkeit Gottes, Ir <h. S. 5of.
Maieftät Gottes, ar Th. © 245 f. u— den —*
folgenden Art. Seligkeit Gottes. —
Seligkeit Gottes, (ITim. 6, *
Vergl. Ereget, Hands. d. Beweißftellen in der Dogmat,
2r 8. ıftle Vbth, S. 203. 4.
I. Unter der Seligk. Gottes iſt eines Theils das Be⸗
wußtfenn Gottes von feiner Vollkommenheit gemeint,
oder das Bewußtſeyn, alle möglichen Bollfommenheis
ten, 3. B. Emigkeit, —— oder die allervollfoms
menfte Erkenntniß, Allmacht, Unveraͤnderlichkeit, All⸗
weisheit, „Algüte, Allheiligkeit, Gerechtigkeit, hoͤchſte
Freiheit, Wahrheit und Treue u. ſ. w. zu beſiten und
deshalb nichts zu beduͤrfen, blos von ſich abzuhängen
und der lirbeber alles Lebens und aller Gluͤckſeligkeit
alter erfchaffenen Dinge zu ſeyn. Andern Theils
iſt ſie auch ein ſtetes — unbegraͤnztes und unveraͤnder⸗
liches Wohlgefallen an der Bewuͤrkung der moͤglichſt
größten Vollk. und Gluͤckſeligk. Seligf. in Gott
ift ein anerfchütterlich fefter u. dauernder Zuſtand des
Vergnuͤgens, welcher aus dem geficherten Beſitz alles
deffen, was gut und erwünfche ift, oder alles Vorzugs
u. aller Vollk. entſtehet. Dazu gehört 1) vollk. Kennt-
niß von dem, was Gluͤckſeligk. ausmacht; 2) vollkom—
mene Weisheit, um dieſen Zuſtand zu ſichern; 3) All⸗
macht alles zu Stande zu bringen, was dazu hilft,
und alles abzuwenden, was e8 hinderf; 4) allgemeine
Gute; welche edle Gefinnung, an feiner Seligkeit An-
deren Theil nehmen zu lafien! 5) Eim geficherter Be—
fis aller erfinnl. Vorzüge und eine freie Ausuͤbung
derfelben bei allen Gelegenheiten, woraus ein unendl,
Vergnügen und Belufiigung entfieher, welches zur
Gluͤckſeligkeit gehoͤrt. Nun iſt dieß alles in Gott
im hoͤchſten Grade, alſo iſt er ſelig. Er iſt dag ſe—
ligſte Weſen aller Weſen, weil er alles in ehe Ge—
walt hat und in ibm kein —— Wunſch be—
Seligkeit Gottes, (was iſt darunter zu verftehen 2)
friedigt wird. Wenn fich ſchon derienige v.den M. felig
nennt, welcher nicht allein felbft ſchon alles hat, was er zu
einem ruhigen u. gluͤckl. Leben bedarf, ſondern auch fo
“ viel, alg es ihm moglich ift, beiträgt, um Andere
gluͤcklich zu machen: fo fann man fich daraus vor—
ſtellen, wie ungleich ſeliger, ia hoͤchſt ſelig Gott ſeyn
muͤſſe, da er a) die Quelle und der Arheber alles Guten
und aͤller Volikommenheiten Pi er
b) alles, was gut iſt, aufs vollkommenſte erkennt, al—⸗
les Gute will, da ihm nichts fehlt und durch nichts
ie gehindert werben kann; da er c) nicht blos einige
"wenige gluͤcklich macht, ſondern alle, welche nur der
Gluͤckſeligkeit faͤhig ſind, einer ſolchen — großen Gluͤck—
ſeligkeit theilhaftig macht, als wie und in welchem
Maaß fie diefelbe genießen konnen. Denn er bedient
fich aufs volfommenfte feiner Kraft und Macht, um
zu jeder Zeit alled das herporzubringen, was er nad
feinem vollk. Willen an fich oder mit veränderten Bes
dingungen für gut findet. Er vollführt feinen ewigen
guͤtigen Willen vermoͤge feiner Allkraft, ohne alles Yin»
zu z, und vermöge feiner Allwiffenheit mit Bewußt-
dm
1) hat die hoͤchſte Seligkeit (iſt allſelig
oder unermeßlich- [und deshalb für uns Menſchen nicht
ganz begreiflich] felis); denn Feiner fann fo wenig ihm
ſchaden oder feine Seligf. beeinträchtigen, als auch
Feiner vermag feine Seligfeit zu vermehren; denn er
iſt über alles erhaben. Dffenbar muß bie hochfte
Vollk., die unbefchranftefte Macht, Weisheit, Güte,
Unabhängigkeit und Unverleglichfeit den Genuß einer
unendlichen Gluͤckſeligk. verſchaffen. Es ſind alle in—
nere und aͤußere Erforderniſſe da. Gott kennt feine
hoͤchſte Vollkommenheit, auch die Vollk. feiner Werke
und die Vollk. iedes Dinges in feiner Art. Er iſt die
Quelle aller Freude und Seligkeit. Alles gefaͤllt ihm
wohl, nichts ſtoͤhrt feine Ruhe und ; bedarf nichts; _
f. Allgenugfamfeit; ir Th. ©. 9 f.
2) Gottes Seligk. iſt TEN en wie er ſelbſt
es iſt. Sie kann nicht vermehrt, aber auch nicht ver—
mindert werden; denn fie ift ganz unendlich. Gott
iſt alfo — menfchlich gefprochen — gleichſam unders
letzt. Seine Geſchoͤpfe koͤnnen ihm nicht Be Auch
100 S.
Seligkeit Gottes, (prakt. Folgerungen.)
ſelbſt dadurch, daß wir ſeiner beſten Abſicht entgegen
handeln, unfere Sreiheit mißbrauchen, feinem Dlan
gleichfam entgegen handeln, wird feine Seligkeit nicht
geftshre. Denn wenn gleich wir M., die uns v. Gott
gegebene Sreiheit mißbrauchen, feinem Plan gleichfam
entgegen handeln, wird doch durch ihr Bofes mehr Gutes
befördert als Bofes (welches ohnehin unter feiner Leis
fung ficht, indem er alleg genau regiert. Bon ihm
hängen bie Menfchen, ihre Kräfte und Unternehmuns
gen in jedem Augenblick ab. Er läßt ihre bofen An-
ſchlaͤge nicht Bu, falls fie nicht zum Guten gelenft wer-
den fonnen. Wie Ffonnte alfo dag Bofe Gottes Se:
ligkeit ſtoͤhren oder aufheben?
U. Prakt. Folgerungen:
1) Gott iſt das vollkommenſte und ſeligſte Weſen. Dieß
fodert uns zur Bewunderung Gottes und zur Liebe
Bea Gott auf. Man fuche deshalb immer. mehr. feis
Vollkk. erkennen zu lernen und ihren hohen Werth
———— Man befoͤrdere auch bei Andern die Eins
ſichten von den Vorzuͤgen Gottes. Man achte Gott
der hoͤchſten Verehrung wuͤrdig und erzeige Re. ihn
auch in der That. Alles, was Gott in den Yugen
der Menfchen verunehren oder feine Ehre. verdunfeln
fönnte, müfle aufs ernftlichfte von uns vermieden
u. alle verkleinerliche Gedanken u. Worte verbafcheut wer⸗
den. Nie murre man uͤber Gott, nie ſey man mit
dem verbeſſerl. Verhalten des untadelbaren Gottes un:
zufrieden.
2) Iſt Gott das feligfie Wefen, fo kann er gewiß gluͤck—
lich machen, und nad) feiner Güte will er. es. Ver—⸗
trauen deshalb zu ihm zu faſſen, iſt daher eine noth⸗
wendige Pflicht. Der iſt gewiß ganz eeeen
er gluͤcklich machen will.
3) Iſt Gott an und für ſich wdurch ſich ſelbſt |
Be feligfie Wefen, fo denfe mandoch nicht
weiter, daß wir ibm durch Verehrung die—
nen, oder feine Vollk. erhöhen n.fein Wohl
vermehren fonnten, oder daß er die Befol-
gung feines Willens aus Eigennug, und nicht um
fein felbft willen verlange, Ap. G. 17, 25. — —
4) Man fuche Gott aͤhnlich zu werden, dadurch,
daß man nach allen feinen Kräften und dem beſten Ge—
ee, .. 101
Seligk. Gottes (Anwend.), Seligk. in ienemL.
brauch derſelben ſich beſtaͤndig auf eine weiſe Art um
ſeine Gluͤckſeligkeit bemuͤht. Man ſuche in ſeiner eige—
nen Bruſt nie verſiegende Quellen der Ruhe und Zu—
friedenheit zu eroͤnen. Man ſehe es endlich ein, daß
man ſich nicht durch den Beſitz auch des groͤßten Guͤ—
terbeſitzes, der Ehre und durch den Genuß der Zer-
ee (denn dag alles ift hinfällig u. nicht aus—
uernd) gläückl. mache. Kein Ge 1. — feine Sache in der
Erdwelt kann alle unf. Wuͤnſche ftillen. Nichts iſt bier
beſtaͤndig. Ganz gewiß erfolgt. eine Zeit, wo des
Geißigen Reichthum — des Stolsen Ehre und des
Wolluͤſtigen Wolluſt, dem vertrocnenden Brunnen
gleih feyn wird, aus dem man nicht mehr Waſ—
fer fchöpfen fann. Gott aber und GBeiftes Güter
ift ein mic berfiegender Duell. Man entfage alfo
der Unſittlichkeit, dem eitlen Weſen, lebe wie ein Wei—
ſer und naͤhere ſich dem ſeligſten Weſen im Denken,
wie im ————
Segen Gottes, f.den Art. Regierung Gottes
1.8. bb: ar 25. ©, 331-f.
Seligfeit nad) dem Tode. IPerr. ı, 8;
— — kuͤnftige ct 1,508. 3, 2.
Ich bitte mit dieſem Art. zugleich den Art. Leben nach dem
| Tode, 2r Th. ©. 217 ff. zu Vergleichen und zu verbinden. —
Man erlaube mir über dieje fo jehr intereffante Materie etwas
ausführlich zu ſeyn. — |
Bol. Dödvertein’s inft.. Th. Chrift:: 7.412 533-352;
Mori Conm. exeg. hift. in epit. T. Il. p. 7253:7445
—einhard's Borten. über d. Dogmat. ©. 681 :90.
Fr. W. Wolfrath Aussichten in die unfichtbare Welt in Predd.
Meildorf u. Lpz 1737. 8.5 Klaͤden (F. WB.) Verfuch über
die Ewige. u. ihre Freuden, Galle 1786. 8.5 M. ©. W.
Golddammer Betrachtungen über das zukünftige Leben,
8293. 1791. sr. 8. Ciebe gut, desgl. aud die Schrift von
RKlaͤden.) —
Rel.⸗Lehrer thun ar wenn fie nicht zu oft von dem Ennftigen
feliaen Reben in ihren Retigionsvorträgen reden; denn wenn
fie faft immer von der andern Welt banseln, fie das wahre
Vaterland nennen, fo koͤnnte dadurch Traͤgheit in Vollſtaͤndigk.
feiner Erdengefchäfte und ein Herausfehnen aus der Erdenwelt
erweckt werden,
are | ©. ä
©Seligfeie nah dem Tode, (mas?)
I. Was ift unter der Selig nad bei Tode
zu verfichen?
Gluͤckſeligkeit iſt das Wohlſeyn und Mohlerge-
ben in diefer Welt. Sie iſt im Menſchen und ſteht
in deſſelben Macht. Denn fie iſt eine Folge des fiel.
Verhaͤltens, und iſt das angenehme Gefühl und füße
Bewußtſeyn eines tugendhaften Betragens. Gie hänat
aber auch von Natururfachen, die nicht regelmäßig
mit Sittlichfeit übereinftimmen, ab. Seligfeit aber
ift dag genau mit Sittlichkeit im Ebenmaaß ſtehende
und nicht mehr von Natururſachen abhangende Wohl-
feyn in iener Welt oder im Leben nach dem Tode des
Leibes. Gluͤckſeligk. auf der Erde geht in der Ewigk.
in Seligkeit über. Man meint unter dieſem Ausdruck
nichts anders als den gluͤckl. Zuſtand und die Beloh—
nung des Frommen in der kuͤnftigen Welt — oder:
das voͤllig befriedigende und allen ietzigen Begriff und
Genuß uͤberſteigende Wohlſeyn des Geiſtes nach dem
Tode, ſofern ſie eine Folge des guten Betragens auf
Erden iſt, aber nach dem freien Willen des gottl. Ge—
ſetzgebers erfolgt. — Die h. Schrift gibt theils der—
felben verfchtedene Zenennungen, theils redet fie Das
von in Bildern. Gene finds ewiges Leben (d.h.
ewige Glückfeligfeit; fie heißt auch fehlechthin das Le⸗
ben, 5. B. Luc. 10, 28; Joh. 6, 51, deggleichen dag
rechte Leben) ; der Himmel, welcher Name die Borfidl-
lung von etwas Großen, Hohem und Dauerhaften —
im Gegenfaß des Niedrigen und Vergänglichen im Er-
deleben in fich fahrt); Das Paradıeß (womit auf
den Zuftand der Unſchuld und Glücfeligkeit, in wel-
chem die erſten Menſchen eine Zeitlang lebten, zuruͤck—
geſehen wird); das Reich — (und dag Reich Gottes,
— dag Himmelreich; dag Unſichtbare u. Ewi-
ger d. h. das noch nicht im Genuß. dafeyende Glück,
3B for. 4 ı8); die Herrlichfeit — (bie
Gott geben wird, und bie über alles wichtig iſt,
I%Xor. 4 17; Kom. 5, 2); bie unvergaͤngliche
Ehre (Rom. 2, 17; IIfor. 4, 17); Unvergang»
lichfeit (in der angef. St.) und die vollfon-»
menfte Freude, desgl. Die Freude bes Herrn, Maͤtth.
25, 24.
©. | 103
Seligf. nach d. Tode, (bibl. bildl. Namen v. der).
Bildlich nennt fie die h. Schrift den Schooß
Abraham's (Luc. 16, 22; Joh. 13, 23), worin der
Selige gefragen wurde, oder ein Sigen (Liegen auf
R m Boden) an dem Bufen Abrahams (ihm zur
Seite); denn die Juden fchäßten den Abrah. als den
großen Anherrn ihrer Nation fehr und eigneten ihm
mit die oberſte Stelle an der himmliſchen Tafel, wor—
unter fie ich Die ewige le grob-finnlich vorſtell—
fen, zu. Dit Abrah. zu TC iſche fißen (liegen) heißt
daher felig ſeyn; ferners ein mit den Stammpätern
des iidifchen Volks gemeinfhaftl. Gaftmal (Matth.
8, 11. — Vergl. Ammon's bibl. Theol. ar Th. afe
u. ©. 232); das Haus Gottes und des Vaters
(Joh. 14, 2), D. b. der Det, wo man die Demeife der
Aligute Gottes noch flärfer ge nieß: n wird alg bier;
desgl. eine nicht mit Menſchenhaͤnden erbaute Woh—
nung (II Kor. 5, 1); die (hone und präctige
Stadt Gottes, das himml. Serufalemd. i.
Vaterland (Ebr. 12,22; Dffenb. 21, 10); der Sabs
bat, oder die Ruhe die Erholung), womit die Des
freiung von den mühfeligen Arberten und Befchwerden
und Sreudegenuß bezeichnet wird (Ebr. 4, 9; 11 Iheff
1, 7.); der Ruhefiß Gottes (Ebr. 4, 3-8) und ZFeſt—
feyer (Ebr. 4 9), das Mwahre — reihe — ewige
Erbe oder die Erbfhaft Gottes (die von Östt
zu erhaltende — —; Nom. 8, 17; IWerr. 1, 4, tele
ces auch auf eine beffere Gegend, wohin wir verfegt
werden follen, hindeutet); die Ehren- u. Sieger»
frone, desgl. der unvermwelfl. Kranz, desgl. die Tu—
gendfrone, Bhil. 3, 14; Ifor. 9, 24-27; II Zim. 4
8, welches bie Seligk. als eine Belohnung bezeichnet;
die herrl. Sreih. der Kinder Gottes, (Nom.$,
21.) da8 Burn in einem glanzoollen Eiche
als ein Jauchzen nach gefuhrtem Gtreit, ein
Dingufommen zu Gott — zum Herrn — zu ea
ſus Chriftus und — ein — — ein Schauen
Gottes *); Matth. 5, 8; Ifor. 13, 12; Ebr. 12, 14
| 3 Sehr ſchoͤn bemeiht Herr Doderlein inft: Th. chr.
T. I. ©. 540-43. daß fein leibl. Sehen oder An:
| —— Gottes in den Stellen Matth. 5, 8; Ebr. 12,
104 | ©.
Seligk.n. d. Tode, (bibl. Vorſt. v. ——ind. Biber)
am Ende. Diefe Iestere offenbar bildliche Redensart —
(denn Gott — da er ale ein Geift feine Geftalt hat —
fann Niemand feben) heißt 1) eine reinere und beffere
Erf. von Gott, feinen Eigenfihaften, f. Werfen, ſei⸗
nen Ge— ſinnungen, Lei istungen und Veranſtaltungen für
ung M., und 2. den Sreuden- des Himmels ſelbſt er⸗
halten — 2) ſelig rn u. felig feyn. ie wir bier
Gott in feinen Werten erkennen, und ibn um fo näher
find, ie mehr wir von feinen Werfen wiffen, fo wird
- ia dadurch, daß mach dem Tode eine neue Schoͤ—
pfung Gottes für ung eröfnet iſt, und die Erf. Eot-
tes nicht auf den Fleinen Punkt, weichen wir auf ber &,
bewohnen, eingefchranfe iſt, wenn Die ungemeſſenen
Reiche und Welten Gottes, von welchen wir nur hier
von Ferne etwas ahnen, ſich unſern Betrachtungen er—
oͤfnen werden, unſere Erkenntniß von Gott %. vermehrt
und berichtigt werden.
Alle dieſe bildl. Vorſtellungen find der Faſſungskr.
der M., die zur Zeit d. heil. Schriftſteller lebten, ge—
maß gewählt und von allem dem hergenommen, was
wir hier Erfreuliches — Angenehmes — Schones
und Wuͤnſchenswuͤrdiges finden. Man muß an denſel—
ben nicht als an eigentlichen Vorſtellungen ängftlich
hängen, wie dich fchon der gefunde M—verftand und
die Aufborung des irdifchen Leibes und Lebens lehrt;
denn fat alle fegen grobe Koörperlichk. voraus. Man
muß fie, wie es fowol die geiffige Natur des fünfti-
gen Leibes, als auch die geiflige Natur des Himmels
fordert, gleichſam vom Bildliehen entfleiden. Gefchähe
dieſes nicht, ſo erhielten wir eine zu dürftige — unvoll⸗
ſtaͤndige und irrige Erf, v. der fünftigen Seligkeit, bie
durch iene Bilder als eine folche gefchildert wird, die
alles das weit ubertreffen, wag wir auf Erden — als
im Zuft. d. Kindheit von Gluͤckſeligk. fennen.
Religionslehrer müffen vor allem — undeutliche und finnliche Vor—
ſtelungen von der Seligk. zu verbüten fuchen, daber fie dieſe
Bilder erklären und nur das Eigentliche, wad darin liegt, vom
— — — — — —
14; J Joh. 3, 1. 2. I&or. 13, 12 gemeint ſeyn koͤnne;
vergl. damit: J. W. G. Wolfs Predigtauszz. uͤber die
Evang. 21 Jahrg. ©. 40.
| ©: ee 105
_ ge. n.d. Tode,— (fie ift dem Srommen gewiß.)
Uneigentlichen abſondern und beibehalten muͤſſen. Denn ge:
ſchieht Dich nicht, ſo hoͤren die Chriſten nur leere Tone, Was
- Einnen dieſe — was wird eine umdentliche Erf. wirkten? Wer:
den nicht fogar iene Bilder Vorurtheile erzeugen?! Religions—
Ichrer müffen von einigen zeigen, daB fie aus Nationalbegrifs
fen — oder auch aus individuellen Vorfiellungen ver altern Seit
und der nocb wenig gebildeten Menfchen von Sluͤckſeligk. ge⸗
bildet worden find
Merer. Dr. €, Fr. Ammon’s bibl. Theol. 3r Th. ꝛte verb.
Aufl, ©. 281 f. und die oben ©, 101. von Kläden angef.
Shrift, S. 140 f.
II, Beweiſe, daß ieder Fromme eine ewige
Seligfeit nach dem Tode gu erwarten bat.
1) Es iſt eine Zorderung der ſittl. Vernunft, daß es
eine ewige Seugt. u. ſOf.; denn a) die Natur unferer
Seele ift fo eingerichtet und fo beichaffen, daß fie ei-
mer immer böhern Entwicelung, Vervollf. und wach—
fenden Glückfeligt. fähig iſt, fie wuͤnſcht und fucht.
Hierzu wird zwar auf Erden der Anfang gemacht, aber
fie fann bier nicht vollendet werden. Wie follte Gott
der fih im Guten bildenden Seele, die beffere Gelegen—
beit dazu nach dem Tode vorenthalten wollen und
koͤnnen? b) Da fih der Tugendfreund fehon bier
auf Erden eine gewiſſe Volf. gibt, deren Bewußtſeyn
ihm die reinfte Glückfelige. gewahrt; fo fann unmög—
lich der Tod den Genuß derfelben unterbrechen, fon>
‚ bern er muß vielmehr alles dag wiederfinden, wag er
zu feinem eigenen Beflen gethan hat, oder f. Ausfaat
verdoppelt ei merndten, Gal. 6, 9.
2) Es iſt der Gerechtigkeit Gottes gemaͤß, daß der ſittlich
Gute in der Ewigkeit ein ſeiner Tugend entſprechendes
Schickſal erhalte. Zwar liegt ſchon in der Uebung
der Tugend ſelbſt eine große Belohnung und dem
Frommen werden ſchon hier auf Erden viele u. man—
cherlei Freuden zu Theil, allein dieſe innere Zufrieden—
heit reicht nicht hin, den Menſchen zu begluͤcken, weil
bei dem heftigen Kampfe zwiſchen Klugheit und Sitt—
lichkeit auf Erden, (Luc. 16, 8) der Tugendhafte fo
oft ım Genuffe der — Gluͤckſeligkeit zuruͤckgeſetzt
wird und — leidet. s iſt deshalb vernuͤnftig zu
glauben, daß die Klar dort ein erfreul. Schickſal
erhalten werden.
106 S.
Sel.n.d. T., (iſt d. Frommen gewiß, aber unbeſchreibl.)
3) €8 gründet ich des Frommen - Erwartung einer
Seligk. auf ausdruͤckliche Berheiffungen Gottes, Jeſu
und ber Apoſtel (Gef. 3, 10), Mafth. 5, 8, und 11;
25, 34; Röim. 8, 18; a 7: 9; II Kor. 4 175 Sat,
Kr
8. J. A. Schmitz Verſ. in Predo. fuͤr aufgekl. Leſer. Jena
1791. Se. 12. „die gegründete Hofnung eines ewigen Les
bens, über Prev. Sat. ı2, 7; Dr. 3. Fr, Flatı’s Wos
chenpresigten, Tuͤbingen 1797. 8. Wr, 10: . „über die Hofz
nung des Chriſten (ein) Bürger des Himmels zu werden.’ —
III. Borinnen wird die Geligf. der Srommen
nach dem Tode beftehben? |
A) Dieß Laßt fich nicht genau angeben, denn bei dem
Allgemeinen, mas blos die Bibel von jenem glück
lichen Zuftande ſagt, bleiben viele Dunkelheiten und
unbeantwortliche Fragen uͤbrig. Das, was wir von
ienem Leben wiſſen, iſt offenbar ſehr wenig gegen das,
was wir davon hier nicht wiſſen und nie hier erfah—
ren werden. Wie Fann dag auch anders fiyn? Die
Szenen der Ewigkeit find nicht für Fleiſch und Blut.
Wie fonnen wir deutlichere Begriffe von dem Fünfti-
gen Zuftand Haben und erhalten, der mit dem irdifchen
fo gar nichts gemein hat, und in welchem ſogar die
Art, wie die Begriffe und Empfindungen in ung ents
fiehn, mit den Werkzeugen u, dem Würfungsmittel der
Seele — dem Körper ganzlich aufgehoben werden wird?!
Da die Bibel fih nur in Bildern über die neuen Ver⸗
bindungen und Verhaͤltniſſe, in welche die Frommen
nach ihrem Tode werden verſetzt werden, erklaͤrt, die
aus dem gemeinen Leben hergenommen find, fo koͤnnen
wir nur davon ſchwache Begriffe haben; daher ift
IKor. 13, ı2 u. 10h. 3, 2 Wahrheit.
LKor. 2, 9. 10 Handelt nicht von der ewigen Seligk. unb daß der
Menſch davon hier keine gewiſſe u. zulaͤngliche Kenntniß habe.
Nach dem Zuſammenhang redet bier P, von den uͤber alles
Denken und Erwarten erhabenen Wuͤrkungen der Weisheit u.
Kraft der chriſtl. Lehre, im Gegenſatz gegen die falſche — ſo—
phiſtiſche bei ven Corinthern fo beliebte Weisheit, fo wie Ef.
64, 4 von den Wundern, durch die ſich Gott an dem iuͤdiſchen
Volke ſo ſehr verherrlichte.
Da aber ver Menſch fo gern und mehr dag Zukuůnf⸗
tige, wenn es moͤglich waͤre, zu erfahren ſucht, als
daß er aufs Gegenwaͤrtige und Vergangene hinblickt, —
3
S, i07
Seligken.d. Tode,(mwesh. uns fo wenig dav.befannt?)
da es ſcheint, daß man mit Recht von einer ſo erha⸗
benen und wichtigen Sache, als ewige Gluͤckſeligk. iſt,
naͤhere Entdeckungen verlangen koͤnne: ſo iſt die
Frage:
5) Weshalb wiffen wir fo wenig von der ei>
gentlichen Befhaffenheit des zufünftigen
Lebens, und warum. gab uns Gott feine
mehr entwickelte und Deutlichere Erkennt—
niß davon?
allerdings einer Beantwortung erh Denn es hat
dev Umftand, daß eine Reife in ein Kand, deſſen vor=
treffliche Güter und Vergnuͤgungen uns vollig befannt
find, weit leichter wird, alg wenn man nur dunfle u.
verworrene Vorſtellungen davon erhält, vielen Schein.
Sollte nicht durch eine nähere Kenntniß v. den Freu—
den der Ewigkeit die Muühfeligfeit der ird. Laufbahn
erieichtert werden? Sollte fie nicht alle unfere Sorg—
falt, ia diefelbe zu erreichen, reigen u. beleben? Muͤßte
nicht eine deutliche Vorſtellung ein feliges Vorgefuͤhl
iener Freuden gewähren, und dadurch das here
des Lebens erleichtern und dag Streben nad) Tugend
anfenren? Go feheinber diefe Entſchuldigungen unfes
rer Neugierde find, fo läffee fich doch fihon folgendes
als Urſachen: weshalb uns hier Gott weiſe fo wenig
hat: davon wiffen laſſen, ausmifteln; Denn
1) Wir würden offenbar eine nähere Belehrung v. der
zufunftigen Welt nicht faffen und verftchen Fonnen.
Joh. 3, 12. a) Offenbar bat noch Niemand von der
Hefchaffenheit iener Seligkeit etwas erfahren. Die
Güter und Freuden ienes Lebens ſind ſo beſchaffen,
daß wir davon auf Erden nichts aͤhnliches antreffen.
Selbſt unſer kuͤnftiger Leib wird dem gegenwaͤrtigen
vollig unaͤhnlich ſeyn. Was aber noch Niemanod er—
fahren und nicht geſehen bat, vermag Feiner genau zu
erkennen und vollig zu begreifen. Faßt wohl das
Kind dagienige deutlich, was man ibm zwar erfennen
laffen will, was es aber nie geſehen hat? 4. D. mar
verheiße ihm eine Koͤnigswuͤrde, wird eg wohl dieſelbe
ſchaͤtzen? Wie vermsgen Sterbliche ven Zuſtand der
Unfierblichkeit su fan? ! Ser fann fi einen Deut
lichen Begriff von dem Zufande machen, in welchem
Die Seele ſich ihrer ſelbſt bewußt, ſich (cbend und thaͤ⸗
8. | ©. |
Sel.n.d. Tode, (mesh. uns davon fo wenig entdeckt ift?)
tig findet, ohne mit dem Leibe verbunden zu feyn?
Klare Borfiellungen durch Huͤlfe der Erfahrung v. ans»
gencehmen oder unangenehmen Empfindungen, vom Ber-
gnuͤgen und Schmerz Fann man nur in dem Zuſtande
haben, in dem die Seele mit dem Leibe vereinigt iſt.
In ienem aber iſt die Seele vom Korper getrennt.
Erſt müßte ihre ganze Lage verändert, erft ihre gegene
wärtigen Verhaͤltniſſe mie ganz andern vermechfelt were
den und erſt ganz anders denfen und empfinden ler—
nen, che fie einer vollftändigen Borftelung und einer
vollk. Erkenntniß von iener Gluͤckſeligkeit in einem befr
fern Leben theilbaftig werben Fonnte? Go lange wir
Diefen unvollf. Leib haben u. finnliche, Menſchen find,
find wir nähere Belehrungen über die ze der
Ewigk. nicht zu faffen fähig; II Kor. 12, 3. 4. Rad)
dem furzen Maaßſtabe des Vergnuͤgens, deſſen wir
bier fähig find, laͤßt ſich nicht dag ganze Gluͤck der
zukünftigen Welt meffen. Pur durch ein Wunder der
Allmaͤcht koͤnnte unfere Faffungsfraft erhöht werden,
aber dag ware gegen Gottes Weisheit, indem die Be-
lehrungen Jeſu und der Ap. hierüber hinlaͤnglich und
faßlich ſind, um unſere Beſtimmung fuͤr die ewige Se—
ligkeit zu erreichen. — b) Es iſt auch unſere
Sprache nicht zur Angabe des Naͤhern von
der ewigen Seligkeit geeignet. Gie iſt zur
Darftellung der erhabenen und überirdifchen Gegenft.
iener Welt zu arm und eingefchränft. Die ausgebil-
dete Sprache kann nur finnliche Gegenftände vollfom«
men augdrücen und doch find oft die Ausdruͤcke der
aufgeflärteften Voͤlker unbeflimmt, zweideutig und:
dunkel. Es wuͤrde alfo Yelbft bei einem beftimmten
Unterricht vom fünftigen Leben Verwirrung entfichen,
Unfere Sprache reicht aber gar nicht zu, um innere
Gefühle und höhere Empfindungen der Freuden aus—
zudrücen. Sie gleicht in diefer Hinficht nur dem Lal—⸗
len und Stammeln des Kindes. Die Wörter find
dazu nicht angemeffen. Sehlen ung nicht fihon Aus—
drücke, wenn wir die feierl. Nührung in den Stunden
der Andacht, in melchen man fich über dag Irdiſche
zu Gott empor gehoben fuͤhlt und gleichſam den Him—
mel zum Voraus ſchmeckt, beſchrelben wollen? Bei
feierl. Auftritten in der Natur, bei ruͤhrenden Ereig-
&: 109
Sel.n.d. Tode, (mesh. uns fo wenigdavon entdeckt iſt?)
niffen in dem häuslichen Leben, bei einer unerwartet
äußern glüclihen Wendung unferer Schicfale Elagt
mancher, daß e8 ihm zur Bezeugung feiner Rührung,
f. Empfindung und Freude an Worten mangele. Wie
fonnte uns alfo die Bibel über die Fünftige Seligf.
Licht geben? Wie Fönnte unf. Sprache die reinen u.
ungemifchten Freuden derfelben ausdrücken, die den
—— zu Theil werden wird?!
„Wie aber — wenn ein Seliger aus dem Himmel
„zu uns kaͤme, und eg ung ſagte, wie es im Himmel
„zuginge?! Antw. Welch ein kuͤhnes Verlangen! Wäre
das auch wohl moglich ? Als ein Geiſt duͤrfte er fich doch,
went es auch) möglich wäre, nicht gegen ung ausdruͤ⸗
. den. Würde der ſchwache Menfih ihn verfiehen? Ver—
ſtehen Kinder wohl die Befchreibung, die man ihnen
v. einem ber alle ihre Begriffe gehenden herrl Kunſt⸗
werke macht? Faßt der Erwachſene auch die | Beſchrei⸗
bung der Lebensart eines fremden Landes durch einen
Bewohner deſſelben, wenn er deffen Landesfprache ch
verſteht?!
Bergl. Samml. einiger Canzelvortraͤge von J. ©. Fock, Wien
1791. gr. 8. Pr. 14: „warum uns Gott nicht Er⸗
ſcheinungen ver Verſtorbenen einen Unterr. von der zukuͤnftigen
Welt ertheilt?“
„Ließe uns doch Gott einmal einen Blick in den
Himmel thun!“ Antw. Hieße dag nicht Erde u. Him—
mel mit einander vereinigen? Hat nicht Gott nach ſei—
ner Weish. ‚beide Zuftände ganz von einander abgeſon—
dert? Wie Fann man im Prüfungsleben am Zuſtand
der Vergeltung Theil, nehmen?
2) Es ift fogar eine nähere Belehrung über
die Beſchaffenheit der kuͤnftigen Seligkeit
unnoͤthig; denn a) die Belehrung im n. Teſt. über
dieſelbe iſt ſchon hinlaͤnglich wuͤrkſam, um ung ernſt⸗
lich zur Erfuͤllung unſerer Pflichten willig zu machen.
Nicht auf eine genaue Kenntniß der Belohnung, ſon⸗
dern vielmehr auf eine zuverläßige Gewißheit iener Er-
wartung kommt es an, wenn unfere Tugend befördert
werden foll.
Dafür hat aber Gott hinlaͤnglich geſorgt. So ge
wiß als wir Gott glauben, der wahrhaft iſt, fo gewiß
harrt des Frommen ein ewig feliges Leben. Die Bes
]
110. S.
Sel,n.d. T.(wesh. uns G. fo wenig dav. endet har?)
Ichrungen des n. Teſt. über die Sr, des Himm. ſind
ſo ne: daß fie teden, der fe nur oft — mit
Beachtung lieſt, Muth und Entfchloffenh. geben, alle
unreine —— zu unterdrücken, ieden Sünden:
reitz zu beſiegen, und ſeine Lieblingsneigung, falls auch
das v. der Rel. verlangte Opfer ſchwer iſt, zu zuͤgeln.
Dazu find ſchon blos die Vorſtellungen Gal. 6,7 und
9, oder unfer Fünftiges Schieffal wird genau unferm
Eroebetragen eingerichtet werden, Dffend. 14, 13 am
Ende: Jeſus wird ung richten und die $rommen für
die Seinigen erflären? IKor. 5, 10; Matth. 25, 345
Dffenb. er 10 hinlaͤnglich. Wer diefe — 5
erhebende Religi onserklaͤrungen gehörig beachtet, Faun
der Suͤnde entſagen, und um den Preiß einer ewigen
Seligkeit die eitlen Freuden Furzer Augenblicke aufge
ben. Gefchiehe das nicht, fo würde er als ein Ver—
blendeter auch dann ein Sklave feiner Lüfte bleiben,
falls ihm auch die Emigfeit näher beſchrieben worden
wäre. Haben fie Mofen ꝛc. Luc. 16, 29. Es foll ia
ienes felige Leben von Erdenübeln frei feyn, e8 fol in
demfelben unfere Erf. vollffändiger und deutlicher wers
den, es fol dann ieder gute Ged., iede gute Geſin—
nung, tede rechtfchaffene Handl. belohne werdet. Es
folfen dann die reinften und edelfien Freuden keinem
Wechfel, Feiner Stoͤrung und feinem Ende ausgeſetzt
feyn. Soldye Vorzüge find im Stande ung zum feuts
rigften Streben zu erwecken und ung mit der ftärfften
Kraft zu einer fo vorzüglichen Glückfeligfeit empor zu
heben. — b) Zu unferer Beruhigung in Leiden, zur
Aufrichtung im Mißgeſchick auf E. willen wir aud)
binlanglich von jenem ewig ſeligen Leben. Die heil.
Schrift laͤßt uns in Widerwaͤrtigkk. von denſelben weg
auf ienen ſeligen Zuſtand blicken. Die Ausſichten auf
den Himmel, die uns die Lehre Jeſu bei der Einbuſſe
unſ. — bei Aengſtlichkeit und Schmerzen, die
mit ſchweren Krankheiten verbunden ſind, beim Abſter—
ben der Unſrigen 1. ſ. w. gewährt, find ſelbſt mitten
im Gedraͤnge des Elendes u. Dann, wenn aller menfch-
liche Troft uns nicht beruhigen Fann, wenn man mirth>»
und hofnungslos zu werden im Begriff If, Im Stande,
Diefe Leiden und Schmerzen weniger fühlen zu laffen,
S ©. 111
Sel.n.d.T., (wesh. uns ©. ſo wenig dav. hat wiſſ. laſſ.?)
Nom. 8, 18; Phil. 3, 21; Offenb. 21, 4; 1Theſſ. 4,
— HRor: 417: |
3) Eine mehr oausführlihe Belehrung
über — — f. würde foger für ung fehädlih und
von mehrern Seiten ber nachtheilig feyn? a) Wäre
der Vorhang meggezogen, der dag Heligthum dig
Himmels verfchliegt, fo würde dag Leben für den inte
mer bier finnlich bleibenden Menſchen viel von feinem
Süßen u. — verlieren, oder den Lebensgenuß vers
mindern und unfere irdifchen Freuden verbittern. So—
bald als iemand ein großeres Gut vor fih fieht, als
das iſt, was er fchon hat, fobald verliert es fafl ganz
in feinen Augen den Werth. Wer fein größeres Gluͤck
bier auf Erden erwarten Fann, als die nur im Gatte
zen etwas vortheilbafte Lage und feinen mäßigen Güter»
befig, ift damit vollig zufrieden und genießt fein Glück
mit der beiterften Dankbarkeit. Run gibt Gott ung
bier eine fo große Menge irdifcher Freuden, mit wel—
chen er unfere irdifihe Laufbahn wie mit Blumen bes
ftreut und verfchönert hat, 3. B. die Freuden ver Stil»
lung unferer nafürlichen Bedürfniffe, des Lebens, deg
froben Selbſtgefuͤhls, der blühenden Gefundheit, deg
- ungehinderten Gebrauchs feiner Kräfte, der Betr. der
fchonen Natur, der Annehmlichfeiten des häuslichen
Lebens, der Erf., der Gelehrfamf., des Wohlthung, der
Zugend und Erbauung, der Sreundfch., der ehel. Kies
be, der Kinder und Elternfreuden u. a. m. Diefe fols
len wir mit dankbar frohbem Herzen genießen; Feiner
fol fie fich durch ungeitigen Gram verbittern. Das
iſt der Wille Gottes. Wurde dieß aber nicht durch
eine voͤllige Augmahlung aller unferer fünftigen Gluͤck—
ſeligkeit vereitelt werden? Nur ein einziger Anblic
der höhern Freuden iener Welt, und e8 wäre ieder
Freudegenuß für diefes Leben dahin! Die großten iegt
uns ſehr willfommenen Wohlthaten Gottes würden
dann ung nur anecfeln, weil fie nicht dag wären, was
wir fhon von den Seligfeiten ienes Lebens geſehen
hätten. Tode wäre und die ganze Natur mit allen
Ihren herrlichen Reigen. Wir würden ung hinausſeh—
nen. aus diefer fo armen Welt. Wir würden an al-
lem, was darin vorgeht, Feinen Antheil nehmen, und
‚über das Sehnen u. Streben nach einem beffern Lande
112 ©. |
©.n.d.%.,(wesh. unsG.v. der — — fo wenigentd. har?)
für das gegenwärtige Leben ung nur unbrauchbar ma—
chen. Gtatt die Gaben des Allliebenden zu genießen,
würden wir ung in Betrachtungen der ietzt ung uner-
reichbaren Güter verlieren und dadurch gegen irdifche
Sreuden unempfindlich werden. Gie würden dann zu
ſchwach ung reisen. ‚Die Gehnfucht nach ienen bei:
fern — emwigdauernden Freuden würde dann fo groß
werden, daß wir alle Erdenfreuden als eitel u. nichts;
würdig verachteten. Welcher Undanf gegen Gott wä-
re das! Weife hat alfo Gott ung Sterbl. die Aus«
ficht in das Funftige Leben verfperret, damit wir dag
gegenwärtige recht genießen mochten. : Hier find z. 2.
die Freuden der Sreundfchaft groß, fie würden aber
durch die Bemerfungen von der Unvollk. eines Sreuns
des getruͤbt werden, falls wir — —. Darüber wuͤr—
den wir e8 ganz aufgeben, ale Freundſchaft zu flif-
ten, falls wir die große Vollk. der himml. Sreundfch.
und den ungefisrten Genuß näher fennten. Segt aber,
da wir nicht wiffen, ob wir nach) dem Tode das wies
der finden werden, und dag abermals. genießen fon-
nen, was fich bier zum Genuß ung darbietet, nehmen
wir froh Vergnügungen — Erleichterungen und Ver—
füßungen des Lebens an, fo fern fie erlaube find u.
überlaffen e8 Gott, was er einft für andere Freuden
ung geben werde. Weiſe und gütig war’g demnach,
daß Gott ung die Freuden jener Welt im Dunkeln nur
zeigte. | | |
b) Wären fie ung deutlicher u. naher. befchrieben wor—
den, fo würden ung des Lebens Leiden und Eaften viel
drückender, ia unerträglich fallen. Zwar erleichtert
die Vorausſicht einer glücklichen Abänderung dag Un-
angenehme im gegenwärtigen Zuftande u. die Befchwerden
befielben. Srobe Augfichten geben Muth u. Kraft, um
das Mißgeſchick ſtandhaft zu ertragen. Aber ganz
genau duͤrfen wir die kuͤnftige Umaͤnderung nach allen
ihren trefflichen Vorzuͤgen nicht kennen. Genau duͤr—
fen wir nicht ſchon zum Voraus die gegenwaͤrtige La—
ge mit der folgenden zu vergleichen faͤhig ſeyn. Denn
fo bald ſich der Geiſt das kommende Gluͤck nach feiner
ganzen Größe vorſtellt und zu ſehr daſſelbe mit feiner
uünvollk. gegenwärtigen Lage vergleicht, fo fühle er
fein gegenmwärtiges Elend nur deſto mehr und aaa F
| f
©. 113.
Sel.n.d.2., (wesh. uns G. v. der — — fd wenigtc.?)
Es waͤchſt um fo mehr feine Unzufriedenheit mie feis
nem ietzigen Zuftande, ie mehr er jich nach einem befz
feren, well er denfelben kennt, ſehnt. Je beftimmter
wir wiffen, daß ein Leiden in Gluck ſich auflöfen wers
de, defto ftärker fühlen wir es, fo lange e8 anhält. —
Wir würden, falls wir mehr von — — müßten, bei
den vielartigen Leiden diefer Erdenfage zur Ungeduld
und zum völligen Ueberdruß verfucht werden, es früs
her zu verlaffen, als die ung von Gott geſetzte Stunde
Schläge. Man wuͤrde wenigftens die Erhaltung des
Lebens gering fihägen. Saͤhe man den Himmel in
feinen Sr. fo nahe, fo wuͤrde man feines Aufenthalts
auf der Erde als mie einer Einfperrung überdrüßig
werden. So aber, da die Herrlich!. ienes Lebens ung
nicht genau befannt ift, find wir auch in dem Lande
der Unvollk. und bei unfern Erdenfreuden zufrieden,
und tröften ung, daß unfere Leiden auf Erden nicht
ewig dauern, und daß wir einft beffere Freuden algıc.
genießen werden. Kennten wir iene Fr. ganz fo mie
fie find, fo würden wir gewiß fo fehr ung darnach
ſehnen, daß ung dag ietzige Leben zumider würde —
c) Bei einem näheren Auffchluß über — — mürden
die M. leicht abgeneige zu nüßlichen Befchäftigungen
und unthätig werden. Hier lebe der M. deshalb, daf
er durch unermüdeten Fleiß, Arbeit u. f. w., durch
fandh. Ueberwindung fo vieler Hinderniffe u. Abwen—
dung der Gefahren fih und die Seinigen möglichft be—
glücken fol. Gott wies uns bier zu unferer Uebung
Geſchaͤfte an. Sähen wir aber ſchon hier hinter den
Borhang, fo würden alfe irdifche Gegenflände ung alg
eitel und thoricht vorfommen und ale Gefchäfte deg
Lebens wuͤrden in Stockung gerathen. Denn, wären
ung alle fünftige Geligfeiten enthälft, fo würden alle
irdifchen Angelegenheiten fihon beim erften Augenblicke
ung verächtlich erfcheinen, wir wärden unferer Befchäfe
tigungen überdrüßig werden, und ung vor der Zeit
nach) ienen beffern Wuͤrkungskr. fehnen. Alle Arbeiten
und Künfte, die hier die M. und zc. in Drdn. erbal-
ten, und zum gefellfchaftl. Gluͤck beitragen, wuͤrden
dran gegeben werden. Man würde mit feinen Berufs
pfiichten auch für die Seinigen zu forgen verfäumen,
fih in müßige Betrachtet. und unnuͤtzes Grübeln über
Cohriſtl. Gi Lehre f,d. Canzelgebr. 3 Th.
2
114 S.
Selen d. Sn, (wesh. uns G. fo wenig dav. entd. har?)
himml. Gegenftände verlieren, und ſich nur den liebt.
* Vorempfindungen ienes Lebens überlaffen. Keiner
würde das gemeine Beſte befdrdern. Gelbft die Pfie-
‚ge des Körpers und der Gefundheit würde verſaͤumt
werden. Es würden ung auch die Arbeiten zu ſehr v.
ihrer laͤſtigen Geite erfcheinen. Welche Unordnungen,
welche Berwirrungen wurden daraug entfiehen? Wirde
die Welt wohl lange dabei beftchen Fonnen? Wenn
der Landmann auch nur fo viel von feinem Aderbau
erhält, alg er mie den Ceinigen zur — — bedarf, fo
» läßt er fih doch Feine Mühe verdrießen, und die bes
fchwerlichfie Arbeit wird ihm nicht zu fauer. inter
der Befriedigung feiner Beduͤrfniſſe, unter den Er—⸗
quickungen der Ruhe am Sonntage 2c. vergißt er des
Lebens Bürde und beſtellt — wenn er auch gleich nach
5 bis 6 Monaten gar nicht gewiß der beften Aerndte
‚entgegen fehen kann, dennoch underdroffen feine Sels
der. Wuͤßte er aber, daß fie auch bei einer fchlechten
Beſtellung reichlich tragen würden, fo würde er unthä-
© tig merden, zu ungeduldig fich nach der kuͤnftigen ers
!
gicbigen Aerndte fehnen, darauf loszehren u. f. w.
Eben fo würden es Chriften machen, falls ihnen Gott
näher den Himmel entdeckt hätte. Weife ‚perbarg ung
alſo Gott die vollige Einficht von den Freuden. def
felben.
d) Bei einer nähern Befanntfchaft der Freuden des
Himmels würde ernftliches Streben nad NHerzensbil-
dung und Tugend hbinwegfallen, oder fie würde doch
demſelben fehr hinderlich werden.
„Eine genauere Erf. von — — Mmürde doch, follte
„ic meinen, zum eifrigen Streben nach Tugend an-
‚treiben, und die zu große Anhänglichkeit an irdifche
„Dinge, die bier unfer Herz verderben, mäßigen. Wir
„würden ung mehr zum Genuß iener Seligk. vorbe⸗
‚reiten, alfo weifer, gemäßigter und frommer wer⸗
den.“
Antw. a) Du irrſt. Auf E. if freilich die Vor—⸗
bereitungsz. zur — —, bier bie Schule, in welcher
wir iene größere Weish. und Tugend erlernen — und
wo fih unfere Faͤhigkeiten und Kräfte mehr entwickeln
follen. Hier follen wir zu einem höhern Gluck erzo—
gen werden. Soll das aber ſtatt finden, fo mußten
—
© “ 115
* n d. T., (wesh. uns ©. fo wenig dav.entd. hat?)
Hinderniſſe und Schwierigkeiten eintreten. Der Tug.
wird zwar eine reichliche Verge ung verheiffen, aber
dieſe Berheiffungen werden noch vor der Hand ‚ws
“Dunkle und in der Ferne geftellt. Zivifchen den Nei-
gen der ird. Vergnuͤgungen und zwifchen den Ausfich-
"ten «einer undergänglichen Gluͤckſeligkeit mußte ein
Kampf ſtatt finden, damit unſere Seele in allerlei Tu—
genden geuͤbt und geſtaͤrkt wuͤrde. Um uns nun dazu
zu ermuntern und in unſerm Bemuͤhen gu ſtaͤrken,
mußte uns ienes Leben verheißen, aber nicht davon
unſerer Neugierde ein erſtaunendes Schauſpiel gegeben
werden. Bei einer naͤheren Erk. davon wuͤrde kein
| Verlangen nach dem befferen Seyn in ung erweckt wer—
den. Dürfen wir wohl auch gegen das Leben gleich»
gültig ‚werden, in dem wir ung für jenes bilden
folen? ꝰ
a Der Zweck der chriſtl. Rel. iſt offenbar,
Her Sinnlichk. des M. entgegen zu arbei—
ten, ihn zum Nachdenken — zur Erhebung ſeiner
Seele vom Sinnlichen zum Geiſtigen, vom Sichtbaren
zum —— zur Veredel. feiner ſelbſt zu gewoͤhnen. Der
Chriſt ſoll ſich die irdiſchen Freuden vergeiſtigen und
veredeln. Haͤtte uns Gott die Freuden der kuͤnftigen
Seligk. näher aufgedeckt, fo wuͤrde er unſerer Sinn—
lichkeit mehr Nahrung gegeben haben. Wir wuͤrden
mit ganzer Seele an iedem Wink hangen, der uns da—
von gegeben worden. Wir vergaͤßen dann alle hoͤhere
und geiſtige Freuden, uͤberließen uns ganz den ſinnl.
Vorſtellungen, und bekuͤmmerten uns nicht um die
Ausbildung unſerer geiſtigen Kraͤfte zum Genuſſe hoͤ—
herer Freuden. Wir hielten den Genuß ſinnl. Freu—
den für unſere hoͤchſte Gluͤckſeligkeit, den Kindern gleich,
die ihr Spielzeng und ihre Spielt weit mehr alg die
doch weit edleren Sreuden des Mannes lieben. Es
würden alfo alfe höhere Triebe unterdruͤckt und die M.
den Thieren ahnlich werden.
©) Unfere Tugend foll edel ſeyn, d. h. auch
aus reinen Beweggruͤnden herruͤhren. Man
ſoll fie Kay wegen irdifcher, in Die Sinne fallender
Vortheile als ein niederer Soͤldiing, ſondern vorzůg⸗
lich aus Liebe zu Gott und Jeſu, aus Achtung fuͤr
Wahrheit, Ordnung und pniär, aus redl. BEN ich
H 2
116 | =:
Sel. n. d. T., (mesh. uns G. ſo wenig dav, entd. hat?)
geiſtig zu vervollkommnen, aus herrſchender Zuneigung
zur Wahrh., aus Liebe, ein gutes Hewiſſen u erhal⸗
ten und zu behalten, lieben und uͤben. Haͤtten wir
aber ienes — nach dem ganzen Umfange eingefehenes
‚Leben vor Augen, fo würden wir blos nad) ihrer Bor»
züglichfeit und Große unfere Tugend einrichten. Aber
bei der Unbeſtimmtheit des Fünftig zu erhaltenden
Gluͤcks kann unfere Tugend rein bleiben. Der ächte
Chriſt fragt nicht bei ieder guten Handlung: mag
wird mir dafür? Es genügt ihm, daß Gott nach feis
ner Verheißung alles Gute aus Liebe belohnen werde.
Diefe große Verheißung ift ihm ſchon eine hinlängl.
Ermunterung zum Eifer, zum Muth, im Kampfe ff.
Dei näherer Entderfung von der — — wuͤrden wir
immer bei der Größe ımd Borzüglichkeit Diefer Beloh⸗
nungen verweilen. Alle edlere Beweggruͤnde wuͤrden
nicht auf uns wuͤrlen und nur in ſo fern wuͤrden ih—
re Reitze uns zur Tugend antreiben, als ſie unſere Be⸗
gierden erregten.
d) Da wir bei der Unbeſtimmtheit iener Gluͤckſeligkeit
nicht wiſſen: wie ſich eigentlich unſere Tugenden zu
unſerer kuͤnftigen Seligkeit verhalten? was fuͤr einen
Einfluß dieſe oder iene gute Thaten auf unfere zukuͤnf⸗
tige Freuden haben werden und haben fönnen; fo ift
nichts vernünftiger, als alle Pflichten eifrig und ftand-
haft zu erfüllen. Denn es ift ung unbefannt, was
jeder Gehorfam für einen Einfluß auf unfere fünftige
Seligfeit haben, mie fehr die Erf. einer Forderung
Gottes, deren Urfache wir hier nicht einfehen, unfere
Geligfeit erhöhen, und wie fehr ihre Nichterfüllung
Diefelbe vermindern fann. Alſo iene Unbefanntfchaft
von — — ift im Stande unfer Streben nad) Tugend
zu verftärfen.
e) Nicht wahr — ein Glück, welches wir ganz überfes
hen können, — Freuden, die nichts Unerwartetes für
uns haben, reisen ung weniger, als Erwartungen, von
welchen wir zwar Die größte Hofnung haben, von wel
chen wir uns zwar dag vollfommenfte Vergnügen vers
fprechen, die ung aber über ihre Befchaffenheit u. dag
Vorzügliche der Freuden in Ungewißheit laffen. Oft
wird ein Glück in der Erwartung beffer, als im Beſitz
und Genuß es iſt. Daſſelbe iſt der Fall mit der kuͤnf—
©. | 117
Sel.n.d. T., (wesh. uns G. ſo wenig dav. entd. hat?)
tigen Seligkeit. Wäre fie ung näher befannt gemacht
worden, fo würde fie unfer Streben nach Tugend,
durch die wir fie ung erringen, ‚weniger reißen. Saͤhe
der Knabe vorher, was in der Zukunft fuͤr ein großes
Gluͤck auf ihn warte, fo würde er gewiß ſich nicht bil-
den, um ein großer und guter Mann und dadurch
glücklich zu werden.
f) Dei einer vollig — und ausführt. Erfenntniß
von — — wuͤrde die entzuͤckende Sreude ber
Ueberrafhung für ung einſt wegfallen, die gewiß
ein wichtiges Gluͤck unſerer kuͤnftigen Seligkeit ſeyn
wird, wenn unſer Geiſt die Bande des Koͤrpers zer—
bricht, und ſich zum Himmel aufſchwingt.
4) Die Unbekanntſchaft mit dem ganzen Um—
fange des — — iſt nuͤtzlich. Denn dadurch
fernen wir glauben (IIKor. 5, 7; Nom. 8, 24. 25),
hoffen, und das edelfie Vertrauen auf Goft und
feine. Verheiſſungen ſetzen. Unſere Freuden werden
auch groͤßer werden, wenn ſie alle unſere Erwartt. u.
Vorſtellungen weit uͤbertreffen werden.
5) Es waͤre uͤberfluͤßig, wenn ung bier Goft
mehr von — — hätte mwiffen laffen. Das
Hanptfächlichite und fo viel, als wir zur Aufmunte-
rung und Verſtaͤrkung unſerer Tugend — zur Beruhi—
gung in Leiden beduͤrfen, wiſſen wir. So viel iſt uns
von — — mit Zuberlaͤßigkeit bekannt, als wir in Dies
ſem Stande der Pruͤfung gebrauchen koͤnnen, genug,
um uns vor den Verfuͤhrungen der Suͤnde warnen
zu laſſen, genug, um uns zum ſtandhaften Eifer im
Guten zu ermuntern, und um einft froh flerben zu
- fonnen. Die bibl. Belehrung über — — ift vollig
befriedigend für den, der feiner Beſtimmung — ſeiner
Wuͤrde gewiß es weiß, daß die ſiunl. Freuden nad)
dem Genuß eine gewiſſe Leere in der Seen zuruͤcklaſſen
und wie Dagegen die höhern Vergnuͤgungen des Gei—
fies de8 Frommen ewigen Genuß gewähren. Daß die
Froͤmmigkeit auch die Verheiſſungen des zukünftigen
Lebens habe, iſt ſchon dem aͤcht tugendhaften hinlaͤng—
lich, um mit Muth und heiterer Seele unverdroſſen
den ſchmalen Pfad der Tugend zu wandeln. Der
nächtl. Wanderer zagt nicht wegen der Nacht, denn
er hofft bald die enthuͤllte Dunfelheit zu fihauen und
aaa —— — —
118 S.
Sec n. d. Te, (wesh. uns G. ſo wenig dav. entd. hat?)
nach der Morgendaͤmmerung die Sonne aufgehen zu
ſehen. Er geht deswegen unverzagt fort. Wir wiſſen
fo viel von — —, als noͤthig iſt, um nicht von ird.
Freuden vergiftet und nicht von den Erdenleiden ge⸗
plagt zu werden.
Man halte fih nur danfbar an bie wenigen Auf⸗
ſchluͤſſe der chriſtl. Rel. uͤber die Beſchaffenh. der kuͤnf⸗
tigen Seligkeit als an einzelne durchbrechende Strah—
len, fo lange wir bier noch in der Dunkelheit wallen,
bis auf die Morgendammerung des beffern Lebeng, die
Jeſus als Graberheller heranfführee, die hellefte —
alles umber den Himmel verbergende, Gewslfvers
treibende Aufklärung eintritt *). Man’ flarfe fich
dadurch) zum ruhigen Ausharren, Man wage e8 nicht,
wie e8 leider fo viele es thaten, durch feine Einbil-
dungsfraft tiefer in dag, was Gott ung verborgen
bat, einzudringen und darüber nur zu fraumen, um
nicht darüber die wahre Beruhigung der Deutlichen
Wahrheit zu verlieren, und dagegen in Irrthum zu
verfallen. RE Kr year
Mon verat. Dr. 8. F. Neinhard’s 1798 gehaltene Predd. ir B.
Sulzb. 1799. Nr. 5. ©. 85:99: „vom Vorſchmack des Him⸗
meils und einer beſſern Welt” uber Luc. 2, 22732; Sin-⸗
teni’s 2te Poflille, ar Th. Zerbſt 1800. gr. 8. ©, 1172124.
„Augenblicke der Vorempfindung iener Welt,‘ über Roͤm. 8,
2455. Stoſch Preis. und and. dirifil, Betr. zr Band, oder
Andachten in Predd. 1800, Hr. 8. ©, 257:209: „Borgenuß
des Himmels auf Erden.”
©. Goldammer Betrachtr. üb. d. zuk. Leben, Lpz. 1791. ©,
127:162: „warum ER un? fo —— von der eigentlichen
Veſchaffenh. des zuk. Leber 75791 J. W. © Wolfs Auszz.
aus feinen Predd. über tie Ev. ır Jahre, ©, 119:122: „Über
die unvollk. Erk., die wir über die Beſchaffenh. des zuk. Les
bens haben;” 3. Sobn?’s Predigtentww. über die S. und
Seftt.:Ev. 4r Jahrg. 1800. ©. 197200. „Barum bat uns
Gott nicht mehr von ver Befchaffenheit des Himmels geoffenz
bart?'5 Dr, E. F. Ockel's Palingenefie des M. 1795. 4.
©. 364379: „warum uns Gott nicht eine dentlichere und
gewilfere Erf. ter Zukunft und befonders ienes Finftigen Les
benszuft. vergnunt habe 2"; Allg. homil. Magaz. Über die Ev,
— — — —— — — — — —
*) Dann werd ich Das im Licht erkennen, was bier mein
Auge 10. Sellert.
”) Wolfrath's Ausfihten Ar, IM,
S. 119
Seligk. n. d. Tode, (über die Vortraͤgev. der — —).
u. Epiſt. 1x B. 23 St. Hildburgh. 1796. ar. 8. — am 2ʒſten
©. n. Tr. von Campe: „warum wiſſen wir fo wenig und
nicht mehr vom ewigen Leben?’ 1) Die hellen Strabien vom
Lichte ienfeit des Grabes Fünnten den Ueberdruß des Lebens zu
groß — 2) den Scenuß deſſelben zu ſparſam — 3) die Gehns
Sucht nad) der groͤßern Vollk. zu geſpannt, und das Gemuͤth
durch die Begeifierung der Betrachtung darüber für die Erde
zu unthaͤtig machen; Religivnsvorträge nach den Örundf.
de3 Chriftenth. Lyz. 1802. 3. Nr. 3. „warum uns Gott von
der Beſchaffenh. des zuk. Lebens nicht mehr geoffenb. habe ?“
uͤber Luc. 24, 13:35 am zn Oſtertage.
€) (. ©. 107) Was twiffen wir denn RR Ge⸗
wißheit von der zukuͤnft. Seligkeit?
1) So ſehr man ehehin zu haͤufig über dieß Thema predigte u. da—
durch recht zu rühren ſuchte, fo dürfen iedoch nicht ganze Vor⸗
träge hieruͤber wegfallen. Denn da wir uns hier zur zukünfz
tigen Gluͤckſeligkeit vorbilden ſollen, fo muͤſſen wir deshalb, fo
weit wie es uns möglich iſt, dieſelbe kennen zu lernen ſuchen,
am ſchon unſern Geiſt fo zu ſtinmen, als es noͤthig iſt, um
derſelben empfaͤnglich und wuͤrdig zu werden.
2) Rel.⸗Lehrer muͤſſen in ihren Vortraͤgen keine Vorſtellungen von
einem Muhamedaniſchen Himmel mittheilen, d. h. nicht die
Seligk. im Genuß vor koͤrperl. — ird. Vergnuͤgungen, ird.
Beſchaͤftigungen, u. ſ. w. ſetzen, und die Seligk. als ein Wan—
deln in einem ſchoͤnen Luſtgarten (wozu das Wort Paradieß
verleitete), in einer Fortdauer deſſen, was bier dem ſinnl. M.
fein höchftes Sut ift, fey es — — oder — — befchreiben; denn
Luc. 20, 35, Gie vürfen Feine ſinnlich reisende Schilderungen
einmifchen, wenn es gleich richtia ift, daß ſolche Vorſtellungen
‚am liebften vom Volke gehört werten. Sie muͤſſen es mehr
mals ernftlich jagen: daB der Menſch dort nur das aͤrndten
werde, was er bier gefäct hat, ans Daß teder Fromme
feinen Himmel in feinem Bewußtſeyn und
feinen Sefinnungen ſchon hier aus der Welt
mitnehbme. 3u ſehr ift ser M. geneigt und eitel genug,
fi) die Zukunft nach feiner Einbildungskraft angenehm und
reitzend zu ſchaffen. Daher muß man oft gegen dieſe Spiele—
reien reden. Die Vorſtellungen des großen Haufens find auch
oft an ſich zu ſinnlich und undeutlich; durch ſinnl. Beſchrei—
bungen Bon der Ewigk. werden ſolche nur noch mehr befeſtigt.
Bei unrichtigen oder undeutlichen Begriffen faͤllt die heilſamſte
Betrachtung ver E, weg. Zu Weit getriebene Vermuthungen,
v. b. Traͤumereien z. B. über den Auſenthaltt der Seligen,
über tie verſchiedenen Arien ihres Senuſſes, über ihre Verbins
dungen, mannichfaltige Gefchäfte u. f. w. überiaffe man ven
Dichtern und — Schwaͤrmern. Es if — fo. wenig wir aud)
vom Süd des Himmels wiſſen, ſchon das genug, daß wir wilz
120 ©.
Se. n.d. Tode, Worſichtigk. beiden Vorte.v. —*
fen: daß des Frommen Geele in den Händen Got⸗—
tesift, u. daß es ihrin diefen väterliden Haͤn⸗
den nicht anders als wohlgehen koͤnne, wie fehr
aud) dieß Wohlfeyn von unfern iesigen Erwartungen verfchles
den feyn mag, Weish. 3, I. (Iſte Hälfte). Ein Eörperlicher
Freudengenuß findet in der Ewigk. nicht ftatt, und im Himmel
wird Eeine finn!. Pracht herrſchen. Die Freunden der Sinne
dürfen wir nicht in den Begriff ver Ewigk. mit einmifchen,
Durd) zu finnlich reigende Schilderungen vom Himmel Eonnen
Drediger auch leicht Zum Lebensuͤberdruß Anlaß geben, Sie
muͤſſen alfo verhuͤten, daB ſich in ihre Vorträge nichts miſche,
was mit dem, Woran ein reiner moralifher Ginn allein
Freude Haben — worin er allein feine Seligkeit juchen fol,
ſtreitet. a —
9 Religionslehrer muͤſſen bei ihren Vortraͤgen uͤber die kuͤnftige © Se:
_ tigkeit ihre Zuhörer wohl unterfcheiten, Wenn für die, die
bier ihe hoͤchſtes Gut in der Wermehrung ihrer Einfi ten und
in ver Erforfhung der Wahrheit finden, der Gedanke: dort
werden wir das lernen, was uns hier die größten und ſcharf⸗
finnigften Denfer nicht beantworten Eonnten, vorzutragen ift,
fo wird diefes denienigen nicht gefagt werden müflen, die als
Ungebildere dad Vortreffliche diefer Sache nicht einfehen, Ih⸗
nen wird es erfreuender ſeyn, zu hoͤren, daß ſie dort nicht
mehr irdiſche — muͤhevolle Arbeiten verrichten und die Leiden
des Erdelebens nicht mehr fühlen werden, Dem, der hier
wahre Sreunde hat, ift dev Öedanke: „Dort werde ich fie wies
derfinden die Lieben, die ich Hier durch den Tod verlor,“ am
intereffanteften u. ſ. w.
4a) Es iſt nicht zu billigen, wenn in allen Predigten die ewige Se:
ligkeit des einzige und immer wiederholte Beweggrund ifi.
un) Sm Allgemeinen ift es zuverlaͤſſig ge⸗
wiß:
1) Jener Zuſtand des Frommen nach dem Tode wird
ungleich beſſer ſeyn, als es ihm hienieden geht? Es
wird in ieder Hinſicht der gluͤcklichſte Zuſtand ſeyn, ſo
weit als ein Menſch deſſelben faͤhig ſeyn wird. Die
kuͤnftige Seligk. wird alles uͤbertreffen,
was wir bier in unſerm Kinderſtande von
Gluͤckſeligk. fennen. Gie wird eine Verſetzung
de8 Frommen in eine folche Lage feyn, die vollig für
ihn nach feiner neuen Beſtimmung paßt, und ihm an-
gemeften iſt. Die Glückfeligfeit wird von
der Art fenn, daß alle irdifhe nicht damit
©. 121
Sel.n.d. Tode, (worin wird fie im Allg. beftehen ?)
verglichen werden fann *), Sie wird alle
unfere ießige Vorftellungen davon unend—
lich übertreffen. Sie wird eine ſehr gro—
Be — ewige Belohnung für feinen Ölau-
ben— feine Zug., f. Aufopferung in diefem
Leben feyn, u. alles das in fich faffen, was
guten — edlen Geelen erhaben — wün-
ſchens werth — erfreulich und entzuͤckend
ſeyn, u. ſie mit den ſchoͤnſten — erquickend—
ſten Hofnungen erfuͤllen wird. Sie wird
unausſprechliche große Freuden gewaͤhren
u. der Inbegriff alles moͤglichen Guten u.
Schoͤnen ſeyn. Alles das Liebliche und Herrliche,
welches wir in der Natur u. den verſchoͤnernden Kuͤn⸗
ſten der M. antreffen, iſt nur ein Schatten von dem,
was Gott ſittlich guten Menſchen im Himmel gewaͤh—
ren wird. Das, wodurch uns allein oder bei Andern
wohl ums Herz wird, iſt nur ein Anfang iener himml.
Vergnuͤgungen. Was hier dem Auge ſchoͤn erſcheint,
was hier dem Ohr lieblich toͤnt, was den Umgang rei—
zend macht, was den Geiſt belehrt und bildet, was
die Liebe und Freundſchaft angenehmes hat u. gibt —
das alles wird dort geiſtig — im hoͤhern Maaß
dem Rechtſch. gewährt werden. Seligkei—
ten, die man hier ſich nicht denken, — nicht
empfinden kann, wird derſelbe genießen.
Ganz wird ſich ihm — nach ſeiner unerſchoͤpfl.
Liebe offenbaren.
Daß die kuͤnftige Seligk. außerordentlich
groß ſeyn werde, folgt aus folgenden
Gruͤnden:
a) Die Mittel muͤſſen doch mit dem Endzweck in Ver—⸗
haͤltniß ftehen. Gott ſchuf uns, u, ſucht uns durch Je—
ſus Chriſtus zu beſſern und zu erloͤſen. Welche große
Mittel — welche erpubene Anftalten, um Gottes Werf
zu vollenden!
*) &ie wich fih zu ber höchften irdiſchen Gluͤckſeligk. grade
fo verhalten, wie das männliche Alter zum kindlichen,
I Sor. „un 2 EEE | —
122 ©.
Seligk. n. d. Tode, (fie wird außerord; groß feyn.)
b) Gott iſt ia allliebend, allmächtig und allweiſe, er iſt
alſo an Macht, Willen und Mitteln unbeſchraͤnkt, um
ſeine Lieblinge zu begluͤcken. Von dem Gott, der die
Liebe ſelbſt iſt, der am Wohlthun feine Freude und im
Freudemachen durch die Mittheilung ſeiner Güter eis
nen Theil feiner eigenen Seligkeit findet, laͤßt ſich alles
erwarten. —
eo) Bon dem, was wir ſchon hier erfahren und von
dem, was wir fchon hier von der kuͤnftigen Seligkeit
wiſſen, laͤßt ſich auf das ſchließen, was wir von
Gottes Guͤte einſt erfahren u. erkennen werden, wenn
wir gleich hier e8 noch nicht wiffen. Hier gibt uns
Gott ſchon unüberfehliche Broben von. Huld und die
vorzuͤglichſten Verheiſſungen von weit größeren Seg⸗
nungen in iener Welt, wie vollends guͤtig wird
er — —, wird er nicht als der Wahrhaftige Wort
halten?
d) Der Menſch ift erftaunlicher Freuden. faͤhig. Der
Schluß iſt richtig: fo groß und mannichfaltig die Faͤ⸗
higkeit eines Geſchoͤpfs ift, felig zu feyn, fo groß und
mannichfaltig wird einft feine Geligfeit werden. Den
Gott fann nicht den Gefchspfen Empfänglichfeit zu et—
was geben, ohne die Abficht zu haben, ihnen einmal
das felbft zu geben, zu deſſen Senuffen er fie fähig ge—
macht hat. Wird nicht fogar durch den vollfommme-
ren Leib, welchen der Menfch in der Auferftehung ers
halten fol, diefe Empfänglichfeit noch großer werden?
e) Es folgt aus IlCor. 4, 17; Nom. 8, 18 und aug
den Bildern, unter welchen die Bibel die Seligfeit be-
fchreibt. Sie bat folche von den erfreulichften — an—⸗
iger Sachen, die man nur auf Erden Fennt, 5.
. von dem Gaftmel, vom Schaͤtze, ©. einer reichen
Ciofehaft, v. Ruhe, v. Eingehen in die Heimath, von.
einem Siege nach dem Streit u. f. w. entlehne. Es
folgt auch aus den 8 Stüden, die ung v. ber kuͤnft.
Seligkeit bekannt ſind.
BB) So groß aber auch unſere kuͤnftige Seligkeit ſeyn
wird, ſo wird ſie iedoch auch mit der Endlichk. und
Eingeſchraͤnktheit unſeres Geiſtes uͤbereinſtimmen und
feine ungemiſchte Seligkeit ſeyn, z. B. gaͤnz⸗
lich wird unſere Erkenntniß nicht von Maͤngeln be—
freiet werden. Die allervollkommenſten und
Sel.n.d.Tode, (fie wird Feine ganz ungemifchte fi eyn.)
allerreinffen Freuden Tonnen wir als M.
nicht genießen. Die Freuden der €. werden
allerdings sumeilen durch unangenehme
Gefühle unterbrochen werden Denn man
darf theils bei den Beſchreibungen d. h. Schrift v.
der kuͤuftigen Seligk. nicht vergeſſen, daß ſie von be—
ſchraͤnkten Weſen redet, denen ſie zu Theil werden ſoll;
theils if ein Zuſtand, der aus blog angenehmen
Empfindungen befieht, der Natur unferer Seele nad)
unmoͤglich. Ein endliches Wefen ift nach feiner einge-
fehranften Natur unfähig, eine — und reine
Seligkeit zu genießen. Dieß iſt der Vorzug einer
unendlichen Natur. Die himml. Seligk. kann alſo
nicht ganz frei von unangenehmen Gefuͤhlen ſeyn, die
theils aus der Einſchraͤnkung unſerer Erkenntniß,
theils aus den daher flieſſenden Fehlern der Schwach⸗
heit, theils aus den aͤuſſern Verbindungen und un-
ferer Shätigfeit in — entſpringen muͤſſen. Es
ſchreibt auch der Ap. P. I Kor. 13, 13, daß Glaube
und Hofnung im fünftigen Leben hbrig bleiben wuͤr—
den, morin iener Begriff liegt. Es wirde auch der
Seele ein Zuft. nicht nüglich feyn, in welchem fie ohne
allen Widerftand und — — ieden ihrer MWünfche er:
fuͤllt fähe Da kein M. ganz gut ift, fo wird ganz
ficher ein Theil der natürl. Folgen der nicht gefiß-
mäßigen Handlungen (denn die durch Chriſtus geſche—
hene Erlöfung bezieht fi ſich nicht grade hin auf die na-
türlichen Folgen derfelben) fortdauern u. ihre Gluͤck—
ſeligkeit nach dem gercchtetten Verhaͤltniß etwas ver—
mindern.
Bol, Kläden Verſ. uͤb. die Ewigk. u. ſ. w. ©. 111-117; Ockel
BRD. TS. 223, 22
Die fünftige Seligk. wird beftehen:
ı) Sn der Abweſenheit von Uebeln, Reiden,
(unangenehmen Empfindungen als Folgen derf.) La—
ffen und Unvollfommenbeiten, die aus der
Defchaffenheit des irdifchen Leibes und aus dem Ver—
haͤltniß des M. zur Erdenwelt oder Erdeleben, und zu
feinen gleichfalls unsollfommenen Mitmenfcehen u. deu
Verbindungen mit denfelben entfteben, und deshalb
unſer Wohl u. unfre Gluͤckſeligk. unterbrechen, Weish. 3
124 ©.
Sel. n. d. Tode, (beftehe 1) in Befreiung v. Leiden.)
1; I Zim. 4, 18; Hebr. 4, 3:10; Hffenb. 21, 4.
(Sinn: wir werden dann Eli zweiten Zerrüftung
unferer Drganifation durch den Tob mehr unterwor-
fen feyn; das Erdenmwefen ift nun beendiat, wohin auch
dag Aufhoͤren des Unterſchiedes der Geſchlechter ge—
hoͤrt, Luc. 20, 35. Der Tod wird das Ende aller Lei⸗
den ſeyn). Dieß wird ungemein unſer Wohlſeyn er⸗
hoͤhen. Denn hier auf Erden bringt fuͤr den Einen
wie fuͤr den Andern der Bau des Leibes, welcher er 2
vielen zarten Theilen und feinen Roͤhren befteht
fo ſchwach, zerftörbar, und fo vielen Kranfheite mt
Schmerzen unterworfen ift, oder fo bald geſchwaͤcht
werden kann, — die reisbaren Empfindungen und Ge-
fühle des Menfchen, die Empfindlichkeit feines Herzens,
Die berrfihende Gewalt feiner Sinnlichfeit — die Yie-
Ion und ſehr mannichfaltigen Bedürfniffe der finnlichen
Natur deffelben — bringen viele Schmerzen, Bekuͤm⸗
merniſſe und Gorgen. Die Berbindungen mit andern
Menfchen, welche boͤſe find, die Verhältniffe gegen die-
felben, die Theilnahme an ihren Schmerzen u. Leiden,
oder auch der Verluſt der GSeinigen (der Lieben) durd)
den Tod bringen viel Elend nnd MWidriges mit fich.
Das alles brinat ung in Unruhe, erzeigt unangenehme
Gefühle oder Unmuth und Verdruß, bringe Kränfungen
und Beleidigungen, macht Beſchwerden, verurfacht
faure Mühe, z. D. durch Arbeiten und nimmt der
Seele ihre Heiterfeit und Zufriedenheit. Es find druͤ⸗
ckende --- ung einengende Bande. Daſſelbe iſt der Fall,
wenn wir unſere Mitmenſchen entweder fo unvollkom—
men oder ausgeartet und lafterhaft erblicken, wenn mit
fehen, wie fie unfer Erdenglück beneiden, es untergra—
ben und auf den Trümmern unſeres Wohlftandes das
ihrige bauen, wenn mir unfere Guter verlieren u. des—
halb in Armuth gerather, wenn unfchuldig unſere
Wuͤnſche mit ven Wünfchen anderer zufammen treffen
und fie daher vereitelt fehen, wenn fih ihre und unſe—
re Wünfche, Abfichten und Bemühungen durchkreuzen,
und dann, wenn ſie nicht mit einander beſtehen kön—
nen, die unfrigen bintertrieben merden oder doch mißs
lingen. Man fann bei den beften Abfichten und red—
lichten Handtungen leicht die Ehre von der Welt vers
lieren, denn Neid — Spott — Haß ꝛc. nagen an Det=
| ©. 125
Selig. n. d. Tode, (in Befreiung von Leiden.)
felben unaufhoͤrlich ). Dft werden die fürs Ganze
freilich heilſame Würfungen der Natur doc für ein-
zelne Menfchen verderblih.— Wie unaufhaltber fluͤch—
tig und vergänglich find alle Freuden und Güter, die
Bas nienfchliche Leben erheitern! Muß die alles den
Redlichen nicht unzufrieden und traurig machen? Sa
iedeg Erdengut und ırd. Glücf fann unangenehme Ein-
pfindungen und fchmerzhafte Gefühle veraniaffen. Une
ter ſteten Sorgen und Bekuͤmmerniß und Gefahren,
„unter fieten Abmwechfelungen v. Freuden u. Leiden ver>
lebt der Stomme feine Tage. Außer der befchränften
‚ Erfenntniß und dem durch Sinnlichf. getäufchten Vers
ftande verurfachen, wie die durch die Ginnlichfeit ges
mißleiteten Neigungen, fo mie die Unmaͤßigkeit derfels
ben, fo viele Uebel — Keiden und Plagen, und fo man—
nichfaltigeg Ungemacd) des Lebens, — das frübt ung
bier den Genuß der Freuden und benimme ung dies
felbe. Rühren aber nicht alle dieſe Storungen u. Leis
den durch unfern fchwachen finnl. Körper v. der lin»
vollf. unferer Kräfte und der Verbindung mit fehlerh.
Menfchen ber? Werden deshalb nicht unfere Wünfche
fo wenig erfülle? In ienem feligen Leben merden
‚aber alle diefe Urfachen des Kummers u. f. w. weg»
fallen. 3 |
Weshalb? Beweife:
a) Der Zuft. des Menfchen ift dann verändert, Dffenb.
21, 4. Denn die Duellen des Elends und der Feiden
gleichfam vertrocnet find, dann Fonnen die aus den-
ſelben entfpringenden Leiden nicht mehr vorhanden
feyn. Wenn mir von allen Eörperlichen Bedürfniffen
frei find, wie fann und dann Sorge und Furcht vor
irgend einem Mangel beunruhigen? In einem Zuftan-
de, in welchem nicht mehr bofe Menſchen bei den Gu-
ten leben werden, — in welchem die Erfüllung des
Wunſches des einen die Vereitelang des Wunſches ei:
nes andern nicht nothmendig macht, ſondern wo Alfer
Wuͤnſche befriedigt, Aller Abſichten dann erreicht wer—
den fonnen, (wie denn dieß dann der Kal iſt, wenn
) Vergl. Kläden a. a. O. ©. 1312135,
N V V ——
126 S.
Sel:n.d. Tode, (wesh. fiein Befreiung v.®,beft 10.?)
keine forperl. Bedürfniffe, oder Dinge von der Art, ſon—
dern geiftige Vollkommenheiten, z.B. Weish. und us
gend die Gegenfift. der Wünfche und Begierden find),
in einem ſolchen Zuſtande, darf man keine Gegner —
keine Nebenbuhler fuͤrchten.
: b) Es folgt aus der — der Abſichten der Lei—
den des M. auf Erden. huſtreitig werden Diele,
wenn fie auch —— Folgen — eingeſchraͤnkten Le—
bens und unſerer ſchwachen Natur ſind, von Gott weiſe
und guͤtig — "dern Gott hat ia unfere Ratur eins
‚gerichtet, und er ift bei allen Veranſtaltungen für die
fittl. Bildung feiner vernünftigen Gefhspfe thäfig:
fie werden alfo ficher von ihm beabfichtete und fehr
wohlthätige Folgen baden. Daß die Leiden bier wohl»
thätige Adfichten haben, -ift erwieſen. Sie find treffl.
Erziehungsmittel, 4. D. Npereliche @egenimittel“ gegen die
herrfchende Sinnlichkeit; fie halten den M. von Aus—
fhweifungen u. Laſtern ab, üben feine Kräfte, befchäf-
tigen feine Thätigfeit, befchränfen feine Begierden, be-
nehmen ihm feine Eitelkeit und befördern feine geiftige
Vollk. Wenn nun diefe mohlthätigen Abfichten er—
reicht find, fo müffen und werden ia die Mittel dazu
auch wegfallen. ft der iunge Menſch gut erzogen —
fo genießt er doch eine größere Freiheit. Der Gelige
wird alfo nicht mehr zu leiden brauchen. Er iſt in
den finn!. Verfuchungen nicht mehr ausgefeßt, ift fefter
‚und ftandhafter im Guten — er bedarf alfo iene ftarfe
Abhaltungen und harte Gegenmittel nicht mehr, Der
Gelige hat höhere Geſchaͤfte, es kann ſich alſo ſeine
Kraft ohne iene Anſtrengungen unter Leiden aͤußern.
Wenn er Gott naher iſt und feine Arge naher kennt,
dann braucht ihn Eeine Beduͤrfniß — Feine Hülflofig-
keit — zu dem helfenden Gott — zum Goffvertrauen
zu erheben. Wenn alles gleichfam ein Herz u. Seele—
alles Liebe ıfi, dann brauchen Feine gemeinſchaftl. Lei⸗
den die gegenſeitigen Verbindungen zu knuͤpfen. |
ec) Es ift daraus einleuchtend, weil unfer ießiger grobe
Leib auſhoͤren und aus demfeiben ein weit vollfommer
nerer Leib gebildet (werflärg) werden wird. Der unges
bildete -Leib wird den ießigen an Kraft und Schoͤnh.
weit übertreffen, wird mit fein ern Sinnen begabt, uns
endlich dauerhaft und der Seele näher verwandt feyn;
P ' | ©, 127
Seligf. n. d. Tode, (in Befreiung v. Leiden.)
Ifor. 15, 42 +44. Die Seligen werden einen Leib cr.
balten, der zu größerer und leichterer Thaͤtigkeit ein-
gerichtet und feinen finnlihen Schmerzen und Ver—
legungen unterworfen feyn wird, Phil. 3, zı; LKor.
15, 53-
Verklaͤren in dieſen Stellen heißt ummandeln; Shrifi Leib heißt in
der erſten Stelle herrlich 2. h. veredelt. Worin die
xuͤnftige Verklaͤrung unſeres Leibes beſtehen wird, wiſſen
wir zwar nicht, aber doch ſo viel, daß er veredelt, d. h., daß
der grobe — ird. — verweßliche Stoff abgeſondert, und er
nicht mehr der Sterblichkeit und Verweßlichk. (vgl. JKor. 15,
42244. 46. 49) unterworfen ſeyn wird. Geiſtig nennt ihn
P. 1%or. 15, 53, alfo unfinnlic) und etel, im Gegenfas unfers
iesigen groben, ird. m. Verweßiicdhen und aus zerbrechl. und
fchwerem Stoff gebildeten Leibes. *)
Ein vollfommmerer, innerlich beffer geordneter Leib
ſetzt Befreiung von Unvolfommenheit, Schwachheit,
Krankheit, Gobrechen, Plagen u. Zerruttungen u. ein
erhöhtes (koͤrperliches) Wohlſeyn — Mit der
Trennung von unſerm zerbrechl. Koͤrper, an welchem
immer etwas zu bauen und zu beſſern iſt, hört wenig»
fiens förperl. Schmerz und koͤrperl. Schwaͤche auf.
Welche troftvolle Ausſicht ift dag für die, welche faft
ihr ganzes Leben hindurch zu leiden beſtimmt find, u.
ihres Leibes megen wenig froh werden, wenn fie den-
fen fonnen: e8 kommt eine Zeit, mo diefer zerbrechl.
Leib nad) und nad) vergeht, wo ich ganz gefund werde
und die Schwierigff., die er mir bier in den Weg legt,
nicht mehr fehe. —
Wenn gleich die Leiden mit diefem ird. Leibe auf-
hören werden, fo wird doch eine Art von Leiden fort:
dauern, naͤmlich die, welche in der Beſchaffenheit der
in die Ewigk. uͤbergegangenen Seele ihren Grund hat.
Wer den Geiſt nicht fuͤr iene Himmelsfreuden bildet,
ber bereitet ſich nothwendig Leiden zu. An dieſen Freu—
en. nicht Theil nehmen zu Fonnen,an hoͤhern Vergnuͤ—
—
=) Eigentlich iſt TKor. 15, 53 nur von einem unzerſſt oͤr—
baren Korper die Rede; sauna vus doing heißt ein vor:
treffliger Korper, |. Shleußners Lexicon in
Nov. Teſt. ale Ausg. T. J. pag. 628. Der Heraus:
geber.
128 | S.
Seligf. nd. Tode, (an welhem Dre?)
gungen Feinen Gefhmad zu finden, Gewifensvorwürfe
zu fühlen, daß man feiner ganzen Beflimmung zumider
‚gedacht und gehandelt Habe — in feiner Seele Leerheit
zu bemerken, und fich nur vieler Verfchuldungen be—
wußt zu ſeyn — dieß, fo wie die lebhafte Vorſtellung u.
die ſchmerzhaften Empfindungen des Elendg, des ſelbſt⸗
verſchuldeten Ungluͤcks — dieß muß ein peinliches Lei—
den werden und bleiben. Allein man kann demſelben
durch Froͤmmigk. entgehen. Es iſt daher dieß Auf-
forderung genug, fich bier dem götel. Willen gemaͤß
zu befragen. —
Die künftige Seligfeit wird ungemein
durch die bier — treu erduldeten Leiden
erhöht werden, namlich durch die Würfuns
gen auf unfern Verſt., auf die Empfindungen des
Herzens u. durch die groͤßere Empfaͤnglichkeit u. ſittl.
Wuͤrdigkeit, gegruͤndet auf die vollendetere Aus bildung
unſers Charakters, die wir bier durch gehoͤrige Ertras
gung und Benußung der Leiden empfingen u. empfan>
gen Eonnten. Ohnſtreitig wird aber der M. bei feiner
perfönlichen Fortdauer, Die Zurückerinnerung. an dag
ird. Leben behalten. E8 werden ihn alfo die Eindrück,
Norftelungen, Bilder und die ganze Stimmung der
Seele, die er hier durch Erfahrungen und Empfinduns
gen erhalten, aus diefem Leben in ieneg begleiten, Alſo
werden die, die hier viel gelitten, Durch die Vergleichung
ihres neuen Zuſtandes mit dem Vorhergehenden ſich
weit ſeliger —* als die, deren Tage hier weniger
unter Leiden, Sorgen ff. dahin floſſen. Dieſes muß
ihre Seligkeit erhoͤhen.
d) Der Aufenthaltsort des Frommen, welcher fe-
lig ift, ift ia verändert und verbeſſert. Zwar befchreibe
uns die h. Schrift nicht genau und beſtimmt den Drt,
wohin die Srommen werden verfegt werden, denn ; ie
nennt ihn blog Himmel. Allein dadurch, daß
ſolchen zugleich als den Wohnſitz Gottes vorſtellt,
ſagt ſie doch, daß es ein weit ſeligerer Aufenthalt ſeyn
werde, als dieſe Erde. Wir werden alſo da mehr Ge—
legenheit zur Erweiterung unſerer Kenntniſſe, zur Be—
friedigung unſerer Wuͤnſche, und mehr Anlaß zur Be—
wunderung und Verehrung Gottes in Empfindd. des
Danks und der Liebe finden. Ohnſtreitig wird iener
Auf
©. 129
Seligk. n. d. Tode, (wo wird fie ſeyn?)
Aufenthaltsort der Seligen ein angenehmer ‚ teißender
und uns zu andern und neuen Freuden führender
Wohnplag ſeyn, wenn wir gleich Richt genau wiſſen,
wo er feyn wird. Dem, der einft ſelig wird, kann es
auch sleich viel feyn, wo oder in welcher Welt er feine
Geligfeit genießen wird. Wahrfcheinlih wird aber
nicht diefe Erde, fondern eine andere Welt oder auch
mehrere feine Wohnungen feyn. Er kommt ia zu
Gott — zu Jeſu — zu den bereits Seligen.
„Man — allerdings nach der Schrift den Aufenthaltsort der Aufers
„fandenen auf der neuen Erde annehinen, aber fo, daß fie in
„engerer Verbindung mit dein Himmel fiehen, oder daß Öott
„mitten unter ihnen wohnt. —
Vielleicht bürften die Seligen zu immer neuen Schau⸗
— — der unermeßl. Schöpfung, in deren Kenntniß
‚und Aufſuchung unfere Wißbegierde und unſere Bes
wunderung Gottes unaufhoͤrlichen Stoff finden kann,
wandern. Kurz, es wird doc) ein neuer Himmel u. ei⸗ |
ne neue Erde feyn, wie es IIPetr. 3, 13 heißt. Nach |
Ebr. 12, 22, und oh. 14, 2 iſt es wahrſcheinlich, |
daß die Geligen in andern, ungleich vollfommenern,
Weltfdrpern ſeyn und die Seligkeit genießen werden.
„Die Seligen dürften nicht auf einen begränzten Dre
„eingefchränft, — fondern fähig und frei ſeyn, Got—
„tes Herrlichkeit in allen Gegenden feines unermeßlis
„hen Reichs anzufehen, wie fi) dieſes auch aus Soh.
pi, 2 hoffen ug “u Keß Handb. d. chriſtl. Mel. s
Theorie, zte A. ©.
Jeſus nennt den Aufenthalt der Seligen das Haus
feines Baters, in dem — — Joh. 14, 2, das
Paradieg — Luc. 23, 43, (desgl. auch) Paulus
I1Xor. 12, 4) und Petrus einen neuen Himmel
und eine neue Erde, in welcher — — IPetri 3,
13; Ießteres bezieht fi) doc) auf Die unvollf. Verf.
und Einrichtung der alten Erde, in der die Schidfale
fo fehr ungleich find, wo fo wenig ber äußert. Zuſtand
der DR. mit ihrem ſittl. Zuſt. übereinflimme und Ach—
tung und Belohnung mit dem wahren Werth und
) Stäudlin’sg Dogmit. und Dogmengeſch. 2ter Th.
S. 836, j ze
Chriſtl. Gt. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th.
*
130 S.
Sel. n. d. Tode, (wird nicht in traͤger Ruhe beſtehen.)
Verdienſte ſo wenig in Verhaͤltniß ſteht. In ienem
Zuſtande wird dagegen vollige Uebereinſtimmung des
Aeußerl. mit dem ſittl. Zuſtande herrſchen.
Das, was die Offenb. Koh, von dem himml. Sernfalem uud;
ser herrl. Pracht deſſelben fagt, iſt nur eine ae Schil⸗
derung.
Das n. Teſt. ſtellt uns den Aufenthalt der Seligen
als einen Ort vor, wo wir Gott naͤher ſeyn, wo wir
ihn im Lichte erkennen und von Angeſicht zu Angeſicht
ſehen werden, als einen Schauplag, wo Gott feine
Herrlichkeit noch näher, als bier auf Erden, verflären
werde, wo wir weit glängenbere Spuren feiner Weish.
and Güte, weit größere Wunder feiner Große und
Macht erbli cken, u. wo es an Gegenſtaͤnden der Freude
und des Vergnuͤgeus nicht fehlen wird. Er wird dem
Throne Gottes naͤher ſeyn, als die Erde; weit naͤher
dem Urquell des Lichts und Lebens. Wir werden da
alles das finden, was unſern vollendeten Geiſt er-
freuen und beſeligen fann. Schoͤn iſt ſchon dieſe Er—
de, voll von Guͤte Gottes und ſeiner Herrlichk., weit
ſchoͤner und praͤchtiger wird aber iener neue Himmel
ſeyn. Neue Wunder der Macht und Guͤte werden ſich
da unſern verklaͤrten Blicken enthuͤllen, noch ungeſehene
Gegenſtaͤnde der Pracht und Schoͤnheit ſich uns dar—
ſtellen, von welchen alles, mas hier unfer Auge ent
zückt, nur ein ſchwacher Abglanz iſt. |
Bol. Kläden a. a. D. © 117135. |
“2) Wenn gleich die Seligen durch bie ———— von
Leiden Ruhe genießen werden, ſo wird doch dieſes
keine koͤrperl. Ruhe und muͤßige Unthaͤtigk.
ſeyn. Die Stellen Eſaias 57, 2; Offenb. 14, 13;
Ebr. 4, 9-11 — dürfen ung nicht verleiten zu denken,
daß die. Seligen in einer unftuchtbaren, — ftolsen, —
fragen Ruhe, in Unluft zur Befchäftigung u. zu müßi:
gem Freudengenuß, oder in muͤßigen entzückenden Ems:
pfindungen der Wonne leben werden. Keider machen
es ſich viele zu ihrem Kieblingsgedanfen von. iener Se—
ligfeit, daß folche in muͤßigen Betrachtungen und be⸗
haglichem Ausruhen beſtehen wuͤrde. Ein Gedanke,
welcher beſonders denen eigen iſt, welche das Muͤhe—
volle und Beſchwerliche ihrer Arbeiten nur zu ſehr
fuͤhlen, das Ungemach ihres Lebens ſehr empfin en,
Äh
e. 131
Sel.n.d. T., (wird nicht i in einer traͤgen Ruhe beſtehen.)
und ſich deshalb sur Erholung Rube wünfchen. Dem
iſt freilich Ruhe ganz etwas erwünfchtes, der des Le—
bens — feiner Iaftenden_ Sorgen — feiden und lee—
ren — undbifriedigenden Freuden müde ift, und dieſem
fortime ienes Leben als. eine ewige Sonnt tansfeier vor;
“allein — a) iene Stelen handeln Fei neßweg e8 vom
Ausruhen, wie ſich der Ermuͤdete hier die Kuhe alg
9 Unthaͤtigkeit — als eine Abſpannung feiner an—
geſtrengten, und als Wiederſammlung der im Arbeiten
ornen Kraͤfte wuͤnſcht. Sie bezi — ſich vielmehr
auf die leichtere, glaͤcklichere Thaͤtigkeit des folgenden
Lebens, welche gegen die muͤhevolle — en
beſchwerliche — ſo viele Yaflveng: ıng erfordernde —
mit ſo vielen Hindern. und Schwierigkk. kaͤm⸗
yfende Geſchaͤftigkeit — Ruhe ſeyn wird — und auf
"pie weit leichtere Befriedigung unſerer Beduͤrfniſſe.
" Deshalb wird fie gegen die, die Kräfte verzehrenden
laͤſtigen Sorgen des Erdelebens ein? angenehme und
4 erquickende Erholung feyn.— b) Ohne Kraftäußerung
und Thaͤtigkeit findet Fein Wachsthum in wahrer
Bogf. fatt. Ja bei einer unthätigen Nuhe würde der
ESelige nicht allein nicht weiter kommen, ſondern auch
,stoft abnehmen an Kräften zum Guten, und ung alfo
Die’ erreichbare Vollk. nicht erreichen laſſen. In iener
pie in dieſer Welt ift gewiß Stillſtand — Ruͤckgang.
Nicht gebrauchte — vernachlaͤßigte Kraͤfte wuͤrden ſich
ſelbſt ſchwaͤchen und in ſich ſelbſt vergehen. Staͤrken
ſich nicht ſchon hier gebrauchte Kräfte nach dem M aaß
der Uebung? Es iſt dieß auch Ratth 25, 29 ge⸗
“maß, desgl. Luc. 12, 47. — c) Wo wuͤrkliche Kraft
ar und Kraftgefühl, da Fann der Menſch ohne Ges
brauch ‚derfelben nicht glüflich fern. Denn die Kraft
“will wärfen und immer fortfchreiten. Welch eine Marz
ger iſt es dem Gefunden, der jeine Kräfte fühle und
— aͤußern moͤchte, und dennoch nicht Nahrung und
Uebung genug für fie hat — wenn ihm Langeweile
peinigt. Der Bernuͤnftige wird lieber ſelbſt die ermuͤ—
dendſten Arbeiten verrichten wollen, als daß er Lange⸗
weile haben ſollte. Der, welcher von aller Thaͤtigkeit
Abgeneigt oder deſſen Kraͤfte erſchlafft find — iſt ge—
wiß am Koͤrper oder Geiſt zerruͤttet. Wenn nun ie—
nes Leben ein ——— unſerer rer verals
2:
ME
a ©,
Sel.n.d.T., (wird in erhöhter — verebelter Thaͤtigk. x)
teten Natur — eine Erneuerung unferer geiftigen Res
benstraft ift — fo wird. es Feine unthätige Ruhe feyn.
Es laͤßt fich nicht denfen, daß ein fo edler Trieb, als
der Thaͤtigkeitstrieb iſt, ausgerottet und in Hang zur
Unthätigf. übergeben ſollte. Das bieße den Menfchen
von feiner Hohe, (denn durch die Thätigf. vervollkomm⸗
net er fih) in die Tiefe ſetzen — di) Thaͤtigk. wird
erfordert, um vollk. und glücklich, zu werden. Ohne
dieſelbe iſt wahre Gluͤckſeligk. ungedenkbar. Dieſe wird
auch, wie es unſere Beſtimmung iſt — durch Streben
nach Veraͤhnlichung mit Gott befördert. Nun macht
die hoͤchſte Wuͤrkſamk. — die vollkommenſte Anwend.
feiner unendl. Kraft — die hochſte Bolt. Gottes aus.
Ohne fie wäre Gott und alle feine übrigen Eigenfchaf-
ten nichts. Alſo — —. Te vollfommener ein M.
iſt, ie geübter feine Kräfte — ie entwickelter. alle feine
Faͤhigkeiten find, ie gebildeter fein Verſtand, ie edler
ſein Herz iſt — deſto thaͤtiger iſt er. Iſt nun ie—
nes Leben der Weg zu immer mehrerer Vervollkomm⸗
nung: ſo wird ber Selige gewiß nicht unthätig feyn. —
e) Es fließt PAR. daß die gen einen. erweiter⸗
Fe RER
100 11% int. 2, 12 — wir ia mit &frife, en
welcher nie aufheren kann für feine vernünftigen Ges
fchöpfe ehätig zu ſeyn. f) Es fließt aug Matth. 25,
21. Dffenbar werden fich alfo die Geligen
mit etwaß, aber auf eine leihfere — laft-
. freie — ungehindertere Art — willkuͤhrlich
und nach Freiheit — mit etwas, was ihrer
Wuͤrde angemeffen und Zwecentfprehend
iſt — beſchaͤftigen, und ihre erhoͤhte Thaͤtigkeit
wird einen gluͤcklichen Erfolg haben. Sie kann des—
halb fuͤglich mit Ruhe verglichen werden, denn ſie
wird nicht in Verrichtung ſchwerer, ermuͤdender — mit
Hinderniſſen verbundener und oft mißrathender Arbei—
ten beſtehen. Was iſt eine leichte — angenehme —
nur immer freudenreiche An unferer K Kräfte an-
ders al8 Erholung? *)
*») Ruhe — yon den Seligen gebraucht — ift wohl nur ein
Bild v. dem glücklichen Zuſtand derſelben. Der Herausgebir,
©. Be.
Seligfeit nah dem Tode, (in erhoͤhter Thaͤtigk.)
Die ächten Gottesverehrer we rden alle zur Erkennt—
niß und Verehrung er — und zur Verbreitung
- mehrerer Weisheit — Tugend u. Gluͤckſeligkeit — alfo
gut Vollendung des großen Entwurfs Gottes mitwür-
en, und zwar ein jeder auf die Ürt, wie er fich dazu
bier vorgeubt und vorbereitet bat. Was bier eine
h langgeübte Sertigf. gemefen if, wird eg—in fo fer eg
feine bloße grobe korperl. Beſchaͤftigung und zum Er—
denweſen gehoͤrig iſt, auch dort ſeyn. Was men bier
am mehrſten und liebſten aͤcht Nuͤtzliches — Edeles,
Großes und Fortdaurendes aeihan Kat, wird man auch
dort thun, aber auf eine volifommnere Art. C5 laͤßt
ſich freilich nicht naͤher beſtimmen, was dort die be—
ſtimmten einzelnen Geſchaͤfte der Seligen — werden.
Genug — fie werden verändert, — wichti—
ger — erhabener und angenehmer ſeyn,
denn. alsdann wird fo manche Anlage und Fähigkeit,
die hier jemand, der fich einem niedrigen Beruf wid—
mete, oder widmen mußte, wuͤrklich hatte und die nur
in ihm ſchlummerte, geweckt werden, und Anlaß u. Er—
munterung ſich durch Entwickelung auszubilden finden.
Die Seligen werden, falls fie auf einen weit erhabene-
ren Poſten geftelt werden, im Geifterftaate Geſchaͤfte
ausrichten, die gewiß ſehr viele auf einmal, ia vielleicht
ganze Welten beglücken, von welchen wir ung ieߣ Feine
Borfielung machen Fennen. — Gie werden in bie
Abgründe der goͤttl. Werfe und Wunder tiefe Blicke
thun — fie werden fich bemühen, Gott immer aͤhnli—
cher und wohlgefaͤlliger zu werben, ihn zu lieben, ihn
zu loben, ihm zu danfen u. feinen Willen zu thun. Sie
werden- edle Gefinnungen u. edle Handl. üben und die
Sreuden der Erfenntniß, der geuͤbten Tugend und des
Umgangs mit Gott und allen felgen Mitgenoſſen des
Himmels genießen. Gott wird (mit unem Wort) den
Seligen folhe Befchäftigungen anmweifen,
die niemals ermüden u. ffets abmwechfelnde
Bergnügungen mit fih führen werden.
„RNach den Ausfprüchen Ehrifti wird die GSeligfeit in
„Außrichtung wichtigerer Befehle Gottes, als fie in
„dieſem Leben erhielten, befichen. Die Meinung, daß
„die Selige n an der Berbefferung der Berdammiten ar-
„beiten würben, ift nicht fchädlich und iſt eine würdi-
—
A ©.
©. n.d. T. wird in Fortd auer deſſen, was hier gl. er )
„ge Beſchaͤftigung fuͤr ſie, beſonders wenn fie bald
„ihre Kinder, bald ihre Eltern, Bald ihre Schüler, —
„Lehrer, — Uutergebene, — Obrigkeiten, bald i
„Batten und Sreunde an dem Ort der Quaal bl
„ten. Wars fchon hier ihre großte Freude, Verirrte
„zuruͤckzufuͤhren: fo wird es dort ff. Vol Augu⸗
ſti s neue theol Blätter, IEDB. 28 St. ©. 65. Dal.
mit ©. 62: „werden die Geligen in d. Ewigk. in kei⸗
ner Berbind. mit den Berdammten flehen?
&, Goldammers Betrachtungen über das — Leben, ©.
4602479; Zollifofer’s Predigten nad d. Zoe 2. 573,
Nr. 15. ©, 197 fi; Kläden a a. D. ©. 199. 200,
3) Dasienige wird in der Selig. fortwäß->
ren u. genoffen werden, was der Stomme
ſchon auf Erden in Hinſicht reiner wahrer
Gluͤckſeligkeit gewonnen bat, und wag uns
bier fhon wahrhaftig gluͤcklich made Nur
wird e8 theils auf eine vollkommnere und befriedi-
gendere Art uns zu Theil und von den Geligen ge—
noſſen werden, theils wird es vermehrt, und erwei—
tert Werden. ES wird ein weit vollfommener Gern
wahrer Menfchenfreuden durch die vollfommenern Ges
genftände, durch die erhöhten. Kräfte, womit fie die
Geligen genießen, durch das Aufhoͤren aller Laſten, die
fie hienieden begleiteten und verbitterten, und aller Ge
Fahr —— durch ihre ununterbrochene Dauer ſtatt finden.
Der Zugendhafte muß dort alles twieberfinden, was er
bier * feinem eigenen Deften gerhen hat,er wird feine
— einaͤrndten, Gal. 69. Den Genuß der ſeli—
gen gel gen der hier erworbenen Vollkommenheiten kann
der Sod, da derſelbe nicht unſer geifliges Weſen zer—
ſtoͤrt, nicht unterbrechen. Jenes Leben iſt ia die Fort—
ſetzung des gegenwaͤrtigen. Dazu kommt, daß die
Gluͤckſeligkeit ienes Lebens nurdem gemaß gedacht wer⸗
den kann, was ſchon hienieden wahre u. befriedigende
Gluͤckſeligkeit iſt. Das wahre Erdengluͤck und die Se—
— des Himmels ſind ihrer Natur, ihrem Weſen,
ihrer Beſchaffenheit und ihren Quellen nach gar nicht
verfchieden. Wer ſchon hier wahrhaftig gluͤckſelig iſt,
der wird es einſt auch im Himmel ſeyn. Gehoͤrt nun
bier zur wahren Gluͤckſeligkeit, a) die beſtmoͤglichſte
©. — —
Seligk. n.d. Tode, (in Erweiterung b. Erfenntniß.)
Entwicelung und Anwendung der Säbigfeiten und
Kräfte; b) die richtige Leitung und Befriedigung der
- Triebe und Neigungen; — c) Dröygung und Weish.
in der REINER des häusl. — gefelligen — und
bürgerlichen Lebens; d) Senneniß der Guͤter der i
Erde, ihrer Bergmügungen und finnl. Sreuden, die fie |
bat und gewährt und der weiſe — — Ge⸗
brauch derſelben: ſo ſind das alles Stuͤcke, woraus
iene — im H. beſtehen wird. Wer alfo in
tenem Leben gluͤcklich ſeyn will, muß ſchon angefangen
haben, bier glücklich zu feyn. Iſt es naͤmlich richtig, daf
Gluͤckſeligk. — der Zuſtand bes Vergnagens und der
Zufriedenh. über die Erkenntu., edle Geſinnungen, Ord—
nung und Richtigkeit feines Verhaltens — Tugend u.
Ruhe ift, fo wird ia das aud im NH. ſtatt finden.
Se vollfommener — hier ge deſto vollfommes
nee wird er dort. Denn iener gluͤckl. Zuftand wird
mit Diefem Leben in einer —— nlihen Verbindung
ſtehen. Er wird nur Vollendung des angefangenen
Genuſſes ſeyn. Die Freuden biefes Lebens werden
Dort heller, reiner, vollfommener ſeyn.
Sie werden durch Gottes Veranftaltung unendlich
viel an Vortrefflichk. u. Erhabenh. gewinnen. Nur muß
die Geele bier fie fchon kennen u. dafür empfänglich
ſeyn. Der Ehrift muß deshalb durch forgfältige Vor—
bereifung auf ienes Leben u. durch Tugend bier fihon
felig zu werden fuchen. Um deffo feliger wird er es
dort feyn. Alle Laften werden dort aufhören, die hier
feine Erdenfreuden begleiteten u. verbitterten.
Bol, GSoldammers Betr, über d. zuk. Leben, ©. 287°302: „iNz
nigſter Zuſammenhang der Gluͤckſ. ienes mit der Gluͤckſeligkeit
dieſes Lebens. —
4) Die fünftige Selig e. de8 Frommen wird
in einer außeror®. —— feimer geiſti—
gen Vollk. beſtehen. Dieſe betrifft ſowohl ſeinen
Verſtand als feine Neigungen.
A) Sein Erfenntn! Ba oder fein Ver—
ftand, feine Einfihe von Dem, was Gott iſt und
that, von dem, was gut und richt, ſchoͤn und edel,
volfommen und was das beſte it, wird erhöht
werben, Er wird mit Leichäigfeit und ſchnellerem
Fortgang als hier wachſen, LJoh. 3, 2. Seine Sees
%
136 | = S.
Sel. n. d. T., (in e. mehreren u. richtigeren Erkenntn.)
lenkraͤfte werden ſich mehr entwickeln, das Gebieth ſei⸗
nes Wiſſens wird mehr erweitert, dag Dunfle mehr
aufgehellt und das ihm vorher Unerklaͤr bare ihm faß—⸗
“lich werden. Er wird mehr Weisheit erhalten und
feine —— auch heller und — Bei LKor.
„13,. I0-12
Gin: alle, was wir hier erkennen, ift getrennt und einen, iſt
nichts Zuſammenhaͤngendes, weder mit ſich ſelbſt noch in An⸗
ſehung der Urfachen und ihrer Wuͤrkungen — ift zur Bruch
fü, aber dort wird in unferer Erf, und in dem, was wir
wiffen, mehr Berbindung ſeyn. Wir, die wir bier nur einen
Kleinen Xheil des Wiffens würdigen — kaum uns felbfi und
den Winkel kennen, welchen wir bewohnen, werden dort auf eis
nem höheren Standpunkte fiihen, wo wir mehr das Ganze
nach feiner Verbindung und in feinem Intwurfg überfegen koͤn⸗
ven. Unſere iegige Erienntniß ift wie die Erf. im Kindesal⸗—
ter. Jetzt denken erkennen — wuͤnſchen — und handeln wir
wie Kinder, einft werden wir aber Männer feyn von gereifter
3 Erfahrung, Berftande u, Einfiht, befonders in den über unfern
ietzigen Erkenntnißkreis zu erbabenen Dingen, 3. B. inter Ert. v.
Gott, feinen Eigenſch., Ratbichläffen. Unfere iegige Erf. if nur -
ſinnlich und ſymboliſch; aber die Fünftige wird mehr ummittelz
bare Anſchauung des Geiſtes ſeyn. Unſere iegige Erf. von.
Gott ift dunkel gegen iene lichthelle Erk., welche gleichſam ein
Anſchauen Gottes iſt. — V. 12 if aud) vom Wachsthum
unjerer Fünftigen Erf, die Rede, denn es wird das Vollkoms
mene dem, was nur Stuͤckwerk ift, entgegen geſetzt.
Dieſe volfommenere Erkenntniß des M. nennt Paus
lus LKor. 13, 12 und Johannes (IBr. 3,2) ein
Anſchauen Gottes und zwar von Ange —— zu
Angeficht. Der Aufenthalt der Geligen wird naͤm⸗
lich als ein Ort, wo wir Gott naͤher ſeyn, wo wir ihn
in einem hellern Licht erkennen wuͤrden, vorgeſtellt. Es
heißt nicht, Gott in einer Koͤrpergeſtalt ſehen, in wel-
cher der erhabenſte Geiſt fich nie erblichen läßt, fondern
es heißt: wir werden immer deutlichere und wuͤrdigere
Begriffe von Gottes unermeßlicher Macht, Güte und
Weish., aus feinen Einrichtungen und Werken u. Ans
falten ung erwerben. Unſere Erfenntniß von ihm u.
feinen vorzügl. ſittl. Eigenfchaften, feiner Weisheit,
Güte, Heiligkeit u. Gerechtigfeit wird. beſtimmter und
der Wahrheit gemäß, aber eigentlich nicht anſchauend,
(denn dich ift unmöglich) fonbern nur ſymboliſch
ſeyn. Unſer Geiſtesblick wird bei feinerem Leibe auch
&. De 137
Sel. n.d. Tode, (in Erweiterung u. Bericht. der Erf.)
geſchaͤrfter ſeyn. Unter dem Begriff: Gott ſchauen
fonnen wir die ganze ewige Vermehrung unferer Mes
ligionsfenntniffe zufammenfaffen, denn Gott f hauen
and erfennen muß gleich viel bedeuten.
8. das oben ©. 103 f. — Bemerfte und Klaͤden
4.9), 8, 150 i
Dieſe Erkenntniß wird von folgender Beſchaffenheit
ſeyn und folgendes zu Gegenſtaͤnden haben.
‚a) Wir werden von Irrthuͤmern und Vorurtheilen be:
Sfreiet werden, fo fern fie überhaupt ſchaͤdlich und be-
fonders unferm Wohlfeyn nachtheilig find, oder es
ſeyn konnen. Die mit unferer Erfenntniß auf Erden
verbundenen Unrichtigfeiten vermindern ungemein die
großen — mit dem Erkennen der Wahrh. verbundenen
Srenden. Hier erkenne feiner der Dienfchen die Wahr-
heit ohne allen Schatten in ihrer Reinigkeit. Kein
Denker iſt untruͤglich oder uͤber alles Irren erhaben.
Je mehr hier iemand weiß, deſto mehr ſieht er ein,
daß ſein Wiſſen noch immer erweitert und berichtigt
werden koͤnne. Zu leicht — denn Irrth. und Wahrh.
graͤnzen nahe an einander — verfaͤllt man von dieſer
in ienen. Die Sinne taͤuſchen, die Einbildungskraft
ezaubert, die Leidenſchaft verblendet und macht par—
theiiſch, Die Gegenſtaͤnde kann man nur von einer Seite
ſehen. Man fiche nur die Theile, nicht das Ganze.
Dorurtheile und Aberglaube beher-fchen gewöhnlich den
M. Unmeife Erziehung, das Anfchen einiger M., Ei:
gendünfel, Menfchenfurcht und Seftengeift — zu wel»
chen Irrthuͤmern verfeiten fie nicht! Der Menfch weiß
wenig, was ausgemachte Wahrb. if. Mehr ift deffen,
> was er blog vermuchet und mas blos mwahrfcheinlich
it. Das, was nach mühfamen Sorfchen dem Men:
fchen viele Jahre hindurch Wahrh. zu ſeyn ſchien —
wird oft ſchnell durch Zweifel und naͤhere Pruͤfung
als Nichtwahrbelt erkannt. — Heer alſo iſt unſere
Erf. dunkel, ungewiß, und dem Irrthum unterworfen.
Dort aber werden die Veranlaſſungen des Irrthums
aufhoͤren, J B. die ſtumpfen — eingeſchraͤnkten, uns
lenglichen Sinne — ber träge — fo vielen Beduͤrfniſ—
fen — Dlagen und Schmerzen unterworfene Leib, Die
nothwendige Sorge fürs Srdifche, die heftigen —
unſcre Vernunft feſſelnden Begierden — die zuͤgelloſe
*
138 —
Selened. Tode, Ci Erweiterung u. Bericht. der Ef.) |
Einbildungskraft, die fo viele Serth. erzeugt. Alle
dieſe Hinderniſſe der Erk. werden dort nicht mehr ſeyn.
Dadurch werden unſere Erkenntnißkraͤfte freier wuͤrken
und mit iedem Augenblick ſich mehr vervollkommnen.
Dann, wo alles uns ſo erſcheint, wie es in der That
iſt; da, wo die reinſte Vernunft und Tugend herrſcht —
da, wo wir mit den Weiſeſten — und Erleuchtetſten,
ia mit dem Urquell alles Wahren umgehen werden —
da wird unfere Erfenneniß ganz rein, da wird keine
Taͤuſchung, Feine Dunkelheit, keine Ungewißheit, fein
Smeifel mehr ftatt finden.
b) Dort werden fo viele Dunfelheiten, die bier ung bei‘
allem Streben nach Eiche übrig bleiben, aufgehellt u.
daB Ungeriffe gewiß werden. Was wir bier nur in
der Kerne fehen, werden wir dort in der Nähe erbli-
den, und nicht wie bier das Aeu Bere — fondern dag
Innere der Dinge erkennen.
c) Die Erf, in ienem Leben wird leichter su erhalten
und zu vermehren feyn, als es hier ung möglid Mar.
Nach der Erfahrung erfordert eine nur ganz maßige
Erkenntniß fehe viele Mühe und Anftrengung. Die Ber:
bindung der Seele mit einem groben Leibe, die ftarfen
Einflüffe, die diefer auf iene hat, die Verhältniffe des
M. in feinem Erveleben erfchweren ihm fein Streben
nach Erkenntniß. Jede Kraft, welche Hebung, Bear:
beitung und Bildung erfordert fie nicht! Aeußere Um—
ftande hindern alfo die Bildung ber Denffraft. Sn
anderen Berbindungen und Berhältniffen müßte fie
ficher dem Menſchen leichter fallen. Bald hemmt eine
fehlerhafte Befchaffenheit des Leibes die Würffamf. der
Seele, bald erfchweret die fo ſtarke Reitzbarkeit der
Sinne die Aufmerkſamkeit, bald erfchweren herrſchende
Neigungen das Finden der Wahrheit, bald veranlaßt
Die ſchiefe Richtung, die der Menſch von Jugend an
erhielt, fo viele Vorurtheile und Irrthuͤmer, deren Be—
ſtreitung ſo ſehr viel Zeit hin nimmt, und der H inder—
niſſe im Erkennen noch weit mehrere. Allein nicht im—
mer werden dieſe ‚ainderniffe — wicht immer der Kampf
mie denſelben waͤhren. In jenem Beben wird es uns
leicht fallen, die Wahrh. zu finden und zu erkennen.
Sprit reiffender Schnelligkeit und anhaltender Freude
werden wir im Erkennen fortfahren und nichts — Wird
© 139
Sel.nd. T., (in Erweiterung u, Bericht. der Erk.)
ung darin flöhren. Dann wenn mir frei find, wenn
wir einen zur leichteren Betreibung unferer Gefchäfte
des Ge ſtes eingerichteten Koͤrper haben, nicht mehr ſo
ſtumpfe — eingeſchraͤnkte — hier fo ſehr uns verfuͤh—
rende Sinne befisen, wenn ung diefer fo frag werdende
. und ermattende Sei fehle: dann laft fich alles leich—
ter und beffer einfehen. Dann fallt dag Erfennen
| lichter, wenn wir nicht mehr von kurzſichtigen und
v. Sorurtheilen angefüllten Echrern gemißleitet — wer—
den, fondern auf einem Standp. fichen, von welchem
wir eine freie Ausſicht haben; dann wird das Ge—
ſchaͤft: Wahrheit zu ſuchen und zu finden, unmoͤglich
ſchwer fallen. Wenn mit iedem Fortſchritt in der Er-
kenntniß es uns leichter fallen wird nachzudenfen und
zu forfchen — wenn : ins unfer Gedaͤchtniß nicht mehr un-
treu ſeyn, wenn ung die Einbildungsfraft nicht taͤu—
chen, wenn fein Mangel an Aufmerkfamfeit ung hin-
dern wird, Einfichten zu fammeln, zu behalten ı und zu
berichtigen — dann wenn unfer Blick gefchärfter if, —
wenn fich unfere Saffungsfraft in ihrer ganzen Staͤrke
sußern Wird — wenn und die reichften Quellen der
Erf. geofnet ſind — dann werden wir gewiß mit der
reinſten Freude uns gern bemuͤhen im Erkennen immer
weiter vorzudringen.
d) Dort wird unſere Erkenntniß gewiſſer
und zuverlaͤßiger feyn als bier. Hier it ge
vielen Taͤuſchungen und Zweifeln unterworfen. Im
Umgang mit den Weiſeſten, bei der Betrachtung der
Werke Gottes — beim Aufſchluß über Gottes Fuͤh—
rungen wird biefes vollig wegfallen.
€) Auggebreitet — viel umfaffend wird des Frommen
Erfenntniß in iener Welt feyn. Das, was auch der
aussebildetfte Verſtand — der gefchärftefte Blick weiß —
if wenig gegen dag, was Feiner der M. erreichen, er-
forfchen und durchdringen Fann. Es iſt nur der klein—
fie — unbedeutendfte Theil der für ihn in andern La—
Ber. Bra en Dinge. Leberall findet er Schran-
fen, die er nicht überfihreiten, Geheimniſſe, die er fi
nicht erklären — und Dunfelbeiten, die er nicht auf-
hellen kann. Dieg if in Hinſicht Kor des Him-
mels, als der Erde ihrer ©: aͤter Schoͤnheiten,
als in Ruͤckſicht des M. ſelbſt, ſ. Reiben, ſ. Seile,
\
140 ©. |
Seligf. n. d. Tode, (in der Erweiterung unfer Erf)
feiner oder feiner titmenfehen Schidfale, im Großen
und Ganzen, wie {m Kleinen und in den Theilen der
Sal. Bon den Abſichten und Beſtimmungen, vom
Zuſammenhang der ihn umgebenden Gegenſtaͤnde kann
‚der M. wenig als Gewiſſes beſtimmen Die Natur u.
innere Beſchaffenheit der Geſchoͤpffe bleibt ihm verbor-
gen. Wenn er auch einig 8 entdeckt hat, ſo entgeht
ihm Dagegen unendlid, vieles Andere. Sm Neiche des
Unendlichen muͤſſen gewiß viele Wunder und Veran-
ſtaltungen fen, die der M. nicht erfennt oder faft.
ie wenig weiß er auch von Gott — vom Geifter-
reiche u. ſ. w.!“ Wag er weiß, it Stuͤckwerk. Dort
aber fol das ee aufberen, unfere Erf. fol
vollkommener auch im Umfange d. 5. viel umfallinder
werden; denn alsdann gibt es Feine Hinderniffe mehr,
welche davon bier abhalten, z. B. Feine ſo einge
ſchraͤnkte Sinne. — Dort ſehen wir Gotces Werke —
unſere Schickſale in einem hellern Lichte. Dort behel—
fen wir uns nicht mehr mit truͤgenden Schluͤſſen und
Vermuthungen, ſondern erblicken alles entwickelt und
vollendet. Dort ſind Gottes Abſichten mit uns ent—
huͤllt. Der Glaube geht ins Schauen — die Hoff—
nung in Genuß über. Dann überfehen wir den Zus
ſammenhang, die Verbindung — die ſchöne Heberein-
ſtimmung des großen Ganzen. Dort find unfere Sin-
ne feiner und gefchärfter;— fie werden alfo mehr um=-
faffen und ficherer — Dort werden der Gegen—
fände mehrere und diefelbe vollkommener und licht-
voller feyn. Nimmt dort die Empfänglichk. fürs Er—
forſchen zu, wird ber Trieb dazu großer und gehn wir
dann mit den mweifcften Menfchen und Geiftern, ia mit
Sort — dem Inbegriff aller Weish. um: ſo wird
ohnſtreitig unſere Erk. am Umfange gewinnen. —
f) Die Erf. in tienem Leben wird edler —
wichtiger — würdiger u. eben dadurch wohl—
thaͤtiger u. freudenreicher ſeyn. Wir is ah
unfere Denf> und Forſch Xkraft auf höhere und edler
Gegenſtaͤnde richten. Im Ganzen iſt nicht Die 9
Erf. auf Erden edel. € ne groß? Zahl von Menſchen,
die blos für koͤrperl. Beduͤrfniſſe ſorgen, beſchaͤft nen
ihr Nachdenken nur mit Kleinigkeiten. Andere br
fchaftigen ſich bios mit der nur in Wortern oder in
; | S. 141
Seligf. n. d. Tode, (in der Veredel. unſ. Erf),
fruchtlofen Gruͤbeleien beſtehenden Wiſſenſch. Andere
unterhalten ſich mit Zuſammenreihung und Trennung
„der Zahlen. Wieder andere mit dem Bemühen vie
Stoffe folder ird iſchen Korper u. Dinge zu erfen-
nen Hu aus ihrer. Bermifchung zu fcheiden, Die ın
jenem Sehen nicht mehr. ſeyn werden, u. f m.. ©o
fchäßber — auc ‚zur Schärfung des Verſt. u. Uebung
des Geiſtes ſolche N niffe find, fo gibt es doch an—
dere mehr. Ger — und me hr u, edler erfreuende
Ertenneniſſe, z. das Bemuͤhen Gott naͤch fenen
unendlichen Flag zu erkennen, ſ. Werke zur Bewun⸗
‚derung feiner Größe, Macht, Weish. und Eütr zu bee
trachten — woegegen alle menſchl. Werke mangelhaft
find. Wird niche die naͤhere Bekanntſchaft mit ven
Geifiern — edler und mehr Sreudenb: ingend ſeyn his
die Entwicelung der — im der Verblendung — oder
in den Leidenfchaften eitler oder eigennuͤtziger Menfchen
gegründeten politifchen Handel?! Alle Erik. auf Er⸗
den it nur wedie Erf. der ſich mit den Anfängen
bes Wiſſens und mit Kleinigkk. ſich beſch aͤftigenden
Kinder zu betrachten. Hier. bedürfen wir derſelben.
Dort aber wird unfer Wiffen edler — mwürdiger —
erhabner werden, denn nur das Große und Edle,
das Erhabene und Liebenswärdige wird unfern Ver;
ſtand beſchaͤftigen. Die Gegenſtaͤnde unſerer Erf, wer—
den weit großer — wichtiger — edler und unſerer Be—
ſtimmung nach wuͤrdiger ſeyn. Von denſelben wer—
den wir uns wuͤrdige — erhabene Vorſtellungen
machen. |
8) Dort werden wir mehr vieles auf einmal erken—
nen und faſſen, wenigſtens mit ſchaͤrferen Blicken
um uns her ſchauen u. mehr ſowohl als auch ſo vie—
les erkennen, was ſich hier unſ. turzfichrigen Blicen Oele
barg und wovon mir vorher noch feinen Begriff hats
ten; denn e8 find denn die EC chranfen des Geſichts—
kreiſes unſerer Seele aufgehoben. — Auf einmal wer-
den mir dann zwar nicht den ungeheuren Schauplatz
der. goͤttl. — wundervollen Werke uͤberſehen und mit
unſern Blicken fo viele Welken um faſſen, aber doch zu-
Hleich ungleich mehr als bier erkennen.
h) infere Erf, wird mürffem u. thaͤtig fep
Fe lichtvoller, ie e gewiſſer, ie edfer Die Erf. jenes Re e⸗
142 | ©. |
Send, z ode, (in der inımer wachjenben Erf.)
bens ſeyn wird, deſto thaͤtiger und wuͤrkſamer muß ſie
werden. Solche Vorſtellungen koͤnnen unmöglich todt
In der Seele liegen und da fie nicht durch Äußere Ums
ftände verhindert werben, fü muͤſſen ſie ſich ſehr wuͤrk—
ſam zeigen und ſelige Empfindd. und edle Thaten er>
zeugen. Wenn die Geligen Die Wahrh. ſelbſt durch
dringen, und mit dem was ſchoͤn — groß ee.
wuͤrdig iſt, vertrauf u. bekannt werden, fü: muß das ge⸗
wiß in ihnen Liebe zur Ordnung — Tugend u. Evelfinn
erwecken. Tiefe Blicke in's Geiſterreich muͤſſen zu
freundſchaftlichen u. theilneh menden Geſinnungen ſtim⸗
men. Wenn fie Gott näher erkennen — werden fie
ihn auch, tiefer anbeten. "Henn fie näher feine Güte
einfehen, werden fie zu mehrerer Liebe und zur geruͤhr⸗
ten Danfbarfeis erweckt werden! Kurz, iene vollkom—
menere Erf. wird fie mehr veredelen und vervoll—⸗
kommnen. |
i) Die Erfenntn inienenm Leben wird ſtets —
aufeine unbefchreibl. Art wahfen Die Se-
ligen werden gleichfam von Gtufe zu Stufe der Erf,
fortfchreiten und immer mehr ihre Sehnfucht nach Ein—⸗
ſicht und Wahrh. ſtillen. Sie werden dann immer
neue Vortrefflichkeiten und Vorzuͤge erkennen, vieles
bisher ungeſehene bemerken, vieles Unbewußte erfah—
ren und lernen. Durch Zeit, Erfahrung und Nach—
denken wird ſich ihr Wiſſen erweitern u. verdeutlichen.
1 For, 3, 18 gehört bieher nicht, In diefer Stelle ift nur von dcr
immer mehr ſich verbreitenden und erhaltenden‘ Erkenntniß der
chriſtl. Wahrheit und Vortrefflichkeit der chriſtt. Lehre die
Rede.
In den Ewigkeiten, welche die Seele daun vor ſich
hat, kann fie immer mehr hinzu lernen und immer hö—
her hinan fleigen, wenn gleich zwifchen ihrem Wiffen
und der — Alles umfaffenden Erk, die Gott hat,
gleichfam ein unermeßlicher Raum bleiben wird. u
dem weiten Wuͤrkungs- und Beobachtunggfreife des
Seligen kann derfelbe gewiß feine Wißbegierde befrie—
digen und ungehindert diefelbe ausdehnen.
xK) Die Erkenntniß der Seligen wird zu Gegenftänden
haben;
aa) Gott. Ihre Erf, von Gott wird berid-
tigt, reiner, beffer u, größer werben. Ihr:
S. | 143
Seligf. n. d. Tode, (in näherer Erf. Gottes.)
Rel.⸗Erkenntniß — ihre Begriffe von Gott, feinen Ei—
genfchaften, Werfen, von feinem Willen, feinen Fuͤh⸗
rungen oder ſ. Vorſehung werden wachſen. Zwar has
ben wir Menſchen dazu hier ſchon die Bibel, aber es
iſt ein Buch, welches doch zunaͤchſt für andere Le—
ſer und in einer fremden todten Sprache ge
ſchrieben iſt. Es eroͤfnet uns zwar einiges von
Gott u. feinen ewigen Verhaͤltniſſen zu ung, aber
Fönnen wir alles bei folchen Winken in demſelben ver-
ſtehen und faſſen? Es enthaͤlt mehr Winke als eine
vollſtaͤndige Belehrung. Zwar haben wir hier auch
das große leferlibe Buch der Natur, um
daraus eine beträchtliche und ziemlich helle Gotteserk.
zu erhalten. Uber Die Beobachtung ber Natur — die
eonshin nit Aller € — F — gleicht einer Schule,
in welcher man nie ausler 3 laͤnger ſich die Na—
turforſcher mit dem Erforfehen ber Ratur befchäftigen,
deſto mehr finden fir Urfache uber das Berborgene zu
erffaunen. Sie finden immer reichen — nie zu erfchö-
pfenden Stoff zu ewigen Entderfungen und alles, mag
fie finden, muntert fie zum weitern Forſchen auf. Wir
fehen in der Natur viele Würfungen, aber nicht iedes—
mal ihre Urſachen. Diefer Mangel an diefer Erfennt-
niß veranlaßt fo vielen Aberglauben und Vorurtheile
und. fo viele Menfchen zu dem irrigen Schluß, daß,
wenn zwei Dinge zugleich erfolgen, dag eine Davon die
Urfache — das andere die Würfung ſey. Alfo läßt
iene Welt vieles übrig, um unfere Gottegerf, zu ver-
mehren umd zu berichtigen. Wir werden da Gottes
Weisheit und Güte anf einer höhern Stufenleiter der
Weſen volfommener erfennen; wir werden gleichſam
dem Unfichtbaren immer näher fommen an Einficht u.
Erfenntnif. Unſere Erfenntnig vom lUnendlichen wird
(gleihfam) anfhauend, d. 5. ungleich vollfommener
feyn. Wir werden feine Eigenſchaften im Ölanze ih—
rer Herrlichkeit, befonders feine Größe und Maieſtaͤt,
feinen Willen weit beflimmter, feine Abfichten in ihrer
erhabenen Güte, und feine Entwürfe in ihrer hohen
Weisheit einfehen. Wir werden die Art und Weiſe
erkennen, wie Gott im Himmel angebetet, verehrt, be—
wundert und zum * gewählt wird. —
Dieſes wird ung moagtich werden,
144 — S |
Selig. n. d. Tode, (in näherer Erf, Gottes.)
©) Durch dag Betrachten und Erfennen noch groͤßerer
Werke und Anſtalten Gottes, alg wir fie Hier uf &
als Wunder feiner Macht und Größe erblicten, und
durch das Erfennen derer, die ung bier verborgen blei—
ben. Die GSeligen werden Gottes Herrlichkeir noch
näher als hier verflären. Dort werden wir unfere
Blicke über die Tiefen der Natur, ausbreiten und fie
tief in dag Verborgene der Schoͤpfung, in die Spuren
der Gottheit wagen, um das hier Werborgene zu er»
forfchen. Wir werden tene unermeßliche Menge von
Welten überfchauen und fie ſehen, die unfere Erbe
an Schönheit — Mannichfeltigkeit, Glanz, An nuth
und Herrlichkeit weit über alle unfere Erwartungen
übertreffen. Hier denken wir fie ung nur diefe Wel—⸗
ten, bier erfenne unfer Blick fie Faum der Oberfläche
nach. Dort aber werden wir fie erforfihen, ihre Ver⸗—
bindung, Ordnung und Befchaffenheit — ihre Kräfte
und Bewohner erkennen. Es wird ung zu dei ange:
nehmſten Betrachtungen veranlaffen, unfere Wißbe—
gierde befriedigen, ohne ihre Gegenſtaͤnde ie in Ewigk.
erfchöpfen zu Fonnen. Sa. wie viele Entderfungen -
werden ung noch übrig ſeyn! Wird ung dag nicht.
Gottes Almaht, Größe, Weisheit und Güte im bel:
len Licht erkennen laffen? Wie genau werben wir die
Kräfte der Dinge durchfchauen und durch unfern groͤ—
Bern Verſtand oder verfeinerten Leib tiefer in das In—
nere der Natur bineindringen! Wenn wir dann die
ganze Erde fennen lernen, wovon ung bier nur ein
feiner Theil befannt ift, wenn wir dann vom Bewoh—
ner diefer — zu den Bewohnern iener Welt eilen und
von allen neue Einfichten — neue el. » Begriffe, neue
Entdeckungen fammeln — wird ung dag nicht hinläng-
lich befchäftigen u. erfreuen?! Wie fehr werden wir
dann Gottes Liebe fehen u. empfinden! | |
e) Welche Freude über Gott muß daraus entftehen!
Wie fehr muß uns dag zur Anbetung Gottes reigen!
wie fehr muß unfere Liebe zu Gott an Innigkeit
zunehmen! Werden wir ung nicht in feiner Liebe im—
mer glücklicher fühlen? Durchdrungen von der hoͤch—
ften Ehrfurcht, entflammt von der innigften Liebe, ge—
reißt zur höchften Dankbarkeit, in der Anbetung *
uͤber
©. 145
Set, n. d. Tode, (in Erweit, unferer Neligionsf.)
über Alles Erhabenen werden wir unausfprechlich ſe—
lig feyn!_:
Dieſe Gofteserfenntniß wird zwar unmogl. fo vol:
fommen werden, daß uns in Gott gar feine Dunkel:
heit und Verborgenheit übrig bleiben follte. Gott ganz
wie er ift, zu erkennen, — das ift für fein endliches
Gefhöpf. Aber es wird ſchon Seligfeit genug feyn,
wenn ein großer Theil der Dunfelbeiten, die ietzt Gore
vor unferm Blick verhüllen, verfchwinden, wenn wir
feine Eigenfh. genauer erfennen, wenn wir fie mehr
im Ganzen faſſen Fönnen,da wir ſie bier nur nach ver—
fchiedenen Benennungen und unter befondern Vorſtel—
Jungen faſſen. Es ift fhon eine hinlängl. Seligkeit,
wenn uns von feiner Weisheit Feine Spur entgehen
wird, wenn ung die Demeife feiner Huld von allen
- Seiten zuſtrsmen und uns größere Beweiſe feiner Al
fraft werben befannt werden. Wird ung feine Bier
uns verborgene Negierung erflärbarer, finden wie
überall den Anbetungswuͤrdigen, wird das Unvollſtaͤn—
dige in unferer Gotteserk. ergänzt, dag Unrichtige bes
richtige, — das Dunkle aufgchellt werden — dann
muß unfere Freude ausnehmend groß werden.
bb) Wir werden über viele Gegenftände der Nel. eine
nähere Erf. erhalten, z. DB. über die eigentliche goͤttl.
Wuͤrde Jeſu, dieſes Wohlthaͤters der Chriften, über
den Umfang ſeiner Verdienſte, uͤber die Art und Weiſe
feiner Erlsſung oder weshalb er Verſoͤhner iſt und
Verſoͤhnung fehafft, oder wie wegen feines Todeg
die Menfchen gleichfam als fündlos angefehen, die
Strafen von ihnen entfernt und fie begnadigt werden
fönnen? wie weit, — ob auch auf die Bewohner an-
derer Welten, fich der Zweck feiner Erföfung beziehe
und wie weit ihre Solgen geben? Wie Gott fo große
Anftalten zu unferer Erlöf. hat treffen Tonnen, da doch
fo wenigen die chriftl. Lehre befannt wird, und fo we—
nig Ehriften fie befolgen? Ob nicht die Würfungen
des Todes Jeſu unfere ird. Erkenntniß übertreffen u.
ob dieienigen, die den chriftl. Nel.- Stifter nicht ken—
nen, dennoch davon gar Feine Kenntniß erhalten wer-
den? Ob auch won! dieienigen natürlichen richtigen
Kl.» Kenntniffe, deren wir uns ietzt erfreuen, felbft
ohne daß fie Jeſus wieder hervorgezogen und allges
Chriſtl. Si, Lehre f,d, Canzelgebr. 3 Th. g
BB: m, >% |
Sel,n.d, Tode, (in der Vermehr. unferer Erf.)
mein gemacht hätte, in der Welt ftatt finden würden?
- Sicher wird ung in der Ewigk. alles dag einleuchten,
was ung hier in der Bibel und Rel. nach aller anges
wandten Mühe und nach allen REN Mitteln
unerflärbar oder räthfelhaft blieb.
cc) Wir werden ung felbfi— die Natur unfe-
res Geiftes u. Leibes u. den Werth aller
Dingein der GSeligfeit näher erfennen. Be—
fonderg werden wir den Zweck, die Berhäleniffe, den
Einfluß der Dinge auf unfere und anderer Geſchoͤpfe
Gluͤckſeligk. im klaͤrſten Licht einſehen, beſonders die
weiſe Fuͤhrung unſerer Schickſale durch Gott, die weis
ſen Entwuͤrfe der Vorſehung erkennen. Die Zweifel
an der Vorſehung bei dem Dunkel in dem Gange der
menſchl. Schickſale werden dann aufgeloͤßt und Got»
tes Regier. aller und einzelner M. ſich in den ſchoͤn⸗
ſten Einklang aufloͤſen. Wir werden den großen Ent—
wurf der Wege Gottes durchdenken, oder das Weiſe
in der großen Verwickelung und in der dennoch erfol—
genden Aufloͤſung in groͤßeres Gluͤck bewundern, ruhig
ins Vergangene zuruͤckſchauen und den Zuſammenhang |
unferer vorigen Schickſale mit dem gegenwärtigen foog,
fo wie die liebevollen Abfichten der überftandenen Lei—
den als heilig und allweife erfennen. Hier war dag
Schickfal der Redlichen und Unſittlichen ſo ſonderbar
gemiſcht. Hier ſcheinen uns Gottes Leitungen der M.
oft ſo zweckwidrig. Allein es iſt hienieden natuͤrlich,
daß unſern ſchwaͤchen Augen fo manches verborgen
bleibt. Denn wir überfehen nicht dag Ganze, und
fennen nicht die Abfichten des, der es regiert. Wie
fonnten wir alfo von feinen *Deranftaltungen richtig
urtheilen? Mir Fennen nicht die einzelnen Triebräder
und die Urfachen, marum fie fo und nicht anders in
einander greifen mußten, wie fonnten wir alfo etwas
Unweiſes und nicht Guͤtiges in der Regieruug der
Welt — dieſer großen Mafchine finden? Unſer fo kur—
zes Erdeleben erlaubt ung nur einen Fleinen Theil der
Negierung Gottes zu überfehen. Zeit und Ort — uns
fer Körper 2c. verengen fo ſehr unfern Gefichtgfreis.
re vieles muß ung alfo bier unerforfchlich bleiben !
Dort aber wird diefer enge Gefichtgsfreig erweitert und
ung ein Licht gleichfam über die dunfeln Führungen
©. 147
Sel. n. d. T., Lin Erweit, u, Verbeſſ. unf. Nel.- Erf.)
Gottes angezündet werden. Wenn es hier ung uners
Härbar ift, weshalb der Fromme in feinen guten Ab—⸗
fichten verfannt, weshalb er in feinen gaten Bemis
hungen ununterftüßt gelaffen, ia babei verſpottet
wird — — wenn man hier nur die Fehler eines M.
erzaͤhlt und nichts von den, von ihm im Verborgenen
verrichteten, edlen Handl. weiß, wenn man den Redl.
verlaͤumdet: ſo wird es dort uns klar werden, daß
grade dieſe Leiden der Verkennung, des Haſſes, der
Verlaͤumdung ꝛc. fuͤr die Tugend eines folchen M.
und zur hoheren und ſchnelleren ns
vieler feiner Mitmenſchen unumgängli ch usthig gewe—
fen find. Wenn wir bier fähige Köpfe durch äußere
Umftände gurücgehalten und fie das hier nicht were
ben fehen, was fie beizc. hätten werden fonnen; wenn
fie in einer ungunfligen Lage und am untechten Orte
lebend gar dag nicht leiſten koͤnnen, was fie a anders
mwärts oder zu einer andern Zeit geleiſtet haben wuͤr—
den: ſo wird es dort uns bekannt werden, wie viel
die Welt durch ſolche Niederbengungen faͤh ger Koͤpfe
gewann und wie ſehr iene Hinderniſſe nothig waren.
Einſehen werden wir es dann, wie ſolche Menſchen
bei einer gluͤcklicheren Lage entweder in Hochmuth oder
andere Laſter verfallen und andern nur zum Verder—
ben gedient haben wuͤrden. Wenn hier es Eltern nicht
begreifen koͤnnen, weshalb ihnen Gott hoffnungsvolle
Kinder durch einen frühen Tod entzieht: fo werden
ihnen dorf die weifen Abfichten Gottes (denn immer
handelt er liebevoll) bei diefen harten Leiden befannt
werden. Gehen werden fie, daß ihre Kinder ſchweren
Leiden oder Verſuchungen entgangen und fie, die El
tern felbft, dadurch empfindlicheren Schmerzen enfgans
gen u. entriffen worden find. D die Einficht: „meine
Wege waren nicht Gottes Wege, und meine Gebanfen
nicht feine Gedanken” — wie wird fie einft ung ent«
zücen und ung — Gott zu danfen reißen! Endlich
wenn wir fehen werden, welchen großen Gefahren
(auch vor Feinden) — Leiden u. f. wm. uns bier Goft
durch feine Leitung entzogen, wie er ung beſchuůͤtzt —
wie er uns vor Suͤnden, die uns gewiß in eine Kette
von unfägl. Kummer ꝛc. bewahrt hat — — dem
| 2
148 S.
Sel. n.d. T., (in d. Erweit. u. Verb. unſ. Rel.-Erk.)
allem wir vor und im Tode noch nichts mußten): ſo
muß auch das eine wonnenolle Erkenntniß werden. —
Kurz, dort werden alle Nebel, die ung bier Gottes
Wege verdunfelten, verſchwinden, abe Raͤthſel werden
aufgelößt werden — alle Anftöße werden wir gehoben
fehen. Was uns bier Unordnung fchien,
wird dort ung Drdnung, was ung bier Un—
recht fhien, ung dann recht; was ung hier
ale Shorheit vorfam, dort als Weisheit;
was uns bier ein hartes Schickſal zu feyn
daͤuchte, wird ung Dort als eitel Güte er-
fheinen. Wie groß muß die Freude darüber wer>
den, daß wir da Weisheit entdecken, wo ung bier al-
les Unordnung und ohne Entwurf veranflaltee zu feyn
fhien. Muß dann nicht die feftefte Ueberzeugung von
Gottes Macht — Weisheit und Güte unfer Herz eins
nehmen, wenn wir e8 fo anfchauend erfennen, daß er
alles zur Erreichung feiner guten Abfichten hingelenkt —
wie er alles, was er that und fihickte, Keiden u. Freu—
den, Glück und Ungluͤck — Wohlthat und Strafe zu
unferm Beften habe abzwecken laſſen? Iſt eg nicht hier
fchon ein fehr großes Vergnügen, wenn man für ſich
im Stillen und in der Einfamfeit oder in Gefprächen
mit andern ſich über den unerwarteten Ausgang u. die
wunderbare Auflofung einer verwickelten und ung fehr
zweckwidrig gefchienenen DBegebenheit unterhalten u. e8
einfehen gelernt hat, daß fich zur Beford. diefes od. ienes
Zweckes alles fonderbar hat fügen u. ordnen muͤſſen,
wie durch fonderbare Verbindungen diefer für ung oder
Andere glückliche Erfolg habe entftehen u. wie, um den»
felben zu bewärfen, fich fo vieles habe vereinigen
muͤſſen. Wie vielmehr wird es dort größere Wonne
gewähren, wenn wir dann die ganze Nichtzufanımens
ffimmung unferer und Anderer Schickfale in Ueberein-
flimmung aufgelsßt u. den ganzen Entwurf der unbe»
gränsten Weish. und Gute Gottes vor unfern Augen
enthüht fehen werden. Welche Empfindungen der
Sreude, des Danfes, der Bewunderung, Anbetung u.
Verehrung Gottes, befonders in unbegranztem freudie
gen und kindl. Vertrauen zu ihm und feiner Güte wer-
den dann unfere ganze Seele durchſtroͤmen!
©. | 149
Sel. n. d. T., (ind. Erweit. u. Verb. unf. Rel.- Erf.)
dd) Die Frommen werden deutlich die Kol»
gen ihrer Hier vecrichteten guten Handlun-
gen erfennen Hier fiehbe oft der Redliche gar
nicht8 von den Folgen feiner guten Thaten. Unſer
Gefichtsfreis ift in diefer Ruͤckſicht auch fehr einge-
fchränft. Wer eine Waife erzieht, flirbe z. B. ohne
die Srüchfe feiner Handl. zu fehen und mit der Be—
forgniß, 05 nicht die gute Erziehung bei der Verfuͤh—
rung in der Melt vergebens ſeyn werde. Dfe flieht
der Fromme zu wenige und zu geringe Solgen feiner
beiten Bemühungen, Die, wenn fie die einzigen wären,
nicht die deshalb aefoftefe Leberwindung und Aufopfe—
rung verlohnten und zu wenig mit den Werth und
der Schwierigkeit der That in Verhaͤltniß ſtehen. Oft
wird dem Nedlichen für das Gute Undanf zu Theil,
und zumeilen ficht er gar. böfe Folgen feiner guten
Thaten. Allein dort wird er fehen, mie iede einzelne
gute Handl. auch gute Solgen, wo nicht für Andere,
doch wenigſtens für uns ſelbſt hatte, wie iedeg lehr—
reiche Wort der Ermahnung nicht vergebens -gewefen,
mie e8 manchen Spoͤtter uͤberzeugt, manchen Zweifel⸗
haften beruhigt, manches Boͤſe im Unbefefligten vers
huͤtet habe. Su der Ewigkeit den Geretteten erblicken,
und hören, wie er ung für unfere Belehrung oder Er—
mahnung danft — — das muß als wahres Glüd
unendlich erfreuen. Dort wird die auch felbft dem,
der hier undankbar ift, bewiefene Wohlthat in ihren
ihm, dem MWohlthäter, felbft nüglichen Folgen, daß er
dadurch por zu großer Anhbänglichf. an ird. Güter bee
wahrt und in der GSelbftüberwindung beftärft wurde,
erfannet werden. Dort werden wir eg auch erft lebhaft
‚einfeben, welche in’g Unendliche fortge-
hbende Solgen bier gute Handl. Haben.
Hienieden vermegen wir nicht, alles, was aus unfern
Thaten entficht, bis zu den letzten Solgen zu ent-
decken. Welche entzückende Freuden wird es dorf ges
wahren, wenn der Erzieher und Lehrer eines verwais—
ten Kindes die Folgen der ihm gegebenen Belehrung,
Der underdroßnen Anfuhrung zum Guten u. f. w. ers
fährt — wie diefes Kind z.B. wieder viele andere M.
unterrichtet, Bedrängte getroftet, Lafterhafte gebeffert
u. ſ. w. habe. Wie ermunternd muß nicht dieſer an
150. S:
Sel. n. d. T., (Freuden der Erweit. unf. Erf.)
ſich ſchon entzuͤckende Gedanke für Eltern und Jugend⸗
lehrer feyn, — feine Mühe im linterr., in der Erz. u
Bildung ihrer Kinder und Zöglinge verdrießen zu laf-
fen, weil fie einſt aleichfam an ihren Kleinen Pflaͤnz⸗
hen, die fie gut pflegten, einen, großen. — reichen
Schaͤtten und viele herrlich Tabende Srüchte darbieten⸗
den, Baum erleben werden.
Eine außerordentliche Seelenfrende wird dieſe Er⸗
weiterung und Berichtigung unſerer Erkenntniß gewaͤh⸗
ren, unſere Freuden unausſprechlich vervielfaͤltigen u.
uns zur Bewunderung Gottes hinreißen. Es wird
eine ewig unerſchoͤpfliche Quelle der reinſten — erha⸗
benſten — und innigſten Freude ſeyn, ſo wie auch eine
Quelle einer groͤßeren Wuͤrkſamkeit. Denn alle Macht
der Geſchoͤpfe entſpringt aus richtiger Kenntniß der
Geſetze u. der Einrichtung der Ratur. Denn iſt Pſalm
111, 2 ſchon bier wahr, welch eine Freude wird dann
nicht der Anblick und die Betrachtung des neuen Him—
mels und der neuen Erde gewähren! Hier fibon
macht ung die Bermehrung unferer. Kenntniffe Freu—
de — und zivar eine folche, die nicht, wie die finnlis
chen Freuden mit Neue und Eckel verbunden iſt, fons
‚dern fie gibt Zufriedenheit. Schon bier erleichtert ung
Kenntniß die Ausuͤbung unferer Tugend, und fchon
bier Begründer eine berichtigte und vermehrte el. =
Kennen: unfere Ruhe. Wie vielmehr wird alfo
Wachsth. an Erf. dort freudenreich und erwuͤuſcht
ſeyn! Man denke ſich die neuen entzuͤckenden Gefuͤhle,
wenn der Umkreis unſers geſchaͤrften Auges, welches
hier kaum den Winkel umfaßte, den wir bewohnten,
ſich dann ſo erweitert hat, daß er keine kleine Welt
umfaßt, wenn wir vom Throne Gottes an bis in
ferne nachtdunkle Tiefen der Natur mit lichthellen
Blicken einen groͤßern Theil derſelben befaſſen u. nun
da Uebereinſtimmung finden, wo wir hier Mißſtimmung
zu finden glaubten, da Ordnung im vollen Lichte be—
merken, wo uns ſonſt alles Verwirrung ſchien, wenn
nun unſer in ungemeßne Ferne reichender Blick uns
ſtets neue Entdeckungen zufuͤhren und uns mit dem
angenehmſten Erftaunen uͤberraſchen wird. Je leich—
ter — reiner — ſicherer — ausgebreiteter — wuͤrdi—
ger — und würffamer die Erkenntniß unſeres Lebens
©. N ESE
Sel. n.d. Tode, (Freuden der Erweit. unſ. Erf.)
feyn wird, deſto größer wird das Vergnügen fen,
welches fie dem verflärten Geiſte darbietet. — Sich
frei zu finden von den förperlichen Bedürfniffen, deren
Befriedigung ung hier in unferer regen Wißbegierde
und Sorfchluft fo oft unterbricht und fort — welche
Sreude muß das genießen laffen! Wenn es ung dann
Dadurch, daß wir immer tiefer in die Erf, Gottes und
feiner herrl. Eigenfchaften hineindringen, immer deut—
licher wird, daß alle feine Anſtalten und Führungen
nur zu unferm Seifen abgezielt haben, und daß er ie—
den Menſchen zu einer ſtets groͤßern Vollk. erzog —
o wie muß dieſe Einſicht dann eindringen! *)
Dafür, daf dem Frommen bie Erweiterung 1. Des
richtigung feiner Erf. bevorfteht, bürgen ung folgende
fihere Gründe:
e) Hier auf Erden iſt e8 nicht iedem vergonnt, feine
Erf, gu vermehren, wenn gleich Gott dazu den Trieb
in feine Seele gelegt hat. Der größte Theil von M.
hat fo verfchiedene, zerftreuende Gefchäfte, daß er kei—
nen Hang. zur Erweiterung feiner Kenntn. äußert.
Die Sorge für Nahrung und Kleidung, der Mangel
an Mitteln und Gelegenheiten, die Kenntniß zu vers
mehren — viele bald hie- bald dorthin ziehende Vers
bindungen, Theilnahme am gefellfchaftl. Umgange — die
zur Ruhe erforderliche Zeit u. f. w. halten viele v. der
Ermweit. des Wiffens ab; fie find mit der Erlangung
weniger zu ihren Berufe erforderl. Kenntniſſe zufrie—
den und kennen nicht das hohe Vergnuͤgen, welches der
Weiſe am Forfehen ꝛc. findet. Allein der Geiſt des
M. — dieß denfende Weſen, heiſcht eben fo gut als
der Leib Nahrung und Ruhe, fordert die Befriedigung
der ihm eigenen Sehnfucht nach Beichäftigung. Sollte
nun nicht der M.in iener Welt, wo er frei vom £hies
rifchen Leib iſt — und nicht mehr für die ihn zerr
— ihm die beſte Zeit raubenden und ihn gegen
die Vergnuͤgungen der Wahrh. abſtumpfenden Beduͤrf—
niſſe zu ſorgen und zu arbeiten hat, Gelegenheit zum
Erweitern ſeines Wiſſens haben? Was kann ihm dort
die Zeit rauben, ſich dem Nachdenken zu uͤberlaſſen,
*) Vergl. Goldammer a. a. O. S. 329 ff.
152 ©.
Sel.n.d. Tode, (in Erweit. u, Veredel. ber Erf.)
ſich Same zu fammeln u. f.w., wo er nicht mehr
im Schweiße f. U. das £and bauen oder fonft ſchwere
Arbeiten verrichken wird? Dorf, Wo er nicht mehr
den für ihn nicht gut zu beftreitenden Aufwand be-
fürchten darf, welchen bier. der Unterricht und die Mit-
tel zu einer mehr als gewoͤhnl. Erf. erfordern, fon»
dern von allen Seiten Duellen vor fich ficht, woraus
fein nad) Kennen. burftender Geift ſchoͤpfen u. trinken
kann — wird er gewiß die ſchoͤnſten Anlaͤſſe dazu haben.
Dort, wo keine Leiden und keine Sorgen ſeinen Geiſt
niederſchlagen, ſondern er in ſtets heiterer Ruhe lebt,
en er dazu allen Antrieb haben, und — befreit von
der Sinnlichk. daran gewiß vorzüglich Geſchmack fin-
den. Dort wird ihm ia aud) Goft zur Wermehrung
feiner. Erf. gewiß durch die gehoͤrigen Mittel — Ge»
genftände u. f. w. zu Hülfe kommen. Alles wird fich
dann vereinigen, das große Bedürfniß feines Geiſtes
zu erwecken, die Sehnſucht dazu zu vermehren u. mit
noch höherem Vergn. zu würzen. Niemand wird dann
von biefem Freudegenuß ausgefchloffen bleiben.
P) In Gottes Schoöpf. geht nichts zurück. Es fehreitet .
alles vorwarts und dem Mollfommenen entgegen. Wer
hier ſchon an Weish. suzunehmen gefucht hat, wird
in ienem vollkommneren Zuflande daran zuzunehmen
nicht aufhoͤren, fondern fortwachſen. Dieß wird, wie
e8 wahrfcheinlich ift, in eben dem Maaß u. nach eben
der Nichtung gefchehen, wie e8 hier gefchabe.
y) Da in ienem Leben fo viele Urfachen und Einfchrän-
fungen wegfallen werden, die ung bier die Erf. der
Wahrheit erſchweren, unſere Begriffe verdunkeln und
uns zu Irrthuͤmern verleiten, ſo wird auch dort unſere
Vernunft uͤber die hier taͤuſchenden Blendwerke der
Sinnlichkeit ſiegen und den Nebel ihrer Taͤnſchungen
zerſtreuen. Dort findet eine rein-geiſtigere Anſchauung
ſtatt. Dort iſt nicht mehr, wie hier, eine Verwechſelung
und Vermiſchung ſcheinbarer Vorſpiegelungen der Ein—
bildungskraft und reiner Verflandegbegriffe.. Dort iſt
kein Trugwerk der Sinnenerſcheinungen mehr; mithin
wird auch unſere Erk. von allen den mit uns in Be—
ziehung ſtehenden Dingen viel wahrer — gewiſſer —
richtiger ſeyn; werden wir zwar nicht auf einmal von
allem Irrthum frei fegn, fo werden wir ung doch im-
©. 153
Sel.n.d.T., (in einer vollfommneren Tugendübung.)
mer mehr der Wahrh. nähern, u. endlich aller Gefahr
ſchaͤdlicher Berirrungen entzogen ſeyn.
2) Es ift nothmwendig, denn wer glücklich feyn fol, muß
richtige Grundfäße haben. Hält fi auch iemand bei
dem irrigen Wiffen für glüdlih, fo wird gewiß
feine erfünftelte oder erträumte Ruhe bei der ge-
rinaften unglückl. Veränderung feiner Schickfale dahin
fchwinden. *) | | |
Bol, Zollikofer's Predigten, nach ſ. Tode ꝛc. VrB. Nr. XVII.
S.217 fe: „die Vorzuͤge unſerer Erk. in dem zukuͤnftigen
Reben.’ |
B)f. oben ©. 135.) Der Fromme wird inienem
Leben vollfommener die Tugend uben und
in allen fitel. BollfommenHheiten wadhfen,
i Kor. 13, 10; 11Ror. 5, 7.. /
YA) Er wird weniger fündigen, und dagegen mehr —
db. 5. mit mehrerer Neigung und Willigfeit, aus rei-
nern Gründen, ungehindert und in größerer Menge das
Gute thun, IIPetr. 3, 13. a) Bei ihm ift dann Feine
herrfchende Neigung zur Sünde mehr. Er hat eine
vermehrte, genauere und richtigere Erk., lebt in Verb.
mit Sreunden des Guten, deshalb wird er weniger fün-
digen. Dort werden auch viele Verſuchungen und
Gefahren zu fündigen wegfallen, welchen hier die Zug.
bei einem ſchwachen — unvollfommenen Herzen aug-
geſetzt if. Unfer finnliches Leben macht ung bier den
Sieg über ung felbft fo ſchwer. Die finnlichen Be—
gierden fiehen immer dem guten Willen im Wege,
) Die Beantw. der Frage: „haben die Seligen au vom
Zuſtande ihrer Hinterlaffenen und von unferm teßigen Le—
ben auf Erden Kenntnis?’ Halte ih nicht geeignet für
Meligionsvortrase. Es tft faft zu ſpeculativ und zu wenig
praktiſch. Es ift dieſes Thema fowohl von J. NR. ©.
Beyer in — zur Aufklaͤr. der Volksrel. in Predd. 2rB.
8p}. 1788. gr. 8. Wr. 14. ©. 178:187: „werden dann
wohl unfere verjtorbene Freunde im Himmel noh et
was von dem erfahren, was mit ung auf Erden vor:
geht 7° — als auch von J. W. ©. Wolf — in feinen
Predigtauszz. zr Jahrg. ©. 105-108: über das Ev, am
Himmelfahrtsfefte — abgehandelt worden.
154 | S.
Sel.en. d. T., (in einer vollkommneren Tugenduͤbung.)
Daher liegt oft der M. auch beim beſten Wollen und
Streben im Kampfe mit den Reitzungen zum Boͤſen
unter. Kaum bat man Einige Vorſchritte auf dem
Zugendpfade gethan, und muß dann vom Temperament
und Schwachheit übereilt, e8 bereuen, daß man gefehlt
habe, und immer noch fort fehle, wenn man glaubt,
über dag Fehlen erhaben zu feyn. Jeder bat bier
feinen eigenen Feind feiner Tugend, in feiner Ge-
müthsart, natuͤrl. Schwäche, in gewiffen Vorurtbeilen,
in falfchen Begriffen der Erde, durch Erzieh. verans
laßt, in gemiffen Gewohnheiten und Lieblingsneiguns
gen. Teder hat feine eigene Stimmung der Einbils
dungskraft durch gewiffe herrfihende Bilder in feiner
Vorſtellung, die noch dazu durch die Gefellfch., in
foelcher er lebt, unterhalten wird. Die durch mehr:
malige Befolgung feiner Neigungen entftehbende Ge-
wohnheit im Sehler » oder Lafterhaften wuͤrkt nicht mit
geringer Kraft. Wie viele Feinde gibe es alfo, mit
denen ieder bier zu kämpfen har. Zumeilen befommen
die Vortheile, die ung die Augübung der Lafter ver-
fpricht, einen fo einnehmenden aͤußerl. Schein und eg
verfprechen die finnlichen Begierden anfänglich fo viele
Freude, daß felbft unfere beite Erfenntniß überwogen
wird und wir ung zu Handlungen bewegen laffen, die
doch unfern Grundf. ganzlicy mwiderfprechen. Dort
aber werden alle diefe Feinde wegfallen, und die we—
nigen Hinderniffe, die dann der Selige noch zu feiner
Uebung zu bekämpfen hat, werden nicht mehr fo ges
fährlich feyn, und werden Teiche zu feiner Befeftigung
im Guten befiegt werden fünnen. Denn dort werden
doch die groben Theile, die ung den Genuß Eörperl.
VBergnügungen auf E. fo groß und reigend empfinden
laffen, aufhören. Dort— entfeffelt vom groben Koͤr—
per, ift nicht mehr die vergehrende Wolluft, Feine bei
ber felbft Heinen Beleidigung aufbraufende Hitze. —
Dort find nicht mehr die aug unferer Berbindung mit
unjerm Leibe entfichenden Verfuchungen. Geiß und
Ehrſucht 5. B. würden wir nicht fennen, falls wir
bier nicht mit andern Korpern, die eben durch die iekis
ge Derbindung der M. unter einander ihren Werth
erhalten, in einem genauern Zufammenh. fanden. Die
böfen Gefellfchaften, worin wir bier leben, wie viele
S. | 155
Sel.n.d.%., (in einer vollfommneren Tugenduͤbung.)
Berfachungen und Fehltritte geben und veranlaſſen ſie
nicht! Was das Zureden boͤſer M. nicht vermag, das
können bofe Beifpiele ausrichten. Bei denfelben ver-
gißt man dann die Kehren der Eltern, Erzi eher 2c. da
erfticken die verführerifchen Reden, Spoͤttereien und
der Genuß finnliher Wolluͤſte felöft den letzten Keim
der Tugend in feiner Seele. Zu ſtark wuͤrken Förper:
liche — finnlihe Dinge auf unfer Herz. Welch ein
Gluͤck iſt es demnach, daß ung die Ewigk. von dieſen
Verſuchungen befreien wird! Dort erlangen wir nur
aͤchte — Zeiſtige Güter, wozu uns die Tugend und
Veraͤhnlichung mit Gott fuͤhrt! Dort ſehen wir in
der Verbindung mit tugendhaften M. nur gute Bei⸗—
ſpiele. Dort gibt es nicht mehr Verſuchungen zu
ſuͤndlichen Handlungen. Denn dort iſt unfere Erf. we—
niger eingeengt, dorf verfcehwinden die Vorurtheile,
dort ift Feine Schmwärmerei mehr. Dort ift und wird
immer mehr unfere Nel.» Erf. berichtiget. Wir find
heraugsgeriffen aus den ird. Verbindungen. Ungehin—
dert koͤnnen dort unfere guten Grundſaͤtze wuͤrken und
es kann die Aufkl. des Verſt. mit der Veredelung des
Willens gleichen Schritt halten. Hat auch die Seele
nach dem Tode des Leibes noch einige uͤble Neigungen,
noch einige Wuͤnſche nach den Guͤtern, womit ſie hier
in Verbindung ſtand, nach dem Genuſſe der — hier
lange genoſſenen — Freuden; ſo koͤnnen dann doch
ſolche leicht befiegt werden; denn, weil wir alsdann
nicht mebr die Erdengüter befisen, und die ird, Freus
den genießen und dazu alle Hoffn. wegfaͤllt, fo werden
auch die Wünfche wur aufhoren. Die höhere Erf.
wird fie uns ale arınjehig erkennen laſſen und hoͤhere
Freuden werden alle iene Wuͤnſche verdrängen. Fuͤr
den, der ſchon bier fich & gewohnte mit feinen Begier—
den zu kaͤmpfen und bei wenigeren und ſchlechteren
Waffen über ſtaͤrkere Feinde zu ſiegen, wird es dort
leicht werden uͤber iede boͤſe Neigung in ihrem Aufkei—
men zu ſiegen.
b) Dort werden — leichter u. weit mehr Gutes thun.
Denn die vielen Hinderniſſe des Guten werden weg—
fallen, und der Fromme wird mehr Befoͤrderungsmit—
tel des Guten finden. Hier erſchweren die Allgewalt
der Sinnlicht. die — unmaͤßig nach Ian, Gütern u.
?
I 56 ö ©.
Sel. n. d. T., (in einer vollkommneren Tugendäbung.)
a erachtet, die Herrfchaft des ſittl. Uebels,
die nafürl. Trägheit, eine unrichtige Leitung unferer
Triebe, — die Schwäche und Unvolif. unferer Kräfte,
die vielen Einfchränfungen, die die freie Entwicelung
u. Erhöhung unferes Berflandes u. unferer ſittl. Kräfte
hindern, und eine Dienge außerer Imftäinde dag Stre—⸗
ben nach Tugend ungemein, ſo lange man es nicht bis
zu einem gewiſſen Grade der Vollkommenheit gebracht
und mehrere Stärke u. Feſtigkeit erhalten bat, Ufer.
5,0. 2. Eben dieſe mit der GSittlihf. verbundenen
"Schwierigkeiten und Kämpfe machen es fo fihwer, die
natürliche DBerbindung der Tugend mit Freude und
Gluͤckſeligkeit ſo lebhaft in der Geele zu erhalten und
noch fehmwerer, ſich felbft hievon durch die Empfindung
zu überseugen. Hier ſollten wir freilich allein unfere
Vernunft zum Fuͤhrer und Beherrſcher unſerer Begier—
den machen, und über die Sinnlichkeit zu fliegen ſuchen,
allein da wie in der Sinnenwelt leben, miſcht fich zur
Beſtimmung unferes Willens in unfern Vorſtellungen
leicht etwas Sinnliches ein. Sinnliche Beweggruͤnde
haben beim beſten Beſtreben, nach einem rein guten
Willen zu handeln, auf unſere Entſchließungen und
Handlungen, oft ohne daß wirs wiſſen, ſtarken Einfluß.
Wir muͤſſen ſchon zufrieden ſeyn, wenn wir es ſo weit
bringen, daß wir, wenn ſie unſere Vernunft fuͤr ſich
einnehmen, ſie nur der Herrſchaft der Vern. unter—
geordnet erhalten. Dort aber, wo die Seele vom gro—
ben Koͤrper, und v. den ſie an die Sinnenwelt feſſeln⸗
den Banden befreit iſt, wo fie reiner, in ihren Abſich—
ten und Bemühungen edler und erhabener, in einem
befferen Wuͤrkungskreis ungehinderter, wuͤrkſamer und
ausgebreiteter im Ausuͤben des Guten ſeyn wird, wird
alſo der M. vollkommner werden. Dort iſt Fein Streit
mehr zwiſchen unſern Wuͤnſchen und unſerer wuͤrklichen
Lage, die hier dem Herzen die Ruhe nahmen. Dort
iſt zwiſchen beiden vollige Uebereinſimmung. Dort wers _
den die Beweggruͤnde zum Guten neu, ihrer werden
mehrere — ſie werden auch ſtaͤrker ſeyn; denn durch
Uebung rien werden fie vervollkommnet werben.
Des Frommen Tugendſinn wird und iſt dann immer
reiner und höher geftimme. Umftände u. Berbindun-
gen werden dann die Ausbildungen feiner guten Fer:
*
S. 2 157
Sel. n. d. T., (in einer vollfommneren Tugenduͤbung.)
tigkeiten ſehr beguͤnſtigen. Die Beweggruͤnde, die
dann den Frommen beſtimmen den werden reiner
und edler ſeyn. Wenn es ſchon hier Verehrer der Tu—
gend gibt, die ſich deshalb verbunden halten, überall
Gottes Willen zu befolgen, weil derfelbe der befte ift,
die deshalb immer mehr Gott ahnlich werden u. ihre
Mitmenfchen immer eifriger lieben: ſo wird das dort
gewiß noch weit mehr der Kal ſeyn.
e) Der Fromme wird dort mehr Neigung und Em—
pfänglichk. fürs Gute baden. Sein Wille wird vers
edelt, und feine fitel. Kräfte mehr entwickelt und durch
Uebung ſodann perfiärfe und vervollkommnet werden.
Er verrichtet dann dag Gute immer freier, ſchneller u.
ficherer. Er wird unaufhorlih Triebe und Kraft zum
Guten verfpären. Er wird feine böfen Begierden in fich
felbft und feinen Reitz zur Sünde außer fich wahr⸗
nehmen. Seine Antriebe zum Guten werden ſtaͤrker
werden. F
d) Der —— wird das Gute beſſer verrichten u.
eine reinere Tugend üben, als e8 hienieden mög-
lich war. Wan mwird fie mit der frendigfien Willigk.,
indem ſie aus den edelſten —— u. frei von Maͤn—
geln und Fehlern gefchieht, uͤben. Dieſe Willigk. muß
ihr dann eigen ſeyn, da ſie dann nicht mehr Kampf,
ſondern eine Folge eines ungehinderten Verſtandes u.
edlen Herzens iſt. Sogleich ſtellt ſich dann dem From—
men die Tugend in ihrer liebenswuͤrdigen Geſtalt dar.
Die Erk. iſt dann vollkommener und ſein Geſchmack
an dem Edlen und. Schoͤnen ausgebildeter. Die Zus
gendübung wird dann Durch Fein koͤrperl. Beduͤrfniß
erfchwert, weil iede bier auf Erden erworbene Fertigk.
ungehindert ſich außern, und durch eine iede Aeußerung
vervollkommnet und die Seligkeit der Tugend in ihrer
ganzen Größe genoffen werden wird.
e) Der Fromme wird mehr Anlaͤſſe, Gelegenheiten und
Ermunterungen zum Guten u. zur Uebung ſeiner ſittl.
Kräfte haben. Jeder findet dort Rahrung für fein
Herz, Mittel zur Veredelung feiner ©: finnungen, Ge⸗
legenheiten und Ermunterungen zur Anwendung und
Uebung feiner Kraͤfte und Antriebe und den Beruf gu
edlen und großen Ihaten. Die Serle wird in dem
unermeßl. Meiche des Unendl. thätig ſeyn. Gie wird
158 “ S. i
Sel.n. d. T., (in einer vollfommneren Tugendübung.)
eine ausgebreitete Würkfamf. oder neue Gelegenheiten
zu guten Handlungen, und durch diefe wieder zu ans
dern guten Berrichtungen erhalten. Es wird uns ein
höherer Poſten anvertraut und wir werden fogar auf
Poſten geſtellt, und zu Geſchaͤften gebraucht werden,
wo wir auf einmal Diele begiücken werden. Der From—
nie wird zu einer immer hoheren Tugend — zur ge
meinfchaftlichen Würffamkeit und Seligk. erhoben wer—
den. Er wird namlich im Ihun des Guten
nicht ermuͤden. Iſt nun für ein edles Herz nichts
‚angenehmer und belöhnender, als viel Gutes thun zu
fönnen, fo muß e8 im Himmel eine der größten Sreus
den feyn, wenn der Sromme bei erhöhten Seelenträf-
ten unbefchränfter und ungehinderter Gutes thun —
gluͤcklich machen und die erlangten Kenntniffe zu heil-
famen edlen Abſichten ausführen Ffann. Welche Wonne
muß es feyn, dann nicht mehr fo viele Hinderniffe
in und außer fich zu ſehen, um edle Entfchließungen —
3. B. die Erleuchtung der Unmiffenden, wuͤrklich aus⸗
fuͤhren zu koͤnnen!!
- Vergl. er Predd., nach f. Tode ꝛc. Vr 8. Nr. XVIII.
©. 321
Zwar ganzrein wird dort unfere Tugend
nicht feyn. Die wird der M. dag werden, was mir
ung unter einem von allem Koörperlichen und Sinnli—
chen abgefonderten Geifte — einem Engel vorftelen.
Die der menfchl. Natur wefentlich eigenen Mängel,
Einfohranfungen und Unvollfommenbeiten werden dort
nicht wegfallen. Die Befchränftheit der endl. Natur -
des M. Fann nicht aufgehoben werden; vergl. das
oben S.122 f. Gefagte. Wenn er aud) dor£ bei einer
befferen Erf. und durch Fleiß, Treue und unermüdete
redl. Anwendung feiner geifligen Kräfte, in der fittl.
Ausbildung immer mehr fortfchreitet: fo wird er doch
vom Urbilde after fiel. Güte und Vollk. immer noch
weit entfernf bleiben. Weiß er auch durch fortgeſetzte
Hebung und dadurch verftärfte Geiſteskraͤfte viele Hin—
derniffe und Schwierigkeiten bei feinen guten Inter:
nehbmungen zu überwinden und aus dem Wege zu
fchaffen, oder — wenn auch dort nicht mehr fo vieleg
ihn darin aufhalten wird: fo wird er doch nicht ganz
ohne allen Kampf mit Hinderniffen leben und würfen
ee... 159
Sel.n.d.T., (in einer vollfommneren Tugendübung.)
fönnen,da er immer ein eingefchränftes Geſchoͤpf Bleibt
und er ohne diefe Schmierigff. zu wenig Hebung und
zu geringe Anftrengung feiner Kräfte häfte, um dag
Ziel der für ihm erreichbaren fittl. Vollk. zu erlangen.
Die Natur des M. wird dort nicht umgeändert wer
den. Er behält feine Fähigkeit und feine Art zu em.
pfinden, zu erfennen und zu mürfen. Geine Natur
wird nur vervollfommnet, feine Sinne werden ge—
fchärft, feine Gefühle verfeinert, und die Kräfte feines
Geiftes erhöht werden. Seine Lage und Verhaͤltniſſe
werden nur anders. Dem eingefchränften Gefchöpfe
wird e8 alfo immer moglich bleiben zu fündigen, fo
wie e8 ihm immer möglich bleibt zu irren und nach
irriger Erf. zu handeln. Ein Geſchoͤpf, dem das Suͤn⸗
digen und Irren nicht moglich wäre, müßte entweder
blog Mafchine, oder Sort felbfi, oder das allervolle
fommenfte Wefen feyn. Eine vollfommene Tugend ift
für endliche vernünftige Wefen nicht erreichbar. Es
gibt für fie Feine fittliche Bollendung, fondern es ift
ihr Kortfchreiten, um fich dem Muſter der Sittlichkeit
zu nähern, endlos. Aber mit Bewußtſeyn und Vor—⸗
faß werden die Seligen nicht gefegwidrige Handlungen
üben, da fie fich ſchon hier des Guten befliffen und
dort zur Berrichtung des Guten mehr Aufmunterungen
finden, als fie hier dazu antrafen.
Die Ueb. ieder Tug. wird alfo dort fork>
währen. Je mehr wir ung alfo ſchon hier im Guten
übten, befonders in den Ermeifungen der M—liebe —
defto leichter — fchneller und — mehr werden wir auch
auf diefem herrlichen Wege dort forfgehn, mo e8 ung
an Gelegenheiten — Liebe zu außern und unfer
Wohlwollen durh Thaten an den Tag zu legen nicht
mangeln wird. Der Fromme, der fchon hier den goͤttl.
Ged. faßtes „ih will mich Gott durch Wohlthun
veraͤhnlichen,“ wird dann diefe Gelegenheiten begierig er—
greifen. Man handele, der damit verbundenen Seligf.
wegen, deshalb hier fo, daß ung die füßen Empfinds.
beim Wohlthun nicht fremd merden.
Welche große Freuden wird diefe fünftige Vervoll—
kommnung in der Tugend dem Seligen gewähren!
Gott und feine Gefchöpfe aufs vollfommenfte zu lie
ben, ohne grobe Fehler und Mängel das Gute zu
160 S.
Sel. n. d. T., (in einer vollkommneren Tugenduͤbung.)
thun, befreiet zu ſeyn von allen peinlichen Kaͤmpfen,
nicht mehr zu beſorgen, daß man etwas verliere, unendl.
ausgebreiteter und ernſtlicher das Gute zu thun, ohne
Aufhoͤren zu wachſen, fortgehend ſchneil gut zu han⸗
deln: — — Das muß unnennbare Seligfeiten gewaͤh—
ven. Man kann fie mit Worten nicht angeben die felis
gen Empfindungen, die dann iedes Herz erfüllen. war
fen, wenn es fih nun vollig bewußt. iſt, daß es mi
ieder wohlmwollenden Gefinnung — mit ieder Techefchaf- |
fenen Handlung die Abfichten Gottes erfüle — mit
feiner Ihätigfeit in den großen Entwurf der Weltbe-
glückung eingreife u. dadurch dem Weſen ſich veraͤhn⸗
liche, welches die Weisheit, Liebe u. hoͤchſte Suclicht.
ſelbſt iſt. Denn unlaͤugbar iſt es:
N) Daß Tugend allein nur wahres inneres Wohlſeyn
—2
gewaͤhrt. Schon hier befoͤrdert ſie, wenigſtens der
Regel nach, unſer aͤußeres Wohlſeyn, und es iſt das
uns durch ſie errungene — ſie begleitende Gluͤck am
dauerhafteſten. Sie gibt erſt — unſern Freuden u.
Vergnuͤgungen ihren Werth. I Offenbar wird alſo
mit wachſender Tugend und En nu unfer inne—
res und aͤußeres Wohlfeyn wachſen und fteigen. —
2) €8 fließt daraus, meil man bei einem frommen
Leben fich e8 bewußt ift, das Wohlgefallen Gottes er—
langt zu haben. Sin iener Welt, wo Menfchenlob
und Menfchentadel fo wenig wiegt, wo der Beifall
diefer Welt nichts helfen kann, und, Gott zu gefals
len, vor ihm würdig befunden zu werden, um an den
höheren — den Guten aufbewahrten Freuden, Theil
zu nehmen — welches belohnende Bewußtſeyn! Welch
ein Glück, wenn mir es unmittelbar empfinden, daß
wir ung Gottes freuen und auf feine Gnade rechnen
koͤnnen! — I) Es folge auch daraus, weil bei einer beſ—
fernden und fies wachfenden Tugend alles das weg—
faͤllt, was hier die Freuden ſtoͤrt und Kummer verur—
ſacht. Indem wir nichts Gott mißfaͤlliges begehren,
koͤnnen alle unſere Wuͤnſche befriedigt werden. Dort
werden nicht ohnmaͤchtige, fruchtloſe Wuͤnſche Er
Stelle
—
*) Goldammer a. a. O. ©, 363 ſ9.
S. 164
Sel. n. d. T., (in der vollfommneren Tugenduͤbung.)
Stelle einer freudevollen Wuͤrkſamkeit bertreten. Da
wird die Tugend nicht brauchen über Mangel an Strafe
zu Hagen. Ganz wird man dann mit entzürfender
‚Sreude die Wünfche feines edlen Herzens befriedigen
u. Ewigff. hindurch aufs wohlthaͤt igſte wuͤrken koͤnen.
Es wird alſo ienes Leben ein ſteter Genuß gewuͤnſchter
neuer und geſaͤttigter Empfindungen ſeyn. Da fließt
nicht mehr eine Thraͤne der Reue, da ſchlo gt keine
demuͤthigende Schaam die Seele nieder. Da ſiegt Fein
Feind über unſere beſiegte Tugend. Da verwundet
kein Fehltritt das Herz. Die dann erreichte Hoͤhe, die
dann errungene Feſtigk. im Guten wird ung ewig be—
feligen.
HH) Solgende Gründe verbuͤrgen es uns, daß in ie—
Ren Leben unfere fittliche Verbeſſerung wachſen werde;
mei
a) Alle die Bindernüft,, die hier unſere Anlagen, Kräfte
und Neigungen zur Tugend beſchraͤnken und aufhes
ben, dort wegfallen werden. Daun hört ia ber Streit
der Sinnlichkeit mit der Vernunft, oder iene Kluft
auf, die fich zwifchen dem beften und redlichften Wol-
len und unferm Thun befindet; denn es iſt alsdann
der Geift nicht mehr dem Leibe und der Sinnlichk. uns
ferworfen. Dann ift ia unfere Erf, heller, veiner,
richtiger, wahrer und gemwiffer. Es werden nicht mehr
die Täufchungen der Sinnenwelt und fo viele Srrthüs
mer, da wir alles richtig erfennen, und gehoͤrig beur—
theilen werden, ffatt finven. Wenn der Gelige voll.
fommener Gott, fich felbft, feine Mitmenſchen und die
Verbindungen mit ihnen erkennt, wenn er vie reinfte
- Wahrh. einfieht, dann muß er zu einer vollkommneren
Tugend geſchickt ſeyn. Die Tugend muß ibm leichter
fallen, und diefe erleichterte Tugend muß teinet, volls
fandiger, dauerhafter ſeyn. Nacirlich wird eine ſolche
treffliche Tugend auch innigere Freuden gewaͤhren! —
Dort wird der Fromme die Lebe Gottes in ihrer gan—⸗
zen Größe uͤberſchauen, die fo viele — herrliche Ans
falten zum Be fen der ae kenen traf, Die ale Mens
fo gern alle glücklich jan wi, die ıc. (Joh. 3,
26,.36.),
Ehriftt, Sl. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 eh 8
—
162 S.
Sel. n. d. T. ‚ (in der vollkommneren See )
Wie fehr wird ihn dieſe Erk. bewegen, ſich dieſer ſo
vorzuͤgl. Liebe immer wuͤrdiger zu machen und beſt⸗
moͤglichſt Gottes liebevolle Abfichten zu erfüllen. Da,
wo Wahrh., Drdnung und Vollk. über alles gelten,
wo wir für "has fieel. Schöne und Gute weit mehr u.
einen gebildeteren Sinn haben und dag Urbild deſſel—
ben näher erfennen werden — da, Wo Wir dag Be—
glückende der Tugend ungemifchter und flärfer empfin-
den — wo wir mehr Gutes zu thun Anlaß haben, u.
frei von Bedärfniffen, Sefchäften und Schwachheiten,
alte unfere en fittlichen Kräfte werden anwen«
den fonnen: da Werden wir gewiß von Stufe zu
Stufe im Guten fortfchreiten, da wird gewiß unfere
ſittl. Vervollk. zunehmen. | \ |
b) Eine Seligf. ohne Tugend läßt ſich gar nicht den«
fen. So wenig als einewahre dauerhafte Sreude, Ruhe
‚und Zufriedenheit ohne GSittlihf. möglich ift, fo mes
nig findet GSeligf. ohne Tugend ſtatt. Wann unfitel.
Gefinnungen und lafterhafte Neigungen die Geele bes
herrſchen; wann ſich unfere Denf- und Handlungsart
vom Hschften Mufter der Bolf., von der Denf- und
Handlunasart Gottes entfernt: dann iſt Kummer,
Sorge, Bram und Elend dort unfer Loos, mag fi
die Seele num im Hinmiel oder am Drt der Quaal
befinden. Sie trägt dann in fich die nie vertrocknende
Duelle der linfeligfeit und Marter.
ec) Der Begriff von Gottes Allweish., Guͤte und Ge
rechtigfeit berechtigt ung zu diefen Erwartungen. Denn
ſollte unfer Streben nach möglichft fleckenlofer Tugend
vergeblich feyn? Gollte das raftlofe Bemühen der
Seele nach etwas Beſſerem, als ihm die Erde geben
fann, überall Eeinen Gegenftand finden? Das laßt fid)
nicht von dem Gotte denfen, der die Weish. u. Güte
ſelbſt ifi, der Feine Anlage unferer Natur, Feine Sahigs
feit umfonft — nein, alles zum beften Zwecke ſchuf,
der gewiß fruͤh oder ſpaͤt alle M. zum wahren Gluͤcke
u. ihre Anlagen zur voͤlligen Vollendung fuͤhrt. Was
waͤre das fuͤr ein Meiſter, der ſein Wert nicht zu
vollenden wuͤßte?!
d) Es folgt endlich daraus, weil LKor. 13, 4* die Lie—
be als etwas, was in ienem Leben fortdauern werde,
beſchrieben wird, und weil-I5oh. 3, 2 verfichert wird,
S. 163
Sel.nd. Tode, (im näheren Umgang mit G. u. Jeſu.)
daß wir Gott gleich werden, alſo im ſittl. Guten er
und vervollkommnen ſollen.
Del. Zopllisofir’s Predigten, nad) ſ. Tode 2c. Vr 8. Nr. XVIII.
©. 23: #.. „die Vorzuͤge ver hoͤhern Tugend in. der zuk.
weit. aber 105 25. © Zbirnemanr’z
2Predd. Über die Lehre vom zukünftigen Leben, Altenb. 1794,
Ute 8, AN T. „rofl dere Ewige. bei unſerm Streben nach
Verbeſſerung.“ — —
5) (ſ. oben ©. 135.) Der ſittlich hit M. wird
in ienem eben mit Bott und Jeſus näber
in Gemeinſchaft kommen, LJoh. 3, 2; Lheſſ.
4/ 17.
a) Die h. Schrift drückt dieſes unter ber Redensart,
Gott fhauen oder Gott ſehen (f. darüber oben
©. 103 f.) und bei dem Herrn feyn aus. Um
etwas — um iemanden zu ſehen, muß man der Sache
oder Perſon nahe ſeyn. Ja, wer der Perſon oft nahe
iſt, geht mit ihr um; alſo heißt „bei Gott ſey n,“
ſo viel als: mit ihm Umgang haben, felig (ähnlich
der Geligfeit Gottes) wie Gott ſeyn, an feinen Freu—
den Theil nehmen, dem Unſichtbaren immer naher kom—
men an Einfiht und Erf. von feinen Eigenfch. und
Werken, ibn immer inniger lieben, ihn immer ähnlicher
werden an Weish. und Herzensguüte, und fih in fein
ner Liebe immer glücklicher fühlen. Wie .es ſchon bier
zu den höheren Sreuden der Tugend gehoert, edle und
große M. zu fennen und näher zu ſchauen, fo ift eg
ſehr natürlich, daft, — das hoͤchſte Urbild aller geiſti—
gen und fitel. Bolfommenheiten und noch dazu den.
dem wir fo viel fhuldig find, zu fehen, — Be: dieſes
fuͤr Herzen, die dazu faͤhig ſind, eine unendl. Wonne
ſeyn muß, Joh 32.
„Wie wird mir ſeyn, wenn ich endlich auch, durch
„eine Stufe sen Vollk. nad der andern bis zu ders
„ienigen gelangen werde, auf en eg nur einigen,
„vielleicht nur zuweilen, vergönnt ſeyn wird, ſich jenem
„Throne zu nahen, auf weichem die Gottheit ſelbſt, in
„einem dem verklaͤrten Auge ſichtbaren, aber iegt uns
„ausſprechl. Glanze, ihre Gnapenbegeugungen aus⸗
164 ©.
Sel. n. d. T., (indem Umgange mir Jefus Ehriftus.)
„theilen, und mit unnernbaren Freuden vollendete Bei»
„ſter überfirömen wird.“ *)
b) Zu diefen Freuden des Umganges mit Gott gehört
auch, daß wir Gott wegen feiner in unferm Leben
überh., befonders in der Leitung umnferer Schickſale
und der Fuͤhrung zur Tugend bewieſenen Guͤte preiſen
und danken, und ewig zu der feurigſten und erhaben—
ſten Andacht geſtimmt fen werden, wenn gleich die
Vorftellung von fletem Gingen bei Harfenfpiel und
Chorgeſang wegfaͤllt.
c) Wir werden nach Joh. 17, 24; I4, 3; Phil. 1,23;-
Theſſ. 4, 12; IPerr. 1, g bei Chriſto feyn u. nach
IITim. 2, 12 mit ihm herefchen. *) Wir werden alfo
Jeſum, den größten Wohlthaͤter des M—gefchlechtg,
näher erfennen als den Herrn feines großen Neichg,
als den zärtlichften Zreund der Seinigen und als den
Weltrichter. Wir werden näher mit ihm umgehen u.
mie ihm in einer gewiſſen Wertraulichk. leben. Wir
werden ihn für die namenlofe gegen ung geäußerte
Liebe danfen und an feiner Seligk. Theil nehmen.
„Nur der einzige Gedanke: ich werde Ihn fehen —
„der ſich für feine Brüder zum Opfer dahin gab, wie .
„entzückend ift er nicht ſchon für eine empfindende
„Seele! D der erfte Anblick dieſes Menfchenfreundes—
„dieſes Tiebreichen und großmuͤthigen Erretters meiner
„Seele, wie entzuͤckend wird er mir ſeyn! Was wird
„mein Herz fuͤhlen, wenn ich ihn zum erſtenmal ſehen
werde wenn ich auf ewig in ſeine Gemeinſch. kom—
„men a feines verfraulichen Umganges genießen
„werdet D ihr Süßigfeiten ver Liebe und Freundſch.,
„die ihr mich zuweilen auf dieſer Welt entzuͤckt habt,
„ihr ſeyd nichts gegen die Ströme von Freuden, die
Iſich dann über unfere Geele ergießen werden, wenn
„mich diefer goͤttl. Menfchenfreund umarmen, wenn er
—
*) Dr. ©. Fr. Bahrdts Verſ. e. bibl. Syſt. d. Dogmatik,
2r 8. 6.771
**) Mit Jeſu herrfſchen kann aber au von der Theil
nahme an der Herrih. Jeſu, die er durd die Ausbreit.
des Chriftenth. erhielt, von der Mitwürkfamf. verfianden
werden.
©. 165
Selig. n.d. Tode, (im Ungangen mit den Engeln.)
„mit ſeinen Troͤſtungen mich erquicken, wenn er ſeine
„Seligfeiten uns mittheilen, wenn er felbft die Thraͤ—
„nen (die ich bier fo oft über meine freulofen und uns
„menfch!. Mitbrüder geweint babe) von meinen Au—
„sen frocdnen wird. Welche Blife in die Ewig—
„weiele
Die beftimmten Zuficherungen in ienen Stellen laffen
ang die Gewißheit diefes Stuͤcks der Seligkeit einfe-
hen. Wer follte folchen Verfiherungen nicht trauen!
Vergl. Soldammer’s Betr. d. zuk. Lebens, ©, 370:82: „es
nuß der ſichtbaren Gegenwart Jeſu in die zuk. Welt; wo
gezeigt und entwicdelt wird, daB wir a) Sefum näher erfenz
nen, b) mit ihm näher umgehen, und vertraut werden, und
was das für Seligkeit geben werde,
6) Die Trennung v. den dag Boͤſe liebenden
und übenden Menfhen, Gefellfhaft und
Umgang mit Seligen — in der Sittlichk.
geuͤbten und darin beffätigten u. vervoll>
fommmneten ®Beiftern und das MWiederfehn
und die Wiedervereinigung mit den Unftis
gen. *)
„Der felige Umgang in der Ewigfeit — die innige
„Srenndfchaft, die dort aller Herzen verbindet — die
„Wonne des Wiederfeheng, dieß — dich find die hoͤchſten
„Freuden der vollendeten Gercchten; Freuden, Die
mehr empfunden, gedacht, als befchrieben werden
0 4
a) Wir werden mit fo vielen Taufenden lauter vers
edelten, redlichen und fittlich-guten Menfchen u. großen
Seelen, kurz mit allen, die eines bohern Glücks
ſchon hier ſich wirdig gemacht haben, aus allen Jahr—
hunderten, aus allın Nationen, und Gegenden ſowohl
der Erde als anderer Welten, (deren Bewohner wir
ietzt noch nicht kennen), die nun gleiche Stufe ber
Vollk. erreicht haben — mit Helden in der Sittlichf,,
‚bie Güter, Ehre und Leben für ihre Mitmenfchen auf:
”) Babrödt a. a. D. ©. 771. 772.
*) Ueber das Leite — das Wiederfehn der Unfrigen ſ.
unten den befondern Art. Wiederfehn.
166 ©. —
Seligk. nid. Tode, (im Umgange mit den Engeln.)
opferten, die im Kampfe ihren Begierden ſegten,
mit ienen Weiſen, die als 8 ehrer und Aufklaͤrer Der
M. auf der Erde oder anderwärtg, a und Erk.,
Tugend u. Gluͤckſeltgk. verbreiteten, die uͤber ale nie-
drige erbaben nach dem großen Ziele fire:
ben, Gottes u. f. Lieben. feines Wohlgefallens immer
fwürdiger n — immer in Weish., Zugend und
Vollk. fortſchreiten werben die Geligen danıt umge—
ben, fo wie auch mit denen, die ihre Freunde und
Theuren auf Erden waren, mit hoͤhern Gift tern, 3.8.
mit den Engeln, deren einzelne Gevanfen gewiß ſchon
die Weish. aller irdifchen Werfen zuf ſammengenommen
uͤberwiegen. Von denen, die auf der hochſten Stufe
der endlichen Geſchoͤpfe ſtehen, werden wir gewiß dort
viel lernen, weil ſie, frei von Den Feſſeln eines ird.
Leibes, Jahrtaufende hindurch geforicht, nachgedacht u.
entdeckt Haben, welche die ganze Schöpfung Im helfen
£ichte erkennen, die durch Feine Leiden, Feine Krankheit
‚und feinen Tod im Laufe ihrer Kenntuiſſe aufgehalten
wurden. Sie werden ung die Fuͤhrungen Gottes nad)
ihrer Weisheit aufdecken, ung bie ſeligen Folgen der
Tugend — die fie felbft fo viele Jahrhunderte durch
genoffen haben, in ihrem eigenen Beifpiel vor Augen’
legen. Sie werden gern ung befehren und uns als
ihren Brüdern u, Mitgenoffen einer Seligf. begegnen.
Welche Seligk. wird's alfo feyn, von folden Wohl.
thätern denn erzogen, belehrt und geliebt zu werden!
Wie fehr wird dieſes dazu beitragen in Erf. u. Weis—
heit, in ſittl. Vollk. und Tugend fortzufchreiten und
gemeinfchartlich mit ſolchen Geiſtern Gottes Willen zu
befolgen! Denn ihre Geſpraͤche werden, fo wie ihre Unter⸗
haltungen dahin abzielen, um immer mehr in Erf. u.
Vollk. zu wachfen.
Folgende merkwuͤrdige Stelle uͤberlaſſe ich * Leſern zur ng:
„Dann din iener Seligfeit) werde id) euch, befter Water, lieb—
— Mutter, vortrefflichſte Gattin, theure Geſchwiſter, zaͤrtl.
Freunde, Anverwandte, euch alle werde ich vergeſſen — ver—
geffen und aufhoͤren für euch zu einpfinden, nachdem Fein Blut
mehr in meinem Adern für euch fihlagen wird — vergeffen u.
mit brennender Begierde einen Abraham, einen David, eis
ven Hiob — anffuchen und Jahrhunderte hindurch an der
Seite diefer grofen Seelen mit Entzuͤcken zubringen, ehe ich
vielleicht einmal am euch mich eringern werde. — — Wer ber:
Ä | j S. 1 67
Se lin. d. T. lin e. veredelten Freundſch. der Frommen.)
legt, daß unſer ietziger Hang gegen die Seinigen mehr koͤrper⸗
lich als geiſtig iſt, der wird wohl merken, wie ſchwach es iſt,
ſich einer Sache zu getroͤſten, die Menſchen mit verklaͤrten
Koͤrpern, und geheiligten Seelen nicht mehr intereſſiren wird.“
Dr, €. Fr. Bahrdtes Syſt. d. Dogm. ar B. S. 772.
Auch da werden wir iene edle und gute Menſchen
aus allen Zeiten und Nationen finden, die, ohne die
geſchriebene Offenb. Gottes, Gott durch das Licht der
Natur erkannten, und darnach lebten. Sie werden
fi; mit ung des Gottes freuen, der auch 7 sur Se⸗
ligfeit beftinmmte und auch ihnen die Wege dazu erofs
nee. Dort werden fir vieles fernen von ienen Br
Zeugen der chriftl. Rel. die fo glücklich waren
Jeſu Zeitgenoſſen zu feyn, feine Thaten zu ſehen, aus
feinem Munde die Lehren der himml. Weish. zu hoͤ—
ren, welche daber auch ihr Leben fuͤr die Ausbreitung
derſelben hingaben. Da koͤnnen wir's ihnen ſagen,
wie ſehr wir ſie ſchaͤtzen, und wie innig unſere Seele
Theil nahm an ihren Leiden. Da koͤnnen wir ihnen
danfen, daß ihre, — unſern Verſtand aufklaͤr⸗
ten, zur Tugend uns erweckten, zum Guten uns ſtaͤrk—
ten u. uns beruhigten. Alle Frommen werden dann
in der innigſten Verbindung mit einander ſtehen.
b) Mit allen dieſen edlen Geiſtern oder im einer ſolchen
Geſellſchaft, wird ein befferer u. vollkommnerer Umgang
ſtatt finden, als es hier mit guten Freunden moͤglich
war. Dann werden wir das höchfie Glück der Freund—
fchaft mit ihnen genießen. Denn alle ESchwacheiten,
— Uebereilungen und alles, was zur Stoͤrung
der freundſchaftlichen Verbindung, zur Erbitterung
oder Lauigkeit hier Anlaß gibt, wird dann wegfallen.
Da iſt z. B. fein Streit mit fo vielen menſchl. Schwaͤ—
chen, VBorurtheilen, Sitten, Gewohnheiten; da herr—
fihen keine Mifverfiändniffe, feine Mißgunſt und Ei-
ferfucht mehr. Denn alle find. erleichteter und alle —
Mitgenofjen derfelben Glücfeligfeit. Mit ben From
men wird man dann fromm umgeben. Gegen eine
folche Freundſchaft mit den feligen Geiftern muß Die
befte ietzige Freund ſchaft auf Erden nur Schatten ſeyn.
er das Glüc der innigften — daft su fihägen
weiß, wird ſich einen Begriff machen koͤnnen, was es
fuͤr Freuden gewaͤhren muß, wenn neue, beſſere und
\
168 ©,
© eligk. n. d. Tod e, (in der veredelt, Freundſchaft. )
folche Seelenvereinigungen geftiftet werden, gegen wels
che unfere beften und edelften Sreundfchaften Faum zu
nennen find; II Kor. 5, 85 Philipp. 1, 23; Ebr. ı2,
24. Die Eintracht unter einander, die gegenfeitige
Liebe — die gemeinfiheftliche Freude und Theilnahme
wird dann das Gluͤck des Lebens nicht wenig erhoͤhen.
Die Seligen werden dann gleichſam nur ein Volt —
nur eine Familie ausmachen und innigft verbunden
feyn. Denn da dort lauter — und die reinfte Liebe u.
aufricheigfte Freundſchaft feyn wird, fo werden weder
Thorheit, noch ang und Stand, nody üble Anges
wohnungen und alerlei Leiden dieſes Gluͤck trüben u.
unterbrechen,
c) Wir wiffen zwar bier nicht, worin genau die Freu»
den des gefelligen Umganges der Seligen unfer einans
der beftehen werden, welche Berhältniffe diefer Umgang
vorausfegen und auf welche Abfichten er fich beziehen
wird? Wie und wo wir mit unfern wiedergefundenen -
und miedererfannten Sreunden leben werden? Allein der
Umftand, daß der Tod fo oft die engen Bande mit
den Unfrigen, mit edlen Menfchen trennt, läßt ung
von Gottes; Güte Hoffen, daß aa) dort das
wird fortgefegt werden, was mir hier anfingen, und
was bier einen fo weſentlichen Theil unferer Glückfelige
feit ausmacht. In ienem etwa fortgehenden — ange:
nehmen mannichfaltigen Verhältniffen, alg, Vater und
Mutter mit den Rindern, als Lehrer mit feinen Schuͤ—
lern, als Freund mit feinen Mitfreunden *) werden
doch — bb) fich die Scligen einander ihre Sreuden,
Bemerfungen und Einfichten mittheilen, fie werden fich
befteng beeifern und darin recht ihr Vergnügen fuchen
und finden, daß einer dem andern Wonnen gewaͤhre.
Die Freuden, die davon u. von der mifgetheilten Erf.
und von ber Bemerfung, daß die Celigen an reinen
*) Eigentlich fallen in ienem Leben alle irdifhen Berhältniffe
weg; es bleiben aber dort die allgemeinen Begriffe von
Liebe und Freundſchaft uͤbrig. Wir werden dort ung
wieder vereinigen n. lieben, aber nicht fo, wie
e8 bier geſchehen ifi.
©. | 169
Sel. n. d. Tode, (in der veredelt. Freundfchaft.)
Gefinnungen und Handl. übereinftimmen *), die Fol—
gen feyn werden, müffen fehr sroß feyn. |
d) Außer dem, daß Feine Störungen und Hinderniffe
die Sreuden des gefelligen Umganges unterbrechen
werden, werden diefelben auch von ewiger Dauer
ſeyn. Was fann die dort trennen, deren Geift fchon
bier durch Tugend und Sreundfchaft verbunden, zur
Ewigkeit gefchaffen it? Das macht die gefelligen Freu—
den auf Erden am unvollfommenften, daß fie vergäng-
lich find! Was ift Hier empfindlicher — fchmerzhafter
und fränfender, als daß wir hier von Andern Wan.
kelmuth — Untreue — Bosheit — Falfchheit u. Arg-
lift erleiden müffen, daß wir ihren Charafter fo unzu—
verläßig und ihre Tugend fo mangelhaft und unvollf.
erblicken. Wie fehmerzhaft ift eg, fein Vertr. fo oft ges
täufcht, und fih da verlaffen zu fehen, wo man am
meiſten auf Sreundfchaft und Beiſtand rechnete, ſich
hart und lieblos beurtheilt, feine edelften Abfichten und
feine redlichften Bemühungen, felbft feine großmüthig:
ften Wohlthaten mit Undank und Verachtung vergol-
ten zu ſehen! Ach! wo iſt doch der Kreis guter —
ſich liebender Freunde, melcher nicht bald diefen bald
ienen der Geliebten verloren hätte, welcher nicht, ehe
er es denft, einen neuen Verluſt befeufzen müßte!
Einfam — verlaffen von biedern Freunden fteht der
Alte, ſieht um fich eine neue Welt und ſehnt ſich ver-
gebeng nach den fheuren ihm gleichgeftimmten Gefell:
fchaftern der vorigen Zeit. Unter fterblichen Menfchen
ift Eein Sreundfchaftsaenuß dauerhaft. Dort aber ift
alles Vergängliche verſchwunden, dort ift Feine Tren-
nung mehr, der Tod fann dann nicht mehr zerreiffen
die fchönen Bande, die den Freund mit dem Freunde
verbinden. Weit vollfommener find alfo dort die ge—
feligen Freuden. Ruhig und forgenlos kann man fich
alfo dann dem edlen Vergnuͤgen der Freundfchaft
überlaffen. |
e) Daß diefe Freuden des Umganges und der Mittheis
lung im Himmel gewiß den GSeligen werden zu Theil
werden, ift deshalb gewiß: |
*) ©. daräber Goldammer a.a. D. ©. 383:92: „Mit:
gefühl — Mitfrende in iener Welt. — |
170 ©; - |
Seligfom d. Tode, in der veredelt. Freundſchaft.)
aa) Weil das Weſen der menfihl. Natur ferneren Um—
gang mit fittl.. Wefen erfordert; eine Verbindung mit
Freunden und Freundinnen wird alfo da mieder an-
heben und mit einen Theil unferer Seligk. ausmachen.
Was find alle Vorzuͤge und Glückeligfeiten, die wir
Niemanden mittheilen a. mit Niemanden gemeinſchaft⸗
lich genießen. können, und was baden fie für einen
Merth, wenn fe uns Durch <rennung u. Entfernung
von einander ungenießbar werden? Man gebe dem M.
alles, was man ihm geben kann, alles was (hen und
prachtig heißt; men befriedige, feine üppigften Wünfche ;
habe er Werfiand, Weish. ‚ Zugend, volle Kraft zur
Thaͤtigkeit, und alle die perfonl. Eigenfchaften, die
einen M. glücklich machen fonnen: man verſetze ihn
aber mit allen dieſen Vorzuͤgen auf eine wuͤſte Inſel,
wird er da, waͤre fie auch die ſchoͤnſte Segend — ſich
auf derſelben gluͤcklich fühlen? Sich wiittheilen und
empfangen — lieben und geliebt werden — ift ein.
dringendes Bedürfniß der menſchl. Seele, macht einen
großen Theil ihrer Freuden aus. Ja das laͤßt alle
übrigen Freuden erſt vollkommen genießen! Ein ein-
ſiedleriſches Leben, ein fchüchterneg, theilnehmungslofes
Zurückziehen in fich felbft — wie widernatürlich — wie
freudenleer! Ein Paradieß ohne einen Freund — alle
Schäße der Erde — ohne Mittheilung ift Fein Genuß —
ein oder und einfamer Himmel — ein Himmel ohne
Mitgenoffen, eine Geligfeit ohne Liebe — welche
Freuden!
bb) Es iſt nach der Schrift unläugbar, oh. 17, 245
Ebr. II, 22-245: Phil. 1, 23:
f) Wie Srendebringend, wie nuͤtzlich wird
diefer fürftige Umgang werden!
=) Er wird beichrend feyn und alfo zur —
unſerer Erk. nicht wenig beitragen und die Veredelung
unſerer Natur befördern. Er wird unſern Willen im—
mer michr zur Ausübung des Guten geneigter und ge
ſchickter machen. Schon bier verdanken manche M.
die Gute ihres Herzens der zartlichen Fuͤrſorge ihrer
Freunde. Ihre beichrenden Gefpräche brachten ihnen
allerlei nuͤtzliche Kenntniſſe bei und ihr Beifpiel Lehrte
fie, dieſe Kenatmifle zu unferm Nutzen und zum Be:
fien der Mitmenfchen anzuwenden. Wie günftig muß
S. —
S. ned. T., (Freude d. erhöhten Freundſch. im Himmel.)
alſo dort die Zeit fuͤr unſer Wachsth. an Tugend u.
BoEE. feyn, wenn dort die himml. Sreunde ung noch
beffer belehren, und ung von den noch übrig gebliebe-
nen irbifchen Neigungen der Geele durch ihr ſtetes
Beiſpiel in allem Guten frei machen!
Bar. Goldammer a. a. O. ©. 404 f.
6) Es muß die Mittheilung unſerer Freuden an andere
Selige unſern Freudegenuß verdoppeln, ia ins Unend-
liche versielfältigen, und Theilnahme an den Freuden,
die man genießt, bei Andern zu finden, muß der Sreu-
- den mehr empfänglich machen. Es werden alfo nuſere
—
kuͤnf aan Berbindungen (mie meife — mie gütig!)
eine Duelle des reinften — des entzuͤckendſten Vergnuͤ—
gens — Denn wenn man ſich eine ausgeſuchte
Geſellſch. von lauter geprüft guten rechtſchaffenen M.
vorſtellt, bei welchen der Geſchmack an geiſtigen Be—
gungen an frommen guten Handlungen, an gei—⸗
ſtigen Vergnuͤgungen hier herrſchend geworden iſt, die
nun dort von den Beſchwerden, Hinderniſſen, Sorgen,
die unſer Leib und unſere aͤußere Lage hier nothwen—
dig machten, die uns viel Unruhe, Kummer u. Schmerz
hier verurſachten, vollig frei find, die mit andern
Sleihgefinnten in Erf., guten Geſinnungen, und fol:
chen geiftigen Wergnügungen ſtets wachſen und zuneh—
men; was fann man fidy dann wohl „gufrenlicheres
und feligeres denfen?! Man kann diefe Freuden nicht
würdig genug ausdrüden. Dann werden wir e8 vol⸗
lig einſehen, welch eine Seligkeit wehre tugendhafte
Freundſchaft gewaͤhrt!
Um aber zu dieſen Freuden der Freundſchaft mit
ſittlich guten Seelen im Himmel zu gelangen, iſt es
noͤthig, ſchon hier mehr unfer nr Verſtand augzubilden
und unfer Herz bier zur innigen Liebe zu ſtimmen;
benn nur dem, welcher für die edlen Empfindungen
der Sreundfchaft enipfänglic) if, wird e3 dort Wonne
ſeyn, mit ꝛc. — Sur den Unwilfenden, den Liebloſen,
den M—feind ift der Himmel — Höfe Geine Br
ſchaffenheit macht ihn der reinften Sreuden unfähig. ”)
3) Vergl. Zollifofer?s Predd. nad ſ. Tode ꝛc. Vr B.
Nr 15 194 f.
172 ©.
Sel.n.d, Tode, (im Selbft- und Freiheitsgefüht.)
tan muß ſich deshalb hienieden auf diefe gefelligen
Freuden ieneg Lebens recht würdig vorbereiten. Man
flimme fih für das Vergnügen der Freundſchaft ſchon
ietzt, Weish. und Liebe begleite ung in iede Geſellſch.
und man erheitere ſich dadurch die dem Umgang ge»
widmeten Stunden. Man verbanne aus unſern Cirkeln
Thorheit und alle feindſelige Laſter. Man denke und
handle ſchon ietzt als ein Verklaͤrter — als ein himml.
Geſellſchafter. Denn ie faͤhiger wir ſchon hier dieſes
edlen Vergnuͤgens werden, deſto —— werden
wir es dort genießen.
a. a. OD. ©. 253f. 235.2375 Bottieofer® Predd.,
nach ſ. Tode ꝛc. Vr B. Nr. 15. ©. 200,
7)3 Das Selbftgefühl u das Freiheitsgefuͤhl
de8 GSeligen wird auch einen Theil feiner
GSeligfeit ausmaden.
a) Der Fromme wird im H. don ieder Ark unangeneh-
mer Empfindungen frei u. wird empfänglich ſeyn für
iede fich ihm darbietende Freude. Dadurch wird er
ſich unausſprechlich wohl befinden oder ſich ſelbſt
gleihfam fühlen. Schon hier iſt eg ein ſeliger Zu—
ſtand, wer hier vollkommen geſund iſt, wer ungeſtoͤrt
ſeine koͤrperl. und geiſtigen Kraͤfte aͤußern kann, wer
hier das zur Erhaltung und Erheiterung des Lebens
Benoͤthigte hat, und wer ſeine angelegentlichſten,
aber gerechten Wünfche befriedigt flieht; ein folcher
genießt fein Leben vollfommen. Aber wie oft wird dieß
Gluͤck durch Krankheit, Sorgen, Bekuͤmmerniſſe, Hin—
derniſſe, welche die Kraftaͤußerung findet, uͤnangenehme
Eindruͤcke, durch die Fehler und Laſter feiner Mitmen-
ſchen unterbrochen; wie ſehr verringert dieß alles die
Freude! Dort aber iſt die Seele von dieſen ſteten Ab—
wechſelungen angenehmer und unangenehmer Empfindd.
frei. Dort ſind keine Sorgen u. Bekuͤmmerniſſe mehr,
dort ftehen die Degierden und MWünfche mit der Bes
friedigung im Uebereinflimmung. Dann Fann der Ge:
lige ungehindert feine Kräfte mehr aͤußern, dann iſt er
mit edlen Seelen verbunden. O welch ein hohes —
wonnereiches Selbſtgefuͤhl muß das den Verklaͤrten
ſchenken! Welche Freuden muß es gewaͤhren. Wie
ſehr — wie maͤchtig wird dieß Selbſtgefuͤhl
©. 173
Selig. n.d. Tode, (im Freiheitsgefuͤhl )
zu einer freudigen Verrichtung mehrerer
edler und nuͤtzlicher Handl. antreiben! Mit
dieſem begluͤckenden Selbſtgefuͤhl wird
b) Das edle Gefuͤhl der Freiheit verbunden ſeyn.
Das Verlangen beim Gebrauch feiner Kraͤfte feinen
Meberlegungen und Entfchließungen, feinem Willen fols
gen zu Eönnen, durch Feine fremde Macht in feiner Bes
fhäftigung unterbrochen zu werden, ift wefentlich_dem
M. eigen. Es iſt dag Unangenehmfie von der Welt
für den M., wenn er das nicht thun kann, Was er
für gut — ia fürs Beſte erkennt. Dort aber werden
wir unferm Verlangen beim Gebrauch unf. Kraft, un»
feren Ueberlegungen und Entfchliegungen folgen, oder
das thun Finnen, was man für gut, ia fürs Veſte
haͤlt. Man wird ungehindert im Guten thaͤtig ſeyn
konnen. Denn es werden theils Die außer umfer
Wefen befindlichen Hinderniffe, unfere ſaͤmtl. Kräfte
zu erweitern, an Erf. und fittl. Güte guzunehmen und
die natuͤrl. daraus entſpringende neue Gluͤckſeligk. mog—
lichſt rein zu genießen, wegfallen; theils werden ung
nie verfiegende Duellen suffeomen, durch deren ununters
brochenen Gebrauch wir alle unfere Kräfte ohne Ende
erhöhen, Gott an Kenntniffen und Gefinnungen immer
ähnlicher und daher ung des unaufhorlichen Zuwachſes
der moͤglichſt reinen Seligkeit fortwaͤhrend bewußt ſeyn
werden. — Wie oft ſehnt ſich hier der Geiſt des Wei—
ſen und Frommen — gefeſſelt an einen irdiſchen vers
gaͤnglichen Koͤrper und durch ſo viele andere druͤckende
Bande eingeſchraͤnkt, nach diefer ſeligen Freiheit! Er
moͤchte ſie gern finden und findet ſie doch nicht. Die—
fen Zwang findet man um ſo haͤrter, ie mehr man ſei—
nen Derftand ausgebildet und feinen Geſchmack verfei—
nert, dag Streben nad Vollkommenheit vo
und fich gebeffert hat. Nichts iſt mehr unangenehm
als der Zwang, nicht nach feinen Uebergeugungen hans
deln zu koͤnnen, fondern ſich nad, gewiſſen Vorurtheilen
richten zu muͤſſen. Wie innig muß Dagegen Die Freude
ſeyn, wenn diefe oder iene That nach freier Ent-
ſchließung und eigener Vefimmung erfolgt. Denn der
würflich Tugendhafte kann durch Vern. und Rel. über
feine Neigungen , Zriebe und Leidenſchaften berrfchen -
und — felbfichätig feyn. Allein nicht immer iſt er
74 | ©.
Seligfeit nah dem Tode, (im Gefühld. Freih.)
e8. Diefe find zu firenge Herren über ihn, fle locken
ihn durch Siunlichfeit — umd durch die daher entſte—
henden Täufchungen, durch Die flarfen Triebe, Vorur—
theile, Sitten, Gewohnheiten, und mancheriei Beduͤrf⸗
niffe, um ihn zu unteriochen und zu verhindern, daß
er nicht nach Gutbefinden feine Kräfte außern und ſei—
nen beffern Einfihten folaen fann. Wenn dieß der
Sal bei den Beſſern und Weifern fogar iſt, fo iff es
gewiß fo bei den ganz finnlichen — von Leidenfihaften
ganz beherrfchten Menfchen. Gene können nie genug
uber fich wachen, damit fie nicht durch heftige Wallungen
des Bluts, Durch veißende oder widrige Bilder, Die ıhre
Einbildungsfr. ihnen vorſtellt, wie beruͤckt — und zu
Gerd. und Handl. hingeriffen werden, die ihnen, wenn.
die Vernunft wieder erwacht, bittere Neue und den
peinlichffen Summer verurfachen. Auch von diefen gilt
Rom. 7,19. Wenn der Beffere — von feinen Leidenſchaf—
ten hingeriſſen, deshalb meint, daß er feiner unwuͤrdig
gedacht oder gehandelt hat; wenn er nach f. Tempe—
rament mit; Neigungen und Verfuͤhrungen Fämpfen
muß, wenn er in einem unglücl. Augenblick feinen
Trieben unterliegt und hernach e8 bitter bereut, Sklave
feiner Sinnlichkeit und aͤußeren Eindrüce gewefen zu
ſeyn: muß ihn dieß nicht ſtark Überzeugen, daß die
Sreih. des M. Hier unvollf. und fo oft dag felige Ges
fühl von diefer Freih. im Genuß unterbrochen wird?
Allein nicht ewig trägt der Fromme diefe Feffeln; in
iener Welt kommt er zur wahren Sreiheit. Hier wa—
ren Sinnlichkeit, — Triebe — Leidenfch. zur Ausbil:
dung feiner Faͤhigkeiten — zur Vervollk. f. Tugend
nothig und zur Erhöhung u. Veredelung feiner Kräfte
förderlich. — Aber, wenn fie nun ihre Beflimmung
erreicht, wenn fie den M. zu den, was er werden folls
te, gemacht haben — menn der M. den Kampf mur
thig ausgekaͤmpft und fich einer vollk. Sreiheit würdig
gemacht hat: dann gelangt er zur uneingefchranften
Freiheit von allen den Feffeln, die fein grober Leib,
feine Sinne — Triebe — Keidenfihaften, feine irdiſchen
Kerbindungen ihm anlegten. Wie unausfprechlich wohl
muß er fih dann fühlen! Umſtraͤhlt vom reinften
Licht der Wahrheit — fern von allen Täufihungen u.
Verblendungen, im Genuffe einer unerſchuͤtterl. Ruhe,
S. 175
Ss el, n. d. T., (im Freiheitsgefühl u, in auff. Belohnn.)
im sollen Gefühl feiner Würde und Erhabenheit —
erhaben über glle, hier das edle Streben fo ſehr be—
fehränfenve, Beduͤrfniſſe — wird fein erleuchteter ze
fand richfig denken, und — fein nur von ber reinſten
Waͤhrheit geleiteter Wille nur Das mwahrbeftig Gute
und Edle — wollen. Dadurch wird er fich weit mehr
als Hier versolfommmen koͤnnen. Keine Sch anken
halten ihn mehr in ſeinem rühmliche n Kaufe zuruͤck;
feine Bedürfnif ſchwoͤ chen ſeine Selb ehätigkeit; er
aͤußert feine Kräfte auf eine edle Art. Groß find feine
Gedanfen, edel feine Entſchließungen, Gott ähnlich
feine Gefiunungen. Das Seligkeitsvolle Gefühl, Schoͤ—
pfer feiner Gedanfen, Here feiner Entfchließungen, und
unabhängiger Beherrfiher des Willens zu feyn, wird
ihm ieden Gedanfen Foftbarer, iede Entſchließung theu⸗
. rer, iede Aeußerung feines Willens entzuͤckender
machen.
8) Den Seligen ſteht au) als hier Zugendh.
eine außere Belobnung und wahrfchein-
Lich ſtehen ihnen audh äußere Freuden be⸗
vor, deren ſie auch als endliche Weſen beduͤrfen;
denn:
a) Unmsglich Fann das Bewußfenn, hier tugendhaft ge—
mwefen zu ſeyn, ſo angenehm es auch ifi, allein die
kuͤnftige Gluͤckſeligk. ausmachen. Wie koͤnnte daſſelbe
die Wuͤnſche unſeres unaufhoͤrlich weiter ſtrebenden
Geiſtes eine ganze Ewigk. hindurch befriedigen? —
b) Die edelſten und beſten Handl., welche Rechtſchaffne
hier verrichten, bleiben oft unbemerkt und unbekannt.
Innere Beherrſchung ſeiner ſelbſt oder ſeiner Leidenſch.
und Lieblingsneigungen, des Hanges zur Wolluſt, zur
Bequemlichkeit, zum Gelde, zum aͤußerlichen Anſehen;
Kampf gegen ſo viele Verſuchungen und mit ſo vielen
Hinderniſſen, ſo wie alles das, was in uns vorgeht,
bleibt der Anerkennung und dem Urtheile des Allwiſ—
fenden und der Wuͤrdigung und Belohnung des un
trüglichen Herzenskenners überlaffen. Hier wird auch
nicht immer das Gute als gut anerfannt und noch
weniger belohnt. Iſt es gleich mehr, daß der Sromme
nicht aus Lohnfucht Gutes thun fol ) — Tsßt er
*) Vergl. chriftl. Moral f. d. Sanzelgebr. 3r 2. im
Art. Gute (das) HL, D. 5. ©. 434. 435.
r
176 | ie
Sel.n.d.%., (in außerer Belohnung oder Freuden.)
fich freilich mit dem inneren — ihm von der Tugend
dargereichten Lohne begnügen: fo laͤßt ung doc die
von Gott in die Natur aller Dinge gelegte Drdnung
und feine Gerechtigfeit vermuthen, daß in ienem Leben
die Tugend anerfannt und die Nichtübereinffimmung
zwiſchen den guten Folgen des Laſters und den hier
ausgebliebenen Belohnungen der Zugend, werde auf-
gehoben werden. Es iſt ia auch Zweck Gottes, daß
die M. den hoͤch ſten Grad der Gluͤckſeligkeit erreichen
ſollen, deren ſie faͤhig ſind. Es gehoͤrt aber dazu auch
die Veranſtaltung Gottes nach feiner Gerechtigk., daß
der Gute durch Belohnungen ſeiner Tugend und Ver—
dienſte ausgezeichnet werde, daß es ihm nie an aͤußerl.
Ermunterung fehle. Es iſt nicht zu denken, daß Gott
hieran Fein beſonderes Wohlgefallen finden ſollte. In
ienem Leben laͤßt ſich alſo ſicher eine —
Ordnung der Dinge erwarten, wo ſich die Weisheit
und Guͤte der Wege, die Gott hier den Tugendhaften
fuͤhrte und ſeine hier unſern Augen oft verdunkelte
Gerechtigk. in vollem Glanze verklaͤren wird. — c) Die
h. Schrift verheißt uns nicht blos den Genuß deſſen,
was hier bereits erworben iſt, ſondern auch einen Zu⸗
wachs, der alles uͤberſteigen ſoll, was wir ietzt faſſen
koͤnnen; I Kor. 13, 12; LJoh 4; 16
18.) oder ietzt für uns unnennbare — unerflkchiche
Seligfeiten.
Worin aber diefe äußere, aber wohl nicht geobfinnl.
Sreuden beftehen werden, die uns den reinften Ge⸗
nuß darbieten ſollen, iſt hier uns unbekannt. Sur Dies
felben hat unfere Erdenfprache Feine Ausdrücke. In un-
fern ietzigen Vorſtellungen find Feine ihnen entſprechenden
Degriffe vorhanden. Allein fo viel iſt gewß, fie wer-
den fein grobfinnl. — förperl,. Genuß des
Effens u. Trinkens — u. feine die Sinn—
lichkeit ergoͤtzende — fleiſchl. Vergnuͤgun—
gen — Nom. 14, 17; Marc. 12, 25. Vergnuͤ⸗
gungen, die fich auf den Korper beziehen, find nur
bier — d. bh. in Raum und zeit denkbar, Beziehun⸗
gen aus der gegenw. Welt. Vergnügungen, die hier
nach der gegenwärtigen Befchaffenh. unferes Leibes u.
der Einrichtung des Lebens ſtatt finden, find in ienem
£eben unmöglich. ni
Sel.n.d. Tode, (inbefonderen Freuden.)
Es laßt fih von der unendl. Weish. Gottes, welche
bie Bildung der Geiftermelt immer allmahlig erfolgen
laͤßt, mit Zuverläßigfeit — daß er, bis wir die
unſinnlichen Mittel der Ge ſtes bildung gehörig würdi—
‚gen koͤnnen, auch unſere We — und Empfiadd.
AKor. 5, 16) von Stufe zu Stufe an dieſer Gluͤck⸗
“ fefigf. wird Sheil nehmen laſſen. Das n. Teſt. bes
tigt uns in diefen Hofnungen, indem 28 lehrt, daß
wir zwar durch Annäherung zu Gott in Hin ſicht der
Vollf. hauptſaͤchlich ſelig werden, aber wie wir auch
dag als Belohunung denken konnten, daß wir unſere
Freunde und Geliebte wieder finden u. mit ihnen dem
‚Ziele der Vollendung entgegen eilen wuͤrden.
„Einnnch— Freuden werden allerdings auch dort einen Theil unſerer
„Seligk. ausmachen: nur ſolche nicht, wie wir fie hier auf
„ser Welt haben. Über doch Überhaupt Pürperlich = finnliche
„Vergnuͤgungen werden die Geligen zu genießen haben, weil
„fe mit einem (verkl.) Körper begabt find: ven ihnen doch
„Bott ohne ale Urfache gegeben haben müßte, (weiches feine
„Weish. entehren wärde) wenn fie nicht vermittelft derfetten
„empfinzen follten.” Dr. €, Fr. Bahrdts bibl. Syſt. d.
Dogm. 20 B. ©. 774 f) — Nach Dr. E. Fr. Dei Pas
- Iingenefie des M. ꝛc. ©, 250 f. werten die Sinnenwerfzeuge
bleiven, und es wird auch mauche Lieblingsbeſchaͤftigung ſtatt
finden, Man vergl. Ockel a. a. D ©. 259%
Die Seele wird dann wohl nicht mehr die Empfine
dungen der Sreude durch die Sinne, fondern unmittel-
bar fo empfangen, wie ſie alle Engel erhalten. Unſere
Empfaͤnglichkeit fuͤr Freudegenuß wird vergeiſtiget
werden. Die Werkzeuge des thieriſchen Genuſſes find
cbgethan, und unſere ganze Siunlichkeit wird verfeis
nert ſeyn. Vergl. das oben Pr. 3. ©. 134. Geſagte.
zwar kennen wir bier nicht den Sreudegenuß des Him—
mels, aber das iſt zuverlaͤßig, daß wir alle Freuden,
bie wir genießen, deshalb vollkommner empfinden wer—
den, weil dort theils die Gegenſtaͤnde vollkommner
find, u. wir fir theils mit erbehten Kräften genießen
werden. Die Seele von der Laſt des Leibes befreiet
wird Die Sreuden iener Welt mit einer Innigkeit und
Stärke empfinden und genießen, bie alle unſere ietzigen
Begriffe uͤberſteigt.
CEhriſtl. ST Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. M
178 —
Sel,n. d. Tode, (in beſonderen Freuden).
*
„Unſer Herz wird an Empfindungsfaͤhigkeit zunehmen, Aule unſere
„ietzige Empfindungen des Vergnuͤgens, der Freude, der Hofn.,
„der Liebe, der Bewunderung ſind ſchwach, und faſt todt gegen
„dieienigen, die die Seligen im Himmel einſt haben werden.
„Warum? weil unſere Empfindungen von unſern Vorſtellun⸗
„gen abhängen. Dieſe aber werden dort erſt greß, vollſtaͤndig,
„deutlich, lebhaft und wichtig ſeyn; folglich werden auch unfere
„Empfindungen dort weit fihöner, fiärker, lebhafter und anhal⸗
„tender ſeyn. Alles was uns einſt vergnuͤgen wird, wird uns
„weit ſtaͤrker vergnuͤgen, weil wir es deutlicher und lebhafter
„denken werden.“
„Unſere fi ſinnlichen Freuden werden einſt ſtaͤrker und vollkommner
„ſeyn, weil die Werkzeuge unſeres Koͤrpers, wodurch wir ſinnl.
„Gegenſtaͤnde empfinden, weit vollkommener und feiner ſeyn
„werden, Denn aud) ber Leib ver Frommen wird an der Ger
„ligkeit Theil nehmen,” — „O unausſprechliche Freuden, die
„dann auch Eein Neid, Feine Furcht des Verluſtes, Feine Krank—⸗
„heit, Erin Tod mehr fioren wird! Leben, wo alle Duellen des
„Mibvergnügens auf ewig verfiegen werden; wo Menfchenhaß,
„Leidenſchaften, unbefriedigte Wünjdhe, ——— des zur
„kuͤnftigen Schickſals, Unvollk. und Elend — wo das alles auf
„ewig von uns entfernt ſeyn wird. — Leben, wo Freude die
„Fuͤlle und liebl. Weſen ꝛc.“ Bahrdt a. a. O. ©. 773 f.
Vergl. Goldammer a. a. O. & 3033317: „freie Gnadenerwei⸗
ſungen Gottes, willkuͤhrl. Belohnungen in iener Welt.“
Dieß alles — daß wir dort von allen Uebeln, den
Schwachheiten und Unvollk. des Erdenlebens frei ſeyn,
uns nuͤtzlich und angenehm beſchaͤftigen werden,
oben Nr. 1=$8. ©. 123-177 — iſt nur eine ſchwache
und geringe Ahnung der unbefchreibl. großen Geligf.
(welche auch in der Zufriedenheit mit dem, was man
ift und hat, beftehen, und alfo alle Wünfche ausfchl.
wird); denn fie ift über unfere duͤrftigen Begriffe fo er-
haben, als das kindiſche Alter fi) von den wichfigeren
Gefchäften und ernfleren Ergögungen des gebildeten
Mannes feine Vorſtellungen machen kann. |
Das aber, was mir von iener Geligf. wiffen, ift
binlänglich, um ung die fo fehr großen Vorzuͤge iener
Seligf. vor der beften Gluͤckſeligk. in diefem Leben ein»
ſehen zu laffenz denn ie eifriger hier der M. der
Ruhe nachiagt, defto mehr flieht fie vor ihm. Man
findet bier mehr im Streben ned einer
Sache, als in ihrem Genuffe, Vergnügen,
und im Genuffe ift oft fo gar das Grab un«
ferg Bergnugeng, weil dag, was wir für
| S. | 179
Sel. n. d. Tode, (in befonderen Freuden.)
‚chen, nur eingebildete Gefalten v. Gluͤckſe—
ligkeit find.
Litterat. In Poeſie iſt das v. Klaͤden, in ſeinem
Verſuche über die Ewigk. u ihre Freuden
©. 224-232 angehängte Lied; Zeit u. Ewigkeit in
Hinſicht einer edlen und £refflichen Befchreibung v. der
Ewigk. und ihren Freuden vortreffih. — Außer den
oben ©. 101 empfohlnen Schriften vgl. man Dr. ©.
Sr. DEel’8 Yalingenefie des M. nah Vernunft u.
Schrift. Koͤnigsb. u. Lpz. 1795: 4. ©. 219-363; 5.
G. Fock Samml. einiger Canzelvortraͤge: Wien 129]
gr. 8. Dr. 175 „Berichtigung einiger. irrigen Bor
ae v. der zuf. GSeliaf.:‘‘ über. oh. 3, 23; J.
R. G. Beyer 3. Auffl. der Boltsrel. in Pred. 37.
893. 1794. R. 18. ©. 21726; „vom Himmel
1) wo? 2) was thut man im H.? 3) wie koͤmmt
man binein? über d. Ev. am Himmelf.-Seft; Groffe
Glaube und Pflicht des Chr. ©. 249-60: „wie has
ben wir ung den Himmel nicht DOREEN 2.) Zol⸗
— 8 Vredd., nah f. Tode ıc. Th. V. Nr. 14.
5..170.f. 191 f.: „Berichtig. d. Begriffe v. der
Släcfitige, des zufünft. Lebens; Eckermanns
chriſtl. Feſtandachtsbuch, Alt. 1797. 3 N. 6. ı6te
Betr. ©. 245 f.: „über d. Geligf. frommer Verehrer
Gottes in ienem Leben;“ Dr. J. G. Chr. Adler’
Prevd. üb. d. Sonn» u. Feſtt. Evang. vB. am
Himmelf. — „üb. d. Beſchaffenh. der Seligkeit,
die wir in der E. zu hoffen haben;“ Walther’g
.. Betrachtungen ibn die Natur, Ir DB. ©. 355:76:
„Licht über unfere Fortdauer u. unfern Zuſt. nach d.
Tode aus den Belehrungen über das Weltall;“ Loͤf⸗
ler’8 Predd. 3 B. 2te A. Nr.7: „was wiffen wir
vom zuf. Leben mit Zuverlaͤßigk.““ am ıflen Oſtert.
üb. Marc. 16, 1-8; Dr. €. 5. Ammons Predd. z.
Befoͤrd. eines reinen moral. Chriſtenthums, ꝛr B. Erl.
- 1860. 8. Ver. I. „d. d. wohlthaͤtigen Folgen einer
Ausficht auf die Freuden einer beffern Welt:“
II She 4, 7: 8 (fehbr gut umd te bh). —
Baouig Nel.- Lehre in Bein. or Th. 45. ©.
354:369 „die Geligff. der zufünftigen A: in eis
ner Anal. der ‚an hung über unverfchuldete Erdens
leiden.
M 2
Sel. n. d. Tode, (Eigenſch. der — —)
IV. Eigenſchaften der kuͤnftigen Seligkeit
und verſchiedene Bemerkungen darüber.
I) Sie wird dem Betragen des M.auf Erden
angemeffen feyn, oder Gott ertheilt fie nur
nach der Wuͤrdigk. des M., d.h. nad der
SittlichE. oder innern fittl. Befchaffenpeit
feines Genuffes Deshalb wird es aud
"Geufen in derfelben geben; Soh. 14, 2. (febr
Deutlich u. beſtimmt deutet hier Jeſus auf Grade der
kuͤnftigen Seligk. bin.)
a) Sie wird genau u. vollkommen mit dem Grade un—
ſerer ſittl. Güte im Verhaͤltniß ſtehen. Nur nach
Reinheit der Geſinnungen, Unſchuld des Herzens: und
Fetrageng, nad) Tugend und Verdienften wird der M.
mehr oder weniger felig werden. Nicht nach auffallen-
den,vor den Augen der M. verrichkefen und von Vie
len beiwunderten Handlungen, die oft nur aus Ruhm⸗
ſucht und Eigennug herruͤhrten, nicht nach einzelnen
Handlungen der Andacht, die nach Würfungen der
Heuchelei und DBerftellung, fondern nach dem, wag dag
Echenfte und Vortrefflichfte unter allem iſt, was aller
Eigenthum, auch des Unbemerkten ſeyn wird, was alle,
ſelbſt boͤſe M. mit Achtung nennen, was menſchlichen
Handlungen allen Werth gibt, was die glänzendfte
That, falls es ihr mangelt, zur nichtswuͤrdigſten
macht, — was die kleinſte, wenn es ihr eigen iſt, zu der
ſchoͤnſten in Gottes Augen erhebt — Reinheit des
Herzens, Guͤte der Abſicht und der Vorſatz,
ſeine Pflicht zu thun. Wer das Recht, als eine
heilige, v. Gott ihm auferlegte, Pflicht betrachtet und
dieſelbe uͤberall erfuͤllen will, wer damit den Glauben
verbindet, daß die Befolgung des Rechts der M— heit
und auch dem Handelnden nüglic feyn werde — wer
mit diefem Grundfaß alle Einwendungen und Ber-
fuchungen der Sinnlichkeit abweißt und ihm beharrs
lich getreu bleibt — ver hat die rechte, Gott wohlges
fällige und des Himmels wuͤrdige Gefinnung u. kann
größern Lohn erwarten, ale der, welcher u. Es
wird demnach die größere oder geringere fittliche Güte
auch die höhere oder geringere Selig. beftimmen ; denn
Gott als der Allgerechte belohnt die Erfuͤl—
lung feiner Borfchriften auch auf eine derfelben ans
= - 181
Sel,n.d.T., Eigenſch. derfelben, z. 6; Stufen.)
gemefiene Art. E88 war dieß auch) eine Erk., welche
die M. von allen Neligionen, felbft die Heiden hat—
ten. Sie fahen den Zuftand der DM. nach dem Tode
aig einen Zuftand der Vergeltung an. Gie glaubten,
daß dort die Rechtſchaffenh. belohnt und die Laſterh.
‚beftvaft werden würde. Je auggebildeter ein Volk
wer, defto deutlicher und fefter glaubte es dieß.
Man denfe alio nicht, daß Goft in der Seligkeit
partheiiſch zu Werke gehen u. nach dem Anſehen, der
Hoheit — Große, die hier jemand auf E. hatte, ihm fein
Wohlgefallen im H. auch zutheilen werde. Er wird
blogs auf die hiee von iemandem (fey er, wer er auch
war) bewiefene Tugend fehen, Nur Nechtfchaffenbeit
und Herzensgüte gibt beißott Werth; Ap. ©. 10, 35.
Vergl. Heym's Samml. v. Preds. f. Landl. über vie Epiſt. ©.
227 f.5 XZellers Magaz. f. Pr, 67 B. 28 Et. Wir. 12. ©.
-103-109: „Gott theilt die Belohnung des KH. nur nach Wuͤr⸗
digkeit aus” üb. d. Ev. am 20ſten ©, n. Ir; Loͤflers
Predd. Ir B. zte A. Nr. 13: „unrichtige und ſchaͤdl. Meiz
nung, daß nicht die Seligk. von Herzensgüte und Rechtſchaf⸗
fenHeit, fondern v. gew. Außer!. Vorzuͤgen abhange”’ user Ev,
am zofteen ©. n. Tr.
b) Richt alle Selige werden daffelbe u. das nam. Maaß
der Glückfeligfeit genießen, fondern ihre Freuden mer-
den bei einem ieden ihre eigene beftimmte Große ha=
ben, ſich auch auf eine fo fehr verfchiedene Art abans
bern, daß Feiner in ieder Nückficht daffelbe empfinden
wird. Die GSeligf. wird nach den Graden der ſchon
aus dem Erdenleben mitgebrachten Borbereitung, nach
der durch bienieden geübte: Kräfte und Tugenden
fhon erreichten Empfänglichfeit, ihre verfihiedene Stu—
fen und Abtheil. Haben, oder e8 werden dielenigen,
welche weniger Gutes gethan haben, nicht fo reichlich
belohnt werden, als die, die viel Gutes auf diefer
Welt gethan Haben. An Einfichten und Empfindun-
gen werden nicht alle Seligen einander gleich, und die
Belohnung wird nicht bei allen gleich groß, fondern
nac) der Zahl und dem Adel der im diefem Leben ges
übten Tugenden, nach der greßern oder geringeren
Wuͤrdigk. des M. abgeme ſſen ſeyn. Nach dem Grund—
ſatze, daß Gott iedem Geſchoͤpfe den hoͤchſten Grad der
Seligk., welchen es nur genießen kann, ertheilt, laͤßt
182 S.
S. n. d. T. (Eigenfh dr — —3. B. Stufen derſelben.)
es ſich auch erwarten, daß die Seelen, welche ſich zur
Gleichgeſinntheit mit Gott gewoͤhnt haben, einen groͤße⸗
ren Wuͤrkungskreis erhalten, in welchem fie Gottaͤhn—
lich wuͤrken und dadurch eine goͤttl. Seligk. empfin⸗
den können, Matth. 25, 21... Se größer unſer Wür-
funggfreis feyn wird, ie mehr Gluͤck wir befördern u.
verbreiten fonnen, deſto großer ift fowohl dag Freu—
dengefühl über die von Gott uns beigeleate Kraft,
als auch die Freude über dag verbreitete Glück und
über die guten Sefinnungen unferg Herzens, die mit
Gott und der Natur aufs vollkommenſte uͤbereinſtim—
men. Wie Fann auch die Seligk. deffen, welcher fruͤh
ffirbt, (und welch?’ ein großer Theil der Menfchbeit
first” nicht fruͤh!) der Seligk. degienigen, welcher
fih lange im Guten geübt hat, gleich feyn! Die Se
ligfeit de8 Erwachfenen muß gleichfam ven genußvol-
Ion Sommertagen, und die der Sinder den ſchoͤnen
Fruͤhlingstagen gleichen. Ungleich ſind hier die See—
lenkraͤfte, die Tugendfertigkeiten — die Anlaͤſſe zum
Guten, alſo kann dort nicht ieder dieſelbe Hoͤhe von
Seligk. erreichen.
Es erhellt dieß auch noch aus folgenden Gruͤnden:
a) weil die Gluͤckſeligk. im Erdenleben eben dieſe Man—
nichfaltigkeit der Grade hat; — b) weil auch in der
zufünftigen Welt ein ieder feine eigene und beſtimmte
Stelle einnehmen und daher alles, Angenehme auf eine
eigene Weiſe empfinden wird; — c) weil die Em—
pfänglichkeit Aller unmoͤglich gleich groß feyn Fann,
andern eben fo verfchieden feyn muß, als ihre Na—
fur; — d) Gottes Serechtigf. erfordert e8, die dann
noch fichtbarer als hier dargeſtellt werden ſoll, und die
ohne ein ganz genaues Verhaͤltniß des Lohns mit dem
Betragen nicht ſtatt findet. Wenn z. B. ein Menſch,
welcher ſein ganzes Leben der Tugend weihete, nicht
mehr Vortheil davon haben ſollte, als ein anderer,
welcher vieleicht in den letzten Wochen feines Lebens
ſich beſſerte, waͤre dann nicht Gottes Gerechtigk. eben
fo verdunkelt, als fie ietzt im L. erſcheint? Waͤre es nicht
ungerecht, wenn Gott bei der Ertheilung der kuͤnftigen
Belohnung auf das verſchiedene Maaß ber Zugend
keine Ruͤckſicht nehmen wollte? Iſt zwar Gottes Be—
lohnung eine Gnadenſache, ſo at fi) doch das
SS. 183
Sel.n,d. Tode, (Eigenfh. der — — Stufen derf.)
Maag der Seligk. unläugbar nach eines ieden Verhal—
ten. — e) Die zuf. GSeligfeit wird gewiß auch ihre
Vollk. in der Uebereinfiimmung des Mannichfaltigen
haben. Bolfommenmwird ein Ganzes, wo alle Theile ein-
ander ganz gleich find. — f) Die h. Schrift verfichert
08, auch indem fie lehrt, daß ieder nach f. Werfen er-
‚ balten ſoll Eohn oder Strafe, Roͤm 2, 6; ILKor. 5,
10; Gal. 6, 3. 9. Jeder fol nach £uc. 19, 16-19 fo
belohnt werden, ie nachdem er die von Goft anper-
traͤuten Kräfte gut angewandt und ſich größerer Be—
Iobnungen fähig. gemacht hat. Sin IXor. 3, 14. 15
liest auch ie Gedanke; TIfor. 9, 6 gehört auch
hieher, deggl. 9 Mafth. 10, 15; II, 22-24, vorzüglich
£ue. 12, 47; Eohef. 6, 8; I for. 3, 8. (2te Hälfte)
und 15, 58, 2te Hälfte. — Nah Matth. 6, 1. 3. 435
kart. IO, 21; Matth. 10, 41. 42; IETim. 4, 7: %
Luc. 12, $. 9; II Petr. 3, 1-4; LKor. 9, 17.18. Wers
den den vorsüglichen Tugenden auch vorgügliche Be—
Iohnungen beftimme verheiffen; LKor. 15, 41. 42. werden
Daher unfern Körpern ungleiche Grade von Vollk. ans
gekuͤndigt.
S. Eckermanns Handb. d. Glaubensl. 3r B.
ee ee
Merol, Zollikofers Predd., nah f. Tode zc, Vr B. Nr. 15. ©,
.193 5 Wotf’s Auszz. aus feinen Ev. Predd, Ar Jahre,
©. 106:8: „über die verfihiedenen Arten und Stufen ter
Geiſtesgluͤckſeligkeit im zuk. Leben; Goldammers Betr,
uͤber d. zuk. Leben, ©. 439:6o: „Mannichfaltigk. im Genuſſe
d. zuk. Seligk.“
2) Sie iſt zwar eine Folge unſeres Erdever—
haltens, aber doch auch ein freies Gnaden—
sefhenf Gottes. Mir muͤſſen hier freilich dazu
den Grund legen. Das Rechtthun — das fronme
Verhalten ift zwar allerdings eine nothwendige Erfor—
derniß, um einſt ſelig zu werden. Keiner darf denken:
„genieße hier nur alle und iede Freuden dieſes Lebens,
„auch auf die ausſchweifendſte u. eine ſolche Art, wie
„es dir am angenehmſten iſt. Denn Gott gibt den
„Himmel dem DR. aus Gnade. Ich fann mich in mei—
„nen letzten Stunden beſſern, die Suͤnden bereuen und
„der Allliebende wird es dann nicht ſo genau mit mir
„nehmen. Er weiß ia, wie ich, fo wie ieder Andere, ein
I Ss S.
Geht; — — erfolgt aus Güte.)
„ſchwaches Geſchoͤpf bin!“ — Nein, die Seligfeit ift
nicht das Gefchenf eines Schwachen — & ohne Weich. |
und Gerechtigkeit handelnden Güte. Golche ungegrün-
dete Gedanken darf man nicht biegen. Sie würden al-
den Antrieb benehmen, fo unfer Leben zu führen, dag
wir der fünftieen. Seliaf. theilh. würden. Allein auf
der andern Seite darf fich der bei allem Streben nach
Tugend noch ſchwache M. nicht überreden, durch fein
gutes und frommes Betragen allem ber Schoͤpfer ſei⸗
ner zukuͤnftigen Seligk. zu werden, und im Stande
zu ſeyn, ſich die Freuden der Ewigkeit zu verdienen.
Es wäre ein unverzeihlicher Stoß. Denn bleiben nicht
alle untere Bemühungen unvelfommen? Mer gab
ung Anläffe und Kräfte zum Guten? wer ſetzte ung
in Umſtſt., eg ungehindert thun zu Fonnen? Thun
wir mehr — als unſere Schulbigke t? Allein Schul-
digfeitserfülfung gibt feinen rechten Anſpruch auf. Bes
fohnung. *) Belohnungswuͤrdig ift freilich der From—
nie, aber Belohnungswuͤrdigt. iſt nech Fein Berdienf,
fondern nur ein rund, daß man die Beloh. billig erwarten
kann. Jene ar Belohnung ertheilt —— Gott
dem ſittuichen Wohlverhalten, nicht wegen Verdienſt,
fondern blog aus Güte. Der Zweck aller Belohnun—
gen Gottes kann überhaupt Fein anderer fiyn, ald Ver:
breitung des Guten, Beförderung der Glückfeligf. der
vernuͤnftigen Geſchoͤpfe, Erweck. und Ermunterung
zur fernern Pflichtuͤbung, insbeſondere aber um uns
M. dadurch von ſeinem Wohlgefallen an dem Guten
zu’ überzeugen.
Vergl. Peyn’s Samml. vd, Prebd. über die Ep. für. hist. ©.
677 f.: „Aus Gnaden wird der M. felig ohne ale ſ. Vers:
dienfi und Wuͤrdigkeit.⸗
*) Es iſt nicht anzurathen, daß Rel.-Lehrer im Jugend- und
Volksunterricht zu viel von Belohnungen reden, weil
fie fo leiht die Vorstellung des an fih Pflichtmaͤßi—
gen verdunfeln. Aber wahr und richtig iſt ed, daß der
Tugend ein gewiffer Anſpruch auf die goͤttl. Billigung
zufomme, oder daß fie fiher darauf rechnen dürfe, Ebr.
6, 10, —
©. 185
Sel.n.d.T., (Eigenſch. der ——, ſie w. immer wachſen.)
5) Die kuͤnftige Seligkeit wird ohne Aufhoͤ—
ren wachſen und im ſteten ununterbrochenen
Fortgange von Zeit zu Zeit immer vollkommener
werden. Wir dürfen hoffen, daß unfer Geift von
Stufe zu Stufe durch die ganze Emigfeit fleigen
werde. Die Seligk. wird gewiß für jeden nicht gleich
vollfommen feyn, denn den Froͤmmſten dürfte noch
dag Andenfen an feine gefeßwidrigen Handl. fisren. *)
E8 gibt für die Seligen fein Grad der Glücfeligkeit,
für welchen feine Erbshung denkbar wäre; das Wachs—
thum an Gluͤckſeligk. muß alfo mie der Sortfchritt im
Guten unendlich angenommen werden. Mach verfchie-
denen Zwifchenräumen der Uebung dürften die Seligen
von einer Vollk. zur andern fortrücen, und dag wer—
den in Gottes Geifterwelt, was wir ung unfer Engeln
denken, Luc. 20, 36; 19, 26; 1Xor. 3, 8; IZim. 6,
18. 19. Nur läßt eg fich nicht enticheiden, ob bie
Natur der Eeligf. big ing Unendl. bin von Stufe
su Stufe der Vollk. und Gluͤckſeligk. fortfchreiten, nie
aufhören werde, oder ob der Mi. endlich ein Ziel ers
reiche, wo er ſtillſtehen muͤſſe, wenn namlich: feine Aus
lagen, Sähigfeiten und Talente bis auf den höchften
‚Grad, zu welchem fich zu erheben ihm die wefentl. Schran«
fen f. Nat. verftatten, ausgebil. feyn werden; ein Punkt,
wo er nun alles ift, wag er feyn und w. Fann u. fol,
und wo er nun rubet, u. nichts weiter wuͤnſcht, nun,
iedoch in dem Abjtand des Endlichen von dem Unend—
lichen, fich felbit genugfam und Gott fo ähnlich ift,
als er ihm nur werden kann. — Daß die Selig—
feit wachfen und fleigen werde, Efolgt aus folgenden
Gründen. |
a) Schon hier finden wir, daß Soft alles in der Na—
tur nach und nach zu mehrerer Reife und Wolf. wer—
den laſſe. Schon bier entwickelt fih alleg und
fehreitet vom geringen Anfange zu einer hoheren Vollk.
fort. Erft entfiche die Knospe, welche die Blume in
=) Se mehr aber der Eelige im ®xten thatig ift und an
fittl, Vollkommenh. zunimmt, deſto ſchwaͤcher wird dieß
peinigende Gefuͤhl werden. Es verliert ſich immer mehr,
und hoͤrt dann zuletzt ganz auf.
186 ve
Selm d. To, (Gründe fürs Wachsthum der —
ſich ſchließt, allmaͤhlich entwickelt und entfaltet ſich letz⸗
tere. Erſt iſt der Menſch Kind und am Verſtand
ein Schwähling, dann fi. — Ja wer lernt hier ie⸗
mals aus? —
b) Es find die Neigungen —— —— bier wuͤrk—⸗
uch auf's U gerichtet und kennen keine Graͤnze.
Kann wohl dieſe Einrichtung unſerer Natur umſonſt
gemacht ſeyn?
* Es if Stillſtand Bei einem endlichen Weſen, welches
ſich ſelbſt niemals genug iſt, gar nicht möglich, ſon—
dern es muß ſich entweder verſchlimmern oder verbeſ—
fern. Das Erfe kann man nicht von den Seligen
im Himmel — Alſo iſt das Letztere zu hoffen.
d) Die Ratur der künftigen ewigen Seligkeit, wir fie
bie Schrift lehrt, (und wie fie oben II, 1-8. ©. 123»
177 befchrießen worden if) ift fo befchaffen, daß ein
ewiges Wachsthum nicht nur möglich, ‚fondern fogar
nothwendig iſt.
e) Ein endliches Weſen kann niemals ———— wer⸗
den, wenn man ſich auch die Vollkommenheiten deſſel⸗
ben noch ſo groß vorſtellt. Es laͤßt ſich alſo nicht
abſehen, warum Gott, welcher nach ſeiner unendlichen
Macht faͤhig iſt, feine Geſchoͤpfe immer und ewig fleis
gen laffen, ihnen irgendwo eine Graͤnze ſetzen, und
ſie Sadurch elend machen ſollte.
£) Sin ienem Leben wird gewiß (denn es läßt ſich aus
der Einrichtung unferer ganzen Natur vermuthen) die
ſittl. Bildung und Vervollkommnung immer noch zus
nehmen. Denn Fan fich der Geiſt, der nie ohne Seh-
ler in jenen Zuſtand uͤbertritt, welche ebenfalls ihre
natuͤrlichen uͤblen Folgen behalten, nach und nach v.
dieſen Fehlern reinigen: fo kann ſich auch die Seligk.
immer mehr erhoͤhen, und die guten Folgen koͤnnen
endlich die uͤbelen verdunkeln Se mehr unſere Weis
gungen durch den Genuß jener hohen Seligk. werden
aufgeregt werden, deſto flärfer werden nun iene fittl.
Vervollkommnungen zunehmen. Wie muß e8 aber un-
fere Seligf. vergrößern, wenn wir es beachten, daß
wir fie mie ven Bewußtſeyn emer ewig zuneh⸗
menden Vergroͤßerung genießen werden! Alles Ein
formige macht Edel.’ Daher vervielfältigen die M.
mit allem Scharfſinn ihre Freuden und vergroßern fie
’
©. 187
S.mnd. T. (Eigenfh.der — — ihr Wachsth., ihre Ew.)
durch neue Zuſaͤtze. Ein gleichfoͤrmiger Grad von
Freude, wenn er nicht ſelbſt der hoͤchſte iſt, wird zu—
letzt eine Hölle. Dort aber wird der Gedanke alle un-
fere Sreuden erhöhen, daß fie täglich groͤßer, täglich
mannichfaltiger, taͤglich vollfommner werden, täglich
der Unendlichkeit fich nähern und fie doch in Emigfeit
nie erreichen follen. | |
Dergl. Soldammer Berrachtungen über das zukünftige Leben, ©,
5000-15: „immer vollfommnere Gluͤckſeligkeit in ienem Les
Benz" Magaz. f Pred Vlle Th. Nr 6. ©, 62:71: be
fonders im Iſten Theil. en |
4) Sie wird ungeftört —u. ewig oder unauf—
hoͤrlich ſeyn, oder fie wird ganz ungeftört durch
alle Emigff. fortwähren, I Petr. 1, 4; Ebr. 12, 27.
Sie wird nie mit einem Zuftand abwechfeln, wo die
Eeligen fich elend fühlten, und noch weniger wird fie
iemals ganz aufhoͤren. Es wird alfo alle Sättigung,
aller Eckel, aller unangenehmer Wechfel unferer Schicd-
fale, alle Vernichtung unferes Wefens, alle Rückkehr
und alles Zufanmenfließen mit dem Weſen Gotteg,
wobei das Bewußtſeyn unferer Perſoͤnlichkeit wegfiele,
Ganz außgefchloffen, f.das oben II. BB. ©. 122. 123
Sefagte. Dadurch aber verliert die Seligf. nichts v.
der oben II. ©. AA. ©. 120 f. angegebenen Größe u.
Borzüglichkeit, D wie wird das vielmehr alle Fünfti-
gen Freuden verfüßen, daß fie — fo unausfprechliche
Sefigfeiten fie auch gewahren — niemals auf>
hören werden! Denn was verbiftere hier auf Ers
den mehr alle Vergnügungen, ale die Gewißheit deg
nahen Wechſels oder des Endes derfelden?! Man bes
denke es, was die Fünffige Scligfeit für eine Große
haft, da fie ewig in ihrer Dauer und für uns un
Be im Umfange und unermeßlich in ihrer Stärs
Em... |
Die Ewigkeit der Seligk. folgt
a) daraus, weil nicht abzufehen ift, weshalb Gott nach
feinen Eigenfchaften Gefchöpfe, die er einen hohen Grad
von Bollfommerb. und Gluͤckſeligk. hat erreichen laſ—
fen, entweder elend machen oder aus der Zahf vorhan—
dener Wefen ganz wieder austilgen Fonnte Eine
würfl. Bereinigung derfelben mit feinem Wefen aber
laßt fi) ganz und gar nicht denken. — b) Es raucht
188 | ©. |
GSel.n.5.%., (Gründe für die Ewigk. der — —).
ia Gottes Vermögen gu, ung ewig zu erhalten, und
iedben neuen Wunfch zu befriedigen und zu erfüllen —
c) Die Seele ıft ia unfterblich, deshalb kann ia die
Geele die GSeligf. ohne Ende genießen. — d) Die
Freuden der Geligk. find v. der Art und fo eingerich-
tet, daß fie ewig genoſſen werden koͤnnen. Sie betäu-=
ben den Geift nicht, fondern fie nähren ihn, fie klaͤ⸗
‚ren den Verſtand auf, vermehren unfere Tugend und
werden alfo immer Quellen neuer GSeligkeit. Ste bes
halten immer den Neig der Neuheit, weil die. Gegen-
fiande, woraus wir die Freuden der Ewigf. herleiten,
immer wieder neu find. — — ER op
Weber die Frage: wird die Sahl der Seligen größer alß
die der Verdammten feyn? gebe man Eeinen linter:
richt. Die Beantw. derfeiten iſt zu ungewiß. Was Dr. ©.
Lesß in ſ. Entw. e. pbilof. Curſus der chriftl, Her. Sött.
1790. gr. 8. ©, 241243 darüber beiahend fchreibt, kann
man nicht fo ganz als ausgemacht wahr annehmen, oder feine
Gründe find nicht überzeugend. Sch halte vielmehr die Neuffes
rung: „Schon bier finden wir fo wenig Redliche. „Hier ift
mehr Rafter als — Tugend. Möchte ed Loch dort umgekehrt
feyn; denn ed würde unſere Fünftige Seligkeit verringern,
wenn wir fo viele unferer Bekannten ungluͤcklich erblickten!“
für ungleid) praktifcher, al8 die Behauptung: dort werden
der Geligen (von den Menfchen) mehr als der Unfeligen
feyn. |
Versi. Foſters Reden, Vr Th. ©. 123:1845 Seder's Predd.
Th. 4 Nr. Al; Wolfrarb’s Ausfichten in die unfichtbare
Welt: „ob die Anzahl der Berlornen oder Seligen größer
ſey 244
V. Praktiſche Folgerungen.
1) Da die kuͤnftige Seligk. von unſerer auf Erden be—
wieſenen Tugend abhaͤngt (Ebr. 12, 14, 2te H.): ſo
iſt es für ung Pflicht, hier für iene Welt zu le—
ben, d. bh. bier Gottes Willen immer beſſer zu faffen
und — zu thun, oder — uns durch Fröommigf.
für iene Welt zuzubereiten, LJoh. 3, 3;
Dffenb. 2, 10. Die fünftige Geligf. muß uns aufs
ftärffte antreiben, ung unaufhoͤrlich zu weiſen — from:
men, nüßglichen und mwohlthatisen Gefchöpfen zu bil
den, alfo ung zu beffern und ım Guten zu wachfen,
oder uns um eine fittl. Sefinnung unde, guten Willen—
| ©. | 189
Sel.n.d. T., (Anwend. der Lehre von der — —).
(nah dem Mufter Gottes und Jeſu gebildet) zu bes
mühen. Wir müffen ung um eine — ganz nach Thun
und Laffen ung beherrfchende Stimmung und Hinrich»
tung aller unferer Neigungen und Triebe u. aller uns
ferer wuͤrkſamen Kräfte auf dag, was in jedem Fall
nach meslichfter Einfiht, und Veberlegung des Verſt.
das Befte ift, bemühen. Wir müffen alfo nicht nur
allem Dem entfagen, was wir ohne Schaden unfrer
felbft und Anderer nicht haben koͤnnen, fondern auch
thätiges Wollen und Beftreben haben, Andern fo viel
Gutes zu thun als wir nur nach dem Maaße u. Unis
fange unferes Berftandeg, unferer Kräfte, unferer Tas
lente, &üter und Gaben, nah unferm Anſehen und
nach dem Einfluffe, worin wir ftehen, vermögen. Dieß
iſt das einzige Mittel, ung der Vorzüge iener Geligf.
theilhaftig zu machen. Wir müffen deshalb mit Muth
u. Kraft iedeg Hinderniß der Tug. zu befiegen fuchen u.
an der Veredelung unferes Geiftes durch Weish. und
Tugend mit raftlofem Eifer arbeiten. Dan mus zu
dem Ende a) fih des Sündigens enthalten. Denn
e8 macht uns des Genuffes der ung zugedachten Se—
ligfeit untauslich. Dan erfenne und bereue alfo nicht
blos feine bisher begangene Sünde, fondern verab-
fcheue fie und mache ſich von der Herrfch. der Sünde
los, LJoh. 5, 3. b)es muß uns eine folche Gefinnung
beleben, daß wir Freude finden an allem Guten. Es
muß aleichfam unfere Nahrung, der Inbegriff alfer un:
ferer Wünfche und unfer angenehmftes Gefchäfte feyn,
Gottes Worfchriften zu befolgen. Wir muflen uns
alfo c) auf Erden — in der uns gegebenen
Zeit zum Boraus anfchicfen zu tenem feli-
gen Leben, d. h. mir müffen unfern Verſtand —
unf. Willen u. unfere Neigungen, fo wie unf. Geſchmack
zu den Gefhäften, Vergnügungen und Sreuden ieneg
Lebens und zu den Gefinnungen u. Grundfägen iener
höhern Gefellfchaft, in die wir aufgenommen werden
wollen, bilden. Naher:
aa) Wir müffen ung bier dem Verſtande nad bilden.
Denn wenn wir denfelben hier gar nicht gebrauchen
und durch den Gebrauch u. die Anwendung gar nicht
fehärfen, nicht mit unfern Talenten wachern und uns
fere Anlagen zur Erf. und Weish. niche ausbilden:
190 | ©.
fo werden ung dort die hoben — aus der Betrachtung
— und ſeiner Werke entſpringenden Freuden
ehlen. ® — Nee RE —
Wenn wir in dem, was iedem Menſchen wiſſens—⸗
wuͤrdig ſeyn muß — in der Erf. Gottes u. der Na—⸗
fur, unfrer felbfE und der fich auf unfer Wohl bezies
henden Dinge, in der. Tugend und in allem Guten,
Edlen, Schönen, über unfere Schickfale, Beſtimmung
u. f. mw. unwiſſend bleiben, alſo unfere Faͤhigkeiten
durch Vernachlaͤßigung zu Grunde gehen laffen; oder
ung mit elenden Kleinigfeiten befchäftigen: fo werden
wir dorthin feinen Sinn für die Spuren der Allmacht,
Allweish. und Allgüte Gottes, die aus ſ. Einkichtun—
gen und Anordnungen hervorgeht, mitbringen, und für
das Vergnügen unfähig feyn, welches aus der Betr.
der wunderb. Werfe Gottes und der Aufflär. fo man-
cher hier ing Dunkle gefüllten Sache und, verwicelten
Hegebenh. entfliehen wird. Se mehr wir aber bier un-
fere Erf. erweitern und berichtigen, deſto ausgebreite-
fer werden wir dort würfen, und defto nuͤtzlicher ſeyn
fönnen. „Je mehr unfer Geift hier auf Erden erwei-
„tert ift, defto mehr Himmel wird er dereinft in fich faſ—
„fen können.‘ *) | ER
bb) linfere Neigungen — unfer Begehrungsvermegen
müffen wir bier bilden. Denn gehen iene bier mehr
auf das Bofe und Schädliche, als auf dag Gute und
Wohlehätige: finder hier iemand mehr Bergnügen an
Thorhh. und Eaftern, als an der Tugend und edlen
Handl. — und geht er mit folchen Neigungen in iene
Welt über: fo faun er dorf nicht felig ſeyn; denn
fhon hier Fann in einem laſterhaften Hergen Feine Se—
ligfeie ftatt finden. — ce) Unfern Geſchmack müffen wir
zu den Gefchäften, Bergnüga., un. Freuden ienes L. ſchon
hier bilden. Unſere Fünftige Seligk. haͤngt von der
Borbildung unfers Gefchmads ab. Ber bier nichts
Beſſeres, Höheres u. Edleres Fannte, als groben ſinul.
Sreudengenuß — fein höheres Glück, als den Beſitz
irdifcher Güter, feine andere Beichaftigung, als leere.
und geiftlofe Tändeleien — Fein anderes Vergnügen,
— —
* PRoung.
— 191
Sel. n. d. T., (Anwend. der Lehre von der — —).
als die koͤrperl. Luſt des Eſſens, Trinkens und anderer
finnl. Ergssungen Eennt, und hierin fein ganzes Vers
gnügen findet, u. ‚bier feinen Sinn — feine Empfaͤng—
lichkeit. für höhere renden, 3. B. über bag Schoͤne
in der Natur und im der ſittl. Welt hats der wird
dort für iene erhabnere Sreuden noch weniger gebilde-
ten Sinn haben, weil diefelben geiftig feyn merden.
, Wenn wir uns aber bier gewöhnen, außer dem un
Ä fhuldigen Een: ber. Raturfreuden und des Guten
im tägl. Leben, auch iene Geiftesfreuden zu koſten —
wenn wir bei iedem Guten, bei ieder Wonlthat, Got⸗
tes Freundlichk. einſehen, wenn wir ſtets mit Freude
an Gott den Freudengeber denken, wenn wir die Spu—
ren feiner Allliebe in der ganzen Natur, in den Anftal-
ten der Nelig., in der Geſch. der Welt — und in der
RT: unferes eigenen Lebens bemerfen und bei der Zus
ruͤckerinnerung an alles von Jugend auf genoſſene
Gute denken: Gott iſt die Liebe — wenn wir
durchdrungen von dieſem Ged. hier ſelbſt Muthloſe
troͤſten, Traurige aufheitern, weinende Wittwen berus
higen, verlaſſene Waiſen aufnehmen, den Schuldloſen
vertheidigen, oder der liſtvollen Bosh. entreiſſen und
durch Gebet zu Gott und Gottvertrauen uns uͤber die
Anfaͤlle des Neides — der Eiferſucht 2c. erheben u. blog
in Gott und in uns ſelbſt unfere Befriedigung finden;
- Daun werden wir für iene himml. Freuden Sinn ba»
ben, die an Geiſtigk. und Würde alle übertreffen. Vers
ſaͤume alſo, o Chriſt! nicht wegen eines ſinnl. Vergn. ein
unendl. Gluͤck. — dd) Wir muͤſſen uns hier anſchicken
zu den Geſinn. u. Grundſ. der Seligen. Der Himmel
. wird die Sefellfchaft v. lauter reinen edlen Seelen — v.
vollendeten Gerschten und Zugendfreunden, von Weis
.. fen — Guten, über alle. niedrige Leidenſch. erhabenen
Weſen ausmachen, die Gottes und ſeines Wohlgefal—⸗
lens immer wuͤrdiger, mehr in Weish. u. Vollk. fort—
zuſchreiten ſuchen, und die Befolgung des goͤttl. Wil—
lens fuͤr ihre hoͤchſte Ehre, Luſt und Seligk. halten.
Unmoͤglich konnten Thoren — Unweiſe — Unwiſſende
und au Verſtaͤnde — Herz und Sitten Vernachlaͤß gte
in einer — Geſellſch. gluͤcklich ſeyn. Sie koͤnnen
nicht an iener Vergnuͤgungen Theil nehmen, nicht an
ihren — ens Intereſſe und Vergnge n
=>
192 S.
Sel. n. d. T., (Anwend. der Lehre von der — —).
finden, denn verwahrloſte — niedrige Seelen haben
dafür feinen Sinn. Bilden und flimmen wir aber
ſchon bier unfere Seele zu den Sefinnungen u. Grund»
fügen, die dorf gültig find, und zu dem dort herrfchens
ben Sitten und Charafter: fo werden wir in iene er-
habene Gefelfhaft Fünnen aufgenommen werden. —
Man übe bier thatige M—liebe, erzeige Andern Gus
tes, Dienfte, und Gefälligfeiten 2c.; denn die Freuden
der Liebe und des Geliebimerdens, werden auch mit
iene Geligf. ausmachen. Denn e8 ift wahrlich feine
Seligk., auch im Himmel nicht denkbar, als durd
Liebe. — ee)Die befte Borbereitung auf das zus
Fünftige Leben ift u. bleibe immer die beſte Benutzung
des gegenwärtigen Lebens. Denfe rechtfchaffen, Iebe
tugendhaft, verfihaffe dir die Erf, und folche Sefinnuns
gen und erwecke in dir folche Neigungen, , die du dort
haben mußt, wenn du felig werden wellſt — erfülle
ale Pflichten deines Standes oder Amtes u. du wirft
gewiß hier glücklich und dort felig werden. Denn da
der M. nicht allein um der zufünftigen Welt da ift,
da er feiner Beftimmung entgegen lebe, wenn er über
dem Himmel die Erde vergißt, oder fih für ienen auf
eine folche Arc gefchickt machen will, daß er darüber
auf der Erde unbrauchbar wird: fo muß der M. in
iedem gegenwärtigen Augenblick in diefem Leben fihon
fuchen durch Weisheit und Tugend glücklich zu feyn;
f. oben ır Th. Beftimmung des M. C. ©. 206 ff.
Alles Gute demnach), was wir bier denfen, reden und
thun, alle Opfer, die wir bier Gott durch Gehorfam
aus wahrer Gegenliebe darbringen, alle auf richtige
Gotteserk. verwandte Muͤhe, alle in unferm Stande
und Berufe bewiefene Treue — iede wohlmollende, dem
Naͤchſten erzeigte Gefinnung und Aeußerung — iede
Probe der Gottunterwerfung, Geduld und Standhaf-
tigkeit, — und iedeg DBeftreben um die Ausbildung u.
Vervollk. unferer geiftigen Natur — dieß alles ift
Zus» u. Vorbereitung auf iene Schef. — bieß
alles hat Einfluß auf unfer fünftiges Schickſal — dieß
alles beſtimmt die Stelle, die wir einft befleiden, die
Geſchaͤfte, die wir treiben, die Seligk., Die wir ges
nießen werden. |
Net,
S. 193
Sel. n. d. T., Anwen. der Lehre von der — —),
Rel.⸗Lehrer müffen das, was die Borbereit, auf iene GeligE,
‚angeht, ausführlich erläutern; dein der große Haufe hat davon
ſehr unbeftiimmte und unrichzsige Begriffe. Der Slaube an ven
Werth des bloßen Ölaubens an die fiellvertreienie Genug⸗
thuung Ehvifii, ie alles Böfe gut maden, und ale Mängel
erſetzen ſoll) — am. das natuͤrl. Unvern, z. Suten, weldes
Soͤtt allein bewuͤrken müſſe, an daS den M. an und für fi
ſchon ſeligmachende Abendmahl, beſonders auf dem Kranken a
und Sterbebette — find bisher noch nicht ganz ausgerottete —
aber ten wahren Beariff einer gehörinen Borkereitung auf iene
Seligk. aufhebende und verdraͤngende Vorurtheile, welche Pred.
„aus eden muͤſſen.
Beweggründe:
) Bir werden ia einft die naͤmlichen feyn,die wir hier
geweſen find. Jenes Sehen wird nur Fortſetzung de
gegentäi tigen fern. Wir werden nicht nur im Ges
fhärfte der Bildung — Verſtandes und in der
Veredelung unſeres Herzens grade da einſt fortfahren,
wo wir hier ſtehen geblichen find, fondern werden auch
die nämlichen Gefinnungen und Neigungen, welche hier
ſchon bei ung herrfihend und entweder die Duelle uns
fers Gluͤcks, oder Im erg —— waren, mit uns
über das Grab hinüber in jenes Leben nehmen: folg—
lich werden wir in dem naͤmlichen Grade einſt gluͤcklich
oder ungluͤcklich ſeyn, in welchen wir hier gut oder
boſe, edel oder unedel zu denfen und zu handeln ung
‚gewohnten. Genau hängt diefes Leben mit ienem zus
" fammen. Diefes Leben iſt Saatzeit — Stand der
Borübung und des Erwerbes; ienes aber ıft Die Zeit
des Lohns — die fihone Aerndtszeit.
P) Wozu gab uns Gott diefes Erben anders als zur
Vorbereitung auf das folgende Leben? Es fol ein
Stand der Erziehung für einen volfommenen Zuftend
ſeyn. Wie mannichfaltig find Die Gelegenhh. u. Ans
lüffe, Die Gott jedem gibt, an feiner Beredelung zu
arbeiten und Durch gufe Handlungen fuͤr die Ewigkeit
Saamen auszuſtreuen. Wir muͤßten unſere eigene
Feinde ſcyn, wenn wir fe nicht benutzen wollten.
) Daß wir für eine andere Welt beſtimmt find, ſagen
uns die mannıchfaltigen Einrihlungen, die Gott zur
Erreichung dieſes Zweckes arstrofen hat. Sagt ung
nicht ze) Die ganze Natur um ung ber, daß Gott un—
Chriſtl. SI. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Ch; | 5,’
194 ©.
Sel. n. d. %., (Anwend. der Lehre von der — ——),
endlich vollk. ſey — daß wir ibn alfo verehren muͤſ⸗
fen? ee) Iſt unfer Weſen nicht wohl zu edel, als
im Staube der Sünde zu bleiben? führen nicht unfere
‚befferen Neigungen uns aufwärts? 29) will ung nicht
Gott im Laufe unferer Schiekfale, z. E durch Leiden,
ur Schaͤtzung der Geiſtesguͤter leiten? Hat nicht der⸗
ienige, welcher für die beſſere Welt lebt, wie von ſelbſt
die ird. Vortheile? Wozu waͤre die chriſtl. Rel. —
wozu Jeſus Chriſtus, wenn ff.?
) Aus der Natur der Seligk. folge es, daß eine tu⸗
gendhafte Vorbereitung zu derſelben erfordert wird.
Dieſelbe wird N) nicht im Genuſſe aͤußerer Borzüge
und Vergnuͤgungen befteben.- Sie wird vielmehr
2) der Stand der genaueften und gerechteften Vergel—⸗
tung ſeyn, U Kor. 5, 11. Es werden fih alfo nur
der Seligk. erfreuen, die fich derfelben als - einer Be⸗
lohnung werth machen.
s) Unſer fünftiges Wachsthum an MWeish. und Tugend
wird ung deſto leichter werden, und defio ſchneller von
ftatten gehen, ie weiter wir es fchon hier barinnen
gebracht haben. Jede Wolff. des Verſtandes und
* LANE bringe für ung auf Emigfeiten Ge-
E? YDie fünftige Seligfeit ift e8 werth, fich ernftlich da-
rum zu bemühen. Denn N) die irdifihen Güter und
Freuden find vergänglih. Die angenehmſten Freuden
werden ung bald zuwider. Hier ſind gleichſam nur
Huͤtten — Gezelte fuͤr die Durchreiſenden gebaut und
aufgeſchlagen, aber dort iſt alles dauerhaft und un—
vergaͤnglich. Deshalb muͤſſen wir nach ſolchen Guͤtern
und Freuden ſtreben, die uns immer reitzvoll bleiben.
I) Wie bald find bier die groͤßten Reichth. u. Güter
verloren, deshalb muͤſſen wir ung um folche bemühen,
die wir nie verlieren. 3) Don allem, was wir hier
befißen, werden wir Durch den Tod gefrennt, deshalb
muͤſſen wir nach folchen Gütern trachten, von denen
‚ung fein Tod feheiden Fann. Yon allem, was wir
bier befißen, was ung auf E. thener und fehaßbar ift,
folgt ung nichts tiber dag Grab ing beffere Reben,
als ein gebildeter Berftand und ein edles Herz.
=) Die fünftige Seligf. wird ung ewig anhal-
©. 195
Sel:n.®. %., nord, der Lehre von der — —),
gende Freuden, Güter 'und Beruhigung ‚gewähren.
Wie viel fagt das Wort mis wenn 23 von ser
künftigen Seligk. gebraucht wiro! Keine endliche Zeit
ſteht nur in einigem Verhaͤltniſſe mit der enplofen
| Ewigkeit. Eine Minute und Sekunde iff immer Bed)
Po a
über. Dies eſchwindeſte Zeit, der reiſſende Ste
ber Wind — das ungusſpre— Sl; ch ſchnelle eich: — der
noch Inner fere Gedanfe — das alles iſt — mit ber
Ewigk. verglichen — langſam und Richts. Die —
unermesliche — unendl. Em: gr, — poll hoben unaugs
ſprechl. immerwaͤhrenden — immer — luͤcks
gibt der Tugend einen ewig feſten Sruud, II For. 5,
9. 10; denn eg gibt feinen wichtigeren Gedanfen alg
den Gedanken ver fel. Ewigkeit. Weld’ eine frohe
entzuͤckende Ausfiht in ein ewiges — unaugfpredh:
lich — feliges Leben! Sie vervielfachet ieden edlen
Genuß des iegigen Lebens — fie erleichtert iede unſe—
rer Pflichten. Nur fie allein gibt eine unerſchuͤtterl.
Standhaftigk. u. einen heitern Muth.
7) Die h. Schrift verſichert es, daß ohne ein hier ge—
—— frommes Leben der M. keinen Anthell an der
Seligk. haben werde. Sie ſchließt M. von ſuͤndl. Ge—
ſinnungen, ſo lange ſie ſolche haben, v. derſelben aus;
ſie verheißt dem, der hier recht treu war, und feine
Kräfte und — ausbildete, uͤbte und anwendete,
ganz beſondere V rzuͤge; ſie ſagt dem eine Verndte oh—
ne Aufhoͤren zu, Set hier unermuͤdet Gutes übte. Dem
verſpricht fie nur eine kaͤrgliche Aerndte, der Bier mes
nig ausſaͤte. Jedem fol nach ſ. Werfen vergolten
werden.
Jeſus preißt ausdrücklich Nechtfehaffenheit deg
Herſens und Lebens als das Mittel zur Erlangung
der ewigen Seligkeit an, z. B. Marc. 10, 17:19; Luc.
10, 25:28. Nur den Menfchenfreunde verbieß er Die
Freuden dee 9. Matth. 25, 34-41. Eben fo geben
die Hp. Froͤmmigk. als ein Erfordernif der kuͤnft. Se
2
ein — wenn gleich ſehr Heiner Theil von Millios:
der Jahrtauſende. Aber Hauft man auch Jahrtau—
+ Sende auf Jahrtauſende — es iſt nie ein Theil rd
Mack ver Emigfeit. Das Unenöliche hebt alles
Zeitmaaß und iede — ai 668t
gar Fein Maaß. Sie bleibt ganz — ungecheilt
4
>;
are u
196 ©.
Sel. n. d. %, (Anwend. der Lehre von der — —).
ligkeit an: Ebr. 12, 14; Gal. 6,9; U Kor. 9, 6;
Offenb. 14, 13; U Tim. 4 75 om. 2, 6. 75 Jac.
I, 15.
Berge. Brade Pred.-Entww. üb, d. Ev. Texte, 14r Jahrg. ©,
2835:88; „die nötbige Zubereitung zu e. kuͤn jen ſel. Leben.”
ib. Ev. om 27.8, u. ges SG palding’s Predd. Bert,
1768.18 ©.260 fi:5 .S. Ch, Sreiling neue prakt. Mas
tevial. zu Eanzelvortr. TIL 47 8: 28 Heft 1801. ©.53:65:
„warum und wiefern es der menſchl. Natur gemäßer fey, unz
fere Hoffn. einer zuk. W. auf unfer Woyhlverh. in dieſer Welt
— gründen ? 20.” Wagnig Rel.-Lehre in Beiſp. earth. ©.
5 6.7.8 dir uns durch weile Thaͤtigk. auf das zuk. Le⸗
= vorbereiten köͤnnen.“ — — Beyer 3. Aufer, 9, Volksrel.
in Predd, ıe B. 2te A. Lpz. 1794. ar. 8. Nr. 4. ©.49>70:
„daß Gott boͤſe M. nicht in ſ. Himmel aufnehmen fünne, wenn
er auch wolle,” über Röm. 8, 1.25 Mag. f. Pred. Kr
Th. Nr. 14. ©, 166:180: vom Vorurth., daß die Eiinftige
Seligk. etwas jey, das und Gott nach Belieben nur ſchen—
fen dürfe, amd wobei auf umfere eigene Beſchaffenheit nichts
ankomme. — — | R
Huͤlfsmittel, damit die Erwägung ber
ewigen GSeligf. uns bier auf Erden fromm
mace:
a) Denfe oft an die Freuden der Emwigf., und denke
darüber anhaltend nach. Es iſt ein entfernteg Gut,
dieſes erfordert mehr Nachdenken, um fich ven Werth
defielben recht vorzufielen. Dan muß diefenm Nach»
denken den gehörigen Grad ber Lebhaftigk. geben; denn
das ſchwache, fo Leicht im der Verfuchung wanfende
Herz geraͤth beim Gedanken an die Entfernung der
himml. Seligk. ſo leicht in Zweifel uͤber dieſelbe und
dann wuͤrkt ſie nicht auf eine vorzuͤgliche und anhals
tende Tugend. Wenn du alſo hier in deinem Kampfe
lau oder müde wirft, wenn dir Unzufriedenb. u. Miß—
muth anwandelt, wenn du zur Zeit der Verfuchung
wanfft, in deinen Leiden und Prüfungen verzagefl, une
ter der Laſt deiner ‚Leiden binfinfit; fo blicke hinauf
ims beffere Leben, gegen deſſen Wonne alles, was hier
das Erdenleben truͤbet, wie ein Nebel vor dem Glanze
„ber Sonne dann verſchwinden wird.
- Selebhafter du über die Ffünftige Seligf.,üb. den en⸗
gen aufammenhang deines gegenwärtigen Zuflandeg
mit deinem kuͤnftigen nachdenkeſt: deſto richtiger wirft
/ S. 197.
Sel. n.5.%, (Anwend. der Lehre von der——).
du uͤber den Werth der Dinge, die ibn umgeben, über den
Werth deiner Tugend, und der Anwendung aller dei—
ner Kräfte, Gaben und Guͤther urtheilen.
b) Suche recht, fo weit es möglich iſt, und als Vern.
und Schrift die dazu verhelfen, mit der Größe iener
Freuden der Eeligk. befannt zu werden, um ſie recht
zu fchaßen, um fie zur berefchenden Vorſtellung und
Ä Empfindung deiner Seele zu machen. Diefe Werth—
ſchaͤtzung der Seligk. iſt noͤthig, denn Vorzuͤge und
Seligkeiten, die wir gar nicht kennen, nicht hochſchaͤ⸗
tzen, wuͤrden keine Vorzuͤge und Seligkk. ſeyn, wenn
ſie uns auch wuͤrklich zu Theil wuͤrden. Dagegen die
Werthachtung derfelben erweckt eifrige Begierden nach
derſelben. Man laͤßt es dann nicht bei dem kalten u.
traͤgen Wunſche, fie zu erlangen, bewenden, ſondern
macht ſie zum Ziel aller ſeiner Wuͤnſche und ſeines
eifrigſten Strebens. Hat gleich noch niemand eine
bollig deutliche — Feine anſchaul. Erf. von der fünf:
tigen Geligk., fo fonnen wir doch ſchon Blicke in Dies
felbe tbun, die — fo unssilft. und dunkel fie aud)
find, ung eine überang — Scligk ahnen laffen.
er nicht durch die Menge und Vortrefflichk. der Guͤ⸗
ter, die der Selige gewiß erhalten wird, geruͤhrt wird,
wer gegen die Erweiterung ver Erk., durch die hoͤhere
and vollkommnere Tugend, durch Pr reinen Umgang
mie Jeſus Chriſtus und allen auten M. und durch bie
Hofnung eineg immer ſteigenden Gluͤcks gleichguͤltig
iſt, der hat entweder gewiß geringfuͤgige Gedanken v.
der meuſchl. Gluͤckſeligk, over iſt durch die Bemuͤhung
um ird. Dinge, fo ſehr verborben, daß cr fomohl der
kuͤnftigen Seligk. unwuͤrdig, aber auch fuͤr dieſelbe
unfaͤhig iſt. Welche Guͤte Gottes iſt es, daß er nr
nach dem Tode feine andere Guter erwarten läßt, alg
falche, die vollig des Verlangens werth — die ewig
find. Es ange daher nichee auf den M. einen ſtaͤr⸗
keren Eindruck zi machen, als die Erwägung der kuͤnf—
tigen Seligkeit. Kein Gedanke ift wichtiger, als der
Gedanfe derfelben ; dieſer erhebt unaugfprechlich unfere
Seele; dieſer leitet in teden Schritt auf unferer Reiſe
durchs Erdenleben — Ruhe und Freude. O erfuͤlle
ung doch mit Tugendkraft, wenn Welt Bee anlichk.
uns zu verführen: droht |
Selen. d.T., (Anwend. ‚der ‚Lehre von der — —).
Verst. I. Fr. Flatt Beiträge zur chriſtl. Dogm. und Moral, Tuͤ⸗
bingen 1798. 8... Br..2. ©. 96: 116: „in weichen Verhaͤlt⸗
niß ſteht die Hofnung der — Gluͤckſeligk., tie Jeſu —
— verheißet, zur Tugend?“ Mag. ft. Pred. VIIr —
— 5. 02771: „Erhi. zum Eifer in d. Gottfelige,, —
bie Hofn. einer immer ſteigenden und ienfeit des Srabes vollz
endeten Glidfelige. verpflichtei” üb. Ep. am 27. ©,'n. Er.;
Zollikofer's Predigten nach ſ. Tode ff. Nr. 16. © 204⸗
2177 „wodurch man ſich der — — des sub. Lebens ge
big macht?“
irre
2) (f. ©. 188.) Mm an fey früh fromm Denn ie
fruͤher wir ung dur Welsh. und Tugend vervoll-
kommnen, deſto feliger werden wir werden. Ye früher
demand fromm iſt — deſto langer iſt er tugendhaft.
Welche Freude wird es ſeyn, wenn man auf ein gan-
zes — in Tug. vollbrachtes M—Ieben zuruͤckblicken
kann! Es laͤßt ſich nicht denken, daß ein Menſch,
welcher ſein Wachsth. im Guten nicht su ſeinem anges
legentlichften Gefchäfte machte, welcher ſich von mans
chen bofen Geſinnungen und Neigungen beherrſchen
ließ, alſo für wahres Gluͤck keine Empfaͤnglichkeit mie
hinuͤber bringt — der erſt ſpaͤt — vielleicht blos aus
Furcht vor der Strafe an feine Beſſ. Dachte, einſt eben
‘fo glüdlich werden follte, als derienige, welcher viele _
“gute € 'genfehaften des Merftandes und des Herzens
fich erwarb, der Tugend — oder der freuen Ausuͤbung
feiner Cchenspflichten, alle feine Kräfte widmete und
alſo mebr Empfängfichkeit für wahre geiflige Gluͤckſe⸗
ligkeit mit hinuͤber bringt, als iener.
3) Man beru hige ſich durch den Gedanfen an Die
fünftige Seligkeit in Leiden. Blicke bin, o Chriſt!
nach ienen Freuden des Himmels, u. du wirſt did) ftär-
fen zu leien — zu dulden — Ausınharren in dem,
was Gottes unerforſchl. Weish. beſchloſſen hat, daß
du leiden u. dulden ſollſt. Leicht voruͤbergehend u. wie
eine Nebelwolke hinſchwindend ift alles Leiden dem, der
nicht bei diefem Tropfen Zeit verweilt, nicht diefe ver>
gänglichen Auftritte ale die Befchränfung feines Da-
ſeyns befrachtee, ſondern ſeinen Geiſtesblick auf das
Unfichtbare und Ewige richtet. Jeder Blick wird ſein
Herz zufriedener, ruhiger, getroſter, ſtaͤrker, geduldiger
» und ſiandhafter machen. Er denke es ſich oft, mie
ihm, wie dem Manne ſeyn wird, welcher viel litt und
©. 199
Sel.m d. T., (Anwend. der Lehre von der ——).
viel weinte, und ieden Harm des Lebens kennen lern»
te, wenn er nun allen Kummer uͤberſtanden und den
reichſten Erſatz in dem ſeligſten Looſe errungen hat, wie
er dann zuruͤckſchauet auf die Tage. der Leiden: fo
wird auch er auf die vorigen Leiden, auf die abgeleg—
ten Unvolff. und auf die überwundenen Kämpfe zu⸗
ruͤckſchauen. Sicher wird ihm dag Andenken an iene
Seligk. auch ſeine peinlichſten Leiden verſuͤßen und ſie
in Wohlthat und Freude verwandeln. Die lebendige
Hofuung, ienes unvergänglichen Erbe zu erlangen,
wird e8 gewiß machen, daß wir in allen Leiden auf E.
getroſt ſeyn koͤnnen. Die hier mit Thraͤnen ſaͤen, wer⸗
den dort mit Freuden aͤrndten. Wie es einem iſt,
wenn es nach einem Tage voll Muͤhe und harter Ar-
beit endlich einmal fo toeit gefommen ift, daß man am
fpäten Abend das Licht (öfcyen und fi) zur Ruhe le⸗
gen darf, und wenn dann der andere Morgen ein Feier—
tag iſt: fo iſt's dem Leidenden im Tode. Alle unſere
Leiden ſind dann wie ein Morgentraum beim Erwa—
chen verſchwunden. Sie find vorüber. Freude und
Jubel umgeben ung dann. — E8 ift feine Lage, Feine
Handl., fein Augenblick unfers Lebens auf E., in
welchen nicht das Undenfen an die ewige Seligk., Zu—
friedenheit, Seelenruhe, Muth und Stärke, Heiterfeit
and Freude leitete. Denn in der Seligk. find alle Ges
fchwerden des Lebens — die fihmwerften Kämpfe der
Tugend, alle Verläugnungen unferer Begierden befei-
tiget. Wie bald— mie leicht aber find die Angfilichen
Augenblicke die ſes Lebens überflanden! Schnell fin-
den wir ung am Ziele unferer Laufbahn. Man er:
warte dann, wenn bei der Erduldung peinlicher Leiden
Die Sehnfucht nach der Nuhe des Hi mmelg fe in ung
regt, in Geduld den Anfang der GSeligfeit.. Mi
iedem Sage — mit ieder Stunde kommen wir doch
unſerm Ziele naͤher, USim. 4 7:8. |
Berg. Heym’s Samml. v. Predd. für Landi. uͤber die Epiſt. S.
546:561:_ „das laͤngſte und groͤßeſte Leiden auf Erden iſt
nichts, gegen die darauf folgente Freude des Himmels“ üb. d.
Ep. am 3. ©. mn. Tr.
4) Man erleihtere fih durch den © edanfen
an die fel. Ewigf. den Tod. Nimm Ihm dadurch
ale Bitterkeit. Denfe ihn dir als din Führer in eine
200 ©. |
-Sel.n.d.T., (Anwen). der Lehre von der — —).
endlofe Wonne Die dunkle Todesnacht gränzt an
den lieblichen Kebengmorgen. In ein ewiges Leben
loßt fih das bange Sterben auf. Was ift anders
der als der Lieberfchritt in die Seligkeie?! II Kor.
gr 18. Er iſt nichts als ein Heimgehen.
©. chriſtl. Moral f. d. ——
ıfte Abıh. ©. 452 ff.
5) Man tröfke fih dann, wenn man Gi — auch
feine Wißbegierde — dieſes großte Beduͤrfniß des Ed—
len — hienieden nicht befriedigen, — weun man ſe—
nen Wunſch im Streben Hier gut zu ſeyn, unbvollk.
und mangelhaft fuͤhlt, mit der Erwartung einer bel:
lern — weitlauftigern Erf. und ſowohl eines reinern
Tugendſinnes, als auch einer eroßern Zugendfraft u.
des ung eröfneten groͤßern Wuͤrkungskreiſes. Dann
wenn die Welt unferm guten Willen und feiner. Has:
führung fo manche Hinderniffe in den Weg fest, dann
mern wir gern Gott und Jeſu immer ähnlicher wer—
den wollen, und leider ſehen, daß in diefein Lebe a unch
feine vollk. Heiligkeit möglich iſt — — wann Aufere
Umftft,, VBerfubrungen der Sinnlichk. — in gewiſſen
Stunden uns aufhalten anf der Bahn des Guten u.
ung zu Fehltritten und Öchwachheiten verleiten —
dann fchige man ſich durch das Andenfen an bie fel.
Ewigk. vor Kummer — vor würft. Sünden. Sf uns
ter Dem Ei härter Leiden — unfer Glaube zu iwan-
fen, unfer Vertrauen zu finfen in Begriff — finden
fich überall Hinderniffe ın der Vollfuͤhrung unterer
Borfüge — befchränfen Armuth — Stand — Krank—
heit — Bosheit und Undank Anderer hier en
Wiürfunggfreis und vereiteln dieſe unſere Wuͤnſch
ſo werde man nicht laß in der Tugend; denn dieß
ben ſchwindet bald dahin; dieſer Forpe r, der ung En
das Irdiſche feffelte, iſt bald abgezehrt — und ein
neuer Würfungsfreis wird ung dann eröfnet. Wohl
dann ung, wenn wir gethan haben, was wir nach den
Umfift. thun fonnten. Denn nach dem Tode wird es
Gelegenheit genug geben, Die Neigung zum Guten zu
befriedigen. Wer ſchon bier Die mit dem Wachsſsthum
im Guten verbundene Freude fühlte, mird fie dort,
noch ftärfer empfinden, 100 weder Degierden, noch
S. 204
Sel.n. d. T., Anwend. der Lehre von der — —).
Außere Verbindungen unſerer Wohlthaͤtigkeit —
Hinderniſſe in den Weg legen koͤnnen.
6) In Hinſicht von dem bei 5. S. 200 Gefagtem, und
dat (nach U. ı. oben ©. 123 f.) iene Selig. ung
von allen Erdenleiden und Bedrängniffen befreien wird,
Ale man fich mit Paulus Rom. 7, 245 *) Bhil. 1,
3, nach. der fel. Ewigk. febnen, oder nad) dem Him—
— verlangen. Nur darf dieß ung nicht weder gegen
diefes Leben, noch gegen den erlaubten Freudengenuß,
u. gegen den Genuß der Güter dieſes Lebens gleichgültig
sachen, noch ung zur Berfäumung unſerer Berufspflich-
ten veranlaffen. Es darf die Sehnſucht nach fl
nicht aus unreinen Quellen entſtehen, indem
man mit feinem ird. Zuſtande unzufrieden iſt, ſich irrig
den Himmel als einen Sitz einer ungeſtoͤrten — traͤ—
gen ruhe denkt zınd Thätigf. nicht liebt, weil men
ircig dieſe Welt für ein Jammerthal anſieht, und fich
den Himmel zu eigennügig als eine bloße Belohnung
für aeg, was man hier Gutes getban bat, vorftellt.
Sie darf nicht aus unlautern Beweggruͤn—
den entſtehen, a) um feines ird. Ungluͤcks, um feis
ner Leiden loszuwerden; b) um früher u. im hoͤhern
Grade gluͤcklich zu werden. Dieß verrierhe Luͤſternh.,
ein eitles Gemuͤth, und zu große Sinnlichkeit, welche
mit Wohlfeyn unzufrieden neue Anmaßun igen wagte.
Man muß ſich auch deshalb nicht nach dem Himmel
ſehnen, um nicht ſeine Tugend bei fo vielen Gefahren
gu verlieren; denn man muß bei jeder Verſuchung vor-
ſichtig feyn, und einen entfchiedenen Willen fürg Gute
baden, und den Kampf nicht fihenen; um ſich recht
Die Tugend zu eigen zu machen, muß man bier gern
Icben. Man muß endlich, auch deshalb fih nicht nach
dem Himmel fehnen, um ficher | und ſchneller im Guten
denn unſere Tugend gewinnt um ſo
mehr, ie mehrere und ie ſtaͤrker die Hindern. ſind, mit
welchen ſie zu ——— hat.
Paulus fuͤhlte fſeine Schwachheit beiden Ver—
ſuchungen, die die Sinnlichk., eine Folge des en
ſinnl. Körpers, ihm legte. |
202. ©.
Seligfeit der Hei den .
Vol. Dr. W. A. Teller’s Mag. f. Pred. 3m B. 18 St. Nr. 29.
©. 2698277: „der Chriſt kann deshalb nach dem Rlanıe! vers i
langen, weil ee wuͤnſcht, von deu gegenwärtigen Leiden, die
bier auf Erden ein Ende nehmen, befreit zu werden,“ uͤber
Pit. ı, 21224; Witting’s Handb, 2ten B. ıfle Abth.
"6, 403 f. über die Ep. am Himinelf. Feſte; GSebshard'es
Predigten üb, d. canzen Umf. der Rel. EB Nr. ız. ©.
349371: „ti es vernünftig, ſich nach tem Kr zu fehnen 2
über Phit. 1, 245 Wefsfar’s Predd. an ben Sonn- und
Feft. Bert, 1795. 2r B, Ür. 46. ©. 1113197: nGterbenss
Freudigk. und ihre Schranben.“
Man ſey Gott fuͤr die naͤhere Belehrung in ber 5.
—— v. den Freuden der Ewigk. dankbar; denn ei—
ne Seele angefält ‚mit diefen hellern Kenntniffen des
Ehrif fenth ‚ein Verſtand, erleuchtet durch iene chriſtl.
—* von Gott — -Geifterwelt und Ewigf. —
iſt fähig zu der reinſten — erhabenften, vollkommnern
Tugend gebracht und gebildet zu werden. |
Bersi. F. W: Hager über das Richtige und Wohithätige der Bes
lehrungen Jeſu von einem-Eünftigen Leben, Pred, über Offenb.
- 91, 127. Erlangen 1794. 8. u. Dr. &, Fr. Ammons oben
S. 179 angef, Pred.
Arber II-IV. vergl. man * Dr Witting' 8
Handb. ur B. ar 2. ©. 491 f. zr®9. ıffle Abth. ©.
43 f. 438 f.; ar B. are Abth. S. 280 f.; Canna=
bich's Predd. üb. ale Sonn- u. Fefit. >» Eb. er B.
ate Aufl. ©. 160-173: „Warnung vor einigen aus
der Bibel gezogenen Gornrtheilen, 1) daß bie Anzahl
der Seligen dußerft Flein fey, 2) daß der Lohn im ie-
ner Welt vollk. gleich ſeyn werde, 3) daß Gott bei
der Ausch. des Lohns blos nah Willk. handele, und
4) wenn man diefe Belohnung hofft, ohne bie Bedins
gungen diefer Hofn. zu erfüllen. — —
Telters Dag. f. Pred, 3r 3. 18 St. ©, oh: 211: „Unterricht
Jeſu über d. zuk. Leben.‘
Seligfeit der Heiden, Ap. Gef. 10, 34.355
Kom, 14, 4
Sn Ruͤckſicht des bei Denßenden Leicht entfichenden Iweifeld: „went
die christt. Met. fo vortrefflih und Wahrheit ift, weshalb ift fie
genn nicht allgemein? weshatb hat venn Gott fo viele Völfer,
S. 203
Sel. d. Heiden, Beweiſe fuͤr die — ne
die heidniſch find, nicht dazu einladen laſſen?“ ift es nicht übers
Rüßig, von der Seligk. der Heiden zuweilen zu —
um ihrer Beruhigung nicht zu ſchaden.
J. Die Heiden werden nach der treuen Anwendung der
ihnen verliehenen Kraͤfte beurtheilt und darnach gluͤck—
lich oder ungluͤcklich werden, Roͤm. 2, 11. 12; Ebr.
11,6. Wenn ihnen gleich nicht die chriſtl. Rel.
bekannt geworben ift: fo dürfen mir fie
bech Deshalb nicht verdammen, oder ihnen
hart und liebt los die fünftige Geligf. abfprechen. Man
muß fein Volk von den Himmel ausfchliegen. Gott
fordert 9. den Nichtchriften nichts mehr als den freuen
Gebrauch des Maaßes von Kenntniß, das er ihnen
verliehen hat. Braucht der Nichtchriſt daſſelbe redlich:
ſo wird er eben ſo wohl, wenn gleich nicht in eben
dem un dadurch Gott gefaͤllig und ſelig, als der
Chri 5—
II. Beweiſe.
1) Die kuͤnftige Seligk. iſt in Gottes Hand — toi
kaͤhrliches, fie hängt nicht. v. dem geſchichtlichen Theil
des. Chriftenth., weicher feiner Natur nach nicht alfge-
ein werden fann, fondern von dem auf dag Verhal-
ten anwendbaren oder dem — die Einricht. unferg Le—
ben betreffendem Theil ab. Jene Geligf. iſt ein Zu—
ftand des Geiſtes — alſo eine innere, durch Zugend
hervorgebrachte Zufriedenheit. — Nun aber iſt Tug.
auch bei den Glaubensarten der Nichtchriſten moͤglich.
Tugend iſt nicht an das Chriſtenthum gebunden, ſon—
dern findet unter allen Volkern ihre Verehrer. Wes—
halb ſollte es ihnen unmoͤglich ſeyn die Bedingungen,
um Gott Zn gefaken (Ap. Geſch. 10, 35); Gott zu
f. und Recht zu thun, zu erfüllen? Iſt bei ihnen
die Erf. von Gott auch noch fo Hettchiehen: fo koͤnnen
fie doch alle dag Gute aus feinen Werfen. fennen ler—
nen, und durch. die Betracht. derfelben, fo wie durch
die Wohlthaten, die fie von Gott erhalten, Ehrfurcht,
Vertr. ‚und Liebe zu ihm falten. Jedem M. gab
Gott ein gewiffes ſittl. Geſetz von Recht und Unrecht,
das Gefeß, dag ihn zum Guten ermahnt und vor dem
ofen warnt. Jedes Volk ber Erde hat Empfindun-
gen von einem höheren Weſen und von der Vereh—
Me ©.
Set. 8. Heiden, (Beneife für die — —).
rung deſſelben unter fih; Nom. 1, 19. 205 2, 14.
"DAL NEE 3. 13. BB IE, genug, wenn der Heide den
Leitungen feines fittl. Gefühle durch Rechtthun folgt.
Thut er das, jo wird er dafür belohnt. Denn Öalat.
6,7. 2te 9. der Heide iſt dod) ein Menfh. Ein uns
parth. Vater belohnt die ſchwaͤche Aeußerung eines
klindl. Herzens fo gut, als ff. Von dem mehr Aus⸗
gezeichneten in der Tugend, von der Mehrheit guter
Handl. des Chriſten kann nicht die Rede ſeyn, denn
als Chriſt hat er eine beſſere Erf. und mehr Huͤlfs⸗
mittel. Gott fordert von feinem mehr, als er ibm ge
geben hat. Das, wag aber zur Tugend und. Glücfe-
ligkeit unentbehrlich ift, verfage er feinen. Wer dag
Mindere treu verwaltete, wird von ihm eben fo aut
belohnt werden, als der, welcher mit mehrerem getreu
umging.: Er verlange nicht vom Heiden die Tugend
des Chriften. Kann auch nicht der Nichtchriſt, da das
zuk. Leben die Reife des ietzigen iſt, und da derſelbe
das Gefuͤhl des Sittlichen mit in die Ewigk. bringt,
dort das vollenden, was er un anfing? Bal. Dos
derlein's Rel.- Unterricht, Th. I. Sag f. 65 f. Die
goͤttl. Vorſehung ift, um den M. zun Guten zu er-
ziehen, nicht an gewiſſe aͤußerliche Anftalten gebunden.
Wie Eonnte fonft Paulus bei dem auf fein Geſetz ſich fo
viel einbildenden Juden das ind. Gefeß dem natuͤrl.
fieel. Geſetz (Gewi fenstrieb) entgegen feßen? man vgl.
auch Rom. 2, 28. Er nennt Gott aber au) nicht
bloß den Fuden- fondern auch den Heiden— Gott,
Mom. 2, 29.
2) Die Erfahrung bewieß und bemeißt e8, daß es auch
unter den Nichechriften edel und fugendhaft handelnde
M. gab und gibt. Die Gefchichte ſtellt fo viele Bei—
fpiele der edeljten Großmuth gegen Feinde, der ſelten⸗
ſten Treue gegen Gatten, Vaterland, Bundsgenoffen
u. ſelbſt gegen Feinde, ber unerfihütterli chſten Gerechtigk.,
der le der Aufopferung fuͤrs gemeine Be⸗
ſte — kurz der Achtung für buͤrgerl. und haͤusl. Tu—
genden, an welchen die el, vielen Antheil nahm, auf.
Man braucht nicht blog die Weisheitsſpr. ihrer Werfen zu
bervundern, fondern man muß nur Die Nachrichten v. ihrem.
Math in Gefahren, ihrer Ruhe bei allen Beflürmungen
von außen, ihrer ungerrubten Miene bei aller Erfahrung
©. 4
Sel d. Heiden, (Beweiſe für die — —).
von Muͤhſeligkeit, ihrer Heiterk. im Tode, die ſich im
Bewußtſeyn von Herzensguͤte und Verehrung ihrer
(eingebildeten) Gottheiten erhielt — u. v. ihrem frohen
Geiſt (meld ein großes Erdengut!) in einzelnen Bei⸗
ſpielen leſen, um eingeſtehn zu muͤſſen, daß die Na—
turreligion bei allen rohen Vorſtellungen und bei aller
Vermiſchung mit irrigen Begriffen dennoch zum Gu—
fen antrieb, die Herzen lenkte, die DR. zur Treue,
Wahrhaftigk., Dienftfertigf. Gerechtigk. 20. geneigt
machte, daß fie — da fie foldhe wohlthaͤtige Wirk.
hatte, nicht ohne Werth wear. Zus ieder Wahrheit
fpricht aber Seligfeit. Die Natur lehrte in die M.,
daß Gott Regent ber M,, Regent der Welt ſey; daß
er mit unumſchraͤnkter Macht alles lenke, alles ordne,
daß M—slüf und M—elend von ibm abhange; daß
er feinen Kedl. und Frommen unglückl. machen Fonne,
fondern allemal ſich als Beſchuͤtzer ſeiner Freunde und
Vergelter ſeiner Ehre zeige. Bedurften ſie mehrerer
Antriebe zum Guten? — Gibts nicht noch ietzt unter
den Chriſten ſchlechte u. gute Menſchen? warum ſollte
es denn nicht noch ietzt unter den Heiden gute und
vortreffliche M. geben? war nicht — ein recht—
ſchaffner Mann? Ap. G. 10.
3) Glaubte man, daß Gott nur die Chriften felig ma-
chen wolle, fo verriethe man fehr mangelhafte und 8
rige Begriffe von Gott. Man dachte fih ihn z.
partheiiich. Allein er iſt aller M. Vater und liebt r
alle. Er ift aker Schöpfer, erbarmt fich aller u. will,
daß alle M. zur Wahrh. kommen ſollen. Waͤre aber
nicht Gott offenbar partheiiſch, waͤre er wohl allge—
mein guͤtig, wenn er die Seligk. von gewiſſen aͤußerl.
Umfift. und nicht von ihrem Verhalten — ge⸗
macht haͤtte? Wie kann er — da alle M. ihre Se—
ligfeit wuͤnſchen, es einigen unmoͤglich gemacht Sr
fie zu erreichen ?!. Er hätte zwar dann allen M.
hohe Beſtimmung gegeben, ewig glücklich zu a
aber er hätte dann sraufem dem größten Sheil *
DM. die Mittel dazu verfagt, denn die Offenb. iſt n
allgemein geweſen. Wie läßt ich das vom Al weiten
und Allgerechten denfen?! Gicher wird er es — Hei⸗
den möglich gemacht haben, ihn und feinen Willen zu
wu
206 | ©,
Sel. d. Heiden, (Beweiſe für die — —).
erfennen, und dadurch rechtſch. M. zu werden. 9. ſagt
dieß auch Nom. 2, 14. 15.
4) Die Seligfeit der Heiden iſt der Natur der.
fünftigen Seligfeit überhaupt nicht zuwi⸗
der. Denn diefe u iq nicht eine für ale M. ‚gleich
große Summe von Vergnügen und Vollk. fondern ein
Zuſtand beierer Vorzüge, edlerer Vergmügungen und
ungeſtoͤrt — Empfindungen. Jeder wird den
Himmel in ſeiner Seele finden, deshalb Fann der Heide
einige, der tugendhafte Ehrift aber wird eine größere
Seligkeit genießen. So wenig wie iener Tugend eine
chriftl. Tugend ift, fo wenig wird ihre Seligf. gleich
der Seligf. wahrer Ehriften feyn. Die Beftandtheile
tener Seligf. find fo vieler Stufen fähig, als es Stu-
fen von Wahrh. und Arten von Sreuden gibt. Gott
iſt nicht fo unbarmiberzig, daß er da aͤrndten follte, mo
er nicht geſaͤet haͤtte. Von dem, der wenig le
wird er wenig fordern, Luc. 12, 48. |
5.) Die Meinung, daß die Heiden verdammt en
wirrden, ift fchadlich. Denn a) dieienigen, die fich
fchon durch Ihre Geburt, oder durch ihren Glauben
zu größeren Vorzuͤgen w. Freuden berechtigt halten, wer⸗
den. dadurd) licher, u. es fchmacht die mohithätige
Kraft der Nel., die M. zu beffern, n. eifrig im Gurten
zu machen. 6) Diefe Meinung verleiter die M. zur
Menfchenverachtung und Menfchenfeindfchaft.
6) Derfchiedene deutliche Stellen des n. Teſt. fagen es
ung, daß die H. nad) Ihrer Are werden felig werden;
Nach Ap. G. 10, 34. 35 find alle gute M. Gott wohl»
gefällig; nach Marth. 12, 42; Luc. 13, 29 -urtheilte
Jeſus felbfi von den Heiden jo gelinde und ehrennoll.
Math. 25, 31. 32 fagt Jeſus Ehr. daß alle Bl-
fer ꝛc. Zu allen Guten wird nach ihrer Trennung >.
den boͤſen M. das B.34 Stehende gefagt werden, we I
fie Sort verehrten und Recht thaten. Jeſus fprad)
diefeg, um das iuͤd. Morurtheil, als ob nur die Ju:
den am Meich des Meffiag Antheil nehnien’ und all:
andere Voͤlker = Die Hole verſtoßen w..den würden
zu beſtreiten. Nach Matth. 8, 11 12 gb es unte
allen Nationen M., die vor Gott Ehrf. haben und
Recht thun, an welchen er Wohlgefallen Lat, denn bei
©. Ä 207
Set. d. Heiden, (Anwend. der Lehrev. der— —).
ihm ift Fein Anfehen der Dear Man vgl. noch Joh.
15, 22-2
ach: Kenn.) 2, ı2 will ia einft Gotf teben nach der
ihm mögl. u. con ihm erreichten Kenntniß Des Geſetzes
richten; vol. Rom. 10, 14. —
Matth. 7, ı muß desh. befolgt, und Joh. 3, 16;
Kom. 14 4 beachtet werden, um die Allgemeinh. der
' Berufung Gottes zur Sittlihf. anzuerfeinen.
U, Praktiſche Folgerungen.
1) Wenn Nichtchriſten vonec. nicht auszuſchließen find,
fo Leite ung das dahin, daß wir auch M. die nicht zu
unferm Volke und zu unferer Rel. und Kirche gehö—
ren, lieben und fehagen, Nom. 14, # Andere zu ver—
dammen ift unchriſtlich, Matth. 7, 1. Es würde ung
dahin bringen ihnen die Liebe zu entziehen u. fie bare
zu behandeln, fie zu verfolgen, ihren Umgang zu meis
den, die Imferredung mit ihnen zu fliehen, die Dienfte
der Sefelfchaft zu verfagen u. f. w. Glaubenszwang
darf nicht ſtatt finden. Die Wahrh. muß bloß durch
Ueberredung und vern. Vorftellungen denen beigebracht
toerden, Die bisher noch ff. Andern, die nicht dag glau—
ben und behaupten, wag wir ff. — Die Seligf, ab»
ſprechen, bewürft nur Erbitterung und Trennung.
Jeder muß fich Ben Undere durch Liebe mit ſich
zu vereinigen. Denke deshelb, o Ehrift! daß eg in ie-
der Rel. — Kirche — Sekte M. gibt, die Gott ge—
fallen. Da Gott Undersglaubende dulder, fo perachte
man feinen, der nicht in unferer SR. Iebt.
2) Man freue fich und danfe Gott, daß er fo allge:
meinguͤtig iſt, daß er auch Nichtchriſten an der Fünf:
tigen — —. Daraus, daß Soft es den M. in alien
Nationen mogl. machte, ihn zu farchten, und da er
wuͤrklich unter allen Volkern feine Sreunde hat, >
fcheint recht feine Unpartheilichfeit und f. allgem. Was
terliebe; daß es unſern Bruͤdern wohlgehen werde, muß
ung freuen. Nicht ein gewiſſer — kleiner Theil der
M. find zur Ci gk. beſtimmt, fondern Alle! Welch
ein erfreulicher Ged. ift eg, daß wir einft aus allen
Volkern M. in dem Himmel finden werden! — Denn
dadurch fällt der Zweifel weg: weshalb Gore nur we—
208 ©.
Seligk. d. H., (Anwend der Lehre 9. der ——).
nigen die chriſtl. Rel. — — (ſ. oben), wesh er nicht
alle gleich liebe? ——
3) Wenn ieder, der Ehrf. vor Gott hat und gut lebt,
lebe er in einer Nation, in welcher er wolle, habe er
dieſe oder iene Religion; ſo halte man ſich doch ia
nicht ſchon deshalb für gut, weil man ein Ehrift iſt.
Man zeichne fich vielmehr durch Froͤmmigk. vor den
Nichechriften aus, Sal. 6, 4. Nicht der beffere Glau—⸗
be — nicht die richtigere Rel., in der wir geb. find,
ift e8, was ung ein Recht an d. Geligf. gibt. au
muß um fo mehr die Tugend fihägen und üben, ie
bejfer wir fie alg Pflicht erfennen, ie nachdxuͤcklicher
wir dazu aufgefordert worden find, und ie mehr Bei—
foiele wir von allen Tugenden vor ung haben. Nicht
daran hat Sort ein MWohlaef., dag wir getauft wor—
den find. Deshalb wird Fein Lafterh. Gottes Stra—
fen entgehen, weil ev zu den Ehriften gebsrt, Luc. 13,
3. Jeder frage ſich: Habe ich das alles fh —
und immer gethban, was ich als Ehrifi weiß,
wozu mir Gott die Mittel gab? >
Vergl. Augufti’g neue theol. BL. ır Bi 28 Et.
©. 62; Zollifofer’8 Warnung vor einigen Fehlern
unfers Zeitalter. ©. 1705 Mas. f. Pred. 7 Sb.
Nr. 3. ©. 27=41: „wie wahr es ift, daß ieder, der
Gott fürchtee und Recht thut, auch Hoffn. zur Seligk.
habe“ über d. Ev. am 2tin Dftert.; Teller’ 8 Mag.
f. Pred. ır B. 18 Sk.1&,- 110 IT; er alt.
Nr. 7. ©. 97 ff „daß man fein Volk und feine
Mel.» Verwandte von dem Himmel ausfchließe, uber
Ev. am 3n ©. n. Epiph. Matth. 9, 1:13; Sche⸗
rer’8 heil. Reden zur Belehr. und Beruh. für die
Kinder des Lichts. Lemgo 1799. 8. Nr. 14: „ieder
Tugendh. ohne Unterfchied des Volfs und der Kel. iſt
Gott angenehm‘ (von Scherer ſelbſt.) Köfflers
Predd. ze B. 2te Aufl. 1798. gr. 8. Ne. 3: „daß
Gott allen M. den H. eröfnet habe“ am zn ©. nad)
Epiph. über Matth. 8, 1-13; Sintenig ꝛte Poſtille,
gr Th. ©. 193 212: „viele Nichtchriften werden einft
felig, und viele Ehriften nicht ſelig ſeyn,“ über Rom.
2, 23. —
> i6 en
S | 209
Sigen Chriſti zur rechten Gottes.
Sitzen (das) Chriſti zur rechten Hand des
Vaters, Mare. 16, 19, 2te Hälfte, Eph.
I, 20, r og
Bl. Dr. J.G. Knappii Progr. de Chrifto ad dexteram Dei
fedente, Halae 1787. 4. 3 Bogen, Schieusneri Lex. in
nn. Teit...ed. Hda, T. I. p. 5455 Mori Comm, exeg.
hif. in epit. T. U. p. 222f.; Dödertiein’s inft. Th.
Chrift. T. II. 5. 243. p. 282 f.5 deifelben Rel.⸗Unterr.
Xr Th. ©. 249 fi; Eckermann's Hands, der chriſtl. Gl.⸗
Lehre, 378. ©. 652 ff. |
Das Sitzen Ehrifti zur rechfen Hand des Va—
ters ift eine bildlihe — von dem Sitzen einer Perſon
zur Nechien eines Koͤniges, und der Obrigkeiten ım
Morgenlande enilehute Redensart, mweldes ein Bor
zug, — eine vorgügliche Ehre, als eine Hoflichkeitser-
weifungandeutete. Sm Morgenlande, war’g Gitie,
daß die hoͤchſten Minifter des Koͤniges und die Mit:
genoffen der Negierung zunaͤchſt beim Konige und daß
der oberfte Nach des Koniges demfelben zur Rechten
faß, wie fih auch aus IRon. 22, 19; IChron. 18, 17
ergibt. Nun dachte man fidy Gott im Himmel als auf
einem Throne figend, und die hoͤchſten, die ſeligſten
Geifter als zu f. echten. Die neutefl. Schriftfieler
borgten von diefer Sitte und von diefem Spracheebr.
die Redensart. Jeſus Chriſtus ſitzt, nach feiner
Entfernung von der Erde, zur Rechten des Va—
ters, wozu Pſ. 110, ı die Veranlaſſung gab. Dieß
heißt alfo fo viel als: |
Jeſus Chriſtus ift zur Himmels Herrlich.
feit u. zur Herrfchaft mie Gotr über die M.,
alfo zu einem vorzügl. Anfehen erhoben,
vders er ift ein von Gott beftellter Regent
feines Reichs geworden. Diefe Redensart bes
zeichnet alfo die Erhöhung Jeſu. |
ks heißt alfo diefelbe, wenn man Pf, 170, 1 folgt, nicht fo viel,
als er (Jeſus Ehrifius) ifi der nächftee nah Gott, — auch nicht
fo viel: ais er herrſcht mit Gott eigentlih, — und.
nicht fo viel als: Er if Gottes mächtiges Werkzeug in Voll⸗
ziehung feines Willens. Die Gtellen Philipp. 2, 9=115
IKor. 15, 25. 26, deuten doc) auf ganz etwas anderes, nims
Ehriſil. Sl. Lehre f. d. Eanzelgeir, 8 Th. O
210 ©,
Stellverfrefung Chrif. 005%
lich: „Jeſus Chr. genieße nicht Blog ietzt der hoͤchſten Seligk.
und Herriiche., fondern auch, daß er noch eine von ihm ers
richtete und nen gegründete Chriften = Gefelfchaft (als fein
Staat) habe, und diefelbe ewig haben und dafür fprgen werte,
welche — nach feiner Borberfegung, durdy feinen Beiftand immer
fefier gegründet und immer mehr blühen und fiet3 wachfen
werde. Henke lineam. p. 153; man vergl, deshalb die
Steuen Eph. 1, 20; Ebr. 1, 35 8, 15 1Petr. 3, 22; LKor.
15, 28. -
Stellvertretung —
Chriſti.
Stellvertretende —
Bol, oben ven Art. Genugthuung Chriſti, ar Th. ©. 28 ff.;
(Dr. €. Tr. Bahrdts) Upplogie der Vernunft,
Bafel (Berl) 1781. 8. ©. 64:76; 168>71;5 177°:1945
Henfe’s lineam. Ed, 2. $. CIX. CX. ©.175:1815 deſ⸗
felben Mag. 2r 8. 23 St. ©. 90. „philol. Beitr. zur Erl.
d. Redensart für andere erben“ 9, Velthufen;
Duttenhofer’s freym. Unterff. über Pietismus u. Orthod.
©. 216 f.;5 Döderlein’s Rel, =: Unterer. Xlr Th. ©. 2063
226; Reinhard’s Vorleſſ. üb, d. Gl.-Lehr. ©, 401 f.;
Edermann’s Handb. zr B. ©. 561 f. 621 ff.
Es iſt nicht anzurathen, die Lehre des kirchl. Syſtems und ehma—
ligen theol. Lehrbegriffs, „daß Jeſus durch fein Leiden und.
Sterben alle Strafen ver M,, die fie ihrer vielen Sünden wes
gen verdient hätten, an ihrer Statt erduldet, ale Gerechtigkeit
(alles fittlich Gute), welche (weldyes) die Mi. ſelbſt hätten lei:
ſten follen, geleiftet (gethan), Gott den vollfommenfien Gehorz
fam fir die M. geleitet, oder dad Geſetz Gottes an ihrer
Statt aufs genauefte erfüllt habe,fo daB den M.,fobald fie nur
an Sefum glaubten, und fich Sefu Verdienſt zueigneten,
alle Strafen Gottes erlaffen, ihnen alle feine guten Thaten fo,
als ob fie folche ſelbſt verrichtet hätten, zugerechnet, fie als Ge⸗
rechte vor Gott angefeben und der ewigen Seligk. theilhaftig
würden’ auf den Canzeln vorzutragen.
Diefe Lehre gründet man ı) auf eine irrige Erkl. von 11 Kor. 5,
15, auf die Wörter für — (fiat) alle Caller), vergl. mit
Hefe, 13, 22 am Ende. Allein dev Ausor, für uns Heißt
aud) etwas anderes, ald: an unferer ſtatt. umep mit dem
Genitiv heißt fehr oft jemanden zum PBefen, 2. B.
Joh. 6, 515 ISob. 3, 165 Col. I, 245 deögleichen: auf uns
ferer Seite — als Freund, Beihüger, 3. E. Rom 8,
31; 2) fie rührt aus der ihdifchen Opfertheorie her, in:
dem man Jeſu Zod nach Pauli Mecommodstion und bild. Aus:
a: 211
Stellvertretung Chriſti.
druck ) im Br. a. d. Ebraͤer als ein Opfer anſahe. Denn der opfernde,
d. 5. Thiere ſchlachtende u.fie Gott darbringende Jude ſah das
Opfer, welches rein und heilig war, als Stellvertretend an.
Er legte auf daſſelbe die ihm fuͤr ſeine Suͤnden eigentlich ge—
buͤhrenden Strafen. Er meinte, daß die Strafen auf das Opfer
fielen, welche doch dem Opfernden gebuͤhrten. Wenn er das
Blut des Opfers fließen ſah, dann dachte er: ietzt bin ich
ſchuldlos, oder von Sünden fchuldfrei. Das Opfer gab ihm die
Gewißheit, daß er Eeine buͤrgerl. Strafen zu befürchten ha⸗
be. Das Opferthier fehien ihn die Schuld auf fih zu neh—
men, — Allein dieß fand nur in Hinſicht bürger!. WVergehuns
gen ftatt. Daß auf das Opfer die Strafen Gottes, die ver
fündigende Me hätte büßen follen, gelegt worden wären, d. 5.
daß fich diefes die Juden fo vorgeftelt Hätten, davon ift Eeine
Spur im a, Teft. vorhanden, wie dieß Eckermann (andb.
der chrifil. Öt.: Lehre, zr B. ©. 575 f.) zeigt, und fich des
halb auf 111Moſ. 16, 21 beruft. „Auch v. den Berfühnopfern
„kann man nicht eigentlich jagen, daß die Sünden der M. auf
„das Thier gelegt wurden; die ganze Abſicht bei dein Verſoͤhn⸗
opfer war, daß der Opfernde feine Sünde ertennen, fid) des
„Todes jchuldig halten, fich vor Gott demuͤthigen, Gnade bei
„Sott ſuchen und hoffen ſollte.“ Ueberdieß iſt auch das, was
ſich etwa die Juden von der Uebertragung der Strafen der Ge:
rechtigkeit Gottes von dem, den fie eigentlich zukamen, auf Ans
dere, deögl. daß die Leiden der Frommen als übergetragen und
verjühnend für Andere zu betrachten wären, vorgeftellt haben
mögen, nur als iuͤdiſche Nationalvorſtellung, und als irrig ans
zufehen. Kein vernünftiger und frommer Israelit Eonnte meis
nen, daB das vom Hohepriefter im Namen der Nation darges
brachte Dpfer der Gerechtigkeit Gottes genug thue, oder daß
er zu glauben befohlen habe, daß der Tod des Opferthiers bild—
lich belehre, wie fehr das fündigende Volk eigentiich feiner Ge:
rechtigkeit Büßungen fihuldig wäre. Hätte das bürgerliche Se:
nugthun, für eine ganze Nation hier wuͤrklich geleiftet, hätte es
aud) nur ſymboliſch dargefielt werden ſollen, fo hätten unzaͤh—
liche Dpfer — nicht ein einzeines Opfertbier, flerben muͤſſen. —
Jeſus war Fein eigentliches Opfer. Sein Tod ſollte die Erkl.
geben, daß durd das Chriftenthum der Opferdienfi und damit
das ganze mofnifche Seremonialgefeyg aufgehoben und eine allges
meine Begnadigung Gottes gegen alle Sünder wegen ihrer
Bünden angekündigt worden fey,
* 2
*) Alleın ein Bild wovon ift doch nicht die Sade felbft.
Was ih auf die Deniweife derienigen Zeit, worin das
Shrifterthum befannt gemaht wurde, bezieht, kann doch
nicht, als für immer gültig angenommen werden.
212 i > |
Stellvertretung Chriſttt
Deshalb darf nicht ver Tod Jeſu als ſiellvertretend fir die Du
in Ratechifeit. u. Predd. vorgeftelt werden, weil £
1) bie Lehre von einem fittl. Erfag, welchen ein Anderer fiatt meis
ner bei Gott übernimmt, fo daß ich davon fittl. Vortheile has
be, mit allen ausgemachten Begriffen von GittlichE. und Zus
rechnung einer Handl. bei feinem guten Verhalten, fo wie mit
der Heilige, und Gerechtige, Sottes ſtreitet, alſo keine allgem.
Wahrh. iſt und ſeyn Eaum,
2) Weil alle nachdenkende Kinder und Erwachfene Bei dem Staus
ben an die Gtellvertretung Chriſti und deren Zurechnung ficher
bei und in ihren Sünden werden; denn fie müffen, und zwar
vollkommen gereiht denken: daß fie nicht noͤthig Haven, an ih⸗
zer eigenen Vervollkommnung noch viel zu arbeiten und nad)
„eigener Tugend zu ftreben, weil in das fremde Verdienſt Ehrifti
alle ihre Mängel an Zugend und Vollb erſetze. Lehrt man ei—
nen Erlöfer, der alles erfegt, alles gutgemacht bat: fo verlies
ven auch alle Ermunterungen zur Zugend und Nachahmung,
die man noch etwa hinzuſetzt, alle ihre Kraft. Dann werven
die ftärkfien und dringendfien Beweggründe zu eigenem uners
inüdeten Fleiß im Guten ganz bei Seite gefegt und in Schat—
ten gefielt. Es muß dieß nothwendig Gleichguͤltigkeit fürs
Gute und Saumfelige, in der Bell, bewuͤrken, und den Miß—
brauch zur Sünde bei allen Ermahnungen zur Be. nothwen⸗—
dig bei gewöhnt. Ehrifien besränden, Die Frage it nicht: ift
diefe Lehre an ſich u. nothwendig praktifch-fchädlich 2 fondern:
wird fie nicht gewiß, nach der Erf., der Tugenduͤbung nadız
theilig? und da findet man, daß letzteres zu beiaben iſt. Jeder
wird es noch früh genug zu feyn halten, daß er in feinen letz⸗
ten Lebensaugenblicken fich ein freindes VBerdienft anmaße, mit
weichem er feinen eigenen Mangel an fittl, Guͤte ergänzen zu
koͤnnen glandt. Wie Bann fich aber der Kranke die vollkommne
Geſundheit des Arztes anmaßen,- fie als die Ergänzung der
feinigen anfegen — und ift und wird er wohl, falls er es
aud) thut, dadurch gefund? Waͤre dieß nicht Elarer Unfinn ?
ift es nicht in Anſehung der fittl, Gefundheit der Seele weni—
ger Unfinn? ift es nicht in ſich ſelbſt widerſprechend und un⸗
moͤglich, das Geld, Anſehn ꝛc., welches einer von unſern
Mitmenſchen ſich durch faure Arbeit ze, erworben hat, als fein
eigenes anzuſehen und ſich daſſelbe zuzueigenen? „Der M. iſt
„verderbt, und dem h. Sittengeſetze nicht von ſelbſt angemeſſen.
„Gleichwohl, da ihn die Guüte Gottes zum Daſeyn — zum
„Gliede feines Himmelreichs eingeladen hat, muß er ein-Mits
„ter haben, den Mangei feiner hiezu erfordert. Tauglichk. aus
„der Fülle feiner eigenen Heiligkeit zu erſehen. Diefes ift aber
„der Spontaneität: zuwider, nach welcher ein ſolches Gute nicht
. „yon einem andern, fondern von ibm ſelbſt herruͤhren muß,
„wenn es ihm foil zugerechnet werden, Kein Anderer Tann
5
©, . 213
Stellvertretung Ehrifti.
„alſo, ſo viel die Vernunft einfieht, durch das Uebermaaß feines
„Wohlverhaltens und durch fein Verdienft vertreten.’ Kants
eh annerh, u Su ar bivußen Bern ©, 204
„Die urſpruͤngl. Schuld kann nicht vor einem andern getilgt
werden, denn fie ift Eeine transmiffible Merbindlichkeit,
‚die etwa wie eine Geldſchuld auf einen andern übergetragen
„werden Eann, jondern fie if die allerperfünlidfie, d. i.
meine ſolche, die nur der Gtrafbare, nicht der Unjchuldige, er
„mag aud) nod) fo großmuͤthig feyn, fie für ienen übernehmen
zu wollen, tragen Kann.’ Ebenderſ., ebendaſelbſt ©. 89.
Moraliſches Verdienfi kann nur durch eigene Anſtrengung ers
worben u, durch fremde Schuld nicht aufgehoben werden. Die:
morslifhe Schuld Eonnen wir allein ſelbſt uns zuziehen, und
freindes Verdienfi oder Strafenerduldung kann fie nicht aufhe—
ben, Ein söttl, Richter Eann die Zugend nur an ihrem Urs
Heber belohnen und das Laſter nur an feinem Urheber beſtrafen.
Su Ewist. Eann die von iemandem für einen andern geſche—
bene Öerusthuung dem letztern Feinen fittl, Werth geben. „Eiz
„we eigentliche Stellvertv, der M. durch Erduldung ihrer Stra⸗
fen und: durch Leiftung eines vollfommenen Gehorſams an ihr
„rer Statt, fireitet fo fehr mit allen Begriffen von göttl. Ge⸗
„eechtigkeit und mit allen moralifihen Grundfägen von Ver—
„dienſt, Schuld, und ihrer Unuͤbertragbarkeit nnd ſelbſt mit
„der Eittenl, Tefu, daB fie philoſophiſch und theologifch nicht
„angenommen werden kann.“ *) — „Wenn Jeſus durchaus,
„feinen Zod als eine fieflvertretente Strafe von den Chriſten
nhätte angefehen wiffen woilen, fo wärde er gewiß nicht nur
„in feinen vielen Reden, von feinem bevorſtehenden Tote, als
„Joh. 6, 13. 14. 26. 17, fondern vornemlich nach vollendez
„tem Wert Luc. 24, 26. 46. 47 ſo gang am rechten Orte fich
„daruͤber deutlich ausgelafien, und nicht blos gefagt haben?
„Shriſtus mußte leiden, auferfichen und in f. Kamen Buße u.
Vergeb. der Sünden predigen lajjen, jondern?: „ih mußte
„leiden, um eure und der ganzen Welt Sünde
man eurer und aller M. Statt, zu büßen; ihe
„bättet follen am Kreuze fierben und ewig ver—
„nichtet werden, aber ih habe ienes an eurer
nStatt erduldet, damit euch weder dieſes noch ier
mes treffe Nun verkuͤndiget das aller Welt.”
„Haͤtte Sefus fo etwas gefagt, wahrlich Lucas hätte es nicht
nausgelajfen. In Iefu Worien aber liegt das gar noch nie
„einmal, was die Apofiel zur aysowrov zur Belehrung der
nam Dpferdienfi noch fo fehr haͤngenden Juden und SJudenchris
„ſten für Vergleichungen des Todes Jeſu mir den indifcgen
R Standlin’s Dogm. und Dogmengefhihte. 2ter 2.
©, 776, |
214
©.
Stellvertretung Chriſti.
„Opfern machten, vielweniger die ſcholaſtiſche Beſſimmung des
„ſtellvertretenden Todes Jeſu Ehrifti, da die Ap. mit den Vor⸗
„ſtellungen und Ausdruͤcken davon fo ſehr abwechſeln und faz
„sen: Sefus hat fi ſelbſt für uns geopfert, bald
nunfere Suͤnde an feinem Leibe, bald uns Gott geopfert,
„bald Seins ift erfchienen, taß er 'unfere Günde wegs
„nehme, bald wir follen dag Leben eben fo für die
„Brüder Laifen, wie er es für uns gelaſſen
„bat.“ *) „Aeußerſt gefahrvoll ift der Wahn, daß, wenn man
„gleich lange genug in Suͤnden und Laſtern gelebt Habe, wenn
„man ſich nur an das Verdienſt Chriſti halte, man doch eben
„ſo ſelig werden koͤnne, als ein anderer, der aus allen Kraͤften
„nach Tugend geſtrebt. Das hieße Gott ſelbſt zum Befoͤrderer
„der Suünde und Chriſtum zum Diener der Suͤnde machen.” =")
„Wegen des Mißbr dieſer Lehre ift es Pflicht für ieden redl.
„und gutdenkenden Chrijten, diefe Lehre, die eben fo vernunfts
„widrig, als umbiblifch, eben fo unchriftl. als unfittlich ifi, zu
„verbannen, und fie mit allee Macht zu bekämpfen,” ***)
„Gott! wie ift es möglich, daß NM. haben darauf fallen Fon
„nen, etwas fo ganz dem Weſen der Tugend und der Moͤg—
lichkeit der Veredelung unferer Geelen widerfprechendes zu
„iehren?! Sagte denn nicht dein heilig Wort Elar genug,
„Rom, 2, 6. 9: Du mwiürdefi geben f., und Gal. 6, a: Ein
nieder ff., IJoh. 3, 7. Raffer f., Ebr. 5, 9: Chrifius int ff.
„Sollen alle die Stellen, die diefen deutlichen Ausfprüchen ent—
‚nHgegengefegt werden, mehr Gottes Wort feyn, weil fie dunk⸗
„ter, over in unſern Bibeln mit größerer Schrift gedruckt find?
„Sollten diefe nicht etwa entweder eine bald zufällige, bald abs
„ſichtliche Veränderung erlitten haben, oder aus Unkunde itdis
„ſcher Denk- und Sprachart mißverfianden oder unbequem übers
„ſetzt ſeyn?“ — „GSeſetzt auch, daß ganz Schwachfinnige durch
„dieſe Lehre von einem an ihrer Statt gutgeweſenem Öott:
„Menſchen getröfiet würden er Schwachen fol! man in fcho:
„nen) —: fo frage ih: ift das hier Liebe, da man offenbar,
„ohne des Zroftes aus Irrthum nörhig zu Haben, die Schwa—
„hen durch die herri. Lehre Sefu von Gottes PWBatergefinnung
init der Wahrh. ſelbſi tröften Eann? Mehr moralifchen Scha—
„den Dat wohl Feine Menſchenlehre gethan, als eben dieſe, und
doch hangen an ihr noch fo Viele, daß man mir ohne ſonderb.
*) A. Lit. Zeit. 1789-5 .& 3422332
28) &, G. Ernefti Verf. e. prakt. Depand, db. Glaubens:
Kehren. S. 110.
1224) An ſich aber iſt wohl dieſe Lehre nicht unſittlich,
fie wird aber zur Unſittlichkeit gemißbraucht.
I
S. 215
Stellvertretung Chriſti.
„Mitwuͤrkung Gottes mn Weglaffung biefer Lehre vom Kinters
„Unterricht doch fchwerlicdh folgen wird.‘ *) Ich bitte noch
die Stellen in Bende’s lineam. fıd. chr. ed. 2. p. 181:
„nam plane — — aufert“ und in deffelben Maga: f.
hrifil Rel,:Philof. x. 4r 8. 38 St. ©. 504:506;
van betrachtet — — ausgeübt bat’ zu vergleichen,
3) Die Lehre v. der Gtellvertr, Ehrifti ifiden ausdruͤckl. Stellen des
a. und n,-Zefl. Spr. 21, 35 Ef. 1, 13:16; Hof. 6, 6: Pi.
51, 185 Marc. 12, 335 Hefek, 18, 205 Rom, 6, Io; 1 Sop.
3, 7 entgegen. Aus ven Stellen ILKor. 5, 21; 1%etr. 2,
245 3, 18 und andern foigt diefe Lehre nicht; 9. der erften
diefer Stellen |. unten ven Art. Tod Jeſu II.; in der zten
liegt auch die Zeitidee von einem Suͤhnopfer zum Grunde; ed
koͤnnen Ausprüde, diefer Idee gemäß, nicht für alle Zeiten und
alle M. dienen, „Nicht ale M. haben zu allen Zeiten dieje
„Vorſtellung gehabt, daß Gott durch ein Dpfer ausneföhnt und
„die Strafen der Günde dadurch getilgt werden Eünnen. Dem
„allerheiliaftien Gott war, wie ſchon aus dem a, Teſt. bekannt
„iſt, dieſe Vorſtell. mißfaͤllig. Wenn ſich alfo die neuteft,
Schriftſteller zu dieſer Vorſtellungsart beauemen, fo war das
nein Huͤlfsmittel, wodurch nach Gottes Weish. ven damali⸗
„gen M. die Annahme der göttl. Rel. Jeſu erleichtert wer—
„den ſollte. Denn damals glaubte faft die ganze Welt an eine
„Sündenvergebung durd; Opfer, Konnte damals noch Feine
„Rel. ohne Gühnopfer beftehen, und Eonnten die M. nicht ans
„ders ruhig werden, als bei diefer Idee vom Gühnopfer: fo
„mußte ihnen gezeigt werden, dab auch in biefer neuen Rel.
„ein Sühnopfer zu finden fey, wenn man wolle; aber daß Gott
„auch dadurch zugleich die unfittl. Ideen, die damit in Verbin—
„dung fanden, aufgehoben wiffen wellte. Daher fchärfen Chris
„ſtus und f. Ay. nebenher, vor allen Dingen die Hauptwahr:
„beit eins ein Jeder muß dereinft Rechenſch. able:
| „sen v. feinem Leben.“ *5)
Schon 3. E. Dippel cin Wein und Del in d. Wunden ꝛc. —
im Sendihr. an Brüsten, vorzüglich in den unparth, Se.
über e. fchived. Theol. Bericht v. d. Pietifien — in d. vera
demonftr. evang. — wo $. 86. 87. in removirenden Saͤtzen
auch daS Beifpiel von einem Kranfen und dem Arzte fchon gez
wählt ift — in ver VBertheidig. gegen 2 Richter, in der Wider:
jegung Wohlgemuthes u, f. w. — f. erofueter Weg
durh Ehrifium zu Gott. ır B. ©, 343. 614. 12315
*) $t. E. von Rochov Beridtigungen, ıfter Verfud,
Braunſchw. 1790. ©. 1135 ff.
=) Neue a. beutige Bibl. XIXr 3. 28 St. ©. 517.
513.
216
Stellvertretung Chriſti. 1
—
2r B. ©. 676. 1048 f.3 388 © 26. 54 ff.) m. Edel⸗
mann Gin ſ. Glaubensbek. 1746. 4. ©. 153. 250.)
ſahen diefes ein; Ygl. U. Niem’s Chriſtus u.d. Vern. 1792.
gr.8. ©.569. 564 f. 601 ff. Selbſt Herr Zieftrume, welcher in
der Cenſurd. proteſt. Lehrbegr. 2r Th. dem kirchlichen
Lehrſyſtem eine kuͤnſtl. Vorhuͤlſe leiſtet, geſteht, daß der grobe
Begriff der Abbuͤßung durch einen dritten gar nicht fehriftz
mäßig fey, und gibt zu, daß die chriftl. Rel. das dem M. im *
Tode Jeſu verheißene Gute nicht als eine durch Blut bes
wärfte Ausgleichung zwifchen den Beleidigern und dem Beleis
digten vorſtelle. Er fchreibt im Zten Th, diefes W.: „die Stells
versretung Chrifti muß moralifch verftanden werden. Semans
des Stelle vertreten, heißt moralifch fo viel: ihm zur
Betdrderung feiner Sittlichk. behülflich ſeyn,
welches nur durch Hinwuͤrken auf Vernunft und Freiheit des
NM. geſchehen kann. Für die Sünden der M.leiden u.
ffierben heißt daher nur: die Vorftelung des hoben Grades
der Verdienſtlichk. Jeſu, indem er fich für fündige u. firäfl. M.
EN foilte einen deſto größern Eindruf machen und den
. defto ffärker motiviren, fi zu beffern. Der
—— kann ſich nur darum der Strafe unterziehen, um
die Urſache aller Straͤflichkeit, d. i. die bife Denkungsart
zu vernichten, Dieß iſt aber nur durch Anſpruch an die mos
ralifche Anlage moͤglich. Was Eanın aber fiärker an fie fpres
chen, ald ein Geelforger, der da fpricht: fiehe, um deiner Sünz.
ven und des aus ihr nothwendigen Uebel willen lebe, lehre,
leide und flerbe ih, auf daß du einfehen mögeft, wie
fehr mir deine Befh am Herzen liege,und da id) aus
Antrieb der Pfliht, und nach den Geheiß Gottes «der mid)
zu meinem Gefchäft berufen hat) das thue, was ich thue, daß
du einfeben mögefl, wie der unveränderl Wille Got—
tes nichts als deine Heiligung und Befeligung
wolle” — Nach Dr. Stäudlin cin d. Aby. über den
Zweck u, d. Würk. des Todes Jeſu, e. Abh. in f. goͤtt.
Bibl. d. neu eſt. theol. Lit. ır B. ©. 844 f. 881 f.)
waren bie von Jeſus erduldeten Leiden Symbole der Strafen,
welche die M. verdienen. Es wurde alfo dadurch die -firafende
©erechtigkeit Gottes ſym bo liſch dargefielt. Die Redensart:
Jeſus erduldete an der Stelle der M, die Stra—
fen wm. verschaffte innen Vergeb.d. Sünden, hieße
demnach fo viel als: Gott Hat durch diefen Tod und die damit
Verbundenen Leiden, als dur Symbole erklärt, daß er
der gerechte Richter alles Bhöfen fey, — J. Tr.
Jacobi verfuchte es in der Beaniw. erneuerter Ein:
würfe gegen die Lehre von der Nusfühnung ver Sünde durch
einen Mittler. Zelle 1785. 8. zu zeigen, daß vie Lehre v. der
Berfohnung der M. durch Chriſtus und deffen Etellvertr.-ihrer
innern Beſchaffenh. noch nicht ſchaͤdl. wäre, u. nicht den M.
©. 217
Strafen Gottes, (mas ift Strafe?)
zur Sünde verleite. Er zeigt, daB diefe Lehre vernunftwidrig
wäre, wenn Zurechnen fo viel hieße, als iemanden ein Ver—
brechen als dem eigentl. Urheber deſſewen beimeſſen, allein Zu⸗
rechnen hieße auch ſo viel, als: einen Dritten wegen des
Verbrechens eines Andern als einen ſolchen behandeln, welcher
das Verbr. felkft begangen hätte, u. einen Dritten wegen der Berz
dienfte eines Andern fo halten und belohnen, als hätte er fi
ſelbſt VBerdienfte erworben, Nach diefer Bedeutung würden fehr
Vielen M. fremde Verdienſte dann mit Recht zugerechnet, wenn
die Perfonen in einer gewiſſen Verbindung mit einander fies
hen, — Man vergl, aber mit diefer Aeuberung A. D. Bibl.
72r B. 18 St. ©. 36:405 „tt Kann fo wenig die fitt-
üche — — — Heſek. 33, 11:20” in Niemeyers pop.nu. pr.
Theol. ©. Io2.
Berg, Steinbart’s Gluͤckſeligkeitslehre, F9. 2f.
(Purgold) Reſult. meines mehr als zojaͤhrigen Nachd. Zte
A. ©, 154 f.; Hende’s neues Nagaz. ff. ar. B. ı8 St.
©. 132. #. „daß umeg ayrs 2. nicht dad Stellvertretende bez
weifen‘ vol. ©. 145 ff.; Löfler’s Schrift. über die kirchl.
Seuugth.⸗Lehre, Zuͤll. 1796. 8. ©. 68:72. :
Predd. zur WiderlL und Vertilg. wichtiger prakt,
Borurth. Frft. a M. 1790. 8. Mir. 10: „über die Mei⸗
nung, daß Iefus an unferer Statt Gott gehorfam gewefen fey,
daß wir - um deswilien, auch ohme eigene Tugend gerecht und
felig würden‘ üb. Roͤm. 5, 195 ZolliEofer’s Press. nach
I Tode ff. IrB. ©. 142 ff.; Niemeyers Briefe an Rel.⸗
Lehrer, zte Samml. ©, 277.278:
J
Strafe
Strafen
Vergl.ſchriſtl. Moral f.d. Canzelgebr. in alph. O. Vten B.
ıfte Abth. ©. 327 f.; Dr. E, Fr, Ammon's bibl. Theol.
IeB 2te A. ©. 1a7 f.; Döderlein’s Rel.-Unterr. Th.
V. S. 81 ff.; Xr Th. ©, 1:305 ILXr Th. ©, 64 ff.; ©.
303-332. Staudlin’s Dogm. und Dogmengeſch. Ir B.
S. 593ff.; Betrachtungen üb. d.eigenthuͤml. Glau—
bensl. des Thriſtenth. ©. 216-267: „von den natuͤrl.
und poſit. — der Suͤnde.“ Dr. Eermanns Handb.d.
Gho⸗Lehre ar B. ©. 277 f. 288 ff. und die daſelbſt S. XXII.
der Inh. Anz. angef. hieher schörigen Schriften,
I. Strafe — iſt — die nach ſittl. Grundſaͤtzen noth—
wendige Verbindung einer Einbuße an Gluͤckſeligkeit,
oder eines Leidens mit einer vorhergehenden ſittl. Ver—
ſchuldung (Suͤnde oder —— Sie iſt alſo die der
Goties, Jer. 5, 35 Nahum ı, 2.
218 ©.
Strafen Gottes, (was? Pofitive — was?)
Verſchuldung — nad einem reinen Nechtsverhältniß
zukommende Vergeltung. *) Gott ftraft, heißt: er
verbindet Mißvergnügen mit dem Kafter.
Ueber die Natur der Strafen überh. ſ. Hriftl. Moral f.v. Can⸗
selgebr. Vten B. ıfle Abth. ©. 327 f. '
Die Strafe feßt 1) fitel. Unwerth oder eine ge-
ſchehene Unterordnung der fittl. Vernunft ‚unter die
Macht finnl. Begierden voraus; es gehort dazu 2) dag
Bewußtſeyn der Unfitklichfeit, welches im Gemüthe v.
dem mißbilligenden Urtheile der fittl. Vernunft u. der
hieraus fließenden Selöfloerachtung, in der Sinnlichkeit
aber von den durch die Vernunft erzeugten widrigen
Gefühlen der Reue, Schaam, Betruͤbniß, u. Traurigf.,
fo wie des nicht felten bis zur Verzweiflung fleigenden
Grameg begleiter if.
In Hinfiht des erſtern erkl. M. C. Chr. Flatt die Strafe als das
Bewußtſeyn, welches aus dem unangenehmen Gefühle felbfi vers
fhuldeter Unwuͤrde entſteht. — -
Nach der Heil. Schrift find Strafen alle Uebel,
die einen Gottes Vorſchriften nicht beobachtenden M.
treffen. | |
Blos in der bürgerl. Verfaffung und Gefelfch. gibt
es befondere (pofitive) Strafe:;, db. b. die
außerordentliche — befondere, dem Betraͤgen des M.
genau angemeffene VBerhängung von Uebeln über den
unfittlicdy Handelnden durch den Gefeßgeber oder deſſen
Stellvertreter, wenn gleich der Unfittliche auch bie
natürl. Uebel, die ohne Veranſtaltung des Gefe»
geber8 aus der Natur ieder ungefeßmäßigen Handl.
von felbft und unausbleiblid — nad) der Natur: der
- Dinge und des M. für den Handelnden erfolgen, als
(natürl.) Strafen anfehen kann. Zrift nämlich dag
*) Die Definit. „Strafe tit die unangenehme Folge einer -
nicht mit dem Geſetz ubereinftimmenden Handl.,“ fagt zu
wenig. Nah Dr. C. Fr. Ammon (in Rel. : Vorträgen,
2te8 B. ©. 145 fi. iſt Strafe nicht blos das ftilfe Ur:
theil der Verwerfung des Sünders über fih felbft, fondern
auch die mannichf. Unfälle, die von außen ber über ihn ein:
brechen. |
©. .. 28
Strafen Gottes, (gibe es pofitive — —?)
Uebel mit dem Bewußtſeyn der Schuld bei einem M.
zufammen: fo ift das Uebel für ihn — Strafe.
Legt man Gott befondere (pofitive) Stra-
fen bei, fo heißt dag: er verhängt nach feiner Negie-
rung über die gottlofen M. auch folche Uebel, Bei
welchen fein narürl. Zufammenhang mit ihren bofen
Gefinnunger und Hand!. einleuchtee, die fie aber nad)
feinem Willen als Mittel anwenden follen, fie vom
ofen abzuhalten. Nur Fann fie nicht Gott nad) blin-
der Willkuͤhr, ſondern vielmehr nach feiner böchften
Weish. verhängen. — Allein bei Gott ift alles na—
türlich und alles gefchieht nach Ordnung, d. h. er
wuͤrkt bei allem mittelbar, alfo auch bei den Strafen.
Gott firaft, Heißt alfo: er läßt auf Thorheit und
Sünde dieienigen unangenehmen Solgen fich ereignen,
welche der Natur der Sache und dem ganzen Zufam-
menhange der Weltregierung und dem Kaufe der Welt⸗
begebenheiten gemaͤß, auf dieſelbe ſich ereignen muͤſſen,
alſo weſentliche Folgen der Suͤnde ſind. Er theilt
Laſterhaften beſondere Uebel — aber in ſo
fern fie aus der Suͤnde ſelbſt fließen, zu. Für boͤſe M.
ſind die Folgen der Suͤnde eigentlich Strafen d. i.
nicht bloße Erinnerungen des Mißfallens Gottes an
der Suͤnde, ſondern auch des Mißfallens Gottes an
ihnen ſelbſt. Fuͤr die — nur unvorſaͤtzlich ſuͤndigenden
Guten, ſind die Folgen der Suͤnde nur Zuͤchtigungen
d. i. nur Erinnerungen des Mißf. Gottes an ihnen
ſelbſt, weil ihr Wille gut und ihr Herz rein von aller
Liebe zum Boͤſen iſt. Gott kann nie willkuͤhr—
lich handeln, alſo nicht willk. firafen. Die
pa widrigen Solgen der Sünde heißen uneigent»
Ich Strafen, weil fie mit Etrafen im bürgerl. Ver—
ftande die Kleine Achnlichfeit haben, daß fie auf die
Sünde folgen, und die Minderung des Bofen zur Ab-
ficht haben.
Wenn der Sünder aber nicht durch die nafürl. Fol:
gen der Sünde gebeffert wird, oder falls die natürl.
Uebel der Sünde nicht als Belferungsmittel hinreichen :
fo verhängt Gott in ienem Leben — menig-
fiens dem ganzen Umfange des fündlichen Betragens
nah — noch andere Uebel über ihn, (OR man
77
My ©
220 S.
Strafen Gottes, (gibt es poſitive nt -
allenfalls poſitive Strafen nennen fann),bieaberr
auch in der Verbindung ienes Lebens eben fo noth-
wendig und natürlich find, als die natuͤrl. Uebel
(Strafen) in diefem Leben, — Die goͤttl. Stra-
fen find nicht wie die Strafen der ird. Obrigkeit ein
zelne TIhatfachen in der Sinnenwelt, fondern die Vers
urtheilungen allgemeiner ſittl. Gefege,: unter deren.
‚mächtige und unerbittliche Gewalt ſich ieder Frevler
beugen muß. Sie find nothwendige Folgen der ſittl.
Gerechtigkeit Gsttedg. — Gott ſtraft nicht, um zu
firafen, fondern er gebraucht härtere Strafen mie
ein Arzt andere — ftärfere Heilmittel — wenn die erfis
verfuchten fruchtlog waren. —
Ale Strafen Gottes find Folgen feines Mißfallens
an den ſuͤndl. Handl. deſſen, der ſie begeht —
Die Unterf.: gibt es poſitive Strafen
Gottes? oder find Gottes Strafen blos
natuͤrlich? iſt eine — nicht für Volksvor—
traͤge geeignete — gelehrte Unterſuchung.
Wenn ſich zwar poſitive Strafen Gottes — als Er—
ziehungsmittel gedenken laſſen, ſo folgt daraus noch
nicht ihre Wuͤrklichkeit. Es laͤßt ſich fein Grund:
finden, daß ſie bloß nothwendige Aeußerungen der
goͤttlichen — v. den uͤbrigen Eigenſchaften getrennten
Gerechtigk. waͤren, geſetzt auch, daß kein ſittlicher
Zweck in den vern. Geſchopfen dadurch erreicht wuͤrde.
a folche Trennung läßt fich ohne einen wuͤrkl. Wi-
derfpruch zwifchen Gerechtigkeit, Weish. u. Guͤte gar
nicht gedenfen.
Bekanntlich laͤugnen Steinbart, (in si Gluͤckſ.⸗ Rehre ©, 130 f.
143) Eberhard, (in der Apol. des Socrates) Dr. Bahrdt,
en d. Apol. d. Bern) Dr, €. Fr. Ammon cin d. Abh.
„äber die pofitiven Strafen Gottes“ in Hänlein’s und
Ammonsn. theol Journ. 4r DB. ©. 461:480) und
And., dab es pofitive Strafen Gottes gebe. Letzterer behauptet:
e3 gibt Eeine— allgemeine pofit. Str. Gottes.” In—
ſofern, fchreist derfeite ©, 480, kann es — individuelle
pofitive göttliche Strafen geben, daß Gott durch Äußere
Mittel bei der fo verſchiedenen finnt. Empfaͤnglichk. eines ieden
Gterblichen das Bewußtſeyn der Schuld im Günter erwedt, 1.
zur Wiederherfichung und ‚Förderung feiner Sittlichk. in ibm
unterhält. Diefe find dann den allg. u, nothw, Ötrafen,
wie Mittel dem Endzweck umtergeoronet, Mon muß auch das
—— 221
Strafen Gottes, Natur u. Abſicht —
Individuelle der goͤttl. Strafen mit dem Allgemeinen derſelben —
in der vollkommenſten u, weiſeſten Verbind denken.“ „Auſ⸗
Aerordentliche Strafen Gottes in dieſem ——
kannmannicht behaupten. Was dem Gottloſen fein
„Gewiſſen als Di anzuſehen zwingt, das iſt eine ganz an⸗
„dere Sache. en se
" Mül, Tlatt’ 8 Shan. f. chriſtl. Doom, a. Moral, 23 St. Tuübing.
21797. 8..:Re. Wi.; Dr, u. Propſt Wolfrath’s Diff. de
poenis divinis haudquaguam 'jarbitrariis, Gluͤcksſt. 1801. 8.
6 Bogen, vg! n..a. d. Bisel,. 09: B. ©. 274 75
II. Ratur und Ab ſicht der goͤttl. —
1) Sie ſind unausbleiblich und unabaͤnderlich.
2) Sie ſind der Unſittlichk. eines ieden in ſeiner ganzen
Empfindungs- und Geſinnungsart auf's genaueſte an—
gemeſſen. Es miſcht ſich bei Gottes Urtheilen keine
Nachſicht und Partheilichkeit, wie bei M. ein. Die
Strafen der HR. find ‚unvolf., die Strafen Gottes
gerecht und weife. Die beften Bäter und Fuͤrſten hans»
deln bei ihren Strafen wegen ihrer eingefchränften Er»
kenntniß ungerecht, weil fie theilg die Sittlichk. der
Vergehungen nicht immer genau durchſchauen, theile
nicht vorher mwiffen koͤnnen, wie die Strafen zur Def
ferung und Verhütung neuer Vergehen einzurichten
find; Daher fie oft den Zweck verfehlen. Oft luͤgt fich
der Boſewicht und Verfuͤhrer von der Strafe los, u.
- der einfaͤltige Verfuͤhrte wird hingerichtet. Oft wird
das durch ſanfte Mittel leicht zu beſſernde Kind durch
eine unweiſe Zuͤchtigung, die fuͤr ſeinen Leib zu hart
War, ungeſund oder zur Rachgier erboßt. Aber Gott
erkennt die Sittlichkeit aller Handlungen nach ihrer
kleinſten Verſchiedenheit. Genau kennt er die Mittel,
die zur Zuͤchtigung und Beſſ. eines ieden Einzelnen
Die wuͤrkſamſten ſind. Unmoglich kann er alſo den
Zweck der Beſſ. bei ſeinen Beſtrafungen verfehlen.
Nur derlenige Geſetzgeber muß einige zum Schrecken
Anderer haͤrter, als es zu ihrer Veſſ ndshig ifi, ſtra⸗
fen, welchem ge an Mitteln fehle, einem ieden einzel-
nen zu beffern. Ein Monarch, welcher Millionen re—
sieren fol, muß aus Maͤngel de8 Vermögens auf alle
Einzelne gleiche Aufmertſamteir zu beweiſen, oft gegen
*) Rene 1; deutſche Bibl. 6st B 18 ©. © 28.
222 ©.
Strafen Gottes, (Abfihten der — —).
Einzelne graufam Handeln und fie zum Beften des
Ganzen aufopfern. Ein Water dagegen, der feine Kin»
der überfehen fann, wird nie ein Kind, um den übri-
gen fein Anfehen und feinen Ernſt fichtbarer zu mas
chen, auf immer verderben und födten. Gott kann
alfo nie ein einziges Gefhopf ſtaͤrker fira-
fen, als e8 zu deffelben eigener Beſſ. no»
thig if. Es gibt feine andere gottl. Strafen, als
Züchtigungen zur Beff. derer, die fie erleiden, und diefe
müffen, da Gott in der Wahl der Mittel nie irren
fann, allemal dadurch gebeflert werden. |
3) Die göttl. Strafen, oder alle Uebel, die auf das
Laſter folgen, find von wohlthätiger Art. Sie follen
das Demußtfeyn von der Unfittlichfeie deffen, der ge»
firaft worden ift, hervorbringen und die Ausbrüche des
böfen Willens hindern, um bei einem guten Willen —
alfo nad) Freiheit — die fittl. Uebel zur Bell. anzu»
wenden. Gott fraft nämlich a) nicht aus Rache,
um feinen entbrannten Zorn gleichfam abzufühlen, oder -
blos um das Boͤſe mit Boͤſem wieder zu vergelten;
denn er Fann durch alle Sunden nicht beleidigt wer—
den. Der Sünder kann Goft nicht duch f. Sünden
fchaden oder ihm wehe thun. Beleidigen fann man
nur denienigen, deſſen Vollk. und Giuckfeligf. man auf
irgend eine Are zu mindern im Stande if. Die faͤllt
bei Gott weg, alfo kann der legte Zweck. der Strafe
nicht in ihm, fondern nur im Gefchopf ſelbſt feyn,
Gott ift ia fein leidenfchaftliches Wefen. Jeſus bringe
ung Matth. 5, 45; Luc. 6, 35 wuürdigere Begriffe v.
Gott bei, desgl. Paulus und Joh, Roͤm 5,8; IJoh.
4, 16. Strafen doch ſolche menſchl. Vaͤter, die fo
denken, wie fie denfen follen, nicht aus Zorn u. Haß,
nicht um ihren Muth zu fühlen, oder um wehe zu
thun, fondern um zu beffern. Wie vielmehr muß man
das vom AÄllgütigen glauben! Alle f. Strafen führen
auf Erf. des gethanen Unrechts zurücd, find dem ie-
desmaligen Grade der VBerfündigung angemeffen, Rom.
5, 18. Gott flraft auch nie, um feine Ehre zu retten.
Können wir wohl folche verlegen? Er firaft, um gu beffern.
b) Er ftraft nicht aus Ehrgeitz, um fine Macht darzu—
thun und feinen Gefegen Glanz, Anfehen und Nach-
druck zu geben. Diefe haben an fich fihon eine eigene
©. 223
Strafen Gottes, (Abfiheen der — —).
allen Menfchen in die Augen fpringende Würde. Gott
braucht alfo nicht zu firafen, um ihre Achtung zu er-
halten; ec) nicht aus Vergnügen an den durch
die Strafe entfiehenden mwidrigen Empfindungen; er will
ia aller M. Sreude u. Wohlergehen; fondern er firaft
aus Gerechtigfeit und aug Liebe, weil es unmöglich ift,
daß ihm das Boͤſe mohlgefalle und berrfchend bleibe,
und weil er unfer Glück begründen will, Ebr. 12,
5-11. Er will durd die Strafen dag fernere Bofe
verhindern und den M. beffern. Die Strafen follen
in dem Sünder eine lebhafte Vorſtellung v. dem hoͤch—
ſten Mißfallen Gottes an allem Bofen, (Rom. ı, 18)
alfo — tieffte Verehrung des Heiligften und Liebe ges
gen das allervollfommenfte Wefen bewurfen, wodurch
dann weiter der Eifer ihm fich mwohlgefällig zu mas
chen, vermehrt wird. Sie follen eine lebhafte Ueber:
zeugung von der untabdelhaften Regierung Gottes be-
gründen, daß er ohne eigenen Nachtheil des Thäterg
feine aufs Wohl des Ganzen abzielenden Gefege, nie
übertreten, noch irgend einem. feiner Gefchopfe einen
Schaden zufügen läßt. Sie follen die Ueberzeugung
befördern, daß daß fittl.Bofe iederzeit würflicheg Uebel
zur Solge habe. Diefe Ueberz. fol die mächtige Selbft-
liebe erregen, dem DBofen, als ein flarfer Damm, fich
entgegen zu feßen. Die Strafen follen den noch der
Sünde Ergebenen erfchrecfen, den auf der Nückkehr
zum Guten Begriffenen in feinem Vorſatze ftärfen, den
wuͤrklich Gebeffertem ſtandhaft machen und: weniger
fhuldlofe Menfchen warnen. Jede Ausübung der
göttl. Gerechtigf. ift eine heilfame d.h. das Beſte deſ—
fen, den fie treffen, befördernde Zucht, Bf. 118,
21; 119, 6. 7. 71; US&Sam. 22, 36. — d) Gott
firaft, um auch Andern dadurch ein warnendes Beifpiel
zu geben, um fich vor der Sünde zu hüten, oder fich
nicht ähnlicher Vergehungen fchuldig zu machen, weil,
ohne eigenen Nachtheil des Fehienden, Gottes Gefege
nie ubertreten werden koͤnnen; fie follen dadurch zur
tiefen Berehrung des heiligften Wefeng und zum ernftl.
DBeftreben, ſich demfelben wohlgefälig zu machen, er:
munfert werden. Nur muß man nicht denfen, daß
Strafbeifpiele Bedürfniffe für die Ruhe und Sicher:
heit des Ganzen gewähren, da der Allmächtige folcher -
224 ©.
Strafen Gottes, (Zweckmaͤßigk. RER
Nothbehelfe zur Erhaltung der Ordnung nicht noͤthig
hat. — Wenn M. flrafen, fo iſt ihr Zweck, den Bes
firaften zu beffern, ein edler und mürdiger Zweck. Wie
fönnten wir denn Gott einen minder volfommmeren
zufchreiben? Aug der Erfahrung und dem Eraft, wie
Gott die ſittl. Wohlfahrt des Unfittlichen fücht, 5-2.
Luc. 15, erhellt e8 ebenfals.
Vergl. Zollifofer’s Predigten, nad f. | Tode ff. VIlr Th. Anh.
Nr3.8
Falls auch die goͤttl. Strafen nicht — beſſern,
ſo kann man deshalb nicht ſagen, daß Gott die Stra-
fen nicht weife angeordnet babe. Denn man muf als
kein da, 10 Wegen des freien Betragens der M. die
nächfte Abficht Gottes nicht erreicht wird, glauben, daß
Gott, welcher dieß vorhergefehen und zugelaffen. hat,
feldft Hierdurch andere höhere Zwecke zu erreichen bes
fhloffen habe. Iſt denn die Beſſ. des Geftraften der
einzige nächfte Zweck der Strafe? Es kann auch die
Gute Gottes damit, daß Gott ein vernünftiges Ge⸗
ſchoͤpf zu einer Strafe verdammt, die nicht für daſſel⸗
be, ſondern nur für Andere Nutzen hat, beitcehen! Senn
e8 wird die Strafe nicht unverdient und nicht dem
Betragen unangeneffen feyn, fo wie aud) Gott nicht
blos Strafen, ſondern auch andere Mittel anwendet,
den Suͤnder zu beſſern. Man kann doch nicht bewei⸗—
fen, daß die Strafen, flatt die Beſſ. zu befördern, die—
felbe hinderten und folche unmöglich machten. Die
Schuld der unterbliebenen Beſſ. faͤllt auf den Geftraf-
ten ſelbſt. Wer kann den Sünder von der Strafe
- frei forechen, gefeßt — daß er ſich nicht durch die
Strafe beffern laffen will
4) Dan fage nicht, daß hi Strafen Gottes ungerecht
wären, weil die Anlagen manches Menfchen und feine
natürl. Veſchaffenheit nicht ſittl. gut zu werden vers
ftatten, oder, daß ein Boͤſewicht unter andern Umftan-
den nicht ein Böfewicht geworden feyn würde. Nur
Uebermacht der Sinnlichkeit und Verblendung, fönnen
die freiheit hindern, aber beide fonnen gefchwächt und
aufgehoben werden, fo daß der Entfchluß zur Sittlich—
feit aus der ungehemmten freien Willenskraft v. ſelbſt
hervorgeht.
5) Die
©. 225
Strafen Gottes, Natur u. Abfichten der — —).
5) Die befonderen Strafen Gottes hoͤren dann gewiß
auf, fo bald ihr Zweck, die Beſſerung des Sunders, ers
reicht ift, denn Gott ſtraft nicht um zu flrafen. Wenn
der Gebefferte noch unter den notürl. Folgen ferner
Pergehungen leider: fo ift das Feine Strafe mehr,
denn der qualende Gedanke: „dir verdienft dieſes Leis
den auch ietzt noch“ findet dann nicht mehr ftatk.
Kraͤnkt ihn zwar die Bekuͤmmerniß über feine Fehler
u. deren Folgen, fo verliert fi) doch bei groͤßern Fort—
ſchritten im Guten und beim Bewußtſeyn des Zus
gendeifers auch zuleßt Diefe Kranfung. Der Anblick
eines Herzens, welches fich nach der Strafe reiner —
fefter — feliger weiß, tilgt alles Schmerzhafte in dem
unzerftörbaren "Andenken an die traurigen. Folgen ver
Sünde aus, und der Gefundgewordene preißt gerührt
den Arzt, deffen gewaltfanere Kur ibn vom Untergang
geretter hat. Ohne daß die ganze Natur des M. ums
gekehrt wird, (und dag wird Gott nicht thun) müffen
die Strafen auf des M. Gefinnungen und Handlun—
gen würfen, und ihn — wenn auch erſt in senem Les
ben — ganz gewiß beffern.
6) Zwar wird hier nicht alles Bofe beftraft, aber erft
iene Welt ift der rechte Schauplag einer volfommnen
und gerechten Beffrafung. Denn erft wird recht ſicht—
bar werden Gottes Gerechtigfeit, wenn unfer ganzer
Zuſtand die Folge von den vorhergehenden guten oder
— an und Handl. feyn wırd, Rom. 2,
5s12. und 16; 1Shefl. 1, 10; II Theſſ. 1, 4: 12.
Rel.⸗Lehrer muͤſſen den Einwurf, Gott firaft gar nicht, weil er nicht
beleidigt, nicht in f. Ehre u. Gluͤckſeligk. gefränft werden kann,
dadurch entEräften, daB ſie ſagen: In feinem Weſen Eann freiz
lich Gott nicht beleidigt werden, aber — in ſ. Gefchöpfen und
Menſchen. Ueberireten wir feine Geſetze: fo ſtoͤren wir — ge⸗
... gen feine Abfihe — die Ordnung und Ruhe f. Reichs u. brinz
gen Eiend und Sammer in daifelde. Nimmermehr kann Gott —
dem Vater der M. eine foldie BVereiteiung ſ. wohlthaͤtigen
Abſichten gleichgültig feyr. Offenbar wird er diefe Vereitelun—
gen hindern muͤſſen. Wie kann er das anders «ld durch ges
rechte Strafen!
3u den ee der befondern uns natuͤrl. Strafen Go!tes
find ima, Teſt. die ſchrecklichſten u, Furcht: erregen de Ausdruͤcke,
welche die Sprache nur hergeben kann, gewaͤhlt, z. B. Zorn,
Grimm, Fenereiſer, Ungnade, auch wählt es dazu ſchreckliche
Chriſtl. SL. Lehref. d. Canzelgebr. 3Th. P
226 i ee ..: |
Strafen Gottes, (praft. Folgerungen; Tandplagen.)
Bilder, (vgl, Ereget. Handb. d. dogm. Beweißfiellen,
2ten Ih. ıfle Abth. ©. 164 f. vorzuͤgl. S. 167. Anm); viele
find nicht im eigentl, Sinn zu verfiehen. Diefe Ausdruͤcke
wollen ſo viel ſagen, als: Gott ſtraft, da er das Boͤſe verab⸗
ſcheuet, das Boͤſe ernſtlich und nachdruͤcklich — Die Ums.
ſchreibung der Ausdruͤcke: Strafen Gottes und Gott
ſtraft find nicht zu tadeln, ſ. Eckermann a. a. O.
5. 206% |
Bol. Dr. CE. Fr. Ammon deifil. Rel.:Bortr, 28 Baͤndch. Erl.
1793. 8. Ver. 7. ©, 1452160: „über die Natur der göttl,
Strafen‘ nad) Hiob 5, 326. |
II, Praftifhe Folgerungen. | 5
ı) Man halte nicht alles gleih für Strafe
Gottes, was es nicht if. Man nenne nicht als
les, was ſchmerzhafte Empfindungen dem M. macht,
Strafen, ohne dabei die Perfonen, welche biefelbe er-
leiden und die Urfachen, meshalb fie ihnen zu Theile
werden, zu unterfcheiden. Veraͤrmung, Berluft, üble
Begegnungen, Krankheiten und alle Leiden ohne Un»
ferfchied halt man inggemein für Strafen Gotteg, mo»
‚gen fie betreffen, welchen, und herrühren, wober
fie wollen. Insbeſondere rechnet man bie Ungluͤcks⸗
faͤlle ohne Ausnahme dahin, die auffallend find u.
ein großes, über ein ganzes Land oder eine gewiffe
Gegend fich verbreitendeg, Elend zur Zolge haben,
oder aus ungewöhnlichen Naturwuͤrkungen entitehen,
E. Feuersbränfte durch den Blitz veranlaßt, Waffere
Authen, Mißwachs, Erdbeben, verwuͤſtende Kriege, an-
‚» fteefende Seuchen, kurz Uebel, die ein ganzes Land
treffen, die man daher Tandplagen nennt, und
für Strafen oder Strafgerichte Gottes hält;
dieß ift unrichtig. Da Strafe doch durchaus ein em—
pfindliches Naturuͤbel um vorhergegangener vorfägli-
cher Sünden willen, oder Folge berfelben ift: fo muß
fie blos den £reffen, welcher fie durch Sünden verdient,
oder fich zugezogen hat. Nur für böfe M. find Uebel
Strafen Gottes. Es wäre alfo ein ungerechfe8 Ur-
theil uber ein ganzes Land, wenn die Unglücksfälle
defielben Strafen Gottes für daffelbe wären. Bei den
Strafen, welhe Vergehungen vorausfegen, muß man
auch beſtimmt wiffen, wofur man geflraft wird. Go
| ©. 227
Strafen Gottes, (Lanbdpl. find fie Str. Gottes?)
ift e8 fchon bei den Menſchen. Es ſtraft feine meife
Dbrigkeit den Untertban — fein vernünftiger Bater
das Kind anders als dann, menn beide fich fagen
müffen: das habe ich damit verdient. Wie Fonnte der
Allgerechte alſo durch allgem. Naturuͤbel auch die Ein«
zelnen züchtigen wollen, die nicht wiffen, daß fie ſich
eigentlich vergangen haben?! Es hieße alle Einwohe
ner des Landes, die durch die Uebel leiden, als bofe
M. verurtheilen und dag märe ungereht. Es kann
auch Gott nicht genug feyn, daß die dadurch ſehr
Mitleidenden daͤchten: ich muß mich doch einmal fehr
vergangen haben, weil mich dieſes Iinglück betrifft. Es
ift vielleicht dafür, oder auch a oder für etwas,
. was ich fchon vergeffen habe. n folches Verfahren
wäre ungerecht. Die alle. “rer find auch nad)
der Erfahrung nicht allemal Beſſerungsmittel. Die
boͤſeſten M. wiſſen theils zur Zeit der Noth u. des
Ungluͤcks ſich oft durch die ſchaͤndlichſten Mittel das
Ungluͤck Anderer zum Vortheil zu machen, indeß der
Mechtfchaffne, der fich Feine unerlaubte Erwerbungs—
mittel geſtattet, am meiften leidet, und von den ofen
nach ihrer frechen Bosh. beraubt wird. Häufig ente
ftehen $. DB. im Kriege Dauber- und Mordbrenners
banden. Da Gott nicht mündlich zu den M. redet,
fo wird der Günder nicht zur Erf. deffen fommen,
wofür er leiden und was er ablegen fol. Ueberdieß
erftrecft fi Gottes Machtregierung nicht über
die Anwendung, fondern blog über die Erhaltung der
Kräfte freier Wefen. Wäre ieneg, fo hörte alle Sitt—
lichkeit menfchlicher Handlungen auf. Das a. „zeit.
oder die mofaifche Neligion lehrt zwar im den Zeiten
der rohern Israeliten, daß Unglücksfäle, Landplagen ꝛc.
Gerichte, Zuchtigungen, Zuchtmittel Gottes wären; als
lin Chriſtus lehrte ganz anders —— ) Es
liege bei ienen Ausdr. auch immer der Ged. z. Gruns-
de, daß Gott bei Zulaffung aller Uebel —
der Beſſ. der M. beabſichte. Die Vorſtellung: Gehor—
ham: wird mit ivd, Gütern belohnt, Ungeborfam aber
2
=) Swilgen ienen — und — Zeiten iſt ein großer Une
texfchied.
228 | ©.
— Gottes, (ob Landpl. Strafen — ſind?)
mit Entziehung derſelben durch Mißwachs ꝛc. beſtraft,
war eine Zeitvorſtellung, in welcher nur die Wahrh.
zum Grunde liest, daß der Gehorſam gegen Gott al⸗
lein zur wahren Gluͤckſeligk. — Ungehorfam aber zum
Verderben und Elend führe. Wir M. Fonnen- freilich
wohl die Naturuͤbel auf fittliche Zwecke beziehen, der
Sünder fann fie fih zu Strafen Östtes machen, in-
dem er fich vorwerfen muß: mein Verhalten bat fie
verſchuldet. Ihm werden fie auch fehmwerer, alg dem,
der ſich Feines Boͤſen bewußt iſt, und in ſo fern ſind
ſie fuͤr ihn Strafen. Jene ſogenannte Landpla—
gen erfolgen ia aus natuͤrl. Urſachen, ſie ſind allge—
meine nothwendige Folgen der Geſetze der Koͤrperwelt,
die freilich unter der weiſen Leitung Gottes ſtehen.
Aber nicht alles Ungewoͤhnliche iſt Verderben, z. B.
ein langer — ſtrenger Winter — viel Schnee iſt nicht
zur Strafe und Verwuͤſtung uͤber die Erde gekommen.
* allen gilt Matth. 5, 45, nicht — daß Gott, wie
ehedem ducch die Propheten, fie als Strafen drohen
tieß. Sm Ganzen müäffen fie, weil Gott die Liebe felbft
ift — mehr Gutes — mehr Wohlthätigeg fliften als
fchaden. Gottes Güte ift nicht an die Zeit gebunden.
Können wir das Ganze überfehen? Gott wird — da
fhon ein Vater für feine Kinder forget — gewiß für
die Zuk. forgen. Er ſieht auf's Ganze. — Gott will
nicht alles dag, mas von M. Bofes gefchieht, haben,
billige nicht alle Folgen aus einer Sache; er läßt vie-
les aus weiſen Abfichten zu, weil es im Ganzen beffer
ift, al8 wenn e8 nicht gefchehen wäre. Gott müßte,
wenn er fogleich der Noth abhelfen wollte, ſtets Wun—
der thun. Er thut eg mittelbar. Durch Noth macht
er uns auf die Schaͤtzung des Wohlthaͤtigen aufmerk—
ſam, was wir zu einer andern Zeit hatten oder genoſ—
ſen haben, oder er erweckt dadurch zur Menſchenliebe.
Man laſſe deshalb ia den Gedanken fahren, daß Gott
in Gemittern, Ueberſchwemmungen, Hagelwettern, Erd-
beben ſtrafe. Mean erlaube fich über ganze Laͤnder,
Gegenden, Stadte, Dorfer und über jeden einzelnen
Einwohner bderfelben ia nicht dag ungerechte Urtheil:
dag fie Diefe Kriegesuͤbel, dieſen Mißwachs, dieſen
Brand ꝛc. durch ihre Suͤnden verdient haͤtten. Beides
entehrt Gott und macht ung recht lieblos — unbarm—
\
— S | 229
Strafen Öottes, (praft, Tolgerungen.)
herzig — unmenfchlich. Heißt das nicht gleich ver-
danımen, welches doch Matth.7,ı 20.2 Werden dann
die Berfchonten den fo Geſtraften nit iede Wohl:
that — ieden Dienſt verfagen? Dann greift man in
Gottes Rechte. Wie darf man fich deshalb, weil man
verfehont worden iff, für frommer und beffer halten?
Mas der Allliebende thut, ift gu aller Beſten. —
Waͤre alles lichel in der Welt Strafe Gottes, fo ma-
chen wir ia Gott zum ungerechten Richter, der blind»
hin Unfchuldige wie die Schuldigen behandelte, IMof.
18, 20. Uebte er Zorn und Rache, fo märe er wie
ein wuͤthender Menfch. Dieß beißt auch Gott entehren.
Wer darf das?
Berge. Hriftl. Moral f. d Canzelgebr. in
alyh: D. ar 2..6©.94-97. -
©. „ob e8 rathſam fen, daß ein Pred. in feinen oͤf—
fentlichen Vortraͤgen den Krieg und andere Landplagen,
als Strafen Gottes vorſtelle?“ von J. PB. 8 Snell,
in Scherer’S allg. homil. u. liturg. Archiv,
ır ©. ıfe Abtheil. N. b. (nicht richtig beant«
wortet).
2) Man glaube nicht, daß Gottes Strafen
leere Drohungen waͤren, oder daß Gott ung
nicht finden Fonne. Denn Gott ift nicht mit fich felbft
uneins. Geine Gefege find heilig und gerecht: Auf die
Befolgung derfelben muß gehalten werden. Sie find
verbindend, In den Stücken, worinnen man nad) Be—
lieben bandein kann, darüber bat man Fein Gefes.
Aber ꝛc. Alfo wenn Gott nicht auf feine Gefeße hiel—
‘te, fo müßte man annehmen, daß fie unweiſe Geſetze
wären. Allein dag find fie nicht — dag koͤnnen fie
nicht ſeyn, da Soft nicht irren, fich nicht in feinen
Einfihten ändern und alfo nichts anordnen kann, was
er nachher ans Schwäche, Ohnmacht oder Guͤte wieder
abändern müßte. Es laͤßt fi alfo nicht denken, wie
Gottes Drohungen wicht vollzogen werden würden. Da
Gott wahrhaftig if, fo iſt die Fruchtloſigkeit ver
gedrohten Strafen Gottes nicht glaublih, IV Moſ.
23, 19; Ebr. 6, 18; Matth. 24, 35. Unmoͤglich if
Gott fo ſchwach und unweiſe guͤtig (wäre er dadurch
nicht grauſam?), daß er fich nicht zur VBollgiehung der
Strafen entfchließen fönnte. Welch ein chorichter Fuͤrſt
230 ©. en
Strafen Gottes, (prakt. Folgerungen) =
waͤre der, welcher es nicht feinem Herzen su Leide thaͤ⸗
fe, ein über Straßenraͤuber und Morder gefaͤlltes To—
desurtheil zu unterzeichnen, oder Aufrührer zu einer
lebengwierigen Gefangenfchaft zu verurtheilen, und
fie. ındeffen ungeahndert feine ruhigen und guten Unter>
thanen berauben, mißhandeln und morden ließe! Gott
bat auch nicht zu viel gedrohet, um deſto ſicherer
wird er alſo auch die angekuͤndigten Uebel verhaͤngen.
Deshalb enthalte man ſich auch der fo haufig im all-
tägl. Leben vorfommenden Nedensart: „Gott firafe
mich!” Seine Hand ift nicht verkürzt!
3) Man glaubenicht, daß man Gottes Stra-
fen entgeben, oder ihre Aufhebung bewiür-
fen koͤnne und daß uns Abbitte und Rene ſchon
gut mache. Jeſu Tod kann ung nicht ungeſtraft fün-
digen laffen. Gottes Gefege find, wie er felbft, unver:
anderlich. Zwifchen Handlungen und Solgen ift ia
auch eine unaufiogliche Verbindung, Nom. 2, 6. Nach
der Erfahrung vermag auch felbft die ernfllichte Beſſ.
nicht das Gefchehene aufzuheben und die Folgen da»
von ganz zu tilgen. Sie verhuͤtet den meitern Forts
gang des Unglück, beruhigt nicht wegen des Vergan—
genen, aber einmal verwuͤrkte Strafen aufzuheben kaun
fie nicht. Man bindert durch iene irrige Vorfielung
am flarkften die Befferung. Sie erleichtert fogar das
Sündigen. Glaube man die göftl. Gerechtigkeit auf-
halten zu Fonnen, fo lebt man ficher bei allen Laſtern.
Glaubt mans Gote ift fehr barmherzig, er wird mid)
nicht firafen, ich fündige, wie viel ich will, fo iſt man
zu allem Bojen faͤhig. Glaubt man aber, daß unaug-
bleiblich alle Vergehungen ihrer Natur nach nothiwen-
dig fihaden, daß wir durch Bel. und Tugend aber
uns ff. und daß nur der Gebefferte der Beruhigungen
der Rel. und der Erloͤſung Sefu fabig ift: ſo kann
man ſich beſſern und fromm leben.
„Du darfſt nicht denken, ob du ſchon den großen
„Namen haſt, daß du ein Chriſt oder Gottes Sohn
„heißeſt, Daß er darum dein werde ſchonen, wenn du
„ungehorfam Tebft, und meineft: es ſey nun genug,
„daß du dich ſolches Namens ruͤhmeſt. Die Welt rich»
tee wohl nach der Perſon, daß fie nicht alle gleich
„ferafet und fchonet derer, die da fremd, reich, ſchön,
er 2
Strafen Gottes, (Anwend der Lehre von den).
„gelehrt, weife und gewaltig find: aber Gott ſieht der
„reines an; es gilt ihm alles gleich, die Perſon A
„fo groß, wie fie wolle. Das hat vor Zeiten die JS
„den auch betrogen, die fih rühmfen, daß fie Abra⸗
„bamg zn (Rachfommen) und Gottes Volk waͤ⸗
„ren.*
a) Man entgebe dadurch den goͤttl. Strafen
u. den Uebeln, die uns treffen koͤnnen, daß
man Thorheiten u. Suͤnden vermeide,daß man
fi täglich beffere, und nmiehr fich im Guten übe. Der
M. Fann ia genau das Maaf der fittl. Verſchuldung
und dag Maaf der natürl. Strafe in ihrem Verhaͤlt—
niß gegen einander einfehen.
5) Man wende die ung treffenden Strafenzu
feinem Beften an, und zwar dadurch), daß man
a) erfenne, daß man fie verdient habe; b)daß man fie
mit ruhiger Gottslinterwerfung erdulde; c) daß man
die ung betroffene Strafe dazu anwende, um Fünftig
die Sünde defto forgfältiger zu vermeiden und dag
Gute deſto williger und ernftlicher su thun.
6) Man urrheile über einen Mitmenſchen, welchen
man geſtraft ſieht, nicht lieblos, oder nenne ihn
nicht einen großen Sünder Die ift uns
chriftlih — lieblog; Luc. 13, 1-5. Da die Befira-
fungen nur nach dem vflichtlofen n Verhalten degienigen er⸗
folgen, der geſuͤndigt hat: ſo kann in einzelnen Faͤllen
Niemand beſtimmt daruͤber urtheilen: ob das Ungluͤck
eines Leidenden, (und eben fo das Wohlſeyn eines
Gluͤcklichen) Strafe (oder Belohnung) fey, als Gott
ſelbſt und der v. ihm Beſtrafte (und Belohnte). - Wir
müffen alfo in den Urtheilen. uber AnDert aͤußerſt vor—
fihtig feyn; Joh. 9, 1; IITim. 3, 12. Man muß es
der Weish. und Güte Gottes anheim helien, warum
oft dieſes Außere Nebel eintritt? warum e8 diefen
und feinen andern trifft? weshalb es fo und nicht an-
ders, ick und zu Feiner andern Zeit erfolgt?
Vergl. Heym’s Samml. v. Predd. f. Landl. über
d. Ev. ©. 612- -631: „vom rechten Gebr. der Strafge:
richte, die fo won! ung alg Andere betreffen” über Ev.
| Xten S. nach Sn, Zollikofer's Warnung vor den
“) Luther.
432. 3° | ©.
Sünde, (was?)
Sehlern — Zeitalters. ©. 228 ff; Mas. f. ran:
ir D. Nr. 7. ©. 56:65: Die Stärke und der Eifer
Gottes ın En Beftrafung der Sünder alg ame
Stuͤcke ſ. Liebe 22; Witting’s Handb. ar ©.
Th. üb. Ep. am Feſte Epiph. ©. 190 f.; Eu:
mann’s Gottesverehr. ate Samnıl. F 50. ©. 151⸗
162: „von Gottes Strafen; J. W. G. rs
Auszuͤge aus f. Dredd. uͤb. d. Ev. er Fahıg. © . 242°
246 am ıoten ©. n. Tr. „über gew. irrige Borftell.
v. den gettl. Strafen u. ihrer Erlaffung;“ Weft-
pfals Predd. üb. die Evang. ar B. ©. 255-270;
ne Verderben un. die Strafgerichte der — kann
kein fortſuͤndigender M. von ſich abhalten;“ J. C. €.
Schmidt’s Predd. 1797. Nr. 7: * d. en d.
Sünde im zuf. Leben;/ Gebhard’g Predd. über d.
ganzen Umf. d. Rel. or © > 173:178;5 „die Lehre
ben göttl. Strafen; T. C. Piper’s Pred. ar.
ee 1794. Ulihe Ach: sr „d. d. gerechten seitlichen
Strafen, die Gott über bie Sünder — ;“Wag⸗
niß Rel.-Lehre in Beiſp. Th. I ©. -58: „ots
* des — Strafen;“ ebend. —J XXXVIII.
er 25T
S. M. J. A. Weife fchriftmäßige Gedanken von
den göttl. Strafgerichten, Gera 1783. 8 — —
Sunde (die) 15506. 3, 2% und 9.
Vergl. hriftl. Moral f.v. Canzelgebr. in a Ordn. Vten ®.
Ifte Horb, ©. 33523795 Döpderlein’s inf. Th. chr,
T. 12.:p..4» 99 Sa. $. 177, 1925 -Deflelben Rel, z Unterr.
h. IX. ©, 245: 305,
Hier ift nur von dem die Rede, was tiber diefen Art, mehr auf
Ölsubenölchre — bat.)
I. Sie ift iede freie Sefinnung und Neigung und iede
Handlung, die dem Geſetze (ſey es nun durch die Ver—
nunft oder Offenb. erfanıt) zuwider — und zweckwi—
drig iſt. Sie iſt iede Zweckwidrigk. — iede uͤeberire
tung der Vorſchriften des Gewiſſens und alles deſſen,
mas das gemeine Wohl der M—heit verhindert, oder
demfelben fchadet. Die b. Schrift nennt fie dag Un-
recht — das Uebel — das Boͤſe oder auch die Ueber—
tretung des goͤttl. Geſetzes — Ungehorſam ꝛc. Das
J
S. 233
Suͤnde (was zur — gehoͤrt, Entſtehen derſelben.)
Suͤndigen nennt fie Unrechtthun, Uebelthun —
Boͤſes thun; Nom. 5, 13; Epheſ. 2,1; 1Joh.
Sie nennt Sünde such eine Abirrung vom an iin
Abweichung vom Zweck und Iingerechtigfeit, Sob. 3,
19; desgl. boͤſe Werfe und Sinfterniß, d. h. böfe
Werke und VBerblendung. Zur eigentl. Sünde gehört
ed, 1) daß berienige, fo fie begeht, eine Kenntniß des
goͤttl. oder menſchl Gefeges babe. Jeder Suͤnder
muß den vollen Gebrauch feines Verſtandes haben, um
als folcher 2c.; 2) daß man fich verpflichtet hielt und
Gelegenheit hatte, das Gefes zu erfüllen, und es doch
nicht gethban Hat; 3) der M. muß vollig frei wollen
und handeln, alſo das Boͤſe würflich vermeiden koͤn—
nen. Die Sünde wird freilich durch die Sinnlich—
feit und ben überwiegenden Hang zu derfelben, d. h.
Durch die herrfchende Neigung des M. zu allem, was
den Sinnen fchmeichelt u. ihnen Vergnügen verfpricht,
indem fie alle Reise verfücht und Gewalt braucht, ver-
anlaßt, (Sac. 1, 14. 15. d. i. wenn die durch die Luſt
hervorgebrachte Begierde ſtark — uͤberwiegend wird,
bringt ſie die Suͤnde hervor): allein es iſt dann, wenn
die Macht der Empfindungen u. die Gewalt der Triebe
oder Begierden ſo groß und hinreißend iſt, daß ſie den
Willen zu, ihren Forderungen gemaͤßen, Entſchluͤſſen
noͤthigen, die Frage: ob man nicht dieſe uͤberwiegende
Sinnlichk. und Begierden durch eigene Schuld und
Nachlaͤßigk. erworben ‚habe. Wird iemand aber durch
einen folchen aͤußern Zwang, welcher unwiderſtehlich
iſt, zum Boſen genoͤthigt: fo hat er eigentl. nicht ge=
ſuͤndigt. Vollzieht iemand eine ungerechte Handlung
auf das Anfinnen eine mächtigen und lafterhaften
Vorgeſetzten: fo iſt der Zwang nicht unmiderftehlich.
Er brauchte nur fich zu mwiderfeßen, und das Anfin-
nen zu verweigern, er durfte e8 nur Darauf wagen, die
Gunſt des Mächtigen durch fein rechtfchaffenes Wider:
fireben zu verlieren und fih den Folgen feines gereiz-
‚ten Zorns auszuſetzen. Entſchloß er aber aus Men—
ſchengefaͤlligkeit oder aus M—furcht ſich anders, ſo
handelte er nach freier Wahl, nach eigenen Vorſtellun—
gen von. Rechtſchaffenheit und ird. Vortheilen und
darf ſich nicht mit einem unwiderſtehlichen Zwang ent⸗
ſchuldigen. |
234 | | ©.
Sünde, (mworin hat die — ihren Grund?)
Haͤngt man einer Sünde nach, fo entſteht daraus
eine Fertigkeit darin, und fie wird zum Lafter.
1 Worin hat die Sünde überhaupt ——
Grund?
Sie kam in die Welt durch den Mißbrauch der —
mit. dem Gebrauche der Vernunft verbundenen Frei—
heit. Diefer Mi ßbrauch wird veranlaßt theils durch
Taͤuſchung, daß man eine Sache für aut hält, die boͤſe
ift, und umgekehrt; theils durch den zu angenehmen
Meig der Siunlichk. ‚ dem man nicht gern widerfteben
wild. Da der M. fo vieler Täufchung ausgeſetzt iſt,
fo. vielfältig fich felbit vergißt, und dag Vergnügen
nad) .f. Sinnlichkeit fo ſehr liebt: fo ift es natürlich,
daß er fündige. Wenn gleich aber der M. feiner Na—
tur nach fündige: fo ift der Schöpfer dennoch deshalb
nicht anzuflasen, da fich feine Macht nicht weiter
als über mögliche und fchickliche Dinge erſtreckt, f.
unten.
ı) Die Sünde hat nicht ihren Grund in einem ange-
bornen Hange zum Bofen, —f. unten Berborben-
heit — fondern
2) in der nothwendigen Einfchränfung des —
und Endlichkeit feiner übrigen Kräfte, welche Einrich⸗
End auch’ an ſich untadelhaft ift. Der Werftand des
M. iſt offenbar zur Erf. der Wahrh. erfchaffen, er
liebt und ſucht fie, er firebt den Irrth. zu verbeffern,
fo bald er ihn gewahr wird. Gein Wille ift auch
nicht zur Wahl des Boͤſen, fondern des Guten gebilder.
Er fann dag Fo nur unter dem Schein des Guten
wählen. Im M. iſt eigentlich Fein. Grundtrieb zum
Boͤſen vorhanden. Allein der Verſtand kann nur
eine gewiffe Summe von Vorſtell. und Begriffen
deutlich faffen. Er kann nicht ales in feinem ganzen
Umfange, und nach allen feinen Solgen, er kann e8
nicht mit gleicher Klarheit erfennen. Er fann nicht in
ſich alle f. Erfenntniffe gleich Flar und flarf: erhalten.
Daraus folge dann, daß er vieles gar nicht, — vie⸗
les nicht recht weiß, daß er ſich in feinen Uetheilen
vielfach irrt, daß er aus Mangel al erficht man
es für ganz guf anficht, was nur eiewwrnia
furze Zeit, für wenige, ia wohl wur Msn einen :
oder einige vergangliche Vortheile Haba na:
S. | 2 35
Sünde, (worin hat die — ihren Grund?)
ganz fihädlich und unerlaubte if. Der M. hat aber
auch einen freien Willen oder das Vermögen ſich
nach dem, was fein Verſt. ihm ale ein Gut oder als
ein Uebel vorflellt, fo zu beftimmen, daß er ienes thut,
dieſes ıc. Da aber fein Verftand fich irren und durch
den anfänglichen Reitz des Schädl. getaͤuſcht, das
Boͤſe fuͤr gut halten kann: ſo kann ſein Wille das
Boͤſe — verkehrt wählen, indem es ihm als gut vor—
fomnit, und er kann dagegen dag Gute verwerfen, ins
dem e8 ihm erft mie ilngemächlichfere verb. zu feyn
feheint. Zwar fagt ihm das fittl. Gefühl (das Sit—
tengeſetz) das, was Pflicht für ihn iſt, aber da fein
Wille frei if und auch andere Antriebe auf ihn wür-
fen: fo wählt er oft lieber das Sinnlichangenehme als
das Gebot der Vernunft — er fündigk.
Da aber die Nachläßigf. des M. in Anfeh. der an
fih nügl. nothw. Sinne, der Mißbr., den der Menfch
von denfelben macht, die üble Richtung, die er ihr
gibt, die Ausfchweifung u. der Gebrauch unerlaubter
Mittel, welchen er damit verbindet, und die unrichtige
Wahl der Zeit und Gegenſtaͤnde, die er ſich bei ihrer
‚Befriedigung zu Schulden fommen läßt — offenb. die
Verſchuldung des M. iſt: ſo kann man nicht ſa—
gen: der M. muß fündigen. In der Natur des
M., im Verhältniß feiner Kräfte und Anlagen, und
in den Geſetzen, nach mwelchen fie würfen, liegt durch:
aus feine Rothwendigkeit des Boͤſen, aber wohl
bie Möglichkeit su fündigen; dieſe Fonnte aber
weder verhuͤtet noch weggeſchafft werden. ſ. III.
Die Sünde iſt alſo eine Folge der allen
vernuͤnftigen Weſen mitgetheilten Frei—
heit. Sie hat ihren Grund in der Art und Weiſe
der Entwickelung der menſchl. Faͤhigkeiten. Da ieder
M. als Kind von einer geringen Stufe anfaͤngt und
erſt weiſe und verſtaͤndig zu werden ſuchen muß —
da in der Kindheit faſt allein dag Empfindungs—
Vermogen thaͤtig iſt oder da alsdann blos die
Empfindungen, den Willen leiten: fo gemohnt
ſichs ehe SD ernunft berrfchen ann, daran, das
Sinnlicha ane zu begehren und zu ſuchen u. wird
abgeneigt derungen der reinen Vernunft u ges
berche— Alters: Bnfriehigung finnl. Begierden
Sünde, (Beranlaff. zur —).
‚und dadurch daß die finnl. Empf. an fich ſtark und
lebhaft werden, da ſie unmittelb. Vergnuͤgen gewaͤh⸗
ren und immer mehr den M. reisen: fo dringen fie
auch in reifern Jahren der Stimme und Pflicht vor,
Die Sünde ift ehon die zweite Natur geworden.
3) Die Sünde bat auch ibren Grund inden
böfen Beifpiebender Menſchen.
IH Bitte hier das oben im Art, Böfes I. rXh. ©, 212 f. Geſagte
zu vergl, Die unvernuͤnftige — ausſchweifende Sinnlichk. be—
-fieht darin, daß der M. der nicht fittl. gebildet ift, ven Leit
u. koͤrp. Dinge höber fchäst als alles andere, Den Beſitz ver
zeitl, Güter, die uneingefchränfte Befriedigung ſeiner koͤrperl.
Triebe, Hält er für fein Einziged — für fein vornehmftes
Gluͤck — over hoͤchſtes Gut. Auf diefen Iwe richtet er nun
alle feine Wünfche und Befirebungen, Matth. 6, 215 Coloſſ.
3, 1:7. Durch fie wird der M. abgeneigt von Gottes Geſe⸗
tzen, denn ſie ſind ihr entgegen. Er uͤbertritt iene ohne Scheu.
Meidet er Lafter, To geſchieht es aus Inſtinkt. Das Wohl
Anderer ift ibm gleichaältig, fo lange Eein Eigennuy das Ge—
gentheil fordert. Ihr Vergnügen und Wohl opfert er dem
feinigen auf. — UVebertriebene unbeherrfchte Sinn;
En if mit die Duelle aller Sünden; Matth. 6,
9:23; Rom, 7, 7 bis Ende; Coloſſ. 3, 1375 Jac. 3, 13 bis
—*
Offenbar iſt es gegen die Bibel, daB der Menſch aus erelarter
Feindſchaft gegen Gott das Boͤſe wolle oder thue, wie einige
behaupten wollten.
II. Weshalb bat Soft nicht die menſchl. Na⸗
tur ſo eingerichtet, daß die Suͤnde gar
nicht moͤglich geweſen waͤre? |
Man vol. dag, mas oben im Art. Bofesl ırSh.
S. 215 f. vorfömmt.
Nenn man fo fragk: fo meint man, daß Gott nur
hätte folche Gefchöpfe hervorbringen follen, von mel»
chen er voraus fahe, daß bei ihnen die Moglichkeit zu
fündigen nie zur Würflichfeit geworden wäre. Allein
es läßt fich nicht einmal die Möglichkeit von der Er—
fuͤllung diefer Forderung darthun, und es laͤßt fich
nicht zeigen, daß die Welt bei einer folchen Einrich-
fung etwas gewonnen haben würde. Denn 1) Gott
haͤtte ihre Natur anders einrichten muͤſſen, allein dann
waͤren ſie nicht Menſchen geworden. Sie durften, da
fie niedriger feyn follten, als die zunachfi an fie grän-
| | ©. 237
Sünde, (wesh. Gott nicht die — verhütet hat?)
— hoͤheren Geiſter, nicht hoͤhere Faͤhigkk. erhalten.
Durch die nothwendige Verbindung des Leibes mit
der Seele mußte der Zuſtand des einen durch den ans
dern beſtimmt werden. Die geiftigen Zuflande der Seele
mußten auf den Leib und die Befchaffenheit dieſes auf
iene Einfluß haben. Es waren, um den M. thaͤtig zu
machen, Antriebe noͤthig — und der Gtreif der Sinne
lichfeit und der Bernunff war deshalb unvermeidlich,
weil der Geift manches entbehren kann, was dem Leibe
nothwendig iſt, und weil diekeibesbedärfniffe manches
fordern, was der Verſtand aus beffern Gründen mif-
billigen muß. Der Wi folfte frei oder ohne Zwang u.
Die Tugend des M. blos Wurfung der freien Willführ
werden. Hätte Gott der Bern. des M. eine größere
GStärfe mitgecheilt und dagegen die. Macht und Leb—
haftigfeit der Empfindungen geſchwaͤcht, damit erfiete
über dieſe immer fiegte: fo würde dieſe hoͤhere Bern.
zu unfern Sinnen, zu unferm Leibe — zu der Art uns
ſerer Ausbi ldung nicht gepaßt haben und es wuͤrden
dann auch alle Empfindungen der Freude u. des Vers
gnuͤgens, alle edle Gefühle der Liebe und des Wohl⸗
woleng gleichfal8 gefhwächt worden feyn. Da wir
als Kinder geboren werden und unf. Geele erfi muß
ausgebilder werden: fo konnte er ung auch nicht eine
Höhere fitel. Stärfe mittheilen. Sollte die mehrere
- Stärfe zum Guten fogleich urfprünglich in der Seele
vorhanden ſeyn: fo hätte Gott ſtatt M. müflen Engel -
erfchaffen. — Soliten die M. frei feyns fo mußten
fie auch ihre Freiheit mußbrauchen Eönnen. Denn eine _
Freiheit ohne möglichen Migbraud laͤßt ih im M.
und endlichen Weſen nicht denken. ‚Aber welche Vor-
zuͤge gewahrt die Freiheit! Ohne die Freih. zu waͤh⸗
len zwiſchen Gutem und Boͤſem, märe der Menfch eine
Mafchine und Feiner Veredelung, Tugend und Vollk.
faͤhig. Ohne Sreih. könnte der M. nicht glücklich
werden. Seine Handl. hätten feinen Einfluß auf fein
Herz. Er koͤnnte weder Freuden noch Leiden darüber
empfinden. Er koͤnnte weder Gutes noch Boͤſes ge—
‚nofjen haben, u. er wäre weder vor Gott noch vor den
Mer weder in dieſem noch in ERAIEEBEN einer Beloh⸗
nung oder Befltafung fähig.
Sünde, (wesh. Gott nicht die MöglichE, der — verh.)
2) E8 war unthunlich, daß Gott ale Verfuchungen
zur Sünde und zu Verirrungen hinweggeſchafft haben
folite, um damit die Sünde zu verhüten. Denn ohne
daß wir höhere Verſtandeskraͤfte befamen, Eonnte nicht
die Unwiſſenheit — diefe Duelle der Irrth. gehoben
werden. Gott müßte iedesmal die Urtheilsfraft zwins
gen, wenn nicht Uebereilung im Urtheil manche Süte
den veranlaffen follte. Er müßte immer Wunder thun,
wenn nicht ein mangelhafter oder fchädl. Unterricht u.
wenn nicht verführerifche Beifpiele bie und da Eün>
den beförderten. Wie fonnte Gott alle Schönheit aus
der Welt verbannen, wie gn8 alle Güter entziehen,
Damit nicht der natuͤrl. Neiß der Dinge — das finnl.
Vergnuͤgen, welches fie gewähren, und die dadurch auf
-geregten Begierden die meiften Sünden veranlaßten ?!
Späte z. B. Gott feine Metalle in der Erde ſich bil-
den laffen, damit Fein M. neidifch oder geißig wäre?
Das, was zur Sünde reißt, kann auch eben fo gut
zur Uebung der Tugend, zum Beweis der Mäfigung,
zur Sreude an den Werfen Gottes dienen. Eben dag
Geld, dag fich der Beigige ungerecht erwirbt, Fann man
zur Ausübung der Wohlthäfigf. verwenden; Tit. 1,15.
3) Gott faun nicht in iedem Augenblid, wo ie—
mand fündigen will, dem Menfchen überwiegende Des .
weggründe zum Guten mittheilen, denn alsdann
würde der M. eine Mafchine. Entweder müßte Gott
die überwiegenden Gründe durch Wunder in die Seele
hineinmwerfen, oder aus derMaffe derfchon vorhandenen
Vorſtellungen zur nöthigen Deutlichkeit entwickeln und
lebhaft machen. Sin beiden Fallen mwürfte nicht der
M. nad) eigenen felbft erworbenen Einfichten, fondern
eine fremde Gewalt leitete ihn. Geine Tugend wäre
erzmungen und unbelobnbar. |
4) Gott fann nicht dann, Wann der M. fündigen will,
demfelben den Beiftand der Natur verfagen und ihm
die zur Vollziehung nothwendigen Kräfte rauben. —
Denn dadurch würde nur die Außenthat, nicht aber
die Sünde im Innern der Seele — der böfe Wille
verhütet. Ueberdieß erforderte dieſes eine ungeheure
Anzahl von Wundern. Das ift ia feine Tugend, mo
man das Dofe noch will, wenn man e8 gleich durch
Verhinderung nicht thut!
© 023
Sünde, (worn. iftd. Größe u. Straͤfl. d. —u ſchaͤtzen?)
Die Moglichkeit des M. zu fündigen ift unfchäd-
lich, indem | Be
“ a) Gott durch feine Regierung vom fiel. Söfen eine
große Menge von DBortheilen entfliehen laßt. Durch
die mweife Verbindung, worin er es geſetzt hat, muß es
zur Beförderung des Guten dienen. Aus dem Bofen
an fih — fo fern es boöfe iſt, fann freilich nichts Gu—
tes fommen,aber in fo fern e8 Mittel ift, um Schmerz
und Mifvergnügen zu erregen, kann e8 Unlaß zu pie-
lem Guten werden. Das Lebel übt 3. D. die Kräfte
des Verftandes, leiter denfelben zur Erfindung neuer
Mittel, verhilft ihm zu mancherlei Kenntniffen, ver-
breitet Borficht, Erfahrung und Klugh. unter den Mi.
und veranlaßt große Entwürfe und Unternehmungen.
Es macht ung aud) auf ung felbft aufmerffam und
erweckt zur Standhaftigf. u. Selbftbeherefihung, u. ſ. w.
b) Gott machte theils Anftalten durch Jeſus Chriftus,
welche den durch die Sünde angerichteten Schaden reichl.
vergüten, theilg gab er dem M. viele — bewährte Mittel,
umnicht feine Sreibeit zu mißbrauchen u. allen Veran
laffungen zur Sünde zu entgehen. Es ift genug, daß
Gott den M. vor der Sünde warnt, damit unange-
nehme Folgen verbindet und Drittel anbieter, der
Macht der Sünde zu fieuren und zu wehren, bis der
Leib ſtirbt. |
IV. Wornad ift das Maaf der Strafbarf. ei-
ner Sünde zu beffimmen?
ı) Es fonımt dabei allein.auf den Gemüthszufland deg
Suͤnders, auf feine Kenniniffe und Kräfte, auf die
DBefchaffenheit der zu- oder abrathenden Gründe, der
Gelegenh. zur Sünde oder deg Mangels derfelben u.
auf die Achtung oder Nichtachfung an, die der Sün-
der dabei genen dag Gefeß an den Tag legt.
a) Ge eine beffere und richfigere Koenntniß iemand von
Gottes oder obrigf. Vorſchriften hat, ie deutlicher und
volftändiger er den Sinn und die Berbindlichk. der-
felben einficht, oder ie feichter er fich das alles hätte
verfchaffen koͤnnen, deſto ftrafbarer iſt die Uebertretung,
Lue Fr
b) Je mehr der Sünder Kräfte bat, ie mehr er Ber:
fand befigt, ie mehr diefer Durch guten Unterricht und
eine vorsreffliche Erziehung ausgebildet worden iſt; ie
durch viele vorhandene Beweggründe zur Tugend, durch
Die genoffene gute Erz. und durch vorleuchtende Bei—
ſpiele der Rechtfchaffenheit gebildefen Willens feyn
follte; desto fchwerer fündige jemand, wenn er dem ale
Ien entgegen handelt, IIPetr. 2, 21. —
ec) Je mehr Gründe vorhanden find, das Boͤſe zu unter»
laffen und dag Gute zu thun, defto großer ift die
Sünde. Dazu gehört: aa) wenn man einfehen konnte,
daß die zu erfüllende Pflicht an fich groß und wichtig
und zur Erreichung hoͤchſt wichtiger Endzwecke unent—
behrlich, auch die Verbindlichkeit. dazu ſtark iſt, daß fie
vor andern einen Vorzug hat, und eine höhere wich-
figere Pflicht iſt, daß die entgegengefeßte Handl. der»
ſelben gang miderfpricht und zugleich die Erfüllung
mehrerer andern unmoglich macht; — bb) wenn man
dabei die aus der Lebertretung entfpringenden großen
and ausgedreiteten Folgen, einen fehr wichtigen Scha—
den, welcher auf viele fehr nachtheilig wurkt, fehr
lange anhält und fihmwer, wo nicht gar unmoglid) fich
ee läßt, vorausfahe, oder voraugfehen Fonnte und
beabfichtete. Se mehr man in feiner Lage Antrieb
hatte, der Pflicht getreu zu bleiben, defto ſchwerer ift
die Sünde, Matth. 11, 24; Soh. 19, 11; 1 Zim.
Sr 8. |
d) Se mehr e8 an Reis und Gelegenh. zu einer Sünde
fehlte, te mehr die Gelegenh. dazu gefucht, oder gar
aufgedrungen wurde, ie mehr man dabei Hinderniffe
fand, die erft mit angeftrengter Mühe aus dem Wege
gefchafft werden mußten, um das boͤſe Vorhaben aus»
zuführen, deſto großer ift die Verfchuldung. F
e) Je mehr man Zeit hatte, alles wohl zu überlegen; te
leichter alfo die Uebereilung und Nachläßigfeit zu vers
huͤten war, ie länger man vor der Ausf. den bofen
Vorſatz faßte, und mit mehr Ueberlegung und Beharr-
lichkeit man ihn ausführre, defto großer ift die Vers
fhuldung. Je mehr man die Sittengefeße nicht geach—
tet hat, um defto ſchwerer und unverzeihlicher iſt auch
die Sünde.
Da diefe Umftände bei jedem Di. verfchieden find, da
fie fein M. bei andern mit Gewißheit beftimmen kann:
fo dürfen wir nicht fo zuverläßig im BREMEN. der
uͤn—
©. ee
Si uͤnde, wornach iſt die Straͤfl. der — abzumeſſen ?)
Sünden Anderer ung halten. Blog Gott, der bie
Neigungen — alle äußere Umſtſt. und deren Lage —,
die Beſcha enh. ihrer Einſichten und Kraͤfte, ihres
Kampfs u ihrer Nachläßigf. kennt, kann untruͤglich dar—
uͤber urtheilen. Wir muͤſſen daher ſchonend im Urs
theil ſeyn.
2) Auch der iſt vor Goft ein Sünder, welcher nur eis
nem einzigen Geſetze Gottes, welches er fennt oder wiſ—
fen follte, zuwider begehrt oder handelt. Go aud)
der, welchem nur eine Neigung oder Handl. fehlt,
die Gottes Vorſchriften von ihm verlangt, Jac. 2,
10. II. Nicht blog das iſt Sünde ‚und Laſter, was
grobe fichtbare Solgen hat.
‚3) Nach I. a big e ift vor Gott die Unterlaſſungs ſuͤnde
des einen M. viel ſchaͤndlicher u. ſtrafbarer als die —
ſogar grobe Begehungsſuͤnde eines andern. Die blos
innere Suͤnde des einen iſt oft ſtrafbarer als die
aͤußeren — groben Verbrechen des Andern, Luc. 12, 47.
48; Matth. 25, 31 bis Ende
4) Huch) Die linmwiffenheit8- und Schwachheitsfüinden
find wahre Sünden; es find freiwillige Handl., wenn
gleich feine freiwiffige Uebertretunam. Kann auch der⸗
ienige, welc in aus Unwiſſenheit fündige, nicht anders
handeln, fo bat er doc) nicht gethan, was er thun
ſollte. Er bat noch nicht die Kraft — die Sünde zu
vermeiden, errungen, melche er doch erringen Eonnte
und ſollte. Jede Unmiffenheitsfünde iſt auch ein Feh—
ler u. eine De Teorgmenf: ‚die ebenfalls ihre fchlimme
Solgen bat.
Relssehrer würten gegen tie Günte gleichgültig machen — fie würz
den veraniaffen, daß fih die M. für beifer hielten, als fie
wuͤrklich find, fie wärden Leichtſinn befürdern und die Entfchuls
digung roch mehr vermehren; daß eine Unwiſſenheits- und
Ehwachheitsfünde nicht viel zu bedeuten habe — wern fie
fagten: daß Unwiſſenheits- und Schwachkeitsfünden Eeine Suͤn⸗
ben waren. Des Örgentheil zu lehren, made nicht muthlos
u. aͤngſtlich, denn wer weiß nicht, daB derienige, weicher ernſtl.
alles Boͤſe beſtmoͤglichſt meidet, wenn cr auch einmal aus
ei wachh. fehte, ſich Gottes Wohlgeſallens und der Gluͤckſeligk.
getröften Fönne? Nur muB die Sünde nicht im DE. herrſchen.
Er darf dad Boͤſe nicht —— thun. — Hiernach if Cana
nabich s Kritik x, a A. S. 196. 197 zu berichtigen,
Chriſit. Sl. Zebre fd, Canzelgebr. 3Th. >)
aan N
Sünde, bmapnungsgränbe: vor der —)
V. Gründe, nicht zu fündigen. |
— Billig muß folgendes den M. abhalten vom Suͤn⸗
gen; |
ı) Die Sünde mißfaͤllt Gott. Sie macht ia den M.
boͤſe, folglich ungluͤcklich, ſie muß ihn alſo um das
Bewußtſeyn bringen, ſich des göttl. Wohlgefallens
d. i. der goͤtth. Billigung freuen zu fonnen.
2) Die Vernachlaͤßigung der goͤttl. Gefege ift ein fiches
res Zeichen der Gleichguͤltigk. gegen Gottes Wohlge—
fallen. Denn man uͤbertritt abſichtlich ſeine Borfihrif-
ten. Man fchäsgt feine Wohlthaten geringe, iſt dage-
gen Falt und undanfbar. Deshalb betrachtet die heil.
Schrift die Sünde als eine Entfernung und Ent-
fremdung von Gott, als Undanfbarfeit,
Mißbrauch der göttl. Gute, Haß u. Feinde
ſchaft gegen Gott, als einen ird. Sinn (im Ge—
genſatz des il und des Öottähnlichen), Rom.
2,458, 7.1305. 2, 15217; ISot. E 15-18, ©1.
59, 2; Phil. 3, 19; ac. 3, 15. Wäre Sünde nichts
anders als Vernachläßigung unbedeutender Gebräuche,
over Uebertretung folcher willkuͤhrl. Gefeße, deren Er—
füllung eben fo wenig Die menfehl. Wohlfahrt vers
mehrt, als ihre Verlegung fie vermindert: dann möchte
Gleichgältigkeit gegen die Suͤnde und Sorgloſigk. in
Abſicht ihrer Vermeidung zu verzeihen ſeyn. Aber
Suͤndigen heißt: die Wohlfahrt der menfchl. Ge—
fellfchaft, deren Glied auch der Sünder iſt, ſchwaͤchen.
E8 heißt: Empfindungen und Neigungen hegen, Re—
den und Ihaten aͤußern und verrichten, welche Miß—
vergnügen und Elend in Gottes Welt mittel- oder
unmittelbar anrichten — die vaterlichen Abfichten der
ewigen Welsheit uͤbertreten und ihre gnaͤdigen Zwecke
vereiteln. Zugleich iſt Sünde der ſchwaͤrzeſte Undank
und als Ungeporfam eine abfiheuliche Zreulofigfeit.
Was ift mehr Mißbrauch der von Gott gegebenen
Kräfte als die Eünde? Wir begehen ia iede durch
die Kräfte und Glieder, welche Gottes Eigenthum find,
IRor. 6, 19.
3) Jede — Auf: rlich oder innerlich begangene Suͤnde,
fe” fie eine Begehungs— oder Unterlaſſungsſuͤnde,
werde fie vorſaͤtzlich oder unvorſaͤtzlich begangen, iſt —
©. | 243
Sünde, (Abmahnungsgründe vor der —).
etwas-fehr unsernänftigg — iſt Entehrt ing: unſerer
ſelbſt und Herabwuͤrdigung bis zum Thier. Der Suͤn⸗
der fühlt es offenbar, daß er nicht iſt, was er ſeyn
ſoll, daß er in ſeinem Thun mehr den Thieren gleicht,
die nac h Trieben ohne Widerſtand handeln, und weder
die Wuͤrde der menſchl. Natur behauptet, noch der
Aehnlichk. mie Gott, der er fich immer nahern ſollte,
nachfirebt, daß er die — ihm zu beifeen Zwecken Ders
lichenen Kräfte ſchaͤndlich Semiebrane bat. Wo ge⸗
ſuͤndigt wird, da folgt man thieriſch der Be egierde vor
der Vernunft, da RE man fich unter die Würde
eines vernünftigen — zur Freiheit und Tugend be—
ſtimmten Geſchöpfs.
4) Der Sünder iſt und wird durch Die Sinde elend,
er fchader ſich ſelbſt dadurch ganz außerordentlich.
Sede Sünde, von welcher Art fie auch if, iſt alle—
mal mit unaugbleisl. Schaden : serbiimden; ft i Bu
Störung unſers wahren Wohlſeyns, Soruͤchw. 13, 2
14.34; Sec. 1, 15. Auch ohne Küdfihe auf De
außeroro. — befonder ru Strafen, die Gott nach
f. Weish. über die Sünder einft beſtimmt haben mag,
find ſchon für den vernünftigen — fein eigenes Wohl
liedeuden M., die natuͤrl. Folgen der Suͤ ‚de Außerjt
abfihrecfend. Jede Entfernung v. der Tusend, die
wahres Beduͤrfniß für unfere geiftige Natur iſt, macht
unſern Zufland unvollfommener, fegt ung zuruͤck auf
dem Wege unferer —— und hat auf dieſe
Art ewige Folgen für uns. Der Laſterhafte, oder
der, welchem bofe Neigungen und ont zur Gewohn⸗
heit werden, untergräbt vollig dag Gluͤck ſeiner Seele,
Bau Die natürl. Solgen der Sünde, macht ſich für
He Glücfeligf. unfahig, und bereitet fich feibft feine
Sölke. — Mäher;
a) Dem Sünder fehlt eg an innerer Zufrieden:
beit und Ruhe. Wie kann derienige, weicher ſich
nur durch blinde Triebe leiten laßt, ohne ©. feiner Ber:
nunft. Gebrauch zu machen und fich durch ſie auf eis
nen bleibenden Zweck feines Dafeyas hinweiſen zu laſ—
fen, zufrieden feyn?! Bf. 32, 9. Mit den Begierden
find fürmifche Unruhen, mit einander ftreitende Bes
wegungen, Sorgen, Befirebungen, Zweifel, Vorwuͤr—
fe, Fuͤrcht zc. verbunden, Die Die Seele erſchuͤttern,
22
Ba. | ©. |
Sünde, (Hbmahnungsgründe vor der —).
fie wild u. braufend bieber u. dorthin treiben u. Keine
Ruhe finden laſſen. Zur Gluͤckſeligkeit d. h. inneren
Nuhe ge hört eine innere Ordnung des Gemuͤths und
ein tugendhafter Sinn Diefen Zuft. Fann die Sünde
nicht geben. Der Sünder, wäre er auch mit feinen
äußern Umſtſt. zufrieoen, genöffe er auch manches Ver—
gnügen: fo Fann er doch nie fagen: ich bin mie meie
nem Verhalten zufrieden, ich habe ein ruhiges Gemif-
fen und eine —— Hoffnung zu Gott. Dieſes in—
nere Mipverhältniß peinigt ihn ſelbſt und feine ‚innere
— SH alle Vergnuͤgungen ſeiner aͤußern
Lage.
b) Es iſt ein trauriges Geſchaͤfte, feinen morali 'fchen
Sinn und die fich “wider Willen auftringende beffere
Einſichten zu unferdrücen, im Widerſpruche mit fich
felbft und in beftaudiger DBerwirrung zu leben und bei
der täglich wachfenden Macht der Begierde niemals
zum Genuffe feiner ſelbſt zu gelangen. Wie kann ie-
mand glücklich feyn, welcher entweder Unwiſſenheit u.
Irrthum in den wichtigften Gegenftänden der Erf. bei
fich unterhält, oder Degierden, die feine Bernunft miß—
billigt, in fich berifchen laßt? Es iſt ta in feinem In—
neren ein fleter Widerftreit. Er thut immer, was er
nach der. beffern Einſicht nicht will. Vern. und Sinn»
lichkeit ift ja in fferem Kaͤmpfe begriffen und die er-
ftere liegt immer unter. Er fühle eg, daß er nicht if,
was er feyn fol.
c) Das innere Selbſt ibewußtfeyn macht ungluͤcklich. Der
Suͤnder fuͤhlt es, baß er als ein Unterthan im Reiche
Gottes dem Willen feines Oberherrn widerſtrebt bat,
fein Schuldner (Luc. 13, 4) geworden, der vollfirechen-
den Gewalt des Geſetzes unferworfen, (Rom. 3, 19)
und der Strafe ſchuldig iſt EEzh liert
nun ſeine Wuͤrde als ein vernuͤnftiges Weſen, wird
dadurch Gott mißfällig und f. Guͤte unwuͤrdig.
d) Der Sünder lebt in ſteter Furcht. Denn Sünde
ift ein Gegenſtand des goͤttl. Mißfaͤllens, unfere ganze
Wohlfahrt haͤngt 7— an dem Urtheil Gottes uͤber
uns. Deshalb iſt bange Furcht vor Gottes Unwillen
die Begleiterin von allem Sittlichboͤſen, IMoſ. 3, 10;
Ef. 48, 22; Matth. 10, 28; ac. 2, 19. Der Schul:
dige ficht, da er vergeblich den Ged. an Gott zu ver-
©. 245
Sünde, (Abmahnungsgründe vor der —).
meiden fucht, mit Schrecken feinen Abſtand von „Gott,
ſieht ſich feiner W Wohlthaten unmürdig und muß uber
fich felbft das Berdammungsurtheil ausfprechen und in
banser Erwartung ber firafenden Gerechfigfeit leben,
Sef. 48, 22. Sobald er bedenkt, daß die Gittenge-
fege allgemein und unveränderlich find; das mer fie
Übertritt, auch die auf die Uebertretung geſetzte Strafe
erfragen muß, und daß ein heiliger Gefeßgeber und
Rechter über ihre Beob. wacht, fo kann er feine Ber-
ſchuldung nicht vor Gott verbergen, Rom. I, 29-32
6, 21. Der Gedanke an die ihn ftrafende Zufunft fi
disha ſtets beunruhigend.
e) Aus der Sünde ſelbſt entſpringen mancherlei Uebel,
die den Leib, oder den aͤußern Zuſtan id, oder auch wol
die Seele ſelbſt betreffen. Oft HE der Erfolg gegen
die Boffteng, die fruchtloſen Beftrebungen erwecken
Unmuth. Die befriedigte Begierde gewährt entweder
dag nicht, maß fe verfprach, oder lohnt mit fättigen-
dem Ecfel, mit bitkerer Reue, oder Krankheit, z. D-
nach der Unmäßigfeit und Wollufi. Es entwickeln ſich
nach der Sünde die Gefühle der Schaam, Traurigf.,
Verachtung feiner felbft u. der peintgenden Solgen der
Zufunft. Das bofe Gewiffen erwacht u. eg äußert fich durch
Aißmuth, Unruhe und Aengſtlichkeit, ob 3,021;
Es Weish. 7, 10:13; Spt. 2%, 1. €8 hält
ihm die muchwillige Verachtung gottl. Vorſchriften,
die Schaͤndlichk. feines Verhaltens, die gerschten Stra-
fen de8 heiligen Nichkers und die Mißbilligung aller
Nechtfihaffenen vor. So pyeinigend ibm diefe Gelbft-
verdammung tft: fo Faun er es fich doch nicht verhee—
len, daß er felbft an dem Allem ſchuld fey. — Genau
fiehn diefe Folgen der Sünde mit dent Grade derfelben
im VBerhaltniß, Nom. 6, 20-23; Eyr. 21, 4. Ge
mehr der SR. fündigt, defto unfaͤhiger wird er zu Ges
fchäften.
5) Wie fieblos und ungerecht ift eg, durch Suͤnde den
Mitmenſchen iedesmal zu ſchaden! Denn iede Suͤnde
iſt der menſchl. Geſellſchaft nachtheilig. (S. chriſtl.
Moral f.d. Canzelgebr. Vr 2. ıfle Abth. ©.
3707372.) Sobald die herefchend gewordene Ginnlichk.
es gebeut, macht ſich der Liebloſe kein Bedenken, feinen
Mitmenſchen — Gottes Gefesen zuwider — an den
246 \ N
Sünde, (Abmahnungsgründe vor der —).
Gütern feiner Seele, feines Leibes, feiner Ehre u. des
ird. Gluͤcks zu beſchaͤdigen, Jac. 3, 13; Galat. 5, 13.
Su M—Ffeindfchaft loſſen ſich viele Sünden aufz Rem.
= 10. Dem Sünder ift dag Wohl feiner Mitmen—
fchen gleichgültig.
Offenbar ift alfo die Sünde das Berächtlichfte, Ab-
fcheulichfte und Entfeglichfte. Wo ift wohl eine Sün-
de, Die nicht dem Suͤnder felbft an feinem geiftigen
Wodhl, und wo nicht ibm, gewiß doch andern M. an
ihrem geiftigen und an ihrem leibl. Wohl fchadete?
Was iſt mehr dee menfchl. Natur und firtl. Beftim-
mung des M. zumider, als die Suͤnde? Was fann
weniger mit dem hoͤchſten Zweck der Vernunft, dag
hoͤchſte Gut — Tug. und Gluͤckſeligk. moͤglichſt zu be—
foͤrdern, beſtehen? — Da der M. die Folgen der
Stunde, "falls fie fih auch nicht fogleich einftellten,
nac) feiner Vernunft doc) erfennen und vorausſehen
kann: fo ift das alles Hinlanglich ung zu der Pflicht
zu beleben:
„nicht zu fündigen,“
und alle Uebungen deshalb anzuftellen, Die Kenntn.
von genauen Zufammenhang der Tugend mit Glüc-
feligkeit, des Kaflerg mit Elend, freibe ung an, unfer
Herz ganz der Tugend gu widmen, iede herrfchende
eg: sum Boͤſen zu vertilgen, damit daraus keine
ſuͤndl. Fertigkeiten entſtehen. Denn |
A. NL Sm ‚licht. zerrüftet mit Allgewalt ganz
die menſchl. Natur, wenn fie eine unumfehränfte Herr—
ſchaft über sen ganzen M. ausuͤbt. Sie zerftört aufs
fuͤrchterlichſte alle menfchl: Gluͤckſeligk. und ift die Duelle
aller Lafer. — Die edelften — vortrefflichſten Anla—
gen der menſchl. Natur befommen durch fie fruͤh ſchon
eine ve rkehrte Richtung, oder werden oft ganz durch
fie erſtickt. Der ung tief ins Herz serflanzte Selbſt—
erhaltungstrieb artet oft in tneingefihranfte Gelbft-
fucht, in Hab- und Rachſucht; die allen Menfchen
natürl. Selbftliebe in die engberzigfte Eigenliebe, im
— ———— Stolz und unbiegſamen Starrſinn aus.
Von Sinnlichk. gemißleitet flieht der noch ungebildete |
M. gerne iede Anſtrengung, wird oft don Traͤgheit
beherrſcht, und uͤberlaͤßt ſich oft der Unmaͤßigkeit in
Befriedigung ſeiner thieriſchen Triebe.
/
S. 247
Sünde wider den h. Geiſt.
N
Sitern müffen daher billig sie Herrſchaft der Sinnlichbeit frühe im
iugendliben Herzen fihwächen uns dur Hinweiſen auf Pie
zerſtoͤrenden Würkungen ——— das Nachdenken fruͤhe ſchon
reitzen.
B. Je laͤnger man in Suͤnden — deſto ſchwerer
kann man ſich von denſelben losmachen. Endlich feſ—
ſeln fie ung ganz, fo daß uns weder Muth noch Kraft
zur Beſſerung uͤbrig bleibt. Zuletzt zeigen ſich gewß
die traurigen Folgen der Suͤnde in den truͤben Aus—
ſichten in die 3: ıEunft diefes Lebens fomohl als in
Abſicht des Fünftigen. Wer nichts Gutes gefhan
bat, muß vor dem Alter eben fo fehr als vor dem
Tode zittern.
C. Wer im Sündigen fortfährt und zwar ohne daß er
von Andern genau bemerkt wird, fommt dahin, daf
er glaubt, Feiner Befferung zu bedürfen, oder er wird
ficher; denn weil er ſieht, daß das Boͤſe, weil e8
nicht gleich üble Folgen bat, auch wohl in der Zu—
kunft keine haben werde, und er die etwanigen Vor—
wuͤrfe feines Gem. durch Zerſtreuungen zu ſchwaͤchen
ſucht, geraͤth er in dieſen gefahrl. Zuſtand, mo er die
Gefahren nicht bemerkt, die feiner warten. Der Tod
überfallt ihn unvermuthet und die Vorboten deffelben
benehmen ihm die Möglichkeit, daß er fich beſſere.
Wer erft ſchuͤchtern fündigt, fündige nachher mit Ver—
gnuͤgen, und bei langer Gewohnheit begeht man eine
Suͤnde mit Luſt, wobei man anfanglich zitterte.
Bol. G Fr. Goͤtz Auszz. aus d. Predd. Über d. chriſtl. GL. und
Sittenl. 2te * Ars 1X,: © 422472. ie Lehre von der
Suͤnde;“ Nr. X, © 47: „tie traurigen Folgen per
Sünde." — |
Sünde wider den heil. Geift (richtiger: Die
böhfte Sünde, nämlich zur Zeit der
Apoftel) Matıth. 12, 24-5325 Marc. 3, 22>
38; Auc. 12, 10>125-1Köraıı, 29; Ebr. 6,
#85 12.160,77.
Berge. Lei Handb. d. riftl. Nel, Theorie, ©. 31625215 Rein⸗
Hard’s Vorleſſ. üb. d. Dogm. ©,316: 215 Döverlein?’ß
_ inft, Th, Chsift. T. I. ©. 116f, obs. 45 deffelben Rel.⸗
Untere. IXr Th. ©, 281584
248 m ©.
Bünde wider den h. Geift, (3verfh: Mein.ub.d.)
&3 gehbet diefe Unterſuchung Eeinesweges in den eigentl, Rel,s
Unterricht. Es ift eine cafuifiifche Aufgabe. Faͤnde fi
aber jemand, weicher ſich einen Skrupel machte, eine-Günde
Wider den heil, Geift begangen zu haben, fo könnte man
ihn wohl allein darüber belehren, oder auch bei: Erklärung
de3 Evangeliums jagen, daß die Pharifier ſich dieſer Suͤnde
ſchuldig gemacht haben, und daß dieſe Suͤnde ganz befondere
Umſtaͤnde vorausfest, die jest nicht mehr eintreten,
Sie war nämlich zu den Zeiten Jeſu u. d. Apoſtel entweder
wr
die boshafte Berwerfung der Wunder Jeſu Ehrifti v. den Ju:
den, befonders v. ben Phariſaͤern gegen ihre Ueberzeusung und
ihre boshafte Läfterung derfeiben, indem fie Jeſus Chrifius da—
bei eines Buͤndniſſes mit dem Teufel beſchuldigten. 9° Dder
fie war die vorfügliche Erdichtung der Juden, daß die Geiſtes⸗
£raft, nach) welcher Jeſus handelte, d. 5. der innerſte Grund
feines Wollen und Wuͤrkens von einer böfen d. i. Öptteswiz
drigen Art ſey. **) Oder fie war die Läfterung ber moralis
fihen Mel, wider-die eigene Ueberz egu Die Redensart
— — — — —
— — —,——— nn — —
*) Sp erklaͤrt dieſe Suͤnde Herr Reinhard a. a. O. S.
316. Dr. J. J. Stolz in feinen Erlautt. „zn. Teſt.
18 Heft. ©. 755 allein in der Ueberſ. des n. T. 3te U.
ift es gegeben: die Lafterung des goͤttl. Geiftes
ift unverzeiblih, und Dr. unge in Doͤderleins Rel.⸗
Unterr. Th. IX. ©. 281 f. ie
=) So — Paulus im 2ten Th. f. Komment. üb. d. n.
Tefi. © 104. „Die wiffentl. Verdrehung des aneifann--
„ten Guten, welcke die befte Duelle von Handlungen ale
„die boͤſeſte und Gottwidrigſte abſichtlich mißdeutet, verkehrt
„die innerſte Geſinnung eines ſolchen Suͤnders. Er iſt
„eines andern überzeugt und willnidt über:
„zeugt ſeyn, daß das, was der andere unternimmt, aus
‚einem rein guten und gottgefaligen Zweck unternommen
„ſey. Er haßt das Gute, grade weil es gut
if’ m f. w.
”) So — J. €, Chi. Schmidt in d. Bibl. f. Krit,
u. Ereg. des n. Tef. Th. 1. ©. 579 und in f. Lehrb.
d. Dogm. ©. 139. 140. Daſelbſt fchreibt er! „Es be:
„ſtrafte Jeſus nicht blos die Zweifel an feiner göttlichen
„Wunderfraft, denn alsdann ware Fein Schluß von den
„Reden auf die Gedanken nöthig geweſen- da die Pharif.
plaut genug ihre Zweifel gefagt hatten. Offenbar bat er
„alfo an ihnen etwas befiraft, was fie night mit Worten
&: 249
Sünde wider den h. Geiſt.
J
„ie Sünde kann nicht dem M. vergeben werden,
weder in diefer noch in jener Welt’ heißt nicht fo
viel, als fie ift unverbefferlich, ces kaun Feine Sünde geben, die
‚alle Beil. ausichlöffe) fondern in der Sprache der innigfien Be;
truͤbniß fo viel, als: fie if ein fehr — Der:
brechen.
Nadı der erfiem Erkl. Tann iest nicht mehr dieſe Sünse begangen
€
>
9
werden. Denn dnsienige, was Jeſus Sünde wider den
h. Geift neunt, hängt fo fehr mit den damaligen Umſtſt. zu=
fammen, daß es unmoͤglich weiter vorkommen kann. Wer dieſe
Suͤnde iest begehen ſollte, müßte noch Fein Bekenner Jeſu
jeyn; er müßte. Jeſu Wunder mit anfehben; müßte ſich dem
Gedanken, Sefus möchte ver Meff. ſeyn, fich widerfegen; er
müste Jeſum und jene Wunder oͤffentlich laͤſtern; er müßte
ungebeffert bleiben und der Leberz. von ter Wahrh. fein Herz
für immer verichließen, _ Weil aber die mehreſten von diejen
Umſiſt. nicht mehr fiatt finden, fo kann aus), diefe Sünde nicht
mehr vorkommen.
Fann allerdings Suͤnden anderer Art geben, die nicht ——
werden, 3.8. iede Suͤnde, die man nicht bereuet, ableget und
verbeſſert. In Ruͤckſicht des Erfolgs find viele Sünden der
Sünde wider den 9. Geiſt völlig ähnlich. Rel.⸗Lehrer
muͤſſen hieran vie fichern Günter erinnern, welche glauben, daB
e8 , fo lange fie die Sünde wider ven h. Geiſt nicht begangen
hätten, noch immer gut mit ihnen fünde. Folgende Sünden
Shaben mit der Sünde wider den h. Geiſt viele Achn:
lichkeit: 1) Jeder Gemüthszuftand, Wobei der Suͤnder den
ordentl. Befferungsmittein ſo große Hindern, entgegen fest, daß
fie an ihm ganz unfräftig werden, z. B. den Zuſtand der Vers
hartung, desgleichen .dieienige vollig verderbte Gefinnung, da
man das Gute um ſein ſelbſt willen haſſet, oder den allg. Vor:
tes hat, böfe zu bandein und daS anerkannte Gute haäaßt.
Diefe Sinde nennt Johannes Br. 5, ı) die Sünde
zum Tode, eine ne Sie if teufeliſch
und wenige M. find derieiten faͤhig. Val, hriftl. Moral
- rd. Eanzelgeer. zten Th, ıfle Abth. ©. 348. Da ei⸗
niae M. dazu Neigung haben Eönnten, fo ift eine Warnung
vor derjelben im Allgem. nicht uͤberfluͤßig. Erbitterte — robe
Seelen koͤnnen wohl diefer Sünde fähig feyn. — Man Fann
iedoch ſolchen Menſchen nicht alle Hoffn. d. Befferung und
„geſagt hatten, was ſich nur aus ihren Worten u. Zwei—⸗
„fein an der goͤttl. Wunderfraft errathen ließ; und dieß |
„kann nichts Anderes geweſen feyn, als der Vorſatz, der
„moralifhen Reform, die Jeſus zubereitete, OH zu
„treten.“
we
2 5 OÖ \ S. u .
Taufe, (Abſichten bei deee
dann der Vergebung abſprechen — 2) Der muthwillige Abfall
von der einmal als wahr und wohlthaͤtig anerkannten Rel.,
Ebr. 6, 295 10, 26, oder auch die gefliffentiihe u. entichlofjene
Berlängnung einer folchen: Religion. 3) Die Läfterung und
gefliſſentliche Berwerfung aller Rel. und Aller Prüfung und
aller Bewesaründe derielben oder der trotzige Widerfiand gegen
alle Mittel der Ueberzeugung, oder dieienige Hartnädigkeit, wo
ſelbſt der Gedanke an Gott das fittl. Gefühl der Suͤnder nicht
mehr vom Boͤſen adfchreien kann. Eine ſolche Gemuͤthslage
macht alle, Belehrung — Be. — und alfo alle Vergebung
unmödglid). * £ Rn
Vergl. Wefipfals Predd. üb. d. Evang, ITEM, Nr. 14. ©. 197:
208: „Warnung wider die Verſtockung bei deutlicher Ueber—
zenaung.. | 2.
©. Dr. 1. S. Semleri Diff. de peccato in Spirit. S. Halae
1768. 4.5 ©. ©. Rölter daß die Lehre v. dv. Suͤnde wider
den h. Geift blos ein Mißverfiändniß d. h. Schrift fey; Sau⸗
rin's Predd. a, d. Tr, von Roſenberg. ır Th. 8p5.1744,
Ir, 6. 7. © 233 ff. und 271 f.: von der Natur u, Strafe
der Sünde wider den h. Seit; I. & Gilberfhlag’s Pre
v. d. Sünde wider den h. Geiſt. Berl, 1777. 8. | —
Bol, chriſtl. Moral f. d. Canzelgebr. IIIr B. d. Art. Jeſus
II. A. ©. 593. „Aergerniß an Jeſu.“ — Noch bitte
ich zu vergl. C. L Nitzsch de peccato homini ca-
vendo, quanguaminhominem non cadente,
ad illuftr. feript. locos de peccateirremifli-
bili, Viteb. 180,4. 38% —— |
2,
Taufe, (Math. 28, 19.)
Berge. Döderlein’s inft, Th. chr. T. TI. 5. 34632. ©. 748:
731; Mori Comm, exeg. hift. T. Ik p. 490:546;
Stäudlin’s Dogm, und Dogmengefh. ar Th. S. 155. ©.
9582985 Cannabich's Kritik, 2te A. ©, 124 f.; Bez
trachtungen üb. die eigenthbüml. Glaubensl. des
Ehrifienth. ©. 438 f.
J. Zwe m. Abſichten der Taufe.
Bekanntlich ift die Taufe dieienige v. Jeſus Chris
ſtus angeordnete, alfo hriftl. Neligionshandlung, os
durch Kinder, zum Zeichen daß fie zum Defenntnif der
chriſtl. Kiel. verpflichter werden, mie Waſſer etwas be-
% " 251
Taufe, (Abfichten bei der —). |
goffen oder befprengt werden. Gie ift alfo gleichfam
eine Huldigung, wodurch Kinder oder Erwachfene zur
chriftl. Rel. übertreten und zu verfelben eingeweiht
werden. — Cie hat folgende mwefentliche Merkmale u.
Erforderniffe+ 1) das Bekenntniß der Haupf- und es
fentlichen Lehren des Chriſtenthums, vorzüglich dag
Hekenntniß Gottes des Baters, Sohnes und h. Gei—
ſtes; 2) die Berpflichkung, diefem Bekenntniſſe gemäß
zu leben, Nom. 6, 3 f.; IPetr. 3, 215 3) das Be:
gießen oder Befprengen mit Waffer, alg ein Zeichen
der verſprochenen Herzensreinigung und als ein Zeichen
der Annahme des geleifteten Gelübdeg von Seiten des
Taͤuflings und Gottes. Dffenbar bildet die T. die
Dicht ab, ſich von den Befledungen der Sünde zu
reinigen, Denn Taufen bedeute abwafchen, 3.2.
Mare. 7, 8; Joh: 3, 15. | Ä
Die Taufe Hat alfo zur Abſicht:
1) Sie fol zum Zeichen v. der Aufnahme und Eins
weihung eines Menfchen in das rifil. Gottesreich d.
i. in die chriſtl. Mel.: Gefelfihaft dienen; 2) fie fol
dem Taͤufling die Verpflichtung auf die Lehre Jeſu u.
nach den Vorſchriften der chriſtl. Sittenlehre ein reis
nes — unbefleeftes Gemwiffen zu erhalten und zu be-
wahren auferlegen, IPetr. 3, 21. — 3) Sie fol dem
T. die Wohlthaten des Khriftentbum zuſichern. —
4) Der Täufling fol fich auch anheifchig machen, der
ganzen Geſellſchaft, melche die chriftl. Rel. befennt,
mit der zaͤrlichſten Liebe zugethan zu feyn, und zu blei—
ben; wie nur Eine dhrifil. Taufe fey, fo follten
fi) auch alle Ehriften alg Eine Kirche betrachten,
Eph. 4, 3:6.— Ehriftus verordnete dieß finnl. Zeichen
für die, die fich in die chriftl. Kirche begeben oder fich
zur Zahl derer, die Gott auf eine geiflige und vern.
Art verehren u. Jeſum für ihren Herrn u. Lehrer erfennen
n. ehren wollten, rechnen, Matth. 28, 19. 20; Marc.
16, 15. 16. Durch die Taufe fol der Täufling zum
Bekenntniß, zum Glauben und Berehrung
Des einzig wahren Gottes, welder fih als
Bater, Sohn und Geiſt geoffenb., und wie
ihn ung Jeſus befaunt gemacht hat, vder
zur Religion des Vaters —— Geifteg, d. h. zur
Rel., die uns Gott als den allgem. Vater aller WM.
252 | =
Taufe, (Erkl. der Taufformel.) ———
erkennen lehrt, die durch Jeſus — ben Sohn Got⸗
tes, bekannt gemacht und durch den h. Geiſt beſtaͤtgt
und ausgebreitet worde Bl aufs — ——
werden.
Matth. 28, 19 heist: verpflichtet die M. surch die Taufe zum Staus
ben an ven Bater — — Geiſt, over zum Bekenntniß oder zur Vers
ehrung des Vaters — — Geiſtes. Auf Jemandes Kamen
einen M. taufen, Heißt den Getauften auf eiwas verpflichten
und verbinden, daß er die Lehre deſſen mit Mund und That
annehine u. befolge, auf welchen er getauft wird. Der Taͤuf⸗
iS erklaͤrt ſich alfo durch die erhaltene Zaufe, daß, da er zur
Rel.⸗Lehre und Seſellſch. Jeſu Chriſti fi) habe einweihen lafs
A er fih den Anhängern Jeſu Veigefellen u. die eigenthämlichen.
Pflichten überneliinen wolle, zu deren Erfüllung, diefe Perſon
ihre Anhänger verbindet, un fodann auch der Rechte u. Bor:
tyeile feiner Anhänger theilhaftig zu werden. Getaufte find
alfo anzufehen als M., die fi) zum: Ehriftenthbum als einer
Mel, bekennen, die unter der befondern Mitwuͤrkung Gottes in
der Welt eingeführt, in verfelben erhalten und verbreitet wor:
ven ift. Sie — als Schüler dieſer Rel. an Gott als
ven allgem. Vater aller Menſchen, an fein in ter
Menſchh. —— vollkommenſtes Ebenbild Jeſus Chri—
ſtus, der auch fie zu der Wuͤrde der Kinder (Söhne) Gottes
erheben will, und an einen wahrhaftig apttl, Geift, welcher
in der Lehre Jeſu und durch diefeiße wuͤrkt und ung alle bez
Ieben fol, Daher nehmen fie ven Inhalt ver chriftt, Rel. mit
völliger Leberzeugung an und erfüllen ihre Forderungen. Im
Grunde ift von Matth. 28, 19 der Sinn: verpflichtet fie auf
die Rel. Jeſu von Gott als Vater, von ihm felbft als Exridier,
und einer geiftigen goͤttl. Wuͤrkſamk. zur Bell, und Begluͤckung
ver Menschen, ;
„Nach dem Sprachgebr. der Biber bedeutet der Vater allemal
„nen allein wahren Gott nad) allen feinen Eigenfchaften, Weiss
„beit, Güte, Allmacht u, f. w. zugleihd; der Sohn — den
„Menſch gewordenen Sohn Gottes Jeſum Chr., als ein vom
„Vater unterfchiedened ſelbſtſtändiges Wefen, das vom Water
„defandt, zur befiimmten Zeit auf der Erde als ein wahrhafter
„M. erichien, und Heil, Geiſt, zumeilen fubiectivifch ge:
„braucht — Gottes Geiſt — Verſtand und Kraft, die in alles
„wuͤrkt; zuweilen obiectivifch genommen, die von ihm gewuͤrk⸗
„ten geiſtl. Oasen, Kräfte, Neigungen, Geſinnungen in den
„menfcht. Seelen.” U. D. B. 8778. 136.6, 57. Versi.
Ereget. Handdb.d. dogm. Beweisft. Th. ıfte Abth.
©, 249 3258.
Beider Taufe der Fleinen Kinder, wie fie
bei ung ublich ift, ift fie mehr eine feierlihe Er-
T. | 253
Taufe, (über die Abf. der —).
klaͤrung der Eltern, in welcher Rel. der, neue
Weltbuͤrger erzogen werben foll und einellebertragung
aller damit verbundenen Rechte auf a als Mitglied
einer relisiofen Geſellſchaft. Da aber das getaufte
Kind nachher, Menn es die gehorige Erf. von ber
Wuͤrdigk. derienigen Rel., zu welcher eg eingeweiht
worden ift, erlangt, Ach ſelbſ von der Verpflicht ung,
Die angenommene Mel. zu befolgen, uͤ überzeugen kann:
fo ift die geſchehene Taufe alle di ugs DE —* chtend, die⸗
ſer Ueberz. gemaͤß zu handein. Der Get aufte muß als
folcher treu — eifrig und lebenslang Jeſu Vorſchrif⸗
ten, die in f. Lehre enthalten find, ausüben — ode
tuaendh. lebe 1 1er. 3, 21. Denn ieder, Der auf
f. Kumn,.D . 5 feine Lehre sefauft worden ft,
gehört ihm an, Gal. 3, 27°29, und. fie ſollen für die
Sünden oder, es follen Ihre Suͤnden glei ichſam begras
ben werden und fie follen für die Tugend wieder auf:
leben, Rom. 6, 3.4; Col. 2, 11. Der Taͤufling fol
feinen Eeiſt erneuern, oder fich als umgeboren bes
trachten, Zit. 3, 5; Ebr. 10, 22,
Die Taufe fol aber auch dem Taͤufling feierlich
den Antbeil an den DBerheiffungen der Rel. und alter
Rechte und Vortheile derienigen Gefellfch., in die er
getreten iſt, als ein Mitglied derſelben, und aller
Wohlth., die wir Ehriften Sefu zu verdanfen haben,
zufichern, Seh. 3,55 Sal. 3, Tit, 3, 55 Nom.
6, 4 f. — Sie iſt auch ein finnl. Berficherungsmittel
der Vaterliebe Gottes.
Das Berfprechen, Gott als den — wahren Gott
und Vater, Jeſum u. den h. Geiſt zu verehren (nach
iener Erfl.), Jeſu Lehre in der That gemaͤß zu leben
und die — der Wohlthaten Gottes und des
Chriſtenth. wird gewoͤhnlich, aber nicht ſehr ſchicklich
und deutlich der — genannt.
Vergh Reinhard a. a. O ©. 568.
lPetr. 3, 21 heißt Bund io Viel als das vebliche Verſprechen, wels
ches iemand gibi an Gott, und Jeſu Lehre zu glauben u. Gott
zu gehorchen. Sinn: wie Noah errettet wurde im Waſſer,
ſo find wir durch das Taufwaſſer, von welchem man ienes als
ein Bid aufehen Ednnte, errettet werden, jedoch nicht in fies
fern wir bei derſelben mit Waſſer beſprenget oder dadurch, daß
wir blos getauft worden ſind, ſondern in ſo fern wir durch die
254 2,
Zaufe, (Berpflichtung zur —).
Zaufe zum Glauben und Gehorſam verpflichtet und zum Bes
Fenntniß des wahren Gottes und ver wehren Net, gebracht
worden find. Bon Zit. 3, 5:7 ift der Sinn: „nachdem Je—
ſus in die Welt gekommen, gelebt, gelehrt und die weiſeſten
Anftalten zur Berl. der M. getroffen Hat, indem er das Ehris
ſtenthum ausbreiten ließ, find auch wir durch Gottes unver>
diente Liebe errettet von Unwiſſenheit, Übers und Unglauben
und von Lafern (V. 3.) und durch die gefchebene Taufe und
den durch die Annahme des Chriſtenthums uns reichlich mitge—
ttheilten h. Seiſt andere und beſſere M. geworden, fo daB wir
nun ficher auf fein Wohlwollen rechnen, und uns eine ewige
Gluͤckſeligk. verſprechen Fünnen, Der Ausdr. „Wiedergeburt be»
zeichnet Umänvderung des M. — Beſſerung.
Die Taufe iſt auch das Befenntniß der Hofnung, zu
Jeſus und zu den Seligen in eine andere Welt zu
fommen, ISor. 15, 29. Es war Jeſu nicht um ei-
ne bloße Geremonte zu thun, wobei der M. nichts
Dachte, fondern er wollte durch die Taufe Belegen
heit geben, an dem fo feierlich angenommenen Glas
ben um fo treuer und feſter zu halten und ſich ſeiner
Rel. zu weihen.
Alle M., alle Kinder, die Chriſten ſeyn und
werden wollen, müffen getauft werden, die Geſchlechts—
verfchiedenheit macht da feinen Unterſchied; Marc. 16,
16; Gal. 3, 28. 29. Taufen fol man auch alle M.,
die Ehriften werden wollen, ohne, Unterfihied des Als
ters. Denn die Taufe ift ia die Feierlichk, wodurch
man M. unter die Zahl der Anhänger Zefa aufnehmen
fol, damit man fie in der chriftl. Rel. immer mehr u.
vollftändiger unterrichte.
Dal. Charck's geiftl. Neben, 4r Th. Nr. 3. ©.
49 ff.: „die Abf. und der Endzweck der Taufe, cin
neues Leben gu f.“ üb. Rom. 6, 3. 4; Teller’s
Mag. f. Pred. IXr 3. 28 St. ©. 61-65: „warum
werden wir getauft? was hat es für einen Zweck und
Nutzen?
II. Verbindlichk. der Neubekehrten u. der Kin—
der getauft zu werden und zur Einſtimmung der
Erwachſenen in die — in ihrer Jugend an ihnen ge—
ſchehene Taufe,
Chriſtliche Eltern handeln vernuͤnftig, wenn ſie ihre
Kinder in eine Kirche aufnehmen laſſen, in welcher ſie
ihr wahres Wohl gefunden haben, im der gegruͤnde—
®; 255
Taufe, (Berpflihtang zur —).
ten Hoffnung, daß, wenn ihre Kinder verftändig ges
worden find, fie dieſe Aufnahme mit Dank genehmigen
. werben,
1) Die Taufe iſt nothwendig, weil fie Jeſus befohlen
und alg eine Eirweihungsfeierlihf. zum Bekenntniß
f. Echte angeordnet bat, Matth. 28, 19. Sf hatte
gewiß feine meife Abfichten, warum er fir ansrdnete.
Er wollte fihb damit an den fihon unter f. Nation
vorhandenen Gebrauch anfchließen, indem fie Die zu h⸗
ver Mel. übergebenden Heiden tauffe, und ſ. Verehrer
durch dieſe Ceremonie am Bekenntniß feiner Rel. um
fo fefter halten.
2) Sie flieht aus den Begriffe v. der chriſtl. Kirche, in
‚welche man nicht ohne das Berfprechen eintreten kann,
ihren Gefesen gemäß zu handeln, welches gerade ein
roefentl. Eherafter der Taufe ift, IPetr. 3, 21.
3) Das Neußerlihe bei der Taufe ift ia zweckmaͤßig.
Weiſe ift die Wohl des Waflers zur Taufe und des
damit gleichfam gefchehenden Abwaſchens. Jenes iſt
ia faft überall zu erhalten, und ſchickt fi daher am
beiten zu der großen Allgemeinheit, mit welcher die
chriſtl. Rel. berrfchen fol. Es ift auch das Abwa—
ſchen, oder auch dasBefprengen eine anfchauliche Vor—
ftellung von dem, wozu fih der Taafling beim Usber-
tritt zum Chriſtenthum anheiſchig macht, namlıh von
der ganzlichen Neinigfeit aller Gefinnungen und deg
ganzen Lebens, vorzüglich nach der Art, wie die ©.
erſt und im Morgenlande durch völlige Untertauchung
gefchahe, Der neue Chrift wurde unters Waſſer ge—
taucht und den Augen der Welt entzogen; fo wurden
feine vorherigen Gefinnungen gleichſam begraben. Er
kam wieder aus dem Waſſer hervor ald em gereinig-
ter, als ein neuer Menſch; IIKor. 5, ı7. Nachdrück⸗
licher konnte feine offentlihe Handlung alled, was ».
einem neuen Ehriften erforderte wird und wozu er ſich
verpflichtet, vorſtellen, als dieſe. Sehr treffend und des
deutend erinnert Das Waffer an Herzengreimiguns. Die
Taufe macht alfo auch dem finnl. MR. die Verbind—
lichkeit zur Unfchuld und zur Beſſ. des Betragens an-
fhaulih, Kom. 6, 4. Sie verfinnficht ihm Die »er>
pflichtung, fih von allen Sünden zu fäubern, ven
Sünden abzuſterben, feine Geſinnung ganz zu heiligen,
'
Be | T.
Taufe, (was wuͤrkt die T. nicht?)
und gänzlich u. unverbruͤchlich Gort ergeben zu feyn.
Unter diefen Bedingungen hat erſt der Taͤufl. mit ‚Se:
ſus Chriftug eine innige und ewige Gemeinfchafe.
4) Die Taufe ift fehr nüglich und heilfam wuͤrkſam —
en für die Kinder, denn fie führe zur Annahme,
Erf. und Befolgung der chriſtl. Lehre.
Wenn das n. Teſt. ver Taufe Ap. G.2, 38; 22,16 die Kraft der Vergeb.
der Suͤnden u. Tit. 3, 5; Gal. 3, 26 die gaͤnzliche Erneuerung
des Geiſtes (Denkart) zur wahren Froͤmmigk. zuſchreibt: ſo iſt
das nicht v. der Wuͤrkung der Taufe an ſich d. h. des Waſſers
oder des Sichtbaren und Bedeutenden der Handl. zu verſtehen.
Wie koͤnnte die Taufe Vergebung der Suͤnden bewuͤrken? Denn
die Eleinen Kinder haben noch nicht gejündigt. Und wenn fie
gefüntigt hätten, wie könnte die Taufe iene bewuͤrken? Als
Wajjfer? oder als ein Wort Gottes? Das Waſſer aber hat
keinen Einfluß auf die Seele; als Wort nicht, denn wie kaun
ein bloßes Wort Vergeb. der Gänke bewuͤrken? Laͤßt ſich die
Strafe der Suͤnde durch ein Wort aufheben? Es iſt ia auch
die Vergeb. der Suͤnden keine blos willk uͤhrliche, blos v. Got—
tes Allmacht abhaͤngende Handlung. Was Bindert ihn dann,
diefe Gnade auch ohne Zaufe zu ſchenken? Es liegt ihm doch
gewiß nichts daran, daß ein M. mit Waffer begoffen oder bei
fprengt wird. Ein heilſames fittl, d. h., eindas Kind beiferndes
Mittel Cdeffen es nicht entbehren Eünnte,) kann auch die Taufe
nicht feyn, denn es weiß ia nod) gar nicht, daß es getauft wird
oder gerauft it? Der Gebrauch eines Belferungsmittels kann
blos oder an und für fich nicht Gottes Gnade und Suͤnden—
vergebung ertbeifen, denn fonft müßten die von — Erwachfenen
gebrauchten Befferungsmittel — die öffentl, Gottesv. und das
heil, Abendmahl das gewiß geben u. bewürfen, da fie yon ih—
nen verfianden werden koͤnnen. Gie bat Eeine (pPhyſiſche) leib—
liche Würkung auf die Seele, es kann aud) Feine leibl. Kraft
eine fitil. Würkung ÄAußern, Daher Eann der Ausdr. Tit. 3,
5 die Zaufe ifi ein Bad der Wiedergeb. nichts anders
beißen, als: Sie bewärft einen veränderten Zuft. der Getauf—
ten, indem Juden oder Heiden zu derienigen Net. = Gefelfchaft
übertreten, welche in ver Ref, ein Mittel zur Beſſ. und Umaͤn⸗
derung — zur Frömmigkeit darbietet. Die T. ift die Der:
pflicytung zur guten Gefinnung u. zu einem frommen Lebenss
wandel, — Bei Ununterrichteren u. Ungläubigen wuͤrket die
T. nichts. Selbſt iene Stellen (vgl. auch Marc. 1, 4) fenen
auch ausdruͤcklich die Sinnesänderung und die Anz
nahme ver Lehre Jeſu hinzu. Jene Stellen reden, wenn
fie ver T. Sündenvergebung und‘ Geiſteserneuerung beilegen,
von den Würkungen der erkannten und angenommenen Lehre
Jeſu, zu deren Bekenntniß amd ihrer fittl., den Geiſt er⸗
neuern⸗
Or
= | 257
f] ] :
Taufe, (Nutzen der —).
neuernden Anwendung der Taͤufling ſich verpflichtet, EEph.
5, 6; I%Xetr, 3, 217, desgl. v. der goͤttl. Kraft, welche die
guten Borfäge unterſtuͤzt. Delle Einfidten in der
el. und freiwillige Unterwerfung unter
-thre Borfhriften Bleiben deshalb immer die
Hauptladhe beider Taufe. Ohne dieſelbe nimmt der
Menich unwuͤrdig Theil an derſelben. Man muß deshalb
die Beil. und Sündenvergeb, nicht als leibl. Wuͤrkungen ter
Taufhandl. auſehen. —
Die Taufe bat folgenden Nutzen;
a) Sie verfichert ung von der Hauptwohlthat des Chri-
ftenth., welche alle übrigen Wohlthh. in fich fchliegt. v.
Gotkes Batergefinnung gegen ung, nach welger er ung
ale feine in Chriſto begnadigfe Kinder anfehen und
behandeln will, Gal. 3, 26. 27. Wir können daher
das Zutrauen haben, daß er ung verforgen und ung
alles geben werde, was mir nach f. Willen Bitten,
attb. 6, 31: 225 Joh. 5, 145 - 15, 3, desgl., daß
er ung einft als feine Kinder an feiner Seligk. werde
Theil nehmen laffen, Rom. 8, 17; FJoh. 3, 1. 2
b) Wir treten durch die T. in den Genus alfer Wors
rechte der chrifil. Freiheit, welche für unfere ſittl. Bil
dung fo wichtig if.
ce) Sie ift ein heilſames Mittel, unfere Befferung von
Rindheit an anzufangen u. fortjufesen. Sie wird dieß
auch ſeyn, fo lange wir leben, theils, weil uns Sort
im Chriftenth. feinen Geiſt, Beiffand verfpriche, welcher
uns zu allem Guten antreibt, und darin erhält, auch
in Leiden beruhigt und troͤſtet, Sal. 1, 65 Nom. 8,
14:16, theils, weil wir dadurch in eine Religions»
gefellfchaft aufgenommen worden find, die ung bie
ganze Befferung und Vervolk. fo fehr erleichtert, ins
dem fie ung z. B. an die Pflichten unferer Reh, zu
der wir ung durch die T. von Kindh. an befennen,:
iind nachher fie und Die Ausuͤbung Derfelben durch die
Ablegung des Glaubensbekenntniſſes öffentlich befannt
haben, fleißig erinnert, dazu täglich ermunfert, uud
uns durch Geber, Bibelleſen, dach 3. geben antreibt,
fo zu denken, geſinnt zu ſeyn, zu handeln, zu dulden
und zu genießen, wie es Bekennern und Verehrern des
wahren Gottes und insbeſondere den Beiennern und
Nachfolgern Jeſu zufomme. |
Chriſtl. Gt. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 TH. R
X
258. 2,
Taufe, Berhaften i in Rüdf. der —).
d) Die Taufe iſt nuͤtzlich für Eltern. Sie überzeugt
"fie von Gottes Daserliebe gegen ihr Kind, auf eine
feiert. und find. Art. Sie verpflichtet und ermuntert
fie zu einer pernünftigen u. Gottgefaͤlligen Erz. der
Ki vier —
Wie vernuͤnftig — wie webithat iſt alſo die
Taufe der Kinder ſowohl für die Kinder, als auch
fuͤr die Eltern!
Sie ift zu al len Zeiten ein Euer frefiender, lehr—
reicher und ruͤhren dp Kirchengebrauch. Durch diefelbe
ter on Kinder der Wohle back der Lehre Jeſu u. des
gottl. Beiſtandes zum Guten tbeilhaftie.
Sie rettet uns nicht als eine Reinigung
son körperlichen Sleden, fondern als eis
ne Berpfligfung zu einem guten Betra⸗
en. |
+ Daß Kinder, wicwohl fie nicht sur T. einſtim⸗
men und auch nicht einflimmen Finnen, getauft
werden, iſt nicht zu verwerfen. Denn die Abfiche
ift, fie der Vortheile von der Annahme des Chrifteneh.
deſto geiviffer zu verfichern und ihnen ein Recht auf
die chrifil. Erz. zu geben, und fie durch diefe feierliche
Einweihung nod) mehr. zur Beibehaltung einer Rel.
zu verpflichten, für welche fie unter — und von Bes
Fennern berfelben geboren, gleihfam von Natur be»
— me zu ſeyn ſcheinen. Eltern weihen durch die
Gott ihre Kinder, der ihnen dieſe Wohlthat, Chri—
—— zu ſeyn, erwies und ſie bekennen, daß ſolche
auch an den Wohlihaten Gottes und der chriſtl. Rel.
Antheil haben follen.
IV. — Verhalten in Ruͤckſicht der
8 au
1)‘ Men vermeide die Fehler, welche man gewöhnlich in
Abſicht auf die — begeht, naͤmlich — a) daß man
an die bei derſelben uͤbernommenen Pflichten ſich nicht
fleißig erinnert und ihnen nicht Pag ſtrebt;
b) daf man die burch Diefelbe gefchehene Aufnahme in
die Gemeinde Jeſu nicht, nit Danf anerkennt; — c) daß
man der 3. eine an fih ſchon feligmachende Kraft
beilegt, deshalb mie derfelben bei Kindern überhaupt
und vorzuͤg glich bei ſchwaͤhl. und kranken Kindern eilt
und die Noth-Taufe verrichten laͤßt, weil man ſich
| =, ; 259
Taufe, ft an u. für fih Fein Mittel zur Seligk.)
ein Gewiſſen daraus macht, wenn fie ohne Taufe weg—
ſterben. Ein etwaniger underfehnidefer Mangel der €,
ſchadet dem M.aber gar nit. Unchriſtlich aber iſt es
bollends, Kinder zu verdammen, die ohne Taufe ſter—
ben. Dieß legt ſchlechte uud Schwache Renneni fe 80
Gott und ber Bidel dar. Wie-fann man an der Se—
ligkeit ungetaufter Kinder zweifeln? Die Rothe
taufe if keinesweges enibehrlich. Nur dann, wenn
fe zur Seruhigung der in Erk. noch — Eltern
dient, Zann fie ertheilt werden. Die Taufe iſt
Feine Bedingung u. Fein Mittel der Seligk.,
welche allein von einem derſelben empfaͤnglichen Ge—
muͤthsz — dt.
Ay, Gef. 5, 5 zeigen die Worte: „Sohannes hat nicht — — wer⸗
den,’ daB Seins Shriſtus auf die Weſſertaufe Feinen großen
Werth legte.
Die T. bringe durch Feine unmittelbare Wuͤrkung
eine rel: siofe Gemüchsverf.. hervor, Marc. 16, 16.
An und für fih iſt die ©. fein Mitte 7 das auf unfes
re Bernunft und Babürdh auf unfern freien Willen u.
Entſchluß wuͤrkt, wie doch iedes Mittel, das ung zur
Gel ir. empfaͤnglich und faͤhig machen ſoll, ſeyn u. wie
es wuͤrken muß. Denn das Kind verſteht nicht die
Belehrung über den Zweck, Nutzen und über die Vor—
rechte der Taufe. Das Waſſer in der T. kann gar
nichts wuͤrken. Die T. ut alfo nicht den M. zur
Geliaf. gefchicft und faͤhi
Marc. 16, 16 beweißt ger nicht Me Nothwendigk. der Taufe
zur Geligfeit, &s beißt blos! wer nicht glaubt, (nicht
aber: wer nicht getauft wird,) der wird verdammi, Über als
ein feierliches Bekenntniß der chriſtl. Lehre iſt die Taufe
nothwendig, deshalb befahl Jeſus die Neubekehrten zu taufen.
300. 3, 5 beweißt auch nicht die Nothwendigkeit der T. zur
annabichs Keitif sc, 2te U. ©, 132 f.
Sieht man in der moralifche fe heit getauf⸗
ter oder nicht gefaufter Kinder eine Verſchiedenheit?!
Sur bieienigen Kinder iſt alſo die I. Fein Mittel der
Seligk., die bald nad) Ihrer Gebt irt idea wieder aus
der ns —— heraustreten. So lange ber
W tauf che erwacht ne
„ar: tauften Kinder noch ii erwacht iſt, ha⸗
ben ſie — keine Begriffe von Recht u. Unrecht,
—
*
260
a
Taufe ® (rechtmaäßiges Verhalten bei der —)
u. 28 kann auch) ſelbſt bei der unerweislichen Annahme
einer außerordentlichen Würfung Gottes an Feine firt-
lich befjernde Kraft der Zaufe in ihnen gedacht wers
den, weiche die T. aud) bei Erwachfenen nur durch
die Erinnerung an die mit dem Uebertritt zum Chris
ſtenthum verbundenen Vortheile u. Erm. zur Ausüb.
der chriſtl. Mel. erhaͤlt. |
Maith, 18, 6 wird den Kindern Feine eigentl, Tugend beigelegt, fonz
dern nur Me ihnen in ihrem Alter eigene Unbefangenbeit, Bes
ſcheidenheit nad Nachgiebigkeit zur tachahmung aufgeflellt, und
22.138,17 will nicht jagen, daB, um felig zu werden, der Er⸗
machine mehr nichts zu thun habe, als kindl. Unſchuld anzu
nebinen. Die Erforderniſſe zur Froͤmmigk. als der Bedingung
der Seligk. Lat nicht das Bengebrrne Kind, fondern der Erz
wachjene noch der Entwickelung ſ. Vernunft und Lenkung f.
Billens auf das Gute. Es if cin Vorurtheil, daB durch die
Kirchentanfe der heil, Geiſt ausgegofeen werde, Nah Jo—
bannes dem Taͤufer und Ap. ©, 1,5 war und iſt ia die
Kaufe mit Waffer nur ein Bild von der X. mit dem h. Geiſte.
Unterrihtind. hrifil,. Lehre, welde hrifl. Ein:
fihten u. hrifil. Öefinnungen mittheilt, ift die
wahre Taufe Die grifil. Neu ſelbſt if das Dad
der Wiedergeburt u. der Erneuerung des h.
—ñi
Geiſtes.
d) Daß man bei der Taufe Anderer mit Leichtſinn zu—
gegen iſt; — e) Daß man bei der Uebernehmung der
Pathenſtelle unchriftl. Gefinnungen zeigt.
Rel.⸗Lehrer muͤſſen nicht mehr die Teufelsbeſchwoͤrungen bei der Taufe
vornehmen, Man konnte es Luthern nad) feinen Auguſtini⸗
ſchen Grundſaͤtzen verzeihen, daß er, welcher ſelbſt viel mit dem
Tw zu thun hatte, glaubte, daß der T+* die Kinder leiblich
beſitze. Aber in unſern Tagen darf es nicht mehr heißen: daß
ein ungetauftes Sind ein Heide, das getanfte aber ein Chriſt
fey, Denn ein unſchultiges Kind, welches noch gar nichts
denkt, noch ger nichts will, und, wenn es Trab getauft wird,
die Bruft der Mutter noch nicht kennt, foll vom Teufel befeifen
feyn, wenigfiens in deſſen Reich gehören ? Gott, der Bater der
Liebe. ſchuf es zum Gluͤck und nicht zum Verderben. Joch hat
es, wenn es beiprengt wird, nicht fündigen und fi) des Wohl:
wollen3 Gottes verluſtig machen Finnen, Noch iſt e8 entfernt
von alfer Gemein’), mit böfen Geifiern, und ein feliges Kind.
Die Pathen Eönuen eher die Geſinnungen eines böoͤſen Geiſtes
Haben. Wie könnte auch, Wenn ienes wahr wäre, tie Bez
fchwörungsfermei den T** verfcheuchen?! — Del, Lehrer
muͤſſen auch die Zauffornulare ſaͤubern und z. B. nicht mehr
— — —
*
Taufe, (rechtmaͤßiges Verhalten bei der —).
‚ beten, „dab Gott dem Gartem Kinde die Suͤnden vergeben
wolle, welde ibn von Adam ber angeboren find, und die es —
ſelbſt hinzugetban bat,“ Gibt es wol angeborne Suͤnden?
Kann ein Kind, weiches noch nicht denkt, Suͤnden hinzu⸗
thun? 2?
2) Man füche durch ein rechtmaͤßiges Berhalten, in ins
ficht der Zaufe, beſonders nach d erſelben ihre —
ſicht zu erreichen. Man muß deshal — a)die Haus⸗
taufe mgglichſt Lermeiden und bie ©. Seenstich ver⸗
richten laſſen. Denn die 2. iſt doch’ eine feierl. Auf—
nahme ip ein Öffentlicher Zutritt zur chriſtl. Gemein⸗
e; alle feier! lichen —— ber pflegen bei a! ige:
r
meinen Gerfemmlungen der zur Geſellſchaft gehöri
gen Mitglieder zu geſchehen. GE iſt auch Die = m
durch die Ba chen aefchehendes Verfprechen des Taͤuf—
lings, der chriftl. Kehre treu zu ſeyn umd zu * en.
Die Pathen, die Eltern und Anweſende fagen Hl, daß
fie ſorgen wollen, daß der Taͤufling gut und chriſtl.
erzogen werde u. ſ. w. Dazu bedarf es mehrerer Zeu—
gen. Die T. iſt demnach ein offentl: Geſchaͤfte. Als
ſolches muß es auch offentlich ge trieben werden, damit
die Gemeinde wiſſe: der und der — die und die iſt
nun zu uns getreten, bat mit uns gleiche 3 serpflich“
tung und echte. Ueberdieß gibt die öffentliche Taufe
Gelegenh. zu guten und einbringlichen Ermahnungen,
Erinnerungen u. Entſchließungen.
Wenn die Landesgeſetze an einigen Orten beſtimmen, bis zu welz
dem Stande die Haustaufe geſtattet werden fol, fo wolz
len fie dadurch) fagen, daß fie eigentlich oͤffentlich geſche—
den joll,
Die öffentliche Taufe ifE auch Biel feierlicher.
Deshalb lefe vet Rel.Lehrer nicht Bios das Taufſormumlar ab, welches
oft nichts von dem Bat, was tie Hauptlache iſt; ſondern zeige
in einer Eurzen ruͤhrenden Anrede ven Zweck m, den Nutzen ber
Taufhandlung.
„Die Taufe des Kindes ſollte billig in der Gemeinde: Verſamm⸗
Aung, auch erſt nad) einigen Wochen, alsdenn naͤmlich geſch e⸗
„sen, wenn die Woͤchnerin vollig hergeſtellt, bei Kraͤften, und
„folglich im Stande iſt, den Mugen dieſer h. Handl. recht zu
„Senießen.“ Les chriſtl. Rel.-Theorie, zte A. ©. 697.
b) Man erinnere ſich oft an feine Taufe, als an eine
große Wohlthat Gottes und ald an eine uber inommene
262° AR:
Taufe, Verhalten in Ruͤckſicht auf die —
V erpfi chtung zur Beſſerung. Man muß deshalb an
die Abſicht der geſchehenen Ti zuruͤckdenken, naͤmlich
daß wir durch dieſe in ai Sinne fallende rührende
Feierlichk. in die chriſtl. Kirche eingeweiht oder in die _
chriſtl. Religionsgeſellſchaft au fgenommen, zur An
yahme der chriſtl. Mel. und gu einem bderfelben ge
maͤßen Wandel verpflichtet worden find, wodurd ung
theils die Mechte der Chrien, Gottes Verheiſſ. und
die Wohlen. der chriſtl. Mel: Berfaffung zuaefichert
foorden find, theils auch die Ausübung des Guten
erleichtert wo eben iſt. Man muß ſich deshalb auch
an ſie erinnern, um ſich zu pruͤfen, ob die Abſichten
der — uns —— worden ſind? naͤmlich —
aa) ob man den hohen Werth der chriftl. Rel. recht
zu ſchaͤtzen wiſſe, dag man burc Die Taufe on derfels.
ben Antheil — bat u. Antheil nimmt; — bb) ob
man auch WIE, was man glauben fol? ob man fid)
vor Un— ud Ubergl. bewahrt habe? Die feierliche Auf
nahme in Die hriftl. Kirche foll eine lebhafte Erinnes
rung an die Verhaͤttniſſe des M. zu Gott hervorbrin—
gen und alſo den Glauben erwecken und beleben. Dieß
fetzt natuͤrlich voraus, daß ſchon Glaube in dem M.
vorhanden ſeyn ſoll. Man nuß ſich alſo prüfen: ob
man nach einer —— Ueberzeugung von der
Wahrh. und Goͤttlichk. der ehren und nach Be
rung feiner Erk. trochte? Befindet man die, o
muß man fich mit ber hriftl. Lehre immer mehr. ni
kannt mar 2 und feine Erf. und ueber keugung immer
mehr aufklären und berichtigen. Man muß auch bei
feiner — lieh berzcugung Randhaft beharren,
alſo nicht durch falſche Schaam ſeinen Glauben ver—
bergen, ſondern im Bekenntniß deſſelben feine. Ehre
fehen. Dan muß fih nicht durch feine Neigungen
oder durch die DEIN böfer M. von Dem Wege der
Wahrh. und Pflicht abwen dig — laſſen, ſondern
man lenke durch ——— ſitaͤt ſeine Neigungen u. uͤber—
winde die Reitzungen zur Suͤnde. — Man muß ſich —
cc) in ber Hinſicht an feine 2 Z. erinnern, Daß man fich
prüft, ob man die in ber durch Die Zaufzengen
gleichfam in unferm Maine one en Zuſagen daß
man die goͤttl. und die damit verbundenen Forderun—
gen erfüllen und die den goͤttl. Zuſagen entgegenfte-
x
ch
N
|
—
Taufe, (Verhalten in Rüdfihe auf die —).
henden Pflichten wahrgenommen — De T. ift ia
nach IPetr. 3, 21 der Anſpruch eines guten nn iſſens
zu Gett, d. h. fie iſt eine Berpflid — fi r den Taͤuf⸗
ling, ſich von den Eünden zu re — um hr we⸗
gen der Suͤnden feine B Vorwaͤrfe; beſorgen, ſonder
ein ruhiges Bewußtſeyn zu babe, eott Bertrauen u.
ihn Vater nenzen zu — Man muß ſich alfa un—
terſuchen, ob man auch als Chriſt ſo lebt, — ma
leben muß und ob man alle ung shliegende 8 pfüchten
vollzieht? Jeder, wer ſich dieſes beiahen fann, ſchafft
ſich ein gutes Gewiſſen, IZim. 1, 18. 19; Ap. Ge ich.
Dal. Eeller?’8 Maga. or DB. 28 ©. Nr. za. ©.
167: 171 „di nt der noͤthigen u. beilfamen Erinnerun 1
en die Zanfe ub. d. Ep. am 6ten S. n. Tr.; Dr. F.
V. Reinhards 1798 gehaltene Predd. Sulzb. 1799
BNer. S. 5-20; „Erinnerung über unfere Ri
un in den Schooß der chriſtl. Kirche“ über Luc.
21. |
=) Der Taͤufling benutze, wenn er zu Jah—
ren fommt, diefe Wohlthactrecht. Er ſtelle
ſich lebhaft die dadurch erhaltene Verpflichtung vor u.
erneuere ſeinen Vorſatz, die Taufgelübde immer treuer
zu erfuͤllen, naͤmlich a) ſich von Suͤnden loszumachen,
Soft ia nicht zu wi iderſtreben, ſondern durch feinen
Beiſtand als ein Chriſt Gott aͤhnlich zu denken u. zu
vollen und himmliſch zu leben, ı AT in feiner Liebe u.
Gemeinfihaft einft in die andere Welt übersugchen,
Tit. 3, 5. Er muß fih fies de 8 2 zw! ks der ©. be⸗
wußt bleiben und daran denfen, daß er beshalb fo
früb ift getauft worden, daß er Feine Zeit Dee Lebens —
Gott gleich ſam wegnehmen Pr Er muß vorzuͤglich
ſeine in der Jugend El Sünden bereuen, fie Gott
abbitten and ſie mit Tugend 2c. Pſ. 25, 7. Jede
übe fi ſich alſo in der — ing fündlicher Reigungen,
—
in der‘ Befiegung ſuͤndl. Neigungen und im Beſtreben,
immer edler und Gott mohigefälliger geſinnt 1;
denn iede Suͤnde, Weihe man begeht, iſt eine ſtrafbare
Entweihung des Taufbundes. Wie kann man auch
beim Suͤndigen ber herrl. Vorrechte des Chriſtenthums
und der befel — Hoffnungen ca die Ewigtkert ich
erfreuen! Durch die Suͤnde sehn wir vielmehr Ser
Taufe, (Verhalten in Hinfiht der —).
herrlichen, durch die Taufe erhaltenen Vorzuͤge verlu⸗
ſtig, Rom. 6, 20. 21. b) Jeden Tag des Lebens muß
der Taufling fih näher dadurch mit Gott vereinigen,
daß er Beweiſe gibt, wie er techtfihaffen gegen den
ienigen handle, der alle feine Verheiſſ auf's treueſte
erfuͤllt, IPetr. 3, 21. Er muß alle Tage feinen Eifer
in: Guten vermehren. Denn die T. iſt eine feierliche
Ertl, fh auf feiner Seite der Anordnung Gottes:
mie der M. jeden fol — zu unterwerfen. Wer das
Chriſtenthum annimmt, verbindet fich zu einem neuen
eben; wird dieſes nicht erfüllt, fo kann auch Gott
nicht auf feiner Seite feine Gnade ——— Gal. 3,
27.3.2, 10 214, K0M. 06,5 A Da bie T. ung nad)
1 Peer. 3, 21 felig macht, oder vom V Berderben errettet
durch Jeſu Auferſtehung, d. h. da Seins Chriſtus dem
Getauften zu gut von dem Tode auferſtanden und zu
einem neuen Leben auferweckt worden iſt, ſo kann er dieß
ſo auſehen, daß er ſich Gottes Wohlwollen verfprechen
koͤnne. ein inniges Gebet zu Gott, daß er ung
Pu. feinen Geiſt dazu flärfen wolle, trägt diel da⸗
zu bei.
8 Man bewafne nid) durch die Erintterung an bie Ber:
heiſſungen der chriſtl. Rel. mit Muth und Standhaf-
tigfeit ın Ueberwindung der fich bei Rr. 3 findenden
Hinderniſſe.
5) ern und Taufzeugen muͤſſen die Kinder, da durch
die I. dieſelben öffentlich in bie chriftl. Gemeinde uͤber—
ſind, in der — Mel. erziehen laſſen, und
ihnen Unterhalt und) } Unterricht ocrihaffen. Auch muͤſ⸗
ſen Ibrgte iten dahin ſehen, daß den Getauften eine
riſtl. Erziehung und Unterricht in der Religion zu
Theil werde, damit ſie dag Recht der Gemeinſchaft
enießen.
Vgl. Neinhbard’g 1799 gehaltene Predd ar B.
&, 1:29: „von den Gefühlen und Sefinnimgen,
somit wir als Chriften Neugeborne behandeln fol:
len. —
6) Man wohne einer Taufhandlung theilg gerne als
einem Theil des öffentlichen Bottesdienfies bei, theils
nehme man daren mit Andacht, als einer Stiftung
Jeſu Chriſti, als —— wegen ihres Zwecks bei. Man
ſielle dabei zweckmaͤßige Betrachtungen an, z. B. man
‘
— — 265
Teufel, (der —— was?)
denke an ſeine eigene Taufe, bete fuͤr den Getauf—
ten fi.
7) Dan forge für die, deren Taufzeuge man wird, fo
viel als man fann, und heife ihren Neligionsun nfets
yicht befördern; vergl. den Art. Pathen in der
Brifl Moral f. dm Canzelgedbr. ih ©.
550 ff.
S. Clark's geifil Reden, ater EB. RL ie} ©.
.ıf.: „Glaube, der bei der Taufe noͤthig iſtz“ Po—
ckeles Katehismuspredd. Halle 1781. gr. 8. Air. 15.
©. 3558: 70. > hoben Würde der — Bruͤck—
ners Predd Gb. Die ‚Evang. ır Th. Lpz. 1786. gr. 8.
E. 172 ff.: „Belehrung fuͤr Chriften, die su Faltfinnig
und zu aͤngſtlich find in Anfehung der Taufez R.
Dapp's Predigtbuch für Landleute, über d. Ev. am
Seham nistagt, ©. 422 f.: „über die chrifil. Taufe,
1) wag fie 1? 2) Erwägung einiger dabei übl. Gr
brauche ;' ber Pred. an denchriftl. Feſttagen, od. Predd.
bei bei snde en Faͤllen, zter =. epy. 1790.: gr. % ©.
244360 „übersdie chrifil. Taufe; Salzmann's
Sauspoflilk, ze Th. Nr. 35. ©. 113 fe: „von der
Schäpfict. e. blinden u. aberglaud. Vertrauens auf
die Taufe; Vopperes Prevd. ar B.Lypz.
1794: gr. 8. Fr. 3. 4. „Vom Urtheile des Chriften
über die bh. Taufe und v. der Verbindlichk. deſſelben
feiner T. gemaͤß zu leben; Dr. Burfihers Wahr:
heiten einig in XPredd. er. 1802. 91. 8.. tr.
1. ©. 1:28: „die 2. als ein von Jeſu hinterlaſſenes
Denfmal der WVerficherung und der ——— daß
Jeſus alle ſ. — erfuͤllt hat.“ — —
Teufel (der).
Vergl. Doͤderlein's inf. — J. 140 ff. ©, 519⸗
5545 dbeffelben Rel.-Unterr. Ip. VII. S. 141. ©, 158⸗
2595 Mori comm. exeg, hift. in epit. T. I ©, 3815
3965. NReinhard’s Borl. üb, Me Dogm. ©.’ 19522145
Ammon's bibl. Theol. ır Zn, 2te verb. W. ©. 3673383;
Staudlin’s Dogm. u. Dogmengeſch. ar B. $. 113:118,
©, 619 f.; Ekermann’s Handb. der chriſtl. Gl.⸗Lehre 38
B. 1802. ©. 110 f.;5 Bibl. Enchyel oder er eale
woprrerb, Zr 8. Gotha 1798.4 Fi 32 BE ; bibliſches
Wörterb, zr Ih. Berl 1801. 8. ©, 250 254.
265 Er
Teufel, (der — Gründe wider das Dafeyn des—).
Man ſehe oben ben Art. Eugel (böfe), ır Th.
Saar .z02,°. —
J. Unter dem Teufel od. Satan wird nach den Mor;
fen mehrerer bibl. Schriftfleller insgemein der hechfte
unter den böfen Engeln, oder Geiſtern, oder dag Ober:
Haupt im Meiche derſelben verflanden, wiewohl auch
bie boͤſen Engel überhaupt und auch wibrig und bofe
gefinnte Menſchen — Teufel genannt werben. |
f
Fir das Daſeyn fo wenig, als gegen das Daſeyn des Teufels laͤßt
ſich nichts beſtimmt u. vollig ausgemacht entiheiden, denn wenn
es gleich ® |
A. Auf einer Seite mehrere wihtige Gründe wider
a8 Daſeyn des Teufels gibt, namichr
1) Daß es fi gar nicht denken läßt, wie Gott — ber Heilige ein
ſolches Wefen, als wie man fih den T** nach mißverſtande⸗
nen Bibelſtellen denkt, (wornach derſelbe ein Anfangs gut, ia
mis hohen und vorzüglich guten Eigenfhaften erfcheffener Geift,
von erhasenen Kermtniffen war, aber aus Unzufriedenheit mir
einem ſehr gluͤcklichen — und ſolchem Zuftande, wo er (ohne
Fleifh und Blut) Fein Beduͤrfniß, alfa wenig oder gar Feine
Leidenſchaften hatte, dennoch v, Gott lt ander Geifiern ab—
gefallen, von Gott aus den Himmel verfiofen und an eisen
befondern finfleen Det, entfernt von den heil, Engeln, in Ge—
ſellſchaft bofer Geiſter hinverwieſen worden wäre,) mit einer
unvertilgbaren Anlage zum Boͤſen begabt, erfchaffen haben
foilte! Wie Ednnte Gott ein Weſen dulden, welches fo aefinnt
wäre, daB es nichts als das Boͤſe liebe und uͤbe, daß auf
nichts mehr bedacht ſey, als den M, zu fchaden, fie zur
Suͤnde zu verführen, um nur fein Reich zu vermehren ?!
Woher eine ſolche unfägliche Bosheit? Ein Haß zum Guten
und Liebe zum Voͤſen bei einer genanen Kenntniß des Guten
ift unbegreiflich. Nichts als Voͤſes thun, das Gute, das diefer
Geiſt ehemals geliebt hat, ganz baffen, ohne es vergefien 31
baden, in Ewigk. boͤſe bleiben, wenn gleich Gott ihn ſtraft, u
Bott — bei der Kenntniß von feiner Weisheit — Guͤte, Macht
und feiner vortrerfihen Werke haſſen — das ift ein ungaufloͤs—
bares Raͤthſel. Die dem Teufel beigelegte Vosheit enthält, dA
ein unkoͤrperlicher Geiſt nicht den Gefuͤhlen und Keidenfchaften,
fondern der Wille blos den Einſichten folgt — einen inneren
Widerſpruch. Deshalb und weil wir keinen Fall auf Erden
ans der Erfahrung anweiſen koͤnnen, daß der Tr damit im
Spiel, oder daß etwas eine offenbare (phyſiſche) Wuͤrkung
des Ta* ſey, if vie Idee vom T** gar müht vernunfir
mäßig,
Kenn es gleich der Bernunft an fi) wahrſcheinlich ift, daß es quch
uunter den uͤbrigen vernünftigen Weſen eben fp, wie unter ten
a
Cr
T. ... 367
Teufel, (der — Gründe wider das Dafeyn des—).
M. vorfäslich ſuͤndigende — das Boͤſe liebende, alfo boͤſe Weſen
gibt, wenn zwar auch fie ſehr der Gefahr zu irren u. zu fehs
ien unterworfen feyn koͤnnen (denn große Fähigkeiten ſchuͤtzen
den Seiſt nicht vor der Gefahr böfe zu werden): ſo kann ma:
doch nicht den Glauben an den T** als eines der Beff,
ganz unfähisen uns als ewig buch Bosheit elenden —
und Andere elend machenden Geiſtes mir der Natur eines Vers
nünftigen — morslifchen — alfo freien Wefens nicht vereinigen.
Wenn ein Wefen durchaus unfüblg if, feinen Willen zum
Guten zu beftimmen, fo ift es durchaus nicht frei, If es nit
frei, fo handelt e3 nothwendig — und es iii imputabel. Gott
kann es alſo nid)t — Weshalb ſtellt denn die Biber ven
RN * als geftvaft vor ?
TG
Ser bat wohl ie in ter That den &”* geſehen?
3) & fireitet daS Dafepn des E** mit den ee jaften Got
Die Argüte Gottes kann das Uebel wohl als ein Mittel die
aber -ald Zweck anſehen. Unmoͤglich alfo fi Elend die letzte
Befiinmung eines Geſchoͤpfs. Nach ſeiner Allguͤte konnte er
kein Weſen ſchaffen, von dem er vorher ſah, daß es ewig elend
ſeyn, oder gar andere vernuͤnftige Weſen ſittlich — ben und
im Verderben und im Ungluͤck beſtaͤrken werde. Nichts konnte
ihn bewegen, ein ſolches SGeſchoͤpf hervorzubringen. Denn
sach ſ. Aluwiſſenh. wußte or, daß ed M. in Suͤnden und in's
Inglücd ſtuͤrzen würde. - Er durfte, um dich Elend abzuwen—
den, es nur ungefhafen laſſen. Wenn Gott die M. fo fehr
tiebt, daß er feinen eingeb. Sohnzc, Joh. 3, 16, damit fie v.
der Suͤnde abaeleitet u. zur Seligk. geführt werden follen 5; wie
kann man denn alauben, daß Gott dem IL" voͤllige Macht
über die M. gegeben habe, daß er fie v. der Beil. abhalte m. imz
mer tiefer in's Verserben fürge? Wie fehr widerfpricht ſich
ee: Hot iemand einen von einem luͤderlichen M. verführz
sen Sohn, welchen er zur Tugend zuruͤckbringen will, fo wird
er ihm ia nicht ven luͤderlichen M. — den Re rer sum Hofe
meiſter fegen und dieſem völlige Macht übte ihn geben. Das
“
Daſeyn des T** fireiiet auch mit Gottes Allweisheit.
Gott Hann hei der Erſchaffung endliher vernünftiger Wefen
geinen andern Zweck haben, als dab fir zur moͤglichſten Sitt⸗
lichkeit u. Gluͤckſeligk. gelangen. Wie koͤnnten tie von ihm
erſchaffenen Weſen ihre Beſtimmung — dieſen Endzweck Gottes
nicht erreichen?! Daß ſie durch eigene Schuld ausarten wuͤr—
den, fah? er ia auch vorher. Wie konnte er, wenn es ibm
nicht moͤglich geweſen — ſeinen Endzweck zu erreichen, den:
noch ihr Dafeyn wollen? Ohnſtreitig müßte ver I, falls er
da if, ein endlicher a. ſeyn. Kur Gott if unendlich,
woher daun feine außerordentlich-große Macht, daß er neben
Gott fſaſt unwiderſtehlich wuͤrken, ihm und feinen Abſichten im—
mer entgegen handeln, ſie vereiteln, ſein Reich immer mehr in
Abnahme bringen,” Geſchoͤpfen Gach der Sage des Abergl.)
ee —
Teufel, (der — Gruͤnde wider das Daſeyn —
ihre Kraͤfte und Gefunsh. nehmen, DE, mit fi) wegführen ꝛc.
fol?! Dev Allmaächtige follte das nicht verhindern Eönz
nen? und nach f. Alulguͤte nicht verhindern wollen?! Haut
nicht die Idee: Gott if alimadtig, allweife u. allguͤ—
tig dahin, falls er durch eins feiner Geſchoͤpfe feine ganze
Schopfung (durch das natuͤrl. Uebel und durd) die Bosheit
ſelbſt an T**) wieder hätte verhunzen laſſen? Glaubt man
noch, dab der T** uͤber M. herrſche, fo erniedrigt man offen⸗
bar den Werth und die Wuͤrkſamkeit der Erlbſung Jeſu Chriſti
und fest feine Wohlthaten herab. „Sa! der Tr“ if durch
Jeſus Chriſtus wieder entEräfter, |. Macht ihm benommen, und
f. Werte zerfiört worden. orten. Weshalb ließ Sott Jeſu
diefe Mühe zu? wozu eine Anſtalt, die uͤberfluͤßig war, fobald
gleich anfang der Tr nicht erfchaffen oder die Yusartung deg
auten Geiftes in ein grundboͤſes Weſen verhüter wurde? Wie
Eonnte der Ailheilige es zugeben, daß der E** vor den Bei:
ten Chriſti fo viel Verderben in der M—welt anrichtete?!
Wie Fann der Einzige Gott gleichfam einen zweiten — böfen
Gott neben ſich haben? er fivrt ia feine Geligkeit! |
4) Sott kann doch nicht den T** anderer vernünftigsfittlichen We⸗
fen wegen erfchaffen Haben. Er wird ia nicht feiner als eines
bloßen Mittels und Werkzeugs zur Befoͤrderung eines frems
den Zwecks brauchen! Das Reich der Vernuuft wird ia nicht
zu feiner Gruͤndung und Befefigung ded Reichs ver Unver⸗
nunft gebrauchen? Hat der T** Vernunft und er koͤnnte
och nie vernünftig werden, jo wäre an ihm fehänelich die
Höchfte Geiſterkraft verrathen. „Vielleicht dient er einer, ganz
zen Elaffe von ſittl. Geichöpfen zum Strafbeifpiele.‘ Antw.
Verdient er, wenn er nie gut werten Eann und foll, Strafe?
Strafe ſchreckt blos, ohne einen freien — guten Willen zu bes
wuͤrken. — „Er ift deshalb fo boshaft, um vielleidyt den aͤch⸗
ten Tugendfreund zu plagen und ibn das Häßliche des Laſters
empfinden zu laſſen.“ Antw, Alſo die Frommen müffen zur
Befriedigung des T** dienen? Nur die Bdfen verdienen ge:
plagt zu werden, Lebt der T** nur an diefen feine Bosheit,
fo ift er zwar nicht fo abſcheulich, aber toch ein bloßes Werks
zeug der Büchtigung der Boͤſen u. zwar nur zur Befriedigung
feiner Plagewuth. Wahrlich es bedarf der HäßlichEeir und
Nr—feindlichkeit des Lafters nicht, um die Tugend zu empfehz
len. — Wie kann die Tugend Gottes Zweck feyn, wenn er
fie durch die zu fihwer zu widerſtehenden bIendenden Verſuchun⸗
gen des liſtigen u. mächtiaften Weſens, des von allen Seiten, vorz
züglich von feiner Lieblingsneigung her angreifenden Teufels
unmdglich gemacht. bat?
3) Es bedarf Feines Tenfels, um die Leber in der Natur und im
M—teben und die herrſchende Neigung der Erwachlenen zum
Boͤſen ſich zu erkſären. — a) In der gegenwärtigen Unvoll⸗
rkommenheit der Dinge liegt genug Stoff zum Leiden und in
5 Y
®, 269
Teufel, (der — Gruͤnde wider das Daſeyn des —).
der menſchl. Natur Verſuchung genug zum Boſen; durch neue
Einwuͤrkungen eines mächtigen boͤſen Geiſtes wuͤrde bie Frei:
heit der M. zerſtoͤrt und der moraliſche — der Dinge zerz
”, züttet worden feyn und noch ee werben. Bboſe DE auf
Erden find Teufels genug! ein WM. ift des andern T**! —
b) Es laßt fi) das Boͤſe, was M. begangen haben und beges
ben, ſelbſt wenn es ara n. abfcheulic) Ih, aus der Ienigen d Natur
und Beſchaffenheit des M. hinlaͤnglich erklaͤren. Wenn die
Aerzte unſerer Zeit das, was men ehehin ber, Hexerei, Zauberei,
Teufelsbeſitzung beilegte — und daruͤber oft unſchuldige Leute
grauſam, ungerecht und hart behandelte, als Krankheit hei⸗
len, oder wenn Rechtsgel. durch genaue gerichtl. Unterſuchun—
gen den bald grob, bald fein geſpielten ara dabei enibeden:
fo fieht man paid Die Un wiſ —— und die Betruͤgerei der M.
in ehemaligen Zeiten. In unſern Zeiten glandt Fein Richter
mehr an den T**. Man ame: wenn ein Verbrecher auf
den T*x* und deſſen Verführung die Schuld von einer verüßs
ten Bosheit ſchiebt, — dieſen Umſtand, zur Milderung ſeiner
Strafe gar nicht Ruͤckſicht. — Die im DE, aufſteigenden boͤſen
Begierden und Sa bringen ihn zu Sünden und Luftern,
Diarc. 8, 215 Matth. 15, 195 - Sac, 1, 14. 15, Die Welt
Hat Neigungen genug, um uns M. zu verführen; weldy ein
Ungluͤck wäre es, wenn Über diefes noch der Die) EF*r auf
unfere Seele wärken und uns zum Lafter verführen Eönnten!
6) Schon die Herleitung des Worts Tenfel *) aus der griechir,
Sprache, wo es einen Anklaͤger und e. Verlaͤumder anzeigt,
beweißt, daß T** kein Name eines Weſens oder einer Vers
fon, ſondern Benennung einer Sache oder eines menſchl. Ras
fievs fey, Der Name Satan if ein hebr. Wort, welches
einen Widerfacher (Feind) anzeigt, iſt alſo auch Fein Rame eis
nes böfen Geiſtes. Ein M. iſt des andern Widerfacher.
Reitet man mit Leibnitz Teufel vom alten Wort Thiu der
und dem ort Level (Hebel) her, (deun Uebel wurde
vor Zeiten auch Uevel, Uefel gefihrieben umd Weber heißt
im platıd. Uevel) 10 dab T** der Uchele Di. der
Vebelgefinnte anzeigte, indem auch in der engl. Sprache,
abs einer Tochter der Niederſächſiſchen, Devit (Teufel) aus
dem Art. The, (Der) und dem Worte evil (übeh zu
fanımengezögen iſt (ſ. Goth. gel. Zeit. 1778. ©. 534);
Er
— ——— — — eç — — — — —— — — — — — —
*) Von dikßoros und dieſes Subſt. vom Verbo In9Zrrsw,
welches auch verlaͤumden, iemanden anklagen heißt; ſ.
Schleußneres Lexicon in Nov. Tef. ate 4, Vol.
1. ©, 563. v, Sunßarro und S. 564 ff. V. diößoreg,
270 3.
Teufel, (der— Gründe wider das Dafenn des —)..
fo tt egum fo gewifer, dag T** einen böfen, boshaft ge:
innten, anfıttlichen M. anzeigt. *
7) Weder — Shriſtus, noch einer der Apoſtel Haben den Glau⸗
Ben an das wärfl,, Daſeyn des ETF geſordert, und nie dieſen
ee fur ein Exüre ver chriſtl. Gl.⸗und Rel.-⸗Lehre evs
klaͤrt. Zeſus erwaͤhnte blos des Teufels als eines lehrreichen
— treffenden Eymbots der Ab fhetichkeit des Boͤſen, um tie
— idurch am kraͤftigſten an die Schaͤndlichke und Strafbark.
Boͤſen zu erinnern oder um bie Groͤße des Elendes eines
boͤſen Menſchen dadurch bildlich vorzuſtellen. Eben fo benuntz⸗
ten bie Ap. ven Volksglauben vom T** zu ſittlich guten
di
alas
8) „Die innere Möglichkeit dev Lehre vom Tr und ihre ans
„geblicher Zufammenhang mit andern wichtinen Lehren berech⸗
„tigt noch nicht gu einem vernaͤnftigen euere Gie bat Fein
„ihres und reines praktiſches Moment, fe ift aber gefährlich
„und bat nach der Geſchichte die trauviefien Wuͤrkungen fuͤr
„Verſtand und Herz ter M. hervorgebracht.“ *)
9) Das Entſtehen des Glaubens an den TER aus menſchl. Vorur⸗
theilen ift leicht erklaͤrbar, z. B. tie alte finnte. Welt hatte die
Meinung, daß das unerwartete und aufellense Boͤſe im M.,
verbunden mit einem flarken unwiderſtehlichen Triebe zur Voll⸗
bringung von einem mächtigen Geift gewuͤrkt werde, weil ver
ſich ſelbſt uͤberlaſſene M, einer ſolchen Boshrit unfähig zu feyn
fhien. Damals dachten fich die M. die Sivaft ihres guten und
böfen Willens noch nicht fo ſtark, um ſich ganz unabhängig
von andern einwiirfenden Kräften befiimmen zu koͤnnen. Bei
dem Öuten nahmen fie die Gottheit, bei dem Boͤſen aber ven
Teufel oder die Berführung u. zwar als Entfchuldigungsarund
am. Es iſt ausgemacht, daß die Altefte Philsfophie ven Teufel
als einen lifiigen, verführenden Geift angenommen hat,
Es ift alfo bie Gore von ibm erfchlichen. Denn die Vernunft
kenut bei freien, uninoralifchen Handlungen ſchlechterdings Feine
Berführung. — — Dan fehe hierüber Edermann’s Haudb.
ar 3. ©, 117 5, Anmeon’s wire prakt. Theol. ©. 1727.
Jr. 45 re Anl. 5. Stud. d. pop. Dogmat. 9.87.
©. 79, 8. 2!"
10) Su fo Yielen Gibt, Etelien wird der Zuſt. des T** als elend
gefchileert, und doch müßte er, wenn er feine Abſicht, fo Viele
M. zu beruͤcken und unter fein Joch ꝛc. erreichte, gluͤcklich
ſeyn. Nach der Viper if ihm die Macht genommen, d. h. fein
— — — — — — — — — ee see — — — ———— — —— —— — — —
*) Dr, Staͤudlin Dogm. und Dogmengeſchichte. 2ter Th.
S. 645. "Die widerſpricht, Beiläufig gejagt, Dem, was
Dr. Stäudlin ae D © 042 ſagt: „önnere Wis
derſpruͤche — — ſtreitet.“
Teufel, (Grunde Fi das Dafeyn des —).
Reich zerfiört und doch müßte ed noch be; chen, f falls er fo viele
Unterihanen, die er zu ſ. Gehorſam gebracht, hätte, melde
Widerſpruͤche! fie winken dahin, daß das Wort Teufel uneis
gentlich, ſtatt Laſter — Bosheit Fehr,
11) Bir können gar nicht wiſſen, ob ed nach 2000 Jahren noch
Teufel gibt, da fie ia mit Freih. erſchaffene Seiſter ſeyn ſo ‚Ken,
alſo auch in ieden Augenblich der Beil, fühls ſind. —
Ueber diefe und. mehrere Gruͤnde vol. man Eckerman
Sanse. u Gl-tenre, zrB, S. 139: 134 5 voryüsih fre eim,
Verſuche G% a in Eheok- m. bisk: Krik cin
ſchlagende Materien, Berl u. Stettin 1782. 3. Yr
111, ©, 145=:212. „Eiwas über die Erifen; und
Wuͤrk. des — G.S. Baueres hebr. Mythol.
ir B. ©. 140 ff. „Der Satan u. ſ. Engel. *)
So ſind doch aber auch:
B.auf der andern Seite verſchiedene Gründe für
das Daſeyn des Teufels, naͤmlich:
a) Die H. Schrift lehrt doch deutlich ein mächtiges bösartiges Mes
fen, weiches Feiud alles Guten u. des Ehrifienth. if, z. DB. bie
Stellen Matth. 25, 415 Jac. 2, 19 (2te 9. Wenn gleich
Jeſus nicht beſtimmt und ausdruͤcklich davon reder, ſo redet
er doch auch gar nicht darwider. Er redet wider manche Sir
thuͤmer grade zu, deutlich and freimüthig, allein gegen dieſe
Lehre gar niht. Es laͤßt fh ger nit durch Erkl. Bars
Reden, noch aus der Geſchichte zeigen, daß fie nicht wahre Lehre
Jeſu ſey. Dieſe Stelle Ebr. 2, 14 beweißt nichts, denn Sez
ſus nahm auch dem Tode die Macht, und doch ſterben die M.
noch. Das Reich Gottes iſt noch nicht oͤffentlich auſgerichtet.
Man kann deshalb sine a Jeſu und ver Ürofel
zu dem damals angeblichen, unter ven Juden herrſchenden Aber⸗
glauben und cine Duldung — nicht annehmen, weil
N, Jeſus ſelbſt fo oft von dieſer Sache ſpricht und zwar auf eine
ſolche Art, 503 man nicht die geringfte Accommodalion annehmen
Korn, ohne ven Charakter Jeſu ſelbſt verdaͤchtig au machen.
Er ſpricht fo vom T* ꝛ, als ch er ſelbſt deſſen Daſeyn ataubie.
Man müßte an_ feiner Aufrichtigk. und Wahrheitsliebe zwei—
fein, wenn er nicht feine wahre Meinung geſagt haben follte.
Er ſprach vom £** ſehr ernfihaft, zu einer Beit,wo er aufs
Go
Es iſt fait über ale Vorftellung, wie fehe man ehehin
ale geiunde Vernunft verlaͤugnet bet, wenn man in Fr.
— un’s vern und ſchriftm. Betr. v. be
Buch, Macht u Gewalt des T**, Sorau 1729.
alles das lieſt, was man dem Zr* als Wark, beige
legt Bat, x
272.
en - Er
Le
Teufel, (Gründe für das Daſeyn des —),
b)
feierlichſte verfichert, daß er bie Wahrh, lehre umd deshalb vers
folgt würde, sob..8, 44. B2gl. ©, 40: 45. Ey erwähnt des
Ter an folden Orten, wo er dazu gar feine Veranlaſſung
hatte, und wo er als ein vorfichtiger Lehrer dieſe traͤumeriſche
Idee gar nicht hätte einmifchen ınüffen, wenn fie wärklid) ders
gleichen wäre, Matth. 13, 38. 39. Er thut diefes im vers
traulichen Kreife mit ſ. Schuͤlern, bei welchen er diefes Vorurs
theil vor allem hätte ausrotten muͤſſen, Matth. 13, 39. vergl.
V. 36. Kat er auch Hier nicht die Wahrh. geredet, fo kann
man von nichts andern feft fagen, daB es Wahrh. fey. Lehrte
er aber ohne Verfiellung, fo lehrte er auch Hiew das Dafeyn
des T**. Es war -auc gar nicht bedenklich, dem Volk Hiers
ber die Wahrh. zu ſagen, denn die große fuͤdiſche Parthei ver
Sadducaer laͤugnete alle Geiſter, alſo auch die böfen. Jeſus
fchonte auch ſonſt wicht aus dem nicht an ihm bemerkten Klein—
muth die ineiichen VBorurtheile. Er Dat feinen Schuͤlern
nicht im Geheimen feine wahre Meinung entdeckt, fie ſchdeiben
vielinehe |
mit gleicher Ueberzeugung vom T**. Ein Gohanneg
ſchreibt uͤberdem noch an weife erleuchtete Chriſten, I. Br. 2,
20. Auch Petrus lehrt das Dajeyn des TH* Br 2, q,
welche Stelle Judas V. 6 in feinem Br, wiererhonlt. Pau s
Ins lehrt auch das Daſeyn diejes böfen Geiſtes. Wie koͤnn⸗
ten fie diefe Vorfichungen immer einmiſchen, wenn Jeſus Heinz
lich ihnen geſagt haͤtte, daß es iuͤd. Aberglauben wäre? Gie bes
ſtaͤtigten ia dadurch den Aberglauben. Ein Paulus ſchonte
keines iuͤd. Vorurtheils und verband mit der größten Freimuͤ—
thigkeit die tiefften Einfichten. Er würte alfp vom T** 08
gewiß aufgedeet Haben, falls ff. Nirgends im n. Teſt. ift eine
Spur, wo die Meinung vom Daſeyn des T** für Aberglaus
ben erklärt würde. In vielen Stellen dagegen ift fie mit dein
MWortrage der wichtigſten Neligionsivahrheiten verweit. Nach
Sefus u. den Ap. gibt es alfo einen IF,
Einigen neuern Theoiogen it es am wahrſcheinlichſten, daß Die
neuteſtam. GSchriftfieler feibfi die damaligen SZeitidsen
vom T** gehabt wind daran geglaudt haben, nur if
noch die Frage: war diefer Glaube ein richtiger
Glaube?
Teufel und Satan, ſobald dieſe Worter im n. Teſt. mit dem
Art. fieben (9 deeßBoAas u. 0 cara&y) bedeuten nie einen Mens
ſchen, fondern einen boͤſen ©eift, vier ben oberfien der vöjen
Seifter. 9 |
c) Es
)
Eckermann a. a. O. ©. 137. 138.
— | 273
Teufel, (Gründe für das Dafeyn des —.
c) Es iſt diefe Lehre nicht vernunftwidrig. Der Beariff
iſt möglich. Es laͤßt fi ein ſoiches Seſchopf wie de
dv. h. das boshafteſte Geſchoͤpf aller Seſchoͤpfe, oder ——
Weſen, weiches an) ein Geſchöpf; bb) weiches — t 6052
haft, welches co) ewig gequaͤlt, ohne dadurch gebeſſert au werz
I
Teufel
den, und welches da) in einem veſtaͤ indige 4 Beftresen, die M.
ewig ungluͤcklich zu medien, ifi, in Einem Begriffe denken,
uno es iſt zwar unmoͤglich, daß es DE. zwingen, aber doch die⸗
ſelben, fo fern fie, als ſinniiche Weſen, nach Begierden handeln,
taͤuſchen und beruͤcken kann. Es iſt nicht unwahrſcheinlich,
das ſich groͤe Bosheit mit einem vorzuͤglichen Verſtande paare.
Werden auch Menſchen oft T** genannt, ſo hebt dieß das
Daſeyn des Tr nicht auf, ſondern ſetzt Begriffe von ihm
voraus. — ©. hierüter: Apologie des Teufels von
Dr. Erhard in Nuͤrnberg, in Niethammers philoſ.
Journal 1795. 58 Heft; im Auszuge in Haͤnlein's,
Ammons a. Paulus neuem theol. Journ. 7r B. ©. 693
715. Eine Beleuchtung dirfer Erhardſchen Apol. des T**
von Sikler finset man in Yugufii’s theol. Blaͤttern, 2ter
Fanrg. 18 Dart. Sr. 5.°6.. ©. 65:95, wofelbfi die
Undenkbarkeit eines Jdeals der Bosheit darges
tyan wire
ift aber merfwärdig, daß Dr. Erhard in iener Apol. des
TE. fihreists „es iſt aber das Dafeyn des T** mit keinem
„Intereſſe der prakt. Vernunft verbunden. Der ſittl. Menſch
„bat alio Fein Suierejie, einen T** zu glauben und der Bos⸗
„hafte bat ein Intdereſſe, ihn zu laͤugnen. Die Eriftenz des
na” ik alfo aus nichts zu poſtuliren und iſt daher für Sie
„theoretiſche Bernunft probleinatiiih u. für die praktiſche gleichz
7
„guͤltig. Es laͤßt ſich alfo weder in theoret. Ruͤckſicht ein Er—
-,0—my
„klaͤrungsgrund, noch in praktiſcher cin Betimmungsgrand von
der Doce des I” Hernehmen. Seine Erifienz ift das
Es
Chriat. Sl Leref.d. Ganzeigekr. 3 Th.
Der vellig gleichguͤltig and fie zu glauben oder
„nicht zu glauben, Dat Beinen Sinfluß auf die
„Wuürkſamkeit der möoraliſchen Sefinnudg im
„Menſchen.“
ſtreitet die Lehre vom Te* auch nicht gegen die Als Grund⸗
begriffe von Gott, daS cr dadurch ver Urheber des Boͤſen wer—
de, oder daß dadurch die Sreih, des Bi ese wuͤrde.
Denn Sott kann es ia zulaſſen, daß ein boſer OL, vie Infchuld
verführt, und das ein Sara die Unſchuld umbringt. Er
kann elfd auch die Werfährung des Satans zulaſſen. Er kann
ein beshaſtes Weſen dien, weil er Verehrung uns Gehorſam
aus freirr LZiebe ſucht, welches unmöglich würde, " wenn das
geaenjeitige Betragen die Vernichtung ned) ſich zoͤge. Da der
T** nicht unwite jr ehlich auf ten I. würfen kaun, ſondern
5
3
==
Ba, T. |
Teufel, (gebörtdie Lehre v. — in den Volksunterricht ?)
dieſer wachen und widerfichen fol, fo ift der Suͤndigende nicht
unſchuldig. | e
d) Die bist. Lehre vom T*x* if an fi nicht ungereimt. Durch
Zuſaͤtze und beſonders durch ſinnl. Darfielungen fpäterer Sei:
ten iſt ſie es erſt geworden. Die Bibel beſchreibt und mahlt
nie die Geſtalt des Zr, wie ſie es zuweilen mit den Engeln
nacht.
Eine gelehrte Unterſuchung und Abwaͤgung diefer Gründe gehört
nicht in einen Volksvortrag. Deshalb und weil der Gtaube
“an vie Eriftenz des T** keinen Einfluß auf die Wuͤrkſame.
der moraliſchen Geſtnnung des M., oder, weil die innere Möge
lichkeit des T** kein reines prakt. und ſicheres Moment bet,
weil ſie gefaͤhrlich und moraliſch ſchaͤdlich iſt: ſo beſtreite man
auf ver Canzel und im Volksunterricht nie weder das Daſeyn
des Te*, noch rede man für dafjelbe. Da nad 1 Son. 3, 8..
Jeſus Ehrifius die Werke deſſelben, cheiße dieß nun jeine
Macht, oder den Glauben an die Wärklichkeit des T** umd
die aberg!, Furcht vor ihm) zerſtoͤrt bat: fo gehört dieſe Sache
und das ehemalige Vorurtheil, daß der T** den DM. verführe,
wicht zur popul. und prakt. Theologie. Man laſſe diefe
Lehre unentfchieden u. rüge bloß ven Mißbrauch.
Aufgeklaͤrte wiſſen ohnehin, daß Teufel nah ver Bezeichs
nungsart der alten uncultivirten Welt fo viel als icde widrige
Rage, jedes Mißgeſchick, das fittl, Ueber, und große Feindichaft,
ia das Ideal der hHöhften Bosheit, Abſcheulichk.,
BerworfenH und Schadenfreupde anzeige — daß T**
nach morgeni. Sprachgebrauch ein Eymbol von göttl, Strafen
(vie Gott nicht unmittelbar, fondern durd) Mittelsperfonen volls
ziehen ließ, bedeutet. Derienige aber ift ein Ideal der Bosh.,
welcher der ſittl. Oefinnung zuwider handelt, um ihre zuwider
zu bandein, der 3. B. nie wahrhaftig if und es doch ſcheint
zu ſeyn, welcher fi) der Gittlihr, Unterer als Schwäche zu
feinem VBortheil bedient, Andere zu Sünden verleitet, während
er die GittlichE, als etwas Nothivendiges zu erkennen fcheint,
ver Niemanden liebt, der jeden, welcher nicht von ihm abbanz
gen will, ungluͤcklich macht und fi, um confequentf zu hans
dein, niemals etwas reuen laßt, fondern das Beichloffene, es
Eofie, Was es wolle, ausführt, — Urheber und Befdrderer des
Bien unter M. koͤnnen auch Teufel beißen. — Wozu dient's,
das alles Dffentlich in einem Wortrage vor einem vermifchten -
Haufen zu fagen? Durch einfeitige verfüchte Aufelsrungen
des großen Haufens verliert dad Herz mehr, als es gewinnt.
Der Glaube an ven T* unter dein Wolfe Halt bie und da
noch manchen ad, einen Meinetd zu fihwören, und Schuldige
werden oft durch vie Schreden des Aberglanbens zum Geſtaͤnd—
niß des Derbrechens aebracdt Der T** ift oft ein Denkzei—
chen der Furcht, elwas Verbotenes nicht zu thun und das Ge—
& 2, 275
Teufel, (die Lehre vom — gehörtnicht aufd. Kanzel ꝛc.)
botene nicht zu unterlaſſen. D_ Man kann ober auch) hiege—
gen einwenden, daB wir dann der Hauptforderung der Leh—
ze Sefu, nach einer immer reinern Erkenntniß Gottes
und unferer Pflicht zu fireben, folglich auch allen unlautern
Befiimmungsgründen immer mehr zu entſagen, entgegen arbeiz
ten, wenn wir etwas unter die Kehren aufnehmen, was nicht
vor dem Richterſtuhl einer firengen Prüfung mehr befichen
kann. Es ift alfo beffer, daB man mdgliäfi des
T+% gar nicht erwähnt; man gebe aber eine folche rich—
tige Erk. von der über alles waltenden Vorſehung Gottes, daß
die Vorurth. v. der angeblichen Macht des T*F*, der Glaube an
deifen Verſuchungen u. Einwärkungen v. ſelbſt aufnören. Man
Ichre nur das, was dem M. wahre Weish,, Bel. und Ruhe
geben, oder dazu anfpornen kann, Die Lehre vom Tr*
aber iſt zu werig praktifch u, Fann zu leicht gemißbraucht
‚werden. Die: Menge anderer weit wichligerer Zehren ift zu
groß, als daB man ihr viel Zeit widmen bönnte. — E83 wäre
nicht weife u. lehrklug, wenn man folgendes pretigen wollte:
„Die Lehre vom T*x* Hat ihren erfien Grund in iener alter
„Meinung von wirkfanen Wefen, deren eins das Öute, das
„andere das Boͤſe bewürfe. Man gab iedem dierer Wefen feine
„Helfershelfer als Mittel und Werkzeuge zur Befoͤrderung ſei—
„ner Abſichten. Auch in der ihbiihen Rel. waren diefe Bes
„griffe aufgenommen, Mean fchried alles Boͤſe, fowohl in der
„Körpers als auch in der moralischen Weit boͤſen Geiftern zu.
„So dachte man fi) die Krankheiten als Würkfungen des Tr*,
„ſo Raſende u, Epiteptifche als vom T** wuͤrklich Beſeſſene
„oder Bewohnte, So ſagte man von boͤslich Irrenden, fie haͤt—
„ten den T**. Alle Verſuchungen zur Sünde machte man zu
„AÄnfechtungen des T**. Jeſus und die Ap. behielten diefe
„Bolesfprache bei. Wie durften fie eine andere Sprache reden
„als die, weiche iederinann verſtand? oder hätten fie jedesmal
„sagen follen: fo müfje nicht geredet werden! dann würde matt
„tie ia eben fo getadelt haben, als man uns taveln würde, falls
„wir iedesmal,fo oft wir fagen hörten: „de Sonne geht auf!“
„ſie seht unter” die Anmm. machten: fagt Doch! wir Fehren
„ans der Sonne hin, wir Eehren ung von ihr weg! fte lehr—
„ten ia beſſere Begriffe von Gottes weifer — guͤtigen Regier.,
„wodurch fie den T** die Macht nahmen und deffen W. zer—
„förten,. ‘ **)
Sa
=) Bol, Zerrenners deutſcher Schulfreund, 148 Bändchen,
Ir. 1. „Gedankenkloͤtzchen.“
2*) Allg. d. B. 87% B. 18 &t, ©, 72: 73.
370 R,
Teufel, (die offentl. Beſtreit. des Daſ. des— if nichtze)
Desgleichen:
„Es iſt in der Familie des Allweiſen — des guten Allvaters kein
„solches Bwittergefchöpf, wie dee vermeinte T** if, Er bat
„sie M. viel zu lieb, als daß er fie nach Leib m, Seele einer
„region Zeufer Preiß geben follte. Welche Vernunft Tann
„wohl einen fo dummen Gedanken denken! Schrieben Jeſus
„und Me Apoſtel dem T** etwas zu, To nehmen fie es im
„philsſophiſchen Sinn fuͤr die Hinderniß des Guten in der
„Aufklaͤrung und Tugend, fuͤr ſittl. Verdorbenheit, Barbarei,
„Abergl. und Laſter der damaligen M,, für den Geiſt tes
„Abergl. und Laſiers.“ 9) — — Ferner: „In der Bibel iſt es
„gewoͤhnlich, ven damaligen Religionsideen des Judenthums u.
„ner Volksſprache gemaͤß vom I” als von einem Weſen zu
„Sprechen, das früher fündiste und gleichſam der Suͤnde Erfins
„See war. Da dieſe die Duelle des menſchl. Elendes ift,fo wird
„ſtatt deſſen vurch eine Mietonymie der Sprache gefagt: ver
u "> fey der Urheber alles Elendes in der Welt. Suünden
„serien desh. Werke des T** genannt, ISoh. 3, 8. Ruihs
„!ofe M. heißen Kinder des T*= 1Joh. 3, 10. Xropifch ſteht
„ser Ausdr. Gewalt des Satans für: Gewalt des Irrth.
„und der Sünde über das menſchl. Gemuͤth.“ **)
Man erwähne dann, wenn ein 31 erklaͤrender bibl. Text dazu Anz
las aibt, des T* *; man rede aber wider das, was man fih v.
den Einwärfungen des Zr" auf die M., vor f Macht zu
ſchaden, zu Sünden zu verführen, fagt, und wenn M. die Schuld
ihrer Sünde auf den T** fchieben, nad) Anleit, deilen, was
unten 1], davon gefagt werden wird, Denn‘ nnläugber wird
ver Glaube an die Einww. des Teufels für unſere Gemuͤths⸗
ſtimmung und Sittlichk. fehr nachrbeilig. 1) Menſchen werz
den dadurch in eine unndthige Furcht geſetzt, und zum unſin⸗
nigſten Aberglauben verleitet; 2) fie lernen dadurch eine uns
richtige Duelle ihrer Sünden Fennen und verlieren darüber die
Moͤglichk. ſich zu beffern. Die Sinnlichke, das Herz — die
Luſt des M. if vie Duelle ter Suͤnde. Wacht man über die
ſinnl. Neigg,, fo werden ihre Ausflüffe verhuͤtet. Ohnehin ift der
M. geneigt, die Urſache feiner Vergehungen außer fi) zu ſu—
chen, ev erareift alſo begierig tiefen Ausweg, um fid) ſelbſt v.
der Schuld zu befreien, Er klagt nicht fi), fondern den er *
an, und bleibt fo ohne Beſſerung. —
„Die Materie von TY* gehirt nicht in. eine Predigt, eben fo we⸗
„nig, als wenn ein Diabolicus zu Ehren u, Gunſten ver T**
w
— — —— — ——— 2 Te ——— ——
*) Oertel griech. —— Woͤrterb. des n. Teſt. Goͤtting.
1799. gr. 8. beim Wort dusR:2ca
**) (Schulz) Lehrb. der Rel. nach Grundſaͤtzen der Vern.
und des Ehriſtenth.Lpz. 1789: gi. 8, ©, 221, 222.
v
2 | a 277
Teufel, (fee iere — uͤber den — uͤber die ꝛc.)
„auftritt. Man erkläre bie Schriftſtellen, vie nach Chat.
Philoſ. m. ind. Theol. v. boͤſen Geiftern handen, wenn fie
„vorkommen, aus dem ii. © PN. richtig u. rede nie
„weder für noch wider den x: “, fo wird er ſich aus ten
„Köpfen der M, altınährich von feleft Lertieren.“ 9) Sn Uns
terredungen mit Landleuten Fann man, Wenn von demſelben
jemand fagte: „ich Babe den T** in den nen
ſehen“ fie beichven, daß der fliegen: Drake, v. welchem
ine. glaubt, daß es ter böfe Feind in eigener Perſon ſey, ss
‚ nichts befieht, als aus brennbaren Düärfien, sie ſich durch Reiber
an einander enizundet haben. Er fliegt fo lange, bis ſ. Theile
E verbrannt find. Er bewegt fi) ſchlangenfoͤrmig, weil die Dunſt⸗
theile Hoch und niedrig Tiegen, Deshalb zicht er fih nad, den
Schornſteinen, weil er nad) ver Materie, aus weicher er ſelbſt
befieht, aus Feuer, hineilt. Wie thoricht iR alfo der Glaube,
daß ter T** unter diefer Geſtalt ſ. Berehrern Biene!
‚Die Lehre vom.,Z*r* if aljo problematifh. Auf
Seiten der Palkolngen fo gut als der Neologen
gibt es große Schwierigfeiten., Man nehme, um an
ſicherſten zu gebt, gar seine Partpei, Du aber klare Biselfiels
len entſcheiden, daß der T** uns gar nicht, fo wenig als ein
anderer Berführer ſchaden Ednne, falls wir wacden u— ſittlich
gut handeln, Fo Farın dieabergl, Furcht vor dem DI,
desgl. alles, was dem T** zur Laſt gelegt wird, beſtritten
werden. Die Vorſtellung, daß man. den M., weil er als ein
zwar freies, aber endliches, Weſen immer abhängig iſt, ſo—
weht im Guten als Bboſen, — mit Recht im legien Falle un—
ter der Leitung eines boͤſen Grundweſens denken mäfe, wm
feine Entfernung von Gott und feine Empoͤrung gegen ihn
in ein deſto helleres Licht zu ſetzen, **) duͤrfte aber ſehr ſittlich—
ſchaͤdlich werden. Dieſes iſt zu vermeiden und ein richtiger Bez
griff vom Reich des Satans mitzutheilen, naͤmlich: wenn
das n. Zeit. als eine feindliche, dem Reiche Gottes und Jeſu
entgegenfircbende Macht gefchildert wird, Matth. 13, 28. 395
ISoH. 2, 18. Reich des Satans ift nichtd anderes, als
das Reich des Boͤſen (Matth. 6, 13), in welchem Irrthum,
Aberglauben, Wahr, Lafer und Feindſchaft argen alles Gute
herr eſcht.
Man rede nicht fuͤr das Daſeyn des T*ubffentl. im Predd., des⸗
gleichen nicht von ſ. großen Macht. Dadurch bewahrt man die
NM, nicht vor Sicherh., ſondern macht ſie erſt recht ſicher, um‘
zugleich recht unthätig, um an ver Sinnesaͤnderung — zu
arbeiten, Es hindert, daß fie nie zur vechten Erk. ihres Vers
[2
9 A. Lit. Zeit, 1790. 3r B. S. 534.
=) Am mons wiſſenſch. Thesl, ©. 130.
278 = —, “ i —9
un (über den Vortrag ber Lehre vom 9
derbten Herzens kommen, ſondern die wahren Urſachen des
ſittl. Verderbens, beſonders den eigenen Antheil, welchen ſie
daran haben, snerrehen. Ihr Herz, denken fie. dann, ſey fo.
böfe nicht, der T** allein Gate Schub. Welch ein Ver:
derben ifi es, durch das Lehren vom Einf
T** auf den Di. u. von des M, Unvermdgen zum
Öuten denſelben ganz unthätig für-feine Beit.
zu machen! Thun fie Boͤſes, fo bat es der T** gethan;
ſollten ſie — die traͤgen — faulen Suͤnder, gut werden, ſo nimmt
man fie ohne alles ihr Mitwuͤrken gleichſam auf die Haͤnde u.
hebt fie auf einmal aus dem Schlamm der Kafter auf den Berg
ter Tugend!!“ Wehe denen, die fo das Verderten ver M. vers
srößern, „Das Rabbiniſch-ſcholaſtiſche Dogma 9. der Macht, u.
„den Berfuchungen bes Satans vermag fehr die Unſittlichk. zu
„besänfligen, Denn Eph. 6, 12 find die Dbrigkeiten unter
„Juden u. Heiden, vorzüglich aber die Boͤſewichter unter den
„lestern gemeint. I Petr. 5, 8 geht auch blos felkige Zeiten
„en, worin die Chriften fo manche heftige Gegner, befonders
„unter ven Juden hatten, vie alle ihre Handlungen belaufchz
„ten, ob fie etwa Anlaͤſſe zu weitern Bedruͤckungen und Ver:
„folgungen unter benfelben finden möchten. Es Hot Eeinen
„Grund zu behaupten, daß der Satan ven M. zu dem oder
nienem Kbevrede, daß es fein Hauptzweck fey, die Kinderſeelen
„zu vergiften, denn die Beiſpiele u. Gelegenheiten nähren und
„entwiceln den in ven Kinderſeelen Tiegenden Keim, und Sefus
„und feine Boten fagen nichts vom Gatan, von deifen Eins
„Füffen in die menſchl. Gemuͤther und von feinen Verſuchun⸗
„gen.“ — Ueberdieß ſchwaͤcht die Vorftellung:
iſt ein Te*z,,das Vertrauen auf Gottes Vorſehung,
erfuͤllt die M. mit einer quälenden — wiewohl
: 9randl. Furcht w verleitet fie zu mannidhfalti>
gem Überglauben.
Mon einem Kampfe mit dom Z** darf auch nicht mehr wie ches
mals die Nede ſeyn, davon weiß die h. Schrift nichts.
die Suͤnde ſucht über den Mr. die Herrfchaft zu gewinnen,
ihr muß der Mt. Eimpfen. Diefe ift der im Herzen des WM. wohs
nende Feind, der ale unſere —— Kraft und Anſtren⸗
gung erfordert; vgl. Dr. ©. Leß Preis. v. Gebet. RE
fen :1778::.8.)82 433 ei Anm, wie wir gegen die ©
Fampfen muͤſſen.“
Bel. Scherer’s alg. homilet. u. Lit. Archiv.
48 ©t. 18901. ıfte Abh. „fol man dem gemeinen
Mann den Glauben an den T** laffen (Der Verf.
gibt den Kath, den T** noch vor der Hand Gig in
den Seelen ungebildeter M. zu laffen, mwentgfteng den
Glauben an ihn nicht zu beftreiten, fondern durch Wit:
T. Ba 279
Teufel, (prakt, Folgerungen.)
eheilung beferer Ideen nach und nah in f. Grund-
fügen zn erfchlttenn.)
S.— Der Teunfelin feiner Ohnmacht. Ein
Sragm. von einem Antidiabolicus zur Foͤr—
derung einer vern. Aufflarung Erlangen
1790. 8. (4Ggr.); — Kofegarten: der Schat—
tenkoͤnig. Ohne Angabe des Druckorts) 1800. 8.
(8 Ggr.) (ift eine geſchichtliche Entwickelung des Dogma
vd. dem T**. Es zeigt K., daß die Philoſophie we—
der die Erik. noch Hichteriften; des T** beweiſen
fönne. Fuͤr die Moralitit hält 3 auch die Meinung
über den T** für gie —— RE RE
Erfl. der Schrififtelle, I Petr. 5, ‚ee feyd nüchtern ꝛc.
auch noch einiger hieber gehoͤrigen Stellen zur Unterr.
und Troſt fihwacher Ehriften. Gotha 1798. 8. (3Ggr.)
Goͤtze nuͤtzl. Allerlei; 2te verb. A. ırSh. Nr. 85. ©.
292 ff.: „eine Feine Golfepredigt über Iperr. IE
8.8. Sintenig Gonntagsblatt. ır Th. 1801. Ar...
A des Weltboͤſen ohne Einfl. eines bofen We—
Bm
II. Praktiſche Folgerungen.
1) Da es in unſern Zeiten *) Menſchen A ibt, welche
nach ihrer neberzeugung das Daſeyn des T** nicht
glauben Finnen, ſo muß man diefe deshalb nicht für
Unchriſten halten, fo wie alle die, die den T** Jäug-
nen, darum bdieienigen nicht. für dumm und aberaläu-
bifch halten duͤrfen, welche fich das Dafeyn des T**
haben einreden laffen und fich davon überredet haben.
Man bleibe vieimehr beim Glauben anGott und feine
beſchuͤtzende Vorfihung, und an Jeſum und unſere Er—
loͤſung ſtehen.
2) Man glaube nicht an Zeufelserfiheinungen. Man
glaube nicht, daß er unter den M. gegenwärtig waͤre,
oder daß die T** diekuft erfüliten. — n man auch
er: den ft.‘ '
wurflich an Ar ® an glaubt, ſo ep ia in
einer von unferer Erde Berjhlebenen Weltgegend, im
—
*) Dief ift — nee — zu ſagen.
280 “ EN
Teufel, (prakt. Folgerungen.)
Tartarus eingekerkert, d. h. ohne Bild; ſie find ı eing?s
fihranft und zum großen Gerihtstag aufbewahrt.
Hier Teiden ſie ihre Strafen. Sie find alfo weis ent—
ferne son une. Sie konnen alfo nicht auf und wuͤr—
Ten und ung alfo ganz und gar nicht fchaden. Nur
uns ſelbſt fhaden vir durch unfen — * llen und
durch —— Suͤnden.
Ueber IIPetr. 2, a uns Judas B. 6 ſ. Briefs ſ. Doderlein's
Mel. Iinterr. Th. Vil. ©, 189. 190; allein ich erkläre ven
Tartarus v. einem aͤußerſt en Zuftande und die Ketz
fen, womit der T** angefchloffen ift, v. der Unmoͤglichk. dab
er ſchaden Fan. Ben der eivigen Unſeligk der böfen Geis
fier iſt auch nicht Die Rede, !
Ders. Hahnzogs Predd. wider den Übers. der:
Landlente, Pr. ra. ©. Rn, „von einigen angebl.
und eingebild sten Erfchenungen des Satans.‘
Mean fuͤrchte ſich vor den körperli— chen Einſtuͤſſen des
T auf uns Mi. oder auf unſere Hausthiece
aͤngſtlich, als ob er im * wohnen, die M. ing Un
gluͤck, z. B. ins Waſſer, ftürgen, ven M. lahmen oder
entfräften. fönne. Dieß iſt thöricht. Es hieße den
höchſten Aberglauben bewelſen und ſich von aberglaͤu—
biſchen ar abhaͤngig machen, um ſich auf ihre ver⸗
meintliche Gegenhuͤlfe zu verlaſſen. Denn iene Sucht
a) wurde auf dem Haube nv beruhen, als ob württ! ch
Die M. und dag Dich vom T* beſeſſen ſeyn könn—
er * man in der Evang. Geſchichte ton
Eh _ Be LEER US oder von Be—
iſchen Leuten) fiel. Wlein
es nd —5 nun gtuͤgliche, aber gefaͤhrliche,
ſchwer zu heilende Kranfbeiten, 2. DB Ra;
ferti BIER Dr fallende Sucht, Shwer-
muth, hyſteriſche Uebel, wobei die franfen große
Störfe in den ſchrecklichſten Verzuckungen zeigten und
ſchreck liche Symptome ſchwerer drantheit n zu verſte—
hen, die in denen ı 28
WrRr ar}
De
—
—
— 5
—
—
Ku
>
TER" I rGlaube, daß der
me, alldeıken herrſchte, und
wo mon alles und iedeg Hofe, iedes Uebel, — mora-
fh oder phyſiſch — dem I** als Urheber u, Stifter
beilegte,dem T”* angefchrichen wurden. Haupkſaͤchlich
war die a beſitzung dieienige Krankheit, welche die
Aerzte Wolfswuth nennen, eine Art v. Wahnſinn, der
en
*
++
it
im M. wohnen fen
—
x 5 5
Le 251
Teufel, (v. den Teufelsbefißungen im n. Teſt.)
hier und da in Raſerei ausbrach; die man, pen der
Heftigkeit ihres Ausbruchs, leicht für eine Wuͤrkung
eins feindfeligen Weſens halten konnte, welches ſich
eine Freude daraus machte, die M. zu peinigen. Aus
Unfunde in der Naturlehre und im der Arzneige lahrt—
heit bezeichn⸗ man iede Krankheit, beren Ih ſache man
ſo wenig als die rechte Heilung einſahe, oder die ſehr
— war, hr eine Mürfung ee TS’ Die Hua»
druͤcke der Volks prache hatten fich einmal nach dieſer
VBorſtelung gebildet. Beſondere Anfälle des Wahn—
ſinns und ber fallenden Sucht zaͤhlte men unter Die
daͤmoniſchen Wuͤrkungen. Die Redart: „er hat
Frage in beſchimpfendem Sinn unſinnig ſey
05.7, 20; 8,485 19, 2%. — Meith. 17,15 hair
erſt Die Krankheit befchrieben, ohne des MIR SIE Tr-
mahnen; Hanybır erfi 3. 13 heißt es: der S** fuhr
aus, Das, was von ten nn womit die Teu—
elsbeſitzungen ſich aͤußerten, geſagt wird, laͤßt ſich gut
‚on krampfhaften Zuſammenziehungen gewiffer — Theile
herleiten und erklaͤren. Dieſe Zufaßle flinmen auch mit
den ſonſtigen a, die man bei manden Epi —
zim
unigen wahrnimmt, ſehr uͤberein. Of
us dieſe Krankheiten durch feine Wun—
raft. Wenn gleich die bibl. Schriftſteller dieſes
„Teufelaustreiben“ nennen, ſo beſtaͤtigen ſie da—
durch Au die gewoͤhnl. Meinung und ı HEbinen dieſe
h. at Man braucht auch ietzt noch
die Au * ick „bleich, — hager wie cin Geben! m“
ohne grade die chmaligen Begriffe damit zu verbin—
den. Wenn Jeſus ohne alle Selm iftel Die [merisen
Krankheiten mit einem Worte bed, fo handelte er eben
fo groß und wunderthätig, als wenn er im eigenil.
Sinn S** au ——— haͤtte.
Jeſus ſelbſt glaubte unmoͤglich die koͤrperl. Teuſelsbeſitzungen, weil
dieß aller fine n Denfart gradezu witerfireiteh Er ent:
huͤllte in dieſer feine ahre — nicht, weil er aus guten
Gränten vorherſahe, daß * — lich ſeyn wuͤrde, ſeine Zeit⸗
genoſſen ven Der — drigk. Des angenommenen Vorur—
theils zu uͤberfaͤhren. an der weite Menn fast nur dann
f. Meinung dffenttich, wenn er voraus ficht, daß es Awas
fremmen werte, Er trich eingebtidete TF+ als würd. Tr»
aus, denn man muß, um einen eingebildeten franfen zu heilen,
feine bei ihm ſeſt sewirdene Vorſtellung moͤglichſt ſchonend *
€
282 &
Teufel, (praft. Folge zungen.)
ur
handeln. Dieſe fen ſgeſetzte Idee wird fogar eft Grund der Ge:
neſung, fo war es z. B. bei ven Beſeſſenen zu Gadara der
Fu,
Es gab auch fpäterhin ſolche ſchwer zu heilende Krankhh., welche
man den EFF beilegte, oder deshalb M. für befeffen bielt,
wie dieß in der Geſch. der menfhL, Narrheit,7 Theile,
293. 17851789. 8. au verſch. Beiſp. hyſter. Perfonen von
Adelung gezeigt worten if. —
Falls man a uch gie: uben wollte, daß T ufelsbeſttun—
gen moͤglich geweſen waͤren, ſo koͤnnte man doch nicht
annehmen, daß ſie fortgewaͤhrt haͤtten. Denn nirgends
ſteht in der Bibel, daß die (vermeinte) Wuͤrkſamkeit
des Teufels ſtets fortdauern ſollte. Wer kann die
richtigen Kennzeichen angeben, wodurch ſolche Beſitzun—
gen von den Würfungen natuͤrl. Urfachen verfchieden
wären!
Dei evangel. Hofchnitten, wo die Rede von dem Austreiben des Teu⸗
“Fels if, auch Stumm- u. Zaubh., Gicht ze. hielt man für Wuͤr⸗
Eugen inwohnenvder böfer ®eifter, z. B. Luc. 11, 14 d.h.
ex gab einem ſtummen M. die Sprache wierer) rede der Rel, =
Lehrer lieber von der Guͤte Jeſu, v. ſ. Bereitwilige, zu hel—
fen, oder v. den Umfiänden, unter welchen er a bat over
v. ber Natur der Krankheit ꝛc.
Vgl. Schmidt's Bibl. für Krit. m. Exegeſe, Ir B.
48 Öt. ©. 525-559: „uͤb. die neuteſt. Daͤmonologie;“
bibl. Encyclop. oder ereg. Realwoͤrterb. ıc
B. Gotha 1793. 4. ©. 284 2923 „Beſeſſene;“ Doͤ⸗
derleing Rel.Unterr. VlIr Th. ©. 179-189.
? Furcht vor dem T** Finder deshalb nicht
iatf,
“ a) teil man ſich Gott nicht weiſe, gütig und mächtig
über alles denfen Fann, menn er fich feine Abfichten
durch eine folche gefährliche Gegenmacht müßte hindern
laſſen? oder wenn er erlaubte, daß feine M., ihnen
ſelbſt unbewußt, gequält und zum Bofen verführt
mwirden? Was Fonnte der M. dafür, daß er ruchlos
wärde, wenn er einem folchen übernatürlichen Zwange
unterworfen wäre? Go bald man den T** zum ge
waltigen Herrn macht, fo erniedrigt man durch folche
Berfiellungen den ewigen und einzigen Weltbeherrfcher
und Sefus Chriſtus — der alle T** auf ewig geftürzt
ber. Offenbar ift doch der T** unter Gott. Wie
* ⸗
T. 283
Teufel, (praft. Folgerungen.)
fann er alfo ohne feine Zulaſſung M. fihaden? Gott
leidet es nicht, daß er, (falls er da iſt) uns fihade,
weil wir ung vor ibm als einem unfichtberen Geift
nicht hüten könnten. Der T** (fals er vorhanden
ift) ift ein Weſen ohne Korper und Geſtalt. Er fann
alfo feine von den Wirfungen vornehmen, Die man
ihm gewoͤhnlich zufchreibt. Die Meinung alfo, daß
der S** noch ietzo auf der Welt gu fchaffen babe, iſt
ungereimt. Man lebe nur anhaltend fromm u. recht—
ſchaffen. Der Allmächtige ift unſer Schußherr und
Geleitsmannn. Wer Faun ung denn fchaden, «8 fen
eine fichtbare oder unſichtbare Macht, wenn wir Gott
bei ung haben?! Wan fürchte ſich nur vor feinem
eigenen Herzen, u. vor manchem Verläumder u Gegner,
ber für uns (nad) Eph. 4,27; IZim. 3,7; H Zin. 3, 3)
ein wehrer Teufel iſt, zumal wenn er unter der roe
eines Freundes als ein Engel des Lichts erſcheint.
b) Jeſus bat ia nach Ebr. 2, 14 durch ſ. Lehre dem
Tode un dem T** Die Drache zu fihaden genommen,
d. h. er hat der Sünde und ihren Solgen durch Lehre,
en Besen und Sterben und f. Erhöhung Einhalt
gethan, das Boſe vermindert und einge föranft, un
zur Tugend und frommen Gehorjfam gegen Gott, zur
Gewißpeit vom Antheil an Gottes Freundfchaft ges
bracht. Er bat Unmwiffenheit, Aberglaube und Laſter
verringert, Job. 127 31. Sein S** hat alfo Macht
über irgend einen Verchrer Jeſu, da Jeſus feiner ein-
gebildeten Herrichaft ein Ende gemacht hat. Würkte
der S**’ noch zu allem Boͤſen mit, ſo waͤre ia ſeine
Erloͤſung unvollſtaͤndig. Seine Verdienſte verloͤren da—
durch von ihrem Werth. Da er uns aber von der
Gewalt und den ſchaͤdlichen Wuͤrkungen des T** be:
freie, und ung zur Erkenntniß, Sittlichk. und ewigen
Seligk. den Weg gezzigt und geebner hat (Joh. 16,
N: — da dır St“ gerichtet A Alfor. 4, 4) — da
die Ap. durch die chriftl., mit Wundern beftätigte, Lehre
den Gogendienft zerſtoͤrt haben: fo ift ia offenbar feine
Macht zernichtet, vol. II Petr. 2, 4 Brief Juda V. 6.
Die durch die Offenb. ERUDEETE ern. fordert uns al»
ſo auf, jedesmal den wahren natürlichen Urfachen der—
ienigen. Erfcheinungen und Begebenheiten, deren Urhe—
ber der T** feyn fol, nachzuſpuͤhren a. fie verpflich—
294 A | Ri
Teufel, (praft. Folgerungen)
»”
een ws wenigſtens das allermeifte, was man ehemals
u aus Keichtgläubigfeit u. Unwiſſenheit, theils
aus Bosheit für noc fortwwährende unmittelb. teufe—
liſche Wuͤrkungen hielt, 4. B. Zauberei, Hexerei u. dal.
für ganz uuchrifl. Übergl. zu erklaͤren. Sind wir
Fromm, ſo haben wir uns vor nichts zu fuͤrchten.
be I ke, mie ein M. .‚ ber diefen abergl, Irrthuͤ—
mern ergeben iff, unmoslich in feinem Her; sen vor Gott
Eh: Fur haben eönne, indem er ben Su entweder
chin fo ftark; oder wohl gar noch ſtaͤrker fürchter alg
Gott. Hat man nicht in neuern Zeiten durch Aerzte
die fogenaunten Behexten geheilt? Bat man nicht Die
Zauberei durch gerichtliche Unterfuchungen alg einen
groben oder feinen Betrug aufgedeckt gefehen?
c) Die Gtelle I ßetr. 5, 8 ifi wicht im eigentlichen Sinn
zu nehmen, denn wer hat ie den-T** als einen bruͤl—
ienden Loͤwen umhergehen geſehn? Dieſe Stelle iſt
nicht auf in durch Jeſu Tod Erlöfte anwendbar.
Vergl. Dapp's Predigtb. ©. 145-157; „daß bie
Furcht vor en D** unnsthie r, unchriſtl. und fchadl:
Be © 25 Gannabic 8 Predd. über die Sonn- und
Fer taͤgl— Evang. ır d/ 2fe id. ;S. 2575285, „daß
wir nicht Urfahe haben, uns vor dem Satan zu
fürchten.” Zerrennerg Predd. f. d. lieben Landleute,
er Th. N. 22. und letzte: „daß der T** die M. we—
der krank noch geſund machen koͤnne.“
4) Reitzungen u. Verfuͤhrungen der M. durch
den Teufel zu Sünden und Laſter darf fein
Chrift (wegen 2.n.3.) mehr glauben. Man
mache nicht den Teufel zum Urheber von boöfen Ent-
fchließungen u. Dand!angen u. Bergehungen, oder man
ſchiebe, wenn man fich vergangen bat, nicht‘ die Schuld
auf den T**, als ob er ung dazu verführt hätte,
denn — a) dad: urch laͤugnet man die Vollkommenheit
Gottes und fein? Vorſehung. Der M. ſteht unter
Gott, iſt gleichſam in der Hand des Heiligen. Wenn
die Macht, ſinul. Neigungen noch durch Einwürfungen
eines boſen Gfes verſtaͤrkt werden fonnte: fo würde
die Freiheit des M. leiden, bie: Aurechnung ber Schuld
ungerecht feyn, und die Rel. einen großen Theil ihrer
Verbindlichkeit verlieren. Es fiele alfo dadurch der
— 28
Teufel, (prakt. Solgerungen.)
Glaube an die Weishen Gottes und an wahre
gend weg.
Die Bekanntſchaft über die Denkungsart der Juden an ben Seiten
en widt: uber vie Stellen Euc, 8, 125 22, 315.509, 8,
443 1 Son 2, 205- IPelr, 5, 3.95 und Eph. 6,
11. ı2 Licht, welche zwar vom fittl. Einfius Des T** auf bie
N. und von den boſen Handl. als Eingevungen u. Verfuchun—
gen des Satans zu bandeln fcheinen, allein in diefen Stellen
kann eine Bequemung nach dem Sprachgebrauch der Zeit zum
Grunde liegen, Shriſtus u, die Ap. bebielien Vorſtellungen
bei, ven weichen ſich vorden Zeiten Ser babyloniſchen Gefan⸗
genfchaft Feine Spur fintet, Die Erfahrung kann es nicht fer
ne ob es Mürkungen des T** auf bie Seele gibt, denn
‚es End Erine Merfmele vorbansen, con welcher Verſuchungen
des T** von andern Verſuchungen unrerichieden werden Fonnz
ten. Man faen auch fagen, daß tie Beiſp. Sr h. Schrift,
weiche fie v. Einwuͤrkungen des X. gibt, nur v. ſolchen wich⸗
tigen Merfouen vorkommen, kei welchen Gott um anderer Ab—
ſichten willen etwas Außerordentliches zulaſſen Eonyte, Und die
Ermahnungen der Ap., wider ven T** zu fireiten, beziehen
ſich zunaͤchſt auf die Umſtaͤnde der damaligen Bekenner Jeſu ı.
koͤnnen unmoͤglich ſo grade auf uns angewendet werden.
b) Weshalb heißt ung Jacobus 4, 7, dem T** su wi—
derfiehen, damit er von uns fliebe, wenn wir nicht
Schul) am Suͤndigen hätten?! Kann alfo der M.
dem vermeinten Einfiuß des I ** mwiderfiehen: fo duͤr—
fen wir nie Die ſittl. Schuld auf emen andern außer
ung fchieben. Wir feldft bleiben vermöge der Selbſt—
befiimmung des Willens, — denn wir find freie, ter-
nuͤnftige Weſen, — felbft und allein die Schuldigen.
c) Hiemit muß es feine Richtigkeit haben, denn vor
Gerichte, wo doch auf ieden kleinen Umſtand gun
Vortheil des Verbrechers gefeben wird, um ihm nid
Unsccht zu thuns wird doch, wenn ce bie Si Hal d
von einen beräßten Verbrechen auf den TC *= und det
fen Gerführung fehiebt, auf diefen Ynfand zur Mil—
derung feiner ‚Straf: ‚gar Feine Kuͤckßeht genommen;
dieß waͤre offenbar unrecht, wenn der Te zu den bo:
fen Handl. der M. mitwuͤrkte.
d) Die Beifpiele von fogenaunten und angebl. teufe-
|; then Eingebungen aug der Erfahrung, d. h.
feiche boͤſe Gedanfen, die manden, ohne Dazu befon-
dere Anlaͤſſe wahrzunehmen, fehnell und ganz unvermu-
thet überfallen; wenn folche he mit ungewéhnl.
kn
.
J
Zeufel, (praft. Folgerungen.
Staͤrke und Heftigfeit überfallen; wenn man, ohn-
geachtet manches Kampfes dagegen, fie doc) nicht vers
foheuchen, und nicht fie gleich von fi) entfernen kann;
wenn ſich manche böfe Vorfielungen finder, von des
nen man fonft nichts Ähnliches gehört oder geſehen zu
haben ſich entfinnen Ffann — die fogenannten geift-
lihen Anfechtungen laſſen fih deutl. aus einem
raͤnkl. Zuftande des Leibes oder aus Trübfinn und
Schwermuth erklären. Niemals kann man mit Ge
wißheit fagen, daß die teufeliſche Einwürfung hie oder
da vorgekommen wäre. Diele Bibelfiellen leiten die
in ung auffieigenden bofen Gedanken und Begierden
aus der unreinen Duelle unfers eigenen Hertens her,
z. B. Matth. 15, 19; Galat. Js 16:21; Rom. 7, 5.
85 21,117-20. 23. vorzüglich Fat. I, 14. 15. (Öenau
befchreibt bier Jacobus die innere Entſtehungsart
der Suͤnden den M.; er weiß nichts von
den Einwürfungen des Tax; er leitet alleg aug ber
Freiheit des M. ber.) In dieſen und andern Stellen
wird bei den Se jerbrechen, Laſtern u. Bos—
heiten der M. der Te* ganz übergangen. Er ifi alfo
nicht bei der Sinde ale eine mitwärfende unınittelbare
Urfache anzufeben. Die Neiße der Sinnlichk.
find Schuld an den menfchlichen Sünden, welchen aber
der M. widerſtehen kann, daher der M. felbfi für
feine Vergehungen Rede und Antwort fliehen muß.
Auch fuchen böfe Mitmenfhen den Mi. zu vers
führen, theils durch ihre bafe Lehre, theils durch
Lieberredungen, theils duch Drohungen, theils
durch boͤſe Beifpiele und Xergerniffe und auf andere
mannichfaltige Art. Es braucht alfo gewiß nicht der
Tx* die Tugend der M. in Gefahr zu feßen. Diefe
boͤſe Menſchen ſchaden den Beſſergeſinnten gewiß weit
mehr, als eg ie der E** (falls eg einen %** gibt)
kann. Allein man fann auch diefen Berfuchungen aus—
weichen und fie befiegen.
Selbſt dann, wenn man Berführungen des T** zum Boͤſen ans
naͤhme, dürfen doc) die, die ſich durch ihn verführen laſſen, nicht
Hoffen umngefivaft zu bleisen, weil er von außen durch die T**
sum Böfen gereist wird. Es ift vielmehr vie Schuid feines
eigenen Willens, daB er Weise, vie von außen erregt und bes
ſtaͤrkt wurden, und v. welchen er wußte, daß fie dem Geſetze
I 287
Teufel, (praft. Folgerungen.)
entgegen jenen, der Stimme der Bernunft u. Pflicht vorgezogen
Hat. Daß aber Gottes Kraft ieden an fich befiegbaren Weiß
zur Suͤnde vom WM. abwenden muͤſſe, Fann weder tard) Vern.
nod) Offenb. bewielen werien,
Bei größeren äußern Keigen muß der M. groͤßere
Borfichtigfeit anwenden. Men muB ar: — ‚er eins
ſichtsvoller zu werben ſuchen gegen a es Bote; man
*
muß gegen iede Verſuchung auf feiner a r ſeyn und
täglich an feiner Beſſerung arbeite Dann richtet
eine Verführung etwas aus. Gib, — ſt, Acht auf
de n Herz, auf den ſich regenden R öl, ke ine ben Gang
deiner Sedanfen kennen. Dieß iſt Das on Jeſu Matth.
26, 41 eingeſchaͤrfte ge Co bald du zum Ste
ten erweckt wirft, mußt du forsfeltig wider deine bis—
berige Neigungen känıpfen und dih ernfilich bemühen
dem entgegengefegten Guten nachzuſtreben. ...:
deshalb Aufmerkſamkeit auf dich feibit, bete, beſchaͤf⸗
tige deinen Verſtand mit fi ommen Berrachtungen, ſuche
Umgang mit rechtſchaffenen We verhüte vorzuͤglich die
Gelegenheiten, welche die alten fündl. Neigungen wieder
erwecken und verftärfen Fonnen. Wende einen großen
Ernft in deiner Froͤmmgk. an.
Da offenbar die SittlichE. der M. u. ihrer Handl. bei dem Vorurth.,
daß der T** de M. reise u. ſ. f. ſehr viel leitet — da der
Menſch ſ. Tugendkraft verliert und f. Eifer fürs Gute ges
fhwächt wird: fo muͤſſen Rel.⸗Lehrer das Nr. 4. Geſagte be:
Tonders oft einichärfen. Denn it ver T** unfichtbar, iſt ew
durch verborgene unmitteltare Einfläffe bei dem vom M. vers
üsten Boͤſen fo geichäftig, ohne dad es tie M. einmal willen
um) ohne das fie befonzere eigenthuͤml. Mittel in Gärten Das
. ben, die fie wider ihn gebrauchen koͤnnen: fo fallt rin großer
Theil der Schuld und Strafwuͤrdigk. ihrer Handl. v. ihnen ab,
und kommt auf die große Rechnung des Satans, Wie oft ha—
ber Sich auch deshalb Miſſethaͤter damit entſchuldigen Wollen,
daß fie fagten: der T** hat mich dazu verführr, Man zeige,
daß es uns nicht zu ſtatten kommre wenn wir glauben, daB ver
T** und nicht wir felbft am Böfen, das wir thun, Schuld
wäre, wie S. 286 bemerkt worden if. Pan zeige, daB es
berrichenter Zon der h. Schrift iſt v. Suͤnden die doch Handl.
ser M. find, als von Merten des XF* deshalb zu reden, weil
ale — von M. begangene — ——— Werke ſind, der⸗
gleichen der T** (als Ideal alles Boͤſen) gerhan her und —
tout. Daher ind Sünden und Werke des T** len
tende Wörter, 3,8. IJoh. 3, 4:8, Was Sof, V. 5 Sünte
—
FA
288 I
Teufel, (prakt. Folgerungen.)
wegnehmen nennt, das nennt er V. 8. Werke des ——— eildren,
Seufelsfinder Ich. 8, 24 find Die, weiche fo böse dach:
ten u. Bbandeiten, als der I**, x |
E3 war ſchädlich und ſon nicht mehr fiatt finden, daß die, Prediger
ehehin von böſen M. ſagten: day fie fh vom T** Kätren „nierden
laffen, 225 3 Ber Sfinvwen des ES feine Kin der wären, Sag der
Tr’ fe am Kiride führe! Dieß wäre, eine verkehrte. — La⸗
ſterhafte zügren zu wolen,
i. Alerlei, ziel. ar ©. Ne. EXKL.
ı „über Die Worte Eur. 2, 12 es eine
Widerlegung des Vorurth., dem L*r von allen: Boͤſen
die Schuld zu geben.) |
5) Dan glaube nicht an dag He wie
’on. mit dem T** ein Buͤndniß aufrid-
ten, *) ober dag Die M. welche bereits mit ibm im
Buͤndniſſe finden, durch ihn zaubern oder auf eine
— Art unne tuͤrliche & ssinge bewuͤrken, andern
Menſchen füyaden, Schäse entdecken, oder ſonſt ſich u.
andere M. reich machen koͤnnten. Sagen uns andere
Menſchen viel von. den Wuͤrkungen der Zauberfor—
meln, vom Gluͤck, welches man durch Huͤlfe des Des
erlangen, und von ibm Geld, M ahruugoͤmittel u dgl.
erhalten koͤnne: fo traue man Ye nicht. Denen, die
ung erzählen, daf der, den man für reich belt, mit
dem Des in einem Bindnif fiche, daß dieſer ihm das
Geld bringe, ibn bei andern Menſchen beliebt mache,
traue man nicht. Denn ſehr oft hat ee ſich gefunden,
daß ſich dieſe M. die Leichtglaͤubigkeit Anderer zu flug
machten, ſich dabei bereicherten, und unter dem Vor—
wand geheimer Kuͤnſte oft die ſchaͤndl ichſten Abfichten
ansführten, und heimlich die Einfalt derer, Die ihnen
frauten, auslachten. Gott DEM doch weit
mebr unfer Derfrauen alsd * boͤſen Men:
ſchen. Hat er nicht ſchon im a. ar zu Ber Zeit,
wo man noch nicht ſo weit in der E war, es ver—
boten, daß unter den Volke Fa —— und
Traumdeuter, keine Zauberer, Todtenbeſchwörer und
ſolche Leute ſeyn ſollten, die Meng des Abergl. Anderer
zu
*) Wie man ſich dieſes ehehin dachte, davon ſ. Ulrichs
moral. Encyel. ill. 889.
Se 289
Teufel, — Folgerungen.)
zu ff. bi Solche Leute ſollt en verbannt ſeyn aus dem
Rolf. Die heil. Schrift erklaͤrt alſo, daß dieß alles
Betruͤgerei und Entehrung — goͤttl. Vorſchung ſey!
Gott hat ſich eh darin geändert. E8 gilt auch noch
ießt diefer Befehl. Men gl faube alſo ienen M. nicht.
Derfprechen fie ung fhnen reich zu werden, fo Denfe
man an dag, was die Bibel fast: du ſollſt arbeis
ten u. beten. Dieß ſey der Weg reich zu werden.
her durch Entdeckung v. Schaͤtzen und durch ſchnell
erlangten Reicht un kaͤmen wir in Gefahr, in Muͤßig—
gang und in Laſter zu verfallen, weil wir die Arbeit
nicht mehr noͤthig finden würden. Es gibt gewiß mir
gends in der Welt M., die mie dem — in einem
Buͤndniſſe ſtehen, u. Die ſich ihm zu eigen ergeben haben.
Es a Die B grobe Zügen, fo wie die Erzählung, Daß
der T** einft jemanden für die ihm geleiſte sen Dienfte,
zu einer beſtimmten Zeit gehelt habe. Sollte es der
Allmaͤchtige, ohne welchen nichts geſchehen kann, wohl
zugeben, daß der M. mit dem T** in eine fo genaue
Verbindung freie? Sollte er es —— daß dieſer
boͤſe Geiſt eines feiner Geſchoͤpfe, er alle zur Gluͤck—
ſel * beſtimmt bat, fo. en Behandee? e8 (wie
man ſonſt und noch bie und da erzaͤhlt) in die Luft
führe, und es da unter graͤßlichem Geſchrei zerreiße?
Man gebe en die Acht, die man für reich u. im Ver—
Dacht halt, daß fie mit dem Tes in einem Buͤndniß fie
hen, und ba biefer ihnen Geld bringe; gewoͤhnlich ars
beiten dergleichen Leute in ſtiller Betriebſamkeit u. ges
langen bei anhaltender Sparſamkeit und bei guter
Haushaltung N einem geößeren Vermoͤgen, als andere,
die dieſes nicht thun, und die daher nicht wiſſen, wie
dieſe zu einem ſolchen Vermoͤgen gelangt ſind, ihnen
alſo bald dieſes bald ienes Schuld geben. Alle
Henfferungen Der angebl 3a auberei find
entweder natürliche Erfolge, die theilg
iheer Ren heit wegen, theils Durch die
Demuhbungen ihrer Urhebe |
Wunderbaren erhalten, oder es
lungen, denen die ge
Re De TR:
ren
fi ind Er zaͤh⸗
liche Slaubwür-
e Östt die M. und felbfi
E boſer eifier erſchaffen ha—
Den? In 15ch. 3,8 (ale H.) liegt auch fuͤr den
Ehrift. &n 2 es Canzelgebr. 3Th. =
fü
digkeit fehle. Wie fonnt
Die Shiere — eh vi db
2
290 © > —
Teufel, (prakt. Anw.); Tod Sefu,
Ehriften die Verpflichtung, daß er den Glauben an bie
Würfungen des Tr * in fich zerfioren fol. Der Chrift
verſaͤume es doch nicht weiter, fo viel er Anlaß bat,
die nafürl. Urfachen der Dinge, ihre natuͤrl. Wuͤrkun—
gen Fennen zu Lernen. Dann wird iener für ihn er—
niedrigende fihändl. Abergl. aufhoͤren.
le fonnte der Ehri ſt noch an Schaßgraben glau:
ben, da es eine lichtfcheue Handl. ” Gute Handl.
fünnen das Licht vertragen. |
Man büte fich, daß man nicht — wenn man die
Urſachen mancher Unfälle und Krankheiten, vom Scha—
den an Vieh u. ſ. mw. nicht weiß, ſage: das kommt
von böfen Leuten. Dieß bringt Haß, Keindfchaft u.
Mache. Die Liebe beſorgt nichts Böfes von Mitmen-
ſchen, fie ift nicht argwoͤhniſch.
Bol. Goͤtze nuͤtzl. Aller lei⸗ zte A. zr Th. ©. 371⸗
330. „Bund mit dem Teufel.“ |
S. ———— Fragmente uͤber den
— u. Verſuchung Ehrifti in der Wuͤſte,
Berlin und Stettin) 1792, 8. (3Ggr.) vergl. mie den
Ausz. ind. neuen ad Bibl. dB 286. ©.
107:111. Wagniß FREUEN in "Beifpicken, ır th.
©. 351356. — —
Tod Jeſu, Nom 5, 8.
Berg, C. F. Stäudlin „üb. den Zweck und die Wuͤrkk. des To—⸗
des Jeſu“ in der götting BibL dd theor. Litt, -von
Schleußner u. Stäudl. IB, ©. 2332258; 311-323;
38924015 467473; 823=29065 C. Fr, Stäudlin de
mortis Jefu confilio et gravitate Diff, Goettingae 1794. 45
der nächfte Zweck des Todes Jeſu, und wie derfelbe noch zit
unf. Zeit zur Beruhig. der M. und d. Gündenvergeb. anzu>
wenden fey? von Dr, ©, Schlegel, in Henckens neuem
Magazin x. 2rB. 18St. ©,118:157;5 EAU. Schwarze
über den Tod Jeſu ald ein wefentl, Stuͤck f. Plans zur Be:
glüs, des menſchl. Seſchlechts. Lpz. 1795. 8. (20 Ögr,) (eine
ſchaͤtzb. Schrift) vgl. mit d. Beurth. in Dänlein’s u. YUms-
mons theol. Faurm,. U B. ©, 177. f. 209 f);5 Didver-
lein’s inft. Th, ch T. 1,9. 967 E7@, “142356;
deffelben Relsslinterr. XI Th. ©, 167:2775 'Reins
hard's Vorl. üb, die Dogm. $. 107. ©. 397 fs Stau
kin’s Dogm, und Dogmengeſch. 2 B. ©, 7551. —
T. 291
Tod Zefu, (Urfach des ——— fuͤr alle M.)
J. Bekanntlich ſteht in vielen Stellen des n. Teſt. z. B.
Matth. 26, 28; Rem. 5: 8-93 ich. I, 75 kph. I,
zu. m. der Ausdrud Blut Jeſu flatt des
Todes Jeſu. *)
Weil Sefus duch feinen dreijährige en Unterricht bei
alien der Wahrheit empfängt. Juden in⸗ und aufers
bald des iüdiſchen Landes fo viel Beifall fand, fein
Anſehn ziemlich feſt begründet und die luͤdiſche Prie-
fierfiaatsgewalt über Judaͤag in ‚been erſten Grundfes
ften erfchüttert hatte (man dgl. 309:2,,23 7.127,26):
fo beſchloſſen deshalb die iuͤdiſchen Ober- und Unter—
prieſter Jeſum mit Gewalt umbringen zu laſſen. Jeſu
blieb nun nichts übrig, als entweder ſich als Meffiag
an die Spise des Volks zu fielen, oder feinem Berufe
zu entfagen und fich in die Einſamkeit zurückzuziehen,
oder — als ein Opfer für die Wahrheit zu flerben.
Er wählte als Sreund — als Ge— ſandter — das
letzte. Er hatte feinen Beruf als Erloſer der M. an-
gefangen (Joh. 8, 32. 36.) und als Erlöfer wollte er
ihn vollenden (Matth. 20, 28; Joh. 17, 19. Er ftarb
alfo den edelſten Tod für die Wahrheit (oh. 18,37),
aus Liebe zu den Seinen, Joh. 10, 17. —
Jeſus farb für alle M.
Das Wohlthaͤtige feines Todes erfirecft fich auf alle
M., ſelbſt auch die Bofen nicht ausgenommen Es
war nicht feine Familie, es waren- nicht blos feine
Freunde, nicht fen Vaterland und fein Volk, für die
er vol Liebe ſtarb. Nein für alle DR, die damalg
lebten, und leben werden, biutete er. Er gab fih Hin
für dag Leben der Welt. Ale M. ohne Unterfchied
der Zeit, des Orts u. f. w., ieder, wer Suͤnder iſt, u.
alfo Seh. und Gnade, Erlsfung und Beruhigung be⸗
darf, ſollten Theil an den Folgen ſeines Todes haben.
Sein Tod iſt für alle Zeiten zureichend, Ebr. 9, 12,
2te Halfte. . Dieß folge Daraus:
3 2
—
*) Bei allem, mus vom Tode Jeſu, deſſen Abſ. und Wuͤr⸗
fangen geſagt wird, wird vorausgeſetzt, daß Jeſus wuͤrklich
geſtorben if; 1. Seiler’ gemeinnuützige Betracht. 1797.
©, 291: 304: |
'292 , T
Tod Jefu, (erfolgte für alle Menſchen.)
ı) Weil Gottes Güte allgemein und unpartheiifch iſt.
Sie erſtreckt ih ai uf alle Gefchopfe, vorzügl. auf alle
yernünftige. Sie Fann Feines unter ihnen vernachläßi-
gen. Sie wird alſo auch die Wohlthat des Todes
Jeſu allen beſtimmt haben. —
=) Dem Meſſias wird im a. und n. Teſt. eine allge-
meine Beſtimmung beige legt.
3) Die Wohlthaten des Todes Jeſu ſind etwas, was
alle M. beduͤrfen.
4) Paulus behauptet es auch deutlich gegen den Na—
— der Juden, welcher alle gluͤckl. Folgen des
Meſſias blos auf die Suden einzugte Er fchrabt
deshalb: Sefu Tod muß für alle wohlthatige Folgen
haben, N. weil —— M. Suͤnder ſind und Gottes
Gnade bedürfen, Nom. 3, 9. 23; b) weil Gottes Güte
allgemein iſt. Er liebe die Heiden wie die Juden und
will beider Wohlfahrt, Nom. 3, 29, c) weil Adam
die Sünde für alle in die Welt gebracht babe, fo habe
auch Jeſus s Chriftus allen die Begnadigung verſchafft,
Rom. 5, 12-19; Ifor. 15, 21. 22. Unmoͤglich könne
die Günde mehr. wuͤrken als die v. Gott beranftaltete
Huͤlfe. Gewiß würden nicht mehrere durch die Sünde
ungluͤcklich werden, als Jeſus Chr iftus von Sünde
und Elend erlöfte Es muͤſſe alfo Jeſus — ſich
um alle verdient gemacht haben. for. 5,15; 1. Zim.
2, 6 fagt er dag auch ausdruclich, fo wie aud) Jo⸗
hannes, Bre
5) Nach Joh. 3, 16 liebte iq Sott die Welt d.h. alle
Menschen.
Die Allgemeinheit des Todes Jeſu ift aber darauf
einzufchranfen, daß
a) nur. denen, Die mit Demfelben (f. Abſicht) befannt
geworden find, oder befannt werden, und die daran
glauben, die Mortheile deffelben zu Theil werden.
b) Rur denienigen wird der Augen des To»
des Sefu zu Theil, die fihb durch den Tod:
Sefu zur wahren Deff des Lebens ıc. bemwe>
gen laffen. Seder Günder, der diefe norhivendige
Bedingung unerfuͤllt läßt, Fann nicht die Vergebung
feiner Sünden erhalten, fondern bleibe in einem ſtraf—
würdigen Zuffande. Blos weil er dieſe Wohlthat nicht
gebraucht, wirft fie nichts bei ihm. An fich iſt eine
Ss | 2953
Tod Jeſu, (erfolgte für die, welche fich beffern.)
kraͤftige Arznei immer wuͤrkſam. Nur kann ſie bei
denen, die ſie gar nicht oder nicht der Vorſchrift ge—
maͤß gebrauchen, nicht würffam werden. Pur die,
welche Gott richtig kennen und ihn verehren, koͤnnen
wahre Tugend ausuͤben und dadurch ihm wohlgefaͤllig
werden. Da nun nicht alle DR. fich beſſern, fo beißt
es Matth. 20, 22 am Ende: daß Jeſus Chriſtus „fit
viele und nad Joh. 10, 17,dbaß er nur für f. Vers
ehrer geftorben ſey
©. den Art. Leiden Jeſu Chriſti IV. 2.B. 2r
= ©. 2482.42.
a Abfichten des Todes Tefu, 11Kor.
ers ftarb Sefus Epriftus?) 5,15.
Sr. III. ſteht Hiemit in der genaueſten Verbindung.
1) Er farb nice für ſich, nicht als ein Schuldiger, nicht
aus Zwang, fondern freiwillig.
2) für die Menfchen, d. h. zum Beften derfel-
Den, in. iar 155 30, 15% 117 51.525 15, 12. 13;
Rom. 3, 22; IISor. 5, 15; Nom. 5, 8. u. in andern
Stellen.
Die Redart: er fiarb für alle Heißt nicht ſtatt aller, ſ. oben
den Art. Stellvertretung Ehrifi,
Das Gefhichtlihhe von den vielen — verichiedenen Meinungen
über die Abſichten des Todes Jeſu gehört richt bies
ber. Man veral, deshalb außer den verfchiedenen Dogmenge—
2 — von Muͤnſcher ish. 3 Bid: Wundemann,
— Fr. Münter C(GHandb. d. älteften chriſtl. Doamergefchichte,
herausg. von J. P. G. Ewers Ir B., Goͤttingen 1802,
ri.) u. Dr. 3iegter’s hiftoria — de redemtione,
—— 1791. 8., in der Kuͤrze in Hermes Handvb. der
7359; Doöderlein’s Rel.⸗Unterricht
Th. XI. ©, 195 :208; 226=2240;5 Hende’s neues Mag.
rd, 186. S. 147 5 Stäudlin Dogm. n.Doginengefo.
27 9, 8..234: ©. 760 f:; u. 771 1.
Eben jo wenig, glaube ich, ift die Angabe u. Witerlegung der größ—
tentheils von unbefangenen Bibelforſchern als irrig befundenen
Meinungen fuͤr die Canzel geeignet, naͤmlich:
I) Daß Jeſu Tod entweder als ein Symbol der ſtrafenden
Gerechtigkeit Gottes anzuſehen ſey, oder auch daß
‚Gott Jeſum deshalb Habe ſterben laſſen, um an ihn den M.
⸗
294
ST,
Tod Kefu, (erfolgte er an unferer ſtatt?)
ein fuͤrchterliches Strafexempel zu geben, und daß
Jeſus, weil er für die M. Buͤrge geworden ſey, und ſich
Gott als Richtern angeboten habe, für die Schuhen u. Stra⸗
fen ver M. zu fichen und fie abzubuͤßen, wuͤrklich fich der
Strenge und dem Anſehn der Gefege aufgeopfert und ftatt
der M, dieienigen Strafen, welche die M. Hätten erdulden
follen, ausgefianden habe. 9 — Darnach hätte Gott den Tod
Jeſu anftatt ver Strafen der M. gelten Iaffen, oder —
wie einige es weniger fein ausdruͤckten: Gott habe, um feiner
beleidigten Gerechtigk. ein Genuͤge zu leiften u. das verachtete
Anſehn feiner Geſetze wieder herzuſtellen, fich genoͤthigt geſehn,
oder doch für aut gefunden, ven Unſchuldigen ſtatt des Schuldi—
gen zu firafen. Er hate ſ. Tod als eine wuͤrkl. Senugthuung
angenommen, und begradige um deſſelben willen die Suͤnder.
Was dagegen zu ſagen iſt, iſt zum Theil ſchon oben im Art.
Stellvertretung Chriſti erinnert worden. Ich füge
noch hinzu: Strafexempel ſind abſchreckend, aber nur dann,
wenn die Mitmenſchen wiſſen, daß der Geſtrafte ſchuldig iſt,
ſonſt erwecken fie vielmehr nur Mitleiden mit dem Unſchuldi—
gen und Unwillen gegen Richter und Geſetze, tie ſolche zu:
laſſen. Wird durch die Veſtrafung des Schuldigen ein, gleicher
Miſſethaten ſchuldiges, Subiekt im Verborgenen fuͤrs kuͤnftige
vom Verbrechen abgeſchreckt, ſo bringt nicht eigentlich die außer
ihm verhaͤngte Strafe dieſe Wuͤrkung hervor, ſondern vielmehr
die moraliſche Gewißheit, fie wuͤrde ihm im Sal der Nichtbeſ⸗—
ſerung auch zuverlaͤßig treffen, macht, daß er ſich wuͤrklich beſ⸗
ſert. Die Vorſtellung der Strafe war fo lebhaft in dem, der
da gefündigt Dat, als wenn fie ſchon wärklich an ihm vollzo—
gen würde, Blos dadurch wuͤrkt fie fittl, Nuygen. Das Vers
fahren mit unſchuldigen Perfonen, die ſich für andere verbärgt
hätten in weltiichen Gerichten, laͤßt fily auf Gottes morslifche
Regierung und sein böchſtes Nichteramt gar nicht paſſend an—
wenten. Bat. (Dr.E, Fr. Bahr dts) Ayoı, d. Bern ©.
1772194. „Willkuͤhrliche Strafen, fihreist KRofegarten (des
Heren Abendm. an Serena, 85. 1790. 8. ©, 42 fV:
find ein Unding und natuͤrl. Strafen find Woblthaten, die Got—
tes ewige Weish, richt kann aufhören laſſen und ſ. Allmacht
nicht einmal auf einen Tremden Überzutragen vermag.’ Daß
das fir in ven Ötellen Kom, 15, 6:8; 11Kor. 5, ı5 u, 21
nicht fo viel als fratt .heiße, fondern 32. Veften, zeigt Dr,
Sunge in Doderlein’s Re.:iInterr, Ih. XL ©, 173:
178. — IIKor. 5, 21 if zu uͤberſetzen: Gott hat den, der
nie fündigte, zu unſerm Veſten zum Sühnopfer gemacht, damit
+)
Man finder hiezu in Eludins Betrachtungen uber die
Rel. Th. IL, ©. 360:362, ein aus dem bürgerl, Leben
genommenes Beiſpiel.
T. 295
Tod Sefu, (erfolgte er um der Str. der Suͤnde der M.?)
wir durch ihn begnadigt wuͤrden. Dieſes heißt nach dem Zu—
ſammenhange: Beſtrebt euch nur ietzt aus allen Kraͤften, ein
beſſeres Leben zu führen, als ehemals vor dem Uebergange zum
Shriſtenthum und verzagt nicht wegen enres alten Wandels
bei ser vielleicht iegt nahen Ankunft Chrifii, fondern uͤberlaßt
euch getroſt ter Güte des Gottes, mit dein ihr durch Jeſus
Ehrifius wieder verſoͤhnt ſeyd. Er wird euch deshalb wicht
härter firafen, als es feine weife Säte zu eurem Wohl vers
lanat. — V. 10 befiätigt dieſe Erkl., denn dieſer V. ſtuͤnde
‚ mit B. 21 im Widerſpruche, falls wir um des Todes Jeſu
willen, wenn wir gleich fortfündigten, ale infhuldige behandelt
wärden, Es ift alfo nur von dem Zuftante vor tem Chris
fientpume und dem ſchrecklichen Andenken an die Günde die
Rede.
2) Jeſu Tod erfolgte nicht um Gottes und ſ. Gerechtigk. willen,
nicht — um Gott mit den M. zu Verföhnen. IILKor.
5, 19, f. davon unten den Art, Berführung.
3) Jeſus gab nicht ſ. Leben als ein Köfegeld her, welches
Gott bezahlt worden wäre, — Eben fo if die Erfl. Dr. ©.
Ir. Stäudlin’s in der oben ©. 2900 angef, Schrift aanz
wilführtich, und beruht auf einer Erkl. der vom Tode Jeſu
handelnden n, tef. Schriftfielfen nach) ten Grundſ. der krit.
Dpilefophie. Er meint naͤmlich: Gottwolltedurd Je—
fus Zod erflären, daß cr der geredhte Richter
alles Böofen fey, aber er wollte auch dadurch an
Den Zag legen, daß die M., obngeachter fie wegen ihrer
Sünden befiraft werden müßten, fich, unter der Bedinaung der
Befferung, einen nody höhern Grad ver zukünftigen Seligkeit
zu veriprechen hätten, „Sefus der Unſchuldige
trug an unferer Stelle die Strafen der Sünde
Gur Gott wird nicht alS erarimmt über unfere Günden, jon/
tern blos als firenge, gerecht beichrieten? u. bewärfte dadurch,
fo wie durch feine vollfommene, im Tode bewiefene Tugend, daB
©stt und als Unſchuldige behandelt und felig macht, wenn
wir die Bedingungen erfüllen, welche von unferer Seite erforsert
werden.‘ *5) „Die mit Jeſu Tode verinüpften Leiden, die den
Unfchuldigen um unferntwillen ‚trafen, follten Symbole der
goͤttl. Strafen ſeyn, die wir mit unfern Sünden verdienen,
alfo ſymboliſche — flellvertretende Leiten, 7%
4) Die Meinung: „Sefus farb, (blos) weil er fierben mußte,
meil jonft fein Haupt und das ihm eigene Werk nicht gluͤcklich
und aehürig vollbracht werden und gar nicht auf eine andere
Art und gewiß nicht dadurch erreicht werden Eonnte, saß er fid)
27 Deffelben Dogmat. u. Dogmengeſch. er B, ©, 774.
25) Ebenbaſ. S. 779. :
296
’ Tod
—*
Jeſu, (erfolgte er als unvermeidlich?)
dein Tode entzogen haͤtte,“*) ift ein nicht zureichender und Fein
paſſender Grund, weshalb Jeſus einem fo frühen — grauſamen
Tode n, einer bffentlichen u. Schande bringenten Strafe unter:
worfen wurde. Es it nicht abzufehen, wie er auf eitte andere
Art u. falls er ſich dieſen Uebeln entzogen hätte, feinen Wunſch
hätte erreichen und von feinen Bemühungen den gluͤckl. Erz
foig bewuͤrken koͤnnen, welchen er, nach der Erf. durch f. Tod
bewärtt hat. Ich bin nicht der Meinung, als ob Jeſus, ohne
den Gedanken die Menſchen durch f. Tod vom Wohlwoller
Gottes zu vergewiffern, von Günden: zu eriödfen u, ſ. *
allein in der völligfien Ueberz. ſich aufgeopfert habe, daß ſ.
Tod unter den damaligen Umſtaͤnden fuͤr ihn (als Lehrer der
Wahrh.) Pflicht wäre. Gewiß far er, daß es Gottes heilig—
ſtem Wi — zuwider waͤre, ſich ihm zu entziehn. Freilich war
die Lage der Dinge wuͤrklich ſo beſchaffen, daß er entweder
ſ. Beſtimmung unthaͤtig liegen laſſen, oder gar widerrufen und
die Wahrh, verleugnen oder ſich in Lebensgeſahr wagen
mußte. Allein haͤtte er, wenn er nicht eine höhere Abſicht ge⸗
babt hätte, nicht den Fl ausweichen koͤnnen? Er ſtarb
dennoch freiwillig; ſ.davon unten.
„Die Umſtaͤnde Kg es, (ſchreibt J. N.G. Beyer im Mu:
„ſe um für Pre ar Band 183 "Et. 5. 161) fo mit ſich
„und durch ein Aunker ser Wirrung diefer Umſtſt. aufzuhel—
„sen, fand die Vorſehung nicht für ont, weil auch der Tod
„Jeſuſ. großenNutzen hatte.“— Sollte aber nicht Gott —
follte nicht Jeſus dieſen Nutzen bezwedt haben? er fan
mit Srunde die Wuͤrkungen des Todes Jeſu, als nicht v. ihm
keabfichtet, anfehen? Es fireiter mit Gottes Güte und Weisz
beit, daB er ven ohne Zweck erfolgten Tod Jeſu zugelaſſen
hätte. °
verfhieden auch die Mreiwungen der Schrift: und
Gottesgelehrten überden IZwed des Todes Jeſn
find, fo betreffen fiedod bIos nur die Art und
Weiſe, wie uns die Wohltbaten beffelben von
Gott verfhafft worden find, aber nicht diefe da:
durch) bewuͤrkten Wohlth. fettfi. Man muß die
Wohlthat felbfi fefibalten, Dann kann die Vor—
ffellungvonder Art und Weife ibrerärwerbung
verſchieden feyn Es if dem reuigen Günder kei feiner
von rund aus acvefferten Sefinnung und ſ. anhaltend from—
men Leben das Wohlwollen Gottes durch Jeſus Chriſtus gleich
vollkommen gut gewiß, mag er nun den Zod Jeſu entwes
der als einen Erwerbgrund, oder ald einen Berficherungss
grund feines Heils anfehen, Jede VBorfiellung vom
*) Hende’s lineam. fid. chr. S. 169,
zT, 297
Tod Je ſu, (das Allgem. u. Sichere bei allen Mein. v.)
Tode FSefuw ändert in der Seelenberuhigung des
aͤchten Chriſten nichts!
So viel iſt bei den vielen — ſo fehr verfihiedenen Meinungen
über ıc. aewiß: I) Jeſus farb ung zu gut, ſ. Leiden
find für uns (ms 3. Beflen) erduldet, d.b. uns
heilfam. 2) Yus tem Tote Jeſn als einer Xhatiache ers
heifet, daß Gott, Der den Tod Jeſu erfolgen ließ und ilm zu—
gab, und gewogen, und und unter der Beoingunn der Umkehr
und Beſſ. die Sünden vergeben und auf alle Art für ung for:
gen wolle, Der Tod Jeſu ifi alfo ohnfireitig ein
fiherer Grund unferer Beruhigung und Hoffr
nung, mag er nun aud) fogar als Abbuͤßung ter von und
begangenen Sünden, oder als eine Begebenh. betrachtet wer
den, an die Gott entweder unſere Begnadigung nach einer
freien Willkühr gebnnden Dat, oder die uns diefen Willen
SGottes feierlich erffärt, oder bie das fihherfie Mittel der Er:
reichung adttl, Endzivede war. Vergl. Zug Handb, der
Tel, 175, ate U, ©. 359361.
Die Abfichten des Todes Jeſu kann man am
beſten unterſcheiden
a) in ſolche, die feine Zeitgenoffen betrafen; dahin ges
hoͤrt das, was hier gleich unter Nr. 1-23 vorkommt,
deggleichen, um feinen Schülern ein Mufter eines ffand-
baften Befenntniffes der Wahrheit, welchem man ſo—
gar fein Leben nicht zu gut halten follfe, zu geben, fie
dadurch, daß fie fahen, wie er für die Wahrh. ler
Lehre ſtarb, aufzumuntern, ihm dadurch bei der Ders
breitung der Lehre ähnlid) gu werden, und — un die
bisherige Trennung zweifchen Juden und Heiden auf:
zubeben, (f. unten Nr. 4.) oder die Moͤglichk. darzu—
— daß Jeſu Erloͤſung dag ganze Menſchengeſchlecht
angehe.
b) in Abſichten, die ung — welche die ietzt lebenden
Chriſten betreffen; ſ. davon unten Nr. 5. 6.
Jeſus ſtarb:
ı) um das moſaiſche Geſetz der Gebraͤuche,
um den weitern iuͤdiſchen und heidniſchen
Opferdienſt zu vernichten und dadurch den
alten Bund db. eealte moſaiſche Reli—
gionsverfaſſung abzuſchaffen, Sal u a;
Epheſ. 2, 4; Ebr. 8, 6-13; 9, 125 10, Is1g; Col. 2,
135 al. & 145 f. den Urt. Erlsfung I. 2. ır D.
S. 329, Jeſu Tod follte die von ihm neugeſtiftete
298 x.
Tod Jefu, (Abſichten deffelben.)
geiftige Rel. befeftigen. Es folfte derſelbe ein Mittel
werden, wodurch Gott — a) den Dpferdienft der Ju—
den und Heiden von nun an aufheben und - felbft die
chriſtl. Religtonghandlungen, welche mit Opfern Aehn—⸗
ZucyEeit hätten, durch Sefu Berdienfte um die M. und
sinn Tod ganzlich unndthig machen. Alle vermeinte
Ausföhnung: n der M. mie Goft follten wegfallen.
Jeſu Tod folite der mildern Vorftelung von der wei—
Ten Gute Gottes den Eingang ceffnen, damit die M.
zu der erqui icfenden Wahr. gelangten, daß man Gott
nicht mit dem Leibe dienen, ihn nicht beſchenken koͤnne,
und ihn nicht ſklaviſch fürchten, ſondern blog mit
Eindl. Sinn verehrten fole. Deshalb betrachten bie
Ap. in vielen Stellen, z. BGall 3, 10; 4, 14; Ebr.
9, 24; Erb. 2, 145 Col. 2, 14 (aus Drtablefung. zu
den herrfchenden VBorfelungen der Juden) den Tod
Jeſu, als ein von Jeſus Chriftus Gott dargebrachtes
und von Gott als gleichfam ibm lieb — angenomme-
nes Opfer, weshalb man alles Vertrauen auf die Aus—
| föhnungsgebräuche und ale Aengſtlichkeit, falls man
etwa folche verfaumt habe, bei fich verbannen muͤſſe.
Dieſes Opfern habe gleichſam alles, was das iuͤdiſche
Geſetz Beſorgliches habe, vertilgt. Gott und Jeſus
Era den Irrthum der Juden und vieler anderer
N., auch rlbft der ietzigen M. zerftören, daß e8 außer
* Beſſ., Tugend und Befolgung des goͤttl. Willens
noch ein anderes Mittel gaͤbe, von der Strafe der
Suͤnde frei und Gott wohlgefaͤllig zu werden. Er
wollte nur denienigen fuͤr einen Buͤrger ſeiner Rel. er—
klaͤren, welcher Gottes Willen thue. Die M. ſollten,
ohne einen Werth oder ein Verdienſt in Gebraͤuche u.
Opfer zu ſetzen, durch eine reinere und thaͤtige Froͤm—
migkeit fi) das Wohlgefallen Gottes erwerben. Diss
halb wird Ebr.9, 15-28; Rom. 7, 4-6 die feierliche
Abſchaffung des alten Bundes durch einen neuen und
durch die Befiegelung des letztern durch dag Blut (den
Tod) des über alle Opfer erhabenen — unſchuldigen
Jeſu vorgeſtellt.
Dadurch, daß (nach 3 unten) durch den Tod Jeſu
eine allgemeine Begnadigung Gottes gegen alle Suͤn—
der und wegen aller bereits veruͤbten Suͤnden ange—
kuͤndigt wurde, welches das moſaiſche Geſetz der Ge—
T. | | 299
Tod Jeſu, (Abſichten des — —).
brauche nicht leiften Fonnte, ward der Tod Jeſu ein
dazu fehr paflendes Mitte. Gott wollte Die a
heit begründen: e8 bedarf hinfort mehr kei
Dpfer, um Gott den M. geneigt zu machen,
indem man alle Beruhigung, Die men da—
durch zu finden te, fon in Chrifio
finden fünne Die Vorflelung, daß Jeſu Tod als
das großfe und lebte Dpfer, welches ein für allemal
denen Gottes Wohlwollen zuſichere, die ſich deſſelben durch
eine tugendhafte Geſinnung empfaͤnglich machten, war
ein fanfter Uebergang von einer mit Opfern uͤberlade—
“nen Rel. zu einer Verehrung Gottes, die von feinen
Dpfern mehr wiſſen, Fein Verföhnungsmittel mehr no-
thig finden und eine ewige Erlöfung ven aller bangen
Surcht vor Gott gewähren ſollte. Die finnbildl. finnt.
Vorſtellung des Todes Jeſu als eines Opfers war
damals fehr paflend, um die Denfart der Juden und
Heiden zu verbefiern, je von ihrem — ohne Nach—
denken und Erfolg verrichteten Opfern abzuziehen und
auf höhere — geiftl. Wohlthaten hinzurichten.
Fur uns paffen freilich diefe Dpferideen nit mehr, Derienige Zweck
des Todes Jeſu, auf welchen ſich alle uͤbrigen Zwecke beziehen
laffen,ift vie Befeffigungder neuen Kel;f. Senke’
neues Mag. ar B. 18 St. ©, 120 f.
b) Durch diefe Aufhebung des Opferdienſtes und deg
iuͤdiſchen Gefeßes der Gebrande, d. b. durch die Auf—
hbebung des Sudenthums ſolte die bisher unter Juden
und Heiden fatt findende T Trennung | schoben und alle
Voͤlker der Erde mit einander in eine Gefellfchaft von
Gottes Verehrern zu einer Mel, zu einerlei Grund»
fäben des Glaubens und der Sittlichkeit uud zu einer
Hoffnung fuͤr die Zukunft vereinigt werden, Joh. 11,
a1. 722 —o 20. — :. Jefu od
ſollte Funden und Delben su einer Gemeinde
vereinigen. Mit dem Tode Sefu follte die Vor—
ftellüng von Gott als einem parfheiifchen on und
daß Fein Heide Vergeb. der Sünden und Gluͤckſeligkeit
im mefflanifchen Reiche erhalten, koͤnne, vernichtet wer
den. Deshalb befahl auch Jeſus feinen Schü ern,
alle Völker durch die Taufe in den Kreis feiner Ber;
ehrer aufzunehmen und fie nicht zur Haltung des mo
300 —
Tod Jeſu, (Abſichten des — —).
ſaiſchen Geſetzes, ſondern zur Beobachtung ſ. Lehren
und Vorſchriften zu verpflichten.
2) Durch Jeſu Tod ſollte fuͤr immer die irrige und
eitle Hoffnung der Juden und ſelbſt der
Schuͤler Jeſu von einem weltlichen durch
ibn gu errichtenden Reiche eines irdiſchen
Herrſchaft fuhenden Meſſias oder eines wel.
Konigs, von Befreiung von der Dbergewalt der Roͤ—
mer und einer fichtbaren. (weltlichen) Regieruug def
felden vernichtet, als Vorurtheil aufgedeckt, Jeſus
blos als ein geiftiger Meſſias allen Menfchen darges
ſtellt und aller Aufmerkſamkeit auf den Hauptzweck
ſeiner Sendung: Erleuchtung des Verſtandes durch
Wahrheit und Beſſ. des Herzens gerichtet werden.
Offenbar war die Hoffnung von dem ird. Meſſ. mit
Abſichten, Begierden und Wuͤnſchen verbunden, die
blos auf niedriges Erdengluͤck und auf die Entfeſſe—
lung von dem heidniſchen — ſchon deshalb den Juden
verhaßten Joche gingen. Man hoffte, daß Jeſus ſich
ls ein Kriegsheld zeigen wuͤrde, wenn er zum Anfuͤh—
ver fo vieler Mißvergnuͤgten fi) aufwuͤrfe. Tief was
ven iene Erwartt. und ird. Hoffnungen eingewurzelt.
Jeſus vermochte nicht durch ſeine Belehrung dieſe Vor—
urtheile dem Volke und ſeinen Schuͤlern zu benehmen.
Zwar ſagte er's ihnen oft und deutlich genug, er ſey
nicht gekommen, um nach Art weltlicher Fuͤrſten zu
herrſchen, ſondern die Wahrheit zu lehren, Erf. Got:
tes und der Tugend zu befördern, fie zur geiftl. und
ewigen Glücfeligf. zu führen, und eben dadurch den
Menſchen zu dienen und in diefem Dienft felbfi fein
Leben aufzuopfern. Aber wie wenig faßten fie feine
Reden! Seine Schüler, begriffen e8 nicht, daß die
Dorberfagung feines Leidens und Todes eintreffen
fonne. Zwar folgten ihm die M. gu Tauſenden auf
feinen Reifen und verweilten fo lange bei ihm, daß fie
nicht einmal auf die nothmwendigen Nahrungsmittel be—
Dacht waren; allein dieß geſchah bei ſehr vielen nicht
aus ver Einficht vonder Vortrefflichkeit feiner Lehren,
und aus dem Gefühl des Beduͤrfniſſes fih in der
Wahrheit belehren zu laffen, nein — aus Eigennuß
ienes Vorurtheils wegen, und weil fie glaubten, daß
Jeſus der Dann wäre, welder, als ihr Dberhaupt,
>
x 2 501
Tod Jeſu, (Abfichten des — —).
&
die Roͤmer vertreiben, dem iuͤd. Staat feinen vorigen
Glanz, wie er folchen unter David und Salomo ge—
habt hatte, wieber geben und feine Anhaͤnger mit eins
träglichen Aemtern und mit der Beute von ihren Seins
den bereichern würde. Selbſt feine Schüler hegten
dieſes Vorurtheil. Einigemal gaben fie ihren Bund
nach Ehrenftellen in dem neuen von ihm zu gründens
dem Neiche zu erkennen. Die Berräther des Judas
erflärte, daß Judas blog aus niederfrächkiger Ge⸗
winnſucht ſich mit Jeſus verbunden hatte. Waͤre Je—
ſus nicht gekreuzigt, und gleichſam als von Gott, ſei⸗
ner Macht und ſeinem Beiſtande verlaſſen hingerichte
worden, ſo haͤtte ihn die Menge —— noch zum
Koͤnige gemacht, Ancuhen erregt, und zum gr ößten
Schaden des Chriftenth. noch fruͤher den Umſturz des
Staats befördert. Es wuͤrde dann auch nicht feine
Auferfiehung fo viel Aufſehn und Eindrud gemacht
haben. Dffendar wuͤrde er’8 nicht haben verhindern
fönnen, daß nicht Empoͤrung und ein blutiger Krieg
veranlagt worden wärs. Sobald aber Sefüg in Vers
haft gezogen u. gebunden wurde, fobals er fih nicht
losmacdhte, fondern fih zum Zode verdammen Lich,
fobald man ihn flatt der goldnen Krone Die Dornen:
frone fragen ſahe, gab man diefe Erwartung auf.
Deshalb rief man fihon bei feinem Berhor vor Pila—
tus mit wilden Gefchreis „Laß ihn kreuzigen!“ Des—⸗
hald verließ ihn fihon ein Theil ferner Anhänger, und
ergriff die Flucht. Dieß wer vollends der Zell, alg
man ihn unter Verbrechern am Kreuze bangen und
hingerichtet ſahe. Mit Zefa Tod wurde gleichfam dieſer
Zraum von einen irdiſchen Reiche getoͤdtet. Denn
wie konnte der Anfuͤhrer kaͤmpfen und ſiegen, deſſen
Arme angenagelt waren?! Dahin war nun ihre Er—
wartung eines von Jeſu zu errichtenden weltlichen
Reichs.
Auch bei den Schuͤlern Jeſu brachte Jeſu Tod ih—
ven irrigen Erwartungen vom zeitlichen Gewinn ben
erſten Stoß bei, und fein Wiederaufleben, fein Eingang
in den Himmel befiatigte e8 ihnen, daß er nur ein
geift iger Erlöfer war. Denn als er todt war, ſelbſt
nach ſeiner Auferſtehung I6 enen ſie dennoch ihre ir—
diſchen Erwartungen noch nicht vollig aufgegeben zu
302 ———
Tod Jeſu, (Abſichten des — —).
haben. Er mußte es ihnen daher gradezu ſagen: daß
er nicht bei ihnen bleiben werde. Es ſey Gottes Ab—
ſicht geweſen, ihn durch Leiden und Tod zu ſeiner
Herrlichk. einzufuͤhren, und ihre Pflicht ſolle es von
nun an ſeyn, ihn den M. als einen geifil. Er—
Infer, durch welchen Vergebung der Stunde, Leben u.
Seligk. mitgetheilt wirde, zu verfündigen, Luc. 24,
25 f. Dur erft nad) feiner Himmelfahrt lernten fie
die wahre Beſchaffenh. der Sache u. den rechten Zweck
de8 Erlöfungsmwerkes richtiger einfehen, wie dies aus
ihren ung aufdehaltenen erften Reden erhellet. Sie
wurden aufmerffam auf geiftige Vollkommenheit, auf '
innere Seelenruhe, auf die Vergeltungen der Fünftigen
Melt und fie gewannen diefe Vorzüge lieb. Gie füch-
fen niche um zeitlicher Vortheile willen, fondern
in der Erwartung und Vergeltung defjen, der in’
Verborgene fieht, die M. zu belehren und zu beffern.
Der Kreuzestod Jeſu band feine Schüler deſto fefter
an ihn. Sie wurden Dadurch zudem pflidht>
mäßigen, edelem Entfchluffe begeiftert,
gleich ihm für die Ausbr. feiner Lehre felbft
ihr Leben aufsuopfern. Es wurde dadurch nicht
nur der Anftoß gehoben, welchen rohe Juden und Hei—
den an der ſchmachvollen Hinrichtung Jeſu nahmen,
fondern auch allen Nachdenfenden die fittliche Bortreff-
lichkeit und Erhabenheit eines folchen Todes recht eins
leuchtend gemacht. Es ward fo ein Mittel die Kraft
der Lehre Jeſu an den Herzen der Menfchen zu ver:
ftärfen.
Man fagt zwar hiegegen, daß Jeſus und die Apoftel nirgends darauf
deuteten, daß die Schmach des Sireuzestoded die irdifhe Regen—
tenhoffnungen babe erfticken follen ; allein das, was der Erfolg
ausweißt, ift Doch wohl als gewiß anzunehmen, Wenn auch
gleich nicht fofort die Hoffnungen eines Gottesreichs auf Er:
den durch Jeſu Tod erſtickt wurden, wenn ſie auch nach ſeiner
Auferſtehung (Ap. ©. 1, 6. 7) geaͤußert wurden, fo iſt dag,
was ein tief eingewurzeltes Borurtheil war, Fein Einwurf.
3) Sefu Tod follte die M. auf Gefum rede
aufmerffam machen; benn bag gewaltfame Ende,
die Hinrichtung eines Wundertbäters und eines höchft
Unfchuldigen, macht vieles Auffehen. Sefu Tod
follte auf die M. Eindrudmadhen, feine v.
T. 303
Tod Jeſu, (Abfichten des — —).
ibm vorgebracte Lehren als wahr beftäti-
gen, und dadurch eher die Beff. und das
Dr der M. begründen, Luc. 22, 66-71; 1 Tim.
DZ
Fr
6;
a) Bing Jeſus oͤffentlich und auf eine außerordentlick
Art farb, mußten dadurch die M. auf den G: Et
Lehre aufmerffam gemacht werden. Wäre Jeſus wi
ein anderer M. gei ſorben, im Gefaͤngniß, oder hinge⸗
richtet vor einigen Freunden, ſo waͤre laͤngſt —
vergeffen. Aber er Rarb sicht wie ein anderer Menſch.
Er — nicht, wie er nam —— abe
Br
de
n
ſu
ice mehr zu (ehren, aus dem ee z a u.
der Lebensgefahr zu entgehen. Frei ſprach er: „du
ſagſt es“ d. h. ich bin es, naͤmlich Chriſtus — ein —
aber nicht twelkt. König. Was er gelehrt, gab er für
Wahrh. aus. Diefes Bekenntniſſes wegen ließ er fi
verfpotten und mißbandeln. Er wurde oͤffentlich
hingerichtet und zwar in Gegenwart einer ganzen Na—
tion, denn fein Tod erfolgte am Dfterfefte, wo das
ganze Bol, dem mofaifchen Gefege nach, in Jeruſalem
auf dem Feſte zugegen ſeyn mußte. Er ftarb a
von der Erbe, ſo daß es fehr viele Juden Lhen un
Zeugen von feinem ſtandhaften Benehmen im Tode
konnten. Je mehr er litt, deſto mehr Seelengroße_ bes
wieß er. Er bat für f. Feinde, verſorete feine Mut:
ter, — Außerte im Kampfe mit dem Tode feine ee.
Er ging den Worten: Vater! in deine Haͤnde ec. nach aut
Unerſchrockenh., ohne Strafen zu fürchten — vielmehr init
der Hoffn. einer fel. Aufn. inden Himmel, dem Allgerschten
entgegen. Ein folcher Tod mußte den Unempfinölichiien
erſchuͤttern. Es durfte — es konnte alſo ſeiner ——
ſeinem Andenken nicht ſo ergehen, wie es ſo vielen
weiſen Maͤnnern erging, die man bewunderte, ſo lange
wie ſie lebten, deren Lehren aber nach ihrem Tode nicht
mehr ſichtbar wuͤrkſam Waren. Mit Jeſu war es um—
gekehrt. Nach ſeinem Tode Fam feine Lehre recht ins
Leben. Da er fie nicht beim 9 Auſchein de Todes, nicht
am Kreuze wiederrufen hatte, ba ihr Gott durch die
Auſerweckung das deutlihfte Zeugniß sad, daß fie
304 T.
Tod Jeſu, (Abſichten Des)
wahr wäre, und daß er fein Geſchaͤft zum Wohlge—
fallen Gottes ausgefuͤhrt habe: ſo uͤberzeugten ſich
viele von ihrer Gottlichk. und glaubten an ihn. Dieſe
Ne ubelebung und feine Erhebung zur hoͤchſten er
lichkeit beſtaͤtigten es, daß Gott auch an ſeiner Tu—
gend das hochſte Wohlgefallen habe. Wie konnte Gort
die M. deutlicher Ichren, daß achte M—liebe, auch
wo es noͤthig iſt, Aufopferung fürs Wohl Anderer,
Treue in dem ung angewieſenem Beruf, willigen Ge
horfam gegen bie uns auferlegten Pflichten u. tugend-
hafte Standhaftigfeit in Lebernehmung der ung zu—
—— Leiden ihm vor allem wohlgefalle und die
Wuͤrdigkeit der M. zum Empfang der größten Beloh⸗
unse in Der — — i 25 i job.
5, 9; ITim. 6, 13; IPetr. 2, 21; Eph. 5, 2.
b) Es ift zwar wahr, daß nirgends imn. Teſt. grade-
zu erwähnt wird, daß Jeſus, um feine Lehre als
wahr su beftärfen, geftorben ſey; es iſt auch (nad)
Joh. 7, 17) richtig, daß Jefus den Beweis der Wahr
heit der Kehren in die innere Wahrh. und Vortrefflichr.
derſelben feßte; freilich Ffann die Lehre, die an Alk |
fhon ihren Gehalt ın fih felbit hat, durch den Tod
deffen, der fie lehrte, Feinen hoͤhern Werth erhalten,
und — es hängt auch nicht die ſelbſtſtaͤndige Dauer ei—
ner Lehre von den aͤußern Veraͤnderungen eines Sit—
tenlehrers ab, mag er für fie leben oder ſterben: als
lein eg war Doc) natürlich, daß man aus feinem Tode
fchloß, daß Jeſus auf f. Lehre deshalb hohen Werth
geſetzt habe, —* er feſt von ihrer Goͤttlichkeit über
zeugt war,u. eher fterben als fie zurücknehmen wollte,
und daß fie eben Dadurch feinen Anhängern noch theu—
rer und mwerther wurde. — — Es iſt ſchon etwas
Großes, wenn ein Lehrer mit Berlängnung feines
eignen Vortheils und mit Mühe und Arbeit bios
aus dem Trieb der Menfchen- umd — ———
ſeine Lehren bekannt macht, und fie aller Widerfprüäche
und Schmähungen ohngeachtet, ſtandhaft behauptet.
Dpfert er aber dabei fogar fein Blut und Leben auf,
fü fonn man nichts Groͤßeres verlangen! Man ſah,
wie Jeſus ſtets zur Verantwortung ſeiner Lehre und
feines Verhaltens bereit war, wie er ſelbſt feine Feinde
bei ieder Gelegenheit dazu — wie er Pe
en
3; = 305
Tod Jeſu, (Abfihten des — —).
allen Zeiten u. unter allen Umfiänden in Behaupfung
der Wahrheit gleich blieb, wie er zu feinen Unterneh
mungen bedächtig fortfchreitel, mie er die harten Ur—
theile feiner Feinde u. dann mieder bie eitlen Lobeser—
hedungen feiner blinden Verehrer anhoͤrte, mie ruhig
er von feinen bevorfichenden Schickſalen fprach, wie
willig er zu feinem Tod binging, wie zuperläfig er v.
feiner guten Sache vor allen feinen Richtern ſprach,
wie getroft er zu feinem Dater, dem Gott der Wahr
heit und Gerechtigkeit, aufblickte, und mit welcher Fe—
ftigfeie und Heiterk. der Seele er fich flerbend demſel⸗
ben empfahl. Nur die gewiffefte Ueberzeugung Fonnte
fo ſtandhaft feinen Muth erbeiten. Nur eine aufers
ordentliche Liebe zur Wahrheit und zu den Menfchen
fonnte ihn willig machen, fo große — viele Leiden
und felbft den Tod zu ertragen. Man ſieht alfo aus:
Jeſu Tod, daß er fein Betrüger war. Denn ein Be—
trüger ftirbt nicht für feine Lehre, zuma! wenn er den
Tod ſehr leicht vermeiden kann, gegen welchen er boch
nicht unempfindlich ife — - Jeſu Tod konnte feiner
Lehre ein Außeres Gepräge geben und diefeibe mehr in
Umlauf bringen, oder er fonnte doch die. Wahrh. ders
felben mehr verftärfen.
Ueberdieß befiätigte der Tod Jeſu manche einzelne
fruchtbare £ehre, z. B. daß Gott vie Liebe fen, in fo
fern er feinen Liebling zum Beſten der M. bin in den
Zod gibt; daß er aller M. Gott u. Vater fey,
denn der erfte Liebling Gottes’fiirbe für ale, und gibt
fein Leben hin für dag Wohl der Welt, damit alle
Dertrauen und Zuverſicht zu ihm haben follen; es
liegt darin die DBeftätisung der Wahrh., dag Gott
auch feine treueſten Verehrer in diefem Les
ben oft-recht viel dulden laſſe, daß alfo Lei—
den und Unglücsfälle als fein ficheres Kenn—
zeichen des goͤttlichen Mißfallens anzufehen find. Den
Apoſteln u. erftien Befennern wurden durch f. Tod die
Lehren: feyd geduldig in Verfolgung, auch
in der Todesnoth; befennt das Wahre um.
Gute and unter berZiufopferung eures Lebens, bes
ſtaͤtigt, weil er ſich felbit für die Wahrheit f. Lehre
aufopferter Er bewieß im Tode, mie ein erleuchteter
Gsitegverehrer handeln, wie er fih dem Willen Got—
Ehrifit, Gl. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. u
306 €, ——
Tod Seth, (Abſichten Ds
tes auch unter den härteften Schickſalen unterwerfen,
die Leiden des Lebens und die Ungerechtigketten feiner
Zeitgenoſſen in der Hoffnung einer ſeligen Unſterblichk.
gelaſſen ertragen muͤſſe. Dieſe Lehren mußten Eingang
finden, weil man an feinem DBeifpiele ihre: Thunlichkeit
vor Augen —
Vgl. über 2. 3. Hende 8 neueg Magazin f. Rel.⸗
Philoſophie 6ſten B. 38 St. 1902. ©. 505 = 526:
„uber den Einfiuß des Todes Jeſu auf die Lehrart
feiner Apoſtel,“ wo haupt fächl: ch bemerft wird, daß
Paulus die Lehre vom Tode Jeſus zur Grundlehre
ber el. macht. |
4) Jeſus ftarb, um feinen Schülern u. allen
feinen — Bekennern ein lehrreiches
Muſter des Verhaltens zur Zeit der offent—
lichen Noch und der Berfotgungen, näam-
lich von Leidenmwilligk, von Aufopferung,
von einer edlen Öelaffenbeit, v. unerfhüt-
teriicher Standhaftigfeit, und der ganzen
Nachwelt ein Vorbild der reinften — unter
den fchwerften Leiden u. Berfuhungen zum
Dofen aushbaltenden Tugend und Unters
werfung unter Gottes Willen zu hinter-
laffen. Phil. 2, 5; L%Wetr. 2, 21-23. Wenn eine
Kirche, eine Gefellfehaft, in welcher Gottesverehrung
als Werk des Berftes, auf Gchorfam gegen den heil.
Willen Gottes durch tugendhafte Gefinnung u. treuen
Eifer in allen Pflichten zurücgeführe würde, auf der
Erde gegründet werden folie, fo mußten zu der da—
maligen Zeit die erften Befenner und vorzüglich die er—
ſten ehren des Unterrichts Jeſu v. der würdigen Ver—
ehrung Gottes bereit ſeyn, dem Bekenntniß feiner Lehre
alles, ſelbſt ihr Leben aufjuopfen. Wollte aber Je—
ſus die erſten Bekenner feiner Lehre und vorzuͤglich f.
Schüler, welche dazu berufen waren, dieſelbe uͤberall
auszubreiten, zu dem edlen Eifer und der Standhaf-
tigkeit erheben, dem Bekenntniß feiner Lehre alles, ſelbſt
ihr Leben aufzuopfern: fo mußte er ia nothwendig
auch hierin für fie ein Beifpiel werben. Durch daffelbe
erhielt nun die Welt große und neue Beweggründe zur
Tugend und zum Streben nad höherer fittl. Voll—
kommenheit. Beim Ausgang der Sefchichte Jeſu zeigt
de?
| 307
Tod Fefu, (Abfihten des — —)
fich die Tugend noch einmal in ihrem sollen Glanze;
fie tritt ihren hechfien Kampf an, feige immer höher,
und erringt zulegt einen Seg, melden Simmel und.
Erde noch in Emwigf. feiern werden. Diefer Ausgang
feiner Gefchichte war die Krone ſeines Lebens und das
Siegel feiner Lehre. Nicht blos ahnefe Jeſus wit Zu—
verficht feinen Tod, fondern er firchte, weil er einfache,
daß man felchen grade zur Erreichung degienigen
Zwecks, welchen man dadurch vereiteln wollte, am bes
fien dienen koͤnnte, denſelben fo Ichrreich als moglich
su machen. Er wußte ia, daß fein Tod das einzige
Mittel wäre, wodurch feine Lehre von Gotteswuͤrdiger
Verehrung zum Heil der M., die ihr gebührende Ach—
tung und Würffamfeit erlangen koͤnne; degegen, went
er in die Stille zurück träte, um fein Leben nicht in
Gefshr zu fegen, diefelbe ohne Würfung bleiben würde,
Deshalb wollte er bei feinem edlen Entfchluffe, Aufklaͤ—
rung, GSittlichf., veine Mel. u. Menſchenwohl zu:befor-
dern und zu verbreiten, auch feinen Tod dazu nüßlich
machen. Wie Fonnte die neue beffereKel., die damals
ein allg. Bedürfniß war, die Jeſus als ein recht ein
leuchtend goͤttl. Geſchenk den M. brachte, in der Welt
wuͤrkſam werden, wenn nicht die erften SBefenner
derfelben alles, felbft ihr Leben, falls 88 obne Ver
läugnung und Unterlaffung der Ausbreitung derfelben
niche erhalten werden fonnte, willig aufopferten?
Gewiß nicht. Galt diefes als Pflicht für die erften
Befenner diefer Lehre, um wie viel mehr mußte es
Pflicht für den erften Lehrer derfelben fen? Er mußte
als Borbild den Pfad vorangehn, wenn er bei ven
Defennern feiner Lehre den notbwendigen edlen Eifer
ersvechen wollte, um der Wahrheit und Beförderung
der wurdigen Verehrung Gottes willen alles aufzu—
opfern! Er mußte ihnen Matth. 16, 24: (d. h. wer
mein Schüler feyn will, muß auf Keiden gefaßt ſeyn)
‘oh. 10, 12 zurufen und ihnen fagen fünnen, daß er
die fittl. Gluͤckſeligkeit (das Leben) der M. befordern
und dazu fein Leben aufopfern muͤſſe. Dazu flärfte
er fich ın Gethſemane durch das Matth. 26, 39 (2te
2.) Eolte die neue Rel. (der neue Bund) unter
den M. eingeführt und zu ihrer Befeligung wuͤrkſam
werden, fo mußte fein Blut, das Blut des neuen Bun—
| uU 2
308 - x
Tod Sefu, (Hbfichten des — —).
des vergoffen werden. Deshalb ftarb er (nach I Betr.
I, 18. 19), um die M. von ihrem bisherigen fündl.
Betragen abzubringen and fie zur wuͤrdigeren Vereh⸗
rung Gottes zu leiten. — Welche fiandhafte Wahr:
heitgliebe — welch ein männlicher Tugendſinn — welch
edler Gleichmuth, weiche Sanftmuth und Verfühnlich-
feit gesen Seinde, welche rechte Klugheit in der Selbſt—
veriheldigung, welch ein Findliches Aufſchauen auf f.
himml. Vater, welch unerfchärterliches Berfrauen auf
feine Zufagen, weiche edle Verachtung des Todes und
welche Feſthaltung der Hoffn. des ewigen Kebens wurde
an ihm vor feinem Ende fichtbar? Auch wir find vers
pflichtet, wenn wir in abnliche Umſtaͤnde kommen, dag
Unrecht zu erfragen und für Wahrh. und Ftommigk.
allerlei Leiben, waͤre es auch ſelbſt ein fchmählicher
Tod, gelaſſen zu erdulden, IPetr. 1, 21=23.
5) Jefus ſtarb, um die Lehre von der Unſterb⸗—
lichkeit der Seele und des zukuͤnftigen Le—
bens als wahr n. gewiß zu beftätigen, oder
ihre Gewißheit zu beftäarfen und um über diefe Lehre
mehr Licht zu verbreiten, IXor. 15, Is22; Joh. 14,
19. Das, was vor Jeſus nur dunfel und als cine
ſchwache Hoffnung v. der Unfterblichleit der Seele ges
glaubt worden war, lehrte Jeſus Chriſtus viel deutli-
cher und vollftändiger u. behauptete es ftandhaft bis
— an feinen Tor Niemand folte an der Goͤttlichk. dies
ſer Lehre zweifeln, deshalb ſprach er Joh. 14, 19,
d. i. fo gewiß ich nach meines Tode fortleben werde,
fo gewiß werdet auch ihr fortleben. Er knuͤpfte alfo
den Beweis v. der Unfterblichf. der M. an feine eigene
Auferſtehung. Er ſelbſt ſtarb mit der feſten Erwar⸗—
tung eines neuen und ewigen Lebens und er ſagte den
Tag ſ. Auferſtehung vorher. Da man ihn öffentl im
Angeſicht eineg ganzen Volks wuͤrklich allmählich
ſterben fabe, war fein Zweifel möglich, daß er nicht
würklich geftorben, fondern blos aus einer farfen Ohn—
macht wieder zu fich ſelbſt gekommen fy. Da die
Veberzeugung vom feinem würfl. Tode gegruͤndet mar,
‚zeigte er fich wieder lebend. Da die M. ihre eigene
Hoffnung in ihm ſelbſt auf's puͤnktlichſte in Erfülung
gehen fahen, fo mußte fie das von der Wahrh. dieſer
Yehre uͤberzengen. Denn fie mußten folgenden Schluß
Tod Jeſu, Abfihten des erde
machen: wenn das bei ihm eintraf, was er ſich und
uns vorher verkuͤndigt hat, war es der goͤttl. Allmacht
moͤglich dieſen Todten zu erwecken: O warum ſollten
wir an unſerm eignen kuͤnftigen Leben verzweifeln?
Lebt Jeſus, warum ſollten wir im Tode bleiben, da
er uns Auferſtehung und ein ewiges Leben augefagt
bat? Sn der That fchloffen fie fo, mie Die Briefe der
Ap. ausweiten. Gie verfündigten mit ebernehmung
fogar ber Lebensgefahr, daß fie ihm geſehen und mie
ihm gefprochen hatten. Geste man fie gleich gefan—
gen, ftieß man fie aus ihrer Nation aus, fonnten fie,
wenn fie wicderriefen, von derſelben orofe | Belohnun—
gen erwarten: ſo nahm doch kein Einziger dieſe Aus—
ſage zuruͤck. Auch wir haben Grund zu ſchließen, daß,
weil Jeſus nach ſeiner Hinrichtung lebte, auch unſere
Seele unſterblich iſt. Welch ein helles beruhigendes
Licht verbreitet der Glaube: daß Jeſus geſtorben ſey,
um uns von aͤngſtl. Todesfurcht zu befreien und den
Troſt des ewigen Lebens zu geben, (Ebr. 2, 9. 10. 14.
15) über diefe Ehre! An feinem Vorgange fehen wir,
was aud) ung, wenn wir feiner Lchre gemäß leben,
zubereitet iſt!
6) Der Hauptzweck des Todes Jeſu war ohnſtreitig:
um uns dadurch das Woblwollen (Die
Gnade) Gortes m. feine Bereitwilligf,, dem
reuigen fih in der That befferuden Sün-
der zu-verzeiben u. den Umfehrenden auf:
sunebmen, finnlich zu verfihern, (Matth.
26, 28) und ung davon bildlich zu uͤber zeu—
gen; damit die M. dadurch bewogen wuͤr—
den, Mißtrauen gegen Goitu Abneigung
son ibm — in ihrem gerzen fahren gu laf-
fen, und Damit die Furcht des boͤſen Ge—
wiſſens vor Gottes befondern © Strafen we-
gen der vorher begangenen Sünden, auf:
hören, der Borfag nm. die Luft zur Beſſ., Lie
bezum Guten u. neue Hoffnung, daß es
nicht vergeblich feygn würde, erwedt wers
den follte Freilich ift Gott immer gnäbdig “a
reich an Liebe, der M. ler follte durch den Tod Zefı
bewogen werden, mehr findl. Bertrauen zu Gott ne
⸗
‚510 | —
Tod Jeſu, (Abſichten des — —).
feſſen, um ſich ſeines Wohlwollens zu 9—
Die Chriſten ſollten, wenn ſie uͤberlegten, daß Gott,
ſo lange fie gar nicht an ihn dachten, für.
fie durch das Sterben Jeſu Anſtalt zur
Verbreitung der brifil.Rel.unter ihnen ges
macht babe, voraus den Echluß ziehen, daß
ihr fortsefeßtee Eündigen Gottes Wohl—
wollen gegen fie nicht gehindert babe Eben
dieſe ‚vergangenen Suͤnden foliten fie ietzt, da fie durch
den Tod Jeſu die Frohe Botſchaft der Begnadigung ers.
heiten hatten, und hiedurch zur Rechtſchaffenheit ge⸗
fuͤhrt worden waͤren, noch weit weniger in Furcht u.
Zweifel über Gottes bleibenden Vorſatz fegen, fie zu
beſeligen. D nn Ted Jeſu berechtigt den Chriften, fo
gu fehlen: Fick Goit den Mechtfiheffenften unter al:
len Srerblichen als Eifirer gegen die Verdorbenb. ſei—
ner Volksgeno oſſen fo granſam in ver Zeit, als ich
noch in den Sünden fortlebte, hingerichtet werden: fo
wird diefer, ntir gewiß ſchon vor der Beranffaltuug
des Todes Jeſu fo wohlwollende, Gott ietzt, da ich
mein damaliges Suͤndigen verabſcheue, durch dieſes
Geſchehene, dag nicht ungeſchehen gemacht werden
kann, noch viel weniger in ſeinem Wohlwollen gegen
mich ſich hindern laſſen. Alſo Jeſu Tod ſollte als
eine auffallende ſinnliche Begebenheit die Menſchen
mehr zur Aufmerkſamkeit guf Gottes Vaterliebe er—
muntern, zum Vertraͤuen auf dieſelbe und zur willig—
ſten Folgſamkeit gegen ſeine Vorſchriften bewegen.
Von deher war Gott darauf bedacht, durch
große auffallende Begebenheiten derSinn—
Lichfeit der. M. zu. D.ulfe. 48 Die
Aufmerkſamkeit derfelben zu erregen. Auch
— —— —
*) Schwarz in der oben ©. 290. angefuͤhrten Schrift
druͤckt dieſes ſo aus! „Jeſus farb, um uns in ein ſolches
Verhaͤltniß mit Gott zu Teken, daß wir — bei aufticti-
ger Def. unferer Standhaftigkeit wegen feine befondere
anferordentlibe Strafe Gottes — keinen Eünftigen elen:
den Zuſtand fuͤrchten durfen, fondern Findliches Vertrauen
zu ihm und die Hoffaung der ewigen Geligkeit haben
koͤnnten.“
Cor
27 | 311
Tod Jeſu, Abſichten N
der vernünftiafte Denfer bat noch ſinnliches Ge—
fühl und bedarf ſolcher Ermunterungen, um entwe-⸗
der auf diefe oder iene Sache re m gu fverden,
oder feine erlangte Erfenneniß in Leben und That zu
verwandeln. Dazu follte Jeſu Tod dienen. Derfelbe
folire den redlich fi Deffeenden überzeugen, daß die
. Bel. ihn Gott wohlgefaͤlig mache und ———
len verſchaffe. Denn er war das ſprechendſte Denkmal
feiner vaͤterl. Liebe zu den M., die es zuließ, daß der
Unſchuldige felbft dur die fchwerften Keiden u. Ver—
folgungen feinen wohlthätigen Plan, ein geiftliches
Keich zu gründen, ausführt. Wird der fündi-
gende M. fih zu beffern 8. den Chriſtenleh—
rern aufgefordert, und erkennt er ihrer
Aufforderung su folgen für nothig, fo
fonnte mandher des Gedankens: „Waß
hilfts? Denn Sünde fcheidet den M. und
Gott! Heiligfeit der Gefinnung und des
Betragens ifi die unerlaßbare Bedingung
des goͤttl. Wohlgefallens! Wegen deiner
fchou beganaenen Sünden und. wegen der
Unvollfommenbeit in Deinen Berfuchen gur
Defl. macht dich der Heilige — der furdt-
bare M—richter dennoch ungluͤcklich,“ fi
nicht entledigen. Aber fobald er hort oder lieft, def
Gott fogar feinen innigften Liebling, den Meſſ., ven
würffamen Lehrer des Wahren u. Guten, der Hinrich:
fung durch dieſe ubermächtige Gegner des Guten aus—
geſetzt habe: fobeld in iedem, mer fo beforgt iſt, die
Ueberzeugung entftebet:s Gott, der dieß für ung ges
than hat, da wir noch wärfich uns nicht gebeſſert
hatten, fann ung fein irgend vermeidliches Uebel zus
gedacht haben. Gott ift ficher ein liebender Menſchen—
freund — ein DBater. — Dieſe PoBelung if II Kor.
5, 19; Rom. 5, 5:11 gemäß. Paulus ſchließt in
der Iesten Stelle fo: farb Jeſus En tus für ns da,
als wir in Suͤnden ungeaͤndert fortlebten: wie viel—
mehr muͤſſen wir ietzt, da wir aufgehoͤrt haben vor—
fäglich su fündigen, von allem dem befreiet feyn, was
wir uns unter Zorn Gottes denken. Hat uns Gott,
ſo lange wir gegen ihn wie Feinde dachten, vermoͤge
des Todes ſeines Sohnes, als mit Ont Ausgeſohnte
312 T.
ZTod Jeſu, Ab ſichten des — ai,
behandelt, wie vielmehr müffen wir Ausgeſoͤhnte, nun,
da der Deffias lebt, vom Uebel gerettet und begluͤckt
werden! Beſſert ſich der — * Suͤnder, ſo kann er
nun hoffen, durch Reue, Beſſ., Demuth u. Vertrauen
des verlornen Wohlwollens wieder theilhaftig zu
werden. |
Der Tod Jeſu follte demnach die Ueberz., daß Goft
die Liebe ift, daß nicht Furcht, fondern Kinderfinn u.
kindliches Vertrauen ihn chre, begründen. Dieieni-
gen, melde bisher aus lebereilung, oder
Unwiffenbeit gefündigt haben, aber num
mit Ernft fi beffern, koͤnnen den Tod
Jeſu als eine laute Erflärung u. gleihfam
als eine anfhaunliche Beftätigung der Liebe,
Huld u. Geneigtheit Gottes gegen die M.
und als eine Befreiung v. der knechtiſchen
Furcht vor Gott, als eine Aufhebung aller
Heforgniß wegen der Gnade Gottes in Be—
treff — Suͤnden und als ein Mittel
anſehen, ihr Herz heilſam zum kindl. Ver—
trauen auf die fo ſichtbar gemadte Huld
Gottes u. zur innigften Liebe eines folden
guten Gottes un. Vaters umzuffimmen. Für
ieden, welcher fich beffern will und die goͤttl. Auffor—
derung Dazu beachtet, iſt durch den Tod Jeſu bie
Sünde mit ihren fchadl. Folgen, fo viel als möglich
ift, gefilge worden. — ;
Man muß aber nicht den Tod Jeſu alg einen Er-
werbungsegrund des göftl. Wohlgefallens,
fondernalg einen Verſicherungsgrund de ſ⸗
ſelben betrachten.
Dieſe Vorſtellung theilt ſich in zwei —
1) Der Tod Jeſu als Thatſache ſiellt die Wahrheit: Gott iſt allz
liebend und bereit, dem reuigen Sünder zu vergeben, ſymbo—⸗
lifch dar und gibt einen finnlichen Verſicherungsgrund verfelben,
oder nad) Tieftrunk (Eenfur des chriftl, Lehrbegr. Th. 111),
er ift ein Symbol ber begnadigenden Liebe Gottes, welches,
da Gott es ſelbſt aufftellte, zugleih ein Erweid der götflL,
Liebe ift (vgl. die Erinnerungen dagegen in d. Goͤtting.
Bibl. d. theol. Kit. 3r B. ©. 510-514.
2) Der Tod Jeſu ift Thatfache, eus welcher man, wenn man diefe
Thatſache mit der Vorfehung zuſammendenkt, durch einen Schtuß
ſich verfihern Eanır, und fol, daß Gott, ver Jeſum in daB
F
2, ! g 313
Tod Kefu, (Hbfichten des — —).
Schickſ. eines ſolchen Todes hineinfuͤhrte, gegen alle M., wenn
fie gleich Sünder find, fo geſinnt iſt, daß er a) kein der Sitt⸗
lichkeit nemäßes Befoͤrderungsmittel ihrer Bell. ſpare; b) daß
ev au Eeiner Beit des Suͤnders Feind fey u. deshalb nur den.
M. mie fi, nicht fi mit den DM. auszufühnen, (keine
a, Feindſch. von fid) gegen den M. zu tilgen oder durch Büßen
tilgen zu Iaffen babe); ſondern Vielmehr c) den NM., ſobald
er durch ferien Entſchluß wuͤrklich rechtſchaffen iſt, ihn dafür
anerkenne und ihm darin weder als Perſon noch nad) feinen
einzemen Handlungen entgegen ſey, fonsern die Heiligung
überall fürdere, d. i. ihre Moͤglichkeit oder die Ausfuͤhrbarkeit
ienes Entfchluffes gefichert babe. —
Weshalb kann der Chriſt Jeſu Tod als
ein Verſicherungsmittel v. ——— Gnade,
als eine Aufhebung des Mißtrauens und
ber Furcht vor Goft u. feinen Strafen an-
ieh en? |
a) Weil die An. Jeſu den Tod Jeſu als ein ein zi—
ge 8 Gott dargebrachtes großes — allgemeines —
für immer guͤltiges Opfer *) a Nom. 3,
23228, 5, 8-10; 11’for. 5, 19-215 Eph. 5,2;
Lied: 2,2. Of fagen ; Jeſus Chriſtus fey für die
Seinigen durd) ann Tod eben dag, und mehr als
Das, was die Dpfer für die eracliten feyn follten.
Wie die Opfer Die Iſraeliten an die Strafbarfeit ieder
Sünde erinnern, fie zuc Reue und Ginnesänderung |
auffordern und unter der SamBaNG der Meue, Sin—
nesänderung und Beſſ. von der un der Sünde
verfichern follten: fo fordere der Tod Jeſu Ehrifti fie
zur Deff., als der nach feiner Lehre einzigen Bedingung
der Bergeb. der Sünden auf, und verfichere fie unter
der Bedingung der Def. des MWohlgefallens Gottes.
Wie der DOpfernde durch fein dargebrachtes Dpfer
theils feine Reue über feine Vergehungen bezeugte,
theils dadurch v. der buͤrgerl. Unreinigk. losgeſpro—
chen fuͤr ein reines Mitglied der Gemeinde Gottes da—
durch erklaͤrt und von den buͤrgerl. Strafen befreiet
wurde: fo ſollte der Suͤndenreuige den Tod Jeſu Chr.
als ein Mittel anſehen, welches ihn von den Suͤnden—
*) Aus Herablaſſung zu der damals herrſchenden — an
Opfer gewohnten Denfart der Juden u. Heiden.
314 I
Tod Jeſu, Abfigten des — —).
frafen befreie. In Hinſicht dreier Punkte Fonnten die
Ap. Jeſu Tod mie einem Opfer vergleichen : ı) Das
Dpferthier dachte man fih, als ftürbe es für eine
fremde Schuld, fo auch Jeſus; 2) dag Opfer gab dem
Juden die Gemißheit, dab er bürgerliche Strafen nicht
mehr zu fürchten babe; der Tod Jeſu gibt dem ſich
redlich beſſernden M. die Gewißheit, daß er Feine goͤtth.
Strafe zu fuͤrchten habe; 3) das Opfer war
eine von Gott durch Moſes getroffene Anordnung, —
der Zod J Jeſu erfolgte — dem Willen ns
gemäß.
Ein Dpfer war aber nicht fiellvertretend, fondern es war
ein Geſchenk, weiches der, fo um. Vergebung |. Sünden bat,
darbrachte und die Annahme des Dpfers war cine Verficherung
ver Vergeb. d. Sünden, Die Opfer, an welche die M. über:
haupt gewohnt waren, führte Mofes ein, um an die Noth—
wendig? der Keue m Beſſ. nah iedem Vergehen
zu erinnern, zur Dankfbark gegen Gott und zum
Gehorſam gegen ibn zu erwecken, — Die Apoſtel wählten
diefe Dergleichung, weil der Ausdruck Dpfer gewöhnlich, bez
deutend und zur Aufmerkſamk. erwedend war. Sie wollten
die Unnöthigkeit der Thieropfer zugleich einleuch—
tend machen, da man nun durd Jeſum, wenn man an ihn
glaubte und ihm folgte, wuͤrklich auf eine vernunftmaͤßige
und das Gewiſſen beruhigende Art und Weife vom göttl. Wohlz
gefallen verfichert wäre.
Sie fahen nicht vorher, daß diefe Vergleichung mit einem Opfer
zu ver Meinung: daB Jeſu Xod als ftellvertretend zu bes
trachten fey, Ichandfich gemißbraucht werden würde. — Statt
zu fagen: Chriſtus mußte fidy nach Gottes Willen den Kreus
zeösquaalen unterzichen, wenn er als der Führer der M. zur
wuͤrdigen Gottesverehrung und ewigen Seligk. anerkannt wer—
ven und die M. vom goͤttl. Wohlwollen und von den Segnun⸗
gen durch Tugend verfichert werden ſollten; anftattio zu fagen,
fagen fie: Chriſtus habe fi} die Bekenner feiner Lehre durch
ſ. Blut erkauft, fie vorn Fluch des mof, Gef. Iosgefauft, oder
fie dem nichtigen Goͤtzendienſt entkauft, fie ſich theuer erkauft,
er base fie durch f. Blur eriößt, ihnen dadurch Vergeb, ver
Suͤnden verfchefft, daß er fie durd) ſ. Blut erioßt und fie mit
Gott aufgefdhnt Hate, Eben fo fagen fie: daß er als ein
Unſchuldiger für die Sünder geflorben fey, um fie zu ervetrch,
tab, f. Blur di. Zar; fie von Suͤnden rein mache, daß fie bes
fprengt worden wären mit f. Blute, wie Moſes bei ter Gtifs
tung feiner Biel. dad Dpferbiut über das verſammelte Volk
ſprengte um fie vom Mohigefallen Gottes zu verfichern, wenn
fie ſ. Vorfchriften folgten, Das altes find bildlidhe Aus:
— —
| x 315
Tod Jefu, (mit einem Opfer verglichen, wiefern?)
druͤcke. Haͤtten fie gedacht, wie man den Begriff von einer
Nusfühbnung Gottes vurh Opfer — durch Jeſu Ehrifi
Tod eigentlich nehmen würde: fo wuͤrden fie ſolchen, ta er
- wider die Vernunft ift, richt gebraucht — oder nicht dazu den
enitfernteften Anlaß gegeken baten, *)
Das Opfern follte den Opfernden dahin Bringen,
Daß er feine Suͤnde erfennen, ji der Strafen derſel⸗
ben ſchuldig halten, ſich vor Gott demuͤthigen und die
ihm angebotene Gnade annehmen möchte. Go ſollte
auch der, Jeſu Tod als ein Opfer betrach tende, Ehr:i ſt
feine Schuchternheit und Beſorgniß, als ob ihn ſein
fo weiter Abſtand von Gott und feine Strafwuͤrdigk.
und Fehlerhafe geit mod); u weit vom Eihabenen und
Heiligen entfernte und ibn feiner Gemeinſchaft unfaͤ—
hig machte, fahren laſſen. Er ſollte nun voll findl.
Zuverſicht gleichſam ih Gott nabern, und feibit be
einem zwar willigen und reblichen, aber noch mangel—
haften Geherfam Gnade u. Seligfeit erwarten, Roͤm.
TE ER j
Im Grunde hat für ung das Bildliche u. Hreigentiiche der Vergl.
des Todes Jeſu Ehrifi mit einem Suͤhneopfer, ta wir das
Bedürfnis der Opfer nicht mehr kennen und die Leberzeugung
9. Gottes, dem fich befiernden Suͤnder vergebender, Huld durch
den Zoo Jeſu Ehrifii auch ohne die Anſicht als eines Opfers
haben Eüunen, Fein weiteres Anſehn. Ja ſie verurſacht Teicht
bei den Chriſten undeutliche und verworrene Begriffe. Da:
mals aber konnte man Jeſu Tod anf eine ruͤhrende Art zu
verſinnlichen die Hauptiehre von Gottes AUnvaterliebe und feine
Erbarmung bramchen. ich's. Eonnte foger der ganzen Den—
Eungdart und der finntich felavifchen Furcht vor Gott, wovon
die ganze Welt ehemals aefeftelt war, ie ſeyn, als ein
foicher zur Ausſoͤpnung der M. erlittiener Opfertod eines Un⸗
fihuldigen, weil Futen und Heiden bei der Beforgniß ihres Ge—
wiſſens durch allerlei Opfer fi) die Gottheit geneigt zu mas
chen und ihre Strafen von fid) abzuwenden ſuchten. Verzei—
bung und Criaffung der Strafen konnte man ſich damals nicht
anders ald durch Darbringung vieler Dvfer, und die Befiätigung
eines Buͤndniſſes nicht ohne Blur denken. Für alle dieſe wer
alſo Jeſu Tod eine bernhigende Vorſtellung. Man ver Doͤ—⸗—
terlein’s Fel-iintern, Sp. XL ©. 249 f.
——
9— Bol. Hende’s neues M. 2r B. 18St. © 120 ff. wm
das, was oben ©. 298 f. vom Paſſenden der Vergleihung
des Zodes Chr. mit e. Opfer gejagt iſt.
a. 0
ED EN Clbſichten des — —
„Offenbar gehoͤrt die Vorſtellung des Todes a Bilde
„eines Dpfers und eines Loͤſegeldes zu den Herablaffungen, die
aber eben deshalb nicht die Abſicht haben ſollen, für eine uns
„wandelbare Richtſchnar aller Vorflelungen über diefen Segen;
„end zu gelten.“ *)
„ES war ganz natuͤrlich, daß die Ap., Sie ar Juden unter den
„Opfexgeſetzen erzogen und gebildet waren, den Tod Jeſu als
„ein hetrachteten, mit weichem er auch eine fo fcheinbare |
„Aehnlichkeit hatte. Jeſus ward ohne Schuld zum Tode ge:
„fuͤhrt; er ſtarb für audre und die Abſicht war, die M. zu
„entſuͤndigen, von Suͤnden frei zu machen, und in gewiſſem
„Verſtande zu verſoͤhnen. Außerdem konnten fie durch die
„Forderung der Juden dazu bewogen werden, welche an ſinnl.
„Mittel gewöhnt, bei der neuen Religion die Opfer zu einer
„vermeintlichen Ausſoͤhnung mit Gott vermiſſen mogten.“ **) |
Als ein eigentliche Dpfer, wie die Opfer bei den
Juden fkattfanden, ann der Tod Jefu nidt an:
gefehen werden, In vielen Gtüden hat er aud
Eeine lLebereinffiimung mit den Dpfern, die nah
Ebr. 9 nur cine Teibl. Reinigung, Befreiungvon
weltt. Strafen verfhafften wm bie Ausſchließung
vom öffentl. Umgange verhüteten. Zu ſolchen Iwe:
cken iſt ia Jeſus nicht geſtorben. Die Apoſtel wollten
durch dieſe Bergleichung nur die Juden überfüh:
ven, daß alle vom Moſes vorgeſchriebene Opfer
unndthig wären, daß es nach den Grundſaͤtzzen
des Ehrifientbums durhaus keiner mehr von M.
dargebrachten Opfer bedürfe, um Gottes Wohl-—
wollen zu erwerben. Ed fey Jeſu Tod eine Er:
Elärung, daß der Yormalige irrige Ölaube, daß
Gott durch Dpfer erfi verfohbnt werden müffe,
wenn er onädig feyn folie, aufhören müffe, und
daß dur dieſen Tod Gott feine Huld gegen die
SM. laut erklärt und ihnen eine allgem, Verzei—
bung angekündigt babe, Eph. I, 5:7. Damals knuͤpf⸗
te man an den Tod Jeſu die VBorftielling v. der Vergeb. der
Sünde, weil man an ſolche Ideen gewohnt war; es ift alfo
die Redensart: Jeſus farb zur Dergeb, der Suͤn—
ben,nicht eigentlich zu nehmen; vgl. Bibl, Encycel
zr B. ©. 246: 2475 Schmidt?’8 Bibl. d. theol, Litt.
vB, ©. 2625 Hende’s Mao. f. Rei,Phitof. ꝛc. VIr 2.
s St. ©. 1:9, „Kurze Entwidelung d. neutefi. Begriffe
%
*) Niemeyers Briefe an Mel. Lehrer, 2te Samml. ©.
268. 269.
+) Hende a. 0 DE. 128.
T, | 317
Tod Sefu, (Abfichten des — —).
von den Abſichten des Todes Jeſu aus ver Grundidee eineg
ee, und — Gahrdt's) Apol. d. Bern ©
208:25
b) Weil wir — zweifeln koͤnnen, daß Gott an der
Geſinnung, welche Jeſus durch ſ. Tod an den Tag
legte, ſein heiliges Wohlgefallen habe, und wir alſo
auch gewiß find, daß er an uns ſein Wohlgefallen
babe, wenn wir ung dieſe Gefinnung Jeſu eigen ge
macht heben. Dffendar iff doch im Zope © Jeſu die
deutlichſte Belehrung und das ſchoͤnſte Beifp ni einer
Gott ganz ergebenen Gefinnung ſichtbar. Wir find
berechtigt zu ſchließen: wenn un 19 Gott dermaßen liebt,
daß er Chriſtum für uns aufopferte, fo dürfen wir
nicht beforgen, daß er und wegen unferer Sunden be:
firafen, fondern uns lieben werde,
In der oben ©. 290, angeführten Schwarzeſchen Schrift vom
awed des Todes Jeſu wird der Tod Jeſu 1) als eine
Berfohnung ver M. mit Gott (f. unten Verſoͤh⸗
nung Gottes) LSJoh. 2, 25 2) als die Vergebung
Sünden, 2. h. zur Vergeb. d. Suͤnde erduldet, vorgeſtellt, z.
B. Matth. 26, 28. Dieß will fo viel ſagen, als: Jeſus ſtarb,
um uns in ein ſolches Verhaͤltniß mit Gott zu ſetzen, daß wir
bei aufrichtiger Beil, wegen unferer Suͤndhaftigk. keine, beſon—
deren außerordentl. Strafen, Eeinen kuͤnftigen elenden Zuſtand
fürchten dürfen, fondern kindl. Zutrauen zu ibm u. die Hoff,
der ewigen Seligk. haben Eönnten,
Schwarze beftätigt diefe Erkl. in ver Schrift: üb. den x od Sein,
als ein weſentl. Stüs feines wohlthätigen Plans ꝛc. Lpz. 1795.
gr, 8. mit 5 Gründen,
Hllein Feine Stelle des n. Teſt. fagt, daB Gott um des
Todes Jeſu willen Suͤnden vergeben habe, oder
daß er ein nothwendiger oder ein als ſich ſelbſt verordneter Ve⸗
weggrund zur Su— indenvergebuns fuͤr Gott waͤre!
P. muͤßte dann fchreiten de (wegen, um) Toy Javarıy, A ro
Be 1, 145.20. 223 -Ebr. 9, 265.10, 105. 15, 1, .
allein fie verbinden dr (durch) immer mit hen Genitiv, 5.8.
Roͤm. 5, 10, vergl... 5, 17f. Keine Stelle ſagt, dab die Suͤn—
denftrafen der vor. Jeſus geftorbenen M. von Gott in Hinficht
auf deſſen Tod erlaffen worden wären. Daß Gott zu allen
Beiten den M,, ihrer Suͤnden ohngeachtet, keine zur Beif.
nicht nothwendige Uebel aufbärde, wird verſichert, aber nirs
gends geſagt, daß er dies wegen Jeſu Tod thue; vgl. neues
eo Journ. v. Ammon, Haͤnlein u. Paulus, VI
B. ©. 81 Bi —
[2
318 | T.
Tod Jeſu, (für welche Sünden erfolgte der —)
— welcher Suͤnden gewährt der. Tod
Seju aa
Kerr Gen. Sup. Loͤffler behauptet in f. a Abhh. über Die.
kirchl. en. Zuͤllichau 22.1796. 8. S.
86 f, vergl. mit ©. 149: daB die Wergeb,d. Sanden um des
Tores Jeſu wollen fich 6108 auf die Saͤnden der Juden und
Heiden und derer, welche Ehrifien werden wollten, die ſich noch
während des alten Bundes oder während ihres Susens und
Heidenthums d. 4. im vorihrijtlichen Buflande, im der Zeit, ehe
Jeſus in Die Welt Eam, begangen hatten, n. nicht auf ie eh n f⸗
tigen Suͤnden, die fie als Chriſten begehen wuͤrden, beziehe.
Es haben freilich die Schriften der erſten Lehrer des Chriſten⸗
thums ihre naͤchſte Veziehung auf ihre Zeitgenoſſen. Dieſe ha⸗
ben ein gemeinſchaftliches Bedaͤrſniß, davon gewiß zu werden,
daß Gott zu einer allgem. Begnadigung ohne Opfer bereit
ſey, wenn ſie nicht mehr, wie bisher, ſeine Gnade durch Opfer
ſuchten. Die Juden bedurften noch außerdem eines ſolchen
Beweiſes, um ſich zu überzeugen, daß die Heiden an ver allgem.
Gnude Theil nehmen koͤnnten. Es ift alfo natuͤrlich, daß die
Ap. in vielen —— ganz deutlich von den N
Sünden reisen, z. B. IPerm 1, 18205 Gal. 1,45 Kom,
3, 23; Em, 9, LS. en! nicht Die Apofiel, u fie denen,
die noch ferner in der Sünde beharren, Hoffn. auf die forts
würfende Kraft des Verſoͤhnungstodes Jeſu gemacht hätten,
einen gefährt, Mißbraud) diefer Behauptung veranlaßt haben?!
Allein daraus folgt nicht, daß nicht Schu Tod in Beziehung
auf das Heil aller, die nad) ihm gelebt haben, fiehe, zumal, da
es ia oft beißt, daß er für alte — für die Welt gefiorben
fey,3.& Matth. 20, 2385 Sob. 6, 515 3, 1264 Be. 24, 27.
Jeſu Tod bezog fi) auf dag Heil aller derer, die
nac) ihm gelebt haben. Alle können u. follen, wenn
fie ihm glauben, und ihm folgen, ſich durch f. Tod
erwecken laffen, Gott wieder na en und ewig
felig zu werden, Joh. 3, 16, b. Gott bewieß fo
anfchaulicy in der Zufopferung Chr feine rg ges
gen Alle, daß Alle, die ihm vertrauen und ſ. Vors
ſchriften N: der ewigen Gluͤckſeligk. verfichert
ſeyn Fönnen. a Paulus 5.5. Rom. 3, 255 5, 6. 8.
den Tod yefı € hei immer auf die vergangenen
d. h. ſolche Sünden bezieht, welche die Chriſten in ih—
rem vorigen finni. Gemauͤthszuſtande begangen hatten,
und er ausdruͤcklich lehrt, daß Chriſtus zu unſerm
Beſten, da wir noch Suͤnder waren, geſtorben ſey,
und da er Ebr. 9, 15 bie Zefreiung von (der Furcht
ou
zT, 519
Tod Sefu, (für welche Sünden erfolgte der — ?)
vor) den Strafen der gegen das mof. Geſetz began—
genen Sünden durch den Tod Jeſu Ehrifti gar nicht
auf die Worväter ausdehnt, fondern beſtimmt u. deut:
lich auf die zur Seligk. berufenen Chriſten einſchraͤnkt:
fo ift e8 daher, weil der Tod Jeſu fih aud auf uns
bericht, gewiß, Daß der bisher ungebefferte
Chrift durch den Tod Jeſu Beruhigung ın
Hinficht feiner im ungebefferten Zuftande
begangenen Sünden u. der außerordentli—
chen Strafen Gottes haben fann. Die Fob
gen der Uebertretung währen fort, aber eg
geht auch Gottes Weltregierung fort, wel—
che die Kraft der Würfungen vermindert
und Die Folgen der von ibm zugelaffenen
freien Handlungen nad f. Abfihten zum.
guten Ziele lenfen fann und es auch wuͤrk—
lih thut. |
„Die Apofiel und ihre Zeitgenoffen find nicht durchaus und jedesmal
nur allein darunter zu verfiehen, wenn fie etwas 9, fich fahrei=
ben; oft Eönnen und muͤſſen auch alle ihre Nachkommen, und
alfo auch wir dabei gedacht werten. Auguſti theol. BL
2° Jahrg. 28 Quart. ©, 217. vgl, mit ©. 95,
Sn Hinficht der zufünftigen Sünden fol und
faun der Tod Jeſu Feine Beruhigung u. fein Vertrauen
zu Gottes Wohlwolfen begründin. Denn für die Zu-
kunft fol und darf der Wille des tugendhaften und
frommen M. Feine andere Beflimmung kennen, als dag
Geſetz: du folft nad) Vollk. und Heligf. ſtreben!
Diefes Gefeß allein ift eg, v. dem fich der Ehrift beim
Gedanfen an die Zufunft leiten laffen darf.
Kerr» Lehrer duͤrfen vor allen nicht den alle Moral zerfidrenden,
ſchrift- und vernunftwidrigen Say aufftellen und ihn nicht oͤf—
fentlich vortragen: daB Jeſus Chriftus auch für unfere zukuͤnf—
tige Suͤnden gelitten u. unfere Eünftige Verbrechen ein für alle:
mal verfohnt haben; denn nichts ſchwaͤcht mehr den Tugendei—
fer, nichts erklärt mehr die Nothwendigkeit eines beftändigen
Kampfes mit der Sinnlichkeit zum Voraus entbehrlich als dies
fer Satz. Wenn ein Water nicht nur feinem Kinde das Lafter
verbietet, fondern auch f. ganzen Unwillen gegen das Laſter
zu. erkennen gibt — wird es etwas. helfen, fals er ihm ſchon
zum voraus die Vergebung feiner Fehltritte unter fehr leicht
zu erjüllenden Bedingungen verkuͤndigt? Solche unmopraliiche
Aruberungen haben ſchon viele Laſter u. ſogar Verbrechen ver:
320 a T,
Tod Jeſu, (erfolgte niche für die zukuͤnft. S.)
anladt. Haben nicht die Apoſtel, wenn fie den Tod Jeſu als
ein Berubigungsmitter für die bereits begangenen Suͤnden ih⸗
ver Zeitgenoſſen aufftellien, ausdruͤcklich hinzugeſetzt, daß fie v.
nun an der Sünde ginziich abſterben und Eeine Verführung
mehr erivarten folen? Mach ihrem Beifpiel müffen Rel.⸗Leh⸗
ver, um nicht Verraͤther an der Pflicht zu werden, den Tod
Jeſu immer nur auf die Vergangenheit Gezichen und ihn vor—
fihtig — nach individuellen Beduͤrfniſſen als ein fittl. Heilmit⸗
tel gebrauchen, deſſen Kraft fie Leichtfinnigen, die ohne—
hin geneigte find, ihr fittl, Wohlſeyn zu zerrütten,, nicht unbes
dächtlich aurühinen, fonderg von sem fie vielmehr, Wenn vie
Bunde einmal gefihlagen if, "einen weifen Öebrau machen
follen; vol. Loffler’s angef. Abh. über die Genugth.-Lehre,
©, 41:44. 5 N
Mandarfnicht den Tod Jeſu als ein Be—
wegunggmittel, Vergebung der Sünden zu
erhalten, anfehben Welch eine unrichtige — un—
würdige Vorftell. iff eg, wenn man ſich Gott als nach
feiner Gercchtigfeit unerbittlich denkt und ſich vorſtellt,
Daß er erfi durch den Tod Chriſti, der dieſer Gerechtigs
feit Genugthuung geleiftee habe, zur Erbarmung gegen
die Sünde und zur Vergebung geneigt gemacht gewors
ben ſey. Das Bildliche am Tode Jeſu als eine
Dpfertodeg zeigt eg fihon, Daß derfelbe nur als
ein Derfiherungsmittel v. der Vergebung
der Sünden anzufehen und als eine Ver—
gewifferung von der HYuld Gottes zu be-
trachten ift.
Daß uns Jeſu Auferſt. dv. der Gewißh. überzeugt, daB wir und wegen
des Todes Eprifii Gottes Wohlwollen verfprechen Eünnen, zeigt
Dr. Seiler in ver Frage der zweifelnden Bern. x.
Erlangen 1798. 8., fe Döderlein’s Rel.- Unterer. Th. XL
©. 236 u. 248.
Bar. Fofter’s Reden Über wichtige Wahrhh. d. Nel, 4r Th. Nr.
16. ©, 337:3485 I. W. ©. Wolfs Predigtauszz. ©.»
76:80. „Jeſu Tod if die ſtaͤrkſte Verſich. unferer Begnad.
oder der Vergeb. unſerer begangenen Suͤnden nach redl. u, ernfil,
Beſſerung.“
Don allen dieſen ſechs Abſichten des Todes Jeſu
Chriſti iſt nicht eine fuͤr ſich allein hinreichend, das
noͤthige Licht in Gottes Verhalten zu bringen. Nimmt
man ſie aber zuſammen, ſo entſteht daraus ein deſto
zuſammenhaͤngenderes, feſteres Gebaͤude, und *
azu
T. 321
Tod Jeſu, ——— Abſichten des —)
dazu iſt daſſelbe um deſto ſicherer, weil faſt alle chriſtl.
Partheien hierin voͤllig uͤbereinſtimmen. Nur huͤte
man ſich ſorgfaͤltig vor den Einfaͤllen ſeiner eigenen
Einbildungskraft und vor der gutmeinenden Schwaͤr—
merei, die immer mehr ſieht, als andre ruhigdenkende
Leute wahrnehmen koͤnnen. Man nehme ſich auch in
Acht, um nicht Gott ſolche Abſichten beizumeſſen, die
ſeiner ewigen Weisheit unanſtaͤndig ſtnd, wenn ſie uns
gleich nad) unſerm eingeengten Verſtande gut u. hei—
lig zu ſeyn ſcheinen.
Die Beſſerung der M. kann nicht als ein Zweck des Todes Jeſu,
fordern als eine für denienigen mögliche (und zu wuͤnſchende)
Folge, angefehen werden, welcher fid) beifert and dazu den Tod
Jeſu Ehrifti al ein Symbol von der Ertödtung der Sünde
im M. APetr. 2, 24) anſieht, deshalb ift davon unten Nr. V.
die Rede. „In denienigen Stellen, worin die Befferung
„ner M. für ven Zweck tes Todes Jeſu angegeben zu werden
„ſcheint, bleibt es noch zweifelhaft, ob nicht der Begriff einges
„ſchoben werten muß, daß diefer Zod durch die Vers
„iherung der Önade Gottes beffernd fey, und
„dieß ift fehr wahrfheinticdh, und weit wahrfdheinlicher, als daß
nee durch feine beffernde Kraft den M. Verges
„bung der Sünde verfhaffe” Gtäudlin’s Dogm,
u. Dogmengeſch. zr Ih. ©. 765. — —
Ale übrige von einigen angegebene Zwecke des To»
bes Jeſu Ehrifti, z. B.
N, Er ſtarb, damit feine Tugend vollendet
werden follte, (Ebr. 2, 9. 10) oder Jeſus folls
te dadurch aug eigener Empfindung lernen,
wie e8 feinen Mitmenfchen zu Muth ſey u.
er follte dadurch zur Führung feines gott»
lichen Gefhäfteg, der Beforgung ibrer See
Tigfeit, vorbereitet (Ebr. 2, 17. 13; 4, 15) und
gleichfam eingeweiht merden, - Ebr. 5, 10. Es ſollte
diefe empfindl. Art des menfchl. Elends Jeſum zu dem
mitleidsoollen Negierer der Welt bilden, welcher für
die M. fo erwuͤnſcht ſeyn muß.
2. Er farb, damit Gott u. Jeſus Chriſtus den flärk
ften Beweis ihrer Liebe gegen die M. gäben.
3. Er ftarb, weil der Tod des Meſſias mit unter bie
Kennzeichen kaͤme, nach welchen die Juden ben Mel.
als ſolchen erfennen koͤnnten, weshalb ſich — ſelbſt
Ehriſtl. Gl. Lehre fad. Canzelgebr. 3Th.
322 T.
Tod Jeſu, (Nutzen de —
auf dieſen Umſtand beruft, Lucsıg, gr; a 26. yo
44247.
find entweder nicht Die nächften — feine Haupt:
zwecke des Todes Jeſu Chriſti, oder fie geheren uns
ter die Wuͤrkungen deffelben, oder fie find ungegrün-
det, denn was N. berrifft, fo koͤnnen ſchon Leiden den
Menfihen veroollfommnen; was 2. angeht, fo gehoͤrt
Die im Tode Jeſu fichtbare Liebe Gottes u. Jeſu mehr
su den Folgen deffelben.
7. Die Jeſu von den iid. Volksvorſtehern und Prie⸗
ſtern zugefuͤgte Beſchimpfung kann man nicht fuͤglich
als etwas, was Gott veranlaßte, Sjefum- fterben zu
laſſen, anſehen.
Bol. Salzmann’ 8 Gottesverehrungen, 3te Samml.
Nr. 28. ©. #7 60: „Abfichten des Todes Jeſu;“
Cannabich's Predigten uber die Evangelien des
Sahrs, ır Th. 2te A. ©. 199-221: „von den Ders
dienften Jeſu, die er fich durch f. Leiden und Tod um
unfere Seligfeit erworben hats ı)er beftätigte dadurch
feine göttl. Sendung, 2) er erhöhte dadurch f. Kiebe
zu fich und f. Nel., 3) er zernichtete unf. eitle Hoffn.
auf eine gegenw. Belohnung; 4)erhob die Urfache einer
bangen Surcht vor Gott auf zc.
I. Nugen des Todes Jefu Eorier
A. Für Jeſum felbft.
Der dornichte Pfad der Leiden und des Sterbeng
war für Sefum grade derienige, auf welchem er fich
einer großern — theilhaftig machen konnte,
Luc. 24, 26; Philipp. 2, 6-9; Nom. 14, 9; Ebr. 2,
9-11. Er redet Joh. 17 felbft von diefer zufünftis
gen Belohnung Furz vor feinem Tode. Gott Fonnte
ihm in aller Abſicht für fein ausgeſtandenes Leiden u.
Sterben volligen Erfaß leiften und hat ihm denfel»
ben geleiftee. Der Tod diente ihm alfo zur Herr—⸗
lichkeit.
B.) Sür die Menfchen, Joh. 12, 24. U. 32.
Die Erreichung der in Nr. IL 16 angegebenen
Abfichten, die durch die Einführung des Chriſtenth.
bewuͤrkte Abfchen vor dem iuͤd. und heidn. Opferdienſt,
R. | N 323
Tod Kefu, Nusen des — —).
die Zernicht. der Ermarfung der Juden und der Schü-
ler Jeſu Chriſti v. einem rd. Reiche, die Begruͤndung
unſerer Ueberzeugung, def erſt in ienem Leben werde
alles vergeben u. belohnt werden und die möglich ats
machte Def, u. Berubigung der M. waren die Vor:
theile, welche Sjefu Zod; hatte. Weil Gott alle diefe
unausſprechlich wohlihätigen Wuͤrkungen des Todeg
Jeſu Chriſti (denn welche Begebenh. — welche Handl.
in der Welt bat nicht über kurz oder lang einge:
fchränfte oder auggebreiteie Folgen?!) nach f. Allwif—
fenheit vorausfahe, fo lich er diefen Tod zu. Er of—
fenbarte Dadurch feine weiſe Güte, verminderte dadurch
dag Dofe, u. beforderte Gutes in der Welt.
a DE Sob Jeiu Chr. hatte zur Solge die
Ausbr. und Gründung des Chriftentbums®.
Mehr als irgend ein anderes Mittel befsrderte Jeſu
Son die Wurkfamf. u. Sruchtbarfeit der chriſtl. Lehre.
Auf mehr als eine Art frug er dazu bei; denn nad)
IL, 2. ©. 300. wurden nicht nur a) der Juden irrige
Erwartungen von einer ird. und bürgerl. Kegterung,
zeitl. Macht und Hoher, des Meſſ. vernichtet, ſondern
b) der Tod Jeſu Chriſti war die Schuͤler Jeſu
eine Ermunterung, das zu thun, was von hnen die
Pflicht — als Lehrern der beſſern wahren Religion
verlangte, u.f. f. Derſelbe erweckte fie, auch Für Dies
ſelbe zu leiden, oder willig auf dem Wege der Pflicht
nac) f. Beifpiel jede Muͤhe und Beſchwerde, b) die
Aufopferung, ta felbit den Sreuzestod, wenn eg nothig
wäre, zu übernehmen, wie ihnen Jeſus Chriſtus *
dem Wege der Leiden und des Todes mit ſ. Beiſpiele
vorangegangen war; c) Jeſu Tod machte ihnen Muth;
denn fie ſahen durch denfelben nicht fein großes Werf
auf Erden vernichtet, fondern noch mehr erweitert; fie
dachten, daß folcheg, falls fie auch ihr Leben einbüßten,
noch) vielmeniger untergehen wurde, Die wiederholte
Gedächtnißfeger des Todes Jeſu, die Jeſus deshalb
angeordiret. hatte, belebte fie in diefem Muthe.
In der That breitete ſich auch nach Jeſu Tode
feine Lehre fo weit aus, daß fie aus dem kersten
Palaͤſtina bie in rn lenlanp sefommen if, und Die
Hanze Welt erfüüt bat. Durch den Tod eine Us,
| ſchuldigen ſollten Millionen AUngluͤckliche sur Ofüsafe,
“
324 T,
Tod Jeſu, (Nutzen des — —).
ligfeit geführt werden. Don ber erffen Nredigt ber
Ap. an, (Ap. G. 2, 38) bis auf den heutigen Tag, hat
dieſe Gefchichte viele Laufend harte Herzen gerührt,
Aufmerkſamkeit auf die chriftl. Lehre erweckt, Beunru—
higte von Gottes Liebe uͤberzeugt u. ihnen Troſt und
Hoffn. mitgetheilt.
2) Der Tod Jeſu Chriſti erleichterte und be—
förderte die Belehrung von den wichtigſten
a die, wenn fie auch ſchon vorher von
Jeſus Chr. gelehrt worden waren, Dadurch doch weit
eindräckl: her wurden, 3. E. daß Gott die Liebe felbft,
aller M. Vater fey, indem er den Anfchuldigen zur
Beruhigung flerben ließ, daß Sefus auf dag hoͤchſte
die Menſchen liebe, da er ſtarb, um ſeiner wohlthaͤti⸗
gen Beſtimmung getreu zu bleiben und da es der Tod
des einzigen Sohns Gottes war; ferner, daß er auch
ſeine rechtſchaffnen Verehrer aus weiſen, vaͤterlichen, ſich
uͤber das Ganze erfireckenden Urfachen und zur Ers
hohung ihrer eigenen Vollk. oft in diefem Leben fehr
viel erdulden laffe, daR der Tod unfere Seele nicht
vernichte, und daß e8 moͤgli ch ſey, daß uns Gott auf
ewig wieder ins Leben zuruͤckrufe, daß der Unendliche
den frommen Dulder, ſein eigenes Wohl fuͤr ſeine
Mitmenſchen vergißt, ſein Thun und ſeine Leiden nach
dem Maaßſtabe der Treue und des Gehorſams herrlich
lohnen werde. |
3) Der Tod Kefu Chr. ermuntert den — fein
wahres Wohl fuchenden M. zur Tugend,
ia berfelbe macht fie ihm erſt recht möglich. Es gibt
der Tod Jeſu Chriſti ihm dazu den gehörigen Muth,
daß die Sünde gleichfam meniger Gewalt und Herr:
ſchaft über ihn hat. Die Gewißheit, nicht für began-
gene Gunden bei ernfil. Bel. geftraft zu werden, vers
bunden mit der daraus entfpringenden Hoffnung, daß
Gott, welcher für uns, da wir nody Sünder waren,
geforgt hat, uns im Gefchäfte der Bell. unterftügen
werde, melchen Muth gibt — welchen Eifer erweckt
das nicht! Das befchämt uns bei igdem Gedanken
an unfer thörichtes und fträfliches Betragen, u. zwar
um ſo mehr, ie lebendiger wir die Groͤße der Liebe
Gottes und unſeres Erloͤſers erkennen; das bewegt
uns aber auch, nun keinen Fleiß zu ſparen, uns von
29 325
Tod Jeſu, (Nutzen des — —.)
der Welt umbefleckt zu erhalten, unfer Herg von allen
fündl. Begierden zu reinigen und unfer ganzes Ver—
‚halten Gott wohlgefällig einzurichten. Die Gefchichte
von den Leiden und dem Tode Jeſu Ehrifti hat doch
fo viel Hinreiffendes, Erhabenes und Wahres, daß
auch der fcharffinnigfte Ehrift, wenn er nur ohne Vor—
urtheil zu ihre kommt, fie zur Erwecdung edler Em—
pfindungen benutzen fann. Seil iedem, der dieß thut
und oft hinfieht auf feinen für ihn leidenden Erlöfer
und dann geftärkt in der Liebe und Hoffnung mit
neuer Munterf. den Weg der Tugend fortgeht! Da:
durch, daß Gott der Gerechte iedem, der fich beſſert,
die Strafen der begangenen Sünden erläßt, wird ber
M. zu guten Uebungen erweckt; der Genuß der Wohl—
thaten entflammt feinen Eifer zu edlen Handlungen.
Es macht auch der Tod Jeſu Ehrifti dem M. die Zus
gend leichker und angenehmer. Er bietet neue Kraft,
Erm. und Beweggründe sum willigen und freudigften
Gehorſam gegen den Willen Gottes an. —
4) Der Tod Jeſu Ehrifi iſt für den ſinnl. M.
ein fehr würffames Beruhbigungsmittel. Ohne
daß gerade der Lafterhafte, wenn er zu fich felbft zu—
rückkehrt und feine Sünden aufs Iebhaftefte bereut,
Gott über feine Sünden entrüftee fih denft, (denn
das ift eine zu fehr Gottes unmürdige Borftellung,)
muß ihn doc) theils der Gedanfe, dem Willen Got—
fe8 des Allbeherrfchergs zuwider gehandelt zu haben,
ſehr drücen, theils muß ihn fein fitel. Unwerth die
zu weite Entfernung — den zu großen Abfiand von
der Wolf. Gottes empfindlich bemerfen laffen. In
beiden Fällen wird auch bei feiner würfl. Beſſ. nach
der gegenwärtigen Einrichtung unfrer Natur bei einem
ieden, Der bei einer ernfllichen Einkehr in fich feldit
feine Übweichungen von Gott u. feinem heiligen Wil-
len erfennt und nicht fchon durch dag Chriftenth. ges
heilt worden iſt, immer noch ein gewiffes Gefühl von
Unruhe, Schaam, Neue, Unzufriedenheit und v. ban-
ger Furcht vor noch härtern zufünftigen Strafen Got—
te8, übrig bleiben. Er wird alfo eine Sewiffensunrube,
eine von Gott zuruͤckſchreckende Furcht behalten. In
ſich ſelbſt kann er keine Beruhigung finden. Außer
ſich muß er den Grund ſ. Beruhigung ſuchen. Ohne
326 T,
Tod Sefu, Nuten des — —).
dieſe müfite er verzweifeln. Was fann aber mehr Bes
ruhigung und Vertrauen mittheilen, ale grade der Zod
Jeſu?! Dieſer muß den Dr. zum innigſten Zutrauen,
zur wäarmften Danfbarfeit, zur aufrichtigften Liebe ge=
gen Gott umſtimmen. Sefu Liebe als. eines swifchen
Gott und den M. mitten inne flehenden Sreundes
leitet dann din Di. zu einem freiern, WET Be:
gen Gehorfam.
Jeſu Tod als ein fubiektiveg Beduͤrfniß für sen ſchwachen finnt, M.
betrachtet — iſt der Lehre und dem Geiſte der Ap, und dem
reinen Vorſtellungsbegriff von der Gerechtigkeit Gottes u. ihren
a gemäß.
5) Der Tod Jeſu Chrifti beſiegt unfere To⸗
beſsfuürcht, ſſur Th. Erlſung E35 f.
a) er gernichtete die Vorurtheile ver id. Vorſtellun—
gen vom Tode, die denfelben furchtbar machten, indem
fie 4) denfelben als ein Werk eines befondern Geifteg,
des Todegengels anfaben, weil er den M.fo lange .
verflage, bis Gott ihm die Vollmacht gebe den M. zu
tödten, 8) ihm die grasliche Geſtalt, daß er den M.
Gift einbauche, die Seele aus f. Leibe reife. (daher die
Verzuckungen) aaben, — und 7) fih. die Seele nad)
dem Tode des Leibes an einen Öraufinserregenden, fin»
fiern, freudeleeren ſtillen Drt, ohne Moglichkeit ſich
des Mergangenen zu erinnern, dachten. Todesfurcht
verbitterte den M. alfo ıhr ganzes Leben, Ebr, 2, 15.
Beide Irrthuͤmer hob Jeſus Chriſtus durch ſ. Tod
auf. Denn a. er farb unter ſolchen Umftänden, die
es gewiß machten, daß fein Tod ——— die Wuͤrkung
eines boͤſen Geiſtes ſeyn koͤnne; b. er ſtarb als ein
Maͤrtyrer fuͤr die Wahrheit, insbeſondere aa) fuͤr den
Glauben an Gottes Vorſehung, ohne deſſen Willen
ſich nichts in der Welt ereignen koͤnne, in deren Haͤn—
den zu ieder Zeit die M. find; bb) für die Wahrheit,
daß boͤſe Seifter dem M. nicht fihaden koͤnnten, denn
er trieb fit aus, Luc. 10, 18 d. 5b. ich bemerkte, wie
dag Dorurtd., daß Gott einen Berfläger, den Feind
der Menſchen dulde, ſich verlor; ce) für die Wahr—
heit, daß man fih nur allen vor Gott fürchten
muͤſſe.
b) Er benahm das den Tod uͤberall begleitende Schreck—
liche, nämlich aa) die Ungewißh. deſſen, mag ung
T. 3
Tod Jeſu, Mutzen des — —).
nach dem Tode wiederfahren wird, denn IITim. 1, 10.
Die Unſterblichk. der Seele glaubte man unter den
Juden nicht allgemein; ſie war nur eine Meinung der
Weiſen. Jeſus verwebte ſie mit der Rel.; ſie war vor
ihm nur eine Vermuthung. Jeſus machte fie sur voͤl—
ligen Gemißheit. bb) Er räumte weg die Beforgnif,
wie e8 ung wegen unf. Sünden ergehen werde, Das
durch, daß Gott allen, die ſich in der That beffern,
auch ohne Dpfer und Vergüfung vergeben wolle. Er
ſelbſt lehrte dieſes und ließ e8 durch die Ap. lehren:
BD. daß, wenn wir der Sünde fierben u.ber Gerech—
tigkeit leben, ſo ꝛc.
6) Der Tod Jeſu Chriſti nahm der bisher bei
den Juden berrfheuden Borftellung v. ber
Gewalt des T** Die erfhredende Macht,
Ebr. 2, 14. f..1r Ch. Erlsfung ll.7. ©. 337 f.
Auch in derienigen Fuͤckficht fand dieſes katt, dag
Jeſu Tod gerade die Tugend Jeſu im fchönften Licht
Darftelite, ihm viele Anhänger erwarb, alfo das Reich
der Umnfirtlichfeit fchmächte, dem M. Entlediguag von
den Uebeln verhich, als deren lirheber die Juden den
&**% zu beftachten pflegten; f. oben Teufel.
zn Die Würffamfeit des Todes Jeſu iſt von ewiger
Dauer. Nur einmal opferte ſich Jeſus auf, um eine
ewige Erloͤſung zu ſtiften, Ebr. 12; 10 145 7,
7,27. Die fann u. wird etwag die Rrafı des Todes
Jeſu ſchwaͤchen u. vermindern.
Kur duch V. 1. wird der Nutzen, welchen der Tod
Jeſu hat, erreicht.
Vgl. Schwarz über den Tod Jeſuff. Lpz. 1795. 3;
im Anbange zum zten Abſchnitt: „von dem Nutzen d
Todes Sefu für denfende Ehriften.“
Werth |
Br 2: — f .r :
eig Ewa Self ehrt
Zum Theil erhellt der Werth u, die Wichtigk, des ꝛc. ſchon aus IM.
dgl, Short. Bis d. neuefientheot, Litt. ir B. 785
. ©. 467483. „Richtige. des Todes Jeſu.“ =
Jeſu Tod ift merkwuͤrdig, lehrreich und uͤber alles
ne: Diefe Rn ift für die Menfchbeit un:
328 x
Tod Jeſu, (Wichtigk. des — —). Ä
ausfprechlich wichtig, welches daraus fich hervorgibt,
weil fie, wo nicht eine Veranſtaltung, doc, eine Zu—
laffung Gottes ift, weil der Zweck derfelben moralıfch
nochwendig war, und meil fie fittliche Solgen bat.
Was hat ie einen fo großen — allgemeinen Nutzen ges
ſtiftet als der Tod Jeſu und feine Lehre?! Selbſt die
Nücficht auf die Befchaffenheit der Perfon, die da
ſtarb, fo wie auf die Abſicht berfelben ftellt die Wich—
tiafeit f. Todes dar.
I) Der Tod Jeſu Chrifti ift ein unläugbarer
Beweis von der großen Liebe Gottes, Nom.
5, 8. 10; Job. 3, 16, ſ. Er loͤſung, 1x Th. ©. 239.
„Nichts ift gefchiefter ung von Gottes Liebe’ zu übers
zeugen, als dieſe ſinnliche Thatſache, denn — der Tod
Jeſu Chriſti, in ſo fern er ſo fruͤh und bei ſeiner Un—
ſchuld erfolgte, war an ſich keine natuͤrliche und noth—
wendige Begebenheit. Er gehörte aber zu dem goͤttl.
Entwurf feiner Sendung, zu dem Gefchäfte, welches
er unter den M. ausführen follte. Der Ausgang dies
fe8 Todes beweißt, daß derfelbe zu der Abſicht der
Vorſehung mit Jeſus Chriſtus gehoͤrt hat, und ſehr
haͤufig wird im n. T. geſagt, daß Jefſus für uns
geſtorben ſey, daß alfo fein Tod ung zu guf fomme.
„Die ſelbſtſtaͤndige Weisheit beliebte, beabſichtete und
heiligte ſeinen Tod. Man kann nur die verdienſtliche (?)
Kraft deſſelben aus der Fuͤlle der goͤttlichen Heiligkeit
ableiten.“*) Gott verſchonte feines eigenen Sohnes
nicht, ſondern übergab ihn — den Geliebten — zu
einem Mittel zur Nettung der M. und Befeligung der
Sünder — zu unferm Beften — zur Erreichung der
Cin II. angegebenen) Endzwecke, den fehmerzlichften
Leiden und dem Kreuzestode. Iſt e8 nicht Gute, wenn
Gott einem einzigen Unfchuldigen für eine ganze Welt
aufopferte? menn er durch die Zodesangft eines Eins
zigen Millionen Beruhigung gewährte, wenn er durd)
die Aufopferung eines Gerechten fich eine Gemeinde
erfaufte,. die fich von Sünden entledigt und ihm fich
weihet? Sünder vom Verderben erretten, Unglückliche
wieder glücklich machen — das ift der thatigfie Ers
*) Tieftrunk Cenfur des proteſt. Lehrbegr. zr Ch.
= 329
Tod Jeſu, (Wichtigk. des — —),
weis wahrer Liebe zu ung DM. und eines zärtlichen
Mitleids. Aus diefen großen, zur Erlöfung der M.
ale Sünder durch feinen Sohn gemachten Anftaiten
zeigte es fich deutlich, wie ernfllich er an Hinmegfchaf-
4 in des Boͤſen arbeiten und mie gern er dag Gute
befördern wolle. Da Gott wußte, wie unglüclich der
M. durd) die Herrſchaft der Suͤnde wuͤrde, ſo erhellt
deutlich aus Jeſu Tode Gottes reinſte Menſchenliebe.
Jeſus Ehriftus felbfi war ihm nicht zu theuer, fo
lieb er Ihm auch war.
Bol. Vaßmer' 8 Predigten, Hannov. 1800. Nr. 2.
„Welsh. u. Güte Gottes im Tode Jeſu.“
2) Der Tod Jeſu Ehrifti ift cin unwider—
fprechlicher Beweis v. der Größe der Liebe
Sefu Chrifti, Rom. 5, 7; Seh. 15, 12+14; 10,
12 u. 175 17, 19. (die Worte für euch beißen in
diefen Stellen fo viel, ald: eu zum Beften).
en opferte er fein Leben: zum Beſten der
au
a) Jeſus bewieß dadurch die groͤßte Liebe gegen Gott —
feinen Vater, Joh. 14, 31; 18, 11. An feinem Tode
folite die Melt Ben, daß er den Vater liebe, denn
diefer ſah die Uebernahme feines Todes als eine Sache
an, die Gott befchloffen hätte, und durch welche er Liebe
gegen feinen Vater und Gottergebenheit beweifen wols
le, Matth. 26, 39. Dadurch, daß er den Tod freis
willig — aus Gehorfam gegen Gott — oder um ots
tes Willen durch ſ. Tod zu erfuͤllen, erduldete, erhellet
dieſe Liebe. Weil er dadurch Gott gehorchte, war ſein
Tod Wille Gottes, oder das, was zur Abſicht Gottes
gehoͤrte. |
b) Jeſus äußerte durch feinen Tod die größte Liebe ges
gen die M., IJoh. 3, 16. — aa) Dadurch, daß er
um unferer Rettung willen freiwillig ftarb.
Er äußerte dadurd) gar feinen Eigernuß und Chrgeiß;
feine Nückficht auf eigene Vortheile; er fuchte feing v.
allen den unfere Begierden reigenden Gütern, Matth.
20, 28. Eben darin, daß allein die Vorfiellung des
Weltbeften die bewegende Urfache war, Tiegt feine
reine — freie Verdienftlichkeit. Geſetzt, Jeſus märe
nur ein vorzüglich rechtfchaffuer und weiſer Menfchen>
freund gewefen, hätte aus patriotifchem Triebe zum
330 =
Tod Jeſu, (Wichtigk. des — —
Wohl ſeiner Mitbuͤrger und aus eigner zaͤrtlicher Nei⸗
gung zur Wahrheit und Tugend ſo viele Leiden uͤber—
nommen und daruͤber endlich gar ſein Leben —
ſo verdiente er ſchon deswegen als ein ſolcher unſere
ganze Aufmerkſamkeit, Liebe und Achtung, weit
als ieder andere rechtfchaffene Märtyrer der MWahrbeii
| und Tugend! Da aber bb) Fefug um unfertwillen
|
fo vieles — ehe er am Kreuze d. h. auf die quaalvoll⸗
fte Art ſtarb, — gelitten bat, fo erfcheint f. Liebe
+ noch großer. Geine Liebe fcheute feinen Aufwand an
| Kräften und nicht die Aufoprerung des Kiebften. Je—
ji ſu Tod war eine Folge der an ſich ſchon wohlthaͤtig⸗
ſten Thaͤtigkeit und ſeines raſtloſen Eifers fuͤrs Gute.
Er hatte den Abergl. entwaffnet, die Heuchler entlarvt,
dag Gefchafte einer allgem. Verbeſſ. und Erlsfung v.
Irrthuͤmern und Laſtern ſehr nachdruͤcklich betrieben.
Davon wußte er dag Ende vorher: Dennoch ließ er
davon nicht ab. Er blieb ſtandhaft. Die Liebe ift
groß, welche mit Schwierigkk. zu Fämpfen hat, und
folche mit Nachdruck überwindet. Mit erößern Hin.
derniffen hat nie eine Liebe zu fampfen gehabt, als
dieienigen waren, welche bie Liebe Jeſus fand. Wie
viel mußte er leiften, mie bie Unwiſſ. augrotten, wie
der Wahrheit dag groͤßte Dpfer bringen, wenn mir er-
loͤßt werden follten! Er brachte e8 willig durch feinen
Tod. Die Herrfchaft des Laſters mußte geſchwaͤcht,
ein fadellofes gutes Beifpiel gegeben und der Pflicht
das heiligfte Opfer gebracht werden. Er brachte es
willig. Er blieb mitten unter Lafterhaften heilig, er
gab der faft erfiorbenen Menfchheit neues fittl. Keben.
Er mußte mit den DVorurth. f. Freunde, mit der Fuͤhl—
lofigfeit feiner Mitbürger, u. der Bosheit feiner Feinde,
mit den Paften der Niedrigfeit und Arm., mit dem
Hohngelächter leichtfinniger Spoͤtter, mit einem ſtets
unruhigen muͤhvollen Leben, mit der Zudringlichkeit ſo
vieler M. aller Art kaͤmpfen und am Ende dieſer dor—
nichten, beſchwerlichen Laufbahn erblickte er einen Tod
am Kreuze. Dieß alles aber machte ihn nicht einen
Augenblick zweifeihaft. in dem, was er thun follte, er
fämpfte — duldete und übernahm alles; feine Liebe
gegen ung war alfo ſtaͤrker wie der Tod. Ungemein
viel foftere ihm alfo die Unternehmung und Ausfüh-
” a
Tod Jeſu, (Wichtigk. des ——).
rung feines Entwurfs zur allgemeinen Menfehenber
gluͤckung. Wurde er auch das Opfer ſeines Eifers
für Wahrh. und für Tugend, fo aͤußerte er doch big
auf den legten Augenblick nicht die Fleinfte Spur von
Unmutb und Neue. — cc) Sefus liebte, wie
fein Sterblider en — er ſtarb fuͤr Suͤnder,
Rom. 5, 6. (2te 9.) und V.
Bel. Seller’8 Mas. f. mid. TXten B. 28 ©t.
Siena 1900. gr. 3. Pr. 13. ©. 89:91: „Um des
Guten willen wagt der Rechtſchaffene auch das Theuer⸗
ſte — * opfert es, ſobald es ſeyn muß, willig
auf; Ammon's Predd. zur Befoͤrd. e. rein.
moral. Ebrißene, 27 B. 1800. Nr. 4: „von db. edlen
Entfehluffe Jeſu, den Tod für feine Mel. zu leiden,“
über Matth. 20, 19.20; Sinteni’s Poſtille, ır Th,
Sir. 17. .18, 2003 über den Gang der Geele
Sefirre ıc.
dd) a wuͤrkl. Begruͤndung menſchl. Gluͤckſeligk. legt
dieſe Liebe ganz dar, (Ebr. 5, 9; 1Theſſ. 5, 9. 10.)
denn er wird eine Beranlaffung unferer Befferung und
Tugend. -
3) So wohl der Werth ber durh den Tod
gern Chrifti begründeten hriftl. Rel. — 11.
©. 111.) -mit allen ihren glücdlichen, bis auf
rt fortgehenden, Folgen, als auch die große
Beruhigung, welche derfelbe denen gewährt, welche
wegen ihrer bereit8 begangenen Sünden felbft bei der
angefangenen Bel. verlegen find, zeigt den hoben
Werth des Todes Jeſu.
Ueber 1-3. ſ. man Ammons chrifil. Rel.-Vortr.
28 Baͤndch. Ar. 43 ‚rüber die beglückende Kraft des
Todes Jeſu.“
4) Als Mufter sur Nachahmung. Jeſus zeigte
ung in feinem Leiden und Sterben, wie auch wir alg
Chriften leiden und fterben follen, LPetr. 2, 21:23.
Kein fichreres und befferes DBeifpiel kann man deshalb
auffinden und empfehlen als das Seinige, Don feinem
M. kann manes beffer als von ihm lernen, ftandhaft die
Wahrbeit zu lieben, männlichen Tugendfinn gu zeigen,
edel gleichmuͤthig zu feyn gegen Seinde und fich gegen
diefe und Verfolger fanft und verföhnlich zu beweifen,
die rechte N in der Gelbfivertheidigung, dag
332 a
Tod Jeſu, Werth des — —).
Findliche Auffchauen zu Gott, das unerfchütterl. Ver-
frauen auf feine Zufagen, die Unerſchrockenheit vor
bem Tode und dag Feſthalten des Gedanfens an ein
ewiges Eeben. Nichts Fann ung die Leiden fo ver-
füßen und den Tod fo erträglich machen, alg diefe v.
Jeſu erlernte Sefinnung Denn a) Jeſus fuhte
feinen Tod nicht. Er dränste fich zu demfelben
nicht, um dadurch wohlthätige Wuͤrkungen hervorzu—
bringen — und göftl. Abfichten zu erreichen. Gott
machte nicht durch feinen ewigen Nathfehluß die Hin-
richtung Sefu zur nothmwendigen und einigen Bedin—
gung, unter welcher die (in II. angegebenen) Zwecke
erreiche werden fonnten. Denn Gott kann nicht noth-
wendige und ewige Moralgefege aufheben und die Hin-
richtung Jeſu wird im n. Teſt. als eine g:oße firaf:
wirdige Sünde der Juden vorgeflelt. Gie war kei—
nesweges eine Folge eines angebl. nöthigenden, fchlecht:
weg nothwendigen Matbfchluffes Gottes. Gott reichte
vielmehr theils Jeſu den Leidengfelh dar, er wieß
ihn nicht von ſich und fo sefchah Gottes Wille. Jeſu
Tod war Gehorfam gegen Gott. Theilg fühlte Ses
ſus in fich den goͤttl. Beruf, eine ſittl. Umwaͤlzung,
die auf Vaterland und Welt gehen follte, zu bewuͤr—
fen, ein Reich Gottes auf Erden, eine ewig dauernde
Geſellſch. wahrer Gottesverehrer zu fliften. Er fah
dieſes mit Recht an alg einen goͤttl. Auftrag, wovou
er auf feine Weife abweichen, und zu deſſen Ausfuͤh—
rung er Alles wagen müßte, f. oben IL 3. ©. 302 ff.
b) Sefus farb freiwillig, Gohb. 10, 17. 28.
Er führte mir Großmuth u. Liebe gegen ung Gottes
Willen aug, denn er dachte: ich handle edel und groß,
ich thue das befte Werk, welches ie möglich gemefen
ift. Dei der Laſt, melche ich auf fein Geheiß übers
nommen, wenn ich fie frage, muß ich ihm mwohlgefal-
len. oh. 15, 17. Wie wohl er feinen Tod vorher
fahe, fo unterbrach er doch feine Gefchäfte nicht. Als
iene ungewöhnliche Beangfligung (Matth. 26, 38-45)
vorüber war, ging er vol Muth und Standhaftigf.,
mit ſtiller Größe, mit männlicher Entfchloffenheit und
wohlbedächtig dem herannahenden Verraͤther Judas
von Karioth entgegen, Xuc. 19, 31. Großmuͤthig fagte
er zu der Schaar ꝛc. Gelaffen blich er bei feiner Ge⸗
| T. 333
Tod Kefu, (Anwend. der Lehre vom — —).
fangennehmung, Berfpottung und Berurtheilung zum
Tode, gerade fo, als man Ef. 53, 7 liefl. Er vers
ſtummte, außer daß er £uc. 23, 34 ff. und daß er dem
Miffethäter zu sc. Die Worte Matth. 27, 46 (leste
9.) d.5. fo weit der Bosh. meiner Feinde uberlaffen—
find niche Worte der Zaghaftigkeit, fondern der Be—
wunderung der außerordentl. Wege Gottes und feiner
unendl. Menfchenliebe. Bon gänzlicher Verlaffung iſt
nicht die Rede. Die Worte Luc. 23, 46 zeigen von-
der Gemuͤthsruhe Jeſu, Die er in feinen Leiden bes
hielt. Bgl. oben Th. I. den Ark. Leiden Jeſu.
©. Zollifvfers Predd. nad) f. Tode ff. Ir B.
Nr. 19. 20, ©. 202 ff. Die Feyer des Todes Jeſu;
©. 206 f.: der Tod Jeſu ein Mufter und Vorbild .
des Todes feiner DVerehrer; Dr. Reinhbard’S 1797
gehalt. Predd. Sulzb. 1798. ©. 100-119, deſſelben
1793 gehaltene Predd. ebend. 1799. Pr. 7. ©. 119:
137: „über die ftille Größe, womit Jeſus infalten
zu ſ. Tode traf, über Ev. am ©. Eſtomihi; desal.
Sr. 12. ©. 220:234: „dag Verb. Jeſu beim fchnelen
Gange f. legten Schickſale.“ — |
V. Unwendung vom Tode Jeſu.
ı) Sefu Tod fordert ung (wegen IV. 1. 2.) gur
Danfbarf. gegen Gott m Kefus, zur ernfl.
Gegenliebe gegen beide auf. ag erfordert
mebr unfere Erkenntlichk. als die Veranſtaͤltung eines
fo wichtigen Zugendmittels?! Mag ermuntert ung
mehr zum Danf als die Bemerfung, daß die wohl:
thatigen Folgen des Todes Jeſu noc, fortwähren?
Eph. 1, 3 f.; Col. 1, 3 leiter Paulus folgende geift
liche Güter aus der Erlsfung durch den Tod Jeſu
ber, daß Ehriften zur Erfenntniß der wehren Mel. ge—
langt find u. ietzt eine volligere Erfenntniß des gottl.
Willens in allerlei Weisheit u. Einſicht erhalten koͤn—
nen, daß fie flarfe Bewegungsgründe haben, ein beili-
ges — unfträfliches und Gott gefälligesfeben zu füh-
ren; endlich daß fie die Hoffnung der Suͤndenver—
zeihung befisen und zur Fünftigen ewigen Seligkeit
fähig gemacht werden. Diefe Srüchte dauern noch
fort. Noch ergieße ſich der Segen diefer großen Ver—
anfaltung uber den größten Theil des Menfchenge-
334 | N...
Tod Jeſu, (Anwend. der Lehre vom — —).
ſchlechts und auch über und. Das uns icht noch
fcheinende Licht der Erf. verbanfen wir ihm. Die un:
ter den Chriſten noch vorhandene und für ung ausuͤb—
bare Tugend fließt aus diefer Duelle. Unſere Beru—
bigung beim Gefühl unferer fündlihen Schwachheit,
unſer Troſt in Leiden, unfere Hoffnung in der Nähe
des Todes und der Ewigk. — alle diefe Vortheile find
Wohlthaten des Todes — der Erlöf. Jeſu Ehrifti.
Ylfo auch an ung hat Gott gedacht, indem er Sefum
ferben ließ. Preiſen müflen wir den Vater unfers
Heren, wenn wir legtern ehren. Laßt uns ibm de
weiſe unferer Eiebe und Dankbarkeit darbringen und
ung als muthige — thätige DBefenner ſeines Namens
beweifen. — Was Sefum betrifft, jo muß feine gegen
ung in feinem Tode bewiefene Liebe unfere Hochadh-
tung gegen f. Perfon vermehren, ın uns Empfindb.-
der Gegenliebe und Danfbarfeit hervorbringen, unfern
Gehorſam defto freiwilliger und thötiger machen, uns
mit der reinften Liebe an ihn binden, und dadurch
Gottes erfte Hauptabficht befördern. Wie fann man
eine Sreundfchaft, welche fo viel arbeitet und duldet,
aufnerffam betrachten, ohne etwas von Mitleid und
Danfbarf. zu empfinden?
2) Man faffe, da Jeſus Chriſtus geftorben.
ift, feſtes Vertrauen gu Gott und beruhige
fi feines Todes wegen, Rom. 5,9. 10; %,
31-39; fo gewiß als Jeſus geflorben ift, fo gewiß ift
ihm die Befferung des reuigen Sünderg angenehm, u.
fo gewiß firaft er nicht außerordentlich die bereits be>
gangenen Sünden. Da Gott der verirrten und la-
ftechaften Welt die Wohlthat erwieß, fie durch Ver—
anftaltung eines durch die Todesart und Auferfiehung
verherrlichten Lehrers zu erleuchten, zu beffern u. dabei
von der Sündenvergebung und Fünftigen Eeligkeit zu
verſichern: mie dürften wir wohl bei der Befolgung
der goͤttl. Abficht und bei dem Beſtreben u. der Beſſ.
und Heiligung an der gottl. Verficherung zweifeln ?
Der veuige Sünder fehe deshab Jeſu Leiden und fei»
ren fo fihmershaften Tod gleichfam als für ihn er-
duldet und ausgefianden an, und berubige fich dabei,
wie ehemals die Ehriften zu den Zeiten der Apoſtel,
nur muß er zufolge der Lehre Jeſu feine fundliche
2. N Mi
Tod Sefu, (Anmwend. der Lehre vom — —).
Gemuͤths- und Handlungsart mit einer beffern ver
mwechfeln.
3) Der Tod Tefu CHrifti bewege uns, daß
wir ung beffern und in der Tugend wahren
Fleiß beweifen, Eph. 5, 25:27; HI Kor. 5, 15;
Nom. 6, 10-125 14, 8. 9; Eph. 4, 32; Til. 2, 14;
Ifor. 6, 20. *) Dffenbar zeigen diefe Stellen, daB
der Tod Jeſu Ehrifti einen willigen Gehorfam gegen
alle goͤttl. Borfehriften, den aufeiöptigiten Abſcheu vor
allen und ieden Eünden in uns und eine erluchtete
Sıommigfeit begründen fol. Immer freudiger und
williger fol unfer Öchorfam, unfer Eifer im Guten ims
mer lebendiger, und unfere Srommigfeit immer. lauterer
und unanſtoͤßiger werden, welche wir unfer ganzes Le—
ben hindurch an den Zag legen fellen. Unfere Beff.
muß vorangehn, um fich der beilfamen Sol
gen des Todes Sefu zu verfihern Wer
diefe nicht mit ſich felbft vornimmt, für
den ift Sefus Chriſtus niche gefforben,
d. h. der fann die Berubigung der Gnade Gottes um
des Todes Jeſu Chriſti willen bei f.iner Schlerhaftigf.
nicht haben. Für ihn ift der Tod Sefu Eine Gna—
denwohlthat, fo wie ihm der bioffe Glaube auch
nichts Helfen Fann, der erft nach der unerlaßlichen
Dedingung der Beſſ. ein bloßes Mittel ift, ſich
diefer Gnadenwohlthat zu verfichern Ohne
Werke ift.der Glaube tod. Sobald der Zuftand der
Gottgefälligfeit aus irgend einer andern Urfache erfols
gen koͤnnte, als aus dem Nechtoerhalten, SER
aus der Deob. des goͤttlichen — oder des Sittenge—
ſetzes, ſo ſinkt die Heiligkeit Gottes und das Sitten⸗
geſetz dahin.
a) Welche Kuͤhrung iſt auch kraͤftiger als dieienige,
welche der Tod Jeſus Chriſtus gibt! Jeſu Sterben
*) Möchte, man doch nicht mehr — (wie De Em aid in >
Schrift: Bedarf der M. Vergeb. der Sünden?
13802, 8.) lehren, daß die Beſſerung nicht die Beſſe—
zung — nicht Urſache der Vergeb, der Sunde fen! Dieß
— Unſi Alle wenigſtens zur Traͤgheit im
sten! |
Tod Kefu, (Anwend. der Lehre vom ——).
hat, wie fein Leiden, eine fo hohe ſittliche Echönbeit,
daß derienige außerft roh ſeyn muͤßte, auf welchen ſie
keinen Eindruck machte. In der Erwaͤgung von IV.
124. liegen fo viele Beweggruͤnde, unſer Herz auf eine
gründliche und edle Art zu beſſern, Daß derienige ff.
Wer die Leiden Jeſu Chrifti erwägt, wer überhaupt
Die großen Anfialten bedenft, welche Gott — blos ung
von Sünden zu befreien, gemacht hat, wird gewiß weit
ftärfer die : Abſcheulichk. der Sünde fühlen, fich tiefer
vor Gott demücbigen und piel ernftlicher die goͤttl.
Erbarmung fuchen und hoffen. Wir hätten gewiß ein
verhärtetes gefuͤhlloſes Herz, wenn nicht Jeſu auſ—⸗
ferordentlihe großmuͤthige Liebe uns ruͤhrte. Die
Erinnerung an die orte unferer Eltern oder eines
weifen Mannes macht ia ſchon fo vielen Eindruck auf
und, daß wir unferer Neigung zuwider lieber ihren
Math befolgen, weil wir überzeugt find, daß fie immer
zum Beſten .gerathen haben. Der Sedanfe alfo an den,
der, um feiner Einladung zur Tugend Nachdruc zu ges
ben, und uns den Ernft feiner Liebe darzulegen, ben
ſchrecklichſten Zod ausſteht — muß alfo noch einmal
fo viel Stärfe haben.
In Jeſu Tod findet ver Chriſt die eigentliche Belehrung Aber daß,
was Gott fordert, Gott über alles zu lieben, wie Chriftus ihn
liebte und Gott über alles gehorfem zu feyn.
b) Wag ift Liebe, was ift Sreundfchaft, welche nichts
erwiedert? Aus Dankbarkeit gegen den, welcher fein
Reben für uns M. aufopferfe, (Joh. 15, 12-14) muß
man die Regel auguben, die er uns als Vorſchrift eis
nes guten und Gottgefälligen Verhaltens befannt ges
macht hat. —
c) Ohnfireitig bedarf der M. der Verſicherung der Ber»
gebung feiner begangenen Sünden. Er bedarf eg alfo
aud) vom Elend der Sünden frei zu werden. Die
Sünde macht alfo M. elend — unglüdlid — mithin
ift die Sünde forgfältig als etwag Schädliches zu
meiden. Wie fehr fehaden fich die, welche dieſes nicht
hun! Gie rennen unaufhaltfam in ihr Verderben.
Schon hier fühlen fie die traurigen Folgen des Las
ſters. Sind fie auch Außerlich heiter, fo peinigeu Ar
u)
2. 337
Tod Jeſu, (Anwend. der Lehre vom — —),
doch innere Vorwuͤrfe. Se länger fie ff. deſto ſchreck—
licher wird ıhr Elend. | |
d) Nie erwähnen die Ap. der tröftenden DVerficherun-
gen aus dem Tode Jeſu Chriſti, oder fie ermahnen
iedesmal zur Befolgung feiner Lehre, zur Ablegung al-
les fündlichen Wefens, zur Thaͤtigk. ın der Hetligung
und zum Wandeln im Licht, d. h. zu einem Betra—
gen ff. Nur der reuige Sohn, welcher feine Vergehun—
gen erkennt und verabfchenf, und zu feinem Vater zu»
rücfehrt, wird mit offnen Armen aufgenommen. Nur
dann, | - | |
aa) wenn wir durdy Glauben an den Tod Jeſu Chrifti
an demfelben Theil nehmen, d. h. wenn wir an dag
feit glauben, wag durch den Tod Jeſu Chrifti darges
fiellt und verfichere wird, und was Jeſus und die Ap.
oft gelehrt haben, nämlich an Gottes Gerechtigf., aber
auch an feine Guie glauben und an dag, mag das
mit verfnäpft iſt; — nur dann, wenn wir
bb) Zutrauen zu Gottes Güte faffen (Nom. 3, 25), u.
nur dann, wenn mir |
cc) nach Jeſu Lehre ung ernftlich der Tugend befleiffi-
gen, wird ung der Nugen feines Todes zu Theil.
Dann erreichen wir dieAbfichten deffelben. Denn auch
als ein Opfer betrachtet, fol fich der M. von der
Sünde frei machen; f. oben.
Einftimmig lehren die Up., daß nur derienige fich
der Wohlehat des Wohlgefalleng Gottes durch Chri-
ſtum erfreuen Eönne, welcher Chriftus Geift und Sinn
annehme, und in f. Zußftapfen trete. Nach der uͤber—
einftimmenden Lehre der Propheten des a. Teft., Jeſu
und der Up. verfchafft die aufrichtige Def. dem M.
die Vergeb. der Sünde wieder. Somohl iene als diefe
fprehen den Opfern alle Kraft ab, an und für fich
den M. Berged. der Sünde und Gottes Wohigefailen
su verfchaffen. Nicht am Opfer, fondern an der guten
Gefinnung, die durch das Opfer erweckt und bezeugt
werden ſollte, hatte Soft nach der Lehre des a. und
des n. Teſt. fein Wohlgefallen; alfo ꝛc. Nur derie=
nige Fann in Sefu Tod Beruhigung finden, welcher
unfchuldig und fromm zu feyn — zu leben u. zu wer—
den ſtrebt, wie es Jeſus Ehriftus war; denn der
Glaube an Jeſus Geift if die Hauptſache
Ehrifit, GI. Lehre f.d. Canzelgebr. 3 Th. P))
338 | ©.
* Jeſu, (Anwend. der Lehre vom —
beim Tode deſſelben, Ebr. 9, 14. Dann wird
unfer Gemwiffen gereinigt, dann find wir verficherf, daß
Gott nicht mebr an ung Mißfallen habe, dann find
fir wuͤrdige Verehrer Goftes und Jeſu, menn wie
Jeſu Geſinnungen annehmen und — wie er dem zeit—
lichen Leben ſtarb — der Sünde abſterben und für die
ee aufleben, Nom. 6, 10. 11. verglichen mie
erg
AD: Lehre vom Tode Jefu Chriſti darf
— nicht ſicher bei Rn Sünden u. side
träge in der firtl. Vervollf. machen. Sie
hebt Neue über Die Sünde u. ſ. f. nicht auf. Zu viele
halten fich wegen des Todes des Heiligfien auf Erden
mit Gott verfohnt un. beſtaͤrken ſich ſchaͤndlich in ihrer
| Nachlaͤßigkeit, auch ſo zu leben, wie Jeſus. Sie glau—
ben, Jeſu Tod mache den Fleiß in der Tugend vollig
unnoͤthig. Es ſey faſt einerlei, ob man viel oder we—
nig Gutes else babe. Man höre noch häufig die
Redensart: ich getröfte mich meines Heilan—
des! ich verlaffe mich auf ihn, denn das
Blut Jeſu Chriſti macht mich ia rein ff. wenn
man gleich bei diefer Stelle nicht denkt, wer fich rein
machen fole? Man wähnt, vaß man nur glauben
und fich Jeſu Verdienſt zueignen müffe.
Auf's Thun komme nichts an. „Daß diefe Irrthuͤmer
noch berrfchen, erbellt aus dem beftändig für rathfam
gehaltenen Auffehub der Beſſerung. Man glaubt, daß,
wenn man in den legten Lebensaugenblicken fich feiner
Erlöfung getröfte, fo koͤnne ung die Seligkeit nicht
fehlen.
Diefen gefährt. Irrthum — — thatenloſen Glauben muͤſſen Rel.⸗
Lehrer auf alle Weiſe im Volksunterricht beſtreiten. Sie muͤſ—
ſen zeigen, wie die Wuͤrkſamk. des Todes Jeſu abhange von
des M. ganzen Geſinnungen und wie er ſein En ein:
richte,
Wie deutlich find die Stellen Gal. 2, 17; Nom. 6,
15; Tit. 2, 11-14; IlRor. 5, 15, deggl. 3-10; Ebr.
9, 14; 1 Joh. I, 7. 21. gegen iene falfche —5 —
gen! Für den, welcher ein Sklave f. Laſter bleibe, iſt
ia fein ff. Ebr. 10, 26; 9, 12. Die Apoftel haben
nie ihre Leſer mie diefer Lehre blos zu troͤſten und zu
beruhigen gefucht, fie haben ihnen nie eine blog auf
T. 339
Tod Jeſu, (Anwend. der Lehre dom — —).
Jeſu Verdienſt ſich ſteifende und in ſeinen Wunden
ruhende Sicherheit vor den goͤttl. Straͤfen zugeſagt,
fondern fie dringen dabei immer auf unfere Beff’rung.
Sie fordern immer zuvor Ginnesänderung und Reue,
ehe fie Sündenvergebung zuſichern, Luc. 24, 47; Up.
G. 2, 38 u. a. Sie leiten aus diefer Lehre die drin—
gendften Beweggründe zur Tugend her und begegnen
ernftlich allem Mißbrauch derfelben, 3. B. Rom. 5, 1.
Sie befrachten Jeſu Tod als ein Verdienſt, wodurch
er das großte Recht auf unfer Herg und unfern uns
befchranften Gehorfam erlangt habe, als ein Mittel,
wodurch er ung vom Sündigen u.von der Verbindlich
feit des mofaifchen Gef. erloͤſt und unter feine Ober—
herrfchaft, in den Zuffand, wo wir nur ihm leben fol
len, verfeßt hat, IlSor. 5, 15; Ti. 2, 14; Ifor.
335 Rum. 6,7. 85 Gal 3,45 -1Petr. 2,
21:24. So wenig unfer Gemüth recht gebeffert wer—
ben Fann, wenn es nicht wahrhaftig beruhigt und da—
durch mit Zuneigung und Vertr. zu Gott erfüllt wird,
fo wenig fann in demfelben eine gruͤnoliche — fefte u.
dauerhafte Beruhigung entftehen, fo lange es noch un—
redlich mit fich felbft verfähre und hinter der Lehre
vom Zode Sefu Schuß für feine geheime Sündenliebe
fucht.- |
E83 ift ung möglich die reinften Gefinnungen zw
faffen und über den Seind unſrer Tugend u. Ruhe —
Unmiffenheit und Sinnlichkeit zu ſiegen. — Nur
mäffen wir unfere Bemühung ım Guten fo lange, als
wir in einzelnen Salen handeln follen, d. h. durch die
“ganze Lebensdauer, nicht aufboren laffen. Denn faft
jeder einzelne Fall, in welchen gehandelt werden fol,
fordert, (wenn er nicht zu bekannt, oder für das fittl.
Gefühl emporend if) neue Ueberlegung und neue Ser-
figfeit. Hier niche zu irren, wenn man den Irrthum
vermeiden kann, — bier nicht der Sinnlichkeit unters
zuliegen, wenn man ihr zu widerſtehen Kraft hat, das
iſt die Tugend des Chriften. Wenn denn der Gewif:
fenbafte, der unerſchuͤtterlich Recht und Tugend liebe
und befimsslichft übt, dennoch in einzelnen Faͤllen
febit; ſo find feine Vergehungen nicht Sünden eines
böfen Herzens, fondern des Irrth. und der Weberei:
lung. Fehlt er auch aus Schwachh., fo bereich doch
| | ; 2
=
340 a |
Tod Jeſu, (Anmwend. der. Lehre vom — —).
nicht in ihm die Sünde So groß auch diefe Ver:
gehungen feyn konnen, und fo fehmershaft die darüber
empfundene Reue iſt: fo wird ihn doch dag Gefühl —
welches un fo lebendiger iſt, ie mehr er's bereut —
daß er den Irrthum vermeiden oder der Sinnlichkeit
widerſtehn Fonnte, auch bei der ſchmerzhafteſten Em—
pfindung — vor Muthlofigfeit und Verzweifelung bes
wehren; — er erneuert feinen Vorſatz nach richti—
ger Einſicht und mit forgfältigerer Ueberlegung zu
handeln.
Man ſchiebe doch ia nicht die Beſſ. auf. Man
denfe nicht, daß es immer noch Zeit, ſey, die Bedin⸗
gungen zu erfuͤllen, an welche die Suͤndenvergebung
gebunden iſt.
Geliebte Bruͤder! die ihr mit mir Jeſum den Serrenzigten predigt,
laßt uns doch nie die Lehre vom Tode Jeſu fo Vortragen, daß
Jeſu Verfühnungstod allein ohne Bel, und Frömmigkeit uns
Gottes Wohlwollen und Beruhigung verfchaffe. Ganz vorzügs
lich laßt uns doc) dem leicht möglichen Mißverfiand von JJoh.
1, 7 Cam Ende) und Ebr. 9, 4, ald ob der Tod Tefu an und
für fi) u. ohne unfere Bemühung uns entfündige, vorbauen;
f. Exeget. Handb, des n. Teſt. ıztes St. ©. 10. 115
Semleri paraphr. in primam Joann, epift, p. 100 fq. Eben fo
laßt ung zeigen, daß die Nevdensart: durch Jeſu Wunden
heil werden, fo viel heiße, als dur Jeſu Tod beruhigt
und zur Befferung bewogen und glücklich werden.
Dol. Mag. f. Pred. 7rTh. Nr. 29. ©. 296-301:
„Jeſu Hinrichtung ift ein flarfer Beweggrund, uns zu
beſſern.“
4) Der Chriſt ſey des Todes Jeſu Chriſti
wegen ſtandhaft in der Tugend und handle
auch in den bedenflichfien Umftänden und Berlegen-
heiten unverbrüchlich vechtfchaffen. Denn Gefus hätte
ſich leicht allen Leiden entziehn können, (f. ar Th. ©.
238. Anmm.) wenn er nur hätte heucheln oder ein nie—
driges Mittel ergreifen oder feine Lehre wiederrufen,
die Wahrheit verfihweigen, die Pharifäer nicht als
Heuchler ꝛc. darſtellen wollen; allein er war maͤnnlich
und unerſchuͤttert, entſchloſſen und muthig, um uns
glücklich zu machen, nicht um ſich Glück zu verſchaffen,
Güter zu erwerben 2c. (f. oben ar 4 ©. 295 f.)
5) Der Chriſt leide, fo wie Jeſus die quaalvolliten
Todesſchmerzen litt, alles son ber und mit
Br: } | 341
Tod Jeſu, (Anwend. der Lehre vom — —).
Gofttunterwerfung; er erfrage, wie er, gelaffen
das Unrecht, und dulde willig um Wahrheit und Zus
gend willen allerlei Leiden, felbit auch den Tod. Ges
laffen blieb Jeſus bei feiner Berurtheilung zum Tode.
Du kannſt, o Chriſt, um fo ruhiger in deiner Krankheit
ſeyn, da du unter Verpflegung, Zufpruch u. Gebrauch
der Arzeneien flirbfi und bald das Ende abfiehit; nicht
fo Sefug, der ff.
6 Lerne von dem für uns fierbenden Jeſus
gu.Per Seelengröße zu gelangen, daß du
Din, wenn es das Beſte Anderer en:
dich für baffelbe auforferft. ISoh. 3, Laß
Eigennutz — Trägheit, — Weichlichkeit — the.
figkeit fahren, hege feinen übertriebenen Abſcheu gegen
Schmerz u. Leiden, hege Feine zu heiße Begierden nach
Genuß, ferne genagfam und großmüthig feyn. Opfre
dich Andern auf, und zwar
a) Durch Berufstreue Wäre Jeſus weniger darin
- treu, weniger aufrichtig in DBeffrafung der Laſter, tes
iger thatig in Beſeligung der M. durch Wahrheit ꝛc.
geweſen: ſo wuͤrde er nie hingerichtet worden ſeyn.
Allein ihm war die Pflicht und — Menſchenwohl das
theuerſte. —
b) Durch ernſtliche Befoͤrderung der menſchlichen Wohl—
fahrt aus allen unſern Kraͤften gleich dem Lichte, das
durch das Leuchten verzehrt wird. Das Wohl unſerer
Mitmenfchen müffen wir ung befonders angelegen feyn
laffen, zumal da, wo e8 unfer Beruf mit fich bringt,
‚Feine Beſchwerden, Leiden, Gefahren 2c. zu feheuen, u.
felbft mit eigener Aufopferung feine Brüder zu retten,
1505. 3, 16. 17. Sohannegs verlangt bier dadurch,
daß wir das Leben ff. nicht zu viel, denn um darzu—
hun, daß wir wie er gefinnet find und ihm angeho-
ven, muͤſſen wir gegen unfere Mitmenfchen und gegen
das Vaterland eben fo Handeln, als er. Linfere Mit-
bürger fiehen mit uns zunaͤchſt in Verbindung. Durch
Befchaftigungen fürs Gemeindefte, durch ein ermun-
ferndeg Beifpiel werde Andern nüglich. Weg deshalb
mit der Engherzigfeit, daß ung nicht der etwaige frau:
rige Zuftand unfers Vaterlandes zu Herzen gebe, daß
man feinen Vortheil auf Unkoſten des allgemeinen Be⸗
342 zT |
Tod des M,, Cift er eine Strafed. Sünde Adams?)
fien befordere, daß man blos das Wohl u. den Glanz
ferner Samilie zum Zweck habe, nur immer die Seini-
gen vorziehe, mag auch Andern dabei Unrecht gefchehn,
daß man fid) partheiiſch blos derer annehme, die fich
zu unferer Kl. - Dartbei halten und gegen Andere uns
gerecht und lieblos fey, daß man nur gegen feines
Gleichen billig, und dagegen mit Verachtung auf Nie—
drigere herabfieht. Dein, unfer Wohlmollen und un-
fere Liebe und Eintracht fey allgemein. Sefus flarb
ia für alle Menfchen.
Hal. Keinhard’g 4797 gehaltene Predd. Sulzb.
1798. ©. 119. 2er Theil.
Ueberh. fehe man H. Blair’s Predigten ır Th.
Nr. 5. über Chriſti Tod, über Soh. 17, I; Ecker⸗
mann's chriftl. 5 Seffandachten, Alt. 1797. 8. Nr. 13.
©. 193: 215; ‚über den Tod Jeſu.“ — —
Tod des Menſchen.
Das Wort Tod bedeutet in der h. Schrift, beſonders im n. Teſt.,
nach einem gewoͤhnl. Sprachgebr. der Morgenlaͤnder, oft nichts
anders als — SElend und zwar einen hohen Grad des Elen—
des. — Vergl. Mori comm. exeg. hiſt. in epit. T. JI.
pag. 407 fq.
Die Untert, der Frage: ift der Tod (as Sterben) des M. als
eine Strafe de3 fogenannten Sündenfalls der
Stammeltern des M—geſchlechts anzufehen? 9
ift nicht für die Canzel geeignet, allein zur gelegentlich mitzu—
theilenden Berichtigung derer, die den Tod als ein Uebel anſe—
ben umd ihn fürchten, ift doch folgendes zu zeigen,
Zwar der Tod, wie er gegenwärtig befchaffen ift,
ift nach unferer Sinnlichkeit als das großte Elend Die-
ſes Lebens anzufehen. Deshalb hielt ihn Paulug
I for. 15, 26 für den legten zu befiegenden Feind.
Der M. liebt von Natur dag Leben, felbft wenn er
noch fo viel leidet. Er Hält es, falls er auch in
Stunden des Schmerzes und der Traurigfeit anders: _
ſpricht, für eine Wohlfahrt und fürchtee fich vor dem
Ende deſſelben. Ihn fehauert vor der Trennung von
2) Dergl. Reinhard’g Borlefungen über die Tel ©.
652: 657.
| 2 343
Tod des M., cift feine Solge v. Adams Sünde.)
feinem Koͤrper, der für ihn ein freuer Gefährte lange
Zeit durch war, vor der Trennung von den ihn umge—
benden fihtbaren Dingen und allem dem, mag ihm
lieb if. Das Grauen des Grabes und dag Dunkel
der Zukunft erhöht dieſen finnlichen Abfchen. Eben
Deshalb nannte man auch) alles Elend, ieden unange—
nehmen Zufiand, befonders das Elend des GSünders
d. h. die Laſt feiner Vergehungen — Tod, Eph.
Di.
Allein man muß doch den Tod
1) als ein nothwendiges Naturgeſetz ieder thieriſchen
RNatur und ais dag nothiwendige — und einzige wohl—
Ä — Mittel zu unſerer weitern Entwickelung vor-
len... 2,
2) Durch die angenehmen Bilder und Vergleichungen
des Todes mit dem Schlaf, Dingange (Phil.
I 14) Heimgange zu Gott und Jeſus, Rube,
Defreiung von allen Erbenübeln kann und foll man
fih den Tod von feiner guten Seite vorftelen; ſ.
chriſtl. Moral f. d. Canzelgebr. d. Art. Tod. 1.
Ar 5. 5ten Sh. ıfle Abth. ©. 434 f.
3) Man muß den Tod, auch der Stelle Nom. 5, 12
ohngeachtet, nicht als die Folge u. Strafe der Sünde
anfehen, die von Adam und Eva auf alle M. nberges
gangen ſey; denn
a) es würden die M., falls fie auch nicht gefündigt,
jondern im Stande der Unſchuld beharres hatten, nicht
immer auf Erden ihr Leben fortaefekt haben. Am
Ende hätten fie, falls fie auch Gott in eine andere
Gegend des Himmels verfegt hätte, doch eine Ummandf.
ihres nur für die Erde eingerichteten Lei—
bes erfahren muͤſſen. Die ganze Anlage des Koͤrpers
iſt auf Zerficrung gemacht. Der Tod iſt eine noth—
wendige Solge der Einrichtung unferer endlichen Na—
tur. Denn der menfchliche Leib war und ift aus fo
vielen, uͤberdieß meiftens weichen und zarten u. leicht —
alfo auch im Stande der Unfihuld theils toblih zu
verletzenden, theils an fich zerftörbaren Theilen kunſt—
vol zufammengefige. Er ift auch von der Art, daß
summer Theile abgefondert und duch) Nahrungsmittel
wieder erfegt werden, in dem alfo eine ſtete Veraͤnde—
rung vorgeht, dem eine ewige Dauer, Die feldft bei haͤrtern
344 —
Tod des M., (iſt er e. Strafe für die ©, Adams?)
und weniger zufammengefegten Korpern nicht ſtatt
findet, unmoͤglich zukommen, und daß nichts dag Ab—
nugen der Werkzeuge, das Veraltern der Gefäße und
die immer sunehmende, Unbrauchbarfeit abwenden,
und nichtg di Wuͤrkungen aͤußerer Gewaltthaͤtigkeiten,
der Kaͤlte und Hitze, des Waſſers und des Feuers, der
fallenden und ſtuͤrzenden Körper um ung ber aufhal⸗
ten oder unfchädlichb machen fann. Er würde nicht
dem Einfluß der ihn umgebenden Natur, der Abnutzung
und Schwächung feiner Theile in der Länge widerſte—
ben fönnen. Eine zu große Bevslferung der Erde
durch die fortgehende Fortpflanzung der Menschen
machte auch ein Verſchwinden von der Erde noth—
wendig.
b) Es ift Höchft unwahrſcheinlich, daß die freye Denk—
kraft an die groͤbere — ihr ſo viele Hinderniſſe in den
Weg legende Materie ewig gebunden ſeyn ſollte.
c) Nom. 5, ı2 (vergl. Syr. 25, 24) will P. entwe-
der, wie aus dem Gegenfaß v. dem Leben durch Ehri-
er erhellt, nur fagens daß die Stunde und die den
M. beherrfchende Sinnlichkeit dem Tode feine fuͤrch—
——— Geſtalt gegeben, ſo wie er hingegen, wenn es
moͤglich geweſen wäre, daß die M. ohne Sünde ae-
blieben wären, für eine Wohlthat würde geachtet wor—
den feyn; oder P. benutzt die unter den Juden herr⸗
ſchende Zeitidee, daß der Tod eine Folge der Sünde
Adam ſey, zu einer Vergleichung, ohne daß er fie in.
der Zufunft geprüft wiffen will. Da Adams Nadı-
fommen nicht auf die Art, wie er, fündigten, noch
fündigen fonnen, (Rom. 5, 13); da ihnen, wenn fie
unfchuldig waren, auch feine Sünde nicht zugerechnet
werden fonnte: fo kann man ihren Tod auch nicht als
eine eigentliche Strafe der Sünde anfehen. Sie ſter—
ben blog, weil fie mit ihm als feine Nachfommen ın
derienigen natürlichen Verbindung flehen, daß von
Mn POTIADEEN feine Lnfterbliche abflammen
oͤnnen
Vergl Mori Comm, exeg. hift. etc. T.I. p. 481 fq.
„Paulus verbindet zwar hier die Nothwendigk. des
„Todes mit der Sünde ald ein mit ihr verbundenes
„Uebel, aber er behauptet nicht, daß wir M., indem
| 2. 345
Tod des M., lift er e. Strafe für die S. Adams?)
„wir fterben, Die Sünde Adams mitbuͤßten, fondern er
„erinnert nur, daß in der Sünde außer andern natür-
„lichen — häufigen Urfachen, der erſte Grund liege,
„weshalb er dem M. Feine Foörperliche Unfterblichkeit
„habe mittheilen wollen.‘
®ergl. Doederl. ink, Th. chr. T. II. p. 243. 144.
d) Einw. „Wenn der Tod Feine Strafe der Sünde
ift, weshalb wurde er dann dem Adam, I of. 2 BAT.
(2te 9.) gedrohet?“ A. Gott fonnte den T. deshalb
drohen, entweder, weil er den Eintritt und die Aus—
‚breitung der Sünde auf der Erde vorherfahe und die
endliche Befreiung des Geifles von d. grobern Mate-
rie von Ewigk. her befchleffen hatte, oder in vo fern
er unfrüglich erfannte, daß die Sünde in ihrem Fort—
" gange die Keibesfräfte ſchwaͤchen, viele Sranfbeiten
herporbringen und dadurch eine frühere und ge-
waltfamere Zerfisrung des Leibes und der Lebens—
fraft unter manchen bangen koͤrperl. Leiden und Ge—
wiſſe ensvorwuͤrfen herbeiführen wirde.
e) Der Tod iſt ia zugleich ein Uebergang zu einem beſſern
Leben und eine Erledigung von fo vielen Leiden. Wie
fann er alfo Strafe ſeyn? — Warum fterben die
Thiere, haben fie etwa auch gefündige?
f) Nimmt man an, daß alle M., wenn Adam nicht
gefündigt hatte, nicht fterblich geworden ſeyn würden,
+ fo verwickelt man ſich in viele Schwicrigfeiten; z. B.
wo hätten dann die M. nach fo vielen Jahrhunderten
bleiben ſollen? Iſt es nicht phyfifch unmsglih, daß
fie nach dem Bau und der Maffe ihres Leibes unſterb⸗
lich) ſeyn koͤnnen?!
L. Cigenfgaften des Todes,
ı) Er ift nothwendig oder unvermeidlich. (f. dag
Vorhergehende.)
2) Er ift allgemein; alle M. müffen fterben,
I Kor. 15, 22. 51. 52. Ebr. 9, 27; Pf. 89, 495 49
8 f.; Pred. 9, 2 f.e Nur durch. den Tod fann der
Leib abgelegt werden, welcher durch langſame Berwe-
fung das Fleiſch aufloͤßt.
san. T.
IoddesM, CBerubigungsgründe ec des ey
Troft - und Beruhigungsgrinde in Hin-
— der Unvermeidlichkeit und ie
meinbeit Des Zodes,
Folgende 3 ſind ſo wichtig, daß fie — bey der
noͤthigen Beachtung derſelben Eindruck machen muͤſſen:
1) Gott regiert ia alles weiſe und guͤtig, alfo auch ge⸗
wiß die Schickſale der M. Gottes Weisheit hat die
Stunde unſers Todes mit der genaueſten Ruͤckſicht
auf unſere natuͤrlichen Kräfte, auf unſer eigenes freies
Verhalten, und auf die uns umgebenden Zeitumſtaͤnde
angeordnet, und zugleich mit auf die Wohlfahrt der
unfrigen und unfer felbit Bedacht genommen. Mir
fterben nicht nad) einem blinden und ungefähren Zu-
fall, nicht nach dem Wunſch unfrer Seinde und Haſ⸗
ſer, ſondern zu derienigen Zeit, die unfer liebevoller
Pater unter unfern iebesmaligen Umftänden für die
befte erkannte, wo es für und und unfere Mitmen-
ſchen am zutraͤglichſten iſt, wo unſere Familie am we—
nigſten darunter leidet. Gottes Anordnung kann nicht
anders als weiſe und gut ſeyn. Sey uns ſein Rath
und feine Verauſtaltung noch fo verborgen und uner—
Hörbar, fo ift doch fein Wille, daß fich alles zu die—
ſem Ausgang mit. einander verbinden. wird, und fo
wird c8 gewiß guf, gewiß unferm wahren Wohl Als
gemeſſen feyn.
2) Die urfpränglichen Theile unfers Feibes, wenn gleich
die Verweſung die groberen Theile, Die wir aus dem
Stof der Nahrungsmittel in und aufgenommen haben,
zerſtoͤrt, bleiben und dauren fort und es wird ſich aus
ihnen ein herrlicherer Leib, der Feiner Verweſung mehr
unterworfen ift, zum beffern Gefährten des unfterb-
lichen Geiſtes entweiceln, Phil. 1, 21; f. oben Auf
erſtehung.
3) Der Tod betrift nur unſern ſterblichen Leib, nicht
aber die unſterbliche Seele, die Bewohnerin der ver—
gaͤnglichen Hude, I Kor. 5, 6-8.
Es kann alfo ver Gedanfe an T. und Bergänglich-
feit bey einem wohlgeordneten Geifte die Se Bohgkeit.
nicht foren. — —
| au. ne
Mebel, (das natürliche u. koͤrperl.) \
Be d
Uebel (das natuͤrliche — in der Welt.)
Sm Art. Boͤſes ır Th. ©. 209 f. wird vom fittlihen (mo—
ralifchen) Uebel gerebet.
a Deere in, Th. ichr; T.-T. 8.172. .p. 605:
Deffelven Rel,zUnterr. 8r Th. ©. 17222145 Reime:
tus Betrachtt. üb. d. nat. Wahrhh. d. Rel. gte Abh. (nad)
d. Nacjor. Züb. 1782. ©. 700 fi. auch ©, 698 f); Jer u⸗
falem’s Betrachtt. 56. d. vorn, Wahrhh. d. Net. Ir Th.
©. 92 f. „®. Urfer des Boſen.“ I Chr. Schwab
Diff, in quaeftionem: Qui fit, ut fumma relig. chri-
ftianae efficacia ad imbuendos virtute animos in paucis
eius cultoribus appareat etc.? Cui fubiecta et alia de
permiflione mali divinis perfectionibus non refragante
eiusdem Auctoris Difiertatio. Ulmae 1786. 8.
J. Was wird darunter verffanden?
Dieienigen Uebel, welche in der Sinnenwelt vorfal-
len, und die in der natürlichen Einrichtung und Bes
ſchaffenheit der Dinge außer dem M. und in der Na—
fur des. M. gegründet find, fie N num entweder
aus Mangel an Kraft, oder aus unrichtiger Würfung
ber Naturkraͤfte her, indem fie — auf den
unrichtigen Gegenſtand, oder in Uebermaaße wuͤrken.
Es gehoͤren hieher dag zahlloſe Heer von Krankheiten
und Seuchen, die Berwüftungen der Natur durch
Blige, Erdbeben, Stürme, Veberfhwernmungen, Ha:
gelſchlag, Mißwachs (Theurung, Hungersnoth), die
natuͤrliche Abnahme der Kräfte des M. feine Hinfäl-
ligfeit, der Tod, Desgleichen die. durch Menfchen feldft
- angerichteten allgemeinen Uebel: Krieg, Berheerungen,
u.
f.
ie viele Mängel, welch mannichfaches Elend, wie
viele Unordnungen in der Welt findet man überall, S
welches dem erften Anblick nach entweder eine mangel-
bafte Einrichtung auf der Welt, oder den Mangel an
der goͤttlichen Negierung zu bermuthen fcheint. Ins—
gemein koͤnnen die M. nicht begreifen, warum, wenn
die Allguͤte Gottes alles beherrfche, fo viele Kriege,
Erdbeben, anfteckende Krankheiten, Waſſerfluthen, F Feuers⸗
bruͤnſte, Hungersn. u. dgl. m. in der Welt flatt fins
348 —— u.
ala, das natuͤrl. (vielerlei Arten des — „ag,
dee? Weshalb im Waffer, wo ieder Tropfen vol von
Geſchoͤpfen ift, wie auf dem Lande, ein Gefchspf dag
andere verfolge? weshalb überall Verderben und Tod
in d. Natur mitten im der Lebensfuͤlle herrſche? wes⸗
halb iedes Geſchoͤpf ſeinen Mangel — ſeine Leiden —
ſeine Feinde — ſeinen gewiſſen Untergang habe? Wes⸗
wegen nirgends wahre Ruhe und wahres Glück fey?
Wie es wohl mit der weiſen Güte. Gottes zufammen-
ffimme, daß noch ganze Nationen in einer ungluͤckli—
chen Wildheit, als halbe Thiere dahin Ieben? weshalb
ihnen feit fo vielen Jahrhunderten noch nicht das
Licht der befeligenden Wahrheit aufgegangen und das
Gluͤck eines gefitieten Lebens noch nicht zu Theil ge—
worden ift? Warım ließ Gott es gefchehen, und ars
am laßt er es noch hie und da zu, daß Tyrannen
ganze Kander beherrfihen, nach ihrer granfamen Luſt
rauben und morden und viele tauſend Unſchuldige zu
Schlachtspfern machen, oder von geraubten Guͤtern
ihrer Unterthanen fchwelgen? — Woher fo viele Mile
lionen, weiche unter fFlavifchen Arbeiten in Hunger
u. Kummer ihr ganzes Leben verfeufjen? Woher fü
viele Wittwen u. Waifen und andere Elende, die durch
den Druck ungerechter Richter und Herrſchaften in
traurige Armuth verſunken ſind? Woher ſo viele an—
dere Nothleidende, Die vergeblich zu Gott um Huͤlfe
rufen ? Warum wird der Geizhals, der feinem Armen erwas
fo reich und dagegen warum bleibt der guthersige
M—freund arm? Warum hat der Verſchwender Ueber:
fluß und warum leidet der tugendhafte fleißige Bürger
Mangel? Warum hat doch Gott dag Glück nicht ver»
haͤltn ßmaͤßiger nach der Menſchen Verdienſt und nach
dem Grade ihrer Gottſeligkeit ausgetheilt? Warum
geht dem einen alles nach Wunſch von ſtatten und
weshalb ſchlaͤgt dagegen alles dem andern bey ſeinen
redlichen Bemuͤhungen fehl?
Der Menſch an ſich, ein nach ſeinen Anlagen
ſo vortreffliches Weſen, wie arm — wie duͤrftig —
wie elend iſt er nicht! Nackend, winſelnd, unter
Schmerzen wird er geboren — unzähligen Uebeln uud
Gefahren unterworfen. Mit Mühe wird er erzogen
und fo mancher Todesgefahr entriffen. acht er
heran, fühle er als Juͤngling und Mann f. Lebens-
| u. 349
Uebel, das natuͤrl. (vielerlei Arten des — —).
fräfte, fo erwachen feine Leidenfchaften und mit ihnen
feimen viele Hinderniffe auf, um fein Gluck einiger:
maßen zu gründen. Um fih Kenntniſſe einzuſammeln
und nüßliche Fertigfeiten zu erwerben, muß er fich viele
Mühe geben und, um fich Unterhalt zu verfchaffen, Arbei—
ten u. Gefahren nicht verdrieffen laffen. Dft muß er dag
alles mit Hingabe feiner Ruhe, feiner Gefundbeit und
f. Kräfte erfaufen. Wie viele DR. im niedrigen Stande
verlchen ihre Tage im Druck der befchwerlichften Ar—
eiten! Heußerlich fiheinen Andere dagegen glüc-
lich zu feyn, aber innerlich find fie es nicht. Der
Zufriedenen und mahrheftig Glüclichen find immer
nur die Wenigſten. So ſieht es in unfern Rändern
aug, deren Bewohner Gebildete heißen. Der Zus
ftand derer, die volig oder beinahe imroben Stande
der Natur leben, iſt noch bedauernswuͤrdiger. Ei—
nige diefer Nationen wohnen unter einem fo rauhen
Himmelsſtrich, in fo öden, unfruchtbaren, mwüften Ges
genden, daß fie Faum durch die grobſte — edelhaftefte
Koft fich ernähren Fonnen und mit den Schreckniſſen
ihrer Gegenden, ſey e8 bier nun die unausfprechlichfte
Hige oder dort die graufamfte Kälte, zu Fämpfen haben.
Sie ſowohl als die Bewohner gefegnefer angenehmer
Gegenden leben in Unwiffenh., thierifcher Unempfind—
lichkeit u. Unbefanntfch. mit den Freuden des Kebeng,
oft unfer dem Druck Feiner graufamer Herrn oder
grauſamer Gefeße und Gewohnheiten, oder in einer
niedrigen Gleichheit des Standes ohne alle Einrich-
fung und Drdnung. —
Mehr v. Elende des M. aͤberh. ſ. Cludius 2r Th. ©. 85:87.
Dieſe Bemerkungen find richtig und die Frage:.
warum? verdient Beantwortung und zwar eine fols
che, die Gottes uber alles fich ausbreitende Güte und
feine mweife Regierung der Welt rechffertige. Denn
wie trofilog wäre der Glaube, daß nicht ein hochſt
volfommnes Wefen diefe Welt erfchaffen und einge-
richtet, oder daß ein anderes bofes Wefen die gute
Eimrichtung verfchlechtert habe, oder daß Gott nicht
die Welt regiere, fondern fie fich felbft überlaffe und
fie nur blos erhalte, ohne fie zu leiten, oder, daß es
Gott an der hoͤchſten Bollfommend. fehle, entweder
—
3500 ——
Uebel, (natuͤrl.) wesh. finden die — — ſtatt?
an der Allwiſſenheit und Weisheit, daß er alſo bey
der Einrichtung der Welt einen Mißgriff gethan, oder
an Thaͤtigkeit, ſich um die Welt zu bekuͤmmern und
für das Wohl feiner Geſchoͤpfe zu ſorgen, oder an
Güte, daß er gleich einem willkuͤhrlich u. ſtrenge herr—
fchenden Regenten fich uber dag Elend feiner Unterth.
freie, oder an Allmacht, daß er Diefe Unordnung nicht
zwingen, diefen Uebeln nicht abhelfen koͤnne. Wäre
der M. der Verzweiflung Preiß gegeben, wenn iene
Uebel u. Mangel wuͤrkliche Unorönungen in Gottes
Regierung wären, die er aus Ohnmacht oder aus
Gleichguͤltigkeit nicht hindern konnte oder wollte: o
ſo koͤnnte kein M. ſich mit Zutrauen Gottes Schutz
empfehlen, aber iene 5 laſſen ſich alle zur voͤlli⸗
gen Beruhigung des M. heben und loͤſen.
II. Weshalb 5 die vielen natuͤrlichen
Uebel ſtatt?
Im Allgemeinen iſt es damit zu beantworten,
ba eg an fich Eeine Uebel oder Unordnun—
gen in der Welt find. Sie find vielmehr theils
nothmwendig, theils heilfam, und wenn fit recht uns
terfucht werden, Deutliche Beweiſe einer ordentlichen
Regierung, einer alles umfaffenden Borfehung. Gott
ift unfchuldig an allen Vebeln in der Welt. Er ſchuf
ia alles ſo gut, als es ſeine Allmacht konnte. Er iſt
hoͤchſt guͤtig. Die Menſchen und Geſchoͤpfe zu plagen,
Fönnte alfo nicht fein Zweck ſeyn. Er ift allwigfend,
alfo waren die Uebel feinen. weifen Entwürfen nicht
zumider. Gein Verſtand erkannte das wuͤrkliche Uebel
in der Ordnung, in welcher e8 folgt, und in der Zeit,
fo lange es fortwährt, als auch im Erfolg zu der fols
genden Vollk. und dem Beſten der Welt nothiwendig;
Denn fonft hatte er es wegen feiner Güte aus feinem
weifen Nathfchluß ausgefchloffen. Näher:
I) Biele von den natürlichen unangenehmen
und von den ung unvollfommen foheinenden
Dingen find feine eigentliche und wahre Hebel
und richt fchlehtbin nothwendig, I Mof. ı,
31; ac. I, 13:16; Ef. 45, 7. _ Denn ein wahres
Hebel ift nicht das, was Einfihranfung, eine in der
Weltverbindung unpermeidliche Schwäche, oder was
ur
e
| | U. 351
Uebel, (die natuͤrl. — — find Feine Uebel.)
zum Theil und auf einige Zeit bie Gluͤckſeligkeit ver⸗
nünftiger Geſchoͤpfe fchwächt, oder was im gegenwär-
tigen Augenblick eine unangenehme Empfindung macht.
Uebel ift nicht mit Schmerz fo wenig eizerlei, als dag
Gute eins mie Annehmlichkeit iſt; fondern das iſt ein
Nebel, wodurch die Gluͤckſeligk. und das Wehl des
Ganzen fowohl als auch des Einzelnen in aller Nüd-
ficht und in alle Ewigfeit mehr geſchwaͤcht als befor⸗
dert wird. Sndiefem Sinn ift gar fein ei->
gentliches Uebel in der Welt. Sein Raturübel
ſtoͤrt unfere eigentliche Gluͤckſeligkeit, es iſt alfo Fein
"wahres Hebel, vielmehr befördert e8 dieſelbe, f. unten
Nr. 3. Wenn man alles, was erfi dem M. unanges
nehm ift, ein Uebel nennen wollte, fo wuͤrde im der
Welt faft gar nichts Gutes feyn. Dem tragen Kinde
ift dag Lernen etwas Widriges, iſt es Deswegen ein
Nebel? | |
a) Sp vieles, worüber man Flagt, ifi nur der
- erften Empfindung nahund zwar blos nach
der Empfindung des Klagenden ein Uebel
undwird in feinen leßten Folgen felbft oft
etwas Gutes undeine Wohlthat. Welche Kegel
ift wohl unbeflimmter, truͤgeriſcher und unrichtiger,
als wenn ieder ein gewiſſes Uebel nach feiner Empfin-
dung, nach feiner Willkuͤhr abmeffen wollte?! Ale Er—
fejeinungen in der Natur werden einzelnen Menfchen
auf einen Augenblick fchmerzhaft, aber fie find doch :
unentbehrlich. Wie fann man über eine Witterung,
die fürs Gange Wohlthat ift, als über ein Uebel kla—
gen? Wie fann man ein Gewitter, den Regen ꝛc. des—
‚bald, weil e8- (er) ein kleines Vergnügen raubt
oder 88 verbittert, oder fur ung unangenehme
Solgen bat, wegmwünfchen, wenn nac dem Regen ein
ganzes Land feufze? Wird wohl das, was nad) um:
fern ießigen Begriffen fohadlich ift, auch nad) dem Ur-
theil der Zufunft oder in einem andern Geſichtskreiſe
fhadlich heißen? Vgl. Dablendburg Philoſ. u. Rel.
3r Th. ©. 406. £
.D) Insgemein vergrößern wir M. das Uebel,
d. 5. wir befchreiben die unangenehmen Empfindungen
von einem Uebel wider alles Necht arsßer, als fie in
der That find, und unfere Einbildungskraft pfiegt auch
+
=
3 52 | U. |
Uebel, (die natuͤrl. — — wesh. es feine wahre — find.)
dag Uebel Anderer zu vergrößern. Seiner mißt genau
den Grad des Leidens ab. Sobald wir bey übler
Laune, oder bey der Empfindung eigener Uebel muth⸗
los werden, fobald ſcheint und alles in Gottes Welt
unordentlich, alles sde und fraurig. Schon ein Flei-
ner Unfall fann unfere Laune verffimmen, und dag
Herz mit Ungeduld und Klagen anfüllen. Kommen
wir hernach zu ung felbft, fehen wir die Sachen, wie
fie find, fo müffen wir ung öfters felbft unfers vori-
gen Unmuths und der darin ausgeftoßenen Urtbeile
fohämen. Eben dag bemerft man bey unfern Mie
menfchen, ‚wenn fie unter dem Druck eines Leidens
find. Viele M. find gar nicht unter die Ungläcklichen
zu rechnen, wenn fie gleich darunter gerechnet werden.
Andere find wenigftens nicht fo ganz unglücklich, als
man gemeiniglich glaubte. Ein M., der im hohen
Stande und fleten Ueberfluß Tebt, berechnet gewoͤhn⸗
lich das Gluͤck Anderer blos nach ſeiner eignen Lage
und alſo nach einem ganz unrichtigen Maasſtabe.
Sein Geſchmack ift durch Erziehung und Gewohnheit
verzaͤrtelt; feine Empfindungen find durch weichliche
Lebensart übermäßig. verfeinert, feine Begierden ver-
ftärft und feine Beduͤrfniſſe vermehrt. Er haͤlt alſo
alle dieienigen fuͤr ungluͤcklich, die im niedrigen Stande,
unter manchen befchwerlichen Arbeiten und. Sorgen,
ohne Reichthum und Ehre, ein weniger bequemes und -
glänzendes Leben führen; aber er irrt fich im dieſem
Urtheile, was die meiften Sale betrift, zuverläßig.
Vergleicht man die Lebensa. d. Großen und Reichen
mie dem niedrigen flillen Leben des gemeinen Welt
bürgerss fo dürfte eher auf der Seite der Lestern
das größere Glücd ſeyn. Denn mit dem zwar fehr
fhimmernden Neichth. u. Ehre find fo viel Zwang,
Langeweile, M ißgunft, Liebloſigk. und andere Lebel,
die aus d. verfeinerten Lebensa. entſtehen, verbunden,
daß die damit begabten M. nicht fo gluͤclich ſind,
alg das gemeine Urtheil fie dafür halt. Don den im
niedrigen Stande Gebornen und Erzogenen fühlen die
mebrften nicht den Mangel mancher Vorzuͤge und Die
Beſchwerlichk. m. Einformigt: ihrer Lebensart, fon»
dern fie leben ©. einem Tage 5. andern zufrieden.
Dann, wenn ihnen der Druck mancher harten —
un
y
u. 353
Uebel, (die natürl, — wesh. ließ fie Gott zu?)
und die Laſt der Nahrungsforgen befchtwerlich werden
will, finden fie bey ihrer geringern Empfindfamf. als
Ierlei Mittel ſich aufzurichten. Geſundheit, guter
Schlaf und andere Feicht zu habende Aufmunterungs—
mittel halten fie ſchadlos. Ueberhaupt fann man dag
Gluͤck des Menfhen nicht nach feinem äußern Slanze,
fondern nad) d. innern eigenen Empfindung eines ieden
berechnen. Werinf. Stande zufrieden lebe,
iſt gluͤcklich, wenn auch fein dußeres Gluͤck in Vergl.
it den guͤnſtigern Umſtſt. Anderer nur gering zu ſeyn
cheint. Sieht man auf die größere Zahl der
Zufriedenen, ſo iſt das Uebergewicht des Gluͤcks
zuverlaͤſſig auf Seiten des wiedrigen Volks. Welch
eine weiſe — liebevolle Borfehung, daß fie alle Umſtſt.
jo zu verbinden und die mannigfaltigen Güter des
Kebens fo augzufheilen wußte, daß d. groͤßte Haufe
der M., det freifich in Niedrigk. u. Armuth leben
muß, dennoch das unſchaͤtzbare Gluͤck eines zufriedenen
haͤusl. Lebens genießen kann. — Selbft die Zahl
einzelner für unglücklich gehaltenen Perfonen wird
zu ſehr vergrößert und Feiner unter ihnen ift fo ganz
ungluͤcklich, als er fih und Andern zu fenn dinkt
Jeder Mürrifche muß erſt billig ſich mie fich ſelbſt
und feiner Natur ausföhnen, ehe er über den Kauf der
Dinge fich zu befchweren Grund hat.
ec) Wie Fann man deshalb, daß man big ietzt von einis
gen ſcheinbaren einzelnen Unvollkommenheiten noch
Feine weiſe Abſichten und Vortheile entdeckt hat, die
aus der Anlage der Natur unwiderſprechliche Wahr⸗
‚heat: Gott hat alles unendlich weife und guͤ⸗
tig erſchaffen und eingerichtet, laͤngnen? Je
weiter mir im der Entdeckung der Ratur fortgehen,
ie mehr werden wir von der Weish. und Wohlthaͤtigk.
ber Abſichten aller Dinge in den bisher noch geglaub-
gen Unvollfommenhh. überführt. Sol denn für un—
fere fünftigen Beobachtungen nichts übrig bleiben?
Wie viel hielt man ehehin in der Natur für ein Uebel,
ſah' es als Unordnungen. Mangel an Güte an, was
ietzt nach dem fortgeſetzten Forſchen der Naturbeob⸗
achter als weiſe — als Wohlthat Gottes erkannt wor—
den iſt. Man ſchließe, wie 68 billig iſt, wie es uns
in andern Faͤllen eben ſo gehen wird, wenn unſer
Chriſtl. SU, Lehref. d. Eanzelgebr. 3 Th,
354 U.
Uebel, (die natuͤrl. — Gr. d. Beruh. in Ruͤckſ. der —.
Verſtand in dag Innere der Verbindung und in das
Enifernte ihrer Kolgen eindringen koͤnnte. Man ver»
geffe es nie, dag unſere Unwiſſenheit und ein falfcher
Gefihtspunft, oder einige irrige Anwendung uns cf-
was ald eine große Unordnung zeigen kann, was in
feiner wahren Berbindung in der That die größte
Vollk. if.
ce) Es fehlt ung an Vermoͤgen, das ‚Ganze zu über,
fehen. Wir Einen bey weitem nicht den ganzen
Staat Gottes überblicken, fondern nur einen über-
aus Fleinen Theil deffelben, diefe Erde und auch dieſe
lange nicht ganz. Wir ſehen nur einzelne kleine Theile,
die zunaͤchſt vor uns liegen, ſelten aͤber die Dinge in
ihrer ganzen Groͤße. Unſere Blicke ſind dabey ſchwach,
unſere Urtheile ſind blos einſeitig. Wir ſind bey der
Betrachtung der Werke Gottes in einem viel zu engen
Raume unb leben zu Furg, um überall Weisheit in
alten feinen Einrichtungen zu bemerken. Wie dürfen
wir aus den wenigen Erfahrungen, welche wir in dem
Fleinen Zeitraume unferes Lebens gemacht haben, alle
gemeine Begriffe bilden und diefe zu den Gründen uns
ferer Urtheile machen? wie dürfen wir darunach Gefeße
entwerfen, wornach fich alles richten mäffe und dar—⸗
nach fogar das Weltall verbeffern? Welche Thorheit!
ir fehen zu Furg und unfere Erf. ift zu enge, um
den ganzen Plan Gottes bey feiner Welkeinrichtung
und Regierung, um Die Verbindung aller großen und
fleinen Theile in Gottes weitem Neiche zu uberfehen
und zu durchſchauen und die. Folgen iedes Vorfalls
zum voraus ſchon zu wiſſen und ſolche beurtheilen zu
koͤnnen. Kein M. iſt im Stande, die Summe des Guten
und des Boͤſen genau zu berechnen. Wenn wir aber
ſo kurzſichtig find, fo iſt es eben fo kuͤhn und unweiſe,
uͤber das Unangenehme als uͤber etwas Boͤſes abzu—
ſprechen. Wie oft betrachten wir die Dinge aus ei—
nen falfchen Gefichtspumnfte! Leicht wird es daher oft
© der Sal feyn, daß wir dag für bofe halten, was in
der That gut if, und zur Vollk. des Ganzen ſowohl
als der einzelnen Dinge beytraͤgt. Das, was wir
beſſer nennen, wuͤrde grade dasienige. feyn, was den
Zuftand der Welt verdürbe, und bag, was ung eine
Unvollt. oder etwas Boſes zu ſeyn duͤnkt, iſt eben
Uebel, (die natürl. — find Feine wahre —).
dag, was zur Vollk. der Dinge gehört und nad) reis
ferer Einfiht gut zu nennen if. Die verfehrte
Einbildung, daß wir alle Abſichten der
ganzen Schöpfung allein auf und ziehen
und ung zum Mittelpunft der Welt maden,
perurfacht, daß wir die Welt und Natur aus
einem verkehrten Geſichtsp. anfehben, und
dann in derfeiben viele (nicht vorhandene) Unordnuns
gen wahrzunehmen vermeinen. Dadurch machen wir
uns aber nur felbft misvergnuͤgt. Wie viele Dinge,
deren Abſicht, Nothwendigkeit, Nutzen und Ueberein«
ſtimmung mit den andern kann, nicht des Menfchen —
ſondern ein unendl. Verftand beurtheilen. Iſt eg nicht
möglich, daß etwas, was in einem niedrigen Gefichtsp.
unordentlich feheint, im Auge des höher fiehenden er»
was Schoͤnes it? Wie wollten wir M., die wir an
der Erde kleben, vom wahren Verhältniffe der Dinge
in der ganzen Welt richtig urtheilen fönnen? Aus
dem, was wir von der Volt. fo vieler Dinge gewiß
wiſſen, fehließen wir bilfiger und vernünftiger auf dag,
was wir nicht wiffen, daß e8 ebenfalls gut und nüße
lich ſeyn werde, als daß wir wider Die erfannte Bes
fchaffenheit fo vieler Dinge von anderen bey unferer
Unwiſſenheit gedenken mwellten, als ob fie unnüge, una
ordentlich, unvollk. und böfe finn follten. Das Zadeln
der Schöpfung iſt demnach) unverſtaͤndig.
.e) Die vermeinfen Unvollflommenbeiten auf Erden find
gegen die Vollfommenheiten des Ganzen nichts, Die
aber nicht wir, fondern nur ein alles umfaffender Vers
ftand uͤberſehen kann. Daher kann oft ein Uebel im
Kleinen ein wahres Gut im Großen ſeyn. Die Berge
und Waldungen z. ©. find bie Wohnungen fehrechs
licher wilden Thiere; an jenen verfensen die Saaten
und verdborren durch den Wind, und die niedrigen
Gelder werden durch das fich berumterzichende Waſſer
erfäuft. Allein fie find die Behälter des Waffers, fie
ziehen die Naͤſſe der Nebel und Wolken an fih, von
ihnen rinnen die Quellen, von ihnen flürzen die Wald—
Bäche, fie nähren und behaufer viele Arten der Thiere,
ſie eriveitern Die Oberfläche der Erde, fie verfchönern
und machen Abwechſelung, fie aewähren weite Aus—
ſichten, leiten die Winde, Stürme und RN ſchuͤz⸗
| Ä | 3
356 u,
Hebel, (die natuͤrl. — find nothwendig.)
zen die Thäler und wehren viel Ungemach von den
Bewohnern der Flaͤchen, denen fie auch Bau⸗-und
Brennholz, Skin: und Metall gewähren. Sie find
alfo gewiß im Ganzen gut umd ihre Abweſenheit waͤre
Unvollk. im Ganzen.
-H Wie kann fo manches ein wahres Uebel feyn ‚wag
doch zulegt Gutes befördert und am Ende einzelnen,
wie auch mehren Menfchen zum Beſten dienen muß,
falls es erft auch, einzelnen M. nicht wenig mißfaͤllt.
5) Das Uebel waͤhrt nicht ewig. Dann, wenn
Gleichgewicht der Natur durch Urſachen, die der
M. nicht abzuwenden vermag und die er nicht eher,
als bis ihre Wirkungen da find, und off auch dann
nicht einmal kennen lernt, aufgehoben werden, ſteht
freilich der M. huͤlflos und hülfbedurftig da, und
muß warten, big die Natur es umandert und wieder.
schafft. Sie thut es allemal und ficher. Dieß iſt eis
ner der groͤßten Beweiſe, daß Weish. und Guͤte der
Nat. ihre Geſetze gab. Jedes Uebel finder fein Ende. —
2) Die natürlichen Unvollfommenbeiten u.
Uebel waren zum Theil nochbwendig und
unvermeidlich. Es find nothmwendige undveränder-
fiche Folgen der einmal feſtgeſetzten Einrichtung der
Natur der Dinge und der Einſchraͤnkung derſelben.
Das, was wir Uebel nennen, ſind nicht an ſich ſelbſt
von Gott erſchaffene Dinge, ſondern Maͤngel dieſer
Dinge, wegen welcher, wenn fie in dieſer Welt fehl—⸗
ten, die Welt entweder nicht aus endlichen und fo
fehr mannichfachen Dingen beftehen Fonnte, oder me-
nigfteng ung die Erf. und dag Gefuͤhl dieſer Maͤngel
fehlen muͤßte.
„Das Bofe iſt anders nichts, als die Beraubung
„des Guten, fo wie die Finſterniß nichts anders iſt,
„als der Mangel des Lichts. WJohannes von
Damask.
Die Uebel gehoͤren entweder nothwoen sur Welt
verbindung, oder fie laſſen fich durchaus nicht von
unferer Natur rennen; fie find unaugsbleiblih. Sollte
Gott alles Uebel ang der Welt wegſchaffen,
fo müßte er auch aus derſelben alles Gute,
vertilgen. Die ganze Natur ift endlich und einge:
- fchränft, und mußte eingefchranft erfchaffen werden.
en, 357°
Uebel, (die natürl. — find nothwendig.)
Etwas Endliches konnte Gott nur fchaffen, denn lau—⸗
ter Gottheiten neben fich hervorgubring gen — wie un—
gereimt! Er haͤtte gar nicht ſchaffen muͤſſen, wenn er
nichts Endliches fchaffen follte, und daun. würde er
nicht Gott ſeyn; bey allen endlichen Dingen find aber
Schranken nothbwendig. Jedes Gefchöpf mußte, wenn
eö dag ſeyn follte, was e8 iſt, und nad) den gewiß
allguͤtigen und alftoeifen Entwürfen Gottes in der
Stufenleiter aller Gefchöpfe ſeyn mußte, feine Schran—
fen haben. Sollte iedes Geſchoͤpf in demienigen Ver:
haͤltuiß gegen die uͤbrigen ſtehen, als ſolches der un—
endliche Verſt. Gottes fuͤr das, dem Ganzen vortheil—
hafteſte untruͤglich erkannt bat, fo waren auch bie
Schranken nothwendig. Freilich geben diefelben zu
mancherlei empfindlichen natuͤrl. Uebeln Gele genheit. |
Gott mußte, wenn iedes Gefchöpf nach ienem Verhaͤlt—
niß und Beſtimmung zum allgem. Beſten wuͤrken ſollte,
ihnen Bun mittheilen u. fie mit der Faͤhigk. ai usftaffen,
folche heilfam gebrauchen zu können. Allein die Faͤ—
higf. zu dieſem Gebrauch feßt auch die Moglichkeit deg
Mißbrauchs und dadurch eine Beranlaffung von Ue—
bein vorausſs. Gott konnte und wollte diefes, ohne die
endliche Natur der Dinge ſelbſt aufzuheben, nicht ver-
hüten. Auch die zufälligen, in jener angegebenen Ver—
bindung liegenden Schranfen Fonnte er nicht aufheben,
weil feine Weisheit diefe Verbindung gewiß nicht ge⸗
waͤhlt haben würde, falls fie nicht die beſte wäre.
Mit einer folchen Aufhebung würde das
viele Gute, was in den Uebeln gegründet
iſt oder mit ihnen unzertrennlich zuſam—
menbängt, wegfallen.
Sollte Gott dann, wenn die den Naturgegenſtſt. ae
gebenen Kräfte zumeilen und zufaͤllig ſchaͤdlich werden
koͤnnen, dann, wenn z. E. ein herabfallender Ziegel,
ein Schieferſtein oder ein wildes Thier einen frommen
Mann beſchaͤdigt, wenn die nachläffige Waͤrterin ein
Kind verwahrloßt, wenn das Waffer einen M. ver:
ſchlingt, iedesmal gleichſam in die Katur mie Gewalt
einbrechen, durch feine darzwifchenfretende Allınacht
ieden Schaden der Naturfräfte hindern, alfo der; Ma—
furgefegen, die er felbft gab, entgegen handeln, 5.3.
alle mechanifche Bewegungen in ber W. hindern und
358 “ U.
Uebel, (die natuͤrl. — wesh. fie nothwendig?)
die uͤbrigen und ſonſt heilſamen Kraͤfte der Natur, die
dieſe von ihm ſelbſt erhalten, wieder zerſtoͤren: dann
würde erſt wahre Unordnung entſtehn. Gein Keich
fönnte dann fo wenig beſtehn, als jedes irdifche Neich,
in dem der R iegent zwar gute Gefege gibt, aber ihnen
ſelbſt beſtaͤndig entgegen arbeitet.
Scht man einzen die Natur durch, fo wird man
feben, daß die Nebel unvermeidlich find, und wenn
dieß an fo vielen Fällen einleuchtet, ſo muß man, um
vernünftig zu verfahren, daſſelbe auch auf die uͤbri⸗—
gen, wo wir dich Weniger deutlich einſehen Fonnen,
ihliegen. Viele Dinge find ihrer Natur nach hachſt
veraͤnderlich und haben ganz entgegenwuͤrkende Kraͤfte,
als Luft, Waſſer, Feuer u. ſ. f. in ſteter Verbindung.
Nothwendig AN baher manche Gaͤhrungen und
aus diefen zum Theil fchrecfliche — verderbliche Fol—
gen entfiehn. Dazu kommt nun die Unvorſichtigkeit —
die Ruchloſigk. der M., die z. B. Kranfheiten, ge
waltfame Todesfaͤlle, und ein unzaͤhlbares Heer ’5
andern Uebeln verbreiten u. veranlaffen: jede heil
fame Kraft kann auch unter gewiffen Umfländen Nr:
fiörend werden, und das muß zuweilen gefchehn, da⸗
mit fie ſich in ihrer ganzen Wohlthaͤtigkeit zeigen koͤnne.
a) Offenbar find. die Sonnenftrahlen nothig, damit die
Erde fruchtbar werde. God fie nicht unerwaͤrmt, ſon⸗
dern in gewiffen Grabe erhigt werden, ſoll fie ihre
Erzeugniffe in einer gemwiffen Vollk. Liefern, fo muß
fie Heiß fcheinen, Natürlich leiden aber durch Die
Hitze manche höhere und trocknere Gegenden und mans
che Arten von Gewaͤchſen. Die Blume bricht aus der
Knospe, um der Sonne entgegen zu laͤcheln, aber ihre
brennende Strahlen entſtellen ſie bald. Die lang an—
haltende Sonnenhitze veranlaßt heftige Gewitter,
verbunden mit Platzregen und zuweilen mit Wolken—
bruͤchen, u. andern dadurch für die Erdbewohner ent⸗
ſtehenden Nachtheilen. Der Blitzſtrahl beſchaͤdigt ein
Gebaͤude und todter einen M. — Dieß iſt zwar ein
offenb. Schaden. Aber wollten wir ung wohl deehalb
einen ewigen Winten winnfchen, um nur von diefen
ſchredll. Uebeln befreiet zu feyn? Außerdem daß diefe
ſchreckende Uebel felten find und die meiften Gewitter
unfchädlich vorübergehn, ift der Nuten weit allgemei—
| u. 359
Uebel, (die natuͤrl. — daß fie feine wahre Uebel —).
ner und anhaltender. Um die Luft von ſchaͤdlichen
verpeſtenden Duͤnſten zu reinigen, welche durch ihre
Wuͤrkungen anſteckende Seuchen verbreiten und Tauſen—
den das Leben nehmen Finnen, verbrennt der Blitz
die aefammelten ungefunder Dünfte, bringt der Ge⸗
witterregen die zur Fruchtbarkeit der Gewaͤchſe auf
Geldern und Wieſen und in Gaͤrten viele Meilen weit
nöthigen Schwefelduͤnſte herab. Die Gewitter entladen
fi alfo ihrer Flammen zum Segen der Fluren. Gie
befördern die Gefundheit der DM. und laben mit einer
erquickenden Kühle. Sie führen nicht blos die Aug»
duͤnſtungen verfihiedener Korper, fondern auch den
Saamen verfchiedener Pflanzen an andere Derter, fie
verurfachen alfo eine mehrere Vermiſchung, und befoͤr—
dern dadurch das Gedeihen “vieler Geſchoͤpfe. Nur
wenigen Gewittern folgen die Thraͤnen der durch ſie
verarmten Buͤrger und Landbewohner. Iſt gleich die
große Hitze laͤſtig, ſo iſt doch die Stellung der Erde
gegen die Sonne die beſte, iede andere würde die Erbe
—— bewohnbar machen. Sie kann nicht mit ei—
ven Luftkreiſe umgeben ſeyn, und doch Feine Ausduͤn—
ar aufiteisen laſſen, die Blig, Wind und alerle
Metter verurfachen. Die verfchiedenen Ausduͤnſtungen
veranlaſſen im Luftkreiſe einen feurigen Ausbruch, aber
Bet find mie. Fruchtbarkeit verbunden.
b) Da bie Erde aus fo verfchievenen Theilen und
Schichten zuſammengeſetzt ift, welches zur ———
gung von allerlei Pflanzen und — Gr; engniffen,
woven einige aus brennbaren Materialien ung zur
Bequemlichk. und Nothdurft dienen, nothwendig iſt,
ſo iſt es unvermeiblich, daß Sich nicht bie und da und
zu einzefnen Zeiten eine innere Gährung und Entzuͤn—
bung außere, welche Erdbeben nach fich ziehn.
Vielleicht find die ——— Erſchuͤtterungen des Erd—
bebens das heilſame Mittel, die Luft von Zeit zu Zeit
mit einem neuen Borrafhe befruchtender Dünfte aug
den innern Klüften der Erde zu bereichern, und bie
ganze Natur dadurch in ihrer Fruchtbark. zu erhalten.
ce) Der Wind reinigt beitändis den Dunſtkreis und
treibt Schiffe von einem Erdtheile zu dem andern
wie nothwendig iſt dieſes, denn die Luft wird et
faule Dünfte vergiftet, und dann verurfacht fie bos—
360° ll, |
Webel, (die natürlichen, find Feine wahre Uebel.)
artige Krankheiten; dieſe werden zwar durch undor-
fihtige M. von einer Familie, ia von. einem Ort zum .
‚andern Weiter verbreitet und der heftige Wind Wird
zum Sturme und Orkane. Wir wiffen aber nicht,
zu welchen Zwecken derfelbe dient, aber er ereignet ſich
nur zu der Heftigfeit, daß er Baume und Hänfer nie-
derreißt und Fahrzeuge zertrümmert, fehr felten. Er
iſt Feine beftändige Einrichtung unferer Natur, iſt alfo
nicht beftimmt, alle Jahre unfere Pflanzungen zu zer-
fisren und unfere MWohnpläge zu verheeren. . Diefe
ftärfere Bewegungen der Luft werden zum Leben un:
entbehrlich nothwendig fepn. + &
d) E8 ifi wahr, Wafferflutben u. Heberfhwem-
mungen richten große Verheerungen an, wenn dag
Meer aus feinem Geftade, und Fluͤſſe aus ihren Ufern
treten. Allein wie fehr -bedürfen wir theilg des
Waſſers?? Stroͤmen nicht Slüffe zur Befruchtung und
zum Nutzen der Selder? Soll die Erde fruchtbar wer—
den, fo muß c8 zuweilen regnen, und follen die Seen
und Sluffe nicht vertrocknen, fo muß diefer Regen oft '
heftiger als gerschnlich erfolgen; und dann entftchen
in niedrig gelegenen Gegenden Ueberſchwemmungen.
Wiſſen aber nicht die M. die Ströme oft fo einzu—
fhranfen, und in der Aufficht zu erhalten, daß fie
ung blogs mit ihren wohlthätigen Würfungen dienen?
Dheils wie felten find nicht die Ueberſchwemmun—
gen! Wenn des MWaffers auch in einem Jahre zu viel
ift, fo zieht die Dürre deg folgenden Jahrs es wieder
aus der Erde, und befordert dadurch mieder. Die
Sruchtbarfeit. “
„ES gibt doch zu viel Waffer, es find zu viele
„Seen und Miere, die einen zu großen Theil unferer
„Erdflaͤche unnüß bedecken.” A. Wäre das Waffer
in. eine engere Oberfläche eingeengt, fo duͤnſtete e8 zu
wenig aus; denn Negen, Schnee, Thau ꝛc. entfliehen
von den Ausdünftungen der Slüffe, Seen und Meere.
Allein wir haben deg Regens, Schnee's und Thau's
nicht zu viel, um den Erdboden zu befruchten. Genau
wog Gott das Maaß der natürl. Urfachen nad) dem
. abgezielten Nugen auf alle zufünftige Zeiten ab. Die
Berge verhüten auch eine vollige fchlammichte Ueber-
ſchwemmung, und durch beydes ift der Erdboden be»
U. 361
Uebel, (die natürlichen, find Feine wahre Uebel.)
wohnbar. Erhält doch auch Gott in den Meeren
mehr Lebendige, als auf dem Lande leben koͤnnen.
Wollen wir vom Monde Licht und Ebbe und Flut
wahrnehmen und erhalten, fo muͤſſen wir auch von
- feinem Drucke oder Anziehen Stürme und Heberfird-
mungen annehmen.
e) Die Witrerung, fvenn fie gleich, auch zuweilen
dem Landmann zumider und für ion jchadlich if, wenn "
fie auch auf der einen Erdart das Wachsthum Bin
dert, fo fordert fie dagegen das Wachsthum auf der
andern. Es wird dadurch die Fruchtbark. aller Fen-
der und Erdarten, und für alle I. sur Gleichheit ge⸗
bracht. Sol die Sonne auf- und untergehen, Fruͤh⸗
ling, Sommer und Herbſt machen, fol allenthalben
die Erde bewohnbar feyn, fo koͤnnen wir nicht einerlei
Sonnenfchein und Wetter verlangen. Wie kann zu—
gleich für das magere Land Megenmwitterung — fiir
den fetten Boden Dürre einfallen? Wie kann zu glei—
cher Zeit für die Wäfcherin die Some fcheinen‘, und
für den Landm. es regnen? Wie kann für den aus-
laufenden Schiffer der Oftwind, für den einlaufenden
aber der Weftwind tochen?
f) Der Mißwachs wird zwar einigen, aber nicht allen,
Erdbewohnern druͤckend. Er haͤlt auch in iedem Erd»
friche feinen Kreislauf, fo daß man ein Jahr ins an—
dere gerechnet, nie über denfelben Hagen fann. Es
wäre auch gar nicht gut, wenn nicht etwas von der
Arbeit verloren ginge, . und wenn dag Bemuͤhn der
Landleute nach ihren Wi ünfchen immer fo ergiebig be»
lohnt würde. Wie — würde er dann nicht uber zu
wohlfeile Kornpreife ——
g) Zwar gibt es viele ſchaͤdliche und giftige
Thiere, beſonders iene nagende Hausthiere, die Erd—
fruͤchte, Gewaͤchſe, Eßwaaren, Kleider, Hausgeraͤtheꝛc.
verderben. Es gibt Ungeziefer und Geſchmeiß, das
die Saaten verdirbt und uns ſticht. Allein man uͤber—
lege, daß in der großen Kette der Geſchoͤpfe keine Luͤcke
ſeyn darf; ein Geſchoͤpf iſt um des andern da, und
im Zuſammenhange aller Dinge muß alles Moͤgliche
ſeyn. Jedes der Geſchoͤpfe will leben. Die mehrſten
ſchaͤdlichen Thiere ſcheuen von Natur den Menſchen;
man kann ſie toͤdten, oder ſie mit leichten Mitteln
362 —
Uebel, (die nati — — — ſind keine wahre Uebel.)
fangen. Sie ſpannen die Thaͤtigkeit und Vorſichtigk.
des M. Nicht alle ſchaͤdliche Dhiere vermehren ſich
ſtark, fie reiben ſich ſelbſt auf, und halten ſich in den
gehörigen Schranken. Wäre fein Ungeziefer (die KFerb⸗
| 0 die Maͤuſe ec.), fo wuͤrde manches andere Thier
nicht leben Fonnen, welches den M. nüßlich ift. Mir
fkonnten klagen, falls die Thiere nicht da waͤren, die
das Ungeziefer wieder verzehren, z. B. die Sperlinge
WE Raupen, Gott ein dem Ungeziefer nur das
Veberfäfige, wag ohnehin verdürbe, an. Wenn eins
mal dag Ungeziefer (von Heufchreeden, Mäufen 2c.) ein
ganzes Land zu Herheeren droht und alle menfchliche
Vorſicht — u. aller Fleiß nichts fruchtet, fo Fommt
bald eine ſolche Witterung, die fie veriagt oder ihre
Brut erſtickt und toͤdtet. Der giftigen Thiere
find fo viele ni u als das Gefchrei acht, fie faugen
ach das Gift aus der Erde, Luft und ben Gewaͤch—
fen- we, und die Raubthiere haben nicht mehr Frucht—
barkeit, Waffen, Staͤrte Liſt, Geſchwindigkeit und
Freßluſt, als zur Verzehrung des Ueberfluſſes anderer
Gefehleähter und ber rauf werdenden Sir nothwen—
dig iſt.
9— Dornen und Diſteln treiben die M. zur Arbeit
an Wuͤchſen uns alle Früchte ohne Bemuͤhung in
den Mund: fo entſtaͤnde eine allgemeine Faulheit.
Dann ſchlaͤferten alle edlere Kräfte der M. ein. Muͤſ⸗
ſiggang ſchwaͤcht unſere Nerven, zerruͤttet unſere Des
gierden, toͤdtet den Geiſt. Ohne Arbeit daͤchten die
M. auf nichts als auf die Befriedigung' ſchaͤdlicher
Luͤſte, und alle fänfen in eine rohe — milde und thie—
rifche Lebensart herab. Mir finnliche irrd. Gefchöpfe
wollten feine Arbeit? wir verlangten eine perfchivende>
rifche Natur, — beftändigere Güter? fo häften wir ia
die Glieder — Kräfte — Sähigfeiten umfonft! fo hätte
ia unfer Leib und unfere Seele grade vie befte Nah-
rung nicht! fo hätten wir alle unfere angenehmften
Empfindungen, unfere Bequemlichkeiten, unſere wohl—
thaͤtigen Erfindungen und Kuͤnſte nicht, ii würde bie
Welt für ung nicht reicher als für die Thiere feyn,
und wir felbft würden Thiere an Dürftigk,, an Ge—
ſchmack und an Empfindd. feyn. Iſt gleich die Arbeit
muͤhevoll, fo lohnt fie doch durch frifche Gefundheit, —
U. 363
Uebel, (die natuͤrl. — find Feine wahre Uebel.)
durch einen heitern Geiſt, durch einen gereizten Hun—
ger und wird verſuͤßt durch den erquickenden Schlaf.
Das Zeugniß, unſere Kraͤfte nuͤtzlich augewandt zu
— wie belohnen d iſt es nicht!
V Das Feuer verzehrt zuwellen eine Stadt, ein Dorf,
‚einige Haͤuſer, aber was huͤlfe es uns, wenn es zum
Heitzen und Brennen die Kräfte nicht hatte?! Wer
will, Daß das Holz die Kraft zu brennen nicht hätte?
Wer Fann wolen, dag 7 > Holz auf den Heerde
in Brand fegen fol, u. es verlangen, daß es Nicht
auch das Holz, wovon ein Haus gebaut iſt, anzuͤnden
fonnte?! Su verlangen, daß letzter res wegfallen follte,
ift etwas Unmögliches und etwas Ungereimtes.
k) Wie viele Uebel verurfahen die Menſchen
Fer Dt aber nicht ohne Gottes Leitung! Da—
bin gehört 5. ®. der Krieg. Es Me traurig, daß
M., die nach einer gemeinfchaftlichen 2 bſtammung mit
einander verwandt, fich in ihren Empfindd. ſo aͤhnlich
und durch andere ae mit einander verbunden find,
daß sernünftige M R., die fo viele weiſe — billige Ge—
feße zu ihrer gemeinfchaftl. Wohlf. gegeben haben,
andere Mittel kennen, ihre BRD auszu⸗
führen, als die wilden Thiere gegen Thiere brauchen ;—
daß oft, um nur eines Ehrſucht — Eigennuß oder
Rache zu Er ſo — tauſend Unſchnldige
ihre Guͤter — Freih. ihr Leben verlieren muͤſſen;
daß ſo viele tauſend n M., deren Leben ver M—heit
Stück iſt, auf fuͤrchterl. Wahlſtaͤtten ihr Blut ver-
gießen müffen; daß noch fo viele Tauſend aus den Ar—
men der Ihrigen von ihren nuͤtzlichen Ge J— wider
ae Willen dazu hingeriſſe n werden; daß ſo viele
| MWaarenweiſe fuͤr einen geringen Sold ihr Leben ver—
fkaufen, und daß endlich — em dieſem Slutver-
gießen die übrig gebliebenen für ihre Ruhe nichts
gewinnen; daß die neuen —56 welche die
Furcht be ſtaͤndig erfordert, ſelbſt im Frieden alle
Fruͤchte deſelbe en wieder verſchlingen; und daß ſelbſt 2
Ariodensfhlifte tı ichts als Anlagen zum neuen Krie
find, der, fo bald die M. zu dem noͤthigen Maaß ber
Stärke wieder herangewachfen find, mit eben de r Wuth
und mit chen fo wenigem Gewinn wieder anfängt.
Allein da Fein Uebel in der Natur ift, welches Gottes
304 ul.
Uebel, (die natur. — find feine wahre Uebel.)
Weish. nicht ——— und da’ der Krieg zugleich ein
heilendes Uebel ift, da die Natur eine Argney bat, um
der menfchl. Verfaſſung auf eine Zeitlang eine neue
Geſundheit wieder zu geben, fo ift er Fein wahres
Uebel. Bey Ruhe u. Ueberfluß nahme der Keichtf. der
M. zu fehr zu, die Denkungsart der M. würde bald
unmenfchlih. Den einem ewigen Frieden, unter wel⸗
chem ſich die Reichthuͤmer haͤuften, die Erfindd. zur
Bequemlichk. und zum Vergnuͤgen immer fliegen, würs
den die Lafter ausfchweifend, der Meichen Ueppigfeit
unmenfchlich und der Großen Stolz tyranniſch wer-
den. Gott und die ernfthaften Lehren der Tugend
gälten nichts. Durch Krieg ‚hindert Gott die gefaͤhrl.
Ausbruͤche der Unſittlichk. ſo gut, als er durch Stuͤr—
me u. Gewitter ben Luftkreis von vergiftenden Aus—
bünftungen reinigt. Dach dem Kriege fühlen die M.
ihre Schwäche, ihr Leichtſinn wird gebrochen, die Den-
fungsart wird — wenigſtens auf eine Zeitlang —
ernfihafter, Achtung der Rel. u. Tug. wird wieder er-
weckt und der unbefannt gewordene Gott wieder her—
vorgeſucht. Die Zerſtoͤrungen erwecken und ſpannen I
von neuem die Thätigfeit, man erfindet neue Künfte,
eine Menge M. wird dadurch in Ordnung gebracht
und dem M. nüßlich gemacht. Die Reichthuͤmer kom⸗
men in Gegenden, wo Duͤrftigkeit hauſte, die M. und
ihre Charaktere werden mehr mit einander gemiſcht,
bie kriegenden Voͤlker lernen ſich naͤher einander fen»
nen, bie M. werden mehr eine Familie, und Künfie
u. Wiſſ. auch nach andern Drten herüber gebracht.
Es wird auch der Krieg, ie mehr er eine Wiff. wird,
menfchlicher und mit Beibeheltung der Zucht geführt,
u. ſ. w. Vgl. Jerufalem’8 Betr. ır Th. ©. 142⸗
145; der Krieg ind. Hand d. Vorſehung ein
Fleineres Uebel zur Verhütung größerer.
a Wort zur Beruhigung, Leipzig 1794. 8.
2 Bogen. Die Peft und anfledende Seuchen
würden fich aus der Natur wieder verlie>
ven, wenn die Unordnungen aufhörten, wovon fie die
natürlichen und gerechten Folgen find. Schwächten
nicht die linmäßigkeit und der aus ber graufamen
Verſchwendung zugleich fuͤr die Armen entſtehende
natuͤrliche Mangel der gefunden Nahrungsmittel alle
U. 365
Uebel, (die natuͤrl. ſind keine wahre Uebel.)
Theile der menſchlichen koͤrperl. Einrichtung ſo, daß
auch die geringſte widrige Miſchung der Luft ſchon
ein anſteckeudes Gift wird, ſo wuͤrden keine Seuchen
ſtatt finden. Zwar iſt die Peſt eine unmittelb. Wuͤr—
fung der Luft, und ihre ſchnelle Verbreitung iſt eine
unvermeidl. Solge des gefelligen Lebens; allein, da alle
- andere Uebel Folgen eines großern Guts find, da Gott
- auch die Uebel in feiner Gewalt behält: fo wird aud)
die Deft Feine Einw. mider die göttl. Borfehung ſeyn
fönnen; vgl. Jerufalem a. a. D. ©. 151-153 ı.
155. | | £
)) De Menfch ift insbeſondere an fich vielen Uebeln
unterworfen. aa) Er fommt nackend und huͤlflos auf
die Welt. Er bringe Feine Waffen mit, und fein Ver—
mögen, fich feibft zu erhalten, dagegen die Thiere ihre
beftändige Kleider und Waffen mitbringen, ihr Sutter
bereitet finden und bald ohne die Pflege und den
Schuß der Alten oder der Mutterthiere allein fertig wer—
den. Die menſchl. Natur ift überhaupt arm und vol»
ler Bedürfniffe, die fo viele Sorgen und Arbeit Foften.
Sreilih, wenn die Kinder zu nichts anderm beſtimmt
wären, als Thiere zu feyn, fo wäre dieſes eine gerechte
Befchwerde. Allein da fie dazu erfchaffen find, durch
Kern. und Tugend wohlthätige Glieder in der menſchl.
Geſellſchaft zu werden, fo fiele die Bildung der Serie
weg, falls die Kinder nad) einigen Monaten entlaufen
fonnten. Dazu haben fie Eltern, daß diefe fich ihrer
annehmen follen. Die natürlichen Bedörfniffe find
nothwendig, um ung gefpräcdig, vernünftig, Fünftlich,
weife, umgänglich, liebreich, tugendhaft und glücklich
zu machen, und ung zu aller Vollk. zu bilden. NHät-
ten wir nach der Muttermilch Feine weitere Handreis
chung und Hülfe nothwendig, fo würden wir wie bie
Thiere für ung leben, feine Sprache lernen, und ohne
dieſelbe feinen Gebrauch unferer Vernunft haben noch
Unterricht genießen koͤnnen, folglidy auch kein deut:
liches Bewußtſeyn, Feine Erfenntnig von ung und an—
dern Dingen, Feine Kunft oder Wiffenfchaft, Feine Be-
quemlichkeit, Feine höhere geiftige Vergnügungen erhal:
ten, vielmeniger. zur GSittlichkeit erzogen werden kon—
nen. Go aber macht der huͤlfbeduͤrftige Zuft. der
Kinder, daß fih die Eitern ihrer annehmen, und daß
366 ; U.
Uebel, (die natürl. find feine wahre Uebel).
x iene aus Gefühl ihres. Mangels und aus Sucht vor
der Gefahr zu den Eltern halten, fi) nad) ihrer Vor⸗
fhrift und nad) Ihrem Beifp. zur Spr., zum Vers
nunfigebrauche und zur Sittlichkeit gerväbnen ni hf.
Sie fonnen dabey deifen, was die Thiere voraus ha-
ben, bequem entbehren. Die Naturgaben der Thiere
würden die Kinder nur in einem niedrigen Grad finnl.
Vollk. erhalten... Shre Sinnen, ihr Verſtand und ihre
Hände find allein. genug für ihre Nahrung, Sicher»
heit, Bequemlichkeit, Deranügen und Wohlſtand zu
forgen, alle mögliche Geſchicklichkeit zu erhalten, alles,
was in der Natur ift, fih zu Nutze zu machen und
unter einander Gefelligfeit, Umgang, Gefpräch, Freund⸗
ſchaft und Aufheiterung zu ſtiften. Die Beduͤrfniſſe
des M. wecken den Fleiß u. die Tugend, dadurch wird
auch Liebe und Geſelligkeit befordert.
bb) Sin dem menſchlichen Leibe, in feinen Gefäßen
und Einrichtungen Fonnen Unordnungen entfichen, Zer»
ruͤttungen eintreten, die ihre Wuͤrkungen hemmen, boͤſe
Säfte fih entwicdeln und verbreiten, und Schmerzen,
Krankheiten u. d. Tod zur Folge haben. Aber fie find
doch an fich nicht dazu beſtimmt, diefes zu hun, ihre
urfprängl. Einrichtung zielt nicht auf Schmerz; und
Krankheit, fondern auf Wohlbefinden ab. Der Kör-
ver hat ſogar Krafte, eingetretene Unordnungen wie—
der zu vecheffern, entflandene Zerrüffungen wieder auf:
zubeben und Verletzungen feiner Gliedmaßen wieder
zu heilen. Gehorchte der M. nur mehr den Winfen
der Natur, Fame er dem wohlthätigen Streben feiner
Kräfte zu Huͤlfe, und arbeitete er nicht aus Unwiſſenh.
oder aus Nachläfliak., oder aus Ungeduld und Wider:
willen, der Ertragung der Ungemächlichkeiten durch
übel gewählte oder gewaltſame Mittel ganz entgegen:
fo würde er manche Uebel leichter überwinden und
nach der Krankh. eine feftere Geſundh. genießen, flatt
daß er num oft durch fein Eilen in der Entledigung
vom Schmerz fih weit hartnäckigere Uebel — und
gar einen frühern Tod zuzieht. Dieſes find Fehler
der M., nicht der Natur. Die wefentliche Einrichtung
ift doch. nichE zur Krankheit und zum Schmerz ges
mache. Der Schaden, ven die Kräfte zumeilen ans
richten, wird durch überwiegende Vortheile erfegt.
a u. 367
Mebel, (die natuͤrl. — find Feine wahre Lebel.)
Die finnlichen Werkzeuge find ſo am Menſchen gebeuf,
daß fie ihm, was außer ihm vorgeht, amzeigen fin
nen; das feine Nervengewebe fol Keben und Empfin-
dung verbreiten, Die Verdauungswerkzeuge follen vie
Nahrungsmittel verarbeiten und aus ihnen gefunde
Saͤfte zur Erfegung der Kräfte uns zufuͤhren und
das Triebwerk des Bluts fol alien Thellen Die nöthige
- Nahrung in feinen Kanelen zuffremen. Sreilid; wuͤrde
3.3. die Schwindſucht, die den hoffnungsvollen
Süngling in der Lebensblüte wegraffi, ganz wegfal—⸗
len, wenn unfere Zungen nicht fo ſehr zart gebildet
wären, aber ihre Zartheit ift bie Bedingung des Le—
bens; benn ohne fie ift das Athemholen unmeglid.
Unfer Leib ift vielen fchmerzhaften Empfindungen uns
terworfen; allein der Wunſch: „Füblte der M, we-
niger oder gar nichtg, denn wuͤrde er von vielen
Vebeln nichts wiſſen,“ wäre Unverfiand. Unmöglich
fann der Menfh noch im Ernfl fragen: warum If
mein Leib fo verleglich und fo fehr dem Schmerze
ausgefegt? denn wenn unfer Sleifch die Härte und
Seftigf. des Eifens und Stahls hätte, wie koͤnnte
dann der M. fich biegen und regen? Hätten wir bie
dicke unempfindlichere Haut des Elephanten od. Naß—
horns, oder den Magen des Pferdes, fo würden wir
manchen Sranfheiten und fehmerzbringenden Verlegun-
gen nicht ausgefegt ſeyn; allen dann entbehrren wir
auch die unendlich angenehmen Vergnügungen deg fei-
nern Gefühle. Dffenbar bangen unfere feinere Sreu-
den, die wir gewiß nicht bingeben würden, vom fei-
nern Leibesbau ab. Sollte der M. die Annehmlich—
keiten der Natur ale cin vernünftiges Gefchöpf ges
-nießen, fo mußten feine Sinne -und Nerven zärter als
die der Thiere ſeyn. Sollten wir feinen Schmerzen
unterworfen feyn, fo müßten wir unempfindlich) feyn,
dann koͤnnten wir aber auch Feine Luft und Freude
genießen. Ohne Leidensfähigfeit würden die angeneh:
men Empfindungen nicht den hoben Werth haben.
Wie der Schatten das Gemälde erhöht, fo erhöht der
Schmerz das DBergnügen. Der Schmerz, fo empfind-
lich er auch ift, fo lange er anhält, ift doch nicht der
berrfchende und überwiegende Zuftand des M., und
ſelbſt bey denen, die vor andern viel leiden, nicht fo
368 U.
Uebel, (die natuͤrl. — find Feine wahre Uebel.)
ſchlimm, als wir ihnen anſehen. Sie werden, wenn die
Nerven lange genug dadurch angegriffen find, derfels
ben gewohnt. hr Gefühl ift oft betaͤubt; haben fie
auch Berzuckungen, und fiheinen fie äußerlich gemar⸗
tert zu werden, ſo empfinden ſie doch nichts. Daß
aber der Schmerz das Vergn. erhoͤhe, erhellt daraus,
daß dieienigen, welche die heftigſten Schmerzen gelitten
haben, wenn ſie ſolche uͤberſtanden, ſich nachher ſo
wie nach einer volbrachten ſchweren Arbeit freuen,
und den Genuß des Gluͤcks ihres Lebens da—
durch auffrifchen. Zwar ift der Schmerz empfindlicher
als die Srende, aber dieß mußte er zur ficherern Un—
terhaltung des M. ſeyn. Er ift eine Warnung dert
Natur, bey den verlegten oder fhadhaften Theilen auf
unfere Rettung bedacht su fiyn. Ohne daß wir
Schmerzen fühlten, würden wir feine Wunde u. Franth.
achten, dadurch aber ſehr oft zu Grunde gehn. Die
Schm. erinnern ung nachdruͤcklich, die Pflichten in Ab-
ficht der Gefundheit zu beobachten. - Sie erinnern an
unfere begangenen Fehler und nöthigen ung, ihnen
entgegen zu arbeiten, zur Verhütung großerer Uebel,
deren Annäherung wir fonft gar nicht. merken würden;
bey einem noch feinern Empfindungsvermoͤgen ftänden
wir noch fehlimmer. Dann wäre diefe irdifche Woh—
nung zu grob, zu fehlecht, feine natürlichen Begierden
fanden feine Befriedigung, und fie ängftigten ung
martervoll.
cc) Die Abnahme ber Kraͤfte und des Lebens
ift auch den M. nafürlich. Darüber ſich zu beſchwe⸗
ren, hieße klagen, daß man endlich und nicht unend—
lich wäre. Goft Fonnte feinen unfterbl. — Menfhen
machen, der aus Fleiſch, Knochen u. Blut beftände.
Der Tod felbfi, der als dag groͤßte u fuͤrchterlichſte
aller Uebel angeſehen wird, gehoͤrt zu dieſen natuͤrl.
Einſchraͤnkungen irdifher Körper, Im innern Bau
des Leibes liegt ſchon der Grund ſeiner Hinfaͤlligkeit,
und einen unzerſtoͤrbaren Leib verlangen, heißt, ver:
langen, daß man nicht geboren ware, beißt, undank—
bar mit dem Schöpfer rechten. An ſich ift der Tod
dem erſten Anblick nach ein Uebel, aber zur rechten
Zeit befreye er den Leidenden von feinen Laſten. Er
iſt die — uns in ein und unbefanntes, aber gewiß
beſſeres
i U,
Uebel, (die natuͤrl. — find nothwendig.)
beſſeres Land, als unfer ießiger Aufenthalt it, hin
führende Hand. Er iff doch der Weg zur gro
Vollk. des Ganzen zu gelangen. Iſt derſelbe aud)
dunkel und rauh, fo ift er doch Fein Uebel gu nennen,
und die Vorſchung faun darüber nicht angeflagt wer—
den, daß fie ihn zuließ. Es fiheint ein großes Hebel
zu feyn, daß Eltern früh ihren Kindern entriffen wer:
den, aber für viele Kinder ift das Wohlthat. Ihre
Eltern hätten fie verzartelt — Fremde erziehen fie bef
fer. Uns ſchmerzt der Verluft eines treuen Freundes,
aber fahen wir wicht hinterher, dag ihm dadurch man-
che Leiden erfpart worden find, welchen er fonft aus—
gefegt worden wäre? Immer fann man e8 freilich
nicht genau angeben, aber da wir es doch oft Finnen,
fo follen wir ung billig auch in denienigen Füllen be
ruhigen, wo wir nit wiffen, warum 13 gut gemeren
iſt, daß uns Roth traf. —
Aus den allen folge dieſes: die vielen unangeneh-
men Uebel entfiehn aus den Einrichtungen und an
fi) nothwendigen und nuͤtzlichen Kräften ver Natur—
gegenflände, nämlich aus den Kräften der Luft, des
Waſſers, Feuers, des Eifing, der aus der Erde
gegrabenen nuͤtzlichen Gachen, aus der Neizbarfeit,
aus dem Leben und Empfindungsvermögen des Kor-
pers, welche Kraͤfte und Neußerungen fein Bernünfti-
ger aus der Welt wegwänfchen wird; denn fie dienen
dazu, um großern Schaden zu verhüten, die Geſundh.
zu erhalten und zu befchüßen, und viel Böſes abzu—
halten. Wurden diefe Kräfte gewaltſam zerſtoͤrt, fo
ſtuͤrzte die ganze Welt in einander, oder eg hörte aller
in der nicht aufzuhebinden Verbindung damit ver—
knuͤpfter Vortheil auf. Alle Naturkraͤfte mußten end-
lich feyn; denn die unendl. Kraft kann fich nicht auf
das Unmogliche erfirecfen, und dem, was feinem We—
fen nach Swranfen haben muß, fann Feine Unendlichk.
und Gihranfenlofigf. anerſchaffen ſeyn. Endliche
Kraͤfte koͤnnen daher nicht alles bewuͤrken und aus—
richten, da ſie von andern gehemmt, eingeſchraͤnkt und
gehindert werden. Weil der M. eingeſchraͤnkte Kraͤfte
hat, ſo kann er auch nicht der auf ihn wuͤrkenden Ge—
walt anderer Kraͤfte widerſtehen. Er iſt immer der
Unwiſſ., dem Irrth., dem Mangel u. der Abnahme
Chriſtl. EL. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. Aa
Te EEE Tr — —
.
370 U. ar ;
Uebel, (die natuͤrlichen — find Feine wahre Lchel,)
Der Kraft unter Fon, ei er ſchmerzvolle Ges
fühle erhalt. © Die inet Einficht, die vielfachen
Irrth., Die unzureichenden, ober abnehmenden, oder
unrecht geleiteten Kräfte feiner Mitm. werden häufig
feine Abſichten hindern; feine. Entww. zernichten, ihn
huͤlflos laſſen und auf eine mannichfache Art ſchaden.
Aug Der En blichfest folgt daß Daſeyn dies.
ler Uebel. Diefelbe iſt aber den Gefchöpfen north»
wendig, und desh. Fann das Uebel wicht davon ge—
trennt werden. Entgegengeſetzte Kräfte, 3. B. daß
der Leib weich.und fühlbar und Boch auch wie Holz
unempfindlich. ſeyn follte, Fonnte Gott den Dingen
nicht verleihen, er würde dadurch ihr Wefen felbft aufs
u
heben und zerſtoͤen. Welche Thorheit wäre es zu
verlangen, daß die Naturkraͤfte bald wirffam, bald
unwirffam feyn follten! Ohne die Katur umzu—
kehren, ERANEN Daher viele Uebel sar. nicht
aufgehoben werden. Es find die Naturfräfte
zweckmaͤßig anb nuͤtzlich und deshalb unentbehrlich.
— muß man auch nicht uͤber die Uebel unile
lig werden, die damit verbunden find. Offenbar ſieht
man, Daß iene Naturereigniſſe (ſ, oben ©. 358 ff.)
arfprunglie) nicht zum Nachtheil des M. gemacht find,
weil fir nicht in einem forf Verwuͤſtungen anrichten,
weit die Verwäftungen u. das Dudlen der Geichöpfe
ticht ihre gewöhnlichen Wirkungen find.
3) Auch die natürlichen Uebel find dent M.
9 tzlich. Die ganze Welt wäre nicht fo vollfommen
und ihre vernünftigen Bewohner waͤren nicht fo glück-
lich, als fir fegn konnten, wenn biefe Uebel nicht waͤ⸗
ren. lie Uebel haben theils fuͤr's Ganze, theils
fuͤr's Einzelne allemal uͤberwiegend gute Folgen und
find alſo auch Feine wahre Uebel.
a) Die Raturübel erhöhen die Eipfihbing
des Angenehmen, welches wir mit dem Uebel oder -
nachher genießen. Diele ung drückende Uebel machen
uns erfi recht bes Vergnuͤgens enpfängli) Ein leb—
haftes Bergn. kann ohne vorbergegangenen Schmerz
gar nicht ſtatt finden. - Die auf die nannehmlicfeit
folgende Annehmlichkeit iſt weit großer alg dag vor-
bergegangene Gefuͤhl des Unangenehmen. Sm Letztern
iſt nicht das Uebergewicht, ſondern im Angenchmen.
U. 371
Uebel, (die natuͤrl. — find Feine wahre Hebel.)
Dhne Arbeit und Ermädung Fantı man feine Erho«
lung, Ruhe und Schlaf mie Vergnuͤgen genießen.
Die in bie Froͤhlicht. ſich mifipende Uniuft erhoht ſo⸗
gar ihre Ensfi ndung, fo wie der Winter ben Fruͤh—
ling, wie dag Gewitter den Sonnenfchein, wie der
Schaffen die — wie der Misklang die Ueberein-
ſtimmung der Tone. — Der naͤmliche Leib, welcher
der Seele unangenehme Empfindungen verurfacht, muß
ihr auch angenehme gewähren, und Die mehrften
Schmerzen des Leibes und unangenehme Empfindd.
der Seele ſind mit Vergnuͤgen vermiſcht. Denn die
Seele ift bey den unangene ehmen Empfindungen noch
etwas thaͤtig und iede Uebung der Kräfte iſt auf eine
iedem ſelbſt bewußte Art mit Vergnuͤgen verbunden.
Alles Schmerzhafte iſt im Grunde nichts als eine
Verringerung des Un genehmen indem ienes unſere
Kraͤfte hemmt, aber nicht raubt. |
b) Die Naturübel bilden a M. aug; fie find
theils fuͤr ihn Antriebe, ſeine Kraͤfte zu wecken und
felche thätig anzunenden. Dadurch, dag wir in den
Kinderiahren huͤlflos waren, wurden wir ſehr lange
von altern Perſonen abhängig, und biefe ———
keit hat eine längere ns zur Folge. Beduͤrf—
iſſe mancher Art noͤthigen zur Arbeitſamkeit, zur Er—
findung En sum Sachdesfen. Ohne Beduͤrfniſſe,
Gefahn, Widerſtand, ohne eine Miſchung von Uebeln
hätte der . feinen Anreiz zur Thaͤtigkeit. Träge
würde er fein Leben verfchlummern. Auch —————
gene Arbeit iſt nicht ganz ——— wir haben da⸗
durch weni gſtens unfere Kräfte geübte. Was übt Kraͤf—
te — was übt den Berftand mehr als Berlegenbeit, —
Noth, — dringende Gefahr? Dem Werfen find die
ie Uebel alfo ein Sporn zur Thaͤtigkeit,
d. i. zur Gortähnlichkeit *). Theils — n und
ftärfen fie auch des M. firtliche Kräfte; fie befsrdern
feine. Beſſ., üben feine Tugend, machen ibn alfo voll—
fommener und glücklicher. Gott bedient fi) des
uebels, als eines großen Mittels, die M.
S. Sierig die troſtvolle eehre ı v. d. goͤttl. Vorfehung.
S
Aa2
;
Ü
72
©
NN...
ebel, (die naturl. — find feine wahre Uebel.)
su ihrer Beſtimmung zu lenken, und uns
zum berechneten Gluͤck zu führen. Zugend
kann nicht von ung ohne Uebung erlangt werden; zur
Hebung gehoͤren aber Veranlaffungen und Schwierig-
feiten, die nicht allemal ohne unangenehme Empfin⸗
dungen und Vorſtellungen abgeben. Indem fie ung
thaͤtig — weige und fromm machen, befördern fie uns
fere Gluͤckſeligkeit. Ale äußere Gluͤckſ. iſt nichts, wenn
dabey Die innere fehlt, und Die innere erſeht alle Maͤn⸗
gel der aͤußeren. Die innere entſteht aber durch das
Fortſchreiten in der Tugend. Der M. wuͤrde aber
nicht fortſchreiten, wenn er nicht die Hinderniſſe ſei—
ner Tugend beſtegte . Soll daher fuͤr ihn innere Gluͤckſ.
moͤglich ſeyn, ſo muß er fortfchreiten Edunen und dazu
müfen ſich ihm Hinderniffe feines Strebens in den
eg flellen. Dief: Hind erniſſe werden nun freylich ſo
lange, als ſie noch nicht beſiegt ſind, ihm Schmerz
—*—— und feine aͤußere Gluͤckſ. ſtoͤre Allein
da ohne dieſe Hindern. — alſo ohne dieſe Störungen
der aͤußern Släd kſ. es unmoͤglich ware, ſich zur innern
Gluͤckſ. erheben zu koͤnnen: — da uͤberdies die innere
Gluͤckſ. allen Schmerz uͤber die Stoͤrungen der aͤußern
uͤberwiegt und vernichtet: ſo mußte Gott, wenn er
guͤtig ſeyn wollte, gerade um deswillen ſolche Sto⸗
—5 unſerer äußern Gluͤckſ. zulaſſen; Roͤm.4, 3 f. —
gehre n und die Maturübel nicht Selbfibeberrfchung,
Maͤßigung, en! d, Ganftm., Unerfchrockenheit und
Standbaftig keit? machen fie ung nicht beym Anblick
der Noth Anderer empfindlicher und mitleidiger? Diefe
und andere Tugenden wären ohne fie gar nicht moͤg⸗
lich. Es ſind aber Tugenden, welche die menſchl.
Seele am meiſten erheben und wodurch fie ihre Große —
ihren Adel am deutlichften zeigt. Eine vollfommene
Gluͤckſ. gibt unfeer Einnlichfeit zu viel Nahrung, als
daß dbabey die Tugend fruchtbar. reifen koͤnnte. Bey
verzärtelten felbftifchen Lieblingen des Gluͤcks finder
man nicht die größte Klugheit, — die größte Stande
haftigfeit, die edle Großmuth, zertliche —
Mitleiden und Menſchenliebe, ſondern bey Leidenden.
Offenbar hat das Uebel, was auch an ſich ein Uebel
iſt, nachher Guͤtes zur Folge. Iſt es z. B. wohl ein
Uebel, daß Kinder zeitig ſterben, die hier ſchlecht er—
Mi. ee i —
33 ER:
U. 73
Uebel, (die natürlihen — find Feine wahre Uebel.)
sogen erden, oder fonft durch Andere verdorben wuͤr—
den, damit fie in ienem Leben gu mehrerer Vollk. rei:
fen? Wir toiffen oft nicht, weshalb ung Gott beugt,
vielleicht, um ung defto mehr wieder aufzurichten.
ec) Die Uebel find, wenn auch nicht immer und iedes—
mal für Einzelne, doch gewiß fürs Ganze Wohlthat.
Sie haben allemal mehr gute als ſchlimme Folgen.
Die boͤſen und fuͤr ſchaͤdlich gehaltenen Folgen ſind
keinesweges überwiegend. Durch die von ber Vor—
ſehung ihnen angeiviefene Richtung fragen fie gewiß
zur Golf. des Ganzen und zum Gläd der gefammten
R—heit, bey.
Mer über die Uebel Flagt, erlangt, daß die ganze
Melt und ihre Einrichtung fih nach ihm blos richten
fol: Iſt denn der Klagende allein in Der
Welt? at der Einzelne nicht mit der sangen Menfch-
heit in Berbindung? fol fich nad) feinem Willen, wel—⸗
cher oft mit Thorheiten vermifiht iſt, alles ric chten?
Wuͤrden ni icht, wenn ale feine Winfch erfüllt wuͤr⸗
den, die Wuͤnſche unzaͤhlicher anderer M a blei—
ben und dieſe eben ſo wieder uͤber * Vorſehung fla-
‚gen? Ginge alies nach feinem Ginn, [8 würden gewiß
viele andere unglücdlich werben. Das! —— welches
er heute für fein Vergn. verlangt, würde Vieler Scha—
den, ia vielleicht der Echaden eich halben Landes
ſeyn. Der Kornverkaͤufer r, welcher einen großen Vor—
rath hat, wuͤnſcht eine ſchlechte Aerndte, darunter —
den aber Tauſende leiden. Es iſt beſſer, daß Gott e
entſcheidet, was der Welt gut oder nicht gut W —
auch einzelne Uebel, z. B. Stuͤrme, ſchaͤdl. Duͤnſte,
Kerbthiere aus fremden Gegenden, E nzelnen Sanscn
bringen, fo find diefe Wenige ia nicht der Mittelp.
des Ganzen und fie konnen nicht verlangen, daß alles
blos zu ihrem Nutzen gereichen ſolle. Hber indgemein
ſetzt fich der Menſch zum letzten Biel von Allem; was
ihm nicht offenbar und unmittelbar v Horcheilhaft ift,
das dünft ihm überfiüßig und unnuͤtze zu ſeyn, und
was nicht mit ſeinen Wuͤnſchen uͤbereinſimmt, das
erklärt er fuͤr unordentlich und boͤſe — Jeder M.
muß ſich in die end keiten fuͤgen, die das
Wohl des Ganzen fur Einzelne oft nothwendig macht.
So wenig die Erde Wi Verl n er ter nur für M.
(4)
374 U.
Uebel, (die natuͤrl. find feine wahre Uebel.)
allein gefchaffen find, fondern für ungähliche Gefchöpfe
zugleich, die ebenfalls Anfpruch auf Gottes Güte und
Verſorgung haben ; fo wenig beziehn ſich alle Einrich-
tungen und Berauderungen nur auf einzelne M. Soll:
- ten um ber gefelligen Berbindung willen einige reich
ſeyn, r mußten Andere in Armut) und Abhängigf.
leben. Den Vorzug, welchen der eine befißt, muß der
Andere ———— Einzelne muͤſſen alſo um des ge—
meinen Beften willen manches ertragen, aufopfern, und
Anderer Leiden u. Ungluͤck zuweilen mitfuͤhlen, ſo wie
fi auch wieder an deren Glück Theil nehmen; fie
muͤſſen Andern dienen, wenn Andere ihnen wieder die—
nen folen u. f. w. Hore alfo auf, o Menſch! über
dag zu Fiagen, was dir etwa eine Pflanze, eine Blume
perbirbt und was auch nicht allen Mitm. zum Scha⸗
den gereicht.
4) Die Uebeld. Natur werden fo weife aus.
getheilt, daß fie jedesmal der Mafle von den draͤf⸗
fen des M. angemeſſen find, I Kor. 10, 13. Gott
legt Niemandem eine größere Laſt auf, als ff. Das
Schmerzlide ſteht mir unfern Anlagen im genauefien
Berhältni iſſe. Don Menfchen, die von allen Seiten
durch dag traurigſte Schickſal beffürmt wurden, die
an ihren Kindern Herzeleid erfuhren, die unter den
Qualen einer ungluͤckl. Ehe litten und von beſtaͤndigen
Nahrungsſorgen und Schulden gedruͤckt wurden, fand
mi Ar wenn man fie naher Fennen lernte, daß ihr gan«
zes Ungemach nicht fähig Ba ihnen die natürl, Hei—
terkeit des Gemuͤths zu rauben, durch die Gott ihnen
reicht. Erſatz für die Leiden gab, welche er aus weiſen
und « Bu igen, obgleich uns verborgenen Abſichten uͤber
ſie — ———
5) Kein Menſch hat ein Recht, bier von Gott eine
reine, von gar feinem Uebel getrübte Gluͤckf. zu fors
dern. Seiner kann auch von Gott eben die Gluͤckſe,
bie ein Anderer bat, als eine Schuldigfeit verlangen,
Rom. 9, 20. 21. Wie kann das Gefhoöpf berechtigt
feyn, den Schöpfer vor feinen Michterffuhl zu fordern?
Jedes Gefchöpf ift fo vollkommen, und genießt bag
Gute fo, als eg fiyn kann und als e8 ihm dienlich iſt,
ſey es auf diefe oder auf ine Art. Dadurch, daß
e8 höhere über fi) Het, wird eg nicht unvollkommner.
;
; u, 575
Uebel, (bie natürl. — find — wahre Be
)
Der meife und befie d Rathſchluß Gottes ſetzte und vor—
erſt in dieſe Welt, und in derſelben wollten * En:
‚gel ſeyn? oder wollten wir glauben, daß wir gluͤcklich
——n
5
waͤren, wenn wir unſer — in wolluͤſtigem Maͤſſig—
gange oder Traͤgheit verſchlummerten? Dasjaı tige Gute,
was wir haben, oder gern befigen möchten, kann
ner als ein Kecht verlangen, und die B equemlich keiten
und Vergnuͤgungen nicht ven nothduͤrftigſten Beduͤrf⸗
niſſen gleich ten und ſie als eine Schuldigk. von
Gott fordern. > jedem Elende eines Andern, ben
dem Anblick eines Gebrechlichen muͤſſen wir fletg den—
ken: verdienteſt du nicht eben das Ungluͤck? Jeder
Be z. B. erinzere uns, wie viel Gutes wir ge—
en.
6) Alle Uebel, welche die M. treffen, werden
weiſe regiert. Gott ſetzt ſo wohl der Verbreitung,
als auch der zerſtoͤrenden Macht derſelben durch ſeine
Allmacht Schranken, maͤßigt dieſelben, und leitet ihre
Folgen 3 einem weifen Ziele und zum Wohl fo wohl
einzelner M., ald ai uch des Ganzen. Er weiß z. B.
die Sonnenhitze ſo zu maͤßigen, daß die Erde nie su
einer duͤrren audwilte werden a Er Hält d
Meer fo in f. Ufern, daß es mie das san; e Land er.
deckt, wenn e8 gleich bie und da einb richt. Woher
kommt's, daß die Menge des Elendes nicht noch groſ—
fer. in dem Beben mancher Leidenden wird, da doch oft
Anlage genug dazu vorhanden zu ſeyn ſcheint? Ver—
kuͤndigt ſich nicht zuweilen der M. ſelbſt ein weit
ſchlimmeres Schickſal voraus, als ihn wirklich trift?
Mer gibt die Linderungsmittel — Troſtungen und
Aufmunterungen ton allerkei At, die unerwarteten
Huͤlfen, Die oft grade zur gelegenen Zeit und ohne
unfer eigenes Zuthun erfcheinen? Gate ift es, der auch
ba Rettungsmittel gibt, mo fein menfhl. Auge fie
wahrnehmen kann. Ueberh. bat der M. gegen viele
Uebel Mittel — wenigſtens yeah: Wer
hat iene aber erfunden? Mer bereitet die heilfamen
Arzeneien — die Gegengifte? — geht es zu, daß
das Menſchengeſchl. ich noch immer Dip: da 68
doch mit vielen Uebeln zu Fampfe a "hat: 9 die Erf.
‚zeigt, daß Soft den Uebeln fo viel Gutes enfgenenge-
ſetzt und beydes fo unter einander gemiſcht hat, daß
— — — —— _
376 | U.
Uebel, (die natur. — find Feine wahre Uebel.)
dieſes nicht nur ienem das Gleichgewicht haͤlt,
ſondern es noch um ein Großes uͤberwiegt.
7) Es gibt in der Koörperwelt mehr Gutes
und Freude als Uebel, Leiden und Shmer-
sen. ” Beym größten heil der M. und im Ganzen
hot das Sn das Uebergewicht. Gott läßt nur fo
pie] Uebel su, als die iedesmalige Befchaffenheit des
Ganzen RS Br befonderen Schwachheiten eines ieden
. erfordern. ſpart die aͤußerſten Uebel mit ver
größten — aufs Letzte. Die Erfahrung beftä-
tige es, daß das Böſe vom Guten übertroffen wird.
Pur muß a wenn man dieß felbft einfehn wid, die
Dinge um uns ber ohne Borurtheil anfehen a) In
Hinficht 28 Gan; en. Gind auch einige Uebel auf
der Erde, fo find fie doc) gegen die Summe des Gu—
ten auf derfelben nichts. Gegen die vielen ruhigen
und beitern Tage gibt es nur wenige finrmifche und
fchreckliche. Die fogenannten Landplagen (frieg,
Erdbeb., Pet und andere Seuchen) freffen nur den
Heinften Theil des M—geſchlechts. Der Antheil, wel
chen viele daran nehmen, iſt bey weitem nicht ſo groß
und fuͤrchterlich, als er oft in der Entfernung zu ſeyn
ſcheint. Nach alten Nachrichten darf man nicht das
Gluͤck der Welt berechnen. Von ieher pflegte man
mehr die Ungluͤcksfaͤlle und ſchreckliche Veraͤnderun—
gen aufzuzeichnen, als die gluͤcklichen Begebenheiten
und den ſtillen Fortgang des Gluͤcks. Die Zeiten,
worin ganze Laͤnder im Frieden und im Wohlſtand
bluͤhen, worin die Einwohner derſelben, frey von an—
ſteckenden Seuchen, einer guten Gefundh. genießen,
wenn die Erde zur rechten Zeit und reichlich, ihre, Er-
zeugniſſe abliefert, wenn einzelne Familien in haͤusl.
Freuden vieler Art ruhig fortleben, werden nicht be⸗
merkt, aber wohi die traurigen Folgen der Kriege, des
Erdbebens, der Ueberſchwemmungen, Feuersbruͤnſte,
und fogar die nur a [ne Familien und Perſonen
Ace a Jeder gibt gern feinem
Nachb. Nachricht von widrigen Begebenheiten,
und er * ‚ot "fe noch fehr zu vergrößern, Gehts ihm
aber wohl, macht er ſich Vortheile, befigt er Vorzüge,
fo ift er im Erzählen nicht offenherzig. Bey Be:
fchreib. ſ. Noch iſt mancher geſchwaͤtzig, bey Angabe
\ u. | 377
Uebel, (die natürlichen — find feine wahre Lebel.)
der gest. Wohlthaten aber hat er eine ſchwere Zunge. —
Es gibt meit mehr ergichige als magere ernten,
mehr fruchtb. als unfruchtb. Jahre. |
b). In Ruͤckſ. deffen, mas den SR. einzeln trift. Es
gibt mehr Tage ber Geſundh. als der Krankheit. Dieſe
bat nur gleichfam. Stunden, iene währet — Jahre.
Mer hat wohl Öftrer hungrig, als gefattist ſich
zu Betz? gelegi? Wer hat wohl me br ſchlafloſe als
ruhige Naͤchte? Welcher —— ſinnte wird mehr ver—
achtet als geehrt? Was ſind die A—blicke des Schmer—
zes, bie ein einzelner Unfall verurſacht, gegen die
Stunden des Lergmügens, die ung der Genuß des
‚fortdaurenden © ebeng, der Spei fen — Getraͤnke, der
Bekleidung, Wohnung, der Bewegung, der fchonen
Natur, der Ruhe, des Schlafs, der Erreichung unfe-
ver Wuͤnſche, der Gefellief., der Zunahme unferer
Guͤter dur nicht vergebl. Fleiß uns Ichenkt! Iſt das
nicht Gluͤck genug?! = De Zahl. der Unglüg-
lichen iſt nicht fo groß als die BR Glücli-
chen, wenn gleich Unzufriedene das nicht glauben,
Sind und leben mehr franfe, oder mehr ge funde M.?
Gibts nicht mehr M. von einem. vollig regelmäßigen
Körperbau als Kruͤppel? Gibt es nicht mehr M., die
ihr binlängl. Aust. und noͤthige Bekleidung haben,
als Arme u. Nackte? Gibt es mehr Boßgeſinnte, die
uns Ichaben als folche, die man achten muß? Viele
M., die mian unter die Ungluͤcklichen rechner, gehören
nicht unter diefe Zahl: andere find nicht fo ungluͤck—
lich, als man gemeiniglich glaubt. Menfchen, die in
hoͤheren Ständen und ſeten Ueberfluß leben, berechnen
‚gemeinhin das Gluͤck Anderer blog nach ihrer eignen
Lage, und alfo nad) einem ganz unrichtigen Maaß—
ſtabe. Ihr warte iſt durch Erziehung und Ge-
wohnh. versärtelt. hre Empfindungen find durch
weichliche Lebensart uͤ RAUS: verfeinert, ihre Degier-
‚den verſtaͤrkt und ihre Bedürfniffe vermehrt. Gie hal—
ter elfo alle die, welche im nicdeigen Stande, unter
befinwerlichen Urbeiten und Enrgen, ohne Reichth. u.
Ehre weniger bequem und g gingen leben, für unglüc-
Ich. Gier irren fh. Bey ihnen fehimmern zwar
Meichthum und Ehre, aber fie haben auch mit Zwang,
Langeweile, Mißgunſt, Liebloſigkeit und andern Hebeln,
U.
el, (die natuͤrl. — find Eeine wahre Mebel.)
Die aus der verfeinerten Lebensart entfpringen zu
kaͤmpfen. Sie find deshalb nicht fo gluͤcklich, als das
gemeine Urtheil fie macht. Die mehrſten dagegen von
ben im niebrigen Gtande Gebornen m. Erzogenen fuͤh⸗
len den et mancher Vorzuͤge und bie Beſchwer⸗
den und Dag € Zinförmige ihres Lebens fo wenig, Daß
fie ihre Sage zubj und zufrieden verleben. Wird
ihnen zuweile n der Druck mancher ſtlaviſchen en |
und die Laſt der Nahrungsſorgen zu beſchwerlich,
finden fie bey ihrer geringern Empfindſamkeit ale
Drittel, ſich aufzurſchten und ihre Gefundheit,. ihr.
guter Schlaf und andere Aufmunterungen halten ſie
ſchadlos. Der iſt gluüͤcklich, welcher in ſeinem
Stande zufrieden lebe. Zufriedenheit iſt auch
ven M. in den ni iedrigen Ständen moͤglich. Denen,
welche, wie es ſcheint, beſtaͤndig leiden, und nicht ihres
Daſeyns froh werden, iſt iede Schmerzſtille, ieder ru—⸗
hige A—blick, ieder ungeſtoͤrte Genuß einer Speiſe
oder eines Getraͤnks — ieder Schlaf, iede Erquickung
in ſo lebhaftem Grade angenehm, als ihnen die uͤbri—
gen: Zuſtaͤnde empfindlich waren. Waͤren auch einige
wenige vollig Unglückliche zu finden, die mehr Schmerz
als Sr. fühlten, fo iſt Doc) die größte Zahl der M.
glüclich. Dieienige Zeit, wo der Schmerz eine Zeite
lang aufhert, oder aud), wo der M. Feine Leiden, aber
auch Feine vorzügliebe Freuden hat, iſt ta nichk eine
gaͤnzliche Beraubung, ſondern als ein unendlich Flei-
ner Grad des Vergnuͤgens anzuſehen. Beſonders
wuͤrkſam iſt dann in dieſer Abſicht die Einbildungs—
kraft. Sie macht die flüchtigen angenehmen Empfin—
dungen gleichfam feſt, baurend und reiner, indem fie
bey der Zuruͤckrufung derfelben dag Unangenehme, wag
fie noch etwa haben, mwegläßt. Gelb unangenehme
und fihmerzbafte Empfindungen macht fie durch bie
Erinnerung angenehm.
Gerade dadurch, daß das re feltener ift,
fallt ee mehr auf, und wird mehr geachtet, als dag
nichrere Angenehme im geben, ci es gewoͤhnlich und
haͤufiger und das erſtere dagegen fuͤr den Mempfind—
lich iſt. Das Erfreuliche iſt die gewoͤhnliche Regel,
Das Schmerzende macht die Ausnahmen aus, die eben
deshalb befremden, weil es Ausnahmen ſind, aber
—
u, | 299
Hebel, (die natuͤrl. — find Eeine wahre Uebel.)
weder an Zahl, noch an Größe und Wichtigkeit die
eigentl. Regel übertreffen. Es ift aber wahrer lin
dank, wenn man das weit hänfigere und größere An—
genehme in feinem teahren und hohen Werth wegen
des weit wmenigeren und geringeren Unangenehmen über:
fieht, verfennt, w eniger hast. Laßt ung das nicht
thun. Laßt ung auch nicht mehr den Werth des Le—
bens nach den Wuͤnſchen einer uͤbertriebenen oder
weichlichen Frei ſchaͤtzen, ſo daß wir nicht mehr
dann klagen, wenn durch ein kleines Ungemach der Kitzel
der Sinne aufh Fr oder geflört wird. Man fchaße
bie fanfte Kube und flille Freude, welche eine Folge
ton nüßlicher Befchäftigung, von der Betr. der Na—
tur, von der darin lesbaren Macht, Wesh. u. Güte
Gottes, von der Ert. nuͤtzl. Waͤhrheiten, vom u
u. nuͤtzl. Erfindd, von einer weifen und rechtfch. Auf
abr ang, 2. d. Zufr. des Sen. und von Plichterfüf-
lung ift. Man be achte und fühle nicht länger Das
i | ie ale dag Gute. Ma an (ehe tenes nicht an durch Das
Gerärößerung sglas einer mismuthigen Embildunggs
| kraft und peinige fich nicht ſelbſt. Man bedenke, dag im
Leben Leiden und Freuden gemiſcht ſeyn muͤſſen, und
daß die Erinnerung uͤberſtandener Leiden den Genuß
gegenw. Freunden erhoͤhe. Wird auch mander auf
eine ganz befondere Weife durch eine an — han⸗
gende Reihe von Leiden verfolgt, ſo daß es ſcheint,
als habe ſich alles zu ſeinem Untergange —— ſo
berechne er nur Gluͤck und Ungluͤck richtig
segen einander, er zeichne nur anf der einen Seite
Gottes Wohlthaten und auf der andern die erlittenen
Unfälle, auf der einen die genoffene Ruhe und Freue
‚den, und auf der andern Schmerz und gegründete
druͤckende Sorgen an, und ziehe dann von beyden un—
partheiifch die Summe und er wird feben, Daß die
Summe des empfangenen Guten weit groͤßer ſelbſt
bey denen iſt die vor andern mit großen Leiden ꝛc.
zu kaͤmpfen Hatten. Nur muß man billig Die Dielen un—
nuͤtzen Beforgniffe, die man fi wegen eingebildeter
Hebel gemacht bat, und ſo manche geiden, Die man
fih durch eigene grobe Vergehungen zugezogen bat,
aus der Rechnung wegiafjen RB. Zur Gegenrechnung
muß man nicht bios die außerordentlichen Gluͤcks⸗
380 A
Uebel, (die natuͤrl. — find Feine wahre Uebel.)
fälle,. fondern auch die alltaͤglichen Wohlthaten
Gottes, die wir in zahlreicher Menge an iedem Tage
von ihm empfangen, aufführen.
aa) Man gewehne ſich nut, bey einem langen oder Fur-
gen Abſchnitt unferes Lebens dag viele ung widerfahrs-
‚ne Gute mie dem ung ha ch ofen zu vergleis
hen. Man endige den Tag mit einer kurzen Wieder⸗
holung der mancherlei Freuden und Lebensguͤter, die
uns an dem Tage zu & Sheil wurden. Es iſt fo ge—
woͤhnlich, daß man am Ende eines Jahrs Die frauers
vollen Tage, welche in demſelben vorgefallen ſind, un⸗
nuͤtz wiederholt — warum wollte man nicht auch das—⸗
ienige wiederholen, was zu unſerer Beruhigung oder
zu unſerer Bequemlichkeit, oder wenigſtens zum unge—
ſtoͤrten Genuß unſers Lebens etwas beytrug! Dann
wird man finden, wie man an ſo vielen Tagen Urſach
hätte, mehr Gott für deſſen Wohlth. zu preifen, als
m über Uebel zu befihweren,' die ung wiederfahren
ind.
bb) Man benuge auch dazu den Anblick iedes fremden
Leidens. Gibt es allerdings in der W. der Leiden
viele, fo freffen doch ungemein viele Leiden ung gerade
nicht. Wir werden zufriedener mit unferm Zuſtande,
werden erkenntlicher gegen die Vorſehung, wenn wir
beym Anblick iedes fremden Leidens denken: dieſes 2.
iſt vor mir auch voruͤbergegangen! Beym Anblick des
Armen denke man; fo duͤrftig bin ich doch nicht. Hoͤ⸗
ren wir von Kranken, oder ſehen wir Schmerzenvolle,
fo denfe man: von dieſen Uebeln weiß ich zum Glück
nichts. Solche Bemerfungen werden e8 uns fagen,
daß für ieden M. mehr Gutes als Bofes in der W. ift.
Erſter Einw. „Go weit reiht unfer Scharflinn
„und unfere Kenntniß nicht, daß wir gerade die Sum-
„me aller angenehmen und ae eig Zuftande
„aller einzelnen M. wahrnehmen Fünnten. Es fehlt
„uns auch ein Maaßſtab des Vergnuͤgens u. Schmer-
„zens.“ A. Das iſt zwar wahr, ia noch mehr, man
kann nicht einmal das VBerhältniß der angenehmen
und unangenehmen Zuſtaͤnde bey irgend einem einzel-
nen Gefchsuf angeben. Allein zu behaupten: daß
hier mehr Ungluͤck alg Glück ſey, das ift zu gewagt.
Deswegen läßt fich nicht Gottes Borfehung bezweifeln.
ih 381
Uebel, (die natürl, — find Feine wahre Uebel.)
Zweyter Einw. „Daß des Euten mehr alg der
„Uebel auf Erden fey, muß nicht wahr feyn; denn feiner
„wird das zurücgelegte Leben noch einmal von neuem
„anfangen zu wollen Luft haben, um nicht die bereits
„überftandenen Uebel abermals auszuſtehen.“ A. Dieß
ift a) irrig, denn die meiften M. werben gern ihr vo—
riges Keben wieder anfangen, wenn dieß moglid wäre.
Denn die Natur hat einem ieden eine ffarfe Lebens—
liebe eingepflanzt. Gern würden viele deſſen Erhals
fung mit vielen Schmerzen erfaufen, wenn e8 ihnen
freyffünde. Die meiften M. leben in einem mittel
mäßigen und erträglichen Zuftande, viele find auch
gluͤcklich reich, geehrt und geſund gemefen. Nichts
bewegt fie alfe, ihr voriges Leben fo ſehr zu haften.
Wuͤnſchen fih nicht fo viele Die fröhlichen Jugend—
iahre und die vollen Kräfte Des männl. Alters wieder,
wenn fie gleich der eingemifchten Leiden nicht vergeffen
haben? Selbſt dieienigen, denen im böheren Alter dag
ganze menſchl. Leben als fo elend, eitel und betrübt
vorfommt, würden den Tod, wenn er fie im Ernte
erlöfen wollte, wieder abmeifen. Weshalb ſehn fo
viele den Tod als das allerfichreclichfte an, wenn es
beffer wäre, todt zu feyn, als zu leben? — b) Wenn
28 auch einige M. gäbe, die ihr voriges Leben nicht
wieder verlangen, fo thun fie dieſes darum nicht, wail
fie eine genaue Berechnung von aller empfundenen Luft
und Unluft gemacht, und die Unluſt weit größer ger
funden hatten. Brechen auch einige in ver Leidenfch.
bey der Empf. oder Erinn. eines gemiffen gr. Leidens
in e. Berwünfchung ihres Lebens aus, fo find fie
doch dann anderes Sinnes, wenn fich die ungeftüme
Bewegung gelegt hat. Einige fehen auf das Zukuͤnf—
tige und hoffen ein befferes Leben. Sie hoffen und
verlangen immer vollfommmer zu werden. Sie wer—
den deshalb nicht gern die niedern Stufen noch eine
mal fleigen wollen. Wie der Reifende, ver noch
manchen fihonen Ort zu befuchen vor fi bat, alſo
nicht wieder umfehren und die bereits befehenen Orte
nicht noch einmal bereifen will, deshalb fein Misfal—
len am Neifen hat, fo fann man nicht von beien,
die nahe vor ihren Tod in iene frohe €. Hinubir-
bliefen und das bevorſtehende beſſere & mie dem nie—
38 U. |
Webel, (die natuͤrl. — ſind feine wahre Uebel.)
drigen vermiſchten Erdenleben vergleichen, ſagen, daß
ihnen das Erdeleben ganz mißfallen babe.
Dal. Kit. u. Batert k 178 „Sefpr. sw.
Zenophanes und Dicearch über die Frage:
ob eg in der U. mehr Boͤſes denn Gutes
gebe?“ Ehr. Mor. f. d. Eanzele. et B ©. 357.
8) Tach Ausfage aller bisherigen Geſchichte und ach
bem, was bie Erfahr. ung von allen einzelnen leben-
den Wefen lehrt, geht die Weltanlage dahin, daß al-
les fih allmählich veredelt und veroollfommnet und
Daß alfo eine Verminderung des Uebels mit Necht er⸗
wartet werden kann.
S. deutſche Monatsſchrift, 1794. sr B. S.
67:37; über die Klage, dag die Welt immer fehlimmer
werde, von W. 8. Krug.
9) Kann uns das alles bey den Uebeln des 8. nicht
— —— (es gibt Stunden und Tage der Niederge—
ſchlagenheit, wo am Leidenden nichts haften will); fo
bleibe noch derienige Troft übrig, daß dieß Fröenleben
fein Schauplag ungeftörter Gluͤckſ. ſeyn fol, fondern
eine Prüfungs - und Uebungszeit. Es wartet unfer
ein kuͤnftiges Leben, eine beſſere Welt, in welcher alles
vergütet, erſetzt und in's Gleichgewicht gebracht wer-⸗
den, wo ſich der Mißklang ungleicher und unverdien—
ter. Schickſale in den ſchoͤnſten Einklang und Wohl⸗
laut aufloͤſen ſoll; die Leiden dieſer Zeit, die doch im⸗
mer mit dem ietzigen Leben ſelbſt vergaͤnglich ſind, ſind
nicht werth ꝛc. Nom. 8, 18.
Einw. „Daß fo viele Naturuͤbel den M. treffen,
„waͤre gerecht, wenn ſie immer dieienigen traͤfen, welche
„ſolche verſchuldet haben. Aber es gibt auffallende
„Uebel, worin fie oft ohne ale Schuld gerathen, z. B.
„Die Krankheiten eines Kindes, in beffen Adern *
gen feiner Geburt an ein verdorbenes Blur’ fließt,
„2 er dag Elend eines rechtſchaffnen Dieners eines
„Fuͤrſten, der vom Tyrannen, deſſen verderbten An—
viagen er ſich widerſetzt, in's Elend geiagt oder in's
„Gefaͤngniß geworfen wird.“ A. Wir können nicht
genau den Grad der Glückfeligfeie oder Unglüdf. An—⸗
derer meffen. Die miehrfien und ſchlimmſten Uebel
haben bern die M. durch Thorheit, Leichtſinn, Ueber—
eilung und Laſter ſich ſelbſt zugezogen. Man beachte
U. 383
Uebel, die natuͤel. — find feine wahre Uebel.)
nur die vielen Faͤlle, wo man leit Stfinnig dur Er-
bigung, Erföltung, oder Unmaß: gkeit ſich ſchadet. Wie
viele Krankheiten wuͤrden weniger in der Welt ſeym
wenn weniger Suter in derſelben herrſchten. Daß
Gott 28 den M. schen left, wie fie eg verdienen, iſt
feine einge Manchen DPF. gelingt faft alles,
wenn fie gleich nicht die beften M. find, aber fie fan—
gen es darnach an, fund Hug, Fennen die M. u. ſ. w. —
Der: Leichtſian, die Anfieclicht. des Unm— aͤßigen, Wol⸗
lüſtigen, Ehrſuͤchtigen u. ſ. f. bringt in Sorgen und
Plagen, zerruͤt tet ihre Get fundheit, ſtoͤrt ihre Gemuͤths—
ruhe, verwirrt ihre Haushaltang u. ſ. w. Die DR.
misbrauchen ihre mehrere Faͤhigkeiten im Nachdenken
dazu, fich ſelbſt allerlei zu— "ihrem wahren Keranügen
durchaus nicht nschwendi erforderliche Beduͤrfniſſe
zu erfinnen, und ſich chſam zu ſchaffen. Konnen
fie nun nachher Die] Er i ieh alle nach ihrem Wunſch
befriedigen, ſo —— ſie unzufrieden, ſtellen ſich un—
geberdig, beſchuldigen Gott eines Mangels Der Gute,
da je ſich * ſelbſt ihre Beſchwerden verurſacht
haben. Manche M. ſetzt mon als unbrauchbare —
unnüge M. bintenan, weil fie nicht zu nuͤtzl. Mitglie—
dern der BEN: durch Mühe und Fleiß ſich gebilder
haben. —— u. Rußlgganght werden natuͤr—
licher Weſſe duͤrftig; davon rue Schuld an ihnen
ſelbſt. Manchem wird das Leben durch innere Un—
ruhe und — verbittert, aber ihr vorheriges
ſchlechtes Betragen iſt davon die Urfache, Ber kann
Gott davon die Schuld geben, oder das einem Mans
gel feiner Gute beymeffen? Go iſt es mit Hundert
aͤhnlichen Befchwerden, welche die M. guf Hätten ve 2
meiden fonnen. „Barum madt e8 Gott ſo, daß wir
„ſolchen Folgen der Thorhh. und Toter ee
„ſind? MWarum richtete er nicht unfere 9 9 ein,
„daß wir 3. B. Erhigung ‚ Veberladung Hr Magens
„it; d9l. häkten vertragen fennen 77 A. Die Verletzlich⸗
keit unſeres Leibes if theilg Grundlage unferer rg
fen en theils kann ung feine andere Einrich
tung vor folchen Folgen arm. Denn Unmaͤßigkeit
ar Veberfpannung der Kräfte. Sofern alle Kräfte
hre Granzen baben, werden in iedem Falle ueba ſpan:
— und alſo auch die unangenehmen Folgen derſel—
384 2% |
Me: (die natuͤrl. — find Feine wahre Uebel.)
ben moͤglich bleiben. Theils begruͤndete Gott durch
Moͤglichmachung uͤbler Folgen ſolcher Verirrungen un—
ſere geſammte Gluͤckſ. Verband er nicht mit dem feh—
lerhaften Betragen im Genuß unſerer Freuden ſolche
Zolgen: ſo konnte er keine. Antriebe den M. geben,
alle innen beſtimmte Grenden und iede nach dem Grade
ihres Wirthes zu genießen. Jeder bliebe dann beym
erſten beſten —— (der gewiß allemal ein ſinn⸗
licher waͤre) haͤngen, erſchoͤpfte an ihm feine Kraft,
und verloͤre für die uͤbr eigen allen Stan.
„Es find wohl Huͤlfen und Erleichterungsmittel
„wider Die Uebel da, aber wäre eg nicht beifer, daß
„eine andere Einrichtung der Welt fie. Bnndebig ge—
„macht haͤtte. Es iſt wohl Arznei für die Kraͤnkh.
„da, aber waͤre es ni che beffer, wenn wir derfelben
‚nicht bedürften? Was nuͤtzen die unzaͤhlichen, die Erk.
nd. Wahrh. hindernden, © Schtöierigfeiten? warum müf-
„fen die Geſchoͤpſe von fo vielen Arten von Schmer-
„zen geplagt werden?“ U. Unter den moͤglichen Arten
von Gefihöpfen, die Gott, als in den Entwurf des
Ganzen paffend, fihuf, waren wir M. auch. Das muß
ber —— Verſtand Gottes doch geſehen haben, ſonſt
kann man ſich keinen Wi llen, keinen Entſchluß, keinen
bewegenden Trieb der Allmacht denken. Was wäre.
nun weiſer und guͤtiger geweſen, lieber dieſe Gattung
von mangelhaften, Schmerzen und Krankheiten unters
worfenen, Geſchoͤpfen nicht su fihaffen, und den Platz
leer zu laffen, oder fir zu erſchaffen? Jener Fall if
doch gewiß nicht weiſe und guͤtig zu neunen Denn
offenbar freuen ſich mehr ihres Lebens. Nan klage
alſo nicht uͤber die Unvollk. des ird. Glüdg, und er—
kenne e8 als Liebe, daß ung Gott bey den vielen, von
unferer Natur ungertrennlichen, Uebeln fo viele Er-
leichterungen gegeben hat. Unſere Uebel u. Krankhei—
ten leiteten uns zu einer gruͤndlichen Kenntniß unſeres
Leibes, ſeiner ———— und Einrichtung, der
Eigenſch. und Kraͤfte der Pflanzen und Erderzeugniſſe.
an hat auf dem Wege dieſer Unterfuchungen die”
wichtigsten Entdeckungen DRS Ohne dene Uebel
fehlte ung dieſe Erf. der natuͤrſ. Dinge, der Einrich-
tung der Welt u. eine Erf. 5 ottes von ſolchem Um—
fange. So viel iſt, fo ſchwer es haͤlt und fo langſam
| es
—
—
mM - - 385
Uebel, (die natuͤrl. — find Feine wahre Nebel.)
t
es auch forfgeht, doch entdeckt worden, als zum Wohl,
als zur Ergaltung des M. nothwendig if. Der Ei—
gennuß, Die Furcht deffen, welcher fich erheben will
und der Zorn derer, Die unterdräcdt werben ſolen,
ſctzen dem Berſuch, die Kräfte zu misbrauchen,
Schranken, weil ieder erbittert wird über denienigen,
welcher Anderer Schwäche, Unwiſſenh. oder Zutr. mis:
brauchen wii. |
„Freilich zieht iedes Uebel auf die Vervolkommnung
„der Geſchoöpfe und beſonders des M., aber warum
„ſetzte uns Gott nicht gleich auf die beſtimmte Stufe
„und erſparte ung Die muͤhſelige Reiſe?“ A. ») Auch
dieſe Reiſe iſt ein Vergnuͤgen, das man einzubußen
nicht wünfchen -fann. Selbſt das Schritt vor Schritt
zu sehn und das Wachsthum fehen und fühlen, iſt
angenehm und Ichtreich. Zuruͤckblick und Ausſicht ge—
währt faufendfaltiges Vergnügen. — 6) Diefe Keife,
ie langfamer und gemifchter fe mie Unannehmlichkei—
ten war, wird einſt unſere Vollendung unausſprechlich
verſuͤßen. Wenn man Jemandem auf einmal Schaͤtze
gibt, fo wird er ſich nicht fo darüber freuen und fich
dabei fo felig fühlen, als wenn er den Zuflend vor—
ber kennen lernt, wo er fie nicht hat, und wenn fie
ihm Mühe Foften. — 2) Zwifchenräume deg Mißver⸗
gnuͤgens ſtaͤrken und veredeln die Empfindungskraͤfte
des Vergnuͤgens und der Freude. Durch iene erlangt
man einen Geſchmack an ächten Sreuden, und derſelbe
wird Dadurch befeſtigt. — 3) Gewiß waͤrde der AL
meife und Ullliebende uns iede Muͤhſeligkeit unfereg
Erdeleb., fo wie die Reiſe ſelbſt erſpaͤrt haben, wenn
es an fi möglich und nuͤtzlich gewefen wäre. Es
gehört ficher zu dem Weſen endlicher Dinge, daß fie
mit dem erfien Augenbl. ihres Daſeyns auf der uns
terſten Stufe fliehen, und erft durch iene Reiſe ſtufen—
weiſe Dad werden, was fie werden ſollen. Diefes
Leben ift Die Zeit der ne
gl. Pe) Billaume vom Urſpr. u. Abſichten
des Uebels, 1-37 B. Leipzig 1734-87. und in's Hol.
‚überf., Utr. 1793-945 Ab. Weishaupt Apol. deg
Mißvergn. u. Uebels, te 4. Frft. u. Leipzig 1790. 8.
2 Theile; I. P. de Fagaras Difp., qua demonftra-
‚tur, non elle contra naturäm Dei perfectifimum
Ehrifit, SL, Lehref. d. Canzelgebr. 3Th. Bb
386 u,
chef, (die natürlichen —) [Anwendung.]
<#uoile mundum, in guo mala infunt. Accedunt de
' eo argum. IV Difertt. (von Schw b, £ier, Spaan
u. Bromn) Lugd. Bat. 1784. gt. 4; über Theos
dicee und M—glüd. Ein Gefpräch. Altona 1794.
8. 7 Bogen. (8 Ger.) Me 8 Betrachtt. ır Th.
©. 254 ff.; Dablenburg’g Philof. und Rel.
ge B. ©. 400. „Das Uebel ift Fein. Beweis gegen,
fondern vielmehr für die goͤttliche Güte und Vor—
ſehung;“ Deutſche Monatsſchr. 1791. Nov. ©.
196 ff.; (Peter ſen s) Predigten für unſer Jahrzehent,
Halle 1785. gr. 8. Nr. 3. „Die natuͤrl. Uebel berech-
tigen uns Feinesneges, eine alles umfaffende Borfehung
zu läugnen, über Matth. 8, 23:27. (fehr gut —
an den einzelnen Uebeln bemicfen); ee 9)
philof. Briefe au meine Schwefter, Halle 1779. 8. ©.
298311: „Vom phyſ. u. mor. Uebel; Religion
vortr. uber felbfigewählte Texte, Halberfk. 1797. 3.
Ir. ... „Auch bey Betr. d. Uebel in d. Welt finder
d. Vern. Veranl., die Weish. u. Gute Gottes zu be-
wundern und fid) zu beruhigen“ über £uc. 19, 41:48;
— Rel.-Vortraͤge für die Bed. unſ. Zeita. Lpz.
1794. Nr. 7. Beruhig. uͤber die Zweifel an der
göttl. —— bey Wahrnehmung des ausgebr. Ue—
bels und Elends auf E. uͤber ar Vte⸗⸗
nis Sonntagsbuch, ır Th. ©. 2ı7ff.; — Wagnig
Rel.lehre in Benfpielen ır Th. Wr. 47. ©. 36694:
„auch dag, was dem M. —— und böfe zu
feyn fcheint, ift doch gut und befordert fein phyſ. und
moral. Wohlſeyn.“ — —
II. Was folgt daraus, daß dag natürl. Uebel
nothwendig und heilfam if für unfer De-
fragen?
1) Man lerne von nun an die ll. ind. Nat.
immer vichtiger beurtheilen. Man erſtaune
nicht gleich, wenn fie fich ein Jahr Bor dem andern:
mehr ereignen, über dieſelbe als über unerborte Dinge
und fomme vom Vorurtheil zurück, als ob eg damit
auf fihtbare Strafen und Zorngerichte Gottes (f. oben
Strafen) abgefehen wäre, deffen Einrichtungen, mas
auch einzelne Perſonen darunter leiden, im Ganzen
immer wohlchätige und nebenben (da das natürliche
U. | 387
Hebel, (die natürl. — —) [Anwendung.]
und moralifche Gute und Boͤſe genau zufammenhängt)
auch beiferude Abfichten Gaben. Man lerne auch bie
Eigenfchaften Gottes in ihrer Berbindung unter einander
kennen, und man beurfheile feine Handlungen nicht
nac) dem erften Schein und Wirfung, fondern nach
ihren endlichen Folgen. Ehe man Gott eines Ver:
feheng, fogar einer Unvollk. zu befchuldigen wagt, gebe
man lieber fich felbft, feinem biöden eingefchränften
Blick und unfrer Thorheit die Schuld.
2) Wegen II. fol bey ung billig Fein einzelner Vorfall
mehr Zweifel an Gottes Guͤte und Weish. in der
Weltregierung erregen. Wir wollen, der duch alle
Erfahrung und fo viele Vernunftgruͤnde hinlaͤnglich
erwieſenen Wahrheit auch dann glauben, wenn wir
die Laft der U. ſchwer fühlen, und Schmerzen und
Leiden bey ung Zweifel wecken. Wir wollen treu ges
gen die Unzufr. mit Gott und gegen Mißmuth fan
pfen. Denn da es en nicht an Kraͤften und gutem
Willen fehlt, dieſe U. zu vertilgen, da aber feine
—— erforderte, daß er ſie zuließ, weil ſie von dem
beſten Plane der Welt unzertrennlich waren; — da
| Gott alle mögl. Arten von Wefen und alle mögliche
Verbindd. verfelben überfahe und die fFatt findenden
4. dennoch bewilligee, meil fie im Ganzen nüßlich
und, da fie von folchen Wefen alg bier wohnen ſoll⸗
ten, unzertrennlich waren: ſo mäffen fie gewiß für
ans nothw. und heilfam ſeyn. Man erwaͤge den
menſchlichen Kurzblick und huͤte ſich, Gottes Werke
zu beurtheilen und vorwitzig feine Reg. zu tadeln.
Man glaube nun feſt: Alles iſt gut fuͤrs Ganze.
Man belebe ſeinen Glauben an die Vorſ. und an die
Unſterblichkeit und fein religioͤſes Gefuͤhl. Dann wird
- man auch unter dem Druck der U. mie neuem Muth
erhoben werden.
3) Um ſich vor Unzufr. und Klage uber das Uebel zu
bewahren, gemöhne man fich
a) bey einem langen oder kurzen Abſchnitt unſers Le—
bens das viele uns widerfahrne Gute mit dem ung
betroffenen DBofen zu vergleichen. Denn gewöhnlich
überfehen wir dag Gute, oder befrachten “blog das
Uebel von der fchlimmen Seite — Db) man vergeffe
es nie, daß man ger nichts von Gott —
Bb 2
Hebel, (bie natuͤrl. —) [Anwend.] Unabh. Gottes.
und man ſehe das Gute als etwas Unverdientes an.
Wer kann auf etwas Gutes als ein Recht Anſpruch
machen? Rom. 9, 20. 21. Da man nichts von Gott
verlangen, auf Nichts einen Anſpruch fich anmaßen.
fann, fo follen wir „wicht Klagen, fondern Gott danken
u. das Gute genießen, fo mie in unfern Geſchaͤften
treu ſeyn. Wie duͤrfen wir uͤber die Einſchraͤnkungen
der Natur murren? Nicht verlangen wollen, zuwellen
krank zu ſeyn, hieße verlangen fein M. su feyn; mer
die Vorzüge und Güter der Nat. genießen will, muß
fich ihre Einfchränfungen gefallen laſſen. So wenig
das Thier fich darüber befchtweren kann, daß es fein
M. — fein Engel iſt: fo wenig der M., daß er M.
u. fein Gott ift, oder er kann nicht iwünfchen, wie die
Vögel fliegen, mie die Fiſche im Waſſer fih auf-
halten zu fönnen, da er Bernunft bat. — c) Bey
iedem Elende eines Andern, 3.3. beym Anblicfe eineg
Gebrechlichen, denfe man ſtets: Verdienteſt du nicht
eben das Ungluͤck? Jeder Kranke erinnere uns, wie
viel Gutes wir geniehen. Es iſt wahr, dag viele Gute
überwiegt das Boͤſe.
4) Man werde durch die Mängel, Schwachheiten und |
‚die ung betreffenden Uebel mitleidiger gegen Andere,
wenn fie in der Folge eben fo oder aͤhnlich leiden.
Man beife ibnen ihre Leiden fragen und ſtehe den
Schwachen bey). |
5) Sieht man einige M. durch die Naturuͤbel vor an⸗
dern ſonderlich leiden, ſo nehme man ſich ihrer, wenn
man weniger Noth erfahren hat, mit — Huͤlfe
an.
Unabhaängigkeit Gottes, Ap. ©. ı7, 24. 25
(eine fehr faßl. Erklärung diefer Eigenſch. Gottes.)
T. Entwidelung des Begriffs.
Abhängig ift derienige, welcher feinen Grund in -
einem Andern hat, oder der Wirkfamfeit eines Andern
nicht entbehren Fann, fo daß man fein Benehmen und
feine Wirkungen aus dem Andern erft begreifen kann.
linabhängig ifi der, welcher iedermann entbehren
fann, oder zu feinem Beſtehen und Dafeyn Diemandes
Wirkſamkeit noͤthig bat, wer felbftftändig ift, und den
Grund feines Daſeyns und Wirkens ſelbſt enthält. —
. » 389
Unabhängigfeit Gottes, (mas?) |
Gott ift unabhängig heißt daher: er verdankt
feinem: RR außer fi etwas, und bedarf in Hin-
ficht feines Dafeyns und feiner Kraft feines Andern
zu feiner Vollk. und Geligfeit. Er ift allein — uͤber
. Dinge Oberherr.
a) Sein Weſen und f. Wirklichkeit ift in nichte
anderm außer fih, fondern in ihm ſelbſt ——
Daß er iſt und warum er wirklich iſt — laͤßt ſich au
‚einem andern Dinge nicht erflären oder ableiten. Er
bedurfte feiner hervorbringenden Urſache. — —2* Er
iſt in ſich ſelbſt gegruͤndet, oder er hat ſowohl das—
ienige in ſich, warum er wirklich da iſt und noth—
wendig vorhanden ſeyn muß, als auch, warum er ſo
und nicht anders beſchaffen iſt, als er iſt. Er reicht
ſich ſelbſt vollfommen hin und iſt keines
andern Dinges, oder irgend eines andern Weſens
außer ſich benoͤthigt. Er bedarf keiner erhaltenden
Urſache, oder nichts zu ſ. Vollk. u. Gluͤckſ. Die h.
Schr. nennt dieſes: Das Leben in ſich ſelbſt ha—
ben, Joh. 5, 26. vgl. mit Ap. ©. 17, 25. und ſagt,
wie ſich niemand um Goft fo verdient gemacht habe,
Daß er Vergeltung fordern Fonne, Nom. IT, 35. ogl.
Ef. 40, 13. 14. — c) Gott ift dag Grundwefen von
allen Dingen, d. b. er fann Niemanden vor fich ha⸗
ben, welcher eher geweſen waͤre, oder der vollkomme—
ner und vorzuͤglicher iſt. Er iſt unendlich (hoͤchſt)
vollkommen. Er beſitzt ohne alle Einſchraͤnkung alles,
was nur als Vollk. moͤglich iſt, und was nur in einem
Weſen bey einander gedacht werden und was mit ein—
ander beſtehen kann, —— ſich z. B. nicht ſelbſt wi—
derſpricht). d) Gott iſt gar keiner Vermehrung ſeiner
Vollk. oder einer Erhohung (Verbeſſ.) feines Weſens
und Beſchaffenheit faͤhig. Er kann nie vollkommner
werden, als er ſchon iſt und bleibt, und nothwendig
von ieher immerfort geweſen iſt; — e) Gott iſt ſich
ſelbſt und allen andern Dingen hinlaͤnglich genug, und
auch allen Geſchoͤpfen unentbehrlich, f. Allgenug->
famfeit Gottes, 12%. © 59 ff. — HD Gott
ift auch in fittlicher Beziehung unabhängig, d. ir. Nie—
mand fann ihm Gefege vorſchreiben und DVerbindlich-
feiten auferlegen. Sr ift vielmehr unumfchränfter Ge⸗
ſetzgeber und hoͤchſter Herr, San. 41 323 Rom. 9, 20.
390 u.
Unabhängigkeit Gottes Beweife - — Amendung)
I. Beweife.
ı) Es folgt other aus dem Begriffe von Gott
als dem Lirheber deffen, was wirklich außer ihm ift.
Da man diefem Begriffe gemäß Gott ſich als unab⸗
haͤngig in Abſicht ſeines Daſeyns denken muß, ſo iſt
es auch nothwendig, ſich die Kraft Gottes als von
ieder andern Kraft unabhaͤngig zu denken. Denn of:
fenbar ift er ia Urheber aller der außer ihm wirfen-
den Kräfte, nach ihrem Dafeyn und nach ihren Wir-
fungen. Wie fann Gott etwas außer fich zu f.
Vollkomm. und Seligk. bedürfen, d. b. etwas nothig
haben, um feinen Endzweck und ieden feiner Zwecke
zu erreichen, umd er ſollte es felbft fich nicht fchagen
koͤnnen? Was er will, kann er nicht darum wollen,
weil er deffelben zu feiner Vollk. und Seligk. bedurfte,
fondern weil er außer fich Seligk. mittheilen und be—
wirfen will. Er thut wohl, weil das Wohlthun an
fih das Beſte ift, nicht aber, weil es zu f. Seligk.
etwas beytrüge. Nichts Fann man denfen, welches
nothmwendig wäre, um Gottes Endaweck zu erreichen,
und welches Gott nicht fehaffen koͤnnte. Dffenbar
fann er dag Mögliche wirklich machen. Was an fich
unmöglich iſt, kann er nicht wollen und das kann nicht
‚fein Endzweck feyn. Er kann alfo alles fchaffen, was
nothwendig iſt, um feinen Endzweck zu erreichen. Gott
fann aber auch nicht einem Wefen außer ihm Vergels
fung fihuldig feyn, weil er der Urheber des Dafeyns
alter Wefen und alles deflen ift, was fie zu ihrem
Wohlſeyn und su ihren Zwecken bedürfen.
2) Die h. Schrift redet außer Ap. G. 17, 24. 25 von
der U. Gottes in allen den Stellen, wo fie fast, daß
ale Sefchöpfe von Sort abhangen und daß Gott ver
hoͤchſte Herr aller Dinge ſey, Ef. 44, 6 und befond.
13. 145 Pf. 104 ganz; 115, 3; Ef. 46, 10. 11.
III. Anwendungen.
1) Man laſſe nicht den Gedanken aufkommen, als ob
Gott einen Anfang genommen habe, oder, daß er, weil
er das Grundweſen aller Dinge iſt, ein Theil derſel—
ben ſey, oder — daß die Dinge Beſtandtheile Gottes
wären, oder als ob Gott in allen Dingen forperlich
vorhanden wäre.
| U. | 391
Unbegreiflichfeit Gottes, (was?) |
2) Gott als unabhängig verdient unfere ganze Ehr:
furcht und Anbetung.
Unbegreiflihfeie Gottes, Pf. 145,3. (2te H.);
KRöm. 11, 33 ff.
J. Etwas begreifen heißt nicht blos, etwas durch
Begriffe denken, fondern e8 auch aus Grundbegriffen
(wie das Defondere aus dem Allgemeinen) erkennen.
Gott als Gegenrftand ift nicht begreiflich,
fondern nur denfbar. Er ift unbegreiflid,
beißt: er ift ein Weſen, welches alle unfere Borftels
lungen überfteigt, er ift mit venfelben umerreichbar,
and man Ffann ihn in Slbficht dee Menge und Größe
feiner Vollk. mit nichts hen, U Moſ. 15, 115
Pf. 113, 5; 149%, 5 (ee 9); €. 45, 15; I Tim. 6,
16 der da wohnt »- » Fam, heißt: man kann Gott
nicht ganz nach feinem Wefen erfennen, |. ereget.
Handb. d. dogmat. Bemeisftellen, 2 Th. ıfte
Abth. ©. 200 f.). Es gehsren alle von Gottes Große
handelnde Stellen, alg Hr. 82, 83 99, 1-5; 1045 113,
vr 148, 135 Ef. 40, 12 hieher, nur Joh. 4 24
ni
Gott iſt unbegreiflich
u in der Große oder Unermeßlichkeit (UAnend—
IchF.) feines Wefens Sein Wefen ift unerforfc)-
lich, es ift Feine vollſtaͤndige und deutlihe Erflärung
von feinem Weſen moͤglich, Pf. 104, 2. Unbegr. ift
ee in allen feinen Eigenfh. Wenn wir diefelben, z. B.
ſ. Ewigk., Allm., Allwiſſ. Allgegenw., Allweish., Hei⸗
ligk., Gale, Ger. u. Wahr. betrachten, fo feben wir,
Daß er unbegr. ift, z. B. wer Fann eg faffen, daß
Gott alles nach E Allmacht aus dem nicht Vorhande—
nen mit einem Wink ſ. Willens erſchaffen habe, ſeit
unnennbaren an ba geweſen, und noch Eiwigfeiten
‚hindurch da ſeyn werde, wie er überall fen, alles wiſſe
und alles aufs Beſte ordne?
2) In feinen Entwürfen und Abfichten, Roͤm.
11, 3336.
3) In feinen Werfen. Wie viele Geheimniffe gibt
es noch in der Natur! Wie raͤthſelh. iſt uns Gottes
Weltregierung im Großen wie im. Kleinen, — in
Der RS menſchl. Schickſ.! Wir koͤnnen oft nicht
EIERN
a 1 ER |
Unbegreiflichfeit Gottes, (mas? Beweiſe — Anwend.)
begreifen, warum er fo und nicht anders mif ung
handle? weshalb z. E. viele Edle und Rechtſchaffne
früh wegfterben und Unverbiente und Taugenichtſe ſo
lange leben ? |
4) In feinen Gerihten. — — Mer fi über-
redet, daß er dadurch, daß er fich einen Begriff von
Gott bildet, welcher fich nicht widerfpricht, auch ſchon
Sri Erf. Gottes — beſitze, — ſich
14 R
U. Beweife. |
1) Schon der endliche Geiſt ift keines Begriffes, von
fie) felbft fähig, ‚fondern wenn er fich ſelbſt denfen
will, fo gibt er eg auf, feine verfchiedenen Kräfte als
Eins zu denfen. Wer fann nun den unendlichen
Geift denfen? d. b. wer kann fich nicht blos verſchiedene
geiftige Kräfte als Eins denfen, fondern iedes von
Diefen Vermoͤgen fich als unendlich vorftellen? Das
Eine, was. alle göttliche Eigenfchaften ausmacht, muß
alfo für ieden endlichen Geiſt unbegreiflich- feyn.
2) Gottes Werke, 5. D. die fo vielen dem Sternfenner
noch verborgenen Werke, die vielen ung noch unbe-
Fannten Gefihöpfe auf der Erde, im Meer, in ber
Luft, ihre Einrichtungen, die in der Sefchichte uns
ganz unerflärbaren Veränderungen und der Untergang
der Voͤlker geist es, daß Goft- unbegreiflich iſt.
3) Hiob r1, 7:9; Kant, II, 33. 84:
' MI. Wie müffen wir ung, da Gott unbegr. iſt,
verhalten?
ı) Iſt Gott unbegreiflich, ſo iſt unſer Erſtaunen über
Gott, unfere Bewunderung Gnftes gerecht, und Deö-
halb Ehrfurcht und die kieffie Anbetung Pflicht. Wir
muͤſſen Gott immer aufs höchfte verebren. Dee Ehrift
erkennt Gott als anfangslos und ohne Ende, ohne
Wachsth. an Größe, ohne Abnahme feiner Kräfte; —
ev erk, wie Gott alles — die Vergangenheit — — Zu—⸗
funft umfaßt und überfchaut — mie er nahe iſt, und
doch nicht ſichtbar, wirkſam ohne Anftrengung, thätig
ohne Erfchöpfung, durch alle Gegenden der Welten
gefchäftig, ohne Gehülfen; herrſchend uber Geifter,
ohne ihre Freih. zu vernichten, herrſchend uͤber Mate:
rie, ohne felbft Materie zu ſeyn, überall im Himmel
wie auf der Erde, in der Tiefe, wie ff. — wirkfam,
N
u a...
— Gottes, (Anwendung.)
wie er den Blitz lenkt, des Waͤchtigen Herzen leitet,
wie er die Flammen, das Feuer ꝛc. zu Werkz. ſ.
Weish. und Liebe macht, wie er liebt ohne Empfin—
dung, ſtraft ohne Zorn, ſeine Entww. ausfuͤhrt, ohne
in die Raͤder der großen Maſchine einzugreifen — —
wer das alles vor feinen Geiſt bringt, wird durch die
Größe diefes Gegenft. betaͤubt. Derfelbe verſchlingt
alle Betrachtungen. Hat man ſich von dieſer Betaͤu⸗
bung geſammelt, ſo faͤllt man gewiß demuͤthig nieder
und betet an.
2) Man ſehe ein, daß ein ſo vollkommnes und daher
unbegreifliches Weſen allerdings im Stande iſt —
Schöpfer, Erhalter und weiſer Regent der Welt zu
ſeyn. Deshalbmuß man Gottes Wegenicht
kuͤhn meiſtern und tadeln wollen. Wie klein
iſt der vor ung im Staube ſich kruͤmmende Wurm
gegen uns, und wie viel kleiner find wir gegen Gott,
der alles Fann, alles und auch ung erfchaffen het und
ung erhaͤlt. Man unterwerfe ſich allen ſeinen Schik—
kungen mit Demuth. Der Ausg. derſelben wird auf
eine unſere Erwartung uͤberſtelgende Art zeigen, daß
fein Rath und Wille der befle war. Man laffe auch
das Dertrauen zu ihm nie fahren und hoffe zuper-
fichtlich, daß er alles mit ung wohl machen Fönne.
Man wähle fich diefen Ged. zu f. Beruhigung.
3) Man liebe Saft aufrichiig und gehorche ihm mit
der möglichften Treue.
4) Dann, wennman Gott nicht nach feinem Weſen, Eigen:
ſchaften und —— faſſen kann, harre man iener beſſern
Zeit, wo das I Särhfelhafte gelok werden und wir reis
ner in den reinften Geift blicken werden. Dan hoffe
auf die kommende beßre Erkenntniß und begnüge fich
mit der frohen Borempfindung, wie eg ung zu Muthe
en werde, wenn die Nebel verfchwinden, die dunflen
Vrgaͤnge lichter werden und von Kreis zu Kreis die
Seele ſich zu Gott, um ihn naͤher zu erkennen, um
ihn würdiger zu verehrten, und einer ewigen — vollk.
Freude zu genießen, emporſchwingen wird. Wir ſind
ia zur Unſterblichk. berufen, wir haben Faͤhigte: t, noch
bekannter mit der Gotth. zu werden, die offenbar er—
kannt ſeyn will.
5) Wenn es gleich des M. höchſtes Vergnügen ſeyn
394 a.
Unendlichkeit Gottes, — was di
muß, mit Gott und bi Erf. Gottes ſich gu beſchaͤf⸗
tigen, wenn man ſich gleich in den Unterſuchungen
über feine Natur und Größe weder durch ihre Schwie—
rigkeiten noch durch ihr Mißlingen darf abfchreden
lafen: fe muß man doch diefem Vergn. und diefem
Streben Graͤnzen fegen, wenn beydes nicht Schaden
oder Gefahr bringen ſoll. Wenn der fühne VBerftand
nur die Gcheimniffe der Gottheit anfchauen oder aus—
foähen will, fd wagt er zu dreuffe Unterfuchungen
gder einen zu verwegenen Slug f. Geifteg, den er durch
Herirrungen u. durch feinen Sturz fchwer büßen muf.
Solche Unter —— (Beyſpiele ſagen es zur War⸗
er find ohne Gewinn für bie Wahrheit, und ver»
geblich. Sie erfchöpften die Kräfte und man fonnte .
nicht mehr vorwärts fehreiten, "oder man gerieth auf
Ungereimtheiten. Der M. fol nad) nußberer Wahrh.
trachten, aber eine eingehufte — dunkle Wahrheit
kann feinen vortheilbaften Eindruck auf ung machen.
Solche Unterſſ. rücken ung Goft immer weiter aug
den Augen. Sie hindern die Rel. felbfi, da dann der
Ged. an Gott nicht wohlthaͤtig wirkt. Ueber Gott
laßt uns nicht nachgruͤbeln, ſondern laßt uns
nur unſere Augen auf das ſelige Verhaͤltniß richten,
in welchem wir gegen Gott als Schoͤpfer, Vater und
Herrn ſtehen. Dieß unterhaͤlt die Religion in uns.
Vgl. Predigten über die Werke Gottes in
der Natur, erſte Sammlung ©. 198-226: „Die
Unbegreiflichf. Gottes aus den Geheimniften der Nas
tur; Waldau's Returbetrachtungen zur Berb. d.
chrifff. Religionggefinnungen, ır Th. Nrnb. 1786. 4.
©. 131-135: „Unbegreiflichk. Gottes.“ — —
Unendlichkeit Gottes, Hiob ız, 7:9.
Sort ift unendlich, heißt: das, was Gott und
in Gott ift, iſt im feiner Art dag Höchfte, dag Größte
und Beſte. Er ift in Ubficht der Erf. und feiner
Macht ohne die geringfte Einfchränfung. Seine Größe
($ Najeſtaͤt) uͤberſteigt alle unſere Vorſtellungen, und
fie iſt in Hinſicht der Menge und Größe ſ. Vollkom—
menheiten mit nichts zu vergleichen. Bey ihm ſind
alle nur moͤgliche Vollkommenheiten und
dieſe ohne Maaß! Er haͤngt von nichts —
A u. 395
Unerforſchlichkeit u. Unermeßlichkeit Gottes, — (was?)
alles von ibm ab. Dieß vermag der M. nicht 3 u
— Gott iſt daher unermeßlich.
L. Erell Unendlichkeit des Weltſchoͤpfers aus
der ———— d. Natur u. aus ontologiſchen Gruͤnden
erwieſen. Helmſt. 1778. 8. —
Unerforſchlichk ee Ef, 40, 28; Rom.
— —
. Was?
Gott iſt ſo hoͤchſt vollffommen, daß ein M. — ein
Engel — ein endlicher Geift, ſelbſt der Dante
Verſtand endlicher Weſen fich feine völlig deutlich
und binlängliche Begriffe von Gott machen — feine
Größe gleihfam nicht umfaffen, d. i. faffen Fann. ‚Der
menfchliche Verſtand kann nicht die emige Fuͤlle der
goͤttlichen Vollkommenheiten ergruͤnden, nicht mit ei—
nem Blick uͤberſehen. Das, was JKor. 13, 12. P.
geſteht, paßt auf nichts mehr, als auf unſere Kenntn.
des goͤttlichen Weſens. Ganz und vollſtaͤndig
und wie Gott das iſt, was Er iſt, vermag fein
endlicher Verſtand zu erklaͤren; denn Er iſt unerkenn—
bar und unbegreiflich. Seinen Urſtoff, ſeine Subſtanz
— ſein Wo wiſſen wir nicht. „Du ſagſt: Er iſt
„ein Geiſt; aber was iſt ein Geiſt? Du ſagſt: Er
„iſt ewig; mir ſchwindelt; Einfach: — ich habe
„keinen Begriff davon; von ſich ſelbſt nothwen—
„dig: ich denke nichts; Unendlich: ich kann mir
„vom Endlichen eine Vorſtellung machen, weil ichs
„vergleichen, weil ich Graͤnzen denken, erweitern, ver—
„engern kann, aber das Unendliche denke ich nicht.“*)
Vergeblich bemuͤht ſich der M., (ſtrengt er auch ſein
Nachdenken noch fo ſehr an,) Gottes erhabenes Weſen
and feine Eigenfchaften in volliger Klarheit zu ſehen.
In jeder derfelben findet er Tiefen, welche cr niemals
ergründen fan. Vergebens würde er arbeiten, ſich
von Gott die Sper, daß er die hoͤchſte Frundurſache
aller Dinge und ihrer Kraͤfte, daß er voͤllig unabhaͤn—
gig und der höchfte Geiſt ſey, deutlicher, besgreifiicher
>) Bahrdts Syſt. d. moral. Rel. Ir B. te Aufl. ©. 113.
Unerforſchlichkeit u. Unermeßlichfeit Gottes,- — (mas?)
und anfchauender zu machen, Pſ. 145, 1:17; 1 Tim.
6 16; I-$or. 2,10: IT.
©. den Art. Gotf, II 26. 12 und hen |
ac
Art. Unbegreiflichfeit Gottes, oben ©. 391 f.
Religionstehrer koͤnnen vorzuͤglich in Tatechiſationen zur Erlaͤuterung
Ey
— be Frage: was Gott ſey? die Erzählung ven der Frage
de8 Kon, von Syracuſaͤ Hiero an den Dichter u. Weiſen
anfuͤhren, ſ. Eicers de natura Deorum,
L. L cap. 22. Döverl. Relslintere. zer &h © 17;
Schulz Behrs: d. Reh iſte ©. 75,
Es ift ung ſehr begreiflich, daß Gott für ung und.
an fich unermeßlich if; denn ung kurzſichtigen M. iſt
ſchon unſere Erde unermeßlich. Und doch iſt fie nur
ein Fleiner Winkel in Gottes Staat. Wenn ganze
Sonnen und ihre Sonnenſyſteme untergehen: fo ift
dag in Gottes Reich noch weniger, als wern unter
Millionen mal Millionen Fackeln ein ſchwaches Lämp-
chen verlifche. Und diefe Sonnen und Sonnenſyſteme
vergehen; neue werden von ihm gefchaffen; fo leicht
gefchaffen, als wir ein Kleid mit dem andern tech:
feln. Yuch diefe vergehen. Er aber — bleibt ewig,
wie Er ift, und feit aller Ewigkeit war, Bf. 102, 27.
28. Himmelhshen find fihon dem M. unermeßlich.
Des Schattenreichs Tiefen find ſchon für ung uner-
gründlich. Aber mit ihnen verglichen It Gottes uns
endliche Vollk. doch weit unermeßlicher und unergrunds
licher. . Es ift durchaus dem Begriff der Vernunft
von Gott als Schoͤpfer des Weltalls zuwider, ſich
eine Graͤnze — eine Einſchraͤnkung der Vollkommen—
heiten Gottes, ſeiner Macht, Weisheit und Guͤte zu
denken, Mogen wir ausmeſſen der Erbe Länge, oder
des Meeres Breite, mogen wir. alleg, was irdifch,
fihtber und finnlich iſt, ermeſſen; Gott, den Unend-
lichen, kann der Di. nicht ermeffen, weil er unendlich —
weil er Gott ift, Hiob 26, 14. Ueber diefe Stelle,
bitte * ‚zu vol. Eckermann's Handb. d. Gl. Lehre,
or B. ©. 139 f; über Ef. 49%, ı2 ebend. ©. 14r f;
Pf. —9* 3; 139, 6,
Erklaͤrt mar mi D. €. Fr Banrot Wer. e. bibl. Syſt. 8. Dogm.
iv B. S. 134 f) um» D. Fr V. Reinhard (Borief. üb,
die Dogm. ©, 99) Gottes Unerm. als bieienige Eigenſch.,
wornach er oem Weſen nach) fies und — allenthalben
— — ———
Unermeßlichkeit Gottes, (pract. Folgerungen.)
ift, dab er durch gar keine Graͤnzen des Raums eingeſchraͤnkt
werde, und dab dad wo, woſelbſt Gott iſt, unendlich iſt, er
aber mit den Gefehöpfen zugleich ta iſt: To verwechfelt man
theils oiefe- aha, mit der Allenthalbengegen—
wart Gottes (mit Sottes Veberailzieyn), theils iſt dieſe
Erklaͤrung gegen die Herleitung des Worts unermeßlich,
von meſſen — alfo: was fid) nicht meſſen — teifen Größe
u. Umfang fih nicht beſtimmen läßt, Freilich liegt in dem
Begriff der Unermeglichkeit der Begriff von Unendlichkeit, vier
allerhoͤchſten Vollkommenheit.
I. Practiſche Folgerun gen, f. d. Ak Gott,
or Th. ©. 113 f. Bier bemerfe ich noch:
ı) Wenn gleich Gott unermeßlich — der Umfang der
Erfenntniß son Gott unersründlih iſt: fo if es
dennoch unfere Pflicht, Gott, fo meit er ung hier nad)
feinen Eigenſch. een als den Allweiſen, Allies
benden, Aüheiligen, Gerechten 28) und nach feinen
Werfen zu erkennen moͤglich if, erkennen zu lernen.
Bey unermübeten Sleiß fonnen wir doch von Ihm und
feinen Vollkommenheiten fo viel erkennen, alg zu uns
ferer Beruhigung, und zum Antrieb, uns zu beſſern,
im Erdenleben nothig if. Gott laͤßt fich gleichfam,
wenn wir ihn füchen, finden. Er wird ſich, wenn un»
+ fer Geiſt zu ihm ſich auffchwinge und vol heißer Sehn—
ſucht nach feinem Weſen und feinen Gefinnungen for>
ſchet, ung näher entdecfen. Gehen koͤnnen wir Gott
nicht mit den Augen des Leibes auch ſeine Gegenwart
nicht fuͤhlen, wie wir andere Dinge durch Beruͤhrung
entdecken. Aber unſere denkende Seele kann ihn auf—
ſuchen, kann feine Werke Betrachten und aus dem,
was ſie da wahrnimmt, auf ihren Urheber zurück.
ſchließen. Man feße getroft diefen Verſuch fort. Ge:
wiß werden wir ihn noch beſſer erkennen lernen, und
neuer Gewinn an Weish. u. Frieden wird dann die
Frucht unferer B Bemuͤhungen ſeyn.
2) Iſt Gott unermeßlich, ſo iſt er ſich ſelbſt genug, es
kann alſo der M. durch⸗nichts die Gunſt Gottes er—
kaufen oder erſchmeicheln. Die Einſicht dieſer Wahr—
heit erleichtert ung den Sieg über die verbotenen Der
gierden Durch unfere Vernunft und Die Tugend; denn
‚der MR. kann fih durch Tugend die Gunſt Ösites und
feine Gluͤckſeligk. zufichern. Die Zug. iſt das einzige
398 a 8
Unermeßlichfeie Gottes, Unfterblichfeie der Seele.
Mittel, Gott immer ähnlicher und wohlgefälliger su
werden. — | ee |
Unfhuld — Stand der — fi theifs den Art.
Aehnlichkeit mie Bock, Ebenbild des M.)
teils d. Ark. Sallädams.
Unſterblichkeit der Seele, II Tim. ı, 10.
Bor. Julius od. v. 8. Unſterblichk. d. Geele von J. Tr. Haͤſeler,
Braunſchw. 1790. 8.5 Elpizon, oder über meine Fortdauer
im Xode, ır Th. 2te verb. A. Danzig 1798. 8.5 Berfud
einer Eurzen hiſt. crit. Ueberſicht ver Meinun;
gen unferer vornehmfien neuen Weltweifen v..
Unfterst.d. menſchl. Seele. Altona und Leipzig 1796. 8.
(14 Gar.); Blicke in Walhalla, oder über den Glauben
an Unſterbl. von Fr. Simonis, Jena 1796. gr. 8. (73 B.
9 Sgr); ob wir unſterblich fine? Eine philoſ. Predigt
vor K. Leipzig 1800, 8. (2 Gyr); Ich bin unfterkiich, X phi⸗
loſophiſch chriſtliche Reden für and an Hoffense, von Aug.
Geroße, Kalle 1801. 8. (IS Ggr.); M. Mendelſohns
Phaedon — u. deſſelben Ay) v. d. Unſterbl. d. Seele,
Berl. 1787: 8. — — Verm. Abhh. u. Urtheile, 5r Th. ©.
9233.35 „philoſ. Ged. Über die Fortdaner d, Seele;’ Neimas
russ Wahrhh. d. mat. Rel. Iote Abh.; Serufalem’s Bes
trachtt. Vlfie Betr. ©. 176 ff.; Klaͤden über vie Ewigk.
und ihre Treuen, ©. 26 f; Hermes Handb, d. Rel. 4te A.
©. 96:130.5 Material. 3 Nachd. üb. Re, Offenb.
x. ©. 130 ff.; De&els Palingenefie, ©, 172136. Har⸗
monie der Bern. m. Offenb. in Anſeh. d. Lehre v. d. Unſt.
dv. Seele;“ Troſchels Lazarus von Bethanien, zte A. ©.
4352461. Vernunfteründe für die Unft. d. Seele; Dah⸗
ltenburg Philoſ. u. Wer, ze B. ©, 435=:50. „Unfterblichs
geit5? Döderlein’s ink. Th, chr, T. U. $. 215. p. 1452
163; vdeffelben Reli. = Untere, IXr Th. ©. 3403985
Stäudiin’s Dogm, und Dogmengeſch. Ilr Ih. ©. 838:879.
Die Unſterblichk. d. Seele ift das immerwäß-
rende Sortleben des Geiftes, des Todes des Leibes
ungeachtet, oder die endlofe Fortdauer und dag Forts -
wirfen der Seele mit denfelben geifiigen Kräften und
deımfelbigen Bewußtſeyn von unſerer eigenen Perfüns
lichkeit, wach dem Tode des Leibes. Die Seele wäh.
ret nämlich nad) ihrem Weſen, nah Bewußtfeyn,
Perſoͤnlichk. und nach der Erinnerung fort, fo daß ihr
iegiger Zuftend cine Folge des vorhergehenden ſey.
Sie währt fort ewig mit fortgeſetzter Thätigkeie in
— ii, ir a
Unfterblichfeie der Seele, (was iſt Die — —)
einem glücklichen oder unglüdlihen Zuftande, ie nach—
dem ihr fitel. Zuſtand befchaffen iſt, und fie ſteigt im-
mer zu höherer Bollf. und Gluͤckſ. empor. Unfer Ich
— der Befiger fo vieler taufend Vorſtellungen, Be—
geiffe u. Urtheile waͤhrt mit d. Bewußtſeyn des vori—
gen und ietzigen Zuſtandes fort, wenn unſer ſichtb.
Theil durch den Tod vernichtet wird. Es wird noch
ienſeit des Grabes denken, noch die Kenntniſſe erwei—
tern, noch Freuden genießen, noch ſeines Daſeyns und
ſeines Schopfers ſich freuen. Der Geiſt des M. wird
nach dem Tode des Leibes kein anderes Weſen, er
bleibt der naͤmliche, behaͤlt ſeine hieſigen Angewoͤhnun—
gen, Faͤhig-⸗ und Fertigkeiten, Grundſaͤtze und Geſin—
nungen; er kommt in ienes Leben fo gut und fo boͤſe,
fo vernünftig und unvernünftis, ſo weiſe und un—
weife, wie ee im Augenblick des Todes if. - Nur die
grobe Sinnlidyf. falt mit dem Tode hinweg und der
Geift wird dann beffer, ficherer und ſchneller fortge:
bildet, als es bier gefcheben FTonnte. —
Der Menfh dauert alfo na dem Tode
fort}.
ı) mit Derfonlichfeit und Bewußtſeyn, und
zwar vorzuͤglich von feiner Würde oder Berworfen-
beit. Dan muß dieß annehmen, fo bald man an
Belohn. u. Beſtr. nach) dem Tode glaubt, Die ohne
Bewußtſeyn u. Perfonlichkeit gar nicht ſtatt finden
konnen.
2) Mit Werkzeugen, die ſeinem kuͤnftigen Wir:
kungskreiſe angemeſſen ſind; ſ. Auferſtehung. Der
endliche Geiſt bedarf Werkzeuge der Empfindung zum
vollen Bewußtſeyn und Genuſſe feines Daſeyns.
3) Unmittelbar nach dem Tode faͤngt fuͤr uns
die Periode einer neuen Wirkſamkeit und
eines neuen Genuffes oder Leidens an;
Matth. 22, 32 f; I For. 5, 2; Ebr. 11, 16. —
4) Zwifchen dem Fünftigen und gegenw. Zuflande wird
kein Zwifchenzuft. ſeyn. —
I. Demeife für die Unfterbl. der Seele.
©. Zilemann?s Crit, d. UnfierblichE, = Zehre. Bremen 1789, 8:
Materialien für alle Theile der Amtsfuͤhrung
eines Predigers, ar B. 4tes Heft: „V. d. populären
Behand, d. Vernunftbeweiſe für die Unſt. d. Seele.“
— ö— — — —— — — — —— — —
400 U. Fr
Unfterbiichkeie der Seele, (Beweife für die — —)
Wenn: gleich das firenge Nachdenken des pruͤfenden Philoſophen
gegen manche der gewoͤhnlichen bisher fuͤr firingent gehaltenen
Beweife für die Unſt. d. Seele vieles mit großem Schein zu
erinnern findet, wovon man a) in der Neuen allg. d.
-Bibt, Anh. 3 1:28 ©. are Abth. ©. 205221135, desgl.
te Abth. ©. 36:39. b) in Jakob's philof. Annalen
1796. ©, 568 :574 ſehr wichtige Proben antrift: fo kann
und darf doch wohl nicht der Rel.-Lehrer fo ganz philoſophiſch
genau verfahren und fo viele für Wiere ſehr überzeugende und
einleuchiende Beweiſe verwerfen, Er muB beachten, daß diefer
Beweis fuͤr diefen, ein anderer für ienen wichtig ift, u. er die
Veberz. auf mancherley Wegen begründen oder beftärken muͤſſe.
Sobald fie nur den Gefegen des Denkens gemaͤß find und wir
ung, aller Einwendungen ungeachtet, von ihrem Einfluffe nicht
ganz Iosmachen können, ift e8 vernünftig, ihnen ein gewiffes
Gewicht beyzulegen., Auch dieienigen Gründe verdienen An—
fehen, weiche blos eine Fortdauer nad) d. Zude, weun auch
nicht eine ewige Fortdauer darthun. Es wäre fürs Volk ſehr
ſchaͤdlich, wenn Prediger fagen wollten: Die reine Vers
nunft batfür die Inf. Eeine Beweife dawider —
aber anc gar nicht dafür, oder gar: fie fen nicht
aus der Vernunft erweislidh. Fuͤr Denkende wire
es anftübig zu behaupten: daB die inf. nur ein Ge:
genft. des Glaubens fey, oder daß fie blos deswegen an⸗
zunehmen, weil die Dffenb. es verfichere und man
deshalb keine Gruͤnde daf uͤr zu willen brauche, Die aus
Gründen angenommenen Wahrhh. find auch anſchaulicher und
wirkbſamer als die, welche blos aus dem Dffenbarungsglauben
angenommen werden. Sehr ſchaͤdlich wäre es, auch nur von
weiten her einigen Zweifel an dieſer der Sutuchken zur Haupt⸗
ſtuͤtze dienenden Lehre ſich merken zu laſſen, weil einige Rel.⸗
ſpoͤtter ſolche Zweifel ſcheinbar vorzutragen wußten.
A. Solche Beweiſe, welche die Unſterbl. un=
fers Ichs beffätigen, ohne daß dabey Got-
teserfennfniß zum Grunde gelegt und aus
derfelben gefolgert wird. Sie find von ber
Fan daß fie die Unglaublichkeit der Vernichtung
der Seele nach dem Tode des Leibes beſtaͤtigen.
1) Ueberall wird nichts, wenn gleich in der Natur
Koͤrper zerſtoͤrt werden, bier vernichtet und nie iſt et—
was vernichtet worden, wie dieſes die Raturgeſchichte
und enis Wiſſ. von der Aufloͤſung und Scheidung
der Theile zeigen. Die Natur u. d. Kunſt koͤnnen die
Geftalten der Dinge jerfiören, aber die. Dinge feibft
nicht. Es bleibe immer ein Stoff übrig, welcher fich
| zu
U. 401
Unfterblichfeit der Seele, (Beweije für die — —)
zu neuen Geftalten umändern läßt. Alles, was wir
fehn, ift Berwandlung, Wiedergeburt, Veränderung
der Geftalt, der Zufammenfigung des Driß, 3.9. das
geſaͤete Weitzenkorn ff. Nach einer richtigen olseräng
wird alſo auch der Geift nicht vernichtet werden, oder
der Urfioff des M., der Grundbeſtandtheil feines Le—
bens wird nicht vergehen. Daß am DM. die einzige
Ausnahme feyn follte, tft nicht glaublid. Warum u.
wie. follte unfer Geift, welcher nicht. als Korper ge:
dacht werden fann, verſchwi nden?
2) Alles wird durch — Tod zu einem neuen Leben
zubereitet. Und der M. wäre auf der hoͤchſten Stufe
der Vollk. unter den — befannten Dingen, wo er
erft recht faͤhig ward zu genieße nr und ſich ſeines
Daſeyns zu freuen, mo er dag hochſte Gluͤck — ein
Sch hat, fih felbft befchauet, feiner ſelbſt ſich bewußt
iſt, Vergangenheit und Zukunft denkt und Freuden
zu ſchmecken anfängt, die fein Weſen hienieden außer
ihm genießt, — und er follte auf diefer erften Stufe
des vollkommenſten Dafeyns und des vollkommenſten
Lebens — auf ewig ſterben? fuͤr alles ſoll ein
Fruͤhling kommen, nur für den M. nicht?
Das iſt unter allen Unglaublichen das lUnglaublichfte.
3) Nach der Gefchichte war unter allen Nationen,
befonders unter denen, welche ihre Vernunft gebildet
hatten, unter den Weifen der Lehrſatz von einem
geben ienfeie des Grabeg gangbar. Alle M., wo
wir in der Gefihichte der Menfchheit nur hinblicen,
fimmen allgemein für bie Unſt. d. Seele. Es war
- eine allgem. Meinung aller — aud) der unwiſſenſten
Voͤlker der Erde, daß die Unſt. gewiß waͤre. Alle
glaubten dag gerne und die Weiſen fanden die—
fen Glauben immer wieder *). Wie konnten ale
Weiſe, alle Gefengeber und Stifter der menfchlichen
Gefelifchaften fi oder ihre Mitm. fo beträgen? Un:
möglich hat fih doch das ganze menſchl. Geſchlecht
verabredet, eine Unwahrheit zu hegen und Die Betruͤ—
ger zur verehren, die folche erdacht hatten. Dffenbar
iſt alſo dieſe Lehre eine göttliche Wahrheit in dem
*) 6, Ddels Palingenefie, ©. 108 fs Shesdor?’g gluͤckl.
Morsen, S. 5312.
Chriſtl. EL Lehre f, d. Canzelgebr. 3 = &
492 0
Unſterblichkeit der Seele, (Beweife für bie — —) |
inne, als alle Wahrheit von Gott if. Denn wir
mäfen entweder annehmen, Gott habe uns gar feine
Wahrheit gegeben, oder gerade Das ift Wahrheit, die
von ihm fam, welche von felbfi, und ohne daß man
immer nicht weiß, wie diefelbe unter den M. gefeimt
und Früchte getragen bat. Aug unähten Duellen ift
diefer Glaube nicht entfianden, wie gemwiffe andere eben
fo allgemein gewordene, 5. B. wie der Irrth., Goft
mit Opfer zu verfühnen. Diefer Glaube war eine
Folge und Wirfung des allen M. eingepflanzfen
Triebes und Verlangens nach) Unfk., und es geist an,
daß es ein fich auf daſſelbe beziehendes Ahnungsges
fühl derselben in der menſchl. Natur gebe.
Nun kann man ficher fo ſchließen: was die ausge
bildefe Wernunft in Dingen, welche des M, Gluͤckſe⸗
ligkeit angehn, zu allen Zeiten fand, das muß untruͤg⸗
lich ſeyn. Denn alle Kraͤfte in der Schöpfung find
unfehlbars wäre es nun die hoͤchſte Kraft, die Vers
nunft nicht, fo märe der M. in der fo zweckvollen
Welt das zweclofefte Ding. Es ift daher unglaub-»
lich und undenkbar, baß mit d. Tode des L. die Seele
untergehen ſollte.
„Wenn gleich hierin kein feſter Beweis liegt, fo beſtaͤrkt es doch,
„wenn die uͤbrigen Gruͤnde dazu kommen, nicht geringe unſere
„Hoffnung. Ein fo allgem. Glaube — ſelbſt unter Natio—⸗
„nen, die nie mit einander Gemeinſchaft unterhalten Haben,
„muß doc) entweder aus einem nähern von Gott veranftaltes
„ten Unterricht, oder aus eigenem Nachdenken entfprungen
„ſeyn. — Im letzztern Tale folgt daraus, daß diefe Erz
„wartung eines Flünftigen Lebens mit zu ven Wahrheiten ge:
„bört, welche die forfchende Bernunft bey ihren Nachſuchungen
„ſehr Teicht und giüelich zu finden im Stande if, Sie muß
„feiglid) fo genau an andere unlaͤugbare Wahrhh. angeknuͤpft
„seyn, daß man diefe nicht füglich anffuchen Fann, ohne auch
„fie ſelbſt zu gleicher Beit zu entdecken. — Mit Tieiß ließ
„Gott nicht eine fo allgem. Taͤuſchung zu, noch befdrderte er
„ſolche durch e, Offenb., fo daB man denken konnte, wie er
„fe vorausgefehen habe, daß die Welt aus diefer Ieeren Gelbft:
„uͤberredung großen Wortheil Haben würde, indem ſolche dad
„Eräftigfte Mitter zur Verhütung vielev größern Infierhaften
„Ausſchweifungen feyn werde, Denn Gott ift gut, Inuter
„Bahrheit und Liebe. Keine allmädhtige Güte kann
„ur die untadelhafteften Entwürfe machen 5 feine unumfchränete
„Weish. kann nie unrechtmaͤßige Mister, nie Betrug und Kift
\
u. 403
Unfterblichfeie der Seele, Bewe iſe für die — —)
„zur Ausfuͤhrung ihrer Abſichten gebrauchen. Welche Ohn⸗
„macht, wenn ſich Gott offenbarer Ungerechtigkeiten zur Era
„haltung ver Ordnung unter feinen vernünftigen Geſchoͤpfen
„bedienen müßte! Welche Sraufamfeit, wenn er ihnen
„3% den füßefien Hoffnungen Anlaß gäbe, und fie dann doch
„om Ense um alle diefe Erwartungen beitröge! Kein meifer
„Regent, Fein gütiger Vater kann fo unbillia gegen feine
„Unterth. oder Kinder verfahren. Es iſt in iedem Falle firafa
„car und araufam, wenn man M. durch falſche Hoeffnungen,
‚sie. fie noch dazu auf der empfinslichften Geite treffen, zur
„Berläugnung defien, mas innen fonft lieb ift, und zur Ueber⸗
| „mehmung der größten Beſchwerden anlocken will. Ein Gott,
‚ner meine Bruf mit den angenehmjten Wünfchen und Hoff⸗
ungen fült, der e8 mit fonterbarer Argliſt fo lenkt, daß ich
„ſelige Ewigfeiten von ibm erwarten muß; und mich endlich
„doch, wenn ich bis zum Grabe gehofft, meine liebften Lüfte
„and tanfend irdifche Vortheile verlaͤugnet und mit redl, Treue
„feine Vorfchriften befolgt Habe, mit Heimlichem Hohnlaͤcheln
„täufcht, in den ewigen Tod — in den Abgrund des fchrect.
„Nichtſeyns ſtuͤrzt — ein ſolcher Gott iſt nicht mein
„Bott — if nicht meiner Anbetung werth, nicht
„werth eines weltlichen Throns. Er iſt ein ſich ſelbſt
„widerſprechendes Weſen — ein Unding.“ *)
B. Solche Beweiſe, welche das Daſeyn Got—
tes vorausſetzen, und Dip: die Vernich—
tung der Seele nach dem Tode des keibeg
als unmöglich und mwiderfprehend darftels
len;
AA. DBeweife aus der Vernunft:
1) Gott gab uns einen Geift, deffen Natur wir zwar
nicht ganz a) genau kennen, welcher aber gewiß ein
vom Leibe ganz verſchiedenes — fein Förperl, Wefen
iſt; denn unfere geiftigen Kräfte laſſen ſich fehlechter«
dings nicht aus einem bloßen — £hierifchen Mechanigsmug
befriedigend erklären. Wir fonnen uns die Handlun=
gen des Denfens und Wollens und die - Eigenfch. der
Verfönlichkeit durchaus nicht als Handlungen oder
Refultate von Körpern vorſtellen. Wir müffen ung
infofeen unfern Geiſt als ein Wefen von anderer Art
denfen. Es iſt eine Kraft, die fich ihrer Einheit be
wußt und die wirkende Urfache aller wilführlichen
SR EN des an ift, melche empfinder, denft,
) Hermes Handd. der Rel. ate A. 17 B. ©. 127:129,
Ce 2
404° | um
Unfterblichfeie der Seele, (Beweiſe für die — —)
urtheilt, will. Die Werke der menſchl. Dernunft, der
Kunft und des Geſchmacks Eönnen nicht eine Folge
der materiellen Zuſammenſetzung und Einrichtung und
mechaniſche Wirkungen des Körpers feyn. Die ung
befannte Materie hat nicht die Faͤhigkeit zu denken.
Wir merken auch deutlich, daß der Leib es nicht ifk,
welcher die Sr. zu d. bat. Wir kennen auch feinen
einzigen ſichtbaren Theil deffi elben, der an und für fich
feibft diefes Vermögen hätte. Man kann ganze Glie-
der von unſerm Leibe trennen, ieden Theil deſſelben
fehr befchädigen und fo gar ganze Stuͤcke vom Haupt
und Gehirn wegnehmen, ohne daß dadurch diefe Kraft
der Seele zerflört werde. Es ift alfo der Leib
und fein fühlbarer Theil deffeiben, der da
denkt. Die Muskeln und Sterven felbft verrichten
nicht das Gefchäft des Denfens. Die Sinne nehmen
die aͤußern Gegenftände an und überliefern fie durch
eine unglaublich Fünftliche und gefchwinde Mittheilung
der denfenden Seele. Diefe hat alfo ein ihr ganz
eigenes Empfindungsvermögen, welches vom
grobern Gefuͤhl der Sinne merklich verſchieden iſt, ob
es gleich mit demſelben bey der gegenwärtigen Ein-
richtung im einer fehr genauen Verb. ſteht. Wahr-
ſcheinlich bringen die im ganzen Leibe vertheilten Ner-
sen die Empfindungen der Sinne in eine geheime —
ung unfichtbare Werfftätte der Seele, daſelbſt
gehen ſie in Vorſtellungen uͤber, ſie werden gelaͤutert,
und zum fernern Denken den iedesmaligen Umſtaͤnden
gemaͤß angewandt. Hat man gleich noch dieſen vers
borgenen Gig ſelbſt nicht durch Bergrößerungss
olafer entdecft, fo muß er doc irgendwo vorhanden
feyn, da fie dieſer Werkſtatt zu ihren geifligen Em—
pfindd. und Beſchaͤftigungen bedarf. Freilich ift bier
unfer benfendes Weſen an den groben Leib gebunden.
Es eriweitert ſich mit der Ausbildung und dem Wachds
thum bdefjelben an Kraft. Nur hört e8 nicht zu wach
fen auf, wenn der Leib feine Größe und Ausdehnung
erreicht hat. Erhält zwar die Geele durch die Sinne
ihre Empf., Borftellungen, wenigſtens den erften Stoff
zu allen Ueberlegungen, Entſchließungen und Handl.; ſo
hängt doch auch die Seele oft vom Zuft: des Leibes ab,
ſo daß, wenn deffen Glieder verlegt, ſtumpf oder uns
| U. | 405
Unfterblichkeie der Seele, (Beweiſe für die — —
brauchbar werden, der Geift mit leidet, weil beyde ein
Ganzes ausmachen. Allein dag alles beweiſt nicht,
daß der Geft aus eben dem groben Stoffe beitehe,
woraus der Leib gebilder ift, fondern vielmehr, daß
unfere Ceele eine feldftftändige Natur und Kraft if.
Denn unfer Leib kann ung nur hindern, unfere uf
fere Thaͤtigkeit zu dußern, aber ie weniger wir von
ihm abhangen, vefto mehr find wir, wag wir feyn
follen, durch ung ſelbſt und deſto thätiger iſt der Geiſt,
der ihn zum Denken und Wollen nie bedarf. Die
fes für ſich felbft beftchende Sch aͤußert ia auch Wir—
fungen, an welchen unfer Leib durchaus feinen Antheil
nehmen fann, «8 kann ihn zwingen, ohne Rüdfiche
auf feine Zriebe und gegen das Streben berfelden.
thätig zu feyn; fo lange diefeg unförperfiche, gebie—
tende, bewegende, felbftftandige Wefen in ihm wohnt
und wirkt, muß die Materie gehorchen. Dieß ficht
man daraus, daf der Geift bey der großten Schwäche
und Meisbarf. des Leibes, oft felbft in der Naͤhe des
Todes am lebhafteften und thätigften if. Gein Da:
ſeyn haͤngt alfo gar nicht vom Dafeyn des Körpers
ab. Diefer Unabhängigkeit vom Korper find wir uns
auch durch unfer Wollen bewußt. Wir fonnen ung
felbft beftimmen. Dieſes Bewußtſeyn iſt gerade unfer
fiherfies Weſen. Was daraus unmittelbar folgt, ft
uns gewiffer, als alles, was wir durch die Außern
Sinne und mit Hülfe des Leibes erfahren. Unſer
Leib fieht unter mechanifch zwingenden Naturgefesen,
aber die Seele ſteht nicht blos — nicht ganz dar»
unter, fondern auch unter frenmoralifchen Gefegen,
wir koͤnnen nicht nur uns wilführlich zum Handeln
‚oder Nichthandeln beftimmen, fondern wir haben auch
Pflichten, zu welchen wir ung frIbft beſtimmen follen.
Wir find alfo fittliche Wefen und das Gefeg der Frei—
heit, welches ung Pflichten auferlegt, ift ein allgem.
Geſetz und feßt einen gemeinfchaftl. Gefeßgeber, Gott,
den Herrn der Körper: und moralifchen Welt, voraus.
Durch freye Anwendung der Naturfrafte follen wir
nad) den ſittl. VWorfchrifien zur Gluͤckſ. der Welt mit:
wirken. Dazu ift, fo lange wir leben, unfer £eib ein
angewendetes Kittel und nur unfer Werkzeug. Im
Tode Herr er auf, dieß zu ſeyn, aber unfer Geift, den
9
406 | u.
Unfterblichkeie der Seele, (Beweife für. die — —)
wir dazu anmenden, hoͤrt darum nicht auf, ein Wir-
fendes — felbftftändiges Wefen zu feyn, da fich fchon
im Erdenleben die Gelbftftändigkeit in vielen Stüden
vom Leibe unabhängig bewieß. Wir koͤnnen im Bes
fit unferer Geiftesfräfte fortdauern, innerlich fort-
empfinden, fortdenfen und fortwollen, wenn gleih uns
fer Werkzeug der Empfindung deffen, was außer ung
in der Koͤrperwelt iſt, zerſtoͤrt ift. | er
b) Der Geiſt des M. ift als eine vernünftige Einheit
außer der Zeit und dem Raume vorhanden, folglich
auch unzerfiörbat; denn alle Vernunft ift ewig. Da
nun der Tod blos den Leib zerrüttet; fo ift dag Das
feyn des Geiftes auch nach der Auflöfung des Leibes
unzweifelhaft. — — Was aus dem allem ausgemacht
gewiß folge: Die Seele ift ungerfiörbar, if
fhon genug. Aus den folgenden Beweifen folgt auch,
daß er mit Bewußtſeyn und eigentl. Berfönlichkeit
fortwahren werde. |
2) So bald wir die erfie große Wahrbeit: es ift ein
Gott! annehmen, dürfen wir nur mit Aufmerkſamkeit
Gottes Eigenfchaften, befonderg feine Weisheit, Liebe
und Gerechtigf., und dann auch unfere Anlagen und
die gegenwärtige Verwickelung unfers Schickſals be-
trachten: fo muͤſſen wir fchließen: es folgte noch
ein anderes Leben, in welchem fi Gottes
Abfichten mit ung weiter aufflaren und wo
unfer Schiefal entfghieden feyn wird.
Gott ware nicht allweife, wenn er die Seele
im Tode des Leibes zu leben aufhören Tiefe. Iſt
Gott aliweife, fo muß alles feinen Zweck und feine
Beflimmung vollkommen erreichen. Keine Anlage muß
unentwickelt, Feine Kraft unverbraucht bleiben. Nichts,
ſelbſt der Fleinfte Grad von Kraft muß überflußig vor—
handen feyn. In der ganzen Natur ift dieß Geſetz
der Sparfamfeit augenfcheinlich. Gott gibt auch Feine
halb erreichten Zecke wieder auf. Noch mehr. Es
rühre die Weisheit her, woher fie wolle, genug, fie ift
in Allem, was ung umgibt, da; fie leuchtet aus Allem, -
was da ift, hervor, und iedes Merk, welches von M.
richt gemacht ift, trägt ihren Stempel. Vermoͤge die—
fer allenthalben aus der Natur hervorblichenden Weis»
heit finden wir bey Allem, was in der Natur vorgeht
.. | | u 407
Unfterblichfeie der Seele, (DBeweife für die — —)
und erfcheint, einen gewiffen Zweck, deffentwegen es
vorgeht und erfcheint, und allemal einen um fo viel
wichtisern und erhabenern Zweck, ie wichtiger bag
ift, was vorgeht und erfcheine. Hier nun bey dem
wichtigſten Borgange, bey menfchlichen SKraftanlagen,
die gar nicht, oder doch zum Theil nur ausgebildet
werden, oder bey menfchl. Kräften ſelbſt, Die eben fo,
entweder ‚gar nicht, oder Doch nur zum Theil ange
wendet werden, märe entweder gar fein Zweck, oder
doch nur ein folcher,. gegen den die aufgewendeten
Mittel ganz und gar nicht verhaͤltnißmaͤßig waͤren, ſo
daß ihr Uebermaaß die heilloſeſte Verſchwendung
wuͤrde, die ſich ein vernuͤnftiges Weſen nur denken
koͤnnte. Wir finden naͤmlich,
a) daß des M. Seele ſo geſchaffen iſt, daß fie ewig.
wachſen, immer mehr ihre herrlichen Anlagen,
womit ſie fuͤr die Ewigk. ausgeſtattet iſt, entwickeln
kann. Gott ertheilte dem M. Kräfte, welche durch
allmaͤhliche Uebung gebildet und erhöht werden koͤn—
nen, aber in einem höheren Maaß, als er hienieden
verbraucht. Er bat gar zu viel Anlagen und einen
voͤllig unentſchuldbaren Ueberfluß davon, wenn ſich
ſein Daſeyn mit dem Tode ſchließt. Hier werden dieſe
großen Anlagen nicht ſo benutzt, wie ſie benutzt wer—
den koͤnnen, ia unter mehrern Tanfenden benugt kaum
ein einziger eine gchorig davon und haf, um die uͤbri—
gen zu nußen, Feine Gelegenheit. Es bleiben Millios
nen folcher Anlagen blos in Keimen verborgen. Don
denfelben geht alfo eine fo ungeheure Menge verloren,
daß man nicht verbärgen Fann, ob auch wohl nur
der taufendfie Theil davon zur befrächtl. Ausbildung
gelange, und dann bleibt wieder eine unausſprechliche
Menge von wirklichen Kräften ohne die gehoͤrige An-
wendung, fie ift entweder gang umſonſt da, oder lei:
flet auch das, was fie leiſtet, nicht fo viel, daß es
auch nur. der Mühe werth gerechnet werden koͤnne,
daß fie da ſey. Wozu haͤtte Gott dem M. fo viele
Kr. gegeben, wenn er gewollt hätte, daß fie unentwif-
Felt, oder daß fie fo unvofffommen, als fie hier find,
bleiben follen! Sie bleiben bier unentseickelt und un⸗
vollfommen, die fieht man |
aa) am der Menge von Kindern, die fchon eher fterben,
408 | U. | —
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe fir die — —)
als fie das Tageslicht fahen, oder ehe fie die Welt
Fannten, deren Bewohner fie. waren, ober die, wenn fie
mit großen Schmerzen geboren worden find, entweder
einiaemal Othem holen u. dann fterben, oder doch nach
wenig Wochen, Monaten u. J., und zwar in der
günftigften Vorbereitung zu einem der M—heit wuͤr—
digen Leben flerben. Der dritte Sheil der I.
ſtirbt nach einer nicht übertriebenen Berechnung in
ben Jahren ber Kindheit. Wie viele finfen als Jung—
frauen und Sünglinge dahin! und unter diefen wie
viele edle, ſchoͤn gebildete Menfchenfeelen, vol von
großen Anlagen, werth eines längern Lebens. — werth
einer Emigkeie! Sind dieſe — falls die ©. fterblich
iſt — nicht unnüß geboren?! Gott follte fo erhabene
Geifter, dergleichen die Seelen der M. find, erfchaffen,
um fie wieder zu verderben? Fuͤr wen wurden fie ge⸗
boren, da fie ihr eigenes Leben gar nicht oder wenig
empfanden? nicht. für ihre Eltern, nicht für Gott, da,
fie ihren Urheber nicht Fannten? Wie kann Gott mit
dem Tode der M. gedient feyn? wie Fann er am fir
nem Gluͤcke, wie an dem Ruhm feiner Macht gewin—
nen, wenn feine linfe Hand wieder zerftört, was feine _
Nechte gemacht bat? Wenn nicht vernünftige Werfen
Gottes Werke erfennen und ihn preifen, wer ſoll's
dann thun? Jammert eg ung fehon, wenn ein voll:
blühender oder fchon reichlich zarte, noch unreife Früchte
tragender Obſtbaum ploßlich durch einen Sturmwind
aller Blüthen oder Früchte beraubt oder zerſplittert
wird. Und Gott — aller vernünftigen Weſen Urquell,
follte e8 nicht iammern, daß die Meifterft. feiner. Kunſt
im Tode ff.?! Denn dag find doch die menfchl. See—
len. Sie tragen Gottes Bild, oder koͤnnen durch
Aufkl. des Verf. u. Vervollk. des H. bdaffelbe immer
nichr erhalten, koͤnnten ihn ihren Urheber durch edle
Thaͤtigk. preifen, fonnten endl. zunehmen in Bolf. von
Stufe zu Stufe, immer an Weish. wie an Tugend,
an GSoträhnlichfeit und auch an Geligfeit wachfen.
Wird Gott die ausgeftreute Saat im Keimen vernich—
ten oder im Wachseh. verderben?! „Das Gehen
„wäre ia dann des Kommeng nicht werth,
„wenn fih im Grabe fein Morgen zum Er—
„wachen roͤthet. Er roͤthet fih gewiß und
U. 409
Unfterblichfeit der Seele, (Beweiſe für die — —)
in feinem Licht wird es belle, warum hier
„die Knoſpen der Menfchheit fo früh abfie-
„ten. Es iſt ein würdiger Gedanfe, zu glauben,
fie find nicht verloren, fondern Soft wollte die zarten
Pflaͤnzchen in ein befferes Fand verfeßen.. —
bb) Auch Erwachfene fommen bier nicht zur volligen
Entwickelung und Ausbild. ihrer Anlagen und
Kräfte Man denke fih auf einer Seite 4
e) dag Denfvermögen und die Erfenntniß-
träfte des M. Erreicht wohl ein einziger M. hie—
nieden die Stufe der Erk., welche er erreichen koͤnnte?
- Em M. kann Jahrhunderte alt feyn und von Zeit zu
+23. immerzu gelernt haben, er ift dann Doch nur wie
ein Sind gegen dag, was er noch werden fönute. Die
Schnaͤche unferer Kräfte, die wenige und Furze Zeit
u. die fparf. Gelegenh. machen e8 unmöglich, das
hoͤchſte Wachsth. in der Weish. u. f. w. zu erreichen.
Unfer Verſt. bedarf zu ſ. Vervollk. ein ewiges Leben,
I Kor. 13, 10, 12. *) — Auf der andern Geite
erkenne der mißbegierige und fleißige Forſcher fo vie—
les (der M. ift e8 allein auf Erden, der die Dinge
erkennt), er findet die Eigenfch. der Dinge, ihr Ver—
haͤltniß gegen einander, die Drdnung darin, er bewun—
dert die Uebereinftimmung dabei, ihn entzückt der Erde
Schönheit, er blickt ſtaunend gen Himmel, fleigt vom
Gefchöpf zum Schöpfer, eriinnt ihn, preift ihn, betet
ihn an, blickt in die Zuf., in die Vergangend., über:
fieye zum Th. die Gegenwart — und daß alles nur
für das ird. Leben? Iſt die E, nicht unfterblich,, fo
bringt die fo fehr muͤhſame Uebeng der Geiſteskr. zu
wenig Gewinn und die Urbeit if dagegen zu groß.
Zwar gewinnt der M. an Klugheit, Er lernt M.
fennen, und weiß beffer mit ihnen umjugehn. Er
ſieht richtiger die Befchaffenh. der Dinge und die Ur:
fache mancher Begebenheit, und bleise deshalb vor
manchem Schreefen, vor mancher Gefahr bewahrt. In
Entvdeefung vieler Schönheiten der Natur finder er
manche abwechfelnde Belnftigung. Die Beschäftigung
mit den Wiſſ. verfchafft angenehme Unterhaltung, die
.*) Die Kräfte der wilden Voͤlker bleiben num vollende
unentwickelt.
4ro | ..
Unfterblichkeit ver Seele, (Beweiſe für die — —)
| fo diele Andere entbehren müffen. Durch ſolche Vo r-
m x güge gewinnt man auch am aͤußerl. Slüf. Man
lerne fein Reben in mancher Abſicht beffer genießen ale
Andere, weil man die Mittel Fennt, wodurch einige
Uchel verhütet und manche Freuden herbeigefchaft
werden koͤnnen. Ban- erhält bei Fleiß u. Klugh.
Guter, Ehrenftelen u. ſ. w. Aber das ift dann atıch
alles, wag man gewinnen fann, Wenn Dir
Seele ff. Dieſer Gewinn iſt noch dazu ungewif: -
Unzaͤhlbare Hinderniffe Finnen dem Meifeften /m
Wege fiehen, die er burch alle ihm bewußte Half.
nicht forteäumen kann. Er erreicht alfo wohl nur
ein miftelmäßiges Gluͤck. Zumeilen ift fogar feine _
tage fo widrig, daß ihm ſ. Klugh. mehr zur Loft und
sur Vergrößerung feiner Noth zu dienen feheitf, in⸗
den: fie ihm Neid, Unterdruͤckung, Undanf bey denen,
die feine Ueberlegenheit fühlen, errege. Namumt men
aber auch an, daß e8 ihm nach Wunfche acht, dag er
ein bequemeres Leben, ein hinlängl. oder gar überfläf:
figes Dermögen, Beyfall, Ehre u. andere damit ver-
bundene Vortheile gewinnt: fo zieht ee fich doch ge-
wiß durch feine Arbeiten des Geiftes ober des Koͤr⸗
‚pers, durch Undorfichtigk., ſittl. Bergehungen u. f. w.
Herluft zu. Der Verfal der Leibesfräfte und Ge
ſundh. ift nach der Erf. eine der erftien Folgen großer
Geiftesanftrengung. Nur felten wohnen recht tief
fehende — arbeitfame Seelen im feften u. ſtarken Kor-
pern. Se thätiger dr Geift if, deſto fehmacher wird
der Leib. Wie hinillig, flech und kurz iſt nicht oft
dag Leben der großen Gelehrten. Diefer ſchon an
fich bedeutende — aus anhaltenden Geiftesarbeiten
entfichende Verlaſt, iſt noch lange nicht alles. Se
mehr die Seele aufgeflärt und geübt wird, deſto Me-
niger findet fie an den gewöhnlidhen Ergögun-
gen der Sinne Gefhmad. Was Andere bis
sum Entzuͤcken vergnuͤgt, iſt fuͤr ſie eine ſehr geringe
Luſt, die gewoͤhnlichen Zeitvertreibe werden ihr leicht
eckelhaft, allenthalben findet ſie Langeweile und Ueber—
druß. Kommen auch Stunden, wo ſie ſich ſelbſt ver—
gißt und mit einer gewiſſen vergnuͤgten Theilnahme
die gewohnt. ſinnl. Freuden genießen kann: fo merkt
fie doch bald das Leere, Unzureichen de in dieſer
U. nr 411
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe fuͤr die — —)
Beſchaͤftigung. Sie genießt dadurch Fein wirkl. Ver—
gnuͤgen. Auf der andern Seite empfindet ſie die Lei—
den dieſes Lebens Doppelt ſtark, entdeckt dag Uns
vollk. in dem menſchl. Gluͤcke und ſelbſt in den guͤn—
ſtigſten Vorfaͤllen weit leichter; findet alſo Anſtoͤße
und Zweifel, wo andre gemeine M. ihren Weg
ruhig fortgehn. Eben daraus entſtehn weiter fo viele
ſehnliche Wünfche nach einem vollfommmeren Glüc ;
oft auch wirfliche Unzufriedenheit, Ungeduld und Ue—
beröruß des Lebens. Die Welt wird ihr gleichfam zu
enge, fie findet Feine Genüge leiftende Sreude — fie
fucht etwas Größeres, eine neue Sphäre, wo fie mit
mehrerer Sreih. wirfen Ffann. Dechnet man nun Ges
winn und Verluſt von der vorzüglichen Hebung. der
Geifteskräfte richtig gegen einander, fo kann man nicht
entfcheiden, wo dag Uebergewicht ift. Genug,
"die Erdenwelt paßt für die geuͤbteſten Geifter, die in
f9 fern ihre Beſtimmung am richtigften erfüllen, am
weniaften. Denn |
£) unfer Geift Hat bey den Herrlihen Anlagen
zugleich einen unerfättlidhen Trieb, fie
noch immer herrlicher auszubilden und die—
fer Trieb nad Vollk. gleicht an Stärfe ſei—
nem Triebe nad Fortdauer. Der Geift ver:
lange und firebt immer vollfommner zu werden. Die
höheren geiſtigen Begierden find unendlich.
Gold, Silber, Ehrenfiellen, Wein, Liebe und andere
finnliche Ergößgungen koͤnnen fie ia nicht fättigen. Sie
müflen offenbar wie ale Kräfte eine Abficht haben.
Der Vogel it zum Stiegen beftimmt, weil er dazu
Merfzeuge Hat. Eben deshalb fliege er auch. Der
M. hat aber Begierden,. die theils in ihrer Art und
theils in ihrer Sättigung feinen Umfang finden. Un—
ſere Selbſtvervollkommnung ift offenbar Gottes Wille
Matth. 5, 48.). Er gab und dezu auch alle Mittel.
Uns WM. allein gab er fich ia näher zu erfennen. Er
entdeckte ung feine Vollkommenheiten in dem Spiegel
der Natur, und dadurch, daß wir Begriffe von einer
weit volfommmeren und, dauerhafteren Gludf. erbiel-
ten, reiste er unfer Verlangen nach Gluͤckſeligkeit. Die
Elemente der Koͤrperwelt dauren fort, aber fie Eönnen
nicht veredelt werden. Unſer Geift aber kann es und
412 | U. |
Unfterblichfeit der Seele, (Beweife fir die — —)
wird e8 durch feine ihm eigene Kraft. In der Koͤr—
permelt kommt alles zu einer gewiffen Bolf., deren
es fahig ift, und fängt dann, ohne jemals ganz uns
terzugehen, nach den Gefesen des Kreislaufg fein Da-
ſeyn von neuem an. Dur allein der Geift des M.
bleibt hier noch unvollender u. unvolfommen. Nech-
net der M. ale zufällige Zerfisrungen feineg Lebens
ab, ſtirbt er im hohen Alter, er ſtirbt allezeit zu früh.
Gott läßt ihn als eine unzeitige Geburt erben. Denn
alle Erf. — Lug. — u. alle Vollk. womit er flirt,
ift faum Anfang zu nennen. Er fühlt eg, daß er
in der Erfenntniß u. Eiche Gottes, in der Tug.
unendlich vollkommner werden "Innte, aber der Tod
laßt ibn nicht dahin fommen. Er muß wieder Nicht g
werden, da er kaum etwas zu feyn anfing. Ein Vor:
ſchmack von Wahrheiten und Vollk., unfer Vermoͤgen
und Verlangen, vollkommner gu werden und die Fleine
Erfenntnif von Gottes unendl. Weish., Liebe, Mack,
und Gluͤckſeligk. nugte ohne ienes Leben — nichts.
Gibt es Feine Unft., fo bat ung Gott ein Ziel augge-
fteckt, welches wir nicht erreichen Eönnen. Geine Bor-
fehung wäre Feine voollendende, weil für den M.
Feine Bollendung wäre. Man denfe fich einen
Kater, der fein Kind auf dag forgfältigfte erzoge, ibm
alle mögliche Kenntniſſe und Gefchieflichfeiten mitzus
£heilen fuchte, welche das Maaß der Kraft des Kin⸗
des nur faffen mag, der langfam u. mit vieler Mühe
an feiner Bildung arbeitete, den Eleinften Flecken ſei—
nes Herzens auszutilgen fuchte u. f. mw. und der end»
lich, wenn diefe Vorbereitung gang oder zum Theil
geendigt und das Kind nun gefchickt wäre, in bie
Welt einzutreten und die Früchte einer fo forgfältigen
Erziehung zu genießen — das Find toͤdtete. Muͤßte
nicht Gott ein folcher Water feyn, wenn er dag Leben
der M., welches nichts anders ift und ſeyn kann als -
Erziehung, mit dem Tode endigte? Welche Anftalten —
Korbereitungen, welchen meifen Gang eines Vaters,
der die Bildung und fteisende Vervollk. f. Kinder be>
abfichtet, fire man — und wozu? um fie nad) einis
ger Zeit zu vernichten? Rein. Wer an eine alles
vollendende Borfehung glaubt, muß auch an linfterb-
lichkeit der Seele glauben.
U. | 413
Unfterblichfeie der Seele, (Bemeife für die — —)
7) Beachtet man dag Empfindungsvermögen,
fo findet man, daß fein M. fo viele Sreuden genießt,
fo viele Selig. empfinden, als er zu genichen oder zu
empfinden fabig iff. |
) Unſer Herz ift einer ewigen Vervollk.
Durch Tugend fähig. Der M. hat eine An-
lage zur Sittlichkeit und zum pflihtmäßigen
Betragen. Des M. hoͤchſte Beſtimmung iſt, fih den
Einn: nur nach dem zu handeln, was er als Recht
und Pflicht erfennt, zu eigen zu machen. Der Gebil-
defe u. der Chrift, wenn er fih auch fein ganzes Le—
ben hindurch bemüht hat, ein Mufter der Tugend zu
feyn, bet doch gegen die Volllommenheiten, die er im
befieren Leben erlangen fann, nur einen Anfang ge
macht. Die Schwäche unferes Herzens, die ftarfen
Reize zur Sünde in und außer ung find aber tägliche
Perbinderungen, daß wir nicht einmal die Vollkom—
mendheiten in der Tugend erreichen, die wir beym eif-
rigſten Beftreben fihon in dieſem Leben erreichen koͤn—
nen. Der befte M. verläßt gewiß diefes 2. mit Un-
zufr. mit fich felbft, daß er eg nicht zu noch größerer
Vervollk. beſſer benugt habe, und mit dem Wunfche,
noch höher in derfelben zu fleigen. Der befte M.
bleibt bier faufend Schwächen und Fehltriften unter
mworfen. Der beſte M. bedarf alfo zur volligen Ent-
wicelung f. fittl. Kräfte und zum hoͤchſten Wachsth.,
deffen er in d. Zug. fähig ift, noch Unft. JJoh. 3, 2.
Hier rafft ihn der T. eher weg, che er einigermaßen
feine Kräfte durch allmähliche Uebung gebildet und
- erhöht hat. Sollte Gott diefe Kräfte mitten im Stre—
ben nach Ausbildung und nach der Anwend. d. geüb-
ten Kräfte ihn in Nichts zurücfallen laffen fönnen?
Das-ift unmöglich zu denken, wenn man den großen
Werth der Geele erwägt. Sollte Gott fein edelſtes —
ihm ähnlihftes — fein der mwachfenden bleibenden
Bol. fähigftes, fein darnach edelmüchig und raſtlos
firebendes Gefchöpf, in die lebloſen Elemente zurüd-
ftoßen, feiner Veredelung berauben, es an feiner fer:
nern Beredelung hindern wollen? Bein, diefe zweckloſe
dem M. gegebene Summe von Kräften fteht mit den
Begriffen von einem weifen Gott und dem, mas mir
Aehnliches in d. Natur fehen, im Widerfpruch. Un—
414 N. N
infterblichfeie der Seele, (Beweiſe für die — —)
möglich ift dieß eben die ganze Beſtimmung des Mens
fchen. E8 muß eine Zeit geben, wo iene Kräfte noch thäs
tig, wo des Menfchen Veredelung möglicher werden wird.
e) Man erwäge nur die Würde des M. und
feine großen Vorzüge. Der M. verdient Achtung.
Denn der DM. iſt es aflein auf Erden, der denft und
betrachtet, der an der Spike der übrigen Bewohner
fieht. Er ift Herr der Erde und der Gefihöpfe
auf derfelben. Er ift leßter Zweck der gangen Erdenmwelt.
Als folcher kann er nicht vernichtee werden, wenn er
auch durch tauſend Arten des Todeg gehen müßte. Die
übrigen Gefchöpfe find zwar auch zur Werberrlichung
ihres Schöpfers durch den Genuß ihres eigenen Le—
beng da, aber doch zugleich um des M. willen. Dies
fer kann fi) ihrer nach einer vernünftigen Willführ,
und fo weit es fein Vortheil erfordert, und es feine
übrigen Umftände verjtatten, bedienen. Sie erfüllen
alfo ihre Beſtimmung ſchon ietzt auf diefer Erde
Dom M. aber laßt fich nicht fagen, daß er
zum Nutzen anderer bier mit ibm verbund«-
nen Gefhöpfe von Gott gemacht fey. Er
lebt um fein feldft willen, zu feinem eignen
Glück und eben dadurch zur Verberrlichung Gottes.
Gott gab dem M. nicht allein das Noöthige, fondern-
auch das Angenehme im Ueberfluß. Er allein ift
Zwec, weil er allein anfchauen, fühlen, brauchen, ges
mießen fan. Der Mentch entreißt dag Erdreidy dem
Weltmeer, er macht e8 fruchtbar, verfchönert c8 und
fhafft 8 um. Duch ihn ſtoͤßt fich das drohende,
augtretende — die Felder uͤberſchwemmende Meer an
mächtige Damme, er unterwirft fich die Erde, reinigt
die Luft von den ſchaͤdl. Ausdünftungen fauler Waſ—
fer. — Wie follte ein fo erhabenes Wefen vergehen!
Ein Wefen, welches auf allen Seiten fo fehr v. d.
übrigen Erdgefchipfen ausgezeichnet iſt, muß es auch
im Tode ſeyn. Der Here der Erde am Ende felbft
Erde! Wie läßt es fi) glauben, daß eine fo vollige
Herrfihaft über alle Weſen außer ihm mit völliger
Niederlage feines Weſens fich endigen werde?! Gewiß
fchäge Gott die M—Seele mit der Thierfeele nicht
gleih. Wenn ein Gott iſt, fo wird er gewiß
die Wefen, die herrlichſten und heiligften
|
|
u. 415
Unfterblichfeit der Seele, (Beweiſe für die — —)
inder Schdpfung ewig erhalten. Ein Gott,
der fie vernichten fönnte, wäre fein Gort.
Gerade die fo großen — vielen Beweiſe von feiner
Güte, Die er ung vor allen andern Erdgefchöpfen ge—
ſchenkt hat, berechtigen ung, noch mehr, als wir in
diefem Leben genießen, von feiner Liebe zu hoffen. —
Kann ie die hoͤchſte Weisheit ihren Hauptzweck fahren
laſſen? kann Gott eine Gattung von Geiſtern zerfid-
ren, für welche er erft eine ganze Welt erbaute und
fo wundervoll einrichtete, daß fie dadurch zur Erf ſ.
herrl. Größe gelangen folen? Was wäre es dann,
daß fie ihn erkannt hätten? Alſo um Nichts willen
Hätte Gott eine Welt erbaut? Welch ein undenfbarer
Widerſpruch in Gott! eine wahre Läfterung der hoͤch—
fen Weish. Sahren aber Geifter, die ihn erfennen,
in diefer Erf, fort zu wachfen, dann If feine Weish.
gerechtfertigf. |
Kein anderes Iebendiges oder todtes Geſchoͤpf in
Gottes Welt, fo weit fie ung befannt find, gewinnt
durch unfern Untergang, e8 wäre denn, daß den Naubs
thieren unfer entfeelter Leib zur Beute zufiele, oder
daß der Acer Durch verwefende Reichen gedüngt würde.
Gen auch beydeg, fo entſteht doch diefer unbedeutende
Kusen allein durd die Verwefung unferes verfiorbe-
nen Leibes, nicht durch den Untergang Des den—
fenden Geiſtes. Was durch diefen gewonnen Were
den foll, laͤßt fich nicht augmitteln.
Man fann gar feinen Zweck ergründen, warum ung
Gott gerade fo werden ließ, um nach Vollendung un-
fers irdifchen Kaufs unfer Wefen zu vernichten und in
ein neues umzuſchaffen. Eine ganzlihe Umfchaffung
fißt eine vorhergehende Vernichtung voraus. Nun
läßt fi) aber von. Gottes Güte und Weish. nicht
denken, daß er Dinge hervorbringe, um fie bernach
gänzlich zu zernichten, etwa wie Kinder, nachdem fie
fih fatt beluftige Haben, hernach ihr Spielzeug zer-
brechen. | |
Vgl. über diefen Beweis n. a. d. Bibl. z7rr ©.
S. 420, Anh. 5. 1=:28 2. 2te Abth. ©. 208. —
3) Gott wäre nicht die Allliebe, falg er die Seele des
M. nit dem Tode deg Leibes ſterben ließe. Dffenbar
liebe ung Gott und er findet in dieſer Liebe feine Se-
LEE
416. oc |
Unfterblichfeit der Seele, Beweiſe fuͤr die — —)
ligkeit. Zwar gibt er uns in dieſem Leben ſo ſehr
viel Gutes, und Freuden ohne Zahl. Dieſe Freuden
muͤſſen wir allerdings ſchaͤtzen und in denſelben den
Grund zur innigſten Liebe und Dankbark. gegen Gott
finden. Aber was ſind ſie bey aller ihrer Menge und
Güte, wenn wir fie mit Gottes Macht u, Liebe ver:
‚gleichen! Als freie Gefchenfe find fie mehr, als wir
erwarten und fordern fonnen, aber als Yeußerungen
der Liebe eines Vaters find fir — zu wenig. Nur
dann kann der M. fih mit der Ghüdfeligk., die ihm
Gott bienieden gab, begnügen, und fie mie der unendl.
Liebe Gottes vereinigen, wenn er fie als Vorfhmad
volfommmerer Freuden betrachten darf. Denn was
ift e8, daß er, wenn er fruͤh aufgeffanden iſt, einiges
Getränk genießt, und Arbeit, die ihm Koͤrperſchwaͤche
und lindanf drücdend macht, verrichtet, zu Mittag
fpeift, feiner Gefundheit halben fi eine Stunde Be—
wegung macht, wieder arbeitet, wieder eine Abend»
mahlzeit halt und dann die Gefchichte des Tages mit
Schlafen endigt? Was iſt's, daß er, um zumeilen aus
diefer Eintönigfeit heraus zu £reten, einen halben oder
ganzen Tag an gefellfchaftl. Sreuden Theil nimmt,
‚und dann die Langeweile oder das Leere in feiner
Seele mit der Neue, einen halben Tag verfehwendet
zu haben, empfindet? Es iſt zwar wahr, durch den
Sortgang der Arbeiten, durch die dadurch erhaltenen
Vortheile, durch den dadurch geftifteten Nutzen, durch
dag erquickende Bewußtſeyn, einen Tag guf angewandt
zu haben, durch haͤusl. Freuden am Gatten — an
Gattin, Kindern, DBertrauten, Freunden 2c. hat der
M. manche frohe Stunde. Allein diefe reinen Freu—
den, die ihm Gott gibt, find doch Flein gegen die Fafs
ſungskraft feines Herzens. Maͤßig ift ihre Zahl; dur
die Menge der Sorgen, Verdruͤßlichkk., Eorperliche
Schwachheiten u. dgl. werden fie ‚werbittert und auf:
gewogen. Gewiß Gott befeligt uns hienieden nur un-
sollfommen. Hier ift alfo gewiß mehr Vorbereitung
als wirft. Genuß, und wir werden einft alle zu einer
vollfommnern Seligfeit gelangen.
Als der Allliebende will Gott, daß fo viel Leben auf
Erden fen, als moglich ift, und daß fo viele Geſchoͤpfe,
als möglich find, die Freuden des Daſeyns en
vollen.
u. 417
Anfterblichfeit der Seele, (Beweiſe für Die — —)
ſollen. Iſt diefes aber wohl dann erkennbar, wenn
‚er die Wirkfamfeit der Seele vernichtet?
+ Menn Gott feine M. liebt, und dabey undefchränft,
mächtig und weiſe if, fo muß feiner ſich über ihn bes
Hagen und fagen fonnen, daß er ihn vernachläßigt
babe, fo muß es feinen gereuen, ihm fein Dafegn zu
verdanfen. Nun gibt. e8 aber bier M., welche als
ganz Unglücliche aus diefer Welt zu gehen fcheinen.
Falls man auch annehmen kann, daß während ihres
- Iangiährigen Ungluͤcks ihre Empfindungen fo abge-
ſtumpft find, daß fie ihr Unglück faum halb empfin—
den, oder doch weniger, als es äußerlich fiheint: fo
ift doch ihr Leiden an ſich wahres Leiden. Man venfe
fich iene armen Tagelöhner, die ieven Tag bei ſchwe—
rer Arbeit verleben, von welcher fie nur Fümmerlich
mit ihren Kindern frocfnes Brod haben, die für ie
meiften finnlichen Freuden zu arm und für Sreuden
des Geiftes zu ungebildet find, Die alfo einformig,
faft chierifch ihre Tage verleben und oft noch durch)
häusl. Zwift, oder nachbarliche Bosheit, oder Bedrüf-
- fungen der Obrigf. manche bittre Stunden haben —
machen nicht diefe eine anfehnliche Zahl von Menfchen
aus, die fih in Vergleichung mit andern Menfchen,
die bey einer gluͤckl. Gemuͤthsſtimmung, einem leichten
Blut, einem arbeit » und forgenlofen Leben faft ieden
Tas, wo nicht im Freudengenuß, doch im Wohlbefin-
den zubringen, über Gott beflagen fönnten, daß er
leßtere ihnen vorgezogen babe, da fie doch aud) fo
gut feine Kinder waren als fie?. F
Wendet man auch dagegen ein, daß diefe Zahl der
Minderglüdflichen fen Recht hat, mehr zu for-
dern, daß Gott Macht bat, die Reichthuͤmer feineg
Segeng nach Belieben zu vertheilen, daß ieder M. zus:
frieden feyn muß, wenigſtens mehr Freuden alg Leis
den in der Welt genoffen zu haben u. f. w. fo fiebt
man doc nicht dadurch Gottes Weish. und Liebe ge—
rechtfertigt. Soll das immer fo bleiben? Wir dürfen
bey der Berechnung unferer Leiden und Freuden, fo
maͤßig bie legten und fo zahlreich die erſten waren,
nicht mit Gott rechten, fondern müffen mit Untermwer-
fung feinen Willen ehren und, erfenntlich gegen fo
ianchen frohen Augenblick unferg Lebens, unfer Da-
Ehriſil. Sl. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. od
418 N
Unjterblichfeit der Seele, (Beweife für die — —)
feyn in feine Hände ohne Murren zurückgeben. Allein
wer und was hindert ung zu glauben, daß. Gott nicht
- einft am Menſchen mehr thun werde?
Hier trifft uns mancher unheilbarer Schmerz. Wir
find dafür fühlbar gemacht. ° Unfere Empfindd. fon
nen wir Dagegen nicht abſtaͤhlen. Oft fieht der
M—verfiand fein Rettungsmittel für den gegenwärti>
gen Sammer, um ihn zu enden. Wie kann Goft wol
Ien, daß meir bier blog leiden folen? Wie Fann er
ung dazu blog fähig gemacht haben? Laͤßt es ſich
nicht hoffen, daß diefe Leiden felige Srüchte in der
Zufunft bringen werden?
Gibt es nicht eigentlich Ungluͤckliche? Wie —
wenn der arme Tageloͤhner krank wird, auf Stroh u.
auf demfelben ſich wund liegt! — Man denke fich
das Elend feiner verwildernden Kinder, die ihm feine
DHrodrinden zufammenbefteln, wie er mehrere fahre
auf diefim Sranfenlager ohne Erquidung und Troft
zubringt, wie er an iedem Morgen mit Geufzen den kom—
menden Tag erblickt und an iedem Abend ſich wuͤnſcht,
daß er nicht wieder erwachen möge. Dann toͤnt laut
die Wahrheit: Gott wird — Gott muß den Un⸗
glücklichen und Mitunglüclichen eine Zeit der Ver—
guͤtung aufbehalten Haben. Dieß M—leben ift blog
Erziehung und Vorbereitung. Dort werden fie für die
Leiden mie froher Glückf. entfchädiget *). — Vergl.
Wagnis Nel-Lehre in Beyfp. ar Th. ©. 223. 24.
4) Gott wäre nicht gerecht, wenn die Gecle
ſter blich wäre. Die Nothwendigkeit — zwifchen
Tugend und Glückf. eine Verbindung anzunehmen, die
doc gewiß im iener Welt ſtatt findet, weil man fie
in dem Erdenleb. vermißt, ift für die Vernunft ein-
leuchtend und für unfere Beruhigung erforderlich.
a) In diefem Leben bat der M. in feinem Herzen eine
unperdrängbare Sehnfucht nach Gluͤckſ., aber er kann
zu feiner ungefrübgen Glücf. Fommen. Noch nie hat
ein M. gelebt, welcher vollkommen zufrieden und glück-
lich gewefen, dem nichts zu wünfchen und 3 hoffen
*) Daher haben von ieher alle Leidende fo fe an Unſt.
geglaubt, Rom, 8, 18.
”
: U. | 419
Unfterblichfeie der Seele, (Beweiſe für die — —)
übrig geblieben wäre. Gibt e8 Feine Unft., fo weiß
ich nicht, wozu Gott diefe unverdrangbare Schnfucht
nach Gluͤckſ. in unfer Herz gepflanzt hat! Gott hat
offenbar diefe Gehnfucht nach Glüdf. in den M. ge-
legt, und er ſollte fie nicht erfüllen, der Dr. follte
nach) diefem Vorzuge dürften, und fein Durft follte
nicht geftillt werden? Ein guter Water pflege nicht bey
feinen Kindern Neigungen zu erwecken, die er nicht
befriedigen fann oder will, und wenn er fie erweckt
bat, fo will er fie auch erfüllen. Denn mit echt
müßte man den einen barten Vater nennen, der feis
nem Kinde etwas zeigte, um es lüftern zu machen, u.
der e8 ihm nachher nicht gäbe. Der M. bat dieſes
Merl. nach Glückf., meil er eine Vorausſicht in die
zukunft und eine Vorſtellung von ewiger Kortdaner
bat. Dieß DBerlangen wird um fo reger, ftärfer und
lebhafter, ie mehr der M. die Mangel u. Unvolf.
feines gegenwärtigen Zuft. fühlt. Auch dann, wann
er fich glückfelig fühle, wuͤnſcht er die mögliche Vers
längerung feiner Glückfeligfeit. Wäre e8 nıcht unge»
recht, dieß Derlangen dem M. mitgetbeilt zu haben,
falls es nimmermehr befriedigt werden konnte oder
folte? Es fordere alfo unfere Vernunft u. Empfind.
Sortdauer u. Glücf. Beides kann man vom Urheber
unfers Daſeyns, als dem meifeften, güt. u. ger. We—
fen, hoffen. Ein hochſtes Wefen als Urheber der uns
fer Verhalten betreffenden Worfchriften ift gar nicht
gedenfbar, wenn e8 nicht zugleich alg ein richtendeg
‚und vergeltendes Wefen und als Urheber des genaues
ſten Verhältniffes zwifchen Wohlfeyn und fittl. Würs
digkeit gedacht wird.
b) Als ver Allgerechte wird doch Gott nichts Gutes
unbelohnt, Fein Bofes ohne firafende Folgen laffen.
Es muß ein zuf. Leben ſeyn; denn hier ift zwischen
ſittl. Wuͤrdigkeit und Glücf. feine Uebereinſtimmung.
zu oft fehn wir's, daß vie Tugend bier unterdrückt
wird, wenn dag Laſter triumphirt. Wird die Tugend
immer belohnt? Erfähre das Laſter immer feine ſtra—
fenden Folgen? oder fagt uns die tägl. Erf. nicht ge=
trade das GegentH.? Pred. 3, 165 9, 14*. De
*) Vgl. Mendelfohns Phaͤdon/ 38 Geſpr. Carlsr. 8. S. 177.
— ODd 2
420 U, | ;
Unfterblichkeie der Seele, (Beweife für die — —)
Tugendhafte ift oft der Unglüclichere, wenn ber La—
fterhafte der Gluclichere if. Zwar iſt es die groͤßte
Klugheit, uns Gott im Guten zu veraͤhnlichen. Die
Tugend iſt nie eine falſche Münze, nie ein todtes Ca—
pital. Sie iſt — ſie macht liebenswuͤrdig, ſie gibt
ein gutes Gewiſſen. Aber das iſt oft auch alles,
was ſie einaͤrndten laͤßt. Gaͤbe ſie aber auch alle
Gluͤckſ. der ‚ganzen Erde, — den Gewinn einer ganzen
Welt, fo wäre der Sohn gegen die Aufopferungen, welche
fämpfende ernflliche Tug. in gewiſſen Fällen zu wagen
bat, dennoch zu geringe. FIRE ſteht vieler Menfchen
zeitliches Glüc mit Nel_ u. Tug. in gar feinem rich—
tigen Verhaͤltniß. Der zb und Prlichtvergeßne lebt
oft im Ueberfl. und. bleibt von befondern Ungluͤcks—
fällen und Befüummerniffen frey, da hingegen der Tu—
gendhafte darbet, mit vielen Leiden bis zu f. Tode
Falupg und zumeilen um feiner Wahrheitsliebe u.
Tugend willen gedruͤckt und verfolgt wird. Iſt das
auch nicht, ſo ſtirbt doch oft der Fromme mitten in
feinen bluͤhendſten Jahren, im Lauf feiner Toblichften
Unternehmungen, nachdem er erft aus eigenem Scha⸗
den Klugheit gelernt hatte, und nun als ein fehr
fruchtbarer Baum die beften reifften Srüchte verfprach.
Er flirbt, und wird, — ift feine Seele nicht unſterb—
lich, mit allen ſ. guten Erff., mit ſ. muͤhevoll erwor—
benen Kenntniſſen und Fertigkk. ein Raub des Todes
und der Verweſung. |
Gott ift ſelbſt hoͤchſt fittlich gut, und er follte die-
ienigen nicht lieben, die immer gern fittlich beſſer und
vollfommmer werden wollen? Er, der mit der großten
Weish. und Gerechtigf. feine Gaben unter alle übris
ge Gefchöpfe diefes Erdbodens austheilt, fo daß für
die Beduͤrfniſſe eines ieden geſorgt iſt — ſollte gegen
feine vernünftigen Geſchoͤpfe weniger gerecht u.
gätig verfahren, feinen Unterfchied machen unter
denen, welche Gott lieben, und denen, welche ihn nicht
als ihren Schöpfer erkennen und ehren? Wir M. als
Eltern retteten fo gern, wenn wir Eonnten, unſer
en wenn's franf und elend im Falten Todesfchweiß
da liegt, Flößten ihm gern neue Lebenskraft, um es
dem Tode zu entreißen, ein, viefen es — wenn e8
fchon gefforben ift, fo gern in’8 Leben zurück, ſcheuch—
U. 421
Unſterblichkeit der — Beweiſe fü die — —)
ten fo gern auf ewig weg den fchrecklichen Tod, der
es uns abermals rauben fonnte Was iſt aber unſere
muͤtterl. oder vaͤterliche, auch noch ſo zaͤrtliche Liebe
gegen Gottes alles uͤbertreffendes Erbarmen, da er
Vater aller Väter und Mütter und Urquell der Liebe
iſt! Wie koͤnnte alfo Gott ung fterben laffen, da er
ung retten fann! Wie fonnte er in uns den Lebens—
feim vertilgen, wie ung vollig und auf ewig vernich—
ten, da eg ihm nicht an Macht fehlt, dieſen Beift,
welcher den flerbl. Leib „bereit, vorm Tode zu fichern!
Eltern, wenn fie zwey Sinder haben, wovon eing ihnen
willig folgt und fie zärtlich liebt, das andere aber
gegen fie gleichgälig, rucifch und mwiderfpenflig iſt —
werden fie nicht das erftere zärtlicher lieben? Würden
fie nicht unrecht handeln, wenn fie beiden gleiche Bes
weiſe der Liebe und des Wohlgefalleng geben wolten ?
Herden fie nicht im Stande feyn, den Gehorfam deg
einen fhazig zu beiohnen? werden fie nicht wenigfteng
alles verfuchen, was ıhnen moͤglich ift, ihm ihre herzl.
Liebe zu zeigen? — Um Gott haben wir freilich keine
Verdienſte, wegen welcher wir nach ſtrengem Rechte
— fordern fonnten, aber wohl Kindes—
rechte haben wir, fo bald wir ibn aus allen Kraͤf⸗
ten lieben und ehren. Von ihm als Vater koͤnnen
wir doch Beweiſe feiner liebevollen Geſinnung und f.
goͤttl. Wohlgefallens hoffen. Hier auf Erden iſt die
Vergeltung auf eine vollkommnere Art, als fie wirk—
lich geſchieht, unmöglich. - Über deswegen ift fie für
immer nicht unmöglich. Eher — fo wahr Gott —
Gott if, muß diefe Welt zu Grunde-gehn und aus
ihren Trümmern eine neue von Gott gebaut werden,
eine neue, in welcher Unft. wohnen und mo icder Red—
- liche 2c. den Lohn f. Tug. einärndten wird, ehe man
e8 von ihm alauben fann, daß er ungerecht han—
dein, das Gute vom ofen nicht unterfcheiden und
den M. blos für das Furze irdiſche Leben beſtimmt
ſeyn laſſen koͤnne
Vgl. Ockeles Palingenefie, ©. 173: 175; Spal⸗
ding's Beſtimm. des M. ©. 54. 55.
Segen das, was mad nm. a, d. Bibl. 2r Anh. ©. 209. 10.,
: Ehhmisre. Lehrb. d. Dogm. ©. 302 f. u. a. a. DJ gegen
diefen Beweis zu erinnern ift, zeigt Keimar a. a. D ©.
\
AR
422 U.
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe für die — —)
817, daß, da die menſchl. Zug, ſehr unvollk. iſt, fie dem M.
auf E. Eein für fich ſelbſt binreich. völliges Selbſtgefallen, oder
eine ungeftörte Gemuͤthsruhe im Ungluͤck (weshalb fie geuͤbt
werden fol) gewähren Fonne, „Das Gute muß man thun,
weil es Pflicht iſt.“ Wahr — aber wesh. ift es Pfliht? Die
Untw., weil es ven M. vollkommen macht, genäget nicht, in⸗
dem es nicht der Mühe veriohnt, füws Erdenleben ficchen
volle zu werden. Kann und wird Gott den M., der fich zu
vervollkommnen ſuchte, vernichten? Zertritt der Landmann vie
keimende oder gefeimte Ausfaat? Freilich Eann Gott nad f.
Macht und als Urheb. der Seele allein fe zerfidren. Aber ev
wird es nicht wollen. Ihn kann das, was er gemacht bat,
nit gereuen, Was |. Weish, baute, kann und will er nicht
niederreißen, *
5) Jeder M. bat eine innerliche Empfindung
von ünfterblichfeit und eine wahre Sehn—
fuhtnac derfelben. Das Gefühl unſeres
Herzens und unfer Verlangen fpricht laut
für unfere Unfterblichfeit, Nom. 8, 22. 22.
So wie wir ung überhaupt das Nichts nicht denken
fönnen, fo wird e8 ung insbefondere, wo nicht uns
möglich, doch überaus fchwer, ung. unfere voͤllige
Vernichtung vorzuftelen, oder ung fo zu denfen, als
ob wir an demienigen, was nach unferm Tode feyn,
und insbeſ. mit unferm Leibe vorgehn werde, gar Fei-
nen Antheil mehr nehmen follten. Mit der natürl.
»Furcht vor dem Tode ift ein Abſcheu und Graufen
voor dem Nichtfeyn verbunden, woraus fowohl dag
Kerlangen, nach dem Tode fortzuleben, ald auch eine
Ahnung, daß man den Tod überleben werde, entftcht.
Noch mehr — der M. ift nicht blos fähig, fich Die
- Zeit nach dem Tode des Leibes vorzuffellen, und er
wuͤnſcht fich nicht blog überhaupt gluͤcklich zu feyn,
fondern er wuͤnſcht fich und verlange auch in
der Zufunft (nicht blos fuͤr dieſen Augenblick) glück»
lich zu feyn und daß diefes Glück nicht aufhören möge.
Dieß ift ein vom Schöpfer in ung gelegter
Trieb. Wäre alfo die Seele fterblih, fo hätte er
in den M. einen Trieb gelegt, der nimmer erfuͤllt
würde, welches er nie, auch felbft bey Feinem einzigen
unvernünftigen Geſchoͤpfe gethan hat, noch thun—
Fann. Vgl. oben A. 3. ©. 401+403. Vgl. R. Ey»
lert's Detrachtungen bey der Trennung v. d. Unftis
U. .425
Unfterblichfeit der Seele, Beweiſe fuͤr die — —)
gen, Hamb. 1803. 8. Nr. S 185-210 u. Nr.
VOL ©. 211ı- 236 „üb. d. Verlangen und Gefuͤhl
unſeres Herz ens, das ſo laut fuͤr unſ. Unſt. ſpricht“
über Nom. 8, 22. 23, am ın u. fen Dfkert, (ſehr
gut ausgef.) -
6) Der Menfd BSH, feiner Froͤmmigkeit
und Zugend wegen des Gl. an U. Man be—
darf einer Sache, deren man nicht entbehren kann,
wenn man nicht auf irgend eine Art unſern Zuſtand
verſchlechtert ſehen, uns zuruͤckgeſetzt, oder unſere Voll—
kommenheit vermindert, und uns vom Genuß derfelben
mehr oder weniger verdrängt fühlen wil. Der M.
bebarf des Sl. an U., beißt, er Fann deffelden nicht
entbehren, ohne daß dadurch feine eigene Zugend, fein
Feſthalten an ihr und an Gott, eine mächtige Stüße
und er im Herzen son feiner Kraft zu handeln und
zu hoffen unendlich viel verlieren follte. a) Nu iſt die
unwandelbarſte feftefte Stuͤtze der Sittlichk. der
vollſtaͤndigſte, unentbehrlichſte und wi irkſamſte Veweg—
grund fuͤr dieſelbe. Ohne U. fehlt der Tug. aller
Glanz, die ſie in unſern Augen goͤttlich macht. Faͤllt
der Gl. an U. d. S. weg, ſo haben die M. zum Gu—
ten, welches nicht belohnt wird, keinen hinlaͤnglichen
Antrieb mehr und vom Boͤſen, welches nicht beſtraft
wird, keinen Abhalt mehr. Dann ift die Rel. eitel m.
vergeblih, dann ift eg Thorheit fittlich zu leben und
feinen Begierden Feſſeln anzulegen. Ohne Unſt. ſinkt
der Muth zur Tugend hin. Entweder iſt Gott nicht
heilig, oder man muß glauben, daß er keine Tug. for—
dere und ihr keinen einzigen aushaltenden Beweg—
grund, die einzig hinreichende Kraft verfügt habe, oder
ff. Wie laͤßt fih, wenn man an Gott glaubt, ienes
bezweifeln? Wer fann von feiner Güte überzeugt feyn
und nicht glauben, daß er die Gluͤckſ. der M. wolle?
Wie und wodurch Fann er dieß anders wollen alg
duch Tugend? Zur Tug. gibt eg feinen — aud für
den Einfältigen wirffamern. Antrieb als bie ler
ber Geele und die fortwirkenden Folgen des Gute
„Sind wir hieher geſetzt, wie das Thier Nahrung —
„lachen und dann zu ſterben: fo wird es in wenigen
„Tagen gleich viel ſeyn, ob ich eine Zierde oder Schan-
„de der Saqnſuns (der Erdwelt) geweſen, ob ich mich
424 8
Unfterblichfeit der Seele, (Beweife für die — —)
„bemuͤhet, die zahl der Slückfeligen oder der Elenden
‚zu vermehren, fo hat der verworfenfte Sterbliche ſo—
„gar die Macht, fich der Herrfchaft Gottes zu ent-
ziehen und ein Dolch, Fann das Band auflöfen, wel⸗
„ches den M. mit Gott verbindet“ *%). — Zur ge—
woͤhnlichen Tugend kann fih der M. zwar ohne
dieſen Glauben entſchließen, ſo wie wir auch in der
Tug. keine Lohndiener ſeyn dürfen **), aber zur Tu—
‚gend, die den verwöhnten M. zum Kampf auffor-
dert, die für’ Furzficheige Auge folgenlos und zu⸗
weilen gar ſchaͤdlich zu ſeyn ſcheint, die unter Ders
folgung, Widerftand, Leiden 2c. feufzt und-unter 8.
ſtirbt, fann man die Aufheiterung, die ber Glaube
‚an Gott als Vergelter und an Erfaß gibt, gar nicht
. entbehren. aa) Es ift fchwer, beym Undanf der
Welt, oder bey der vorfegl. Widerfeglichkeit d. M.
wider das Gute ihren mit gleichbleibendem Eifer an»
haltend nüßlich zu bleiben. Folgt man ung gar nicht,
verkennt man unfere DBerdienfte, verachteer man Be—
rufstreue, fo wird man leicht derdroffen. Nur der
Glaube an Matth. 6, 4 62te 9.) erhält ung in der
Pflicht freu, und bey ben. arbeiten wir mit willigem
Herzen fort. bb) Sm Drude, beym Mangel
gewiſſenhaft und ehrlich zu bleiben, die vielen Gele—
genheiten, durch verbotene Mittel fich zu helfen, den»
noch nicht su benugen, ift eine fo fihwere Berfuchung
für 2c., daß nur der Gedanfer „es bringt Verantwor⸗
fung nad) dem Tode,“ dagegen ſchuͤtzt. cc) Sn fih mw e-
ren — lange anhaltenden Leiden ift eg ſchwer,
fie mit Ged., Zufr. u. Unterm. unter Goft zu ertras
gen. Unft. ift dann die einzige Stüße. Bei fo vielen
Kämpfen und Befümmerniffen fann der M. diefes Gl.
. nicht entbehren. Wer lebenslang an f. gebrechl. Koͤr⸗
per Schmerzen leider, oder durch ploͤtzl. Ungl. voͤllig
aus ſ. Wohlſtande in Duͤrftigk. verſetzt worden iſt, oder
wenn Eltern durch den Tod nicht eines Kindes, ſondern
mehrerer an einem Tage, wenn Freunde durch den Tod
— EEE ET
*) Moſes Mendelſohn's Phaͤdon, 2tes Geſpraͤch,
S. 178, nach d. Nadhdr. ©. 90.
*x) ©, Jeruſalems Betrachtt. I, VIſte Betr. ©, 195 f.
EUR... 425
Unfterblichkeit der Seele, (Beweife für die — —)
ihres Lieblings einen unerſetzlichen Verluſt erleiden, ſo
vermag ohne den GI. an Unit. nichts fie aufzurichten ze.
Denn der Leichtfinn fann das Gefühl der Feiden nicht
abftumpfen und ficy ohne Unruhe vom Strome ber
Nothwendigkeit fortreißen laſſen. Wie fehr menige
find eg, die feiner Hoffnung bedürfen, um zufrieden
zu ſeyn, die e8 für einen Troft halten, fich unter die
graufame Allgewalt des unvermeidl. Taunigten Schick:
fals zu beugen, ohne weitere Gicherh. zu erwarten.
Sie haben nur Fuͤhlloſigkeit zum Schein und wollen
ſich auszeichnen, und hi äußerli ch ihren Un-
muth. Beftürmt von Sorgen und Kummer, gebeugt
durch die Trennung von Freunden, hinwankend zum
Alter, zum Grabe — waͤre der Blick in den ſchauer⸗
vollen Abgrund der Vernichtung fuͤrchterlich. Im
Drucke der Leiden keinen Stab zu haben, iſt ſchreck—
lich. Alſo ff. Wie viele andere Pflichten ſind ohne Gl.
an Unſt. unmoͤglich zu üben! Denn die Tugend um
ihrer felbft willen zu üben, ift nichts. Um der
Ehre oder des Nachruhmg willen ift e8 auch nicht
der Mühe werth tugendhaft zu feyn; denn die M.
denfen zu zmweidentig von Ehre und Glüf. Was ift
der Nachruhm, wenn der Tod ung vernichtet ?! —
Deshalb bedurfte Paulus I Kor. 15, 19 dieſes Glau⸗
bens, fo wie alle Apoſtel und damalige Chriſten, da
fie um des Bekenntniſſes der Lehre Jeſu willen ſo viel
litten. Sie litten für die Wahrh. u. Pflicht, Spott,
Gefangenfchaft, Stäupung, Verweifung und den Tod.
Fruͤh predigte ihnen Jeſus diefe Wahrh. ein, der fie
hernach eingedenf waren, Matth. 5, 10-12; 19, 29;
Mom. 8, 18; II for. 4, 17. 18. Auch den nach d.
Zeiten d. Up. lebenden Ehriften, welche die Wirffam-
feit dies SI. an Unſt. felbft erfahren hatten, war
diefer Glaube fo theuer, daß fie das Dfterfeft zur Er-
innerung an Unſt. anoröneten, da noch fein anderes
Feſt gefeiert wurde. Sie nannten e8 das Feſt der
Unfterblichfeit.
„Aeußere und innere Berfuchungen sum DBofen,
„Lockungen, Drohungen erſchweren und gefährden
„noch ießt unfer Sefthalten an Zug. u. Rel. Unſer
„Gl. an Pflicht und an Gott, als Dergelter des
„Guten, Nächer des Boͤſen wird oft durch manche
426 — U. ——
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe für die — —)
„Ereigniſſe, welche Gott als gleichgültig gegen Recht
„hund Unrecht, gegen Edelmuth und Niedertr. — ia
„als einen Beforderer des Boͤſen und Unger. dar—
„zuſtellen ſcheinen, maͤchtig erſchuͤttert. Dann loͤßt
„der Gl. an Unſt. das Dunkle der goͤttl.
„Regierung. — In Chriſten kann das Bewußtſ.
„ihre Pflicht erfuͤllt zu haben, geſchwaͤcht oder ver—
„dunkelt, oder es kann ihnen durch Krankheit u. ſ. w.
„auf eine Zeitlang geraubt werden, dann bedürfen
— „ſie des GI. an Unft. Fordert die Erfüllung unſe—
rer Pflichten Verläugnung, fo. fühlen wir ein an—
„deres Geſetz in ff. Nom. 7, 23. Die Pflicht kommt
„ins Gedränge mit der Leidenfchaft. Der M. ift
„Runlih und ſchwach. Furcht u. Hoffnung beberrs
„ſchen ihn. Dann ift die Unfterbl. ein mächtiger
„Sporn und.eine kraftvolle Aufmunterung, fich der
„Hoffnung derfelben zu verteöften‘ *).
Immer hielten fich alle, denen ihre Bflicht wichtig
war, fe an diefen Glauben. Sie fanden in demfel-
ben Reiz und Kraft zum Gufen und Aufmunterung,
wenn fie ermüden wollten. Jeſus felbft ftärkte fich
oft dadurch, befonders in f. Iesten Leiden, Joh. 17,
4.5. Er fab auf feine Belohnung, alfo auf Unft.,
dieß war fein leßter Troft.
Nas ift die Tugend, welche fich nur auf den Eigen
nuß des gegenwärtigen Augenblids gründet? Dann,
wie oft werden gute Abfichten vereitelt? Iſt mit dies
fem Leben alles aus, fo ift eigene Behaglichfeit des
Kluͤgſten lester Zwei, fo ift Eigennuß, Wohlleben u.
der Genuß aller Sinnlichkeit ein erlaubdfes Zıel, Dann
fanı man, um obrigkeitl. Strafen zu entgehen, auf
eine feine Art lafterhaft fenn. Dann binge man von
Gott gar nicht ab. - Dann Fünnte man fich durch
Selbftmord von jeder richterlichen Gewalt, ſelbſt von
der göttlichen auf ewig. unabhängig machen. Gott
wäre für ung nicht allmadhtig. Man Fönnte unge-
firaft feiner Macht frogen. Wer wird Gott gehor-
chen, wenn man ihm entachen Fann? Hoͤchſtens wird
man ihm, dem Urheber unfers Lebens, fo gehorchen,
*) Tellers Mag. 7. B. 1. Sf. Rt, 28. ©, 214:219,
u. 427
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe für die — —)
wie mancher Sohn ſeinem Vater, deſſen Huͤlfe er nicht
mehr braucht. Nur dann ſehn wir ung unſerm Schoͤ-—
pfer zum unumfchränften Gehorfam verpflichtef, wenn
uns der Tod nicht aus feinem Gebiete tragen und
nicht Berge vor f. Strafen fchügen koͤnnen. Wäre
aber die Seele fterblich, fo bedeckte ung des Grabes
Hügel vor Gottes Macht. | .
Lebe nicht bier der M. um fugendhaft zu ſeyn?
Sollte ung Gott wohl in die Welt fegen, um die An—
fangsgründe der Tug. zu erlernen und weiter nichts?
Dopulärer ift diefer Beweis fo vorzutragen:
Unſer in uns unauslofchlich Tiegendes Verlangen,
glücklich zu werden u. reine Freuden ungefidrt zu genieſ—
fen, fönnen wir auf feinem andern Wege erlangen, als
‚auf dem Wege der Tugend, d. b. wenn wir den HELL
Norfchriften der Bern. u. d. Offenb. Folge leiſten u.
fo Heilig — fo vollk. werden, als möslih if. Die
Vernunft, welche uns diefes gebietet, ſagt eg uns
auch, daß nach den Graden unferer fittl. Güte auch
unfere Glückf. ſteigen müffe, und daß wir alfo den
höchften Grad ver erfteren zu erreichen fuchen muͤſſen,
wenn wie die hoͤchſt moͤgl. Stufe der legtern erreichen
wollen. Die Erfahrung lehrt ung aber dag Gegen—
theil, daß nämlich beide hier nicht in einem uͤbereinſtim—
menden, fondern oft in einem fehr unuͤbereinſtimmenden
Berhältniffe ftehen, da zur vollkommnen Gluͤckſ. noth—
wendig die Uebereinft. des Aeußeren mit dem inneren
gehoͤret. Nun bat aber unfere Zug. Feine Stüße u.
unfere fittliche Vervollkommnung feinen Antrieb u. Feine
Ermunt., wenn Fein höchfies Wefen ift, welches auf
ung achtet, wenn wir den fiftl. Borfchriften folgen,
welche uns durch unfere Bernunft gebieten, und wenn
fein Lebenszuſtand ift, in welchem wir die. vollkommenſte
Harmonie unferer Gluͤckſ. zu unferer fittl. Güte ers
warten dürfen. Folglich muͤſſen wir dag Dafeyn Got—
tes und die Uinfterbl. d. Seele annehmen, da e8 ein
nothw. Bedürfniß zu unferer fittlihen Vervollkomm—
nung iſt, die ung die Vern. gebieter. _ |
vs Bsk Witting?s Handb. ır B. ır Ch. © go:
42: „Ölaube an Unſterbl. ift das Beduͤrfniß unferer
Seele; Wolfs Ausz. ang ſ. Predd. 3r Jahrg. ©.
428 Ä U. |
Unfterblichkeie der Seele, (Bemeife für die — —)
‚65-63: „über den Werth d. Hoffnung e. kuͤnftigen
Lebens für die Tug.“ am ıften Oſtert. üb. das Ev;
Predigten von Chph. Joh. Rud Chriftiani,
ab. u. 893. 1795. Pr. 6: „der Glaube an die Unft.
d. Seele ein gr. Beduͤrfniß für unſern Verſt. u. für
unſer Herz“ am 2fen Dftert.; NR. Eplere’8 angef.
Betrachtt. bey d. Trenn. v. d Unfrigen. 1903. ©.
105 -1eoı wi
b) Sp manche Begebenh., Veränderungen und
Schickſale fioßen ung in d. Welt auf, deren Ur-
fachen wir fo wenig alg ihre Folgen erra>
then Fonnen. Einiges ſehen wir nachber ein, dag
meifte bleibt uns dunfel und andere unzähliche Vor—
fälle fehen und hören wir wohl, “aber wir begreifen
davon nichts. Andere Wefen follten die Kolgen fol-
cher Veraͤndd. und Vorfälle einmal erfahren und wir
nicht? wären wir nicht dann unnäße Zeugen und Zu«
ſchauer derfelben? —
c) Ohne GI. an Unſt. d. ©. haͤtte der M. durch—
aus keinen Troſt gegen das groͤßte aller Uebel,
gegen den Tod, und er muͤßte ohne dieſe Hoffnung
verzweifeln. Da nun fuͤr ihn in allen Uebeln Troſt
da iſt, ſo muß auch fuͤr ihn Troſt in Anſehung des
alfergrößten Lebelg da feyn *). Deshalb, weil wir
dieſes Glaubens bedürfen, ift diefer Glaube wahr, und
wir werden dem, der ung diefen GL. anpreift, unfern
Beyfall geben, f. Teller’8 Mag. 7r B ı ©t.
a EB ER | u!
Bey diefem Beweiſe liegt der Schluß zum Grunde:
was unfern Tugendfinn befeftigt und erhöht, mie es
diefer Glaube thut, dag bin ic) verpflichtet zu glauben.
Auch aus dem allgemeinen Dentvermögen
läßt fich die Unſt. folgern, namlich: wag wir denfen,
wovon wir ung erfreuliche Borftelungen machen koͤn—
nen, fo daß es ung ein Antrieb zum Guten wird,
ung Kraft zur Tug. und Troft in Leiden gibt: dag
follen wir denfen, oder wir verfündiger ung an ung
*) © M. Mendelfohns Phadon, 3tes Gefpr. nah d.
ladhdr. ©. 91. 92: „bie bittere Erinnerung ded Todes
muß alle unfere Freuden vergalen — — Staub — Mo:
der und Verweſung;“ N. Eplert a. a. O. ©, 179 fi.
J U. | 429
Unfterblicheie der Seele, (Bemeife für die — —)
ſelbſt, wie an dem ewigweifen Urheber unfers Dafeyns
und Lebens. Nun fonnen wir in die nahe, ferne und
fernſte Zufunft nad) dieſem Leben uns Hinein denfen,
wir fonnen ung angenehme Bilder. davon machen und
finden ung dadurch über allen irdi ſchen Tand erho—
ben, bey kleinen und groͤßern Leiden geſtaͤrkt, zu allen
unſern Pflichten aufgelegter: wir ſollen ung alſo die
Fortdauer dieſes unſers gegenwaͤrtigen Seyns nach
unferer Trennung bon dem, was ung in dem für ietzt
Sichtbaren. umgibt, denfen; wir follen fie glauben
und hoffen.
Dal. Sr. Raifer’g Predigten uͤber die wichtigſten
Glaubenslehren, Zeiz 1801. Nr. 4: „der Glaube an
die Unſterblichkeit iſt nothwendig. |
7) Wäre die Seele fterblich, fo tft zwifchen dem Ver—
langen des M. zu leben, feiner Kebensliebe und feiner
natürlichen Surcht vor dem Tode und der Pflicht,
auch die geringite Todesgefahr ‚zu fliehen, (welches um
fo dringender und gerechter wäre, ie mehr man dieß
‚gegenwärtige £eben, wenn fein andereszu erwarten ſteht,
als fein einziges und höchftes Gut zu ſchaͤtzen hätte)
und zwifchen der fittlichen Berpflichtung, dem Naͤch—
ſten euch mit feinem Schaden, felbft mit der Aufopfe-
rung feiner felbft, mit Gefahr feines eigenen zeitlichen
Lebens zu dienen, ia felbft zmifchen dem Hecht der
— uͤber Leben und Tod ein Widerſpruch *).
der:
Odhne Unſt. d. Seele muß der M. ſein zeitl. Leben
als fein hoͤchſtes Gurt betrachten, und es waͤre die
groͤßte Thorheit, fein Leben für die Pflicht, 5. B. für
das Baterland, aufzuopfern. Selbſt der Miſ⸗
ſethaͤter kann dann nicht verpflichtet werden, den Tod
zu leiden; er muß fich vertheidigen fo lange er kann,
- um dag Kiebfie, was er hat, zu retten. Nun aber
laͤßt fid. diefes ohne Unvernunfe nicht Aaapen; es
iſt * eine Unſterblichkeit.
Dich: Beweis von M. Mendelsfohbn — if ini.
Phaͤdon, 3tes Geſpraͤch, Carlsruhe 8. ©. 166:170:
„Was iſt dieſes Leben — — was kann ungereimter ſeyn,“
vortrefflich ae
430 u, et
Unfterblichkeie der Seele, (Beweife für die — —)
Diefer Beweis ift mit dem folgenden moralifchen Beweis
"won Kant, Fichte, Jakob) deshalb nahe verwandt, weil
derfeibe auf ver Behauptung beruht, daß ohne U. Eeine Zus
gend, Feine Aufopferung, Fein Gehorfam gegen die Obrigkeit
ſtatt finde. | —
8) In der Verbindlichkeit zur Befolgung
der Sittenvorſchriften und der Pflicht
liegt ein wichtiger Ueberzeugungsgrund
von der Gewißheit d. Unf. d. Seele Die
GSittlichfeit oder fittl. DBerpflichtung zur Tugend
und Vollk., in fo fern folche die unumgangliche Bes
dingung zw unferer Gluͤckſ. ift, fordert die Unft.
Dieſer Beweis ift dreyfach, oder er laͤßt fich unter
folgenden Abänderungen führen. | |
a) Unfer Gewiſſen fordert von ung, uns ernftlich zu be—
mühen, tugendhaft zu feyn und nie aufhoren zu wollen,
e8 zu feyn, und unfer Entfchluß zur Tugend und uns
fere Tugenduͤbung fol nicht wanfen. Unſer Gewiffen
treibt ung zu dem, was Recht und Pflicht ifl. Die
acht defielben ift fo groß, daß ihr Faum der M. zu
yiderfichen vermag. Es weiſet ung bey allen unfern
Handlungen auf ein fittliches Mufter zur Nachahmung
hin, und fordert unbedingten Gehorfam felbft oft mit
Hingabe und Aufopferung feines Febend. Nun dringt
aber unfere Sinnlichfeit ebenfalls auf Genuß und auf
die mögliche Erhaltung und Begluͤckung unferes Wes
fens. Zugendh. zu werden, 3. B. die Lüfte zu bezaͤh—
men, die Vorſicht, daß nicht unlautre Bewegungs—
gründe ung zu Handl. verleiten — Eoftet in der That
nicht geringe Mühe. Sinnlichen Genuß haben wir
dafür nicht. Es ift die moglichft genaue Erfüllung
der Forderungen der Pflicht und des Gewiſſens nicht
immer von angenehmen Solgen begleitet und die Pflicht>
übung gebiefet ung, dem von Gott uns eingepflanz-
fen Triebe nach finnl. Wohlfeyn entgegen zu handel.
Es muß alfo etwas feyn, was uns diefe Hinderniffe
übermwältigen läßt, und eine gerechte Gottheit, welche
die Tugendmühe nicht. vergeblich feyn — umd nicht
die Srüchre eines Jahrelangen Fleißes in der Pflich—
tenuͤbung vernichten laffe, - fondern ung eine unfern
Verdienſten entfprechende Gluͤckſ. ertheile. Oder man
müßte behaupten, daß unfer Gewiffen und Ölaube an
/ U. 431
Unſterblichkeit der Seele, (Beweife fuͤr die — —)
Gott eine bloße Einbildung und eirle Griffe wäre.
Gegen diefe Behauptung aber empört ſich unfere Ver—
nunft. Es iſt alfo nur die erfie Behauptung gewiß.
Diefe Gewißheit wächft, ie mehr der M. ſich zum
Guten ſtimmt und e8 freu thut. Oder man mußte
. (in Hinficht, daß Gott durch unfer Gewiffen u. durch
die Dffenb. unbed. Gehorf. mie Aufopf. ©. allem
verlangt) behaupten, Daß Gott nicht gerecht wäre, in⸗
dem er eine auf f. Befehl fich der PR; che aufopfernde
Seele vernichter. Mer darf dag? In der Gefesgeb.
Gottes ift Feine Lücke!
Dhne GI. an Unft. d. Seele ſinkt demnach unſer
Vertrauen zum Sittengeſetz unausbleiblich dahin.
Dann geht uns Gottes Wille nichts an. Dann fra—
gen wir nichts nach ſeinem Wohlgefallen, dann ſcheuen
wir ſo wenig die kuͤnftigen Strafen der S., als wir
einſt kuͤnftige Belohnungen erwarten — dann fallt aller
Trieb zur Sugend hin.
BIH NN. R Wegſcheider's Verſuch, die
der philoſ. Nel.: — in Predd. darzuſtel—
len, Hamb. 1801. 8. Nr. 3: „Unſer Gewiſſen iſt ung
Buͤrge der Unſterbl.,“ nach 14:16. Schmidr’g
Gegenerinnerung, f. ſ. Lehrb. d. Dogm. ©. 304-306.
b) Das Gittengefeß fordert unflreitig in gewiſſen Fäls
len von ung, uns in Todesgefohr zu begeben und
felbft das Leben aufzuopfern. Man wird alfo eine
Fortdauer nach dem Tode, nicht etwa blog deshalb,
um für unfere Aufopferung belohnt zu werden, fons
dern deswegen annehmen müffen, weil ia fonft dag
Sittengefeß die Vernichtung eines moralifchen Weſens
fordern, alſo fich felbft widerfprechen würde. Wie
durfte Jeſus Ehrifius fein Leben aufopfern, wenn ff. ?
Wer fann annehnen, daß er gegen Gottes Willen u.
zulaffung in den Tod ging?! Sollte Sort feine Seele
vernichtet haben?!
c) Die Vernunft ſtellt uns die Nothwendigkeit dar, an
einen moraliſchen Plan der Welt zu glauben. Sie
macht die Unmöglichkeit einleuchtend, dieß zu Tonnen,
ohne daben einen Gott im vollen Verſtand eineg
Schöpfers und moral. Weltregiererd vorauszuſetzen.
Nach dem moralifchen Plan der Welt find die vers
nünftigen Weſen Zwecke an fih in der Schöpfung u.
——
432 U.
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe für die — —)
‚ in Beziehung darauf kann nichts anders. als, Eng,
und Gluckfeligf. in Uebereinflimmung Zweck der
Welt ſeyn. Wir ſind zur reinen Sittlichkeit beſtimmt,
und ſollen eine immer vollfommmere, immer reis.
nere und nie aufborende Zug. üben; vollig ſoll
unfer Wille und Ihun dem gottl. Willen angemeffen
feyn (Gott ford. wahre Heiligk.) Was wir aber
ſollen, das muͤſſen wir auch koͤnnen. Kein
endliches Weſen, alſo auch nicht der M., ift in irgend
einem A—blick feines Dafeyng, alfo auch einer volls
fommnen Tug. fähig. Der M. fann feine vollfomnne
Tugend erreichen. „ E8 gibt für ihn feinen fittlichen
Vollendungspunft. Deshalb kann iener Forderung
des GSittengefeges anders nicht, als durch ein endlofeg
Streben, das Mufter der zugend immermehr zu er-
reichen, ein Genüge gefchehen. Des M. Fortſchritt
zur Annäherung an das Mufter der Heiligkeit muß
endlos feyn, oder es wird dazu eine ewige Sortdauer
erfordert. Gott muß alſo des M. Dafıyn nad) dem
Tode noch verlängern und ihn dem Ziele näher brin=
gen. Eben fo wenig gibt «8 für den M. einen Grad
‚der Glückfeligkeit, über welchen Feine Erhöhung ge—
denkbar wäre. Das Wahsthun an Glückfeligfeit muß
alfo, wie der Fortſchritt im Guten, unendlich ange:
nommen werden. Es liegt daher in dem moralifchen
Weltplan, welcher die ganze volle Forderung der Ver-
nunft befriedigt, die Nothwendigkeit der Unfterblichk.
der vernünftigen Weſen, und zwar ift fie als dag vor—
züglichfte wefenel. Merkmal darın enthalten. Muͤſſen
wir nun einen Gott vorausfegen, weil dieß die einzige
Bedingung ift, unter melcher wir ung das Dafenn
und die Ausf. des moralifhen Weltplang begreiflich
machen koͤnnen, wozu der Grundriß urſpruͤnglich in
unſerer Vernunft liegt: ſo wird mit dem Gl. an Gott
auch zugleich der Glaube an die Unſterblichk. in ung
erregt, und diefer kann nicht fehlen, fo bald iener
ſtatt finder.
„Kein Beweis für die Unft. d. ©. ift ffärfer und
„unumftößlicher, al8 der, welcher aus dem Glauben
„an Gottes Dafeyn, Schopfung und MWeltregierung
„unausbleiblich hervorgeht. Ammons bibl. Theol.
st, Sh..2fe. ll, Ou212
„Wenn
u. 433
Unfterblichfeit dee Seele, (Bereife fir die — —)
„Wenn die Bernunft nach der beftimmten — —
„ausgeführt wäre.” D. Ammon’s bibl. Theol. a. 0.
9, ©. 215. 216.
Mag ınan diefen Beweiſe ——— iſt: bey demſelben liegt die
Vorausſetzung: daß das Sittengeſetz vom M. wirklich eine
vollk. Tugend fordere, zum Grunde. Dieſes aber iſt falſch, fo n.
a. d. Bibl. 52er. B. 1 S— 6332 3
Del. Heydenreiche Betr. üb. d. Philoſ. d. nat.
Mel. Leipzig 1791. Ar. XVIIL
Dieſer Beweis leidet noch folgende Abänderungen:
aa) Wir find durch Die Geſetzge bung unſeres uͤberſinnl.
Charakters verbunden, das hoͤchſte Gut zu bewirken.
Bas wir nach einem ausdrädt. Geſetze thun follen,
muͤſſen wir auch Fonnen. Was arfächen fol, muß
möglich feyn. Es muͤſſen alfo, wenn das hochfte Gut
bewirkt werden fol, auch die Bedingungen da feyn,
unter welchen e8 bewirkt werden fenn. Das Höchfte
Gut beſteht in der Heiligk. und einer ihr angemeffenen
Glückfeligfeit. Jene Finnen und follen wir durch
Selbſtthaͤtigk. erfireben, die ſe aber fiehe nicht in uns
ſerer Gewalt, und doch gehört fie nothwendig zu iener,
Man muß alfo die Bedingung, wodurch dag höoͤchſte
Gut bewirkt werden kann, auffuchen, und diefe iſt blog
Gott, welcher Gefeggeber der Welt if. Er bat ung
die Heiligf. zu erſtreben geboten. Diefe ift aber etwas
Unendliches an ſich, man muß alfo gewiß auch unfere
Unſterbl. annehmen. Jedes ſittl. Weſen muß ewig
fortwaͤhren, wenn der Endzweck des Moralgeſetzes
nicht unmoͤglich ſeyn ſoll. Wir find freie und ſitt—
liche M., find durch das Geſetz der Gittlichkeit gebals
ten, und weil wir die$ find, fo muß ein Got — fo
müffen wir unfterblich feyn, oder das höchfte Gefeß
ſteht mit ſich ſelbſt im lauteſten Widerſpruch.
So — Fichte in dem Verſuch e. Srit. alter Offenb. Koͤ⸗
nigsͤberg 1792. 8. ©. 104 ff.
bb. N. Wenn die Vernunft etwas fordert, daß etwas
durch fie gefihehen fol, welches durch Vorausjegung
irgend etwas andern durch fie nicht geſchehen Fönnte:
fo würde die Vernunft ſich felbft wid: tfprechen, wenn
Diefe Vorausſetzung nicht wahr wi fe aber
unbedingt unmeglich. Nun aber Ar nicht nur
Ehrint. EL, Kebref, d. Canzelgebr 3 Th. Er
434 we
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe für die — —)
befondere Hfichten, z. B. fürs Vaterl. gu fischen,
weiche ohne Boransfegung eines Fünftigen Lebens un-
noͤglich, ia Thorheit wären. Wir follen 3. E. blog
ech der Vernunft, ohne Leidenſchaft und Affect han»
dein. ber Fonnen wir das auh? Wir follen vor
allen Irrthum ung hüten, aber fonnen wir das auch?
Waͤren diefe Pflichten, wäre die Pflicht, für fein Bas
terland zu ſterben, nicht ohne Vorausſetzung der Unft.
Thorheit? und doch hängt das ganze Wefen der Ber-
pflichtung mit der Unfterblichfeit durch eine fo noth—
wendige und ungerfrennliche Verbindung zuſammen,
daß der Inbegriff aller Dflichten, welcher fonft von
allen andern Grundbegriffen fo ‚unabhängig beftehet,
iu ſich ſelbſt zuſammenfallen wuͤrde, ſo daß Pflicht
und Tugend Einbildungen waͤren, wenn der Untergang
der Seele nach dem Tode vorausgeſetzt würde Denn
mit dem Tode wurde unfer Dafeyn und mit demfelben
unfere Vernunft und mie derfelben iede Pflicht auf:
hören. Die Vernunft müßte fih alfo felbft vernichs
gen, oder die Erhaltung des Lebens als ihren hachften
Zweck fich vorfeßen, und was derfelben entgegenfteht,
falls es auch die Pflicht erforderte, mit der groͤßten
Mühe vermeiden. Da ferner die Ausübung der Tu—
gend mit dem wefentl. Zweck des M. mit der Glüdf.
und den angenehmen Empfindungen in Colliſi on
kommt: fo müßten wir, entweder in gewiſſen Faͤllen
eine Ausnahme des erffern oder des letztern annehmen,
oder durch Nothwendigk. gedrungen, das mit ſo Pics
km Eifer sefuchte höchſte Gut, welches aus der Ver—
bindung der Tug. mit der Gluͤckſ. entſpringt, aufge—
ben. Wie viele Miderfprüche, toelche die Weruunft
nicht auflofen könnte, ohne Hoffnung der Unfterbl.!
2. Wenn ich die Würde eines moralifchen M. behaup-
ten will, fo muß mir meine Pflicht über alles gehen.
Thue recht und ſcheue nichts in der ganzen Natur —
fo ruft in uns unfer beßrer Theil — die ſittl. Ver
nunft. Haben wir nun für diefe Stimme dieienige
Achtung, welche gute M. dafür zu allen Zeiten gehabt
haben, find — als tugendhafte M. genothigt ihr zu
gehorchen, weil bier ohne Glauben fein Gehorchen.
Baer ift; —— und gehorchen wir aber dieſer
Stimme feſt und unerſchuͤtterlich, ſo erlaubt nun die
F
u. | 435
Unfterblichkeie der Seele, Geweiſe für die — —)
Natur unſeres Verſtaudes uns nicht, irgend etwas
fuͤr wahr zu halten, welches dieſe nor Luͤgne⸗
rin machen, welches das Sittengefit dag Pa über
alles hochachten muͤſſen, bey uns um ſein Anſehn
bringen würde. Und von dieſer Art ware bie Meia
nung, daß vernünftige freye Weſen eben fo ein Spiel
ber Elemente ſeyn ſollten, als ihre reiber. Alſo ff.
3. Die Vernunft ſchreibt uns als ob erſte Pflicht vor,
die Vernunft aͤllenthalben, mo mir fie autreffen, als
die abſolute und letzte zu be handeln weil fie ber hoͤch⸗
ſte und der Betimmungesrund 2 ale Handl. a 10%,
und der Zweck iſt, welcher alle übrigen einfchränfz,
dem ade übrigen Zwecke untergeor net werden follen.
Alſo ſind wir die festen Zwecke in der Natur und
- feinen Zeit ebefimmun: en unterw orfen, und mithin un⸗
ſterblich.
So — 8.9. Jakob in ſ. Beweis für die Unſt. d. Seele aus
dem Begriffe der Pfucht, 2te umgearb Aufl. Zuͤllichau 1794,
8. (20 Gar.) Vaol. Jakobs philoſ. Annalen 1795. ©. 169⸗
Bib 18 8. ı St. ©. 98: 103.
„Die Unft. d. Seele laͤßt ſich — bhos aus der Natur der (moras
„lichen) Intelligenz befriedigend herleiten, u. es ift nichts
„ſchwerer, dieſen Beweis, welchen der Erfinder bes tranfcenz
„dentalen Idealtsmus zuerſt aufgeſtellt hat, fo gemeinfaßlich
„vorzutragen, als das bie Intelligenz denke und wolle.“
Da der M. ſich leichter zum Glauben an Gott als zum Glauben
an Unſterbl. erhebt, fo muß man tie aus dem Glauben an
Gott geſchoͤpften Gründe beſonders gebrauchen Wenn ein
Gott iſt, fo wird er ganz gewiß die morali—
ER Weſen, das Herr lichſte und Heiligſtein
der Schöpfung, ewig erhalten Ein Bott,
der fo vernichten föunte, wäre kein Gott.
Auch aus ver Sternkunde laͤßt ſich die U. d. Seele beweiſen,
wie z. B. Streithorſt in d. deutſchen Monatsſchr.
Kov. 1792. ©. 202 ff. „Gruͤnde für unſere Fortdauer aus
der Aſtronomie⸗ und B. ©, Walther in d. Betr. der Nat.
56⸗69, „and wa die Sternkunde von unſerer
Unſt. uͤberzeuge“ aethan hate
Folgenie Gründe halten (per Er vie Probe einer firengen Pruͤ⸗
fung aus:
3) „Die 1. ©% Seele if wünfhenswerth und wird
vom Mi, ge wäünfdht, Pur ein Boͤſewicht kann fich feine
Vernichtung wuͤnſchem — Mus einem bloßen Wunſche fort⸗
— laͤßt ſich nicht ein kuͤnftiges gewiſſes Daſeyn folgern.
| Er 2
436 U.
Unſterblichkeit der Seele, (Beweiſe für die — —)
Kan Eann diefen Wunſch nicht als eine Sehnſucht — nit
als ein Verſprechen ahfehen, weiches der M—heit gegeben
worden if und ihr gebalten werden muß.
2) „Die Seele ifi einfach Cimmmateriel), fie kann nicht — Auf⸗
fung, Faͤnlung, Verweſung ꝛc. in kleine Theile aufgeloͤſt
werden and vergehen.“ (Bol. Ockel Palingeneſie des M.
S. 17:75) — Wir kennen die Seele nicht genau. Es ſetzt
dieſer Beweis voraus, daß man die Einfachheit der Seele ans
nimmt, und Serfelbe aeht auf bloße Möglichkeiten. Aus dem⸗
feiden folgt auch zur, daß die Seele Eein Theil der großen
taterie, woraus der Leib zufammengefegt if, feyn, daß fie zwar
wohl ein vom Leibe ganz verfchiedenes Wefen ausmachen
Edune. Dadurch, daß die Gerle nur erfi mit. dem Körper,
d. 5. bey der Zeugung des MM. da zu ſeyn anfaͤngt, erhellt
mehr die Materialität als Immateriellitaͤt der Seele, denn es
laͤßt fich nicht erweifen, daß fle fchon vorher da gewefen oder
im A—blick der Empfängniß erfihaffen wäre, Dieß zu ber
heupten, führt zu Ungereimtheiten, ſ. n. a. d. B. Anh. 3. Is
28ſt. B. Zte Abth. ©. 36. 37%
3) „Das Dafeyn diefes Gedankens — woher? Aus Volksabergl.
and andern Vorurtheilen läßt er ſich nicht herleiten, Gr
mußte aus vernünftigen Begriffen gefolgert werten. Schon
dadurch empfiehlt er ſich der menſchl. Glaubwuͤrdigkeit.“ —
Bon ofiend. Irrth. u. Vorurth. Eaun man auch nicht das
woher? allemal angeben und doc) nicht für eine Offenb.
Sottes aunehmen.
4) „Gott kann der Seele die unſi. geben. Es iſt ihm —
Wer kann dem Unendl. das Vermoͤgen abſprechen, ſolche vers
nuͤnftige Weſen zu ſchaffen, die mit ihm ewig leben und in
ihrer Erk. u, Thaͤtigkeit unaufhoͤrlich fortſchreiten koͤnnen?
Da, wo unerſchoͤpfliches Lehen iſt, da kann auch Lebenskraft
auf andre niedere Weſen bis in alle Ewigk. ausfließen. Gott
bat alſo die Macht, feinen Geſchoͤpfen das in gewiſſem Grade
zu geben, was er felsft im höchfien Grade befist, Daß wir
unſt. feyn werden, hat eine innere u. äußere Möglichkeit. Es
ift nichts ungereimtes fid) die U. zu denken.” — Bol, Reis
marc. aD. ©. 789. 791 #. 794. Vom Können und
Moͤglichſeyn findet kein ſichrer Schluß ſtatt u. ſ. w.
Zu ſagen: ohne U. ware der M. das elendeſte unter allen Ge:
fchöpfen, wäre er nichts mehr als das Thier, ia weniger als dafs
ſelbe; Ohne U. wären die freien denkenden Wefen nichts als
eine Heerde vernunftlofes Wiches nnd elender als die Thiere,
da die M. zu ihrem Ungluͤck über ihren Zuſtand nachdenken
könnten und den Tod fürchten müßten; Ohne U. wäre dad
Reben unter — lauter Srfahren und Leiten traurig und höchft
elend; es aliche einer ungeftümen Fahrt zwifchen Klippen
und Sandbaänken, unter Sluthen und Stürmen, in duͤſtrer Sins
fierniß, ohne Ruder und Steuermann; Ohne U. fey der wuͤr—
| U. 437
Unfterblichfeit der Seele, (Beweife für die — —)
digfte Menſch, weicher ſich durch Tugend und Arbeitſ. um fein
— Beitalter und nod) um die fpäte Nachwelt verdient macht,
nad) j. Zode um nichts beffer, als ein- den Naubvögeln zur
Speife vorgesworfenes verfiorbenes Thier u, f. w. — _ Das
alles find offenbare Uebertreibungen. —
Die Bemerkungen: in der Natur -entfpringt fo oft
‚wieder Leben, der Anblick eines Schmetterling —
die Vermuthung, Daß vielleicht überall fein mahrer
Tod, Feine vollfommene Ertodtung lebendiger Kräfte
vorkommt — beftätigen auch den Gl. an Unit. S.
Herder’s Ideen 3. Philof. d. Geſch. d. M heit,
iv Th. Riga u. Leipzig 1785. 8. ©. 252-261. 280⸗82.
BB. Aus dem neuen Teſt. $
An fich ſetzte Jeſus Chriftug die Unft. salg bes
fannt und angenommen voraus, und er bewieß diefe
Lehre nicht auf eine aus der Natur der Geele berge-
nommene und auf Feine andere firenge Art. Er. nimmt
fie als zugeftanden an. Aber überall liegt fie feinen
Delehrungen und feinen Worfchriften zum Grunde,
z. B. die Slückfeligkeit, die er den M. durch die Mits
theilung feiner ganzen Lehre verfchaffen will, iſt ewi—
ges Leben. Sie kann’ alfo nicht blos auf dieß ir-
difche ſich einſchraͤnken, Joh. 10, 23. [Rsm. 6, 23.]
Tyrannen fönnen nur den feib, nicht aber die Seele
tödten, aber Gott fonnte fie nach dem Tode ungl.
machen, Matth. 10, 28 un. f. w. Es fiel auh nicht
den Apofteln ein, daß M. an der Unft. zweifeln
Fönnten oder dürften. Diefe Vorausſetzung aber fchas
det. nichts. Was im R. T. gerade zu als wahr ver:
fichert wird, iſt gewiſſe Wahrh. ES beftätigt doch
die Fortd. der S. nach ff. Jeſus fpricht (außer in
den bereits bemerften Stellen ob. 5, 295 8, 51 f.;
11, 25. 26 u. 28.) (mer auf m. Lehre ſich verläßt,
fey fiher, daß, obwohl fein Leib fierde, dennoch fein
beßrer Theil nimmermehr flerben werde,) Luc. 16, 19—
29. Alſo nah d. Tode gibts einen Zuſt. d. Gluͤckſ.
für den Frommen, und einen Zuft. der Ungl. für den
Lafterh. Jeder iſt ihrer fire. Wuͤrdigkeit und ihren
Verdienften, oder ihrer Schuld angemeſſen; Matth. 22,
30; 1%, 8; 19, 17. Joh. 20, 36. Jeſu ſelbſt war
jein eigener Tod Hingang zum Vater, alfo feine Der»
nichtung feines Weſens, Joh. 14, 2. 28. Dem Vater
NS
438 U.
———— der Seele, —*— fuͤr die —
empfahl er, wie er ſtarb, feine Seele, Luc. 23, 46.
Vom Baker erwartete er Erfaß feiner, Feiden und Er—
hoͤhung feiner Slück., Joh. 17,5. An derſelben Bir
alle, die feine ächte Schuler find, Theil nehmen, 9 —
Vgl. Staͤudlin's Dogm. u. Dogmengeſch. Eh.
©. 264: 868.
Diefint Steffen liegt unverkennbar der Gede
Grunde, daß vom wahren Religiousglauben der Glaube
an Unſt. der Geele nicht gu trennen iſt.
Ueber M atth. 22, 32. ſ. — 9 Zeit, 1790. 1.
©. 232. 45.
Auch Die Auferſtehung und die Himmelfahrt
Jeſu kann man als Symbole und Beſtaͤtigungsgruͤude
der Unſt. anſehen. Wenigſtens iſt die erſtere doch
ein Bild von unſerer kuͤnftigen Fortdauer.
Die Apoſtel, vorzuͤgl. Paulus reden von ber
Unft. d. Seele, Nom. 8, 1857 II Tim. 1, 10; Philipp.
1, 21-263 I Kor. 13,12; 15; IJoh. 3, 2. 3 ‚1er. 1,3.
En Bor: zuͤge der Lehre des Chrißenth. „die
S. iſt unferblich” vor den Gründen der Bern: unft
find, daß es 1) unſere Fortdauer nad) dem Tode auf
den einzig unwiderſprechl. Beweis auf den Glauben
an Gett durch Jeſus gruͤndet, 2) die Unft. und Auf:
erſtehung zu einer Wahrheit vereinigt, 3) daß es die
Unft. mit der Sittlichfeit verband, 4) durch) das Chri—
ſtenthum iſt dieſe erfreuende und begluͤckende Lehre un⸗
ger den Chriſten allgemeiner Volksglaube geworden.
Durch daffelbe erhielt diefer Glaube mehr Einfluß auf die
fiel. Seftunung, Handelsweife und das Leben insbeſon—
dere des großen Haufene. Deshalb kann Jeſus der große
(nicht aber der. erfic) Lehrer der Unſterblichkeit heißen.
Etwas Neues, vorher Unbekannkes hat Jeſus Ehr. in Ruͤckſ. ber Inf.
nicht gelehrt. Aber feine Lehre zeigte ven M. den Weg, ſel⸗
bige ans Gruͤnden der Vernunft deutlich zu erkennen. Durch‘
goͤttl. Anſehen wurde fie unlaͤugbar gewiß und dem M—derz
ſtande faßlicher gemacht; das Cpriftenth. Hat auch die allgemei:
nere Annahme: d. Unſt. d. Seele befordert, fo daß wir Chris
fien nun hellere u. vollfiändigere Begriffe vom Zuſt. unſerer
Seele nad) dem Tode haben, als die größten Weiſen des
Alterth. nur muthmaßen und wuͤnſchen Eonnten, iq als ſelbſt
die aufgeklärtefte Philofophie nit Gewißheit weiß.
Im a. Teft. gibt es nur dunkle Spuren vom Gl. an Unft., und
in den erften Schriften deſſelben Fauın. Die Juden hatten
u. | 439
Unfterblichfeit der Seele, (Beweiſe für die — —)
„einige Zeit vor Chrifius Vorſtellungen von Zuſt. nach dem
Dede; Gieß ſieht man and Prev. 12, 75 Weish, 2, 235 3
7:4.) nur dunkel find davon ihre Vorſtellungen und jie wirds
ten nichts auf die Sittlichkeit. Sie glaubten vie U. als eine
Lehre ver Rel., aber fie hatten dafuͤr keine Beweiſe. Vis zur
Seit Chriſti wer die Lehre v. d. U. blos auf das kleine Palds
ſtina eingefchränft,, und fie würde ſchwerlich durch die Juden
allgemein geworden fegn. So deutlih und beſtimmt
als das n. Teſt. lehrt ſie das a. T. nicht, aberes
gibt Hinweifungen auffiu. — Dal Anmons mi
prakt. Theol. 5, 276. ©. 297 f. Die Verf, d. Apocr. Schrif⸗
ten haben im a. T. die reinften Begriffe von d. Unſt. und be⸗
reiten auf das hellere Licht des n. T. vor. Weish. Sal. 2,
233 3, 124.
©. — Thym's Verſ. e. hiſt.⸗crit. Darſt. d. Jad. Lehre ———
Fortdauer nad) dem Tode. Berl. 1795. 8. — Hiob 19, 2522
beweiſt nicht die Unſt. Hiob 3, 3--Ende; 14, 7-Ende; 17,
514105.7, 7:10; 10,207225 13,:.1A, 15 zeigen, tab >.
Vf. des Buchs Hiob nicht die Idee eines Fünftigen Lebens
“amd eines beſſern Zuſtandes nach den Tode gehabt bat, f. Yus
guſties theol. BT. zr Jahrg. 2tes Quart. ©. 241 252.
Dal. Philoſophifch— theol. Abh. uͤber das
Verdienſt der chriſtl. Rel. um die Lehren. d.
Unſterblichk. d. menſchl. Seele. Flensb. u. Lpz.
..1788. 8. 7 Bogen; Fr. Simonis Slicke in Wals-
Hal, Tena 1796. Fir. 4: „das Verdienſt des Chri⸗
ſienthums um. die Ausbr. u. feſtere Gründung ber
Unſterblichkeitslehre;“ Koppe's Predd. erfte Samml.
Nr. 2. ©. 25744: „das Verd. des a um
die Lehre der. Unſt.,“ am Dfterf.; S. Bail’s
Rel.Vortr. 1798. Nr. 16: „von =. gt. Berbienften
ZJeſu um. die Lehre v. d. Fortdauer nach d. Tode,
| über — — *
WUeber 1. uͤberh. ſ. man noch Forſters Reden:
Th. I. Nr. 15; Th. IV. Nr9. Galsmann’g
Hauspoſtille, ze. Th. Nr.29. ©. 44: 53; Politz Dar»
j —A— der Lehrſ. Reinhards, ır Th. ©. 413-447;
I G. R. Beyer Beitr. zur Aufkl. d. Volksrel. in
Predd. sr S. £p4.. 1794. Nr. 13. ©. 156-168: „bie
‚Gründe u. Vermuthuͤñgen d. Verm d. €. andern Le—
ben“ über dag Ev. am iſten Oſtert.; ebend. ©. 169-
181: „die Hoffaung eines andern Lebens iſt uns durch
Jeſus gewiß gemacht worden‘ ab. d. Ev. am 2ten
Oſtert.; Jon. Shudersffs mor aliſch⸗ religioͤſe Re⸗
——— u.
Unſterblichkeit der wor Anwendung.)
Saale, — 1794. 8. Ni 1. „Glaubensgrund für die
Unſt. d. Seele — (der) bloßer (m) Vernunft‘ über
BER — 15, 42. 435 Cannabich's Predd uber die
Evang. ır B. 2te 3. Lpz. 1797. 8. ©. 206» 471: v.
db. Gründen der Hoffn. unf. Unft., am ıflen Oſtert.;
Eckermannes chriſtl. Feſtandachtsbuch. Al. 1,47.
8. Nr. 15. ©. 229245 „uber die Grunde des Gl.
an ein fünftiges Leben; G.W, C. Starfe’g Prevs.
Berl. 1797. 80.48. Nr DR U Bu role,
Ribbecks Predigeen über die Unft. d. Seele. Mach,
1798. Nr. 1. ‚rüber die aug den Begriffen v. Gottes
Ger. und Weieh herzuleitenden Beweisgruͤnde fuͤr die
Hoffnung d. Unſt. d. Seele;“ J. Chr. Martini’
Predd. nach bibl. Grundſ. 1798. Nro9. Io. von den
Beweiſen für die Lehre dv. d. Unft. und — vom Einfl.
derfelben auf das Menfchenleben; Bail's Rel.Vortr.
Kr. 15: Gründe für den Gl. an eine ewige Fortdauer
über I Petr. 1, 3:55 5: H. Gebharods Predd. über
den ganzen Umfang der Nel. ır B. Nr. 15. ©. 294 '
321: Ölaube an Unfterbl. über II Tim. 1, 10.
HT. Anwendung der Lehre von der Unſt. b. Seele.
I) Man Terne den ausnehmend großen Werth, die hohe
Michtiafeit des GL. an Unſt. recht fchägen, und halte
feft an diefem Glauben.
a) Außer dem, daß derfelbe zur nes der Zug. Mlls
entbehrtich ift, (f. oben IL 6. ©. 423 ff.) befördert |
dieſer Glaube eine fortdanernde Thätigfeit, ſowohl
wenn man ſeine Arbeit nicht mit den erwarteten gluͤckl.
dehen begleitet ſieht, als auch bey abnehmenden
raͤften. Das Alter iſt z. B. der Abend, die Zeit
der Ruhe, aber der Alte fol doch nicht ganz unthatig
feyn, fondern muß die Gel, die er hat zu wirken, be—
nußgen. Dazu ermuntert nun der Gl. an Unft., weil
diefer ihn am den Zweck des Lebens, fich zw ienem
borzubereifen und an ein unermuͤdetes Gutesthun, um
dort reichlicher zu erndten, erinnert.
b). Er wirft Gemeingeift und dag mir ung beeifern, der
iüngern Welt ein nuͤtzliches Beifpiel zu geben. Denn
wir zeigen dann ihnen durch unfer Beifp. die Wirks
ſamkeit diefes GL, u. empfehlen ihnen die nt
feit am nachdruͤcklichſten. Zeigt der Beiahrte durch ff.
Heiterkeit, womit er dem Tode entgegen fieht, baß
U. | 441
Unfterblichfeit der Seele, Anmendung.)
feine frohe Erwartung ſich auf ſein vorheriges, zum
Nutzen der Menſchheit verwandtes, Leben ſtuͤtze, ſo
wirkt das auf juͤngere M. mehr, als die beredteſte
Vorſtellung.
©) Diefer Glaube gewährte R uhe.
aa) Ueberhaupt, indem wir bey diefe m öl., welcher bie
Surcht vor Vernichtung benimmt, mit unferm Dafeyn
"zufrieden find, und an uns ein erlaubfes Gefallen
haben; indem er den Gütern und Sreuden mehr
Werth gibt, (bey der Beforgniß, daß mit dem Tode
alles aus fey, findet feine Freude flatt) und indem er
| vr Sreuden der Sreundfch. und des gefelligen Lebens
er eht.
bb) Sn: befondern Lagen und Umftänden, vor—
züglich in Leiden, (f. oben 1. 3. S. 417 f. u. 4.b.
S. 419 f.) 4) Auf dieſen Gl. “ann man in Leiden,
befonders bey großen £orperl. Leiden, 5. B. in Sranf-
beiten, bey Koͤrpergebrechen, bey Slechſeyn im hohen
Alter, bey lebenswaͤhrender Krankheit, dann, wenn
nichts ein Leiden endigen oder lindern, wenn man
durch nichts ſein Schickſ. verbeſſern kann, ſehr feſt
ſeine Geduld ſtuͤtzen, J Kor. 15, 42:44.
£) Bey und in unferm eigenen Tode arwährt diefer GT.
Aufheiterung. Er befreit von der Todesfurcht, f.
Shr. Mor. 'f.d. Canzelg. ger Th. Tod. IL B,
„. BBB. 4. ©. 452 ff. Teller’s Mag. f. Pred. sn 2.
.2te8 St. Nr. 3..©. 97-101: „wie mwohltbätig dag
Gefuͤhl d. Unfterbl. alsdann insbeſondre wirft, wenn es
‚mit ung Abend werden will,“ am 2ten Oſtert. uͤb. d.
Ev. Luc. 24 13-35.
y) deym Tode der Unfrigen. Möüßte man ſich's
bey der I Trennung von d. Unfrigen im Tode denfen,
daß fie auf ewig bernichfef wären, ſo bald man ſie
erſtarrt vor ſich liegen ſaͤhe — ſo waͤre das das Al—
lerſchrecklichſte. Allein zu wiſſen, daß d. Tod nur auf
eine kurze Zeit trennt — das macht ung unendl. glück:
Ich, ob. 16, 22. Daß fie fich früher v. ung tren-
nen, iſt fein Berluft. Kai ift der kurze Zwiſchen—
raum? f. Wiederfehn, Epnlert’s ee
Kr. V. ©. 133-156. — Dal. Wolff?s Ausz.
f. Predd. ır Jahrg. ©. 81-84: „üb. d. Einfi. des St.
an Unft. aufunfere Ruhe;“ — a. a.O. ©. 172177.
442 j a
Unfterblichkeie der Seele, (Anwendung.)
Damit ver SI. an Unſt. folche wohlehätige Wir.
kungen äußere, firebe man
"N. nach fefter Ueberzeugung. Man mache ſich niit den
faßlichſten Gruͤnden fuͤr die Unſt. d. S. bekannt und
damit die Erinnerung an Jeſu öftere Vers
heißungen, und wie diefe Wahrh. die Hauptwahrh.,
der Grund fi Del. ſey. Man ſehe ein, wie alle Zwei—
fel gegen bie Unſt. im Grunde nichts find und daß,
wenn wir Sie —— In, alle Ruhe des Herzens, alle
aͤchte — dauernde Tug., alle Berubigung in Leiden
gr e und ung der Tod fürchterlich werden wird.
2. Dan mache fih mie diefem Glauben recht vertraut,
da e ung leicht erinnerlid, werde. Er muß ung
immer und überall nahe liegen, ſich gleichfam in alles
unfer Thun und Laſſen serweben, mit allen merkw.
Pebengverändd., mit teder Wahrnehmung des Kort-
ſchreitens der Zeit, mit ieder Erfahrung elücklicher
oder frauriger Begegniſſe, mit jedem Andenfen an den
Tod verbinden. Er muß allen unfern fittl. Handl.
zum Grunde liegen, und ihnen die gehörige Richtung
geben. So wie wir ung deg Lebens bewußt find, fo
süffen wir ung ſtets unſerer großen fünftigen Beſtim—
mung bewußt feyn u. bleiben, dag iff dag, was P.
.‚Bhilipp. 3, 20 meint; man bringe fich dieſe Hoffnung
oft vor bie Empfindung. tan übervenfe oft, wie
ſchaͤtzbar fie if, Em Leben ohne Ende, ein in ieder
Ruͤckſicht vollkommnerer Zuſtand u. fü we, ſ. oben
Seligfebt (ewige) — fo es fich off gedacht, macht
diefe Hoffn. erfreulich. Man laffe feinen Tag ver-
geben, ohne fich diefer fo ſtaͤrkenden und erquickenden
MWahrh. zu erinnern und immer neue Spuren, nee
Delege, nene Thatfachen zu den Folgerungen der Ver—
nunft, daß die ©. unſt. ift, aufsufinden, damit die
Wahrheit Wurzel faffe und endlich unaugroftlich werde.
3. Dan Enüpfe die Vorſtellung v. d. eu d. Seele
an angenehme und erfreuende Bilder, 3. B. daß man
fich den. Tod unter dem Bilde dee Schlafs, als ein
Veberfreten in einen. neuen Wirfungsfreis und als
die Hoffn. des Wiederſehns vorftelt, und denfe fich
bie höhere edlere Freude der zuk. —3866 hr.
War. f.db. Canzelg, Tod, aAr Th. © 433. 1.456.
—
>
PEN *
| il, 443
—— der Seele, (Hnwendung.)
Wenn ſich einige M. die Unſt. aus dem ©. zu reden
bemüht find, fo zeigen fie ſchon baburch, daß fie laſter⸗
haft ſind und unnatuͤrlich denken. Ihr boͤſes Gewiſ⸗
ſen laͤßt ſie kuͤnftige Strafen a fonft würden fie
ſich bie Unſt. d. ©. winfchen. Fern andern M. alle
Hi Vergnuͤgungen der Welt und ſelbſt die vernuͤnftigſten
nicht Genuͤge thun wollen, da ſich ihre Begierden uͤber
Das Ziel dieſes Leb. ins Unenol. erſtrecken: fo iſt die—
fin nichts erwünfchter als bie feſte tieberz. und die
oͤftere Erinnerung an Unft. ES
Tel. der Ehriſt, in deſſen Seele der wichtige Ge⸗
= Dante an ein Leben nad) diefem Reben ſte ts gegenwaͤr—
it; ift, eine Pred. sam And. von Dr. F. ©. Lange,
don Rice Funk, elite 1791: 8. über 3b. 14, 19;
Zeller’8 Mag. f. Pr. 7 9. ı St. Mr. S. 69-
"77, Art und W., wie man fih den SE. an 4 Sep
ſich ſelbſt vecht feſt und lebendig erhalt; Loffler's
neue Predd. ıfle Sammlung, Siena 1801. Nr. 7: „wie
man den GL an inf. feſt und le ebendig — ke
Spaldings Vorr. zu f. deutfchen Ueber. von Vi—
lette’8 Unterredungen über die Gluͤckſ. bes fünftigen
Lebens. Berl. 1766. 8. „üb. d. Werth d. Lehre
+ RA: 8:8. ficht auch in (Heinzmann?s) literaͤr.
Chronik. ze d. ©. 313 324; Sollikofer’s Predd
über die Würde des M. ır Th. ©. 409 1; Herz
lieb’8 Predd. an Sonn- und Feſttagen, Zuͤllichau
1795. gr. 8. Nr. IX. ©. 126» 138: „d. GI. an Unſt.
und an ewige Fortdauer gibt unferm gegenwärtigen
Beben und allen Geſchaͤften deffelben den hoͤchſten
Werth, üb. Matth. 16, 14-20; Trinius Auswahl
von religiöf. Unterhh. Ne. VI. ©. 52 ff. „wie viel es
werth ift, Unſt. zu Bonn Cannabidy’$ Predd.
uͤber d. Evang. Re te A. Lpz. 1797. 8. ©. 421 ff.:
„v. Einfl. d. Hoffn. der Unſt. auf unſer gegenwaͤrtiges
Leben, ”uͤb d. Ev. am aten Dftert.: G. Fr. Frie—
Del’ Predd. 1300, Pr. 4: „warum muß unſer Gl.
an Unſt. fo viel werih, warum und fo theuer und heis
Ss ya? — Wagnig Nel-tchre in Beyfp. ar Th.
©, 290 fi: „oerienigt ments nicht gut mit der
MBeit, welcher ihr den SL. and, — will.“
2 Wir ſind unſt. — alſo verpflichtet, die Sorge zur
— unſers Berfi., und das Streben nach Wahr.
444 U. |
Unfterblichfeit der Seele, (Anwendung.)
und Welsh. zum Hauptzweck unfers Lebens auf Er-
den zu machen. Man bilde fihon bier feinen Geift,
denn fonft gehn wir nach dem Tode des Leibes des
Vortheils verluftig, Daß er dann leichter — ſchneller
fortgebildee wird. Sonſt blieben wir lange in der
Vollk. und int befeligenden Genuß derfelben zurück: u.
möfen ung einer unangenehmen Zucht unterwerfen.
Wenn dort unfer Geift an Bol. wachfen fol, fo muß
es ſchon bier unſere Freude geweſen ſeyn, alle Ans
al zuc Vermehrung unferer Kenutniſſe benugen zu
konnen. ers |
S. Ribbecks Predd. uͤb. die Unſt. d. Seele Nr. 3.
3) Wir muͤſſen als Unſterbliche denken und
Handeln, deshalb uns ET |
a) beffern und das Lafter meiden, denn wir
leben ia nicht blos für diefe Welt. Auf iene ung
vorzubereiten, ift unfere Erdenbeftimmung und unfere
Hauptfache. Ueberdieß nehmen wir ia die ung bier
erworbenen und nicht abgelegten boöfen Gewohnheiten
und Sertigff. im Tode mit in ienes Leben, in welchen
gewiß alles Böfe beftraft werden wird, f. Gerech—
tigfeit Gottes Man muß alfo ernfilich alle böfe
Gewohnheiten ablegen und iede gufe Fertigk. anneb-
men. Nur der Tugendh. Fann fih mit dem Gedanfen
an die E. aufricheen, nicht der Unſittliche. Sie. if
‚ein. Stand der Vergeltung, Nom. 2, 6. Man erfülle
ben der Kafterfiheu aufs befte feine Pflichten, u. fammle
fih einen Schaß edler Gefinmungen und Handl. für
die Ewigf. Da wir an Unſt. glauben, fo fonnen wir
uns auf Feine Weife u. unter feinem VBorwande vom
eifrigen Ringen nach fittl. Güte, von ſtrenger Tugend»
ubung, und unbedingter Pfichterfüllung im gegenmwärs
tigen Leben loszaͤhlen. M
b) Man lerne durch die Vorftelung der Fortd. unfers
Geiſtes feine Gluͤckſ. immer richtiger Fennen, daß fie
nicht durch ungulänglihe Güter und Freuden diefes
Lebens bewirft werde. Man fuche fie in Erf., Weis:
heit und eifrigem Streben nah Tugend. Man mache
ſich vou der übertr. Anhaͤnglichkeit an's Irdiſche frey.
Dann werben und bie Güter iener Welt defto reizen-
der und die Erw. der Ewigk. deflo erfreuender ſeyn.
Hier verweilen wir nicht ewig; wie übel würde es alfo
ä u. | 445
Unfterblichfeit der Seele, (Anwendung.) |
um ung ftehen, wenn mir in Dingen diefer Welt un-
fere Ruhe — unſere Zufriedenheit — unſere Gluͤckſ.
ſuchten! Ehr. 13, 14.
„e) Unfer grober Leib hört mit dem Tode auf, alfo ift
es nicht mweife, ihn fo zu hegen und zu ‚pflegen, als ob
er unfer befter und wichtigſter Theil wäre, und alg ob
wir ung nie von ihm frennen folten. Man mache
nicht feine ganze Angelegenh. daraus, die Schönheit
und Reize des Leibe zu erhöhen. Man wende nicht
. alle Künfte der Eitelf. an und werde fein Sflave ber
zeit und geldfreffenden, oft finnlofen, ſtets willführ-
lichen Mode. Man lebe nicht fo, als ob unfer Leib
unfer ganzes Sch und Weſen wäre, als ob nur durch
ihn und um feinetwegen dieß Leben Werth, hatte. Uns
fer Leib, wofür mir freilich auch forgen mäffen, (denn
wir find halbgeiftige Weſen) iſt nur um des Geiſtes
willen da; wir dürfen durch die Körperpflege des Gei—
fies Thätigk. nicht abftumpfen, fondern ermeitern, er-
hohen und folche ſchaͤrfen. Wir müffen ben Leib fo
pflegen, daß er der Vernunft gehorfam bleibt, und
fih willig zum Werfzeug der Pflicht gebrauchen Taf.
d) Man vervollkommne den Genuß des irdifchen Rebeng
und die Freuden deffelben, lerne an den geiftigern —
edleren Freuden mehr Geſchmack finden.
e) Man mache fi) Bier unfterblich durch edle Gefln-
nungen und Handlungen in Betreff Anderer. Man
wirke müßfich auf die Zeitgenoffen und wirfe fort auf
die Nachkommen. Dieß. ift die wahre Unſterbl. und
bleibender Nachruhm. (f. Chr. Mor. f. d. Canzelg.
sten DB. 2te Abth. d. Art. Verdienft. B. ©. 29 f.)
Vgl. Zöllner ’g 2 ⸗Entww. fürs Jahr 1800.
Berl. 1801. gr. 8. ©. 65 ff.: „die Hoffn. der Unft.
muß ung. zur A Anw. unf. ird. Lebens ermuns
tern,“ über d. Ev. am Dftert.
4) Da wir Be find, fo frage man mit
Geduld und GelaffenHeit die Leiden diefer
zeit. Der GI. an Unſt. flärfe ung, menn wir unter
trübem Himmel wandern, er trockne ung den S chweiß,
und kuͤhle ung in Stunden der Bangigkeit; II Sor.
4 17. 18.
©. Sohn’s Pred.⸗Entww. ar Jahrg. 1900, ©.
93 ff.: „Troſt für Leidende aus dem GI. an Unſt.“
N m -
446 U, $ %
Unſterblichkeit der Seele, Anwendung.) > 7.1
5) Alg Unfterbl. burfen wie nicht t troſtlos BEER,
wenn uns
a) der Tod die Unfrigen auf eine Zeitlang. entreißt.
Dort finden wir die Freunde wieder, bie. bier der: Tod
9 nel unſerm Umgange entriſſen, ‚oder. die er
doch durch manche widrige Zufälle au der Miteheilung
ihres freundfipaftl. Herzens verhindert bat. „Dort er-
‚halten Eltern ihre fruͤh verblühten Kinder wieder, um
fie zum Preiſe des Allbaters und zu ihrer eigenen:
unausfprechl: Freude noch derienigen. Erziefungsart,
die unter den feligen Geiſt een üblich ai te mehr und
— * tuͤchtig zu machen, J Ihe: 4 3 u (fe Wieder—
b) Als Unſt. muͤſſen wir eine übertriebene, eines. Chris
ſten unm: irdige Furcht vor dem Tode ablegen. Man
denke an den Tod nicht mit Schrecken, ſondern ruhig.
Dazu beſchaͤftige man bier anhaltend die Seele, mit
nüslichen Kenntniſſen. Dann wersen wie hier den
Tod als einen Lehrer anfehen, der ung fo vieles fagen
wird, mag wir hier nicht verſtehn und lernen Fonnten.
Man lerne es, wie viel befjer ieneg Reben ift,: wenn
unfere Tugend nicht durch Sinnlichkeit fo geſchwaͤcht
und gehindert werden wird, als es ‚hier ſo oft ges
ſchah, indem wir im Tode den Leib ablegen, in dem
die Suͤnde wohnt. Derienige, welcher die Unvollk.
und Abwechfelungen des irdifchen Lebens aus. Erf.
fennet, ſieht gern einem Zuſtand entgegen, in dem.al-
les dauerh. ſeyn wird. Jeder, der fehon. hier den
Werth des M. nicht nah ſ. Stande, nicht nach f.
Reichth., nicht nach, dem aͤußern Glanze beurtheilt,
der freut ſich auf eine Welt, worin nur der Wahre
Werth des M. etwas gelten wird, und mo man nicht
dag aͤrmere unbefannfere Berdienft darum geringer
fchägen wird, weil e8 aͤrmer oder undefannt war.
Haben wir hier das gegenwärtige. Leben nicht als die
Zeit d. Borber., nicht die Erde als den gang legten
Beſtimmungsort betrachtet: fo fehen wir unſere fünfs
tige Berfegung in einen andern Zuffand als den Ueber-
gang in einen befferen Wohnort an. Deshalb nennt
auch die Bibel den Tod einen Schlaf, — einen
Schinmmer, ein Ausruhen. Sie vergleicht ihn mit
einer Erquickung nach des Tages Laſt und Hitze; mit
| w 447
Unfterbf. der Seele, (Anw.). Unveränderkchf. Gottes,
einer Reife in unfer wahres Vaterland und mit einem
Hingange zu Gott, der Duelle der zent. Um alfo
als Chriſten zu urcheilen, febe man den Tod nur als
ein nothwendiges Hebel an, deſſen Folgen freudig, und
"in welchen eigentlih nur das unangenehm iſt, was
einmal die Schwäche und Unvollk. unferer Natur mit
ſich drivigf De
Bol R. Eylert’8 Betrachtt. b. d. Trenn. v. d.
Unſrigen. Rr. XL. ©. 295 ff. „das Chriſtenth. be⸗
freiet ſ. Verehrer v. d. Furcht vor dem Tode.“
Vgl. Ribbecks Predd. üb. d. Unſt. d. G., worin
Nr. 2- -$. durchaus praftifch find.
Ueber I. uns II. vgl. man noch Loffler’s Predd.
gr: DB. Nr. 8: „die doppelfe Unſterblichk. des M.“
über Merc. 16, 1-3. am Iſten Oſtertage; — Wag⸗
niß Rel.Lehre in Beyſp. ar Th. ©. 218:265. —
Unveränderlihfeit Gottes, Mal. 3, 6. (nad)
dem Ebr.: ich Andere mich nicht.) Rom. ız, 29.
Bol. Doederlein’s int. Th. chr. T. IL p. 290. 294 06;
&dermann’s Handb. d. Dogin. St 3. ©. 3130-135: PPB.
:©..224, 25.
I. Was iſt die Unv. Gottes? ſ. ır Th. ©. 345.
Anm. Gott if unveränderlich oder — un—
wandelbar heißt: bey ihm findet keine Folge und
Abwechſelung von Beſtimmungen ſtatt. Er iſt und
bleibt ohne Aufhoͤren immer daſſelbe — unendlich voll⸗
kommene Weſen. Keine Zeit und nichts vermag feine
Kraft zu ſchwaͤchen. Die fehlt ihm etwas, was zu
dem Begriff eines vollk. Weſens gehört. Er iſt im—
mer derſelbe, ſowohl in feinem Weſen, als
) Man laſſe alſo die Gewohnh. fahren, nur immer au die
kalte Haud, an das harte Nögein, an den Geruh Ser
Berweiung, an das Weinen der Freunde um das Sterbe—
bette herum, an die Sterbealsde, an das ſchwarze Grab,
und an's Cinienfen der Zeige in die Fühle Erde beym
Tode zu denfen. Gehen wir ihn immer u. nur von bie:
fer Seite an, fo muß uns ein Falter Schauer durch Mert
u. Bein fahren, fo oft wir an ihn denken; aber das iſt
BURK: Die tete Seite des Todes.
448 U.
Unveränderlichfeit Gottes, (mas?) RARERHRR
auch inf Willen. — In den Sefhspfen hören
immer geroiffe Beſtimmungen auf, und amdere £reten
an ihre Stelle. Sie find aber auch eben deshalb in
allen Augenblicken ihres Daſeyns Veraͤnderungen uns
terworfen. Unſer Leben iſt ſteten Abwechſelungen uns
fertworfeng einige flerben und andere fangen an zu
eben. Aber gang anders tft eg mit Gott. Er wird
nie alt, denn er iſt iege noch, mie er war, ehe etwas
gefchaffen wurde, und wird, wenn alles wieder in
nichts verwandelt feyn wird, noch immer daffelbe blei—
ben. Gott Fann nie irren in ber Erf. des Beſten.
Er fann nur dag Veſte wollen. Gott iſt uneinge—
ſchraͤnkt vollkommen. Jede Veraͤnderung aber muͤßte
man als einen Zuwachs oder als eine Abnahme von
Vollk. denken, Darum aber iſt in Gott keine Veraͤn⸗
derung gedenkbar.
I) Er iſt unveraͤnderlich nach feinem Befen, oder
nach feiner Natur. Es ift in ihm feine Zu» oder eine
Abnahme und noch viel weniger eine Vernichtung
benfbar. Er kann nicht vollfommener noch unvol-
kommener werden, nicht an Kraft, nicht an Weish.,
nicht an GSeligfeit zu- oder abnehmen. Geine Eigen-
fchaften verbleiben fies in einerlei Richtung — und
Grade, ihre TIhätigf. wird nie unterbrochen, fie find
Feines Aufhoͤrens und Feines Anfanges fähig. Sp
groß, fo mächtig, weife und gütig cv war, als er das
erfte M—paar ſchuf: eben fo tft er noch, bleibt für
immer und bis in alle Ewigk. derſelbe. Kein Wefen
bleibt, wie es „war, ohne alle innere und äußere Ver—
anderungen, Daher heiße Gott bildlich I Tim. 1, 17
unverderblic, d. h. unabänderlich — umnvergäng-
lich. In Beziehung der Beraͤnderungen in der Welt
durch Gott kann man Gott auch nicht veraͤnderlich
nennen, weil die Vergangenheit, die Gegenwart, die
Zukunft außer Gott, nicht in ihm find. Gottes
Vollk. leidet dabei auch nichts, wenn ſich die Ver—
haͤltniſſe Gottes gegen die Geſchoͤpfe aͤndern, denn in
dieſem Falle findet ſich die Veraͤnderung allezeit in
den letztern, niemals aber in Gott, der alle möglichen
Verhaͤltniſſe, in welche alle Geſchoͤpfe gegen ihn kom—
men wuͤrden, von Ewigk. vorher wußte, und dem
alles gegenwaͤrtig, nichts serganc oder zukuͤnftig iſt,
in
ul. 449
Unveränderlichkeit Gottes, (was?)
in dem Sinne, wie wir dieſe Ausbrücke gebrauchen.
Gott hängt von nichts ad. Daher find die Bergleis
chungen Eh 4 4. Jerem. 10, I 1:6. mit den falfchen
Göttern ſchoͤn.
2) In feiner Weltregierung und Vorſorge.
Er ſorgt fuͤr alles, regiert alles, ohne zu ermuͤden,
regiert immer nach einerlei Grundſaͤtzen, und befördert
durch alles, in allem und zu ieder Zeit die Vervoll—
fommnung und Glücfeligf. des Ganzen und befons
ders der Menfchen.
3) Gort if unserdnderlich in Anfehung der Zeit, f.
Emwigfeit.
4) Rad f. Willen verändert ſich Gott nicht, d. h.
nicht in feinen Geſinnungen. Jeder ſ. Rathſchluͤſſe
und Verheißungen iſt nach der Beſtimmung ſ. untruͤgl.
Verſtandes gefaßt, bleibt ewig unwandelbar. Wir
ändern unſere Entſchließungen, da ſich unſere Einſich⸗
ten durch Nachdenken, unſere Urtheile und nach reife—
‚ver Ueberlegung und nach gemachten Erfahrungen ums
fere Grundf. ändern. * Wir ändern unfere Neigungen
fo, mie unfere Empfindungen Icbhafter oder matter,
unfere Bedürfniffe fiärfer oder geftißt, und die Gegen-
fände unferer Begierden ung naͤher oder entfernter
werden. Finden wir unfere Entwürfe PORN
oder fehlerhaft, oder ſchaͤdlich, fo ändern wir fie ab.
Der hoͤchſte Verſtand aber, für welchen nie ein Gegen—
fand neu, Feine Betrachtung verbeffernd, fein Urrheil
taͤuſchend iſt, iſt daher allen ienen Gefahren der Ver—
aͤnderlichkeit nicht unterworfen. Der Grundfaß des
Beſten iſt nur Einer, die Wahl nach demſelben feſt,
die Handlung darnach Feiner Neue oder Verbeſſ. aus—
gefest. Gottes Vorſchriften find deshalb uns
veränderlich, ſowohl die natürlichen Gefege als die
fieelichen, deren Dauer und Unmandelbarf. die Ord—
nungeder Welt erhalt, und die er nie den neugierigen
Wünfchen der wunderfüchtigen Schwäche u. den. ver-
fehrten Neigungen der finnl. M. zu Gefallen aufhe—
ben wird, Pf. 119, 89. Die Uns. Gottes macht aber
deshalb nicht die Handl. und Schickſ. der M. —
wendig, Allwiſſenh. Gottes, ır Th.
132 f. und Rathſchluͤſſe Gottes, 2ter Sp. er
304 f. Dann, wenn die Bedingung von uns M. er
Chriſtl. GT. Lehre fd. Canzelgebr. 3 Th. Sf
0 : U.
Unveraͤnderlichkeit Gottes, (was?)
fuͤllt wird, „wird Gott das, was er vorher wollte,
(das, was wir uns denken, was er gewollt habe)
nicht mehr wolien muůͤſſen.“ — Dieß iſt eine unnuͤtze
Beſorgniß. Dem M. iſt es ungewiß, ob ſeinen Be⸗
dingungen ein Genuͤge geſchieht oder nicht. Der M.
faßt erft nach den Erfahrungen hierüber feine be-
ſtimmte Entfpliegungen, Fehrt auf dem angefangenen
Wege wieder um, und wird anders. Das ift bey
&ott nicht, dein er wußte vorber, ob feine FKorderuns
gen befolgt werden oder nicht. Die Vorherfehung
beſtimmt Gott zu feinen Entfehliegungen fo, wie wir
M. durch ſpaͤtere Erfahrungen beſtimmt werden, ſ.
Wahrhaftigk. Gottes. — Kurz: Gottes Vor—
fellungen, - Entfchließungen und feine Große bleiben
immer diefelben, denn fie find nothwendig und weiſe.
Er tft unendlich » vollfommen.
Im Örunde liegt Gottes Unveraͤnderlichke. in ſeiner
Ewigk. und — Unabhängigfeit,
Betrachtet man Gottes Unveraͤnderlichk. in Ruͤckſicht ſeines We⸗
ſens — fo iſt fie Einfach heit; in Hinſicht feines undes
ſchraͤnkten Daſeyns if fie Ewigkeit (Uufterblichkeit); im
Ruͤckſicht nnabäanderlihen Liebe gegen ſ. Geſchoͤpfe
if fie Treue und Wahrhaftigkeit, fo wie auch Ges
rehtigfeit, In —— ſeines Bühl seo it fie All⸗
wiifendeit, —
Meder die Vibel zuweilen von PER in Gott, fo müffen
wire dabey denfen, cab fie dag, was fie ung von Gott fagen
will, nicht deutlicher machen kanu, als wenn fie. es uns
menſchlicherweiſe vorſtellt; nur muͤſſen wir es eben ſo wenig
eigentlich verſtehen, als wenn fie Gott Augen, Ohren, Haͤnde ꝛc.
beylegt.
„Sieh, in der Ewigkeit nimmer ermeſſenen, nim⸗
mer beſchifften
Ocean treiben die Zeiten, und dringen fi) Wog'
auf Woge!
Schau, wie fluthen die hundert, wie rollen die
faufendmal TZanfend
Brauſend dahin, uud reifen hinmeg in wirbelnden
Strudeln
Alles, was iſt und war und ſeyn wird! nur die
Gottheit
Bleibt, wie ſie iſt und war, und der Gott—
heit Tochter, die Tugend.“
Krug
| Mm; 451
Unveränderlichkeit Gottes, (Beweiſe.)
II. Bemweife
1) Ohne Underänderlicht. wäre Gott fein vollkommnes
Weſen und fein reiner Geil. Der Glaube an diefe
Eigenſch. gehört notöwenbig zum Glauben an Gottes
unendli che Vollkommenheit. Shne denſelben finden
feine würdigen Begriffe von Gott und femme richtige
Religionslehre und Religionser kenntniß ſtatt. Man
muß Gott eine ganz uneingeſchraͤnkte Vollk. beylegen,
weil ſonſt ein anderes Weſen als vollkommner gedacht
werden koͤnnte, und es dann auch nicht mehr wider—
ſprechend wäre, fich dieß vollfommnere Weſen auch
als den Urheber des minder vollkommneren zu denken.
Gott aber denken wir als das einzige nothwendige
Weſen, und als den letzten Grund alles außer ihm
Wirklichen. Er iſt ia das Weſen ohne Anfang und
Ende, welches durch fich felbft ſtets mirflich ift, bat
fein Dafeyn von feinem andern und iſt die Duelle
‚ales Dafeyns. Vollkommenheit fann alfo nie, in irs
‚gend einen Zeifpunft nie ohne Begriffe von Gott ges
frennf werden. Dan Fann alfo auch feine Verändes
rung in Gott denken, weil Gott zu Feiner Zeit anderg,
als unendlich » volfommen und weder vollkommner
noch unvollfommner gedacht werden fann. Ihm Fann
nichts fehlen und wird nichts fehlen, was zu dem
Begriffe eines vollkommnen Weſens gehört. Denn
wäre dieß, fo wäre er ia nicht das vollfommenfte
Weſen und nicht mehr Gott. Kin Wefen, dag ein—
mal nicht. als das vollfommmenfte gedacht wird, kann
nie, ale wäre es hernach dag volltemmenſte geworden,
gedacht werden. Denn im vollkommenſten Weſen iſt
‚fein Werden, ſondern nur ein nothwendiges Seyn
denkbar. Jede Veränderung in Gott gereichte ihm
‚entweder zu höherer Vollkommenheit oder Unvollf.
Bolfommmer kann er nicht werden, denn er iſt fchon
der alervollfommienfte. Unvollkommner kann er aud)
nicht werden, denn dag widerfpricht feiner Natur. Er
muß alfo bleiben, wie er iſt. Ohne unveränderlich zu
ſeyn, waͤre Gott nicht ewig. Denn alles, was ver—
aͤnderlich iſt, iſt vergaͤnglich. Daraus aber, daß Gott
Schoͤpfer aller Dinge iſt, erhellt, daß er ewig iſt.
Er wer alſo, che etwas war und kann Daher nicht
geſchaffen feyn.
fr 2
452 u.
AUnveranderlichfeit Gottes, (Anmendung.)
2) Ohne Unveraͤnderlichk. Gottes koͤnnte dag Gebot der
Blicht nicht unbedingt und nothwendig ſeyn.
5) Verſchiedene Schrififtellen verfihern e8, } 3. IV
Mof. 23, 145 Jar. I, 17 (f. ereget. Hand. db.
dogman Bemeisftellen, 2ten Th. ıftle Abth. S.
Ag Efermann’g Kerr d. Gl-Lehre, ar B.©.
3 f); Fr 102, 26285 18, 17; Rom. 435 11,
25. Zum The gehören auch Ef. 40, 28; Hiob 13,
19; Mal. 3, 8. bisher, in fo fern in diefen Stellen,
die immer ſich gleichbleibende Erk. Gottes in Ruͤckſ.
des Beſten der M. und die Unmöglichkeit zu irren in
der Wahl der Mittel liegt. .
Il. Dractifhe Folgerungen.
I) ie groß erfcheint ung Gott, . er underänderlich
if. Denn Gott gewinnt durd) feine ewige Fortdauer
nichts, der DM. aber gewinnt durch ieden Tag, welcher
feiner Dauer zugelegt wird. Kmigfeiten liegen vor
ibm, in welchen er meifer, beffer, vollkommner werden
fann. Dan freue fi) über Gott als eine ewig flief-
fende Duelle mahrer Stückfeligfeit.
2) Die Unveränderlichfeit Gottes beftärfe ung in unfe-
er Ueberzeugung von der Berbindlichfeie zur Sittlich-
eit; denn i
aa) Gott ift immer derſelbe. Sein Wille iſt alfo uns.
widerruflich und fein Gebot unveränderlih. Menſch⸗
liche Offenbarungen fonnen veraltern, ihr Anfehn ver:
hieren und in den Abgrund der DBergangenheit verfine
fen; feine unmittelbare Offenb. bleibt ewig und über
alten Einfluß der Zeit erhaben, Luc. 16, 17. Man
glaube und befolge daher die ewigen Wahrheiten,
welche Gott nach feiner unveränderl. Gute und Wahr:
heitsliebe durch die Vern. und Schrift geoffenbart
hat. Man befolge Gottes unveränderliche Lehre ohne
Ermüben.
bb) Der Ungebefferte entfage beym Glauben an die Un»
veranderlichk. Gottes der thoͤrichten Hoffnung, daß
man auch ohne ganzliche Beflerung, auch ohne fich
von allem Bofen zu reinigen, Gott gefallen, und zu
einer wahren — dauerhaften Glüdf. gelangen fonne.
Denn wie Gott unveränderlic) am Guten fein heiliges
Wohlgefalle n hat: fo ift auch fein Heiliges Mißfallen
am Boͤſen, und feine Gerechtigf. unveränderlich, die
| U. 453
Unveraͤnderlichkeit Gottes, (Anwendung.)
dem M. feine Gluͤckſ. oder Ungluͤckſ. nach feinem Ver—
halten zumißt. Der Laſterhafte erſchrecke vor ſich
ſelbſt. Unmöglich iſt es, daß feine Laſter ie Gott ge—
fallen werden, nie wird er ſie billigen, bey denſelben
des M. Wohlfehrt befoͤrdern und feine Laſter unge-
ftraft laſſen.
cc) Unveränderlich find Gottes Berbeiffungen und Dro-
hungen. Man fürchte dieſe, um die Sünde zu mei⸗
* n, man hoffe auf iene, um das Gute zu thun. Ver⸗
fließt auch eine noch fo lange Zeit, che das Verſpro—
chene erfuͤllt wird, che der Lohn einfstt, ſo iſt 8
tes Zuſage weit ſicherer, als ob M. etwas vor einer
Stunde Ageſogt haben. Durch Froͤmmigk., bat Gott
zugeſagt, ſollen wir gluͤcklich ſeyn, und wir konnen
uns ohne beſondere Verſicherun gen darauf be ‚erlaffen,
denn Gott ift in f. Verheiſſ. unveraͤnderlich, Ser. 17,
7. Dieb. Schrift fagt deshalb: wer fih auf Soft
verlafie, der bane auf einen Selfen, wer fich aber anf
M. verlaffe, der baue auf Sand.
3) Welche Beruhigung gewährt die Ueberzeugung ven
Gottes Une. er bleibe fich immer gleich. Den
Frommen behält ‚Gott immer lie Gottes Wille if
es, ben Srommen vollfommen stück ich zu wiffen. Dies
fer Rathſchluß ift unmwandelbar. Alſo kann, wenn
wir nur ſelbſt wollen, — den Lauf zu unſerer
großen Beſtimmung aufhalten, es darf alſo nur unſer
Wille rein und beharrlich ſeyn, wie der ſeinige, um
uns aftieden und gluͤcklich zu machen. Den From—
men leitet Gott immer gut, ſorgt fuͤr ihn, ohne zu
ermuͤden und befoͤrdert ſeine Vollk. und Gluͤckſ. ohne
Aufhoͤren. — Gottes Rathſchluͤſſe ſind von uner—
ſchuͤtterlichem Beſtand; wenn ſich "auch alles vers
ſchwoͤren ſollte, ſie zu vernichten, Spr. 19, 21. Wir
koͤnnen und follen ibm daher feft vertrauen. Bey
allem Wechfel und Unbefiand des a rdiſchen beruhige
uns dieſer Glaube durch die Hoff ER: auf eine hoöbere
unfichtbare und unwand eibare Dronung der Dinge,
in welche einzutreten Hier unjer Beruf, und in welcher
uns unfer wahres Wohl von Gott bereitet it. Man
glaube, daß unfre Gluͤckſ. unwandelber ik, welche nie
unter der Aufficht und unter den Händen veränder-
REN d. ihre SSeftigkeit Ar
454 u. V. BE
Unveränd, Gottes, (Anw.). Vater, (Gore ift Vater.)
4) Man ahme Gott in der Seftigkeit des Charakters
und in der Unbeweglichkert guter Gefinnungen nach.
Han fey alfo auf der einen Geite nicht tadelnswür-
Dig veränderlich in allem Guten, oder vollig charak-
terlos, auf der andern Seite nicht flarrfinnig und ei»
genfinnig. Man unterrichte den Verfiend wohl, Fläre
feinen Geift vorzüglich durch die unveränderliche helfe
Belehrung der h. Schrift anf, überlege ales wohl
und reifich, hoͤre Gegenvorftellungen mit Gelchrigfeit
an, dann aber fen man auch in Sefinnungen und äuf-
ferem Betragen und in iener Tugend ganz unveräns
derfich, unbeweglich und darın ununterbrochen fleißig.
Gleich dem Selfen, gegen welchen die Winde vergebens
fehlagen und toben, und an welchem feldft die fuͤrch—
terlichen Wellen des Meers fich brechen. Gleich der
Sonne, die zwar Wolfen bedeefen u. Nebel im Wohl—
thun hindern Fonnen, die aber ftandhaft und unver:
rückt ihren Lauf fortfeßt, und wenn auch Stürme und
Gewitter unter ihr wuͤthen, fo bleibe fie doch immer
heil, rein und wohlshätig. So auch der Chrift; I Kor
15, 58; Eph. 4 14; Ebr. 13, 8. 9. ne |
Bol. Raus Materialien zu Canzelvortraͤgen über
die Epifteln, 4 Thls ir Abichn. ©: 37 f.: „Betracht.
u. Anm. d. Lehre v. d Uns. Gottes; M. 5. 4.
Mayer's Derrachtungen über die gottl. Eigenfchaf-
ten zur Belehr. und Erb. SHeilbron 1791. $. Wr. 2.
Gottes Unveränderlichkeit über Sac. I, 17. —
V.
Pater — Gott iſt Water der M. Pf. 103, 13;
Ef. 63, 16.
T. Gott beißt Vater über alles, weil er der Ur--
heber und Verforger der Gefchöpfe ift, und weil die
fi) mit denfelben zutragenden Veraͤndetungen einen
für die empfindenden lebenden Gefchöpfe fehr wohltha-
tigen heilfamen Zweck haben und erreichen, indem da⸗
durch ihre Erhaltung, ihr Nutzen und Vergnuͤgen be—
fördert wird. Wir M. gehören zu dieſen Geſchoͤpfen
und find Gottes Kinder, d.h. wir verdanken ihm
2. 455
Vater, (Gore ift Vater) | i
unfer Daſeyn und unfer Glück. Er Befördert unfere
leibliche und geiftlihe Wohlfahrt Er ift unfer
hoͤchſter Wohlt haͤter, und mir ſtehn mit ihm als
ſolchem in der zaͤrtlichſten Verbindung. Er ſorgte mit
gleicher Milde nicht nur fuͤr unſere Beduͤrfniſſe, ſon—
bern auch für unfere Bequemlichkeiten und unſere
Vergnuͤgungen. Gott iſt zwar als Schoͤpfer und Er—
halter ber eigentliche hoͤchſte Oberherr und Eigenthüs -
mer der Melt und der M., der ganz nach feinem Be:
lieben mit ihnen fihalten und walten koͤnnte, wie en
will, der fie quälen und vernichten Fonnte, wie er will,
der wenigſtens dazu die Macht hat, welche ihm nie-
mand flreitig machen und nicht rauben kann. Allein
feine ganze Regierung zeigt, Daß er es nicht darauf
angelegt hat, blos feine Dbermacht und alles übers
wiegende Gewalt zu zeigen, fondern zugleich auch in
allen feine Güte zu offenbaren, indem er alles zum
Gluͤck und Wohlfeyn der Geſchoͤpfe eingerichtet hat. Alle
Veraͤnderungen im Ganzen genommen, alle uns gege—
bene Geſetze find heilſam und nuůtzlich. Der Zweck
ſeiner Regierung iſt auf das Gluͤck der Geſchoͤpfe ge—
richtet. Wir muͤſſen ihn daher als Vater, als einen
wohlthaͤtigen — guͤtigen Regenten, als Freund und
Wohlthaͤter betrachten, weil er das wirklich iſt, und
Ra auch als folchen immer in der That gezeigt Hat
und noch immerfort fo zeige. Dieß befördert bey
uns mehr Vertrauen und mehr teilligen herzlichen Ge—
borfam gegen feine Vorſchriften. Alte M. gehös
ven zu einer Familie, alle haben einen Va—
fer. Er liebt alle, will allen wohl und ſucht alfe
gut und felig zu machen. Er ift aller Wohlthäter,
Joh. 3, 16; 1 im. 2,:4:
Zunaͤchſt bezicht ſich das: aller Bater, auf bie Beit ter Entſte hung
des Chriftenthb., jo daß es beißt: Gott if nicht blos der Sus
den — fondern auch der Heiden Vater. Er liebt fie ale
- Matth. 8, ı1. 12. Joh. 10, 16. Möm. 3, 29,
1) Er iſt ein liebevoller Water, frei von Haß, Zorn
und Rachſucht, mehr Water als Herr, der nicht knech—
£ifch gefürchtet, ſondern kindlich geliebt ſeyn will.
I ob. 4 105 Joh. 3, 175 16, 26; Roͤm. 8, 5. ſ.
Allguͤte.
Lee}
456 B.
Bater, (Gott ift Vater) [Anwendung]
2) Er iff ein Heiliger Vater, der die Tugend Liebe und
die M. blos nach ihrem er ſchaͤtzt, ſ.
ligkeit Gottes.
II. Bractifche Bemerkungen.
N Sf Sort unfer W., fo lerne man * als ——
unſers Daſeyns verehren, fühle feine Abhaͤngigkeit von
ihm und vertraue ihm wegen ſeiner liebevollen Geſin—
nungen.
2) Man denke ſich Gott nicht als einen irdiſchen ſchwach
geſinnten unvollkommnen Vater, wie letzterer gewoͤhn—
lich iſt. Der Sohn verehrt in ſeinem Vater den Ur—
heber feines Lebens, den Pfleger und Verforger feiner
‚Kindheit, den Geber alles deffen, waß er bedarf. Er
erkennt e8 an, daß er ihm Achtung und Gehorſam
ſchuldig iſt, und verläßt ſich, wo er iert und fehlt,
zutrauungsvoll auf feine Geduld und Schonung. Das
altes finder ohne Ausnahme auch im Verhaͤltniß der
M. gegen Gott ffart. Aber man denfe fih auch, wie
der Sohn huͤlflos, unmündig und gänzlich ven ber
päterl. Gewalt abhängig iſt und denke fih, wie ohn⸗
mächtig der M. geaen Gott ift, und wie iedes Auf:
lehnen gegen den Willen des Allmächtigen den tho-
richten Entgegenftreben des Kindes gegen die Kraft
des Vaters afeicht. Mean fey alſo demürbig gegen
Gott, und ſtrebe mit allem Fleiß, Gottes VBorfehriften
zu erfüllen. Man nehme alles, was er ung befohlen
beat, mit Endl. Vertrauen in der Ueberzeugung an,
daß e8 und nüßlih if. Mau erfuͤlle Gottes Willen
aus kindlicher Liebe freudig.
Kein guter vaͤterlicher Erzieher wird leidenſchaft—
lich und willführlich verfahren. Sein guter Vater ift
parsheiifch gegen eines feiner Kinder, er wechfelt nicht
Hachficht wir Strenge, wenn auch die a tgebungen
von gleicher Art find, er gibt nicht den Thraͤuen und
Hirten nach, begnadigt nicht den Straffälligen da, wo
die Strafe unfehlbar beffern, und großere Uebel ver-
huͤten wird, und er uberhäuft nicht mit Gaben und
Wohlthaten, wo er deg mweifen Gebrauchs noch nicht
aanz ficher if. doch weniger liebt Gott, einen M.
mehr als den andern, er nimmt e8 mit bem einen fo
genau alg wie mit dem andern, nur unter der Bedin—
gung der Beſſ. des Sinnes und fLebeng. vergibt er.
Er V. 457
Vater, (Gott iſt Vater) Anwendung.)
Er iſt die Liebe, aber nicht in dem Sinne, als der lei—
denſchaftliche Menſch dieß waͤhnt. |
Gerade darin beſteht die hoͤchſte Güte des großen
Menſchenvaters, daß er von feinen Kindern eine un-
“bedingte Unterwerfung unter feine beil. Borfchriften
verlangt, daß dag Mach friner Billigung und Miß—
biffigung lediglich durch den fitel. Werth des SR. be-
ſtimmt wird, da iede andere Ruͤckſicht unter der Würde
des vollkommenſten Berftandes und Willens if. In
Abſicht des Nachlaffeng von der Strenge feiner Ge—
feße ift Gott m: Ban. Aber fie gehen ia alle von
der Gorge für unfe r Wehl aus, und zwecken auf die
Vermehrung ee Bolfommenheiten ab. So ſchwer
‚auch unfern finnlichen Neigungen zumeilen bie Erfuͤl⸗
lung derſelben iſt, ſo waͤre doch iedeg Nachlaſſen der
übelfe Dienſt, den ung Goͤtt erweifen fünnte Selbſt
die mit der Uebertretung der Gefege verbundenen Uebel
find nur Beweiſe Der ergiehenden Vaterguͤte. Der
Sohn wird ſich willig Bingen laſſen, damit er wei—
ſer und beſſer werde, Ebr. 12, 5. 6.
Wir alle find. Gottes Riuder, feine. Unterthanen.
Melches Kind — welcher Unterthban follte nicht wuͤn—
fhen, feinen Vater, feinen guͤtigen Beherrſcher näher
fennen zu lernen, und verlangen, recht viel, fo viel als
es nur moͤglich iſt, von ihm zu wiſſen?!
Als Vater will er unſer Beſtes dadurch, daß wir
ſeine Vorſchriften befolgen. Es wird ihm alfe gewiß
unfer DBeftreben, in guten Gefinnungen und Wandel
täglich vollfommmer zu werden, gefallen, und ung dar:
in ſchuͤtzen und beſtaͤr ken, und einſt es herrlich be—
lohnen.
3) Man mache ſich Gott ahnlich und erhalte nicht nur
dieienigen, welche uns angehoͤren, ſondern ſchaffe auch
— Freuden.
m Sott iſt V.“ dieß beruhige un denn als V.
— er uns, er will unſer Wohl, th hüt alles, um
uns zu erhalten, zu ſchuͤtzen und zu begluͤcken. Als
V. wird uns Gott in Leiden nicht veriaffen, ſondern
beifen und alles zu unferm Beſten wenden. Auch in
der letzten Lebensſtunde wird fich Gott unferer anneh—
men, ung befreien von den Banden dieſes RE 8 und
uns in das befre Leben hinüber bringen. Da Gott B.
458 V.
Verdammung. Verdienſt Jeſu Chriſti.
iſt, ſo iſt auch gewiß für den M. ein anderes Leben,
f. Unfterbligf. 8. Seele, I. 3. oben ©. 415 f.
Bol B. Klefeckers Gethfemane, Hamb. 1797. 8.
©. 34554: „Bott ik Vater; Gintenis2te Pos
file, zr Th. ©. zır-130: „über die Gedankenfuͤlle
der Vorſtellung: Gott iſt Vater;“ über Rom. 6, 13;
Daß die Ehre von Gottes Vaterliebe die Grundlehre
der chriſtl. Rel. ſey. Eins Bredigt, am aten Weihe
nacjistage von ©. €. Cannabich. Gonbershanfen
Ton gr8ß— 22
Berdammnif. BETEN
Gott verdammt den D., Heißt vom Bildlichen
entkleidet: er mißbilligt die Sünde und erklärt, daß
fie den M. ungluͤcklich mache. — = *
Bon d. Verdammung des Unſittl. nah d. Tode iſt
oben in Art. Holle die Rede gewefen, f. auh Welt—
gericht.
Verdienft — (Verdienfte) Jeſu Ehr., f. den Ur. 3
Sefus, arTh. ©. ı70; Efermann’s Handb.
d. ÖlLehre, 37 D. ©. 638.
Gegen dag Vorurtheil von der Ergreifung und
Zueigrung des Verdienfies und der Ge-
rechtigkeit Jeſu Chriſti von dem auch nicht Tu—⸗
gendhaften — kann der Rel.-Lehrer nicht oft und
ernftlich aenug reden. Beym fremden Verdienft laßt
der M. feine eigene Kräfte ungebraucht, befümmert
fich um fein Selbftverdienft, lebt unnuͤtz für die Welt,
denkt nicht dran, anf fich felbft zu wirfen und an fich
felbft zu arbeiten. Und doch iſt Gelbfithätigkeit Be—
ffimmung des M., Gal. 6, 9, f. Sintenis ate Po-
file ır Th. S. 59. |
Dal. Salzmann?’ 8 Goftesverehrungen, ıfte Samml.
Nr. 2. ©. 28:40 ‚rüber Die Verdienſte Jeſu um die
menfchl. Gefelfch.;" Wolfs Auszuͤge aus ſ. Predd.
üb, die Evang. gr Jahrg. ©. 257:60: „wie wir. ung
am befien zu einer dankbar frohen Empfindung ber
Verdienſte J. Ehrifti erwecken koͤnnen,“ am ın Weihn.⸗
Tage; Greiling’3 neue praft. Materialien zu Can-
zelsvortraͤgen üb. d. Evangelien, aus Kants Schrif—⸗
V. 459
FE (ſittl. der Menfchen.)
fen, I B. 18 Heft, am ın Adv. ©. Nr. 6 ; ‚Achtung
iſt Die erfie Verehrung unſers Herzens, die wir den
Verdienſten Jeſu nicht verweigern koönnen. — —
Verderben oder Verderbniß a des Menſ.,
Verdorbenheit (ſittliche) Roͤm. 3,23.
(Das radicale Boͤſe.)
„Gehoͤrt die Lehre von dem ſittlichen Naturverderben des M. in den
Religionsunterricht für das Volk und f. d. Jugend? — und
wie iſt ſie darin vorzutragen?“ Ein Fragment aus einer —
leſung von Dr. Knapp in Halle — in I. 8 Ewald
chriſtl. Monatsſchrift 2r Sabre. (1402) 2r Band ıfles Ethe.
Shi —— theol, Unterſſ. 1 DB, 2ties St. ©, 105:159: „die
Ertfände und ©. 159 200: „die Gäte der menſchl. Natur”
vol. deſſelb. verm. Aufl. IB. iſte Samml. ©, 143 f.
169 f.; Starge’s theol. Symmitta, 2te Samml. Nr. XL
©. 2085231: „Etwas Uber die Erbſuͤnde“ wier W. A.
Teller |
- Be N. P. D. Bugge de ververfitate humana mo-
rali, eiusgque origine et ratione univerfa,
Diff. inaug. Göttingae 1796.4. 02% D. Vf. hans
dels v. d. Natur und dem Urſprung des Hanges zum Voͤſen,
gibt die verfh. Meinungen der Theol. u. Philof. über diefe
Lehre an, erklärt die mof. Lehre vom Suͤndenfalle und beweift,
dad dieſe Lehre richtig verfanden nichts Gottesunwuͤrdiges ent:
halte; Gchners Schrift, f. ıv IH. dieſer Gl.-Lehre ©. 2r7;
de malae voluntatis ratione et originibus „... diflerit
G. Fr. Seiler, Erlangae 1802. 4. 2 Bogen, Gtein>
bart’s Gluͤckſ.-Lehre ate A.8,24..©,. 50 5,3.5.43. ©,100;
6. 49. ©. Iıo ff. vorzügl, 9. 50. S. 114 f5 Doeder⸗
lein’sinft, Th. chr. T. I. $. 182-192. ©. 32:99; def;
felben Rel,: Unterer. IXr Th. ©. 164:238; Schulz Ers
Eenntnißlehren des Chrifienth. Ir Th. ©. 43:60, 9. 158.
1595 Ammons bibl. Theol. 2te Aufl, ır IH. ©. 3395
Niemeyer’s Briefe an NRel.:Lehrer, 3te Samml. ©. 80:
108; Mori comm. exeg. hift. in epit. Vol. I. p. 492:508 3
Stäudlin’s Dogm. u. Dogmengeſch. Ile Ih. ©. 575:593;
vorzuͤglich ©. 388 f5 Reinhard's Vorleſ. Gb. die Stanz
benäl, 9. 82:84. ©, 29553105 Kant’ Melig. innert, d
Er. d. bloßen Vern. ıfes St, „v. d. Eimwohn. de3 böſen
Princips neben dem Guten oder Über das radicale Boͤſe.“
T Sf die ſittliche Verdorbenheit dem M. an-
geboren? kann man cine fogenannte Erb
— (das ſittl. Erduͤbel) annehmen?
460 V.
Verdorbenheit, (ſittl. der M., gibt es eine Erbſuͤnde?)
Man behauptete ehehin und noch ietzt haͤufig, daß die Natur des
M. durch die Suͤnde der beyden erſten M.vbllig verderbt,
zu allem Boͤſen geneigt, Tür alles und iedes Gute abgeneigt
ſey, oder, daB durch vie eine Sime Adam's und Eyvars
die Menfchen eine ſehr farkfe Anlage zum Gündigen,
eine dadurch zerrüttcte verderbte Katır erhal:
ten und auf alle ihre Nachkommen fortgecerbt
hätten, fodaß iedem Kinde die ſittlich verdor—
bene Natur angeboren würde Der M. ‚ fagte man,
erhielte mit feinem. Lebensanfange auch die firtlich 2 Veröorbene
Natur und dadurch die Beſtimmung zur Sfnbe und zum
‚ewisen Ungluͤck. Man beſtimmte die Erbſuͤnde als ven
Mangel der anerfhafftten SKeiligkeit, oder ais die durch Adams
Fall veranlaßte innere Verderbniß der menfchl. Natur, als eine
Beraunbung der urfprüngl, Gerechtigkeit und als Peisung .
zu allen umd ieden Sünden, die uns der göttlichen Strafen
"and. ewigen VBerdammniß fehuldig machte.
Man bewies tie vermeinte Erbſuͤnde hauptfüchlich aus den Stellen,
I Mof. 0,.53 8,988. Ih.5l. 85, son 3.06; 'Eph, 3 3*
wel. a, d Bibl. 109 8. 2 St.
7,.1727205 Sat. 2, 1a. TE; Ein, 12,110 E man, 32,
Allein man hat gründlich gezeigt, daß in diefen Stellen gar Eeine
Erbfünve liegt, 3. B. Pl. 51, 7. (wo David nur von
fich, nicht von allen übrigen M. redet) fagt nach d. gewoͤhn⸗
tichen Ueberſ. entweder ur: der M. von fehlerh. fündt,
und unvollkommnen Eltern achoren — kann ſelbſt nicht anders
als fehlerhaft, fündigend und unvollfommen feyn ; er fündigt
son Sugend au; man Hal. Knapps Pfalmeniberf. 2te A.
©. 206. 7. 95 oder es if nur eine Fühne — dichteriſche
Ausrufung, welche fangen fol: meine Eitern waren nicht flek⸗
kenlos, wie follte dev Sohn ſolcher Eitern ohne Suͤnde feyn?
In Roͤm. 5, 12. ſteht ia nicht, dab fih die Neigung zum
Suͤndigen durch die Erzeuaung fortpflanze, fondern nur: Adam
bat zuerſt gefündigt und gleihfam die folgen:
den DM. mit der Günde befannt gemacht. Seine
Nochkommen Haben ja nit in ihm ſelbſt geſuͤndigt. Dieß
fireitet auch gegen Paulus Worte: die nicht mit gleider
@) ch geftehe es, daß die Leber. Doderlein’s: bin ic
darum geboren daß ich fündigen foll? Bin id
darum von meiner Mutter empfangen worden, um Der:
brechen zu begehen? im Hebr. feinen Grund hat. ©. 5.
beftitigt es ie, daß David V. 7. nichts anders jagen
will, als: ih war von Kindesbeinen an ein Sünder. Er
erinnert fih an feine vorher — in f. Jugend begangenen
Sunden mit Reue.
u | 46i
Verdorbenheit, (ſittl. der M., gibt es eine Erbſuͤnde?)
Uebertretung wie Adem gefündigt —— Das
——— — zeigt die An lage zum Suͤndigen, den Hang
3. Boͤſen an; Roͤm. 7, 15. druͤckt Paulus im tiefen Gefuͤhl
ſeiner ohren: Schwäche fidy febr Fark aus, und reitet nur
von dem, was oft bey ihm der Tall ſey; dieſes wird aber in
der populaͤren Eprache fo ausaedrädt, als wenn c3 immer der
Fall ſey. Naͤhme man das Leste buchſtaͤblich an, fo koͤnnte der
Ap. gar nicht ein moralifch guter M. beißen, Ueber dieſe
und die uͤbrigen Stellen, ſiehe Schmid's Lehrb. d. Dogm.
©. 150. 151; Am mon's bibl. Th. ır B. 2te A. ©, 3223
39 Morus a. DD; allg. d. Bibl. 46n B. 18 St. ©.
"92 295; Betr, üb. d. eigenth. Gl.-Lehren ©, 231 f, Kant
beruft fi, Ca. a. D. ©. 25 f. nach d. Nachdr.) um den verz
dorbenen eingewurzelten Sana zum Boͤſen im M. zu beweis
fen, auf bie ———— und Geſchichte, dagegen vgl. man aber
nu 6 t S34
&3 if hier zu ausführlich, alle die vielen gehaltvollen Stellen neue—
rer Theol. und Philoſ. gegen die Erbſuͤnde herrnegen ich
enge mich auf die Erwaͤhnung ſolgender ein.
Schon Thomas Barcker in the Duty circumſtances and Be-
Tr
nefits of Baptism 1771. 8, feyrieb; „Die Ausſpruͤche der h.
„Schrift, die man gebraucht, um die Erbſuͤnde zu beweifen, ber
„weiſen entweter nichts uͤberall, wern wir fie in ihrem Zu—
„ſammenhange betrachten, oder fie find zu unbeſtimmt. Im
„Segentbeil ift diefes die Lehre der h. Schrift, 208 richte
| „Suͤnde fey, als was freymwillig Boͤſes geichieht, weld;ed gewiß
„bey einem neugebornen Kinte nicht fiatt finden Fann. Die
„Ap. eben, ald wenn fie voraus gefeben, daB in ver Folge der
„zeit ein aanz entgegengefegrer Begriff entfieben würde, reden
„daher von einem Kinde, als einem unſchuldigen und einem
„Beyſpiele ver Unſchuld, nirgends ater, als einem folchen, der
„voller Sünden wäre, wiewohl das Kind noch gar nichts er:
„kennt, Die Lehre von der Erbfünde ift Eeine fehriftliche Lehre,
„ſondern ift nach den Zeiten der Ap. nach und nach eingeführt
„worden, — ben jo fihreiöt Harttey Betrachtt. uͤb. den
MM. ins Deutſche ꝛc. Roſt. 1772. IB. ©, 235 ff: „der M.
„darf nicht feine eigenen Vergehh. einem urſpruͤngl. Verbre—
„chen feiner Stammeltern zufchreiben, wosurc etwa ein Hang
„zu Ähnlichen Uebertretungen in der Nachkommenſchaft erblich
„geworden wäre, (denn willkührliche Handlungen konnen nichts
„aAnerbendes bey fich führen); ev muß vielmehr das von ienen
„Seſchehene mit vollem Rechte, als von ihm feibft aetban ans
„erkennen, und fi) von allen Uebeln, die aus dem Mißbrauche
„einer Vernunft eutipringen, die Schuld gaͤnzlich ſelbſt bey—
„meſſen.“ — „Nie und nirgends Ichrt die Bibel, daß wir im
„Ser Erbſuͤnde empfangen und geboren werten; denn von Erb—
„ſuͤnde Weiß fie gar nichts, fondern blos unſere alten Dogma—
„titen find es, Die viefes Leber infient Bat. Die Vibei be:
462
Verdorbenheit, (ſittl. der M., gibt es eine Erbſuͤnde?)
„ſchreibt Adams Suͤnde blos als den erſten Anſang aller Suͤn⸗
„de und alles des Elendes, was in d. Welt natuͤrlicher Weiſe
„aus den von Adams Zeiten anfangenden und nachher immer
nfortaefegten Günden entfprungen ift *), „Die Urauelle ver
„ganzen moral. Vervorbenheit des M. im Sündenf. des erſten
„M. und deſſen aug. Zurechnung zu ſuchen, iſt eine in ver
„Bibel ungegruͤndete une für Gott ſelbſt hoͤchſt entehrende Meis
„nung. Mun muß te zuverlaͤſſig zur immer erſt in die Dis
„Bei hineintragen und bey ihrer Erklärung fon zum Grunde
„legen, wenn man fie daraus herleiten will. Nicht Paulus
„bat fie gelehrt. Er fast blos, daß ale M. fp wie Adam,
„gefündigt Haben, ©. h. fo wie er — verführt dur Sinn—
„lichkeit ff. Diele Hypoth. iſt eten fo hoͤchſt etitehrend für
„Gott feleft, und iſt mit allen vernünftigen Begriffen von feiz
„nen Eigenfchaften, Werken und Abſichten unvertraͤglich. Denn
„eine einzige Sünde, und noch dazu bloße Uebertretung eines:
„ſo ganz willtührlichen Geſetzes, mit einem uͤbernatuͤrlich ge:
„wirkten Verlufte (denn natürlich ließe er Tod) gewiß auf keine
„Weiſe ſich erfiäcen,) aller Neigungen und aller Kräfte zum
„Buten, mit einer beftändig fürtretenten moral. Verdorbenh.,
„oder mit der theol. Erbſuͤnde zu beſtraſen, das iſt eine nur
„bey einem Unmenſchen, der an der Zerſtoͤrung des Guten
„ſeine Freude findet, nicht aber vom Allweiſen u. Allg. denk⸗
„bare Strafe, der das Werk ſ. Hände unmoͤglich ſelbſt zu feis
„men Abfichten unbrauchbar machen kann, um es etwa taliter
„gualiter in ver Folge wieder berzuftellen, Der Vater wird
„das gefallfene Kind nicht mit allen ſ. Nachk. an Händen und
„süßen laͤhmen wollen? Wie kann man Gott beymeſſen, daß
„ex mit einer eigenen, zu diefem Erfolge abjichtlich gemachten
„Veranſtaltung dem M. einen Falftrik zu einer Sünde gelegt
„babe, die nicht nur ihn feibft, fordern mit ihm aud) zugleich
„das ganze menſchl. Geſchlecht durd eine Art von abfolutum
„decretum in's Berderben 509g? Warum fol man doch zu ei—
„nee Hypotheſe ſ. Zuflucht nehmen, vie fo unendlich große
„Schwierigkeiten bat, da man doch alles weit leichter, natuͤr—
„cher und Gott anfiändiger erflären Fann?! **) — „Man
„verkenne doch nicht die Würde der menſchl. Natur zur Ehre
„des Schövfers, man entwärdige nicht den Menfhen, man
„geböre nicht zum Haͤuflein der erdärmiichen Brüder, die da
„ſenfzen und ihre Geberden verfiellen, wenn vom gegenw. Zuft,
„des M. u. d Welt die Rede ift, die Gott einen Dienft zu
„thun glauben, wenn fie den M. zum nichiswärdigen Teufel
„berabwärdigen, Freilich hat der Verfiaud umd das Herz
„Schwächen und Blößen, aber man jchreibe fie, wie billig, auf
*) Hllg. d. Bibl. 109 B. 2 St. ©. 346.
=) Neue allg. d. B. 1 B. 2tes St. ©, 514.515.
V. *
Verdorbenheit, (ſittl. der M., gibt es eine Erbſuͤnde?)
„ste Eingeſchraͤnktheit dev menſchl. Natur, und man zeige, wie
„bey allem dem der nach Heiligung Strebende ſich eipor—
„ſchwingen und Gott und der Menſchheit Ehre machen koͤnne.
„Das ewige Scheule über Erbfünte und gaͤnzliches Fein
„dahinter fich gemeiniglich geheimer Stolz, aberglaͤubige Dammız
„beit, Heuchelei, Suͤnde und Schande verbirgt, kommt doc)
„weder Gott noch M. zu out. Eine niedertraͤchtige Geſin⸗
„mung, bey der ſich ver M. allen Werth ablaͤugnet, unter⸗
„graͤbt Muth und Kräfte, und leitet zu dem verworfnen Chez
„rakter, ta man alle Buͤberei mit feinen natuͤrl. Verderben
Fentſchuldigen wit 9, — Die Möglichkeit ver Forrpflan⸗
„zung des abamitifchen Verderbens durch die Zeugung it uns
"endlich fihwierig. Im menſchl. Semüthe, als dem Vermoͤgen
„au denken, zu fühlen und zu wollen, war eine Verſchlimme⸗—
„rung nur durch Einſchraͤntung biefer Siröfte möglich. Kat
„aber Adam nicht auf einem höheren Planeten geſuͤndiget und
ife er nicht erfi zur Strafe auf die Erde verfioßen worden,
„was 8. Biel unbekannt if; ſo bleibt eine ſolche Einſchraͤn⸗
kung unerweisiich, denn ter Erdbewohner ift ned; immer das,
was er feyn ſol — Menſch und ver vollkommenſte Bürger
„der Erde. Raubt oder befchränft man ihm nur eine Kraft
„feiner Natur, fo hört er auf Menfch zu feyn, und es ift aus
„ter Kette der Weſen ein Glied gewaltiam heransgeriffen. —
“Es ifi bis ietzt noch nicht der alten theot. Schute gelungen,
„zu zeigen, daB und wie eine einzige Suͤnde bie ganze Fürperz
„liche Eonflitution eines M—paars fo zerrütten koͤnne, daß
„dieſe plößiich angerichtete Zerfiörung noch an den Tpäteften
Nachkommen nad) vielen Jahrtauſenden ſichtbar ſey. Die
„verdorbenen Saͤfte einer Familie oder eines ganzen Voͤlker⸗
ſtammes pflanzen ſich zwar eine Zeitlang fort, aͤber in ver
„Folge infteirt entweder dieſe Verdorbenheit auch die en
„Säfte, und diefe Eranfe Menſchenrace ſtirbt ganz aus, oder
„die organifirende und heilende Naturkraft gewinnt die Ober—
„band, und es entficht eine neue geſunde Nation. Da nun
„eine x ganzliche Zerruͤttung des menſchl. Leibes in den iesinen
„Geſchlechtern weder aus chemiſchen noch anatomiichen Ver—
fuchen zu erweisen ſteht: jo dürfen auch in Ihm die Folgen
„des adamit. Falles um fo viel weniger aufgeſucht werten,
„weit durch die Zeugung ummöglich etwas Anderes, als etwas
„Körperliches auf die Nachkommen fortgepflanzt werten kann.
„Wer alſo vie Propagation des adamitiichen Vertersens in der
„Zeugung aufſuchet, der erflizt entweder das GSemuͤth mit
„allen feinen Kräften, oder doch ten Millen, die Handl. und
„Moralitaͤt des Menichen für etwas —— und iſt alſo
„in beyden Faͤllen ein grober Materialiſt. Soest man das
Neue allg. deutſche Bibl. ır Anh. z. 12:28 B. €. 22.
464 DB.
Verdorbenheit, (ſittl. der M., gibt es eine Erbfünde?)
„moralifche Verderben aber ‚weder in dem Gemüthe, nod im
„Körper, fondern in dein Berpäliniß des letztern zu dein erz
„fern, fo liegt ia theils dieſes Verhältnis ganz außer dem
„Wirkungskreiſe zeugender Eltern, theils lehrt die Erfah⸗
„tung, daB die verdorbenſten Eltern oft Kinder mit den vor⸗
„tweflichkien moralifchen. Anlagen zur Welt fördern, und daß
„in dem kraͤnklichſten und zerrüttetften Körper eines Kindes die
„geiſtvollſte — edelſte Seele. wohnen könne 9,4 „Es laͤßt fd)
„in der menſchl. Natur kein Verderben des Willens denken,
„weil derſelbe immer — das Urtheil des Verſtandes beſtimmt
„und geleitet wird. Je mehr Weish,, deſto mehr Tugend: ie
„mehr Zhorh., deſto mehr Laſter; dieß lehrt ſchon Salomo **).“
Selbſt D. Leß, wenn er gleich in ſ. Rel.-Theorie, Zzte A.
©. 501 ff. das angeborne fittl. Verderb. und eine Zer⸗
ruͤttung d. ganzen menſchl. Nat. behauptet, ſchreibt doch S.
674: „An den Kindern iſt keine Bosheit u. Fein Laſter, ihre
„Handl. Haben Feine Mioralität, ihre Unſchuld ift liebenswuͤrdig
„md unſerer Nachahmung werth.“ — „Es ifi unvernünftig,
„eine Ersfünde zu glauben, wenn anders Suͤnde fo viel ſeyn
„ſoll, als eine gefenwidrige freie Handlung u. f. mw.
Die menfhlihe Natur iſt gewiß an fih rein und un
ihuldig. Sie Hat Anlagen zum Öuten Die Der:
gehungen einzelner M. rühren vom Mißbrauch
der Kräfte her, Die menſchl. Natur hat eine Kraft des
Willens, eine Unabhängigkeit und Freiheit, vor fich, vermöge
der von Gott dargereichten Mittel, ihre Beftinunung und Sitt>
lichkeit zu erreichen. Da bei der Gittlichkeit Fein Mechaniss
ınus fatt findet, darf man Feine Erbfünde annehmen. Gute
und böfe Geſinnungen Fönnen nicht Yon einem auf den andern
übergetragen werten,
Man vgl. noch wiser die Hypoth. v. d. Erbſuͤnde Campe’
väter. Rath, Th. II. ©. 9. 10: „Eeines M. Geete ift fo >
durchaus verderbt — — mildern muB; vorzägl. Duttenz
bofer Unterif. Gb. Pietisnus u. Orthod. ©, 189 f; 192 ff.
woſelbſt, wie auch in allg. d. Biblioth. 728. ©. 48. 49.
und in d. Betr. über die eigenth. ÖL,:Lehren des
Ehriffenth. ©. 224. das hoͤchſt Nachtheilige der Behanpzs
tung einer Erbſ. für die GittlichE. des M. gezeigt wirt ***5.
Bo. D. Junge in Döderlein’g Rel.-Unterr. IXr Ip.
©.
J
*) Hanlein’s m. ——— 5 theol, Spourn. 2 B. ©.
421:23. |
**) Ammon?’ bibl, Theol. ır TH. ©. 338. Anm.
*2*) Man lefe auch Senfs chriſtl. Anthropol. in Predd.
28 Th. am 14ten ©. nad Tr, „was kann es doch augen ff.”
DB. 465
Berdorbend., (die fiel, der M., Gründe gegen d. Erbſ.)
©. 220.5 deſſelben inſt. Th. chr. T. IL. p. 44548; Zöllner
in theol. Unterfi. ın ©. 28 — ;- Steinbart a. a. D,;
Eberhard'»s Ay. tes Socr. 2rXh. ©. 134:339.5 Henck e's
lineam. fid. chr. p. 127. 128.5; Cannabih a. q. O. um
©, 190.5 Eampel.c.;Funrfe in Menſchennatur u, Men⸗
ſchengroͤße. ır B. Cap. 3.0. D.E. ör. Ammon’sprogr.
-de veligiis Theol. iudaicae in ep. P. ad Rom.
1801. worin die Zurechn. der Suͤnde Adams auf das ganze
Menſchengeſchlecht als eine bloße iuͤdiſche Lehrmeinung erblaͤrt
wird. Hier wird mit entſcheidend-ſiegenden Gruͤnden das
Unftetthafte der Hyp. 9.» Erbſuͤnde dargethan; ich führe das
von folgende an!
3) Die vielfältigen. Beobachtungen über die unverdorkene Menichs
heit iſt an foIchen Kindern, an welchen man noch nicht die reine
Natur durch mißverfanzene Kunſt verwiſcht ‚oder durch unz
vernünftige Behandlungsarten noch nicht verunſtaltet hatte,
fehtser, Wie viel Gutes haben die Kinder von Natur an
ſich! Bor dem Seprauche ihrer Vernunft bemerkt man an ihnen
nichts Böfes, Alles, was fie Unrechtes thun, geſchieht blos
aus’ Umwiifenheit ver Irrthum, oder aus Eigenſinn, der in
der Natur des M. liegt, ver feine Seisfiftändigeeit fühlt, die
er gern behaupten will. Hatte nicht Jeſus die EI. Kinder fo
lieg? ſtellte er fie nicht den Erwachſenen in ihrer Unſchuld,
Demuth und ansern Zuga. zum Mufter auf?
2) Loͤſt man menfchtiche Thorheiten und Laſter in ihrem eins
Faden lirfioff auf, fo if derfeise bey genauer Prüfung als aut
zu finden. Dadurch, daß der M. feine Vern. — u, Freiheit
mißpraudyt, - wozu er durch die Sinnlichkeit gereist wird, die
er aber befiegen kann umd fol, entflehbt ale Sünde, Oben im
Art. Suͤnde II. ©. 234f. ift näher gezeigt worden, worin die
Suͤnde des M. ihren. eigentlichen Grund hat.
3) Der Slaube an einen mächtigen, weiſen und allgätigen Schoͤ—
pfer des M. ift ein Zeichen für die nicht urſpruͤngl. Verdor⸗
benheit des M. Sott Hätte erſt dieſe Eigenfchaften ablegen
oder verlaͤugnen muͤſſen, wenn er den zur Sittlichk. beſtimmten
t. mit ſittl. böfen Eigenſch. erſt begaben, oder es nur zu—⸗
geben ſollen, daß er bey ſeiner Entſtehung von irgend einem
andern Weſen damit begabt wuͤrde. Die urſpruͤngliche Einrich⸗
tung der menſchlichen Natur und die angeborne Miſchung der
Kraͤfte iſt Gottes Werk. Gott wird — ſie der Beſtim⸗
mung des M. gemäß: eingerichtet haben, Zur, 19, 16.
4) Selbſt an den Ermwachienen bemerkt man nuch vieles Gute,
was in feiner Natur vorhanden iji und ſich auf eine manniche
faltige Art aͤußert. Der M. Hat an Wahrh. — an Ord-—
nung, an Vollkommenheit ein Wohlgefallen, er
ſchaͤtzt fich ſelbſt, daraus entfleht der Trieb, fich zu erhäls
ten, feinen Zuſt. zu verbeffern. geiellig und theilnebmens an
Unterer Wohl und Wehe und dankbar zu ſeyn. Dies iſt aud)
CEhrii. GL Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. Sg
466 | V.
ee (die ſittl. der M, Gründe gegen d Erbſ)
denen nicht abzuſprechen, die ſonſt auf die mannigfaltigſte Art
ſehlen und ſuͤndigen. Dieß iſt etwas Gutes, dieß Gute kaunn
nie an ſich Boͤſe werden. Nach Ehrifti Lehre muß man aber
jedes einzelne Öute fihägen, da, wo wir es finden, und ınan
muß jede Vollk. achten, wäre fie auch. mit noch fo vielen Uns
volleoinmenheiten verbunden. Offenbar fin: im M. noch gute
Triebe vorhanden. Machen fie zwar den WM. an fih nicht
gut, find es auch nur Anlagen: fo muß man fie tod) nicht
Daten. Eine a Beobadjtung lehrt rer fol⸗
gendes:
Außer der Em und dem fie Willen bat der M. noch als M.
a) ven Trieb ver Selbſtliebe. Dieſes Beftreben nach
Verbeſſerung unſers Zuſtandes iſt gar Fein unrechtmaͤßiger
Trieb. Er wird es blos durch die falſche Richtung, die ff.,
blos durch die Verwechſelung der Scheinguͤter mit wahren
Gütern. Kinder find daher gern ſtets thaͤtig, ſſie begehren —
ſie ſehnen ſich ſtets nach allem dem, was ihnen gefaͤllt. So
lange ſie ihre Vernunft nicht brauchen koͤnnen, iſt das, was
wir Eigenſinn nennen, der heftigſte Trieb nach einer vermein—
ten Verbeſſ. ihres Zuſtandes, welcher Trieb daher nicht ſowohl
Strafen, als vielmehr einer Leitung, Richtung und Belehrung
bedarf. Dieſe uns angeborne Selbſtliebe kann das vortreff—
lichſte Mittel werden, uns beſſer und vollkommner zu machen.
Selbſt die ſtaͤrkſten und lebhafteſten Begierden koͤnnen zu unſe⸗
rer Bervollfommnung im Dienſte der Tugend das meiſte bey—
tragen, wenn der M. fie nur gehdrig und auf das Gute lenkt.
b) In dem M. Liegt auch der Trieb zur Gefelligkeit,
welche nicht ohne ein gewiſſes Wohlwollen oder Theilnahme
an fremtem Wohlſeyn und Wehe gedacht werben kann. Schon
die Kinder find lieber in Geſellſchaft, als allein; fie theilen
lieber ibr Vergnügen mit andern, als daß fie es allein geniefz
fen. Das Segentheil an einen M. ift ſchon an fich unnatürs
ih, Man fiebt ungern traurige Sefichter, man freuet ſich
beyin Anblick der Froͤhlichen. Quaal und Ungluͤck eines ats
dern Geſchoͤpfs macht uns Feine angenehme Empfindung; quäz
Ion gleich Kinder zumeilen die Thiere, fo wirft doch ſchon vie
Borfiellung, daß es Thiere empfinden und Schmerzen leiden,
auf fie fo viel, daB fie es unterlaſſen. Es ift mehr ihr Hang,
ihre Thaͤtigk. auszunsen und dadurch fh zu Vergnügen, Wir
finden in der M—beit, daß ver M. fich fogar fähig fühlt, mans .
ches von feinem eigenen Vortheil um eines Andern willen
fahren zu laſſen, und zwer nicht nur das, was mit Tugend
erworben ift, ſondern es ift dieß überhaupt natärlih. Was
thut eine Muster nicht für ine Kind? Ein Bater, wie quält
er fic) für die, von welchen er doc) nicht weiß, vb fie ihm ie
das Geringſte werden wieder. vergelten Fünnen? So viele
fchraftofe Naͤchte, To fehr viele ſaure Mühe K. ihren Eltern
verurjahen, To Flagen diefe doch nicht ſehr daruͤber. Dir
V. 467
Verdorbenh., (die ſittl. der M., Gründe gegen d. Erbſ.)
Menſchennatur iſt alſo noch nicht voͤllig verdorben. Sie hat
noch ihr Gutes.
©) Bey vielen Menſchen iſt noch eine natuͤrliche Sſch a a m vor
ſchlechten und ere Handlungen, vor Betruͤgerei, offenbarer
Bosheit und Argliſt. Denn warum wird das alles fo heim⸗
lich getviepen? auch da heimlich, - wo man keine bürgertiche
Strafen zu befürchten Het? Woher die Unruhe, went man
jemandem etwas Böfes vorwirft? Woher fhon key Kindern
der unſtete Blick, oder daß fie es nicht wagen, denen in's Ges
ſicht zu jehen, welche ſchon das Böfe willen, was fie gethan
Haben ?
® Häufig (im Ganzen genommen) findet man am M. den Trieb
ver Dankbarkeit. Der M. liest feine Wohlthaͤter, fühlt
einen Trieb, ihnen da3 zu vergelten, was ff. Oft wird nur
- duch zu große Fluͤchtigkeit d. Seele, durch fchnelle Vergefjenz
heit und durch Unvermögen dns nicht ausgeführt, was man
als dankbar F. Nur dann, wenn jemand glaubt, gar zu viel
aufopfern zu müflen, wird die Dankbarkeit ſchwer. Kinver
hängen an denen, welche ihnen Gutes thun ,. vertheidigen fie
auf alle Art, wollen ihre Fehler nicht gelten laſſen zc, Dieß
beweift ihre Danktarkeit, Die Duelle ift gut, nur was fie
thun, gefchieht nicht mit der gehörigen Klugheit. - .
e) Der Verfiand des M. Hat noch große Kräfte. Er
kann die fchwerjien»Dinge Idfen, vieles damit umfaſſen, Wahrh.
and Irrth. von einander unterſcheiden. Durch Ausbildung
Fann der Verf. (und wenn der M. ſich nicht von DBorurtheis
len. verblenden laͤßt) einen Hohen Grad von Staͤrke erhalten,
Es ifi mehr Traͤgheit und eigene Schuld, wenn .diefes nicht
> gefchieher, als daB es Unvermoͤgen und Kraftlofiafeit wäre.
Der M. iſt alfo noch richt völlig zerrüättet, und feine Natur ift
nicht fo durchaus verderbt, daB der M. aufgehört hätte, Got⸗
tes Bild vier ihm ähnlich zu feyn, Es iind noch. von f, ur⸗
fprüngt, guten reinen Natur zum wenigfien ehrwuͤrdige Uebers
bletbfel zu entdecken, ſ. oben Gutes, ar Th, ©. 134 f. Noch
‚mehr — keine Handlung ift fo fihlecht, daB man in der ganzen -
Lage des Handelnden nicht noch immer einen und andern entz
ſchuldigenden Umſtand finden follte, ver unſern Zabel mildern
muß.
5 Da8 Böfe de3 M. ift eine Folge der freyen
menſchl. Thäatigfeit, es kann alſo nicht Forterben.
., Denn if es gleich nicht zu laͤugnen, daB ieder eine moralis
ſche Schwachheit an fich ſelbſt wahrnimmt, und ihre Wirkſam—
keit ſowohl im Widerſtande gegen die ſittl. Vorſchriften, als
such in den daraus entſtehenden Suͤnden bemerkt: fo ift doch
alles. Sittlihe etwas yon der Freiheit Bewirktes, alfo auch
etwas Ueberfinuliches, es kann alfo auch anf keinen Fall forts
geerbt werden. Mag alfo immerhin der Hang zum. Böfen u.
sie moral, Schwäche, die wirklich ——— iſt, entſtehen wie
Gg 2
468
Ber
I, 2
Dorbend., (die fiel. der M., Gründe gegen d. Erbſ.)
er will, und dem M. unerflärlich Bleiben: fo darf man fie
doc) nicht ald natürlich angeboren oder angeerbt denken, fonft
bleibt fie in dem Augenblick eine natuͤrliche koͤrperl.) Schwäche,
Alles, was moraliſch beißt, muB als frey erworben gedacht
werden, wenn man gleich die im M. fo früh vorhandene mo:
raliſche Schwäche allenfalls angeerbt nennen kann. Denn
alles, was man- in der früheften Kindheit des ME. N
pflegt man nad) dem Sprachgebrauch, ſobald der M. nur frey
handeln kann, angeboren — angeerbt zu nennen 9. Dieſes
Sprachgebr. wegen läßt es ſich leicht erklären, wenn in der
Bibel ein erbliches Boͤſe zu liegen ſcheint, weiches das
vernünftige Nachdenken nicht anerkennen, ob es gleich zuge⸗
ſtehen kann, daß man es populär als ein erbliches Boͤſe dar—⸗
ſtelle. Etwas anders darf man aber nicht darunter verſtehen.
6) Wie Fönnte Bott dem Kinde gegen deſſen Willen und Ein:
wilisäng die graufeme Nothwendigkeit fündigen su müffen,
mittheilen ?!“
7) Syr- 10, 22; I Tim. 2, 15. find gegen die Lehre a,
Erkfünde, (wegen d, legten Stelle fehe man Yugufti?s neue
theol, Bl. ın B. 28 St. ©. 47) €. 7, 15. 16; Röm, 9,
17, ftellt die h. Schr. den M. von Natur nicht böfe, fondern
als unichuitia vor. Das Wort Erbfünde Fommt nirgends
in der Bibel vor, fg I
Die Dertheidigung d. Meinung v. d. Erbfünde findet man in de
Mareies Gottes Vertheit. üb. vie Zulaſſ. des Boͤſen auf
unſerer Erde, ır Th. Deffau 1784. in Leß cchriſtl. Rei.s
Theorie, ©. 487:505), Reinhard a. a. D. uns in Kant
9.0. D., wiemoht Letzterer micht laͤugnet, daß das fittl. licher
von ter Freiheit des M. herruͤhre, welche die Ordnung der.
moralifchen Beweggruͤnde flöre, und das, worauf die Reizungen
ver Sinne und die Antriebe des ſinnl. Begehrungsverindgens
fiehe, den GSittenvorfchriften vorziehe.
Die Benennung des fittl, Verderbens oder der Verdorbenheit mit
Erbfünde muß wegfallen, da die menſchl. Unvollfommens
heit, die freilich fortgepflanzt wird, an ſich unverfchuldet if,
Selbſt der Ausser. Erbuͤbel oder erbliches Bdfe mißfaͤllt
mir. Der Ausdr.menſchl. Schlerhaftigkeit paßt nicht,
»)
Pflegen wir nicht den Beſi itz vorzüglih guter oder auch
ſchlechter — ſchaͤdl. Eigenfhaften und Kräfte, die wir an
den fih verwandten M. bemerken, von ihren Eltern her:
zuleiten? Im Grunde follte man aber ſagen: es ift na-
türlich, daß die Kinder, weil ihr Vater fo und fo gefinnet
iſt und handelt, die Väter nachahmen. Sie ſahen — ſie
hörten ia nichts andere als das ift, was fie thun oder
fagen. |
| — 469
Verdorbenheit, (ſittl. der M., worin beſteht fie?)
ſo wenig als der: menſchl. Verdorbenheit; denn fehs
lerhaft iſt das, was nad) ſ. Natur beſſer ſeyn konnte, uud
verderbt oder verdorben iſt das, was vorbin RR war,
aber fehlerhaft geworden ift. Kun kann aber der M. nicht
ohne Sinne und Sinnlichkeit vollig fehlerfrei und mit einer
reichtichen angekornen Erkennmiß geboren werten; er muß in
Begierden verfallen und durch finnliche vermeinte, oder wirk⸗
liche Güter geveizt werden koͤnnen. Bon Tugend an-wird der
M. durch feine Sinne geleitet, — Die Hypoth. im theol.
Lehrbegr. von Erbfünde gehört nicht anf die
Canzel und iſt kein Gegenfiand für die dffentL
Satehifatt. Denn dieß wäre werer der Wahrheit noch
ver Erbauung gemaͤß. Val. Ddderlein’s Religioensunter—
richt Th. IX, ©. 230338: „vom oͤffentl. Vortrag d. Lehre
Yon ver menſchl. Verdorbenh.“ Mori Comm. exeg. hift. in
epit. T. I. p. 507. 8, — Töliner’s vermifchte Affäre,
2ten-B, 2te Samml. ©. 34:45: was und Wie viel aus d.
Lehre v. d. Erbfünde gehört in die Erkennt. des gemeinen
Ehrifien? In n. a. d. Bibl 13 B. ı ©t. ©. 68. wird bie
Erbfünse aber behauptet, weil fonft die Freiheit des M. aufs
höre, „Iſt es weislich gehandelt von e. Pred, den Art. v. d.
Erbſuͤnde fteif dogmatifch zu lehren, und fteif polemiſch in feiz
nen Canzelvorträgen und Catechiſ. zu vertheitigen ?’! V. Pafor
Schwager zu Joͤllenbeck in den Materiau f. alle
Theile d. Amtsführ e, Pre. ı 8 ©. 14 f.
Mm Worin beſteht die menſchl. (ſogenannte) Ver—
dorbenheit?
A. Nicht ſowohl in der mit Vernunft ſo oft in Wider—
ſpruch kommenden Sinnlichkeit *), ſondern fie iſt das
Uebergewicht der Sinnlichkeit, die Anlage, dem Ange—
nehmen oder Unangenehmen des erften ſinnl. Eindruf-
kes gemaß zu handeln, ohne Nachdenken über’ die ent»
fernteren Solgen und höhere Beweggruͤnde und die
Geneigtheit **), den Neigungen entweder ein na
Mebergewicht über das Gittengefeß, oder doch d
Mitherrſchaft mit demſelben über den Willen ek
men; Kurz: fie ift der natürliche — überwies
gende und jelbfi - verfähhuldete (alfo felbft fich
erworbene) Hang des M. zum Doöfen, der ne—
ben den wrfpränglicen Anlagen zum Öus
2) So der Recenſ. in oh d. Bibl, 117 B. — —
38. 39. |
=) Hang, propenfio.
4709 V. —
Verdorbenheit, (ſittl. der M., worin beſteht ſie?)
ten vorhanden iſt, Nom. 5, 757, 18; Matth.
26, 4I. Der M. ift geneigt dem zu folgen, was ihm
feine Sinne als angenehm und wünfchenswerthb vor-
fielen; er zieht dann nicht feine Vernunft zu Rathe,
glaube nicht ihren Warnungen, feßt ihre Vorſchriften
hintenan, und wählt das, was die Sinne und Begier—
ben ihm als gut anpreifen, vor dem, was die Ver—
nunft als recht und gut darftelt. Er geräth dadurch
immer mehr unter die Herrſch. f. Begierden 2c. und
wird boͤſe Ungewöhnungen immer fehlimmer.
Daß der M. feinen Neigungen eine folhe Nichtung
gibt, daß fie ihn an der Ausübung feiner Pflichten
fisren, if Ric Gott dem Urheber ver menfchl. Nat.
beizulegen. Das neugeborne Sind, das feine
Nernunft a nicht entwickelt Hat und nicht feine Ver—
nunft und Sreibeit zu gebrauchen im Stande ift, bat
diefe fehlerh. Beſchaffenh. noch nicht; fondern der M.
zu der Zeit, wenn feine Vernunft entwickelt iſt, und
wegen feiner. Öefinnungen und Handl, verantwortlich
feyn kann 9%). Nach d. Erfahrung aber leitet ver
finn!. Hang zum Bofen den M. von Jugend an, nur
erft dann begeht er die wirkl. Sünde, wenn er bie
Borfihriften Gottes und des Gewiffens Fennt und ſich
derfelden bewußt iſt. Die Macht der Begierde oder
die Gewalt der Sinnlichkeit, fo bald fie gegen dag
Gute anſtrebt, ift der Nang zum Boöfen.
„Das natürl. (fittl.) Verderben ift die Schwachh.
„der menfchl. Natur, vermoge deren fie an und für
„ſich ſelbſt bey allen ihren Anlagen nicht nur zum
„Guten noch nicht gebildet, fendern auch durch fich
„ſelbſt zu demfeiben unfähig (2) und zum DBofen
„geneigt iſt; Dover es iſt die e. ieden M. einene Nei—
„gung zum Boͤſen und die Unfaͤhigkeit zum Gu—
„tn CH 9. — „Wenn Erbfünde die Reis
„gung zum Bofen — der übertoiegende Hang sum
*) Der Anfang des bofen Willens iſt nicht von der Geburt,
fondern von dem Zeitpunkt an zu —* wo die Ben
ſich zu aͤußern anfängt.
**) Tittmann's chriſtl. Moral, 3te A. Lpz. 1794: gr. 8.
6. 84. ©, 46,
DB. a7ı
Verdorbenheit, (ſittl. der M., worin befteßt fie?)
„Boͤſen iſt: ſo iſt das ſittliche Verderben weit mehr,
„naͤmlich die Neuerung der Neigung zum Boͤſen
„in vielfachen Begierden, Leidenfheaften und Hand—
„lungen — kurz die geſammte Laſterhaftig—
— Pe
Der fitel. verborbene zuftand des M. beſteht alfo in
folgenden drey Stuͤcken:
a) Der M. erhält vermöge feiner Sinnlichkeit fhon in
der —— eine ſolche Richtung des Willens, welche
den goͤttl. Vorſchriften zuwider iſt, zu einer Zeit, wo
die Vernunft noch nicht entgegenwirken und das
Pflichtgefuͤhl mit feinem Anſehn u. Kraft dazwiſchen
treten kann; Joh. 3 6; Rom. 7, 175 I Xoh. 2, 16. —
b) Diefe Richtung des Willens bleibt ſeloſt dann noch,
. wenn die Bernunft erwacht, wenn dag Gewiſſen ſich
regt und der M. fündigt fehr oft und vielfach, wenig:
fens der Abſicht und Geſinnung nah, Gal. 5, 17;
Rom. 7, 14 ff.
ce) Dft geben die unreinen unſittlichen Geſinnungen in
Handl. über, Sal. 5, 16; Eph. 2, 3.
Diefen unglücl. Zuft nennt Paulus und Petrus
IT Petr. 2, 19; Eph. 4, 22. und I Tim. 6, 5. das
Derderben. Das Wort Berderben *) zeigt fo
viel an, als: was nicht ſo iſt, wie es eigent—
lich ſeyn ſoll.
„wein Menſch wird unfaͤhig zum Guten ge⸗
„boren, noch weniger aber verderbf. Su
„iedem zeigen fich Keime und Reigungen zum Gu—
„ten, die nur eine günflige Dflege zu ihrer Ausbil»
„dung erwarten. Und felbft ienes gefuͤrchtete Erb-
„übel befieht nicht in wirfficher Neigung zum Bo:
nfen, davon der M. von Geburt an noch femen
„Begriff hat; noch in dem Mangel an guten Kraͤf—
„ten und Fahigfeifen, die dem M. wefentlich find;
„fondern in einer falſchen Richtung feiner
„natürl. Triebe und Fraͤfte, oder eigent—
aka, in der Da de r Sinnlichkeit, Die
— Morus academ. Vorleſ. über bie theol. Moral, ıe B.
-Keipz. 1794. gt. 8. ©, 206.
) Ofoez, EpImenevos vo, EpIaueyn nzeile,
MR V.
Verdorbenheit, (ſittl. der M., worin beſteht fie?)
„ſich fruͤher bey ung regt, als die Ber
„nunft erwacht und derfelben dag Gegen-
gewicht Halten fann. Der M., fo wie er
„in die Welt tritt, Hat weder einen gufen
„noch böfen Willen. Denn e8 fehle ihm der
„Gebrauch der Bern. und der Sreibee. Wenn
„das Kind geboren wird, ift es weder gut
„noch böfe, fordern unſchuldig. Nach und
„nach entwickelt fich erft feine Vernunft, und es
„faͤngt an frey zu handeln, kann fich aus eigener
„Wahl zum Guten oder Bofen beffimmen 9).
Am M. bemerkt man eine gewiffe natürliche Trägheit und Scheu
vor Anfivengung und Aufovferung, und die Uebermacht der
ſinnlichen Luſt, welde uns Scheingüter mit wahren Guͤtern
verwechiein und auf die Stimme des uns durch Tas Gewiffen
warnenden Gottes nicht hören laͤßt. Diefe dem M. natürtiche
Traͤgheit wird nur dann durch feinen Thaͤtigkeitstrieb übers
wunden, wenn ibn entweder ein flärkeres Intereſſe zu dem hin⸗
zieht, was er nur durch Anſtrengung ſeiner Kraͤfte erreichen
ſoll, oder wenn ſeine Vernunft, ſein edelſtes Selbſt zur Herr⸗
ſchaft gelangt iſt.
Daß der M. lieber und oͤfterer das Boͤſe dem Gu—
ten, als das Gute dem Bofen vorzieht, und daß die
M. gewoͤhnlich im Sündigen aller Art es zur Ge
wohnheit und Sertigf. bringen, hat aufer in der an-
gegebenen Tragheit in folgendem feinen Grund:
1) in der Sinnlichkeit des M., in der Kebbaftigf.
ferner Empfindungen, in der Regſamkeit der na=
türlichen Triebe. Sehr wahr"ift es, daß die
Macht ver Begierden und ihre Herrfchaft Abneigung
zum Guten und die Schwierigf., tugendhaft zu wer-
den, bewirkt. Die Vernunft ift Anfangs bey dem M.
noch ſehr ſchwach, ungeuͤbt und unentwicelt. Die
Einnlichf. aber iſt gleich Anfangs ſchon in ihrer vol-
>) Cannabich in f. VPredd. üb. d. Sonn- u. Fett. : Evan:
gelien, 2te U. ır Th. ©. 134. — Folgende etwas fon:
derbare Meinung theile ic bier mit: „Cine Mutter
Tann heftige Leidenſchaften, wenn fie fi denfelben ergibt,
ihrem Kinde mitrheilen. Dieb ift die fogenannte Erb:
fünde” Magazin für Frauenzimmer, 1739. 48 Quart.
——
—
*
V. u
Verdorbenheit, (fittliche der M., woran liege diefelbe ?)
ligen Stärfe da. Daher gewohnt fih der M. von
Sugend auf, mehr nad) Trieben der Sinnlichkeit zu
handeln, als nach Borfielungen und Gefegen der
Vernunft. Wird der M. nicht fehr gut durch Er-
sichung, Anterricht und Hebung im Guten geleitet u.
gebildet, fo wird die Sinnlichkeit uber die Vernunft,
oder dag Fleiſch über den Geift nach und nach mehr
oder weniger Meifter, und fo geräth der M. in den
- Stand d. Sünde oder ſittl. Verdorbenheit, indem er
zum Boͤſen überwiegend geneigt wird. Nach der Erf.
wirft das Ungenehme und unmittelbaren Genuß Ge—
währende ungleich ftärfer auf die Sinne, als dag
Pügliche und Gute. Alles, was den Sinnen fehmeis
chelt und ihnen Vergnügen verfpricht, reist den M.
zur Sünde, Jac. 1, 15. Die Macht der Sinne ift
ſehr groß, eben fo die Gewalt der Triebe und die aus
innern und aͤußern Umfiänden entftehenden Lüfte. Sreis
lich find nicht des M. Triebe zunächft zur Suͤnde bes
ſtimmt und die Begierden find an fich nicht ſuͤndlich,
fie erhalten aber bey der langen Minderjährigk. der
Bern, bey. den Sehlern der Erz. und den verführeris
- fchen Reigen boöfer Benyfpiele gar leicht ein fehadl. Ue—
bergewicht über die Vernunft, und gründen cine ſchwer
zu befiegende DOberherrfchaft der DBegierden. Der M.
wird in feinem vernunftlofen und halb vernünftigen
Zuſtande, alfo gerade da, wo feine Kräfte zuerſt thä-
tig geworden find,. an die Befriedig. blog finnlicher
Begierden nah Wohlfenn, ohne Mückficht auf die
Rechte Anderer und an die Wahl iedes naheliegenden
„Mittel gewöhnt. Die Richtung der Neigung zur
Stoͤrung der Bflichtenerfüllung ift allerdings die Sache
der Selbſtbeſtimmung des M. und nicht blos eine
Folge der Verbindung mit andern M. Denn alles,
was Sünde beißen kann, iſt etwas ſelbſtverſchulde—
tes, und die Selbſtverſchuldung iſt von Selbſtbeſtim—
mung abhaͤngig. = t |
—Im Sündigenden ſelbſt Liegen die Ausbruͤche
der Sündhaftigfeit der M., entweder am Verſtande
oder am Willen, over an beyden zugleich — a) Am
Berftande Wenige oder Feine mit fehenden Augen
werden in eine Grube — in em Koch fallen wollen.
Wenige vermindern und vernichten ihre Gluͤckſ. durch
474 | V.
Verdorbenheit, (ſittl. der M., woran liege diefelbe?)
Sünden), um fie vermindern oder zerſtoͤren zu wollen.
Die mehrften fehn nur dag nicht ein, was zur wah⸗
ven Gluͤckſeligkeit, zur Veredelung und Bervollfomm-
nung ihrer Natur gebort. Sie fündigen, weil fie
‚ feibft in der Sünde Vergn. und Glück zu genichen
meinen, weil fie den Werth ieder Sache und Handl.
nicht deutlich zu fihäßen verfiehen. Unwiſſenh. Strs
thuͤmer, Vorurtheile und Aberglauben find demnach
die Duellen vieler wirfl. Sünden. Je mehr der Ver:
fand beym einzelnen M. aufgeklärt, feine Erfenntn.
‚erweitert, fein Urtheil berichiige wird, deſto mehr wird
die Sünde aufhören, oder der M. wird nicht feine
Kraͤfte zweck- und pflichtwidrig äußern. — b) Am
Willen. Diefer Fann durch ovftere Wiederholung
finnlicher unerlaubter Entſchluͤſſe eine falfche gezwun—
gene Richtung erhalten, und die Entfchl. können zu
einer bofen Fertigk. übergehen. ine iede Fertigkeit
entſteht aus ofterer Wiederholung von einerlei Hands
lung; daraus entſteht Gewohnheit, dieſe wird herr—
fchend und zur andern Satur. Wer alfo zum erften-
“ mal eine böfe Handl. begeht, verrichtet fie aus Un—
wiffenheit, aus Irrthum, Mangel an Ueberlegung, aus
übereilter Sinnlichfeit. Wiederholt er fie oft, fo be-
acht er fie fehon mit einem gewiffen Zwange, weil fein
Wille nicht anders begehren, Eeinen andern Entſchluß
faffen mag. Sein Wille iſt in der That nicht mehr.
ganz frei und er ift ein Sklave der Sünde. Selbſt
mit Widerfpruch feines Berftandeg, bey beffeen Ein-
fichten ift er genoͤthigt fo zu handen, meil er die
Mühe fcheuf, mit feinem eignen Willen zu Fämpfen,
der nun einmal dieſer und Feiner andern Richtung ges
wohnt iſt. Diefe entfchiedene und beſtimmte Neigung
zu einer Art Sünde ift dann Laſter. Die Suͤndhaf—
tigkeit verwandelt ſich in Eafterhaffigfeit. — c) Aeuſ⸗
ferer Reiz und Zwang; die Sünde verfpricht
Dortbeil und — Dergnügen, man glaubt fi) durch
biefelde bey einem gewiffen Theile der Gefelfch. Ach-
tung gu verfchaffen, oder hofft denjelben nicht zu ver—
lieren; man befürchtee in gewiffen Verhaͤltniſſen von
der Nichtvollgiehung der Sünde Nachtheil. — Alſo
in der Sinnlihfeie — in der Heftigf, finn-
licher umbezügelter — verfehrt geleiteter
| | V. — 475
Verdorbenh.(ſittl. der M., worin hat ſie ihren Grund?)
Begierden liegt mit der Grund v. d. ſittl. Ver—
ſchlimmerung der M. Aber ſelbſt die Staͤrke der Ver—
nunft kann dem M. Anlaß zur Vernachlaͤßigung ſeiner
Kräfte geben.
2) Bon außen. befördert das ſittl. Merderben a) eine
ſchlechte oder vernachlaͤßigte oder verkehrte
Erziehung. Es wird bey den Kindern nicht fruͤh—
zeitig und forgfältig genug de rhuͤtet, daß ſie ſich nach
ihrer Sinnlichk. in allen Stuͤcken entſchließen, und
ihre Kraͤfte auf eine ſchaͤdliche Art aͤußern und an—
wenden duͤrfen. Im M., welcher unbeobachtet und
blos ſich ſelbſt uͤberlaſſen — ohne Unterricht bleibt,
muͤſſen die ſinnl. Vorſtellungen gelaͤufig, die Triebe
immer heftiger, die finnl. Begierden immer flärfer und
. übermächtig werden, woraus Trägbeit, die Ver»
nunft zu bilden, und Unvermoͤgen, fie zu gebraus
chen, entſteht. Eine verkehrte Erz. verſchlimmert
noch mehr, wenn durch Strenge der Zucht und will—
kuͤhrlich ſcheinende Befehle die natuͤrl. Neigung zur
Selbſtthaͤtigk. unterdruͤckt und eben dadurch in Empo—
rung geſetzt, die das Gute lehrenden und empfehlenden
Vorſtellungen unverſtaͤndlich, kalt, gebieteriſch, nicht
mit einleuchtenden Gruͤnden unterſtuͤtzt und nicht mit
Sanftmuth begleitet ſind, der Nachahmungstrieb durch
den ſtarken Eindruck der boͤſen Beyſpiele von Eltern
und Erziehern ſogleich vom Anfange an auf Abmege
geleitete und entweder nur die Sinnlichk. verfeinert,
der Geift aber gefchont, oder hoͤchſtens nur die Ver—
flandesträfte ausarbildet werden. Die Eltern fün-
digen felbft und haben oft viele Laſter an fih. Dieß
macht nachtheilige Eindrüce auf die Kinder. So tie
die Kinder gemeinhin das Bild ihrer Eltern in ihrem
Körper darftelen und oft von ihnen gewiffe Krank—
heiten erben: fo fonnen fie auch ihr Bild in d. Seele
gewiſſermaßen darſtellen und gewiſſe herrſchende Rei—
gungen und Triebe annehmen, die dadurch gleichſam
ihnen angeboren ſind. Haͤtten die K. von Anfang
ihres Lebens an lauter gute M. um ſich, Herten —
ſaͤhen ſie nichts als Gutes und wuͤrden ſie recht ſorg—
faͤltig zum Guten angefuͤhrt, ſo wuͤrde es weit beſſer
um ſie ſtehen. Gewoͤhnlich iſt der Unterricht der K.
ind Rel. ꝛc. nicht deutlich, zweckmaͤßig, nicht ans
“
x
476 | V.
Verdorbenheit, (ie dee M., DVeranlafl. zur *
gewendet und eifrig genug. Die verkehrte Lehrart iſt eine
der vornehmſten Urſachen der unter allen Staͤnden ge—
meinen ſehr großen Unwiſſenheit und Laſterh. — b) Der
Einfluß boͤſer Beyſpiele iſt ungemein ſtark. Wie
viele boͤſe M. gibt es nicht! Dieienigen, die durch
Anſehn Einfluß haben, oder die ſich zu gewiſſen Suͤn—
den verbruͤdern, wirken noch mehr, ſie erleichtern der
eg den Sieg. Taufend und aber taufend
Theil gute und rechifchaffne M. würden vieles
Ste auch nicht einmal haben fennen lernen, wenn fie
8 nicht an Andern Bejehen und von ihnen gehoͤrt
hötten; die befondern DVerbindd. mit Lafterhaften und
Theilnahme an ſchlechten Geſellſch. (Pſ. 1, 1; I Kor.
15, 33.), In welchen fowohl Bofes, alg auch nichts
Gutes geredet und gethan wird, gebsren auch hicher.
Da der Nachahmungstrieb ung unvermerkt dag billi-
gen und annehmen läßt, wag wir an Andern ſehen; —
da die Furcht, Andern gu mißfallen, ung beftürmt; da
wir dann, wenn wir Andere dafjelbe Bofe thun ſehen,
leichter ung entſchuldigt zu ſeyn waͤhnen; — da wir
dann zum Schein mit der Suͤnde einige aͤußere Vor—
theile verbunden ſehen; — da wir meinen, daß wir
Maͤnnern, welchen wir Grundſaͤtze und Rel. zutrauen,
nicht leicht untreu werden duͤrfen; — da uns endl.
Laſterh. überreden: fo vermag das bife Beiſp. ſehr
viel dazu, Die Sünde zu vermehren. Die Beifp. des -
Guten find feltener, alg die B. des Boͤſen, Gal. 5, 9;
— 0) die Leibeseinrichtung u. Befchaffend. RR. die
herrschenden Gemuͤthsſtimmungen — (f. dr. Mor. f.
d. Canzelgebr. 5n B. ıfe Abth. S. 340 f.;) —
d) Schriften; ſowohl folche, welche die Rel., Zug.
und gute Sitten angreifen, als auch, die nicht fittlich
Gutes’ enthalten uud befördern. Beide find für Ver:
ftand und Herz gleich ſchaͤdlich. Wie viele ſolcher gif-
figen, mit einem hönen Sirmiß gleich ſam uͤberzogenen
— efzuterten Schriften gibt eg ietzt mie!
Vgl. über * mehrere Veranlaſſ. zur menſchl. Un—⸗
ſittlichkeit hr. Mor. f. d. Canzelgebr. 5ten B.
iſte Abth. ©. 339344, oder den Art. Sünde, Ill.
Durch diefe Gründe wird es begreiflich, warum man
in allen Zeitaltern fo einfiimmig uber die Verderbniß
dv. Natur des M. u. ihren übertoiegenden Hang zum
V. 477
Verdorbenheit, (fitel, der M., fie iſt allgemein.)
Bofen geklagt, und die Beſſ. deſſelben zwar als moͤglich,
‚aber als ſchwer und ohne einen hoͤhern Beyſtand bei—
nahe als unmöglid, befchrieben hat.
Da e3 nach dieien Veranlaſſ. zur Unſittl. fich ergibt, daB Ser M,
ſelbſt ſchuld ‚an der legtern iſt, da er feine Traͤgheit zum Gu—
ten, feine Unauſmerkſamkeit anf ſich ſelbſt, feinen Kalifinn
gegen bie ihın angebotenen Mittel, fein unthätiges —
auf Gottes Erweckung und Antreibung u. ſ. w. bekaͤmpfen
und ablegen und ſich vor dem Mißbrauch gewiſſer —
huͤten kann: fo werden doc in unſern Tagen Rel.-Lehrer
nicht mehr von einer Anlage zum Boͤſen in dem Einne
reden dürfen, daß fie darunter cine nähere Borbereitung und
Stimmung unfrer Kräfte, eber wider unfere Beſtimmung als
nach derſelben zu handeln verfichen. Die Bemerkung aber
son ter Möglichkeit, dab der Di. feine Kräfte vernachläßige
und mißsrauche, ifk richtig. Nur muß man dabey aut beachz
ten, daß dieſe Mibglichkeit eine nothwendige Bedingung der
menfchl. Sreiheit "it, desgleichen daß bey allen frühen
Aeußerungen des Boͤſen die keiten Zriebe und Neigungen der
Nat., befonders Freipeitsgefüht und Neigung zur Selbſtthaͤtig⸗
Eeit, zum Grunde liegen. Einerlei Art von Aräften ſtimmen
den M. eben ſowohl zu guten als zu böfen Impfintungen,
Begierden und Handlungen,
Pol. Niemeyer’S Briefe an Re: — 3te
Sam. = —
B. emerkungen uͤber das
— Fitti. Verderben.
1) Das ſittl. Verd. iſt zu — Zeiten ſehr groß und
gemein’gemwefen, und iſt — noch, ſelbſt unter den Ehrie
fien. Nach Euc. 8, 5 f. iſt es immer nur ein gerin-
ger Theil der M., bie fih durch Jeſus Chr. bon ih-
rem Verd. ganz befreien und im vorzügl. Srade
ſich beffern laffen, in welchem der M. durch f. Lehre sc.
gebeſſert werden fann. Die mehrften laffen fih nur
zum Theil, aber nicht —— und vorzuͤglich beſſern,
daher, durch die Schuld der M. bey weitem nicht fo
viel Erf. dv. Wahrh., Ueberzeugung, mufterd. Tugend
und vorzügl. Gluͤckſ. durch das Chriſtenthum bewirkt
umd unter den M. gefunden wird, als wirklich da
feyn koͤnnte und ſollte. Wollten die M. die verliche-
nen Beff.- Mittel recht gebrauchen, fo würden fie zu
einem hohen Grad v. Beff. und Geiſtesvollk. gelangen;
die Schuld ver M. an sc. ift unverantwortlich.
478 V. |
Verdorbenheit, (fiel. der M., Eigenfchaften dee —) :
2) Das ſittl. Verderben iſt allgemein. Wie—
fern? Alle M. haben ienen urſpruͤnglichen, ohne
Huͤlfe der Vernunft gefaͤhrlichen Hang der Natur zu
allem, was ſinnlich iſt. Bey allen gehen ſchwache
u. fehlerh. Zuſtaͤnde vor ihrer Beſſ. und Ausbildung
vorher, Ron... 3, 235.5, 12; Lob. u mer. 12, 1.
Hiob 14, 4. Alle Dr. fündigen, indem fie von Ju⸗
gend auf von irgend einer boͤſen Luft verführt werden,
aber fie koͤnnten derſelben woiderfichen, wenn fie die
von Gott angemiejenen Mittel recht gebrauchten. Den
Entfihluß von den Sittenvorfchriften abzugeben, wels
cher alle Handl. hervorbringt, kann man von iedem,
auch, dem befien M. vorausfegen und es gehoͤrt diefer
Entſchluß daher mit zum Charafter der Gattung des
M., ob er gleich nicht aus dem Beariff dieſer Gat-
tung gefolgert werden Tann, denn alsdann wäre er
nothwendig. Zur Aufnahme dieſes Entfehluffes in
die Willführ ift ein Hang bey allen M. vorhanden.
Es ift Fein M., der fich nie von der Sinnlichkeit hätte
verführen laſſen, Feiner, der für feine Ausbildung und
Heredlung mit dem möglichften Fleiße geforgt. hätte;
viele find auf abfchenliche Laſter gerathen. — Nur darf
man nicht glauben, daß ale und iede M. durchaus
boshaft und vollig lafterhaft wären, wenn e8 gleich
wahr ifi, daß der M. durch Laſter fief falen kann.
Unzählihe M., ia ganze Nationen find im Ganzen
genommen im höchften Grade fiftlich verfallen. Die
Hefchreibungen Matt). 23; II Tim. 3, 2:7; Tit. 3,
1:5; Nom. 1, 23. 31. find nichts als Gemälde d.
menfchl. Natur oder der Menfchheit überhaupt,
und gar nicht als dag Bild iedes einzelnen WM.
zu betrachten. Aber es find traurige wahre Abbil-
dungen gewiffer M. und gewiffer Gefellfehaften
und Fonnen immer dazu benugt werden, um zu zeigen,
wohin der M. fommen fann, wenn er die Mittel
nicht anwendet, welche ihm Gott gegeben haf.
Rel.-Lehrer muͤſſen ſich vor den Übertriebenen Klagen über die Menge
boͤſer M. und über die winzerlich Eleine Zahl der Guten bi:
ten. Aus einer Stadt, au3 einem Dorfe und aus einem
Haufe kann man nicht beurtheilen, ob mehr gute oder boͤſe
M. in ver Weit find! Wie darf man die M. Klos nach fich
| V. — 419
Verdorbenheit, Cfittlihe dev M., Beſchaffenheit.)
beurtheilen, und dann, wenn ſie nicht mit uns übereinfiimmm n,
ſagen: ſie ſi ſind nicht gut?!
Es will doch dem noch ſo fleißigen Verderber der
menſchlichen Naturanlagen nicht gelingen, fie durch»
aus zu unterdrüden, dieß beweiſt doch die Vortreff⸗
lichfei£ derfelben. Sn Nom. 3, 23. und Tit. 3, 3 7; iſt
das allg. ſittl. Verderben geſchildert.
3) Der M. ift im Stande, über feinen Hang zum Boͤ⸗
fen Meifter zu werden und mehr das Gute als das
Boͤſe zu lieben. Daher Nom. 12, 21. Die Geſetze
unferes Denkens und Wollens, unſrer Entwiclung
und Affecten find untadelhaft gut und dienen zum
allg. Beten. Die Veredelung ift alfo meglih. Die
Anlage ift nicht fehlerhaft. Bei unferer Unwiſſenh.,
Sinnlichk. und Freiheit fündigen wir. Hätten mie
eine angeborne Neigung, eine augeerbte Anlage zum
Döfen, fo koͤnnte ung feine Sünde zugerechnet wer⸗
den. Der M. iſt nicht todt fuͤr's Gute, nicht unfaͤhig
zur Erfuͤll des goͤttl. Willens, nicht gänzlich ohn—
mächtig. Der M. ſoll nicht durch ein Wunder ge
beffert werden. Es ift nicht die Schuld Gottes, fon-
dern der M., daß die Sinnlichk. dag Lebergemicht er⸗
haͤlt. Wie duͤrfte Gott dem M. ſeine Sinnlichkeit
nehmen? Kann der M. ein anderes als ein endliches
Weſen feyn? M. koͤnnen bei den Schranfen ihrer
Einfiten, bei den Iebhaften Reizen außerer Gegen—
ſtaͤnde und dem regen Drange ihrer Begierden nicht
innmer ohne Sünden bleiben; aber fie haben bag
Ehriftenth., ein fitel. Gefühl, die Befl. - Mittel. Des
halb ift Gott gerechtfertigt, in deſſen Entwurfe eine
almshliche langfame Entwicklung unferer Krafie, ein
fiufenweifes Sortifchreiten von den unteren thieriſchen
Vollkommenheiten bis zur edleren Geiſterwuͤrde, ein
Selbſtuͤben und eine Selbſtanſtrengung unſerer Kraͤfte,
und zwar eingeſchraͤnkter menſchlicher Kräfte, durch
Das Beſtreiten eintretender Hinderniffe, und dag alles
der’ fittl. Sreig. unbefchader, war. Als M. Eonnten
und durften wir nicht gleich zu dem geſchaffen wer⸗
den, was wir dereinſt erſt werden ſollten und was
vielleicht auch höhere Geiſter erft durch Uebung und
Fortruͤcken geworden find. — RD
480. * V.
Verdorbenheit, ci. Der M. A Unwendung.)
LI. Anwendungen.
1) Man frage nicht: woher TE en fat Ver⸗
derben ſeinen Urſprung bald. 5. ob cd etwa
in Adam's Tal allein gegruͤndet und uns angeberen
fey? en man lerne * — fitt sche Verdor⸗
ffenheit, ad ihren
— su — es iſt * wenn * nur
die Krankheit ſelbſt kennt, um ihr die erfordert. Mit-
tel entgegen zu feßen. Es mag das Sündenübel ent
ſtanden feyn, wie ed will, das macht in der Behand—
lung felbft feinen Unt erfchied. Die Krankheit ift eins
mal da, ieder M. fuͤhlt, fobald er erwächft, das lie:
bergewicht feiner Sinnlichkeit, die Starke feiner Triebe,
die ihn oft wider fein beßres Wiſſen fortreißt und die
Zragheit zum Gurten. Diefem muß durch die erfor=
derlichen Gegenmittel gewehrt und abgeholfen werden.
Dieß muß die Angelegenheit des M. werden. - Se
treuer er daran arbeitet, deſto gewiſſer Ffann er hoffen
zu genefen. Die Sorge eines ieden fey alfo nurs wie
muß dag, mwas an mir nicht fo iſt, als x. gebeſſert
werden? Man aͤndere ſeine uͤblen Reigungen, Vorſaͤtze
and Handlungen. Dazu uͤberzeuge man ſich von der
großen Unſittlichk. der DM. und wie ſchwierig die Beſſ.
iſt. Jeder halte es ſich oft vor, daß er eine Neigung
zu mancherfei Sünden in fid) habe und fihon von
Jugend auf geneigk ift, dem Bofen zu folgen, und
daß er der Kraft, dem Boten nicht zu folgen, auch
unterliegen koͤnne. Jeder fordere fich ſelbſt auf, um
ſich treu zu beobachten, er gebe auf die überall vor
ihm verbreiteten DBeifpiele feiner. Zeitgenoflen Acht,
durchlaufe die Gefchichte aller. Nationen, um von der
Allgemeinheit dieſes Verderbens gewiß zu werden.
Wie und wodurch lerns der M. feine ſittl.
Verdorbenh. einſehen?
a) Er werde mit den mannigfaltigen Män-
. geln feines Verſtandes bekannt. Deshalb
frage man fi: Ende du in deinen Verſtande Die
Lernbegierde in Abſicht wichtiger und nuͤtzlicher Wahr—
heiten, oder ut ſolche Dielmeht auf "unbedentende
nichtswuͤrdige Dinge gerichtet? Beſchaͤftigt ſich *
Ver⸗
| V. | 481
Verdorbenheit, (ſittl. der M., Anwendung.)
Verſtand immer gern mit der Wahrheit? liegt dir
etwas daran, immer richtiger denkender und weiſer zu
werden? zwar findee dein Verſtand vielleicht Kahrung
an Gegenſtaͤnden, Die wohl ihren Werth haben, die
zu unferm Fortkommen in der Welt dienlich und nüße
lich ſeyn koͤnnen; aber macht deine Eernbegierde auch)
den gehoͤrigen Unterfehied zmifchen dem, wag dir nur
auf kurze Zeit, und dem, wag dir auf immer helfen
fann? Du unterfchbeideft dich dadurch vornehmlich von
den übrigen Gefchspfen, daß du dich mit deinen Ges
danken bis zu Gott zu erheben fähig bift, und mag
fann aud) wohl dein Geift für eine mwürdigere und
größere Befhäftiaung haben! Suchſt du nun gern
diefe Gedanken auf? Hat «8 für dich etwas Unterhals
tendes, in der Erf, Gottes weiter gu gehen? Gind
nicht Thorheiten — Spielereien des Witzes oft dir
angenehmere Linterhaltungen als der Unterricht über
Gott und feinen Willen? Iſt dein Berftand entfrem«
det — oder iſt dir fremde geworden der Gedanke an
Gott?
b) Man lerne feine ent gegen Gott alg Wohl:
thärer einfehen. Alles, was mir fr id und haben, find
u. befigen wir alles durch Gott. Die danfbaren Empfins
dungen davon find das Einzige, was Man für alled
dag zurückgeben fann, wag man empfangen hat. Aber
man frage fi), ob das wohl geſchehen ſey? ob uns
der Genuß des Guten, das wir taͤglich und mannich—
faltig aus ſeinen Haͤuben empfangen, zu ihm zuruͤck—
fuͤhre? ob uns der Schutz in Gefahren und der man—
nichfache Ueberfluß, den wir vor manchen voraus
haben, an den erinnere, der es uns unverdient gege—
ben hat? Man hoͤrt die M. davon immer ſehr wenig
ſprechen, da doch ſonſt von dem, wovon das Herz voll
iſt, der Mund uͤberzugehen pflegt. Wie foll man ſich
das Nerftummen der M. erklären, die in andern Dins .
gen fo beredt find, fd bald die Nede auf Gott kommt?
Wie fol man es auslegen, daß diefe Gefühle der .
Dankbarkeit gerade dem M. am fremdeften zu ſeyn
fiheinen? Man verdenft es dem Sohne, der fich feis
ner Eitern ſchaͤmt, wenn ſie auch noch ſo geringe waͤ⸗
ren, und es ſollte kein ſchlimmes Zeichen ſeyn, wenn
der M. ſich feines Schoͤpfers ſchaͤmte? Wie wahr iſt
Chriſtl. St. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 TH, Hh
Verdorbenheit, (ittl. der M., Anwendung.)
Pe ER 1.3. der Menſch thut, als kennt er Gott
nicht
e) Man erkenne die ſchlechte Anwendung —
rer Vernunft und unſ. Nachdenkens. Der
M. iſt durch die Vern. weit uͤber alle Thiere erhaben.
Er hat den Vorzug, nicht blind zu waͤhlen, oder durch
bloße unordentliche Triebe ſich fuͤr dieſes oder ienes
einnehmen zu laſſen. Unſere Triebe ſollen dem Nach—
denken unterworfen ſeyn, und da fie ung leicht mis—
leiten koͤnnen, fo fol die Vernunft die Führerin ſeyn,
die ung vor dem Abmwege fihere. Aber haben wir
(fo laßt ung felbft ung fragen) — nicht oft ihrer
feitung ung entzogen? Haben wir nicht oft die Mit
tel verſchmaͤht, wodurch unſere Vern. erleuchtet und
die Kraft, ihren Geſetzen gemaͤß handeln zu koͤnnen,
verſtaͤrkt wird? Haben wir die vielen Mittel, die uns
das Ehriftenthum dazu gab, treu gebraucht? Oder,
ift unfere Sinnlichfeit nicht mächtiger geworden, als
die Vernunft über ung? _
d) Man lerne einfehen, aug welchen Beweggrün-
den man das Gute gethban und das Boͤſe
vermieden habe? Wie viele Handl. find fo be⸗
fchaffen, daß fie der M. zwar vor fich, aber nicht vor
Gott, der alles weiß, rechtfertigen Fann! Iſt das ſchon
Tugend, was blos aus der Betrachtung pr aufs
ferer Vortheile, aus Rücficht von Ehre und Schande
vor M., oder aus Furcht vor den Strafen der Dbr.
gethan oder vermieden wird? Zu einer guten Handl.
gehört, daß man fie aus dem Gefühl der Pflicht thus,
daß fie bis auf ihren tiefſten Grund rein ifi, und daß
man eine reine — gute Abficht dabey babe. - Man
frage fich: fuchteft du, wenn du etwas Gutes thateft,
dadurch Ruhm? Würde die Welt, falls fie in dein
Herz fehen koͤnnte, oder wenn du ihr deine Abficht da-
ben entdeckteft, dich noch ruͤhmen und fuͤr groß und
edel erklaͤren?
e) Man ziehe ſich ſelbſt wegen der Anwendung
der Zeit, die und zu einer immer mehreren Bervoll-
fommnung unferer ganzen Natur gegeben ift, zur
Rechenſchaft. Iur dieienige Zeit ift wohl vollbracht,
deren Anwendung ung nie gereuck, u. nur Dieienige Zeit
gereut ung wicht, darınnen wir entweder wirklich voll:
| B. | 4853
Verborbenheit, (fiel. der M., Anwendung.) |
fommner, weifer, beffer geworden find, oder darinnen wir
ung durch Erbolung neue Kräfte gefammelt haben, |
um es zu werden. Mit wie viel Mißvergn. muß der
M. oft auf die verlebte Zeit zurücfehn! Deshalb
frage man fich: wie viel, haft du darin für deine Vers
volfommnung und für die Emigfeit getban? Man
bringe dabei die Gelegenheiten in Kechnung, welche
Gottes Vorfehung dem einen mehr oder weniger gibt.
Man vergeffe Luc. 12, 48. (2te H.) nicht. Man Iege
fidy die Srage vor: haft du fo viel Gutes gethan, als
dir möglid war? Nichts Bofes zu fhun, ift nicht ges
nug, auch zunehmen fol der M. und wachfen und
vollfommner werden. Die Stunden find gewonnen,
in welchen er es wird. Wenn uns Gott von allem,
was gethan worden ift, zur Nechenfch. ziehen wird,
wie wird 28 dann um unfere Verantwortung ausſehn?
f) Dan lerne durch Beobachtung des M. in Ge—
ſellſchaft ſich ſelbſt näher fennen. Die Fra—
gen: wie weit ſind wir in den Pflichten des allgem.
Wohlwollens, der allg. M—liebe, der Gerechtigkeit,
der Billigk. gekommen? Wiefern haben wir die Regel
erfuͤllt, nichts zu thun, was wir nicht wollten, daß
Andere es thun ſollen, nichts zu unterlaſſen, wovon
wir nicht wuͤnſchen, daß es Andere gegen uns unter—
laſſen ſollen? werden uns auch Maͤngel in Ruͤck—
ſicht ꝛc. gewahr werden laſſen.
Dergleichen Selbſtpruͤfungen koͤnnen uns uͤberzeu—
gen, daß wir bey weitem nicht alles geleiſtet haben,
was wir leiſten u. thun ſollten, wie wir vielmehr in
vielen Stuͤcken gerade das Gegentheil gethan haben.
Unſer Zuſtand bedarf alſo der Beff., wir find nicht fo
gut, als wir ſeyn foliten. Wir würden gegen unfer
eigenes Befte gleichgültig feyn, wenn wir ung nicht
beftrebten, von diefer Sranfbeit geheilt zu werden.
g) Um dag große Bedürfniß der M., beffer zu werden,
fennen zu lernen, lefe man die b. Schrift: Die Bibel
geht von dem. Satze aus: „der M. muß beffer mwer-
den, wenn er Gott gefallen will.” Die Stellen Pf.
51, 7; 1Mof. 9, 21; Pf. 33; Rom. 3, 95 5, 12-19.
I Sob. I, 8-10. u.a. m. brauche ein ieder fo, daß
er fich frage, wie viel von den hier angezeigten Zügen
ber Verdorbenh. und Laſterhaftigk. auf ihn ee
| —
484 V. | ER
Verdorbenheit, (fiel, der M., Anwendung)
find? Findet man, daß dieß oder ienes auf ihn nicht
paßt, fo fey man danfbar, daß ihn Gott dafür be-
mwahrt hat; fieht man aber, daß manches davon auch
von ibm wahr ift: fo fihliege man, daß man aud
von dDiefer Seite der Befferung bedürfe, und forfche
De Belehrungen der Rel. und der Vernunft, daruͤber
na
Das bloße oͤftere Klagen uͤber das Weibenken des
Herzens hilft nichts. Man arbeite vielmehr ernſtlich
daran, die oben ©. 472 ff. angegebenen Weranlaffun-
gen zu feiner ſittl. Verborbenheit su entfernen, als: |
in Ruͤckſ. der Unwiffenh. Fläre man feinen Berfland
auf, in Hinf. der Sinnlichkeit erfenne und wolle man
das wahre und wirklich - geiftige Gute. |
Vsl. Cannabichs Predd. zur Befoͤrd. eines reis
nen u. thatigen Ehriftenth. zr Th. ©. 310-29: „von
dem Einfluffe einer öfteren Iebhaften Vorftelung von
unferer moral. Unvollk. auf unfere Beſſ.“ uber Hiob
15, 14-16; Reinhard’ 8 1801. gehalt. Predd. ar B.
Amb. und Sulzb. 1802. gr. 8. Nr. 43: ©. 385:409:
„ernſthafte Borftellungen über dag immer. herrfchender
werdende Verkennen des fittl. Verderbens“ am zten
Bußt. über I Joh. 1, 8: 9.
2) Kein M. fchiebe fein Sündigen und das
Sittenverderben auf feineangeblih mit
feiner Geburt erhaltene oder mit auf die
Welt gebrachte fehlerhafte oder verdorbene
Natur. Keiner fages ich kann nicht anders, ic
muß fündigen, es gehort zu meiner Natur, e8 ift für
mich umnvermeidlih. Eine folche Sprache verräth
Thorheit und Bosartigkeit. Es iſt ungerecht, zu kla—
gen, daß die Sunde in ung herrſche, daruͤber follten
wir Flagen, daß wir fie in ung berrfchen laffen. Man
fage nicht, daß wir das Ber, wenn wir es einmal
gethan haben, nicht mehr laffen fönnen; denn dag
Suse, wenn wir eg oft thun, wird ung auch zur Ge—
wohnheit. Das fage man auch. Wer fich einmal
überwindet, das Bofe zu unterlaffen, der überwindet
fi) dag zweitemal ſchon fehneller, alfo nicht nur. das
Hofe, fondern auch das Gute kann man fich angewöh-
nen. Des M. natürlicher Hang zum Sofen, welcher
ſelbſt verfihulore if, hebt nicht das Gute im M. auf
V. | 485
Verdorbenheit, (fiel. der M., Anwendung.)
fondern er erfchwert eg nur und verleitet fie zu aller-
lei Thorhh. und Vergehh. Er zerſtoͤrt auch nicht die
natuͤrlichen Kraͤfte und Vollkk. der menſchl. Seele,
ſondern haͤlt ſie nur in ihren Entwickelungen auf und
gibt den natuͤrl. Trieben eine falſche Richtung. Der
M. iſt durch ſein Gewiſſen, den Willen Gottes zu er—
—— und durch die in ſeiner geiſtigen Natur liegende
Kraft, ſittlich gut zu handeln, im Stande, f. oben
©. 471. Unſer HDauptbeftreben muß nur feyn,
unfern Neigungen von den feübeften Zei—
ten aneine ſolche Richtung zu geben, Daß
fie ung die Ausübung unferer Pflichten
nicht binderf, und daß wir uns nihr dem
Untriebe finnlicher KReigungen bingeben,
fondern ernſtlich nad Selb ſtſtaͤndigkeit des
gebeſſerten und reinen Willens (Paulus
mnennt eg I Kor. 16, 13. ein Stehen im Glau—
ben und 15, 58. einänbeweglihfeyn im Herren)
fireben.
Man beachte (für ı und 2) folgende wichtige Be⸗
weggruͤnde.
a) Jeder M. darf doch nicht ein folcher M. bleiben,
als Be gewöhnlich ift, I Kor. 15, 58; Ebr. 12, 14.
BEL I
.b) Jeder M. fann anders handeln, und braucht nicht
der Sinnlihf. oder den ſinnl. boͤſen Neigungen zu
folgen. Menn ieder die guten Anlagen (f. oben ©.
465 ff.) feiner Natur erhöht, feine Vernunft ausbils
det, von der Kraft der Sreiheit und des Gewiſſens,
mit den übrigen — auf des M. Beredelung abzielens
den Trieben und v. d. Mitteln sur freuen Ausuͤbung
des Guten einen rechten fleißigen Gebrauch macht: fo
kann und wird er feine Sinnlichk. und Luft uͤberwin—
den, bie Herrfchaft-der Vernunft fiarfen, die Sünde
vermeiden, und feine Weisheit und Tugend befeftigen;
- Bhilipp. 4 13. Jeder Hat fo viel in feinen Handen,
und zum Gebraud) , als vollig zureicht, ihn auch bey
feiner natärl. Schwaͤche zum Guten dahin zu bringen,
daß er als ein vernuͤnftig freier M. das thun kann,
daß er wirklich thue, was er als ein ſolcher thun ſoll;
wenn er es nur im rechten Ernſt thun will, wenn er
nur darauf die Sharigt und ahoiteriche Sorgfalt
486 2:
Verdorbenheit, (fiel. der M., Anwendung.)
verwendet, ohne welche eg,freilich nicht angeht, f. oben
E. 479. (3). Der M. muß nur dabey Muth faf
fen und im Bertrauen auf die von Gott dargebotenen
vielen und wirffamen Huͤlfsm. feine Befferung anfan»
gen, die vorhandenen Schwieriaff. ſtandhaft bekaͤm⸗
pfen und nach der erhabenen Würde einer geprüften
und. feften Tugend mit männl. Kraft ringen. Keiner
muß beym Bewußtſeyn feiner Schwäche und Seblers
baftıgfeit, feiner Sehlbarkeir und Unvollk, feinen Kraͤf⸗
fen zu viel. zutrauen, und fich nicht in flolger Gichers
heit einmwiegen, vielmehr alle Mittel und Unterfüsuns
gen zur Bewahrung feiner Zug. forafältig auffuchen,
und fir treu und unabläfig gebramchen. Die Einbils
dung einer über alle Gefahr erhobenen Seelenſtaͤrke,
die immer mit Gorgiofiafeıt verbunden iſt, Fann viel-
fältig eben fo sum Kal führen, alg der allgumächtige
Reiz der finnlichen Begierde, I Kor. 10, 12. Als
Huͤlfsmittel hiezu erwäge man: \
N. Wie fehr die Gewohnheit und Fertigf. zu fündigen
die Kräfte des Geiftes und Leibes ſchwaͤche, Nom. 6,
12. Se öfter der Menfch fundigt, deſto mehr leidet
«) fein Verftand, in welchem Unvermoͤgen, bie
mwichtigften und nothwendigften Dinge zu erfennen,
Vorurtheile, Hang zur Berwerfung der heilfamften Wahr-
heiten, oder Zmweifelfucht und Irrthuͤmer in den wichtig—
fin Sachen ſich einfinden; g) es wird die Vernunft
zerrüttet, denn nicht fie ift Negentin, ſondern gemalt:
ſame Leidenfchaften find die Negenten; ») die Begiers
den werden zerrüttet, denn es fehlt ihnen an gehoͤ—
riger Richtung, an Uebereinft., an Ordnung und an
Maͤßigkeit; 3) die Freiheit Hort auf, nämlich die
edle Sreih., zmwifchen Gutem und Boͤſem im Ueberge-
wichte des erſtern; ) dag Empfindungsvermo-
gen leidet, denn die unfchuldigen Empfindungen arten
aus, und die böfen find weit ftärfer alg die guten;
2) die Vorftellungsfraft mwird irrig. Der M.
bleibe blos beym Sichtbaren fiehen, und beurtheilt
den Werth oder Unmwerth der Dinge blog nad) dem
Auge, Ohre und dem Gefühle; „die Einbilbungs-
Fraft erhält dag Uebergemwicht über den Verſtand u.
Willen; 5) das Gedaͤchtniß leidet, fo daß der M. weit
leichter das Boͤſe als das Gute faſſet -und behält;
V. 487
Verdorbenh., (ſittl. der M., Anw.) Vereinig.m. Gott.
die Leibeskraͤfte werden geſchwaͤcht, vol. hr.
Mor. f.d. Canzelgebr. Sünde. VOII AA.a—b.
5 Shl. ıfle Abth. ©. 366. 367. Der Sünder läft
fich nach Art der Thiere blos von feinen natürlichen
Trieben leiten, laͤßt fein edelftes- Vorrecht die Ver⸗
nunft ungebraucht sc. Seine Beſſ. wird immer ſchwe—
rer. In einem ſolchen Zuſtande iſt der M. ſchon ver—
moͤge der Einrichtung ſeines Gemuͤths zur Gluͤckſ. un—
fähig. Welches Elend! Deshalb huͤte ſich doch ieder,
daß er nicht der ſelbſt verſchuldeten Vergroͤßerung ſei⸗
nes ſittl. Verderbens durch Vermind. und Schwaͤchung
ſeiner Anlagen zum Guten Gott verantwortlich werde.
Ueber 2. S. 484 vgl. man Predd. z. Widerleg.
und Vertilgung —— prakt. Vorurth.
Frankf. a. M. 1796. gr. 8. Nr. 12: „uber dag Be—⸗—
rufen auf dag in der Bett herrſchende Verderben, wo—
durch man eben ſeine Schuld entſchuldigen zu koͤnnen
glaubt,“ über Eph. 4, 17.
3) Man vermehre nicht durch boͤſe Beyſpiele oder durch
Vorſuͤndigen das große ietzt herrſchende Sittenverber-
ben und den Reiz zur Suͤnde. Man verbreite nicht
die ſittl. Verdorbenheit.
Rel.⸗Lehrer und Erzieher haben es zur größten Gewiffenspflicht, ihre
Mitm., für deren moraliiche und religidfe Erziehung fie arbeiz
ten, befonders zur. Herrichaft über ihre Neigungen anzuführen,
4) Wegen des natürl. menfchl. Hanges zum Bofen duͤr⸗
fen Eltern ihre Kinder gar nicht ſich ſelbſt uͤberlaſſen,
ſondern ſie muͤſſen ſolche — eingedenk der Wahrheit,
„dem Kinde gebuͤhrt die ſorgfaͤltigſte Ach—
tung“ auf das Beſte erziehen, und ſie recht leiten.
Ohne eine gute Erz. zur Sittlichk. und Religioſitaͤt
bleibt der M. den Thieren nicht nur gleich, fondern
er reibt fich felbft zu den fchandlichfien Vergehungen
mit andern M. auf.
Dar. Duttenhofers Predigten, Heilbronn
1792. Rt. XXI, „über dag natuͤrl. fittl, Verderben
der Menſchheit.“ — — ’
were)
mit Soft, ob. 14 23:
Gemeinfhaft Joh. 14,
Bol. Döderlein’s inf. Th. chr. T. I. © 5:6. 528 = 30;
Reinhard’s Vorleſ. üb, d. Dogm. ©. 3532. |
488 V.
Vereinigung mit Gott, (was?)
NelssZchrer muͤſſen fich des Ausdr, Bereiniaung mit Gott,
0. enthalten. Es ſtammt derſelbe aus der Schule der Myſtiker
und Fanatiker ber, er ift nicht iedem faßlich. Es it auch gar
nicht zu einer befondern Ner. Lehre zu machen. Es ift ein
bildlicher Ausdruck. Berein. mit SGott gebört, wie die
Wiedergeburt, Erneuerung 2, zu der Öinnesänderuug und
Beſſerung. | SR Tr RER
LMitGottvereinigtfeyn, heißer) mit Gott einer-
Lei Sefinnungen und Abfichten haben; daher ift Ver—
einigung mit Gott nichts anderes, als Kennt
niß des gottl. Willens und die eifrige Be
folgung deffelben. Dadurch fiimmt der M. und
Gottes Wille mit einander überein, und Gott erzeint
ihm mancherlei Wohlthaten. Wer mit Gott vereinigt
ift, 1) befolgt Gottes Lehren und richtee feine Reigun—
gen auf dag fittliche Gute; 2) er liebt Gott auf das
innigſte und iſt feft überzeugt, daß Gott noch viel
größere Liebe habe, als wir gegen ihn haben, und uns
ferer Schwäche wegen nicht fähig find; 3) er genießt
die edlen Freuden des Verflandes und Herzens und
andere Sreuden, die uns Gott verfihafft. — ob. 17,
23; I Kor. 6, 17; Io. 1,.35 2,.5 fe 4 16. Dur)
die Mel. fommen wir mit Gott in ein Verhaͤltniß,
wobey man fich wohl befinder, wenn man gleich von
ihm abhängig lebt. Nach I Kor. 6, 17. iſt derienige,
welcher Gott anhaͤngt, d. h. ihm ergeben ift, ein
Geiſt mir Gott, d. b. ſtimmt mit ihm überein, denft
fo, und will dag, als und wag er denft und wıll.
Denn wer Jemand ergeben ift, der ſtimmt auch mit
ihm überein, oder hat einen Geift, ein Herz mit ihm.
Sind aber zwey — eine Seele, fo kann man auch von
ihnen fagen, daß fie mit einander übereinftimmen. —
Mit Gott vereinigt feyn, beißt aber auch 2) Gott
erfennen und in diefer Kenntniß beharren. I “job.
3:6. woſelbſt in Gott bleiben fo viel als mit
Gott vereinigt bleiben und der Sünde anbangen,
fo viel al8 dem Laſter nachhängen, heißt. In Gott
bleiben oder ihn Fennen, ift offenbar baffelbe und
der Sinn ift: wer der Erf, Gottes treu bleibt,
frohnt gewiß nicht dem Kafter. — Mit Gott vereinigt
feyn, beißt auch 3) feines Wohlgefallens verfichert
kenn, I Joh. 4, 16. 17. Sinn: Wer Gott anhaltend
/
Vereinigung mit Gott, (Mittel zur — ——
liebt, dem bleibt der huldvolle Beyfall Gottes gewiß.
Der Zufaß: ein folder bat Sreudigf. am Tage des
Gerichts, beftätigt diefen Sinn. Wer Gott vertraut,
ift alfo von Gottes Vaterliebe überzeugt, daß Gott
ihn in feiner Noth verlaffen, fondern benftehen, von
allen Leiden erretten und ihm diefelben ff. Ein folcher
hält fich dur Jeſu Tod a) mit Gott ausgeföhnt,
Col. 1, 22; Bf. 32,1. b) er ift bemüht, Gott ähn«
lich zu werden, ibm nachzuahmen, IL Betr. 1, 4; endl.
c) er bat die frohe Hoffnung, Gott in der Emigfeit
näher zu fehen, wie er ift.
Sum Theil fehr anftößig war es, daß man ehehin die in Hof, 2,
19.205 11 Cor. 6, 165 Bad. 2, 8. vorkommenden Bilter
vom Weinfto und den Neben, Haupt — Leib und Glieder,
Braut und Bräutigam von der DB, mit Gott gebrauchte,
Se Ausdr. find inM. & © Reiche's Rel, eines freien
Geifies, Berl. und Leipz. 1774. gr. 8. ©. 321. zur Beſeiti⸗
gung alies Unftößigen erklärt.
u. Mittel sur Bereinigung mit Goff.
I) Man made fich durch Vern. und Schrift mit Got:
tes Borfchriften befannt, uͤberzeuge ſich von der Vor—
trefflichkeit derſelben, praͤge ſie ſeiner Seele tief ein,
und ſuche ernſtlich fie in f. Reden, Geſinn. u. Handl.
zu befolgen, oder man handle bey ieder Gelegenheit
nach dem, was Gott will. Dieſes erfahren wir von
dem Geiſte, der in uns wohnt, der unmittelbar von
Gott abſtammt und den er uns zum Fuͤhrer gegeben
hat. Man richte alle f. Gedanken ‚auf Gott, denfe
an ihn als den Allgegenw., man fühle feine Allliebe,
wie viel er durch Chriffum für ung gethan hat. Dieß
beroirft innige. Sreude, herzliche Dankbarkeit, eifrigeg
Streben nach Gottes Beyfall und Zufriedenheit. Aug
lebendigen Vertr. zu Gott überzeuge man fich, daß
. Gott ung liebe und ewig lieben werde, Dieß gewährt
eine zu allen Zeiten gleichbleibende Kraft, Zeftigfeit
und Sreudigfeit, die alle Schmwierigfeiten befiegt, und
alle Ervenübel überwinder.
2) Man ziehe die flillen edlen Freuden des Geiſtes deu
geräufhnollen eitlen Freuden der Sinne vor.
II. Aufmunterungsgründe sur Gemeinſchaft
at Spk.
Vergebung” der Sünden.
1) Sie tft dag hoͤchſte Gluͤck unfers Lebens; vgl. 9. —
Hermes Predd. üb. die Evang, 1792. 8. Nr. 6. ©.
41 ff. „die Vereinigung mit Gott dag hoͤchſte Gluͤck
auf Erden‘ am Seite Mar. Kein.
2) Sie ift nicht nur Vorbereitung auf, bie höhern Freu⸗
den des Himmels; ſondern auch ein Vorſchmack der⸗
ſelben.
Bel. D. €. Er. Ammon’s Predd. 4. Beförd. e.
reinen u. moralifch thaͤtigen Chriſtenth. ar B. Nr. 10:
„v. d. Gemeinſch. mit Gott;“ Schleiermachers
Predd. Berl. 1801. Nr. 11. „die Gemeinſch. d. M.
mit Gott; Reinhard's 18015. geh. Predd. ır B.
Amb. u. Sulzb. 1802. ar. 8. Wr. 22 ü. 23: „von
dem feligen. Einverflänpniß, in welchem wahre Chris
ften mit Gott leben,“ üb. die Ev. am ın u. 2n Pf.
Tage. — —
—— der Sünden, Ap.G.2, 48; Eph.
Bol. den Art, Rechtfertigung, ar Th. ©, set ,
&. — Quid id fit, Deum condonare peccata? Ein Programm
von Nöffeit, Halae 179..45 D. 3. W. Schmid Progr.
commentarius in quo remiflionis peccatorum notio biblica
indagatur. Particula I-III. Jenae 1795:97. 4. Die Fra⸗
gen ver zweifeinden Vernunft: iſt die Vergeb. der ©. moͤg⸗
ich ? RL f. f., von D. ©, Fr. Seiler, Erl 1798. 3.; M.
Fr. 2. Koch Diff. philof, dogm. .theol. de Deo, poenas
eas, quae ipfam naturam et phyfico caufarum nexu pec-
cata fequi dieuntur, remittere, Torgaviae 1802. 4. 44 B.;
D:. 3:8, Ewald: Bedarf der DE, Vergeb. ver S.? was
lehrt die Bibel darüber ? Leipz. 1802. 8. — Döderlein’s.
‚inf. Th, chr, T. II, p. 383. vorzügt. $. 262. obf, 2, ©.
3865 deſſelben Rel.-Unterr. Th. XL, ©, 114:147.; Am⸗
mon?’s wiffenfh. pr Theol. S. 20132105 NReinhard’s
Borlef ib, die Gi.-Lehre ©. 3965 Mori comm. exeg.
bi, in epit. T..I. p. 468 ;.T: H. p. 68:89; Stäuplin’s
Dogm. u. Dogmengefh. ar Th. ©. 706 f. (5. 127) und ©,
770 f; Hende’ 8 neues Mag. 2 B. 1 Gt, ©, 1367143,
J. Ueber das, was Sündenvergeb. if, find bie
Theologen fehr. verfchiedener Meinung. |
Verſchie dene verfichen darunter das um des Todes Jeſu Ehrifti
und durch Sefus Chr. erfoigte Urtheil Gottes, wornad er dem
ſich beffernden Suͤnder die gedrohten und. verdienten Strafen
der Sünde erlaffe und aufhebe, (nicht dieſelben vollziehe) ihn
von den bbſen Folgen der Suͤnde befreye und ihm dieſes Ur⸗
DB. 491
Vergebung der Sünden, (worin?)
theil befannt mache, damit er dadurch beruhigt, getröftek und
immer glüclicher werde. Nah andern ift fie ſogar Aufs
hebung der Sträflichteit (Strafwuͤrdigkeit) und der Suͤnden—
fund. Im Grunde ift Fegteres aber unmöglich, vol Doͤ⸗
derlein’s RKel.zlinterr. XIr Ep. ©. 126 f. Andere meinen,
Sündenverg. fey, dab Gott den Schuldigen weniger firafe,
als er verfchuldet Habe. Noch Andere, z. B. Reinhard
a. a. D., erflären fie dadurch, daB Gott unter gewiffen Bes
dingungen, welche den M. Fund gethan werben mußten, die
- Sünde nicht weiter firafen, fonsern es bei den natürlichen
Strafen 5103 bewenden Iaffen wwelle, die ohnehin mit der ©.
verbunden find; f. oben Tod Jeſu Ehr 11. 6. b. ©. 317f.
Einige, . 8 Stäuslin aa. 9, ©. 706. fagen:
S.:Bergeb. ift: Gott zuͤrnt nit ewig, To bald f.
Ger ein GÖenüge geſchehen und der Günder es
würdigift, ifter gegenibn Fein firafender Rich—
ter mehr, er fhenet ihm fogar fein Wohlgefal—
len, er begluͤckt ihn, und mehr, alder es verdient.
— Einige braichen es auf die Erlaffung der Strafen der vorher
als Juden und Helden begangenen Eünden, Rom, 3, 15; Ebr.
9,15; .Hende’s Mag. 4 B. 3 ©. ©. zı2. vgl, mit S.
308. und Löfflers in dem Art. Tod Jefu angef, 2 Abhh.
Freilich reden die neuteft. Schriftfieller von Suͤndenvergeb. zu
Leuten, die Bekehrte aus dem Juden = und Heidenth. waren,
falls fie fittlich gut leben wollten, und — nicht zu M., bie
‚im Schooß der K. geboren worden find. Allein find wir
denn weniger Sünder? Verſchiedene beziehen die
S.Vergeb. auf die Erlaff. d. Strafen in iener Welt, „Süns
„denvergeb. ift die Erlaffung, oder Hinmwegnahme aller ver Gtras
„fen, welche nicht nothwendiae Folgen der Sünde, und zur
„Beil. des Sünters unentbehrlich find R.“ — „Soll die Suͤu⸗
„denvergeb. in d, chriſtl. Dogmatik überall etivas mehr feyn,
„als eine Ankündigung, daB Gott die Sünden der
„M. nicht Härter firafen wolle, als es sie Sefege
„seiner Heilige u. Gerechtigk. nothwendig zum
nBeften des Subiekts erfordern, fo geht der Haupts
„begriff einer moralifchen Gottheit — rımlidy die Heilige, vers
„foren, weiches der Vernunft widerfireitet. — — „Die Bes
„reachtung von Gottes Güte, Liebe und Weish. kann bie
„Strafen der Sünde (an fi) nicht aufheben. Diefes muß
„vielmehr durch einen moralifhen Actus der Freibeit zur Bell,
„Nach und nad) aufgehoten werden, alfo von Geiten des M.
„ſelbſt gefchehen, wobey die Güte und Barmhberzigk. Gotres
„wicht eingreifen darf, um die Gefege feiner Heilige, u. ©es
„rechtigkeit zu befchränten, die ewig feft fiehen **..“ —
*) Döderlein im Rel.:Unterr. Th. Xl. ©. 119,
**) Allg. Lit. Zeit. 1796. 1V. &, 330.
2% A
—
—
1
492 V.
Vergebung der Suͤnden, (was iſt darunter gemeint?)
In den 4 Evangelien heißt Suͤnden vergeben ſo viel, als:
von einer Krankheit frei oder — geſund werden; denn die
Inden fahen vie Krankheiten als Suͤndenſtrafen, oder als eine
‚Strafe des Verhängniffes von Gott an, fo wie fie iedes Was
turuͤbel für eine beionders verhängte Strafe fir etwas bes
fimmtes Boͤſe hielten; der Gedanke an fortwährende Strafe
dernichtete alle Hoffnung dee Genefung und alle Anwendung
eigener Kräfte. „Um dieſes Hindernib der individuellen Ges
„neſung inviduell, wie e8 da war, zu heben, fagt er dem franz
„ken: Du, wie du hier vor mir biſt, Haft dir deine Günden
„nicht mehr als unerlaſſene Schulden zu denken! Gie find dir
„erlaſſen. Nicht, wie wenn ietzt eben Jeſus, ihm allein, aus
„beſonderer Gnade fie erließe, fondern weil Sefus überhaupt
„ienes Vorurtheil ald verwerflich einfah, wie er-dieß bey an—
„dern Selegenheiten allgemein erklärte *),.7 Matth. 9, 2:5. —
In vielen Stellen der h. Schr, Fommt der Ausser, Sündenp,
in verſch. Bedeutungen bald als Aufheb, der goͤttl., befond. der
zeitt. Grdifchen) Strafen — (fo vorzüglich im a, Xeft.), bald
als die gütige liebevolle Geftnnung Gottes gegen den Suͤnder,
bald als die Sutheilung unverdienter BER bald ald 2 diefer
Stuͤcke, bald als alle zugleich vor. |
Die neueften pttesgel. geben zwar weit richtigere Erkll. von
Vergeb. d. ©, als ©. 490, angeführt worden ift, unter
welchen folgende: daß fie 2a) die durch J. Ehriftus gefchehene
Aufhebung der Ötrafen, vor weichen fich die Juden nad) ihrem
firengen moſ. Geſetz fürchten mußten, und dor welchen fich
nicht die zum Chrifienth. llebergetretenen zu fürchten brauch⸗
ten **); desgl. b) fie ift die Werficherung , daB dem Reuigen,
weicher bier zu fündigen aufhört, auch nidyt weiter die mit
der Sünde verbundenen fchädfichen Folgen treffen werben, fehr
ſchaͤzbar find; allein gewöhnlich fieht man doch die Vergeb.
d. ©. als eine Erklärung Gottes an, daß er dem Ge⸗
Kefjerten wohlwolle **8; oder als eine VBerfühnlichkeit © ots
te8 und Zuwendung feines Wohlwollens. Allein bey der
S.-Vergeb. geht* keine Veränderung in Gott vor, ſo daß fie
aus einem zütnenden Gott einen gnaͤdigen Gott mache, fons
dern 03 iſt eine Beränderung in der Borfieilungss
art des Suͤndigenden. Genau genommen kann man
von Gott nicht fagen: daB er vergebe. Gott kann Feine
Veränderung leiden. Denn wenn er dem M., dem er feine
©. vergibt, feine Liebe n. Gnade wiederſchenkte, fo veränderte
an un nn — — ñ — — — m — — — — — —
*) Paulus Commentar üb. das n. Zeft. ı7. Th. ©. 381 f.
**«) Sp Herr Abt Hende in lineam. fid. chr. P. 199.
nach d. 2ten.. WU, _ /
#2) So nod here M. 804 a. a. O.
V. 493
Vergebung der Suͤnden, (was iſt darunter gemeint?)
er ſich zweimal. Einmal liebte er den M.; ſo ——
laſterh. wird, fo wuͤrde er ihm boͤſe; das wäre eine Veraͤnderung
in Gott, Befferte fich der Sünder, fo müßte Gott aufhören
böfe zu feyn, das wäre eine abermalige Veränderung.
Gott ift aber Feinen einzigen Augenbli& anders geſinnt, als
er es vorher war. Er liebt unveränderlid).
IT, Wie ift die Lehre v. d. Verg. d. S. öffent
lich vorzutragen? Bon Menfchen ſagt man: fie
vergeben, wenn fie aufhören zornig und rachgierig
zu ſeyn, wenn fie nicht firafen und nicht mehr leiden»
fchaftlich den haſſen, der etwas Beleidigendes gethan
hat, fondern wieder Freunde des andern merden.
(DBergeb. fegt eine Belcidigung voraus.) Go ſagt
man;. der Vater vergibt feinem Sohne, der ungehor-
fam getwefen oder etwas Boͤſes gethan hat, d. h. er"
fraft ihn nicht. - Zwar haßt er den Sobn felbft nicht,
aber das Boͤſe an ihm mißfällt ihm, fo lange er nicht
aufbort, e8 zu thun. Gemeinhin geht, ehe er feinen
Unmillen nachläßt, eine Befänftigung durch Bitten,
durch Ueberredung und Demütbigung vorher. Sin
diefem Sinne kann man nicht fagen: Gott vergebe
und. Denn Gott fann nit von ung beleidigt wer>
den, oder wir koͤnnen Gott fein Leid zufügen, folglich
braucht er ung nicht zu vergeben; ung felbft fügen
wir ein Leiden zu, wenn wir nicht feinen Willen thun.
Gott zürnt ia nicht, er ift der unveränderlich Liebende.
Wie Fonnte in Gott Nache aufftchen? Wer dürfte
denken, daß er fie durch Strafen abkühlen wolle?!
Gott hat nur über die Sünde des M. f. Mißfallen,
nicht aber am M. ſelbſt. Eben fo wenig dürfen wir
denken, Daß Gott, wenn er dem M. die ©. vergibt,
augenblicklich die Strafen der Sünde aufhebe, oder
ihn v. d. natuͤrl. Folgen der ©. befreie, oder auch,
daf er weniger firafe, als der Sünder verdient habe.
Denn Gott fann nicht willführlich handeln und feine
Gnade zum Dachtheil. feiner Gerechtigkeit verwenden.
Die Folgen der Sünde find uͤberdieß gut und beffernd.
Sie follen dag unfittl. Betr. der M. aufheben. Wie
follte alfo Gott etwas aufbeben Finnen, mas feine
Weish. gefegt hat! Und würde das wohl Gnade
feyn, die Folgen der Sünde aufzuheben und dadurch
den Sunder noch tiefer ins Verderben zu ziehen? Dat
494 V.
Vergebung der Suͤnden, (was iſt darunter gemeint?)
der M. Strafen verdient, oder fordert das Geſetz die
Strafe, und man. denkt fich doch Gott fo, als ob er
die Strafe nicht vollgiehe, fo ſtellt man Gott alg ei—
nen fchwachen M. vor, der zwar zuerft Strafe drohe,
hernach aber fi) durch. Bitten ermeichen laffe, die
Drohung nicht zu vollziehen. Man Fann auch. nicht
annehmen, daß Gott bald vergebe, bald ftrafe, over,
daß feine Strafen willkuͤhrlich wären. Wenn Gott
dem Sünder ftatt Strafen feine Gnade sufommen
ließe: fo wären entweder feine Gefeße, welche übertres
ten find, nicht gerecht und gut, oder er wäre ein
ſchwacher weichlicher Nichter. Daß die Sünden mit
traurigen elendmachenden Solgen derbunden ſi ind, iſt
ia nicht aufzuheben moͤglich.
Bgl. Neue a. deutſche Bibl. 42 B. 2 St. ©, 431:33. — Es
| ift der Ausdruck Sündenverg. eben fo gut, wie die Bibl,
Redensarten: Gott vergeffe unfere Sünden, er vers
fen&e fie in die Tiefe des Meerd, fein Herz ers
weiche fi, er breche vor Erbarmen u. a. m., nidt
buchſtaͤblich, ſondern bildlich und uneigentlich zu nehmen, und
ift von diefer bildl. Hille zu entkleiden. Er ifi eine Herab⸗
laffung zu der Schwäche der M. |
Sp tie eigentlih und nur in dem Sohne, welcher
bey einem meifen und guten Vater Vergebung fucht,
oder wenn diefer ihm Vergebung anfündigt, eine Der:
Anderung vorgeht, daß er fich der väterlichen. Liebe,
die fich nie verändert hat, wieder empfänglich macht,
und neue Hoffnung hat, ein Gegenftand des MWohlges
falieng zu werden, wenn er bisher ein Gegenfland des
Mitleidend war; fo iſt es auch in Ruͤckſicht der Vers
gebung unſ. Suͤnden durch Gott. So wie, in
Hinſicht des Sohns, deſſen Bitte um Vergebung nicht
Aufheben eines Zorns iſt, welchen er nie erfuhr —
(denn kann der zuͤrnen, der noch immer Verſuche
macht, den Sohn zu gewinnen? Er bittet eigentlich
nur um Zuneigung des Wohlgefallens, weil er ſich
ießt einer Gefinnung bewußt ift, welche ihn. deffen
fähig miacht. Das Wort des Vaters: „ich ver-
zeihe” ſagt im Grunde nur: das Hinderniß ift auf:
gehoben, wodurch das Verhältniß zwifchen ung ge—
ſtoͤrt war): ſo iſt ers: d. ©. nichts anders, als:
das durch den Tod Jeſu Chr. gegründete
J
Vergebung der Suͤnden, (was iſt darunter gemeint?)
Vertrauen u. ſuͤße Bewußtſeyn (bie Selbſt—
verſicherung) des wirklich ſich Beſſernden, daß
an ihm Gott, welcher zuvor ſeiner Laſter
oder Sünden wegen gin gerechtes Mißfal—
len Batte, weiter, da er dem Boͤſen ſentſagt
habe und ſich ernſtlich und beſtmoͤglichſt zu
beſſern und allein im Guten zu leben be—
firebe, fein Mißfallen, fondern ein gnaͤdi—
908 Wohlgefallen Haben, die noch übrig ge
bliebene ſittl. Unvollk. nicht ſchaͤrfer ahn—
den werde, als es die Geſetze ſeiner unparth.
Heiligk. und Gerechtigk. zum Beſten des M.
erfordern und ihmbey fortgehender Beſſ.
ıc. allmaͤhlig die boͤſen und ſchaͤdlichen Fol—
gen (Strafen) feiner Sünde aufhoren laf
fen werde *). Die Gründe zu diefer Selbftuerfiche-
rung, die Derienige bat, welcher S.-V erg. bofft, find:
er ift überzeugt, daß Gott feine Beff. billige und da
er ihn nun als einen ſolchen anerfenne, der wirklich
fo denkt und handelt, wie e8 vor Gott und feinem
Gewiſſen recht und gut ift, oder teil er durch die
nunmehrige Befolgung das werde, was er fiyn foll.
Der Gebefferte fürchter ſich alſo nicht mehr wie vor—
hin bey einem böfen Gewiffen Enechtifch vor Gott. Er
denkt fih Goff mit Ruhe, oder daß er ibn dennoch
liebe und einft felig machen wolle, wenn er gleidy vors
her nicht ec. Erift freivon Gemwiffengunrube
und anderninnern Folgen der Sünde. Die
äußern Folgen feiner ©. bleiben vielleicht noch eine
Zeitlang, und er kehrt gur Heiterfeit, zum
freudigen Bemwußtfeyn von feinem etwai—
gen Werth vor Gott und M., zur Drdnung
und Gluücf. wieder zuruͤck. Denn fo lange der
M. fündigt, liebt ihn zwar Gott noch fort, aber der
M. ift unfähig, ſich Gott als liebend zu denken und
angenehme Wirkungen von feiner Liebe zu erfahren.
Verg. d. ©. iſt alfo die unmittelbare Feige ei:
) BEL m. 0 d. Bihl.. XIX B.-1 6 &sr5: 16;
XXI 3 ı ©. ©, ıı25 XLI®. 2 ©r. ©, exo.
XVII ®. ı &. ©. a7. und LXIX 8, ©. 237.
496 V.
Vergebung der Sünden, (mas iſt darunter gemeine?)
ned guten Gemwiffens des M., der wieder Grund hat,
groͤßtentheils mit fich zufrieden zu feyn. Ein folcher
ſieht auch nicht mehr die natuͤrl. und leibl. Uebel,
welche ihn f£reffen, und ihn auch nach der koͤrperl.
Naturverbindung, 3. DB. als Folge der Wolluſt, noch
ferner treffen müffen, ale Strafe oder Solgen deg
Mißfallens Gottes, welches er nicht verdient habe,
fondern als ein Erziehungsmittel zur Tugend an, die
ihm auch erleichtert wird, weil er nicht mehr Sünden
auf Sünden häuft. Denn nur Uebel, die einen M.
£reffen, an welchen Gott ein Mißfallen hat, find nach
der Bibel Strafen Gottes, weil fich der_M. folche
als Erinnerungen an Gottes Mißfallen zurechnen fol.
Nur fo lange ift der M. ftrafbar, d. h. ein Gegenftand
des richterlichen Mißfallens Gottes, fo lange er
Hofe ift. Er hört aber auf firafbar zu feyn, fo bald
er aufhört, böfe zu feyn. Die Sunde ftrafte fich ent:
weder felbft oder fie ift beftraft worden, fo lange er
bofe war... Dem Gefege ift genug gethban, denn dieß
erklärt den Bofen nur fo fange, als er bofe ift, für
firafbar. So bald der Ehrift wahrhaftig Chrifto
glaubt, daß er nur durch Tugend Gott mwohlgefällig
werden fönne, und fich daher von allem Bofen los—
fagt, der Sünde abſtirbt und der Gerechtigkeit lebt,
kann der M. auf Verg. d. ©. rechnen. So bald der
SM. die wahre Uebergeugung von der Lehre Jeſu an
genommen hat, daß er nur durch Tugend Gott wohl-
gefällig werden Fönne, und daher auch feine Gefinnung
wirklich gebeflert hat, alles Gute — umd nur das
Gute zu lieben und alles Bofe zu haffen angefangen
bat, erfolgt die Zuficherung auf Berg. d. ©.
Wenn man bedenkt, dab im m. Teſt. bey der Vergeb. der Suͤnden⸗
firafen immer nur von pofitiven Strafen der Sünde die Rede
ift, die die M. vollig willeährtich dachten, und wobey es einer
Berficherung zu ihrer Beruhigung bedurfte, daß diefe willkuͤhri.
Strafen Gottes in der neuen Wei, nicht flatt finden Eonnten,
wenn fih die M. nur aufrihtig befferten : fo wird inam. tiefe
Exil. von Sündenverg. deshalb, ſo wie wegen des oben
&. 492 Öefagten aunehmlich fürden, Won der völligen Ver⸗
nichtung ver natuͤrl. ſchaͤdl. Folgen ift die Eundenvergebung
nicht zu verſtehen. Koch's Erklärung in dev S. 490 angef,
Diff. iſt folgende: Verg. 8. ©. heißt Gottes Erklaͤrung, daß
unfere Suͤnden ihn nicht hindern follen, um uns feine Kiebe
zu
ne ' 497
Vergebung der Sünden, (mas iſt darunter gemeint?)
u entziehn, Wohlthaten zu erzeigen, und uns ſeines Schutzes
außerorventlich zu würdigen. Es iſt ſeine Erft., dab wir ihn
nicht wegen unferer Froͤmmigkeit, die nichts ift, fordern aus
andern Gründen lieb und wohlgefikig find, und fle iſt die ges
mächte Hoffnung, daB wir durch feine Huͤlfe und ſ. Beyſtand,
falls. wir die ung gemachte Bedingung annehmen, ven Zweck
des Geſetzes, Heilige, und was damit verbunden ift, Gluͤckſe⸗
ligkeit erlangen koͤnnen.
Um des Todes Jeſu willen — der beſſernde
Suͤnder dieſes tar des gottlichen Wohlgefal—
Ien®., Der Lod Jefu ft t ihm ein Unterpfeno von
„Berg. en. 300.3, N EuGr 24, 63,
19; 26, 18. Er ficht die mit Jeſu — unfchuldig u.
freiwillig erduldetem Tode verbundenen Leiden alg
Denkbilder von den göttl. Strafen an, die er mit ſei—
nen Suͤnden verdient haͤtte, ſ. oben Tod Jeſu, und
II Cor. 5 21. ogl. n. a. d. Bibl. Xle t.
SG; 396.
Die Sündenpers. iſt moͤglich; denn
1) die Schuld des Suͤnders laͤßt ſich freilich durch
fkeine nachherigen Tugenden aufwiegen; denn mehr zu
thun, als die Pflicht gebietet, iſt unmoͤglich. Aber
indem ein Suͤnder ſich beſſert, veraͤndert er ſittlich
ſeine Perſon; er zog mit dem alten M. auch die Schuld
aus. Im neuen Zuſt. kann er ſich alſo nicht mehr
dieſelbe zurechnen.
2) Sit der Schuldverlierung kann fich der fich Def
ſernde nicht mehr dag Leiden, verbunden mit dem. Bes
wußtſeyn der Schuld, denfen.
3) Vor Gottes Gericht hat der M. nicht die Folgen
der Suͤnde, die freilich noch fortwaͤhren, aber unter
der Aufſicht der alles zum Welt-Beſten lenkenden Vor—
ſehung ſtehen, ſondern immer nur die Sittlichk. ſeiner
Geſinnungen zu vertreten.
Da der Ausdr. Suͤndenvergeb. ſo oft im n. Teſt. vorkommt,
und derſelbe, fo wie der Ausdruck Sändentilgung, Ap.
Geſch. 3, 235 Pf. 51, 3. einer richtigen Erkl. bedarf, indem
es dem großen Volkshaufen gewoͤhnlich an einer richtigen Vor⸗
ftelung yon BO. fenit, welche mitzutheilen. vielen
Vorurth. und der daraus entſtehenden Unſittlichkeit oder falſchen
Beruhigung vorbeugt: ſo darf man in den oͤffentl. Religions⸗
vortraͤgen fo wenig ſich des Ausdrucks Suͤndenverg. ents
Ehrift. Gh ‚Lehref. d. Sanzelgebr, 3Th. Bag:
498 — —
Vergebung der S., (hoher Werth der —) [Anwend.]
halten, als auch nicht ganz diefe Materie in den öff. Relss
Vortr. unberührt Iaifen. |
II. Hoher Werth der Verg. d. ©.
1) Sie erftredt ſich auf alle Suͤnden fuͤr denienigen,
welcher ſeine Suͤnden pr, bereut und ſich beſſert,
I Job. ı, 7; Rom. 5, 20
2) &s ift eine Wohlthat für alle M. „ohne Unterfchied,
wenn fie fich mirflich beffern, felbft für die, welche wie—
der in Suͤnden, aber unvorfäglich, ſan und aufs
neue fich wieder beffern.
3) Sie gewaͤhrt Turchtlofigkeit, Freudigk. zu Gott u.
innere Ruhe. Sie ermuntert zur wirklichen Vollen-
dung guter Entfchlüffe und zur eifrigen Sührung eis
nes fugendh. Wandele. Mer der Vergeb. f. ©.
gewiß ift, wird nicht mehr, mie der Anfittliche, von
feinen Gewiſſen angeflagt, daß er an. feiner Anfeligs
feie felbft fchuld fen, Ezech. 18, 21:23. 27. 28. 32.
IV, Anwendung.
A. Wodurch erhalt man Säuteneländb: ee
1) Richt durch bloße Abbitte, nicht durch winſelnde
Anklagen als eines großen verdammungswuͤrdigen
Suͤnders, nicht durch bloße muͤndliche Zuſage der
Beſſerung. Dazu kann die Sehnſucht, von Schmerz
und von Furcht frey zu werden, treiben. Dabey kann
man ſich blos auf Jeſu Tod verlaſſen, ohne ſich in
der That zu beſſern.
2) Fran den Glauben, daß man burch Jeſu Tod er-
ey.
Vgl. Heym's Predd. für Landl. üb. die Epiſteln,
©. 409:417: „Chriſten erhalten ihre Suͤndenvergeb.
durch den Glauben an Jeſum.“
3) Wenn man von Sünden frey zu werden fucht, oder
° irklich aufhört zu fündigen. Feſter und ernftl. Ent-
fhluß und Anfang Gotf zu gehorchen, iſt die unums -
gängliche Bedingung, ohne welche nicht Merre von
Thraͤnen, nicht ein iahrelanges Winfeln und Heulen,
nicht ein DBerlaffen auf Jeſu Chr. Verdienft, Fein Ver—
fprechen, fein v. d. Surcht auggepreßtes Gelübde, von
den fich felbft zugezogenen Uebeln befreit zu twerden,
ung der wahren FSreudigfeit zu Gott u. des Gemiffens
theilbaftig machen kann. Dieß fagt Petrus Ap. ©. 3,19.
V. 499
Vergebung der Suͤnden, (Anwendung.)
deutlich. Ohne redliche Sinnesaͤnderung, ohne Beſſ.
der Geſinnungen und des Verhaltens iſt V. der S.
unmoͤglich. Haͤtten wir tauſend Mittler und tauſend
Fuͤrſprecher, und koͤnnten wir tauſend Suͤhnopfer
bringen, ſo wuͤrde doch dadurch das boͤſe Gewiſſen
nicht in ein gutes umgeſchaffen. Wer gottlos lebt,
kann unmoͤglich die Freuden eines von der Suͤnde
entledigten Herzens genießen, Roͤm. 3, 22.
Die Mittel dazu ſind: man ſtrebe nach wahrer
Gelbfterfenntniß, und habe einen ernfllichen Willen
von ©. [08 zu werden. Man übe fih im Guten und.
Jaffe vorzüglich feine Liebe wirkſam feyn.
„Es gibt fehändliche Leute genug, welche meinen,
fie haben die Vergebung der Sünden, wenn fie
„nicht anfangen, das Dofe zu laffen. Dieß gehe
‚aber firafs wider die Vergeb. der Sünden. Denn
„dieſe will beides haben, daß man das Unrecht bes
„kenne und davon ablaffe. Dabei machen fie auch
„ihre Sünden gering und fagen: ih weiß nichk
„fonderlihe Sünde, die ich gethan habe, ich bin
„Fein Ehebr., fein Dieb, fein Todtfchläger! Aber ift
„auch dag Herz rein? Das find nur grobe und ges
„malte Sünden. Du mußt auch die bofen Gedan-
„fen, die Lüfte und verftellten Gebrechen ablegen,
„wenn dir die Vergebung zufommen fol *).%
Rel.⸗Lehrer koͤnnen nicht genug ſich Mühe geben, den gemeinen Leus
ten den Srrwahn aus dem Kopf zu reden, daB man fich der
Berg. d. ©. bey einem umnfittl. Leben getröften Eönne, Sehr
viele machen daſſelbe zu einem Pflaſter für das durch Lafier
zerriffene Gewiſſen, um es auf Koften der GitrlichE. zu heilen.
Die Sünpenverg. ift ihnen gleichjam eine Wechfelbude, indem
fie ſich die moralifhe Schuld abichreiben laſſen, um auf gutes
Sluͤck eine neue Schuld zu machen. Gewöhnlich befördert bie
Lehre v. d. Berg. d. ©. fehr viele Traͤgheit in der Tugend
und der gemeine Mann denkt ſich darunter einen wahren
Eathol. Ablaß. Dem muB man vorbauen. Der Immer des
Chriftenth. ift Fein anderer, als den M. vor Suͤnden zu bes
wahren und zu einem menfchmöglichen tugendh. Leben zu fühz
ven. Der aͤchte Chriſt darf nice fündigen, — Eben fo müfs
fen die Nelsskehrer gegen das Vorurth. eifern, ald wenn man
ohne Bei. auf bloße Keue und Betruͤbniß, oder auch auf den
2) Tiſcher's Leben Luthers, zte A. ©, 148. 149.
1:2
ce
500 i V. 2
— der Sanden (Anwendung.)
—bloßen Glauben an Jeſus Berg. d. ©. erhalten Bine wel⸗
‚ches geradezu alle Gittlichkeit aufheben würde, und wogegen
die Bibel in fo vielen Stellen nachdruͤcklich eifert. Das Vor⸗
urtheil, daß Prediger Vergeb. d. 5, ertbeilen koͤnnen, muß
ebenfalls mit allem Nachdruck beſtritten werden, weil dieß das
allerverderblichſte und noch genug rung iſt. —
Man benutze dieienige Zeit, wo wir * Verſtand
und Kräfte zu unſerer Beſſ. haben, da uns Gott noch
Mittel, Gelegenhh. und Ermuntt. gibt, die Sünde
— — und täglich beſſer zu werden.
Br) Man werzage nicht, wenn auch das Bewuůßtſeyn |
unſ rer vorherigen Sünden erwacht. Bey redl. Eifer
im ‚Guten findef Vertr. auf Gottes Güte ſtatt.
| '2) Man bemahre die S.-DBergeb. banfbar und übe
fich täglich in dem chriftl. Sinne, daß man nicht fer-
ner beten dürfe: vergib — — Schul, Pure: er⸗
halte ff. Pſ. 86, 11.
3) Man lerne davon, daß wir in Ruͤckſi cht Gottes
Verg. unſerer S. hoffen koͤnnen, auch unſern Mitm.
ihre Fehler und Vergehungen zu vergeben, und ſey
gegen ſie geduldig, vertraͤglich, nachſichtsvoll und ver—
foͤhnlich, Matth. 6, 14. 15; 18, 35; Marc. ı1, 25.
Vgl. Lange und Schöner Lehren und Vorſchr.
deg vern. Chriftenth. ©. 607 fr „wie follen unferm
Nächften fo vergeben, wie ung Gott vergibt.“
Man vgl. überhaupt Magaz. f. Pred. gr Th,
Nr. 97. ©. 101-9: „über die Bitte: vergib ung un:
fere Schulden‘ (fehr gu); JR. ©. Beyer zur
Aufkl. d. Volfsrel. in Predd. zr B. Ep. 1794. gr. 8.
©. 41627: „warum läßt Gott den M. 009: 0-5.
verfündigen ?” über Ev. am 19 ©. n. Er. ; Teller’g
Mag. fi Pred. sn-B, 18 St Re TE SI I3T-161:
„vd. d. Berg. 8. 6,:4 0b Er am Io en Zr.;
Predigtenzur Widerlegung m Bilde
wichtiger praft. Vorurth., Sref. 1796. 8. Nr. 4
über die Lehre v. d. Berg. d. ©. über Col. 1, *
Loͤffler's Predd. 3r B. 2fe Aufl., oder deffen Predd.
dogm. und moral. Inhalts, ıfle Samml. Wr. —
—J Sünden,“ üb. Ev. am y ©. n. Tr.;
Cannabich's Predd. uber die Sonn » u. Feſttaͤgl.
Evang. ar B. 2te YA. ©. 37791. „Warnung vor er
nigen Vorurtheilen in Ünf. d. Berg. d. S.; Sins
—
. — V. 501
Verhaͤngniſſe⸗ (was?) Vern., Gebr. der — ind. Rel.)
„tenis Poſtille, ar Ih. Nr. 34. S. 355— 74: „ächte
ebangel. Borfiell. der Lehre v. d. Verg. d. S.“ über
‚Ep. am 3:6. n. Zr. über Luc. 15 Il-22. — —
Berhängniffe.
Sind folche unangenehme Vorfälle, welche den M.
„durch eine Berbindung, von mancherlei und unvorher—
Sgeſehenen Umſtaͤnden treffen, aus welchen dieſe widri—
gen Zufaͤlle nicht geradezu fließen, die nicht unmittelbare
naturuche Folgen von unſern eignen — —
‚find, bey denen auch andere es eben nicht darauf
legen, ung webe zu. thun, und die uns dennoch ſchme —*
haft ſind. Man pflegt fie in einem befondern Ver—
ande Gott zuzuſchreiben. — Diele Berbängniffe
‚haben einen doppelten Zweck; 1) Zuweilen läßt
Gott ſolche unangenehme Berhängniffe iemanden £refs
fen zur Pruͤfung und Bewährung feiner Tugend, und
sur Zubereitung auf andere wichtige ihm ſelbſt vor—
theilhafte Werfaffungen, die er fonft nicht fo gu£ be-
augen und anwenden wurde. Als geringere Uchel-u.
als Mittel zu einem großern Gluck haben fie dann
den Werth eines Guten und einer Annehmlichkeit.
2) Zumeilen find fie aber als be ſondere Strafen anzu—
ſehen, die Gott über jemanden verhängte. — —
v ernunft, (Gebrauch der — in BET
Bol. Döderlein’s inft, Th. chr. T. I. $.. 51:58. p. 197:212;
deſſelben Reli, :Unterr,. ©. ı Wat, Zieftrune’s Eenfur
de8 proteft. Lehrbegr, 'ır Th. Kay. V. üser den Werth der
Vernunft in Religionsſachen.
J. Was gehoͤrt zum Gebr. d. Bern. in Relis
gionsſachen?
Die Kraft unſerer Seele, wornach fie Dinge im Zu⸗
ſammenhange ſich vorſtellen kann, das ErFennbäre
„deutlich und nach gemiffen Grundbegri ffen erkennt, und.
alles beurtheilt, darf auf die Rel. angewandt werden,
‚d.h. man foll vermoͤge dieſer $ Kraft Die Mel. prü-
‚fen. (die Wahrh. der gottl. Dffens. untrfuchen, Die
Gründe, worauf fie die Anſpruͤche ihres hohern Urs
ſprungs macht, prüfen), durch dieſe Kraft d. S. die
Bibel auslegen, die bibl. Begriffe durch dieſelbe bil⸗
den, entwickeln und befiimmen, diefelbe gegen einander
502 V. —
Vernunft, (Gebr. der — in Rel.⸗Sachen, wiefern?)
halten, oder die Lehren der Rel. mit unläugbaren
Wahrheiten, welche durch die Betr. D. SWelt-n. durch
eigenes Nachdenken gefunden werden, -sufammen: hals
‚ ten, die Beweife für die Nel.-Wahrhh. prüfen und
dieſelben durch diefelbe führen, die Lehren des Chriftenth.
mit den Belehrungen der natürl. Rel. vergleichen, u.
ihre Zweckmaͤßigk. beurtheilen. Was die Vernunft
bey ieder Art des menfchlichen Wiffens zu thun hat:
Wahrheit fuchen und entdeden, erläutern
und aufflaren, vertbeidigenundbefeffigen,
ift auch in Ruͤckſicht der Rel. ihr Gefchäfte. Bel.
Doderlein’8 Nel-Unterr. gr Th. ©. 30-f.
Der M. wage nicht zu viel, und mißbraucht die
Nechte der Vernunft nicht, wenn er auch den Inhalt
der Schrift unpartheiifch prüft und die Güte derſel—
ben unterfucht. Sie ift dag erffe, allgemeinfte — nas
türlichtte Mittel, mwodurd Gott feinen Willen ung
mitgetheilt hat, wodurch er ung zu moralifchen Werfen
bilden und einer gewiffen Glück. in diefer und iener
Welt fähig machen will.
Nur muß man micht feiner Vernunft bis dahın
Freiheit verflatten, 1) daß man deutliche Kehren der
h. Schrift blog deswegen, weil man fie gar nicht,
oder nicht vollig begreift, verwirft, Denn bey den
Schranken des menfchl, Verſtandes und der Uner:
forfchlichfeit de8 Wefens und der Entwürfe Gotted,
ift nichts vernünftiger, als ben goͤttl. Belehrungen
‚ohne Vernünfteley glauben, fo bald man nach der
prüfenden Bernunft einen hinlaͤngl. Grund fieht, dag,
was ung als eine goͤttl. Belehrung vorgelegt wird,
wahrhaftig für eine folche zu halten. Wie fann des:
halb etwas irrig feyn, weil es. der eingefchränfte
menfchl. Verſt. nicht faſſen kaun? Die Bern. muß die
unbegreifl. Lehren der Offenb. fo lange gelten laffen,
als fie feinen innern Widerſpr. zu zeigen im Stande
ft 9); fe Seheimniffe. Ikn. II 1. 2r Sh. ©.7.8.
2) Daß man nicht glaube, daß einzig und allein unfer
Nachdenken zur Erf. Gottes, der Pflichten gegen ihn,
*) Oder die Nel.:Lehren müffen nicht den erften Srundwahr:
heiten der Vernunft widerfprechen.
* V. 503
Vernunft, (Gebr. der — in Rel.-Sachen, Gründe.)
uns felbft und Andere binlänglih, alle Offenb. über:
flüßig fey, die uns nichts Neues fage. /
Bey der Auslegung der b. Schr. und bey Unterf.
der dadurch herausgebrachten Lehren ift die menſchi.
Vernunft verbunden, die gewiſſenhafteſte Sorgf. und
Genauigk. zu —6 Man muß lauter ausgemaͤchte
Wahrhh. der Bern. bey dieſer Prüf. z. Gr. legen, u.
nach den Gefegen einer richtigen Ausl. müffen die
Rel.- Lehren wirklich in der Schr. enthalten ſeyn.
ll Kor. 10, 5, bat folgenden Sinn: Wenn gleich meine Gegner (die
des Ehrifienih.) mit liſtigen Raͤnken und liſtigen Planen meiner
Lehre entaegen arbeiten wollen, fo fürchte Ich mich doch nicht,
Sch will Feine Liendende Beresfamkeit und Rednerkuͤnſte, die
sen Verfiand überfchreien, fondern die geiſtlichen Waffen,
die Kraft ver Wahrh. gebrauchen, um ihre Ränfe zu vers
eiteln. Sch wil fie gleichfam gefangen nehmen, und durd
meine überlegene Geiſteskraft zwingen, die Uebermacht der hr.
Lehre — Bon einer fogenannten Gefangen—
nehmung der Bernunft fieht in dieſer Stelle kein Wort,
II. Gründe, daß wir unfere Bernunft in Keli-
gionsfahen gebrauchen dürfen und follen.
A. Heberhaupt.
Nicht Wenige haben gegen den Gebrauch der 3.
in Religiongfachen geeifert. Dieß gefchab entweder
a) aus Trägheit, oder Liebe zur. Bequemlichkeit. Man
ſcheuete den ermüdenden fihtwächenden Aufwand von
Kräften; oder b) aus Wahrheitsſcheu, denn das
Nachdenken über die Rel. klaͤrt ale unſere Pflichten
auf, und gibt ihnen die gehoͤrige Ausdehnung. Wir
lernen dann einſehen, wie weit wir noch in der Erf.
derſelben zuruͤck ſind, und wie viel wir noch zu thun
haben, um ff. Dieß iſt ein fuͤr Viele unangenehmer
Spiegel; oder c) aus Aberglauben und Schwärmes
rei. Denn iener tappt gern in der Sinfterniß und die-
fer Fann ohne die Vernunft frei — Sie bringt
alles auf Empfindungen zuruͤck, und laͤßt ſich blos
von der Leidenſchaft leiten. Die Vern. aber zeigt der
Einbildungskr. ihre Schranken, die fie nicht uͤberſchrei—
ten darf, mäßige und mildert fie. Sie zeigt bie
Schäblichkeit aller überfpannten Gefühle, befonderg
der Rel.»Gefühle; oder d) aus Angewoͤhnung an eis
nen gewiſſen fefigefeßten Glauben. Ver einer aufges
Lu Be; 5
Vernunft, (Gründe für den Gebr. d. — in d. Reh).
nommenen langſt eingefuͤhrten Lehrvorſtellung —
ergeben iſt, will nicht gern durch ſein Nachdenken vie—
les unhaltbar, vieles als mit den ausgemachten Grund—
fägen ver Vern. unvereinbar finden. Er flieht des—
halb die Vern. wie eine Schlange. Deshalb ift eg
nothwendig, ſich mit Gruͤnden von der Freiheit,
unſere V. ind. Rel. gebrauchen zu duͤrfen,
zu uͤberzeugen. Se
1) E8 ıft nothwendig.
a) Die Fragen: was babe ih vom Urheber. eins
Daſeyns zu denfen? Was von meinen Verhältniffen ‘
gegen ihn? Welche Gefinnungen bat er gegen mich?
Was verlangt er von mir? Wo finde ich die befte
Belehrung über ihn und ſ. Willen? Was habe ich
fhon von ihm erhalten, was noch zu hoffen und zu
fürchten? find für ung fehr wichtig. Durch den in
der Jugend erhaltenen vielleicht mangelhaften Rel.-
Unterricht. bleibt ung einiges hierüber noch dunkel u.
zweifelhaft. Unſere Rel.-Erk. iſt oberflaͤchlich, wir
—94 nur trockene Saͤtze, kennen aber nicht ihre Be—
weiſe und Anwendung. Einem zum Denken aufgeleg—
tem Geifte wird e8 unmoͤglich feyn, jenen Fragen feine
Aufmerkf. nicht zu fehenfen,; aber das, mag er bisher
zu ihrer Beantw. weiß, mird er ungulänglich, nicht
vollig richtig und wahr finden. Ohne Nachdenken
würde unfer Glaube Leichtglaͤubigkeit, er beruhte
auf VBorurtheilen, er hinge von der Lift und dem Be—
fruge berrfchfüchtiger und eigennüßiger oder von den
Einfallen ſchwaͤrmeriſcher M. ab. Ohne den Gebr.
der Bern. koͤnnen wir nie zu einer richtigen Er⸗
fenneniß der Nel., niemals zu einer feften Ue—
berzeugung v. der Wahrh. derfelben tommen. Der in
der Tugend erhaltene Keligiongunterricht gab ung nur
eine gefchichtliche Kenntniß derienigen Glaubenslehren,
welche in der Relh. in welcher wir geboren find, ge—
Ichrt mwerden. Wurde auch derfelbe mit Gründen,
warum fo und nicht anders gelehrt wird, unterftüßt,
fo waren diefe entweder unverſtaͤndlich, oder man hat
ſie vergeſſen, oder wenn wir ſie noch wiſſen, ſo haben
wir uns doch nicht die Muͤhe gegeben, ihre Tauglich—
keit, Staͤrke und Feſtigkeit zu unterſuchen. Dieß vers
anlaͤßte bey M., die von Natur eine Steifigkeit des
| V. 505
Vernunft, (Gruͤnde fuͤr d. Gebr. der — in d. Rel.)
Geiſtes haben, eine blinde Nachbeterei. Ihre Rel.
Erf. iſt gerade wie die Rel.Erk. unferer Däter. Sie
halten fie für die befte — allein wahr u. feligmachenp.
Sie verfechten ihre einmaligen Meinungen fehr heftig;
nichts in der Welt kann ſie davon abbringen. ENT.)
fpätern Jahren find fie zum Prüfen zu trage, an ihre
Meinungen zu fehr gewohnt und wohl auch zu furcht>
fam, bie oder da nachzugeben, weil fie beforgen, daß
alles umftürze. Gie haben alfo Feine richtige Erf. u.
feine fefte Ueberz. Fluͤchtige Koͤpfe aber ſchwanken
unaufhorlich, ſie ſind in einer anhaltenden Ungewiß—
heit. Sie hoͤren und leſen vieles, was ihren Meinun—
gen widerſpricht, gerathen auf Zweifel und koͤnnen ſich
dieſelben nicht heben, weil ſie nachzudenken nicht gelernt
haben. Leichtſinnige Koͤpfe ſpringen von einem Aeuſ—
ſerſten aufs Andere, vom Abergl. zur Gleichguͤltigkeit,
zum Unglauben, zur Nel.—fpötterei und am Ende zur
religiöfen — Der blinde Glaube ſtuͤrzt uns
alſo gewiß in einen oder den andern Abgrund. Wahr—⸗
beit und Irrthum, Recht und Unrecht, Zug. und La-
fier, die Stimme Gottes und die Stimme des Bes
trugs laffen fich nur durch die Anwend. unferer Bern.
Bon einander unterfcheiden. Ohne fie fönnen wir die
| DOffenb. Gottes nicht recht erfennen, verfichen und ge-
horig benußen, nie unferes Glaubens aus wahrer —
inniger Ueberz. gewiß werden. Denn Ueberzeugung
erhalten wir nie anders, als durch Pruͤfung und Ab—
waͤgung der Gruͤnde, worauf die Wahrh. einer Lehre
beruhet. Kennen wir fie auch, fo muͤſſen wir ihre
Demweisfraft unterfuchen. Denn man hat oft zu. viel
bewieſen, oft die Sraft eines Beweifes zu weit aug:
gedehnt, oft den Drt, wo feine eigentliche Stärke lag,
überfehen. Das veranlaße Verwirrung und nimmt
ung gegen die Wahrh. ein. Haben wir felbit die
beften Beweiſe aufgefunden, ſo maͤſſen wir ſie geſchickt
zuſammenordnen, damit die Wahrh. unerſchuͤtterlich
ſtehe. Dieß Geſchaͤfte kann kein anderer an unſerer
Stelle verrichten; derſelbe kann hoöchſtens nur ung dag
Auffuchen der Gründe erleichtern. Auf diefem — freie
lich muͤhſamen Wege erhalten wir allein eine feſte —
aewiffe Erk. Diefe muß ung doch viel werth ſeyn. —
Die Dern, iſt alfo dag Licht — das Auge unferes
506 V.
Vernunft, (Gründe fuͤr d. Gebr. der — in d. Re)
Geiſtes. Wer wird wohl gern blind ſeyn wollen?
Wahrheit ohne Deutlichkeit gleicht dem Wan—
deln des Blinden oder Bloͤdſichtigen durch angenehme
Gegenden. Wahrheit ohne Gewißheit iſt wie
der Beſitz der Guͤter, die iedem Raͤuber, ieder Flamme
und Fluth Preis gegeben werden muͤſſen.
b) Ein blinder Glaube reißt bald alles in eine wilde
Schwaͤrmerei fort, denn dag Licht iſt ihm genom—⸗
men, welches ihm auf ſeinem Wege leuchten ſollte.
Ihm waͤre es alſo faſt beſſer, gar feine Rel. zu haben.
Die erhitzte Einbildungskraft glaube z. B. in Träu
men — Gottes Stimme zu hoͤren u. ſ.w.
ce) Die Offenbarung iſt nur die Beranlaf-
fung zur Erweiterung der Kenntniffe und
Ueberzeugungen, nur das Zufammenleiten
son Vorflellungen in der Seele, welche ein-
zeln und zerfireut fhon vorhanden find,
und nun ineinefolche Verbindung gebradt
werden, Daß aus ibrer Gemeinfhaft— neue
Begriffe und Wahrheiten entfichen. |
d) Die Bedürfniffe unferes Zeitalterg mas
hen das Nachdenken in d. Rel. nothwendig.
Denn man hoͤrt auf einer Seite uͤber Gleichguͤltigkeit
in der Nel., auf der andern über eine ungeprüfte Rel.⸗
Erf. klagen. Welche haben Recht? Unter fo vielen
großen und Eleinen Rel.-Parth. Fonnen unmöglich ale
Recht haben. Keine Verbindung der Rel.-Lehren bes
ſteht aber auch aus lauter Irrthuͤmern. Es ift daher
gefägrlich Parthei zu nehmen. Wir erfahren auch
nicht fogleich, auf weſſen Geite bie meifte Wahrh. ift.
Zu welcher Parther wir ung auch wenden, allezeit -
werden ung viele von den übrigen bemitleiden, und
perfpoften, oder anfeinden, haffen und verfolgen. Wer
ift überzeugt, daß er da oder dorf die meifte Wahrh.
fände?! Das eigene Wahrheitsforfhen ift für
ieden das befte Auskunftsmittel. Man trete auf Eeine
Seite, fondern man gehe feinen eigenen Weg. Zum
Wahrh.-Forſchen gehoͤrt der Gebr. und die Uebung
unferee Vernunft, um fich nicht von Alterthum, oder
von der Neuheit und vom Anfehen blenden zu laſſen;
um das Wefentlihe nom Minder » wefentlichen, um
Wahrheiten, die zunächft auf unfere Tugend Einfluß
V. 507
Vernunft, (Gruͤnde fuͤr d. Gebr. der — in d. Rel.)
haben, von denen, welche ſich nur entfernt darauf be⸗
ziehen, zu unterſcheiden.
Die haͤufige Leſung ſolcher Schriften, die in unſern Tagen entfernt
oder geradezu die Rel.⸗Lehren — macht — das Strache
denken nothwendis.
2) Es iſt Fein anderes Mittel vorhanden, un—
„fere Religionserfenntniffe lebendig und
wirffam gu machen, ald durch ein vernünf-
tiges Nachdenfen B — wir die Religions—
lehren von allen Seiten, uͤberzeugen wir uns immer
mehr von id er Wahrheit, Endpfen wir fie unvermerkt
an unfere übrigen Borfielungen, fo machen wir, daß
fie ung geläufiger werden, und dann Fonnen wir fie
auf alles, wag wir denfen, reden und thun, mit grof-
fer Leichtigf. anwenden. Denn e8 ift der Natur der
Seele gemaß, daß die Erf. eines wichtigen Gegenſtan—⸗
des deſto lebendiger und wirkſamer wird, ie anſchauen—
der und deutlicher wir uns ſeine Beziehung auf uns
vorſtellen. Dieß letztere geſchieht durch ein oft wie—
derholtes vernuͤnftiges Nachdenken. Durch alles
Streben nach Erk. will doch der M. weiſer, beſſer,
vollkommner Si nun unfere Erf, nicht lebens
dig und wirffam, d. i. kann fie nicht unfer Begeh—
rungsvermogen zu er Wahl de8 Beſten beftimmen,
fo ift fie unnüß. Se geläufiger ung alfo die Rel.-
£ehren werden, ie mehr wir ihren Zuſammenhang mit
unſerer Gluͤckſ. einſehen, ie geſchickter wir ſie anwen—
den lernen, deſto lebendiger und wirkſamer wird un—
ſere Erk. davon ſeyn. Verſaͤumt man es, daruͤber
nachzudenken, fo hindert man die Aufklaͤrung der Be—
griffe, fo macht man das Unfchließgen an unfere übris
sen Borftelungen unmoglich, erftickt den Gedanfen an
den Einfluß, welchen fie auf unfere Rube und Zufr.
haben und benimme dieſen Vorſtellungen alle Kraft,
auf ung zu wirfen.
3) Ohne Nachdenken über die Rel. iſt es unmoglid,
Daß fie die Duelle einer Tugend und fefter
Nechtfchaffenheit werde. Unſere Vorſtellungen
bangen mit unfern Begierden genau zufammen. Je
nachdem wir uns etwas als gut oder nicht gut vorfiel-
ken, ie nachdem wuͤnſchen oder verabfiheuen wir etwas.
508 | Bi;
Vernunft, (Gründe für d. Gebr. der — in d. Rel.) 303
Die Begriffe und Vorſt. von gut — böfe, wohl oder
uͤbel — find fie auch dunkel, fie beffimmen ung den—
noch. Unſere Handl. richten ſich flets nach der Leb⸗
—— unſerer Erk., mag ſie auch irrig oder wahr
ſeyn. Wer von einer ſchaͤndl. Handl. die voͤllige Ein⸗
ſicht un Ueber. von der Abſcheulichk. und den uͤblen
Folgen hat, wird ſie nicht mit kaltem Blute begehen.
Die Rel.-Lehren koͤnnen uns am beſten Tug. u Rechts
ſchaffenheit einflößen. Dazu iſt aber nöthig, fie oft
durchdacht, von allen Seiten betrachtet, u. ihre Kraft
wohl erwogen zu haben. Mir muͤſſen genau wiſſen,
was ſchicklich — anſtaͤndig, pflichtmaͤßig, was mit un—
ſern Verhaͤltniſſen gegen Gott und unſerer Beſtimm.
auf Erden vereinbar oder was ihnen widerſprechend
iſt. Wir muͤſſen genau wiſſen, durch welche Beweg—
gruͤnde die Rel. uns zu bewegen ſucht, die leicht herr—
ſchend werdende Sinnlichkeit zu uͤberwaͤltigen und dem
Rufe der Pflicht zu folgen. Man muß folgendes un—
terſuchen: was iſt nach der Rel. gut? was boͤſe? was
befördert unfer Wohl? was verurſacht unſer Wehe?
Auf welchem Wege kann ich vollfommmer, Gott ähn-
licher , glücklicher werden? Man muß die Beantwort.
diefer Fragen als wahr und richtig mit fefter Ueberz.
anerkennen, - fie fich fiets lebhaft vorftelen und feine
Handl. darnach anordnen. Daß ift der erfte Schritt
auf dem Wege zur Tugend. Allein hiezu wird ein
beſtaͤndiges Bewußtſeyn ſeiner ſelbſt, eine nie ermuͤdende
Aufmerkſamkeit, eine Feſtigkeit des Charakters erfor—
dert, welche wieder Fruͤchte des anhaltenden Nachden—
feng find. Der Alüchtige — tiber alles hineilende, fi ſich
mit bi oßer oefchichtlichen oder bildlihen Erf. begnü-
gende Geiſt verfpricht Feine folche Früchte. Er kann
nicht eigentlich tugendhaft, nicht aus Grundfägen der
Mel. rechtſchaff en ſeyn, weil er ſie nicht kannte — nie
pruͤfte. Sein ——— erſetzt ihm dieſen Mangel
nicht. Ihm kann die Mel. niemals Duelle der zug.
werden, weil er fie nicht kennet. Ja feine in. der Ju—
gend eingefogenen irrigen Diel.- Begriffe, Die er nie weg—
fehaffie, werden ihn zu Kaltern führen, wenigſtens
fcheinbare Entfchuldigungen feiner Vergehungen an-
bieten. Eine durch vernünftiges Nachdenken geläu>
terte el.Erk. bewahrt ung vor dem fihadl. Einfluß
| DIR 509
Vernunft, (Gründe für d. Gebr. der — in d. Rel,)
derienigen irrigen Rel. Meinungen, welche die Tugend⸗
kraͤfte des M. laͤhmen, z. B. daß der M. iS
fey zum Guten, daß der Te* über den M. Macht
babe, oder auf ihn wirfen fönne u. f. w. Je mehr
wir unfere Berhältniffe gegen Gott und gegen unfere
Mitgefchöpfe einfehen, ie mehr wir uns an die leb—
hafte Erinnerung derfelben gewohnt haben, deſto we-
niger werden wir mit Bemußtfenn gegen unfere Pflicht
handeln. Ber alfo in feine Kel. Wahrbeit, Deutlich»
feit, Gewißh., Leben und Wirkſamk. bringen will, der
muß oft, ſorgfaͤltig und ſtrenge uͤber die Rel. nach—
denken.
Ah „Wodurch ſollte der todte Buchſtabe d. h. Schrift
„Leben im Menſchen erhalten, wenn ihm nicht die
„Vernunft gleichſam eine Seele gaͤbe, wenn ſie ſich
„nicht mit dem geoffenbarten Unterricht beſchaͤftigen
„und alſo vor allen Dingen den Sinn deſſelben zu
„verſtehen ſuchen ſollte? Das bloße Leſen und Her—
„ſagen geoffenbarter Worte, ohne daß der Verſtand
„und durch dieſen das Herz daran Theil nimmt,
„kann doch nicht die Kraft haben, beſſere M. zu
„machen, Liebe zu Gott und zur Tug. im Di. herz
„porzubringen, und dieß fol und muß doch der
„Zweck der Offenb. feyn. Der Glaube fann, nicht
„pie: Stelle der Vernunft erfegen; wenn er fein blin-
„Der Glaube feyn fol, der fietg der Gefahr unter:
„worfen ift, fich felbft zu täufchen oder von andern
„betrogen zu ſeyn und zu werden: fo muß die Ver—
nunft ihm Grunde darreichen; denn Slauben heißt
„nicht: etwas ohne alle. Gründe für wahr halten.
„Sol alfo die Bern. ſich gar nicht mit der Offenb.
zbefchäftigen, fo würde eine immer fortgefigte uns
"mittelbare Offenbarung an ieden Einzelnen insbe-⸗
a erforderlich feyn, die dasienige erfegfe, was
die Bern. zwar thun kann — aber gegen die Of—
„fenbarung nicht Da Bi MD).
Der Gebr; der Bern. in: der Nel.if unbe
denflid. Denn
a) Gott fann nicht den Gebr. der Bern. unterfagt, ha:
ben. Denn da er ſie uns als das hoͤchſte Geſchenk,
510 V.
Vernunft, (Gründe fuͤr d. Gebr. der — ind. Rel.)
welches er ung miftheilen Fonnte, gegeben hat; fo kann
er nicht den Gebr. derf. verbieten. Letzteres wäre ge -
gen dag erfiere ein Miderfpruch und es wäre abge⸗
ſchmackt. Es wäre auch der ärgfie Unfinn, wenn wir
glauben wollten, daß überall die Bern. zu gebrauchen
frey fiehe, nur in der Nel. — alfo gerade da, wo e8
ung am meiften darum zu thun iſt, ſelbſt und richtig
zu fehen, fen e8 ung verboten. Die Bern. iſt ia die
erfte Duelle der Rel., felbft bey der Dffenb. fann man
ihrer nicht entbehren, denn man muß die Wahrh. der-
felben prüfen. Die Rel. ift nur für die Vernunft da.
b) Die hriftl. Rel. fheut feine Prüfung. Un—
moglich fann eine wahre Nel. ‚mit den Grundfägen
einer wahren Weisheit und mit ausgemachten
Vernunftwahrheiten derfelben flreiten. Denn auch
die Vern. rührt von Gott ber, welcher durch die in
der Welt getroffene Einrichtung der menfchl. Vernunft
eine Anzahl wichtiger Wahrhh. hat befannt machen
wollen. Die Dffenb. behauptet ia nichts in fich felbft
oder andern unlaugbaren Wahrheiten Widerfprechens
des, fie macht vielmehr durch gefchiefte Berfnüpfung
mehrerer chriftl. Begriffe und Gäße unter einander
iede derfelben wirffamer und brauchbarer. Bern. und
Schrift find auch nicht als einander entgegengefegte
Dinge anzufehen. Sie ſtimmen mit einander überein,
und follen einander unterftügen und ergänzen. Es
find gleihfam zwey Tochter eines Vaters,
zwey friedlihe Schweftern, die für einan—
der leben, einander rathen, und ſich wech-
felfeitig unterffüßen, um Liebe und Ach:
tung für Wahrheit zu befsrdern.
5) Die h. Schrift fordere uns zum Gebr. der Vers
nunft, zum eigenen Nachdenken und Unterfuchen auf;
Ef. 40, 26; I Sheff. 5, 21; I For. 10, 155 Matth.
6, 26-305 7, 15:20. — — 1l Tim. 2, 7; Epb. I, 15:
18; 5, 17; I $or. 14, 20; Col. ı, 9:11. wird ia auch
das Zunehmen in eigener. Einfiche angepriefen. Daß
felbe ift nothmwendig, vgl. Doͤderlein's Rel.Unterr.
11r ©5243 f
B. Ingbefondere dafür, daß die Vernunft die h. Schrift
auslegen darf. Die Geſetze der richtigen Auglegungs-
£unft find lauter Ausſpruͤche der menſchl. Vernunft
| V. 511
Vernunft, (Anwend. v. d. Gebr. der — in d. Rel.)
und das feine Gefuͤhl, welches den Ausleger leiten
muß, iſt nichts anders, als eine durch viele Uebung
zur ſchnellen Empfindung des Wahren und Salfchen
gewoͤhnte Vernunft. Dann, wenn Die Rel.-Lehren
aus Vergleichung mehrerer Stellen gefolgert oder in
eine gewiſſe Verbindung gebracht werden muͤſſen, iſt
gewiß die Vernunft nothwendig.
— Anwendungen.
1) Man erkenne den Werth der menſchlichen Vernunft
in Ruͤckſicht einer gereinigten — aufgeflärten Rel.⸗
und Gofteserkenntnig mit allem Danf, Die Vern.
ift das einzige, wodurch der M, einer Rel. empfäng-
lich if. Sie ift ihm keinesweges an der Beförderung
feiner zeitlichen und ewigen Wohlfahrt hinderlich.
2) Sein M. foilte eg ſich eſehen die Freiheit ſeiner
Mitm. im Gebrauche ihrer Vern. einzuſchraͤnken. Ueber
die Seelenkraͤfte eines Andern herrſchen und ſeiner
Vernunft vorſchreiben zu wollen, wie weit ſie zu gehen
habe oder nicht, iſt eine frevelnde Anmaaßung.
5) Man misbrauche die Bern. in a
fahen nicht. Es ficht ung frey, mit der Bern. die
Rel.⸗Lehren zu prüfen, an dem, was nicht mit Grüns
‚den beiwiefen, fondern als bloße Behauptung aufge»
ſtellt if, zu zweifeln; Gründe und Gegengründe abzu—
wagen, alles das aufzufuchen, was der Wahrh. noch
mehr Stärfe und Seftigf. geben fann, und dag, was
noch dunfel und verwickelt ift, mehr aus einander zu
ſetzen. Es iſt uns erlaubt, dasienige nach vorgenom—
mener redlicher — unpartheiiſcher Pruͤfung fuͤr falſch
‚zu erflären, was die Vern. aus hinlaͤnglichen Gruͤn—
den dafür erfennt und fo lange an der Wahrheit des—
ienigen, welchem eg an faugl. Gründen fehlt, zu zmweis
feln, big man demfelben folche mittheilt. Es Darf der
M. das verwerfen, was mit den ausgemahten Wahr-
heiten der Vern. in offenbarem Widerfpruch ſteht. Der
M. foll freilich ſowohl die Lehren, als auch die Pflichten
prüfen, um aud) die Gründe feiner Verpflichtung ges
nauer Fennen zu lernen. Allein man muß auch bes
fcheiden die Gränze der Bern. anerkennen und nicht
alles, was dem M. unbegreiftich fcheint, gleich ver:
werfen. a) Man muß nicht feine Einfichten zur ein:
zigen Regel der Wahrheit, zum Maaßſtab der Süchtig-
512 V.
Vernunft, (Anwend. v. d. Gebr. der — in d. Rel.)
keit in Lehren, zum Grund alles deſſen, was geglaubt
werden ſoll, machen. Man laͤugne nicht gleſch das,
was man nicht begreift; man finde: nicht ſogleich al⸗
les dag ſeicht, wozu man feine Stuͤtze findet; man er-
Hare nicht dag als unnüß, wag men, ſelbſt entbehren
kann. Denn der beſte Weiſe erhaͤlt taͤglich neue —
beſſere Einſichten. Die Wahrh. iſt von einem uner⸗
meh chen Umfange und Menſchenvernunft ift von fehr
eingefehränfter Faͤhigkeit; b) man wolle nicht alleg
beurtheilen. Man maaße fich nicht an, alle Abſichten
Gottes auszufpähen, alle Raͤthſel zu loͤſen, alle Ueber—
einftimmung wahrzunehmen. Man vergeffe es nicht,
daß man noch auf der Erde iſt. Man fuhr Gott zu
eriennen, werfe ſich aber IE zu feinem Nathgeber
und Nichter auf. ce) Man maaße ſich nicht an,
atleg entfheiden su wollen. Denn die Blicke
mehrerer M. in den Zufammenbang der Wahrhh.
ſind ſehr verſchieden. Das Auge iedes Beobachters
hat ſeine eigene Erſcheinungen. Jeder Geiſt hat ſei—
nen eignen Gang, auf welchem er von Unterricht und
Erf. zu Vorſtellungen, von Vorſtellungen zu Meinun—
gen, von Meinungen zu Ueberzg. fortfchreitet. Unſere
. eigenen vermeinten Ueberzeugungen WER oft wieder
twanfend, und verſchwinden wieder. Man ſpreche alfo
nicht von untruͤgl. Gewißh., von Zuverlaͤßigkeit. Man
dulde vielmehr verfchiedene Meinungen. Das erſte,
was die Vernunft gewiß weiß, iſt, daß der
M. irren kann; — d) man laffe fih nicht in un—
nüße uͤberfluͤßige Betrachtt. ein; — e) man bezweifle
das nicht, was der gefunde Menfchenverftand) als eine
gleichfan unmittelbare Erkenntniß für ausgemacht
halt. f) Der Gebr. unf. Bern. muß ung zur
Bildung des Herzens leiten, man mußfie
aufstebenanwenden Ifor. 13,2. (Sinn: beſaͤße
ich alle Weish., koͤnnte ich noch ſo tief in die Wahrh.
dringen, waͤre ich noch ſo ſcharfſinnig 21.) Liebe zu
erzeugen, zu lenfen — zu ftärfen, ıft der erſte Ges
brauch, den der M. v. f. Vern. machen Fann. :
„Der Danfbare weiſe Eigenthämer der Vernunft
„wird nicht. diefelbe fchlummern, nicht durch. die
„Uebermacht der Empfindungen betaͤuben und ver—
„draͤngen laſſen, er wird nicht geſtatten, daß —2
aube
7 V. | 513
Vernunft, Verfhonung Gottes. |
„Glaube die Unterfuchung bemme, daß die unge-
„ſtüme Scwarmere die ruhige Betrachtung der
„Bahrh. unterbreche und die fanftere Stimme der
„Vernunft betäube, Er wird defto Fälter prüfen,
pie bißiger der Eifer der Meinungen, Urtheile und
„Gebräuche vertheidigend und geliend gemacht wer«
„den fol. — — Er wird die Harmonie dee Glau—
„bens mit der Vernunft unterfichen, die Nusfprüche
„des Chriſtenthums mit den Erkenntniſſen des ges
„meinen Menfchenverftandeg vergleichen, u. fo zwey
große Lehrer der Menfchheit — Bern. und Offenb.
„ſchaͤtzen, deren ieder, nach feiner eigenen Lehrart
„Unterricht ertheilt, ieder deg andern bedarf, ieder
„dem andern viel zu danken hat).
Bal. — s Reden uͤber die wichtigſt. Wahrhh.
ıc. ar Th. ©. 71:96: „vom verſchied. Gebr. d. Vern.
u. Dffenb.“ ie. Spruͤchw. 20, 275 Spalbing’s
vertraute Briefe über die Religion, 2te A. ©. 178 f.;
Z0llifofer’8 Warnungen vor einigen herrſchenden
Fehlern unf. Zeitalter, ©! 195 ff: „über den Werth
und Gebr. d. ern. in Rel.-» Sachen; Predd. z.
Deford e. freien und vern. Nachd. in der
Mel. or B. (ganz, handelt von den echten d. Bern.
in d. Rel.) Gsrliß 1795. ar. 8; Cannabich's Prr.
über die Sonn» und fefteägl. Evang. ie B. 2te A.
Leipz. 1797. 8. S. 32242: „vom rechten Gebr, der
Bern. in der Mel.“ über dag Ev. am F. d. Verf.
Marii; Ewald's Entww. üb. d. Sonn- u. Feſtt.
Predd. 1798. 8. S. 163-168: „über den rechten Gebr.
und Mißbr. der Bern. in RelSachen;/“ Predd. v.
proteſt. Gottesgel. 7te Samml. Berl. 1799. gr. v.
Nr..... „zuber die Herabwuͤrdigung der Vern. in Re—
ligi onguangelegenheiten;“ 5 J. Fr. 36[1ner’s Predigt
entwuͤrfe fürs Jahr — Berl. 1302. 1912.82. ©. 45
f-: womit haben wir ung wegen deg fiheinbaren Wis
derſtreits zwiſchen d. Bern. und Rel. zu beruhigen 2‘
über Ev. am ©. Oculi. — —
ao nung Gottes.
Döberlein’s Detstnten, Th. u. $. — S. Ni 85,
514 V.
Verſoͤhnung der Menſchen mit Got. - nu.
Iſt derienige guͤtige Wille Gottes, wornach er die
M. gar kein Elend treffen läßt, wenn es nicht zu ih⸗
rer Beſſ. nothwendig iſt, und wenn er durch Guͤte
ſeinen Zweck, die Beſſ. der M., erreichen kann.
Vgl. oben Langmuth Gottes, ar Th. ©. 205 ff.
Verföhnung der Menſchen mie Gott durd
den Tod Jeſu, Nom. 5, 10; II Kor. zZ 49° 20;
1 Sob. 2, 2.
Bor. oben d. Art. Tod Jeſu, I. 6. ©. 309. desol. die Art.
Erldfung, Genugthuung, Vergebung er Suͤnde,
und das hier Nr. II. ſtehende Reſultat.
©, Tieftrunk''s Cenſur des chr. proteſt. — ar Th.
Einleit. ©, LXIV ff. und Th. Il. ausfuͤhrlich; deſſelben ır
Th. ır und 2r Anh.: „ob die kirchl. Verſoͤhnungslehre der
Moral angemeſſen iſt u. ob fie einen prakt. Gebrauch habe?“
M. Carl Chr. Flatt“s philoſophiſch- exeget. Unterſuchung
uͤber die Lehre v. d. Verſoͤhnung der M. mit Gott als ein
neuer Beytrag zur endlichen Entſcheidung der dogmatiſchen
Streitfragen, welche ſich auf dieſe Lehre beziehen, in 2 Thei⸗
len 1797. 8; Joh. Gottfr. Aug. Kroll's philoſophiſch
crit. Entwurf der Verſoͤhnungslehre nebſt einigen Gedanken
uͤber denſelben Gegenſtand von J. H. Tieftrunk. Halle
1799. gr. 8. (15 Gar); W. Tr. Krug der Widerſireit der
Bernunft mit ſich ſelbſt in der Verfühnungsichre dargeſtellt u.
aufgelöft, nebft einem Entwurf einer philofoph. Theorie, Zülz
lichau u, Freyſtadt 1802, 8. (12 Ser.) — (Bahrdt’s)
Apol. d. Bern, ©. 16:27: „was ift die Derfühnung?‘ ins:
befondere ©. 194208: „sie Berfühnungsdichre des Syſtems
bewirkt weder Beil. noch Beruf. des M., fie ſchadet vielmehr 5"
Mori comm. in epit, T. II. p. 94 fq. 98 fq.; Ummon’&
will. prakt. Theol. 9. 187 f. ©. 210 ff; Casrmann' 4
Handb, d. Gl.⸗Lehre 3r B. ©. 560 ff.
Es wäre wirklich beffer, wenn man in — u. Katechi⸗
ſationen den leicht zum Mißverſtand fuͤhrenden oder doch einer
langen Erklaͤrung beduͤrfenden Ausdruck: Verſoͤhnung,
wegließe.
„Verſöhnung ſcheint, man mag einen Begriff unterlegen, wel⸗
„en man will, mit einer reinen Zugend = und Religionslehre
„durchaus umvereinbar *).“
Der Begriff Verſoͤhnung iſt wie ver: Vergeb. d. Sünden,
mehr eine Borftelung des M., als etwas, was zu Gottes
Rathichiäffen gehörte, Die Redensart: „Der M. hat Vers
„gebung bey Spott erhalten, er ift für fromm und gerecht
) A. L. Zeit. 1801. ir B. ©, 40,
V. 515
Verſoͤhnung der M. mit ot, (iftes ein haltb Begriff?)
„erelärt worden, und ähnliche, bedeuten nichts anders, als: der
oh. weiß es und ift uͤberzeugt, daB er von Gott nichts zu
„Ffuͤrchten habe, fondern daß er vielmehr Gott, welcher ſelbſt
„alles Boͤſe haſſet und das was Necht ift, thut, lieb und werth
en „ſey *), “ ; '
„In neuern Zeiten haben die Theolvgen behauptet, daß der Tod
* „Jeſu Chr. nicht eigentlich als ein Berſoͤhnungstod genommen,
Cangeſehen) und nicht als ein Bewegmittel der Verführung
Gottes und der Sünden: Bergebung betrachtet werden Eünne,
„Sie unterfiünten diefes mit folgenden Gründen: — 1) Gott
„bat nicht die Opfer im a. Teſt. befohlen und angeorönet, ſon—
„dern ite haben unläugbar der Schwachbeit und der Sinnlich⸗
„keit der M. ihren Uriprung zu verdanfen, Wie Eonnte er
„ste wie ein vollgältises Sühnopfer im n. Teft., da er eine
„reinere beffere Reli. einführen will, anordnen und für ſchlech⸗
„terdings nothwendig halten? — 2) Moſes hat den Iſraeliten
pie Menſchenopfer durchaus als Greuel im a. Teſt. verboten;
„wie Eonnte nun das im n. Teſt. von Gott gebilligt, ia sar
„geboten, und von ihn ſelbſt veranftaltet werden? Nimmt matt
„dieſes an, fo widerfpräche fidy ia ©ort felbfi. 3) Es ift die
„Verſoͤhnungstheorie der alten Theol. überhaupt wider
„Die geſunde Vernunft, Denn a) Öott Eonnte ſich ia ſelbſt
„nicht aufopfern, und die Mi. mit fich verfühnen. b) Ein una
„endlich lievevoler Gott, welcher unverinderlich- liebt, kann
„nicht boͤſe werden und eines Mittlers bedürfen, um Wieder
„gut zu ſeyn. — © Die Beſtrafung eines Unſchuldigen, ſelbſt
„wenn der Unfchuldige fie freywillig übernähme, wäre Gott
„unanſtaͤndig. — d) Die Zurechnung des Verdienſtes Ehrifti
„reimt fich nicht mit den Zwecken Gottes; — a) nicht mit det
nö Wwecen der göttlichen Strafen, und 6) nicht init dem Zwecke
„des gvoͤttl. Geſetzes; — es ſtimmt auch endlich nicht mit
„der Erfahrung uͤberein, daß Jeſus ale Strafen aufgehoben
„habe **).“
Ich theile hier noch Tieftrunkes, Krolles und Krug's
Anfichten von dieſer Lehre mit. Der erfte fchreist davon dies
ſes: „Alles, was in der Schrift von Gott gefagt wird, oder
wir überhaupt von ihn fagen koͤnnen, ift nichts weiter als eine
ſymboliſche Darftellung praktt. Ideen. Co ifi es auch mit
der Lehre v. d. Verſoͤhnung. Sie enthält blos Beſtimmungen
eines moraliſchen Verhaͤltniſſes Gottes zu den M., keinen Auf⸗
ſchluß über Gottes innere Natur. Es ſoll damit blos geſagt
werden: Wie ſich verhaͤlt ein M. zu dem andern, wenn iener
) Hende’s lineam. fid. chr. ate A. ©, 200,
2) Auguſtis theol. Blätter, aten Jahrg. 2tes Quart.
S219. Sr
—
516 DB.
Verſohn. der M. mit Gott, (die neueften — d.)
durch inpralifche Zwecke beftimmt, belohnt, firaft, begnadigt,
verfühnt 2c. eben fo verhält fih au Soft zu den Mr Gott
- wird als die perfonificirte moraliſche Gefengebung gedacht; es
> muß folglich die Nichtbeoßacht. des Geſetzes ein anderes moral,
Merhältniß der M. gegen Gott bewirken, ald die Beobachtung.
Diefe Verſchiedenheit des moral. Verhältnifies Eönnen wir uns
nicht anders deutlich machen, als durd) Symbole, indem. wir
nämlich die Wirkung des GSittengefeges auf unfer Subiekt, in
wiefern es unfer Verhalten befiimmt, auf unfer Verhaͤltniß
gegen Gott übertragen, Zwiſchen zwey M., die einander bes
leidigt haben, wird Verſoͤhnung bewirkt, und das entflandene
Mißverhaͤltniß aufgehoben, wenn der Beleidiger feine Sefins
nung ändert, alfo die gegenfeitige Denkart ded Beleidigers und
des Beleidigten identificirt und dieß gegenfeitig erflärt wird.
Die Gemüther kommen in Einftimmung, und dieß glaubt einer
vom andern, Tragen wir dieß nun auf dad Verhältniß zwis
ſchen Gott und WM. ber, fo ergibt fich das Reſultat: Die Lies
bertretung de8 Geſetzes bringt ein anderes Verhaͤltniß zu Gott
hervor, als die Beobachtung deffelten. Diefes VBerhältniß Fons
nen wir uns nicht anders begreiflich machen, als durd) das
Verhaͤltniß zwiihen einem Beleidiaten und SBeleidiger unter
M. Der Ausdrud it alfo blos fymbolifch: denn Sott an fich
kann von Eeinem M. beleidigt werden. Go wie aber unter
M. auf Beleidigung Unwillen und Verluſt der Seneigtheit
fotat, fo bat auch der Uebertreter von Gott Strafe zu fürdhs
ten. Der M. Eann feine Unthat gegen das Eittengefeg nur
dadurch vergüten, oder das Mißverhaͤltniß zwiſchen ſich und
Gott nur durch Reue und Beſſ. und durch Ruͤckkehr zum Ge⸗
horſam gegen das Geſetz aufheben. Dadurch wird der Wille
und die Denfungsart des M. mit dem Willen Gottes uͤberein⸗
ſtimmend, und das gute Vernehmen hergeſtellt, alſo das Mißs:
verhaͤltniß aufgehoben; folglich iſt die Herzensbeſſ. der Grund
der Verſoͤhnung oder Begnadigung. Iſt ſich der M. einer ge⸗
beſſerten Geſinnung bewußt, fo führt dieſe auch die Verſiche—
rung mit ſich, daß ihm Gott nunmehr gewogen ſey. Um dieß
noch faßlicher zu machen, wird der Gedanke ver Chriften auf
die Gefinnung Jeſu gebeftet umd zwar durch dieienige
That, worinnen fie am lauteften zu erkennen gegeben ift, durch
f. Zod zum Weltbefien. Dieſelbe moral. Gefinnung, weiche
Jeſus durd) fein Leiden and Sterben an ben Tag gelegt hat, .
follen wir uns in Gott denken, d, b, die Sefinnung des für
das Wohl der M. fterbenden Jeſus ift ein Symbol der abttl.
Sefinnung. Wie der M, mit der verlegten Pflicht nicht ans
ders ausgefühnt werden kann, als dadurch, daß er zu ihr zu—
ruͤckkehrt, ſo bat Gott aud) Feine andere Bedingung der Auss
ſoͤhnung mit fich, als daß ınan feinem heiligen Willen huldigt.“
Krolta. a. D, ſchreibt: „Die Verſoͤhnung dev M. mit Gott ift:
1) daß der M. mit Verwerfung feiner bisherigen vbſen Srunts
V. —
— der M. mit Gott, (was iſt darunt. zu verft. ?)
füge und mit herzl. Unterwerfung unter feine Pflicht das
Bertr. zu Gott verbindet: er werde ihm gnaͤdig ſeyn u. ihm
nicht feine Sünden zurechnen. 2) Daß Gott aus freier Save
’ feine Suͤndenſchuld tilge und den Mangel eigener Gerechtigkeit
an ihm ergaͤnze, um den hoͤchſten Zweck endlicher moraliſcher
Weſen auch an ihm zu realiſiren.“
Krug gibt folgendes als die Hauptmomente der bibl. (2) Verſoͤh—
nungsichre an: „Sott if erzürnt über die Suͤnde der M.
Er will aber doch vie M. begnadigen um Jeſu willen. Wer
da glaubt, wird ſelig; arbeite aus allen Kräften an deiner fittz
tichen Vervollkonmnung mit dem fefien Vertrauen, daß dir
Sott um Jeſu willen in Ruͤckſicht auf fein Verdienſt die Sins
* vergeben werde,’ Bor. Leipz. Lit. Z. 1802. N. 81.
.S. 648:654. Id glaube, folgende Bemerkung ift eine
er Borftelung. „Wenn die populäre Schriftſprache ſagt:
Gott zuͤrnt: fo ift iedermann Über die Erfl. einverfianden:
dieß bezeichne nicht den Modus, das Wie diefes Verhaͤirniſſes
Gottes gegen die Suͤnder, nicht die in Gott wirdende Urſache.
Es bezeichne nur das Reſultat — den Effekt. Man uͤberſetzt
ſich die anthropemorphifcdhe Redeusart: „es ift im Erfolg
für ven Sünder, wie wenn Gott zürnte” Das
„wie wenn” klaͤrt auch den Gegeniss auf. Ihr feyd mit
Gott verföhnt! fagt even dieſe populäre Schriftfprache, Nöm.
3, 19.) um abermals dem Suͤnder den Effeft für ihn zu bes
zeihnen. Er if nit dein Feind. Du bafı von ihm alles
Buteg zu erwarten, dejien du nach teiner Natur und Morali:
tat empfaͤnglich biſt. Gott iſt fuͤr $pid, wie wenn man
dich mit ihm verföühnt hätte *,”
L. Was iſt unter der Verſoͤhnung der M. mit
Gott zu verftehen? Die Apoft. fagen_ an verfchies
denen Stellen, daß Ehriftus mit feinem Tode die M.
mit Gott verföhnt habe, 5. B. Rom. 5, 10; II Fer.
5, 19. Chriſtus wird auch die Verföhnung genannt,
z. B. I Joh. 2, 2. Das Wort verföhnen over
| ausföhnen von Gott gebraucht, fann man nicht in
bem Sinne nehmen, daß e8 hie: den Zorn oder
den Unwillen Gottes befänftigen und die
Feindſchaft aufheben. Der rachſuͤchtige M.
wird durch die Vergehungen ſeiner Mitm. zu einem
leidenſchaftl. Zorn gereizt und gibt dieſen nicht eher
auf, bis er ſeine Rache befriedigt oder durch Geſchenke
und Gaben, durch aͤngſtliches Flehen beſaͤuftigt oder
—9 Ammon s, Haͤnlein's und Paulus neues theol.
Journ. VIIr B. ©. 73. 79.
\
Verſoͤhnung der M; mit Gott, (mas ift darunt. zu verft:?)
verfohnt worden if, Aber: wer fann und darf von
Gott denfen, daß er erzuͤrnt werde, und fich leiden»
fchaftlich rächen werde? Man darf nicht daraus, daß
dag n. Teſt. an vielen Orten den Tod Jeſu als ein
Dpfer vorſtellt, fchließen, daß auch Gott durch dag
Blutvergießen und d. Tod Jeſu des Unfchuldigen zur
Yerföhnlichkeit und Erbarmung gegen. bie Di. geneigt
' gemacht worden fey; f oben im Art» Bergebung
d. Sünden. Denn:: | 0
a) daß Gott zürnen koͤnne, widerſpricht aller geſunden
Vernunft. Daß dag Blut Jeſu ihn Habe befanfiigen
müffen, ift eine unmuürdige Vorſtellung von Gott. b)
Es folgte daraus die Ungereimtheit, daß Jeſus Ehr.,
weil er für die M. zur Ausfohnung derfelben geftor-
ben wäre, eher und mehr Mitleiden mit allem M. ge-
fuͤhlt und Barmh. erwiefen habe, alg der Bater, da
diefer erft durch den Tod f. Sohns bewogen worden
fey, ung Gnade zu ermweifen; degaleichen, daß Gott ein
leidenfchaftliches Wefen ware, deffen Zorn erſt durch
einen dritten befänftigt werden müßte, big bey demſel—
ben die Vernunft, feinen ſich beſſernden Kindern die
Hand zu reichen, wirffam werden fonnte. Wie kann
ein fo gutes und heiliges Wefen, als Gott iſt, Feind⸗
fchaft haben? Wie konnte diefe mit 'der Liebe Gottes,
welche er ia nach allen Stellen des n. Teſt. dadurd)
bewieß, daß Jeſus Chr, für die M. ftarb, beftchen?
Rachſucht ift fchon am M, eine wahre Unvolf. Um
wie viel weniger darf man fie fich im Gott denfen!
Er ift feiner Leidenſchaft fähig. Gott wollte den M.
wohl, als fie ıhm nicht geneigt waren, Das Mißfals
len aber ander Sünde der M. iſt ihm alg dem All:
heiligen wefentlih. So langerdie M. boͤſe find, kann
daffelbe an ihren Sünden nicht aufhoͤren, wenn
er gleich die Hochfte Kiebe ift, und ver M. durch Sünde
Gott nicht feine Ehre raubt und ihn nicht beleidigt;
denn auf ihn Fonnen Feine fogenannte Beleidigungen
der M, einen nachtheiligen Einfluß haben. Er ift u.
bleibe, fo wie er war — der ewig Tiebende Vater
der M, Er ift dieſes auch dann, wenn er flraft, Er
liebte die DM, fchon, ehe Jeſus Ehr. in die Welt Fam;
denn fonft hatte er Jeſum nicht auf die Erde finden
fonnen. Der Ausdruf Zorn Gottes bedeuten feine
DB. 519
Verführung der M. mit Gott, (mag iſt darunt. zu verſt.?)
Strafen. Durch dieſelben wird fein hoͤchſtes Mißfal—
len gegen alles ungerechte Wefen offenbar. Weil die
Sünde den M. ins Verderben bringt, erfcheint er in
feinen Strafen als die Alliebe. Des M. wegen wird
er auf feinen Fall die natuͤrl. Folgen der Sünde auf-
heben, noch auch aufheben wollen. Als der Unverän«
derliche wird auch Gott nie feine Gefinnung gegen bie
M. Andern, noch ändern Eönnen. Was ihm mißfaͤllt,
wird nie, auch nicht durch das Dazwiſchentreten eines
andern Weſens, ihm als gefaͤllig erſcheinen.
Schoͤn und näher Hat dieſes Morus inf. comm. exeg, hiſt. in
epit, T. II. p. 95 fa. gezeigt 9. Rot, die ſchoͤne Stelle in
2.08 Bis. IV 8 86, ©. 374
Er fann fich weder über die ſittl. Beſchaffenh. eines
Sr, irren, noch feine Heiligk. verlaͤugnen. Go bald
aber der M. fich gebeffere hat, erfcheint er auch dem
Allwiffenden als ein Gebefferter, und Gott hat an ihm
*) Unmöglib koͤnnte die heil. Schr. die Sendung Jeſu zur
Erl. der M. deutlih ald einen Beweis v. d. — zuvor—
fommenden Liebe gegen die M. ausgeben, wenn
Gottes Zorn erfi durh Jeſu Tod hätte geftillt werden
müffen ! I Joh. 4, 9. 10. In Feiner n. teft. Stelle ſteht
es, daB der göttl. Serechtigf. erft habe eine bintige Be—
friedigung gefbehen müfen. Es ift augenfheinlich, daß
ie Stelle, Ebr. 9, 22. (ohne Blutverg. ff.) diefe noth:
wendige Stillung des Zorns Gottes nicht beweiſet; fon-
dern fie zielt auf die im a. Teft. v. d. Opfern herrfchenden
Begriffe hin, auf weldhe die ganze Theorie von d. Opfern
im Mofatfhen Gefere fih bezog. Der Zufammenhang
diefer Stelle lehrt dieſes deutlich. Es ift auh fon im
Art, Tod Jeſu gezeigt worden, daß es nicht die Abs
ſicht der iüdifhen Opfer (mit weldhen blos Sefu Tod ver:
glichen wird) geweien, Gott erſt zur Berg. d. Sünden zu
bewegen, fondern die Opfernden von dev Verſoͤhnlichkeit
Gottes durch diefe ſpmbol. Handl. zu überzeugen. Die
Dpfer waren alfo der Opfernden wegen. Sie follten zu
Gott Zutrauen faffen, um hinführo eifriger in der Suͤn—
denfheu zu fern. Sm Mag. f. Pred. XIr Th. Nr.
XXI. im 2ten Theil ift das Vorurtheil, dag Gott mit
uns verföhnt fey, auch trefflich widerlegt.
520 V. En,
Serſebhauge der M. mit Gott, * iſt darunt. zu verſt. ?)
ein Wohlgefallen, ohne daß in ihm eine Veraͤnd. und
neue Regung vorgeht. Denn der M. kann nur Gott
als gnaͤdig befrachten, aber in Gottes Natur und in
feinem Willen, in ſ. Rathſchl. und Anordnungen kann
‚Feine Verand. vorgehen. Er ift der alles vorher Bif
fende. Er Handelt in Wirfungen nach feinen beftän-
‚digen Grundfägen und nah feinem Vorherwiſſen und
Beſchließen. — Eben fo wenig laͤßt ſich die Verſoͤh⸗
‚nung der M. mit Gott in dem Sinne nehmen, daß
‚Gott die zur Beff. des Sünders, oder um der Gitts-
Jichfeit willen überhaupt verhängten Strafen — die
ewigen Geſetze der Gerechtigk. aufböbee In Gott
liegt gar Fein Bedürfniß und feine Nothwendigk., vers
ſoͤhnt zu werden. Nicht er mußtemitu n8, fondern
wir mußten mif ibm verföhne werden. Es heißt
auch nicht II Kor. 5, 19. und nirgends. im n. Teſt.:
Chriſtus verföhnte die erzürnte Gottheit mit der Welt.
V. 20. fteht vielmehr deutlich: Laßt euch verföhnen
mit Gott. Gott wollte nur die M. mit u durch
Jeſu Tod ausföhnen, indem fie
I) wegen ihrer unrichtigen Begriffe von ihm u. wegen
ihrer Lafterliebe fich ihn als ihren Feind dachten, das
her feindfelige Geſinnung gegen ihn besten, und auch
wirflich. wegen ihrer Mebertretung feiner Gefege von
ihm fich nichts Gutes verfehen fonnten. Als Sünder
kann fih der DM. gar nicht ale einen Gegenft. deg
göttl. Wohlgefallens anfehen Kann fich wohl der
pflichtvergeßne Sohn als vom Vater geliebt betrach⸗
ten? Im DM. alſo liegen die Urfachen und Gründe ei—
nes ei Berhältniffes zu Gott, welches das n.
Teſt. Seindfhaft gegen Gott nenne. Dief
Verhaͤltniß entſtand und mußte entſtehen aus Unwiſ—
ſenheit, Irrthum uͤber Gott, aus ſittl. Verdorbenheit
und Laſterhaftigkeit. Dieß traur. Verhaͤltniß
ſollte Jeſus aufheben und eine friedli—
chere — vertraulichere und frohere Ges
muͤthsfaſſung der M. gegen Gott bewirfen.
Berföohbnung feße freilich eine Trennung voraus.
Oft ift nur von eimer Geite Abneigung, Furcht des
bofen Gew., oder ein- feindfchaftliher Sinn. Nun
trennt die Sünde den M. von Gott, Ef: 594, 2; Luc.
15, 12. Denn die Neigung zum Derbotenen und die
| > | ———
Verſoͤhnung der M. mit Gott, (mas iſt darunt. zu verſt.?)
Unluſt zum Guten wirft erſt Unzufriedenh. mit dem
Geſetz, dann Abneigung gegen den Gefeßgeber, dann
wirkliche Uebertretung, und damit ift die Zuneigung
zu Gott noch mehr verringert. Der Sünder erlebt die
bofen Folgen ſ. Sünde, fein ihn anflagendes bofeg
Gew. erwacht. Nach feinen unrichtigen Vorſtellungen
denft er fich Gottes Haß, feine Rachgier, gern mochte
er ihn nun verfühnen, Mid. 6, 6. 7. Wie irrig!
Die Strafen find Feine Wirkungen f. Zorns. Nicht
Opfer — Gaben ꝛc. fonnen Gott bewegen, f. Misfal:
len am: Boͤſen aufzuheben. Blog die Umkehr vom
Bofen kann dem Sünder wieder Zufrauen zu Gott
rn Ag wozu die Einſicht feines Unrechts nothwen—
dig ift. |
2) Ale Voͤlker vor den Zeiten Jeſu glaubten, daß Gott
zwar gütig, aber wegen feiner Macht furchtbar und
auf fene Ehre eiferfüchtig ware. Er räche, meinten
fie, iede Beleidigung mit Strafen. Nach dem verbef:
ferten Handlungen (meinten fie), blieben noch dieſe
Strafen. Die M. konnten ſich auch nicht wohl Gott
anders als nad) dem denfen, mas fie bey fich wahr:
nahmen. Gie begriffen, daß viele Handl. verrichtet
würden, welche Gottes Willen entgegen wären. Don
icher fühlten fie, daß Recht und Unrecht, Tugend
und Lafter zweierlei waren. Kein Menfch glaubte ies
mals, daß Gott dag Gute haffe und das Bofe liebe,
Es war ein richtiger Begriff, daß Gotf unmoͤglich
eben fo gegen die geſinnt ſeyn Fonnte, welche feine
Gefege erfüllten, als gegen die, welche fie überträten.
Aber dadurch geriethen fie in den Irrthum, daß fie
fiatt durch Beff. des Lebens fich Härten Gottes Wohl—
wollen wieder erwerben follen, fich Gott zu menſchlich
und e8 alg moglich dachten, ihm die zugefügten Bes
leidigungen abzubüßen, feinen Unwillen durch Buͤſ—
fungen und Opfer, fogardurh Menfhenopfer
zu flilen und ihn verfohnen zu wollen. Man fah
die Opfer als Ausfohbnungsmittel der Sün-
den bey Gott an. Die war bey allen Bolkern d.
alten Welt der Sal. Eine der mwichtigften Abfichten
bey Jeſu Anf. auf Erden war nun, die M. beffer zu
beiehren u. ihnen die Wahrh. eindrücftich zu mischen :
Gott ift liebevoll und gusig, auch felbfi gegen Sirrende
522 | V.
Verſoͤhnung der M. mit Gott, was iſt darunt. zuverſt.?)
und Fehlende geſinnt. Wenn nun unter den M.
ein Mißverſtaͤndniß aufgehoben wird, ſo
ſagt man: ſie ſind verſoͤhnt. So auch bey
Bott und den M. Da die M. beſſere Begriffe von
Gott erhielten, fo faßten fie Zutrauen zu Gott,
die ängfil. Sucht vor ihm hörte auf) fie fingen an,
ihn zu Lieben. In fo fern bat Jeſus = fhon bie
M. mit Gott verföhnt.
3) Bor den zeiten Jeſu unterſchied man alle Voͤlker
der Erde in Juden und Heiden. Beyde waren
immer wider einander; am verſchiedenſten war ihre
Rel. Durch die chr. Rel. wurden beyde mit- einander
vereinigt, oder Jeſus Chr. fliftete, indem er Die, beyde
von einander trennende, Scheidewand niederriß, zwi—
ſchen beyden Friede. Er und ſeine Ap. hoben das
durch Moſes begruͤndete Judenth. auf. Dieß war
feine geringe Veränderung, Eph. 2, 14-16.
Sefus hob alſo blog die im Menfchen de
genden Hinderniffe, wodurd er ver Gewiß—
heit und des Genuffes der goͤttl. Liebe be»
raubt wurde, I Joh. 2, 2. Inter den M. fann
eine Ausföhnung flatt finden, ohne daß die Gefinnung
de8 Beleidigers und des Beleidigten ſittlich polig
gleih gemadyt wird. Wenn nun legterer Feine Belei⸗
digung mehr fuͤrchtet, und die alte nicht mehr raͤchen
will, und wenn nun der Beleidigte Grund gibt zu
glauben, daß keine ſolche mehr zu befuͤrchten ſey, ſo
iſt die Ausſohnung geſchehen. Ob beyde wirklich ins
nerlich ſittlich gut und in ſo fern einſtimmig denken,
das thut nichts zur Sache. Freilich iſt die ſchoͤnſte
und ſicherſte Ausſohnung die, welche von beyden Sei—
ten aus einer reinen Geſinnung fließt. Allein in Ruͤck—
ſicht Gottes iſt dieß Verhaͤltniß anders. Gott iſt
nicht ein Weſen unſers Gleichen, ſondern unſer Regent
und Richter. Wir koͤnnen uns dann nur mit ihm
verſohnt anſehen, wenn wir feine außerord. Stra—
fen mehr von ihm zu fuͤrchten haben und ſeines goͤttl.
Wohlgef. ung werth denken koͤnnen.
Die Redensart: Die M. wurden durch Jeſu
Tod mit Gott verſoͤhnt, heißt alfo: Die M. koͤn—
nen vermöge Des Todes Jeſu wieder Zus:
- . 523
Verſoͤhnung der M. mit Gott; (wodurch 2)
"trauen und Hoffn. zu Gore hegen. Durch
den Tod Sefu kann man ſich das Mißver—
ffändniß aufgehoben vorftellen, welches vor—
Ber ıc. Der Neuige und fih DBeffernde
iſt der goͤttl. Liebe gewiß.
Die Stelle II Cor. 5, 19. ıfle H. fagt nur: allen M. laßt
Gott sur Shriſtus f, Suede anbieten. —
II. Wie fern und wodurch föhnte Jeſus Ch
tus die M. mit Gott aus?
ı) Durch feine Kehre, durch f. Unterricht,
durch die von ibm und durch ſ. Apoſt. ver—
kuͤndigteſchriſtl. Wahrh., oder durch ſ. Gottes—
und Tugendlehre. Er machte es, wie es ein weiſer
MM. thut, wenn er einen andern, welcher ohne billige
Urfachen einen Argwohn oder Haß auf ihn aa
hätte, mieder mit fi) ausfohnen und zu f. Sreund
machen wollte. in folcher gibt fich ale Mühe, feis
nen Seind von der Unbilligkeit feines auf ihn gewor—
fenen Haffes und von feinem Unrecht zu überzeugen;
- er fender dem mit Haß und Groll erfüllten M. eine
Mittelsperſon zu, um ihm eine bejfere Meinung von
den freundfchaftlichen und Tiebreichen Gefinnungen u.
Abfichten des Weifen beizubringen, und ihn v. d. Un—
grunde ſeines auf ihn geworfenen uͤblen Verdachts
zu uͤberfuͤhren. Er wird ihm nicht allein die aufrichtigſte
Verzeihung aller bis dahin von ihm erfahrnen Kraͤn—
‘ Fungen und Ungerechtigkeiten anbieten laffen, fondern.
ihn auch durch sallerley ihm fehr angenehme Gefchenfe
und Wohlthaten, die alle f. Erwartungen übertreffen,
“ja felbft durch eine edelmüthige Berläugnung u. Auf—
opferung eineg großen Theils feiner eignen Vortheile
zu gewinnen und zu friedlichern Gefinnungen herum—
zulenken ſuchen. Eben diefes that auch Gott durch
Jeſus Ehr. Diefer lehrte, a) daß Gott die Welt, di.
alle M. Liebe, d. b. ihr Wohlſeyn wolle, auch dann,
wenn fie eg ſelbſt verkennten, Joh. 3, 16. b) es be—
duͤrfe keines aͤußern Beweggruũdes, um Gott geneigt
zu machen, den M. zu helfen. Joh. 16, 26. 273 6)
da er fie belehre und dadurch zu $; ffern fuche, da Soft
ihn dazu gefandt habe, fo fähen fie Deutlich, daß es
524 DB. |
Verföhnung der M. mit Gott, wodurch?) .°
nie an Gott, fondern immer nur an den M. liege,
wenn fie ihn, ale ihren Feind betrachteten, Joh. 3, 16.
17. DBgl. Rom. 5, 8:10. d) Gott gleiche einem Va⸗
ter, aus deffen Haufe der Sohn weggegangen märezc.
Der Bater - bleibe immer derfelbe und fo bald ver
Sohn zu ihm zurücfehre, ſey er ihn wieder aufjus
nehmen bereit, Luc 15, 1124; endlich e) wer feiner
(Jeſu) Lehre glaube, fie als wahr annäbme und fie
‚erfülle, dem ſey die ewige Glüdf. gewiß, Joh. 5, 24;
"Durchf. Leiden m. durhf. Tod. Ohne den
-felben ware e8 unmöglich gewefen, daß fich die von
der knechtiſchen Furcht und dem fflavifchen Sinne
niedergedrückte und von aller kindl. Liebe zu Gott eitts
fernte M—heit auf einmal zum Glauben an Gottes
verzeihende, erbarnıende Liebe u. Gnade erheben fonnte.
Sefu Tod war aber eine feierliche Beftätigung der von
ihm verkündigten Eehre von der Vaterliebe Gottes u.
feiner Bereitwilligfeit, ihn nicht weiter zu ſtrafen, alg er
fich felbft durch feine Sünden geftraft habe, falls er von
' f. Sünden für immer abftehe. Näher: — Jeſu Tod
folte als eine finnliche DBegebenheit dem zur Zus
send zuruͤckkehrenden M. zur lauten — Sf
fentlihen Erklärung — zur feierlichen
Verfiherung und Beftätigung der Wahrh.
daß Gott die M. liebe, daß er daß vergan
gene Bofe gleihfam vergeffe, und fich be
Sünders erbarme, dienen. - Dadurch follte ein
findliches Vertrauen auf die dadurch fichtbar gemachte
Huld Gottes, eine innige Liebe zu einem folchen Gott
und Vater bewirkt werden, welcher. beym Tode feines
Sohns gleihfam eine allgem. Berzeihung unter der
Bedingung wahrer Sinne » und Lebensänderung ans
fündigen laffe, welche man fich zuvor nicht anders als
bey der Darbringung vieler Opfer und Uebernehmung
vieler Buͤßungen denfen Eonnte. Sefu Tod war.
eine Erflärung, daß Gottes Gnade allen
dDenienigen gewiß wäre, welche ihm durch
tugendhafte Gefinnungen gefällig zu wer
den fuhten. Durh Hinweifung auf den
Tod Jeſu als fe Sohns will der Vaterdie
ausgearteten Söhne überzeugen, daß er
| V. 525
Verſoͤhnung der M. mit Gott, (wodurch?)
ihr Beſtes iu veranftalten nie aufgehoͤrt
habe.
Im Grunde war die Borftellung der Apoftel vom Tode Jeſu als
eines Verſohnungstodes eine Herablaſſung zu den an
Opfer gewoͤhnten damaligen Voͤlkern. Die Juden tvaren durch
das große Verſoͤhnungsopfer, welches Gott durch Moſes höͤchſt—
wahrſcheinlich auch nur aus Herablaſſung zu den Schwaͤchen
und Gewohnheiten der Juden anordnete, an dieſe Vorſtellung
zu ſehr gewoͤhnt, als daß die Ap. ſie geradezu ihnen haͤtten
nehmen Ednnen, Daß die Ay. ſelbſt Jeſu Chr. Tod als Vers
ſoͤhnungsopfer vorfielen, Fam daher: a) fie Hatten ſelbſt
dieſe iuͤdiſchen Borfielungen, b) Gott ließ fie bey denfelken,
- weil fie Eeine anf das Vetragen ſchaͤdliche Irrthuͤmer waren.
Die Hinwegraͤumung wäre damals fehädlich geweien. Mer
darf alle Borfirlungen der Up, geradezu annehmen? Wenn
fie ſagen: Chrifius hat fi) ſelbſt geopfert, fo glaubt Feiner,
daß er fich felbft ermordet Habe. Wie oft fprechen Chriftus
und die Up. nad) der damals gangbaren, wenn gleich irrigen,
Sprache! — Jeſu Tod — als das- größte, wahre und legte
Verſoͤhnungsopfer ſollte alle uͤbrigen Opfer und Vuͤßungen für
überffüßig erklaͤren. Nah f. Tode trat auch an bie Gtelle
des DOpferdienfies die freie Anbetung Gottes im Geifte und in
der Wahrheit; vol. ven Art, Tod Jeſu, und die bibl.
—Encycel. od. bibl. Realwödrterb. 37 B. ©. 247.
‚Der Ausdruck: Verſohnung, ift ein Iocaler Begriff,
vgl. Revifion der Lit. ır Sahrg. 2r 8. S. 100; Dds
derlein's Rei.:lihterr, Xlr Th. ©. 250 ff.
Die Verfshnung der M. mit Gott ift alfo die br
Jeſus wiederhergeftellte Wiederdereinigung der M. mit
Gott. Sch meine die Wiederherftellung eines gunftis
geren und angenehmern DBerhaltniffes gegen den Rich—
ter, wobey ber M. ein ruhigeres Gemuͤth haben fonnte.
Es iſt dieienige Veranflaltung, wodurch M. von feis
ner Gütigfeit überzeugt werden koͤnnen. Es iſt die
Wiederbegründung des Einverftandnif:
fes und des Zutrauens der M. zu Gott,
oder die fefte Ueberzeugung, Daß der fich
Beffernde und im Gurten Fortgehende von
Gott wegen feiner vergangenen Sünden
Feine außerordentlihen Strafen mehr
zu befürchten Habe. Es iſt die Ueberzeu—
gung, Daß es dem A wenn er — beſſert,
526 V.
Verſoͤhnung der M. mit Gott, Anwendung.)
wohlgehe. Wir follen die Abneigung von
Gott und dem Öuten fahren laffen, das wag
ung von Gott fiheidef, mas ung verhindert, feine
Segnungen zu genießen, was uns Glaube und Hoff
nung zu ihm zu haben verhindert, dran zu geben und
zu meiden, oder aus unſern Gedanfen, Abfichten,. Nei—
gungen und unferm ganzen Berhalten —— erh
Diefe Mühe müffen wir übernehmen.
Religionslehrer unferer Zeit müfjen doch das Unrichtige und Unwuͤr⸗
dige in dem GSedanken fühlen, wornach man ehehin Gott vor⸗
ſtellte, als ein Weſen, weiches den reuigen Verirrten blos uns
ter der Bedingung mit Uebeln verſchone, die er den Uebertre⸗
tern des Geſetzes angedroht habe, falls ein anderes unſchuldi⸗
ges Weſen fuͤr ihn die Uebel uͤbernaͤhme und erdulde. Denn
ein Regent, der blos unter dieſer Bedingung begnadigte, würde
bey uns ein Tyrann heißen, weil er den lnfchuldigen ftatt
des Schutdigen befirafte, und man würde ihn verabicheuen,
Nach der Geſchichte wwiderrief fogar ein Tyrann dann fein
Zodesurtheil, ald er den Edelmuth des Freundes eines andern
fabe, der für legtern fierben wollte. Der Tyrann feibft verabz
ſcheute alſo die Ungerechtigkeit, den Unfchuldigen ſtatt des
Schuldigen zu ermorden. Vom Richter der Welt iſt es alfo
gewiß ferne, daß er den Unfchuldigen wie den Schuldigen be—
Handeln follte, Ezech. 18, 20. Der Schuldloſe fol nicht ftatt
des Schuldigen buͤßen. Beſſert ſich der Lafterhafte, fo fol
feiner vorigen Sünden nicht mehr gedacht werden, —
Sn F. Eh. Döring’s Diff. libror. facrorum de morte Jefu
Chrifti vicaria etc. Vitenbergae 1802. 4. wird die ſtellver⸗
tretende Senugth. Chriſti vertheidigt.
III. Anwendungen. |
Die Erfüllung von II Kor. 5, 20. ift hier die Haupt:
fache, d. b. wir müffen die Bedingungen eingehen und
die Mittel gebrauchen, worunter und wodurch wir
uns bey unferm bisherigen, aber ietzt drangegebenen
fündlichen Leben Gottes Wohlwollen und Berzeihung
zueignen, oder uns von Gottes Allguͤte verſichern koͤn⸗
nen. Jeder muß fich gedrungen fühlen, dem fo wil—
lig verzeihenden und nur wahre eff. fordernden Bas
ter Gehör zu geben. Wir müffen:
1) Eine wurdige Denfart von oft annehmen. Man
halte von ihm nicht zu wenig, dichte ihm aber aud)
nicht8 an. tan laſſe alles fahren, wag zur Unehre
ſ. Borfehung gereicht, was gegen feine weife Regie—
V. | 527
Verſoͤhnung der M. mit Gott, Anwendung.)
rung fireitet, oder mag veranlaßt zu glauben, daß
Gott fey gleich wie wir. Denn dieß würde machen,
daß wir ihn und ganz aus dem Sinne fihlügen, oder
nur flüchtig an ihn dachten, oder nicht mit willigen
frohen Gemüthe an ihn als Duelle alles Guten däch-
fen, und wodurd) wir eine Abneigung vor Gott haben
‚würden. Man denfe nicht zu Flein und niedrig von
Gott. Man erhebe fich zu einer edlern Vorſtellung
von ihm, Mich. 7, 185 Ef. 55, 75 Pf. 147, 11; 40,
7. 9; 111, 35 25, 105 I Soh. 4 8. 16; 5, 3. Man
überzeuge fih zu dem Ende, daß a) es fein Fleiner
willkuͤhrl. Einfall ift, daß Gott die Sünden unterfage,
und daß das Derbotene gleichgültig wäre. Gottes
Geſetze ſind die Geſetze einer unveraͤnderlichen Ordnung
in der ſittl. Welt. Das Boͤſe ware Boͤſe, falls es
auch feine Offenb. gäbe. Das Boͤſe thun, heißt, etwas
dem, der es thut, und der Wele Schädliches thun.
Nur aus Liebe verbietet Gott das Schädlihe und
warnt por Schaden, ehe der M. ihn erfährt. — Daß
b) Gott feinem M. Unrecht thus, wenn er ihm Leiden
zufchift. Es gefchieht dieß auch nicht aus Willkuͤhr
oder aus Schadenfreude. Wer die L. gut benugt,
wird erfahren, daß Gott recht und gütig handle, Pf.
51, 6; Hiob 34, 10-12; 39, 33-35; 22, 21-30. — c)
Daß Sünde ihrer RNatur nach keinen Nutzen bringen
koͤnne, ſondern Elend. Sie fuͤhrt gewiß fruͤh oder
ſpaͤt in's Verderben, und zwar blos nach dem natürl.
Zuſammenhange, nicht aus einem willkuͤhrl. Rathſchluß
Gottes, Spr. 3, 35; Hof. 13, 9. — 4) Daß Beſſ. noth⸗
wendig ıft, um dem Verderben der ©. zu enigehen;
und e) daß Gott bereit ift, dem zu vergeben, der fich
ernftlich und innerlich beſſert, und deshalb weiter Feine
Buͤßungen, Opfer ꝛc. verlange; Ser. 3, 12. 13; Ezech.
18,21. 22,
2) Man muß immer beffer zu werden fuchen und im-
mer vechtfchaffner leben. Gott lieben, feine Vorfchrifs
ten befolgen, Jefu Shr. in Gefinnungen und im Ver—
halten ahnlicher werden, heißt, fich mit Gott ver-
föhnen. Mer in der Liebe zu Gott bleibe, bleibe in
der Gemeinfchaft mit Sort. Man meide deshalb alle
Sünden, (Ef. 59, 2.) alles, was eine Seindfch. wider
Gott ift, Rom. 8, 8. Man fey zufrieven mit feinen
J
528 | B: |
Verföhnung der M. mie Gott, (Unwendung.)
Einrichtungen, billige feinen Rath über ung, Tiebe
Wahrh., Drdnung, Güte, Gerechtigf, und Herzens.
reinigfeit 2c. Denn ohne das alles hätte der M. im:
mer etwas wider Soft. Er wäre mit feinen Gedan-
fen oder mit feiner Neigung und Wandel in einem
gemwiffen Wivderfpruch mit Gott u. f. fe 5
5) Wir muͤſſen ı und 2. ©. 526. 527 f. um fo treuer
erfüllen, da wir alle der Verföhnung mit Gott bedür-
fen. Denn wie viele fündigen, wie viele denfen uns
gern an Gott. Mie viele tadeln die Einrichtung der
Melt darin, daß das Bofe - hun dem M. ſchadet.
Wie viele fürchten fich wegen ihres bofen Gewiſſens
(eine Folge ihres_fortwährenden Suͤndigens) vor
Gott, denfen mit Bangigf. an ihn als ihren Nichter,
an die Ewigk. Allein I Joh. 4 18. Wer fich ffla:
vifch vor Gott fürchtet, iſt nicht mit Gott verföhnt.
Der aber mit f. Neigung und f. Thun vom felbft zu
ieder Tug. zuruͤckkeyrt, wer aus eignem Trieb» das
Gute thut, göttlich denft und wie Jeſus Chr. gefinnt
ift, der fann fich mit Gott verföhnt halten. Jac. 4,
8. 10. Wie kann ſich derienige mit Gott verſoͤhnt
halten, wer zum h. Abendmahl gebt, fich Jeſu Todes
vertroftet, aber fo bleibt, wie er vorher war, die Rel.
dazu mißbraucht ꝛc.? —
4) Man erkenne den großen Werth ber Ver—
föhnung. Denn was bedarf der Sünder zu feiner
Beruhigung mehr, als daß er weiß, unter welchen
Bedingungen er von Gott Werzeihbung wegen feiner
vorherigen S. zu erwarten habe! Wie ficher ift ihm
die vor aller Augen dargeftellte Begebenheit, ber Tod
Jeſu, an die Gott die Zuverläßigfeit der Begnadigung
bindet! Wir felbft waren nicht im Stande, dag Miß—
fallen Gottes an uns aufzuheben. Opfer hatten feine
Kraft mehr, Beff. konnte doch nicht die vorigen Suͤn—
den wieder gut machen, und ein Engel oder ein ander
reg Gefhöpf war zu ſchwach dazu. Vol. Hänlein’3
neues theol. Sourn. Sr B. ©. 377. vgl, mit ©. 376.
S. Kofter’8 Reden üb. die Wahrhh. d. Rel. gr.
sh. Rr.XVL ©. 329 f. befond. G.337 f.z Sturm’g
Predd. üb. d. Epifteln, neue A. ır B. Halle 1776.
gr. 8. Nr. 13. ©. 192 f.: „vom hohen Werth der
Berföhnung Jeſu Chriſti“ Hppotypoſſe eines ya
“ em
— 523
Verſoͤhn. der M. mit Gott, Verftand — Vollk. Gottes,
dem Geiſt des Chriſtenth. und des wahren Proteſt.
gemäßen, Vortrages über 2 Cor. 5, 19. „alle 1793.
8. & Sgr.); ae 8 Pred. über 2 Cor.
J 19. Duisb. 8. Sr. Huͤlsmann über
. Berföhbn. d. M. mit Gott; e. Bred. über 2 Eor.
= 19. Efien 1793. 8. 2 De Duttenhofer’g
ige Halssont 1792. 3. Pr. 24: „Warnung vor
dem Mißbrauche der gehts v. d. Berfshn. Jeſu;
Teller’8 Mag. f. red. SR EL Mr ©,
.197:209: 2 Reden von E. Rath Senf üb. die .
föhnung, ebend. Pr. 31. ©. 237:40; daſelbſt 4
1:6. Rr. 10. €. '106- 118 ; „d. d. Berfshnung e
SM. mit Gott,“ am Charfr.⸗T.; A. Große Glaube u.
Pflicht des Chriften, ©. 169- — „die Lehre v. d.
Verſoͤhn. d. M. mit Gott,“ (über 2 Cor. 5, 19.) 1)
als eine folche, die leicht unrecht verffanden und ges
mißbraucht werden fann; 2) alg e. folche, die e. ſchoͤ—
nen und wahren S. hat, 3) die als folche oͤffentlich
gelehrt und vorgetragen werden fol; Ribbeckes
Miagaz. neuer Feſt- u. Cafualpred, zr Ih. amCharfr.
Jeſus Ehr. der ne. der M. mit Gott, über
2 Cor. 5, 196; D. Sr. DB. Reinhards 1801 gehals
tene prebd. Amb. u. Sul;b. 1802. gr. $. Nr. 22. 22.
„Bon dem feligen Einverffändniß, in welchem wahre
Chriſten mit Gott leben,” am 2ten Df.-Tage. —
Berftand Gottes, f. Allwiffenheic Gottes,
ir 20,9, 128 f.
Der hoͤchſte Verſtand ift Gott; (ſo bald wie
der Menſch ſich's bewußt wird, daß die Vernunft das
Hoͤchſte in ſ. Natur ſey, muß er ſie auch Gott dem
Urheber dieſer Natur und zwar im vollkommenſten
Grade beylegen. ES kann nichts geben, mas Gott
nicht aufs Benauefie erfennte.) S. d. Art, Geiſtig⸗
keit Gottes, 2r Th. S. 10 ff·
Vollkommenheit
Vollkommenheiten.
Gott hat alle nur moͤgliche Vollkommenheiten und
zwar im hoͤchſten Grade. Seine Natur beſteht in ei—
ner unveraͤnderlichen Neigung zur hoͤchſten Vollk. Er
EHrift, Gt, Lehre f. d. Eanzelgebr, 3 TB. xf
Gottes. Ef. 40, 25. 26,
530 V.
Vollkommenheit Gottes, (Anl. zur Erf. von — —)
ift vollk. im Betreff des Verſtandes oder der Erfennt-
niß, vollk. in ſ. Willen u, int. Wacht; volff. in An-
fehung feiner Dauer. Ihm kommt nichts gleich. Er
iſt das erhabenfte Wefen. Es ift außer ihm fein
Sort. Ein Wefen — eine Sache ift deſto volifomm-
ner, ie mehr Selbſtſtaͤndigkeit, Dauer und Wirk—
lichkeit bey derſelben, und ie mehr Zweck in derſelben
iſt. Der M. iſt weit vollkommner als die Thiere, als
die uͤbrigen ef n und Koͤrper in der Natur, aber er
ift Schwach, abhängig und vergänglich. Doch ie mehr
Weisheit, ie mehr Uchereinftimmung mit den beiten
hoͤchſten Zwecken, ie mehr fittl. Schönheit und Stärke
ſich bey ihnen findet; ie unabhängiger von niedrigen
finnlichen Dingen fie na te mehr fie durch Ueber—
einffimmung mit dem Schöpfer Gewißheit ihrer Un—
ſterblichkeit erlangen, deſto mehr ſteigen ſie in der Voll—
kommenheit. Gott aber iſt das allervollkommenſte
Weſen.
Um am leichteſten ſich Gott als das allervollfom-
menfte Wefen vorzuftelen, denfe man fich Gott als
die erfte Grundurfache von allen Arten und Stufen
der Vollk., und über welchen hinaus ſich feine Ur-
fache mehr denfen läßt. Man vereinige in der Stille
alles in feinen Gedanfen, was man an den Gefchöpfen
Schoͤnes — Edles und Erhabenes findet. Man ver:
größere das mit aller Anfirengung feiner Einbildungs⸗
und PVorftellungsfraft gleichfam bis in's Unendliche.
Han fondere endlich alles von Gott ab, wag an den
Geſchoͤpfen Unangenehmes, Sehlerhaftes und Unvoff.
befindlich ift, und Iege Gott dag enfgegengefeßte Anges
nehme und Vortreffliche- bey; man bemuͤhe fich fodann
— das alles in einem Inbegriffe fich vorzuftellen.
Freilich iſt die innere Natur des hoͤchſten Weſens
unferm Verſtande durchaus unerforſchlich, Nom. 11,
33. Wie mag ein endliches Weſen, welches feine ei⸗
gene Natur nicht Eennet, ein unendliches faffen? Wir
fonnen ung nur aus den ung befannten Wirfungen
Die erhabenen Vollkommenhh. Gottes abziehen und
mit unfern Schlüffen fo weit gehen, als wir nur koͤn—
nen. Gebr wahr ift es, was Pf. 145, 3 (ete 9.)
1 Cor. 2, 11. ſteht! Unſere ganze Erf. iſt Faum ein
Vorſehung, (die görtlihe — was?)
Troͤpfchen von dem, Was eigentlich Goft ift, f. Era
fenntniß Gottes, ır Th. ©. 315
Bel. Schneider’sbibl. Worterb. ar Th. ©. 465.
Unter den Bollfommenhbeiten Gottes aber
verſteht man auch feine Eigenfihaften, (Beſchaffenhei⸗
ten, Vorzuͤge) ſ. den Art. Eigenſchaften Gottes,
ır Th. ©. 259 >
Borherbeffimmung Gottes, f. Karpfchfüffe
Goffes, ar Th, ©. 302 fi, u, Efermann’s
Handb. d, Gl.⸗Lehre, ar B. S. 196 f. —
Vorſehung (die goͤttliche, — Maͤtth. 6,
31; 10, 29-3131 Bett: 5, 7.)
Die Leſer belieben die Art. Erhaltung und Regierung, dess
gleichen wegen des v. d. Zulaffung des Boͤſen gegen die adttl.
Dorfen. zu machenden Einiwurfs die Art. Böfes und Leber
zu vergleichen.
Del. außer Rich. — s vier Abhh. — 1774:
8. Nr. 1: v. d. Vorſehung, (fehr ausführlih) —
Sherlod’8 und 9 Sander's befannten Schrifs
ten, I. H. Heinrichs de aucta fenfim per providen-
tiam divinam humani generis felicitate. Göttingae
1736. 4. (6 Sar.); die £roftvolle Lehre von d.
goͤttl. Vorſehung, von ©. €. Gierig. Dortm.
| ig 3. (bisher noch zu wenig bekannt.) Die Schrift:
5. Hieronymus Meflerionen über die Worfes
Eiche Maufchenberg 1792. 8. ift von geringem Werth.
S. SJerufalem’g Setrachtt. sc. ır Th. 4te Betr.
©. 56:91; Reimarus Abhh. v. d. vorn. Wahrhh.
d. nat. Mel. ste u. gie Abh. (nach d. Nachher. Tuͤb.
1732. r S. 662:784); Doöderlein’g inf. Th. chr.
IT eER.h, 164 174 S. 580-620; beffelben Rel.⸗
Unterr. Vllie Th. ©. 88-298; Schulz Erf» Eehren
des ER, ır ẽh. S. 281-300; Mori comm.
in epit. T. I. p. 304 14; Eckermann's Handb. d.
Gl. Lehre, Zr 3. S. 216.236; Poliß Darftellung de®
Keinhardfehen ehrfäge, ıv Ih. S. 501-508.
Was iſt unter der — Vorſehung zu vera
ſtehen?
L12
532 DB.
Vorfehung, ‚ (die görtlihe — was?)
Gemeinhin erelärt man fie für Gottes Erhaltung und weiie
ee der Welt, oder als den goͤttl. Einfluß auf
beyde. Ich weiche, fo wahr es and) ift, daß die gütil, Vor⸗
ſeh A die Erhaltung aller Teblofen und lebendigen Dinge in
der Welt, 6, br die Erhaltung aller Weſen, bie Berforgung
aller Lebenden, und die Negieyung Gottes von allen Verindes
zungen in der Melt (wozu feine Mitwirfung durch alle Kräfte
in d. Welt aekört) vorausfegt, den Sprachgebrauch in Ruͤckſ.
‚bes Worts Vorfehbung 9 gemäß und um zugfeich moͤglichſt
vie Wiederholung deſſen, was ſchon in den Art. Erhalt, und
» Reg, Gottes gefagt worden"ift, im Folgenden davon ab.
Eine Fürfehbung faßt bie Verhütung deffen, was
Uebel ik und vorzüglich die Sorge für iemanden *)
in ih. Gottes Kürfehung if darnach feine
Sürforge für das Wohl deg Ganzen und ber einzele
nen Sheile defjelben.
„Sie ift die beſte — zweckmaͤßigſte Zufammenord«
„mung aller natürlichen und willführlichen Veraͤn⸗
„derungen, oder die Veranſtaltung der fürs Ganze
„zutraͤglichen unſchaͤdlichen Folgen der Wirkungen
„der eingefhränften,„ in unſerer Welt befindlichen
„Kräfte.“ Allg. d. Bibl. 7239. ı St. ©. 62.
Gott, welcher ung und allem, was ift, dag Dafeyn
gab, ift Fein mäßiger Befchauer feiner Werke; er ent»
fernte ſich nicht, gleich dem DBaumeifter, von feinen
Werfen, ſo bald fie Fertig waren; erüberließ
und forgte immer für ihre Sortdäuer, für ihre
Vollfk. u. Die Glücfeljafent ihrer Bewohner.
‚Er bringt die Zwede bey feiner Welter>
fhaffung in derfelben zur Wirklichkeit. Er
laßt alle Geſchoͤpfe ihre Beffimmung errei—
hen. Er erzieht und bildet insbefondere
feine vernünftigen Gefchöpfe, regiert fie
durch das Sittengefeß, durch ihre Schickſale,
durch die Naturveranderungenzc., vollzieht das
Sittenaſes macht das dage Gut wirklich. Er iſt
*) Man follte billig Ken laͤngſt allgemein ſprachrichtiger fuͤr
—Worſehung den Ausdruck Fuͤrſehung oder Fuͤr—
forge gewählt und in Rel.Vortraͤgen, Katechiſatt. und
in Schriften eingeführt heben.
»*) Procuratio,
| V.
Vorſehung, (die goͤttliche — was?)
wirkſam, alles ſeinem Rathe und ſeiner Abſicht gemaͤß
einzurichten und zu lenken. Er ſucht, daß der
Eundzweck der Schöpfung: Tugend u. Gluͤſck⸗
ſeligkeit in Uebereinſtimmung im Allgemei—
nen und auch im Beſondern möglichſt beför-
dert und erreicht werde. Es kann nichts
geſchehen, was er nicht angeordmef. und zu:
gelaffen Hat, wenn gleich vieles erfolgt,
was M. nicht vorhergefehen und nicht ver—
muthethaben. Er leitet unfere Schickſale,
unfere Leiden und Freuden väterli und
lenkt elle uns und andern Geſchoͤpfen wie
derfahrende Veränderungen sum beften
Endzwed und zum allgemeinen Beften. Das
alles gehört zur Vorſehung. Sie if: Gottes be—
— wohlthätiger Einfluß aufs
DBefte der Gefhöpfe, fein fortdauerndes
Verhältniß zur ganzen Beln
Das Wort VBorfechung ift nach den: Eibl. bildlichen Redensarten‘
Gott fieht, ſchauet herab; er klickt vom Himmel auf die M.
u. ſ. w., gewählt und fol anzeigen, daß Gott nicht die Ge—
ſchoͤpfe, nicht den M. vergeffe, ſondern mit denfelben in einem
immer fortwährenten Verhältnis fiehe, orer daß alles, was in
der Welt geſchieht, mach Gottes Willen gefchehe und fo fih
ereigne, als es feine unendliche Weish. und Liebe angeordnet
bat, oder es doch zulaͤßt. Das Bild if von einem Negenten
entlehnt, der ftetS auf alles achtet und auf alles merft, damit
Basienige gefchehe, was nach feinem Willen gefcheben fol und
damit die M. zum Guten durch angemeßne Belohnungen ers
weckt werden möchten. Die Sylbe vor fiht im W. Vor—
ſehung ſtatt für — Fuͤrſehnng, für etwas EVER bes
weifen — für etwas forgen. Nimmt man ienes Wort aber in
dern Sinn, daß es mit Vorausſicht— een ift, fo if
das W. deshalb gewählt, Weil Sort daS Begenwärtige nicht
‚erfi kennt, fondern es a ine Allwiſſenheit laͤngſt Vorbers
geſehen hat. Das Wort Vorſicht Guͤrſicht) ſagt aber zu
wenig. —
In Gott iſt zwar die ganze Regierung und Len—
kung der Welt als nur eine ‚ginzi ige —— Hand⸗
lung oder eine und dieſelbe Fuͤrſorge. Wir koͤnnen
ung aber dieſelbige nur in Her Zeit in a
Handlungen wirfend denfen. Unſer endlicher Verſtand
534 V.
Vorſehung, (die goͤttl. — welches find d. Gegenſt.derſ.?)
muß in ihr folgende Punkte als einzeln denken: 1)
alles Vorhandene kann allein nur durch Gott forts
dauern. Er bereitet aber in der ganzen Sinnenwelt
allen vernuͤnftigen Weſen unendlich viele Freuden mit
der groͤßten Weish. 2) Was ſich in der Welt durch
die den Dingen mitgetheilten Kraͤfte oder nach den
vorgeſchriebenen Geſetzen ereignet, geſchieht nicht ohne
den Willen u. die Zulaſſung Gottes; 3) Gott lenkt alle
dieſe Weltveraͤnderungen nach dem ſich en
awede, oder er lenkt den Lauf der Weltbegebenhh.
im Ganzen, und die Schickſale des einzelnen M. fo,
daß iedes vernünftige Wefen nad Verhaͤltniß feiner
ſittlichen Würodigfeit gluͤcklich werde. Denn Gott be—
foͤrdert an allen vernuͤnftigen Weſen die Sittlichkeit
als den Endzweck des Daſeyns ihrer und der ganzen
Schöpfung. — Gott erhält umd regiert das Ganze.
Ylfo ift iedes Gefchöpf, iede Kraft, iedes Leben ein
Gegenftand der goͤttl. Vorſe hung, Pſ. 104; Ap. Geſch.
17, 28. Ale und iede Veraͤnderungen der lebloſen u.
der lebendigen Dinge; — alle Erfiheinungen der Na—
tur, (1 Moſ. 8, 22. Hiob 38, 22>3$.) ale Verthei⸗
lungen der Freude und Gluͤckſ. empfindender Weſen
(Hiob 10, 8-12; Ap. ©. 14, 17.) find als Wirkungen
der goͤttl. Vorſehung anzuſehen. Das ganze Men—
ſchengeſchlecht in allen ſeinen Gliedern, das Verhaͤlt—
niß der Gebornen und Sterbenden und der beyden
Geſchlechter gegen einander (Pf. 127, 3); ihre Ver—
theilung auf der Erde (Ap. G. 17, 26); der einzelne
M. iedes einzelne Ereigniß feines Lebens, die Stunde
ſ. Geburt Giob 38, 21; Pf. 139, 15. 16) und die
Stunde f. Todes, (Pf. 90, 3. 5-10; 91, 3-7; 139, 16)
das Maaß feiner Kräfte, feine Bildung, feine Verbin-
dungen, feine Stelle in der Welt, feine Wirkfamfeit
und fein Einfiuß auf Andere, feine Vorzüge u. $reus
den, feine Leiden und —— feine Rettung aus
Gefahren, (Pſ. 92; II Tim. 4, 16. 17.) feine ihm
gelingenden oder fehlfchlagenden Hoffnungen, Pf. 177,
1. 2; 1 Sam. 2, 5-3; Pf. 37, 12-14; ek. 10, 23;
Spr. 16, 33. — alles dag find Heftimmungen feineg
mweifeften und gütigften Willens. Gott fucht insbef.
die Vollk. und Glücf. eines ieden Gefchöpfs nah |
dem Maaß feiner Empfänglihf. (IT Tim. 2, 4.), am
a 535
Vorſehung, (die goͤttl. — wodurch ſie ſich äußert.)
meiften die Bolf.ıc. des Menfchen, auf verfchiedene
Art, auch durch die Leitung feiner Schickſale zu Bil:
den und zu vervolf. Denn unfere Natur ift einer
fehr großen Vervollk. und durch diefe eines fehr hoben
Grades von Wohlfeyn fähig, Wenn gleich die dem
einzelnen M. bier gegebenen Mittel, einen gewiffen
Grad von Ausbildung und Wohlfeyn zu erreichen,
ſehr ungleich find, fo find fie doch in einem jeden ale
Beranftaltungen einer weifen und gütigen Vor—
fehung zu verehren. Sie ließ es zu Feiner Zeit und
feinem M. ganz an Bildungsmi tteln fehlen, nie ließ
fie ſich ganz un bezeugt. Iſt nicht der M. ſowohl
mit Anlagen und Srieben sur Bollf. u. Gluͤckſ.,
als auch mit Kräften, fie zu erreichen, verſehen?
Shen dag ift alg die allgemeinfte Beranftal-:
tung Gottes zum Beften des M. zu betrachten. Nach
der Erfahrung find auch viele M., ohne eine vorzüg-
liche Anleitung, ohne einen hoͤhern Unterricht im
Stande gewefen, Gufes u. Boͤſes von einander zu unter—
fcheiden und, wenn fie nach diefer Erf. bandelfen, zur
Zug. und der fie begleitenden Glücf. zu gelangen.
Gottes Vorf. fucht die M. 2 bilden a) Durch die
Natur, f. Ratur, L ar Th. ©. 268 und II. 2. eb.
©. 2715 — b) dur ihre Bunker zb Jedes Er
eigniß in ihrem Leben, iede Wohlthat, jede Prüfung,
jedes fie £reffende Leiden ıft Bildungs » und Erz.-Mit-
tel in ihrer Dand. Sie weckt dadurd) (hlummernde
Sähigkeiten, fi fie rege Kräfte auf, fordert TIhätigfeiten,
laßt die M. Erfahrungen fanımeln, Ueberzeugungen
gründen, Tugenden veranlaffen oder befeftigen. Sie
wirft Fehlern entgegen, und bringt fo ieden einzelnen
M. immer einige Schritte näher; — c) durch die
natürlichen Folgen des Guten und Boͤſen. Es findet
oft fhon hier feinen Lohn oder f. Strafe. Dadurch
wird der Wille des M. gelenft, ohne ihm dadurch
feine Sreiheit zu entziehen. Wer nad) den Maaß ſei—
ner Erf. und Kräfte Recht und Gutes thut, genicht
ſchon bier davon Srüchte durch die Gewiſſensruhe,
durch alle die angenehmen Empfindungen, welche dag
Bewußtſeyn feiner erhöhten und wohl angewandten
. Kräfte giebt; durch den mwohlihätigen Einfluß des
- Guten auf den äußern Zufland, auf Gefundheit,
536 V.
Vorſehung, (die goͤttl. — wodurch ſie ſich u.
Wohlftand und Achtung in der Geſellſchaf Wer
Boͤſes thut, beraubt ſich ſchon iener Vorz n ſtoͤrt
den ruhigen Beſitz ſelbſt derienigen Guͤter, die von der
ſittl. Beſchaffenheit unabhaͤngig find, erfchepft feine
Kräfte, u. büßt oft fehr hart für gefeßwidrige Freu—
den eines Augenblicks. MWeldy eine nüßliche fittliche
Zucht ift dag für jeden, welcher fie nugen will! Gie
legt unverkennbar einen heiligen und gerechten Willen
dar; — d) durch vorzügliche — erfeuchtete und thaͤ⸗
tige Maͤnner von Zeit zu Zeit, obwohl unter hoͤchſt
verſchiedenen Umſtſt. und durch verſchiedene Mittel,
zur Aufkl. des Verſtandes, zur Bildung der Sitten
zur Aufnahme des Wohlſtandes der menſchl. ———
ſchaft. Sie wirkten dazu durch Geſaͤnge, Lehren, Ge—
ſetze, Einrichtungen, Verbeſſ. und durch ihr gutes
Beyſpiel, welches maͤchtig wirkte. Gewiß iſt durch
Maͤnner, welche das gemeine Weſen einrichteten, weiſe
Verordnungen zur Unterdruͤckung oder Minderung
der Roheit und Unſittlichkeit gaben, und welche gute
Anſtalten ſtifteten, um dag menſchl. Elend zu erleich—
tern, ſehr viel zur Vervollkommnung ihrer Zeitgenoſ⸗
ſen und ſelbſt ſpaͤterer Geſchlechter geſchehen. War
es auch mit manchen Mängeln und Unvollkommenhh.
gemifcht, fo war e8 doch immer ein wichtiger Bey:
trag zur Erziehung und Sortbildung der M—heit.
Es waren doch befondere Beranftaltungen Gottes zum
Beſten einzelner Nationen.
Sagt man, daß Gott dem Streben des Menfchengefchlechts, in der
fittl. Bildung fortzufchreiten, die Richtung gegeben babe, ſo
koͤnnte man das fo verfichen, daB der Mienfch dabey fich 6103
feidend verbielte und fich nicht ſelbſt beftimmte. Gott will
freilich die fittl. Bildung des Menfchengefchlechts, aber er lei—
tet blos das darauf gehende Gtreken ver M. und zwar fo,
daß 08 der Willführ der DT. überlaffen geblieben ift, ob fie für
oder gegen den Zweck Gottes haben fireken wollen und fireben
werden,
Die großen wie bie Heinen Weltbegebenheiten, die
Schickfale der Volker und Staaten, die Erhöhungen
oder die Erniedrigungen ganzer Nationen durch zu—
nehmende oder abnehmende Eultur und Aufklärung —
alles ift Gottes Veranfialtung. Ap. ©. 170 264. $jel.
45, 4:15; I Mof. 50, 20; Spr. 21, 15 Jer. 18, 6:9.
| V. 537
Vorſehung, (die goͤttliche — Arten der —)
S. Witting’s Handb. ꝛc. ır B. S. 43 f.: „die Vorſ. Gottes
bey Staatsrevolutionen,“ uͤb. Ev. am 2ten Adv.⸗Sonnt.
Sn Witting’s Handb. finder man faſt alle einzelne Beziehungen
der Borfehung, z. B. bey den gemeinſchaftl. Berbindd. der M.
1 2%. 2r Th. ©. 199 ff.; bey den Familienverbindd., 1 ®.
ie Ih. ©. 242 ff.; bey ven chelihen Verbindd., cbens. ©,
424 f.; bey der Verbind. gefaͤhrl. M. mit guten M. auf der
Erde ; bey d. ungleihen Austh. irrd. Guͤter; bey der Ungleich—
heit 5. Stände unter ven M., 1 8. ır Th. ©. 210 f.; bey
dem Gluͤckswechſel der Familien, 1 Bd. or Ih. ©. 228 f.;
bey d. Erhebung u. Erniedrigung der Samilien, 2 B, ar Th.
SS, 62 f.; key d. verſch. Austh. unferer Kräfte, ebend. ©.
124 f. um ı B. 2 Xb. ©. 380 f.; bey der Verſchiedenh.
— Geſchaͤfte, 2 B. ar Th. S. 127 ff.; bey den Freuden
des Lebens, I B. ar Th. ©. 189 f.; bey der Beförd, unſerer
Vollk. ı B. ar Th. S. 706. 77; bey dem menſchl. Lebensziel,
8, 18. äh Gi223 m fe wi
Es if alfo in der Welt kein eigentliher Zufall.
Nichts gefchieht nach einer blinden Rothwendigkeit.
Alles iſt ein weiſer und wohlangelegter Entwurf. Zu—
fall iſt nicht möglich. Für einen unendlichen Verſtand
kann fein Zufall ſeyn 9%), fuͤr die hoͤchſte Weisheit
dorf Fein Zufall ſeyn; der allergeringfte koͤnnte den
ganzen Entwurf derfelben zernichten. - Nichts von
allem, was gefchieht, iſt daher als Birfung eines
blinden Ungefaͤhrs J d. Art. Regierung
Gottes, III..2. c. 2r Sh. ©. 331.
Ya C. C. E. Schmidt Mrevigten, 1797. Br.
10: „die Wege der Vorſehung.“
m Unterfcheidungen in ber göttlihen Vor—
febung rten).
Wir M. pflegen diefe Unterſcheidungen zu machen.
Denn wir vermögen nicht viele Gegenſtaͤnde zugleich
deutlich in einem Gedanken sufemmen zu faiten. Wir
müffen daher unter dem, was eine naͤhere Beikhung
auf uns hat, u. uns deswegen wichtiger fcheint, u. dem,
was ung weniger angeht, und was wir daber unmwich-
tig nennen, unterſcheiden. Wer vieles zugleich faſſen
— Denn er überfgant ia die Zukunft, die Gegenwart und
die Vergangenheit mit einem Blide, mit dem hoͤchſten
Grad der Deutlihfeit bis auf Die verborgenften Trieb⸗
federn aller Ereigniſſe.
5383 V.
Vorſehung, die goͤttl. — Arten der — die allg. u. bef.)
- wollte, würde nichts gehsrig klar und beſtimmt faffen;
wer für alles forgen wollte, würde feinem binlänglich
helfen, fondern feine Kraft unnüß gerftreuen. Gottes
Sürforge ft eine und diefelbe, mir mögen ung dad
Ganze oder blog die M., oder bloß einzelne unter
den M. denken. Sicht in Gott, fondern blos in uns
— Erk. findet in dieſer Hinſi cht eine Verſchiedenheit
att
Man unterſcheidet die Borfehung
2) in die allgemeine W., oder Gottes” Vorforge
erftreift fich auf die ganze Welt und alle Gefchöpfe*).
Alles in der Welt, dag Größte wie dag Kleinfte, dag
Wichtigfte wie das Geringſte, das Kleinſte und Ges
ringite wie dag Wichtiafte und Groͤßte ift ein Gegen»
ftand der göttlichen Borfehbung, Pf. 145, 9; Ebr. 4
12. Der vollendetfie Engel, wie ber Fleinfte Wurm,
das leichtefte Stäubchen wie der groͤßte Weltkoͤrper
N fo zu ieder Zeit durch Gottes Willen, als er if.
Nichts ift von feiner Vorſorge ausgefchloffen.
2) Die befondere Borfehung Gottes, fofern fie
fich auf ung M. erfireckt, d. h. wir denfen ung die
vernünftigen Weſen als einen befondern Pal
der Aufmerkſamkeit und Fürforge Gottes, weil ſich
derfelbe an den vernünftigen Gefchopfen, die einer viel
größeren und edleren Vollk. und Glücdf. fähig find,
als vernunftlofe Wefen, näher ‚entdecft, oder man
fieht, daß es Gottes Zweck mit ihnen, die moͤglichſt
große Summe von Vollk. und Gluͤckſ. wirklich zu
machen, iſt. Gottes Weisheit hat alle und iede,
auch die allerkleinſten Theile und Begebenheiten
in der Welt in aller Folge der Zeit auf's deutlichſte
betrachtet, und in dieſem Sinn iſt ſeine Vorſehung
ſowohl über lebende als lebloſe Geſchoͤpfe eine be—
ſondere zu nennen. Aber wir M. haben ausnehmende
Vorzuͤge in unſerm Weſen und in unfern Naturkraͤften
zu einen hoͤhern Gluͤckſ. von Gott erhalten. Da wir
allein auf der Erde, durch) die Faͤhigk., Gott zu er-
fernen und zu verehren, in eine Gemeinfch. und Vers
*) Das ein Theil der Vorſehung auf die Gattungen, der
andere auf die Individuen gehe, iſt ein widerſprechender
Begriff.
V. 539
Vorſehung, (die goͤttliche, die beſonderſte — —)
bindung mit ihm geſetzt ſind: ſo muß auch die Ab—
ſicht auf unſer Wohl und folglich ſeine Guͤte fuͤr uns
bey dieſer Vorſehung ausnehmend u. in ſolchem Ver—
ſtande eine beſondere ſeyn. Wir M. bedürfen auch
mehrerer Güte zu unferm Wohl als die niedrigeren
Geſchoͤpfe. Gott bat nach feiner Güte von Anfang
an darauf Nückficht genommen, Den M. dag zu ges
währen, was ihre vernünftige Natur erfordert und
was ihre Bedürfniffe heiſchen. Nach diefer befondern
Borfehung kennt Gott alle unfere Abfichten, Handlun—
gen, Schwachheiten. Es werden alle unfere Berbins
dungen, Berandd. und Schickfale unferd Lebens von
feiner ewigen Weish. und Güte hiernach gewählt und
——
Vgl. J. C. Martini Predd. nach bibl. Grundſ.
170%, 0: * Nr. 2. 3. „von d. Allgemeinheit d. Vors
febung und v. d. befondern V. über die M.“
3) Die befonderjte göttliche Vorſehung, fo
fern man fich die goͤttl. Vorſeh. in Beziehung auf
dieienigen unter den M., welche gutgefinnt und Gott
gehorfam, oder rechtfchaffene Verehrer Gottes find,
denft. Gott leiter diefe Edleren unter den vernünftis
gen Wefen theils durch Vernunft und Gemiffen,
theils durch den ihnen verfchafften Unterricht, durch
alle die Umftft., worin er fie ſetzte, durch die Erweckun—
gen, Bepfpiele, Ermunterungen, Antriebe oder Wars
nungen, die er für fie veranftaltete, zur Anerkennung
feines heiligen Willens, als ihres Geſetzes, und er uns
terftüßt fie in dem Beftreben nach einer immer hoͤhern
-Bollfommenbeit im Gehorfam gegen denfelben. Diefe
find den M. vorzugsmweife Beweiſe feiner heiligen Fuͤr—
ſehung und, befeftigen ung in der Ueberzeugung,, daß
Gott alle feine vernünftigen Gefchöpfe zu einer immer
vollkommneren Tugend und Slückf. erziehen wolle, u
daß alle Hinderniffe des Guten und der Slüctligf,
und alle Uebel deg Lebens nur Erziehungsmittel find,
durch welche Gott die M., wenn fie nur thun, was
fie thun follen, zu einer ſtets ſich erhoͤhenden Vollk.
und Gluͤckſ. führe. Die M. find der göttlichen Auf:
ſicht beſonders würdig, und feines Troſtes und feiner
Hulfe vor allen andern empfänglich, Nom. 8, 28;
1 Mof. 15, 1; 1 Sam. 2, 9.
409 B.
Vorſehung, (die goͤttliche, die beſonderſte — —)
Dieſe beſonderſte Vorſ, zeige ſich 1) in der Bes
ſchuͤtzung der Frommen, IMof. ı5, 1. I Sam. 2,9*).
2) Dadurch), daß er fich der Nothleidenden annimmt,
Dr. 9, 19; a) der Armen und Geringen, insbefondere
ber Witwen und Wayſen, Pf. 9, ro. 13. 19; Spr.
22, 22. 23; Ef. 25, 45 Sy u u Gm 7;
35,16 — V Mof. 15 195- Pf or 6
Spr. 23, 10. 11; Syr. 35, 175 — b) aller derer, die
Gewalt und Unrecht leiden müffen, Bf 9, ch 102,
20. 21; 103, 6; Gyr. 35, 15-23.
Die befonderfie Vorſehung bloß auf die Chriften zu beziehen,
ift gar nicht anzunehmen, denn theils find die Fruchtbarkeit
der Erde, der wohlthätige Sonnenſchein, ter Reichth. ver Wa:
tur auch Wohlthaten, die Gott ven Nichrchriften zuflichen läßt.
Seine Liebe ift alluınfoffend, und in Nücficht ter Vernunft
haben fie, jo wie durch andere Gelegenhh., Mittel genug, ihe
Herz zu bitden, wozu auch ihr ſittl. Gefuͤhl dient, Nom. 2,
14. 15. Wie kann man annehmen, daß Gott vie fo fehr vies
Ien, weit ärger als die Heiden in der Welt Iebenden, Chriften
mehr verforge, mehr beichüse, mehr liebe, mehr ihnen wohls
thue? Sie machen fich deshalb feiner Wohlthaten unwuͤrdig,
weil ſie mehrere Mittel zur Erk., mehr Antriebe zur Tugend
haben.
Nun denke man, was 2 und ; Betrifft, deshalb ia
nicht, als ob Gott partheiiſch waͤre und eine beſon—
dere Vorliebe für die M., insbeſondere fuͤr die From—
men habe; man muß vielmehr dieß richtig ſo ſi ſich vor⸗
ſtellen: Gott hat die © Stüdfe tigfeit, die er jedem Ge—
fchöpfe zufließen läßt, nach ber Fähigkeit ausgetheilt,
welche iedes Geſchoͤpf vermoͤge feiner Natur zum Ge—
nuſſe beſitzt. Da ſich nun der Fromme und Tugend—
hafte immer faͤhiger macht, Gluͤckſeligk. anzunehmen,
fo hat ihm Gott auch die meiſte zugedacht und führe
ihn dazu. Da die M. auch mehr Gutes anzunehmen
im Stande find, als die unvernünftigen Thiere, fo er-
theilt Gott auch tenen mehr als diefen. Es iſt alſo
feine Vorliebe, fondern die weifefte Wertbeilung alles
Guten nach der Enmwfänglichkeit der Geſchöpfe. Ueber:
all richter fh Gottes Weisheit in Mittheilung feiner
— — — —— — m —— — — — — — — —
*) Eſ. 49, 15. 16. iſt Eos von der oöttl. Fuͤrſeh. für die
M. überhaupt die: Rede, a
ne :; 541
Vorfehung, (die götel,, natürliche und auferord. —)
Güter nach der Empfänglichkeit derer, melchen fie be-
ſtimmt find.
Die gottl. Sürfehung fann man als fo mannichfal-
tig fich denfen, als eg Grade der Empfänglichfere bey
den Geſchopfen geben kann, welche aber fih nicht an-
geben laſſen. - Bee] |
4) Die natürliche und ordentliche Fuͤrſehung,
oder Dieienige göttl. Surforge, Die Durch den ordent—
lichen Lauf der Natur und durch die ben Gefchepfen
mitgefheilten Kräfte und nach den gewöhnlichen Wir:
kungsgeſetzen derſelben fich wirkſam zeigt, oder fofern
fie nad) gewiffen feſtgeſetzten befländigen Regeln fich
aͤußert.
5) Die außerordentl. göttl. Fürfehung iſt die—
ienige, die, ob fie gleich auch nach Naturgeſetzen bans
delt, doch uns unmistelber auf fih aufmerkſam mad,
und in ung Gefühle hervorbringt, welche ung Keine
Gyefulation rauben fann. Sicher gehören wunder—
bare Lebengrettungen, Erhebungen niedriger, aber wuͤr—
diger, M. auf hohe Stufen der Macht, des Reich—
thums und der Ehre, feltene Verbindungen von Um—
ffänden, durch welche drohende Gefahren abgeweuder,
große Uebel gehoben und glüdlihe Veränderungen
berbeygeführt worden find, desgleichen wenn durch
Fuͤgungen, welche niemand vorher wiffen und Ienfen
fonnte, Entww. der Bosheit vernichtet werben, firafs
bare Verbrechen an's Licht kommen, das freche Koffer
feine Etrafe erhält, die unterdrücte Unfchuld dagegen
gerettet wird, wenn den verkannten Verdienſte Ge-
rechtigfeit widerfährt und die unterliegende Tugend
plögiich die Oberhand gewinnt und ſiegt. Diefe Ers
folge find dadurch außerordentlich, weil dabey Die
Umſtaͤnde oft auffallend find, meil die Verknuͤpfung
und das Zuſammentreffen der Umftft, oft unerflärfich
ifi, weil dabey feltfame DBerwickelungen und Auflöſun—
gen mit einander abwechfeln. Hieher gehört auch die
durch die geoffend. Mel. und durch ihre Lehren und
Vorſchriften und Gebräuche von den gewöhnlichen
Kräften der Gefchöpfe verfchiedene Neibe von Urs
fachen, die Gott gleichfalls zur menſchl. Wohlfehre
anwenden fann. Die geoffendb. Rel. wurde durch eine
außerordentliche. Beranfteliung Gottes in Die Reihe
542 V.
Vorſehung, (die götel., — ihre Eigenfchaften.) .
der gewöhnlichen Urfachen eingeruͤckt. Nur balten
dieſe Drittel, die nicht gewöhnlich find, eben fo wie der
Lauf der Natur ihre Drdnung und verurfachen Feine
in die Augen fallenden und v. d. allgem. Regel ab»
mweichenden Erfolge.
Die Bu nder haben aufgehört, daher kann ietzt nicht mehr von der
wundervollen göttl, Vorſehung im eigentlichen Sinn die Steve
feyn, Sottes Vorfehung ift allinächtig in ver Welt wirkſam,
aber mittelbar durch die Ihätigteit d. Natur und auch des M.,
als eines verfiändigern VBernunftwefens; f. Mitwirkung.
Die Natur ift aber ganz Gottes Wert, alles hängt von ihm
ab. Daher ift der Gedanke: Gott if der Urgrund von alleın,
was gefchieht, gar nicht unrichtig; vol. Reimarus a. a. O.
IXte Abh. 9. 135155 Ddderlein’s Rer..Unterr, Xp. VI.
©. 278:280 und ©. 274. und unten Wir, IV.
II. Eigenfchaften der goͤttl. Sürfehung und
worauf fie fich erftredt.
ı) Sie ift allgemein, fie erſtreckt fich aufs Ganze,
auf's Weltall. Sie iſt allgemein fowohl in Anfehung
der Gegenftände, mwelche fie umfaßt, als auch in Bes
treff des Erfolgs und der Werändd., welche ieden der>
felben betreffen. Gott Fennt nicht „blos alle Gefchöpfe,
die großen wie die Fleinen, Dieienigen, welche ung
wichtig, und die, welche ung unwichtig fcheinen, auf
das genauefte, fondern forget auch für alle Er ver-
nachläßigt Fein einziges feiner Gefchöpfe. Denn als,
was er erfchaffen bat, bedarf nicht nur dieſer Kür»
forge, fondern ift auch derfelben würdig. Deshalb
forgt auch Gott für iedes einzelne Gefchöpf, u.
folglich auch für dag kleine. Matth. 10, 29. Ihm
entgeht nichts unbemerft. Ihm, dem unendl. volff.
Wefen, war nicht3 zu Flein, nichts, ſelbſt das kleinſte
Wuͤrmchen nicht, unter ſeiner Wuͤrde, um demſelben
mit Allweisheit ſeinen Bau, ſ. Einrichtung, ſ. Triebe,
ſ. Lebenskraft, ſ. Leben und ſ. Dauer zu geben. Es
kann alſo auch nicht zu geringe fuͤr ihn ſeyn, ſich
fortgeſetzt um das Schickſal, um die Fortdauer des
Zuftandes eines ieden Geſchoͤpfs zu bekuͤmmern. Pf.
145, 15. 165 147, 9; Jon. 4, 6. II.
Alfo Gottes Borf. erfirecft fih auf das Ganze,
auf ganze Weltförper, ganze Gefchlechter u. f. w. fo,
daß alles in dem Laufe, in der Ordnung, in. der
V. 543
Borfeh., (die goͤttl. — erſtreckt fih auch aufs Einzelne.)
Schönheit, Proportion und Beftimmung bleibe, wie
es feit mehrern taufend Jahren war, aller Umwaͤlzun—
gen ungeachtet, welche feltenere Naturbegebenheiten
oder menfchl. Wilführ veranlaffen. Nichts feheint
mehr feine Regierung, u. f. we, f. d. Urt. Regier.
1. 2..€..:ce, 6323.
2) Sie erfiredt fid auch auf’s Einzelne und
Kleine, aufieden Theil des Ganzen, welche
Theile zufammen das Ganze ausmachen; auf jeden
einzelnen Weltkoͤrper, auf iedes einzelne Geſchoͤpf. Auch
die kleinſten und in unſerer Art nichts bedeutenden
oder unwichtigen Dinge und Veraͤndd., welche er
kennt, weiß er fuͤr's Ganze weiſe und guͤtig zu be—
nutzen; Matth. 10, 29. 30. Gott erhält nicht blog
den Umriß des Ganzen oder die großen Weltförper.
Es ift ihm nicht zu Elein, Ra für iedeg einzelne Ges
fchöpf befonders zu forgen, d. h. «8 ‚u befhüsen u.
ihm alles zu feinem befondern Glüde Noͤthige zu ges
ben. Er wählte nicht blogs die Geſchlechter, gab nicht
blos iedem feine Natur und beſtimmte nicht ein für
allemal die Gefege, nach welchen fie fortwa hren ſollen,
ſondern auch fuͤr iedes einzelne, auch fuͤr das geringſte
Geſchoͤpf eines Geſchlechts und einer Gattung ſorgt
und iede, auch die Eleinfte der Berändd. des Gefchepfs
leitet er.
Hol. Greiling’ 8 neue praft. Materialien zu Gan-
geloorträgen, ı D. 28 Heft, Nr. 16: „auch Kleinig-
keiten fiehen unter der gotil. Fuͤrſehung.“
Gottes Sürfehung waltet daher auch über ieden
einzelnen Menfchen, Matth. 6, 305 10, 30. 31.
Kemer ift fich felbit ganz überlaffen. Gott wacht über
den M. noch ehe er geboren ift, bey f. Geburt, waͤh—
ver d f. ganzen Lebens, befonders über den Srommen,
beſtimmt dag Zıel feiner Kebenstage; ſ. d. Art. Re—
sierung Öotteg, 1. 2. c. aa. 2r Th. ©. 320. 21.
Der M. ift Fein Ball, mit welchem die Umſtſt. fpielen
fonnen, wie fie wollen. Ale unfere Schigffale leitet
Gott. Sein Plan ift, uns moͤglichſt glücklich zu ma—
den. Ohne Gottes Willen faun ung nichts,
auch nicht das geringfie Boͤſe begegnen; iede
Traurigk. ſoll und wird ſich uͤber lang oder kurz in
Freude verwandeln. Gottes Kraft — ſein allguͤtiger
544 V. | — |
Borfeh., (die goͤttl. — geht aufs Einzelne, fie ift guͤtig.)
Wille außert ih auch an iedem M. IR in iedem Augen—
blick feines Dafeyns. Daß wir ernährt werden, daß
die Mittel zu unferer Erhaltung immer vorhanden
find, daß die einmal dem M. gegebene Einrichtung
der menſchl. Natur keine Ausnahmen braucht, iſt die
Wirkung des weiſeſten goͤttl. Willens. Keinem M.
begegnet etwas ohne Gottes Willen und Zulaſſung.
Von dem, was Dr. begegnet iſt, iſt nichts für Gott
unerwartetes. Er weiß die grimmigfte Bosheit — u.
die geheimften Anfchläge der M. zum Voraus, macht
weife Einrichtungen ‚dagegen und wenn der Bofewicht
glaubt, ietzt ſey es ihm gelungen, fo werden alle feine
Entwm. zu Waſſer, und er falle ſelbſt in die, Andern
gearabene, Grube. Ja, auch dasienige Unglück, was
fi) die M. felbft zugesogen haben, ſteht unter Gottes
Fuͤrſehung. Ihre Fehler und Verirrungen lenkt Gott
nach ſeinem Entwurf. Wir gleichen dem auf ſ. Reiſe
Irregegangenen, der durch einen der Wege kundigen
M. wieder zuruͤckgefuͤhrt wird, und fo — wiewohl
ſpaͤter, an den Ort ſ. Beſtimmung koͤmmt. Unſere
Verirr. und ra sieben ung Leiden zu. Dutch diefe
laßt Gott uns unfere Pflichten deutlicher. erkennen,
unfere Vernunft beffer gebrauchen und an unferer
Verbeſſerung arbeiten.
3) Gottes Vorf. if hoͤchſt sütig. Es will Gott
nicht blos die Vollk. und das Wohl aller Geſchoͤpfe,
fo meit und wie es ihrer Natur zukommt, fondern
auch die moͤglichſte größte Glücfeligk. wird ihnen zu
Theil, Df. 10% 24. ‚Nur ift die Glädf. nad) der
Befchaffenheit der Gegenfiände verfchieden. Bey den
unvernünftigen Geſchoͤpfen geht ſie auf die Befried.
förperl. Triebe und Beduͤrfniſſe, bey ſinnl. vernünfti-
gen Wefen aber auf Förperl. und geifliges Wohlfeyn.
Dazu traf Gott alle Anſtalten, dazu * er in der
Natur des M. alle Einrichfungen. Dazu verlich er
alle Mittel. : Nur müffen fih die M. ienen nicht wi-
derfegen, und diefe freu gebrauchen. Scheint e8 ung
oft, ale wenn unfere Gluͤckſeligk. nicht in einer Welt,
wie die Erdenwelt ift, mit dem Gehorfan gegen Gott
und der Pflichtentreue beſtehen koͤnne: fo irren wir ung
‚doch und fchliegen mit Unrecht von der gegentwärtigen
Mühe, Sorge, Aufopferung u. f. w., die wir auf dem
Wege
en V. na
Borfehung, (die goͤttl. — ift gütig und meife.)
Wege der Pflichten ung gefallen laſſen muͤſſen, auf
einen Verluſt unferer ganzen Gluͤckſ. in ver. unendl.
Däuer unfers Daſeyns. Go gewiß als Gott allguͤ—
tig ift, fo gewiß macht ung Tugeuduübung zur volis
fommenften für ung unerreichbaren Gluͤckſeligkeit faͤhig.
Aus iedem Uebel, welches ung bey der Uebung unfes
rer Pflichten begegnet, entwickelt ſich, gebrauchen wir
jel
es nur recht, größere Vollk. und Gluͤckſeligkeit. Wol⸗
len wir nach einem noch fo lieblichen Dit, fo haben
J
—
wir nicht immer einen ſchonen und liebl. Weg, oft
°
ee EINE
müffen wie durch tiefen Sand, bald über fteife Berge,
bald durch enge Wege, bald durch ſumpfichte Gegen-
den. Ohne diefe zuruͤckzulegen, kommen wir nicht zu
dem aeliebien Ort. So iſt es mit ber Kebengreife.
She Ende wird eg ung darſtellen, wie weile — wie |
gütig Gott ung geführt bat. | |
4) Gottes Fuͤrſehung iſt hoͤchſt weiſe, Bf.1og,
24. Sie hat ſtets den beſten Endzweck und waͤhlt
und gebraucht untruͤglich die beſten Mittel, um dieſen
Zweck zu erreichen. Dieſer Endzweck kann nicht in
der leblofen Schoͤpfung, die offendar nur zum Wohl
ber Lebendigen eingerichtet ifl, biegen. Es iſt derſelbe
bey den vernünftigen Erbbewohnern zu fuchen, und
diefer Zweck ift die forfgehende Ausbildung ihres Gei—
ſtes und ihres Herzens und die ihrer Natur u. Auges
bildung angemeßne Gluͤckſeligkeit. Alle Geifter, aber
auch die Di. oder die niedrigeren unter denfelben fols
Ien an Kenntniſſen und Herzensgüte immer vollkomm—
ner und immer fo südlich werden, als es der Stufe
ihrer Durch freye Anwendung ihrer Kräfte erworbenen
Wuͤrdigk. gemäß if. Dazu gab ung Gott die ange- d
meſſenſten Mittel. Er flartefe uns mir Verſtand und
Willensfreibeit aus, er gab ung Anlaͤſſe und Mittel
zur Ausbild. der Einfiht und der Sittlichkeit. Er
gab uns Licht und Kraft, die Wahrh. zu finden und
die Tug. zu üben. Gott richtere Die ganze Natur fo
ein, und ordnete fo den Lauf der Dinge, daß der WR,
wenn er will, dadurch weite, edel und glücklich wer—
den kann. In der Art, wie Soft alles regiert und
zur Erreichung feineg Endzweckes mit einander ver.
bindet, zeigt fich eben fo Gottes Weish.; fiche davon
unten. Stets erreihe Sort feinen Endzweck. Denn
Chriſtl. Gt. Lehref.d. Canzelgebr. 3 Th. | Sam
5 46 DB.
Vorſeh. (d. goͤttl. —iſt allweiſe, gerecht u. oft unerforſchl.
er kann niemals in der Wahl des Beſten irren, und
nichts kann ſeinen Willen hindern. In der Verthei⸗
lung der Wohlthaten und Guͤter zeigt ſich auch die
Weish. der aötel. Fuͤrſehung. Sie gibt edem Geſchopf
ſo viel davon, als es feiner Natur nach faſſen Fann,
als es derſelben empfänglich iſt, und nad) f. Verbin⸗
dung mit andern der goͤttl. Sürfehung eben fo würs
digen und bedürftigen Sefchspfen erlangen fann, und
als ihm wirklich zu f. Bildung gut if. Denn Gote
handelt nie willfabelieh, nie nach Eigenfinn, nie cheilt
er f. Gaben nach pertheiifcher Vorliebe aus. Er thut
ihnen Gutes, fo weit fie es ihrer Natur und ihrem
Werthe nach verdienen. Er uͤberſieht keins von ihnen.
Er gi bt iedem, was es bedarf, was ihm nüßt, was
feiner Wohlfahrt im Ganzen angemeffen if. Da, wo
er entzieht oder verfage, handele er auch nach Weis—
heit und Güte Nur fehen wir dag nicht allemal
oder nicht fogleich ein.
Gottes Furfehung muß allweife feyn, denn Gott
hat den hoͤchſten Verſtand, den erleuchtetften und beften
Willen, und befigt eine ganz uneingefchränfte Macht.
Ein ſolches Wefen Fann nady der innern Vortrefflich-
keit feiner Natur feine anderen Zwecke als folche waͤh—
len, die zur Vollk. der Erſchaffenen und zu derſelben
Erhaltung dienen, und e8 wird feine übrigen Zwecke
fo zufammen zu ordnen wiſſen, daß dadurch ırgend
ein Hauptzweck erreicht wird. |
5) Gottes —— iſt vollkommen gerecht,
Pſ. 145, 17. Offenb. 15, 3. Sie gibt iedem die fräf-
tigften Antriebe, Recht zu thun und Unrecht zu ver—
meiden. Denn Goft Fann nur am Rechtthun Gefals
len haben. Handelt der M. unrecht und bofe: fo
kann die Schuld nicht an den Umftänden liegen, fon-
dern fie liegt blog am M. Sin denfelben Umſiſt. fände
ein guter M. Ermunterungen zu deflo größerem Ei.
fer im Guten, wo der bofe Reizungen zum Boͤſen
findet.
6) Nothwendig iſt ung kurzſichtigen Menſchen Öot-
tes Fuͤrſehung größtentheilg unerforſch⸗
lich. Die Wege der Vorſehung find ung oft unbe—
greiflid, Kom. 11, 33; Ef. 45, 15. Wir vermögen
oft nicht einzufehen, warum dieſes ober ienes geichieht,
⸗
V. | 547
Vorfehung, (die goͤttl. — iſt oft unerforfchlich.)
x
diefe oder iene Veraͤndd. erfolgen, hier namenloſes
Elend und dort Gluͤck ohne Maaß gehaͤuft iſt, der
Unnuͤtze lange lebe, der Brauchbare und Gefchiefte in
feiner Blüte dahinwelft, die Anfchläge der Boͤſen oft
gelingen, und dagegen die Unternehmungen der Guten
Dft unerwartet fcheitern. Allein man muß fich daran
halten, daß doch die Weisheit und Güte des Schoͤ—
pfers in der Hervorbringung und Einricht. der Welt
und aller ihrer Gefchöpfe unverkennbar ift, und daß
fie auch aus dem, was gewöhnlich zu gefchehen pflegt,
unwiderſtehlich hervorleuchtet. Daraus, daß wir
ſehen, wie Gott überall hoͤchſt weiſe und hoͤchſt gütig
handelt, koͤnnen wir ſchließen, daß er auch den
Faͤllen ſo handeln werde, wo ung die lirfachen feines
Verhaltens nicht in die Augen leuchten. Wie oft
haben mir etwas wegen bei nächiten mif etwas vers
bundenen Bortheile für gut gehalten, wovon wır in
der Zufunft das Nachtheilige defjelben wehrnehmen!
Wie oft befeufzen mwir etwas als ein Unglüd, wag
Doch hernach ein Grund unferes Glückes ward! Wir
- Fonnen nur einen Eleineh Theil der Welt, nur die
nächfien Urfachen und Erfolge der Begebenhh. übers
fehen, aber wir vermögen nicht das Ganze — die
Verkettung aller diefer Ereigniffe, die Verbindung mit
dem Endbzwecke der Gottheit und die fpäter einfretende
Wirkfamfeit gegenwärtiger Uebel zu einer groͤßern
Wohlfahrt zu faffen. Koͤnnen wir gleich nicht Gott
bey diefen zweckwidrig ſcheinenden Verhaͤngniſſen voll—
ſtaͤndig rechtfertigen, ſo duͤrfen wir uns doch nicht er—
kuͤhnen, fie anzuklagen. Man muß vielmehr glau—
ben und vertrauen, und dieß um fo mehr, da die
Gegenwart mit der Zukunft genau zufammenhäugt,
da unfer Erdenleben kurz und verganglich iſt, das
fünftige aber ewig währt, da Leiden zu unſerer Uebung
unentbehrlich find, und iedes Keiden, welches dag Zus
nehmen unferer Erf. und Zug. be fördert, von dem
Allgerechten eine angemefßne Belohnung erhalten wird;
die Stellen Hiob 36, 22; Bf. 73, 165 Nom. ıı, 23
Ba BED. 3 115 9% 175 Ihr 55,257,25 €f..350° 8.
beftätigen diefeg. Diefe Unbegreiflichk. der goͤttl. Vor⸗
ſehung iſt auch deshalb natürlich, weil wir in der Res
gierung der M. vieles raͤthſelhaft finden. — viel⸗
Mm 2
,
548 | U,
Borfefung, (die goͤttl. — wodurch beweißt fie id
mehr in der großen Haushaltung der Wele. Man
werde daher bey einzelnen — uns unerklaͤrbaren Faͤl⸗
len nicht irre an der Reg. Gottes. Man werde auch
nicht dabey bange, denn ſelbſt die für ung unbegreif
lichen Abſichten umd Schickſale find gewiß feiner
Weish. und Güte gemäß und mgeden einft gewiß zur
Erhoh. unferer Bolt, Sittli fr. und Glückfeligfeit
ihre Wirkfamf. aufern. Des, was ung bier uner
forfchlich war, wird die Zukunft anffläaren. Das bier
Dunkle wird dort aufgehellt werden. Man erwarte
die Zuk. froh und finde darin feinen Troſt, wenn wir
ihn ont nirgends finden fonnen. In der Leberz.,
daß Gott alles — machen, alles zur Verherrlichung
ſeiner Weish. u. Guͤte und zur Vollendung des End—
zwecks aller feiner vernünftigen Geſchoͤpfe Hinleiten
werde, vertraue man Gott, Einiges Fonnen wir ies
doch von Gottes Abfichten entdecken. Denn die Vers
nunft und die h. Schrift belehren ung binlanglich
über die von Gott bey den M. fich vorgefeßten Zwecke.
Es kann Niemanden, welcher auf ihre Belehrungen
achtet, unbefannt bleiben, was er, um feine Beſtim⸗
mung zu erreichen, zu thun oder zu laſſen hat. —
Vgl. R. — s Betrachtt. bey der Trennung dv.
d. Unfrigen. Dortm. 1802. ©. 454 ff. —
S. unten IV.
IV. Wodurch beweißt fich die göttliche Vors
febung wirffam?
i) Richt durch Wunder, f. oben Regierung
Gottes, I. 1. ar Th. ©. 325. Gott fann freilich
nach feiner Alm. W. thun, aber eg ift unficher, in
einzelnen Faͤllen ihre Wirklichk. zu behanpten. Sehr
felten hat Gott 28. gethan. Er überläßt die Natur
ihren Gefeßen u. er lenkt die natuͤrl. Dinge zu einem
herrlichen Zwece und Wirkung. Der M. würde fich
felbft taͤuſchen, wenn er an eine befondere iedesmalige
| Einwirkung der Vorſ. in feine oder Anderer
Schiff. glauben wollte. Man darf nicht überall
Gottes Finger bemerken wollen. Wie darf der M.,
. dem Gott die Vernunft zur Prüfung und Wahl des
Beſſern gab, fi) auf eine fo thörichte Ark einbilden,
DaB Gott iedesmal unmittelbar fih für ihn verwen:
‚ben folle?! Es fehle auch -an einem ausgemacht
549
Borfehung, (die goͤttl. — wie und wodurch wirft fie?)
fihern — untrügl. Kennzeichen, wodurch man folche
vermeinfe auperordentliche Winke und Eintritte der
Borf. von den Laufchenden Borfpiegelungen der Ein-
bildungsfraft und der Feidenfch. von bloßen Launen
‚und Zufallen unterfcheiden koͤnnte.
Das, was man in der Vorzeit glaubte, wie Gott alle großen Natur—
begebenheiten unmittelbar bewirfte, daB er z. B. bey einem
Erdbeben ſeibſt die Säulen der Erde bewegte u. f. f. das, was
man ihn hernach durch mächtige Geifter thun ließ, muͤſſen wir
den Naturkraͤften beylegen, durch die Gott alles mittel⸗
bar bewirkt. Man kaun daher bey ver Erkenntniß, daB alles
nach dem Laufe der Natur erfolgt, Gottes Vorſehung nicht
uͤberſehen, ſ. Niemeyer’3 pop, m. pr, Theol. 4te U. 5. 56.
—23.
2) Mittelbar, oder Gott bedient ſich zur Erreichung
aller ſeiner Abſichten und auch da, wo wir ſie nicht
erkennen, ſondern vermuthen müſſen, gewiſſer Mittel—
urſachen. Durch fie leitet er bie Naturkraͤfte und
gibt ihnen eine gewiſſe Richtung zu ſ. Zwecken. Er
weiſet den natuͤrlichen Urſachen nur ii Zeit, Dr£ u.
die übrigen Umſtſt. an, und dann geſchiehe t alles, was
ſeine weiſe Allguͤte will, blos durch natuͤrl. Veranl.
und Mittel. Er hat die erſte Einrichtung der
Dinge nicht fo inboff. gemacht, daß er von Zeit zu
zeit die darin entftehenden Mangel und Unsrönungen
erfegen, und wie ein M. aus Mangel an Einficht und
Gerchicklicht. nachbeſſern müßte. Er fah alles vor
aus, was aus ihrer Einrichtung in der Zufunft Nach—
theiliges entftehen wird, hat aber auch die Gegenmittel
angeordnet und eingewebt, die den Schaden aufheben
und die Fortdauer des" Ganzen erhalten. jedem ein—
fretenden Uebel find von Ewigk. her Grenzen, allen
zerſtoͤrenden Wirkungen in der Natur ein nicht zu
uͤberſchreitendes — gerät, und den Zerräffungen des
Körpers durch die Heilkraͤfte der Piianzgen und Mine—
ralien Ge— genmitfel angemwiefen. Welche Weisheit!
Weiche Güte! Bey ung Menhen wirft Gott auch
durch Vorſtellungen, Belehrungen, Warnungen, Ver—
bindungen mit Andern u. ſ. w., um durch Nachden-—
fen und Aufmerkſ. auf Erf. d. W. und Ausübung
des Guten zu gelangen. Die fchrecklichen Verwuͤſtun⸗
gen des Laſters muͤſſen demſelben, wenn es ſeine gewiſſe
550 V.
Vorſehung, (die goͤttl. — wie u. wodurch aͤußert fie ſich ?)
Hoͤhe erreicht hat, am Ende auch Graͤnzen ſetzen und
zur Tug. zuruͤckfuͤhren. Gott erweckt uns alſo mittel—
bar zum Gebrauch unſerer Vernunft, um die Kraͤfte
der Dinge, und die Mittel zu unſerer Wohlfahrt ken—
nen, um das Schädliche fliehn zu fernen, um gefähtl.
Anſchlaͤge zu unterlaffen u. f. w. Gott bleibt bey
dieſer einmal feftgefegten Hebung der Natur und
Anwend. der Mittelurfachen eben fo groß, als durch)
feine unmittelbare Wirkungen.
3) Es laͤßt fih nicht von ung die Art und Weife
angeben, wie die Naturkraͤfte, wodurch Gott
alles bewirkt, noch unaufhoͤrlich fortwaͤhren u. forte .
wirfen, oder — mie er es macht, daß er ihre Fort—
dauer bewirkt, und wie er dieſelben 2, — und nicht
anders leitet, oder — mie er in die Veränderungen
der Natur einwirft, wie er fie durch f. allmächtigen
Willen erhält und regiert. Diefe Leitung geht oft
in's Wunderbare, und iſt uns eben ſo wenig bekannt,
als wir die Zwecke beſtimmen konnen, welche fein höch—
fter Rathſchluß erreichen will. Wir Fonnen nur die
nächften Umſtaͤnde, die etwas beranlaßten, fehen, obne
anzugeben, was diefe veranlaßt hat. Wenn die ent—
gegengefegten Staturfräfte zu Mmirfen anfangen, die
Wirkſamkeit der erſtern unterbrechen, oder ihnen eine
andere Richtung geben, ſo ſehen wir erſt das nicht
ein; erſt ſcheint es uns, als traͤte die ungeheuerſte
eeere—— ein, am Ende aber geht ſie in die voll—
Fommenjte Drdnung über. Aus fich fanı aber die
Natur allein dag nicht. Bey der Leitung der
menfchl. Shidfale find ung verborgen a) Gottes
Anfichten. Gelbft dann errathen wir fie, fo groß —
fo erhaben fie auch find, nicht, wenn fchon alles zu
ihrer Erreichung zubereitet ift; b) die Mittel, durd)
welche Gott feine Zwecke erreicht, find ung unbefannt.
Dft tragen die zur Erreichung derfelben bey, die den-
felben entgegen arbeiten wollen. . Man erffaunt am
Ende über den Erfolg unbeveutender Mittel und fol-
cher Leitungen. Man darf deshalb nie über Gottes
Vorſehung aus einzelnen Erfahrungen vom Verbor—
genen in den menfchlichen Schiff. aburtheilen. Denn
dazu müßte men den Entwurf v. der ganzen Schepf.
und Weltreg, überfehen. Wer kann das? Man muß
Vorſehung, (die goͤttl. — Vorz.d. Belehrr. Jeſu v. deif. )
Gottes Wege verehren, mit ihnen zufrieden ſeyn, und
ſeiner Leitung folgen, denn ſie ſind — wenn gleich
erborgen, dennoch gut. Gott iſt ia weiſe und alllie⸗
end. Haben uns nicht die verfloßnen Zeiten und die
tägl. Erfahrung genug gezeigt, daß die erfi dem M.
unerklarbaren goͤttl. Führungen der M. am Ende den
herrlichſten Erfolg hatten?! —
V. Jeſu große Verdienfte um die Le hre v. dd.
göttl. Vorſehung, zur Erleichterung le
rer Einfidhe 8. d. GöttlihEf. Send. u. Lehre.
Das a. Teft. enthält zwar fchene — aͤber
die goͤttl. Weltregierung und V., z. B. I Mof. 5o,
20; Hiob— 10, 11 f.; Pf. 104, 29 5; ; 139, 6; €. 43,
8 [2 yet. 10, 23 f.; Amios' 3, 6; ©pr. 16, 335 Pre:
9, 11 ff.; u. einzelne rührende Aeußerungen vom feſten
| Bertrauen auf Gottes Hulfe, Pſ. 27, 15 73, 23 ff.;
91, 1 f. Allein a) es fennt Feine allgemeine Vor—
fehung, fondern ſie wird ſo vorgeſtellt, als bezoͤge ſie
ſich blos uͤber die Juden, (Pſ. 44.) und auf einzelne
— vorzuͤglich durch Gott weiſe und guͤtig geleitete
Perfonen, 5. ©. des Abrahams, Joſephs, Da-
pids uam Man fähe Gott als ben befondern
Schutzgott der Juden an. Dagegen Ichrte Jeſus und
f. Ap., daß Gott aller M. Regent, aller M. Vater
fy. Sie erklärten die geiftige Veredelung als den
vorzüglichen: Theil feiner Borfehung.
Beydes ſetzt Hr: Gierig in d. angef. Schrift ©, 1053113 aut
aus einander, woſelbſt auch Matth. 6, 25734. ©. 106 f. ers
klärt wird.
b) Im a. Teft. wird bie Fuͤrſchung Gottes mehr von
Sottes Allmacht, im n. Teſt. aber von Gottes Güte,
Weisheit und vom Gebrauch der natürl. Mittel abge-
eitef. Jeſus verweift blos auf die Naturkraͤfte, die
Gott erhalte und durch welche er alles bewirfe, z. B.
darc. 4, 23. d. 5. die Erde bringt ohne Mitwirkung
anderer Kräfte ald die vom Schöpfer erhaltenen, Gras,
dann 2c. hervor. Wie es mit dem Weißen ift: fo ift
e8 mit dem Gewitter, Erdbeben und mit allem. Alle
fängt erft Flein an, entwickelt ſich und reift durch) die
Naturkraͤfte. |
e) Jeſu unterricht über sc. ift deutlichet, be ſtimmter u.
552 | Be
Borfehung, (die goͤttl. — Beweiſe fuͤr die none,
mit mehr Waͤrme vorgetragen. Man leſe Matth. 5,
455 6, 26. Nach ihm Ienfe fie den Lauf der Dinge
fd, daß dag äußere ——— dem Frommen von
ſelbſt zufallen muß, Matth. 6, 33. Er zeigte an ſei—
nem Benehmen, wie mwohlthätig diefer Glaube an :ıc.
wirke, denn er hatte deshalb Muth zu d. mwichtigften
Unter nehmungen, Joh. 1, 52. hatte die höchfte Zuver-
kat, Natth. 12, 39 f. war getroft in Eeiden und im
Tode, Matth. 26, 39; Puc. 23, 46. Die Up. hatten
| — Ueberzeugung, Ap ©. 17, 26-28. und Baftejbr
Rei kratietl Kom. 8, 28 f.; I Betr. 5, 7
Bel. Staͤudlin Dogm. und Dogmengefih, 1:0,
401 >» 403.
Um die Lehre von der Alles umfaffensen, weifen — wohlth. Vorſ.
Sottes Kindern recht anichaulich Yorzutragen, fange man wit
dem Bilde eines errichteten ausgebauten Haufes an, welches,
falls Niemand auf daffelbe ſieht 2c., nad und nach fo verfällt,
daß es in einander fiützt. Desaleihen mit ver Vergleichung
mit einem weifen und guten Hausvater, welcher nicht blos
nach Eugen Regeln ſeine Haushaltung führt, fondern durch
f. immer fortgeſetzte Aufſicht den beſten Fortgang verfelben bes
wirkt. Fürsten, fage man, geben nicht blogs ihren Laͤndern rine
gute Verfafiung, fondern fie regieren felbft, feben darauf, ob
ihre Einvichtungen befolgt werden 2c., und dadurch erhalten fie -»
die Wohlf. ihres Staats. Wie lange Dat fihon die Welt ges
ftanden! Immer wurde fie erhalten, Laͤßt ſich das wohl obne
immerwährende Aufficht und Lenkung denken? Iſt e8 mit ders
felben wohl wie mit einem Haufe, das der Baimeifter, fobaid
eö ferrig it, verisßt, ohne fih weiter darum zu befiimmern ?
Kann ih wohl Sort von ihr trennen? Iſt Gott ie ganz fer-
tig? Kann der unend!, Verf te untbätig feyn? Iſt er nicht
enge mit dem Weltall verbunden? Wiles, was ift, dauert in
iedem A—blick durch Gott fort, beftebt fort, if noch) fo, wie es
im erfien A—blick f. Dafeyns durch Gott ward,
VI. Beweiſe für die Lehre vond. Borfehung
Gottee.
A. Ueberhaupt für Diefelbe, (für die allgem.
Vorſehung.) |
Bol. Neimar a. a. D. Ste Abh. $. 1:8,, Sorerianerung 6.173;
Sieriga,. u D. © 27 f. 39 f-
Man Fann nicht die Vorf. G. läugnen, ‚ohne dag
Dafeyn Gottes zu laͤugnen. Eben die Gründe, die
ung nöthigen, einen weifen und guͤtigen Weltfchöpfer
V. | 553
Vorſehung, (die göttl. — Berveife für dieſelbe.)
anzunehmen, zwingen uns auch zum Glauben an d.
goͤttl. Vorſehung. Sie folgt
T) aus den EB da nen Gottes — aus. fi =
Allwiſſenh, Allweisheit, Allgüte und Almmacht. Man
‚müßte bie ganze an (das Weſen) Gottes laͤugnen,
er
wenn man feine B. annaͤhme.
a) Die Hllwiffend. ©. iſt ein Zeuge für f. Vorf.,
Ef. 40, 28. Welches Geſchoͤpf — N Sache follte
Gott perborgen feyn? Was — ie geſchehen, was
er nicht wuͤßte? Kann wohl e ti gefhchen, was
Gott nicht vorher geſehen und ee hätte? Er
welcher dem Adler feinen ſcharfen Blick ſchenkte, wo—
mit er der Sonne zueilt und von da herab die Gegen:
fände der Erde wahrnimmt; der unserer Seele bie
Sabiaf. gab, zu denken, zu beobachten, der Wahrheit
nachzuſpuͤren und das Unbelannte und Verborgene in
der Natur zum Theil aufzudecken — ſollte ſelbſt nicht
ſehen koͤnnen, was in ſ. Reiche vorgeht? Sollte nicht
tiefer eindringen in die Natur der Dinge, in die Ur—
ſachen und ihre Wirkungen, als wir mit unſern blo—
den Blicken vermsgen? Sollte nicht alles, was ſeine
Allmacht erfchaffen hat, uͤberſehen und durchſchauen
koͤnnen? Setzte das nicht voraus, daß Gott erſt dann
die Dinge erkennte, wenn ſie wirklich waͤren; daß er,
um das Wirkliche zu erkennen, muͤhſam auf d eſelbe n
achten muͤßte? Allein Gottes Wiſſen hängt nicht von
d. Wirklichkeit der Dinge, fondern diefe haͤngt von
jenem und ven feinem Gutbefn den ab. Nichts if,
ſelbſt nichts ifE einmal moglich, was er nicht vorher
gedacht und gewußt Hat. Wollte er der Natur un-
veränderlich richtige Gefege geben, fo mußte er dag
Weſen der Dinge und alle mögliche, alfo auch die zus
fälligen Abaͤnderungen derſelben kennen. Alles Er—
ſchaffene zeugt von feinen ı unendlichen ——
b) Aus ſeiner eishe it. Iſt es wohl möglich zu
denfen, daß ein unendliches weiſes Weſen De Melt
ohne Abficht Sefchafen oder fie folchen Zufaͤllen und
Veraͤnderungen überlaffen babe, — die Erreichung
ſolcher Abſichten — machen? Die Einric —
der Welt ſtellt es dar, daß Gott bey der Weltſe hö
pfung einen Hauptzweck hat te. So lange. Gef —
da find, durch welche der ſelbe erreiche werden kann,
554 247
Vorſehung, (die goͤttl. — Beweiſe für diefelbe.) _
muß diefer Zweck erreicht werden. Es muß alfo Goft
‚die vernünftigen Geſchoͤpfe, die Kräfte und die Der-
bindungen derfelben erreichen, erhalten, und die freien
Handl. der Gefchspfe fo regieren, daß fie feinen grofs
fen Entwurf nicht Hindern, nicht zerſtören, fondern
befördern. Er wird diefen Endzweck nicht aufgeben,
fondern alles fo eingerichtet haben, daß derfelbe und
alle f. Zwecke von Zeit zu Zeit erfüllt werden müffen.
Aus den unzählichen Proben der Zweckmaͤßigk. der
Natureinrichtungen, aus dem Vorhandenfeyn fo vieler
Mittel zur Ausbildung der Anlagen, die wir in un—
frer eignen ratur bemerken, und melde alle auf
Vervollkommnung und Gluͤckſ. hinwirken, kann man
ſchließen, daß ein allg. höchſt weiſer Weltplan vor—
handen iſt, und daß alles zu ſeiner Ausf. hinarbeitet.
Die von ung zu beobachtenden abſichtvollen Einrichtun—
gen der Natur zeigen uns bald, daß das alles nicht
von Ungefähr fo iſt. Ein regellofer Zufall, ein blindes
Geſchick kann und wird nichts auf eine fo vernünftige
Art einrichten. | | —
c) Als der Allguͤtige kann Gott unmoͤglich die mit
Empfindung begabten Wefen allen Zufällen überlaffen.
Es fehle ihm nicht am guten Willen, das Wohl aller
f. Gefchöpfe durch feine Aufſicht u. f. f. zu beforgen.
Er wird alfo gewiß allen den Anftalten, die zum Be—
ften feiner Gefchöpfe, der blos empfindenden und der
vernünftigen, gemacht find, SFeftigfeit und Dauer ge—
ben, und die Gegenftände feiner Gute nicht untergehen
offen. | |
d) Aus feiner Allmacht folgt ed, daß eine göftliche
Fuͤrſ. iſt. Sie ift aus der Weltfchspfung unverfenns
bar. Dasienige Wefen, welches hervorbringen Fonnte,
was nicht da war, welches geiftige, fittliche und koͤr—
perliche Kräfte in die Naturen legen, den Körpern
Schwere, den lebendigen Körpern Bildungsfraft, den
Geiſtern Verſtand und Willen zu geben vermochte,
wird gewiß das Vermögen befigen, ihnen dieß alles
zu erhalten. Wer muß nicht erfiaunen, wenn man
vom kleinſten Wuͤrmchen, in welchem ſchon eine alle
Sinne der M. uͤberſteigende Kunſt vereinigt iſt, auf
der Stufenleiter der Geſchopfe hinaufſteigt, ſich im
Geiſt bis zu der Sonne — zu den Sternen erhebt,
| V. | 555
orfehung ‚ (die göttl. — DBeweife für diefelbe.)
und dann auf fich, feinen Funfivollen Leibesbau, auf
die Kraͤfte der Seele herabſieht? Wie groß erſcheint
uns dann der Schopfer! Dann iſt folgender Schluß
gerecht: der Unendl., weicher dem rufen konnte, was
noch nicht mar, daß es werde, ber Sonne — Sterns,
die ganze Erve, alle — nicht zu zählende Geſchoͤpfe
auf derfelben, unfere Stammeltern erfchaffen konnte,
muß auch Aufſeher, Erh. und Reg. der Welt
ſeyn. Er muß alles Erſchaffene genau kennen, alle
Veraͤndd. nach ſ. weiſen Rath lenken und nichts darf
ohne ſeinen Willen geſchehen. Wenn ihm die Her—
vorbringung aller D. möglich war, muß
ibm auch die Regierung und ſtets fo rt ge—
hende Aufſicht uͤber dieſelben eben ſo moͤg—
lich feyn Denn feine Allmacht iſt unbegraͤnzt.
Gott als der Unendl. ſchreitet auch nicht vom Wol—
len bis zum Koͤnnen fort. Beides iſt bey ihm eins.
Was er will, das fann er, und E bald er etwas
will, fo Bald geſchieht es. Ger — iſt
Gott — Gott. Co bald man nun nah c. ©. 554
weiß, daß er den guͤtigen Willen bat, ſich ie Tr Ge⸗
ſchoͤpfe unter allen ihren Umſtaͤnden anzunehmen, und
ihr Beſtes zu beſorgen, ſo bald iſt man auch gewiß,
daß er dieß wirklich thut, oder, daR es eine Fürf. gibt.
o) Aus der Sortdaner der Welt; f. Erhaltung
IH. ır Th. ©. 310. Wäre feine Fuͤrfehuug, ſo wuͤrde
die Welt, die nicht durch ſich ſelbſt vorhanden iſt, u.
nicht durch ſich ſelbſt beſtehen Fann, in ein Nichts zus
fammenfallen. Der Fleinfte Zufall, iede auch noch fo
fleine Beränderung würde die Welt und das Wohl
der Geſchopfe in die Gefahr des Unterganges oder
einer Verwirrung bringen.
3) Aus der vorhandenen fortwährenden
Drdnung in der Ratur und in der Menſch—
beit. Zwar erſtreckt fich unfere Weltbetrachtung nur
auf diefe Erde. Bey der großen Einſchraͤnkung unfe-
rer Kräfte und unferes Wirkungskreiſes find wir auch
nur eine fehr Fleine Anzahl von Beobachtungen anztı-
ſtellen im Stande. Das Buch der Zukunft, welches
erſt über fo viele auffallende Ereigniffe Aufklärung
geben Fann, bleibt und wird ung bier verfchloffen.
Dennoch aber reicht unfere Natur- und Weltberrach-
555 | | V.
Vorſehung/ (die goͤttl. — Beweiſe für dieſelbe.)
tung voͤllig hin, unſern Glauben an Gottes Fuͤrſ gu
begründen und zu beleben. Die Körperwele beftcht
aus unbefchreiblich vielen und mannichfachen. Theilen,
wovon ieder Theil feine befondere Abſicht, Beftimmung
und eine darnach eingerichtete Spafur baby und unab-
laͤſſig wirkſam iſt. Alle Theile in der W ſind durch
die allgemeine Bewegung in einem ſteten Wechſel und
Fluſſe von Veraͤnderungen, der ſie immerhin mit ſich
fortreißt. Nichts bleibt einen A—blick unveraͤndert.
Mit der forteilenden Zeit, wovon der gegenwaͤrtige
A—bli nicht der vorhergehende iſt, verwandelt ich
zugleich alles Weranderliche, und zeigt fü immer uns
ter neuen Geflalten. Falls dieſe allgem. Bewegung
aufhoaͤrte, ſo wuͤrde gleichſam der Puls der Natur
ſtille ſtehen, und ein graͤuſenvoller Tod von einem
Ende sum andern erfolgen. Wenn — wiewohl felten
einntal, die Naturkraͤfte ungewöhnlich wirken, wenn fie
einmal durh Stürme, Ueberſchwemmungen, Erdbe—
ben sc. ihren gewohnl, Lauf und Ordn. verlaſſen —
(0 würde, falls Feine Borfehung ware, fehr bald die
W. in Trümmern schen, die Himmel zufammen ſtuͤr⸗
zen, und die Elemente ſich aufloſen. Allein wir ſehen
überall eine ſtandhafte Ordnung (denn der Abweichun—
gen find nur wenige u. erfolgen nicht ohne eine weiſe
Abficht) im Ganzen und in den Theilen, von einer
Zeitenreihe DIS zur andern. Diefe finden wir im
Weltgebäude, fo weit es ung befanne if. Die mäch-
tigen Annaͤherungs =» u. Schwungfräfte, durch melche
die ſchweren Maſſen der Weltförper in der Luft in
ihren Bahnen mie Leichtigfeie dahin rollen, find noch
nicht erfchlafft. 53 verfihieden Die großen Erſchei—
nungen in der Welt ſind, ſo hat doch noch kein Welt—
koͤrper den andern h fo vielen tauſend Jahren, in
ihrem Hehorigen Laufe, Zuflande oder Wirkungen ges
hinherk Ale Sterne haltın ihre Bahn und Zeit ihrer
Bewegung auf dad richtigſte. Sie find weder naher
gegen die Sonne, noch näher gegen eimander gekom—
men. Shre Kräfte fin d in demſelben Berhaltniffe und
Gtleichgewichte geblieben. Offenbar Hat alfo der Schoͤ⸗
pfer in der erſten Stellüng der Himmelskoͤrper, in dem
Dach, im den Rege In und Verhaͤltniſſen der Kräfte,
die er ihnen gleich anfangs beſtimmte, in der Richtung
— a a
Vorſehung, (die goͤttl. — Beweiſe für dieſelbe.)
und Geſchwindigkeit ihres Laufs, den zukuͤnftigen Zu—
ſtand der Welt und ihrer Theile, auf alle unzaͤhliche
Tauſende von Jahren vorausgeſehen. Noch hat nicht
die Sonne etwas ſeit fo vielen Sabreg von ihrer
belebenden Wirkfamfeit verloren. Noch reifet uud ger
deihet alles eben fE gut durch ihre Wärme, ale es
ac ihrer Erfiheffung gefhähe. Noch bet unſere
Erde diefelbe Stellung gegen die Sonne, als im Ans
fange. Sie ift ihr nicht näher geräct, und hat ſich
auch nicht mehr von ihr entfernt, als damals ꝛc.
Wären nicht iene Ierfierne (Eometen) den Befehlen Gottes unters
worfen, würden fie durch den blinden Zufall umhergetrieben, fo
Hätten wir Urfache, bey ihrer Annäherung für unfere Erte bes
forgt zu feyn. Allein auch ihr Lauf bleist abgemeijen, wenn
fe gleich aus allen Himmelsgegenden herabfommen und die
Bahnen der Planeten durchſchneiden.
So fehr alles in der Luft in Bewegung ıft, fo fiockt
— fd irrt Doch nichts. Nichts weicht von feinen un
wendelbaren Geftgen eb. Boch nie hat die Luft, in
welcher ſich unfere Erbe bewegt, ihre Spannkraft und
Schwere, ihren Drud, ihre Tichtigfeie zum Athmen
fo vieler Geſchoͤpfe und zum Wachsth. der Pflaͤnzen
verloren. Es fehle nicht an wirkenden Rräften, Wels:
che in ihr Winde, ia Sturm zur Neinigung der Luft,
zur Milserung der Hitze, zur Befsrderung der Schiff—
fahrt erregen. Noch erzeugen fih in ihr wie ehedem
hau, Regen, Schnee und Gewitter, um die verfchic-
dene Witterung zu bewirfen. Diefe tft fich in 2 Jah—
ren nie vollig gleich. Dennoch folgen frucht - und
unfruchtbare Sjahre in einer folchen Ordnung, als es
gut und nothwendig iff, um Die M. thätig zu erhal-
ten. Das Weltmeer hat noch nicht Die ganze Erde
uͤberſchwemmt, fondern Hiob 38, 11. traf ein. Haben
wohl ie die wilden Thiere fo überh. genommen, daf
die Hausthiere, daß die M. aufgerieben worden find?
- Sind ie der M. auf der Erde zu viele gewefen, um
nicht auf derfelben Icben zu koͤnnen? Hat ie eine Peſt
u. f. f. fo allgemein gewuͤthet, daß ff.2 Don ellen
vorhandenen Stoffen geht auf ver Erde bei allen
MWechfel der Gefchöpfe durch den Tod u. ſ. w. nichts
verloren, nichts wird ganz abgenutzt! — — ©. Re—
gierung Öoftes, IL 2. ar Sh.©. 332 f. Wie
558 V.
Vorſehung, (die goͤttl. — Beweiſe für diefelbe.) *
viel betraͤgt das, was die Geſchoͤpfe auf der Erde ver⸗
zehren, und dennoch bleibt ſie ein Jahr wie das an⸗
dere reich an Nahrungsmitteln für fie alle. Immer
ift fie fruchtbar. Man denke ih ale Thiere vom
größten bis zum kleinſten in der Laufe — im Waffer,
auf u in der Erde. Allein nirgends entſteht er:
wirrun Unter den Thieren herrſcht ein beſtaͤndiger
Krieg, aber dennoch wird nie eine Art vernichtet. Ver⸗
mehrt fi zumeilen eine Urt zu reichlich, fo ſetzt eine
unguͤnſtige Witterung oder ſonſt ein Umſtand alles in
die gehoͤrigen Schranken. Bey ieder Gattung bleibt
auch das Verhaͤltniß der bepden Gefchlechter, bie Zeit
der Begattung, des Gebäreng, Eyerlegens unveraͤnder⸗
lich dieſelbige. Die erzeugten Jungen arten nie von
den Alten weder an koͤrp. Bildung, noch an Kräften
und Trieben ab. Wie die Thiere vor Alters waren,
fo find fie noch ietzt. — Iſt keine Vorſehung, fo laͤßt
fi) daß genaue Verhaͤltniß unter den beyben Ge
fchlechtern in der Menſchheit (Up. ©. 17, 26.) und
nicht der Umſtand erklären, daß immer im Ganzen ge-
nommen wenigftens fo viele M. geboren werden, als
derfelben flerben, und daß deshalb, weil das maͤnn—
liche Gefchlecht mehrern Gefahren unterworfen ift, von
demſelben mehrere als vom weibl. Geflecht geboren
werden. Dann läßt es fich nicht angeben, woher c8
fommt, daß, wenn gleich mehr geboren werden, als
fierben, doch das Menfehengefihlecht ſich nicht zu ſehr
vermehrt und daß der M. ben feinem außerft zarten
Leibegbau 60-30 Jahr alt wird, da man doch glauben
follte, daß er nicht ein Jahr leben koͤnnte. Kann dieß
alles ein Werk des Zufalls ſeyn?
Vgl. Scherer’s heil. Reden zur Bel. u. Beruh.
f. 8. deg Fichte. Lemgo 1799. 8. Ar. 9: „die Ers
haltung des M—geſchlechts enthält einen merfw. Uns
Bestie von d. goͤttl. Borf.,“ über DAR, 20, 1s1$.
(von Tertor.)
Kenn fihon der Fleinfle Staat ohne einen oder ei⸗
nige Regenten zu Grunde geht, wie Lald würde die
Welt, deren Theile und Kräfte unendlich zahlreich,
unendlich mannichfach,, immer gefpannt und wirkfam
find, untergehen! Es iſt alfo eine göttliche Sur
fehung.
5 67 559
Vorfehung, (Die goͤttl. — Bewei ſe fuͤr dieſelbe.)
Woher ruͤhrte wohl die Ordnung, welche unter
den Voͤltern der Erde herrſchte, wenn keine Fuͤrſehung
wäre? Jahrhunderte gehn vorüber, Volker entſtehn
und verſchwinden, der Erdboden wird veraͤndert durch
die Natur und M—hande — zeigt das nicht vom
Gange einer ewigwaltenden Borfebung?!! Bel. Gie—
194989. 95 39-45.
Eben fo ermweifen gewiſſe Befonderheiten in der Na—⸗
tur, das Mißverhältniß der mirfenden Kräfte gegen
dag, mag gefchieht, Die Folgen des Guten und Boſen,
welches der M. begeht, die goöttl. Sürfehung. —
4) Aus dem Gange, mweldhen die Schicfale
einzelner M. RE und ausder Entdek—
fung und Beftrafung geheimer Verbrechen.
Ueber Iegteres find die merkw. Beyfpirle in Rungius Archiv %
Borf. 18 Heft, ©. 85 f. 23 9. ©. 61 f. und 38 Heft ©. 69.
zu vergleichen, — Die Vorſ. wirft bey Entdeckung der gea
beimfien Verbrechen mit, um die M. zu warnen, nicht die
Wege des Rechts 2c, zu verlafien, fo vorfihtig fie aud) immer
auf dem Wege des Kafierd gehen mögen.
a) Man gebe nur Acht auf die Entwickelung feiner
Schickſale, um die gottl. Vorſehung zu bemerfen. Wie
oft waren unfere Gedanfen anders als die Führungen
Gottes. Erfiere fcheiterten; was mir beabſichteten,
wurde nicht erreicht und hinterher ſahen wir das als
Allguͤte ein. Vieles, was der M. ſich wuͤnſcht, erhält
er nicht, und das, was er nicht erwartet, wird ihm
zu Theil, ia fogar dag, was er perabfchenet, muß er
oft annehmen; Fred. 9, 11. Ken M. iſt Herr feines
Schickſals, Feiner Fann fich feibft den rg vorzeich⸗
nen, den er gehen will und wird. Ein Eleiner Um—
ftand verändert oft fo feine Lage, daß er gerade nach
der entgegengefegten Gegend, als nach der, wohin er
wollte, geführt wird. Dft berechnet er ven Erfolg
einer Handlung fehr zuverfichtlich voraus u. er kommt
‚ganz anders, als er es erwartete. Dan beobachte de
heilſamen Einfluß der Vorſ. auf ſich, nach ſeiner Ge⸗
muͤthsſtimmung, und auf die befondere Stimmung,
die feine Neigungen und Beflrebungen dadurch erhbal-
fen, und man wird in HE felbft in den kleinſten
Vorfaͤllen feines Lebens, die alles leitende Weish. und
vegierende Liebe Gottes gewahr werden. Die Beob.
560 | ; DIA
Vorſehung, (die goͤttl. — Beweiſe für dieſelbe.)
unſerer eigenen Begeguifte seigt, daß nicht. der gering⸗
fie Vorfall vergebens iſt, ſondern daß aus unſern
Schickſalen die goͤttl. Fuͤrſ. hervorleuchtet. Unter al-
len unſern Shit. iſt ein offenbarer Zuſammenhang.
Der Menſch — (ieh che man bald). reiche niche bin,
um allein dabey zu handeln. Nicht dag zehate von
dem, was man Dose geht nach unferm erſten
a So wie e8 aber geht, geht es iederzeit am
—
b) Die Anſtalten Gottes zur Gluͤckſeligk. und Sittlicht.
auf Erden bezielen aͤußeres Wohlſeyn nach dem Mache
der fittl. Wuͤrdigkeit. Dieß gerechte Geſetz wird aa)
A allgerieine Erfahrungen. beitätigt. Der
Lauf der Dinge iſt fo eingerichtet, daß die Tugend,
* weiſe Thaͤtigk. betrachtet, der Regel nach mmer
aͤußere gute Folgen hat. Es iſt audı, wen man auf
die Stärke und Dauer der angenehmen Empfindungen
in einem ganzen M—leben und nicht auf die Menge
derſelben ſieht, die Gluͤckſ. der "Oro RR bey weiten
übermwiegender, als das Glüc der Bofen. bb) Die
befondere Erf. beftätige es, z. B. aus der. bißl.
Geſch. ein Sofepb, Hiob, David un. a., die Bey
foiele fpater lebender M., daf vorübergehende Leiden
und Aufopferungen der Srommen durch ein oft un«
vermuthet einfretendes glückliches Loos bey meisten
aufgewogen und vergütet worden find... Findet nicht
noch ietzt mancher M. das in ſeinem Leben beſtaͤtigt?
Sollte auf E. noch eine genauere und gaͤnzliche Aus⸗
gleichung und Gluͤckſ. ſtatt finden, (0 wirde die Frei—
heit der Laſterhaften eingeſchraͤnkt, die Reinheit und
Uneigennuͤtzigk. der Tugend vermindert; die Entwicke—
Yung großer Geiſteskraͤfte aufgehalten; die M. zu ſehr
am diefe Erde gefeffelt, und ſelbſt der Glaube an bie
Religion und Unfierbl. geſchwaͤcht werden.
5) Aug der h. Schrift. Im Grunde iſt Die Lehre
v. d. goͤttl. Fuͤrſehung aus dem Glauben erkenn—
bar. Der Glaube iſt die aus der reine moraliſchen
Geſinnung hervorgehende Ueberzeugung, daß Gott, der
vernuͤnftigen Weſen durch ihr Gewiſſen ſeinen Willen
und feinen Beyfall zu erkennen gibt, auch ihre Schick—⸗
fale zum Beften lenken werde. Unfere heil, Bücher eut«
halten häufige Aeußerungen dieſes Glaubens, DI. 91;
139
/
a 561
Vorſehung, (die goͤttl. — Beweiſe für die befondre —)
139, 1-19; Matth. 6, 33; 10, 29. Die h. ChHhrift
leitet alles Gute, welches den Gefchönfen zu Theile
wird, immer von Gott ab, und nenne bey allen. in
der Welt vorgehenden Veränderungen Gott entweder
als ven Urheber derfelben, oder fagt Doch, beß er fie
zugelaſſen babe. en. führe faft iede Zeile Fr
‚Bibel auf die Lehre v. goͤttl. Vorſehung, SE.
"(wo auch der Zwed * goetti. Vorfſ, alle. Stifkt *
feit zu verbreiten, deutlich bemerfe iſt); Bf. 148, 5-8.
(wo von der goͤttl. Neg. über die Ieblofe Welt geres
def wird) und Matth. 6, 25-33; 10, 29:31. find die
vorzuͤglichſten Stellen, womit noch Ap. ©. 17, 24-28.
zu verbinden if. Sie find faßlich u. ſtellen die goͤttl.
Säürf. ganz allgemein vor; man vol. auch oh. 5,17.
In Matth. 10, 29. liegt der Sinn: nichts gefchieht
wider Gottes Willen, alles hängt von ihm ab, auch
der Erfolg der Unternehmungen der M.
Wie aus ver bibl. Gefchichte, namentlich an den
Schickſ. Joſephs, Moſes, Davids und beſon—
ders Jeſu Ehr. ſich die Vorſehung, oder daß ſich Gott
um die Schickſ. der M. bekuͤmmere, beſtaͤtige, iſt nicht
zu uͤberſehen, ſ. Regier. Gottes, II. 2. 2r Th.
— 318. Anm. und Gierig a. a. O. ©. 67-104.
Was die Geſch. Jeſu Chr. betrifft: ſo konnte die
wur feinen einleuchtendern Beweis, daß fie das fittl.
Wohl der Menfchen angelegeneli chſt wolle, an den Tag
legen, als durch die Veranſtaltung der Lehre J eſu auf E.
Sie beweiſt es, daß Gott ſich um die M. her.
Der Beweis aus der Gefhichte, f. Gierig m a. D. ©. 45239,
und die im on Th. ©. 334. angef. Schrift von Richer, Vgl.
auch Rungius Archiv d. Vorſ. 3 Hefte. Halle 1798. 99. 8,
Veber A. vgl. man Zerrenner’g deutſch. Schul»
freund ©. 1. (1791) „kurzer und allg. faßl. Beweis
v. d. Fuͤrſehung. 4 von Villaume.)
B. Beweiſe für Die Lehre v. d. befondern —
auch auf einzelne Gefchopfe, befonders den
einzelnen Mr. * erſtrecken de Vorſehung.
Die Zweifel: „es iſt fuͤr Gott unanſtaͤndig und
„gegen ſeine Größe, wenn man annimmt, daß er für ;
„iedes einzelne Geſchöpf beſonders forgte. Es iſt ein
„unverzeihlicher Stolz des — wenn man behauptet;
Chriſtl. Gl. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 TH Jen
562 V.
Vorſehung, (die goͤttl. — Beweiſe für die befondre —)
„daß fih Gott mit ihm und feinen Fleinften Umftän-
„den befchäftige. Es hat Gott nur die Gefchlechter
„gewähls, einem ieden feine Natur gegeben und die
„Belege ein für allemal beſtimmt, nach welchen fie
„fortwähren follen, und eg ift genug, menn er ſich
„uam die Erhaltung des Ganzen und der Gefchlechter
„befümmere. Wie kann ein fo unbedeutender Theil
mdes Ganzen Gott befchäftigen?! . Mag es den Feld
„herrn fümmern, mo ein einzelner Soldat zu fiehen
„kommt, oder wo einer mehr oder weniger verwundet,
„oder erfchoffen wird? Die Sorge fürs Einzelne iſt
„zu klein und vollig überflößig. Gewiß befümmert
„ich Gott nicht um alle zufällige Veränderungen der
„Dinge, um alle Eleinere Begebenheiten, um alle Ge—
„danken, Entſchließungen und einzelne thorichte oder
„gute Handlungen der M. Er ſieht blog aufs Große,
„um dag Ganze in feinem ordentl. Gang und guten
„Stand zu erhalten. jenes aber hieße unwürdig von
„Gott denfen; denn man würde fihon fehleht von
„einem Könige denken, welcher 3. DB. die unwichtigen
„Gegenſtſt. des haͤusl. Lebens einzelner Unterthanen,
„nach ſeinem Willen leiten und durch Befehle vor—
„ſchreiben wollte. Es wäre das auch feiner unwuͤr⸗—
„dig. Wie vielmehr iſt alſo ienes Gottes unwuͤrdig,
„der uͤber alle Koͤnige der Erde erhaben iſt! Bekuͤm—
„mert ſich Gott um Alles in der Welt, ſo ſtoͤrt das,
„weil es unſaͤgliche Mühe und Beſchwerden verurſacht,
„Gott in ſeiner Seligkeit“ — ſind ungegruͤndet.
Denn 1) in demienigen Zuſammenhange der Dinge,
als der gegenwaͤrtige iſt, iſt das Feine Kleinigkeit, was
ung nach unfern eingeſchraͤnkten Einſichten als uns
wichtig vorfommt. Alles, was da ift und gefchieht,
ift vielmehr ein Glied im der großen Kette der Dinge;
e8 kann ohne Nachtheil de8 Ganzen nicht überfeben
und weggenommen werden. Bor Gott iff nichts ges.
ringe und unbedeutend von dem, was er erfchaffen
hat. Es beficht das Ganze aus lauter Theilen; ohne
diefelben ift e8 fein Ganzes. Das ganze Mgefchlecht
befteht aug einzelnen Menfchen. Bekuͤmmert fih nun
Gott, wie man e8 zugibt, um das ganze Menſchenge—
Schlecht, fo wird er ſich auch um die einzelnen Glieder
dejfeiben befümmern. Die Gattungen konnen nicht
V. 563
Vorſehung, die goͤttl. — Beweiſe für die befondre —)
anders beforgt werden, als vermiftelft einer Gorafalt
für ale dazu gehorige einzelne Gegenftände Das
Kleine ift als ein Theil des Ganzen nothwendig für
Gottes Endzweck mit demfelden. Da es nicht uns
würdig war, um von Gott erfchaffen zu werden, fo
77
RR
wird auch die Drdnung und Beflimmung feines iedes—
maligen Zuftandes nicht Gottes unwürdig fenn! War
e8 nicht unanftändig für Gott, daß er den Wurm
» fchuf, fo ift es auch dag nicht, daß er ihn erhält und
ihm fein Schickfal beſtimmt. Welche Weish. und
Macht leuchtet auch aus dem Bau und aug den Nas
furtrieben eines Wurmes hervor? Wo ift der M., der
das Gott nachthut? — Iſt dann Gott gleich einem
ird. Negenten? Diefer hat eine eingefchränfte Erkennt—
niß, und weil er deshalb iedesmal fih nur mit einem
- Gegenftande befchäftigen kann, und nie alles mit eis
nem Blicke umfaffen oder auf alles feine Aufmerff.
richten kann, fo zieht er das Wichkigere dem Gerins
‚gern vor. Weil des M. Vorftellungsfraft begränzet
iſt, unterfcheidee der M. zwifchen dem Großen und
Kleinen, Wichtigen u. Unwichtigen, zwifchen dem, was
noͤthig und dem, was weniger nothig if. ‚Er muß
ienes diefem vorziehen. Die Erfahrung fagt e8 ung
auch, daß nichts abgefondert von dem übrigen da ift.
Jedes Einzelne hängt mit dem Ganzen zufammen.
Alles ſteht mit andern Dingen im genaueften Zuſam—
menhange. Man nehme nur einen, auch einen unbes
deutenden M. aus der Kette heraus, und die ganze
folgende Reihe wird fehr verändert. Nehmen wir nur
einen, auch den Fleinften DER, aus der Gefchichte unfes
rer Erziehung u. unferes Lebens heraus, fo würden wir
nicht vie Me. geworben fen, die wir find. Es if
alfo „nicht unnüß, daß Goft fürs Einzelne wirft *).
2) Für einen Negenten ift es freilich Unvollf., wenn er
über. Kleinigfeiren das MWichtigere in feiner Kegierung |
verfäumen wollte, aber ift e8 auch an einem Hauss
vater.rühmlich, wenn er e8 aefchehen läßt, dag man
in einzelnen Faͤllen ſich nicht nach feinen allg. Anord«
nungen richter? Iſt ein menſchl. König groß, weife u
guͤtig zu nennen, welcher er gute Anftalten OL
ne Gierig a. a. O. ©. 24. 25.
Nuz
Vorſehung, (Die goͤttl. — Beweife für die befonbre —)
und 7— Gefite gegeben bat, aber nicht darauf
achfet, ob dieſe lobl. Anſtalten einzelnen Unterth. wirk—
lich zu Gute kommen, ob die Duͤrftigen aus den Bor:
ratbehäufern ihren gehoͤrigen Theil erhalten, u. f. w.?
. Hört man „som Gegentheil, fo fagt men: mochte es
doch der König nur wiſſen. Jeder Hilfsbedürftige
eilt es ihm zu fügen, meil er weiß, daß es ihm, alg
einem aufen Regenten, lieb ſeyn werde, zu erfahren,
ob man feine Anordnungen befolge oder nicht. Ein
guter Regent forget alfo auch für den einzelnen und.
geringen Unterthan. Wenn Gott nit für das
Kleine forgie — fo wäre er unvollfommen.
Er würde dann nicht alles Fennen und nicht allmäch-
tig ſeyn. Dann befande fich dag Unbedeutende in dem
Auftande, worin es ift, ohne feinen Willen und feine
Zulaſſung. Ein Gott, der nicht im Stande ware, alle
f. Geſchoͤpfe zu uͤberſehen, ift Fein Gott. Kannte Gott
bie Natur blos fo, daß er ihr allg. Gefege geben
fonnte; wußte er nur im Allgemeinen, was aus
der Miſchung fo verfchiedener Dinge entftehen konnte,
nicht aber, was durch die zufällige Verbindung derfel»
ben entſtehen mußte: ordnete er nur die Gattungen
der Geſchoͤpfe, ſahe er aber nicht auf iedeg einzelne
Geſchopf hin: fo wußte der Allwiſſende wenig. Bey
ſolchen mangelhaften Kenntniſſen könnte er nicht der
Reg. einer ſo großen Welt ſeyn, nicht alles zum Be⸗
ſten ordnen! Denn aus einer ganz zufaͤllig ſcheinenden
Miſchung und Verb. verſchiedener Materien entſtehen
die fonderbarften Erſcheinungen, aus einem unbeden—
tenden Zufall die wichtigſten Veraͤndd., aus einem ein—
zigen Gedanken, Worte u. Handl. die groͤßte Staats—
| ummälgung und der blutigſte Tangwährende Krieg.
Will Gott die Weltbegebenhh. leiten, fo gehort dasu
ein genaues Vorherwiſſen aller zufälligen oft ganz
fleinen Umſtaͤnde. Oder iſt Gott nicht allguͤtig?
Wollte und will er nicht für alle forgen, und fie alfo
nicht Fennen? Welch ein Gott wäre dann Gott! Da
er aber offenbar das hoͤchſte und moglichfte Wohl des
Ganzen und aller einzelnen Theile will, fo muß auch
altes, ſey e8 auch in unfern A. klein, von ihm zuvor
gleichfam berechnet feyn. — Iſt Gott wie ein M.,
der nicht uͤberall ſelbſt zugegen ſeyn kann, manches
V. 565
Vorſeh- (die goͤttl. — ———— für die alferbefonderfte—)
nicht bemerft und liegen laffen muß, oder nicht alles
unternehmen kann? Er als der Altwiffende kann alle
Dinge felbft fehen, und alg der A mächtige alles ribft
' wirfen. Er kann alfo iede größere und Fleinere Ver—
‘ Anderung nad) feinem mweifen Math vollziehen. Ihn
beunruhigen feine unermeßlichen Re gierungsgefchäfte
nicht. Sie vermindern nicht feine Kräfte. Sie ſtoͤren
ihn nicht in f. Geligkfeit. Offenbar beſchraͤnkte man
Gottes Macht, falls man irgend einen Gege nſtand fuͤr
ſo unbedeutend anſaͤhe, daß auf ihn die goͤttl. Vorſ.
entweder gar nicht, oder doch weniger als auf u
andern ſich erfireckte. Wie kann man von Bott d
| Ei daß ihm etwas Mühe und Befchwerden achte?
re fpricht und es gefchieht. Sein bloßes allmächti-
* Wollen gibt dem, was nicht war, ſeine Wirklich—
keit. Seine Seligkeit entſteht aus feiner uneinge—
ſchraͤnkten Wirkſamkeit zur ——— alles deſſen,
was ſeine untruͤgl. Weish. fuͤr das Beſte erkennt.
Wie kann alſo die Fuͤrſ. Gottes Seligk. —23 Seine
Vorſtellungskraft iſt uneingeſchraͤnkt, er ſtellt ſich alſo
die Gegenſtaͤnde nicht nach einander, nicht muͤhſam vor.
Er erliege nicht wie mie unter der Laft, er braucht
ſich nicht über der einen Gorge der andern zu ent—
fchlagen. Er uͤberfieht alles mit einem Blick und
thut alles mit einem Wink.
Deshalb ift die goͤttl. — auch auf das Keine ſich
erſtreckende Fürforge Gott nicht unanftändig. Denn
nur dieienigen Handl. find unanſtaͤnd wobey iemand
dieienigen Vollk. nicht aͤußern kann, die man von ihm
zu erwarten berechtigt iſt. Gott gibt aber durch feine
alles umfaffende Reg. feine höchſten Dei, — a
nen, und geigt dadurch, daß feine Weish. und Macht
uber alles erhaben iſt, was wir faffen * be greifen
fonnen. Es ift demnach eine folche Reg. das Ankäns
digſte u. Wuͤrdigſte, wag man Gott beylegen kann. —
3) Es iſt keinesweges uͤberfluͤßig, für das Einzelne u.
fogenannfe Kleine zu forgen. Denn a) wer fo ur—
theilt, thut einen ſehr kuͤhnen Machtſpruch, weil er
fi) anmaßt zu wiſſen, was zur —— der Welt
noͤthig oder nicht 6es Kleid ſcheint, daß
ein Sandkorn, eine Pflanze, ein Kabts hier, ein
M. mehr oder weniger in dieſer oder einer andern
ce V.
Vorſeh., (die goͤttl. — Beweiſe fuͤr die allerbeſonderſte )
Lage, das Ganze gar nicht veraͤndere, ſo iſt das doch
nur Schein. Im Ganzen, welches Gott erſchaffen
bat, iſt fein Theil unbedeutend oder entbehrlich.
Denn das ift das Merkmal der Werke des Weiſen,
daß nichts in denfelben überflüßig, nichts müßig,
nichts ohne Zweck ſey. Nah den Naturbeobachtun-
gen ift nun alles zweckmaͤßig. Keine Kraft ift ver-
fehwendet und fein Ding ift auf feinem-Standpunfte
entbehrlich. Goftes Werfe find auf dag voßfommenfte
berechnet. _ In der. Summe ift nicht eine Einheit zu
viel oder zu wenig. Bey einem fo berechneten Ganzen
fann der Werfmeifter der Uebereinfiimmung feines
Ganzen gewiß feyn. — .c) Zn der Welt ift nicht die
geringfte Veränderung ohne Folgen. Die allergroöß-
fen Begebenhh. find nichts, als die Wirfung einer
Menge Fleiner Erfolge, durch die fie nad) und nach
vorbereitet worden find. — d) Die Vol. des Gan-
zen beruht auf der Vollk. der einzelnen Theile. Wären
Gottes Einrichtungen nur im Allgemeinen und obenhin
beftimmet, fo wäre diefe Vollk. nicht wirflih. Sie ift
dieß, alſo — — 4) Öott hat die Welt, - wenn er
gleich zu ihrer Erhaltung allg. Geſetze angeordnet hat,
nicht aus f. Öefichte gleichfam gefchafft, wie ein menfchl.
Haumeifter. In feinem unendl. Verſtande muß ia die.
Welt mit allen ihren Theilen aufchaulich gegenwärtig
bleiben. — 5) Nur der GI. an eine allerbefonderfte,
Sürf. erflärt e8 ung, wie dieienigen Vorfälle in der
Natur, welche die Drdnung in derfelben zu fidren
feheinen, 3. DB. Ueberſchwemm., Kriege, Seuchen, Theu—
rung, Dunger, die doch fchaden, dennoch Beweiſe der
tiefiten Weish. find. Zu großer Neichthum der Na—
tur 5. DB. ließe ung nicht den Werth ihrer engrige
einſehen. Bey demſelben haͤtte die Thaͤtigk. keinen
Sporn. Bey der Entfernung der beſonderſten Fuͤr—
ſehung müßte Gott ſtets ausbeſſern und nachhelfen.
Wie menſchlich! wie unvollkommen! — 6) Es iſt der
Sl. an die allerbeſonderſte Fuͤrſ. für den M. ein Be—
duͤrfniß. Wie follte Gott nicht einzelne M. f. Fürf.
würdigen, die die edeljten Theile Schöpfung find?
Für die follte er nicht forgen, die der größten Un»
vollfommenbeit auggefegt find? Bel. Jeruſalem's
Betr. ır Th. ©. 73. 74 — %
V. 567
Vorſehung, (die goͤttl. — Zweifel wider dieſe beantw.)
VO. Beantwortung einiger Zweifel wider die
goͤttl. Vorſehung.
In Volksvortr. mſen nur dieienigen Zweifel beantwortet werden,
welche unter iedes Lehrers Zuhoͤrern herrſchen. Ganz iſt dieſe
Zweifelaͤuberung nicht zu uͤbergehen, weil es zur —
vieler beytraͤgt.
„Es iſt nicht fichtbar, daß Sort fi um die Melt
„bekuͤmmere. Was gefcheben fol, geichieht doch ; denn
„Gott thut feine Wunder.“ Antw. Vieles ift nicht
ſichtbar, was doch wahr iſt. Wir alle haben eine
Seele, und glauben daran, aber wir haben ſie nie ge—
ſehen. Wir koͤnnen, wenn wir auch unſere Augen
verſchließen, ung dennsch die Dinge vorftellen.: Unfere
bloßen Angen denfen nicht, aber dennoch hat dag Ge⸗
ficht Einfluß auf unfern Körper. Wäre Gott auch
- gleichfam wie große Seele der Welt, ſo koͤnnte er auch
unſichtbar auf ſie wirken. Er kann die W. regieren,
ohne daß wir ihn ſehen, denn er iſt als ein Geiſt un—
ſicht bar.
2) „EB gebt alles feinen Gang. Was fommen foll,
„kommt doch.“ A. Alles geht aber ordentlih. Bon
Ungefähr folgt doch nicht auf den Winter das Fruͤh—
iahr u. fe w. Weshalb wird es im Winter nicht auf
einmal Sonmer? Weshalb feheint die Sonne ein gan-
zes Jahr einmal nicht? Eben deshalb, weil Gott alles
in der MW. erhält, geht alles feinen ordentl. Gang.
3» „Es find der Uebel, es ift des Giftigen, Schädlichen
„und.des Unnügen im der W. fo ‚viel, u. des Gluͤcks
„fe wenig. ft eine gottl. Fürfehung, fo würde fie
„ſo viele Uebel und Thränen nicht zulaffen!“ Antw.
f. oben d. Are. Uebel und — Boͤſes, und E der:
mann's Handb. d. hr. GL.-Echre, B. IL. ©. 221-225.
Bol. SJohn’s Pred.Entww. Jahrg. 1800. ©.45:
„wie man das Gelingen. großer Verbrechen mit dem |
Gl. an Gottes Borf. vereinigen fann?“ üb. Ev. am
S.n. Neuj.; Ammon's Predd. z. Bef. des mor.
Chriſtenth. zr B. 1802. Nr. XVIL „die goͤttl. Vorſ.
bey heftigen Leiden der M.“ üb. Luc. 9, 51:56; F.
P. W. — — unter Gottes Weltreg. muß ſelbſt
das — die Tug, verherrlichen. Eine Pred. Sau:
1802. 8. (4 Ggr.)
568. V.
Vorſehung, (die goͤttl gZweifel wider dieſe beantw)
4) „ES geht hier dem Tugendh. ſo widrig, dem Lafterh.
oft fo wohl. Die Zug. ſeufßzt, das Laſter frohlockt.
„Wie mancher Redl. wird bedruckt, unverdient verach—
“tet, feine Bemuͤ übungen fcheitern, oder werden nicht
belohnt, feine Wünfche Schlagen fehl. Boͤſe Unter—
mehmungen gluͤcken, große Verbrechen werben. began—
„gen und nicht beſtraft!“ Autw. a) Der Laſterh. iſt
oft Flüger, geht vorfichtiger zu Werfe, ift betriebſamer
and gefaͤlliger als der Rechtſchaffene. Dieſe guten
Eigenſchaften muͤſſen gute Folgen haben. Der Fromme
muß ſich oft aus Beſcheidenheit verbergen; wie ſollte
er alfo zu allen Zeiten. hervorgezogen und belohnt
werden. koͤnnen? Mehreres ſ. int Urt. Gerechtigkeit
“Gottes, HL ar Th. Sreg5 fr &dermann’s
Uns zr B. © 225 I > ech cr. Reel. CTheor. ©.
Aa ——
Zr Erbdenleben: iſt ach nur ein Stand der Bor.
bereitung oder der. moraliſchen Buche. acht dem Tode
‘ fange erft die entfiheidende völlige Vergeltung
5) „Wie ungleich find die Gluͤcksguͤter ausgeipeift, 4
Antw. diefe find Feme wahren Guter, fie fonnen den
° Menfchen an fish,» weder? gluͤckſelig noch unglückfelig
machen. Dieß haͤngt vielmehr: blos’ von —
dem Gebrauche ab, welchen er davon macht. Sie
find eben ‘fo wenig zeichen der: Gunſt als der Ungunſt
Gottes; denn oft beſitzen ſie Die Unwuͤrdigſten und die
Würdiaften muͤſſen ihrer entbehren |
6) „Wie viel Zweckloſes und weckwidriges iſt in der
„Welt! Wie viele Unvollkommenheiten * es! Bey
allen Geſchöpfen befinden ſich ſolche.“ U. a) Sollte
nicht dieſet Einw. einen hohen Grad’ von Unwiſſenh.
und auch — von Eigenduͤnkel verratheu! b)⸗ Unvoll⸗
kommenheiten find in der Welt nothwendig. Jedes
Geſchöpf iſt aber fo vollf., sale es feiner Natır —
und dem Plan des Schoͤpfers nach) feyn kann.—
7) „Es ift die Fürfehung Gottes unnoͤthig. Die Welt
„gleicht einer Uhr. Wenn fie einmal aufgezogen -ift,
„fo läuft fie von ſelbſt abe Verriethe es nicht die
„Ungeſchicklichkeit des Werkmeiſters falls er alle Au—
rgenblicke an der Mafchine etwas rücen müßte? Koͤn—
„nen menſchl. Werkmeiſter ihren Werken eine
„ſolche Dauerhaͤftigkeit geben, daß ihre weitere Theil—
V. 569
Vorſehung, (die goͤttl. — Zweifel wider dieſe beantw.)
nahme daran uͤberfluͤßig iſt — wie ſollte denn nicht
„Gott ein Werk hervorbringen koͤnnen, an dem gar
nichts weiter zu aͤndern und zu beſſern fe? Antw.
Wie hinkend — wie unedel iſt iene BI leicht Die
Welt ift Fein bloßer Mechanis’m. Eine Menge Kräfte
wirken mit ein, welche von freien und naeh chen
9— £\ Pu”
e in
Entfchließungen denfender Gefchöpfe abhangen. Laͤßt
Gott auch alle Naturkraͤfte frei zu wirken, ſo hat er
| doch uͤber alles Aufficht, und er leitet unfichtbar alle
natürl. und fittl. Veraͤndd. zu Einem Hauptzweck.
Dieß iſt mit einem ftümperhaften Sorthelfen einer feb-
lerhaften Mafchine nicht zu vergleichen. Wer gibt. «8
auch zu, daß Gott an der Welt zu beffern babe?
Seine ewigen Geſetze ſind ſo gut, daß er keine Aus⸗
nahmen davon zu macyen braucht... ber : welche
menſchl. Mafchine währt nur 100 Jahr? Se Fünft-
"Jicher fie ift, deſto eher erhält fie durch den Gebrauch
einen Mangel. Wie paßt daher die Vergleichung?
Ueberdieß if zwiſchen menſchlichen Kunſtwerken und
der Welt Gottes derienige ſehr große Unterſchied, daß
‚cher Künftler die Kräfte, die er zu f. Zweck braucht,
ſaͤmmtlich ſchon in den Dingen. finder. Er nutzt blos
Jr vorhandenen natürl. Kräfte. Woher nun die Er:
altung der natuͤrl. Kräfte? Woher der Urforung der:
‚ glden? Bringt ung das nicht zuletzt auf den forts
waͤhrenden Willen Gottes BR welcher aller Dinge
Nrfache iſt?
8) „Wenn — Fürf. if, woher bleibt ung dann
„ſo vieles von den kägl: Erfcheinungen unerklaͤrlich?“
ni
N. Wie können win hier erwarten, Daß ung alles
deutlich feyn fol? Solte dieſes ſeyn, fo ware Gott
der allermenſchlichſte Regent. Kein verſtaͤndiger Mann
urtheilt uͤber die Geheimniſſe der Großen in der Welt
gern, weil er ſagt: ich uͤberſehe nicht das Ganze. Und
wir, die wir auf einem fo niedrigen Standp. ſtehen,
nur einen” fehr Eleinen Theil des Reichs Gottes ken—
nen, — wir — die wir es ſelbſt gugeben muͤſſen, daß
in einem fd gr. Reiche oft dem einen etwas mißfallen
müfle, wenn dem Ganzen geratben werden foll — foll
ten alles faffen, alles begreifen Finnen? Fuͤr ung
/ Kurzſichtige iſt Gottes Rath unerforſchlich, aber er
fuͤhrt dennoch ans herrlich aus. Gottes Allweisheit
570 | V.
Vorſehung, (die goͤttl. — Zweifel wider dieſe beantw.)
wird und kann die Wege nicht nehmen, die der M.
waͤhlt; Ef. 55, 8. 9. Führt Gott ung auch im Dun-
keln, fo müffen wir dennoch ihm glauben. Erzieht der.
weife Bater fein Kind nicht auch f0?. Er zeige dem⸗
felben nicht gleich die Urfache feiner Befehle an, um.
e8 zu prüfen, wie weit ſ. Vertr. zu ihm geht. Man
bete alfo in Dunkelheiten Gott an.
9) „Iſt Gott Regent der W., fo kann er nie Mangel
„an Macht und Mifteln haben, und doc finder dag
„Gute eine große Menge von Hi nderniffen, und das
„Boͤſe breiter fich fehr fchnel aus. Sa dag Gute
„wird soft unterdräcdt.“ U. Daraus ift die Folge⸗
tung: Gott bekuͤmmert ſich nicht um die Welt, über:
eilt. Man muß fo ſchließen: wenn diefem oder ienem
das, was ihm gut feheint, nicht gleich nah f. Wun-
ſche geräth und mancher Zweck nicht fo erreicht wird,
fie man ihn gern erreichen möchte, fo ift die Zeit da—
zu wohl noch nicht genug vorbereitet, oder die Borf.
wird fihon aus dem Boͤſen Gutes hervorbringen.
Waͤre das Chriſtenthum fruͤher ausgebreitet worden,
wäre die gr. Kirchen— und Nel.-Berb. eher erfolgt,
als beides gefchah, fo wären beide Begebb. ‚wohl
ohne folche glücl. Erfolge gemefen. Sehen wir in
unferm Kreife, daß ſich manches verbeffern ließe, wie -
aber mehrere Hindern. e8 nicht zulaffen, fo denfe man:
Gott kennt und liebt die M. und dag Gute, fo gut
ale wie du. Er weiß dazu die bequemfie Zeit. Ber
traue ihm, daß er bie Umftände dazu aufbehalten
werde.
10) „Die Zeiten J immer ſchlimmer, ſo
„wohl äußerlich durch Nahrungsloſigkeit, als auch in»
„mertich durch abnehmende Nedlichkeit, Treue, Zugend
„und Meligiofttät. ES ift des Boͤſen weit mehr in
„den Welt, als ebehin. Wie kann alfo wohl eine
„göttl. Borf. feyn! U Dieß iſt eine unbeftimmte
Klage. Will man die Zeiten nad) dem, was man zu—
nächft um fich gewahr wird, beurtheilen, fo mag dieſe
Ki. wohl wahr feyn. Manche einzelne Städte koͤnnen
an Wohlfiande und guten Eitten wohl verfallen, aber
machen fie die ganze Erde aus? Vielleicht ift in eben
der Zeit. an einem andern Ort mehr Sittlichfeit und
mehr Wohlftand verbreitet. Das Gute in der Welt
V. 571
— (die goͤttl. — Zweifel wider dieſe beantw.)
kennen wir weit weniger als das Boͤſe. Die beſten
M. machen nicht immer das meiſte Aufſehen, ſie wir—
ken lieber in der Stille, prahlen nicht damit. Die
—— der Laſterh. fallen dagegen ſehr in's Auge.
Wie kann man alſo genau das Gute berechnen? Da,
wo die Menge Gottesvergeßner M. ſteht, überfiche
man die vielen Guten, welche fih fill halten. Haben
nicht die Bofen auch ihr Gutes an fh? Kann ihr
Boͤſes nicht viele gute Folgen haben? Warum will
man das Gute in der ießigen Welt, z. B. die beffere
Erzieh., die Verbeſſ. des Schulunterrichtg, die Srün-
dung von Armenverſorgungen n. ſ. w. nicht nennen?
AH nur immer das Bofe? Das aͤußerl. Leben der
M. ift auch zweideutig. Mancher hat feine Leiden
ſelbſt verfchuldet, 3. B. Armuch wegen Muͤßiggang.
Mancher leidet ietzt Druck, Andere aber litten ebedein
darunter. Es läßt ſich alfo nicht beſtimmt behaupten,
daß die Zeiten ſchlimmer wurden. |
il) „Der Gl. an eine gottl. Vorſ. ſtreitet mit der
„Freih. des Menfhen. Wie fann Gott alles in der
„W. regieren, da doch die meiften Verändd. in der
„Belt, befonders fofern fie auf das Schickſal des M.
„Einfl. haben, vom freien Willen der M. abhangen.
„Iſt des M. Wille wirklich frey, gibt e8 gar Feine
„andere Gründe feiner. Willensbeſtimmung, als er
„ſelbſt: fo fann ia Gott diefelbe und feine Handl.,
„fo wie die dadurd) hervorgebrachten Veraͤndd. nicht
„vorhergeſehen und auch nicht in Beziehung darauf
„den Weltlauf geordnet haben. Das Schickfal deg
„M. hängt alfo blog von f. Wilfführ, nicht aber von
„Gottes Regierung ab, oder es bat der M. Feine
„Freiheit.“ Antw. Der M. bat feine ganz uneinge-
fchränfte Sreiheit, aber fo viel Freiheit, als erforder-
lich ift, um feine Kräfte zu entwiceln und zu üben.
Der Geift des M. ift felbftrhätig. Der Zuſt. ſ Er-
kenntniß und Geſinnung beſtimmt ſeine W — und
Handl. Je nachdem er weiſe oder thoͤricht iſt, ie nach—
dem ſeine Neigungen ſind, ſo wie er ſeine Pflicht liebt
oder nicht achtet — fo waͤhlt er etwas, fo handelt
er. Dieſer fein iedesmaliger Gemuͤthszuſtand ift fein
eigenes Werf, Die Solgen von feiner Thorheit, Dflichke
vergeffenheit u. ſ. w. hat er ſich alfo felbft beizumeffen.
572 V.
Vorſehung, (die göttl. — Zweifel wider diefe beantw )
Gott aber kennt ieden M. ganz genau, wußte von €.
ber, wie der M. ſich betragen würde nach dem iedes—
maligen Beſtimmungsgrund des M. Mach diefer Bors
ausſicht beffimmte er die Verbindd., Verhaͤltniſſe und
Schickſale des M. Der größere oder geringere Um—
fang der Freih. des Einzelnen hänge von der groͤßern
oder geringern Kraftmaſſe ab, welche er von Gott
erhielt. Es ficht zwar bey ihm, ob er diefes meife
anwenden oder zum Boſen niisbrauchen will; aber
der Lauf der Weltbegebb. wird dadurch nicht unter
brochen oder abgeändert, denn es ift fehon zum Vor⸗
aus auf den Grad feines Verdienſtes oder feiner
Schuld mitgerechnet. Gottes Rathſchluͤſſe find nic:
als etwas Bergangenes und die Handl. der M. nicht
als nothw. Solgen derfelben zu betrachten. Blos die
Bildung und Entwicelung des Vernunftvermoͤgens
der einzelnen M. erfolgt in der Zeit. Es iſt alſo nicht
die Freiheit, als das Vermögen gut zu handeln, fons
bern Die ‚Sreiheit, als dag Nermögen bofe zu handeln
eingefchränft. Der M. ift ein Mitarbeiter Gottes an
den Entwürfen feiner Meltreg,, I Kor. 3, 9; aber als
ein Zeind u. Gegner Gottes (ac. 4 4.) ift feine
Sreiheit zu feinem und des Ganzen Glück in gewiſſe
Schranfen eingeſchloſſen. Blos die Folgen des böfen
Willens der M. fchr änft Sort ein. Kerker u. Bande
fonnen den innern freien Willen eines Gefangenen gar
nicht einfchränfen. Die fittl. Natur deffelben bleibe
alfo dieſe elbe. Jeder gute und boͤſe Beſchluß deſſelben
kann ihm eben ſo, als ob er ausgefuͤhrt waͤre, zuge—
rechnet werden. Sind demnach die Folgen der Be-
ſchluͤſe des M. den mechanifchen Geſetzen oder der
phyſ. Rat. unterworfen, fo leidet dadurd) doch die
Freiheit an fich nicht. Daher find die Aeußerungen
pr. 16, 15-108 5; 12>145.01..8, 0. 10% 52.16;
Sat. 4, 13:16. ganz richtig. — Bol. Kegier. Got:
te8, IE 2. — Th. ©. 327;' Edermann! 8 Handb.
3. III. G.
12) „Gottes Borf. ſoll ſich befonders auf Die M, er⸗
„ſtrecken, allein der bey weitem großte Theil der
„beit lebe in Unwiſſ., Abergl. und Irrth. a.
ever diefer M., ſelbſt der alferwildejte hat die noͤthi—
gen Mittel, ſich in Zei u. Ewigk. gluͤcklich zu machen.
Borfehung, (die goͤttl. — Anwendung diefer Lehre.)
Darfſt du, o Ehrift, wohl den hoͤhern Grad deines
Gluͤcks zur Verleugnung der Borf. anwenden? biff du
nicht ungerecht? Rem. 2, 14. 15. —
lim alle Zweifel an Gottes Vorſ. zu heben, beachte
man: | |
a) Goft ift in allen feinen Eigenſch. unendlih, es if
ibm alfo um nichts ſchwerer, tauſend Welten als eine
Samilie zu regieren. — b) Gottes Führungen müf
fen ung oft ein Geheimniß ſeyn.
VII Bractifhe Folgerungen.
©. den Art. Regierung Gottes, IV. ater Th.
‚©. 338 f. |
1) Man erfenne die Wichtigkeit der Lehre v. d. goͤttl.
Vorſehung, beſonders der befondern V., an.
a) Sie floͤßt uns erſt wahre Ehrf. vor Gott und Liebe
zu ihm ein. Alle Ueberzz. von Gottes Daſeyn und f.
herrlichen Eigenfchaften wärden uns gar nichts hel-
fen, wenn wir nicht zugleich zu der Gewißheit einer
über Alles, befonders über uns M. mwaltenden Borf.
gelangen koͤnnten. Gene Weish., welche in der allg.
Einrichtung der Welt fichtbar ift, wuͤrden wir bewun-
dern, über f. Allmacht erftaunen, aber die Welt würde
für ung nichts als eine Mafchine ſeyn, in welcher un-
fere Schiff. nur nach einer blinden Nothwendigk. be=
fiimmt würden. Ein Gott, welchem wir zu Hein waͤ—
ren, um unfere Schickfale gut zu lenfen, welcher unfer
Gtreben, ihm zu gefellen, nicht achteie, fondern ung
verachtete, wäre für ung Fein Gott, oder unfer Gott
nicht. Wir ffünden in feiner Verb. mit ihm, brauche
. sen ihn nicht zu verehren, fonnten ihm nicht vertrauen
und nichts von ihm hoffen. Wie Eonnte man vor ihm
Ehrf. haben, da er zwar Kräfte, aber nicht den Wil—
Ien hätte, für ung zu forgen, da er ung doch in's
Leben gerufen hat *)2! Ohne diefen GI. fehlte e8 ung
an Nel. — an dem nöthigen Antrieb zu den wichtig—
ften Dflichten. Bey diefem SI. ſteht allein die Tugend.
ag foll venienigen beiwegen, tugendb. zu fiyn, wel:
cher fich beredet, daß Gott feinen Theil an der Welt
nehme, gleichgültig unfere Handl. anfehe, oder gegen
unfer Betragen gleichgültig fiy, oder — daß es unter
+) Bgl, Döderlein’s Relzinterr, Th. VIIL ©. ss f.
ee nn
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung dieſer Lehre.)
Gottes Wuͤrde ſey, ſich um das Einzelne zu bekuͤm—
mern? Der Gedanke: „Gott iſt Zeuge meines Thuns,
ſein Wille iſt mein Geſetz, ſein Beyfall iſt mein Lohn“
kann uns allein da zur Pflicht ſtaͤrken, wenn mit der
Uebung derſelben keine aͤußere Ehre, kein unmittelb.
Vortheil verb. iſt. Nimmt man dieſen Grundſatz weg,
ſo entſteht derienige Zuſtand, welchen die h. Schrift
Gottloſigkeit (oder — daß man in ber W.ohne
Gott lebt) nennt. Der Ged. „Gott ſieht alles, was
ich thue, er wird mit Tugend Gluͤck, mit dem Laſter
Elend verbinden“ wirkt, wenn er lebhaft gedacht wird,
dann und da auf das Herz, Mann und mo anders
Beweggründe feine Kraft haben. Zu mwiffen? daß man
vor Gott, vor dem Allfehenden — vor dem Alfregies
. venden wandelt, oder daß er ieden M. weit genauer
bemerfe und beherrfihe, als ein weifer und zärtl. Va—
ter fein Kind — das ift ein Antrieb zur Tugend, der
faft noch mehr alg der GI. an Unfterbl. über den M.
ausrichten Ffann. Mit dem GI. an die goͤttl. Vorſ.
verfchiwinden dagegen die Hoffnung auf das beloh-
nende goͤttl. Wohlgefalen und die Furcht vor feinem
firafenden Mißfallen. Die Lehre v. d. Vorfeh. macht
uns recht Hug, vorfihtig, ſelbſt bey den Fleinften
Handlungen. Gie verfihafft Muth und Luſt bey den Ges
fchäften unfers Amts und Standes. An welchem Drt
und unter welchen Umfift. der Fromme fich befinden
mag, allentbalben Faun er ſagen: es gefchieht Gottes
Wille. Sie erhebt ung zum achten Himmelsfinn.
Bol. Gierig a. a. D ©. 2:4 —
b) Sie gewährt ung wahre Beruhigung und zwar fo-
wohl in Abficht auf ung felbft, als auch in Abficht
Anderer. Sie gibt Muth in Ertragung der Leiden,
und beym Mißlingen angenehmer irdifcher Entwürfe,
und im Unglück. Sie gibe fefte Hoffnung auf eine
beffere Zufunft. Offenbar befelige ung alfo fihon bier
dieſe Lehre.
aa) Das Leben eines M. fange noch ſo gluͤcklich und
ſorgenlos an, ſeine Jugend entfliehe wie ſeine Kindheit
unter einem Wechſel von lauter angenehmen Empfin—
dungen, fuͤr ſein ganzes Leben iſt er doch nicht gluͤck—
lich. Er wird gewiß leiden müffen. Sein Stand,
nicht die Geburt, niche Reichth., nicht das Verdienſt,
Ei: A 575
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung diefer Lehre.)
felbft die Tugend fehügt nicht ganz vor keiden, nur
macht die letztere die 2. erträglich. Sind wir alfo
noch ießt im Genuß der reinen Glüdf. und Freuden,
fo muß e8 ung fehr willkommen feyn, zu wiſſen: ob
die Leiden, die ung noch treffen fonnen, ung von Un—
gefähr begegnen, oder ob fie ung nach weifen Abſich—
ten und zu guten Zwecken mwiderfahren werden? Im
leßtern Sal werden mir mit weniger Unmuth und
weniger Gefahr, in den L. felbft zu verzweifeln, alles
erwarten und tragen, was uns begegnen wird. Sit
Much und Standh. werden wir geruͤſtet fen, denn
Kom. 8, 28. Iſt aber feine goͤttl. Borf., fo trifft
ung dag, Was ung begegnet, blog von Ungefähr;
womit wollen wir uns dann beruhigen fonnen? Wie
viel Bofes muß man in einer Belt rechnen, wenn fie
nicht von Gott, fondern vom Zufall, vom ungefähren
Zufammenftoß der Ereigniffe, von den Launen eines
blinden Gluͤcks, oder vom Eigenf. und der Bosheit
ber M. regiert wird! Wag bleibt dem wirklich Leiden—
den in feiner Hülflofigf., unter dem Druck feiner Lei—
den und f. Ungluͤcks für Hoffnung, wenn keine Vorſ.
ift? wenn er fich feinen Netter denken darf, der alles
prönet, deſſen Weish. und Liebe die Schiff. der M.
lenkt, das Maaf- ihrer Leiden fegt und ihnen in denſ.
beyſteht? Bermag wohl der Gedanke: „es kann nicht
anders fen, es bringe diefes der Kauf der Welt fo
mit ſich“ den Unglücl. zu berupigen? Es ift diefer Ged.
nur ein Spott feines Elendes. Er muß verzweifeln.
Aber zu wiffens „ES ift ein Gott, deſſen Entww.
nicht der Kanıpf der Elemente, der Drang der Ereig-
niffe, die Wuth der Bosheit vereiteln, nicht hindern
konnen; es .ift ein Gott, der des Keidenden Thraͤnen
fieht, zähle und fie nach der Erreichung der guten Ab—
fihten abtrocfnen u. ihm die Leiden erfegen wird“ —
das gibt wahre Beruhigung.
bb) Gefest auch, daß wir ganz ficher vor Leiden wären,
oder doch mwenigftens nicht viele und große Leiden zu
erfahren hätten, fo leben wir doch mir M., welche
leiden. Gehen wir nicht von Zeit gu Zeit unter den
Gluͤcklichen einige Leidende und Unglücl.? Wir haben
smar ein gewiſſes Mitgefühl bey fremder Noth und
- bey Anderer Leiden. Allein wenn diefe blog- fremde
576 | V.
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung dieſer Lehre.)
M. treffen, rührt ung der Anblick davon fo ſehr noch
nicht. Sehn wir aber unfere Sreunde, Verwandte,
Kinder, Eltern, Brüder und Schweſtern leiden, liegt
ung das Leiden alfo näher, und fehen wir an den
Unfrigen die Unſchuld umnterdräcdt, die Tugend ver-
kannt und das Verdienſt gemißhandelt: fü find wir —
falls wir nicht feſt v. d. weiſen Reg. Gottes übers
zeugt find, nicht. im Stande, die Unfrigen zu beruhis
gen, weil wir felbft der beſten Beruhigungsgrunde
entbehren.
Der Gl. an die V. enthält alfo für ieden Srommen-
die allerwichtigften Gründe, ſtets froh zu ſeyn. Er
| verdoppelt den fröhlichen Genuß unferer ſinnl. Ers
goͤtzungen und flößt zugleich eine befcheidene Vorſicht
bey denſelben ein.
c) Dieſer Gl. ſichert die Erwartung der — un⸗
ſers Gebets, ſ. ik Betrachtt. üb. d. Lehren. d.
Hel. 2er B. ©.
d) Diefer eine BE allen Selbſtmord, und be—⸗
wegt uns fuͤr die Erhaltung unſers Lebens alle Vor—
ſicht zu beweiſen, und verſtaͤrkt ben, großen Leiden die
Hoffnung auf ein anderes beſſeres Leben.
gl. über a) und b) Doͤderlein?s Rel.-Unterr.
Th. VIII ©. 235-294; ©. B. Berckhan über Jer.
10, 23: vom Einfl. d. goͤttl. Vorſ. anf den Gang uns.
“& Lebens und unferer Schickfale, Magdeb. 1786. 8.
8. 2. ©. Lommatſch vom hohen Werth des Glau-
bens an die göttl, Vorſehung. Oſchatz 1802. gr. 8.
(2 gr.)
Es ift daher diefer Gründe wegen nothw., an eine
göttl. Surfen. zu glauben. Wer an feine Surf glaubt,
greift entweder zu den allerfchlechteften Mitteln, um
ſich zu helfen, mweil er nicht glaubt, daß andere übrig
find; — und fo veranlaße der Unglaube große Vers
brechen, durch die man fich retten will; — oder er
fucht fich des Gefühle feines Elendes durch gewalts
fame Handl. mit einemmale zu entledigen, u. fo führt
Unyl. und das Verzagen an Gott — zuweilen zum
Selbfimord, Matth. 27, 4. 5. Die Gewohnung
Gott zu vertrauen If alfo ein Mittel, ſich vor
Laftern zu bewahren,
Dal.
BV. 3 577
Dorfehung, (die görtl. — Anmendung diefer Lehre.)
Dal. Kayſer's Dredd. üb. die wichtigften Gfau-
benslehren, Zeiz ıgor. Nr. ı. „über die Rothw. des
Gl. an eine goͤttl. Vorſ.“
Deshalb muß man ſich
2) von allen und ieden Zweifeln an der goͤttl.
Fuͤrſ. frey zu machen und ſich v. d. Gewißh.
derſelben zu überzeugen ſuchen. Man muß
on fie glauben. (wegen VI. und VII.)
a) Man Iöfe fich erft die ung in der Lehre v. d. goͤttl.
Fuͤrſ. aufſtoßenden Zweifel. Gott hat es uns nie
unterſagt, über Lehren nachzudenken, die ung dunkel
ſcheinen, ſondern wir ſollen Wahrh. fuchen. Bon
demienigen Baum, um welchen Häufer ftehen, u. der beym
Sturme deshalb fliehen bleibt, kann man nicht fagen,
daß er feſte Wurzeln gefaßt Habe, fondern nur von
dem, welcher auf freiem Selde ſteht, und der, wenn die
Winde um ihn braufen, dennoch ſtehen bleibt. Die
Zweifel ſind die uns erſchuͤtternden Stürme. Schlieſ—
ſen wir uns vor ihnen ein, ſo ſtehen wir in Gefahr,
unvermuthet uͤberfallen zu werden; haben wir uns
nicht fruͤh dagegen verwaͤhrt, ſo werden wir zur Zeit
des Sturms nicht ſtille ſtehen. Man loͤſe ſich deshalb
fruͤh die Zweifel, denn wir ſind nicht in allen Zeiten
in der Faſſung, ſie aufzuloͤſen. Es iſt nicht die rechte
Zeit, wenn man erſt im uͤnglaͤck pruͤfen will, ob Gott
auch fuͤr uns ſorge, ob er auf unſer Beſtes bedacht
ſey; iſt man aber ſchon vorher uͤberzeugt, daß er un—
fer Vatex iſt, jo wirft man ſich ihm zur Zeit der Leis
den gleichfam ın feine Arme und —— es ihm, wie
er es mit uns machen will.
b) Eine richtige Erwaͤgung von VI. und VI. oben®
S. 552 f. u. 567 f. fann ung alle Zweifel an der ıc.
benehmen. Dur beachte man eg, daß man nide
von d Borf Wunder erwarten und fie fid
fogleich, als es der feidende oder derienige,
dem Unrecht geſchehen if, hofft, für ihn ver-
wenden u. ibm beyfiehen fol Man lerne von
David in Keiden Gott: vertrauen und vom Abrah. das
Liebſte aufopfern. Iſt uns etwas in der W raͤthſelhaft,
ſo denke man, daß uns bey der Eingefchränftheit un⸗
ſers Verſt. nicht alles helle ſeyn koͤnne. Wollten wir
Chriſtl. ©, Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. Ve Do
‚578 V.
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung Diefer Lehre, YA
Gottes Reg. ganz erkennen, fo müßten wir Gott ſelbſt
ſeyn. — Um diefes erfuͤllen zu koͤnnen, nehme man
c) die Spuren v. d. goͤttl. Sürf ind Welt
wahr. Wohnt Gott gleich in einem für ung un—
Durchdringlichen Echte, fo fehn wir doch in unferm
Leben von allen Seiten einen Schimmer feines goͤttl.
Glanzes, und derſelbe ift ffarf und reigend genug, um
durch Die Wolken zu dringen, die unfern Verſt. uns
huͤllen und ihn verbergen. Man bemerfe nur die Zeit
und den Drt, wann und wo jede Kraft wirft — die
unerwarfefe Zufammenfettung der Miftelurfachen, die
mannigfaltige Abänderung dieſer Zuſammenkettung,
wie durch einen langſamen — faſt unmerklich fort—
ſchreitenden Zuſammenfluß der Mittelurſachen eine uns
in Erſtaunen ſetzende Wirkung entſteht — u. wie die
Begebb. eine aller menſchlichen Klugheit unerwartete
und unerklaͤrliche Wendung nehmen ; — fie eine ger
ringe Mittelurfache gerade zu der Zeit wirkt, wo fie
Anlaß zu wichtigen Umwaͤlzungen wird; — wie Die
Hleinften Begebb. oft Dinge ausrichten, die ung ohne
Wunder unmöglich fcheinen -— mie durch eine Zuſam⸗
menfettung von Urfachen Iafterh. Handl. zum Guten
gelenkt, wie Anfchläge, ung unglücl. zu machen, ver⸗
eitelt und in beilfame verwandelt werden *). Man
bemerfe auch die moralifchen Gänge der Dorf. —
wie unerwartete außere Urfachen den M. veranlaf-
fen, mider feine Abficht eftwag Gutes zu fhun, und
etwas Boͤſes zu unterlaffen; — wie ung oft Gedan—
ken überrafchen, die unfern Entfchließungen plöglich
ai ganz andere und heilfame Richtung geben; Pf.
3, 155 — wie weiße den boͤſen M. und ihren vos
4J beiten die fchicklichfte Zeit und Graͤnze gefeßt wird; —
wie Vergehungen, -Sehler und Laſter einzelner M. un—
vermuthet zum Beſten des Ganzen augfchlagen; wie
Tugendhafte gerade zur bequemſten Zeit, am fehicklich-
fien Ort und im der beften Berbindung in der Weir
auftreten; — wie oft die liſtigſten Anfchläge vereitelt,
und gerade zum Gegentheil gelenft werden; mie bie
feinfte Weltflugheit zur Eindifchen Thorheit wird;
*) D. ©. Leß in f. or. Nel.- Theorie, Zte A. führt ©.
374. Davon. einige wichtige geſchichtl. Bepfpiele an,
V. 579
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung dieſer Lehre.)
ia wie, wenn eg die Nbf. der 2 Vorſeh. erfordert, alle
Begebb. der Welt ſich darnach fuͤgen muͤſſen, und wie
alle ſelbſt entgegengeſetzte menſchl. Änſtalten das befoͤr—
dern helfen, was fie verhindern ſolten, Hiob 9, 4 *).
Wie oft werden Die, welche zum Berderben reif ind,
won einem Schwindelgeiſt befa llen! u. ſ. f. — Achtet
man auf die goͤttl. Vorſeh. genau, ſo findet man, wie
uns dieſes oder ienes vermeinte Gluͤck würde geſchadet
haben, und wie uns hingegen mancher Mangel und
manches Bofe zum Mittel unferer Wohlfahrt dienen
mußte! Bey einer folchen Anfmerff. auf die Spuren
der Vorſ. im Laufe der Begebb. werden wir in dem,
f
was Unmiffende u, Gedankenlofe zufellu. Schick⸗
fal nennen, eme Uunſicht b. Hand gewahr werden,
welche die menfchl. Augelegenhb. gleich Wafferbechen
leitet und lenkt: Was uns dann noch dunkel bleibt,
das wird uns einſt die Ewigkeit aufhellen. Dieſes
Achtgeben auf die Spuren der Vorſ. iſt nothwendig,
denn theils macht es den Gl. an die Vorſ. bey uns
lebhaft und wirkſam, theils ſetzt es ung in dem
Stand, auch Andere in diefem Glauben su ſtaͤrken.
d) Man muß aan SI. fo feſt bey fich begründen, daß
er durch Feinen Vorfall, felbft nicht bey langwierigen
Leiden, ſelbſt nicht beym Anblick unfchuldig Leidender
aufhöre. Man balte unerfchüsterlich feſt an diefem
Glauben, denn — aa) langwierige Leiden find
nicht fehr haufig, find nicht immer ganz unverſchul⸗
det, und fie find nicht ohne mannichfaltige Erleichtes
rung. Bol. Magaz. f. Pred. Xlr Th. Rr. 27. ©.
299-305 3 „Rechtfert. Gottes wegen langwieriger Lei—
den“ uͤb. Ev. am 24 S. n. Tr. — bb) Sieht man
auch Andere fo aubaltend und fo fehr vieles leiden,
daß es fiheint, als ob die Vorfehung recht eigentlich
fie zum Elend beftimme habe, fo muß man’ doch dabey
denken: a) daß es uns an deutl. und vollſt. Begriffen
vom Innern Zuſtand folcher M. fehle; — 4) daß Die
&füeklichen nichts von Belange vor den Ungluͤcklichen
voraus haben, und — y) daß Gluͤckliche und Unglück.
& z 2 _
*) Auch davon führt Lef a. a. O. ©. 375. 76. verb. mit
©. 376.. Ann. einige Benfpiele anz vgl. Lange und
Schöner Vorſchr. des vern, Chriſtenth. ©, 2 ——
o 2
— — —
580 V.
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung dieſer Lehre.)
einſt an einem großen Ziele zur ewigen Gluͤckſeligk.,
- zur Gemeinfeh. mit Gott, Jefus und allen Seligen
zu ſammentreffen werden; vgl. Mag. f. Bred. ri.
Tr. IX. ©. 95-105: „mie man die hartfcheinenden
Schick. anderer M. beurtheilen muß, um in ſ. Glau—
ben an die Vorf. nicht irre zu terden, über I Theſſ.
4, 13⸗17 oder Ep. am 2
3) Weil die Lehre ©. d. goͤttl. V. fo wichtig. für uns
ſere Rel., für unfer Leben und unfere Ruhe iſt: fo
müffen wir billigdanfbargegen Gottſeyn,
theils wegen der hellen und gewiſſen Erk. von dieſer
Lehre, theils wegen der guͤtigen weiſen Leitungen
Gottes in unſerm Leben. Sind wir gluͤcklich, geehrt,
geſund, beguͤtert; ſo erkenne man, wie das alles von
Gott herkomme. Man haͤlte ſich nicht fuͤr den Urhe—
ber feines Gluͤcts. Man iſt das fo wenig, als der
Urheber unfers Dafeyns. Sind wir auch für unfer
Wohl ehatig, fo find wir es nur durch Gottes Bey-
fiand. Ihm verdanfen wir unfer Seyn und alles
Gute. Er thut ung immer Gutes. Unfer Danf höre
alfo auch nicht auf. Derfelbe darf fich nicht in un»
° ferm Herzen verfchließen. Nein, unfer Leben müffe
Gott preifen. Man freue fi), daR man unter Gott
ſteht; denn er ift der Weifefte, Mächtigfte, Gütigfte u.
Vollkommenſte. fe großer und volfommner aber der-
ienige ift, welchen man unterworfen ift, defto mehr
fann u. fol man fich über einen folchen u. fo großen
Herren freuen. Denfe eg dir, Ehrift: er ift auch dein
Herr, Dein Megierer, ift auch dein meifefter, gütigfter
und vollfommenfter Gott, der alles lenkt und regiert.
Da die ewige Zürf. auch an dich gedacht und dir
in der prachtvollen Welt der Kebenden auch dein
Dafeyn u. Leben zu deinem Wohlfeyn beftimme hat —
da auch für dich die Natur gefchäftig ift: — fo 9%
nieße auch’d u das viele Gute, was du am keibe, an _
Gefundh., Bildung, Sinnen, Kräften und dem Geifte
nach, an Verſt. Gedachtniß u. f. m. befigeft, nie un:
empfindlich, Sieh es als Gaben Gottes, deines Schoͤ—
pferg, an. Werde dadurch zur Erfüllung der Abſich—
ten Gottes gerührt *). Wahrlich der Gott, der ung
*) Vgl. Reimarus a. a. O. 5. 9. ©, 694:96.
V. 581
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung dieſer Lehre.)
fkennt, uns alle und alle feine Geſchoͤpfe liebt und un—
ſere Schickſ. mit weiſer Guͤte zum Beſten leitet, ver—
dient unſere Gegenliebe.
4) Man vertraue, weil eine goͤttl. Vorſ. iſt, Bett⸗
| * beruhige ſich durch den Gl. an dieſelbe in Leiden,
I Betr. 5, 75; Bf. 37, 5. Denn a) wenn Gott die
ſorglos herumfliegenden Vogel dennoch ihr Futter fins
den läßt, wie vielmehr wird er dann uns M. die wir
vor allen Erdengefchöpfen fo hohe Vorzüge haben und
für eine ewige Daner beftimmt find, verforgen, und
ung zum Glüde leiten! Wir müffen alfo fo wenig
aͤngſtlich wegen unſers Unterhalts als auch wegen der
glückl. Entwickelung unſerer mißlich ſcheinenden Schickſ.
bekuͤmmert ſeyn, und nicht gar zu aͤngſtlich fuͤr unſer
Gluͤck ſorgen. Die Vorſtellung: Gott, der das Ganze
weife und gütig beherrfcht, wırd auch mich zärtlich
verforgen, bewege ung, recht herzlich auf ihn — auch
in Leiden zu vertrauen. Man überlaffe dag Zulünf-
tige, was man weder vorherfehen noch ändern kann,
dem großen Weltreg. unbeforgt, und hoffe das Beſte.
Will er ung leiden laffen, fo glaube man an den Rus»
zen der Leiden. Man denfe bey allen feinen Unterneh
mungen an ibn, oder befehle ihm feine Wege, Jac.
4 13216. man beforge gefroft und mit Freude feine
Angelegenheiten. — Wie wohl ift man daran, — wie
ruhig, wenn man Gott vertraut. Wie verfügt dag
Gottvertr. iedeg Gute, welches man genießt. Es ıf
ein Stand» haltender Felſen. Weg mit allen zerbrechl.
Stuͤtzen: Verftand, Keichth., Familie, Gefchieflichfeit
und Stärfe, ihr feyd nur ein wanfender Rohrſtab, auf
deſſen fcharfer Spitze — die Ruhe — die Hoffnung
bluten: — b) Man denfe e8 fih in Leiden, in
Krankh., bey Armuth, bey erfahener Treulofigfeit,
Salfchheit, Unbeftandigfeit und Unger. Underer, bey
Berkennung, Verachtung und Verfolgung — während
der empfindlichften Schmerzen lebhaft: „Sort iſt nahe
allen feinen Gefchöpfen ;? man kann verſichert feyn,
daß er uns bey der Menge von Gefahren, womit wir
durch Natur, M—willführ bedroht find, beyſtehen
will, weil er ſie weiß u. fein Geſchoͤpf nicht verſaͤumt,
und beyſtehen kann, weil er allmaͤchtig if Man
denfe es, daß er mie ein Leiden unfere Kräfte übers
/
582 V.
Vorfehung, (die goͤttl. — Anwendung biefer dehre.)
ng läßt; Matth. 6, 25 f.5 10, 29. 30; I Cor. 10,
13; Ef 41, 10; Ebr. 13,5
Man darf nie der —* Norf. gleichfam von vorne
her ——— und beſtimmen, wie ſie handeln muͤſſe ſe,
Eſ. 55, 8. Man muß ihr nicht unſere Art, wie wir
etwa handeln würden, unterfcehieben, nicht nach menſchl.
Schwachhh. und Unsollf. die Abfichten Gottes beur—⸗
theilen. Man muß vielmehr Gottes Gang mehr auf-
ſuchen, als ihn vorher beflimmen. Denn wie wenig
ift ung bekannt, wie thericht find oft unſere Wüns
fehe, wie eitel die Entwürfe, die wır machen!
5) Man fuche die Borf. nicht bios in ungewöhnlichen
und außerordentlichen Ballen, fondern in dem gewoͤhn—
lichen Kaufe der Natur, oder man glaube nicht, daß
die Vorſehung Ausnahmen von der einmal gewählten
Ordnung der Dinge mache, ihre weifen Gefege auf:
hebe, Wunder verrichte und ihre weiſe goͤttliche Kath
fchlüffe veröndere. Man gewehne fih, nicht blog da
Gottes Vorfehung zu erfennen, wo fich etwas nach)
ungewehnl. Urfachen und Gefegen zutraͤgt, ſondern
man glaube, daß e8 ber gott. Weish ſehr gemaͤß iſt,
die vorhandenen Mittel gu feinen Zwecken gu benutzen.
Es fommt ia nicht auf das Vertrauen der M. und
deffen Stärfe an, um eine unmittelb. Häülfe Gottes zu
‚ erlangen, und e8 wird fein fefter Glaube Wunder zu
unferm Beſten bewirken, oder wohl gar uns ſelbſt
MWunverfräfte verfchaffen können. Dazu berechtigt bie
h. Schrift uns nicht, fie heißt ung mohl auf Gottes
Beyſtand trauen, fie fagt uns Gottes Hülfe zu, ver—
- fihert ung aber nirgends eine Unterftüßung durch
under, f. oben d. Art. Allmacht Gottes, IV.
iv Th. ©. 103 und Regierung Gottes, IV. 4
ar Th. S. 342.
dan gebrauche vielmehr die gehoͤrigen
Mittel, Weish. 14, 3-5. Gott hat zwar dem M.
feinen Beyſtand verheißen, - aber nicht ieder Faule,
Saumſelige, ——— und Leichtſinnige kann ſich
dieſe Zuſage zueignen. Der Traͤge, Betruͤgeriſche und
Ungerechte Tann ſich —* Gottes Beyſtand verſprechen,
welcher blos demienigen zugeſagt iſt, der bey der Ber:
richtung f. Geſchaͤfte treu und redlich iſt. Der Muͤſ—
fige und Traͤge kann ſich den verſprochenen Gegen.
\
; A a 83
Borfehung, (die görtl. — Anwendung dieſer Lehre.)
der Arbeit und der redl. Bemühung, gut in der Welt
fortzufommen, unmoͤglich zueignen oder verfprechen ;
dieß kann nur allein der Rechtſchaffene. Man muß
alſo nicht die Bedingung verſaͤumen. Ueber das Ge—
rede Vieler: die Vorſehung wacht fuͤr den M., darf
der M. nicht ſchlafen.
6) Man ſchreibe nie das auf die Rechnung der Vor⸗
fehung, und fehe nie das ale eine unmittelb. Wir:
fung verfelben an, weg feinen naͤchſten Grund im Ver:
Halten des M. ſelbſt bat. Der Kranke, welcher ſich
ſelbſt die Leiden zuzog, darf nicht die Vorſehung an—
klagen. Sie ſchickt ihm ſ. K. nicht ne nd zu,
er felbft hat fie durch fein vorhergehendes Verhalten
veranlaßt. Der, fo feine Sr. verwahrloft, iſt die
nächfte Urfache davon. Der Verſchwender klage fich
ſelbſt an als die lirfache feines fehlechten Schickſals.
uf der andern Seite ſehe man aber dasienige, was
Gott fhut, nicht an, als haften es M. gethan, —8.
daß der, welchem ein großes Ungl. wiederfährt, ein
großer Sünder ,:8509.:97 2.37 ie 13a 35
- Alles als ein Werk der Vorf, darfiellen, heißt ten Unaufgeklaͤrten in
‚ein Labyrinth von Zweifeln verwideln.
2 Spt der GI. an die Vorfehung an ung feine ganze
wohlthaͤtige und beruhigende Kraft äußern, fo muß
man fromm und rechtfchaffen zu werden fuchen, ober
fih zur GSittlichkeit erheben. Denn wenn wir unun—
terbrochen unter der genaueften Aufficht Gottes ſtehen,
ſo muͤſſen wir alle — Geſinnungen, alle boͤſen
Abſichten und ſchaͤndl. Thaten meiden. Wer es weiß,
daß Gott unſere Shaten kennt, und alles Boͤſe be—
ſtraft, daß der M. ieden A—blick unter feiner Aufſicht
ſteht, muß fromm ſeyn, oder redlich vor Gott wan—
deln. Dann kann man ſich auch Kraft zur Verede—
lung des Herzens von ihm verſprechen. Verlebt man
auch — der Welt unbekannt, fromm ſeine Tage, oder
Tann man das Gute, was man gern ſtiften möchte,
nicht zu Stande bringen, fo kennt ung doch Gott, u
man kann dem. ſeinen Lieblingen vorbehaltenen —
entgegen ſehen. — Wie koͤnnte man aber, wenn man
ſich dem Laſter ergibt, auf Gott hoffen?!
S. Gierig a. a. D. ©, 5-7. |
584 V.
Vorſehung, (die goͤttl. — Anwendung dieſer Lehre.)
8) Der Gl. an — — bewahre uns vor allem Uebermuth.
a) Unſer Gluͤck, das Gelingen unſerer Arbeiten, der
Fortgang unferer Unternehmungen lege man nicht un⸗
ferer Klugheit und DBetriebfamfeit allein, fondern zus
gleich der mohlthätigen Verbindung der Umftände, den
güfigen Zeitungen des Weltregenten bey. Man bilde
fih nichts ein, fondern fühle ſtets feine Abhängigkeit
von Gott. Was wir fuchen, wolle man bey ihm und
durch ihn fuchen; was wir unternehmen, wollen wir
nach feinem Willen anfangen, und nicht glauben, daß
wir allein etwas durch ung felbft erringen, Vergl.
Pfranger’s verm. Predd. gr Ih. Ne 2. ©. 98=
107: Gottes Fuͤrſorge fuͤr uns als der dringendſte
Beweggr. ung zu demuͤthigen ec. I Betr. 5,7. — b)
Ale M. fiehen unter Gottes Borf. Dieß flöße ung
Achtung gegen die Geringften unter unfern Brüdern
ein, um fie, die auch Gegenſtſt. der genaueften Surf.
Gottes find, edel zu behandeln. Wir dürfen fie nicht
verachten, ſtolz mißhandeln, untertreten 2c. denn fie
haben ihre Geburt und ihren Stand fo wenig waͤhlen
fönnen, als wir unfer Dafeyn und unfern Nang un
ter M. vor unferer Geburt gewaͤhlet haben oder un—
ſern Verdienſten beymeſſen fünnen. Hat ung Gott
über fie erhoben, fo danfe man ihm, aber man laffe
e8 ihnen wie fehmerzlich fühlen, daß man über fie er—
höhi if. Sind wir aber unter unfere Mitm. ernie-
drigt, fo werde man nicht darüber unmillig. Gott
wußte beſſer, was uns erſprieslich ſeyn wuͤrde, als
wir ſelbſt. Man ehre ſie näch Gottes Willen, ſey in
feinem geringern Berufe zufrieden und ſtill, und ar—
beite unermuͤdet zum Beften der Welt. Dann ift man
in der Stille groß. i
Vol. Martinis Predd. nach bibl. Grundſ. 1797.
Kr. 4: vom Derhalten des Chriften gegen die Vorf.;
Ammon's Nel.Dortrage 38 Banddh. Nr. ı. ©. 8%
23: die Sruchrbark. d. hr. Betrachtt. über die gottl.
Vorficht (Vorſehung) bey großen Weltbegebenhh.
Ueber I— VII. vol. Softer’8 Reden üb. wicht.
MWahrbh. dv. hr. el. zer Th. Nr. 13 und 14. ©.
286 f. u. 302: f.: „Betr. uͤb. d. Lehre v. der beſond.
Surfehung ;“ Goͤtze nügl. Alferley, ır Th. Nr. 24:
„uber die Borf. Gottes, weiche alle Umftft. fo gut zu
Ps
f
V. W. 585
Woeſorge Wahrhaftigkeit Gottes.
gebrauchen weiß;“ Dahlenburg's Philoſ. u. Rel.
zr Th. S. 394 f.; Salzmann's Gottesverehrr.
te Samml. Nr. 46. ©. 101-115; (G. Gefners)
Morgenftunden sc. 1797. ©. 9:23: „über Vorſ. und
Glaube an diefelbe;“ 8 9. Jacobs verm. philof,
Abhh. aus d. Teleologie, Yolik, Rel.-Lehre u. Moral,
Halle 1797. Nr. 8. ©. 257:Ende ; „Ariſtaͤus, oder uͤber
die Vorſehung,“ ein — Geſpraͤch; Große Glaube
und Dfl. des Chr. 1795. ©. 94 ff.: Es ift e. Vorf.,
die alles regiert, — ebend ©. 103:112: ‚daß
fich. die goͤttl. Vorſ. auch auf die geringfts n Vorfälle
des wi Lebens erſtrecke;“ Wagnitz Rel.-Lehre
BB. hr. 38; ©. 295 f-5 Rr.:40. ©: 318 ff;
a, BEER: 42 5: N. ©.
339 f.; Rr. 46. ©. 356 7.3 I 749.: SG; - 400 f.5 Nr.
ER FZEE Zr f. und Nr. 4. G.
Ge
Vorſorge (Fuͤrſorge) Gottes, Pf. 145, 15. 16.
Iſt die Erhaltung der lebendigen Geſchoͤpfe, fo weit
febuns dazu mitwirkt. S. Erbaltung und Vor—
e
Val. race 8 Pred.-Entww. üb. d. Ev. Texte
1798. ©. 245 f. „Gott ſorgt als Vater var — M.“
üb. d. Ev. am 15 ©. n. Te; D. Sr. PB. Rein»
hards 1798 geh. Predd. ır B. Sulzb. — Tr. 4.
©. 65:80: vern. achdenfen über die Wunder eines
hoͤhern Schußes, die tägl. mit ung vorgehen, im
ping in Polis Darſt. d. Reinh. Echrf. ır Th. ©
492 f.
IB,
Wahrheit (Verdienfte Jeſu um die religiöfe Wahr-
heit der M.) f. Sefus. UL. 1. 2. zr Th. © ©, ı7ı f.
Wahrhaftigkeit (Treue) Gottes, IV Mof. 23,
19; 1 Sam. ı5, 29. (über diefe beyden Stellen
vgl. man Exeget. Handb. der bibl. Beweisſtellen
v. d. Dogm. 2r Th. ıjte Abth. ©. 170 f. 172.
586 I W.
Wahrhaftigkeit Gottes, (mas iſt dieſelbe?)
Das oben im Art, Unveraͤnderlichkt. Gottes Sefaste ie mit
diefen Art. zu vergleichen,
©. Döderfein’s inft. Th. chr, E: . 5. 94 ©. 349 7353;
deſſelben Rel.-Unterr. IH. V. S. 97. ©. 163:176; Eder
mann’s Handb. or B, ©, 326: 40.
„Wahrhaftigkeit (Gottes) if, fo weit es ein moral, Begriff ift,
‚Schon in der Heilige. enthalten, aber Feiner beſtimmten prakt.
„Erklaͤrung, als Praͤdicat der Gottheit fähig, und Eeine eins
„zelne Thatſache darf daraus beftinumt, oder darnach beurtheilt
„werden, Die Zheol. haben gerade dieſe einzente menſchl.
„zugend beſonders angeführt und Gott beygelegt, blos um. der
„Offenb. willen, in welcher Abſicht man biefen Begriff nöthig
„zu haben meynte. Gie ift das Verhaͤltniß der goͤttl. Heilig⸗
„keit zur Wahrheit, als einem Zweck vernünftiger Weſen.“
C. C. € Shmid’s Verf. einer Moralphiloſ. Ste U. Tena
1795. gr. 8. ©. 381. 82. Freilich if nach die Wahrh. Got⸗
tes nicht als eine befondere Eigenſch. Gottes anzuſehen, ſon⸗
dern in der Heiligk. und Gerechtigk. Gottes enthalten. Allein
eine iede Eigenſch. Gottes ift nicht als etwas Getrenntes oder
für ſich Beſtehendes anzufehen. Iſt nicht die Gerechtigk. Got⸗
tes auch mit ſeiner Heiligk. eins und daſſelbe? Freilich iſt es
nicht gut, die Eigenſchaften Gottes zu vervielfaͤltigen und da—
von eine gar zu lange Reihe darzuſtellen; aber welcher M.
vermag alle Eigenſchaften Gottes in deutlichen Begriffen zu
gleicher Zeit ſich vorzuſtellen? Ueberdieß iſt eine beſondere Bez
lehrung uͤber die Wahrhaftigkeit wegen Nr IV, (untem ſehr
wohlthaͤtig. Die W. iſt doch eine nähere und beſtimmtere
Aeußerung von f. Heiligkeit,
Han kann dieſe Eigenfchaft Gottes auch als eine andere Benen⸗
nung der Allgüte Gottes betrachten. Gott bleibt nämlich in
ſeiner Liebe unveraͤnderlich.
J. Was iſt die Wahrhaftigkeit (Auverläfigkeit)
Gottes?
Wir M. nennen dieienige Perſon wahrhaftig,
welche redet, was wahr. ift, dabey bleibt und deren
ſaͤmmtliche Aeußerungen (Reden) mit ihrem Gedanken.
und Geſinnungen ubereinftimmen, und welche zuver—
laͤßig in ihren Verſprechungen ift. Dieß ift auch der
Hall in Rucficht Gotte2, nur daß Gott unendlid
über alles, mas in unferer Sprache wahrhaftig und
zuverlaͤßig heißt, erhaben iſt. Gottes IB. und Unver:
anderlichkeie ift demnach die Zuverlaͤßigk. in feinen
efehrungen, Berficherungen, Borfchriften, in feinen
Verheißungen und Veranfaltungen. er har das voll-
kommenſte Wohlgefallen an Wahrheit.
| W. | 587
Wahrhaftigkeit Gottes, (was ift diefelbe?)
1) Gottes Belchrungen find untrüglihe Wahrheit und
fie ſtimmen genau u. guverläffig mit f. untruͤgl. Wif-
fen überein. Es iſt unmoglich, daß er ung in f. durd)
die Dffenb. ertheilten Unterricht in Irrthum ſtuͤrzen
Ze 883 ob. 17, 17; Sin, 2):—
Sein Unterricht enthäle Feine Unwahrheit und feinen
MWiderfpruch, Ebr. 6, 18; Df. 33,4. Wenn er den Di.
etwas zu erkennen gibt, oder ihnen feine Meinung auf
irgend eine Ark anzeigen läßt, daß etwas fo fey, oder
daß er fo und nicht anders geſinnt ift, oder daß. ex
Diefes oder ienes gethan, dieſes oder ienes vermieden
Haben wolle, fo ift eg auch iedesmal wirflich fo, wie
er 28 anzeigen ließ. Von ihm ift nur reine Wahrheit
zu erwarten; auf feine Belehrungen kann man fic)
feſt verlaffen. Da er immer fo handelt, wie er es u.
zwar immer gut mit ung meint, fo kann man Gott
auch Aufrichtigfeit, und da er bey feinem Berfahren
gar feine unvechtmäßigen Mittel anwendet und fo ver—
fahrt, alg man erwarten Fann, auch Redlichkeit bey—
legen. |
2) Alle feine Berbeiff. und Zuſagen, d. h. alle
feine Erklärungen über das, was er von Emwigf. ber
zu thun Willens gemwefen ift, und alle menfchliche —
in einer richtigen Erfenntniß Gottes und f. Willens
gegründete Erwartt. u. Hoffnungen zu und von Gott
und f. Güte, zu welchen M. durch ihren Verſtand und
ihr vernuͤnftiges Nachdenfen oder durch den Unter»
‚richt anderer M. erweckt worden find; deggleihen
f. Drohungen und Strafen — find gewiß.
Er hält und erfülle f. Verbh. und Drohungen zur
rechten Zeit pünktlich. Sie werden wahr. Sein Vers
fahren ſtimmt mit feinem Willen überein, IV Mof. 23,
19; Pf. 33, 45; 1 Sam. 15, 19; Ebr. 4, 14; & 1855
II Kor. 1, 18:20. Deswegen beißt Gott treu, oder
ihm wird Treue (die dem Wankelmnth u. der Veraͤn—
‚derlichkeit nicht blog in der Liebe, fondern in den Zu—
„jagen entgegenftehe) beygelegt, Nom. 3, 3; I Kor. 1,
9.10. 135 U Sor. 1, 185 1.Sheff, 5:24; II Sheff.
3,2; 11 Zim. 3.135 Ebr. 10, 23. Gottes Treue
ift die Genauigkeit in Erfüllung f. ZJufagen, 1 Tim.
2, 13. Man fann Gott deshalb auch rechtfchaffen
nennen; denn feine Handl. ſtimmen genau mie feinen
588 | W.
Wahrhaftigfeit Gottes, (was iſt dieſelbe?)
- Morten überein. Sein Wollen ift unveränderlich.
Er Hält über fein Wort und über die einmal zu uns
ferm Heil fefigefeßfe Ordnung. Er bleibt immer der-
felbe Gute und Heilige, der den Bund und Barmher:
zigkeit halt. „Wir M. miffen vieles nicht, was Gott
„von Ewigk. gewollt babe, oder wir wiſſen es nur
„wahrſcheinlich und vermuthen eg nur. Um zu wiſ—⸗
„ſen, daß es fein Wille — und zwar von ieher ge—
„weſen ſey, dieſes oder ienes (an uns) zu thun, bat
per 1 ch über viele Dinge wortlich erklärt, er hat es °
„verheißen, daß etwas gefchehen folle u. werde. Die
„it von €. her fein Wille geweſen. Es laͤßt fe) °
aber feine augsdrüdiiche Verheißung Gottes
„denken, als die mit Worten auf eine dem M. faß⸗
„liche Ark gefchieht. Daher enthalt die Offenb. durch
„Worte gegebene ausdrückliche Erflärungen Gottes
„uber dag, was er thun werde, d. h. ne
„Jede Verheißung hat die Erflärung bey fich: ich
„werde es thun, oder ich werde dag, was ich ver-
heißen babe, halten. Bey Gott flimmen Neben und
„Thaten mit einander — er ift wahrhaftig —
Daß ſich Gott iedesmal bey ſeinen Aeußerungen nach den iedesmali⸗
gen Umſtaͤnden, Faͤhigkeiten, Schwachhh. und Vortheilen der
Geichöpfe bequemt und weile herabgelaſſen, und ſich nach
den unſchaͤdlichen Vorſtellungen der M. gerichtet habe, ſtreitet
keinesweges mit dieſer Eigenſchaft. Gott kann daher, wenn
es die Wohlfahrt der Geſchoͤpfe erfordert, manches verſchwei—⸗
gen, manches zweideutig und unneftiimmt ausdruͤcken, und fich
in allen Stuͤcken wie ein weifer Erzieher gegen feinen Lehrs
ling verhalten. Auch dadurch wird nidyt Gottes Wahrhaftige.
aufgehoben, daß er bedingungsweife gegebene Verfündigungen,
vobungen und Verheißungen bey dem Ausbleiben der Bedin—
gung nicht erfüllt oder vollzieht, Ier. 18, 75 Jonas I; 3,10.
desal., daß er willkuͤhrl. Gefege abändern lieb. Deshalb, daß
er Verh. nicht erfüllt, Drohh. nicht vollzogen bat, folgt nicht, |
dab man annehmen dürfe, daB ihn etwas g ereuet babe, und |
daß fein Wille wandelbar ſey. Diefer freilicd im a. T. cl Moſ. |
6, 5. 7. und a. a. D.) vorkommende Ausdr. ift uneigentlich
zu nehmen, Es wird dadurch Gott nicht die unangenehme |
beunrubigende menſchl. Empfind. der Reue bepgelegt, fondern
dadurch folhe Wirkungen bezeichnet, welche die Neue bey deu Ä
M. bat, Gereuet biefen eine Handl., jo fuchen fie die Folgen
= gu — —
a a ke a NG
*) Morus Borlef. über d. theol. Mor, 2 B. ©, 145,
W. 589
Wahrhaftigkeit Gottes, (Beweiſe für Diefelbe.)
davon wegzufchaffen, zu entfernen, zu zerfidren, fie auf irgend
eine Art, wenn und fo viel fie Eonnen, aufzuheben, z. B.
I Divf. 6, 6. beißt fo viel, als: ich werde die M. umkommen
laffen, wie dieſes auch V. 7. fiebt. Man beachte dabey ten
finnt. Ausdruck der Borwelt, wornach fogar reuen durch
beſeufzen gegeben ward.
In der Kindheit dachten fi die M. die Vorſ. nicht mit der Vor—
ſtellung d. allg. Vorherſehung und ewiger Rathſchluͤſſe. Sie
maßen die Gottheit nach ihrer Schwachheit ab, denn bey uns
M. erfolgt der Wille nach und nach. Sie nahmen bey ieder
Berand. in d. Nat, und im Mleben auch Veraͤndd. in Gott
en. Sn bald fie das Vorhergehende zerfiört u. ihre Erwartt,
nicht esfält fagen, nahmen fie eine Neue in Gott an. — —
II. Bemweife für die Wahrh. Gottes.
ı) Schon bey ung M. ift in unferer Seele unläugbar
ein MWahrheitsgefühl vorhanden. Wir Haben eine
Abneigung gegen alles Zalfche und Berrügliche. Wie
vielmehr muß dieß bey dem vollfommenften Wefen
feyn. Uns M. gereiht e8 auch fhon zum Nuhme,
wenn man ehrlich, freu — wahrhaftig ift, wie viels
von muß Gott auf das vollfommenfte diefe Eigenſch.
aben.
2) Die ganze h. Schrift bemeift die fefte Ueberz. ihrer
frommen Verfaſſer von diefer Eigenſch Gottes. Sie
feßt überall die in derf. vorgetr. Mel.» Kehre, deshalb,
daß fie Lehre von Gott ifl, als untruͤglich- wahr dem
Sirrtb. anderer Voͤlker entgegen. Es ift auch mit der
richtigen Gorftellung von Gott der Gedanfe, daß er
uns täufchen fonne, unvereinbar. Er als der Aliwif:
ſende muß alle Wahrheit untrüglich Fennen. Er will,
daß wir ung um richtige Erf. bemühen und Wahrh.
von Irrth. unterfcheiden follen. Denn dazu gab er
uns Verſt. und Vern. Iſt uns wohl dieſes Vermoͤ⸗
gen zwecklos mitgetheilt? Dieß ſtritte mit ſ. Weisheit.
Durch die Vernunft befiehlt uns Gott
wahrhaftig zu ſeyn! Er gründete das gegenſei—
tige Zutrauen, die brüderl. Vereinigung unter einan—
der auf die Pflicht der Wahrhaftigk., ohne deren Er-
füllung die Sefelieh, nicht beftehen und nicht glückl.
feyn kann. Wie konnte man alfo annehmen, daß er
nicht wahrhaftig fen?
3) Es hat Gott von allem dem, was bey ung Unwahr-
"beit und Unzuverlaͤßigkeit veranlaßt, — an ſich.
⸗
0
Wahrhaftigkeit Gottes, GBeweiſe für diefelbe.)
Wenn der M. die Unmwahrh: fagt: fo thut er dag
nicht immer aus Abficht, fondern weil feine Erf. von
etwas irrig iſt. Deshalb find auch f. Ausfagen da—
von unrichtig. Sagt kemand die Unwahrb. wider f.
beffere Erf. v. d. Sache, um vorfägl. zu lügen, fo
hat er entweder Wohlgefallen an der Unwaährheit,
weil er einmal fo bögartig ift und das Unwahre ihm
gefällt, (dieſer Fall ift felten) oder um für fich einen
Schaden, welchen er befüicchtet, zu verhuͤten und ab»
zumenden, oder um fich einen Vortheil dadurch zu
verfchaffen, welchen er. auf eine rechfmafßige Ark. niche
glaubt erhalten zu Finnen. Allein bey Gore finden
alle diefe drey Falle nicht flat. Er ift almiffend.
Als ſolcher weiß er, ohne zu irren, alles, was fahr
ift, und irrt nie. Er als der Aliheilige muß dag Un-
wahrheitfagen an fich felbft als Bofe und Unrecht
halfen. Als der Allgutige will er die Wahrh. fagen
und als folcher kann er nicht feine Geſchoͤpfe taͤu—
fhen. Als der Allmächtige Fann er Wort und Glaus _
ben halten. | 1 ——
4) In Ruͤckſ. der Verheißungen und Drohungen findet
Gottes Wahrh. deshalb flatt, weil a) alles, was er
zufagt, ſchon in den Gefeßen der Natur aller Dinge
u. unferer eigenen geiftigen Natur gegründet ift, welche
Gefeße — recht verftanden — allerdings zuverläßig
find. — b) Alle Verheiſſ. und Drohh. Gottes in der
heil. Schrift find gegründet auf die fefte Ueberz. von
Gottes Gute, Heiligf., Gerecht. und Alm, als auf
unmwandelbare und in Goft von einander ungertrenn-
liche, und in der vollfommenften Webereinfiimmung zu
denfende Eigenfch., nach welchen Gott gewiß die
möglichft größte Gluͤckſ. des M. auf dem Wege der
Zugend wolle. Alle befondere und einzelne Verhh.
und Drohh. Gottes in der h. Schrift find Anwen»
dungen ienes allg. Nel.- Ölaubens an Gottes MWelt-
regierung nach heiligen, weifen und gütigen Gefesen,
Anwendungen derfelben auf einzelne M. oder auf- Ge—
fellfchaften von M. und auf einzelne Schickſale ber-
felben. — ce) Die Gefchichte erweifee und beftätigt
Gottes Wahrhaftigk. in f. Berheißungen auf vielfache
Art. Man vdenfe an die Gefchichte Abrahams und
offer f. Nachkommen, was ihnen zum Voraus ver⸗
m: 591
Wahrhaftigkeit Gottes, (Beweiſe für diefelbe)
heißen wurde, und mie den Juden dieſe Dinge von
Zeit gu Zeit gewährt wurden. Traf dag, was die
Propheten andern Völkern zum Boraug geſagt haben,
nicht ein? Lieſt man die Gefch. der Perſer, Chaldaͤer,
Aſſyrer und and. Voͤlker, fo findet man, daß das Wir
der Edom u. Moab, für Cyrus (Eores) und die Per—
fer Borausgefagte zugetroyfen if. Den Apofleln war
vorhergeſagt worden, daß fie durch Ausbr. der dir.
el. in allen Erdgegenden ein großes Werk anfangen
und fortführen würden. So, mie es ihnen voraus—
geſagt wurde, fraf e8 ein. Gie würden, hieß es, aus
einer Stadt in die andere getrieben, vor Könige und
Obrigkeiten gezogen werden, um des Namens (Lehre)
Chriſti willen. Das gefihah genau. Das Leben Jeſu
beſtaͤtigt es, daß alles, mas er vorausgeſagt hat,
wirklich erfolgt if, 3. B. daß er leiden, gemißhandelt,
fterben werde. Diefe Thatfachen im der Gefchichte bes
ftötigen den Satz: Gott ift wahrhaftig und thut auch
das, was er verheißt. Wenn denn nun Goft im AT:
‚gemeinen verheißen: ich will dich nicht verlafe
fen noch verfäumen, ich will für dich forgen, fo
muß man denken, daß diefe Verheiß. von bemfelbigen
Gott komme, deſſen Unveränderlichk. in ſ. Verheiß.
durch die ganze Geſch. beftätigt wird. Man gebrauche
nur fleißig die h. Schr. zu ſolchen Folgerungen. Nach
Rom. 3, 26. hat Gott die ſtaͤrkſten Broben f. Zuver—
Lößigfeit gegeben. — d) Die Erfahrung beftätigt
Gottes Wahrhaftigf. in feinen Verheißungen. Dabey
kommt es auf die Fragen an: „haben wir nicht immer—
fort Antheil an den Gütern diefes Lebens gehabt?
haben wir nicht immer eine Art des Fortgangs unfe>
rer Befchäftigungen, — Spuren der DBorfehung be>
merft ?“ Sind es nicht wahre Worte für ung: „es fol
Guten — Soft Suchenden nicht gänzlich an Gütern
fehlen; fie ſollen Gottes Hülfe u. andere Beweiſe feiner
Wahrhaftigkeit erfahren?” Muͤßten wir dieß in unferm
Leben aus deutlichen Borfallen bezeugen; fo muß das
in ung das Vertrauen erwecken, daß Gott auch ferner
feine Verheiß. erfüllen werde. — Wo iſt der Fall,
dag man in Gottes Unterricht einen ermeisl. Irrthum,
wo man in demfelden einen Widerfpr. zwiſchen Wille
und Erklärung, zwifchen Gefinnung u. That, zwifchen
592 W.
Wahrhaftigkeit Gottes, (Deweife, Anwendungen.)
Verſicherung und Erfolg entdecken koͤnnte? Wo haben
uns die durch ihn erweckten Hoffnungen getaͤuſcht?
Wo hat die Vernunft eine Belehrung irrig, wo die
Erf. die Rathſchluͤſſe, deren Inhalt uns entdeckt wor-
den ift, unausgeführt gefunden? Man beobachte fein
und Anderer Leben und urtheile: ob es nicht Wahr:
heit ift, was Gottes Wort ſagt, daß die Tugend mit
gluͤckl. — die Sünde mit vielen traurigen Folgen ver-
bunden iſt? Wird’8 in der Zukunft anders ſeyn? Wer-
den da, wo Die ganze Lage freier if, diefe Folgen
nicht noch fichtbarer werden muͤſſen? Iſt es alfo nicht
höchft gegründet, was Gott verheifiet” und drohet?
Bon den Zweifeln hingegen und deren Beantw., f. Dodderlein’g
Rel.-Unterr. Th. V. 9. 97: ©. 1712174: „Über wie oft — —
zu befriedigen, Ihn Esermann’ 8 Handb. der SI. = Lehre,
Th. 11. ©, 3307336: „Man hat nämlich eingewendet — —
zur hoͤchſten en führe,“
5) Es wird in vielen Gchriftftellen ſowohl Gottes
Wahrhaftigf. in Nückficht feiner Belehrungen, als
auch in Betreff feiner Verheißungen verfichert, 3. B.
IV Mof. 23, 115 V Mof. 32, 45 1 Sam. 15, 29;
„ 33, 45 Ef. 40 85 54 10. 115 55, 8-10; Rom.
‚3-4. Sn Ddiefen Stellen liegt es, daß iede Unter—
Faden feiner Reden und Zufagen die Nedlichkeit der-
felben darfielfe, und daß ieder, welcher feine Treue
verdächtig mache, alg ein Lügner befunden werde, vol.
Nom. 4, 20. 215 11, 29; Ebr. 6, 17.185. 10, 23;
I Tim. 2, 13; Tit. 1, 2; 1 She 5, 24. — Rad
II Petr. 3, 8. und II Kor. 1, 18>20. find alle feine
Zufagen ganz untrüglich gewiß; nach Ebr. 4 12. ba:
ben feine Drohungen eine unmiderfiehliche Kraft. In
folgenden Stellen heist er der Unwandelbare und ein-
zig Zuverläßige, » 31, 65: V Mof, 32,245 Sohriz,
33; 1 Cor. 10, 13; 1 Theſſ. 5, 23. 24. — Rah PT.
5, 5:75 15, 124. haſſet und verabfcheut er auch iede
Unwohrheit und Falfchheit auf das Aeußerfie.
II. inwendungen.
Gott if wahrhaftig, feine Belehrungen enthalten
Wahrh., das ſey uns eine Aufforderung au Wahr-
heit zu achten. Die mehrfien M. find zu gleichgüls-
tig gegen Wahrh. und Irrthum, fo bald ihnen die
Wahrh. Feinen ſinnl. Bortheil und der Irrth. Feinen
fühl:
W. 593
Wahrhaftigkeit Gottes, (Anwendungen.) |
fühlbaren Schaden bringt. Sie hören nur bie Stim—
me ber Keigi: ag und nicht die der Vernunft: Sie
haben mir für Gewinn oder Verluſt, Vortheil oder
Schaden an ird. Gütern Sinn. Und doch hänge Tus
. gend und Stück von der Achtung der Wahrheit ab.
, Wer gegen die Wahrheit gleichgültig bleibe, der bleibt
auch gegen die Pflicht glei chguͤltig, und wird nie tu—
gendhaft. Gott hat uns faͤhig gemacht, das —
und Falfıhe von einander zu unterſcheiden. Dieſe
Faͤhigkeit bilde man immer mehr und mehr aus, und
handle derfelben gemaͤß. Es ift wahr, daß alies, was
uns die wohlgeleitete und gut angewandte Vernunft,
dag Gemiffen und Gott durch die h. Schrift werklich
lehrt, verbeißt und droht, untrügl;ch wahr, zuverlaͤßig
und gewiß ifl. Denn auch die Stimme der Vernunft
iſt Gottes Stimme. Gott, der fie ung aab, belehrt
ung durch folche. Allen um Gottes Ausfprüche nicht
zu mißserfiehen, feine Entderfungen nicht zu mißdeu-
ten, um nicht in den Träumen unferer Eimbildung
Gott zu hören vermeinen, um nicht in unſern leuten
Wuͤnſchen den Nachhall feiner Rathſchluͤſſe zu verneh—
men wähnen, um wicht in der a und Anmwen-
dung feiner Verheiß. fich felbft aus Leichtglaͤubigkeit
zu taͤuſchen, muͤſſen wir durch unſere Vernunft alles
pruͤfen, das Gewiſſe vom Ungewiſſen, dasienige, wor—
über unſere Vernunft nicht entſcheiden kann, von dem
unterſcheiden, wovon ſie uns deutlich und gewiß
belehrt und ung zu immer behern Einſichten Bil:
den. Es iſt gewiß kein Verbrechen, eine ım Naͤchden—
fen geubte Bernunft zur Unterſuchung ſelbſt der Rel.
zu gebrauchen, und alles, wag mit Ihr in Harem Wis
derſpruche ſteht, als Vernunftwidrig zu verwerfen.
Sollten wir dag nicht, fo wäre Gott nicht waͤhrhaf—⸗—
tig, und er hätte ung ein Mittel gefehenft, welch 8,
zur Sührerin unferer Einfichten beſtimmt, doch fein
Mittel dazu wäre und ſeyn duͤrfte, Bf. 33, 45 Joh.
17, 17. vgl. Efermann’s Handb. Th. 1. ©. 309.
310. Nur überfehe man dabei nicht Die engen Schran=
fen, melde unfer Werfen dem Erfenntmßoermogen
feßt. Man zweifle da, wo überwiegende Gründe ents
ſcheiden, und feine vollfiändige Erkenntniß ſtatt findet,
nicht, fendern beftimme feine Ueberzeugung nach den
Chriſtl. ST, Lehre f. d. Canzelgebr. 3Th. Pp
594 W.
Wahrhaftigkeit Gottes, (Anwendungen.)
uͤberwiegenden Gruͤnden. Denn es iſt unvernuͤnftig,
da zu zweifeln, wo kein anderer Grund zu zweifeln
iſt, als der, daß wir Feine vollſt. Erkenntn. von einer
Sache erhalten können. Vgl. Edermann Th 1.
=? 31of.; Doderlein?’s8 Ael.-Unterr. Th. V. ©. 168.
2) Da Gottes als des MWahrbaftigen Belehrungen
hrh. find, fo muͤſſen ung dieſelben wichtig ſeyn.
Denn wir koͤnnen uͤberzeugt ſeyn, daß er uns die
beßen Lehren gegeben habe. Auf dem Glauben an
Gottes Wahrhaftigk. beruht das ganze Anſehen der h.
Schrift, ale Sicherh. unferer Erf. und unfere ge-
fammte Ruhe und Hoffnung. Wohl uns, daß Gott
wahrh. ıft; denn nun Fonnen wir alles, was in der
Bibel fteht, als untrüglihe Wahrh. glauben. Man
perftarfe alfo den Eindruck von allen, als gottlich er-
—— Lehren als untruͤglich, zuverlaͤßig wahr und
gewi
3) Man lerne die Wohlthaͤtigkeit des Glaubens an
— Wahrheit einſehen; a) wie liebenswuͤrdig iſt
Gott, dem dieſe Eigenſchaft ſo weſentlich und noth—
wendig iſt! Welche Seligk. iſt es, mit einem ſolchen
Gott in Gemeinſch. zu ſtehen, welche Beruhigung ge—
waͤhrt es, ſein Gluͤck und ſeine Leiden in den Haͤnden
dieſes Gottes zu erbliden! Wie ZEV e8 Bekuͤm⸗
merte, daß unfere Untreue Gottes Treue nicht aufhes
ben kann! b) In verwickelten Umftft. des Lebens, bey
der Dunfelheit der Zufunft und in gr. Leiden, welche
durch ihr Uebermaaß den M. niederbeugen, in fehmerz-
haften SKranfheiten, in der Stunde des Sterbens fann
der M. nicht meitlauftige Bemweisführungen von der
goͤttl. Borfehung faffen, weil dazu Nachdenken gehört,
um denfelben Schritt für Schritt, von einem Gliede
des Schluffes zu dem andern Gliede zu folgen, - und
weil Leiden und Krankhh. traurig, angftlic und zag-
haft machen, weil fchmerzliche Krankheiten felbft den
Geuͤbteſten im Denken ſtoͤren, oft es ihm gar nicht er—
lauben, und im Sterben fich alle Rörperfräfte ver:
mindern. Dann muß der Gedanke: „Gott hat ſich
darüber erflärc“ alfes erfegen. Dann fann fich der
Chriſt an die Verheiß. halten, die auf das Künftige
gehen, 3. B. an die Verh. der Unfterbl. und an die
Fünftige GSeligfeit. Denn Gott will und wird gewiß
| RD. i 595
Wahrhaftigkeit Gottes, (Anwendungen.)
das thun, was er nad) dem Nachdenfen darüber wahrs
fcheinlich hun wird. Er verheißt es ung, daß wir
nach dem Tode leben und immerfort glüdlich ſeyn
folien. Die fehwächfte Seele — und die unruhigfte,
die mit Schmerzen des Leibes Fampfende und im Tode
ſchwaͤche Seele braucht fih nur an diefe Zuſage zu
halten, welche ung hierüber gegeben ift, um treuher—
zig zu fagen: ich habe ia dein Wort, daß du in Ge-
fahren fhüßeft und hilfſt. Sch fehe zwar nicht, wie
ich nach dem ießigen Kauf meiner Schiff. ruhig feyn
fann, aber auf dein Wort will ich Hülfe und Schuß
erwarten; — oder in den legten Lebensſtunden: auf
dein Wort glaube ich es, daß mein Geift fortwähre
und bald zum Genuffe feines beftimmten Schickfals
gelangt. Wie wohlthätig ift alfo die Wahrh. Gottes!
4) Da Gott wahrhaftig ft, fo feße man auf Gott u.
feine Verheißungen dag unbedingtefte und feftefte Sers
fraiten, um uns dadurch bey allen Zweifeln und in
alien Keiden zu beruhigen. Er bat verfsrochen, daß
er ſich wie ein Vater über ung erbarmen, unfer Gebet
erhsren, ung in aller Noth helfen, und uns befeligen
wolle. Wir fonnen nun feft glauben, daß er es
thun werde, denn er ift wahrhaftig. Erhoͤrt Gott ſo—
gleich unfer Gebet nicht, hilft er ung nicht immer, fo
zweifle man nicht gleich an feiner Wahrbaftigfeie und
an feiner Liebe, Man feße es fich ia nicht fogar vor,
gar nicht zu beten; denn Gott kommt mie feiner Hülfe
gewiß, wenn e8 feinen werfen, güfigen und gerechten
Abſichten gemäß und eg am notkigften iſt. Wir dürs
fen ihm daher nicht Zeit u. Stunde vorfchreiben wols
Ien, wenn er uns helfen folle. In der Wahrhaftigk.
Gottes haben wir den erften Grund, in allem, wag
uns begegnet, auf Gott zu hoffen; denn er meint es
gut mit ung; Gott hat auch an einem unbeweglich
feiten und wohlgeoröneten Vertrauen auf ıbn ein ſehr
großes Gefallen, Nom. 4, 20-22. 23-25; Ebr. 10, 38.39.
5) Da Gott die freue Uebung im Dienfte der Tug. zu
belohnen zugefagt bat, da diefe uns fein Wohlgef.
und fene Segnungen sufichert, fo muß fie ung vor:
züglich heilig und unfer angelegentlichfies Beftreben
feygn. Denn als der Allwahrh. wird er das wahr
machen, und feine Selehrungen durch Schr. gu Ver—⸗
v2
596 W.
Wahrhaftigkeit Gottes, (Anwendungen.)
nunft koͤnnen ung wicht kaͤufſchen, Die uns das Gute
waͤhlen und alles Boͤſe zu verwerfen gebieten. Bey
redlichem Gebr. der Tugendmirtel, bey unferer unwan—
delbaren Br harrung in der Sttlichk. wird f. Verheiß.
eintreffen. Deshalb erwecke man fih zur Zugend.
Man gehe unausgefegt den Weg der Pflicht. Gott
bringt ung ſicher zum Ziel, ſe Verb. gemaͤß. Aus—⸗
harrende Treue wird belohnt werden, J Theſſ. 5, 24.
6 Wie aufrichfig und freu meint es Soft mit uns.
Deshalb falle alle Heuchelei weg. Man verehre, Gott
in der That und Wahrheit, und nicht dutch) frommen
Schein, womit man hoͤchſtens nur einige Mitmen-
ſchen nicht aber Gott taͤuſcht.
7) Von Gott als dem Allwahrh. laͤßt es ſich nicht den—
fen, daß, da er am Boͤſen fein Mißfallen hat und es
zu beſtrafen droht, feine Drohungen nicht vollzogen
werden würden, wenn er auch unfere Sünden nicht
gleich auf der Stelle beftraft. Er vollzieht endlich
doch feine gedrohten Strafen, wenn der M. unge _
fheut fortfündige und fich nicht beffert, II Mof. 32,
34. Denn fo wenig man fein ihm als hoͤchſtem Ober:
herren zufommendes Recht, Strafen zu vollziehen, be⸗
zweifeln kann, ſo wenig laͤßt es ſich denken, daß er
ſich nicht zur Vollziehung ſeiner Strafen entſchließen
koͤnnte. Seine Guͤte iſt nicht Weichherzigk., f. Liebe
iſt nicht ohne Gerechtigk. — ſ. Langmuth Got—
tes. Dieß halte ieden von S. und Laſtern ab. Gott
handelt mie dem Suͤnder ehrlich, da er ihn noch im—
mer väterlich warnt, den guten Weg zeigt, und durd)
Verheiß. lockt. Wer ift ie von ihm bintergangen
worden, welcher feinem Rache gefolgt iſt? Aber ver
M. handelt nicht immer ehrfich gegen ihn.” Er bat
noch nicht aufrichtig den Weg der Froͤmmigk. betre—
ten. — Wehe iedem, der. nicht eher glaubt, daß Gort
feine Drobh. volfziehe, als bis er durch eigene Erff.
davon überzeugt ift!
g) Da Gott wahrhaftig ift, fo müffen wir ung in
Ruͤckſ. der geſellſchaftl. Gefprache und im Umgange
mit Andern ver Wahrheitsliebe und Aufriche
tigkeit befleißigen. Auch wir müffen freu u. wahr—
haftig feyn, nicht die Unwahrh. fagen, und freu un:
ſere Berfprechungen halten. Wir mäfen Falſchheit,
Y B. 597
Wahrhaftigk. Gottes, (Anw.) Welt, (ift die Befle:)
Betrug und Lügen verabfchenen und meiden. Gott
fiy für ung das Mufter der ebenen Zuverlaßigfeit,
Matih. 5, 48; Eph. 4 25. vgl. V. 24. Man vers
ftärfe bey ſich immer mehr die Sie gung, Wahrh. zu
fagen, auf alle Weiſe, verabfchene iede Unwaͤhrh. von
+. ganzem Herzen, man rede gegen Andere in feinem Salle
| — als man denkt, und erfuͤlle auf das puͤnktlich—
ſte ſ. Zuſagen. Dann find wir in dieſem Stuͤcke Gott
aͤhnlich, Abdruͤcke ſ. Muſters, u. darum ſeine Freunde
und ſeine Kinder, Matth. 5, 44:48. Die Wahrbaf
tigfeit ift ia von Gott geboten, er ſelbſt iſt wahrhaf—
tig, ſie iſt alſo Pflicht. Jeder Ged., iede Erinnerung
an die Wahrhaftigkeit Gottes ſtellt uns die Pflicht der
Wahrh. in ihrer unverletzlichen Heiligk. dar und ſtaͤrkt
-die Seele zur freuen Bflichterfülung. Wie ſehr muͤſ—
-fen fih die vor Gott fehämen, die fih durch ibren
Wankelmuth, ihre Verſtellung und Heuchelei, durch
Betruͤgerei, Liſt, Falſchheit und Luͤgenhaftigkeit zu
Gegenſt. des Mißfallens Gottes gemacht haben. Ohne
13. fonnen wir fchlechterdingg Feine Ynfprüche auf
die Fiebe und das Wohlgefallen Gottes machen. Leber
ihre Bernachläßisung muß er fo gewiß fein firafendeg
Mißfallen bezeugen, fo gewiß er Gott ift.
Da fo häufig im tägl. Leben die Wahrh, von den ME. verlegt wird,
fo muͤſſen Rel.-Lehrer oft ihre Zub, an die Pflicht, wahrhafz
tig und treu zu feyn, an Redlichkeit und Ehrlichkeit, erinnern, _
Miha 7, 2.
Bol. M. J. A. Mapyer’g —— uͤb. d. goͤttl.
Eigenſch. Heilbronn 1791. 8. Nr. 12: „uͤb. die Treue
und Maieſtaͤt Gottes.“ — —
Wankelmuth in der Rel., ſ. oben Religion,
294 fi.
Weisheit Gottes, ſ. Allweisheit, ır Th.
EEE Al |
Welt, (die) |
Iſt in ihrem aanzen unermeßlichen. Umfange n
beite, d.h. fie iſt fo befihaffen, daß dadurch die bach
moͤgliche Summe von Glüdf. für ale lebendige Er
598 W.
Welt, (Ende derſelben.)
ſchoͤpfe bewirkt und hiemit die hoͤchſten Eigenſch. Gots
tes auf das Deutlichſte erkannt werden koͤnnen, z. B.
ſ. Allweish. und Allguͤte. I Mof. 1, 315 Pf. 104, 24.
31. fönnten fonft nicht wahre Aeußerungen ſeyn. Hiers
uber und mehrerer Gründe wegen für diefe Wahrheit
vergl. man Doderlein’g inft. Th. chr. T. I. 8. 130.
©. 496; dDeffelben Rel.-Unterr. VIIr Th. ©. 06 ff.
and oben d. Art. Schöpfung, zı Th. ©. 24 f.
(oder III. 5. a und b.) | |
S. Snell's drey philof. Abhh. Eos. 1796. ©.
83-187. über d. Sag des Optimis'm: daß dieſe Welt
die beſte ſey; Scherer’g8 bomil. litura. Arco. 4tes
St. ıgor. 2fe Abb. Nr. 1. unter den ausgef. Predd:
„iſt diefe Nele die beſte?“ (von Thurn) über Kom.
8, 28: 39. —
Welt — ihr Ende, (richtiger: das Ende der Erde,
und der dazu gehoͤrigen Koͤrper, z. B. des Mon—
des) Weltende, II Petr. 3, 7 und 10:13.
(Bol. über diefe Stelle Eckermann's Handb. zr
B. ©. 7245 [Bauer’s) bibl. Theol. des n. Teft.
st Th. ©. 237 ff. und unten Art. Zufunft Jeſu.)
Bor. Döderlein’s inf. Th. chr. T. IH, p. 300:35 def. Rel.⸗
Unterr. Th. X. ©. 307:3135 Mori comm. exeg. hift. in
epit, T. II. p. 754:761;5 Reinhard’s Vorl, üb, d. Dogm.
$. 191. ©, 679:81;5 Ammon's bibl, Theol. zr Th, 2e A.
©. 264:72; Stäudlin’s Dogm. und Dogmengeſch. Ur 8,
S. 868:76. 878. 8845 EC #ermann’s Handb. d. Gl.⸗-Lehre,
31-8. ©, 722 Y
Kant’s Auffay „das Ende aller Dinge” in der Bert. Mon,
Schr. 1794. Junius. ©, 495:523. dgl. Goͤtt. Bibl. d.
neueft. th. Lit. ır B. ©. 457266
Im Grunde bezeichnet der Ausdrud, Ende der
Melt, nur den Zeitpunft der allg. Entwicfelung aller
menfchl. Schickſale. Dieß Tiegt in Mattb. 13, 41.
deutlich, „die Aerndte (Bergeltung) Ift das Ende der
Melt.’ In I Kor. 10, 11. ift aber damit dag Auf:
hören der id. Rel.-Verfaſſung zu verftehen; vergl.
Il Kor. 3, 13; Ebr. 6,5. Irrig bat man ehehin die-
ienigen Stellen, worin von der Wiederf, Jeſu die
Nede ift, vom Ende der Welt gedeuter.
W. 599
Weltende, (Anwendung.) Zr |
Es iſt eigentlich nicht zu erweifen, daß im nm. Teſt. in irgend einer
Stelle eine Berwäftung, Vernichtung und Auföfung aller
Dinge in ihre erflen einfachen Urfioffe durch das Feuer in
der Zükunft, und von einem eigentl. Ende der W Belt behaupret
werde. Es jagt nur, daß zur Zeitdes großen Welts
gerichts unfere Erde eine große Veränderung — eine Um—
wandelung erleiden werde, II Betr. 3. 20. ıı. „Soll
iefeite auch für das zukünftige Leben, wie es faſt ſcheinen
koͤnnte *), die Wohnung unſterbl. M. ſeyn, fo muß fie ganz
verwandelt werden, Go wie fie ietzt ift, fihidt fe ſich nur
für unfere koͤrperl. hinfaͤllige Natur. Für vollkommnere geis
ftigere Weſen (unft, Seelen) ift fie aber Fein paſſender Aufentz
halt. Sie Fünnten auf derjelben nicht die reineren (geiftiaen)
und ewigen Freuden ichmeden, die ihnen Gott beſtimmt bat,
und nicht fo felig werden, als fie feyn follen. Es kaͤnn ung
gleichviel feyn, wie Gott diefe Erde Fünftig gebrauchen will,
Er Herricht in allen Welten. Mo ift tie Gränze ſ. Reis?
Bo ein Drr, da er uns nicht nahe wäre? wo wir nicht felig
feyn Eönnten, fobald er denfelben zur Wohnung für ung aus
eriehen hat **) 2
„Das Ende aller Dinge ift das Verſchwinden der—
‚„‚felben aus der Reihe der Zeitweſen und der Gegen⸗
„ſtaͤnde (unſerer) moͤgl. Erfahrung, wobey ſie abe
„zugleich nach der moraliſchen Ordnung als uͤber—
„ſinnliche Dinge fortdauern.“ — „Die Urſache,
„warum die M. ein Ende der Welt und zwar ein
„ſchreckliches erwarten, liegt darin, weil ung, als
„oernünftigen Weſen, fonft die Schöpfung zwecklos,
„wie ein Schauſpiel ohne Entwickelung erſcheinen
„wuͤrde, und uns dabey ein Gefühl d. natuͤrl. moral.
„DBerdorbenh. unfers Gefchlechts beywohnt, welche die
N Gerechtigk. zur Strafe auffordere.” Kant
>,
Anwe ndung.
Hüte dich, o Ehrift! da dir über dag Meltende gar
feine nähere Belehrungen und Zeichen gegeben worden
find, deine Einbildungstr. mit fehredlichen Bildern su
erfüllen. Auch von dem Weltende weiß Niemand bie
zeit und Stunde. Biſt du ein wahrer Gottesvereh—
rer, oder ein Achter Ehrift, fo haft du den Troſt, daß
*) Ich bin nicht dieſer Meinung. Der Herausg.
*) Hermes Handb. d. Rel. Ir B. ©, 453. 54.
600 W.
Weltgericht, (Literat.)
fo viele, fo mannichfaltig die bevorſtehenden Umwan⸗
delungen auch ſeyn werden, und ſo viel Unerwartetes
in deiner kuͤnftigen Lage und dem folg. Zuft. des Da:
feyns kommen mag, du doch immer in den Händen
der für dich mwachenden — dich Liebenden goͤttl. Dorf.
bleibeſt; Daß dem, welcher Gottes und Jeſu Willen
gemaͤß gelebt hat, alle Dinge zum Beſten dienen muͤſ⸗
ſen, daß Unſerm Begluͤcker Nemand die Seinen aus
feiner Hand reifen fol, und daß die aͤußeren Veran»
derungen der Dinge auf unfere innere Ruhe feinen
Einfluß haben werden. Sind wir in Gemeinſch. mit
Gott, ſo kann uns gleichguͤltig ſeyn alles, was um
uns her vorgeht, ſelbſt das — wenn ſich einſt krachend
aus ihren Angeln der Bau der Welt hebt. Most ihr
vergehen, ihr ivd. Schönheiten der Welt, die ihr durch -
die Sünden der M. ohnehin verunftaltet wurder, ihr
erdet ın eine fihonere Gegend umgefchafen werden,
in welcher eine großere Glückf., als in der Erdenwelt
iſt, herrſchen wird.
al, Heym' 8. Predd. für die Landl. üb. d. Ev.
©. 14-20: „der Untergang ber Welt im Feuer,“ üb.
Ev. am 2 ©. des Adv.; Crichtons Predigeen (Ir
Theil) ©. 371 ff. „die Erwartung einer neuen Welt“
üb. II Betr. 3, 13. — |
Welterhaltung, f. Erhaltung, ır Th. ©. 303 f.—
Weltgericht (das Fünftige allgemeine —), Matıh.
25, 31 f.- Ip. Sch. 17, gr.
Es iſt zu gezwungen, wenn einige, z. B. Prof.
Stange in obfervatt. mife., Hammonae 1788. 4.
p- 13 fg. diefe Stelle von ber Ueberzeugung alır
Heiden durch die chr. Nel. v. d. Nichtigkeit des Göz—
zendicnfieg erflören wollen; aber fehr bequem läßt fich
durch eine and. Conſtruction die Gtelle fo verftehen:
daß Gott durch das Weltger. die adtrliche Sendung
Jeſu dee N des Meſſ. beftatige, oder auch:
daß er Durch Auferſt. Jeſu glaubwuͤrdig gemacht
habe, daß einſt die Welt richten werde. il Kor.
5, 11.
Bol, D. E. Fr. Ammon's Ash. über die Aeußerungen Jeſu u. 1;
’ Wiederkunfk zum Weliger, in Ammon's und Haͤnlein's
—
IB, - 894.
MWeltgericht, (Literat.)
8
a. theol. Journ, zr ©. © 1852200. Bol, mit B. V. ©.
3652795 Hende’s Magaz. x... 8. Ur ©t. 2. ©. 359 f.
4%. ı ©t. ©, 175:179: „ Über die ungegr. Unterfcheidung
der doppelten Wiederk, Jeſu;“ Jo. Chr. Koken commen-
tatio de reditu Mefliae ad indieium gentium, Gött. 1800. 4.
(8 Ggr); U. Th. Bartmann?s Blicke in d. Geiſt des lirs
chriftenth. Duͤſſeld. 1802. 8. ©. 86: 137: „über die Wiederb.
Ehrifi zum Weltger, und die aus diefer Lehre enttandenen
Erxſcheinungen (9 und Traͤumereien.“ (Der Bf. ift der unge:
gründeten *) Meinung, daß Matth. 24 und 25. gar nicht von
d. Serfiör. Serkfalems die Rede ſey und daB Jeſus und Sie
Ay. in der That geglaubt haben, daß Jeſus noch während der
lebenden damaligen Generation als Meſſ. und Weltrichter im
Hohen Eon. Glanze wiederk. und fein neues Reich antreten
wuͤrde. Jeſu Verſicherung v. ſ. Wiederk. iſt ſymboliſch und
nicht eigentlich zu nehmen; ob aber, wie Hr. Eckermann
will, v. d. Ausbr. ſ. Lehre, oder ob von den Kommen zum
Strafen, d. b. zur 3erftör. Jeruſalems, oder 2. — ꝛas ift Bier
nicht 313 unterfuchen. Daß Jeſus und feine Apoſtel nicht ges
glaubt haben, daß das Weltende und das letzte Gericht noch
bey ihren Lebzeiten vor fich gehen würden, zeigt Pr. Stange
in f. thbeol. Symmicten, 2r’ Th. ©. 383:89. aus
Michaelis um Runge Von den Apoſteln ift dieß richt
zu beweifen. Falls diefe auch das nahe Weitente 20, glaubz
ten, fo folgt daraus, daß es nicht erfolgt ift, nicht, daB Fein
Weltgericht feyn werde); Polis Darf. d.L8chri. Neinhards,
ıv &h. ©. 447 f.; Döverlein’s inf. Th. chr. T. U. p
303 fq.; veflelben Kelslinterr. Xp. X. ©. 309:17;5 Am⸗
non’s Entw. e. will. praft. Theol. Se 290:99,. ©, 300:17;5
Keinhard’s Borl, üb. d. Dogm. ©. 679>681; Mori
comm. exeg. hift, etc, T. Il. p. 7112225 Gtäudlin’g
Dogm. ꝛc. 27 B. ©.869. Kant?s Rel. innerhalb ꝛc. S. 200.
207; deff. Krit, d. praft. Vern. ©, 232.
Religionslehrer müffen billig bey dev Zehre vom Meltgericht, da fie faft
allenthalben im n. Teſt. unter Bildern vorgefielt wird, das Wahre
von denfelben umnterfcheiden und auf — der Bernunft gemäße
Saͤtze zurücdführen. Es ift beym Vortrag diefer Lehre vor
dem Molke Pflicht, fo davon zu reden, daß das Volk nicht an
den Bildern hängt, oder die Einb.: Kraft mir neuen Bildern
anfühlt, fondern man muß fagen: daß man den Gedanken,
„die ganze Reihe unferer Hand, auf Erden und iedes Geheim—
) ©, Döderlein’s Rel.: Unter. Xrt Th. ©. 283 f.;
Stäudlin’g Dogm. u. Dogmengeſch. 2r B. ©. 806f.;
Eckermann's Handb. zt B. S. 720.721; (Baner’$)
bibl. Theol. des n. Teſt. Ir Th. S. 106:126; 4r Th.
©. 444 f.
602 W.
Weltgericht, (worin wird es beftehen ?)
nis des Herzens wird befannt und allem M. aufgedeckt werden,”
nach feiner ganzen Wichtigk. und Größe falle. Nur auf dieſe
Art Eann diefe Lehre für die Beil. des Herzens wahren Nutzen
Haben und den Lafterh. fehen, den Frommen aber muthig und
ruhig machen, Es ift zwar fehr annehmlich vie Meinung
vieler neuerer Öovttesgel, und Weltweifen *):
Daß im n. Teſt., vorzüglicdy in Jeſu Neden nur aus Herablafzs
fung zu ver Meinung der Juden, wornad) der Meff, bey feis
er Ank. auf Erden und feitier feiert. Errichtung feines Reichs
die Welt — die Heiten richten werde ‚ diefe Vorſtellung beis
behalten, unser Bildern wiederholt, und auf das Einftine große
allg. feiert, Weltgericht umgeändert worden ſey; (vgl, Nie⸗
meyer's pop. Theol. ©. 4755 Ammon’s will, pr. Entw.
2c. 9. 294. 95. ©. 312 f.); Sm Grunde aber muͤſſe man
Jeſu und der Ay. Beichreibungen vom allg. Weltgericht,
welches — nurein Bild von der fünftigen Ver:
geltung, oder eine dichterifche Einkleidung
yon einem fünftigen Vergeltungszuftande
fey, gar nicht wörtlich verfieben, weit Fein beſonderer Ge⸗
richiörag, Fein befonderes Verhoͤr, Bein Unterſuchen und Abs
wäsen der Handlungen, die ia dem Allwiffenten aufs genauefte
bekannt find, angenommen werden koͤnnte. Das Gemwiffen
brächte ia dem M. fein Thun zum deutlichen Bewußtfeyr, und
ver M. Ednne fich ſelbſt rihten. Wenn man iene
blidl. Phraſen v, d. Allegorie entEleive, To fagten fie fo viel:
der fittlihe Werth des Ehpriften wird nad den
moralifhen Grundfäsen der Lehre Fefu beffimmt
werden, Nod mehr: die Befchreistungen FSefu u. f. Ap.
vom Weltgericht find zurtebhaftern Anſchauung
verfinnlichter Darftellungen von dem Selbfts
gericht iedes Bemwiffens nach dem Tode des
Menſchen, und von der natärlihen (von ſelbſt)
erfolgenden Scheidung un. Abſonderung der From—
men u. Öottlofen zu verfiben. Dann, wann ver Menſch
aus per Zeitindie EwigE, übergeht, wann der
Geift vom Leibe netrenntift, rihtet Gott den
M. durch das Gemwiffen, welches dann von
feiner Sinnlichkeit mehr getaͤuſcht wird,
oder es maht dem M. Gottes Urtbeil fund
und dieß Urtheil wird ſogleich durd fein
— ——
>) 3. B. verſch. Herren Recenſ. in der Jen. Lit. Z. 1801.
Il. ©. 180; in d. m. a. d. Bibl. 681 3. ©. 25.; in
Hanlein’s und Ammon’s n. th. Journ. zr B. ©.
198; in Ockel'»s Palingenefie, ©. 188. 1905 Ammon
6. d. anzuf. Orten, Herder, Sannabic in ſ. Kritikꝛc.
in Dertels Ehriftologie und vieler Anderer,
W. 603
Weltgericht, (worin wird es beſtehen?)
Schickſal vollzogen. Das Weltger. iſt die
eigene richtige Ueberzeugung teder eele
von. ihrer Würdigfeit oder Unwuͤrdigkeit.
Der Todestag ift für ieden eingelnen Wen:
fchen fein entfcheidender Serichtstag, wel:
hem fein M. entflieden fann. Dann ſpricht
das Gewiſſen des M. entweder los, oder es ver—
dammt ihn, entweder peinigt es ihn mit dem
Borwurfe, der Urheber feines einenen Unglüds
und Verderbens zu feyn, oder es beſeligt ihn mir
dem Bewußtfeyn, durch ein Gott u. d. Zug. ges
winmetes Leben eine Ewigkeit voller Fremder
fih bereitet zu Haben. Dann ärndtet oder ges
nießtieder dort die Früchte von dem, was er Bier
ausgefäet hat. Eine andere Art zu richten, ſagt men,
laͤßt ſich mit der Maieftät des Heiligen und Unſichtb. nicht
Yereinigen. „ES Eann Eaum mehr zweifelhaft Bleiben, daß
„außer ver großen Wahrheit: „zer M. weiß die Stunde des
„Weltgerichts eben fo wenig als die Stunde feines Todes: er
„muß ſich alfo auf beides durch einen Heiligen Wandel vorbes
„reiten, (ll Petr. 3, 11.) nichts mit Zuverlaͤßigk. zu dem
„Uinfange der chrifil. Lehre von dem Gerichte Gottes durch
„Jeſum gerechnet werden koͤnne.“ Hanlein’s u. Ammons
n. th. Sourn. sr B. ©. 198. „In allen bildlidden — dem
„zeitalter angemeßnen Abbildungen vom allg. Weltg. liegt bie
} „Wahrh.: das Gute wird auf das vollfommenfte belohnt, und
Es
„das Boͤſe auf das vollkommenſte beſtraft werden. Das iſt
„weſentl. Lehre Jeſu, das uͤbrige iſt nichts anders als Form
„und Einkleidung.“ Hende’s Mag. 4 B. 3 St. ©, 525.
iſt zwar wahr, 1) daß vieles ehehin im u. Teſt. auf das Welt:
gericht gezogen worden ift, was eine Schilderung von der ers
flörung Serufalems und vom Aufhoͤren des ind. Staats ift,
3.8. Matth. 24, 15. nur — bis zu V. 305 Luc. 21, 31 u
34; 1 hell. 5, 2. 3; Iac. 5,1535 1 Joh. 2, 18:285 4, 17.
Es ift unverfennbar, Daß das, was vom Weltger. geinat ift,
nad) der ſinnl. Vorftelungsart der Juden eingerichtet worden
iſt. 2) Dab in Ebr. 9, 27. u. Dffenb. 14, 13. (am Ende)
und auch in den Worten: von nun an, desgl. Matth. 22,
Braut, 326, 253.23,.43. 465 Ye ©. 7, 59; Bil: ı, 235
11 Kor. 5, 8, verfichert wird, daß ieder M. aleich nach ſ. Tode
gerichtet, d. h. nach feinem hier geführten Leben, ie nachdem
feine herrſchende Art zu denken gut over ſchlecht war, fein vers
dientes lirtheil erhalten und fogleich entweder Hlüdl. oder un—
gluͤcklich werden wuͤrde. Wann aber fon dann des M. Ber
lohnung oder Befirafung erfolgt: fo ift nicht abzufchen, wozu
ein neues befonderes — ſichtbares Gericht notbiwendig if?
Wozu fol man es annehmen, da Schon dann die M. Tange
ihre Vergeltung erhalten Haben? Mann der M. nicht nad
604 er.
Weltgericht, (morin wird es beftehen ?)
feinem Tode gerichtet würde, oder ſich ſelbſt richtete und er
nicht belohnt oder befireft würde, ſo müßte man entweder eiz
nen Seelenſchlaf annchmen, welches unwahricheinlich ift, oder
glauben, daß der M. nach ſ. Tode noch nicht fo volkommen
belohnt oder befiraft werden würde, als. es nach ienem allg.
Weltger. gefchehen fol *). Hievon fagt uns aber das n. Teft.
gar nichts. Wenn nun die Gottesgel, ein doppeltes Gericht,
ein Particuläres und allgemeined annehmen, wie
3» B. Leß in d. hr. Rel.= Theorie 20. :3te U. ©. 766. 67.
fo hat das auch Eeine einzige Stelle des neuen Zeft, für ſich.
Allein das Eiinftige große alle. Weltger. vom Selbfigericht iedes
einzelnen M. zu verfichen, dürfte wegen Maith. 25, 31744.
Soh. 5, 22. 23. 255 My. Ss 274 a5 DER 5 28 nit
ſtatt finden, Iſt die erfiere Stelle freilich varabolif uns hat
fie viel Bildliches, und eine dichteriſche Schilderung, voll von
Local- und Zeitbeziehungen, 3. B. V. 40. (f. unten) und bes
zieht fich darin manches auf Jeſus Zeitgenofien, fo kaun man
doch nicht ſagen, daB fie gar nicht auf alle M. und alle Beis
ten gehe. Wie genau wird Matth. 24, 29. die gewoͤhnlich
vom Weltger, erklärte Scene von V. 15:28. oder vd. d. Zer⸗
ſtörung Jeruſalems unterfchieden. V. 32242. Eann bequem
auf das V. 15528. Gemeinte gezogen werden. Go ganz ge:
nügt mir Ar. Edermann’s Erkl. von Matth. 25, 31 fr
in feinem Handb. d. Gl.-Lehre 3r B. ©. 713:16. nicht. Die
drey oben erwähnten Stellen koͤnnen doch nicht auf etwas ans
deres gezogen werden *). Alle von Jeſu Wiederkunft auf
Erven handelnde Stellen dürften doch nicht, wie D. E ders
mann will, von ter Ausbr. f. Rel., oder von der Erfüls
fung feiner Drohung des Untergangs des iuͤd. Staats, oder
von der Beſtimmung des Schiäf. der M. in ver Ewiaf, nad)
feiner Lehre zu verſtehen ſeyn. Judaͤ V. 6. ifi vom Gericht
des großen Gerichtstages, Ap. ©. 17, 31. von einem
Tage, in beyden Stellen alfp Bon einer gewiffen Beit
die Rede, eben fo 11 Theſſ. 1, 7 und 10, — 2) Wenn auf
einer Geite die weite - Hinansfegung der Beurth. des menſchl.
Merhaltens auf den Tag des Weltentes den Zugendh, träge m
*) Vol, Bauer’s bibl. Theol. des n. Zeit. ar Th. ©
443:452. vorzügl. Herder v. d. Anferit. als Glaube ıc.
1794. 8. ©. 109 f.; Hende lineam. 6. 114. Ecker-
mann —— Th, chi. .8...56. p. —
Palingenefie, © . 192. die aus der Schrift über die
Lehrart Jeſu angeführte Stelle.
x*x) Jedoch Joh. 5, 16:47. beſond. V. 25228. * von
Hrn. Hofr. Eichhorn yon Jeſu Privaturtheil über die
M. verſtanden, ſ. oben ır Th. S. 167.
r IB, j 605
MWeltgericht, (mas ift darunter gemeine?)
den Rafterhaften fiher nacht: fo if ed auf der andern Geite
für den finnlidden M. weit rährender, wenn man die Vorfiels
lung: „der M. muß feine Handl.vor Gottes Öes
richt vertreten; er muß fie vor dem Üligereds
ten verantworten; Jeſus oder der Weltrichier wird einft
oͤffentlich iedem fein Schickſal und Loos nad) f. Werth oder
Unwerth zutbeilen,” vortraͤgt. 3) Ueberdieß ift es gar richt,
fo wenig für oͤffentliche Net. Vorträge als auch) für Kinder
zu Katechifatt.) gerigner, wenn man ieme Stellen von ven
iuͤdiſchen Kebenvorfielungen, vom Bildlichen entFleiden, ganz
das öffentlich zu haltende allg, Weitgericht Tezweifein und alle
neuteſt. Stellen vom Selbſtgericht des M. nad) j. Tote erklaͤ—
ven wollte. Es koͤnnte dich Zweifel an allen Rel.-Lehren ver:
— anlaſſen. — 4) Alles, was man bey der Beſchreibung des n.
Teſt. von Weltger. bedenklich findet, iſt blos das Bildliche.
Die Sache ſelbſt iſt alſo gewiß. 5) „Das beſondere
„Sericht bat volle Gewißheit. Hiezu (aber) kann man noch
„ein allgemeines Gericht gar wohl hinzudenken und ſelbſt im
„Volksunterrichte beibehalten, Nur laͤßt fich Ort, Zeit und
„Form dejieiben niemals jo befiimmen, daB man auf den allg.
„Beifall alier chriſtlichen Denker rechnen dürfte.“ Ammon ’sg
Entw. der will. pract. Theol. S. 317. „Die Stelle 1] Perr,
„3, 10:13. fann nur injofern für den alfa. chr. Unterricht
„benutzt werten, als fie von Zeitbegriffen geläutert, die Chri—
„fen ermahnt, vergängl. Gütern (B. 11.) feinen zu großen
Werth beizulegen, ſondern fi durch Froͤmmigk. und Zuge.
„auf die feyerliche Zukunft nach diefem Leben vorzubereiten,’
Ammon's bibl, Theol. zr Th. 2te A. ©. .280. 81 *).
J. Was iſt unter dem allgem. Weltgericht zu
verſtehen, durch wen wird es gehalten, —
welche M. — was, wie — und wann werden
die M. gerichtet werden?
Jemanden richten, heißt, nicht blos die Beſchaf—
fenheit einer Derfon unterfuchen, fondern wirklich ie—
mand nach feiner Aufführung vergelten, d. h. entiveder
belohnen oder beftrafen **). Das Weltger, faßt alfo
-
.*) Auch Herr Prof. Bauer in d. bibl. Theol, des n. T.
4: Th. ©. 460 f, zeigt, daß fih das Schwierige gegen
‚die Meinung vom allg. Weltger. gut heben laffe,
*5) Der Ausdrud Gericht zeigt zuweilen im n. Zeft. 3.28,
ob. 5, 24. 295 12, 315 ac. 2, 155 Mare. 3, 29
die Derurtheilung, eniweder zur Belohnung (bie
Zuerkennung derſelben) oder zu Strafen an.
606 f IB,
Weltgericht, (was iſt darunter gemeint?)
die oͤffentliche, allg., d. i. zu einer und derſelben Zeit
erfolgende und allen und ieden M. bekannt werdende,
höchft unpartheiifche Beurth. Erklaͤr. und Entfcheis-
dung Gottes uͤber das Fünftige, entweder erfreus
liche oder ungluͤckl. Schickſal der. auferweckten, fämmts
Ich vor Gott verfammelten M., ie nachdem fie hier
gefinnt waren u. fich gut oder ſchlecht betragen haben,
und die ihrem Betragen genau entſprechende wirkliche
Vergeltung in ſich. Dieſe unwiderrufliche Entſchei—
dung wird ſofort vollzogen werden. Das kuͤnftige
Leben wird mit dem gegenwaͤrtigen im genaueſten Zu—
ſammenhang ſtehen, und das kuͤnftige Schickſal der
M. wird ſich genau nach ihrem ird. Verhalten rich-
ten. Die M. werden dann nad) der Befchaffenh. ihrer
Gefinnungen und ihres Verh. auf Erden auf ewig
- abgefondert, von einander gefrennt werden. Jeder
wird nach f. Betragen, — der Gute Belohnung, —
der Bofe Deftrafung von Gott erhalten, Rom. 2, 6>
10; Mattb. 16, 27; II Kor. 5, 10. Der Richter
wird die Guten ihres guten Verhaltens wegen zur
GSeligf., die Gottlofen aber für das, was fie Bofes
gedacht, — geredet, — und gethan haben, zur Strafe
führen. Gem unpartbeiifches Nichterurtheil wird ie—
dem den Pla anmweifen, welchen er nach feinem fittl.
Gehalt verdient. Dann werden alle M. auf
einmalan ihr ganzes auf Erden geführtes
Leben erinnert und veranlafßt werden, fidh
alles deffen bewußt zu werden, waß fie hier
gedacht, gefprocdhen u. gethban haben, Maͤtth.
. 12, 36. 375 Roͤm. 2, 10; 1 Kor. 4 5. Daß. Ge-
wiffen wird dann einem ieden c8 laut genug fagen,
was er zu erwarten hat, und die Allwiffenh. Gottes
ihm es fogleich vor Augen fielen, was er gethan oder
unterlafen hat. Das Gemiffen wird ieden von der
Gerechtigfeit feines Schickſals überzeugen und der uns
vermeidliche Erfolg wird den Nachdruck des gottl.
Urtheils genugfam beweifen. Wahrſcheinlich wird dann
ı) der Menſchen Gedaͤcht nißkraft geſtaͤrkt werden,
um ſich alles Vergangenen und bereits Vergeſſenen
lebhaft zu erinnern, ohne ſich, wie bier auf Erden,
Durch Zerſtreuungen dieſer Erinnerung wieder entfchlas
gen zu Finnen. — 2) E8 dürfte auch dann in dem
W. 607
Weltgericht, (was iſt darunter gemeine?)
Zuſtand, wo keine Sinnlichkeit mehr taͤuſcht, wo alle
Nerblendungen, to alle Borurtheile wegfallen, der
Herftand erhöht werden, daß er fehärfer ur£heilt,
die Folgen des Gefchehenen im mweiteften Umfang übers
fehauet. Dann muß iedeer — 3) die Alwiſſenheit
Gottes, feine Heiligkeit und Gerechtigf. fo lebhaft ers
Fennen und fühlen, Daß er innerlich entweder zu ſ.
Beſeligung oder zu f. Schrecken und Unmuth die Ge-
rechtigkeit der gottl. und ewigen Entfcheidung feines
Schickſals einficht und anerkennt. Jedes M. —
ſen wird von der Rechtmaͤßigkeit der goͤttl. Vergel—
tung bey ſich und bey Andern, bey een und
Unbekannten unmwiderfiehlich überzeugt werden. - Sjeder
Pflichtvergeßne wird die Größe der verſcherzten Gluͤck⸗
feligkeit und ieder Gutgefinnfe und Fromme das Se—
lige der Belohnung des Guten einſehen und fahlen. —
Dieſe Erinnerung an das auf E. zugebrachte, Gottes
Willen gemäße, Leben wird nicht in der Seele eines
ieden verfchloffen bleiben, fondern der übrigen Bere
fammlung der Mi. befannt gemacht, und alfo ieder
SR. nad) feiner wahren Befchaffenh. oͤffentlich darge-
‚fiel werden. Dann Werden vorzüglich gute und
fchlechte Gefinnungen und Handlungen, die hier nicht
: find befannt geworden, befannt gemacht und die da—
für gehörende Vergeltung ertheilt werden *).
Diefes wird in vielen Stellen des n. Teft. —
nißweiſe und unter Bildern — daß z. B. Je—
ſus in ſichtbarer goͤttl. Maieſtaͤt, mit feierl. Domp,
unter ſchrecklichen Erſchuͤtterungen der Natur vom
Himmel auf die ak ın Begleitung vieler Engel, als
feinen Dienern, Theilnehmern und als — Gerichtsbey—
figern auf den Wolfen des Himmels herabkommen, daß,
wo nicht Jeſus felbft, doc) die Erzengel in die Po⸗
faune und Trommete floßen (1 Kor. 15, 52; 1 Thefl.
4, 16.), daß durch feine Stimme die Gräber ich oͤff⸗
nen, alle Begrabenen belebt bersorgehn, durch die En»
gel vor ihn zuſammengebracht werden würden, Matth.
13, 41. und mit den dann noch Lebenden ſich vor dem
Man ſehe die ſchoͤne Stelle in Steinbart’s Gluͤckſ.⸗
Lehre, 2te A. ©, 218: ‚dort wird es fih zeigen — —
belohnen.
608 W.
Weltger., (Abſond. des Bildl. ind: neuteſt. Befchr. des)
mit den I2 Apoſt. umgebenen weißen Thron auf bey—
den Seiten zur Rechten und Linfen ſtellen, daß die
Bücher würden aufgefchlasen und den M. Gottes Urs
theil würde befannt gemacht werden, und daß dann
der Erdboden wanfen und in Trümmer fallen würde.
Das alles find Bilder, die nichts wirkliches zum
Grunde haben. Sondert man diefes Bildliche ab: fo
heißt dag: die Fünftige Gluͤckſeligk. und Unglückfeligk.
wird von der Art und Weife, mie wir bier auf Ers
den gelebt Haben werden, abhangen. . Das zukünftige
Leben ift ein Stand der gerechteften Vergeltung. Gott
bat in demfelben dieienigen Anordnungen gemacht, die
dazu etwa erforderlich find, um iedem fein verdientes
Schickſal anzumeifen. Wer wird ein Bild — ein
Gleichniß für die Sache felbft halten? Wer iemand
bier war, was er von Gott zu erwarten hat, dag
wird er fhon aus feinen Vorbereitungsftunden abneb-
men fönnen, und das wird ihm fchon fein Gemiffen
fagen. „Was brauchte es der aufgefchlagenen Bücher,
„wo unfer vollig erwachtes Bewußtſeyn, die ganze
„Summe unfers £ebeng, die in lebendigen Zahlen in
„uns glüht, ia die ganze Geftalt unferes neu ermech
„ten geiftigen Körpers, der, wie er dafteht, ganz Aus—
„druck der Seele und ihres innern Bewußtfeyne ift,
„genug aufgefchlagene Bücher find. Mag bedarf es
‚eines langen Verhoͤrs, wo die Entfcheidung des
„Richters, ia die verborgene Moralität und Immora—
„lität des M. ietzt als helles Naturgefeg fo offenbar
„und allgemein werden wird, als irgend ein Naturge—
„ſetz der Welt wird? Alles wird natürliche Aerndte
„einer natürl. Gaat.” Herder’8 Briefe üb. d.
theol. Stud. zte Samml. ©. 167. 168. v
Es wird durch diefe Bilder das Fünftige Weltgericht
nach der weltlichen, im Morgenlande üblichen, Art, ein
Gericht zu halten, gefchildert, wornac, der Kong als
Richter auf einem Thron faß, feine Diener, welche
den Deflaaten und den Kläger vorgefordert haften,
um denfelben ftanden und Beyſitzer waren, wornach
ein ieder einzelne vor den Nichter geladen wurde, und
dann die Klagefache genau unterfucht und endlich das
Urtheil Öffentlich und laut befannt gemacht wurde.
Tach iuͤdiſcher Weife zu richten, wurden —
welche
2 : 609
Weltgericht, Art und Weife deffelben.) |
welche freigeſprochen wurden, zur rechten Hand, die⸗
ienigen aber, welche verurtheilt wurden, auf die linke
Hand des Richters hingeſtellt.
Wenn man aus ver Offenb. Joh. z. B. in, If. 20, ı2 $, und
Matth. 25, 46 geſchloſſen hat, daß am Geridytstage eine eiz
gentliche Unterfuchung der Thaten iedes einzelnen M. nad
den. vorhandenen Büchern und eine langſame Prüfung derſel—
ben erfolgen, oder daB teder werde verbört werten; ia daß der
Richter fogar ieden einzeln befragen, diefer darauf antworten,
fi) zw entſchuldigen over zu rechtfertigen fuchen werde, daß
der Richter Zeugen auffordern und anhören und jedem einzeln
fein Urtheil mit beygefügsen Gründen bekannt machen werse:
fo iſt das offenvar nach der Urt, wie ein menfchtiches Gericht
ochalten wird, eingerichtet und Feinesweges eigentlih zit Vers
we *. Es lößt fich dieß bey der Vorfiellung, dab der Allwiſſ.
und * Allmächtige Gericht halte und dab fon das eigene Ges
wiſſen bey einen teden M. das Richteramt Verwalter u. ihm feine
Wuͤrdigkeit oder Sträflichkeit nad) dem Inhalt der gdtt!, und
der Noturgeſetze vorhalten wird, von ſelbſt als ungegruͤndete
Meinung auf. Es finder teshalb auch gar nicht ver Ges
danke flatt: wie ya e5 möglich, Daß fo viele M, en einem
Tage, binnen 24 Stunden, gerichtet werden Eönnen? werden
nicht dazu viele Sabre erfordert werden? denn man muB nicht
bey sem Ausdruck Tag verweilen, Tag bezeichtet iin n. T.
überhaupt Zeit, Der Tag des Gerichts ift die Zeit, da
Gott allen M. vergelten wird. Weshalb wollte mat alſo we—
gen der Dauer des Gerichts beſorgt ſeyn? Ueber bie Art und
Weiſe des Gerichts kann man auch nichts befiinmen, denn
wem ift die Zukunft aufgeſchloſſen? Men muß beſcheiden das
Gott uͤberlaſſen u. blos ſich die Hauptwahrheit merken: „wir
alle werden einſt eine hoͤchſt gerechte Vergeltung erhalten,’
Freilich bey der Meinung: daß iuͤngſter und detzter Tag
des M. Sterbetag bezeichne, und daß fein Todestag für ihn
der Uebergang zur Uuſterblichk. iſt, bleibt gar Feine Bedenklich—
keit uͤbrig.
D. Sunge in Doͤderlein's Rel.-Unterr. Th. X. S. 304:307
meint, daß das Bildlihe und Ginnliche in den Beſchreibb. des
MWeltgerichts Feinesweges unfihielid und Sottes unwuͤrdig ſey.
Die Art und Weife, wie wir werden gerichtet
werden, oder Die außerl. Umftände, womit diefe Bes
gebenheit verbunden ſeyn ni ift ung bier fo guf,
wie die DADENRDELE ienes Lebens HERNE: at
*) Bal. über Beydes — comm. exeg. hiſt. T.H. p-
7212022
Pre
Chriſtl, Gl. Zehre f. d. Canzelgebr, R TH. 9 q
610 i W.
Weltgericht (das kuͤnft. — Art u. Weiſe u. Zeit deſſelb.)
konnte und wollte aus guten Abſichten uns das nicht
entdecken. Wer kann von einer kuͤnftigen Begebenh.,
welche fo einzig in ihrer Art und von allen unfern
Erfahrungen verfchieden ft, etwas Gewiſſes fagen?
Es fonnen ung auch die Außerl. Umftande des Welt:
gerichts gleichgu tig ſeyn. —
Eben ſo iſt uns die Zeit, wann das letzte Gericht
gehalten werden wird, völlig unbefannt. Es wird
unmittelbar auf die Auferft. des Leibes erfolgen; denu
Joh. 5, 20:29; Offenb. 20, 11:13. werden beyde Er-
folge mit einander verbunden. Es ift auch dieſer Zeit—
punkt der bequemſte, wo die M. anfangen follen, die
Folgen ihrer Handl. auf Erden zu arndten, als gleich
nach ihrer Wiederberfiellung zum neuen Leben, wo fie
ſich wieder ganz fo fühlen, wie fie ehemals befchaffen
waren. Naͤher laͤßt ſich die blos bekannte, uns —
und ſelbſt Jeſu Chr. unentdeckte Zeit nicht angeben,
Matth. 24, 36; Marc. 13, 32. Die Ankunft des
Weltrichters wird ploͤtzlich, unvermuthet und unerwar-
tet folgen, Luc. 21, 34. 35; 1Theſſ. 13233⸗
Ende; 11 en 3, 10. Es gibt feine Vorzeichen
vom iuͤngſten Tage *). Man iert daher, wenn man
in gewiffen MWeltbegebenheiten, in großen Umwaͤlzun—
gen der Erde und der auf ihr wohnenden Nationen,
oder im Zunchmen des Unglaubens und der Laſterhaf—
tigfeit die Zeichen de8 herannahenden Weltendes er—
blicken, und fie Andern mit einer Sicherheit, als ob es
ung befonders offenbart worden wäre, verfündigen,
Dder es aus der Offenb. oh. berechnen will. Der
legte Erden» (Welt-) Tag fann noch viele Jahre
und Sahrhunderte entfernt feyn, aber auch bald, viel-
leicht noch heute oder morgen einbrechen.
Es kaunn fich auch in der Folge ereignen, wie es im Sept. 1302 der
Sal war, daß Aftroisgen und Öeifterfeher Teichtglänbige und
unaufgeflärte M. durch Voranssefimmung des iuͤngſten Tages
in Schrecken ſetzten, wie es 1786 der verſtorb. Superintend.
Ziehen that; dann wäre es gut, daß Rel.-Lehrer predigten:
„aus phyſikaliſchen Gruüͤnden kann hod dag Ende
unferer Erdenwelt weit entfernt feyn.“ Denn
I) bis siegt Liegen noc) ungeheure Streden der Eröfläche uns
) S. Leß a. a. O. S. 776. 77. |
ee. | 611
Weltgericht, (das kuͤnftige — Zeit deſſelben.)
angebaut und wuͤſte. Pur ein Drittheil der Erdkugel iſt trofz
kenes Land. Die Erde iſt alſo noch von wenig M. bewohnt,
0) Bey weiten if der Eleinfte Theil tes M—sefihlechts bi
dahin gebildet. Auch diejer ifi es nur in einem geringen nies
drigen Grade, Wie langſam, unter welchen mancherlei Ab⸗
wechfelungen, (oft durch Ruͤckgaͤnge) vom Guten zum Beſſern,
von diefem zum Schlechtern fihreitet die Bildune fort. 3) St
nicht die M—heit einer noch immer grödern Bildung fäbig?
Wesh. follte der Allweiſe die Erdenzeit dazı aufheben? Alles
ſcheint uns eine immer beglüdtere Zueu ft und weis
fere m fittlihere Menſchheit zu verkuͤndigen. —
Wenigſtens follten Rel.-Lehrer zu der Zeit, wo Pfeuboprophes
'ien den Weltgerichtstag anberaumen, von der Kunft predigen,
em hohes Alter zu erreichen. i
Bol. unten den Urt. Zukunft Jeſu.
Weshalb dag künftige Weltgericht erſt zu feiner
Zeit, feierlich und öffentlich, nder vor aller M. Augen
werde gehalten werden, dieß laßt ſich auch nicht nr.
fentlich angeben. Gott fann dazu Urfachen haben,
die uns ietzt unbekannt find und deren Schicklichkeie
erft uns in der Zukunft einleuchten wird. Jeſus fol
Dadurch efwa in feiner Erhabenheit, in feiner Ober—
herrſchaft über alle M. dargeftelit, auf eine ‚fan. Art
beſtaͤtigt und ſeine Verehrung, wie die des oe be⸗
foͤrdert werden, Rom. 14, 195 Up. ©. 17, 31 *).
Sehr aufmunternd fürs Gute, fehr ——— —
das Dofe wird es ſeyn, daß dadurch dann alle bier
- im Berborgenen gefchehene und unbefannt gebliebene
vorzüglich edle u. gufe, u. auch die fchlechten Handl.
Sf: atlich werden bekannt gemacht und zur offenel.
Lobpreiſung u. zum feierlichen Ruhme oder „gu Schande
und Beſchaͤmung vor alen Engeln und M. gleichfam
zur Schau geſtellt und Die letzt ern mit ——— ge⸗
brandmarkt werden, I Kor. 4, 5. Eine dadurch ge—
fchehende öffentliche —— und Verherruchung
der goͤttl. Gerechtigk. fuͤr alle M. auf einmal iſt kei—
neswegs zwecklos, und endlich bezweckt und bewirkt
Gott durch das Weltgericht die vollige Schei—
dung zweyer großen Gefellfch. der M., der
ofen und Guten. Heyden werden ganz verſchie—
) Vgl. Mori comm, exeg. hıft. in epit. Vol. I. p.
120, Soll vielleicht — — eius rei veniant.
Q0 2
612 28,
Weltger., (bey demf, erfolge die Trenn. d. Boͤſe v. d. Gut.)
dene Zuſtaͤnde und Wohnorte u in denfelben mehrere
Abtheilungen nach) Den verfihiedenen Stufen ihrer Gut—
n. Bssartigkeit angewiefen u. fie dahin geführt wer:
den, Luc. 16, 26; IL Petr. 3,13. Die Srennung
der Boͤſen und Guten ift nothwendig, ber
Ruhe und des feligen Gluͤcks leßterer und auch ber
Höfen felbft wegen. Die Guten fann Gott nicht ewig
in Unruhe faffen. Sn der Geſellſch. der Boͤſen wür-
den fie auf mannichfaltige Weife beünruhigt oder doc)
befümmert werden. Die Unart der Dofen, wenn fie
ihnen auch nicht ſchaden koͤnnte, wuͤrde fie, wenigſtens
betruͤben und kraͤnken. Die Boͤſen aber wuͤrden durch
das höhere Gluͤck des Guten theils zum Neide und
Unmillen gereist werden, theils den großen Abftand
mit Schmerzen fühlen. Ein minderes Glück Sau;
wenn man auch von einem hoheren Glück weiß,
aber nicht finnlich Fennet, oder ſich nicht davon —*
deutliche Anſchauung, was es eigentlich ſey, machen
kann, mit Zufriedenh. genoſſen werden, da daſſelbe,
wenn man ein ungleich hoͤheres Gluͤck anſchaulich
kennte, ein Ungluͤck ſeyn wuͤrde. Gott wird gewiß
nicht ſeine Guͤte unnuͤtz oder ſchaͤdlich anwenden. Er
wird daher auch nicht vern. Geſchoͤpfe zuletzt in eine
Welt ſetzen, die nicht für fie iſt, oder deren Guͤter von
ihnen gemißbraucht werden wuͤrden. Die Boͤſen und
die Guten werden alſo in ganz verſchiedene Gegenden
verſetzt und ieder M. in eine ſolche Lage gebracht wer—
den, in welcher er das ewig ge nießt, was ſeine Tha⸗
fen werth waren.
2) Jeſus Chriſtus wird der Weltrichter ſeyn. Die
fen hat Gott zur ewigen Entfiheidung des Schieff.
der M. beſtimmt, ibm das Gericht übergeben- und mit
goͤttl. Kraft dazu verfehen, Ap. G. 17, 31; 10, 41.
42; Joh 5, 22; Rom. 14, 9. 10; II Kor. 5, 10.
Er bat fih auch durch fl Erisfung eine Herrſch., ein
Eigenthbumsrecht über die Menfchen erworben und die
h. Schr. betrachtet dag Gericht als eine Bollendung
de8 Erlöfungswerfs. Dieſer Umſtand gereicht den
Freunden des Guten zur größten —53 Denn
ein Richter, welcher ſelbſt Fenſch war, kennt die
Schwachheiten der menſchl. Natur, u. weiß die ganze
Art, wie M. empfinden, aus Erfahrung. Er fennt
/
W. | 613
Weltger., (das kuͤnft. — wird fich üb, alle M. erſtrecken.)
aber auch ihre Herz und weiß, daß fie ihn Liebten. Er
bewieß ſchon durch f. Tod die größte — zärtlichfte
Liebe, liebevoll wird er auch richten. Aber den Gott-
lofen erfcheinet er nicht zum Troſte, Judaͤ V. 14. 15.
3) Jeſus Chr. wird Alle M. ohne Ausnahme
richten, die ie auf der Erde gelebt haben, von we Icher
Mel. fie auch gewefen feyn mögen, und die beym An—
bruch des Weltger. noch leben werden. Nicht nur
feine Diener werden vor ibm Mechenfchaft ablesen,
nein, auch alle feine Befenner in ae Erdgegenden,
die Guten mie die Bofen, die Ger. wie die Unger.,
- felöft die bofen Engel. Seiner von ben M. wird zu
groß feyn, welcher deshalb vom Gerichte dürfte aus—
gefihloffen werden. Keiner ift zu niedrig, geringe und
arm, welcher koͤnnte überfehen werden. Dieß liegt in
‚dem Worte alle in II For. 5, 10; in den Worten:
Der Kreis des Erdbodeng, Ap. ©. 17, 31; in
oh. 5, 28. 29. und in Nom. 14, 10 [am Ende].
4) Das, was Gott durch Jeſus Chr. richten
wird, wird folgendes feyn: nicht die frdifchen
Borzüge, Anfehen, Ehre und Keichthum an fich, wohl
aber ihre Anwendung:
a) Die Gedanken und Begierden der Men—
ſchen, I Kor. 4, 5. Denn Gott weiß alles genau, was
wir Gutes oder Bofes gedacht haben, wenn es auch
nicht laut wurde. Die auten und böfen Gedanfen
find eben fo verscltungswürdig als die Thaten, f.
hr. Mor. f.d. Canzelgebr. den Art. Gedanfen.
II. a—d. 37 B. ©. 94-96. und Lange und Sch d>
ners Fehren und V. deg vern. Chriftenth. in Predd.
üb. d. Ev. ©. 579 ff.: „Gedanken find nicht zoll—
frey.“ Selbſt das Entſtehen böfer Gedanken iſt in
manchem Betracht eine Suͤnde und ga M. iſt des—
halb verantwortlich, welches nach Jac. 1, 14. nicht
geläugnet wird.- Sie haben in eds, mas der M.
vermeiden fann, ihre Beranlaffıng. Zi Gedanken
reizen den M. zur Luft, dieſe gebiert die Siinde.
b) Die orte und Reden der M., Matth. 12,
36. 37. Wegen alles Boͤſen, welches M. geredet, we⸗
gen aller Worte und Reden, womit fie ihren NRaͤchſten
beleidigt, oder befchimpft, oder geärgert und verſchlim—
6 14 W.
Weltger., (d. kuͤnft. — bezieht fich 16. Worten, Thaten. 9
mert, oder nichts Gutes bewirkt haben, 4. B. Ver-
wänfchungen, Fluͤche, Verlaͤumdungen, Zoten, ſuͤndl.
Scherze, Laͤſterungen, Narrentheid sungen u. f. w.,
werden fie Rechenſchaft ablegen müffen; f. dr. Mor.
f. d. Gangelgebr. in d. Art. Reden, Sherzg
Laͤſterungen, Gottesläfterung, Zoten x.
c) Alles, was die M. gethan haben, (U Sor.
5, 10.) u. zwar nachdem fie den Gebrauch) ihrer Ver—
nunft und Unterricht erhalten hatten. Nicht nur
das, was befannf geworden ift, was mehrere Mit—
menfihen fahen, deutlich wußten, oder davon Bone,
fordern auch dag, was durch Naht und Dunkelheit.
bedeckt, ohne Zeugen und heimlich verübt, was nie
irgend einen: M. bekaunt geworden iſt, wird gerichtet.
werden, I Kor. 4 5 (bier heißt dass im Finſtern
Herborgene daß Unentdeckte und die unbekannte
Boͤsartigkeit. Rath des Herzens heißt hier ſo
viel als die innern Anſchlaͤge, „heimlich gehaltene Ab—
fichten, — 2c.); Nom. 2, 12-16; Pred.
12, 14. Das ganze Gewebe menfchlicher Handl. und
Shaten, welches feit der Dauer der Melt entftanden
ft, wird nach ſeiner wahren Beſchaffenheit entwickelt
. und die wahren Arfachen und Beranlaffungen (bie
Zriebfedern zu den) der Begebb. und Handl. nebft
ihrem eigentlichen und verborgenen zufammenhang
aufgedeckt werden. Die geheimen Anfchläge und Ver—
abredungen der M., um etwas Gutes oder Boͤſes zu
thun, wenn fie gleich nicht ausgefußre wurden, und
die Abfichten ben ihren Handl. werden dann aufge-
deckt — aufs Offene gebracht werden, Gyr. 32, 9.
Gott wird dag Eee Betragen der M. richten und
—* nach iedes M. eigenen Faͤhigkeiten, Gaben und
Gelegenh., die er zum Guten ꝛc. "hatte. Vorzüglich
wird dann nicht vorzugsmweife auf den Glauben oder
darauf Ruͤckſ. genommen werden, zu welcher Rel. und
Sekte wir ung aͤußerlich bekannt haben. (Matth. 7,
21:23.) Am iuͤngſten G. wird es ung nicht zu ſtat—
ten fommen, wenn wir zwar als Chriften geboren,
getauft und erzogen worden find, ein chrifil. Glau—
bensbekenntniß abgelegt und nachher die chr. Rel.⸗Ge⸗
brauche mitgemacht und auf Beibehaltung des rei—
nen Lehrbegriffs mie Eifer gehalten, aber nicht unſern
IB, | 615
Weltgericht, (das Eünftiige — Norm deffelben.)
Glauben mit Tugendfrüchten bezeichnet haben, fondern
Jeſus wird die Hauptfrage vorlegen: Lebtet ihr auch
wohl nach eurer Nel.? oder dem angewandten Theil
‚eures Glaubens gemäß 2? Ganz befonders wird Je—
ſus nad) den Er sifungen der M—liebe, nach men
ſchenliebenden Neigungen u. Handlungen, nach dienſt—
fertiger Theilnahme am a und Wehe Anderer
— Rachfrage halten, Matth. 25, 3ı fa Die
Bernachläßigungsfünden in vetreff der Naͤchſtenliebe
werden in dieſer Stelle als Urfache der Berurtheilung
- zur Unglück. (ewigen Bein) und die Erweifungen ehr.
Dienftfertigfeit, Wohithätigf. und M—liebe als die
Urfachen der ſeligſten Belohnungen (des ewigen Le—⸗
beng, der Grerbung und Bei enchme des aͤnzſt den
Menfchenfrennden zugedachten Reichs) dargeſtellt.
Jeſu große Vorſchrift der —— wird alſo der
Maaßſtab ſeyn, wonach der ſittl. Werth eines ieden
M. mit unbeſtechl. Gerechtigkeit entſchieden werden
wird. Offenbar muͤſſen alfo alle Lafter und Untugen-
den, die zur Sterung menfchl. Gluͤckſeligkeit beitragen
und M—haß darlegen, zur — der Guten unfaͤhig
machen, Galat. 5, 19:21; I Kor. 6, 9. 10. — De
Weltenrichter wird am gr. Gerichtstag gleichfam fras
gen alle Hohe der Erbe: Habt ihr die großen Vor—
Sin uud Kräfte auf eurem hoͤheren Standorte fo ge—
wiffenhaft - redlich, alg möglich war, verwalter? Habe
ihr Dadurch die Druhe, Sreude und die ird. Wohlfahrt
eurer Antergebnen befördert? Habt ihr Unrecht vers
huͤtet, Gerechtigfeit befördert? Habt ihr, die ihr meh—
rere Einfichten als eure Mitm. hattet, dadurch meine
Größe, Güte, Weish. denfelben einleuchtender
fie auch zu ihrem Gegen angewandt, Vorurtheile un
Abergl. bey ihnen ausgerottet? Habt ihr fie ——
ihnen in allem Guten vorgewande it, ihren Fleiß befor⸗
dert? waret ihr Sürften — Hafer eurer Bolter? 2 Verſor⸗
ger der Armen — Befoͤrderer des Gemeinnuͤtzlichen?
*) Bey der Erinnerung an fo viele in der Chriſtenh. herr⸗
ſchende Rel.-Partheien iſt es ein beruhigender Gedanke:
einſt kommt doch die Zeit, wo der Sektenglaube auf:
hören, und der Alleinglaube an Sittlichkeit fib
einfinden wird,
616 W.
Weltgericht, (das kuͤnftige — wird alles aufdecken)
Fragen wird er alle Beguͤterte: habt ihr, die ihr
hinlaͤnglich Mittel in Haͤnden hattet, euren Mitm.
beyzuſtehen, den Nothleidenden bengeftanden, nuͤtzl.
Anſtalten errichtet und vorhandene unterſtuͤtzt? Habt
ihr Hungrige geſpeiſt 2c.? waret ihr reich an auten
Merken? ſetztet ihr nicht allein eure Zuverſicht auf den
fo leicht einzubuͤßenden Reichth., fondern 2.2. Shr,
Die ihr bey euren Mitm. gelitten und geachtet Ban:
habt ihr fie zum Guten angeleitet u. ſ. fe? Es wird
der Nichter alfo nach der Ausübung gufer — Men
fchenliebe darlegender Werke fragen. Daß Jeſus
nicht auf den Glauben der M., auf ihr Net. Be⸗
kenntniß, auf ihr Mit machen frommer Gebränche, auf
vieles — verftandlofis Beten, auf den Eifer für die
reine Lehre, auf die Verfolgung der ehemals genann—
fen Ketzer u. ſ. w. feben wird, iſt natürlich; — denn
folchen M. fehlt es am thaͤtigen Glauben, welcher al:
lein beſeligt. Die Hauptfache im ieder Rel., die
Summe des ganzen Thriftenth., dag rechte Weſen def
felben iſt — Herzenggüfe und Frömmigkeit. Lieben
wir Andere mie der That, fieben wir ihnen in Noth,
Armuth, Krankheit nicht blog durch unfer Bedauern
und Mitgefühl, fondern mit Dienften, Verpflegung,
Mitrheilung u. f. w. bey, und helfen wir fo vielen,
als es uns meglich it, fo zeigen wir den achten
Glauben, und — daß wir gebefferte Chriſten find;
denn I oh. 4, 20. (am Ende) ift vollige Wahrheit.
Am Weltgericht wird alfo offenbar werden :
aa) Die innere Befchaffenheit des M., def-
—— Geſinnungen (Herz) ;
I Kor, 5, 14; Matth. 10, 265 I Tim. 5, 24. 25;
red. 12, 14. oder der innere Zuft. der Seele. Die
M. werden dann, ba alle Verbindungen und Selbſt—
täufchungen wegfallen, ſich felbft und ihre Geſinnun—
gen und Die ganze ine Lebensart im Lichte Der
Wahrh. und des Gewiffens erfennen. Wenn hier
ſchon M. ihre M itmenſchen aus ihren Mienen, Betra—
gen, Benehmen u. Reden erkennen, wie vielmehr wird
ſolches dort geſchehen, wo die nicht mehr mit dem
groben Koͤrper verſehenen Seelen ſich deutlichen und
alſo auch die im M. ſelbſt liegenden Urſachen ihres
Benehmens erkennen muͤſſen. Deshalb, daß dann der
2 ! 617
Weltgeviche, (das fünft. — wird alles aufdecfen.)
Mi fi und Andere aufs genaueſte erkennen, wird,
wird ieder die Gerechtigk, Weish. und Gute Gottes
in ihrem wahren Lichte einfeher und bewundern. mifs
fen. Seder ſieht die treffenden Gründe, weshalb Gott
J—— belohnt oder beſtraft, weshalb er dieſen in
dem habern; jenen im dem geringerm Grade belohnt
oder befiraft? Dich wird. ſehr zum Guten aufmuntern.
Wie beruhigend. wird dieß für Fromme ſeyn, wie ſehr
wird es die Gottloſen erſchrecken, nun es zu erkennen,
daß ſich dieſes Leben genau auf das kuͤnftige bezieht;
wie man da nur wegen ſeines Tugendflei ißes geſbaͤht
werde; wie Tugenden u. Suͤnden in ienes Leben hin—
uͤbergehen u. binüberreichen, u. unfern Werth u. unfer
+. Schiff. entfcheiden helfen, wie alfo 1ede Haͤndl. dort
Einfluß auf den Grad unferer Glück = oder Ungluͤckſ.
habe. Denn der fittlihe Werth oder Unwerth ihrer
Handl. iſt dann ihnen ſelbſt entſchieden und mit ihnen
dag innere. Gefuͤhl ihrer Entakeie oder Unſeligkeit.
Diet benaulane! die oben S. 611 f. erwähnte eh,
von ſelbſt. Denn weil alddann teder ſowohl das
Innere iedes Andern anfchaulich erfennen wird, als
auch weil die Seele die Steigung bat, dag zu fachen,
was ihe ähnlich und mit ihren Gefinn. und ihrer Hand»
lungsart übereinflimmend iſt, werden fih M. von
gleichen Sefinnungen und Schieffalen zu einander ge—
fehlen. Gute werden fi nur zu Guten, Bofe nur zu
böfen M. Halten. Sene treibt. ihr inneres Gefühl
und ihre Herzensgüte au, ſich ſowohl Gott, welchen fie
lieben, als auch den das Gute licbenden Geelen zu
nähern; die ſe — fih von ihm und den Frommen
zu entfernen. Letztere glauben in der Geſellſch. unſeli—
ger Berworfener Geifter eine Linderung ihres unglückl.
Schickſals zu finden, Matth. 25, 34. 41.
bu Die BEWERBUNG der Zeit „und beſonders der
Mußeſtunden. — Das Urtheil Jeſu Chr. am gr.
Weligericht von welchem man an fein höheres
Gericht wenden kann, wird fogleich vollzogen erden,
oder, es wird fogleich in Erfüllung gehen, Matth.
25, 46. Jeder wird fogleich dasienige Loos erhalten,
was feiner Maffahrung gemaͤß if.
5) Wiewird I Jeſus Chriſtus alle Menfchen
richten?
618 W.
Weltgericht, (das kuͤnftige — wie wird es ausfalten?)
a) vollig unpgartheiifch, auf das gerechteſte.
Sein Urtheil iſt unbeſtechlich und unbefangen, Nom.
2, 11. Bey ihm gilt Fein Anſehn der Perſon. Bor
ihm findet Feine Taͤuſchung ſtatt, vor ihm Hilft Feine
Verſtellung und Heuchelei. Er richtef ganz nach dem
Verdienſt oder Werth und nad) der Würdigfeit, fo
wie es ihm als einem gerechten — heiligen Richter
anftändig tt. Jede Handl. wird er nad) ihrem wah—
ren inneren Serth beurtheilen, nicht nach dem, was
ſie vor den M. gegolten hat; iedem wird er den Platz
anweiſen, welcher ſich zu ſeinen Faͤhigkk. zu feinen
herrſchenden Gefinnungen paſſet; den wird er lohnen,
wer des Lohnes werth und faͤbig iſt; Den aber ſtra—
fen, welcher 2c. Dann gelten Feine Ausfluͤchte, Feine
Entfchuldigungen und Befchönigungen feiner Vernach—
laͤßigungen und Sünden, Soh. 15, 22; Matth. 7, 22.
Gott kann und wird unparth. richten; denn alg
der Allwiſſende weiß er untrüglich alles, auch die Ab—
Ron und Sefinnungen der M. Bor ihm als dem
Hifgerechten ift auch gar Feine Partheylichkeit denkbar.
b) Er wird darnach Die PM. richten, aa) ie nachdem fie
Sähigfeiten, Kräfte, Gelegenheiten zur Selbftbildung,
sum Guten, zur Gemeinnüslichkeit, zur Erlangung von
Kenntniſſen und Einſichten, Di uͤlfsmittel, Unterricht ge—
habt und ſie redlich oder ſchle cht, oder gar nicht benutzt
haben; ie nachdem ſie hier ihre Kräfte (leibl. u. Geiſtes⸗
kraͤfte) nuͤtzlich ſowohl fuͤr ſich als fuͤr Andere geuͤbt,
Gutes geſtiftet, ihre Pflichten erfuͤllt, M—liebe erwieſen
u. ſich durch Herzensguͤte u. Adel zu einer ausgeſuchten
Geſellſch. frommer Auserwaͤhlten geeignet haben, Luc.
12, 45. — bb) ie nachdem fie in Hinficht des Guten
mit Hi inderniffen und Schwierigkeiten und Verſuchun—
gen zu kämpfen haben. cc) Jeder M. wird nach der
Nichtfäjnur der ihm bekanut gewordenen, ſein Betra—
gen — —— —— Geſetze gerichtet werden, und zwar die
Juden, Heiden und die, andern Rele-Partheien erge-
benen, Mẽ werden nach ihren eingefchränfteren Kennt—
niffen, der Ehrift aber nach der vollkommneren Bes
lehrung der h. Schrift, der Heide wird nach dem
Licht der Natur und feinem fittl. Gefühl (Mont. 2,15),
der Jude nad dem alten Teft. |. Urtheil erhalten.
Jeder fo, als er gehandelt — ſich betragen hat
W. | 619°
Weltgericht, (das kuͤnftige — Beweiſe 7 daſſelbe.)
bey Leibes Leben, (II Kor. 5, 10. — alſo nicht nach ſ.
Rel. - Wiffenfch.,, nach‘ dem bloßen Glandben). Ber
ohne ein geoffenbarte 8 Gefeg gefändigt hat, wird auch
nach feinen geringern Kenntniſſen gerichter werden,
Rom. 2, IT-16; Xuc. I2, 17= 48; Matth. 25, 14-30.
Chriſten werden, wenn ſie — ihrer Erk., ihrem Gl.
gemaͤß gelebt haben, eine ſchwerere u und größere Wer:
antwortung haben, I So). IE 22.0:
I. Bemeife für Das alle. Weltgericht.
1) Die Vernunft macht es ſchon wahrſcheinlich u. ge
wiß, daß es ung bevorſte be; denn
Sobald man die Unfterbl. der Seele glaubt, muß
mon auch) annehmen, daß in tenem Leben ein ihrem.
Berhalten gemäßes Schickſal auf fir warte, da dich
die Natur der Seele fordert. |
9 Es gruͤndet ſich die Gewißheit des Weltgerichts auf
ie Kenneniß son Gott und feinen Eigenfchefien. Gott
ift ia das vsllkommenſte, heiligfte, gerechteſte, weiſeſte
und Zuͤtigfte Weſen. Er iſt ein unveraͤnderl. Freund
der Tug. und ein ewiger Feind des Laſters, und ift
zugleich unſer Oberherr. Schon hier iſt alles ſo ein—
gerichtet, daß gute Hendlungen gute, — boſe Handl.
aber böfe Solgen haben. Es kann ibm alfo nicht
gleichgültig feyn, wie wir bier gefinnt find und han
dein. Ihm bleiben wir als feine Gefchöpfe für alles
verantwortlich, und wie e3 feine Gercchkigfeit over
der ewig nothwendise Unterfihied des Guten und Bo—
fen nach der Beſchaffenh. unſers Verhaltens erfordert,
belohnens— oder beſtrafenswerth. Das weiß und er—
fahre ſchon der M. im Ert enleben. * Zi er Anrecht
gethan: fo ſtraft ihn fein Gewiſſen. Dieß Gefühl
vegt und außert fich bey ihm in dem Ma * zart oder
lebhaft, als ſein Berfta: id richtig urfheile und fein
Herz gut if. Wer gefändigt bat, kann nicht mehr
mit Ruhe an Gott denfen und fühle ſich vor ihm
firafbar, fo wie ihm Dagegen bey einem auten Gemwife
fen der Gedanfe an Gott mit angenehmen ——
erfuͤllt. Iſt dieſe unwillkuͤhrliche Gelbftbeurtt yeilung
fhon bier, mie vielmehr wird fie bey den ben ©.
613. 14. angeführten drei wahrfcheinlihen Voraus—
fegungen in der Ewigf. ſtatt finden. Es muß auch
ienes Leben eine ununserbrochene Fortſetzung des ge—
620 N W.
Weltgericht, (das kuͤnftige — Beweiſe, Anwendungen.)
genwaͤrtigen geiſtigen ſittl. Lebens ſeyn Hier iſt die
— — des Gluͤcks ungleich. Hier werden nicht
alle Gute belohnt, und nicht alle bofe MR. beſtraft.
Die größten DBerbrechen «eben bier oft unbeftreft
durch und die edelften Tugenden bleiben unbeloßnt,
Nred. 3, 16. 175 8%, 14; (12, 9.) Diefe lingleichheit
wird einmal aufhoren, dieſer Mangel an Bergeltung
einmal durch das Weltgericht wegfallen. |
3) Der Zweck des Erdenlebens macht es wahrfchein:
lich, daß eine Verantwortung alles deffen, was man
bier that, erhalten hatte und war, unvermeidlich be-
vorſteht. Hier fol der M. fih und Andere glücklich
machen, bier fowohl fih als f. Mitm. zur Zufunft,
zur ewigen Gluck. vorbereiten und bilden. Wie kann
es gleichviel ſeyn, ob man diefem, Berufe nachgelebt,
oder demfelben entgegen gehandert habe? Gal. 6, 9.
Alſo muß e8 für den M. ein Gericht geben, welches
ihm die verdiente Belohnung oder verwirkte Strafe
zu erkennen geben wird.
4) Es gründet fich das Weltg. auf die untruͤgl. Auss
—* mehrerer Aeußerungen der h. Schrift, Jeſu und
d. Apoſtel; Hiob 40, 5— 9; Pi. 7, 95 75 8596, ii
08, 9; Pred. 12, 145 AP. 193175 Matth, 12
36; 16 * 25, 31546; Nom. 2, 6. 16; I For. *
5, H Son: 5,7 10. 8.0. 8%
Schon Heiten baten bey ihrem Nachdenken über Gottes Regier. und
die menſchl. Schickſ. auf Erden ein MWeltgericht vermuthet.
Penn die Ehrifien unferer Beit heimlich dad Weltger. bezweifeln,
fo ruͤhrt das von ihrem pflichttofen Leben und ihrem un
Sewiſſen ber.
Bol. en 8 Epiftelprebigten, neue A. or Th.
S. 315 ff. —
“ul Was folgt dargus, wenn ein Weltgericht
ift, in Ruͤckſ. unferer Geſinnungen und un—
ſeres Betragens?
1) Daß wir oft an den großen Tag der —
denken muͤſſen. Dieß fann nicht oft genug gefchehen,
denn a) der tüngfte Tag, komme er heute oder nior-
gen, oder erft nach vielen Jahren, (dag werß der Ewige
nur) kommt, fo wahr ein Gott, ſo wahr er allgerecht
ift, und fo wahr er ee durch f. Sohn bat werfichern
laffen, daß ein Weltger. feyn werde: > Um demfelben
3, 621
Weltgericht, (das kuͤnftige — Anwendungen.)
gemäß zu leben, muß man fuchen, b) daß der Ge
danke an daſſelbe zum lebendigen Bewußtſeyn werde,
welches uns überall begleiten kann. Bey der Ver—
ſuchung zu ieder, auch zur kleinſten Suͤnde muß es
uns ſogleich einfallen, daß uns ein zukuͤnftiges gerech—
tes Weltger. erwarte. Mit ieder Erinnerung an eine
Pflicht, die wir zu uͤben haben, muß man den Ge—
danken verbinden, daß der, welcher ins Verborgene
ſieht, fie uns oͤffentlich vergelten werde. Daher ge>
woͤhne man ſich, um es dahi n zu bringen, von fruͤher
Sugend, ernſtlich über Zeit und Ewigf. nachzubenfen.
Bgl. Weſtphal⸗ s Predd. and. Sonn⸗ uhr.
des 5. üb. BIrBuS ar 271:283 : Wahrheit,
Wichtigk. und Annehmlichk. des Ged. an “ein zukuͤnf⸗
tiges goͤttl Ger: ht, üb. d. Ev. an 26. S. n. Tui
2) Daun mug fihb auf f Tod und aufdas allg.
gr. Weltgericht bey Zeiten, gebesrig, ernfihaft amd
das ganze keben hindurch vorbereiten, AI’etr.
1, 17; Ib Betr. 3, 71 u. 14.) oder fo hier) zu leben
fischen, daß man einſt am gr. Weltgerichtstage getroſt
und ohne Zucht vor Gott treten koͤnne. Zu une
Horb Frei. gehört a) Behutfamf. und Borlid jeigf.
feinem 8 u zwandel, deshalb I Thefl. 5, 6. Oiele
M. chen unbefsrgt über den Yusgana ihres fündl.
Lebens nach ihren Lüften, fie find ficher; wahre Chri-
fien aber leben bedächtlich, fie wachen, fie find vorfich-
tig. Um alfo iener Stelle nach nicht za ſchlaäfen, um
nüchtern zu ſeyn, muß man fi) forgfältig vor altem
hüten, wes man einft nicht wird vor Goft verantwor-
ten koͤnnen. Man befleißige fih mit Ernſt, alle and
iede Suͤnde zu meiden. Man kaͤmpfe gegen die Rei—
zungen zum Bofen. Denn nach Pf. 5, 55 Roͤm. >,
7:95 Meith. 5, 8. kann nur derienige fih vor Gott
— — und ſich feiner Gnade getroͤſten, welcher
iede fündl. Luft, Rede und That meidet. Der Glaube
an das Weltgericht ift die Lebe rzeugung von der ewig
gültigen Einrichtung, ‚daß e8 guten M. aut, boſen
aber übel gehen werde. Das Boͤſe Fann nicht für
immer verborgen bleiben. Auch loͤſcht nicht die Zeit
das geübte Boͤſe wieder aus. Fließt noch fo viele
zeit nach unfern Sünden bis zum Weltgericht hin;
fo wird das doch nicht dieſelbe und die unausbleibl.
622 W.
Weltgericht, (das kuͤnftige — Anwendungen.)
Folgen derſelben aufheben: Der Allwiſſende kann
doch nichts vergeſſen und überfehen. Unſer nach dem
Tode vervollkommneter Geiſt wird ſich einſt auch des
bereits Vergeßnen wieder erinnern. Reue und Hoff⸗
nung auf Gottes Allliebe vermoͤgen nicht, veruͤbte
Sünden zu vertilgen, ober deshalb, daß, Gott barm—
herzig und bey ihm viele Vergeb. iſt, Fonnen mir
nicht hoffen, daß er ung nicht zur Rechenfch. ziehen
werde. Das Verrichtete und das Unterlaſſene muß
und wird gerichtet werden. Von mehreren Seiten ift
ung alfo die Nothwendigf. eines frommen Lebens eins
leuchtend. Um aber fich von allen Sünden los zu
machen, iſt es nothwendig, forgfältig fein Leben zu
uneerfuchen und ftrenge zu beurtheilen. Man denfe
fih) den unbefchreiblichen Schrecken der Günder, wel
che der iüngfte Tag übereilt. She Herr, — ihre Stra-
fen find de a, 100 fie dag gar nicht erwarfet haben.
b) Wir müffen mit Eifer Gutes verrichten. Nur der-
ienige kann einft vor Gott beftehen, welcher hier für
fi) und Anderer Wohl thätig war, feinen Mitm. bey⸗
ſtand, gemeinnuͤtzl. Anftalten 2c.; denn Matth. 7, 21
11,.28::295' 25, 34 N RRELHTO, 235 Fe. 17; Sf⸗
fenb. 22, 14.
Beydes (a und b) darf deshalb nicht von ung ver-
faumt werden, weil "der Gerichtgtag unerwartet kommt,
und weil alle Augenblicke der M. in Gefahr flieht, -
daß Gott, um ihn zu richten, fommen werde, Luc. 12
37. Er darf ung nicht’ unerwartet übereilen. &
wird ohnehin einge in Schrecken fegende Szene ſeyn ),
um wie viel groͤßer muͤßte unſere Furcht und Angſt
werden, wenn von a und DE. Gar. 22. dag Gegen—
theil. verübt worden wäre. Wie erfreulich wird der
legte Tag allır Tage dann den Frommen werden **)!
Deshalb beachte man es bey aliem, was man vor⸗—
nehmen will, daß wir davon Gott werden Nechenfch.
ablegen müffen. Man erhalte fi mit aller Borficht
— — gutem ns und sirebe, niemals bey Verſuchun⸗
— —
— — — —— — —— — ——
*) ©. Joh. Chryſoſtomus Predigten und El. —
IXt 3. ©. 176 f.
*x) Ebendaſelbſt, S. 175 fl.
Weltgericht, (das künftige — Anwendungen.)
gen unterzuliegen, I Joh. 2, 17. Man werde nie
träge im Guten, Gal. 6, 10. Der Ged., alles wird
einſt von Gott befiraft werden, warne ung vor Suͤn—
den, gründe in ung Gewiffenbaftigkeit. Er fiy uns
ein ftarfes Gegengift wider die Reizungen des Bofen,
was ungefehen gethan merden kann. Er ſey ung eine
Iebhafte Ermunterung, unbemerkt Gutes zu üben und
unerkannt und unbelohnt hienieden ſchwere Pflichten
zu erfuͤllen. Er mache unſere Tugend uneigennuͤtziger
umb irkina®'; Ä
c) Da die Beweifuugen der M—liebe hauptfächlich am
MWeltger. den M. vertreten werden, fo ube man mit
allem Eifer und Fleiß Gutehätigfeit gegen Dürftige,
Nothleidende, Hülfiofe, Unberatbene, linverforgte,
Wittwen und Waifen. Man mache fi) um Andere
verdient. Man nehme Theil an Anderer Leiden, Ver—
Luft u. Summe. Dan lindre ihre Noth durch Geld-
beiträge, Mitsheil. der Lebensmittel, Kleidungsftüchen
ıc. Man fiche der gedruͤckten Unſchuld, den boshaft
Gemißhandelten bey. Man verrichte aber diefe thaͤtige
M—liebe auf die rechte Art, ohne Stoß und Selbſt—
erhebung, ohne damit Auffehn zu machen, ohne Prah—
lerci, ohne es als etwas Verdienſtliches anzufehen.
Schr ſchoͤn ſtellt deshalb Jeſus Matth. 25, 37-39.
die Frommen ſo vor, als ob ſie ſich nicht einmal des
Anderen bewieſenen Guten beſinnen koͤnnten, und daß
ſie ihrer Gutthaͤtig- u. Dienſtfertigk. nur einen gerin—
gen Werth beylegen; Matth. 6, 3. Man diene Andern
und fey ihr Wohlthäter aus Gefühl der Pflicht, aug
Gottes » und M—liebe. Das Gute entficht aus dem
Olauben, dann trifft Match. 10, 42. ein.
Dal. Scherer’g heil. Reden zur Bel. und Ber.
f. d. Kinder des Lichts, Nr. 18: „über den Einfluß
des Andenf. an die zuf. Mechenfch. auf menſchl. Ge—
finn. und Denfungsart,“ über Luc. 16, 195 (von
Tertor.) | |
3) Kommt e8 bey unferm fünftig von Gott zu baren:
den Endurfheile und unabanderl. Ausfpruch über un—
fer ewig glückliches Schieffal nicht auf unfer Außer:
liches Religionsbefenneniß und auf dag alleinige Mit—
fenern unferer Mel.» Gebrauche an, fondern beruht eg
allein darauf, wie ein M. nad) Glauben und nach
624 m.
Weltgericht, (das Fünftige — Anwendungen.)
f. Rel.⸗Erk. gelebt und Gufes gethan, das DBofe aber
vermieden hat: ſo lerne man doch hier Religionsdul—
dung gegen: andere Neligionsperwandte zu beweiſen.
Man verachte die M. von andern Mel. = Barth. nicht,
man ashte fie, wenn fie Recht hun, fremde Roth lin—
derm und gute Werfe uben. Gott wird ia durch. Je—
ſus Chr, nicht ſowohl unfern Derfiand als in Hin-
ſicht der Rel. unſer Herz— richten, ob es MMiebe be⸗
wieſen hat.
4) Man tadele, da ein alle. Weltger. iſt, nie Gott,
wenn man auch bemerkt, daß hier noch nicht ein ieder
das empfaͤngt, was er nach ſeiner Auffuͤhrung ver
dient, Pred. 3, 17. Man erwaͤge Gottes Laängmuth,
welche dem Suͤnder lange Zeit zum Beſinnen und zu
ſ. Beſſ. laͤßt. Man beruhige ſich, wenn auch unſere
Tugend, gute Abſicht und die Guͤte unſeres Herzens
verkannt —* mit dem Gedanken, daß der große Ge—
richtstag unſere Unſchuld aufs Offene bringen und
nichts von dem geuͤbten Guten uns unbelohnt bleiben
ſolle, Matth. 10, 42. Go beruhigte ſich auch Dau-
lus bey ꝛc. I Kor. 4, 3. 4.
Vgl. Herzlieb's Predd. an — und Feyer⸗
tagen, Zuͤllichau 1795. gr. 8. Nr. 23. ©1358: 72:
„wie beruhigend und troſtvoll die Ueberzeugung iſt:
Gott iſt unſer Richter,“ uͤb. Matth. 25, 31:42; ae
Schuderoff moral. vel. Neden, Halle 1794. 8. Wr.
3: „bon einigen Vortheilen aus dem Sedanten an
Gott als Richter für unfere Beruh. und Tug.“ über
1 Kor. 4 4:
5) Die Zeit, wann das Weltger. eintreten wird, iſt
uns eben ſo wenig als die Stunde unſers Todes be—
kannt (Luc. 21, 355 Mare. 13, 32-37; 1 Ihefl. 5,
1. 2.). Deshalb falle man nie auf die Thorheit, fie
vorwitzig erforfihen, ausrechnen und beflimmen zu
wollen. Die Mel. macht es ung zur Pflicht, unfern
Furzen Aufenthalt zu unferer wahren Bildung: zu be—
nußen und die Weisheit, Hegebenheiten und Ereigniffe
nicht beſtimmen ‚zu wollen, welche weit über den reis
unferer gegenwärtigen Kenntniffe heraus liegen, und
über die wir erfi nach dem Tode Unterricht und Bes
Iehrung erwarten dürfen. Bis bicher find alle die,
welche den iuͤngſten Tag babın voraus beflimmen ee‘
ur
W. 625
Weltgericht, (das kuͤnftige — Anwendungen.) |
durch die Nichterfüllung ihrer Ausſage als Träumer
‚befunden worden. Es werden alle in der Zufunft
daſſelbe Schieffal haben, die es fih anmafßen, einen
Zeitpunft zu beflimmen, den felbft Jeſus nicht mußte.
Alle ſolche Verſuche müffen verunglüden.
Man glaube auch nie denienigen, welche die Zeit des
Weltgerichts ausgerechnet und beſtimmt gu haben mei—
nen. Die. Ungemwißheit dieſer Zeit muͤſſe uns zu einer
deſto treuern Erfuͤllung von Rr. 2. oben ©. 621 f.
bewegen. Sollte der iüngfle Tag noch ferne feyn, fo
ift ung ber Tag bes Todes vielleicht defto näher und
dieſer iſt als unſer iuͤngſter anzuſehen. Das Ver—
ziehen des Weltgerichts beweißt ge nicht die Unmoͤg⸗
lichkeit und Ungewißheit deffelben, II Petr. 3, 9; Xp.
&. ı, ıı, Wir muͤſſen uns vor dem leichtfinni gen
Gedanken des Lafterh. hüten, daß man dächte: der
Herr kommt noch lange nicht, Matth. 24, 37 und 48.
Verzieht auch der Gerichtstag noch lange, fo wird der
Todestag für ieden das feyn, Was der Gerichtstag
für alle feyn wird.
Bol. Heym’s Samml. v. Predd. üb. d. Epift. für
Pandleute, ©. 3848-56; „der ungewiffe Anbruch deg
inngften Tages,“ ik d. Epiftel am 26. ©. n. Tr. —
©. über J. II. „v. dem Eindruce einer ernfien Des
frachfung des allg. Weltger. auf unfere Herzen,‘ eine
Pred. über die Ep. am zten Adv. von ©. Ch. ©.
Buſch, Eifenach 1787. 8. (3 Ggr.) Bourdalourg
fammel. Predd. ır Th. Dr. 2. ©. 307-483 „v. dem
iungften Gerichte; — Range und Schöner Lehren
‚und Vorſchriften des vern. Chriftenth. in Predd. üb.
die Ev. ©. 66270: „daß es eine ungegründete Hoffe
nung ift, wenn ‚der Gottl. hofft, noch in f. letzten Aus
genblicken auf die Erfchein. des Weltrichterg fich vor—
bereiten zu Fünnen;” Heym's Samml. v. Predd. f.
gandl. üb. bie Evang. ©. 816:26: „die Lehre vom
iüngften. Gerichte,“ üb. d. Ev. am 26. ©. n. Tr.
deffelben Samml. v. Predd. für Landl. über die
Epift, ©. 860-673 „die genaue Verbind. zwifchen d.
iuͤngſten Tage und unſerer fegten ein über
dv. Ep. am 27. ©. n. Er; Hennig’s (8 € ©.)
Predd. 3r Th. Königsb. 1781. 8. „v. d. Wiedert.
Jeſu zum Gericht,” üb. d. Ev. am 26. ©. n. Tr.;
Ehrifil, Gl. Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Th. Rr
626 W.
Werke, (gute — was ſind ſie?) £
Dapp’ 8 Predigtbuch für Landleute 55. d. Sonn-
und Feyert. Ev. ©. 636-963 „uͤber das Gericht, wel-
ches über ale M. gehalten werden wrd G. Er.
Goͤtz Auszz. a. d. Predd. üb. d. hr. GL=w. ‚Sittenl.
©. 11317. „db. dem allg. Weltgerichte;“ Wolf's
Auszz. aus. ſ. Predd. 2r Jahrg. ddie
chr. Lehre über unſere kuͤnftige Verantw. vor Gott;“
Neinhbard’8 1799 gehaltene Predd. ar B. Nr. 42.
©. 356:76: „die Fünftige Entſcheidung unſeres ewi⸗
gen is⸗ am 26. ©. n. * über Matth. 25,
31 5; Borheck's Pred. in d. Luth. K. zu Muͤhl⸗
heim gehalten, Lpz. 1801. Pr. g und 10 — Wags
niß Rel.-Lehre in Beyfp. zr Th. ©. 343553 3 „Gott
wird geben einem iegl. nad) —— Thun mit — Gerech—⸗
tigkeit und Liebe.“ er
In Reguis Stimme des Hirten: vertraute Reden eines Pfarrherrn
an feine Pfarrkinder, 1x TH. Leipz. u, Wien 1774. 8. Nr. 1.
ſteht eine muſterh. Pred. eines Kathol. vom iuͤngſten Gericht. —
Weltregierung Gottes, ſ. —— Got—⸗
tes, ar Th. ©. 16
Werke (gute), Eph. 2, ı. NT
Bol. chriſt l. Mor. f. den Canzelgebr. zu B. 2te Abtheil.
9,.3622.6% | i
Ueber den chemaligen Streit v. d. Noth-z um Nicht not h⸗
wendigfeit d. guten Werke zur Seligkeit, ſ. Plankes
Geſch. des proteſt. Lehrbegriffs, 4 B. ©. 479 f. GCeſſ. Geſch.
d. proteſt. Theol. ſeit Luthers Tode, Ir B. Buch HI. ©, 479
f. — ſ. Mori comm. exeg. hift. T. II, p. 333-33; Ber:
{u e. Geſch. 8 hr. Mor, Mfcer m Nyf. ©.
103 f.; (OOckei) über Seift und Wahrh. d. Rel. Jeſu, ©. 42
f.; Ammon Entw, d. wiſſ. prakt. Theol. ©..222.
I. Werke bezeichnet im n. Teſt. Handlungen des M.,
fomohl die Iobenswürdigen (Marıh. 5, 16; 26, 10;
Eph. 2, Io u. a. a. Stellen) als auch die lafterhaf:
ten, 4. B. Soh. 3, 20. 215 I Soh. 3, 85 Sal. 5, 19.
furz das Betragen des M., 3. B. Nom. 2, 6. Dar:
nad) ift der Ausdrucd, gutes Werf, fo viel als bie
äußere Erweifung der innern chrifil. Gefinnungen ge-
gen Gott und den Nächten — das tugendhafte Be—
tragen des M., 3. B. Rom. 2,7. Zuweilen zeige
diefer Ausdruck, gute Werke, ruͤhm iche BER _
W. | 627
Werke, (gute — was find fie?) |
ſchoͤne) Handlungen (cevæ nara), d. i. was rechtmoͤßig
und lobenswuͤrdig geſchehen iſt, — Roͤm. 13, 3. wohin
auch wohlthaͤt ge Handlangen. gehoren, z. B. Joh.
“76,52. So gebraucht Baulus“ von allen gefeßmößis
gen: Handf. der Juden und Heiden im Gegenfaße des
" Glaubens diefen Ausdruf, Rom. 2, 14. 15; 3, 28;
4224. — Gal. 2, 16; 3, 16. hingegen nimmt er
ſolchen vom moſaiſchen Sa auf mw: a
die Zuden fo viel rechneten; II Kor. 9, 85 An. ©.
36. nennt er die Yeußerungen Der Woplchätigkeit
—— Werke.
Wenn Davon die Rede ift, daß man mit dem Glauben
gute Merfe verbinden müffe, fo bezeichnet der Aus—
druck „gute Werke“ die Außeren Erwerfungen der ficzl,
Gefinnungen in Reden u. Handlungen, oder die einzels
nen Theile eines den Borfchriften Gottes gemäßen inneren
u. außeren Detragens — mit einem Worte: fittlich gute
und pflihtmäfige Handlungen — QTugenden —
Edelthaten oder Gefinnungen, Reden und Handl.
einer nach Goftes Mufter und Vorſchriften eingerich«
teten und aus Danfdarfeir erfolgten Gottes - und
M—liebe, I Zim. 6, 18; Ebr. 10, 24; I Petr. 2, 12;
Erb. 2, 10. Das Weſen eines guten Werks ıft, es
befteht aus einer recht = und pflichtmäßigen und ges
meinnüglichen Handlung, welche Folgen und Erwei—
fungen des aus gutem Vertrauen zu Gott und Sjefug
und ber Wahrh. feiner Lehre (aus dem Glauben) ent
fpringenden Entfehluffes find, ee Vorſchriften der
chriftl. Lehre gemaͤß zu leben. el Entſchluß treibt
den Chrifien an, den chriſtl. Borfihriften auf dag
pünftlichfte und wiligfte und aus Danfbarf, u. Liebe
zu geborchen. Jede Erfüllung unferer Pflichten, wel—
che mit vedl. Herzen und mit Fleiß gefchieht, iſt nach
Jeſu Lehre ein autes Werk, es fiy nun, daß e8-$tt-
nächft ung, oder Gefonders unferm Nächften zum
Nutzen gereiche. Es gehoren dahin unfere Berufs—
pflichten, melde gemiß gute — Gott wohlgefäls
lige Werke find. Nicht einzelne gute und nur Außerl.
Froͤmmigkeit darlegende Handt. : R; B. einzelne An
dachtsuͤbungen, dag Gebet, das Bibhellefen, dag Sins
gen, Kirchengehen, bäusl. Andacheeibungen und die
3
628 | W.
Werke, (gute — was find fie?)
uns leicht fallenden Temperamentstugenden ſind gute
W., fondern ein anhaltendes frommegs Leben.
1. Erforderniffe aͤchter guter Werke.
I) Was ein gutes Werk fiyn fol, muß von Gott vor-
gefchrieben und befohlen feyn, Matth. 15, 9; 12, 7.
‚Eine Sache, die Gottes Vorfhriften zumider ift, kann
‚auch durch die befte Abfiche nie ein gutes Werk wer:
den. Nie befahl Gott dag gefelfch. Leben aufzugeben,
den Leib zu geißeln, denn Gal. 5,24. geht auf Selbft-
beherrfchung. Daber find viele tugendhaft feheinende
Handlungen der Chriften ohne fittl. Werth. — 2)
Es muß aus einem aufrichfigen Gehorfam gegen Gott
entftehen, Phil. 1, 1. — 3) Es iſt nicht nothwendig,
daß man fich feines Entfehlufis, den Belehrungen
Gottes zu gehorchen, bey einer ieden einzelnen Handl.,
die ein gutes Werf ſeyn foll, deutlich bewußt feyn
muß; e8 ift genug, wenn derfelbe überh. in der Seele
herrfchend ift. Deshalb kann man von den aus Tems.
perament, Ehrliebe, Gewohnheit u. f. m. entfprunge-
nen guten Handl., wenn folche zugleich mit Liebe zu
Gott und Jeſus geubt werden, nicht fagen, daß fie
feine guten Handl. waren. 4) Jedes gute Werf muß
aus einer guten Abficht geſchehen. So bald die
Abficht bey einer guten Handl. nicht gut ift, fo bat
fir, ſey fie auch noch fo glänzend, entweder gar feinen
oder doch nur einen fehr geringen Werth. Diele .
Dienfterweifungen, Sreundfchaftserzeugungen, Beweiſe
der MWohlthätigf. Fommen aus Eigennuß, Ruhmſucht,
Ehrfucht und Eigenfinn ber. Es ftiften diefe Handl.
Gutes, daher find fie nicht ganz ohne Werth, aber es
find doc) feine chriftl. guten Handlungen. Nur fann
eine gute Abficht eine Handlung nicht allein fchon gut
machen. Die gute Meinung und Abficht benimmt der
boͤſen Handl. das Straffällige derf. nicht. — Derie—
nige Ehrift verrichtet Fein Gott wohlgefälliges Werk,
der dabey die Sünde nicht verabfcheuet und zur Bell.
Luft und in derfelben Eifer beweifet. — 5) Dieieni:
gen guten Handl. haben die Hochfte fiel. Vollk., wel:
che aug einer in der Tug. bereits erlangten Fertigkeit
entftehen.
Gute W. entftchen aus dem Glauben und einer
fitelich guten Gefinnung. Mer GI. befißt, wird, falls
W. | 629
Werke, (gute — Nothwendigkeit derfelben.)
nicht äußere Hinderniffe ihn abhalten, gute Werke
volbringen. Da, wo der Glaube vorhanden ift, fol:
gen Tugenden von felbft, II Betr. 1, 8; Zac. 2, 18.
, Nur Fann man nicht von denienigen, die einzelne Auf:
fere Tugenden üben, fagen, daß fie den Achten Gl.
haben, denn es Fann ihre äußerlich geſetzmaͤßige Handl.
innerlich durch unſittl. Beweggruͤnde erzeugt worden
ſeyn, ſo daß fie nur eine Scheintugend ift, meil fie
nicht aug dem Glauben kommt, Nom. 14, 23.
UL Nothwendigkeit der guten Werfe, um fe
lig zu werden, Br
Sie ſind ein nothwendiges Stuͤck gu einer gufen
Führung des ächten Chriftentbumg, ac. 2, 14; Matth.
7,21. Nun ift 88 zwar wahr,
A. daß alle gute Werke als äußere in die Sinne fal—
lende Handlungen äußere Gelegenheiten erfordern, um
fie verrichten zu. Eönnen; z. B. um Feinde zu lieben,
ift e8 erforderlich, daß man einen Feind habe, daß
dieſer unferer Unterftüßung bedarf, daß wir dazu Vers
mögen haben, daß wir feine Dürftigfeit wiffen. Nun
haͤngt es nicht immer von uns ab, dieſe Gelegenhei=
‚ten: zu haben, oder fie ung zu verfchaffen. Allein has
ben nicht die mehrftien M. Gelegenheit, wenn auch
nicht zu allen — doc gewiß zu mehrern guten
Merken? |
B. Es iſt gleichfalls wahr, daß ſchon die fittliche
"Gefinnung dem M. Werth gibt, und daß Diele
dann auch ohne gute Werfe den M. fchon vertritt,
wann es äußerer dem M. in den Weg getretener Hin—
derniffe wegen nicht in feiner Macht ſteht, feinen guten
Borfägen gemäß leben zu koͤnnen. — En
C. Sreilich werden die guten W. nicht erfordert, um
Gottes Beyfall zu erlangen. Sreilich kann man durch
fie nicht die zukuͤnftige Glückfeligk. verdienen, mweil mir
fie auszuüben fchuldig find, Luc. 17, 16. Freilich, er»
ringe fich der M. durch feine guten W. fein eigent-
Tiches DBerdienft vor Gott. Es fann ihm durch feine
‚ auch nocd fo gute Handl. ein eigentlicher Dienft ge
fchehen. Er Fann nicht das mindefte durch die Voll—
ziehung f. Vorfchriften gewinnen. Diefe beziehen ſich
alle auf ung felbft und auf unfern Nugen. Wir wers
den durch die Erfüllung: unferer Pflichten nur ung
630 ae
Werke, (gute — Nothwendigkeit derſelbenJ)J.
ſelbſt nuͤtzlich, Rom. 11, 355 Luc⸗ 17 9. Unſere Tug.
bleibt auch immer unvollfommen, PH. 3 12⸗14. Der
Chriſt bleibe bey allem ſ. Tugendeifer nur ein unwuͤr—⸗
diger Knecht. Allein ausgemacht gewiß iſt es eben fo
ſehr, daß der Glaube gute Geſinnungen in der
Seele wirken und zu einem guten und pflichtmaͤßigen
Betragen veranlaſſen muß, ſ. oben d. Art. Glaube,
"LT WS BE 65. Gute, W. find
alfo nothbmwendig.. im |
I) Als natuͤrl. und unaugbleibl.: Folgen. guter Geſin⸗
nungen, (Matth. 7, 18.) an welchen ieder M. erken—
nen muß, 05 er wirfl. den Sinn Sefu babe, I Joh.
3, I0. 14. Die gusen W. ſtehen in einer nothwen⸗
digen Verbindung mit der Bedingung des goͤttlichen
Wohlgefallens. Sie find die natuͤrl. Folgen der
danfb. Liebe zu Gott, fie ermweifen zuverläßig eine Acht
gute Geſinnung, Matth. 7,16 fie find: Gott: ange-
nehm, weil er ſelbſt unveraͤnderlich alles; Gute will.
Sie mechen ſchon bier den zuverläßigften Erweis des
Chriſtenthums aus; wer fann ohne fie Gottes Segen
erwarten? Nach 1 Joh. 3, 9. kann der aus Gott Ge-
borne nicht fündigen, nicht wider fein Gewiffenshans-
deln noch unperhefen: was 08 von ibm fordern ©
2) Ohne gufe W. hat Fein: M. den gehoͤrigen nnd
rechten en Diefer zeige fich in den guten W.
als Folgen. Ohne gute W. iſt er nicht febendin, |
fondern fodt. Er ift ein bloßes Sürmahrbalten,‘ nichts
als sine Zuftimntung. |
3) Die guten W. find Befeftigungsmiftel guter Ge:
finnungen; denn es fonnen nur durch) liebung in der
Geduld, im DBerrrauen auf Gott, im Nachgeben, in
großmuͤthiger Wohlthaͤtigk., in der Arbeitfamfeit, die
beiel:genden Tugenden zu Sertigfeiten werden.
4) Dhne aute W. findet Feine wahre Beſſeſtatt. Diefe
muß auf. den Wi llen wirken und dag gauze Betragen
des Gebeſſerten muß davon zeugen. Was iſt die Tu—
gend, die uns die ewige Seligkeit erwirbt, als ein
fortwaͤhrender Zuſtand ſolcher Geſinnungen u. Handl.,
die gut — vollkommen und Gott gefaͤllig find?
5) Gute Werke find ia auch Beforderungsmittel der
Wohlfahrt, indem iede Ausuͤbung der Pflicht unfern
Zuſtand verbeffert. So oft als wir Andern mit Ehr⸗
W. 631
Werke, (gute, ihre Nothwendigk., prakt. Beziehungen.)
erbietung und Dien ſtbefliſſenheit zuvorkommen, eriers
ben oder vermehren wir ihre Achtung oder Freund—
ſchaft gegen uns. So oft wir eine Bari chung g sur
S. überwinden, entgehen wir uͤblen Folgen, Die ung
beunruhigt haben wuͤrden, und befefligen die Herrſch.
des Geiſtes uͤber die Sinnlichkeit.
6) Jeſus Sir erflärt das Lnterlaffen -gufer Handlun-
gen. für den Grund der Unfeligfeit, Matth. 25, 42 ff.
7) Paulus Ichre Rom. 3, 23. keinesweges, daß ber
Glaube allein den M. felig mache. (Das Wortchen
‚atlein . im Urtert, f. Mori comm. exeg. crit.
Vel;.II. p. 335.) Er meint- unter dem Glauben
uicht blos Fer Surwahrhalten der chr. Lehre, fondern
die Erwarfung der Serge. der Sünde uud Begluͤk—
‚fung von Gott um des Todeg Jeſus willen, elfo die
zuver ſichtl. Erwartung dieſer geifeli chen Güter, und
‚unter den Werken. (ded Gefrkes) die Defolgung g dee
moſaiſchen Verordnungen und Gebraͤuche; Jac. 2, 14.
wird aber unter dem Glauben blos das gefehicht-
| liche Sürwahrhalten und unter den Werfen die mo—
raliſchen Geſetzeswerke — — gemeint. Paulus
ſieht aber ausdruͤcklich bey feinem moralifchen oder
Rel.⸗Glauben auf ein gutes Betraͤgen, z. B. Roͤm.6, 2
Bol. Meyer’g Entwickl. des pauliniſchen Lehtbe⸗
griffs. S. 218: f. |
S. Glaube, IL. 5. zr Th. S. 6. — Die gu;
ten W. find alfo notbwendig zu üben, ſo—
bald fih zu derfelben Verrichtung Gele—
genheit darbeut. —
IV. Praktiſche Folgerungen aus Nr. III.
Wir muͤſſen allen Fleiß in guten W. beweiſen, oder
in denſelben fruchtbar ſeyn, Tit. 2, 14 (am Ende);
3, 8; Coloff. 1, 10. d. h. wir müffen treu das Chris
fenthum ausüben und ung in allen Tugenden
üben. An Ermunterungen dazu fehlt es uns nicht.
Was iſt ruͤhmlicher, als gute W.? ꝛc. Die Vorſchrif—
‚ten und Verheiß. der chriſtl. Lehre ermuntern ums
haͤufig zur Verrichtung guter W. Es folgt aus der
Sache ſelbſt, aus den natuͤrl. guten Folgen der guten
W. und aus den erſten Begriffen der Liebe und des
Gehorfams gegen Gott und Jeſus. Man wede fi
deshalb aus feiner Trägbeit au feärfe fich zum Ernſt
632 W.
Werke, (gute - — Mittel, um reiht viel — zu hun.)
und zur Beftändigfeit und lerne eg immer beſſer, wie
man Gutes thun müffe. |
Wiemuͤſſen wir’g anfangen, um. als Chris
fien recht viel gute W. zu ee
I) Man forge, daß aus unfern guten Vorſaͤz—
zen, aus unferm redl Willen —216—
That werde. Wir muͤſſen unſere in der Stille vor
Gott oder auch vor unferm Rächften gegebene Berfpre-
chungen erfüllen. Was Hilft e8, gute Worfäge ‚zu -
faffen fie oft zu erneuern und fie felten oder gar nicht
auszuführen? Ruͤhme den Baum, wer da kann, wenn
ſolcher in iedem Fruͤhlinge reichlich bluͤht, aber nie
Fruͤchte anſetzt, oder fie unreif wieder abwirft- Ueber—
lege erſt, ehe du dir etwas Gufeg vorfegeft, ob du es
und wie viel du nach deinen Sräften und nach den
vorhandenen Mitteln und Anläffen ausführen EN!
Sey nicht flafterhaft, falle nicht von einem aufs A
dere. Mache dir feine unnuͤtze Bedenklichfeiten, fine
nicht von einem Tage zum Andern. Nimm dir lieber
weniger vor, und thue deſto mehr. Gib auf
die Umſtſt. genau Acht, um die günftige Gelegenb.
zu entdecken. Iſt fie da, fo ergreife fie ſchnell, damit
fie dir nicht wieder entwifche. Thue noch heute dag
Gute, fo lange noch dein Herz von frommen Empfindd.
erwärmt iſt. Schiebe den guten Vorſatz heute nicht
auf morgen auf, er mochte fonft wieder vergeffen wer»
den, oder e8 dürften Hinderniffe eintreten. Erfcheint
gerade dann, wenn du fehr befchäftige bift, ein dich
dringend um Hülfe bittender Elender, fo fehiebe deine
Huͤlfe, da dieſe Verzoͤgerung —— Folgen haben
Eönnte, nicht auf. Hilf auf der Stelle.
2) Man übereile fich aber bey diefer raſchen Ausuͤbung
guter W. nicht. Suche die Faͤlle, wo entweder ge—
ſchwinde Entſchloſſenheit oder laͤngere Ueberle—
gung erfordert wird, genau zu unterſcheiden. Er—
kenne es, welche von zweyen Pflichten die dringend—
ſte Pflicht ſey. Keiner handle eher, als bis er ſich
uͤberzeugt hat, daß er recht handle Nur dann
kann man ſich ſchnell entſchließen, wo dieſe feſte Ueber—
zeugung vorhanden iſt.
3) Man uͤberlege, was gegenwaͤrtig am nüßlich-
fen und alfo auch am nöthigften if. Die
W. 633
Werke, (gute — Mittel, um recht viel — zu thun.)
öftere Unterf.: „was hab’ ich Gutes zu thun? was
tonnt’ ich nach meinen Kraͤften und Gelegenhh. am
gluͤcklichſten ausfuͤhren?“ iſt ſehr noͤthig, beſonders
wenn man in der Erf. f. Pflichten noch ſehr zuruͤck
> ift, oder viel Trägheit zu guten Werfen bey fich be-
merkt. Mie fihon paßt fie fi) beym Anfang eines
neuen Jahrs oder Woche, oder iedes Tages. Wieder—
holte man fie oft, fo. würde: fehr viel Guteg gefchehen.
>4) Man fange iedes gute Werk mit fefter Entfchlief-
fung und Gebet zu Gott an um f. Beyfiand, und
verftärfe dadurch den Trieb und veredle feine Nei—
gung: Dann wird man nicht fo leicht bey den vor-
fommenden Schwierigff. erfchrecken, die damit verbuns
dene Laſt geduldiger ertragen, und durch dag Hinfehen
u auf Gott Muth und Kraft zur Vollendung erhalten.
: Denn die Ueberz.: „ich thue meine Pflicht, ich arbeite
—unter Gottes Leitung und Wohlgefallen,“ ſtaͤrkt un-
gemein. Weiß man, daß man recht gehandelt habe,
daß dag W. gut war, fo achter man Spott und Tas
del nie.
5) Man warte, wenn man diefe Ueberz. hat, nicht auf
einen befondern Trieb, Aufforderung und Gelegenheit.
Man ſuche vielmehr dich alles recht abfichtlich, wenn
es ſich nicht von felbft findet. Nirgends heißt es im
n. T., daß uns Gott iedesmal durch einen außerord.
rich zu guten Werfen auffordern wolle. Wer dag
erwartet, verräth nur feine Tragbeit zum Guten, feine
Liebe zur Gemächlichkeit und Ruhe. Gottes Geift
foll ung zum Guten freilich £reiben, dieß ge-
ſchieht aber nur durch Vorhaltung der Wahrheit,
nur durch Lehre und Verheiß., aber nicht durch eine
-unmittelb. Wirkung in der Seele. Durch eine Be-
grachtung der Gebote Gottes und ſ. Verheiß. und
andere Hülfsm. kann man fi) den Trieb und die
Freudigk. zu guten WI. geben. Denn da e8 Gottes
Mille ift, diefe zu thun, (Eph. 2, 10.) fo ift feine
DBedenflichkeit vorhanden. Iſt eine Dandl. wirklich
gut, iſt es moͤglich u. nach den Klugheitsregeln rath—
fam, fie auszuführen, fo warte man nicht, big ung
außere Umfift. dazu auffordern. Man fuche viel—
mehr die Selegenbeit, denke daruͤber nach, wie
es aͤm beſten anzugreifen iſt, raͤume die Hindern. aus
|
634 | W.
Werke, (gute — Mittel, um recht viel — zu thun.)
dem Wege, und beſeitige Zweifel und Bedenklichkeiten.
Forſcht man abſichtlich nach Gelegenheiten zum Guten,
fo wird man ihrer fehr viele entdecken. "Man Kerne
nur den ganzen Umfang feiner Pflichten mehr kennen,
Sand man wird in jedem. Stande u. zu ieder Zeit bin
laͤnglich viele Gelegenhhe zum Guten Haben.
6) Da die Berufspflichten guter Werfe bs: fo
frage man fich cam iedem Tage: was fordert heute dem
Beruf von dir? wie kann ich denſelben ſo treiben, daß
ich mir und Andern nuͤtzlich werde? Iſt man eine
o brigk. Perſon, fo wird man Eisen genug
finden, fich folche Kenntn. zu erwerben, die zur beſſern
Führung des Amts, oder fuͤr die Untergebenen „noder
fürs allg. Befte, ober für: Berlaffene und» Unterdrückie
fehr dienlich und nüßlich ſeyn werden. Treibt man
Handlung oder ein Handwerk, oder den Acker—⸗
bau, oder arbeitet man als Tageloͤhner und Dienft-
bote: fo ſey man fleißig, “nehme: feine Arbeit gut in
Acht, betruͤge feinen Naͤchſten nicht durch ſchlechte
Waare, oder Nachlaͤßigk. im Dienſt, trage die mit ſ.
Arbeit verbundenen Beſchwerden gelaſſen ꝛc. Iſt man
Hausvater, ſo ſinne man darauf, wie man ſein
Hausweſen in beſſern Stab feßen, ıf. ‚Rinder gut ver-
ſorgen, fie gut erziehen, dem Geſinde die Laſt erleich-
fern oder ihnen ſonſt nüßlich werden fonne u. wolle.
Als Ehemann liebe man f. Gattin, erfuͤlle mie ihre
treu ſeine Berufspflichten, die Pfl. der Erd.
u. ſ. w., frage ihre Fehler: mit Geduld, fo wie fie Die
deinigen 2c. Iſt dag alles im Ücht genommen: ſo
frage’ man fih: wie kann ich meinem: „Rächften mit
Kath, Troft und wirkl. HYülfe dienen? Iſt fein Elen—
der da, welchen ich heute erfreuen, een Freund —
welchem ich für feine Liebe: einen Gegendienft Teiften, —
fein Feind — mit dem ich mich ausföhnen fann?
7) Man verrichte iedes Werk zur rechten Zeit: For⸗
dert ung die M—liebe zur Wohlthaͤtigk. aufs! fo feße
man einige Zeit ſ. Berufspflichten zurüd, Fur feine
"Seele forge man eher und mehr, als für den Genuß
eines Vergnuͤgens. Denn nicht iedes gute, Werk ift
gleich nuͤtzlich und noͤthig.
8) Man lerne zur leichtern Uebung des Guten ſeine
natuͤrlich vortheilhafte Anlagen und Faͤhigkeiten, auch
2
W. 635
Werke, (gute — Mittel, um recht viel — zu thun.)
die bereits erworbenen Geſchicklichkeiten, kennen, ſie
ausbilden, und nach den Lehren des Chriſtenth. ver—
edeln und gebrauchen. Man trachte aber auch nach
» folchen Fertigkeiten, die and weniger natuͤrlich, gelaͤu—
fig und angenehm ſind. ran fange deshalb vom
Leichtern an und gehe. zum Schwerern fort.
Dieß erleichtert ſehr das Gute. Man unterſuche, was
man fuͤr gute Eigenſchaften und Vorzuͤge hat,
welche Pflichten man ſchon einigermaßen und wenig—
ſtens dem Aeußern nach erfuͤllt hat, was uns bey der
Erfuͤllung am beſten v. d. Hand geht, und was man
ohne. ardechichen Swang und mehr willig. tbun fann.
Findet man 3. D., daß man von Natur gern arbeitet,
die Drom liebt, mäßıg und fparfam ift, fo. fin
man fernerhin fleißig, mäßig 2c., aber man ordne nun
weife feine Gefchäftigkeit, man wende 1. Fleiß nicht
blos eigennüßig für — ſondern auch zum Dienfie
des Naͤchſten an. Man fpare nicht bey der Noth
Anderer, fondern A freyaebig. Man entziche unter
dem Borwande der Mäßigkeit und Eparfamf. f. Leibe
oder ſ. Hauggenofjen die nothdürftige Pflege u. Ver—
forgung nicht. Hat man ein weiches — lenkſames
Herz, iſt man freundſchaftlich, hilft man Elenden gern,
gibt man gern den Dürftigen, fo lenke man dieſe
ſchoͤne Naturgaben, und gebrauche ſi fie treu. Man be—
wahre fein Herz vor gefaͤhrl. Eindruͤcken der Wolluſt,
oͤffne es nicht iedem Verfuͤhrer ꝛc. Man ſey aber
weich und empfindfam für M—leben. Man wende in
f. Freundſch. Behutfamfeit an, fliehe den Umgang der
‚Epstter und Gottlofen, und fen wohlthuend nicht
blos aus angeb: Gutherzigfeit, fondern aus Ueber:
legung, zur rechten Zeit und am rechten Dre. Iſt
man ehrliebend.- oder halt man auf f. guten Na—
men, auf anftändige n. ehrbare Sitten: fo hüfe man
fich vor Ehrſucht, vor Stolz, nnd man richte dieſen
>» rühmlichen Trieb auf das wirklich Ruͤhmliche — auf
wahre Tugend. Man fuche fe Ehre im der Demuth,
Verſſoͤhnlichk., Dienſtfertigk. u. f. w., geſetzt, daß man
auch nicht immer den Beyfall der M. erhielte. "Kurz:
manlenfe dag —5 Gute beſſer und
erhebe eszur hriftl. Tugend. £
Dann, wenn Wir theils. auch dag mit mehrern
636 W.
Werke, (gute) Wiedergeburt, (mas?)
Schwierigkk. und Abneigung verbundene Gute nen,
theils wenn ung die Volbringung‘ des Guten eben
fo geläufig wird, als e8 vorher das Bofe war: fo
erreichen wir den volfommenen Grad der GSinnegän-
derung. Welch ein glückl. Zuftand ift das, wenn man
fo genau f. Pflicht Fenne, daß man nicht Tange zu
fragen Braucht: was iſt vecht? fondern beym erften
Blick auf eine Sache ſchon ver fefte Entfchluß da iſt:
das will ich than, weil es recht undchriſtl.
iſt. Wie ſchoͤn iſt es, wenn man Andere ehrlich be—
handelt, die Wahrh. fagt, f. Zufagen hält, weil
man’s gemwohntift, alfo zu handeln; wenn
man durch die Beleidd. Anderer nicht aufgebracht
wird, fich nicht rächt, GSanftmuth übe zu — Jedem
muß diefer Zuft. gefallen. Aber wo fein Anfang
ift, da if Fein Fortgang. Nur durch Uebung
wird jede Kunft leichter.
Bol. J. Hülle die Unzertrennlicht. des Glaubens
u. d. <ugend, Gotting. 1803. 85 J. A. G. Petri
Predigt v. d. Ungertrennlichfeit des Glaubens und der
Tugend, welcher v. der £heolog. Fak. zu Gotting. d.
Preis zuerkannt ift, Goͤtt. 1803. Hr. 8. DA. MW.
Tappe über bie Unzertrennlicht. des Glaub: u. der
Zugend. Gott. 1803. 8 — Lange und Bee!
Lehren u. Vorſchr. des vernünft. Chriftenth. S. 460-
467: „über d. „guten W. im Chriftenth.“ üb. d. Ey.
am sn ©. n. Tr.; Goͤtz Auszz. a. d. Predd.: üb. d.
hr. Gl.» und Gittenl. ©. 79-83: „v. d. guten W.
als Srüchte des tugendh. GI. an: Jeſum.“
Wiedergeburt, (die neue NEL AA Geburt des M.)
Bol.
od. 3, 3 und 5.
Dödertein’s inf. Th. chr, T. TI. p. EI
comm. exeg, crit, “in epit. ei 368 fg. Schleusneri
Lex. in N. T. ed. II. T. II. p. 374 fa.
Es iſt diefer Ausorud eine — oder vergleichungsweiſe ge⸗
waͤhlte Beziehung von der inneren fittl, Beſſ. des M.
Er ift aus der Sprache der tüdifchen Gottesgelehrten genom⸗
men, die von den Profelyten behaupteten: daß biefelben durch
die Kaufe aufhörten, Kinder ihrer leiblichen heidnifchen Eltern
zu feyn, und daß fie Abrahams Kinder worden, Hievon ges
brauchten fie ven Ausdruck;: daß fie wieder — aufs neue —
zum zweytenmal geboren würden. Mit Wiedergeburt
WB. | 637
Wiedergeburt, (mas die — anzeige.)
- bezeichneten fie alfo ven Uebertritt der Heiden zu ihrer. beffern
Gotteösverehrung. Jeſus Ehr, und die Ap. nahmen diejen
Ausdruck auf, gaben ihm aber eine höhere geifiigere Bedeutung,
Bey ihnen heißt wiedergeboren werden fo viel als:
durch die hr. Rel. ein ganz anderer M., ein neues Ger
ſchopf, (Eph. 2, 10; Sal. 6, 15.) ein Befiner der: Vaterhuld
Gottes werden, vgl. Joh. 8, 39:44. — Joh. 3, 3. ſteht der
Ausdruck: von oben, d.h. von Öott geboren werden,
dieß heißt, wie V. 5. der Ausor,: geboren werden aud
dem Waſſer (Zaufe) uns Geift zeigt, nichts anders, als;
von Gott vermöge des Unterrichts in der Hr. Wel, die Faͤ—
higkeit erhalten, die göttl; Dinge 31 erkennen und zu glauben,
die Rel.-Lehren als wahr und vorireffl. anzunehmen), und
darnach ſich gut und recht zu betragen, alſo durch die dr.
Kel, gebeffert werden. Es if alfo die W, die nene
first. Umfhaffung des M. durch ſich felbfi vers
möge der göttl. Belehrung, Aufforderung und
Befferungsmittel, Die gänzliche Sinnesänderung bey
Sein Beitgenpffen, wenn fie würdige Bekenner feiner Lehre
werden wollten, ihr Uebertritt aus der finnlichen ceremoniellen
ei. zur innern Gottesverehrung Eonnte bequem und treffend
Wiedergeb. genannt werden. Denn durch die Verbeſſ. der
Denfart und Handlungsweife entfieht wirklich ein ganz neuer
Menſch. Derienige M. weicher fich beflert, wird auch in eine
ganz andere Lage verfest, 3. B. der Zornige wird fanftmüihig,
der Unmäßige mäßig u. f. w. Bequem ift baher auch iegt
noch das Bild der neuen Geburt Wenn ſich der M.
ganz ven Laftern ergibt und an Erine Bell. denkt: fo fagt die
h. Schr. von einem folchen : er fey evfiorten. Wenn er aber
anfängt ſich zu bejiern, fo fagt fie: er. fiehe auf v. d. Xodten,
vom Suͤndenſchlafe, daher die Wörter Wiederaeburt und
Auferſt. fittl) des M. oft eine Sache anzeigen, 3, B. in
I Sob. 3, 9; 1 Petr, 1, 23 5 Ioh. 3, 3. — Joh. 3, 5. heißt
durch Geift u, Waffer geb, werden fo viel, als: Seit
der Taufe durd die chrifil, Net. gebeflert werden. Es heißt
alfd Wiedergeburt nichts anders, als völlige Aenderung
der Gefinnung und des Berhaltens — die Befferung.
Wiedergeboren werden (I Petr. 1, 3.) beißt in den
frohen Zuft. verfegt werten. In der Metapher Wieder:
geburt wird daS wahre geifiige Leben, welches nur der
fttiich gute M. führen kann, dem irdifhen blos finn:
lichen Leben entgegengefegt, und allen gebeiferien M. ein
neues cfittl.) Leben im edlern Sinn zugefchrieben, Wir
M. jagen ia im tägl. Leben: ich bin wie nem geboren, wenn
eine ganz bejondere Veränderung mit uns vorgegangen ift,
Die Heiden und Inden hatten bis dahin, als Sefus und
die Up, diefes Wort brauchten, in Irrthuͤmern u. in manchen
Sünden gelebt; wenn fie num Ehrifien werden wollten, mußien
638°
Wiedergeburt, (mas fie RIO Ba tree
Es
Die
ſie ihre Irrthuͤmer ablegen, ihren Sünden eutſagen, fie muß⸗
ten ganz anders als bisher denken und leben; kurz, fie muß⸗
ten gleichſam von neuem geboren, ganz. andere Mwerden.
Dazu mußten ‚fie fih durd) ie Laufe verpflichten. "Daher in
Kit. 3, 5. das Bad der Wievdergeb.. Ebsen das will der
Ausar, Erneuerung des h. Geiftes ſagen; cf. oben
Kaufe, ©. 256) Sinn: ein vorzuͤgl. Hilfsmittel zur Ver⸗
befferung der menſchl. Geſinnungen ift die Taufe, " Denn dur
fie verpflichten wir uns zur Aenderung unferer Denkungsart,
‚zur Uebung tugenohafter Gefinnungen and zur Annalme tue
gendhajter Grundſaͤtze. Die Taufe war ia’ nicht BIOS zum
Bekenntnis ver Rel., fondern auch zur Herzens = und Lebens—
befferung eingeſetzt. Der Getaufte wird angeſehen als ein
euer M., als ein foicher ifi er ein anders denkender u. hans
delnder Menſch. Er bat nun gute fromme Gefinnungen, fein
Seit und Wandel if erneuert und umgeſchaffen, f,
Erneuerung, ıv Th. ©, 342 fe Das damit verwandte
Bild der Zeugung bedeutet das Naͤmliche, z. B. Jac. 1, 18
und Eph. 2, Io. ich habe euch gezeugt, ſchreibt Paulus
1 Kor. 4, 15. (Philem. V. 10. Sat. 4, 19. de D. ich habe
zu eurer Annahme des Chriſtenth. und an eurer Beſſ. gear⸗
beitet, habe euch zu tugendhaftern M. gemacht durch das Chris
fientbum. Gebeſſerte M. find von Gott Gchorne,
weil fie Gott ähnlich, alfo im vorziglicheren Sinne Kinder
Gottes find; (ſ. er Th. ©, 198 8. Art, Kindſchaft
Gottesy1 Joh, 3, 9. 105 5,.15 1 Petwiz, 23.
ift die Wiedergeb, Eein befonderer Theil der Sinnesändes
zung, fondern als die durch Öotrvermdgeder hr.
Rel. durch Nührumgen 2. veranlaßte völlige
Befferung des Herzens und des Wandels— nicht
befonders, fondern bey der Beſſ. atzuhandein, ©. das bry ven
Artikk. Beſſ., Buße, Erteudbtung und Erneuerung
Geſagte. Es iſt auch faſt bedenklich, fie als eine durch Gott
geſchehene Bewirkung guter Neigungen im Willen des M.
vorzuſtellen.
Beſſerung des M. erfolgt nicht. immer in — rd,
wie der kirchl. Lehrbegriff es ehebin angab; daß erfi ©stt
gelegentlid) zur Beſſ. einlade und auffordere, (fh Berufunn;
dab er fodann die dazu möthige Erkenntnis im Verſtande
des M. mittheile Cerleuchte), dann die guten Neigungen
erwede (wiedergebäre) Nicht immer fängt fie vom Vers
fiande an.
Dal, ar. Mor. f. d. Eanzelgebr. d. Art. Befferung, ır
Th. S. 191 ff.; Dapp’s Predigtbuch üb. d. Evangg. ©.
378:86: „über die Wiedergeb.“ ZölIner"s Predigtentww,
für 1800. Berl. 1801. gr. 8. S. 121 f.: ohne Sinnesändes
rung ift es nicht möglich, ein wahrer Chriſt zu werden, (if
e. Erkl. des Ausdr. wicdergeb, werden) über Joh. 3, 1715,
W. | 639
— — (das -— nach dem Tode.)
Wiedererinnerung im !eben nah dem
Tode, ſ. Biederfebn, II. 1. —
Wiederſehn (das) nach dem Tode, Joh. Id, 22.
„Stören will ich, bie Hoffnung des Wiederſehns nicht, weldhe dem
„Kummer des Herzens bey den tranrigfien Trennungen noch
Schranken ſetzt, aber fir zuverläßig wage ich fie auch
„nicht zu beiten, noch Viel weniger davon zu predigen *).“
Ohne gerade hierin wegen III, (unten) D. Dderlein bey:
zuftiimmen, ift doch den Rel.-Lehrern 1) anzurathen, tem Glauz
ben an ein finnTihes Wiederſehen (wovon IIl,r. unten),
welcher der würtigen Gottesverehrung nachtheilig ift, mit
Würde und Vorfichtigkeit entgegen zu arbeiten. 2) Daß fie
(wegen I. unten) sen vernünftigen Olauten an Wiederſehn,
Wiedererkennen imd Wiedervereiniguang mit tu
gendhaften Freunden, welcher ven finnlichen vernünftigen Weſen
fo wichtig ift, nicht ganz niederreigen, weil fie nicht unier lau⸗
ier reinen PBernunftweien- leben und zur Beſtreitung dieſes
Glaubens Eeinen Grund baben, auch nicht über diefen Staaten
fpotten, over ihn Iächerlihy machen. Dadurch würde mehr
Schaden geſtiftet werden, als durch den ungearündeten Glau—
ben feltfi an ein finnlihes Wiederſehn. — 3) Daß ‚fie ia
nicht zu oft vom Wicderfehn, yon welchem wir doch ei
sentlih nihtSausgemacht Gewiſſes wiffen Fön:
nen, u. wovon die Bibel mit Weish. nichts entſchieden Deutz
liches fagt **), Neligionsvoririge, und ia nit in einem em
pfinseinden Zone, immer aber mehr nach einer praktiſchen
Zenven;, als um die Neugierde zu beichäftisen, halten. Gebr
viele Chriften hören zwar fehr ern jolche Vorträge, fie wer:
den dadurch fehr gerührt, aber ihre Empfindd. verrauchen bald
und erzeugen gewöhnlich. Feine ſittlich guten Entſchluͤſſe und
Feine Lebensbeſſerung.
4) Das Wiederſehn darf auch eigentlich nicht zum Beweggrund
zur Zugend gebraucht werden. Man hat beire Motive. Es
iſt aber das W. dazu zu benugen, daB man a) dem Gewicht
der Sinnlichkeit das Gegengewicht durch Morfiellingen aus der
Zukunft halte. Der Geizige hängt an den Gütern ver Erde.
Es if vernünftig, ihm zu fügen: wende Sie Stter doch an
sur W Wohlthaͤtigkeit gegen * dann wirft du ewige Vortheile
— —
*) Doͤderleins — Biht. ar B. ©. 300,
**) Wegen diefer beyden Gründe handeln die mehrſten klei—
nein und größern dogmatiiden Schriften gar nicht vom
MWiederfehn. Ihre Verf. fehen es nur als Hoff:
nung an. | |
-
«
a | W.
Wiederſehn, (das — nach dem Tode,
und renden dafür erhalten, Luc. 16. Da die Macht ver’
Sinnlichk. fo aroß ift, fo ift es erlaubt, durch höhere Vorſtel⸗
lungen, die den M. von der groben Sinnlichk. Tosreißen, zur
Zua, zu erwecken. Solche Beweggründe find in unferm Kins
desalter auf Erden nothwendig. b) Um hier auf Erden die
edeifte and treuefte Freundſchaft zu pflegen.
Gegen die Hoffnung vom Wiederf, hat man folgende Ab⸗
handlungen und Schriften: über die Anfragein Wr. a3.
der theol. Blätter: ‚finder man wohl Stellen
inder Bibel, welhe vom Wiederf. der Freunde
im Eünftigen Leben handeln und daffelbe beſtaͤ⸗
tigen, und welche find die?" von C. Perlet, in Yu:
gufti’s theol. Blättern 1ſter Jahrg. 38 Duart. ©. 436>42;
auch ein Etwas Über die in den theol. Blättern aufgegebene
Frage: „ob die Hoffnung des MWiederfehns aus bibl, Stellen
begründet werden koͤnne?“ von J. A.Ph. Gutbier, ebend.
an Jahrg. 18 Quart. ©. 107— 112. womit J. ©. W—9*6
ae Abſchn. ſ. Verſ. e. Darfiell., wie man ſich die Art und
Fortdauer unferer Seele x.: Beantw. der Frage: „ob Wir
unfere irdiichen Freunde in jenem Leten nothwendig Wieder era
Eennen werden?’ ebendaf. an Jahrg. 48 Quart. ©. 7215
26. — Werden wir ung wiederfehnnad d. Tode?
in Hinfiht auf KRant’s Unfterblichfeitslehre be
antwortet. Briefe an Emma, von D. Joh. SottL,
Münc. Bayreuth 1798. 8. (12 Gar); deſſelben Schrift:
ver Genius am Brabe, oder, wir finden ung wies
der nach dem Tode, Briefe an Georg, Nürnb. 1800,
8. (Io Gyr.) 2e A. ebendaf. 1803. 8. (ifi auch zugleic) eine
MWiderlegung von den angzuführenden 4 Predd. von Ribbeck
über das Wiederſ.) Man vergl, hiemit die El, Schrift: Beys
träge zu der von I. ©. Muͤnch beantworseten Frage: wer:
den wir ung mwieverfehn nach dem Tode? nebft Nachträgen von
einem Nichttheologen, Apelles poft tabulam genannt, Dreso.
1802. 8. (4 gr.) Bi
Für die Hoffnung vom Wiederfehn gibt es folgenve
Schriften : *
G. C. Storr Diff. de vita beata poft mortem. Tüb. 1785. 4;
D. G. Lefs opufcula Theol. exeg. atque homilet. arg.
T. II. Gött. 1781. 8. p. 326:47: de beatorum in coelis
confortio, vgl. mit Döderlein’s Prüfung in deſſelben theol.
Bibl. 2r B. ©, 2987301; Über die troftvolle Hoffnung, un⸗
fere Lieben im andern Leben wiederzufehn. Ein deutfcher
Ausz. aus des Prof. C. J. Anfaldi italieniſchen Citaliäni:
ſchemy Buche gleiches Namens. Eine hiſt.-theol. Abh. Halle
1793. 8. (4 Bar); — wir werden uns wiederſehn.
Eine Unterredung nebft einer @legie vonD. ©.
Ehrif, Enget. Vene (2te) mit dem Nachtrage (ſehr) ver:
mehrte U. Leipzig 1798. 8. (12 Ggr.) (ſehr ſchaͤtzbar); —
C. G. Ribs
m’
ı
Wiederfehn, (das — nach) dem Tode, Gründe wider —)
€, ©, Ribbeck's vier Cvortreffiihe) Predigten von dem
Wiederſehen in d. Ewigk. 2te verm. A. Magdeb. 1792, 8.
(10 Ggr.) (die erſte 1789. 8.)5 „über das Wiederſehen“ von
& Sr, in Auguſti's theol. Blättern, ın Jahrg. 43 Duart,
©. 649:654; „über die Hoffn. des Wiederfehens in der Eürfs
tigen Welt‘ — in D. Seiler's gemeinnügigen Betrachtt.
d. neueft. Schriften 1798. 33 St, ate Abth. ©. 499-5065
„Eurze Prüfung der Gruͤnde gegen das Wiederiehen unferer
/ Freunde in ienem Leben‘ in D. Gabler's neuefi. theolog.
Sourn. ır B, der neuen th. Journ, 27 BJ ©. 49:72;
Wiederſehen — Ideen dafür vor G. W. Benecken in veffels
ben Philoſophen auf der Luͤneb. Heide, 18 Heft, Luͤneb. 1801.
Ir. 11. ©. 18087. „einige Ideen über und wider die ges
wöhnlihden Meinungen von Wiederſ. nah dem Tode.“ X Ein
Sragment, ebend. 23 Heft, Ver. 7. ©. 177:86;5 Kläden üb.
d. Ewige. und ihre Freuden, ©, 216 f. — cl. Nr. IV. Sie
einzeimen Predigten von Sturm, Froriep, Eylert x.)
Unter vem Wiederſehn verſteht man die Hoff:
nung von dem deutlichen Wiedererfennen unferer ab:
gefchiedenen Lieben, Verwandte u. Freunde u. Freuns
dinnen im einer andern und beſſern Welt, um gleich»
fam dort mit ihnen als Freunden meiter fort zu leben
und dadurch die größte (geiffige) Glückfeligfeit su ge⸗
niegen, meil e8 fchon hier die Sreundfchaft mit ihnen
gewährte. „Unfere tugendha ften Zreunde*), Dieß
„Kleinod unferer Seele, finden wir dort wieder; ters
„den fie erfennen, uns aller der füßen — feligen Stun:
„den dieſes Lebens erinnern; die unterbrochene Sreunds
„ſchaft aufs neue anfangen, sur Engelfreundfchaft er⸗
nböhen und in alle Ewigkeit fortfeßen **).“
1. Gründe gegen die Hoffnung des Wieder
fehn®. |
„Bir finden und fehn uns wieder nach dem Tode, (aber nur in fo
„fern) in unfern Freunden, als die Ireundfchaft uns für den
„Simmel bildete, Jede gute Seele, die durch Freundesliebe
„veredeit worden ift, icder fromme Antrieb, weicher uns zum
„Gutſeyn leitete, und iedes, gute Vorfäge belebende, Geſpraͤch,
*) Gemeinbin dehnt man aber das Wiederf. auf alfe unfere
Freunde und Verwandte ang, als ob die Bande der Ver:
wandſchaft auch im Tode unauflöslih wären; da doch Vers
‚einigung durch Sittlichkeit nur dann ſtatt finder,
*) Ref hrifil. Rel.-Theorie, ©. 791. —
Chriſtl. ST, Lehre f.d, Canzelgebr. 3h. S s
me W.
Wiederſehn „(das — nach dem Tode, Gründe wider —)
„welches uns weiſer und beſſer — uns wuͤrdiger Gefellfchafe
„ter und des Unterrichts höherer Geifter werth macht, ifi ein
„BSittlichEeit liebendes Wiederſehn.“ — — „Das MWievderfehn
„mach dem Tode Fann nichts anders beißen, als zu der Kette
„der Geiſter gereiber zu werden, zu weicher in iener Welt der
„Semeingeift alles, was Geiſt if, an einander Eettet, Wir,
„Sehn uns in dem Sinn, dab wir das alte Spiel des Um—⸗
„ganges mit Treunden und Freundinnen forttreiben, nie nad)
„nem ode wieder. Wir werden eine neue Beſtimmuns
„erreichen *).“ SR,
Ueberhaupt fagt man wider viele Hoffnung: Cie it ein Kind der
Schmärmerei bey den Gräbern, eine Lieblingsidee vie—
ler empfindfamen M. und vorzüglich des fihönen Ges
ſchlechts, welches feiner empfindfameren, zur Liebe eingerichteten
Natur wegen diefe Idee fo zärtlich pflegt... Es iſt eine Krank
heit, weiche die Seele erſchlafft. Es if bins ein füßer Traum
der Einbildungskraft, fie ift fogar unmoratiich und Gottes uns
wuͤrdig. Wir geben dadurch der kuͤnftigen Geiſterwelt ein
kleinliches Anſehn, denn wir gedenken einen eigenen Staat dort.
mit den Unſrigen zu bilden; wir vergleichen die Freundſchaft
der Geiſterwelt mit unſern freundſchaftl. Verhaͤltniſſen, legen
gleichſam Converſationszimmer an m. dgl. m. Dieſer Glaube
but auch einen finnlichen Uirfprung. Man bildete den Zuftand
nach dem Tode nach den Wünfchen und Berirfniffen des ges
genwärtigen Lebens und glaubte, daß alle Lieblingswuͤnſche, fp
srobfinnlich fie auch waren, dennoch ausgefülle werden würden.
Die craßfinnlicdhe Vorſtellung der heitmifchen Völker von der
Seligfeit nach dem Tode erregte die Schwärmerei in der
Freundfchaft und Liebe, die man mit der Vorſtellung des Wir:
derſehns verband, Alle Kinder follen da ihre Väter und Miüts
ter, diefe alle ihre Kinder, Öattinnen ihre Gatten und fo ums
gekehrt ihve Öeliebte wiederfinden, Da fol es ein Umarmen, ein
Händevrüdfen, eine Freude geben, wie fie ie auf Erden blühen
konnte. Ginnlichfeit hat alfo unläugbar den Glauben an das
Wiederſehn nad) dem Tode veranlaßt, Man beftimmte die zuf.
Seligk. nach feinen gegenwärtigen finnt. Empfindungen und
Wuͤnſchen. Man Fonnte fich Feine andere Geiigkeit denken,
als gerade eine folche, vie dieſen ſinnl. Wuͤnſchen und Begiers
sen entſpraͤche. In iener Geifterwelt aber Eanu nicht eine
pathologiſche Kiebe, welche an der finnt. Hoffnung des Wieder—
ſehens den größten Antheil bat, ‚gedacht werden; näher:
ı) Der Glaube an das Wiererf. liegt außer den Gränzen aller
Erf. u. Erfehrung. Unſere Bernunft m, unfer Nachdenken ver:
laffen ung bier. Sie berechtigen uns nicht zu diefer Erwar—
tung, und es läßt fi) das W. nicht mit Gewißh. behaupten,
—
*) Muͤnch a. a. O.
—
IB, 643
Wiederſehn, — (nad) dem Tode, Gründe wider das—)
Es ift nur eine bloße Hoffnung, da man uns nicht erklären
Eaun, wie die menfchl, Seele bey der gänzl. Zerfibrung aller
ihrer Sinnen = und Empfindungswerkzeuge im Tode dennoch
ihre Erinnerungstraft fortbehalten, und einfi daher ſowohl vies
ienigen, weldhe fie bier gekannt und geliebt Hat, als aud) dies
- ienigen, welche fie nicht perfhntich, oder fo gekannt hat, daß bie
Merkmale der Kenntniß aus dem Gedaͤchtniß verfhwunden
find, 3, B. eines Kindes, welches im Zn bis zn Jahre feine
Mutter — feinen Vater verliert, aber doc aus ihren Reden,
Schriften und Zhaten gefannt und hochgefchägt hat, wieter ers
Eennen inne. Wie kann vie Erfahrung einen Ort organifiz
zen, weichen fie nicht mit ihren Augen erreichen Eann? Wie
will fie auf eine eigentliche Erkenntniß iener überfinnlichen
Gegenftände Anfpruch machen, die dem theoretifchen Erfennts
nißvermögen unzuaänglich und alfo erhaben über alle Erfahrung
find? Der Glaube an Unfierblichkeit bat nicht zum Zweck, ums
fer Wiffen über die Erf, hinaus zu erroeitern, fondern blos
die Möglichkeit einer harmoniichen Vereinigung der Gluͤckſelig—
Zeit mit der Zug. außer Zweifel zu fielen und unfern Kerzen
thener zu madhen. Durch denfelben Eönnen wir nicht erfahs
ren, ob die Verhältniffe fortsauern werden, in weichen wir hier
mit den Lieben unfers Herzens fliehen,
9) Der Slaube an das W, beruht blos auf einem finnlichen Ver⸗
langen, welches nach dem Tode nicht befrietigt werden kann,
und verräth offenbar Eigennutz u. ein patholngifches Intereffe,
. Bir Hoffen das Wieverfehen nur, weil wir es wuͤnſchen. Wer
wird, beißt e3 immer, nicht das W, aus dem Zrieb und aus
dein unferer Natur eigenen Wunfche hoffen? Es verheißt zwar
das ChHriftenth. ein beßres Leben, aber Eein irtifches, wo wir
aufs neue familienweife zufammen feyn würden. Wie fehr eins
feitig u, ermürend müßte dann unfere Gluͤckſ. ſeyn! In ienem
Reben,. wo das Verwesliche anziehen foll das Unvermesliche,
wird es nichts Sinnliches geben, an welches ſich unfere Vor⸗
fielung haiten und darüber fih erfreuen Eann. Die Liebe der
Aeltern zu ihren Kindern und umgekehrt, der Satten zu ats
ten, ift nur meift Förperlich und für das irdiſche Leben, in
weihem fie finntiche angenehme Empfindungen gewährt. Nach
den irdifchen Leben, wo ihr Zweck wegfällt, muß fie gleichfalls
aufhören, und wenn fie quch fortwährt, fo ift dazu Eein Um⸗
gang näthie. Wie kann es dann, wenn wir die Berhältnifie
diefes Lebens mit andern in iener Welt gewechfelt haben, nod
finnl, angenehme Empfindungen geben? Der Wunſch, unfere
Freunde dort wieder zu feben, ift offenbar finnlih. Sollten
wir dann an finnlichen Gegenſtſt. unſer Vergnügen Haben,
wenn wir geifiig find? Und wie Fann man das, was uns dort
angenehm zu feyn fiheint, Gott vorfchreiten koͤnnen? Mie
bürfien wir und anmaden, die fttti. Ordnung iener Welt und
die von Gott zu deren Erhaltung gewählten Mittel beſtimmen
Ss 2
644 | W.
Wiederſehn, — (nach) dem Tode, Gruͤnde wider das —)
zu wollen? — Was ift mehr Eigennutz, als zu erwarten, daß
wir dadurch für unſere zaͤrtliche Liebe, Sorgfalt und Tugend
belohnt werden moͤchten, daß wir unſere Lieblinge wiederſehen?
Das Bewußtſeyn, unſere Pflicht gethan zu haben, muß uns
Belohnung genug ſeyn. Unſere Verdienſte muͤſſen, wenn ſie
ſittl. Werth haben ſollen, aus reinem Pflichtgefuͤhl entſprun⸗
gen ſeyn. Iſt es nicht eigennuͤtzige Freundſchaft, wenn wir
verlangen, daß unſere vollendeten Freunde mit Aufopferung
ihrer höhern Vollk. nur für uns leben follen? Sollen die Wies
derzufindenden Zeugen unferer Seligk. feyn: fo if auch, Eitel⸗
feit die Duelle unferer Hoffnungen,
3) Die Hoffn. des Wiederf. ift werer zu unferer Berufigung
beym Tode unſerer Lieben nothwendig, noch gewährt fie uns
wahre Berupigung. — a) Der reine Gottesverehrer kann dies
fes Zrofigrandes entbehren. Der Slaube an Gottes MWeish,,
Güte und Heiligk., — richtige Borfielungen, welche ſich der
Chriſt vom Laufe ver Natur nacht, wo alles nad) weife, geord—
neten Geſetzen gebt, — der Glaube an die fittl, Ordnung,
welche unter Gottes Leitung nie fehlen und fallen kann —
die Ueberzeugung v. d. weifen Fürforge Gottes, tie uns die
Seligfeit unferer Lieben ſichert, — und die Gewißheit der leb—
haft gemachten Vorftellung, daB wir, iemehr wir hier entbehren
muͤſſen, deſto mehr zu den edleren Freuden des Geiſtes hinge⸗
leitet werden, welche unſere Zug. und Nel., die hier für die
Ewigk. reifen foll, geben, — das alles reicht zu unferer Bes
ruhigung und zur willigen Ergeb. in Gottes Willen vollig
hin, olme des füßen Zraums unſerer Einbildungskraft und
Einnlichkeit vom Wiederſ. bendthigt zu feyn, Das n. Teſt.
gründet unfern Troſt beym Nbfterben der Unfrigen auf die
Nortdauer der Seele. Der Chriſt hat auch an der großen
Sluͤckſ., welche ung ienes Keben gewähren wird, einen zulaͤng⸗
lichen Troſt. Wenn alſo das W, gelaͤugnet wird ‚fo bevanbt
man dadurch die M. gar nicht eines Troſtes, fondern man gibt
ihnen nur einen richtigen Begriff von dem, Was fie nad) ver
Vernunft zu hoffen haben. Es ift ia beffer, ald daB dasienige,
was uns bier täufchenden Zroft geben Eonnte, dort nad) ev:
Sannter Taͤuſchung uns Mißbehagen verurfachte, |
4) Es ift wahr, für Sterbende iſt c8 ein Hartes, ſich von ihren
edlen Freunden zu trennen, aber dieſe Trennung ift kein eis
gentlicher Verluſt. Cie ifi zwar ein Uebel, aber fie führt den
Sterbenden zurıhöhberen Vollfominenheit — zu ſ. Ziele. Wer
vermißt im feinen reifern männlichen Sahren die edelften und
liebſten Geſpielen ſ. Jugend? muͤſſen u. werden fie auch dann
noch die beſten Gefaͤhrten ſeyn? iſt aud) noch dann ihr Um—
gang Beduͤrfniß unſers Herzens? wird das nicht in ienem Les
ben derſelbe Fall feyn? War bier unfere Irenndfchaft vein,
umeigennüsig unfere Liebe, eifria and thätig unfer Sinn für
Tugend; fo werden wir dort an andern Geiſtern auch Freunde
W. 645
Wiederſehn, — (nach dem Tode, Gründe wider das —
Anden umd ihrer Freundſchaft werth ſeyn. Werden wir die
Hinterlaßnen vermiffen, wenn wir wiſſen, dab wir ihnen mit
die Bildung unferer fittl. Natur verdanken, und fie uns zu
Ber himml. Gluͤckſ. führen halfen? Hat nicht iede tugendhafte
Verbindung unaufhoͤrliche gute Folgen, falls wir auch von ders
felben getrennt find? Freundſch. findet in der Einftigen
Seligkeit auch ohne Wiederſ. ſtatt. Aber es if noch nicht
. ganz ausgemacht, ob fie zu unſerer fernern fittl,. Bildung und
Vervollk. nothwendig if, Wie viele tauſend M. Haben bier
keine Freunde. Findet Freundſch. aber dort ſtatt, To iſt fie ohnfireis
tig edler u. höher, als fie hiex erreichbar ift. If es nım dazu
nothtwendig, gerade mit denienigen Freunden wieder vereinigt
zu werden, weldye wir bier auf Erden gehabt haben? Weshalb
ſollte unfer iegiger Lebenspfad, welchen wir in der Geſellſch.
unferer Freunde wandeln, der einzige zur Vollk. feyn? Es gibt
noch Millionen gleichartiger Weſen außer unfern gegenwärtis
gen Freunden, die unſere Bildung auf die angenehmſte Meile
befördern koͤnnen; der innigfie Freund, den wir bienieden haben,
wird einem beſſern, den uns die Ewigk. ſchenkt, vielleicht uns
‚endlich achfiehen. Das Chriſtenth. verbeißt Eein irdiſches
Leben nad) dem Tode. Werden wir dort in Verbind. mit inehs
rern oder wertigern nach Beſchaffenh. unſerer Fähigkeiten )
. vernünftigen Weien ſeyn, ſo werden das wohl nicht gerade uns
fere ird. Freunde ſepun. In ienenm Leben, in weldem
feine bürger!,. Verbindung (Matth. 22, 30m mehr ftatt bat,
werden blos die Grade der Geiftesbildung
und fittl. Güte die Wahl unfers Umganges
allein beffimmen, und diefer wird bey meh:
rerem Fortſchreiten freilihb nit immer
gleich und derſelbe bleiben fönnen. Wenn mar
in ienem Lehen immer ſittlich vollkommner Werden fol, und
falls dazu eine Verbind. mit Geiftern notbwendig if, um un—
jere fittliche Thaͤtigk. äußern zu fünnen, fo kann ed uns aleich
viel feyn, mit welchen — went auch mir unbefannten, Weſen
wir ein in Berbindang Eommen werden. Warum ſollten wir
nicht mit höheren Griftern umgehen? Ihr Abſtand wird dann
nicht zu groß feyn. Wenn Kinder fich einbilden, daß fte in
Zukunft nicht gluͤcklich ſeyn koͤnnten, wenn nicht ihre Geſpie—
len immerfort mit ihnen in Verbindung blieben: ſo widerlegen
die folgenden Jahre ihres Lebens dieſe kindiſche Einbildung, in
welchen fie dann weit edlere Freundſchaften ſchließen und oft
die Sefpielen ihrer Jugend ganz vergeſſen, oder doch nur fluͤch⸗
tig und oft init mitleidigem Laͤcheln fih an die Spiele ihrer
Kindheit erinnern! Sollte die höhere Vollkommenheit der Geis
ſier die Freundſchaft in iener Welt hindern: fo müßten wir
in auch alle Hoffnung aufgesen, mit ſolchen Freunden wieder
Hereinigt zu werden, die fihon fange uns borangegangen find,
und gewiß jchon eine hohe Etufe ver Vollk. erreicht Haben.
646 0 j
Wiederſehn, — (nad) dem Tode, Grunde wider das )
Der Gedanke iſt keinesweges Unſinn: auf dieſer Welt gab mir
Gott Freunde, er wird fie mir in einer andern Welt auch geben,
wenn es auch nicht diefelbigen find, Gie, die ich hier fo aufrich⸗
tig, fo rein liebte, werden auch ohne mich gluͤcklich u. felig feyn
£önnen, wie ich ohne fie. Wie wir hier, getrennt von Jugend⸗
freunden, dennoch unſer Leben ruhig u. freudenlos zubringen, weil
wir wiſſen, daB iene freundfchaftlichen Verbindungen einige Zeit
währen: fo werden wir aud) die Eiinftige Seligk. rein und
ungeftört geniefen, ohne daß die Entfernung 9. d, Freunden
während unfers irdifchen Suftandes ihren Genuß hindert: Man
kann doch nicht feine Gattin als ſolche, fein Kind nicht als
folches lieben, weil die Verhältnisie aufhören, Unter den Bürs
gern iener Welt wird fich das Band der Freundfchaft immer
mehr erweitern, die Anzahl der Freunde ſich immer mehr ver:
mehren, und man wird immer näher zu einander hingezogen
werden, ie fittlich vollfommner man wird, ohne eben das Bes
dürfniß zu fühlen, viefen oder ienen Erpenfreund wieder zu
finden und zu erfennen, mit welchem man bier einige Zeit hins
durch für unſre gemeinichaftliche Beſtimmung thätig war.
5) Weshalb follten wir dort unfere irdischen Freunde vermitfen ?
weshalb foltte dort die Wiedervereinigung mir nnfern irdischen
Freunden einen jo großen Zheil unferer Gluͤckſeligkeit auss
machen? Dort wird a) das Gute, weldhes wir hier von uns
fern Anverwandten und Freunden genoffen haben, nicht mehr
von einem großen Werthe feyn; denn dort bleibt ſowobl das
von Andern genoffene Gute, als auch das uns durch Andere
wiederfahrne Boͤſe in unferm Andenken, Keiner unferer
Freunde aber wird fich bey unferer menfchl, Natur, vie wir
auszubilden anfangen, aber noch nicht vollig ausgebilter baben,
rühmen fönnen, uns mehr Gutes als Böfes erzeigt zu haben!
Wie viel Böfes ift wohl nicht unter dem Guten mit unterges
lauſen! Gefegt, es hat jemand viel und das meifte Gutes ge:
than, wird er vollfommene Beruhigung, wahres Seelenvergnuͤ—
gen bey deifen Erinnerung genießen, wenn ihm Die und ba
auch Fehler, Ehwahhh., Thorhh. und wohl gar eine mutbz
willige Frevelthat mit einfällt? Diefes von ienem abgezogen,
ift. gewiß die Summe vom Guten nicht fehr beträchtlich. Wozu
ein Bersnügen, wenn fehr viel Misvergnügen darunter nes
mifcht in? — b) es ift wahr, bier erfreuen ung Freunde,
aber wird, da wir nicht unfere gegenwärtigen Eimpfinvd, in
iene Welt herüber tragen, dort das noch Gluͤck ſeyn, was und
bier dafür gilt? Wird und dasienige Angenehme und Vor:
theilhafte, was ung gewiffe Freunde, Verwandte, Eitern und
Geſchwiſter verfchafft haben, auch dort nad) unferer erhöhten
geiftigen Natur nod) genug feyn? Wir genoffen hier Gutes
in unfern Verhättniffen, aber ift das Gute für den Genuß in
ienem Leben nicht zu grob, zu finnlich ? Haben wir dort nicht
weit ausgebildetere and verfeinerte Seelenkraͤfte, nicht höhere
| W. —9
Wiederſehn, — (nach dem Tode, Gründe wider das—)
Gegenſtaͤnde zu ihrer Befriedigung? Was verlieren wir alfo,
wenn wir das Irdiſche einbüßen? Peach der h. Schrift follen
wir in eine weit fehönere Welt Eommen, als die iesige iſt;
warum wollen wir mit unfern Gedanfen auf der fihlechtern
berumfchweifen, wenn wir ir einer beſſern find? Wird ung
dert eben das noch Gluͤck feyn, was ung hier dafür galt? man
trage doc) nicht feine gegenwärtigen Empfindd, in iene kuͤ nf⸗
tige Gluͤckſeligkeit uͤber.
6) Es muͤßte das Wiederſehn, wenn es z wahr waͤre, eine Bedin⸗
gung ſeyn, uns in der Sittlichkeit, oder in der vollkommenen
Ausuͤbung der Tugend und des religioͤſen Verhaltens, ſowohl
dem Umfang als dem Fortſchreiten nach, weiter zu bringen,
weil unſere Freunde hier in dieſem Leben mehr Einfluß auf
unſere ſittliche Bildung und Beſſ. haben, als andere uns be—
kannte M., alſo auch in ienem Leben. Allein es laͤßt ſich
nicht behaupten, daß das, was hier ein Mittel iſt, in unſerer
Beſtimmung weiter fortzuruͤcken, als eine nothwendige Bedin—
gung des weitern Fortſchritts in der Heiligk. in iener Welt
angefehen werden muͤßte; denn was nicht moraliſch nothwendig
iſt, das duͤrfen wir nicht willkuͤhrlich als wahr in iene Welt
hinuͤber tragen. Im Himmel brauchen wir auch nicht die
Freunde zu Zeugen unſerer edlen Thaten vor Gott. Dieb
hieße klein von Gott denken. Der Allwiſſende braucht keine
Zeugen wie ein menſchl. Richter. Fuͤr unſere irdiſche Tugend
darf das W. kein Beweggrund zur Tug. und zum Streben
nach Seligk. ſeyn. Iſt es ein Beweggr. für unſere Tugend,
ſo handeln wir nach einem unlautern Antriebe — nad) Weis
gung. Wir ſind der angenehmen Folgen wegen gut; nicht um
des Guten ſelbſt willen, alſo um des Eigennutzes und der
Selbſtliebe wegen; oder, wenn wir unſere Tugend unſerer
Ruͤckerinnerung an unſere verſtorbenen Freunde verdanken, ſo
iſt unſere Tugend auch ohne Werth.
7) Es iſt das Wiedererkennen unſerer Freunde gar nicht moͤglich.
Woran ſollten wir ſie einſt wieder erkennen? an aͤußerl. koͤr—
perlichen Merkmalen? Dann iſt es ganz unmoͤglich, weil ſowohl
Sinn als Gegenſtaͤnde nach dieſem Leben veraͤndert werden.
Unſere Seele wird entweser nach ven Tode zu feiner Zeit
einen gewiſſen, aber einen ganz andern, Koͤrper wieder erhalten,
als der ird, Körper it 9. Er wird von dem icgigen Ganz
verichieden und unverweslich, alfo für uns eine ganz neue und
undefaunte Erfcheinung feyn. Es werden alfo nicht am demz
felben die aͤußerlichen Merkmale vorhanden fern, woran wir
unjere Freunde wieder erfennen Eönnen. Wer kann z. DB. an⸗
nehmen, dab wir einen Freund, Welchen wir bier als hager
») Bol. Kant — die Kel. innerh. d. Grängen d. bl. Vern.
S. 182. Anm.
648 —— W. |
Wiederfehn, — (nad) dem Tode, Gründe wider das —)
oder als alternd Kennen geleent Haben, in der nämlichen Geftalt
nad) feiner Wiederbefebung wiederfinden müßten, um ihn wieder
zu Eennen? Wird er aber veriüngt und verändert, woran foltten
wir ihn dann wieder feinen? Nichts kann am Körper fo aus:
zeichnend fegn, was nicht bey der volligen Umbildung deſſelben
auch mit verloren gehen wird. Nach. der tägl. Erf. erkennen fich
zwey Derzensfreunde, die fange mit einander umgegangen find,
nach) einer 15 :23oiährigen Trennung kaum, ia gar nicht wieder,
Shr Leib, Der noch lange nicht iene Umbildung nach Den Tode
erlitten, wird ihnen nur durch einige veritellte Züge unbekannt.
„Die Freunde find an gewiffen eigenen Maniereir, Durch eigene
„Haltung des Körpers und an befondern Geberden zu erkennen.“
A. Wenig WM. zeichnen fih Dadurch aus, und wie Eonnen diefe
Manieren, Diele Haltung bey dem neuen Körper zurück bleiben ?
Den alten Leib befommen wir doch gewiß nicht wieder. Dder,
wir werden gar Eeinen Leib wieder erhalten, und Bann it das
Wiedererk. ganz unmöglich. „Es kann intellektuelle Merfmale
„einer finnk Wahrnehmung der mwiedererfcheinenden Freunde geben.
„Wir können fo viele geittige oder intelleftuelle Merkmale yon
„unfern Freunden behalten haben, daß wir daran fie erkennen
L „werden. — U Sinnliche Ericheinungen müſſen wir auch nur
durch die Sinne wieder erkennen. Wie ſollen fh reine Beritans
desbegriffe, eine gewiffe Denkungsart, gewiſſe Grundſätze kenntlich
machen, ohne Durch die Wege der fymbolifchen Erkenntniß durch)
Mienen, Geberdenfprache u. Hände? Wo bleiben alfo reine anſchau—
liche Merkmale, wenn fie nicht durch dieſe Wege erſt Die Seele auf:
faßt? Schwerlich werden wir dort in ienem Leben fo reine Geiiter
auf einmal feyn, welche wieder reine Geifter erkennen; u. was wer—
den dieſe auch weiter für unterfcheipende Merkmate Haben, da voll
kommene Wefen, oder foiche, die fich einer höheren Vollk. nähern,
darinnen alle einander gleich, ſeyn müflen, daß fie Marimen begen,
welche felbft nach der höchiten göttl. Vernunft die einzig richtigen
find. Noch mehr Haben wir auf der Welt voll ſinnl. Gegen:
fände bey unferer Sinnlichkeit fo viele reine Anfchauungen und
können wir fie haben, die wir nicht alte durch ſymboliſche Er:
fenutmiß erlangt hätten? Don finnf. Dingen Fommen wir erft
auf DBorftelungen in unferm Verſtande. Wenn man hier
«uf Erden fo wenig Seelenfreundfchaft finder, welche aber fehr
am finnlichen Gewande hängt; wenn die mehrften Freundfchaften
auf Erden fich nur auf äußere Umftände gründen, auf Anfehn,
Körpergeſtalt, Reichtum, Temperament, und wenn diefe Berbin:
dungen zerriffen tderden, die Freundfchaft folglich mit verfchwin:
det, wie ſollen wir den Freund in einer andern Welt an innerer
Gemüthsart wieder erkennen, da wir ihn bier nicht daran erfauns
ten? Es gibt hier feine reine Vernunftwefen unter den M., und
kann es nicht geben, weil ſie duch die Sinnlichkeit nur mit dieſer
Welt in Verbindung gefest find. Es iſt alfo nicht anzunehmen,
das ſich die M. in der Zufunft als reine VBernunftivefen wieder
erkennen. Hier haben fie fich nicht als ſolche erfannt und erken—
nen £ünnen, wie £önnen fie es dort, wo doch das Wiederiehen
nur Erinnerung an das feyn kann, was man hier erfahren hat?
8) Es it nicht zur Geligkeit erforderlich. Ueberhaupt ift au unſerer
W. 649
Wiederſehn, — (nach dem Tode, Gruͤnde wider das —)
Glückſeligk. kein endliches Weſen ſchlechterdings unentbehrlich, und
der Himmel hat an ſich Seligkeit genug, ohne die ſich eingebilde—
ten Freuden des Wiederſehns. Es iſt gar nicht zu erweiſen, Daß
es zur höhern Vollk. der Seele entbehrlich iſt; nicht einmal, daß
dadurch die reine Seligkeit beträchtlich vermehrt und erhöhet
werde ). Sittliche Glückſeligkeit, wie fie im Himmel nur fiatt
finden kann, beruht auf moraliifchen Grundfähen, Gefinnungen
und Handlungen, zu welchen finnt. Anſchauungen künftig nicht
mehr Veranlaſſ. und Gel. geben können.
9) Es kann wegen der künftigen Stufen in der Seligk. kein allge
meines Wiederfehen. fratt Haben; denn nur wenige Glieder einer
Samiiie werden in gleichem Grade der Ausbildung des Verſt. und
der fittl. Herzensgüte ftehen. Jeder wird Doch zuverläffig nad) dem
Grade feines Berdienftes belohnt und beftraft werden,
au Es ift von dem W. in Feiner einzigen Stelle des n. Teft. deut:
lich die Rede, oder Jeſus und die Ap. entfcheiden nicht für
das Wiederiehen der Freunde. „Wir werden doch Gott und Jeſus
in ienem Zeben fehen können.“ N Wenn die Bibel fagt, wie
würden Gott fchauen, fo ift an feine finntiche Anfihauung zu dene
fen. 1505.3,2. heißt: „Jeſum fehen, wie er iſt,“ fo viel ald wie
werden ihn. genauer und fo ganz Tennen, wie er nur zu denken
it. Das Sehen Gottes zeigt eine geiftige Erf. von Gott an,
denn fonft widerfprähe ia I Mof. 32, 30. der Stelle II Mof.
. 33, 20. — 1 Kor. 5, 7 ftimmt damit gut; Sinn: iebt haben
wie nur gewiffe überfinnlihe Wahrheiten zu glauben, aber
einſt werden wir fie Deutlich erkennen, — wiſſen.
= 14, 3. 3 und r9 redet Jeſus deutlich blos von der Wicderverei:
nigung mit ſ. Ap. unter finnl.- Bildern, oder dag fie ihn wieder:
fehen foliten im ienem Leben. Die fest nicht dag W. unferer
ird. Freunde voraus. Nach I oh. 3, 2 ſoll ia der Umgang mit
Gott und Sefu einen "Theil unferer Eünftigen Glückſ. ausmachen.
Soh. 16, 22. deutet man Deshalb, weil die Freude der Ap. über
das W. Jeſu bleibend vorgeftellt wird und es deshalb richt auf
die Freude- über ihn nach dem Anblick Jeſu als Auferftandener
gehen - fünne, weil Sefus in der Himmelfahrt fih ihren Blicken
entzogen babe, auf das Wiederfehen, und man fchlieft aus der
fortwährenden Freude auf das Eünftige Wiederfehn. Aber Jeſus
fagt auch Joh. 16, 16, Daß fie ihn in Kurzem nicht, — dann
aber bald wiederfehen würden, alfo meint er feine Auferfiehung.
Da fahen fie ihn wieder, und wenn er gleich von ihnen gen
Himmel führe, fo konnte und muste Doch ihre Freude forrdauern
wegen ihrer belebten Ueberzeugungen von ihm, ohne ihn beſtändig
zu Sehen und Die Freuden des Anblicks zu empfinden. — Joh.
*) Die Schwachheit der Gründe, wodurh die Wichtigk. des
Wiederſ. zur Erhöhung unferer Eünftigen Seltgfeit ein—
leuchten Toll, zeigt — in der oben S. 640 ange⸗
fuͤhrten erſten Schrift, ©. 538-115 überzeugend nnd mit
voͤlliger Klarheit. Alle iene Gruͤnde laufen am Ende auf
Sinnlichkeit und Eigennutz hinaus.
—
Yale a mass — — — =
659 W.
Wiederſehn, — (nach dem Tode, Gruͤnde wiberdas
17, 24. enthält weiter nichts, als daß Jeſus wünſcht, daß ſeine
wahren Verehrer eben deffeiben Seligfeitsgenuffes, wie et, theils
haftig werden mochten. — I The. 4, 14 umd ı7. 18. fast
ebenfall8 nach dem Zufammenhang weiter nichts, aid daß die
dann (bey der Wiederbelebung der Todten) noch Lebenden zugleich
mit den Veritorbenen iene Beränderung erfahren würden. DB. 18.
ermuntert Paulus die Chriften durch Bi Hoffnung der Wiederbe:
lebung zur Ausdauer der gegenwärtigen Leiden. DB. ra. iſt von
der Erhebung der Beritorb. zur Seligf. die Rede und von V. ı7.
(Ende) Bey dem Herrn feyn gilt dad, was bey oh. 14, 2. 3
und 19. ©. 649 bemerkt worden il. — Ebr. 12, 23. fagt nicht,
dab Abraham in die Gefeufch. der Sarah, Davids und Sona:
than's gekommen ift, fondern dag wahre Fromme in den Kreis
der in der Tugend Geübten, — der Rechtſch. und Geligen ge-
langten. — Luc. 16, 19:31. it ein Gleichniß, Dieß gibt Eein
Dogma ab. Uederdem it bier ia gefagt, daß Lazarus in die
Gefettich. feiner Eltern, Brüder 2c. gefommen wäre. Abraham
fießt bier im Namen mehrerer feligen Geiſter. — — Luc. 24,23
fo wie Phil. 1, 233. fagen auch nur, daß es im Himmel über:
haupt feige Fromme gebe, und dag ein Umgang mit Jeſu ftatt
fände. Woltte man den Grundfag: alles im .n. Teft. wörtlich zu
nehmen, bier anwenden: fo folgte freilich daraus, daß man in
ienem Leben fogleich nach dem Tode in ienen höhern Gegenden
feine Bekannte wieder erkennen würde, Allein nach dem Gei:
fte der Lehre Jeſu darf man nicht alles im n. Teſt. wörtlich aus:
legen. Deshalb mus ' man diefe Stellen, worin ein Wieder:
fennen in ienem Leben behauptet zu werden fiheint, dem Urtheil
der Vernunft gemäß deuten, urd dann liegen in diefen Stellen‘
folgende Säge: a) Wir werden mit den Geeien der Berfiorb. wies
der in Verbindung geiegt werden, und mit ihnen gemeinfchaftlich
wirfen. b) Wir werden mit ihnen eine gemeinfchaftiiche Glück—
feligfeit nach der Beſchaffenheit umferer &ittlichkeit genießen.
Diefer Zweck läßt fih nun denken ohne die wirkliche Wiederesfen:
nung ieder einzeinen Perfon von iener großen Gefellfhaft, mit
welcher wir werden in DBerbind. gefest werden, um unferer ge:
meinichaftlichen Beltimmung immer näher zu fommen, ohne fie
doch iemals zu erreichen.
Münch in der ©. 640. angef. ten Schrift, ber ns Ic.
geht “Brief 18. HR Ru Schriftſtellen — findet auch,
das die h. Schrirt nicht für das Wiederf. enticheider.
Folgende zivey Stellen find wider das Wiederfehn : x) Matth. 22, 33.
fagt, daß in tenem Leben alle irdifchen Berhältniffe aufhören
würden. 2) Paulus Tehrt I Kor. 15, 30., dag und eine große
Beranderung bevorfiehe, indem dieß irdifche Keben wegfalte, und
der M. gieichlam neu werde umgefchafen werden. Wo bleiben
dann die finnt. Merkmale des Wiederfehens, die wir nur an dem
Wiedererfcheinen des erſten unveränderten Körpers finden Eönnen ? —
Alfo Pie Hoffnung, fih wieder zu erkennen, gründet ſich auf gar
feine, oder Doch nur zweideutige Stüsen der Bibel, die nach einer
genauen Unterfuchung der obigen VBernunftgründe bald zufammen-
falten. Wie darf man etwas aus gutem Derzen, ohne
Sründe Dafür zu haben, glauben? Fuͤr dag Wiederſehn gibt
| W. | 651
Wiederſehn nach dem Tode, (Gründe für das —)
es Eeine zureichenden Gründe, weder phyſiſche, noch moralifche,
noch religidfe. „Die bloße Bernunft kann dafür feine Sicherheit
geben *).'
I. Grunde für die Hoffnung des Wieder-
ſehns.
1) Das Wiederfehn unferer Freunde iſt moͤg—
lich. a) Unſere Vernunft findet in demſelben nichts
Widerſprechendes. Denn aa) wir behalten nach dem
Tode unſer Bewußtſeyn, dieß ſtirbt ſo wenig als un—
ſere Seele. Wir werden uns unſers irdiſchen Lebens,
alſo auch unſerer Hinterlaſſenen oder vorangegangenen
Verwandten wieder erinnern koͤnnen. Jede Seele
hat eine gemwiffe Gedanfenreihe, wodurch fie fich von
alien andern umterfcheidet, und darinnen liege der
Grund ihrer fich von aller andern unterfcheidenden
Perfönlichkeit. Diefe Gedanfenreihe darf in Feiner
Seele ganz vertilgt werden, fie würde fich fonft nicht
mehr für die erfennen, die fie war und ift; bb) Zeit
und Emigfeit find nicht zwey verfchiedene Dinge, fon»
dern Vergangenheit, Gegenwart u. Zufunft nur eine
Zeit; — cc) zum geiftigen vernünftigen Leben ift die
Erinnerung aller ſchon durchlebten Zuftände, ift die deut—
liche Wahrnehmung ihres Zufammenhanges durchaug
nothwendig. Und eim folches Leben ıft doch des M.
Befimmung. „Der M. bat doch im Tode fo lange
Jahre gefchlafen:“ U. Das ift gleichviel; denn Zeit
und €. ift wie heute und morgen. Die Zeit des
Schlafes und ieder unbefinnliche Zuſtand ift fein wirk—
licher Theil unferes vernünftigen Daſeyns, und fo
würde die ganze Zeit unfers irdifchen Lebens mit dem
künftigen gar feine Verbindung haben, falls der Tod
alles Andenken derfelben in uns auslöfhte. Wir
‚würden uͤberdieß ganz umſonſt nach Vollk. ſtreben;
denn fie ginge ganz verloren. Die Ewigkeit iſt duch
das Reich der Tugend für den M., fonft erreichte der
M. nicht feine Beftimmung. Es wird der M. nicht
blos von feinem Erdenlcben einige dunfle zerftreute
Borftellungen, wie von einem gehabten Traume Ben:
»Er wird fich vielmehr feiner ganzen vorigen Lage, f.
Schabten freundfchaftl. Verbindungen, feines bewiefe-
I EIER 0. 2.08, 789:
652 W.
EN nad dem‘ Tode, (Grunde für das —)
nen Charakters, ſ. Thaten, Hoffnungen und Wünfche
eben fo deutlich im Ganzen erinnern müffen, als er
fich 5. DB. alles deffen erinnert, was ihm auf einer
Reiſe begegnet iſt. Der Zugendhafte bringt alfo auch
dag Bewußtfeyn von dem Freunde mit, meiner ihn
hier zur Tugend geleitek hat. |
Iſt es gleich wahr, daß das Gedaͤchtniß mit der Organifation veraͤn⸗
dert wird, ſo iſt doch noch nicht erwieſen, daß es ganz und
allein von den Organen abhängt. Einige Erfahrungen beweis
ſen vielmehr, daß es auch im Seelenweſen ſeinen Sitz hat.
Villaume hat in ver an Abh. ſ. Verſuche über einige
yfvhologifhe Fragen, Leipz. 1789. 8. behauptet, daß
wir uns im kuͤnftigen Leben nicht des gegenwär—
tigen wieder erinnern würden, aber er ift gründlich
widerlegt worden a) in der Schrift: Aphorismen über
das Erinnerungsvermdgen in Beziehung auf
den Zuftand nach dem Tode bey Gelegenheit der
vom Herrn Pr, Villaume unterſuchten Frage,
won J. D. Mauchart). Zübingen 1792. 8. (8 Sgr.); b)
von Mag. Sintenis in d. Progr. praefentis vitae
non erit recordatio. Zittau 1792. Fol. 2 Bogen,
b) Es ift das W. auch in Hinficht des Wiederfen-
nens möglich. Haben wir auch nad) dem Tode gar
feinen neuen Korper, welchem dag irdifche Antlitz, alſo
auch Geſichtszuͤge, oder Gefichtsbildung und Geftalt
fehlen: fo konnen fich doch die Geiſter der verftorbe-
nen Freunde, fo bald fie nur einander nahe kommen
fönnen, und ſich mit einander unterhalten, einander su
erfennen geben. Erfennen wir doch fchon bier einen M.
allein nicht durch den Anblick, oft blog durch ein gei-
ftiges Mittel. Perſonen, welche nach einer langen
Zwifchengeit von ungefähr zufammentreffen, wenn fich
die Geftalt, Sprache und die Handlungsmeife beyder
ganz verandert haben, erfennen. fih durch Unterre-
dung einander wieder, - falls auch ihre Gefichtebils
dung einander ganz unfenntlich geworden feyn follte.
M., die in gegenfeitiger Abwelenheit das Band der
Freundſchaft gefhloffen haben, erkennen fich, wenn fie
fich einander fehen, nicht an der Bildung deg Leibeg,
nicht an den Gefichtszugen, nicht an den fid etwa
einander überfandten Abbildungen, fondern am Ges
foräch und an der Lebereinffimmung der Den:
Eungsart, zumeilen auch durch ein verborgenes Ge—
MWiederfehn nach) dem Tode, (Gründe für das —)
fühl, an einer geheimen Ahnung, und an einem unbes
fehreiblichen gewiſſen Etwas, was fie aufmerffam
macht, an einander zieht und fihnell ihre Arme zum
freudigen Willfommen öffnet. Kann das nicht auch
bey den Derewigten flatt finden?
Sonderbar it ed, daß Ddderleininf. theol, Bibel, Band IL
©. 300 ſchreibt: „daß wir einander ohne dieſen Leib,
„diefe Sefihtszüge, Bildung und aͤußerl. final. Werkzeuge
„nicht zu evfennen fähig find, iſt ſehr waͤhrſcheinlich. Wenn
„darauf geantwortet wird, daß die Anerkennung der Freunde
„auch durch Gefpräche, vier dffent!, Umgang erfolgen koͤnne:
„ſo Eaan ich mir Eeine Gefpräche ohne den Mechanism meiz
„nes tegigen Körpers denken, und das andere ift nur Muth:
„maßung,“ da er doc) in ſ. inft. Th, chr. T. II. p. 546 das
Segentheil annimmt, Jenes wird feine frühere Einſicht und
Meinung ſeyn.
Mir unterfcheiden ia die, mit welchen wir näher bes
kannt find, fhon an ihren Meinungen, Geſinnungen,
Denfungsart und an der Art und Weiſe, wie fie Die-
felbe außern, wenn wir fie gleich nicht fehen. Man
erfennt gleich das, was ein Freund bey diefer oder
iener Gelegenh. gefagt, einen Brief, telchen er ge
fehrieben hat, am Geifte, der darin herrſcht. Nun
nehmen mir unfere Denfungsart und Geſinnungen mis
in iene Welt, es müffen alfo auch die, welche hier vere
traut mif einander umgingen, fich dort wieder erken—
nen koͤnnen. Daß aber Geifter fih mit einander un—
terhalten koͤnnen, welches durch Annahme des Be—
wußtſeyns nach dem Tode möglich ſeyn wird, iſt des—
halb wahrſcheinlich, mel der Umgang mif höheren
Geiftern die Vervollk. "Sie abgefchiedenen Seelen be=
wirken muß. Iſt e8 alfo ganz unmahrfiheinlich, daß
der neue in der Auferſt. zu erhaltende Leib eine Achn-
lichfeit mit unferer gegenwärtigen Geftalt oder einige
Merkmale von Beute irdifchen Yeußern an fich haben
werde? f.ır T . 158. Kann — wenn auch das
— —— nicht durch koͤrperl. Merkmale geſchehen
und bewirkt werden ſollte, daſſelbe auf eine uns ietzt
ganz unbekannte Art geſchehen? Wie, wenn uns Gott
dieienigen zufuͤhrte, mit welchen wir uns wieder zu
verbinden ſehnlich wuͤnſchten? oder koͤnnten wir nicht
durch eine beſondere Beranftaltung und Wirkung Got—
654 .W,
Wiederfehn nach dem Tode, (Grimde für das—)
fe8 gerade an den Ort ieneg neuen Aufenthalts ver-
fegt werden, wo fich unfere Freunde befanden? oder
wie — wenn wir durch eine geheime Ahndung unfers
Geiftes nach feiner Trennung vom Leibe gerade zu
ihnen hingezogen würden? oder — wenn er ung durch
eine Difenb. den Ort anzeigte, wo wir unfere Sreunde
anzutreffen hätten? Freilich laͤßt fich diefes, was in®
Wunderbare fallt, nicht nach Vernunftgeſetzen als ges
wiß behaupten, aber ift es nicht. moglich? Freilich
muß man annehmen, dag wir dort neue Werkzeuge,
um unfere Gedanfen einander mitzutheilen und um die
Gedanken Anderer auffaffen zu Fonnen, annehmen. ft
aber dieß, fo find die fich miederfindenden Seelen aud)
im Stande, einander an dag zu erinnern, was im ir-
difchen Leben von ihnen gethan und gelitten, gegeben
und genommen, erfahren und empfunden worden ift.
Es fann alfo dann auch der Wohlthäter dort von
denen den Danf noch empfangen, welchen er Gutes
erzeigt, der Freund fann den Freund daran erinnern,
was er ihm für angenehme Beweiſe der Liebe gegeben
bat.
c) Es ift das W. möglih, wenn auch nicht unfere
Sreunde oder wir felbft denfelben Grad von Geiftes»
aufflärung und Herzenggüte erreicht haben. Die fich
gleichgefimmten Seelen werden ſich nur wieberfehen.
Zu dergleichen Stimmung gehört aber niche die gleiche
Stufe der Bollfommenheit. Sind denn hier dieieni-
gen nur Freunde, welche auf gleicher Stufe der mora⸗
lifchen Vollk. ſtehen? Eine gleiche Stimmung fnüpft
fhon das Band der Freundfihaft. Nimmt man an,
daß zu unferer Seligk. die Verbindung mit hohern
‘ Geiftern ‚erfordert wird, die ung zu höherer Vollk. lei—
ten, fo fteben diefe hoͤhern Geifter auch nicht auf ders
ienigen Stufe mit ung. Es fönnen alfo die fihon
vorangegangenen Freunde die nachkommenden zur hö—
bern Vollk. leiten und fie eben dadurch in die Gefells -
fchaft noch höherer Geifter bringen. - Wenn nur Dies
ienigen einft in freundfchaftlicher Verbindung wären,
welche auf gleicher Stufe der Vollk. ftünden, fo würde
gewiß dadurch die höhere Vollk. fehr erfchwert werden.
Bol. Ribbecks 4 Predd. v. Wiederſ. ©. 52-61.
2) Der Glaube an das W. iff unferm Derzen
J
Wiederſehn nad) dem Tode, (Gründe für das —)
Hedürfnif, da wir in den Verbindungen mit
Freunden dag höchfte Glück des Lebens finden. a) Die
Hoffnung und der Wunſch iſt eine angeborne oder
ung von Gott anerfihaffne — ungemein flarfe Nei—
gung, fogar eine Sehnfucht, ein Drang unfers Her-
zens, welcher aus allen, felbft aus den roheſten und
ungebildetſten M., felbft in dem Fälteflen Herzen vers
nchmlih und laut fpriht. Hat auch iemand noch
nicht fein Gefhmwifter, und f. Sreunde verloren und
er ftelle fich nur ihren Verluſt vor, fo wird er doch
fagen: ich mwünfche die Meinigen einft wieder zu fehen.
Denen aber, die fchon eins oder fihon mehrere von
‚ ihren Lieben durch den Tod eingebüßt haben, ift Fein
Wunſch ſehnlicher, heiliger u. theurer, alg der Wunſch,
fie wiedersufehen nach dem Tode. Alfo alle die, wel»
che fich hier fennen und lieben, münfchen fi einander
wieder zu fehen, um länger und ungefiörter mit ein-
ander glücklich zu feyn, als fie es bier feyn Fonnten.
Wie natürlich ift diefer Wunfch; denn unter den
SM. währen oft die Verbindungen kurz. Der Tod
trennt oft die, welche zartl. Liebe und Freundſchaft
mit einander vereinigfe. Erreichen wir auch das hoͤch—
fte Alter mit einander, fo wird doch die gemeinfihaftl.
Gluͤckſ. fo oft unterbrochen, daß noch immer der
Wunſch eine ungeftörten Genuffes derfelben zurück
bleibt. So ift es fhon auf Erden. Was het wohl
der Jahre lang von feinem Vaterlande Gekrennte für
einen berzlichern Wunſch, fuͤr eine heißere Sehnfucht,
als feinen Freund mwiederzufinden? Wenn er nach late
ger Trennung in fein Vaterl. zurudfommt, wird er
gewiß nicht erft darauf denfen, neue. Defanntfchaften
zu fliften, und fich in neue Berbindungen einzulaffen.
Sein erfier Wunfch ift vielmehr, feine alten Sreunde
wieder zu umarmen und fih mit ihnen zu freuen.
Welcher Schmerz, wenn ibm diefe Freude verfagt wor-
den ift! Iſt demnach diefer Zug — diefe Neigung un-
ferg Herzens fo flarf, fo unausloͤſchlich, warum ſollte
fie denn mit unferm Tode vergehen? Nur Gott ift eg,
der ung diefen Wunfch gab, ihn an unfere beiten Ge—
fühle band, ihn mit den innigften und ſeligſten Ver—
haͤltniſſen des irdifchen Lebens verfnüpfte; er, der ıcde
Anlage in ung bildete, iede Reigung in ung weckte,
656 B
Wiederfehn nach dem Tode, (Gründe für das —)
ieden Trieb in ung anfachte. Gott der Allmächtige
und der Allgütige follte ihn nicht erfüllen Eönnen u.
wollen *)? Wäre nicht die Sehnfucht nach unfern
Sreunden, die wegen IL 1. aa. ©. 651 ftatt finden
muß, für ung verzweifelnd, falls fein W. wäre? forte
fie nicht unfere Ruhe? Lebt fie mit ung fort, fo wäre
es ia das grauſamſte Loos in ienem Zuflande, ung
ewig des Andenfens an unfere Freunde bewußt zu
feyn, ohne fich wieder zu fehen. - Das wäre eine zu
ftarfe Vermifchung der Freude mit zu bitterem Kum—
mer. Liebe begehrte Bereinigung. Je ſtaͤrker fie ift,
defto ſchmerzhafter ift auch iede Scheidung, zumal die—
ienige, deren Ende fich nicht abfehen läßt. Man denfe
fih nun eine ewige Scheidung! |
Engel in der oben angef. Schrift zeigt ©. 1572159, dab das W.
wahricheinlicher ift, als die Bezweiffung deſſelben. Bor. daſelbſt
©. 165 und Nachtrag zu diefer Schrift ©. 35. 9 und 34.
b) Der Glaube an dag W. ift Bedürfniß deshalb, um
während der großen Trauer, worin ung die Entziehung
unferer Eieben durch den Tod derfelben verfegt, einen
hinlaͤngl. Beruhigungsgrund zu haben. Nun gibt es
feinen flärferen und beruhigendern STroftgr. beym Ab-
fierben unferer Verw. und Sr. als die Hoffnung des
W. Der M. ift nicht blog geiftig und vollfommen
£ugendhaft. Er leider — auch durch) den Tod derer,
die durch das zärkfliche Band der Liebe, welches Eltern
an ihre Kinder, diefe an iene, Gatten an G., Mütter
an K., DBerwandte an V., Freunde an Sr. fnüpft,
von einander getrennt werden. Bey der Aufloͤſung
dieſes Bandes verfinft das Herz in Die fraurigffe
Wehmuth. Dan muß das Einverftändniß der Geelen,
men muß den Einklang unter Freunden, und ihre ges
genfeitige Anhaͤnglichkeit unter einander, daß wechfel:
feitige Bebürfniß derfelben, um Ideen mit einander
auszutaufchen, fich gegenfeitig zu rathen, gu helfen,
zu dienen und fich einander zu unterhalten, felbft und
genau aus der Erf. Fennen, um nur in etwas die
Größe der Trauer zu ahnen, welche der zurückbleibende
Freund fühlt, wenn fein Liebling RE An
eru⸗
*) S. Ribbeck a. a. O. © 64 f.
Wiederfehn nach dem Tode, (Gründe für das —)
Beruhigungsgründen fehlt e8 zwar dann nicht, aber kei—
ner hat denn dieienige Wirkfamkeit als der hat, wel—
chen ver SI. an dag W. darbiefet. Denn denfen wir
es ung, daß wir mit ihnen — wer weiß wie bad,
wieder werden vereinigf werden, fo find fie ung hier
noch faft ganz gegenwärtig, wir fprechen und träumen
von ihnen, und dann meinen fir nicht vor Unmuth
u. bitserem Nummer, fondern vor mehmüthiger Echn-
sfucht, Die uns dag Herz erleichtert. Dieſe Taufchung
verſchwindet zwar bald, aber fie beruhigt doch, fo
> fange fie währt, und ie mehr wir dieſe Hoffnung der
Wiedervereintgung in ung naͤhren, deſto ruhiger und
ſanfter wird dann unfere Traurigkeit, und andere
Sroftgründe in Verbindung mit denfelben wirfen dann
ſtaͤrker auf uns. |
Wie kraftvoll der Troſt des W. beruhigt, ſchreibt D. ©. Le, weichem
f. einzig Sind — Dorothea Salome Leß — Imlin, ein
vielverſprechendes Mädchen, abſtarb, babe ich bey einem der traus
rigſten Vorfälle meines Lebens gefühlt, und es zur Ehre der Her.
öffentlich bekannt in der kl. Schrift: Trof bey dem Grabe eineg
einzigen Kindes, 2te A. Gütitngen 1786. 3. (3 gr.)
Wer dag M. bezweifelt, muß bey der Trennung
von f. Sreunden muthios, und beym Hinfcheiden fei-
ner Theuren troſtlos werden. -. Er wird allen Ges
ſchmack an den Lebensfreuden verligren.
Bol. Ribbecks 4 Predd. ©. 62-655 Engel a.
aD. E17 f.; R. Eylert’s Betrachtet. bey der
legten Trenn. v. d. Unfrigen, Dortm. 1302. 8. Nr. ı.
S. 1:34: „werden wir ung wiederſehen?“ ©. 16-22.
3) Findet fein W. flatt, fo würden die Verbindungen
der Liebe u. Freundſchaft groͤßtentheils zwecklos feyn.
Es ift wahr, der gefellige Trieb iſt unferer Seele wer
fentlih, liege tief in der Natur, und fowohl zum
Wohlſeyn eines ieden, als auch zur Vollk. des Gan-
zen. Nicht blos grobe Sinnlichk. knuͤpft ung an uns
ſers leihen. Die ächte Freundſch. gründee fich niche
auf äußere Vortheile. Iſt fie recht innig und herz—
lich, fo ift fie auch von einer edleren Natur. Waͤhrt
fie hier aber nicht oft nur eine Furge Zeit? Sollte
- Gott ein fo inniges Buͤndniß Fnüvfen laffen, um es
fo bald — auf immer zu serreißen ? Aechte — anf Tugend
ſich gründende Freundſch. iſt einer ewigen Fortdauer
Ehriſil. Gt. Lehre f. d. Canzelgebr. 3Th. Dt
658 Be: 32
MWiederfehn nach dem Tode, (Grunde für das —)
würdig. Horte fie mit dem Tode auf, fo ſtimmte nicht
ihr wirkl. Schickfal zu ihrer natürl. Beftimmung, fo
hätte fie der Moglichkeit nach einen fehe hohen — der
Wirklichkeit nach aber einen ſehr geringen Werth.
Klug würde man daher Ju Werke gehn, wenn man
ſich nicht zu zaͤrtlich an Jemanden Ron um fich bier
und dort den fo bittern Schmerz der Trennung zu
erfparen. Unendlicher Schade mare e8 um die fo edel
entftandene zärtl. Freundfch., falls folche für immer
aufgehoben werden ſollte. Wie kann das Buͤndniß,
das Gott aus einer natuͤrl. Uebereinſtimmung der See—
len entſtehen ließ, im Tode vernichtet werden? Soll es
nicht den ganzen ſegensvollen Einfluß auf unſer Glück
haben, den es feiner Natur nach haben fann? Die
Zwecke deffelben für dieß Erdenleben find zu geringe.
Es muß alfo fortwähren. Wer Fann e8 ſich denken,
daß unfer Sreund mit Andern glücklich, nur nicht mie
ung lebte, da er doch an unfere Herzen am fruͤheſten
und durch die ſtaͤrkſten Bande geknuͤpft war? Er
koͤnnte uns ein ewiger Gegenſtand unſeres Genuſſes
ſeyn, und waͤre es nicht? So zwecklos kann Gott
nicht verfahren. |
©. Eylerta. aD. ©. 24:27; Engela a. O.
Nachtrag, S. 26 u. 27. Noch mehr, fol nicht der
Geift der Nachftenliebe ung bier Anlagen zur Seligkeit
ienes Lebens verfchaffen? Iſt fie nicht Bedingung det
zufünftigen Geligfeit? Diefe Seligk. kann unmöglich
in ihren edelften Theilen einft erfchüttert werden. Diefe
bier auf der €. gemachte Anlage mird nicht ausge—
rottet werden. Nein, wir werden einft die, welche wir
bier liebten, wieder fehen.
4) Der Wunſch des W. fliegt aus einer rei-
nen Duelle. Das W. ift nicht blog etwas Er—
mwünfchtes, fondern auch etwas Wünfchenswürdiges.
E8 gründet fich auf die edelften Empfindungen — der
giebe und des Einflangg der Seelen. Nur Edle und
Gute unterhalten diefen Wunfch.- Sobald fie ihn
begen, erheben fie fich über die Sinnlichkeit ing Reich
der Zugend, in dieienige Gefelfch., welche frey von
eigennügigen Abfichten ift, die nur reine Liebe und
wahres Pflichtgefühl zu den beften Zwecken mit einan—
der vereinigt. - Gerade dann, wenn gute Ehriften es
W. 659
Wiederſehn nach dem Tode, (Gruͤnde fuͤr das —)
ſich bewußt ſind, immer mehr in der Erfuͤllung ihrer
Pflichten fortzuſchreiten, gerade dann, wenn ſie ſich
mit Gott und der Erinnerung an ihre Obliegenh. und
an das Gute, was ihre verfiorb. Sr. an fich hatten,
unterhalten, dann fühlen fie dag Beruhigende diefer
Hoffnung am ſtaͤrkſten. Sie iſt eine Frucht ihrer
Sittlichkeit. Wie koͤnnte der Unſittl. dieſe Hoffnung
hegen, da ſie ihn daran erinnert, daß es dort auch
HM. gibt, die er bedruͤckt und gekraͤnkt hat? Vgl. das
bey Nr. 3. Geſagte. ©. Eylert aa. O. ©. 22:2. —
5) Es iſt ver Glaube an das W. Gottes All-
—— Allguͤte und Allgerechtigkeit ge—
= € ift unbezweifelt gewiß, daß Goft alles mögliche
Gute will, was aug einer jeden Einrichtung im Zu—
ſammenhang der Dinge entftehen, fann. Nun find
tugendhafte Verbindungen der Gemuͤther von Na—⸗
tur einer Wiederherſtellung in iener Welt faͤhig, weil
ſie dadurch ſelbſt weit zweckvoller fuͤr die Zukunft
werden, und weil eben dadurch unſer ganzes gegen-
waͤrtiges Leben eine nähere Beziehung auf unfere Fünf-
tige Beſtimmung erhält. Es ift alfo ihre Wiederhers
ſtellung der Weish. Gottes gemäßer, als ihre gänzl.
Aufhebung. Sie find fodann wirklich zwecfvoller, find
fodann felbft Zwecke der Zukunft, anftatt blos Mittel
zu andern Ubfichten zu feyn. Inſofern das W. un:
» fere Seligfeit erhöht, Fann man es von der unend-
lichen Güte Gottes erwarten, welche alles mögliche
Glück der Gefchoöpfe will, und von der Weish. Got-
tes, da er nichts umfonft veranftaltet, fondern auch
den vollfommenften fittlichen ſowohl als natürl. Zu—
fammenhang liebt, und deswegen unfer gegenwaͤrtiges
Schickſal auch unſerer beſondern Beſtimmung in
iener Welt gemäß eingerichtet hat. — b) Wie würde
Gott ohne Wiederſehen ſeine Gerechtigkeit, wor—
nach er auch ieden Frommen und iedes Verdienſt be—
lohnen will, aͤußern? Woher wiſſen wir denn, daß
Jeſus und ſ. Apoſtel, daß die weiſen Lehrer, die eifri—
gen Vaterlandsfreunde, die freuen Eltern, die ſich bier
für Andere aufgeopfert haben, einft dort wirklich die
ihren Zugenden angemeßne Belohnung erhalten, wenn
mir nicht an den Ort fommen, wo fie find er laßt
t
08. WB,
Wiederſehn nach dem Tode, (Gründe für das —)
- fi) das wiffen, wenn nicht Kinder ihre Eltern, Gats
ten und Sreunde fich einander wiederſehen?
6) Es gibt gewiſſe Pflichten und Tugenden, die wir
ganz ſo, wie es das Geſetz fordert, nicht ausüben
fonnten, wenn wir nicht dazu in dem-Fünftigen Leben
beym Wiederfeben Gelegenh erhielten. Es find ſehr
viele M., die Andern den Danf ſchuldig bleiben, wel⸗
chen iene von ihnen erwarten koͤnnen; viele follten
Andere erfreuen, und haben fie hier betruͤbt 2c., dort
werden fie ihre Schuld gefeßmäßig abfragen Fönnen.
Hiergegen läßt fich aber einmwenden: es geht nicht nothivendig aus unfe:
ter Beſtimmung hervor, daß wir erft in iener Weit gegen unfere
Sreunde und Wohlthäter dankbar feyn folen. Denn haben wir
bier den Witten gehabt, ihnen unfere Dankbarkeit an den Tag zu
legen, und wir wurden von der Natur daran gehindert: fo ver:
tritt der Wille die That feldft und unfere Pflicht ift erfüllt.
7) Der Gl. an W. und das WW. ſelbſt iſt Alferbitigs
ein Mittel zu unferer gegenfeitigen ſittl. Vervollkomm⸗
nung. Dieß will nicht ſagen:
a) daß wir den Glauben an dag W. zu einem Beweg⸗
grund zur Tug. gebrauchen ſollten und müßten, ſon⸗
dern daß wir das W. fuͤr unſere ſchwache Natur als
ein unſchuldiges Mittel benutzen, unſere guten Grund»
ſaͤtze zu befeſtigen, unſere guten Entſchließungen zu
bilden u. eg für unſere Handl., als einen-wohlthätigen
Schußgeift, um folche zu leiten, anfehen. Wie heilig
find uns nicht die Aufträge unferer Freunde, wie
theuer die letzten Bald unferer Eltern und die
legten frommen Wünfche unferer Geliebten! Blos die
Hoffnung, fie in einem begren Zuft. mieder zu fehen,
ung mit ‚ihnen zu freuen und mit ihnen auch nach
ihrem Tode im Andenfen an fie in unfern Handluns
gen fortzuleben, treibt ung an, ihre Aufträge, Erinne-
rungen und Wünfche mit der großen Anftrengung
unferer Kräfte, oft mie den größten Aufopferungen
zu erfülken und ihnen nachzufonmen. — Dffenbar ers
hoͤht und veredelt der GI. an das W. unfern gefelligen
Trieb; denn aleichviel Fann es doch in Anfehung die»
fes 2 Triebes nicht ſeyn, ob wir unfere Geliebten als uns
verlierbare KRleinode betrachten, oder nur als vergangl.
Schäge. Denken fih Eltern die K. zwar nicht als
vergängliche, aber doch als folche Wefen, bie ihnen
W. 661
Wiederſehn nach dem Tode, (Gruͤnde fuͤr das —)
nach dem Tode nichts mehr angehen, oder daß ſie
ihre ferneren Schickſale nicht erfahren wuͤrden, und
daß ſie, ſo viele Verdienſte ſie auch um ihr kuͤnfti ges
Wohl haben, doch nicht durch den Anblick ihrer Gluͤck—
ſeligkeit und durch die Aeußerungen ihres Danks wer—⸗
den belohnt werden: ſo muͤſſen ihre zaͤrtlichen Geſin—
nungen, ſo muß ihr treuer und muͤhvoller Eifer er—
falten. Wenigſtens macht es fie weit mutbiger und
underbroßner, wenn fie zu ihren S. jungen koͤnnen: id)
werde euch ewig lieben, und emig werdet ihr mich lie⸗
ben. Wir werden ewig Mitgenoſſen eures und ihr
Mitgenoſſen unfereg Gluͤcks ſeyn.
b) Unſere Tugend wird in der Ewigk. fortgebilbet wer⸗
den, d. h. wir ſelbſt werden unfere Zug. fortbilden;
dieß kann am beiten und ſicherſten durch Verbindun—
gen mit den Unfr. geſchehen und durch den Umgang,
welcher den hoͤheren Beduͤrfniſſen eines ieden angemeſ—
fen iſt — durch Freunde, die mit unſerm Charakter
vertraut ſind. Denn ſolche enge Verbindd. haben den
porzůglichſten Einfluß auf unſere ſittl. Bildung, un
fere Sreunde haben fchon in diefem Keben mehr Eins
fluß * dieſelbe, als andere ung Unbekaͤnnte. Alſo
werden iene auch in ienem Leben in der vollkommne—
ren Ausuͤbung der Tugend und des religioͤſen Verhal—
tens, an Güte und im Umfang derfelben immer wei—
ter zunehmen. Kann nicht der Bollendete etwa be-
ſtimmt ſeyn, feinen nachfolgenden Freunden den Weg
zur Seligk. zu zeigen?
8) Das M. ift nothwendig gegründet in unferer Vor—
ſtellung von unferer Fünftigen Glückfeligkeit, und wird
zu derfelben ungemein viel beytragen. — a) Was er-
wartet man gerechter v. d. filigen Ewigk., ale Auf:
hebung der Erdenmängel? was mehr als Aufhebung.
ber Trennung durch die Wirdervereinigung? Nicht auf
ewig dürfen unfere ießigen zaͤrtl. tugendhaften Ver—
bindungen aufhoͤren. Wer kann fich aber die Wonne
groß genug, welche Freude reiner denken, und welche
Belohnung kann wahrer u. welcher Lohn ber Freund⸗
ſchaft hoͤher ſeyn, als wenn wir
aa) in iener Welt nicht nur unſere Eltern, Gatten,
Kinder und Verwandten, wenn wir nicht blos unfere
vorangegangenen Schweſtern und Bruder, wenn nicht
662 Fe.
Wiederfehn nad) dem Tode, (Gründe für das —)
nur der Water den Liebling feiner Söhne, deffen Vers
luſt fein Alter ummolfte, wenn der Gatte den Gatten,
und der Freund den Sr. wiederfindet, fondern wenn
wir auch redliche und folche Freunde, mit welchen wir
in der Denfart, in Gefinnung, im Betragen gang
übereinfimmen, und zwar nicht den einen oder den
andern, fondern ihrer mehrere toieberfinden, an ihnen
das Borzügliche ihrer Erf., ihrer Tugend und Liebe
einfeben, mehr u. für immer von ihrer Herzensguͤte ıc.
Nutzen sieben, ihnen für ihre Wohlthaten den
fhuldigen Dank abiragen, ihnen -unfere Ergebenh.
zeigen u. f. w.! Wie vielen Stoff wird das zur ge=
genfeitigen Gluͤckſ. darbieten! Welche unausſprechliche
Gefühle der Freuden muͤſſen z. B. in der Seele eines
Vaters entſtehen, welcher eine ganze Menge verherr-
lichter Seelen vor ſich ſieht, welche zu feiner Nach—
kommenſchaft geboren, welche durch ihn mie menſchl.
Leibern vereiniget, zur Empfindung ihres Daſeyns ges
langt, und alfo der Unfterbl. fähig gemacht worden
find? Diefe Gefühle der Freude über Millionen ſeli—
ger Geiſter, z. E. der Nachfommenfch. eines einzigen
Abrahams, follten fie nicht eine ewige Duelle des
Danfes gegen Gott und ein flet8 erneuerter Antrich
werden, deſto thätiger in der Beforderung der Vollk.
eben diefer Seelen zu feyn? — bb) Welche Freuden
muß es gewähren, fich mit feinen wieder erkannten
Sreunden in aufgeflärter Vernunft über die Meet Ders
borgenen Rathſchluͤſſe — die Raͤthſel ſeiner Vor—
ſehung in den Schickſ. der M., in zartl. Vertraulich—
feit zu befprechen — mit ihnen feine FSreundfch. zu
erneuern, die weit edler ift, als die Freundſch. diefer Erde,
die nicht mehr die Tochter irdifcher Bedürfniffe, nein,
eine vollfonmene Uebereinftimmung der Seele und dag
Dand der Wolf. if. — cc) Welch eine Sreude, in-
dem nunmehro Feine Trennung der Sreundfchaft mebr
fiatt findet, welche fein Feind, Verlaͤumder und Reis
der zerreißen, fein gegen einander ſtoßendes Intereſſe
und fein unfeliger Partheygeiſt trennen kann, reiches
vielmehr durch die Länge der Dauer immer feſter ge⸗
knuͤpft, und wie der M. in ſeinem Denken u. Thun,
in ſeinen Abſichten, Wuͤnſchen und Streben veredelt
wird. Falls auch dann die Freunde uns an unſere
W. | 663
— nach dem Tode, (Gruͤnde fuͤr das —)
Fehler erinnern, ſo wird das nicht unſere Freude ver—
kuͤmmern; denn eben weil unſere Fehler irdiſch waren,
muß unfere Ruͤhrung deſto inniger feyn, weil wir ung
bey der Erinnerung unferes Beftrebeng, gut zu ſeyn,
keinen Vorwurf zu machen haben, als den unſerer ird.
Unvollkommenheit. Die Freude uͤber unſere irdiſchen
Tugenden muß um ſo groͤßer ſeyn, weil es Tugenden
ſind, die ſchon auf Erden unſer Eigenthum waren.
b) Hier lebt der Wenigſte ganz blos für fih. Wird
dort der M. Durch Einfamfeit vollig glüclich feyn?
Der Einfame ift in dem — — Zuſtande. Sind
aber wohl die Seligen unthaͤtig? Thaͤtigkeit will aber
irgend eine Veranlaͤſſung, irgend ein Ziel haben. Se
zahlreicher daher die Gegenffände, welche einen Stoff
zur Befchäftigung darbieten; ie mehr der Verbinduns
gen, ie mannichfacher die Verhältniffe feyn mwerden:
defto thätiger wird man feyn fonten, Wäre man
von allen übrigen Weſen abgefchnitten, und alles
deffen von außen beraubt, mas Deranlaffung, mag
den Kräften Nichtung gibt — fo ift man nicht im
Stande, fih binlänglich zu befchäftigen. — be⸗
ſchaͤftige ſich der Selige mit ſich ſelbſt.“ A. Ach der
armſelige Vorrath von groͤßtentheils dunkeln, unrich⸗
tigen, verſtuͤmmelten Begriffen, die er hier ehmals auf—
geſammelt hat, würde ſehr bald erfchöpft feyn. Gott
ift auch micht ‚einzig und allen ver Gegenftand der
Detrachtung für die Geligen. Denn fie fonnen ihn
nicht aus fich felbft erkennen, fondern nur aug feinen
Werken. Die einfame Betrachtung der Herrlichkeit
des Unendlichen und feines Abſtandes von ihnen würde
givar immer wichtig und groß, aber für Endliche niche
immer belehrend bleiben. Soll der Selige blog über
Gott nachdenfen und nich handeln, nicht feine Gedans
Een und Empfindd. fortpflanzen und dadurch Andere
beglücden? Es gibt das mehr Vergnuͤgen, als «8
Sreude gibt, wenn man Wahrh. ſucht und finder,
wenn man die gefundene Wahrh. mittheilen und ges
meinfchaftlich denken kann *). Ze edler eine Seele iſt,
defto mehr finder fie Vergnügen darin, einen recht aus—
gebreiteten Wirkungskreis, einen en. wichtigen Ein
x) Engel N. 8: O. S. 163.
Wiederfehn nach dem Tode, (Gründe für das —)
fs auf Andere zu haben. Menn im Himmel unfer
Wirkungskreis fih unaufbörlich erweitert, wenn als⸗
dann dag Gluͤck von Taufenden unfer wird, und wir
hingegen diefen Zaufenden ein Gegenſtand ihrer theil⸗
nehmenden Freude werden; welch eine hohe Gluͤckſ—
muß dag fon! Weich ein Tauſch von Gedanken und
Empfindungen! Welche entzückende Uebung unferer
Kräfte! Solten nicht die weifeften Sreunde, die fchon
hier gemeinſchaftlich Weahrh. fuchten, durch die Ver⸗
gie: ung ihrer Einſichten, die ſie auf €. hatten, mit
denen, welche fie einft im Himmel erlangen werden,
beiio "größere und gefchtwindere Fortſchritte in der. Erf.
d. Wahrh. machen fonnen, wenn fie dort wider ver-
— werden? Wenn wir dort, ſo wie hier, nach und
nach werden vollkommner werden, ſo iſt keiner geſchick—
ker, uns von unfern Sehlern zu entwohnen, als der
Sreund, * lcher ſchon bier durch feine Erinnerungen
und fein Seyfpiel ung zur Beſſ. ermunterte. |
c) Nach I. 3. ©. 657. hat ver M. hier Anhaͤnglich⸗
keit an Freunde. Wird der M. nicht ſeine Ergeben⸗
heit gegen dieſelben mit in die E. nehmen? Wären nun
auch unfere Freunde im Himmel im Beſitz der reinfen
und feligfien Sreuden, fo wird dag doch ung nicht,
falig wir nichts von ihnen erfahren, ihrentwegen be-
ruhigen und troften. Sind Eltern nicht ihreg Sohns
wegen deshalb beforst, weil fie nichts von ihm erfah>
ven, falls e8 ihm auch recht gut geht? Es ift, als
hätten fie ibn nicht, als wäre er tod. Daß wir wif-
fen, daß die Unſrigen felig find, iſt nothwendig zu
unferer eigenen Seligkeit. Geben wir dorf dieienigen
glück ch, welche ſchon hier durch das Anſchauen ihres
— Gluͤcks uns frohe — ſelige Tage machten, fo erhält
dort unſere Freude den ſchoͤnſte n, edelſten Zuſatz. —
d) Offenbar werden wir im der E. mit unſern Freun—
den sunachft umgehen, denn der Umgang mit höhan
Geiftern, 3. B. Engeln, würde zwar ben Seligen Ehr—
furcht einflößen, aber er würde ihnen die unerſetzbaren
Freuden der Vertraulichkeit rauben. Gehn wir auch
dort mit den hoͤhern Geiſtern um, fo fönnen fie doch
unmöglich unfere liebſten Geſellſchafter, unfere zartlich-
fien Sreunde feyn. Der Abftend zwifchen ihnen und
ung iſt zu groß. Dertraulichkeii, die zur Natur der
—
3. 665
Wiederſehn nach dem Tode, (Gruͤnde fuͤr das—)
Freundſchaft gehoͤrt, fest eine hinlängliche Gleichheit
unter beyden woraus. —
ie B3l. Engel a. ai D.:©. 144: 147. — e) Offen»
bar wird die Fünftige Belohnung der Frommen darin
befiehen, daß fie durch ihre Sreunde das Gute erfah-
ren, was fie denfelßen ermwiefen und Dadurch befördert
haben, alfo durch Anerkennung deffelben zuruͤck genieſ—
fen. — ) Wird es nicht zu unſerer Seligkeit bey⸗
tragen, wenn uns das, was in den Schickſalen der
Unſrigen, z. B. bey ihrem fruͤhen Tode, dunkel und
unbegreiflich war, wird aufgeklärt werden? Durch Er⸗—
fahrung und Mitgenuf ihres Gluͤcks kann ung am
beſten dieß Glück zu Theil werden.
9) Die VBerfiherungen Jeſu und f. Apoſtel
beſtaͤtigen die Hoffnung des W. und erheben fie da-
durch wu volligen Gewißheit, Joh. 14, 2. 3 und 19;
16, 22. Jeſus macht in diefen Stellen feinen Schü-
leen die Hoffnung des MW. und des Genuffes feines
vertrauten Umganges. Aber er ging auf Erden
mit feinem von ihnen einzeln um. oh. 17, 24 würde
Jeſus nicht gebeten haben, daß ff., wenn das W.
und Beyſammenſeyn im Himmel ein Traum wäre.
I Sheff. 4, 15 .fagt Paulus als eine befondere goͤttl.
Dffenb., daß die lebenden Theſſal. mie ihren verf ſtorbe—⸗
nen Freunden gleicher Gluͤckſ. theilhaftig werden wuͤr⸗
den. Was aber von dieſen Chriſten gilt, das gilt
auch von allen treuen Verehrern Jeſus. Denn da
dieſe wie iene ein kuͤnftiges Leben za erwarten haben,
da auch fie zum Genuffe einer volfenimmeren Glüdf.
kommen werben, fo dürfen wir auf) hoffen, mit denen,
die hier ung lieben und mwerth waren, wieder vereinigt
zu werden. In I Theff. 4, 14. 19 liegt wie in Ebr.
12, 23 f. bie Derficherung, daß die Tugendhaften
gleich nach dem Tode in die Geflfeh. ihrer Befanns
ten, Freunde und aller edlen Geelen kommen werben,
die ie bier auf der Erde gelebt haben*). Auch I Theſſ.
2, 19. 20. gibt von diefer Hoffnung des W. ei
*) Wenn alle Verehrer Jeſu nach diefer Stelle, fo wie nad
Phil. I, 22. zu ihm, ihrem Oberhaupte, Eommen werden,
ſo haben fie eben dadurch die Hoffnung, auch felbit wieder
zufanımen zu kommen.
666 W
Wiederſehen nach dem Tode, (Entſcheidung.)
Verſicherung, weil ſich Paulus der Frommen am
Tage des Weltgerichts deshalb freuen will, weil ſie
ſeinen Ermahnungen folgſam waren und ihr Ziel, die
Seligk., ſeinem Wunſche gemäß erreicht haben; I Petr.
1,8. gehört auch hieher; vgl. Eylert a. a. O. S.
29 = 32.
Wenn Jeſus Chr. Matth. 22, 30. laugnet, daß
nach d. Auferfi. die Führung einer leibl. Ehe fla.t
finde, fo hebt das nicht die Hoffnung des W. auf.
Denn die Verfchiedenheit der Gefchlechter und die Ge-
fhlehtsluft wird allerdings in ienem Leben wegfallen,
aber die Sreundfchaft, welche eigentlich) dag Band. der
Ehe und DBerwandfchaft ift, wird von Beſtand feyn.
Hier hört oft die Freundfchaft auf, indeß die Ver-
wandfchaft bleibt, denn dieſe ift ein Werk der Natur,
iene die Wirfung der Sefinnung. Aber in ienem Le—
ben bleibt das Wohlwollen und mit ihm Die Freund⸗
fchaft. Die Berwandfchaft, Die aug der for-
perlihen Abſtammung entſteht, Hort mit
dem Leibe und zum allgemeinen Beten der
Seligen auf. |
10) Die Alten, die mweifeften Männer unter
Ihnen haben dag W. vernünftig gefunden, und alg
einen würdigen Troft edler Seelen angenommen.
„D des vortrefflichen Tages, an dem ich zu icner himmt. Geifterver:
„fammtung mit hinauf ſchwingen werde, dem Getümmel des Er:
„denlebens enteennen! Sch werde nicht nur den Großen von den
„obenerwähnten Männern (er meint die Scipionen) mid
„nahen, auch zu meinem Cato (Marcus Cato Eenforinus,
„welcher verfchiedene wichtige Staatsämter in Nom befleidete)
„werde ich kommen. Ich tröfte mich über feinen. Tod mit der
„Hoffnung einer nicht zu langen Trennung *).“ Anfaldi in
der oben &. 640 angef. Schrift gibt viele wohlgeordnete hiſtori—
fche Beweife und Beyſpiele, dag unter den meiften alten und
neueren gefitteten und wilden Völkern die Hoffnung des W. ge:
tiebter Freunde und Anverwandten geherricht Habe,
IH. Entſcheidung.
Faus man auch annimmt, dag unfer Verſtand e3 nicht zu erforfchen
vermag, ob uns das Glück des Wiederſehns unferer Freunde und
der Wiedervereinigung mit ihnen nach dem Tode vorbehalten fey,
wozu nüßt es, Zweifel, mit welchen der Geiſt des M, fo oft zu
kämpfen Hat, zu vermehren, und ift ed nicht graufam, durch Ge
») Cicero — vom Alter, Kap. 23.
W. 667
—— nach dem Tode, (vwiefern finder es ſtatt?)
wißheit oder Zweifel den Zroft, weichen ieder bey der Trennung
von Freunden, bey dem Kinfcheiden feiner Xieben empfindet, zu
fhwächen, vder gar zu rauben?! In Nüdficht des Wiederſehns
bleibt altes bie3 Vermuthung und Hoffnung. Gewiſſes Iaft
fih nicht Darüber fagen und feftfeßgen. „Die Unter:
fuhung darüber liegt außer den Gränzen aller
menſchl. Erkenntnif. Man fann das Wiederſehn
weder behaupten, aber auch nidht läugnen; denn wie
haben gar Eeinen Standvunkt, von wo aus wir diefe Sache er:
örtern Eönnten. Weder die Erfahrung noch die Vernunft Tiefern
uns Materialien dazu, und alles Entfcheiden darüber »zeigi von
einee Dernunft, die fich felbfi nicht Eennt *).” Die Bernunft
ann durch fich felbit über den Zuftand der menfchl. Scele, nach
dem Abfchied von dem Leibe, nur das Algemeine, die Fortdauer
ver MPerfönlichkeit und das Wachsth. an fittl, Vollk. mit einer
derfelben angemegnen Glückſeligkeit, nicht aber das Specietti, nicht
den Ort des Aufenthalts, nicht die Geſellſchaft, nicht die Außer:
liche Lage und die Umftände beſtimmen. Wir wiffin v. d. über:
finnlichen Welt nichts, und Eonnen davon nichts wiſſen. Es iſt
alfo bier fchlechterdingS zu Feiner Gewißheit zu geangen, Man
mus alles der Weish. Gottes überlaffen. Die f. Schrift be
ſtimmt auch nicht Deutlich das Wicderfehn. „Die Vernunft
fottte Bier nicht enticheiden, und ihre VBermuthungen als Beweiſe
ausgeben. Sie fieht fo wenig die Moglichkeit as die Unmöglich:
Feit eigentlih und vollig ein. Bey allen zufigernden Gründen
wird Doch die EFünftige Wiedervereinigung nie zur unausiprech>
lichen Wahrheit ).“ Vgl. Dr. 8 ——— —
Ribbeck a a. O. ©. 11; neue allg. d. Bbbl. 18n B. 23 St.
N GIS.
1) Weil alles, was ſich wider die Hoffnung des W.
ſagen laͤßt, (eben ſo gut als die Gruͤnde dafuͤr) nicht
untruͤglich gewiß iſt und weil der Wunſch des W.
unſern natürlichen Gefühlen und Empfindungen ge⸗
maͤß und dem Sittengeſetz nicht zuwider, alſo in Be⸗
ziehung auf daſſelbe erlaubt, und das W. wohl moͤg—
Sich ifts fo ſteht ung die Hoffnung des W.
allerdings frei. Man hat gar keinen Grund, die—
ſem Lieblingswunſch unſers Herzens zu widerſprechen.
Sobald man ein kuͤnftiges Leben annimmt, kann man
einen ſolchen vernuͤnftigen Glauben, wor—
nach das Wiederſehn, das Finden und Wie—
derfinden oder das deutliche Wiederken—
nen unſerer abgeſchiedenen edlen Freunde
5 An Jahrb. der Literat. 1801. &t. 243.
©. 547.
*+) Engeln. a. O. Nadtrag, S. 15. 16.
Wiederſehn nad) dem Tode, (miefern finder es ſtatt 7)
im Himmel, ein freundfchaftlihes Leben
mit ihnen, eine gegenfeitige Mittheilung
der Einfihten, Gefinnungen und Gefühle,
ein gemeinfhaftlihes Guteswirfen und
ein gemeinfhaftliher Genuß der GSeligfeit
iſt, nicht verwerfen, zumal da ung die eigentlichen
Bedingungen einer vernünftigen Fortdauer voöllig uns
befannt find. Gobald man die Auferfteh. des Leibes
annimmt, leuchtet die Moglichfeit des Wiederſehens
ein. Wenigſtens merden fich dann dieienigen gewiß
wiederſehen, die mit und neben einander aus der Erde
erweckt werden. |
2) Ausgemacht gewiß ift es, daß Fein finnlidhes
und allg. W. ſtatt finden wird. Senes nicht, weil
die M. dann als AÜbgefchiedene von dem thierifchen Leibe
getrennte — oder mit einem ganz neuen geiftigen Leibe
verfehene Seelen anzufehen find. MWiedervereinigung
ift fehe von Wiederfehn verfchieden. Denn mit vielen
M. ſteht man ſchon auf diefer Melt in Vereinigung,
ohne fie zu fehen. Dort ift eine geiffige Wie>-
dervereinigung, die ohne leibl. Wiederſ. ſtatt fin-
den Faun, fo wie folche ſchon bier gwifchen Gott und
den M. durch Gefinnungen flatt finder. Unfere aͤuße⸗
ren näheren Berhältniffe mit unfern Bekannten werden
in ienem Leben nicht wieder hergeftelet werden, wenn
fie auch an fich bier auf Erden tadellos und gut find.
Sie hören mit dem Tode auf. Schwerlich wer-
den Gatten und Gatten, Eltern und finder,
Gefhmifter u. Berwandteeinander lieben —
wenn fie nicht das sleihe Maaß fittliher
Güte m. Bilduns; wenn fie nicht die Leber:
einffimmung der Gefinnungen und Gefüble;
wenn fie nicht Achtung, Danfdarfeit und
Liebe näber zu einander binziehen, und mit
einander verfnüpfen; Matth. 22,,30. Der
Gatte wird feine Gattin, (Diefe ienen) nicht als folche
(folchen) lieben; der Gohn nicht fo, wie Bier, dem
Vater mit einer gewiſſen Scheu unterworfen feyn, u.
Dort werden nicht bie Rechte ber Verwandſchaft nod)
geübt werden, fondern man wird ſie als feine Sreunde,
alg vie, welche uns wohlwollen und gleich an Geſin—
W. 669
Wiederſehn nach dem Tode, (wiefern findet es ſtatt?)
nungen find, lieben *%). Blutsverwandſchaft, Ehe—
buͤndniß, Sreundfchaft — an fich heilige Kamen, mie
felten find fie dag wirklich, was fie ſeyn follten! Wie
oft find diefe Bande fo fchlaff; und unwirffam! Wie
viele Ehen gibt e8, in welchen es an gegenfeifiger
Liebe fo fehr fehlt, daß die Fünftige Scheidung Feinen
Kummer verurfachen wird. Die wenigſten Freund—
fchaften auf Erden haben Sinnigfeit und Würde. Wie
wenig find fie alfo des Preiſes der Zukunft werth!
Nur die innere fittliche Befchaffenheit entfcheidet die
‚himmlische Sreundfchaft. Pur dieienigen alfo,
welche Durch eine edle Uebereinſtimmung
ihres Charafters mit einander verbunden
> find, welche fi) um bleibender Vorzüge willen mit
wahrer Hochſchaͤtzung und inniger Zaͤrtlichk. einander
lieben, und vor allen, die durch wohlmollendes Thun
u. Leiden vorzügliche Verdienfte um einander haben —
nur diefe werden fich einft wiederfehbn und
wiederfinden, und in einer ewigen, fiebevollen und
feligen Gemeinfchaft- fiehen. Es ift aber allers
dings möglich und wahrfcheinlich, daß eine
Wiedervereinisung auch mif unfern El—
tern, Gatten, Kindern, Gefhwiftern, Ver—
wandten und Sreunden erfi nad) mehreren
Sahren, wenn wir fie, oder wenn fie ung in Er—
kenntniß und an Herzensguͤte erreicht, wenn fie fich
ang oder wir ihnen im GSittlichfeie genähert haben,
ffatt finden werde.
Es ift nur ein Wiederfehn mit gleich
" geflimmten, — edlen, — tugendhaften
Sreunden und mit Seelen moͤglich, welde
fich einander zu ibrer Gluͤckſeligk. unent—
behrlih find. Nur den Tugendhaften
if die froftvolle Ausfihe des Wieder-
febns eroͤffnet. Denn iene Welt ift als der
*) Vgl. Engela. 0. O. Nachtr. ©. 45. 46. befonders die
Stelle: „Als Kind — — bleiben; Ribbeck a Predd.
©, 25. 236, er |
679 W. |
Wiederfehn nad) d. Tode, (miefern und wie? Anww.)
Ort zu betrachten, wo einem ieden nach fiinem bier
geführten Wandel vergolten werden fol *).
3) Die Art und Weife, wie das W. möglich
un und wie es flatt findet, ob auf die oben ©. 652.
653. angegebene Ark durch eine geheime Ahnung,
durch ein unbefchreibliches Etwas, durch Gefpräche,
durch Mittheilung der Gefinnungen, oder 2c. — zu
beftimmen — das fann und foll man fidh
bienieden nicht anmaaßen. | Dieß mürde zur
leeren Schwärmerei führen. Beym zufünftigen Leben
müffen wir die Vorftelung von allen irdifchen Ver—
Hältniffen aufgeben. Es bleiben ung alfo nur die
allgem. Begriffe von Leben, Liebe, Freundſch.,
Wiedervereinigung wm. ſ. w. übrig. Will dann
die Eindildungsfraft beflimmen, was diefe Worte in
iener Welt bedeuten, da wir von den Berhältniffen
deffelben gar nichts mwiffen, fo legt ihr die Vernunft
Stillfehweigen auf und unterfagt ihr alle Beftimmun>
gen. Da muß man dann fagen: wir werden le—
ben, lieben, ung wieder vereinigen 2c., aber
alles diefes gar nicht fo, wie es bier gefchehen
ift, fondern wir wiſſen fchlechterdingg nicht, mie die—
fe8 gefchehen werde. Die Vernunft ender alfo mit
der Belehrung ihre Unterf., daß der M. Feine Einficht
in überfinnliche Zuftände hat; die Hoffnung der Forts
dauer feines Bewußtſeyns und der Perſoͤnlichkeit des
M., die er vornaͤmlich aus dem moraliſchen Theile
feiner Natur fchöpft, iſt aber der Vernunft fehr an-
gemeffen und führt fo wenig etwas Widerfinniges bey
fich, daß vielmehr alle Veranftaltungen, die er an ſich
wahrnimmt, ihn dazu berechfigen. —
IV. Bractifhe Folgerungen.
3) Man bemühe fich ernfilich und eifrig, immer mehr
ſich zu veredeln und fittlich auszubilden, und man ge»
wohne fich Hier zu menfchenliebenden Gefinnungen; f.
Ribbeck a. aD. ©. 92:98; Eylert a. a. O. S.
47 f. Dieß iſt auch deshalb nothwendig, damit,
wenn man hier in der Freundſch. verwaiſt iſt, oder
wenn man hier keine aͤchte Freunde hat, man dort
wahre Freunde finde.
*) Engel 08. Nachtr. ©, 39. bitte ich zu vergl,
⸗
⸗
f
W. | 67
Miederfehn nach dem Tode, (Anwendungen)
2) Die frohe Hoffn. des W. mache ung willig, unfere
‚Pflichten gegen die Unfrigen aufs befte zu erfüllen,
damit fie mit ung, und wir mit ihnen einft vereinige
werben. Man lebe nad) allen feinen Kräften feiner
Beſtimmung gemäß. Man fen feiner Familie ein treuer
Pater, feiner Gattin ein treuer Saite (dieſe jenem).
Man mache fi) durch Edelfinn und Wohlwolln,
Dienftfertigk. und Menfchenfreundlichkeit viele Freunde
und man fey in der FSreundfch. zärtlich, vedlich und
beſtaͤndig. Man fey gegen fein Geſchwiſter theilneh—
mend und belfend. Eltern dürfen nicht aufhören,
ihre Kinder zu erinnern, zu warnen und zu guten nüß-
lichen M. zu machen. Denn ihre Tug. und ihr Gluͤck
wird einft der Eltern Glück vermehren. Gatten
müffen ſtets gegenfeitige Nachficht und Geduld erwei⸗
fen, ſich die Laſten des Lebens erleichtern, fich einander
beffern und beglücden. Dann werden fie im Himmel
ganz bie Gluͤckſ. genießen, wozu fie re ird. Verb.
fähig machte. Herrſchaften und Vorgeſetzte
muͤſſen gerecht und guͤtig gegen ihr Gefinde, gegen
ihre Untergebenen feyn. Dann werden dieſe einft fich
zu ihnen drängen und ihnen danfen, daß iene ihnen
bier ihr Loos erträglich gemacht haben. Auf folche
Art werden dort unfere Werbindd. fortwähren, ung
ewig erfreuen und felbft noch die Seligfeit erhöhen.
Schaͤmt man fich ſchon hier vor dem Anblick eines
Freundes, welchen man beleidigt hat, wie vielmehr
wuͤrden wir alſo verwirrt werden, wenn einſt die,
welche uns Gott zur Bekanntſch. deshalb zufuͤhrte,
daß wir uns ihrer annehmen, und fuͤr ihre Wohlfahrt
ſorgen ſollten, uns gerechte Vorwuͤrfe machten.
3) Man traure nicht uͤbermaͤßig uͤber den Tod ſ. Lie—
ben. Sf es gleich menfhlih und auch Pflicht, nicht
beym Tod f. Kinder, Eltern, des Gefchmwifters, der
Sreunde gleichgültig und unempfindlich zu feyn, fo ift
e8 doc unerlaubt, zu fehr und zu lange zu frauren.
Der Chriſt muß gefegt und gelaffen ſeyn, er muß
Geelengroße zeigen und feine Empfindd. durch feine
ftärfere Vernunft u. Religioſitaͤt zügeln. Wer wollte
fich nicht Gortes Fügungen unterwerfen, da er ung
nicht auf lange, fondern zc. Zeit trennt? I Theſſ. 4
13. 2te H. Als Chriften haben wir die Hoffnung
‚672 2
Wiederfehn nach dem Tode, (Anwendungen.)
des W. Gott wird ung durch eine unaufhörliche
Wiedervereinigung beslücen. Die Vorſtellung: die
verftorbenen Unfrigen haben e8 beym Herrn gut, muß
unfern Schmerz über die Trennung lindern. Biels
- Teicht, denfe man, werde auch ich bald von allen Lei—
- den befreit und an ihrer Gluͤckſ. Theil nehmen. Nach
T Theſſ. 4, 18. troͤſte man fidy dann, wenn der Tod
uns die Lieben für einige Zeit nimmt, mit I Thefl. 4,
- 17 (am Ende). Dan zeige alfo Fafıng a nie
der GSeinigen; vol. Eylert a. a. O. ©.
4) Der Glaube an dag WW. erleichtere ne — eige⸗
nes Sterben, und die Faſſung bey unſerer Trennung
von den nachgelaffenen Sreunden. Wozu unfer Kum—
"mer, da fie uns ia bald nachfolgen werden? Wir er-
warten fie in der Zufunft. Die errichtete Befanntfch.
“20. währt forf. Ihr Weinen um ung wird Reh auch
bald ‚verwandeln in Freude.
Mehrere pract. Beziehungen findet man in Rib-
beck?s 4 Predd. Nr. 3. ©. 90-114: „die rechte An⸗
wendung d. Hoffnung des W. auf unfere Sittlichk.,
und Nr. 4. ©. 115-150: „das Tröftende und Berus
| higende in der Hoffn. des W.“; in — J. G. 9. Den
ning’s Wahrheiten der Rel. Jeſu in Predd. Celle
1797. 8. Nr. 8: „dag große Gewicht des Gedankens:
wir werden ung twiederfehen, für Sreundfch. edler See—
len‘ — in R. Eylert's Betrachtt. bey d. Tren—
nung ıc. Wr. 2. ©. 35-62: „Einfluß diefer Hoffn.
(des W.) auf ung, 1) v. der lehrreichen, 2) v. der
teoftreichen Seite, uber I Theſſ. 4 17. —
Ueber I—III. vgl. man außer Ribbeck und Leß
(oben S. 657. angef. Schrift des letztern Lehre von
den geſellſchaftlichen Tugenden in Predd. ©. 622-35:
einziger Eräftiger Troſt beym Tode der Unſrigen,“
uͤb. Ep. am 25 ©. m Tr. abe T Chef. 4 13-18;
enthält, wie z. € ©. 628. zu finnliche Beſchreibb.
vom W.); deffelb. Pafl.-Predd. ©. 340; Heym's
Samml. v. Predd. üb. die Ev. f. Landl, ©: 370:
87: „es iſt gang gewiß, daß wir ung nad) dieſe m Le⸗
ben wiederſehen werden;“ die Hoffn. der Frommen,
einander in der Ewigk. wiederzufehen, eine red. von
C. €. Sturm, Hamb. 1733. gr. 9 Massa; T.
Pred. 6r Th. Nr. 33. S. 290: 96; die. — —————
Bits
ER W. 673
Wiederſehn nach dem Tode, Wille Gottes.
Wiederſ. unſerer verſtorbenen Freunde,“ üb. Ev. am
25 Dfert:;.cbend.. ıor Sh- Rr. 11. ©. 127434;
„v. d. Hoffnung, die Unfrigen nach dem Tode wieder;
Zehn, üb. Ep: sam osn: ©. n. Sr; Ge R.:©.
Beyer's 3. Auffl. ver Volksrel. in Predd. ar B.
Leipz. 1788. Wr. 16. ©. 201-2113 „dv. d. Freude des
Wiederſehens,“ üb. d. Ev. am 3n ©. n. Oſtern;
Pfranger's verm. Predd. ar Th. Nr. 338. ©. 164
78: „üb. das MWiederfehn in d. Em.“ ub. Ep. am
250 ©. n. Zr. 1 Chefl. 4r 13-185 Dr. G. Sr. Fro⸗
rıep?8 Predigt vom Wiederſehn ın d. Ewigk., Wez⸗
lar 1796. 8.; Breiger’s Troſt und Lehre bey den
" Gräbern d. Unſrigen, Hannov. 1799. 8. Nr. 6: über
die Hoffn. des MWiederf. im zuf. Leben, über Joh. 20,
19:31; J. & Emwald’g Entwm. zu den 1797 gehalt.
Sonn - und Fefit. Predd. S. 219:224: „dv. d. Freude
desW. nach d. Tode;“ Sintenis Poſtille, ar Th.
Kr. XXI. S. 69-90: „dv. d. Hoffn., daß wir ım fünf:
tigen Leben wieder in Verbind. mit d. Unſeigen ſeyn
werden,‘ über Joh. 14, 1-3. am 2n Oſtert.; Geb⸗
hard's Predd. üb. den ganzen Umf. der Rel. ır B.
Ir. 19. ©. 322 fi.: „die Hoffa., dak wir uns in d.
hoͤhern Welt wiederfinden; Piſchon's Mer. in
Beyſo. 2r Th. (v. deff. Philoikos are Abth.) Nr,
LXXXIX. ©. 31624: „werden wir ung miederfehn?
ein Gemälde aus dem hausl. Leben; (J. B. Muͤl—⸗
ler’Ss) praft. Fourn. für Pred. ır B. 38 St.
Gieſſ. 1801. 8. ©. 301-310: „v. d. Hoffn., unfere
Sreunde nad) d. Tode tiederzufehen (von Crebe);“
Sr. Kaifer’8 Predd. üb. die wichtigften Glaubens»
lehren, Leipz. ıgor. Nr. 5: „wie wichtig die Ueberz.
ift, einft werden wir ung wiederſehn;“ R. Eplerr’g
Hetrachtt. der Wahrhh. des Chriſtenth. bey d. Trenn.
v. d. Unfrigen, Dortm. 1803. 8. Wr. 1. 2. ©. 1:62.—
Wille Gottes, (der) Judith 9, 3. 2te H., Pred.
| 3, 15.
das Wollen Gottes.
Vol. Döderlein’s inf, Th. chr, T. 2°£. 88.80. p. 315% ser
felben Rel.:Unterr, IVr Th. 5. 88. ©. 299 fi; Eder
nann’s Handb, der chr. Glaubensl. Or B, ©, 176 %
Chriſti. GL Lehre f.d. Canzelgebr. 3 Th. Un
674 | W.
Wille Gottes, (mas?) N
. Der Wille ift dag Vermoͤgen, etwas, was gefällt; u
begehren oder zu befshließen, und dag, was mißfaͤllt,
zu verabſchenen. Das Wollen iſt dem Geiſte weſent⸗
lich. — Wenn nun ſchon in vielen Faͤllen das vers
nuͤnftige Geſchopf waͤhlen und verwerfen kann, und
wenn ein Theil ſ. Bolllommenheiten darin befteht, daß
e8 nicht wie dag Thier durch einen blinden Trieb da—
zu beflimmt wird: fo koͤnnen wir gewiß annehmen,
daß Gott dich Vermögen, das Gute zu befchließen u.
zu vollſtrecken, in einem weit boberen Maaß und in
einem vollkommneren Grade beſitzen muß. Gott muß
wollen koͤnnen, ſonſt ware er fein wirffames Weſen.
Er hat aber den volffommenften Villen, All—
les Gute zu befchließen, verbunden mit der Thätig-
feit, folches auszuführen. Gottes Wille ift nicht
Hang und Neigung, wie bey M., fondern von der
höchften Kraft unterflügt, und cben deshalb ein voll—
firecfender Entfchluß. Er wird nicht, wie bey uns,
durch die Sinnlichkeit und Gefühle, ſondern ſittlich
durch die heiligen Gefeße einer freien Nothwendigkeit
beftimmt. Gottes Wille ift nicht als auf einander er»
folgend, als einzelne Begehrungen, Wunfche und Ent—
fehließungen zu denfen, fondern al ein unendl.
Rathſchluß, Sietlichfeit und Glückfeligkeit fowohl im
Ganzen als wie im Einzelnen zu befördern, als ein
unendl. Rathſchluß, den Endzweck der Welt beiref-
fend; die Weltverandd. und die Schickfale der M.
find nur einzelne Neußerungen und Folgen davon.
Gottes Wille it thaͤtig; denn es Fann ın ihm, fo
wie in der ganzen Natur feine ganz todte Kraft ge»
ben. Das wahre Keben des Geiftes und feine Würde
beſteht in der Ausführung f. Borfage und f. Mitwir-
fung zur Glückfeligfeit.
Der Ausdruck Wille Gottes zeigt 1) Gottes
Entwürfe, feine Zwecke, ſ. Rathſchluͤſſe an, 5.8. Epb.
1, 9. und dann wird ſolcher mie dem Wort Rath
Gottes vertaufcht, 3 B. Eph. „ 115 A. © 4
28; Luc. 2: 30; 2) Gottes Wohlgefallen und Billi-
gung, 3: B. Pf. 40, 7; 16, 3; Ezech 23; 3) Got
tes Liebe, 3. B. Luc. 20, 46; 1 Chrom. 28, 45 Pf. 14,
7. 11; zuweilen 4). Öottes Freiheit, ſehr oft 5) ſeine
Vorſchriften, insbeſondere die des Chriſtenth., oder
| | * W. | | 67 5
Wille Gottes, (mas?)
den Inbegriff aller Anweifungen, Beleh—
rungen und Veranſtaltungen Gottes zur Er—
kenntniß und Beförderung des Rechts und des Guten,
mb: 4, 34; & 335 1 Chef. 4 3; Röm, 13, 2; Ef.
53, 10. Matth. 7, 21, 12, so; Mare. 3, 35; Ebr.
10,17.3651 Shelf. 3,18 (ate HI. Sn Luther’g
Bibelüberf. wird dann diefer Ausdruck durch Kath
Gottes übergetragen, z. B. Ap. G. 20, 27; Kuc.7,39.
Bon demienigen, tvelcher durch Unterricht dag GSittliche
befördert, welches von niemand mehr gelten Fann, als
von Jeſus Chriſtus, heißt eg deshalb, daß er Got—
tes Willen lehre oder bekannt mache, Job. 5, 30;
' Ebr. 10, 7. Her nad) den Megeln des Rechts in
allen Stücken handelt, thut und erfüllt den Wils
len Gotteg, Matth. 7, 21; 1 ‘ob. 2, 17; Ebr.:13,
21. Da geſchieht Gottes Wille, (Marth. 6,
10; Luc. 22, 42.) wo fo gedacht und gehandelt wird,
* es Die, Vernunft und das fittl. Gefühl billigen
mu
I. Eigenfhbaften oder Befchaffenhbeit des
göttl. Willens. |
1) Gottes Wille ift voaͤllig frei von allen Unvollkommen—
heiten des menſchl. Willens, z. B. er iſt nicht der In—
begriff leidenſchaftl. Empfindd., abwechfeinder Begier—
den, veraͤnderl. he fihwacher, wenn gleich gut—
gemeinter Entſchließungen, er wird nicht erzielt durch
Sinnlichk. ‚ nicht erweckt dann, wenn etwas gefchehen
ift; er erfolge nicht nach und nah u. ſ. w., f. Doͤ⸗
deriein’ 8 Nel.-Unterr. Th. IV. ©. zıı- 314.
) Der M. hat einen Willen, er wünfcht vieles aus—
suführen, er wünfcht auch vieles zu hindern, allein
dieſem Willen fehle e8 oft am Erfolg; der M. nimme
fich etwas vor, aber es gefihiehe nicht. Er mochte gern
etwas bindern, aber er vermag es nicht. Der Wille
des DM. ift alfo ohnmächtig, und dag iſt cine Solge
feiner Endlichk. und Eingefchränftheit, die aber bey
‚Dem von nichts abhängigen und duch nichts einges
fchrönften Gott nothwendig wegfaͤllt, fo wie wir
ſchon deinienigen unter den M. den hochſten Willen
zuſchreiben welcher zugleich im Beſitz der hochſten
menſchl. Macht iſt. Gottes Wille iſt 32 der aller=
höchfte, weil er zugleih unendlih — allmaͤchtig,
Uuz
w
676 | W.
Wille Gottes, (Eigenfch. deſſelben.)
d. 5. uneingeſchraͤnkt — durch fih felbft Fräftig
und ein fofort vollfireckender Wille ift; Bf. 33, 9;
115, 35 Pred. 3, 15; ſ. Allmacht Gottes. Alles
Wirkliche if ein Gegenftand des gottl. Willens.
Die Welt zeigt vom Willen Gottes. Diefer ift eins
zige Bedingung alles Vorhandenen, iſt die Bedin—
gung des Daſeyns und die Bedingung der
Kräfte Wie koͤnnte etwas ohne ſ. Willen erfchafe
fen oder entſtanden ſeyn? Gott kann ia nicht ohne
Gegenwart des Geiftes handeln, f. Krafte mechanisch
gebrauchen, oder durch frembe Gewalt fi) dag, mas
entſtanden ift, entziehen laffen. Kein vernünftiges
Weſen iſt thatig ohne Selbſtbeſtimmung. E8 äußert
nie, ohne daß der Geift daran Antheil nimmt, feine
Kräfte — Kein Geſchoͤpf Hat durch fich felbft feine
Kräfte. Sofern Gott das Nichtvorhandene fehuf,
heißt f£ Wille ſchoͤpferiſch. Sofern er den Din
gen Gefege und Einrichtungen gab und gibt, wie fie
feine Abfichten mit den Gefchopfen beftimmen und noth—
wendig machen: beißt Gottes Wille anordnen —
Gott will nur das, was wirflich, nicht dag, was
möglich if. Sein Wille fann, da er allweife ift, ſich
auf nichts Ienfen, was, fo gut es an fich felbft etwa
märe, in die Ordnung der Dinge nicht paßt, und des—
halb nach den Umftft. unmöglich if. Alles Mögliche
liegt außer dem Gebiete feiner Billigung, feines Wohl-
gefalleng und feiner Rathſchluͤſſe. Er findet manche
an fich denfbare Ereigniffe und Veranflaltungen feinen
Endzwecken nicht gemäß, in die VBerhaltniffe der Dinge
gegen einander nicht einvaflend und unfchicklicy, daher
fann er folche weder billigen, noch wollen, daß fie ers
folgen. Dabey bleibt fein DVerhältniß gegen die Ge—
fchopfe u. ihre Veranderungen unverändert. — Nichts,
weder Hofes noch Gutes, gefchieht ohne feinen Willen
u. feine Zulaffung, f. Regierung u. Vorfebung..
„Gottes Wille gefchieht doch in fo vielen Fällen nicht.
„Oft ift derſelbe mit dem Erfolg in Widerfpruch. Die
zübermächtige menfchl. Bosh. vereitelt doch fo oft die
„Rathſchl. Gottes zur Beglücung der M. Ezech. 33,
„il. (18, 23.) ıft fein Wille und doch gehn fo viele
„Sünder verloren. I Tim. 2, 4. ift fein W. und doc)
„bieiben fo viele ohne Erf, der W. Hat Gott zweier
W. — 677
Wille Gottes, (Beſchaffenh. und Eigenſch. deſſelben.)
„lei Willen? Iſt das Erſtere ſein Wille, warum wird
„er nicht erfüllt? ift das kebtere, wie fann er das Ge
„gentheil verfichern 7° Antw. Man muß zwiſchen Bes
ſtimmung und Nathfchbluß unterfcheiden, welche beyde
zwar Geſchaͤfte des Willens, aber ihrer Natur und
ihren Gründen nach von einander unterfchieden find.
Gott gab allg. Gefeße, feßte Abfichten feft, wozu fie
vorhanden fi find, als auch Bedingungen, unter welchen
dag —— dieſe Abſ. auf eine nat. Art erreichen
kann; d. h. Gott beſtimmte den Dr. zur Erkenntn. d.
Wahrh. — zur Zug. — zur Geligfeit, aber fein Wille
ift auch) zulafjend, oder der M. Hat die Freiheit,
über feine Kräfte zu gebiethen, und fein eigenes Des
tragen zu beſtimmen. Er fann feine Freiheit guf ans
wenden, aber fie auch mißbrauchen. Gott faßte
über den M. f. Rathſchluß mit Ruͤckſicht
auf den freien Gebrauch feiner Kräfte; denn
die Freiheit gehoͤrt mit zur Natur des M. Gott will
und befchließe nichts, was der Natur der Dinge und
ben allgem. Gefegen entgegen iſt, die er allwerfe den
Gefchöpfen vorgezeichnet hat. — Gott will nie etwas
anders, als aus den weiſeſten und guͤtigſten Urſachen.
Er will daher nie alles auf gleiche Art. Er äußert
daher auch feinen Willen auf verfchiedene Weife. Eis
nige Dinge will er ohne alle, andere aber nur uns
ter einer gewiffen Bedingung. Alles Gute an
den Gefchoöpfen will er mit Billigung und Befoͤrde—
rung — bey den Bofen aber äußert ſich fein Wille
durch Zulaffung und weife Regierung.
3) Gottes Wille iſt unabhängig, uneinge-
fhranft und hoͤchſt frei, d. h. nichts bringt Gott
zu etwas, als feine untrügliche und befte Einficht,
nichts hält ihn ab, etwas zu wollen und augszufüh-
ren, denn was recht und aut ift, geſchieht. Er ift
von nichts, als von feinem vollkommenſten Verſtande
und von den Gefegen in der fittlichen und Förperlichen
Melt abhängig. Der Wille des Menſchen finder bey
f. Entſchließungen oft Hinderniffe, nicht nur bey der
Ausführung derfelben, fondern felbft bey den erften
Entfchließungen zu etwas. Der M. handelt oft fei-
ner beffern Erf. zumider, f. Wille ſtimmt nicht nur
mit f. Thum überein, f. Sinne taͤuſchen ihn oft, und
678 W.
Wille Gottes, Eigenſch. deſſelben.)
verruͤcken ihm den Geſichtspunkt. Er handelt nicht
immer frey. Bey Gott aber. kann man gar nicht fol-
che Hindern. denken. Er iſt hoͤchſt frey. Ken Des
duͤrfniß, fein Zwang, Feine Verbindlichkeit noͤthigte
ihn, den von ihm erſchaffenen Weſen die Wirklichk. zu
geben. Blog beſtimmt ıhn dazu f. untrügl. Erf. des
Beſten und fein heiliges Wohlgefallen am Beften un-
2 allem Moglichen. Aber e8 tft auch nichts feinem
Weſen nach nothwendig, wie Gott. Alles andere kann
auch nicht ſeyn, und wuͤrde auch nicht ſeyn, wenn er
nicht gewollt haͤtte, daß es wirklich ſeyn ſollte. Dieſe
Freiheit Gottes iſt keine Willkuͤhr, d. h. nicht
ein Wollen ohne deutlich erkannte Gruͤnde, kein Ent—
ſchluß nach bloßen Einfaͤllen, keine Beſtimmung nach
Gefuͤhl und Laune, kein Eigenſinn, bey welchem auch
dag Gegenth. ſtaͤtt finden Fonnte. Denn Gott hat den
hoͤchſten Verſt. das Befte allemal zu erfennen, er hat
wahre Vernunft, und in ihm iede Vorſtellung von
Sinnlichkeit abzufondern.
Da alles blos durch Gott da ift, und feine Einrich»
fung erhalten hat, und er almachtig und allweiſe ift:
fo kann Gottes Wille nicht anders als hoͤchſt frei ger
dacht werden; f. den Art. Unabhängigfeit Got-
en vgl. Doderlein’g inft. Th. chr. T. I, $. 90.
. 320 ff. ; deffelben Rel.⸗Unterr. IVr Th. $. 90. ©.
en 231.
* Soft s Mille ift hoͤchſt weiſe und gut. Er will
nichts nach bloßer Willkuͤhr. Er Hat unter allem
möglichen Guten dag Beſte gewollt und wirklich ge-
macht, wodurch die ‚möglichft größte Summe der Voll-
fommenbeit und Glück. befördert wird. Sein Wille
ift die volffommenfte Wahl des Beſten. Es iſt folcher
| — auf das Gute, ta auf das Befte gerichtee.
Dieß be zeugt die h. Schrift im Allgemeinen und auch
in einzelnen Faͤllen. Nom: 9, 6. 15; Eph. 2, $-T0.— .
k Allweisheit und Allgäte Gottes.
5) Wegen 3 und 4 iſt Gottes Wille unabaͤnderlich u.
unveränpderlich, f. oben Unveraͤnderlichkeit Got—⸗
tes.
6) Gottes W. iſt heilig und gerecht, ſ. H eiligk. und
Gerechtigkeit Gottes.
7) Nur das, was Gott will, ſchließen wir aus
W. ir 679
Wille Gottes, (prakt. Folgerungen.)
- dem, was er gewollt hat, und dieß lernen wir theils
aus der Betracht. d. Natur uͤberh., theils aus der
beſondern Einrichtung unſerer ſittlichen Natur. Je
vertrauter wir mit beyden ſind, deſto wuͤrdiger werden
auch in dieſer Ruͤckf unfere Vorſtellungen von Gott
und defto beſtimmtere Begriffe werden, wir damit ver—
binden, wenn wir fe Willen weife, heilig, gütig
und gerecht nennen.
En Solgerungen aus Nr. LI für unfer Ber:
halten.
1) An Gott ift die Sreiheit feines Willeng eine wahre
Bollfommendeit. Wir baden darin eine gewiſſe Kr chn=
lichfeit mit Gott, daß wir frei uns gut! fließen 3 m uͤ ſ⸗
ſen und frei wählen fünnen € 3 if alſo picht
des Chriſten, in Ruͤckſicht der Sinnlichk. und Reizun—
gen zur Suͤnde ſeine Freihe it zu Br upfen. Der
Chriſt muß ſich vor allem huͤten, was der Freiheit ſei⸗
nes Willens Hinderniſſe oder derſelben Schranken
ſetzen koͤnnte. Sein Geiſt darf nie ver Sklave feiner
Sinnlichkeit werden; denn ſie legt ſeinen Entſchließun—
gen und Vorſaͤtzen Feſſeln an. Jede Berauſchung ſei—
ner Sinne, iedes Nachge ben bey feinen Leidenſchaften,
iede An beſon nenheit bey ſ. Handl. nimmt ihm etwas ur
der Sreiheit in Beobachtung f. Pflichten. Er muß au
die von außen herkommenden Einfchranfungen zu en
‚ ten fischen, daß er nie ein Sklave herrfchender Meinun—
gen, Borurtheile, Gewohnheiten u. Moden wird, daß er
fich nie Andern zum Sucht in Abficht der Denk- u.
Willensfreiheit verkauft, fondern nach IBENEE Ueber—
seugung, nach feinen eigenen Grunds fasen handelt und
ſich durch eigene felbſt uͤberlegte —— beſtimmen
laͤßt. Der Chriſt glaube nie, daß er dann frey iſt,
wenn er ſich von allen Geſetzen Jog! ſpricht, ſondern
dann iſt er es, wenn er nach den gegruͤndeten weiſen
Regeln ſein Verhalten beſtimmt und ſ. Willen lenkt.
Die wahre Freiheit des M. iſt, blos feinen rich—
tigen Ürtheilen und den Ausſpruͤchen feiner richtig
geleiteten und gut gebildeten Vernunft zu folgen.
2) Gottes Wille iſt frei, aber er wird nach der richtig—
ſten Erkenntniß ſeines hoͤchſten Verſtandes und nach
den beſten Geſetzen geleitet. Solglid) iſt alles, was
ſein Wille über ung Gcfhloffen hat, fen Q Bert des
3
690° W.
Wille Gottes, (prakt. Folgerungen.)
bloßen Ungefaͤhrs. Wenn Gott nah Willkuͤhr die
Welt regierte, wenn er fo wenig nach Gründen han—
deln wollte, als es manche ird. Regenten wollen: fo
fände der Gedanfe flatt: Mein Loos iſt von ungefähr
ge;saen oder geworfen. Aber nun weiß ich, was ich)
von Gott zu erwarten habe. Denn da Glüdf. weit
beffer als Elend — da Vernolfommnung des M. et-
was beffere s, als Zuruͤckbleiben ift: fo wird Gott den
Entwurf von allen meinen Schiff. fo eingerichtet ha—
ben, daß fie mich, ſofern ich mich) Gottes Abſichten
nicht widerfige, vervolfommnen werden. Geine bit
terfien Fuͤhrungen werden mir, falle ich nur ſelbſt well,
allemal heilſam. Es gibt feinen Zufall, Fein blindes
Schickſal. Denn die ganze Welt ſteht unter Gottes
unmittelbarer Aufficht und Regierung, der unendliche
Site mit Allmacht verbindet, Alles nach Gottes
Willen muß der Grundfag — der Wahlfpruch des
Religioſen und die Stüße aller Zufriedenheit bey allen
serwickelten Umftänden und mitten unter allen Ver—
wirrungen der Schickfale und Veränderungen, der Leis
den und des Drucks, felbft der’ Vergehungen u. Süns
den ſeyn Gefchebe dann, was da wolle — e8 ift Got:
teg Wille! Der Fromme fagt immer: des Herrn
Wille gefchehe, I Sam. 3, 18 (2te 9.) Denn
Gott muß beffer, ale wir, feben, was in der Welt
moglich, d. h. wag dag Beſte nach feinen Abfichten ift.
Der Ehrift hat, wie Jeſus, die Ueberzeugung, daß,
was nicht gefchieht, auch nach Gottes Abfichten um
deg gemeinen Beften willen nicht geſchehen fann. Er
ift daher, wenn er betet, gelaffen und unterwirft fich
dem goͤttl. Willen, den er verehrt.
3) Gottes Wille geht in dem oben ©. 674 angegebe-
nen Sinne als Gottes Geſetzgebung in Hinſicht aller
vernünftigen Gefchöpfe auf dag GSittlich- Gute, Wenn
M. ihre Vernunft gebrauchen, und f. Dffenb. Iefen,
fo fann fein Wille (fein Geſetz) erfanne werden, alfo
ift es Pflicht, feinen Willen zu thun oder Gott zu
gehorchen, d. h. dag Eittlich-Önte, an die mannichfal-
tigen goͤttl. Belehrungen über daſſelbe, und ar ſ. Ges
er fich au erinnern und fie zu vollziehen, I Joh. 2,
45 3A ER & ott gebieret ung nichts,
Als was "ung heilfam ift und verbietet ung nichts,
/ 4
28, 681
Wille Gottes, Würffamfeit Gottes, (mas?)
als was uns fhädlih if. Er befiehlt nicht nach
bloßer Willkuͤhr oder nicht nach der Beflimmung ber
Laune und des Eigenfinns, nicht nach einem bloßen
Einfall. Seine Gefege find nicht willkuͤhrl. Befehle
eines ſtrengen Negenten, fondern weiſe Rathfchläge
des beften Waters, eben deshalb find fie fo unverleß-
lich, daß er ihre Uebertretung beftraft. Wer den Wil-
len Gottes wirklich thut, kann in Ruhe und GSicherh.
in der Welt leben, er ift unverleglich für Alles und
erhbaben über Alles. An iedem Tugendh. und ieder
fugendhaften That, Kede und Empfindung hat Gott
Wohlgef., an ieder fündl. That, Rede und Neigung
hat er — — und Abſcheu.
S. dr. Mor. f. d. Canzelgebr. den 9 Art. Ges
hborfam und Vorfchriften Gottes, rd. ©.
131 ff. zn B. 2te Abth.
Wirkſamkeit Gottes, ſ. Wuͤrkſamkeit.
Wort Gottes, ſ. oben den Art. Schrift — cdie
heilige) ©. 42:43.
Man nennt im gemeinen Leben und ehehin nannte
man in Predd. die h. Schrift das Wort Gottes,
“ Die Erinnerung, daB diefer Ausdr. Eeinesweges wirkliche und un:
mittelbare Ausſpruͤche Gottes in fich fiſſe, ift Feiness
weges, vieler unwiffenden Land = und Stadtlute wegen, wels
chen diefer Ausdr. geläufig ifi, überflüßig. Jeſus fagt nirgends,
daß die Schriften des a. Teſt. Gottes Wort wären, er nennt
aber die hriftl. Wahrheiten, die er feinen Schülern beigebracht
‚hatte, mit diefem erhabenen Kamen, Sob. 17, 17. Daher ift iede
fruchtbare — auf das Leben angewandte Wahrh. Wort Got—
teö, liege fie auch außer der Bibel,
Man vgl. Tollner?’g furge verm. Aufſaͤtze, ın®.
te Samml. Nr. . ©. 84-125: „üb. d. Unterfch. der
h. Schr. und hoc Worrg Gottes;,/ Ammon’g bibl.
D 3.37 Ch. ©. 155= 16r.
WBürffamfeit Gottes, Job. 5, 17:
I. Gott iſt der allerthaͤtigſte und wirkſamſte Geiſt.
Er kennet keine Ruhe, ſondern feine Kräfte find in ei-
ner ununterbrochenen, ſteten, übereinftimmenden Thaͤ—
tigfeit. Diefes erhellet a) aus der vollendeten Natur
a
692 | —
Wuͤrkſamkeit Gottes, Anwendung.) IR
feines geiſtigen Wefens, denn nur der age der
Vervollkommnung faͤhige Geiſt kennt Anſtrenguns, Ab⸗
ſpa zunung ind Ruhe; b) aus den beſtimmten Aeuße—
rungen ver h. Schr. wo er der Alllebende IMof.
16, 14;.V Mof. 5, 23; II Kon. 19, 4) und Jod. 5,
17. der Allwirkſame heißt.
I. Praktiſche Folgerungen.
ı) Man venfe alfo wie, daß Goft ruhe oder geruhet
babe, TMoſ. 2, 3.
2) Wie verchrungeiwiirdig ift der ſtets wirkſame Gott.
Waͤre Gott noch ſo unendlich, aber nicht 9 ſo
gliche er einer großen Felſenmaſſe, die unter ihrem ei⸗
genen Drucke erliegt. Er ware für ung wie ein ewi—
908 Nichts. Aber da er unaufhoͤrlich thaͤtig if, fo.
iſt et anbetungswuͤrdig. Nun iſt er die Duelle unfe-
rer Nuhe und die Stuͤtze unſerer unerſchuͤtterl. Zufrie—
denheit. Wie achtenswerth ſind wir uns ſelbſt, wenn
wir, wenn gleich bey eingeſchraͤnkter Kraft und bey
kurzer Dauer, Gutes wirken. Wie viel Gutes koͤnnen
wir in einem Tage und Jahre, wie viel in einem
M—altır bey wahrer Thaͤtigkeit, beym Genuß und
Gebrauch des Lebens verrichten. Iſt nicht derienige
Weiſe, dirienige Fürft achtenswerth, welcher jeden Au—
genblick ftiner flüchtigen Dauer durch fein. Streben
nach guten Thaten feſthaͤt und im ieder feiner ird.
Verbindd. feinen Pfad mit Wohlthun bezeichnet? Da
num Gott enig thätig — und derienige ift, welcher fägl.
Millionen von Gefchspfen Leben und Othem gibt, von
Jahr zu Jahr alle beglückt, der, ohne zu ruhen, ohne
muͤßig zu ſeyn, ohne Schlummer u. Ermüdung Jahr⸗
hunderte hindurch Leben und Freude verbreitet, Thiere,
SM. und Die Himmelsbewohner in iedem Augenblick ih—
res Daſeyns mit Guͤte uͤberſchuͤttet, und ſein Werk
von Ewigk. gu E. führt: fo kann ſich ieder dieſes
Weſens freuen, welches ewig wer um ewig zu be-
gluͤcken.
3) Man uͤberzeuge ſich, daß eine reine, geiſtige, leiden
ſchaftloſe und moöglihft ununterbrochene (denn noch,
wandeln wir in einım Korper, welcher der Erholung
und Ruhe bedarf, I Kor. 5, 6.) Thaͤtigkeit dag Ziel
unferes Beſtrebens nad Die Hedingung unferer Bolf.
und Tugend if. Die Außere Wirkſamkeit aller Das
%
Wuͤrde des M., (worin?) Wunder, (was —5
turkraͤfte OH DENE — — Drang
der Seele fordern uns zur Thaͤtigkeit auf. Wer des—
wegen nur lebt, um zu empfinden zu Suter und
zu leiden, der verlaͤugnet feine ——— und den Adel
ſeiner geiſtigen Natur; der lebt als Thier und kann
nie ſeines Lebens wahrhaftig froh werden.
Wuͤrde des M., Ebr. 2, 7. (2te H.) vol. Hr.
Mor. f. d. Canzelgebr. IV. 251.
Unter allen ung bekannten Gefchopfen iſt der M.
das vollfommenfie. Wie ibn das Keben über die
- Teblofen Dinge erhebt: fo erhebt ihn die Vollk.
feinee geiffigen Kräfte über die thieriſche
Ehspfung, Matth. 6, 28:30. Er ift Herr der
Erde, fo fern alles, was die Erde enthäft, su f. Ge⸗
- brauch: da if, und er das Vermoͤgen neigt alles ſei—
nem Dienft zu unterwerfen, f. Ir Th. ©. 29 f. Dig
M. Bernunft if bie Urquelle alles Bortrefflichen,
ift Schöpferin der großen Idee eines unbefchränften
allumfaffenden Willens — ift alleinige Gefeßgeberin
für fich ſelbſt, it freie Bollenderin des großen Werk,
wozu fie fih felbft befiimmt. Welche Würde bat die
Vernunft des M., daß fie Feiner Beyhuͤlfe von Auf
fen, Feiner fremden Stüßen bedarf, um die Schranfern,
die ihre moralifhe Wirfung hindern, wegzuraͤumen,
um die ſinnl. Triebe, die dem reinen Triebe nach fitt-
licher Vollk. entgegenftehen, niede ufchlagen, und den
ELLLUTIE db. h. fi ſelbſt zu untermerfen.
Welche Würde hat der M., da cr unfterblich iſt! ſ.
* Art. Aehnlichkeit nit Gott, ıv Th. ©. 3
and Unfterblichfeit, und die Th. 1. ©. ar. an
- führten he
DgER. H. Hepydenreich’8 Betrachtt. über Die
Wuͤrde * M. im Geiſte der Krit. Sitten - und Rel.
Lehre mit. Zollikofers Vorſtellungen uͤber denſ.
GHenſt. herausg. von J. ©. Gruber, Leipz. 1802.
8. (1 Atplr. ) |
. Wunder, „Sob. 4,.48.
Bol, Hencke's neues Mag. ır © 28 &. m VL ©.20
„Revifion der Urtheile über W. u. Offenb., von &, ©. Pe
ter;" in B. 38 St, Wr. All. & 453 f: „was i
684
Wunder, (was?)
W.
Glauben der M. an rare überh, und e, natuͤrl. Offenb.
insbef, zu halten ? . Öabler’s neucftes theol. Journal,
zn B.28 Et. ©, N „kurze Prüfung einiger philof,
Hauptgründe gegen die Wunder, nebft einigen andern Anfichs
ten diefes Gegenft.” von Dr. Gabler; — Düderlein’s
int. Th. chr. T. I. cap. 2. $. 8. fq. p. 25 fq.; deffels
ben Re, Untere. Th. 1. Kap. 2. 9. 8. ©, 237 fh; Mater
rialien 3. Nachdenken über Rel., Offenb. und Ehriftenth. Leipz.
1792. 8. ©. 315:285 Schmid's Lehrb. d. Dogm. ©. 165⸗
1745 TKiemeyer’s Briefe an Rel.-Lehrer, ıfte Samml.
©. 241:72;5 Reinhard's Vorl. uͤber die Dogm. ©. 232 f.;
Edermann’s Handb. d. hr. Gl.⸗Lehre, ıv B. ©. 439:77;
Stäudiin’s Dogm. u. Dogmengefh. ır Th. ©. 287:313;
Prolegomena zu einer chr. Rel.sLehre, Zerbft 1801, gr. 8,
u LBS
I. Was ift ein Wunder?
Bel. D. C. Fr. Ammon de notione miraculi, (2 Programme)
173
Die
P. I. Il. Göttingae 1795 et 97. 4.5 Dr. F. C, Graeffe
de miraculorum natura. philofophiae principiis non contra-
dicente commentatio, Helmft. 1797. 8.; de notione mira-
culi divini bibliei. Diff. autore I, C. H. de Zobel, (unter
D. Nitfch Praͤſidium) Vitemb. 1797. 4.
Weltweiſen und Gottesgel, Haben ungemein verfchieden dag,
was ein Wunder heißt, definirt, D. Stäudlin bat
a. a. O. ©. 291:93 viele diefer Definitionen, aber bey weis
tem nicht alle angeführt. Die mehrftien find darin einig, daß
ein W. als eine Wirkung anzufeben ift, wodurd
ein M. als ein Gefandter Gottes befiätigt werden
foltte, Man erklärt insgemein die Wunder entweder als Tha⸗
ten, die über die uns bekannten Kräfte der Natur gehen;
(darnach Eönnten fie alfo natürliche Benebenheiten feyn, nur
dab uns die Urſachen davon unbekannt find;) oder als unges
wöhnliche und außerordentliche Wirkungen, vie nach aller bes
Eannten Erf. und Sefhichte von M. nicht mit Gewißheit vors
hergeſehen und vorhergefagt werden Eönnen, In beyden Füls
len wären dann W. nur wunderbare Begebenheiten,
Die Wunder als ſolche Berändd. und Wirkungen zu er£läs
ren, welche die Naturkraͤfte überfleigen, oder daß fie Wirkun⸗
gen Abernatürlicher Kräfte und Urfachen wären, dieß läßt fich
deshalb nicht annehmen, weil dann die MönlichPeit ver W. ſich
nicht denken läßt u, wir aud) aus Mangel der Kenntniß von den
Kräften aller endlichen Dinge und der Waturgefege nicht wifs
fen: ob und wa3, und wann etwas bios durch Gottes Als
macht bewirkt worden if? f. Serufatem’6 Betrachtt, ır
Abſchn. ©. 309 f.
Richtiger ift es zu fagen: daß ein Wunder eine nicht nad) den ges
woͤhnlichen Naturgeſehen, fondern von denfelben abweichenden
W. ; | 685
Wunder, (mas? ob fie möglich find?) .
Gefegen durch Gottes Deranfialtung erfolgte merkwürdige
Wirkung und Veränderung in der Sinnenwelt ifi, melche die
Beglaubigung und Beltätigung eines görtl. Gefandten zur Abs.
fiht bat,
„Es find Wunder außerordentliche oder ungemwöhn!, Begebenheiten,
„die wir nicht erklären Fonnen, da wir die Naturfräfte, durch
„weiche fie gewirkt werden, nicht kennen.“ N. a. d. Bibl.
688 1St. © 24.— „Ein Wunser if eine ſolche Wirs
„kung, weldye die natürl. Kräfte vesienigen, welcher es verrichz
„tet, überfieigt." Doͤderl. inf. Th. chr. T. I. p. 25; deſſ.
Rel.-Unterr. Ih. 1. ©, 241. 42. — „Wunder find fonvers
‚bare und merfwärdige aus natärl, Urfachen, aber unter Got⸗
„tes befonderer Weranftaltung, entftehende Thatſachen zur Ems
„pfehlung feines Geſandten.“ Ammon a. a. O. — „Ein
„Wunder iſt etwas, was blos auf das Wort oder den Befehl
„deſſen, welcher etwas thut, geſchieht und durch Feine Dazwi⸗
„ſchenkunft vier Vorhergehen einer Sache, ſondern blos durch
„ven Befehl des Wunderthaͤters bewirkt wird.“ Gräffe
a. 8% 2), I. 8. —
Allein es laßt ſich der Begriff eines W. im phyfis
ſchen Sinne nicht wohl feſtſetzen. Nach der Geſch.
Dat man unter Wundern alle dieienigen Begebenhh.
zu verfichen, welche durch eine Üüberrafchente Erfchütterung der
Sinne die Zrägheit und Stumpfheit der M. überwunden, ihre
Aufmerkſamkeit geweckt und ihre Empfänatichkeit für Anerken:
nung des inneren Werthes der Lehre vorbereitet haben, alſo
foıche Begebb., tie von einem moralifchen Erfolg begleitet was
ren, f. Prolegomena a. a. D. ©. 26,
Die Unterfuhung, ob Wunder möglih und wirklich
waren u. f. w.? gehört als mit Eeinem prakt, Intereſſe
verbunden nicht für die Canzel. Sehr ift es abzurathen, die
freie Einfidht Einiger, z. B. in der Schrift: ausf. ErEI,
der Wundergeſchichten des a. Teſt. in der Einleit. oo,
©. 1:22: über Wunder und übernatärl, Offenb. (Berl. 1800.
Sr. 8.), daß die Wunder unmdalid find, und daß der
Glaube an W. Ihädlich fey *), Dffentlih umd ohne Uns
terfchied vorzutragen E83 benimmt leicht den Glauben an die
Lehren der h. Schrift überhaupt,
Daß W. möglich find, zeigt D. Etermann in f. Handb. d. Gl.⸗
Lehre, Th. 1. ©. 446 f. vol. Niemeyer pop, u. pr. Theol.
$. 58. ©. 122. un D. Staͤud lin’s Doam. u. Dogmengefd).
fhreibt: ır Th. ©. 295: „Wenn übrigens eine Begebenh,
*) Bol. damit die Abb. über Wunder un Dffenb, in
d. Krit. m. Erkl. der im hebr. Staate fid er:
eigneten Wunderbegebb. von Joſna bis anf
Seius. Altenb. 1302. gr. 8. ©. 1:19,
686
Wunder, (Behurf. der Heli» Lehrer i in en der —
„durchaus ſo beſchaffen iſt, daß man ſie aus den Geſetzen und
„Kraͤften der Nat. nicht erkl. kann, daß ſelbſt ausgemachte Na⸗
„turgeſetze dadurch aufgehoben werden, und es ſt Alles: die
„Lehre, zu deren Beſtaͤtigung ſie geſchieht, die Begeb. ſelbſt,
„der Lehrer, ſ. Char., ſ. Zweck und feine Anſtalt rein ı. wohl⸗
„thaͤtig und goͤttlich, und die Wunder find für M. gefcheben,
„welche derfeisen zum Rel.⸗Glauben nothwendig bedurften; ſo
„kann man allerdings vernünftiger Weite an Wunder glauben,
„am fo mehr, wenn man diefen Ölauben bedarf, um ſ. Glau⸗
„ben dadurch ‚mehr Feſtigk. zu geben.“ — Es iſt aber eine
richtige Bemerkung, daß man bey den bibl. Wundern genau
zwiſchen wunderbar u uͤbernatuͤrlich unterſcheiden muß.
Iſt es gleich richtig, daß Erf., Ver. u— Achtung gegen die Weish.
Gottes uns gebieten, nichts fuͤr uͤbernatuͤrlich zu halten, was
natuͤrlich geſchehen konnte: ſo iſt es doch auch eben ſo abzu⸗
rathen, oͤffentlich in der Meinung aufzuklaͤren, die bibl. Wun—
pergefchichten als aus natuͤrl. Urſachen erfolgt. zu erklären,
fan macht fi dadurch ten mittlern Volksclaſſen verdächtig,
und benimmt ven befien Grundfägen Kraft and Wirkfams
Eeite „Das Volk bedarf. ver Wunder (des Glaubens am bie
„W. der Vorzeit); denn an den Wundern hängt feine Ueber:
„zeugung v. d. göttl. Offenbarung, und an diefer fein, Glaube
„ar die Neligionswchrhbeiten und an tie Merbindlichfeit des
„Sittengefeges. Sagt man ihm, daß diefe Wunder nichts we—
„niger als dieß gewefen ſeyen: fo öffnet man der Irreligioſitaͤt
„Thuͤr und Thor; ihr habt dann zu beſuͤrchten, daß er alle
„Banden ber Pflicht als Sklavenketten zerſprenge.“ (Schmids
Lehrb. d. Dogin. ©. 174)
So „wie ſich der chriſtl. Rruͤgionslehrer in Abſ. auf die natuͤrl.
Di
c
Erkl. der Wundergeſchichten der h. Schrift in feinen Vortraͤ—
gen zu benchmen Habe?” in Nr. -ı. der Beyträge zur
Befbrd. des vern. Denfens in d. Rel. 208 Heft,
Winierth. 1802, or. 8. Hufnagel's Abhaundl. „über die
zweckmaͤßige Benutzung dev Wunder vor. chrifil. Gemeinven‘‘
im neuen Sourn, f.Pred 2918 48 ©t. ©, 396-4025
der Anhang von (Stuß) krit. Verfuch Gt. d. neuteſt. Wunder,
Meiben 1797. 8. Handelt auch vom homiletifchen Öebraud) der
Wunder. —
öffentliche Neußerung: Wunder beweifen nichts, fie begründen
nicht den San: dab ein M. von Gott .gefandt worden iſt und
daß Bott durch denfelben geredet Dabe, fie beweilen nicht unz
trüglich die Wahrh. einer Lehre, oder: wie bedürfen nicht mehr
der Wunder, um v. d. Wahrh. des hr. Glaubens überzeugt
zu Werden, weil iede chriflliche weſentl. Zehre an fich vernünfs
tig ift, und Heilfame Folgen bat, oder weil der Beweis einer
ieden Wahrh. auf allg. gültige Vernunfterände gebaut werden
muß, wird durchgebends nicht gewagt werden koͤnnen. ber
der Neligionsiehrer muB es wiffen, daB ınan, ohne die neuteft,
=
!
W. 687
*
Wund r, WWerh. d. ReleLehrer in Hinf. d Vortr. v. ꝛtc.)
Wunder zu leugnen, gleichwohl nicht den Hauptbeweis aus
den Wundern fuͤhren muͤſſe, weil Jeſus Chr. einen andern,
beſſer n, für alle Zeiten paſſenden, ieder Unterſuchung offen lies
genden empfohlen Dat. — bedürfen die gewoͤhnl. Chri—
ſien des Beweiſes d. Wahrh. ber ar. Mel, aus den Wundern
nicht. Sie bringen fchon den Glauben an die Untruͤglichk. der
neuteſt. Geih., welche viele Wundererzaͤhlungen mittheilt, mit,
Der Rel.Lehrer muß es blos für ſich wiſſen, daß der — er⸗
fand Vernunſtbeweiſe fordere, nicht Wunderdinge — — Wer
Wunder unter die Quellen und Beweisgruͤnde des Rel.-Slau—
bens aufnunmt, verraͤth hoheß moraliſchen Unglauben, indem
er den Vorſchriften der 5 Pflicht wie ſie urſpruͤnglich durch Ver—
in die Herzen der De. geſchrieben find, ein nicht zureichen—
es Anſehn sanejsehen wit, außer, wenn fie dur Wunder bez
— wuͤrden, Joh. 4, ‚pe valL.5, 475 :I0, 38; ZiH3u 15
| Math. 12, 39:40; .10, 524.
Han vergl. das oben im Art. — I. A. 5. ar. Th. ©, 365 f.
davon Geſagte.
Auf zer andern Geite Ienfe man ia nicht de Chriſten anf das
Wunderbare im Chriſtenth., ſondern auf das Weſentliche der
"Rei — Wahrheit, Zugend und Liebe, Jeſus machte
f. Beitgenofien darüber Vorwürfe, daB fie Wunder anf W.
verlangten, und dann doch eben ſo wenig auf die Grimme des
Wunderthaͤters hörten. Beſtaͤndig fing er mit Unterricht an,
nie ſuchte ev einen f. vertrauten Gehäler durd) ein Wander zu
bewegen, ſich zu f. Schule zu balten, Er gab da am wenig:
fen der Wunderfucht feines Zeitalter. nad), Wo man darauf
ausging, feine Kräfte auf vie Probe 34 filen. Da, wo er
diefe Kräfte zur Hervorbringung unerwarteter KBirkungen ans
wendete, da geſchah es unfehlbar zur Erreicyumg eines mora⸗
liſchen und befonters eine! wohlthaͤtigen Zweckes. Es wird
ſogar ein Wink gegeben, daB er eine gewiſſe moraliſche Stims
mung der Gemuͤther nöchig gehabt habe, um Wunder verrichz
ten zu koͤnnen.
Bey den Anlaͤſſen, wo von den neuteſt. Wundern die Rede iſt,
ſage man:
H. 1) Die Wunder Gatten uͤberh. zum Zweck, daß fie
die Aufmerffamfeit der M. auf den, toelcher ſit ver⸗
richtete, richten, ihn als einen goͤttl., untruͤgl. Lehrer
beglaubigen, und ſelbſt Beweife ſ. Lehren für dieieni—
gen ſeyn foliten, welche derſelben — Sich. 20,
31. Gie follten dem Wimbderth. 2 —— Zutrauen
verſchaffen; die Wunder Jeſu * B. waren nothig,
weit er ſich ſonſt ſchwerlich einen Eingang in die Ge—
müther verſchafft haben würde. Die Geſch. beweift
auch, daß der Glaube an die in der Bibel erzählten
»
688 | W.
Wunder, (find nicht mehr zu verlangen.)
Wunder bey vielen M. dazu beigetragen hat, fie zum
Glauben an die Hotel. Lehren, melche die Bibel ent-
halt, zu bewegen. Es ift daher in der Ordn. u. Zu:
daffung diefer Begebenhh. eine Ordn. und Zulaffung
Gottes zu erkennen. Die von Gott geleiteten Männer
haben ihre Thaten, die man als W. anfahe, und die
ein Mittel wurden, ihren Lehren Beyf. und Glauben
zu verfchaffen, mit Gottes Beyſtand und Negier. ges
than. Denn nach Joh. 3, 2. find W. Thaten, die
fein M. thun kann, es fey denn Gott mit ihm. Bol.
Doͤderlein's NRel.-Unterr. Th. I. ©. 246-49.
Diefer Zweck ift erreicht. Daher find nach den Zei-
ten Jeſu und der Ap. Feine glaubwürdige W.-gefcheben,
wenn man gleich aus Abergl. und Unmwiffenh. vieleg
als Wunder nachher erdichtet und angenommen hat.
Sn unfern Zeiten find feine Wunter mehr zu er-
warten, fondern wir muͤſſen ung vielmehr der ordent
lichen Regier. Gottes ruhig und danfbar überlaffen,
damit wir ihn nicht verfuchen, oder etwas von ihm
verlangen, was er nach feiner Weish. und Güte ung
nicht gewähren will; vgl. oben ©. 548 fu. 582. und
or Th. ©. 325; denn Eu |
ı) nach der Gründung des Chriftenth. kann der Zweck,
für welchen es noch W. geben fonnte, auch ohne die—
felbe erreicht werden, wenn man fih nur v. d. Wahr;
heit und Goͤttlichk. d. hr. Rel. überzeugen will.
2) E8 find uns feine W. verheißen. Dieienis
gen Stellen des n. Teft., die hieher gezogen werden
fonnten, als ob fie W. verhießen, beziehen fih auf
die Up. und erfien Zeiten des Chriftenth., aber nicht
auf alle folgende Zeiten. — 3) W. find nicht dag
befte und Eräftigfte Mittel zur Beförderung und Be—
feffigung guter Gefinnungen, worauf e8 doch haupt»
fächlich anfommt; indem viele, welche die W. Sefu u.
der Ap. gefehen Haben, doch dadurch allein nicht bes
wogen wurden, ihrer Kehre Beyfall zu geben, fondern
ihr dennoch miderfirebten; — 4) fie find auch nicht
das vorzüglichfte und ſicherſte Mittel zur großern Er-
kenntniß der Vorzüge und Herrlichf. Gottes, indem
daraus hauptfächl. nur Gottes Macht bervorleuchtet,
wovon iedoch auch die Gegenftft. in der Natur zeugen.
Bey der Negier. durch den angeoröneten u. beybehals
fenen
ee — 689
Wunder, (wider die Wunderſucht.)
tenen Lauf der Natur zeigt Gott aber zugleich noch
mehr ſeine Weish. und Guͤte, die durch mancherley u.
weitlaͤufige Verbindd. ihren großen und ſeligen ii
zu erreichen weiß.
Man fey alfo nicht wunder ſuͤchtig, oder man
rwarte feine Ausnahme von den Naturgeſetzen von
‚Gott, Matth. 4 7. Man ſchreibe auch andern Din—
gen keinen andern als einen natuͤrl. Einflaß auf fein
Schickſal zu. Schon Jeſus eiferte dagegen, Marc. 8,
17. 12; 2uc. ı1, 29; Matth. 12, 30-42; oh. 4 28;
Weish. 14, 3:6. Noch immer gibt es M., die fich
nad) neuen Wundern fehnen, und fie durch &: ber und
feſten Glauben bewirken zu koͤnnen hoffen; bie es wüns
fhen, daß Gott die hr, Lehre von neuem durch Zeis
chen und W. beftätigen mochte. Allein die Wunder -
begierde verträgt ſich nicht mit der Ueberzeugung don
einer toeifen Vorſicht und v. d> Natur und. Wahrh.
d. Sittlihkeit. Es iſt nicht vernunftig W. zu wuͤn⸗
ſchen und zu hoffen. Denn der Endzweck, welcher
durch Jeſu W. erreicht werden fottte,” iſt erreiche.
Durch die ehmals gefchebenen W. iſt Jeſu Anfehen
außer Zweifel gefeßf. Die reine Verehrung Jeſu ift
bey ung eingeführt. Es find die Zeiten vorbey, wo
man, um aufmerffam zu werden, durch Zeichen und
W. erfchüttert werden mußte. Verlangen wir Zeichen
und W., fo enfehren wir ung feldfl, mir vergeffen,
daß ung Gott wie erwahfene, zum vollen Gebrauch
ihrer Vernunft gefommene Söhne behandelt, die aus
eigener Bewegung denken und forſchen ſollen. Der
gewoͤhnliche Kauf ber Weltveraͤndd. iff eine
eben fo kenntliche Afußerung der Gefin
nungen Gottes. Wer dem gemeinen Zufammen-
hange der Regier. der Vorſeh. nicht nachdenkt, woran
er ſich täglich üben kann, der würde auch durch außer
ordentliche Ereisniffe, wenn er fie auch noch fo fehr
anftaunen müßte, nicht gebeffert werden. Ueberzeuguns
gen find ein Werk ruhiger Vernunft, gehen den ſtillen
Weg des allmaͤhlichen Nachdenkens u. find mit maͤch—⸗
tigen Erſchuͤtterungen durchaus unvertragſam.
©. die Art. Wunderſucht und Wunderbar, [die Liebe zu den]
ind. dr. Mor. f. d. ECanzelgebr. 5n 3, 2te Abth. ©,
a5. f. u. 449 f. Zöllner’s verm. Aufſ. an B. 2te Samml.
Chriſtl. GL. Lehre f.d. Canzelgebr. 3 26. 5
690 W.
Wunder Jeſu, Befehaffenfeit und aha der —)
©. 1305158: „warum Gott dad nicht Übernatürlich thut, was
natürlich geſchehen kann?“ — Spalding’s neue Pretigten,
ır Th. Berl. 1768. 8. Nr. Io: „vie unordentliche Begierde
nach Zeichen und Wundern;“ Koppe's Predd. ır Th. Wir, 9.
©, 165 ff.; Löffler’& Predigten, 4r B. 70 3, 13:
„wie unweiſe und gefährlich es ift, feinen Glauben an Gott
vielmehr auf das Weubere und Wunderbare, als auf die ges
woͤhnlichen Beweiſe ſ. Weish. zu gruͤnden,“ über dv, Ev. am
oın Sonnt. n. Tr,
Ueberh. vol, man Dapp's Predigtbuch, © 6222743: „Über den.
SGlauben an under 5" Loͤffleres Prev. zr B. Wr 4:
„vd. d. rechtm. Beurth. und Anw. des Wunderb. und Unbegr.
in d.h. Schrift und im Eirch!, Glauben,“ üb, d. Ev, am 6n
©. n. Epiph.; Mas. f. Pred. 6r Th. Jr. X. XL, ©. 685
91: 06.0. Ep. am an Pfinsfit, Up, ©, 10, 42:48; Sinte⸗
nis Poſtille, ar Th. Wr. LII. ©. 34:50: „vom Glauben au
Wunder und Zeichen, am 21n ©, n. Tr, üb. Joh. 4, 48. —
2) Was insbef. die Wunder Jeſu berriffer), fo find
2 dieſe eere — ſeinen Zeitgenoſſen unbe⸗
greifliche und edle Thaten, glaubmwürdige That—
ſachen. Man erwartete dergleichen vom Meßias,
Jeſus verrichtete fie, und fie wurden auch dag Haupt—
mittel der erfien Gründung und Ausbr. des Chriſten⸗
thums. Bloße Erdichtungen von den Apoſteln koͤn—
nen fie nicht ſeyn, fie Fonnten es ſonſt nicht wagen,
fie offentlich, wie fie auch gefchehen ſeyn follfen, anzu-
fündigen und ihr ganzes Leben, fo wie ihre Schriften
drücken ihren aufrichtigen und ehrlichen Charakter ab.
Dot. or. Kapler’s Fl. Magaz. f. kath. Rel.⸗-Leh—
rer, ( Ir Jahrg.) Monat July, Ingolſt. 1800. 8. ©.
133 fi „Jeſu W. als glaubmwirdige Thatſachen.“
b) Jeſus wollte, dadurch im Allgem. die Aufmerkſ. ſei—
ner Zeitgenoſſen wecken, weil ſolche dem groͤßern Theile
nach fuͤr etwas Geiſtiges zu unempfindlich waren, und
fie mit feinem Charakter, mit feiner Denkungsart und
Handinngsweife, mit der Meinheit feiner Abfichten,
mit der Kraft feines Geiſtes, mit dem Umfange ſeiner
Kenntniſſe u. ſ. w. bekannt machen. Der rohe und
ſinnl. M. denkt ſich immer die Allmacht als die hoͤchſte
Eigenſchaft Gottes, darum wuͤnſcht er auch von ſei—
*) Vgl. oben den Art. Jeſus, 22 Th. ©, 191. 92. Pro:
legomena zur hr. Rel.-Lehre, ©. 46 ff.
MR IB, | | 691
Wunder Jeſu, (Beſchaffenheit der —
nen Geſandten nicht allein Proben der Weisheit, ſon⸗
dern zuerſt Beweiſe der Macht zu ſehen. Jeſus uͤber—⸗
zeugte ſeine Zeitgenoſſen von Diefer Verkehrtheit des
menſchl. Geiſtes nicht allein durch das Beyſpiel des
En fondern fogar derer, die fich des Beſitzes göttl.
Dfienbarungen rübmten, Matth. ı2, 38. ber er
mußte fich in die Zeit fehiefen, und er Eonnte es ohne
allen Beyftand menfchl. Kunſt, da ihm der Beyſtand
Gottes gewiß wer.
co) Jefu W. wären rührende Aufklärungen über dag
Eigenthümliche feines Charakters, wel Icher ſich hier fo
Deutlich von den gemeinen Wunderthätern unterfiheie
det, und fprechende Beweife feines menfihenliebenden
ne Bey allen Aeußerungen feiner Kräfte han—
delte er
aa) als Wohlthaͤter der Menfchheit, theils dadurd,
daß er menſchl. Gebrechen heilte, theils die, welche
‚der Kummer um Ieidende Freunde niederdrückte, durch
Gewährung ihrer Bitten getroͤſtet von fich geben ließ.
bb) Er wandte feine Wohlthaten mit Weis
heit an. Wie half er eingebildeten oder vergrößerten
Leiden ab. Sie gewährte er folche Guter und Vor—
zuge, melche entbehrlich oder gar gefährlich für.den
M. werden. . Er machte ſehr viele M. gefund, aber
nie einen M. reich.
cc) Nirgends geſchahen feine Thaten unveranlaft
oder ungefucht. Er verwandelte ſ. Hülfe, wenn
man folche fuchte, in Belohnungen des Der:
frauens um a fie da, wo er entweder gar
feine Empfaͤnglichkeit für fie fand (Marc. 6, 5.), oder
wo man ihn zwecklofe Aeußerungen feiner Kraͤfte zus
muthere, die blos die Neugierde befriedigen und Ers
ſtaunen erwecken folften, Matth. 12, 38-41. — dd)
Nie war e8 ihm ben ſ. W. um Aufſehn su £hun.
Seine größten Thaten waren geraͤuſchlos, wie ſein
ganzes Leben, ohne allen Aufwand von Voranſtalten,
ohne alle gefliſſentliche Herbehfahrang von Umſtaͤnden,
die auf die Sinne wirken, ohne alles laͤngere Verwei—
len bey ihnen, wenn ſie geſchehen ſind. Vielmehr
dienten fie ihm — ee) gemeiniglich — zum Ueber—
gange zu wichtigen in welchen
er ſich hi entweder die 2 lufmerkſamkeit von ſich
£r2
093 ' | RB. 3.
Wunder Jeſu. Zorn Gottes.
weg — auf Gott — „der durch ihn — * zu deſ⸗
ſen Ehre er wirke, von dem er ſich Kraft —
muͤſſe,⸗“ zu lenken, oder doch von dem Sinnlichen der
Handlung, ig felbft der Wohlthat abzuziehen; v. der
Geſundheit des Leibe, auf bie Geſundh. der Seele,
yon der koͤrp. Nahrung auf bie geiftige Natur über-
zugeben. Endlich — ff. wie fücher, wie ruhig benahm
fich babe Jeſus! wie fief blickte er in dag Herz derer,
mie welchen er zu thun bafte, wie ‚angemeffen. diefer
Kenneniß behandelte er ieven, wie fahe er auf die Um—
fiehenden zuräch, wie gelaffen und gemäßigt verthei-
digte er fich felbit gegen die-Anmerfungen feiner Geg>
ner. Diefe Art, wie er W. that und feine Handlungs-
weife bey denfelben verdiene unfer aller Rachahmung
bey unferer ee. und Wohlthätig-
keit, 1. hr. Nor fd — den Art.
Wohlthaͤtigkeit, IIL- sn B. 2te Abth. S —— 423.
S. oben Jeſus, II. ©. 191 f.
Bol. D. C. Sr. Ammon’s chr. Rel Morfr. 68
Baͤndch. Tr. 1; „wie betrachtet der fromme u. aufge:
klaͤrte Ehrifi die Lehre v. d. Wundern Jeſu?“ D. Sr. -
DB. Reinhard?s Auszz. aus einigen 1795 beym
86 sd. in Dresden geh. Predd. Meißen 1796. 8.
‚die Art und W., wie vern. Chrifien die W. Jeſu an⸗
sufe hen haben,‘ am 3° bo. Sonnt. |
Ueber die Frage: „find Jeſu Wunder Zeugniſſe für fi
feine goͤttl. Sendung?“ in D. Augufti’g theol. Blät-
tern, ıv Jahrg. 48 Duart. ©. 7989-94. von Dad.
Ch. Heifchfeil, und: quantum Chriftus tribuerit
miraculis (fuis)2 Wittenb. 1796. 4. ein Brogr. von
Dr. €. 8. Nitz ſch; E. E. Küchler de catflis, quare
Jefus miracula fua divulgari valuerit admodum pro-
babilibus. Leucopetrae 1803. 8. — —
Zerfnirfhung, richtiger Neue, WR
S. Reinhard's Borleff. üb. die Dogm. ©. 502
f. und chr. Mor. f. d. Ganzelgebr. den Art. Reue,
ar Th. ©. 703-720. —
Zorn Öottes, Job. 3,36; ———— JTheſſ. 1, 10.
n 3 693
Zorn Gottes, (mas?)
Diefer Ausdr. oder auch die Nedart: Gott gürnt,
en Gottes Strafen. Das a. Teſt. braucht bey
der Defchreibung der goͤttl. Gerechtigfeit die ſtaͤrkſten,
in Schrecken fegenden Ausdrüce, z. B. Zorn, Grimm,
Eifer, Seuereifer, Rabe, Schelten ıc. Niob
9, 13. wird Gott fogar ein firenger und umerbittlicher
Zorn beygelegt. Nach Nahum 1, 2. gürut er ges
mwaltig, vsl. Pf. 7, 7. 12. Noch weit finnlicher iſt
DE 183,8. 9. 16. I Sam. 22, 9. 16. von Gotteg
Schnauben, vom Schnauben feiner Naſe,
vom Entbrennen f. Zorns, (f. au) Pf. 2, 12.)
vom Emporfleigen des Dampfs aus f. Naſe,
vom Herausfahren des Feuers aus f. Naſe
die Nede, um dag Schredliche feiner Strafen
zu begeichnen. Keinesweges darf man dieſe Ausdruͤcke
eigentlich nehmen, fondern man muß fie auf eine Gott
anftändige Art erklären. Im eigentl. Sinn widerſtrit—
fen fie ı) der hoͤchſten Vollk. Gottes; Zorn iff eine
Schwachheit bey M; 2) der bachften Seligkeit Got—
tes, denn Zorn ift eine unangenehme Leidenfchaft. Gott
würde, da f. Geſetze bald bie, bald da, bald von die—
fem, bald von ienem, bald auf diefe, bald auf eine
andere Art übertreten werden, nie ruhig ſeyn koͤnnen,
fondern immer in Zorn und aufwallender Hitze u. Un—
ruhe feyn müffen. Auch der elendefte M. bat doch ei-
nige ruhige Augenblicke, aber Gott hätte fie dann
nie. — 3) Es iſt gegen Gottes Unveraͤnderlichkeit.
Gott wäre dann bald zornig, bald gnaͤdig. Man
. "Denfe ſich aber den Geiſt der alten Welt, oder, wie
man damals noch auf einer niebrigen Stufe der Aus—
bildung ın Abſicht auf Gotteserkenntniß fand. Zorn
Gottes bedeutet feine Strafgerechtigkeit. Zürnt ber
M., fo will er dadurch dem, woruͤber er zuͤrnt, dag
Ungerechte der ihm zugefügten Kraͤnkungen, Vernaͤch—
laͤßigungen 2c. empfinden laffen. Iſt jemand im Zorn,
— er den Andern gewiß nicht ungeſtraft hingehen
aſſen. |
Es iſt befer, die Ausdrücke, Zorn, Rache ꝛc. von Gott in Predd. und
Katechif. nicht zu gebrauchen, kommen fie aber in Bibelſtellen vor,
fp muß man fie auf iene Art erklärten, zumal da die Shrafe:
Gott zent, voraus fest, dag Gott von M. beleidigt wer:
den könne; Ei, 7, 13, bedeutet aber das Wort beleidigen, a
694 >
Zicheigungen Gottes, Ziveifel in der Religion.
fo viel als Mühe — Befchtwerden verutfachen; man zeige, daß ı
wir Gott nicht beleidigen Eünnen, denn iemanden beleidigen, heist,
demſelben Schaden zufügen und ihm unangenehme Empfindd. ver:
urfachen. Man vertaufche ed mit der Redensart: etwas thun,
was Gotted Witten zuwider it, — ihm ungehorfam ſeyn.
Vgl. Schulz Erk.-Lehren des Chriſtenth. ır Th.
S. 341-46 und. ob. d. Art. ———
Gottes, ar Th. ©. 39 f.- dessl. ob. d. Art, Stra-
ra — —
FRE Boyen 4. Ui Volksrel. in Pred.
109. 2ote A. Nr. 20. & 315:29: wie Wir ung eigent-
lich den Zorn Gottes vorzuſtellen haben, 1) Erkl. 2)
Anwend., über Df. 30, 6. — |
Zhchrigungen Gottes, ſ. d. Art, Strafen
Gottes. |
Zukunft S$efu, Il Theff. x, 105 2, 19, Sac,s5,S. »
ift Darunter Die nahe Zerſtoͤr. Jeruſ. gemeint. \
Die Ap. empfehlen die Erwartung‘ berfelben ihren
zeitgenoffen oft und ſtark, II Theſſ. 1, ro. I Theſſ.
4 15; Hi! 2 20. Dieß war eine Solge der Liebe
gegen Jeſus, I Petr. 1, 5. 6. der Freude am feiner
Herrlichkeit, die ich dann ganz offenbaren wird, Coloſſ.
3, 4. und des Gefühls der Befchwerden des Erdenle-
bens, welches zumeilen fehr ftark und druͤckend wird,
Sat. 5, 7.9. Die aut. Sefu zum. Weltger. zu er—
warten, gewährt dem Frommen Freude, weil fe ihn
zur Belohnung bringen wird. Gie muß rubig ſeyn,
elbſt dann, wenn die Sinnlichkeit oder die Ungeduld,
oder die Unzufriedenheit mit der ietzigen Welt zu einer
zu lebhaften Sehnfucht werden koͤnnte; denn man er—
wage, daß diefe Verzögerung auch vortheilhaft (II Beer.
3,.9.) u. allemal durch die Weish. Gottes beſtimmt iſt.
al, bibl. Woͤrterbuch z. Nachfchlagen 2c. zr Th.
Berlin 1801. 9. 8. ©; 426. 27. u:
Zurehnung, f dr. Mor. f. d. Canzelgebr. zn B.
2te Ach. ©. 528 f. |
Zufagen Öottes, f. ob. Wahrhaftigk. Gottes.
Zweifel, IH
Zweifel in der Re.) Verhalten bey
ſ. dr. Mor. f. d. Canzelgebr. in alph. Ordnung,
5n B. 2te Abth. ©. 553 fe — —
⸗
Abendmahl, Auferftehung. 2
Einige — 9 und Verbeſſerungen
sum in — 30 Th. |
Abendmahl, Cheil.) I. 3. er Th. ©. 3.
er tor): üb. d. Seift u. Wahrh. d. Rel. Sefu.
2. 133.%0©.77f.
—4H. © 121. D4Eela.ad. ©. 37- 00.
ar o 1Ddelaca. 2 © g
3 f.
m 31.1. DEela 09.6. 35 f Dan vgl.
auch die Schrift: Ueber Krankencommunion
mit beſonderer Hinſicht aufihre Mishand—
lung u. Schaͤdlichkeit, Feipz. 1802. 8. (8 8.)
Aehnlichkeit mie Sort, (Ebenbild des M.)
f. d. Art. Würde des M. und Edermann’s
Handb. d. ©l.- — rm OT
— 1. B.BB. ©. 46. Emwald’s Entww. der 1800 '
von ihm gehaltenen plede S. 154:160; der M. ſoll
Gottes Bild werden.
Allweisheit Gottes, S. 119. Zeile 20. 215
"1801 1.1802 erfchien © Theil 3 u. 4, beyde 44 Rthl.
alle 4 Bände: foften 8 Rthl.
Auferftebung, ©. ı152>59.
„Jeſus dachte fih die Unfterblicht., wenn er von
„Anferft. redete. Beyde Begriffe galten damals für
„gleich. Dieß erhellee aus f. Neden beym Johan—
„nes uͤber diefen Gegenſtand, wo er Die ununterbro⸗
„chene Fortdauer ſ. Anhaͤuger in einigen Ausſpruͤchen
„ganz rein, ohne das Bild der Auferſt., doch ohne
„ſich auf den Unterſch. zwiſchen Se ele und Koͤrper u.
‚auf die vom koͤrperl. Tode moͤgliche Einwendung ein—
„uulaſſen, vortraͤgt, unter andern aus ſ. Beweiſe gegen
„die Sadducaͤer. Denn Matth. 22, 32 beweiſt nichts
6965 Nachtraͤge und DVerbefferungen.
Beichte, Beftimmung des: M. |
„weiter als die fortdauernde Eriftenz Abraham,
„Iſaaks und Jacobs sur Zeit Mofes, aber Feine eis
„gentliche Auferft. des Fleiſches. Die Sadducäer ver;
fanden e8 auch fo, denn fie: befriedigen fich niit dies
4 Bemeife Jeſu.“ (Fichte) Verf. einer Krit. aller
Offenb. ©. 130. 13. — Bgl. n. theol. Annal.
1803. ©. 309 f.
Ebend.1.ı. ©. 155. — vgl. Dee) üb. Geift
vu. Wahrhr d. Mel. Jeſu, Perl. 1785. 8. ©.26: 39. —
DD. ©. Sliemepyer’g Troſtſchriften z. Aufricht. fuͤr
Leidende. Iftt Samml.) Haͤl
„richtige Vorſtell. von der zukuͤnftigen Auferſtehung.“
Ebend. ID. 5. ©. 168: „die Wirklicht. der
Auferſt. folgt aus dem Beyſp. der Auferſt.
Chriſti nicht. Ueberdieß hat dieſe nur. für denieni⸗
gen eine Kraft zu uͤberzeugen, welcher se als eine auf
fernatürliche „Degebend. betrachtet. In fo fern aber
die Auferſt. Jeſu eine Beftatigung aller f. Kehren, alfo
auch * Lehre v. d. Auferſt. des Leibes, welche er ge—
aͤußert hat, war, läßt ſich die an unf. Auferſt.
0% Jeſu Auferſt. ableiten.“ Is th. Annual, 1803.
SAFT
Beichte, ©. 181.
Pal. D. G. Merckel über die beſondere und allg.
Beichte. Meine Borftellungen und Ueberzz. Chemnitz
und Leipz. 1800, 8. GSolte die Einf. einer. allgem.
Beichte bey den hamburg. Luth. Gemeinden nicht rath—
fam und möglich feyn? Hamb. 1799. 8. 2 Bogen,
(für die allg. Beichte, ein fehr vortreffl. —
Vgl. Ddela. a D.,8. 99%
— des M.
Sie iſt an ſich Bildung ins Unendli * sur Ueber—
einſtimmung mie ſich ſelbſt, oder Streben nach voll—⸗
kommner Freiheit in feinem Willen und- Handeln.
Die Beſtimm. des M. in Geſellſch. iſt: Uebereinftims
mung mit alem dem, was außer ihm da iſt, u. Ehre
und Sorderung der Freih— ‚am ung, an Allen und in.
Allen. |
— ©. 198. 3. 13: v. u. daß — — Iebe, iſt eine über»
Aißige ——
Nachträge und Webeſbeingen 697
Beſtimmung, Dreieinigkeit.
— ©. 202. Die Hauptbeſtimmung des ietzigen Dafenng
der MI. iſt —— um ſinnlich— gluͤcklich zu leben, ſon—
dern um gluͤcklich zu ſeyn in gehoͤriger Verbindung
mit moraliſcher Wuͤrdigkeit, ſo daß durch die Beduͤrf—
niſſe alle unſere Korper = und sn vorzüglich
aber letztere, welche die höheren find, entwickelt und
veredelt werden, um vernünftig und nett ch handelnde
Weſen zu werden.
Bol. Wolfraths Predd. uͤber die Beftimm. deg
M. zum ewigen Leben, Hamb. und Altona 1785. 8.;
Theod. Gutmann’g vhilof. Abhh. über die ietzige
Irreligioſitaͤt ꝛc. 18 Bdoch. Zerbft 1800. 8. 2te Abh.:
- was ift die Hauptbefl. des ietzigen Daſeyns des M.
Beſtimmung, J. C. 1. ©. 206.
S. Tollner’g theol. Unterſſ. ın B. 28 St. Riga
1773. 8. ©. 1529: iſt das gegenw. Leben nichts weis
ter als eine zer vgl. mit Defel üb. Geift
und W. d. R.Jeſu, ©. 105 f.
Boͤſes, I, KR SS, 210. |
Hinter ac. 2, 14. 15 feße man Gyr. 15, 21.
| Buße, ©. 228.
„Sie ift fo viel als die Reue, oder die Erfennenig
f. Sünden, Toͤllner; f. def. theol. Unterſſ. ın ©.
Bet ie: 9334. Öl ſt I) die erſte Umaͤnderung in
- Grundf. und Gefinnungen, womit der firtlich Beffer-
werdende anhebt; 2) die beſtaͤndig fortgefegte fittlic,e
Defferung.
Dreieinigfeit, J. ©.
"Sollner in f. es — 2Baſte lehrt
©. 1:83 daß die Lehre ©. d. Dreieinigf, Feine weder
zum Ber, der groffens. Heilsordnung, noch zur Wirs
fung berfelben in einem M. zu erfennen unentbehrliche
Lehre iſt, und —— die Rothwendigk. einiger Erf der—
feiben bey einem ieden Cheiften blog auf Unentbehrl.
derfelden zum Verſtande und Brntaftigen Gebrauche
der Dr Schrift berube.
— 1.2.B. ©. 251.
„Su diefer Lehre iſt es die Hauntfache, daß Gott
ſi ich uns als den Vater unſers Herrn Jeſus epritun,
698 Nachtraͤge und Verbeſſerungen.
Einheit Gottes, Engel, Erhaltung.
durch Jeſum Chr. — ſ. Sohn und durch ſeinen Geiſt,
den er uns durch Jeſu Lehre mittheilt, geoffenbaret
habe und daß die Wohlthaten Gottes, als des Schoͤ—⸗
pfers, Erhalters u. Megiererg der Welt, v. d. Wohl⸗
thaten Gottes und Jeſu und durch Jeſum — und v.
d. Geiſtesgaben, die wir durch Jeſum ihm verdanken,
wohl und deutlich unterfchieden werden, . befonberg,
daß mir nicht etwa einen hoͤhern gefchaffenen Geift,
fondern Gott felbft in Jeſu geoffenbart anerkennen,
und Gottes Geiſt nicht fuͤr ein geſchaffenes Weſen
neben und außer Gott, oder fuͤr einen Diener Gottes,
Rn für Gott felbft anerkennen, der ung zu allem
Guten feinen Beyſtand leiſtet.“ N. a. d. BibE 63 2.
1. DE. 0,1% 72.
Einheit Gottes.
S. Töllner’s verm. Auff. ıfe Samml. ©. 30»
66: „von ‚der Einheit Gottes.“
Engel, 1.A. ©. 278.
„Difen bar ift die Eehre 8. d. Engeln mehr von eyes
„getiſcher Nothwendigkeit, als dogmatifcher Wichkig-
„keit, weil ſich das ganze praft. Chriſtenthum ohne |
„dieſe Echre darftellen laßt. Man darf alfo erwarten,
„daß man ietzt dieſe Lehre aus dem Gefichtspunft der
„Zeitvorſtellung darſtelle, und daß die Dogmatik
„nach einer kurzen Erwaͤgung der Moͤglichkeit des
„Daſeyns hoͤherer erfchaffener Geiſter dieſe Darſtel—
„lung liefere.“ Alle. L.. 2.1708 IDG. 322 5
Sn D. Yugufli’ 8 theol. Monatsfhr. ar Jahrg.
1802. Re. VI. ©. 403-13. findet man Beyträge
zur er, der Kchre von den Engeln.
— S. 2 1: at, Ehrenberg’ 8 Reden an gebildete
M. = Sande. Düffeld. 1802. Wr. 10: „dag Neid)
der Geifter. |
Erhaltung, IV. 2-4. ©. 313. 14.
Durch Gott iſt die Einrichtung fo gemacht, daß es
dem M. nie an der noͤthigen Unterftüßung fehlen kann,
wenn er feine Kräfte gebraucht, und zwar fo, mie (8
ihm fein Gewiſſen — Der pflichtmaͤßige Ge—
brauch ſeiner Kraͤfte iſt die Bedingung, an welche Gott
die Unterſtuͤtzung der M. angeknuͤpft hat. Gebraucht
| Nachträge und Derbefferungen. 699
Erloͤſung Jeſu Ehrifti, Geift — beiliger. |
der M. fo feine Kräfte, fo trifft fein Wandel überein
mit ber von Gott gemachten Welteinrichrung.
Erföfung Jeſu Ehrifti, VL 2. ©. 340, 41.
S. Ewald’s Entwm. der 1798 von ihm gehalt.
Predd. ©. 43 f.: Misbr. und der rechte Gebr. der
Lehre v. d. Erlöfungstode Jeſu.
Fall Adam's, —
Als Mythe, ſ. ©. L. Bauer’ hebr. Mythol. ıe
BLeipz. 1802. gr8. ©. 85⸗104.
— S. 354. vgl. Edermann’ 8 Handb. d. Ar. Gl.⸗
. .kehre, ze B. ©. 61 ff. Die Hauptabficht der ganzen
Erzählung ift nicht fowohl den Urfprung des mora>
liſchen ilebels zu erklären, als vielmehr des phy—
fifhen Uebels, wozu Schmerz, Leiden und Gterb>
lichkeit geboren.
NH. D. W. A. Teller’g Schrift: bie altefte Theo—
Dicee oder Erfl. der 3 erften Kap. im ın B. der vor-
mofaifchen Geſchichte, Jena 1902. 8. und die Berich-
tigte noch beffere Anficht v. d. Salfgefchichte in A. Lit.
2: 1802. I. ©. 572>74.
Gehbeimniffe, IT. 2r Th. ©. 11.
S. Sr. Ehrenberg’s Reden für Gebildete, 2r
<h. Düffeld. 1802. Nr. 5: „über moral. und religiofe
Geheimniffe.
Geheimnißſucht in der Keligion.
Bol. Keinhard’s Syſt. d. chriſtl. Mor. ır 2.
ote A. ©. 267. 268. |
Geift — Heiliger — IL 2r Th. ©. 24 Anmm.
„Gott ift heil. Geift, heißt: er ift das Ideal aller
fittlichen Wortrefflichkeit. Eben darum bezweckt er
auch Heiligkeit und ſittliche Arbnung im Weltall und .
bey iedem einzelnen M.“ Sr. Ehreuberg ara. O.
— Bibel nennt eine Gott ähnliche Gefinnung, die
Gott ſelbſt im M. befoͤrdert, weil Gott fie befsrdert,
und ausgezeichnete Geiftesgaben überhaupt, meil fie
Gotfes Geſchenk find, und von Gottes Weish., Güte
und nt zeugen, Gottes Geift, b. Seit
ner DibL 62 3.1 ©r, ©: 10
ag, Nachträge und ——
Glaube, Hoͤlle.
Glaube, J ng
Val. Deel über ben Geiſt u. W. in d. Rel. Jeſu,
S. 39-53. | SE
Gnadenwirfungen, ©. 99.
©. De el. 2.
Gott, f. Dafeyn, ar TS. 9a
S. 110. ıır. über das Dafeyn Gottes. Eine nahe
hs Abh. von Chriſt. Garve, aus dem zn Th.
. Berfuche befonders abgedruckt. Bresl. 1802. 8.
——— Chriſt. = Th & 13% -
Sohn Gottes „Das n. Teſt. nennt Jefum
wegen feiner innigen Berbindung mit Gott, vermoͤge
welcher Gott durch ihn fein Neich unter den M., oder
eine allg. Rel. für alle M. dhne Unterfchied der Voͤl—
fer und Zeiten fliften wollte, den Sohn Gottes. —
Ri: d B 68 SH Si
Gutes, ©. 134 f Ddela. ad. hs 52.
Hölle, L.B. 7. ©. 159 f.
„er alfein die finniichen Werfzgeuge anbaut und
„die Triebe zur Stillung thierifcher Begierden zu Be
„friedigen trachtet, fo, daß diefe Begierden ſelbſt alle
„geiſtige Seelenfräfte verdrängen, und der finnl. M.
„feinen geiftigen Theil überwuchert, daß feine Seele
„ſelbſt zum Vieh wird, wie dergl. haufenweife um
„uns hberwandeln, — der nimmt — nur nicht feinen
„Leib in ienes Leben mit binuber, aber feine Seele be—
„haͤlt alle die viehifchen Begierden, die nur vermittelft
„der koͤrperl. Werkz. ihre Befriedigung haben Fonnten.
„Die Verweſung die ſes Koͤrp. macht dieſe Befriedig.
„in iener Welt unmoglich, aber Die Seele verliert die
„erworbene Fertigk. nicht, blos nach dem zu dürften,
„was hier ihr ganzes Gluͤck ausmachte. Der Schwel-
„ger in diefer Welt behält die Borftellung von Wein
„und Bier und feinen Durſt, aber er kann nicht be—
„friedigt werden. Der Geizige — — hindern. Der
„grobe Wollaͤſtling brennt dürftend nach den Werk—
„zeugen ſeiner Ausſchweifungen, ohne ſie erreichen zu
„konnen, und ieder ſinnl. Sklave hat mit ſ. koͤrperl.
«
Nachtraͤge und Verbeſſerungen. 701
Lebensziel, Religion.
„Werkzz. ſeinen Himmel verloren u. f. mw. Ik Ockel
66603
Vgl. Eckernang? 8% Handb. d. chriſtl. öl. Kehren,
en. ©:.726 f.
———
S. Efermann’$ — 161
—— Gottes, —
Die ſchoͤnſte davon handelnde Stelle ift Df. 93, 2: 4.
Meffias, ©. 254.
Bel. Doͤderlein's Kel, -Unterr. Th. I. ©. 176-
351: „Beweife für die göttl. Sendung Sein. .
Dffenbarung.
©. Dr. Gabler’s8 a theol. Journ. on B. 38
Et. ©. 272-314: „über die Gründe des ietzt herrfchen-
den Nichtglaubens an eine unmittelb. gottl. Offenb.“
von Dr. Gabler; Hende’s ——— AH TOR
Nr. 2; „warum gibt 28 ießt feine Dfenb. mehr 24
Regierung Gottes, J. 2. c. cc. ©. 322.
Lebensziel, fe Edermann’8 Handb. d. Gl.⸗
Lehre, 37 B. ©. 161 f.; hr. Mor. f. d. Canzele.
IV 9.9..74 f. -
Reih Gottes, ©. 344.
Sf auch die Herrfchaft der goͤttl. Nel. Jeſu oder
der beffere und vollfommmere Zuftand, in welchem wir
uns dann befinden, wenn die Lehren der Wahrh. und
die Gefeße der Zug., wodurch uns Gott beherrfchen
will, u. die den Geiſt de8 wahren Ehriftenshumg aus
machen, in der That uns gang beberrfihen, 3. 2.
Matth. 6, 33 heißt; Bemuͤht euch, daß euch die goͤttl.
Rel. Jeſu ganz beherrfche.
Keligion, II. D. cc 1. ©. —
Vgl. Töllner’s verm. Aufſ. an B. Iſte Samml.
Nr. 7. S. 251-290: „iſt zur u Güte Kel.
nothwendig und warum 2“
— Ill. A und B.
Die Urſachen, warum fie fo wenig wirft, Fiegen auch
an den el.-Kehrern, meil viele derfelben 1) die Beſſ.
[2
7102 - Rachcetge und Vabeſtuungen
Schoͤpfung „Schrift. *
mit dunkeln und unverſtaͤndl. Worten, 2) nicht nach
der Urfache der menſchl. Seele, d. h. nicht nach der
Folge, wie die Veraͤndd. in der Seele entſtehen, vor—⸗
ſtellen; 3) weil ſie nicht zeigen, was der M. eigentlich
bey ſ. Beſſ. thun, und wie er die Mittel gebrauchen
muß; 4) weil fie die verſch. Senennungen der Bell.
in der Bibel, als verfchied. Berandd., die der M. er=
fahren müßte, angeben, und dadurch die Meinung,
als ob die Froͤmmigk. unmoͤglich wäre, veranlaſſen;
und 5) weil die Dis bey den Ermm. zur Beſſ. nur auf
die Seligk., u. nicht auc auf dag große Gluͤck, wel:
ches fie ſchon hier dem M. gewährt, hingewieſen werden.
Schöpfung, L zr Th. ©. 5.
Sch bin nicht — — Menfihen. Für die Ruhe und
für dag Gluͤck des M. iſt es fehr wichtig zu mwiffen,
daß Gott der Schöpfer der Welt iff, woraus. alfobald
folgen muß: alfo ift er, Menfch, auch dein Schöpfer;
denn du gehoͤrſt mit zur Melt. Diefer Gedanfe ift
die wichtigſte Religionsvorſtellung im ın B. Moſes.
Sie liegt vorzüglich dem erſten Kap. zum Grunde, u.
dag Folgende ift nur eine Erklärung davon. Man
muß diefe Wahrheit urfprünglich von einer goͤttl. Ent—
deefung, von einer nähern goͤttl. Belehrung ableiten,
da fie fo aͤußerſt wichtig iſt.
S. Ausfuͤhrl. Erkl.d. ſaͤmmtl. Wunderge—
ſchichten des a. Teſt. aus natuͤrl. Urſachen,
ır Th. Berl. 1800. gr. 8. ©. ur 6. Theorien über
Die Schopfungsgeſchi chte. — Nach Dr. Ziegler in
der ©. 5 des an Th. angef. sh ift die Schoͤpfungs—
gefchichte auch Feine eigentliche gefchichtl. Wahrh., ſon⸗
dern blos die Vorſtellungsart, die ſich die alten San
ger von dieſer Sache aus verſchied. Veranlaſſ. gemacht
haben, z. B. der M. iſt aus Staube gebildet
— diefen Gedanfen mag der alte Name des M.:
Ydam von Adamah Erdbe—alfo Sohn der Erde
und die Bemerkung erregt haben, daß der —
entfeelte Leib wieder zu Staub wird. — Vgl.
Oberd. Lit. Z. 1794. 1. ©. 1037-39.
Schrift, (heilige) IL 3r Th. ©. 96.
ee Tollners verm. Auffage, ın®. 1ſte Samml.
Dr. V. ©. 82-1335 „Iſt die h. Schrift vor » ober
Nachtraͤge und Verbeſſerungen. 703
Seligkeit nach dem Tode, Tod Jeſu Chriſti.
ruͤckwaͤrts zu leſen?“ (eigentlich: wie iſt fie zu
leſen?) —
Seligfeit nad) dem 09,203 ©. 101 ff.
Bol. Eckermann's Handb. d. Gl.⸗Lehre, ar Th.
©. 726 f. | |
— ©. 135. N |
„Der Geift des M. geht im Funftigen beſſeren Leben
„asf der fchon hier betretenen Bahn f. Kenntniffe, die
„alte im Gebiet der allumfaffenden Gottheit liegen u.
„zum Anſchauen Gottes führen, fiufenweife fort —
fein Gang wird freyer und unaufgehaltener, Das
3Bleygewicht koͤrperl. Bande belaftet ihn nicht mehr.
„Hier las er im großen Bud) der Nat. nur die Vor—
rede, — dort lieft er mit erworbener Fertigkeit, mit
„reifer Merdendem Geifte fort — aber er lieſt immer
„die Geſchoͤpfe und die Sefchöpfe find die Buchflaben
„des ganzen Buchs, deſſen bezweckter Inhalt Gott if.
„Der Leſer ſchließt aus den einzelnen Abtheilungen
„iedes Buchs auf den Geift des Abfaffers, u. fo fährt
zer fort, Gott immer naher Fennen zu lernen.“ Ockel
0 AS. 103; 104.
Eebend. V.6. 1. ©. 196 und ©. 201.
Zu oft und zu fehr an die Fünftige Geligf. su
denfen, iſt ſchaͤdlich, ſ. Schlihregroll?’8 Recrolog,
1792228 DB; ©, 322.
Sißen Jeſu Chriſti zur rechten Hand des
669 |
Das Sitzen zur rechten Hand eines Koniges heißt
im a. Zeft., 3. B. Pſ. 110 mohl nicht gleiche Ehre
mit dem Könige felbit genießen, und auch nicht fo viel,
‚als an deg Koniges Stelle berrfchen, fondern vor An-
dern ausgezeichnef werden, mehr Ehre als andere um
den Thron Stehende genießen. |
200 Sefn Ehriftt, Th. 3. ©. 290,
Bol. D. Gabler’s neuefted theol. onen. 98.9.
38 ©t. ©. 262-663 „von ber Nothwendigkeit des
Todes Jeſu,“ von D. Gabler.
704 Nachtrage und Berbefferungen.
Tod Jeſu, Unfterblichfeie der Seele,
Tod Zefu, Th. 3. ©. 290.
Dal. noch: hiſt. philofoph. und eregetifche Darth,
lung der verfchiedenen Gefichtspunfte, aus welchen der
Tod- Jeſu —— werden —— Breslau 1802. 8.
(13 Rthlr.)
Uebel, (das natuͤrl.) or 2. S. 347:
Bol. Betrachtungen über die Natur, nicht nach
Bonnet und Sander. Leipz. 1801. 8. PR eine Anti⸗
Theodicee, vor welcher ich warne.) |
Unfterblich£eit der Seele. Th. 3. ©. 398.
Bol. die Schrift: Athanaſios oder Verf. über
die Freih. und Fortdauer des M. im Tode, von ©.
W. Fri. Benecden, Östtingen 1801. gr. 8. |
— 11. ©. 440. Die Unſt. erhellt auch daraus nach
ibrem großen Werth, 1) daß der Glaube an die-
felbe der Grund aller Rel. if. Ohne diefe wäre Gott
nur ein Gegenſtand der tieffinnigen Betrachtung, und
es befände fich Feine religiofe Berbindung zwiſchen
ihm und den M.; 2) die Unſt. entraͤthſelt alles, was
ſonſt unbegreiflich iſt. Unſer Urſprung, unſere Beſtim—
mung, die Kraͤfte unſeres Verſtandes, die Unendlichkeit
unſerer Begierden, Pflicht und Gewiſſen — alles iſt
uns ohne Glauben an Unſterblichkeit unbegreiflich.
— II. prakt. Folgerungen, S. 447. bemerke man
noch:
6) Man fühle den unendlichen Werth des M.
Denn Jahrtauſende vergehen und der M. ift doch nicht
verloren. Gein Leben iſt wie ein Morgen ohne Abend,
eine Laufbahn ohne Ziel. Wäre nur einer unfttrblich,
wie würden Konige Denfelben beneiden! Hat aber die
Unfterbl. etwas von ihrem Werth verloren, weil fie
allgemein iſt? Der Menſchheit Würde fühlen ift ein
rechtmaßiger Stolz.
7) Man achte und liebe feine Mitmenfchen. Denn auch
das Leben des Geringften ifE ohne Ende. Der Ge—
ringfte nimmt Theil an dieſer Ehre der Menfchheit.
Wer darf ihn alfo wohl verachten?
-
=
l
Regifter
—
705
Regiſter der angeführten und erffärten Bibelſtellen.
Die vdm. Zahl zeigt den Theil, m. die arabifche Sie Seitenzahl an.)
Be. 18, Mofe
1, U 117.57
I, 26. 21% 8:37
111, 16
3, Ser 392
/ 5: . a . 585
IB, Mofe
Be RO Be
Pſalmen |
Ir 3° 1.48
23, 3. 11.263
33, 6. 1.95 **). III. 22
31, 7. 111: 460
99 2. 1.343
94:9. , il. 17
159; I, I: 136
>, TAI 1. 49. 50
— 14. 3 III. 39
Eſaias
7, 13. III. 694
Al, 4. 1. 346
45, 15, 7 II. 341
49, 15. 111 540
—— ————
64, 4. x» Ill. 106
| Jeremias
Er A Fa I. 265
IN 108 3:33
ZU ZBEN SS ; 1.50
Maleachi
3, 6. De ee ul
Matthaͤus
5, % 1. 257, UI. 103,4,
6,9. H: 263
6, 33. Ill. 561
0. 22 I. 206
55. I1,11% 1il. 206
10, 29. 3% I. 313
et. 111. 561
12, 24:32. Ill. 217
ar 41. 11. 598
— „1: 287. 290
22: 23:30, III. 650, 665
24: 51. 48.1107
Ey m u GE. 111. 515
26, 38, 11::237
79% | I. 240
28, I9. 111. 252
Chriſtl. SI, Lehref. d. Ca nzelgebr.
Marcus
4, 28. Tr. 551
9, 44. #. 158. 160
16, 16, 111. 259
Lucas
Ir 3/5: I. 05.
12,.10-72; III. 247
Far. 17-24... % 1. 191
16, 19:31, II. 151
III. 103. 650
16, 24. II. 160
v8. 177: III. 260
20, 354530: 1. 158
HIT EN 1. 2
— 42, II. 240
241.43. 11. 630
Johannes
3, 3 111.635
ann. x Il. 637
4, 24. II. 21. 22
5, 16=47, I. 147
ZB 25, 1. 166
ı 63. I. 95
— ———— 11 44:
8, 31. 11. 358
— 32 und 36, I. 352
II, 47:50, 11. 242
14, 2, 1m. 103
0, 225, IT. 650. 663
14, 10, IIl. 650, 655
14, 23. ill. 487
16,22, 111. 649, 655
17,11, il. 369
17, 24, II. 650, 665
Apoſtelgeſchichte.
und 25, I. 388. 389
— 24228 I. 22
— 27, +. ;
3]: Ill. 612, “u
Driefan bie Roͤmer
I, 19. 20, : 2.98
2 4, 1488
247 R Ei4#4
2572, Er. Te E52
3, 3 und Ar il. 67
3, 21,023, 31. 311
sr 29, 30. I. 277
3,1. 31. 311
5.12. 1.370, IH. 343,344. 460
3 Th. 2,
706
Briefandie Römer
MmAse I. 461%
Tr 24. 201
9, 15. Il. 305 u. 307
11, S2. 7% \ il. 303
ı Korinther
I, 30 I. 338
27 9. 1% 111. 106
4, 3. 311. 614
4,15, iIT. 638
= Tr ste H. 1.
18,514, Ir 73
18, 16. 1.5.6.
11, 24. 25. A
IT; 27:: 29, I. 25
11, 29. 1.22
I, 3 31..20'R, I5
13,. 10:12. III. 136
15, 222.25 Jl. 162
— 25,26. III. 209. 210
— 30:38 1. 164
— 38:41. 1. 164
— 50, 650
— 53, III. 127. 2 mal
u Korinther
3, 18. III. 142
5ı 7. III. 649
Zr 10. III 619
ur RR il. 210
— 19. 20. Ill. 52
6, 14. en 147
10, 5 il. 503
Galater
2, 16, 17, 11 311
5,4. II. 311
Coloſſer
370% I. 420
Ephefer
272; Il. 305
I, 13. II. 226
4, 9. II. 168
— 22, 23. 1. 34
Ar 24 Veh 1. 42
Philipper
2, 9:11, 2
3, 14. III. 109
Sal IL. 157
——
1 Theſſalon,
2, 19. 20. 605
4, 3 Ar 7. u. 149
Regiſter der erklaͤrten Bibelſtellen.
Ar
Ar
2}
2
2;
Ar
3/
2, 20. 27.
3, 1. % 11.103, 104, IH. 136
Lu 20.55
Ill. 103. 4. 136
31 8. I. 300, 301, 332
Br. an die Sbraͤer
2r 4. J. 337
— 15. 1. 336
4, 9:11. III. 130
4, 12. III. 61
+, 8 und 9, il. 243
7, 26. 27» il. 186
Il, 3. III. 21. 22
12, 14. III. <03, 104
IN II. 50, 665
Briefdes Sacıy „?
I, 14. 15. III. 233
Ir 12, III. 452
—— —
5, 94
Offenb.
14, 13. III. 130
21, 4. III. 124
1 Theſſalon.
14. 17. 18. II. 650, 665
— Il. 665
u Theſſalon. MN
13, 11. 305
1Timoth.
19. II. 204
1I Timoth.
12. "5 HE. I04
Zi. 'g | III. 103
Titum |
5. J. 342
III. 256. 638
3:7. 111.254
ı Br vetri |
3. | III. 637
ders) =. 18:.203
24. Ill. 215
15:20. II. 168
J III. 253. 264
11 Br. Petri |
10, II. 309.
10:13, III. 598. 5%. 605
I. 129
13
; Brief — |
1. 1925 III. 4
707
Anweifung, — Artikel der chriſtl. Glaubenslehre
und Meral für den Canzelgebrauch in alph. 9 dnung
nach Anleitung der iahrlichen Sonn - und Feſtraͤglichen
Evangelien in Rel. ⸗Vortraͤgen abgehandelt werben Eins
nen, hauptfachli für Dred. und Send. in den fon.
Preuß. Landen.
Nur da, wo die nachgewieſene Materie nicht ſo leicht in einem
Art. zu finden iſt, iſt die Seitenzahl und der Band angegeben. —
Es find oft der Kuͤrze wegen die Materien, worüber gepredigt wers
den kann, Eurz Ei dem Hauptinhalt bezeichnet, weil Pred. ſelbſt
leicht das Thema iedesmal formiren Eönnen, Die im Druck ausge—
zeichneten Worte zeigen die Artikel an. weiche in ver alph. Orodnung
beyder Werfe nachzufchlagen find, und GL. zeigt die chrifil. Glaubens⸗
Iehre, und M. die Hrifil. Moral, die roͤm. Zahl dert Pant, und
V. Ads 5n 8. ıfe— und V. B 5n 2. 2te Abtheil. und die
arab. Zahl die Geitenzahb! an. Die der 2n Abth. des zn B. Her
hr. Mor, angehbängte Zabelle von der Verwandſchaft der Tugen—
den und Lafter Eann zur vollſt. Abhandl. ieder Materie gute Dienz
fie leiſten. — Bolftändigkeit fische man in diefer Anweiſung nicht,
Am ın Sonnt. des Adv. Matth. 2 1:9.
B. 1:29, vol. mit Matth. 27; 21. 22. Unberändigreit,
Wankelmuth — MM. Gl. IE. 394 f,
V. 120. Dienfifertigkei t Cüber) M. I.
| Gehorfem gegen Gott — (gegen feine) Gebote
und Vorſchriften, M. in dieſ. Art.
10 nn Sein, Lob Gottes, — M. IV.
— Ehre > Berhalt. in Rüdf. auf) — M. I.
— Ehrfurcht vor Jeſu — SM. 1.204.f. DI. Jeſus
©,-591 f.
— — Hochachtung Ginderer — zu befördern if} Prise, Nau.
ob des Guten — MM.
V. 89. Bibrungen \ Verhalten bey guten — M. ıv.
— ei (Verb, in Ruckſ. des Lobes) ni Iv. vol. d. Art,
Ru
V. 9. vol. Matth. 27, 22 (Ende) (wider 4% Wankelmuth,
IR, Ver B:
Am on Sonne. des Abo. Luc. 21, 25-36.
V. 25237. Aberglanben (Warnung vor — und) 3eichen
deuterei, M. Lund V
V. 34: 36. Gefahren (Nerh. in nahen —) M. u.
Zukunft (Sorge für die —) MVB.
Aufmerkſamkeit auf ſich ſelbſt, M.
— — Leiden (Vorbereitung, auf zukunftige —) M. IV.
DB. 26. Furcht Abmahnung, ſich nicht au fürchten und zu er⸗
j Shredens freien, M. —
992
B
— —}
m
in
708 Anweiſung der Materien
34 Sn ee (Warn. vor der —) M. vol. d. Yet. v
Nahrungsmittel, Speifen, Tranf, Freßſucht, M.
Maͤßigkeit (em. zur —) I, val. Nugternheit, M.
5 eltliebe (Warnung vor der — ) MM.
Nahrung sötergen Warnu ing Vor — M.X.
V. 36. Wach jamfeit (9 Nothwendigk. Der —) SI. N. A.
Sicherheit (Era, ta nicht zu fiber zu feyn) PM. V. A.
Am an Sonnt. des Adv. Matth. 11, 2=10.
Keligion (Pflicht, in feiner — gewiß zu werden) — II.
=
3weifel (Verh. in Ruͤckſ. der Sl uͤberh., und —
Religiouszweifeln insbefondere) M ERTL
Glauben lie “ah Gewißhett in f. Glauben,
Lebergeugungs nad Ueberz. zu trachten.
3. 8% Keligionger kenntniß (Pflicht, nad einer gründl.
Erk. in ſ. Rel. zu ſtreben, ®1. I. 378 f
I under Zefu (die Art, wie Tel. Chr. W. that, eine
wieiz., wie wir wohlthätig ſeyn müffen). &L. It.
Wohlt! hätiı seit (Erm,, fo wie Jeſus wohlth, zu wer:
den) ©. V. B. und Gemeinnäßlidhfeit, M. II.
Gutes (Rerik, d. Gelegenbh. & Gutes thun) M. III.
1.5 NA NrmeV.L.ıB ©,
8,6. Gefug (1. A.) IU. ©; 503. Warn. vor Sleichgültigfeit
V
*
*
gegen ihn, M, III. 310,
Borurtbeile (PA., von — frei zu werben) M. V. A.
TA NEE Warn. vor — M. Ir und IV.
Unzuverlaͤßigkeit — M. V. A. 689
Feſtigkeit des Charakters — tigt nah — zu
trachten) M. J.
Be gr) Wider die — M. v. A und 2.
8.9.10. Menic (wahrer Werth des Wale; ‚IV. Werth).
Hochachtung vor ſich ſelbſt — M un. -
Am an Sonnt. des Adv. Joh. 1, * 28.
Bekenntniß Jefu Pfliht, Jeſum zu befennen) M. 1.
Erienntniß efu (richtiger — wer er iſt) Gl. 324
Aufrichtigkeit empiehinngeinäzbige Tugenden, M. J.
Ehrlichkeit und IL.
Wanrhaftigfeit (die Pfliht der —) M. V. B.
Wahrbeit Ofliht, die —_vor der Obrigk. zu bekennen,‘
M. V. B. vol, Eid, Zeugniß.
V. 19. „wer biſt du?“ — Seibferfenntniß ei a
eV.
V. 20. 21. Befheidenh
Demuth
Borzüge (Berh. in Küdf, der —)
V. 20:23. Selbſtbeurtheilung (Pide u, eg —
Dreiſtigkeit (edle —) V. B. Machtraͤge.)
27
+
\
ei )Ermunterung zur
zu Relh.Vortraͤgen über die Evangelien. 709
26, Lob des Guten an Andern M. IV. *
Hochachtung Anderer iſt zu befürdernf DR. II.
Am ın Weihnachtstage, Luc. 2, I=14.
Andenfenan Jeſus, —6
Verdient (Pflict, ſich um Andere — zu machen) M. V. B.
Aufklaͤrung fc, bie — unter den M. zu — ern)
J
1:5. Unterthanen Hfliten der — gegen ihre Ob buͤgk
1.3. Gehorſam). M. IV.
7. Armuth (Verhalten in — MM. 1.
7. 8. Arm ih ſchaͤndet nicht, M. Armuth iv. 9, ©. 95.
vgl. den Art. Geringe, M. U.
30. Unerjorodenheit Erin, zur — bey einem aufen
Gewiſſen) a. Vs:
8. 14. Gefang, M. 111.
14. Sereht ung Gottes. atiat det — Ehrfurcht v vor
Verherrlichung Gott) IR.
—— (unter ———— M. V. B.
Am an Weihnachtstage, 1) Luc. 2, 15-20.
Von der Verbindung der Sorge für die irdiſche Wohlfahrt
mit der Sorge fürs Ewige, IM. V. B. 405 f,
Es iſt moglich, die Sorge 5 — e Seele mit d. Berufsge—
ſchaͤften zu verbinden. ebend
15. 16. Wißbegierde (E am. zur — M. V. B.
Unterſuchunasgeiſt. M. V. A.
Wahrbeitsliebe er M. V. B-
17. Berbreitung 8 Guten,
19. Predfaten (wie fe anzuhören?) M. IV.
20. Xob Sodtfes, M. iv.
Dankbarkeit gegen Gott, M. II.
Ueber Matth. 23, 34° 39:
Religinneverfolgu nger (von —) M, IV.
Irrende (Veihalten gegen — M. I.
Duldung (Pflicht der —) Mi.
37, @eflerum
Zurechtweiſung Anderer (liche, Andere zu beffen)
SM. .
am Sonnt. nach Weihnachten Luc. — 33240.
2. 36. 37. (in Berdind, mit DB. 25.) Alte (Pflihten der
alten) M. I- |
34. Gleichguͤlt igkeit gegen Jeſus Bern, vor dee —)
Sp. III. 345
m ruh GReigung zum — wider die — —JM.V-B.
37. Wirtwen (Pfücht der —) m. ve’Bi (vgl, den Artikel
Wa ayie)
Gottesver ebrung >. Tee er —
ei andige — iſt Pflicht) M. tu 405
Gebet, Andacht, Erbauung, M.
RB
i
N
Anweiſung der Materien
8. 40. Kinder, (Pflicht der — vgl. die Art.Lernen, Wißbeg)
E
E
K
G
Steommigteit — Efruͤhe, oder in der Jugend) M. I.
Am N —— 1) &uc. 2, 21.
Reben Eigenſch. des menſchlichen Lebens) M. er 26 AR
(W Werth des —s) M. IV. S. 28. (N. II. 4.)
= Anderlißfeit alfer Dinge, M. v. A F B.
t(hoher Werth und Gebr. der —) M. V.
Be ef erung (Ermunt. d. neuen Jahr * umgeaͤnd.
M. zu werden) M.
Name Sef u (Warn, vor — Misbr. des ap}, sn
1
Andenken an Jeſus (M.T. u. im Art. Jeſus M.
2) Ueber freie Texte.
Wuͤnſche (Verh. in Ruͤckſ. unſerer —) M. V. B. verb.
mit dem Art, Erwartungen? M. U.
Beſtimmung (Nahdenfen über unjere —) M.u. OL 1.
Ewigfeir Gottes (Erwägung der — u. Unverändert:
liofetr) ©l. 1. und II.
Ewigkeit (Borbereitung auf die —) M. I.
Sufunft(v. der Neigung auf die — zu fehen) M. V. B.
Werke (gute — Mittel, recht viel — zu Chun) Gl. III.
Am Sonne. nad) Neuiahr, Matth. 2, 13-18.
La
— Schaͤdlichkeit des — 5. B. ein Laſter führe zum
der —f andern, M. IV. 368.
14. Entioloffenheit (Bert) der —) M. H.
13. 14. Öefahren (Ber). in —) M. III.
Leben (Pflicht, fein — zu Ric M. AN
Vorſichtigkeit (Pfiihe der —) M.
16. Zorn (Adarnung vor dem findlichen - M. V. B.
Grauſamkeit und Harte (Warnung vor der—) M. I.
18. Kinder (Beruhigung beym EUER Tode der —) M. II.
607.
Klageſucht x
Murten Warnung vor der — M. IH.
Am ın Sonnt. nach Epiph., Luc. 2, 41-52.
KaiehN ng (gute — der Kinder it Pflicht) M. u.
i N zrg »erhalten gegen we M. II und II.
47. Froͤmmigkeit (frühe — Nutzen der—) M. II. 612,
eſellſchaft (ante — behutſame Wahl in Ruckſicht der
Sefellfh. ınd des Umganges) M.ızund v.A.
. 47. Klugheit (if ruͤhmlich) M. ıu.
49. Beruf (freue Abwartung unferes —) M
Erbanen (Pflicht, fih und Andere zu —) in. 1. vol, den |
Artikel, Erbauungsſchriften, V. A. 71:73
zu Rel.»Vorträgen über die Evangelien. 7ıı
V. 52. Verfiand (Pride, feinen, — auszubilden) MV.
EIIELT
+
2
2 92
.
3
4.
5
I
vgl. Rn: Ars. Aufklärung, Lernen, Biäbe:
gie
Elternfreuden — M. U. 347 f.
Am an Sonnt. nad) Epiph., Soh. 2, I=II.
Eh e (Führung einer gluͤcklichen —) M- u.
— (Gegenfeitige Theilnahme an den Leiden in der Ehe)
SM. IE. 123
Bergnugungen (Berth der —) M. V. B. u. II. (Art.
| Sreuden)
— — (v. erlaubt. Genuß und v. tugendh. Verh. in und
bey den —) M. U. (im Art. Freuden) und V. B.
Er N 5" p Betragen auf — M. IM.
Geſſellſchaft Werd. in —) M. I.
Gefhlent (weibl, — Beruf deilelten) M. IL.
dothleidende Gerh. gegen — Theiln. an Anderer Rei:
den) Mirtieid. M.
Wopithatigfeit, M. V.B.
Dienfifertiafeit, M. I.
: Armuth (Verſuchungen der —) M. J. = 94 f. (X. III.)
Sertrane n auf Gott, M. V. B.
Vorſchriften Sotteg Folgſamkeit gegen Br M. v.
* Sparfamteit Pflicht der —) M.
Am zn Sonnt. nah Epiph., Matth. 8, 1-13.
Mitleidegefuhl } min als ı uforderung für ung, auch
nm’
. D*
=
-
8.
9.
Io:
Dienftfertigfeit/ mitleidig und dbierjif. zu ſeyn — M.
in d., Art. Mitl., Dientf. Gl. I. 191 f
Slaube au Sefus— 61.1.6, 60. (N. HI. B.)
Mitleiden —
-Leidende (Pflihten gegen —) M. IV.
. Dienttfertigfeit, M. I.
9.9 ——— (pflichten der — gegen ihre —
b
.Hausgenoſſen „richten gegen unfere —) M. HL. 476 f.
"Herrfhaften (BerbindlichfE. der — gegen — Gefinde)
M. IH.
Kranke (Verhalten gegen —) M. TIL.
Theilnahme an den Schidt. Anderer, (M. in den Art.
Mitleid, Mitfrende und Leidende,)
Befgeidenheit und Demuth (Ermehn. Re, M.
un
Ehre und Vorzuͤge (Verh. gegen —) M. und V.
Stande (Ungleigheit der — iſt Wohlthat) M. V. A. Br f.
Geſinde (Pflicht des — gegen Herrſch., vgl. Luc.7, 2u. 4.)
M. in den Art. Dienfiboten und Geſinde.
13. Glauben zu Gott ee — Werth.) SL.
0—
7* 2
Arnweiſung der Materien
Am an © Sonnt. nach Epiph. Matth. 8, 13-27.
Keligion (Werth der — in Leiden) GI. II. 384. 338.
V. 25. 26. Kleinmuth und Saghaftigfeit (wider —) M.
- 1. und, V. B. vgl, au den Art. Berzagtheit,
SM. \
Unerf Srduenheit (DfL,, imer(chtocen zu ſeyn) M.
Muth GWortheile des TER N. IV.
GSeelengrdse, MV: A
Stand in ae Gefahren und im iin:
lud, M. im Art. Leiden und V. A. 310 * * den
art. Gefahren,
efahbren (Verhalten in —) M. J——
rtrauen auf Gott (während der Leiden x) M. v.B.
geben (Liebe zum —) M. IV 32 [
V. 27. (auf Gott angewand:) Allmacht
Maieſtaͤt und G Sröger Gottes,
Öl. In®2 246 f. |
Am zn Sonnt. nah Epiph., Matth. 13, 24:20.
&
ee
Boͤſes (Hebel —) Gottes Unſchuld bey * Zulaſſ. des —
Gl.· I. 210. und II. im Art, Ue
Böfes (Hang zum Boͤſen) M, LU. . e
Verdorbenheit ver M. Sl. ru. M. in Art. Laſter⸗
haͤftigkeit und Bosheit, IV md I
Irrthum und Irrende (Berhaälten gegen un EI. Ir“:
Duldung— (v. d. dr, Rel.) M. II. und vgl. d. Art.
- Stel, : Partheien.
24. Sandmann (Verh. des —) M. IV.
28. Schadenfreude (wider die —) M. V. A.
Kranfungen (Warn., Andere nicht zu Franfen) M IH.
28. 29. Religionseifer (wider den falfhen —) M. IV.
Am sn Sonnt. nach Epiph., Matth. 17, 1:9.
4. Lebensgenuß, M. IV:
Vergnügungen (wiefern und wann ift es erlaubt, fi
zu vergnügen?) M. IL. (im Art. Freuden) u. v.B.
3. Gehorſam gegen Gott und Jeſus.
9, N Werlaung vor den —) M. ur,
Am Sonnt. Septuageſimaͤ, Matth. 20, 1-16.
——— man muß ſich eine serie) wählen. M. I
einen gewtiien und IV.
ee (Erm. zur —) M. 1. ©, r84 f
Onadenwirfungen Gottes (darf der Sn auf — und
anf feine Beſſ. war ten?) GL I. Gnadenw. und
Gutes.
Muͤßiggang (wider den IM. Iv.! |
Geſchaͤftigkeit (unfere — wie fie einzurichten iſt) M.
— ——
Arbeitfamfeit (it Pllicht M. J.
Arbeiten (man muß mit Fleiß und ai a 2)
*
zu Rel.WVortraͤgen un Die if 713
V. 8 Steiß (der — belohnt fih) M
Gerecht (man. muß gegen —— — ſeyn) M. II. vol.
# d. Art. Unpartheylichkf en
z Arbeiter (Verh. gegen —) M. 1. ©. 82 f.
0.9. 12 U. 15. (wider die — — Ungenuͤgſamk.)
-M. 11 und V. A.
Neid (wider den — und gegen die Mißgunſt) M. IV.
V. 11. Murten und Klageſucht (ind Lafer) M. 1v und II.
Ungenuͤgſamkeit, Eigennuß, Lohnſucht. M.
Öute 4 (man muß — thun, ohne auf Belohnung zu fehen)
III. 34 :
Genügfamkeit eu. zur = M. IU.
Am Sonnt. Sexageſimaͤ, Luc. 8, 4-15.
Predigten (wie fie anzuhören .- IV. 8. 0.9rE, (öffentl)
| Söfttesyerehrung, I. B. Ir B. ©. 375 und 395 f.
Glaube muß mir Tugend verbunden feyn, ÖL. 1. 243 f.
und ZEI, im Art. Werke (gute), auh M. III. 329,
Belehrung Anderer it Pflicht, M. 1.
Geele (Sorge für die —) iii Pflicht, M. V. A.
Zuhörer (Berhalten der —) VE VE B:
19:12. Religion (warum wirkt fie fo wenig ꝛc. =
Io, Gefühllofigfeit, Verhärtung, Verftodung, on
12. Zerfiteuung (Shädlihe. der —) M. V- B.
14, Beltliebe, Nabrungsforgen. M.
©. 15. Herz (gutes —) 2 Werth des guten H. M. III.
ee 8
Am ©. Quinquageſimaͤ oder Eſtomihi, Luc. 18, 31:43.
V. 31. Leiden Je ſu (welche — hat er ferduldet?) GI. I. 234f.
— 6GGereitwilligkeit Jeſu zu a Sl. a
gif.
V. 31: 33. Leiden (Morbereifung auf kuͤnftige — 33 IV. 91 3
Zukunft GMachdenken über die —) Öl.
Geduld in unvermeidl, Leiden, M. ım.
Gelaffendeit — Seelengröße in — M. 111
A,
und
V. 34. Verhartung — M.
V. 35:43. — Beh. gegen —) M. V. A. (vgl. d.
Art. Leidende.)
VNothhuͤlfe fol man gern leiften, M. —
Wohlthaͤtigkeit (Erm zur —) M. V.
Am S. Invocavit (od. in S. in d. nn 4, 1:11.
— in und bey — STB,
erführen orſichti ur Zeit der
36 — a = MV. B.
ge (Berh, "dep böfen — um un M.ı
und Il.
V. 2. Ein ſamkteit (utzl. Anwend. der M. u.
7 14 Anweiſung der Materien
— Bermeffe nheit— Verwegenheit Cin Gefahren) M. V. B.
8.9. Suͤnnlichkeit — beherrn Pflicht, M.
Einbildungskraft A und I.
chmeichler (Verb. gegen —) R. ar
V. 10, Verehrung Gottes, Ehrf. vor Gott, M. UI. 192 f.
Am Sonnt. Reminifcere, (on Sonnt. in d. Saften)
Math... 15,217 28.
Gebet (Mißbr. des
— (Anhalten im IM. Ki >;
Dreijtigkeit (edle I MV. B: — m ———
Zudringlichkeit (wider die —) M.
Vertrauen suf Gott, M. V. B. |
Leidende (Achtung gegen —) M. IV.
. 23. Fuͤrbitte (it Pflicht) M. I. O14 f.
24:26. Baterlandsliebe (vgl. auch M. V. . 12.) M.
B
Dienſtfertigkeitz Ermahnung Rh Ba welche
Wohlthaͤtigkeit zunaͤchſt?
3. 28. Glaube (Werth des —) GI. II. 70.
Vertrauen (Ruben des —) M. vV. B.
Am Sonnt. Dculi, (zn Sonnt. in der Saften)
Luc. II, 14=28.
V. 13 ad, : . |
Shmähfuht wider die — M. V. B. und % A.
DB. 16. Wunderfuht (Warn. * der —) Gl. 111. im Art.
Wunder, M. V.B.
17, —— Verhalten bey — M.
neinigkeit
36iettaͤht ) Sgadlichteit der — WM. V. A. und B.
Hausfrieden (es iſt eine ſchoͤne Sache ak lieben —
III.
*
V. 24:26. Ruͤckfall (Schaͤblichk. des — M.
Beſtaͤndigkeit im Guten (Erm. zur — . I.
V. 28. Rübtungen leg“ — gute — Mıvuı.
Empfindungen
Am Sonnt. Laͤtare, (an Sonnt. in der Faſten)
208.6, 11
Gott ſpeiſet uns durch die Natur eben fo wunderb.
und liebreih als Jeſus dag Volk in der Wuͤſte,
M. im Art. Nahrungsmittel,
Gl. im Art. Erhaltung.
Seele (es laͤßt ſich wohl die Sorge für die — mit der
Sorge für leibl. Erh. verbinden) M. V. B. ©. 405.
Gott thut mit wenigem viel (eine Erm, zur Weich.
und Klugheit) Gl. 1. 113 f.
V. 5. Mitleid d, M. IV.
5:8. Nahrungsſorgen (wider —) M. IV.
zu Rel.Vortraͤgen über die Evangelien, 715
V. 7:9. Mißtrauen (Warn. vor — gegen Gott) M. IV.
V. 11. Tiſchgebet.
8. 12: 13. Sparſamkeit weh er der —) M. V. A. dal,
den Art. Haushaltigkeik.
— — Nahrungsmittel (DVerh. in Ruͤckſ e —) M.IV.
V. 15. Lob: und Ruhmſucht (wider —) M. IV.
Am Sonne. Judica, S Sonnf. in ber Sa),
| Joh. % 46-59.
Tadel (Verb. gegen Anderer —) I. V. A.
Sanftmurb gegen Feinde, MV. A.
Schmaͤhſucht (wider die — M. V. A. |
87 f. Wahrheitsliebe (Empfehl. der —) M. v. B.
50 und 54 Ehre (Verhalten in Rüdf. auf —) M. 1.
33. Gigeniiebe (Warn. vor find. — M. I.
51. Tugend (Ggluckl. Folgen der — Uehbung) M. V. A.
57: = Religto nseifer (falſcher und blinder — Warn.)
mM. IV
*
—
+
Am Dalmfonntage, (6n ©. in d. Faſten) Matth. ar, 1-9.
S. am ın Sonnt. des Advents.
Nerhalten beym Lobe Anderer, M. IV.
— — gegen Schmeidler, (bey Schmeideleien) M.V.A.
Reich Teju fhat Jefug ein ird. Reich errichten 9
— — Was if das —
—
Am gruͤnen Donnerſtage.
Abendmahl (heil.) M. J. ©. 1-18; Gl. J. 1:35
Am Charfreitage, (die Paſſ.-Geſchichte.)
Tod Jeſ u, Gl. 111. (beſonders das Liebevolle, ſichtbare
im Tode Jeſu.)
Erloͤſung, u
Berföhnung t Gott, ST, I.
Leiden Sein, a 11.
Sterben (Mittel, ruhig und relig su fterben, wie Jeſus)
. A. voce 60Dd.
Luc. 23, 406. Lebensziel des M. Sl. | 22.
Am ın Dfierfage, Marc. 16, 1=8.
V. d. Auferſt. vom Tode, durch Jeſu Auferſt. Degrüns
det F S[. 1.
Unſterblichkeit d. Seele, GL IL.
V. 3. 4. Sorgen (ansfilide — wider I M. V.
VI. 5. Farcht ſamkeit (wider die —) M. I.
B. 9. Liebe (fortdauernde) gegen Berftorbene, M. V. B.
— Wiederſehn noch dent Tode, SL. Lil.
ET.
—
716 | Anweiſung der Materien
Am an Oſtertage, Luc. 24, 13° 35.
V. 14. Geſpraͤche Religions: — zu führen, iſt Pie SR. 11.
B. 17: = MWiederfehn der Freunde ned >. Tode, SL III.
— — Verſtorbene Maßigung der RE über —IM.V.B.
Traurigfeit (wider die —) M. Vv. A.
Leiden und Verluſt (Grunde bey —— Muaths
zu ſeyn) M. V. A. 495:
.23:27. Belehrung \ inderei iſt Pflicht, m. + und
Zurechtweiſung
. 21. Wuͤnſche (Verhalten bey — — — — B.
. 26. Mitleiden Großer Ruben des —) M. ı
. 30, Gaſtmahle (Berh. bey —) M. ıu.
ne
Am ın Sonnt. „nach Dfern, Duafimodogeniti,
Joh. 20, 19>31.
glauben (wider den —) M. V. A.
eifel — Zweifelfu®: (wider —) M. V. B.
ubenspfligt, M. II. 331.
ube (Merth eines vernunftmaͤßigen —) Gl. ıı. 78.
—— (Verh. in Ruͤckſ. der—in d. Rel.) GI. A.
20. Wiederjehn der —— nach d. —— (reuden des)
35. Eigenfinn (wider den —) M, II.
=
Am 2n Sonnt. nach Dftern, Mifericord. Dom.
Joh. 10, 12= 17.
Lehre Jeſu (if die untrüglihfte Anweiſ. 5. Gluͤckſ. —
Gl. 1. 228 f.
Beruf (Treue in der Ausf. unſers I M. J. 184; Gl.
I. 214. _
V. 1 efu Charakter, ST. U. 182 f. und 213.
, — nerbienfie, Gl. II. 170: 79.
Rel.-Lehrer (Pflichten eines redl. und ee —) M.
IV.
Leben Anderer (das — zu reiten, iſt liche) M. IV.
52. unten und ff.
V. 14. Zutrauen gegen Andere zu 5 M. VB.
V. 15. Anfopferung für Andere, M. Iv. 45 ff.
Erlofung der M. durch Ehriftum, SL °ı.
V. 16. (am Ende) Reliactan (Verh. bey
et —)
Neligionsvereinigung, M. IV.
. Ein heit in der Rel. — (Verhalten in Rüdfiht der —)
Gl. I. im Art, Kirche, ©. 200. 20I. ı
Am zn Sonnt. nah Dftern, Subilate, Joh. 16, 16:23.
Leiden (weife Erduldung der —) M. IV.
U, 16, Vater (Sort iſt unſer —) GL, u.
zu Rel. Vortraͤgen über Die Evangelien. 117
Tod (Betracht. des Todes w ſ. erfreul. Seite, als ein
| Hing. zu Gott) M. V. A. (im Art. Tod.)
v 20. unangeneh me (das gegenwärtige — hat Die —
ſten Folgen) M. im Art, Gutes, M.J. a. b. 378,
426. Leiden (ihr Nutzen.)
Bergugungen (wie fie zu genießen) M- V-
V. 22: Wiederfehn nah dem Zode, ÖL. III.
Bußtag, (der iaͤhrl. — am Mitwoch nach Iubilatk.)
Ueber freie Texte.
Beſſerung, M. 1.
Buße, ——
Sunde Abſche uchkeit der —) M. V. A. und S. ff.
Reue (über uniere — M. IV.
Selbſterkenntniß, M. V. A.
Ge! nebeurtheilnng, M. VA.
Sunde (man ſoll jeine Sünden nicht Ge ige) M.
Am — Sonnt. nach Oſtern, Cantate, Joh. 16, 5-15.
3.6. 7. Eraurigfeit (der M. nicht fih oft vergeblih. —)
DB. 7- Einen (Nutzen der —) M. IV
5 Unfterbliht. der Glaube zn Unſt. ui u beruhigend)
V. 8. Gewiſſen (dag ſtrafende —) M. ILL.
Beſtra fen (rechte Art, unſere Nedenmenſchen —) MM.
1.219 #
. 13: 15. Gottes Benftand zum Guten, GI. I. (in d. Art.
Gnadenwirfungen und Gates.)
V. 15. Gemeinfd. mit Gott, Gl. — im Art. Vereinigung
mit Gott.
Am 5n'S. nach Oſtern, Rogate, oder Vocem Jucund.
3
Gebet (Verpflihtung zum Beten) M. = 38, verbunb,
— Nothwendigkeit des Gebets, a
— Nutzen des — M. II. 34,
— Erbörung des — M. Im. 50,
V. 25. V. d. hellern Erkenntniß de Ehrift. in der ——
Seltigfeit, ®|. II. 135 = 15
V. 28. Jeſus Gweck feiner untunfe, — II. 169 f, rldfung
oder.1. 329 f.)
V den Behutſamk. in feinen — M. IV.
Dffenherzigfeit, M. IV.
V. 30, Goͤttlichkeit Jeſu (Heberz. von der — G 4.123 ff.
Am Himmelfahrtsfefte —— Ap. Geh. 1.)
Sinn (himmliider —) M. V.
Ewigkeit (Vorbereitung für die —) M.
*
718 SCHE der Maferien
Gutes (recht viel — zu thun, iſt ber Weg in dem Him—
mel zu kommen) M. in d. Art. Ba Tugend,
Gl. im Art. ante Werke, |
Zufunft Gefu, ÖL zu.
am on Sonnt. nad) Oſtern, Eraudi, 30. 15, 26.
16, I - 4.
Srrenitnit Gottes Bliht, nah einer richtigen —
zu traten) Ol. 1. 314 f.
Gott Gwer it — ) GL. I. 114 f.
R Streben nach — GI. U. 371f.
— GWachsth. in — Gl. 11.378 f.
Aufklarung eottelien der —) M.
Bekenntniß Gen, M. I. 164.
V. 3, Gutmeinen (uber das —) Si. III. 440,
Am ın Pfingfttage, 1) Sjob. 14, 23-31.
Chriſtenth. Vorzuͤge des —) GL 1. 238 f.
Gnadenwirfungen Gottes auf den NR Gl. II. 83-91.
Aufklaͤrung (die Begseb. am Pfingſtt. bewirkte di A.
der Ap. — M. 1
Wahrheitsliebe, R. v. B.
2) Ueber freie Texte.
Ansbreitung des Chriftenfh., OL. LI. 229:35.
Weish. Gottes bey der — des Chriſtenth., ebend,
Segnungen, die das Chriftenth. über die M.
verbreitert bat, ÖL, 1. 238 f.
Am on Pfingſttage, Joh. 3, 16=21.
V. 16. Liebe Gottes zu und, fihtbar im Tode Jeſu, Gl. III.
(im Art. Tod Jeſu.)
%.16.17. Leben Jeſu (3weck — ea Erden) SL. 11.169
HEIZ HKEeh dit zu fchäßen) Gl. 1.
‚19. Lehre Jeſun die — wurde — ie die Erleuchtung der
Welt) SI. U. 226 f.
19:21, Sünden (wesh. fie zu meiden find) M. Vv. A. 363 f.
„20. 21. Gewiffen (gutes — ein unſchaͤtzb. Gut) M, Lil.
Aufflarung (zu bewirken ift Pflicht) M. 1.
Hochachtung vor fig ſelbſt, M. um
ar SITE
Am Sonnt. Trinitatis, Joh. 3, 1-15.
Beſſerung, M. und SL J.
Wiedergeburt, GL, u.
Sinnesänderung Gothwend. der —) SL, I. voce Et:
neuerung, M. V. A.
B.1 1. 2. Wahrheits liebe, M. V. B.
V. 2. Religionsbekenutniß (Werth des äußern In. I.
7%
V. 2. 3. Prüfung der Rel. if Pflicht, GL. U. 367.
'
7
zu Rel.- Vorträgen über die Evangelien. 7719:
V. 6. Verdorben heit (menſchl. — wiefern?) Gl. I.
Hang zum Böfen, M. IL. 463.
Sinnlichkeit qfehlerhafte, Abm er yor ——
Am ın Sonnt. nad) Trinit., Luc. 16, u
| Keihthum (weite, Kl Zum 3 2, M.1
Reichen Di ten der —) M
Guter, Vermögen, Dr fe(ee) ‘(e6) zu gebr. find di)? gr.
. und V.
Bergleihung —— einem — und Reichen, (M.
dad. Urt. Reichth. und: Armuth.)
V. 19. Leckerhaftigkeit wider die — M.Ww. 75 f
V. 19. Aufwand — Lurus — —— (older
SF. und = B. —
Leppigkeit,
Schweigerei Warnung vor der — M. V- A
Vergnügungsfußt (wider die —) M. V. B.
V. 19. 21. Harte, Graufamf. gegen Zime u, Fethleidende.
Seliskeit nach d. Tode (v, der —) Gl. 111.
Hölle Geſchaffenh. der —) Gl. II.
Am on Sonnt. nah Trinit., Luc. 14, 16-24.
Traͤgheit im Guten (Warnung wider die —) MV.
| 491
8, 18.19. Begierden Sn : unmäpige — Schaädligfeit
| der —) 9
Weltliebe (wider die —) M. Y B.
Berbindung des Chriſtenth. mit unfern Berufsgefchäf:
ten, M. VB: ©, AOI
Sefhäfte — Geſchaͤftigkeit — R. rix. 213. 214.
Am an Sonnt. nach Trinit., Luc. 15, 1-10.
Beſſerung des M., Gl. J. 187. M. J.
Fehler (Verh. gegen die — Anderer) M. II.
Umgang (Wahl des —) M. V. A.
V. 4: nur des M. Gl. Tr. und 1. 445 M. IV, 251 f.
ne Plihten gegen — M. V. B. und UI.
Sorge für die Beſſ. Anderer I.
. 9. gi er M. N mt
_ der Freundſchaft, M. u.
S, 2 Fieblofigteit im Urtheil (Warnung vor der —
M. V. A. 094 f.
*
Am gun Sonnt. nach Trinit., Luc. 6 3642.
bei Duldung der Fehler Anderer, M. II. 83 f.
36. Barmherzigkeit Be &1. 1. 173 f.
.. Barmherzigteit m. d. prlicht der os gegen den Näd:
fe
re
7120, | Anweifung der Materien,
BB, 37. Riten (wider das liebloſe —) M. Iv. * I. 244 f.
Beurtheilung Anderer, wie? M. I. 244 f. und V.
Urtheil, vgl. d. Ark, Tadel, °
Billiskeit (eine vortr. und nothw. Pflicht) M. I.
Liebloſigkeit (Mara. vor der — M. IV. 179 f,
Sehler GBerhalten gegen die — Anderer) M. IL.
‚38. Sand (iede beſtraft fih — —
a
Am sn een * Trinit., — 5 Ast;
Berufstreue aber I M. 1. 184 f.
Arbeiten (wie muß am — NM. 1. 74 ff.
Pd AUbEnten — wenn unſere A. geringen) 2. J. sof
— — er mißlingen, M, 1. sıh
beſetn (ein feliger Beruf ar. o,
x u — ein ſeliger Beruf — 214 f. vg
BEN : Seele (Sorge für die Seele Anderer.) _
Freunde — und wodurch a man ſich — Denen D:
565.
V. 5. Vertrauen auf Gott ben unf. Arbeiten: M. V. B.
Selbitverlängnung, M. V.
‚7. Gefälligfeit und Senffertigfeit, N. II. ‚und 1 IH.
3. Wohlthater (Kiebe gegen —) M. v
Dankbarkeit, DI
ee
Am 6n Sonnt. nad) Trinit., Matth. 5, 20:26.
tan eit} ächte — (Erm. zur —) M. IV. 613,
20, Scheintugend Warnung vor — m. Br 371. IM.
Heuchelei 51
Haͤß Barnung vor —) als Quelle vieler 2 Wergefungen,
Empfindlichkeit Mothwendigk,, feine — zu mäßigen)
V. 21. Zürnen ohne Noth, und fündliches — (wider dag) M.
Mord — Todſchlag GWarn. vor um Berireen des —)
Schelten —A v3 2:
Se — Fr B. Gunge)
Zunge ee gend 7
3225. VBerfd nlichkeit (Erm. a —) Vv.B
Pr 26. nl SEEN (ar, wider die — M.V. 4.
er
Am n Sonnf. nad) Trinit. ‚ Marc 8, 1-9.
tigung des Volks durch Jeſus ‚ein Bild von
DI 3. — Erhalt, der Menſchen, Gl. I. 306 f.
Güte Gottes — ſichtbaͤr in der taͤsl.— er. der Men:
ſchen, Gl. 1. 71, at
zu Nel.: Vorträgen über die Evangelien. 721
Nahrungsmittel (Verh. in Nut, d. sg —) M. IV.
& Bamen ne der Pe M. ar
2,3. Empfindfamfeit\ adte — „PM. u
Mirleid Yo = Werth und IV.
Nothleidende (Berh. gegen —) M. I
— (Berh. gegen —) M.V.B. Mater d Naqtraͤgen.)
| — —— (Empfehl. der —) M.
g. parſamkeit 2
Haushältigkeieg Erm. zut — M. V. A. *
Am gn Sonnt. nach Trinit. Matth. 7, 15:23.
Wornach ift dag Sr an Ant zu erk. u. zu beurth.?
?, III. 436.
eufäentguntnii (Anl. zur —) M. IV. 272 ff.
V. 15. Sweinheiligfein Warnung vor der — M. V. A. und
Scheintugend II. 600, (N. III.)
Heucdelei (wider das Lajter der —) M. II.
Andahtelei und Werkheiligkeit, M. I und V. B.
Wiefern man Andern trauen darf und ſoll? M. im Art.
Zutrauen, verbunden mit d. Art. Misstrauen.
V. B. uud IV. °
Umgang (Borfichtigkeit im —) M. V. A.
. 19, 20. Werfe (gute, hoher Werth der —) Gl. II.
. 21. Kirchengehen Gloßes — macht uns nicht felig) M.
111. 382 und 674,
Froͤmmigkeit Mothwendigk. der — M. II.
Fromme (der aͤcht — Kennzeichen des —) M. 1I.
| - :
Herz (gutes, Kennzeichen deg —) M, Im. 99 f
32
Am on Sonnt. nad) Une £uc. 16, 1:9.
Argliit und Raͤnke (wider — —) M. I. und IV.
Ungerechtigkeit Warnung wider) M. V. A.
Betrug (wider das Berrügen) M. 1.
Diebſtahl (Warnung, nicht zu ‚frehlen) M. U.
Klugheit (Erm. zur —) M. 1
Religion it dem M. unentbeb: lich) GL. II. 384.
Beifpiele (böfe — über den Gebr. boſer ng MT.
DB. 2. Verfhwendung Harn. vor —) M. v. B.
V. 3. (am Ende) Faulheit, Muͤßiggang, Trägbeit —
— (alö e. Beweis v. des unger. Hausverw. Sorge für die
Zuk.) Warnung vor Sorglofigfeit, M. V. A.
263 f. (vol. d. Art, Zukunft.)
N, 6.7. Sünden Anderer (CTheilnahme an den — —) M.
vn 978 f»
Ym son Sonn. nach Trinit., Luc. 19, 41-48.
Laſterhafte Verhalten gegen —) DM. IV.
u ngluͤckliche (erhalten gegen —) m. V. A,
Chriſtl. SE Lehre f. d. Canzelgebr. 3 Ch. 3 5
722 Anmeifung der Materin
Strende (Verh. gegen —) M. I.
Strafg erechtigkeit Gottes - — GI. u. im art Ge:
rechtigteit.
Strafen Gottes — Gl.
Beſſerung (Urſachen, warm an wenige fich beffern 2) M.
207°
V. 41. Mitleid (chriſtliches — — Leidende) M. IV.
V. 42. Befferung Anderer ft Pflicht M. I-
— Önadenzeit (Benukung der —) Gl. II. or, verbunden
mit M. II. ©.438. und III. 368. voce Gnadenſtand,
auch V. B. 205 f.
— — (Warnung vor der —) M. V.
V. 45. Eifer im Guten, M. II. 260 ff.
34 si rchen (wie wir unfere — anzufehen an M. I.
zes
Am zın Sonnt. nach Trinie., Luc. 18, 9214.
V. 9. 14. Eigenliebe — Selbſtſucht, Stolz, Selbftgefälligkeit,
(Warn, vor — wegen ihrer nactheiligen Folgen) M.
— — — ee (ift noch wahre Tugend und aͤchte Froͤm⸗
migkeit) M.
V. 10. 11. Heuchelei (ein abſchenl. Lafter) M. III. (vgl. den
Art. Verſtellung, nr
Kennzeihen der —) M. II. 600,
V. 11. Selbitlob — M. V. A.
V. 13. Demuth (Erm. zur —) M. U.
— Beſcheidenheit (Erm. zur — M. I.
DBeurtheilung unferer ſelbſt, M. 1- ’
Selbiiprüfung, M. V. A.
Am ı2n Sonnt. nach Trinie., Marc. 7, 31:37.
Sinne (Werth und Gebrauh unferer —) M. V. A. 215f.
Gebrechliche (Verh. gegen —) M. II.
V. 32:37. Sprache (das Gluͤck des M., daß er ſprechen (reden)
fann) M. V. A. 294
Zunge (redter Gebr. unferer —) M. V. B. und IV. im
Art. Rede.
V. 33. Dienftfertigfeit, M. u.
V. 36. Berfhwiegenheit, M. V.B.
Plauderhaftigkeit (wider die —) M. IV.
B. 37. Dankbarkeit gegen Gott (ift Pflicht) M. II.
— Wider die Unatt, dab das Gute, welches ung gewohnt.
ge wird, fo wenig Eindr. auf uns maht —
1
Undanfbarfeit (Warnung vor der) M. V. A,
Wohlthaͤter (Verhalten gegen —) M. V- B.
- Am n ızn Sonnt. nad) Trinit., Luc. 10, 03 « 37.
Menſchenliebe (wie fie fih äußern muß) — M. IV.
Menfchenfreund (Schilderung d. wahren —) M, IV. 265 ff.
| re,
zu Rel.Vortraͤgen über die Evangelien. 723
Wohlthätigreit (nad Renten techtmaß, Ermweifungen )
Belümmern (es it Pflicht, fi um Andere zu — MI.
175
Barmherzig keit und Mitleid mit Elenden, M.1. u. IV.
Leben (es iſt Pflicht, Andern dag — zu erhalten) M. IV.
52
Fremdlinge (Verhalten gegen —) M. v. B. B. unter
den Nachtraͤgen.
Neligionserkenneniß (gute — man muß mit einer
guten — Ausübung der Mel. verbinden) Gl, II. 392
f. vgl, die Art. Glaube und gute Werfe,
weigionsverfaledengeit (Berhalten bey der —)
. IV 99
Benfpiele (gute — über den zen guter B. —) M. I.
Nachahmung Anderer — M.1
29. Ranger (wer iſt —— 2. IV. 299 & 371 4,
1. 32. Unbarmbherzigfeit —
Gefuͤhlloſigkeit wider
Religionshaß (wider den —) M. IV. 689.
Am ran Sonnt. nach Trinit., Luc. 17, 1-19.
Gefundheit (der große Werth der —) M. IL.
— (mie u. wodurd erhalt man feine — 2) M. 1.
V. 14. Keintickeit (Nusen der —) M, IV.
V. 15:18. Andenfen an Gott if Pfliicht, M. I.
— — Danfbarfeit gegen Gott, M. I.
Undanfbarfeit iſt ein haͤßl. Lafer, MR. v>:A,
Urfadhen der Undankbarkeit, M. V. A
Wohlthaͤter (Verhalten genen —) M. V. B.
Geſunde (Plihten der Gefunden) M. IL.
Kranfe, (genefende) — ihre Pflichten, M. II.
. 18. Ehre. Gottes (Gott die Ehre zu geben, was ed
heiße?) ©1. 1. 258.
2
Am ı5n Sonnf. nad) Trinit., Matth. 6, 24:34.
Verrranen auf Gott, M. V.
Sorgen (Berh. in Kuüdt. der Er M.
Vorſehung (soͤttl. — vom Glauben ah Sie —) GL. 1.
Erhaltung der NM. 61. u. (N: V.)
. 24. Reicht hum (darf der ul nah — ftreben und R.
befißen ?) M.IV. vol.d. Art, Güter, Bermögen.
190,38 Naturbetrahtung aufm. 3 zur —) M. IV. und
. 33. Bernfsgeihäfte (die Abwart. der — left fi mit der
| . Sorge für die Seele verbinden) M. V. B. 401 f.
. 31. 34, Sorgen (wiefern fe — ind? BEN nicht?)
V. A. 257
35 2
Pr
&
724 Anweiſung Der Materien
Am ı6n Sonnt. nach Trinit., Luc. 7, 11-17.
Tod (öftered Andenken an den Tod, ein Mittel wider die
Todesfurht) M. V. A. 462 f.
Todesvorbereitung -M. V. A. 337 f,
Sterben Anderer a Eggs —) m. v A.
Religion (aroßer Werth der — = ei — auernde und Lei⸗
dende) SL, II. 388.
Leben (Mittel zur Verlaͤngerung des Lebens) M. IV. 38.
V. 13. Empfindfamfeit (achte — ihr Werth) M. IL. 376,
| Empfindungen (VBerh. in Nüdf. unferer > Fi 11.379,
ee (Mapigung unferer —) M. V
ER — ) Verhalten gegen — M. v.
V. 16. Aufrichtigkeit und Unpartgeitiäteit
*
—
Am ı7n Sonnt. nach Trinit., Luc. 14, 1:IL.
Sonntagsfeyer (wahre und chriſtl. —) M. V. A.
V. 3 f. Sonntag (welche Werke find am ©. —— M. V. A
Sonntagsfeyer (welchen Nutzen gewährt bie, Tehte_ 2)
V. A.
V. 7: Gaſtmahle (Verhalten bey —) M. III.
Befheidenheit (von der —) M. 1
Am Michaelisfeft, Matth. 18, 1-10.
Kinder (gute Eigenfch. der — — ——2
649.
V. 10, Engel (von den —) Gl. J. SR
Am ıgn Sonnt. nad) Trinit. Matth. 22, 34: 46.
a (Entwaffnung der —) M. U. 473 f.
B. 37. Liebe zu Gott über alles (was? — wie?) M.
46
Selbſtliebe (vernünftige) M. v. A. -
Naͤchſtenliebe — M. IV. voce Menfchenliebe.
Menfhenliebe (weshalb tft fie das Haupt = u, Grunde
gefeß aller Rel.?) M. IV. 319
V. 39. Becken (gegen Die — Bin Hätte) M. IV LIT,
V. 40. Geift des Chriftenthums
” Seit aller wahren Rel. SL 1. 348 f.
V. 42, Wer iſt Sefus Chriſtus nad feiner Würde, Verdienft
und Char.?2 GL, II. 123 f. und 170 f,
Am 19n Sonne. nach Trinit., Matth. 9, 1-8.
Bergebung der Sünden (was, wer wird derf, theil«
haftig?2) SL, 111.
zu Rel. Vortraͤgen über die Evangelien, 725
V. 2. Sefunde (ihr Verbalten —) M. IM.
Kranke (Verhalten gegen — verbunden mit ©. 8, IM. IT.
Sranfheiten (Berhalten in = verbunden mie, V. 8.)
M. U.
Sutrauen (wie und wodurch kann man fi Anderer —
erwerben?) M. V. B.
V. ne (Warnung vor —) M. I.
V. 4. Gedanken (Pflichten in Rüdf. unferer —) M. U.
| "arsmo - 2 Warnung vor — M. I. und V. B.
V. 6. Kräfte (und Faͤhigkk.) wie fie zu aa ge on 118.
97T.
Am 2on Sonnt. nad) Trinit., Matth. 22, 1-14.
Sleihguültigfeit in der Rel. er vor —)
IT;
Sl.
Keligion (weshalb aͤußert fe — ihre Kraft?)
398.
Berufung Gottes (der M. durch Sort zur Tug. und
Geligfeit) ST. 1.
Bortheile des Befuhs (Theiln.) an der öffentl.
Gottesv. M. ne 3833.
DB. 11:13. Borfihtigfeit im Wandel, M. V. B.
Laulichkeit im Chriftenth. (Warnung vor —) M. IV.
Keligionsverähter (Nrrhalten geaen —) M. IV.
690. vgl. d. Art. $rrende,
V. 14. Nur allein der — Chriſt wird ſelig werden. —
Am 2ın Sonnt. nad Trinit. Joh. 4, 47:54.
Eltern (Pflichten d. Eltern gegen ihre K.) M. II. 352.
Elternleiden.”
Borfehung (gokkl., ift auch in Leiden fihtbar) GL. 111.
Herrfhaften und Dienjtboten, (was koͤnnen beyde
von einander mechfelfeitig fordern? M. 111 und 11.
V. 48. Liebe zum Wunderbaren, M. V. B. 449.
— Wunderfuht (wider die —) m. Y.B. 451 f, SL, u.
im Art, Wunder.
3, 50. Vertrauen zu Gott (Nuben des —) M. V.
Am zen Sonnt. nach Trinit., Matth. 19, 23+35.
Vergeben (denienigen gu —, welche ung gefränkt und
beleidigt haben , tft Pflicht) M. * B. 44 f.
— ndesliebe (Pflicht der —) M.
Schonung gegen Andere, M. V. —
Nadfiht gegen Andere, M. IV.
Billigkeit gegen Andere iſt der — weit vor⸗
zuziehen
Schuldner Gerhalten gegen ka MVB AZ,
726 | Anmweifung der Materien
V. 28. Ungeredtigkeit — vor > — a dem Scheine
x des Rechts) M —n AH;
Härte gegen m. Hict — abzulegen) * III.
Unverſoͤhnlichkeit GWarnung vor — rl
Feinde (Werbalten gegen —) Il.
Sanftmuth (Pflicht der —) Mm. v. A.
Am 230 Sonne, nad Trinit., Matth. 22, 15-22.
Obrigkeit Cpriaten der Unterth. gegen die —).
15. Argliſt und Falfhbeit (Warnung vor —) M. Iund u.
. 16. Aufrihtigkeit (ift Dicht Des — ya r
16. 18. Schmeichler (Verhalten gegen -—) M. V. A
— — Falſche (DBerhalten gegen —) M. u.
V. 19:21. Gewiffenhafrigfeit (von der —) M. u.
- Unpartbeilibfeit (Empfebl. dert —) M. V. B.
Reden (Klugheit in — tit fehr ruͤhmlich) en. IV.
V. 21. Bürger GWerhalten eines guten —) M. I
oo
Am 24n Sonnt. nach Trinit., Matth: 9, 18-26.
Zutrauen (gegründeteg, tft von — Kraft u. Nutzen)
Vertrauen zu Gott (feſtes, iſt — —— MV. B.
V. 18. Fuͤrbitte (für re iſt Pflicht) M. 11.
V. 24. Richtige Anſicht des Todes von feiner erfreu—
lihen Geite, M. V- A. 433 f. 462 f, ,
Neubegierde (fündlide —) M. IV.
Spottjuht gegen Leidende und we iſt ein hist,
Laſter, M. V.
Andenken an Gott, M. J.
Am 25n Sonnt. nach Trinit., Matth. 24, 15:28.
Strafen Gottes (wegen begangener Sünden erfolgen
gewiß) GlI. 1.
%. 21. * Leid en ge aa in Leiden.)
3:26, BerfühbrteN a gegen ’
—— EIER af Serhalten MB
Leichtglaͤubigkeit (Sädlicteit der ws * IV.
B27. Ar (Warnung vor dei 0 2 Ne
Wachſamkeit (Erm zur —) M.
12
D
Am 26n Sonnt. nach Trinit., Matth. 25, 31-46.
Weltgericht (Bas zuf. BER und allgem. — nad ſ.
Beſchaff.) Gl. m.
f. Seligkeit nad dem Tode — (worin?) SL, II.
N 5:20. Menfhbenliebe (Berth der —) M. IV.
Er V. der Hölle, (nad ihrer Beſchaffenh.) SL. u.
zu Rel. Vortraͤgen uͤber die Evangelien.
V. 41:43. Unbarmherzigkeit
Grauſamkeit
Liebloſigkeit und Harte)
Ym
Beſſerung (wider d
Ewigfeit (Borbereitung auf
Klugheit (Empfehlung der —) M. TIL.
727
Marmung vor — M.
Vz A.EII und IV.
27n Sonne. nad) Trinit., Watth. 25, 1-13.
en Aufſchub zen M. I. 200 f.
die —) M
=
Wahiamfeit (Empiehlung der —) MV. B.
Vorfichtigkeit (Empfehlung der —) M. v.
Tragheir im Guten (wider die — —) N. V. A.
491: 93.
Ende des dritten Theilg.
ı4, 17.
Anzeige
von noch einigen in diefem Werke mit Euren —
angefuͤhrten Bibelſtellen.
I Mof. 2, 17. Th. III. ©. 345 1 Br. an die Corinther.
Matth. 6, 24. 111.307 4, 3. TH. III. ©. 6ıa
— 27, 46. 111: .333:..05°.272 III. 488
— 22, 30, 111:,666 20), IT; LII. 598
Suc..1o, 18, 1112 9326: :23,.'0, 211. 522
308. 35.16, III. 318 U Br. an die Corinther.
— 11, 25. 26. 28. 111. 437 5,19. III. 523
-— 44, 10: 11I. 304. 5, 21. III. 294
II Dr. des Petrus,
Apoſt. Geſch. III. 280
— II. 369 Br. an Die Hebräer.
27, 31, 111.600 2, 14. 111. 277
9, 22. III. 519
Br. and. Römer. 1Br. des Sohbannes,
512 d III.- 488
460.1 .3,,70.,387; III. 488
7, 13. IlI. 461 Drief des Sacobus.
11: 336... 3, 14.125, III. 286
728
Der
dem Gebra
Drudirrungen
Drudirrungen und Verbefferungen.
Verf. bietet die Lofer und Herren Recenſ. vor
uche und vor der Beurtheilung diefes Werks
dieſelbe zu berückfichtigen, fie aber der Buchdruckerey nicht
zur Laſt zu legen. |
Seite
Seite
tr EI RE 1A
|
!
—
3
133
139
183
335
336
370
371
372
389
395
399
403
zeile
|
BASE
5
I
A
Erſter Theil. |
U Ban: Eich:
v.u. Deral Eeres.
v. 0. denn den Juden war L denn ed war
ven Suden.
he}
v. o. gespiffen und froben IL gewiffe und
frohe.
v. o.preißel. preiſe.
v. o. werdet — — gemäß L werdet der
Hriftl. Lehre gemäß gefinnt,
v. 0. Bertragel. Vortrage
v. u, Göttern L. Götter.
12% WAR Ber DIR Au DE
Zweiter Theil.
v.o.n. Tre t des Av.
v. u. Nudolpfi L Rudolphi—e
v. o. od. d. Columnentitel feine L. fein
v. u. Joſepfs l. Joſephs, eben fo ©. 338. 3. 11.
79, 0 88
v. o. Epipf. l. Epiph.
v. u. ſt hren ftoren.
für
v. u. erkenne l. erkennen.
v.v. it L. gibet-
WRtleıihL Tre
v.0. Vergeb. L. Vergebung der Sünden.
v. 0. Warenholz l. Barenpot;.
Dritter Theil, Er
vw. ein L bey.
u. Würkungen I. Wirkungen, fo wie an
vielen folgenden Stellen, wiewohl auch ver:
fhiedene Gel. Würkungen, Würkſam—
Eeit und würklich fchreiben.
v.u. befannt gemacht IL. mitgetheilt wor:
ven ift.
aus l. von; man febe das 3. DB. von Leber:
fhwemmungen in eine Parenth.
v.u. wieder L weiter.
v. u. Sternenhelle L. fternenhelte.
v. o Gteifel Geleife.
ft. tährlichen L. in einer gewiffen Zelt er:
folgenden.
vu. leuchtet erieuchten.
c
*
Seite
Eeite ır Zeile
1
PEERBREFF SESERELET STEHE NG
I
=
Seen —
12 —
13 —
27 —
3 en
und : Berbefferungen. 3
14 v. af 848 1. dief.
18 v. u. hinter Land fege man ein Comma.
15 9%. N t..und L oder,
37:9. 'Tt Ten,
zz vu. Lafien I. läßt.
1
39 Teste Zeile IV Mof.. 16, 22. 1. I Moſ. 9, 6
43 Zeile
43 [sich
44 Zeile
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39-1
ss. —
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II. —
115 —
337 —
118 —
1242 —
16 v. u. worden find L. wurden.
e man das und in der Parenth. 3. 2 v. u. aus.
Buche Bud.
19 v. o. Hinter dd ſetze man; nicht blos.
22. 23 harmoniſch L harmoniſch antrifft.
18 v u. Unterricht I. Unterrichte.
36 v. u. unterſtützen L. beſtätigen.
2. 23.0 u WM ensVerterL miı tid
17 v. 0. aängemefiernem I. angemeienen,
7 nr ee etu.,k fernere
1 » 0» find Sie zuſammengezogenen Wörter genau—
mit in 23 Bor ver zu trennen,
vu. Ernett , Erneit
v.D. Hinter © hriftftellen fege man: wie man
meint.
2.1. Denn wenn L blos Wann.
vu. fief L- Liegt, eden
d.; Desgl,
wn..
"8;
—8
2
—
on
er
“
«
3
7
8 — ae Sı
15
en zu.
8 — hinter erwarte man iſt das Wörtchen das
ausgefallen.
1,29 u, unverletzt L. unverleglich,
o/’v.0 Kahr Liunfer.
8 bey ſteht fihliege man die Barenthefe.
16 v. u. verbafigeut L veräbjicheuet werden,
12 9. D.:wiyd f, werden.
ı500.it — — Duell. L maden einen nie
verfiegenden Duell aus
4 v. 9, Hinter fiegt ergänze man das Wort: grdf
"tentheil3,
190.0. fiel, es,
7.8. gebildetL. hergeleit
2 vn. wahrhaft I scher
SE MR EIT Tester,
i9 d. o. Kennten IL Kännten.
7 9, fiatt des ? fege ein |
12 9. D. ertaunendesStL in Erfiaunen ſetzendes.
36 v. uf. worden Liifl:
16 9. u. fege ſtatt des Comma's Hinter Fönnen einG),
eben ſo 3. 24 Binter —— n.
31:15 hHeilefie — Alles under den Himmel
verbergende Gewölk verireibende
L. die, heitfte Aufklärung, oder das Ber:
ſchwinden Des Kiles umher und den Simmel
ververgenden Gewolks.
ı7 bringen L, veruriähen,
1
1
5
1
rs
Z
I
Chriſtl. GL Zehrer. d. —— 3 czh. Aaa
+
4
*
FE Druckirrungen
Seite 124 Zeile 23 v. o. bringen EL führen,
134 — 34 v. o. bringt L fest.
126 — 109.0. Gott. Er. <
— s v. o. hinter Geiftes feße man: Bier.
ss1. — 7 urn L Leibe |
II
154 - 10 v. o. find die 2 hinter Begriffen fiehenden Wör—
ter: Der Erde auszjumerzen.
— 156 — 0 v. u. löſche men das Wortchen alſo aus.
— 1653 — 5 v0 Thirnemann's l. Thienemann’ $.
— 168 — 153 v. u. etwal. wahrſcheinlich.
— 176 — 16 u. äußere L außeren,
— 200 — 9 9. o. Hinter Wißbegierde fee man: fättigen
wollte,
— 20 — ı6»Uu Diud L Drude
— 204 — 5 2.0. und 6 iſt die Stelle Gal. 6, 7. 2te H. in eine
Parenth. au ſtellen.
— 210 — 6 v. u. hinter ſtatt fese man an bie Stelle eines
Punkts ein (3).
— 213 — 180.0. f alleihre Libre ganze Krafk
— 2:16 — 15 v. u. AHL Aufſatze.
— 235 — 5 vu. u ſichs l. es ſich.
— 237. — 170 2. fiegtek fiegten,
— 0243 — 2 008. Shier l. Tbiere
— 215 — 160 02. ftait des (,) Hinter Doffneng feße ein 6)
— 257 — 69.9 Pauptfahe bey d. Taufe L dievo«
züglichſt zu erreihenden Folgen
von der Taufe.
— 262 — 5,20. desgl.
— 206053 — ı v. ee Die göttl. So
derungen und Die den göttlichen
Zufagen angemefnen Pflichten zu
erfüllen — wahrgenommen habe?
— . 263. =. 92. 233 0. u. diefe, Wohithak. EL zrmE..diete
Wohlthat.
— 264 3 0 u Chriſti, als wichtig wegen ihres Zwecks
bei l. Chrifti, und als wichtig ihres
Zwecks wegen Theil.
— 267 — 50.0. merze man das: nicht vor den Worten den
N ag aus,
— v u. ftatt d. h oder,
— — DD die,
273 —34——
280 — v. o. Briefsl. Briefes; Hinter dies Wort ſetze
man ein (3).
#EJ
— 282 — 19%. 0. inwohnender l. einwohnender.
— 300 — 20». u. vermochte 1. vermogte.
— 305 — 3 » © wieer fs, wiegleigmüthiger.
— 307 — 120.09. Gotteswürdigen DEICHEMU L von
einer würdigen Verehrung Gottes.
— 310 — 209. 0. ift dad (,) dinter wo heran auszumer⸗
zen und hinter Gott zu ſetzen.
— 312 — 5 bis 14 hinter haben ſetze fratt des (.) ein 5; binter
Rater 3. 9 v. u. rüde man die Worte ein:
ſobald fält dDiefe Beſorgniß weg.
und Berbefferungen. 2 IE
Seite 321 Zeile 5 v. o. andre I. andere,
323 — 4 vergeben 1. vergoflten.
— 324 — 21290. 0. zurückrufe l. zurückrufen.
— 3277 — 10 v. u. Schwarz; 1. Schwarze.
— 333 — —0 v. u. ſt. des (,) ſetze ein (:).
— 338 — 15 v. o. das Comma hinter Ra laggken verãn⸗
dere men in ein (5). - Statt der 6 folg.
orte ll. man: indem fie ed — —
fen, auch fo zu Leben, wie Geiug
ledte, |
— 348 m A. u werdel, werde man. RER,
= 350 — zz 9u bunte Shwäde fehlt: if.
— 350 a v0 nich hinter in auszuſtreichen
— BE 7,0 905 Were
— 358 — ı50.ufielLbdie Sonne
— 1369. — '17.0..0.f. der 22 feße man ?!
an 8 80. VI Bener. Bei {
gan 12 1300 Unterhaltung Erhaltung.
— 268 — 14 v. u. den l. dem.
— 384 — ı vv hinter ſchwer fege man aud. r
— 383 — 6 v u Ainter 1784:87 lebe man: in 8.
— 386 — 1280. Brofiber gert BrafiDerger’sg
— 388 — ı12.zov u it: An. ©. 17, 22. 25 mit den Worten:
eine — Gottes in eine Parentheſe zu
fesen, um dieſe Worte als eine Bemerkung
über iene Stelle anzufehen,
— 39 — 4 v2. leben! L Leben Laßt?
— 340 — 3 vu. dieienige Wiſſ. — — ZTheile l. Die von der
Kuföfung und Scheidung der Theile Han-
delnde Wiſſ. eigen.
— 407 — 26 v0. eine gehörig davon! Davon eine gehörig.
— 421 — 0 0.09. vorm L vor dem.
— 423 — v.0, Scub L Hamm, eigentl. abe Dort:
| mund,
— 430 — 152 u die Vorſicht L und die Vorſicht.
— aaa — 3698. Ver ©, den &mwigf,
443) Te» 2 89l LEI gergt,
— 443° — 13% D. fü. eine-L Die,
— 449 — 3209. 0. andern (Hinter Grundſ.) L. verändern,
— 453. IE DB einfallt LG sufaak.
— 453 — 17 v. u ſtatt des () hinter auffalten fee man ein 6),
u. 453 —— II u einest ein.
— 462 — 20 9,0. fürtteienden I, hervortretenden.
— 46 ur u Da k Meil,
— 4165 — Io» ov. ter. In Ddiefen Schriften.
— 465 — 2580 0 Loft Lößt.
en vpo
ann nit nicht ſonderlich.
— 49 — ı vf'. u. iſt der Name Tifcher’$ einzuklainmern.
807 — 5. win einer L der
aus san, aufi. für
ee TEN 1. il
— 5847 .—.16 Gpitl Gottes Borfeydung.
> 99.0 - 79. Qo.bemwirfte-L BewirEe
—
732 Druckirrungen und Verbeſſerungen.
Seite 552 Zeile 18:22 leſe man fo: desgl. ſage man bey diefer- Bew
Ä gleigung mit einem weifen — guten Haus—
vater — bewirkt, Folgendes: Fürften u. ſ. w.
566 — 7 2.2. run! ade —
— 567 — 14 v. o. Unfere bloßen Augen L Blos unſere
Augen.
— 567 — 225 v. u. hinter geht fege man ein ().
— 569 — 8 Tide men das zu hinter Frey, >
— 560 — 29 v. o. nur b. ni nur,
— 610 — 16 9.0. blos befannte LE ganz unbefannte,
— 6100 — 5 v. u. wieest fo wie es auch.
— 611 — 18. 19 v. o. öffentlich L deutlich.
— 611 — 159 u. offentlicdh L Dffentid.
— 611 — ı * u. ſtatt des (.) hinter 720 ſetze ein: und —.
— 613 — 22 u. kennte $, kännte.
— 645 — 23 je u. if das Wörtchen blos auszumerzen.
— 646 — 13. 14 9. u fi. Dieses — — gewiß L Wird Diefeg von
ienem abgezogen, fo iſt gewiß.
— 648 — 20%. u hinter Noch mehr fee man ein Comma.
— 648 — vu fol wohl ;
— 619 — 4 v. o. entbehrlich FL unentbehrlich.
— 650 — 16» 0 hier ial. hier io nicht.
— 654 — 3 v. o Ahndungk. Ahnung,
— 660 — 3 v2. find l. gibt i
— 660 — 11 v. o. Diergegen l. Diegegen.
— 672 — 13 v. u, hinter I Theſſ. 4, 17 ſetze: D. C. Se Am
mons chr. Rel.⸗Vortr. üb, d. wicht.
Gegenſtſt. d. Gl.⸗ und — ır Thu 23EN.
Erl, 1803. 8 NR. 8 u8..2. Einf, ven
d. Glaube an ein a in der Ewige
auf unf. Zug, Hat.”
676 — 209.0, anordnen L anordnend.
678 — 1890 undL um. ‘
6078 — 18 — ihm ſich.
Sn den 2 erſten Theilen iſt mehrmals ftatt deg Diphthong's ph irrig
pf, z. B. in den Worten Mebe, Philoſ., Joſeph, Epheſer u. a. m. ge:
fest worden. Die in den Bogen Kr, Er bis 33 Und in dem Vorrede—
bogen des Zten TH. vorkommenden Drudfehler belieben die Zefer ſelbſt zu
verbeffern, inden ſolche dem Vf. nicht vor der Ausg, Des Sten Th. vor
Mugen gefommen find.
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Deacidified using the Bookkeeper process. ;
Neutralizing agent: Magnesium Oxide
Treatment Date: March 2005
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111 Thomson Park Drive
Cranberry Township, PA 16066
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