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Full text of "Correspondenz-blatt des Zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg"

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Library of tbe Museum 
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COMPARATIVE ZOÖLOGY, 


AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. 


Founded bp private subscription, in 1861. 


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Korrefpondenz-Dlatt 
des 


zvologisch-mineralogischen Vereines 


Regensburg. 


Siebenter Jahrgang 1853. 


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Regensburg bei Friedrich Pustet. 


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Fiorrefpondenz-Dlatt 


des 


zoologisch-mineralogischen Vereines 
in 


Regenshurg. 
Nr 1 «, Jahrgang, 1853. 


Jahresbericht 


des 
zoologisch-mineralogischen Vereines, 


vorgetragen in der Generalversammlung 
am 3. Februar 1853 
von Dr. Schuch. 


Nach herkömmlicher Weise lege ‘ich heute den Rechen- 
schaftsbericht über das verwichene Jahr in Ihre Hände nieder. 
Gerne erfülle ich diese Pflicht, da über die Entwicklung des 
Vereins, über seine inneren und äusseren Verhältnisse nur Gün- 
stiges zu berichten ist. Die Aufzählung der Einläufe im Gorre- 
spondenz-Blatte gibt Zeugniss, wie ergiebig auch im vergangenen 
Jahre die Beiträge zu allen Zweigen der Vereinssammlung waren. 

Die Bibliothek erhielt sehr reichen Zuwachs an werth- 
vollen und oft sehr umfangreichen Schriften gelehrter Gesell- 
schaften und an Geschenken theilnehmender Freunde. Sie ist 
in bester Ordnung aufgestellt und steht allen Mitgliedern des 
Vereines nach der Bibliothekordnung zur Benüfzung bereit. 


Zur zoologischen Sammlung kamen mehrere sehr sel- 
tene Säugethiere, und, wie immer, auch werthvolle Vögel. 


Besonders aber hat die Mineraliensammlung einen 
ausserordentlichen Aufschwung genommen. Durch reichliche Zu- 
sendungen befreundeter Mineralogen und die bedeutende Schank- 
ung ihres jetzigen Conseryators (s. Corr.-Bl. 10. 1852. pg. 147) 
hat die oryktognostische Abtheitung dieser Sammlung sich um 


mehr als das Doppelte vermehrt, und ist dieselbe von ihm in 
1 


u. 


den vorhandenen grossen Schränken systematisch aufgestellt und 
neu etiquettirt worden. | 

Auch die paläontologische Sammlung erfreut sich’ gegenwär- 
tig einer neuen Aufstellung und wird durch die wissenschaftliche 
Aneinanderreihung der vorhandenen, sehr bedeutenden Petrefak- 
ten-Vorräthe zu einem interessanten Ganzen umgestaltet werden. 


Das vorhandene Material wird; in drei Hauptabtheiluggen| ge- 
bracht, in die oryktognostische, Gebirgsarten- und Petrefakten- 
Sammlung, wornach sich folgende Eintheilung ergibt: 


A. Oryktognoslische Sammlung. 


Katalog, Nummer 1. I. Nichtmetallische Mineralien. 
2. ‘II. Metallische Mineralien, 


B. Gebirgsarten-Sammlung. 


III. Allgemeine Gebirgsarten-Sammlung. 

IV. Sammlung der oberpfälzischen Gebirgs- 
arten, der in diesen vorkommenden und 
beibrechenden Fossilien,’ ‚geordnet nach 
den vorhandenen Gebirgsformationen. 


C. Petrefacten-Sammlung. 


V. Kohlengebirge. 
VI. Trias-Gebirge. 
VII. Oolith-Gebirge. 
VIII. Kreide-Gebirge. 


IX. Molasse und Diluvium. 
X. Alluvium. 


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Jeder der Kataloge 4—8 enthält sowohl die Oberpfälzischen 
als die fremden Petrefacten, erstere werden mit schwarzen, letz- 
tere mit rothen Nummern bezeichnet, in der Aufstellung dage- 
gen die oberpfälzischen gesondert gehalten, so, dass sämmt- 
liche Vorkommnisse des Kreises eine Reihenfolge 
bilden. 


Die einer jeden Formation angehörigen Genera sind, mit 
Belassung eines entsprechenden Raumes für die Arten, nach dem 
Index palaeontologicus von Bronn in den Katalog eingetragen. 


Die Nummern auf den Etiquetten bezeichnen die Seiten des 
entsprechenden Katalogs, ‚wornach jedes Exemplar leicht in dem- 
selben aufgefunden. werden kann. 


Zu bemerken ist noch, dass die Namen der Geber nicht nur 
im Korrespondenzblatte angeführt, sondern auch im Kataloge und 
auf den Etiquetten beigesetzt werden. 


Kein Freund der Mineralogie, welchem Zweige dieser Wis- 
senschaft er auch seine Aufmerksamkeit speziell zuwenden möge, 
wird fortan die Sammlungen des Vereins unbefriedigt verlassen. 
Während der Anwesenheit der Königlichen Majestäten im ver- 
flossenen Sommer dahier hatten sich auch die Sammlungen des 
Vereines des allerhöchsten Besuches zu erfreuen. Der König 
und die Königin verweilten lange in Besichtigung der einzelnen 
Gegenstände, fragten über das Alter und die Verhältnisse des 
Vereins und sprachen Ihre volle Anerkennung über die mit so 
geringen Mitteln erzielten Resultate aus. 


Mit dem Beginne des Jahres 1853 zählt der Verein 


Ehrenmitglieder h ; L F 12... 36 
Correspondirende Mitglieder ) } 47 
Ordentliche Mitglieder, 
a) hier wohnende . 0 F un 
b) auswärtige . . : . > 88 , IE 
Im Ganzen . . . 284 Mitglieder. 


Leider hat der Verein auch den Tod mehrer seiner theil- 
nehmendsten Mitglieder zu beklagen. Aus der Reihe der Ehren- 
mitglieder verlor er ausser dem Herzog M. von Leuch- 
tenberg inneuester Zeit auch denFürstbischof Freiherrn 
von Diepenbrock in Breslau. 

Von ordentlichen Mitgliedern haben wir zu be- 
trauern: 

in Regensburg Herrn Stadtkämmerer M. Bösner, Herrn 
Kirchenrath Keyser, Herrn Kaufmann W. Fuchs und Herrn 


Hofrath Dr. Lang; dann Herrn Med. Dr. Meinel in Roth und 
Herrn Gerichtsarzt Dr. Blöst in Sulzbach, 


1* 


Der Ausschuss 
besteht aus folgenden Mitgliedern: 


Vorstand: 
Herr Dr. Herrich - Schäffer, 


Sekretär: 
Dr. Schuch. 


Conservatoren: 

Herr Angerer, Hauptmann, 

„, v. Baumgarten, Pharmazeut, 

‚„‚ ‚Bertram, Regierungs-Assessor, 

‚„ Forster, Patrimonial-Richter, 

», Dr. Fürnrohr, Professor, 

» Wineberger, Forstrath, 

» Pindl, Privatier, 

„» Popp, Kreis - Ingenieur, 

„ Seidel, Kassier, 

»„, Steer, Inspektor, 

» Wein, Dechant. 


Bibliothekar: 


Herr Hofmann, Rechnungsrath, 


Kassier: 


Herr Eser, Apotheker. 


Verhindung mit anderen Vereinen u. Gesellschaften. 


Mit den nachgenannten wissenschaftlichen Instituten, Gesell- 
schaften und Vereinen sind bisher Verbindungen angeknüpft oder 
neuerdings angebahnt worden: 


Altenburg. Naturforschende Gesellschaft des Osterlandes. 

Augsburg. Naturforschende Gesellschaft. 

Basel. Naturforschende Gesellschaft. 

Bamberg. Naturforschende Gesellschaft. 

Berlin. Deutsche geologische Gesellschaft. 

Bern. Schweizerische Gesellschaft für die gesammten Na- 
turwissenschaften. 


Bonn. Naturhistorischer Verein der preussischen Rheinlande 


und Westphalens. 
Breslau. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur. 
m Verein für schlesische Insektenkunde. 


Dürkheim. Pollichia, naturwissenschaftlicher Verein der 
bayerischen Pfalz. 

Erlangen. Physikalisch-medizinische Societät. 

Frankfurt a. M. Senckenbergische naturforschende Ge- 
sellschaft. 

Frauendoıf. Gartenbaugesellschaft in Bayern. 

Freiburg im Breisgau. Gesellschaft zur Beförderung 
der Naturwissenschaften. 

Gratz. Geognostisch-montanistischer Verein für Inneröster- 
reich, 

Halle. Naturwissenschaftlicher Verein. 

Hamburg. Naturforschende Gesellschaft. 

Hermannstadt. Siebenbürgischer Verein für Naturwis- 
senschaft. 

Klagenfurt. Naturhistorisches Landesmuseum von Kärnten, 

Königsberg. Naturforschende Gesellschaft. 

Linz. Vaterländisches Museum. 

Lyon. Societe imperiale d’Agriculture, histoire naturelle et 
arts utiles. 

„ Jcademie imperiale des sciences, belles lettres et arts, 
„ Societe Linneene de Lyon. 

Mannheim. Verein für Naturkunde. 

Marburg. Gesellschaft zur Beförderung der Naturwissen- 
schaften. 

München, Königl. Akademie der. Wissenschaften. 

Nürnberg. Naturforschende Gesellschaft. 

Paris. Verein deutscher Aerzte ued Naturforscher. 

Prag. Naturhistorischer Verein ‚‚Lotos“. 

Regensbnrg. Königl. botanische Gesellschaft. 
Historischer Verein der Oberpfalz und von 
Regensburg. 


’„) 


Stettin. Entomologische Gesellschaft. 
Stuttgart, Würtembergischer Verein für Naturkunde, 


Wien.  K. K. geologische Reichsanstalt. 

Gesellschaft von Freunden der Naturwissenschäften: 
j Zoologisch - botanischer Verein: ': 

Wiesbaden. Verein'für Naturkunde im Herzogthum Nassau. 

Zürich. . Naturforschende Gesellschaft, 


„ 


Stand der Vereinskasse. 
Einnahmen. 


fl 5 ir. 
Von Sr. K. Hoheit Prinz Adalbert . ; ; 19.411 
„ Sr. K..Hoheit Herzog von ‚Leuchtenberg 50. 


Sr. Durchlaucht Fürst von Thurn u Taxis 50 — 
Herrn Fürstbischof Freihrn. v. Diepenbrock 5 _— 


„” 


„ 


Jahresbeiträge hier wohnender Mitglieder 20 — 
7 auswärtiger Pr Re) A VOBIEREE 

Für Korespondenzblätter  .. .? „..,10.. UBER 
Für verkaufte Vögel - Doubleiten Sa 2 A 

 Summa 437 fl. 45 kr. 

Ausgaben. 

fl. Er 

Passivrest vom vorigen Jahre 5 \ h 26 ’58 
Für Schreibmaterialien, Packpapier, Lithographie &c. 35 45 
Für Buchbinder - Arbeiten B & 3 En DOSENRO 
Für Schränke &c. .... ; » i 1 $ 5 

Für Inserate > k R : : 1 10% 
Für ‚Beheizung, Belseching, Reikirund N 4: 30 
Für Bedienung 3 : ED: 1 
„ Frachten Porto’s an Botenlöhne ; .,..65: 40 
‚„ Miethe ö i i SACHE: : i 2 — 
„' Korrespondenzbtate m. vı."ı rn. rl 
„ die Sammlung der Säugethiere s . 26 38 
im 29 „ „. Vögel . - un © sr 
‚„  Feuer- Versicherung i ; : 2 0 
„ Buchhändler-Rechnungen . . .  . 30 = 


Summa 492 fl. 57 kr. 


Abgleichung. 
Einnahmen 437 fl. 45 Kr. 
Ausgaben 492 fl. 57 — 


Passivkassarest 55 fl 12 kr. 
Eser, d.Z. Gassier. 


8 


Ueber das Dorkommen der foffilen Hölzer bei Pilfen. 


Fossile Hölzer finden sich zwar in mehreren Formationen 
aber besonders häufig, und durch ihre Lagerungs- Verhältnisse 
von einigem wissenschaftlichen Interesse dürfte das Vorkommen 
silicifizirter Hölzer in dem pilsner  Steinkohlen - Gebilde sein: 


Wie ich schon an einem andern Orte bemerkt habe, !) hat 
das pilsner Steinkohlen-Becken ungefähr ‘10 ‘Quadrat - Meilen 
Flächeninhalt, und. bildet ein länglichtes Oval, welches seine 
grösste Länge von Süden gegen Norden ‚hat. Dieses Gebilde ist 
von mehreren Anhöhen der. kohlenleeren Sandsteine in meh- 
rere Mulden getheilt, welche durch die eruptiven Gesteine, die 
die Thonschiefer oder das Liegende der Kohlenformation durch- 
gebrochen oder gehobeu haben, im Zusammenhange stehen, und 
deren Streichen fast von Osten nach Westen geht. Ich habe 
meine Erfahrungen und Untersuchungen bezüglich dieser erupti- 
ven Gesteine, welche so störend auf die Lagerungsverhältnisse 
der Kohlenflötze einwirkten, früher schon mitgetheilt. 


Das Kohlengebirge bei Pilsen ist’ von der im Osten liegen- 
den, ungefähr 2 Quadratmeilen grossen Radnitzer Steinkohlen- 
mulde blos durch einen Rücken von silurischen Gesteinschich- 
ten getrennt. 

Die grösste Ausdehnung hat dieser Rücken zwischen den 
Dörfern Kazniau und Nemeowic von 7000 wiener Klafter, hinge- 
gen beträgt die Rückenbreite zwischen Deutsch Bris des pilsner 
und Darowa des Radnitzer Kohlenbeckens nur 4000  wiener 
Klfter. 


Das Hauptstreichen dieses Gebirgsrückens geht von Süden 
gegen Norden, und in demselbon sind die reichhaltigsten Lager 
des Alaun- ‚und Vitriol-Schiefers, auf denen einer der grössten 
Bergbaue. des Landes geführt wird. Ich erwähne hier blos der 
bedeutenden Werke bei Hromitz und Weisgrün, 


Zwischen’ dem’ Thale des Misaflusses bei Pilsen, und des 
Tremoschner Baches erhebt sich die Anhöhe von Locholin und 


*) Korrespondenz - Blatt des zoolog. mineralog. Vereines in Re- 
gensburg 1847 p. 70 und 1849, pag. 35’ 


verbreitet sich in Osten gegen den weissen Berg und in Westen 
über den Sittnaberg gegen das Dorf Kottiken, in einer Ausdeh- 
nung über 4000 Klfter. Die höchsten Kuppen dieses Höhenzuges 
sind: ?) 
1. Der von Pilsen nordöstlich gelegene Weisseberg 1040, 23‘ w. F, 
9. Der Locholiner Berg an demgrossen Steinbruche. 1212, 83° ,, , 
3. Der Sittnaberg (Conglomerat) nördlich von Pilsen 1302,.68° ,„ ., 
Diese Höhe kann man,annehmen als die grösste Erhebung 
der Steinkohlenformation von Pilsen. 


Das Plateau der Steinkohlenformation von Radnitz nämlich 
in Bras ist nach David 1422 wiener Fuss über die Nordsee er- 
höht; folglich um 120 w. Fuss höher als das von Pilsen. 


Sowohl diese Anhöhen, als auch die fortsetzenden Bergrü- 
cken gegen Rotticken, und auch der zweite von Tremoschna sich 
ausbreitende Rücken gegen Böhmisch Bıis und Wiskau, bestehen 
aus bis zu Tage anstehenden Kohlensandsteinen, die in ihren 
Mischungsbestandtheilen und Bindungsmitteln sehr variren. 


Besonders am Locholin zeichnet sich der Kohlensandstein 
aus, dessen Quarzkörner von mittlerer Grösse sind, grau von 
Farbe, mit blassgelben, bis einen halben Zoll grossen Feldspath- 
körnern verbunden, das Bindemittel ist ein weisser mehliger 
Thon mit einzelnen, von Eisenoxydul gelbgefärbten kleinen run- 
den Parthien, dann ein kieseliges Cement, und kleine Drusen 
von Steinmark, und gar keinem Glimmer. 


Dieser Kohlensandstein besteht fast aus denselben Elemen- 
ten, wie der Granit, unterscheidet sich jedoch durch die relati- 
ven Verhältnisse dieser Elemente, und deren körnige Struktur. 
Aus diesem Sandsteine werden die bekannten Pilsner Mühlsteine 
angefertigt. 


Ein anderer Sandstein, der den Kohlenflötzen näher gelagert 
ist, ist feinkörnig, weich, von grauer Farbe, und thonigem Binde- 
mittel, mit sehr viel braunen, etwas weniger silberweissen Glim- 
merblättchen. die theilweise so überhand nehmen, dass das Ge- 


®) Die Höhenmessungen verdanke ich der Güte des Herrn Doc- 
tors Ph. und k. k. Professors Jos. Smetana in Pilsen. 


stein schieferig wird. Von Feldspath sind einige Körner nur 
sparsam zu sehen. 


Dieser feinkörnige Sandstein verliert seine Festigkeit, weil 
der Glimmer in ihm Wichtigkeit erlangt, und ihn griesartig macht. 
Dieser Sandstein wird nur als Baustein verwendet. 


Der Kohlensandstein, der die Hauptmasse dieses Kohlenge- 
birges bildet, ist kleinkörnig, mit‘ einem thonigen Bindemittel 
verbunden. 


Derselbe besteht mehr aus zerriebenen Elementen, die Quarz- 
fragmente sind vorherrschend, das Gestein gewinnt Festigkeit, 
und ist der Sandstein, der nicht nur für alle Steinmetz - Arbei- 
ten verwendet wird, ‚sondern der auch den vorzüglichsten Bau- 
stein liefert. 


In diesem Kohlensandsteine kommen bis 4 Fuss lange Stämme 
vor, die cylindrisch, dann und wann platt gedrückt sind, ohne 
alle andere Form oder Merkmale, nur sind sie stets mit einer 
Kohlenrinde bedeckt. Die Cylinder selbst bestehen aus Kohlen- 
sandstein, der sich von dem diese Bäume umgebenden durch 
nichts unterscheidet. Diese Stämme, die weiter noch nicht be- 
stimmt sind, zu welchem Geschlechte der Flora der Vorwelt sie 
gehören, werden von den Steinbrechern und Steinmetzen ge- 
wöhnlich ‚Röhren‘ (Zroubi) genannt. 


In dem nämlichen Kohlensandstein finden sich auch Stämme 
von Calamites arenaceus vor, besonders in den Steinbrüchen 
gegen den grossen Teich bei Pilsen. 


Die oben erwähnten Stämme sind häufig zu finden, sowohl 
in dem untern als obern Steinbruche am rothen Berge bei Pil- 
sen, im letzteren sind auch bis 18 Zoll lange und 4 bis 5 Zoll 
starke Strünke von Stigmaria ficoides vorgekommen, und zwar 
in dem rothen Letten, der zum Theil die Kohlensandsteine bedeckt. 


Zwischen diesen Kohlensandsteinschichten kommen schwache 
Lagen eines dunkelbraunen Kohlenschiefers vor. In diesem fin- 
den sich mehrere Arten von Farrenkräutern und zwar aus den 
Gattungen Pecopteris und Sphaenopteris, ferner werden plattge- 
drückte regelmässig gestreifte Strünke darin gefunden, an denen 
jedoch bis jetzt weder eine Gliederung noch Eindrücke bemerkt 
worden sind. 


10 


In der westlichen Ausstreichung dieser Flötze am ‚Dominika- 
ner-Walde findet man in der obern Aufschwemmung; Trümmer 
von fossilen Hölzern, die eine Länge von 6 bis 18 Zoll und,eine 
Stärke von 3 bis 8 Zoll haben. ') 


Merkwürdig ist die Auskrystallisation "an ihrer ‚Oberfläche, 
die Quarzkrystalle reichen bis 2 Zoll in die Stämme ein. 


Die Quarzkrystalle ‘sind klein, in:Drusen zusammengewach- 
sen, von rauchgrauer Farbe. 


Dieses Vorkommen in der alten Steinkohlenformation scheint 
die Ansicht von Alex. Brongniart, dass, wo Quarzkrystalle in fos- 
silem‘ Holze vorkommen, diess ‘Holz zum  Braunkohlen - Ge- 
bilde gehöre, zu widerlegen. *) Es könnte nur diess: der-Fall 
sein, wenn diese Stämme aus den nördlich gelegenen Braunkoh- 
len-Gebirgen hierher in..die Schwarzkohlenformation zugeführt 
worden wären. ; 


Die grösste und merkwürdigste Lagerstätte ‘der verkieselten 
Holzstämme ist die jedoch bei dem Dorfe Kottiken, 1'%, Stunden 
nordwestlich von Pilsen entfernte. | 


Von diesem Dorfe gegen Süden, als auch gegen Norden ge- 
hen mehrere Klafter tiefe Wasserrisse. In diesen Wasserrissen 
oder Racheln sieht man entblösst die obere Lagerung des Koh- 
ensand steins, dann die Schichten des grauen und bläulichen 
Thon- und Mergelschiefers, und darunter 'ein 3 Zoll 'mächtiges 
Flötz von Schieferkohle. Auf dieses’ Steinkohlenflötz wurde ein 
Schurfschacht vorgeschlagen und die Teufe ist nach dem im Jahre 
1840, von: mir abgeteuften Schurfschachte bis auf 36 Fuss unter- 
sucht worden, und es sind nachstehende Schichten durchgefah- 
ren worden: 


Sandige weiche Massa. 


1. Feinkörnig, aus abgerundeten Quarzkörnchen, aufgelöstem 
gelblichen: Feldspath und fast keinem Glimmer ‚bestehend: Die 
Feldspathkörner sind nicht nur ‚durch das Abreiben, verklei- 
nert und entstellt, sondern grösstentheils zersetzt u. kaolinisch: 


?) In meiner Sammlung befindet sich ein Stamm .;von 6 Zoll 
Durchmesser und 14 Zoll Länge. 

*) Die Gebirgsformation der Erdrinde von Alex. .Brongniart 
1830, p. 54. 


11 
Bei dem Dorfe Kottiken wird aus diesen Sandsteinmassen 
das Kaolin für die Porzellanfabriken gewonnen, und in dieser 
aufgelösten, kaolinartigen, röthlich und gelblich zum Theil ge- 
färbten, man kann sagen lettenartigen Auflagerung haben die 


verkieselten Holzstämme grösstentheils ihre gegenwärtige Lager- 
stätte. Die Mächtigkeit dieser Schicht ist im Schurfschacht 17‘. or 


2) Unter dieser Schicht kömmt das Conglomerat von nuss- 
grossen Quarz- und Kieselschiefer-Geschieben, die mit i 
einem Eisencement verbunden sind. i 1 3 09% 

3) Kohlensandstein sehr feinkörnig mit vielem silberweis- 
sen Glimmer, grünlich gefärbt mit concentrischen Aus- 
scheidungen von ochergelben Eisenknollen "), die bis 


über einen halben Zoll haben. a de 
4) Thoneisenstein von brauner Färbung, sehr unrein mit 
Sand und Thon gemengt. 11:07. 
Im darunter folgenden 
5) Kohlensandsteine wurde nur 12°. 0", 


abgeteuft, nachdem wegen Zudrang von Grundwässern der Schurf- 
versuch. sistirt werden musste. 


In der nördlichen Rachel vom Dorfe Kottiken ist die Lager- 
stätte der verkieselten Stämme ganz entblösst, und besonders 
nach einem Gussregen sieht man die wagrecht bis 2% Fuss 
langen und 8-36 Zoll starken, in Hornstein umgewandelten Höl- 
zer fast von Osten nach Westen liegen. Diese ganz feinen let- 
tenartigen Massen haben viel Aehnlichkeit mit dem schwimmen- 
den Gebirge, und nach anhaltendem Regen wird das Ganze zu 
einem dicken flüssigen Brei aufgelöst, und schwimmt von den 
Lehnen herab, und nimmt die darin gelagerten Holzstämme mit; 
dieselben verkieselten Bäume werden aber nach der Richtung 
des abfliessenden Wassers wieder von diesem schwimmenden 
Gebirge bedeckt. 


!) Diese Eisenknollen kommen besonders in dem Kohlensand- 
steine am rothen Berge bei Pilsen häufig und bis zu. Kugeln 
von 20 Zoll Durchmesser vor. Es scheint, dass diese Knol- 
len- und Kugelbildung der Ansammlung der Eisenatome 
ihr Dasein zu verdanken haben, und es dürfte zu urtheilen 
sein, dass die chemische Thätigkeit erst dann erfolgte, nach- 
dem die mechanische Anhäufung dieser obersten Sandstein- 
lage bereits vollbracht war. 


12 


Diese verkieselten: Holzstämme bei Kottiken sind an der 
Oberfläche der Länge der Holzfaser nach etwas verwittert, nie- 
mals aber am Querbruche. Von der Rinde ist gar nichts erhal- 
ten, Nach CGorda gehören diese fossilen Hölzer den Coni- 
feren an. 

Fast unter gleichen Lagerungsverhältnissen, jedoch nicht so 
häufig, kommen die verkieselten Hölzer bei dem Dorfe Böhmisch 
Bris vor. 

Die bis jetzt gefundenen Stämme sind höchstens 4 Fuss 
lang und 4 bis 8 Zoll stark und haben die Gestalt von gespal- 
tenen Holzscheiten. 

Die Holzfaser ist nicht so gerade wie bei den vorigen, sie 
sieht ungefähr so aus wie das gekrümmte Holz oder gewundene 
gegen das geradspallige. 

Die Versteinerung dieser Stämme ist zu Quarz mit ausge- 
schiedenen Krystallen, die im Lichte goldglänzend schimmern. 
In dieser Lagerstätte kommen aber auch fossile Hölzer vor, als 
kleine Holzscheitchen, an denen man eine Rinde wahrnehmen 
will, welche aber vererzt und in Brauneisenstein umgewandelt ist 

In der Gegend von Tschemin kommen ganze Mengen, aber 
grösstentheils zertrümmerte Stammfragmente vor. Diese fossilen 
Hölzer sind in eine feste Hornsteinmasse umgewandelt, einige 
sind porös und von Eisenoxydul braun gefärbt. Es..sind noch 
mehrere Oerter in dem pilsner Steinkohlenbecken, wo, grössere 
Stammstöcke des verkieselten Holzes gefunden werden,: z. B. 
bei Wiskau, Dobrzan, Willkyschen u. s w. 

Die Holzsteine kommen aber auch unter dem Gerölle der 
obern Sandaufschwemmung vor, zwar nicht häufig, aber dennoch, 
besonders auf den Feldern na Borach, na Silvanskim. vrchu bei 
Pilsen. 

Dieses fossile Holz kömmt vor als Geschiebe, mit abgerun- 
deter und abgeschliffener Oberfläche, so dass die Holztextur erst 
beim Spalten des Gesteins sichtbar wird. Die jaspisartige Ver- 
kieselung ist die häufigste, besonders die Art Pitys antiqua 
(‚Vitham). Die fossilen Stämme von Sigillarien, Sagenarien, 
Lepidodendrons und Calamiten, welche so häufig in dem Bach- 
gesteine der Kohle von CGhomle und Swina in dem radnitzer 
Kohlenbecken vorkommen, werden stets senkrecht auf den Schich- 
tungsflächen des Dachgesteins gestellt gefunden, hingegen die 


13 


verkieselten Hölzer in dem oberen kaolinartigen Thon oder Let- 
tenschichten (wie schon früher erwähnt wurde) bei Kottiken, 
Pilsen, Böhmisch Bris werden immer mehr in einer horizontalen 
Lage vorgefunden. 

Es dürfte anzunehmen sein, dass die aufrecht stehenden 
Stämme an Ort und Stelle gewachsen, wo sie gefunden werden, 
hingegen die verkieselten viel später in ihre gegenwärtige La- 
gerstätte angeschwemmt worden sind. 

Uebrigens muss ich noch bemerken, dass bis jetzt in der 
Steinkohlenformation von Radnitz kein Lager von verkieselten 
Bäumen bekannt ist. Dagegen aber auch in der pilsner Forma- 
tion noch kein aufrecht stehender Baum von Sagenarien u. Ss. W. 
gefunden worden ist. 

Betrachtet man die grossen Kohlensandsteinmassen mit ihren 
Conglomeraten, die das grosse Kohlenbecken von Pilsen bedecken, 
und betrachtet die Elemente, aus denen diese Felsarten entstan- 
den sind, so erkennt man deutlich, dass dieselben aus dem zer- 
störten silurischen Gebirge herstammen, und zwar aus den in 
Osten anstehenden Quarziten, der Grauwacke und den Kiesel- 
schiefern, aber auch die Granite, welche nach der Steinkohlen- 
periode im Süden des Kohlen-Bassins aufgestiegen sind, haben 
zur Bildung der Sandsteine und Conglomerate beigetragen. Be- 
trachtet man ferner die mit der Steinkohlenablagerung fast parallel 
laufenden Porphyrzüge von Widriduch bei Rokytzan in nordöst- 
licher Richtung durch einen Theil des Prager- (früher Rakonitzer- 
Kreises), so dürfte die Zerstörung des Uebergangsgebirges wäh- 
rend der Eruption der aufsteigenden Porphyrlava stattgefunden 
haben, und nachdem sich etwa während derselben siedende Kie- 
selsaure-Quellen aus dem Erdinnern ergossen haben, so könnte 
die Entstehung so vieler verkieselter Holzstämme erst dadurch 
sich erklären, dass diese Kieselsäure-Quellen in kurzer Zeit 
lebendiges in versteinertes Holz verwandelten, und durch später 
eingetretene Wasserfluthen von seinem ehemaligen Standorte in 
die gegenwärtige Lagerstätte versetzien. 

So nahe das Kohlenbesken von Pilsen und Radnitz an ein- 
ander liegt, so verschiedenartig ist das Gebilde selbst. 

Die Lagerungsverhältnisse machen den wesentlichen Unter- 
schied, indem die Wechsellagerung des Schieferthons mit den 
Kohlensandsteinen bei dem radnitzer Kohlengebirge. höchst selten 


14 


vorkommt, indem die Firstgesteine bis ‚auf das im Durchschnitt 
3°, 3‘ mächtige Kohlenflötz regelmässig herabgehen. Die Mäch- 
tigkeit der. Veberlage des Kohlensandsteins ist bedeutend gerin- 
ger. Dagegen in dem pilsner Kohlenbecken wechsellagert der 
Schieferthon mit'dem. Kohlensandsteine sehr häufig, oft ohne ein 
Kohlenflötz aufzunehmen, und die Mächtigkeit der ‚Kohlensand- 
steine und Gonglomerate ist gross. 

Kohlenflötze von 2 bis, 18 Zoll. zwischen. den Kohlensand- 
steinen sind der Radnitzer Formation ganz Iremd, was hingegen 
so häufig bei Pilsen der Fall ist.') 

Aber auch die Beschaffenheit der Steinkohle ist verschieden; 
indem die radnitzer, wahrscheinlich in. Folge .der gleichzeitig bei 
der Bildung der Kohle aufsteigenden Porphyre, ihren, Bitumenge- 
halt fast ganz verloren hat und zu einer Sandkohle ‚geworden ist. 

Hingegen die. Kohle, obwohl auch eine Schieferkohle aus 
dem pilsner-Becken ‚fast durchgehends der Backkohle angehört, 
besonders die Kohle aus der Littiger-, der Willkischner, Tremosch- 
ner und Sennetzer Mulde, nur da, wo die Grünsteine in. Gontact 
kommen, ist der Bitumengehalt der Kohlen geringer, und die 
Kohle wird eine Sinter-, ja wie in der, Brizer Mulde eine Sand- 
kohle. 

Nicht nur. von den aufrecht stehenden fossilen Bäumen, als 
auch von den verkieselten liegenden Stämmen hat man bis jetzt 
keinen Wurzelstock gefunden, es sind nur Holzcylinder,., und 
zwar die aufrecht stehenden versteinerten Bäume sind gewöhn- 
lich zwischen ihrem Steinkerne und der inneren Seite der im 
Nebengesteine fest haftenden Rinde verkohlt., Die. Verkohlung 
bemerkt man als einen braunen Staub, wie Umbraerde, gemischt 
mit kleinen Würfeln von Glanzkohle. 


In den verkieselten liegenden Stämmen sind einzelne Stücke 
der Holzfaser zwar unversehrt, manchmal braun und schwer zer- 
reiblich, hingegen haben die meisten ihre Holztextur beibe- 
halten. 


Die beiden Prozesse der Versteinerung und Verkohlung sind 
wahrscheinlich gleichzeitig gewesen. 
Pilsen im Monate Mai 1852. 
Joseph Micksch, 
Bergbauinspektor. 


!) Diese Verhältnisse sind von der grössten Wichtigkeit für. 
die Aufsuchung der mächtigen und DE TURSER. Kohlenflötze 
in dem pilsner Kohlen-Bassin. 


15 


Die Haus- Ratte (Mus rattus), 


im Anfange dieses Jahrhunderts noch so gemein in Bayern, von 
der Koch in seiner bayrischen Zoologie 1816 noch sägt, dass sie 
„keine Seltenheit‘ sei, drohf auszusterben. 


Die Ratte nämlich, die wir so häufig und als eine wahre 
Plage in den Stallungen, Schlachthäusern und Abtri'ten sehen, 
ist die grössere und gefrässigere Wander-Ratte (Mus decuma- 
nus), die, aus Indien stammend, mit den russischen Truppen, zu- 
gleich mit der. lästigen Schabe (Dlatta germanica), vom gemeinen 
Manne. sehr bezeichnend „Russenkäfer‘ genannt, den Weg in 
unser Vaterland fand. Die kleinere und schwächere Haus-Ratte 
musste, diesem bissigen Eindringling weichen, ‚und es ist zu be- 
sorgen, dass sie in Bayern nirgend mehr anzutreffen sei. Bei- 
folgende kurze ‚Unterscheidungszeichen dürften am leichtesten 
auf die Spur fraglicher Haus-Ratte führen; | 

Wander-Ratte Haus-Ratte 
(Mus decumanus.) (Mus rattus.) 

Grösse 1 Schuh, Schweif kür-| Grösse 8—-9 Zoll, Schweiflän- 
zer als der Körper, die Ohren'ger als der Körper, die Ohren 
' Kopfläuge, erreichenangedrückt)'/), Kopflänge, erreichen ange- 
das Augenicht ; Oberseite: Grund- drückt das Auge; Oberseite 
farbe semmelbraun, mit längeren gleichhaarig schwarzgrau, all- 
schwarzen Stachelhaaren, Unter- mählich ‚in die hellere graue 
seite scharf ‚abgesetzt weisslich. Farbe der Unterseite überge- 
Aufenthalt: inStällen, Ausgüssen, hend. Aufenthalt: in Mühlen, 
Kloaken, Abitritten. lauf Kornböden, Speichern. 

Es ergeht daher hiemit an alle verehrlichen Mitglieder das 
freundliche Ansuchen, nach dieser Ratte zu fahnden, Bekannte, 
Untergebene &c. davon in Kenntniss zu setzen und im Betre- 
tungsfalle solche entweder an unsern Vereinssekretär Hrn. Dr. 
Schuch oder an Unterzeichneten zu schicken. Derselbe macht 
sich zugleich anheischig, für jedes gut erhaltene Exemplar, wenn 
die Kopfknochen nicht verletzt sind, ein entsprechendes Honorar 
zu bezahlen, welches entweder bei Hın., Dr. Schuch oder Un- 
terzeichnetem zu erheben wäre. 

München im Februar 1853. 


Heinrich Graf Vondermühle. 
Briennerstrasse Nr. 45%. 


16 


Näheres über den höchst merkwürdigen Aörolithen- 
fall bei Mezö-Madaras am 4. Sept. 1852. 
(Vergl. Korr.-Blatt Jahrg. 1852. S. 128.) 

In dem Praedialorte Fekete, von dem Teiche Istento mehr 
oder weniger entfernt, arbeiteten viele Leute auf den Heuwiesen 
oder Feldern und vernahmen zuerst ein Getöse wie das eines 
entfernten Kanonendonners, das immer näher und näher kam. 
Bald darauf waren verschiedene, theils hohe, theils tiefe Töne 
in der Luft hörbar, welche schlüsslich in ein Sausen, ähnlich dem 
einer Kanonenkugel, übergingen. Endlich wurde deutlich das Fal- 
len vieler Gegenstände an verschiedenen Punkten um den Istento 
herum, ja selbst eine halbe Meile von dem Istento nordöstlich 
wahrgenommen. Viele sahen, wie durch ‘die fallenden Gegen- 
stände die Erde aufgewühlt wurde, oder die Sümpfe aufspritzten. 
Ein Bauer war auf dem Teiche Istento, als nach jenem stattge- 
fundenen Getöse ein grosser Gegenstand kaum 200 Schritte von 
ihm mit solcher Gewalt in das Wasser fiel, dass es über Manns- 
höhe aufspritzte und Wellen warf. Alle Jüngeren waren durch das 
Grossartige und Ungewöhnliche der Meteorerscheinung in einem 
so hohen Grade ergriffen, dass sie erst nach einigen Stunden sich 
an die betreffenden Stellen wagten, woselbst sie eigenthümliche 
schwarze Steine auffanden. Ueber eine halbe Meile nördlich vom 
Istento ist ein beinahe 18 Pfund wiegender Meteorstein in der 
Erde, in welche er sich bis auf seine Kante eingrub, gefunden 
worden, Ausserdem wurden noch mehrere, theils grössere, theils 
kleinere Steine gefunden. Dieselben sind alle von gleicher Be- 
schaffenheit. Sie haben eine unebene bruchartige Oberfläche mit 
Vertiefungen und mit stumpf abgerundeten Kanten und sind mit 
einer schwarzen Kruste überzogen. Die innere Masse ist von 
trachitischem Aussehen. An einigen Stellen zeigt sich im Bruche 
ein Antimonglanz, dann sind viele schwarzgraue, wie auch weiss- 
liche und gelbe Metallpunkte deutlich sichtbar. An einzelnen Bruch- 
kanten geben diese Steine am Stahle Feuer und überall werden sie 
von dem Magnet stark angezogen. Ihr spezifisches Gewicht ist 
durchgängig 3'/,. Ihre chemischen und oryktognostischen Bestand- 
theile müssen erst durch genaue chemische Analysen und mine- 
ralogische Untersuchungen näher bestimmt werden. Nach einer 
oberflächlichen Untersuchung scheinen sie Eisen, Nickel, Quarz, 


Feldspath, Schwefel u. Eisenkies zu enthalten. (Siebenbürger Bote.) 
ar sense EN 2. 


Korrefpondenz-Dlatt 


des 
zoologisch-mineralogischen Vereines 
in 


Regensburg. 


Nr, 2, ‘, Jahrgang. 1899. 


Duo Ur igseh IB vi TIARRRNT Z 


Die Donau -Schütten. 
Von H. Graf VonderMühle, 


Nur die Natur ist redlich; sie allein 
liegt an dem ew’gen Ankergrunde 
fest, wenn alles Andre auf den 
sturmbewegten Wellen des Lebens 
unstät treibt. 

Schiller, Braut v. Messina. 


Welcher angehende Naturforscher hat nicht schon, sobald 
er einen Ueberblick über die Fauna seines engeren Vaterlandes 
erworben, sich gesehnt hinaus in die weite Welt, wo noch et- 
was zu entdecken, zu erforschen, zu berichtigen sich vorfände, 
sich selbst dabei zu Berühmtheit zu verhelfen und frühere Be- 
richterstatter der Ungenauigkeit zeihen zu können. Doch nicht 
jedem sind die pekuniären Mittel gegeben, viele sind durch 
Familien - Verhältnisse gehindert, durch dienstliche Stellungen 
gebunden und wenn es solchen daher unmöglich wäre, in Bra- 
silien die Arbeiten von Spix und Martius zu ergänzen, in 
Central-Asien Nachlese zu halten über die gemachten Entdeck- 
ungen von Humboldt, Hügel und Gould, in Polynesien die 
letzten Spuren der wunderbaren Diornis- und Apteryx-Arten für 
die Nachwelt sammeln und aufbewahren zu können, so fänden 
doch die bescheideneren Wünsche noch immer einen engeren 
Kreis weniger bekannter Länder, in welchen der auf der Höhe 
der Wissenschaft stehende thätige junge Mann manche verlorne 
Perle auffinden, und ausser dem Verdienste um die Wissenschaft 
auch seinem Namen in derselben eine bleibende Denkstätte ge- 
winnen könnte. 

2 


18 


Und die Beispiele hiezu liegen uns auf der Hand! Was hat 
nicht in früherer Zeit Bechstein für Thüringen, die berühmten 
Naumann und Brehm für die Ornis ihrer Gegend, ja für die ganz 
Deutschlands im weitesten Sinne gethan? Wie viele Special- 
und Lokal-Faunen verschiedener Länder und Provinzen unseres 
Vaterlandes sind schon erschienen, erfreuliche Beweise der 
Thätigkeit und des Eifers, die die Verfasser derselben beseelte 
und dennoch bleibt noch Manches zu berichtigen, aufzuklären, 
ja zu entdecken übrig! — Entdecken? — ja! doch will ich da- 
mit die Hoffnungen der auf meine Rathschläge eingehenden Di- 
lettanten nicht zu hoch. spannen und ihnen gänzlich unbekannte 
Thiere als fernen Köder zeigen, wobei ich zu Ehre der heimi- 
schen Wissenschaft bekennen muss, dass einer unserer verdienst- 
vollsten Akademiker, Professor der Naturgeschichte an hiesiger 
Hochschule, schon seit zwei Jahren auf die Entdeckung eines 
problematischen Drachen (vielleicht Lindwurm?) im bayrischen 
Hochgebirge unter dem Namen Bergstotz bekannt, und von den 
kühnsten Alpenjägern zwischen Alpenrosen und Edelweiss ge- 
bettet von Weitem bemerkt, ausging und nur durch seine Reise 
nach Hinter-Indien verhindert wurde, dieses Problem der Wis- 
senschaft genügend zu lösen. 

Denn abgesehen von den Aenderungen im Aufenthalte und 
Zuge der Vögel, die durch Aenderungen in der Bodenkultur, 
Aushauen der Wälder, Trockenlegung der Sümpfe und Urbar- 
machung von Einöden bedingt werden, beobachten wir auch ein 
nicht leicht erklärliches Zurückziehen sowie Vorschreiten in den 
Brüteplätzen und Aufenthaltsorten im Allgemeinen einzelner 
Vogel-Arten. Zu den sich zurückziehenden gehören z. B. ausser 
vielen Enten- Arten viele Zotanus und Tringa und der Garten- 
Ammer; zu den vorschreitenden der Hausröthling, die Hauben- 
lerche, der Girlitz, die Waldschnepfe u. a. m. Aber ausser die- 
sen Aulgaben, die, so zeitraubend sie atuch sein mögen, der 
Wissenschaft höchst erspriesslich sind, finden sich in unserm 
Vaterlande noch manche Gegenden, Gebirgszüge, Stromgebiete, 
die, eben weil sie uns so nahe liegen, entweder nicht die ge- 
hörige oder auch keine Aufmerksamkeit der Beobachter, die sie 
im hohen Grade verdienen würden, auf sich ziehen. Zu diesen 
gehören in Bayern vorzugsweise der bayrische Wald an der 
böhmischen Grenze und das Stromgebiet der Donau. Die Auf- 


19 


merksamkeit jüngerer Forscher auf das letztere hinzulenken, ist 
die Bestimmung dieser Zeilen; vielleicht geben sie Veranlassung, 
dass ein emsiger Forscher das äusserst interessante Stromgebiet 
der Donau einer genauern Beobachtung unterziehe. — Obgleich 
diese Zeilen vorzugsweise das Leben, Wirken und das Vorkommen 
derVogelwelt derDonauschütten sich zum Vorwurfe genommen haben, 
so glaube ich doch zur bessern Verständigung der Ornis dieser 
Schütten über dieselben einen kleinen botanischen Ueberblick 
geben zu müssen, da die botanischen Verhältnisse einer Gegend 
zweifelsohne bedingend auf den Aufenthalt aller Thierklassen 
einwirken müssen, sei es nun bedingt oder unbedingt durch 
Nahrung von Blättern, Blüthen, Samen oder durch Vorherrschen 
von Nadelholz, Laubwald, Schilfen, Riedgräsern und Sumpf- 
pflanzen. 


Der Gefälligkeit meines Bruders in Regensburg, seiner 
Kenntnisse wegen in der dortigen botanischen Gesellschaft 
wohl bekannt, verdanke ich beistehende botanische Skizze der Do- 
nauschütten und hoffe, dass selbe den Lichtpunkt dieser Ausar- 
beitung bilden soll. Die Donauschütten kann man je nach ihren 
Vegetationsstufen in drei Zonen eintheilen. Die erste, im ersten 
bis zweiten Jahre nach ihrem Entstehen, ist eine Sand- oder 
Kiesbank, die sich bald mit Cynodon dactylon, Agrostis- und 
Festuca-Arten, Bromus inermis, Linaria minor, Pimpinella 
Saxifraga und als charakteristich mit der schönen Oenothera 
biennis überzieht. 


Hie und da sieht man schon verschiedene Salix und Popu- 
Zus aufgehen, die, wenn die Anschütten der Natur überlassen 
werden, sie in wenigen Jahren zum undurchdringlichen Dickicht 
umschaffen. Salix alba, amygdalina, purpurea, rubra, vimina- 
lis u. Ss. w., Populus nigra, tremula und besonders alba, Alnus 
glutinosa und incana bilden den Hauptbestand des Waldes, wo- 
runter sich einige Fraxinus, Fagus, Carpinus, Ulmus, Quercus, 
Tilia und Pinus silvestris erheben. An ihren Stämmen ranken 
Convolvulus sepium mit ungemein grossen Blättern, Audus 
Fruticosus, Clematis recta und vitalba, Solanum dulcamara, 
und an lichteren Stellen blühen Tamarix germanica, Hippophae 
rhamnoides, Rhamnus, Sambucus racemosa, Piburnum opu- 
lus u. a. m. 


2r 


Da, wo durch das beständige Abmähen des Grases die Bäume 
und Sträucher nach und nach ausgerottet, prangen die Wiesen 
im schönsten Schmucke. Gentiana, Leucojum, Thalictrum 
favum, Orchideen, besonders Ophrys aranifera und arach- 
nites, Jris sibirica, graminea und pseudacorus, Ornithogalum 
umbellatum, Lythrum salicaria, Dianthus superbus, Polygala 
amara, Colchicum autumnale u. a. m machen aus diesen Wie- 
sen einen beständig blühenden Garten. 


Ganz verschieden ist der Anblick der flachen, ganz baum- 
losen, oft sehr ausgedehnten Strecke, die der Viehweide über- 
lassen worden. Jedes Hälmchen wird im Entstehen abgebissen 
oder vertreten, nur Ononis spinosa und Gentiana amarella 
unterbrechen mit ihrem dürftigen Flor die öden Flächen. Ich 
halte es nicht für überflüssig hiebei zu bemerken, dass ich 
unter den Donauschütten, von denen hier die Rede ist, diejeni- 
gen sandigen und kiesigen Ablagerungen, welche sich häufig 
später zu Inseln bilden, bezeichne, welche in dem höchst un- 
regelmässigen Laufe des Donaustromes, nachdem der wilde Ge- 
birgssohn, der Lech, in dieselbe sich ergossen, bis nach Ingol- 
stadt, urplötzlich nach hohem Wasserstande entstehen, nach 
jahrelangem Verlaufe fruchtbar werden und dann eben so schnell, 
wie sie entstanden, durch das plötzlich geänderte Flussbeet hin- 
weg geschwemmt werden. Aber schon hat die vermehrte Kultur, 
Industrie, vor allem aber der mächtige Verkehr auf dem so lange 
vernachlässigten Strome angefangen, demselben durch Dämme, 
Kanalisirung, Durchstiche einen Hemmschuh in seinem maasslosen 
Treiben anzulegen und den kein Kulturgesetz achtenden rück- 
sichtslosen Gebirgssohn zu einen nutzbringenden, ruhigen, seine 
Pflichten erkennenden Staatsbürger umzuwandeln, schon schla- 
gen 4 Dampfschiffe täglich seine Seiten mit ibren brausenden 
Rädern, schon ziehen hunderte von Pferden auf geregeltem Saum- 
pfade Schiffe mit reicher Gegenfracht stromaufwärts; auf den 
sonst heimlich stillen Schütten, wo früher der Biber lautlos 
seine so gerühmten und doch so einfachen Röhren baute, und 
der, allen Nachstellungen ungeachtet, so häufige Fischotter unbe- 
lauscht seine Eitel und Rothaugen verzehrte, höchstens aufge- 
schreckt durch eine Familie munterer Rehe, die von einer 
Schütte zur andern eilend plätschernd sich in’s Wasser stürzten, 


% 


zu 


ertönt das Beil der Faschinenhauer, erschallt der lustige Gesang 
der Dammarbeiter und dazwischen das Krachen der kleinen 
Minen, mit denen die Felsen gesprengt werden, welche das 
Material geben müssen zu diesen Dämmen. — Gehpfade schlän- 
geln sich allerorts durch diese Schütten, wo sonst nur ein 
scheuer Hase herumsprang, Insel mit Insel ist verbunden 
durch schwankende Stege, die an die Arbeiten der Indianer in 
den Urwäldern mahnen, und die aus den verschiedenen Ort- 
schaften zu diesen Kanalbauten eilenden Arbeiter, und die ihnen 
Lebensmittel bringenden Weiber und Kinder, meistens von Hun- 
den begleitet, werden bald diesen stillen heimlichen Plätzchen 
allen Reiz benommen haben, der so viele harmlose Thiere und 
vor allen die Vögel daran fesselte. Darum will ich mich beeilen, 
ein Bild der dort bis jetzt hausenden Vogelwelt zu entwerfen, 
beeile sich dann ein eifriger Forscher noch die Früchte dieser 
Andeutungen einzusammeln, ehe es zu spät!..... 

Doch wo soll ich beginnen, dieses Bild der dort hausenden 
Vogelwelt, das immer wechselnd und immer verschwindend stets 
sich wieder erneuert, aufzurollen! Ich glaube, am besten mit dem 
das Treiben der Vögel aın klarsten bezeichnenden Epoche, dem 
Frühjahre ! 

Wenn im März die ersten lauen Winde wehen, auf den 
Bergen der Schnee schmilzt oder wenn mit ungestüm tosendem 
Südwestwind flüchtig dahineilende Wolken ihren Ueberfluss aus- 
giessen und die Bäche und Quellen der Wasserscheide der 
Donau zu reissenden Gebirgsströmen anschwellen machen, da hebt 
sich das Wasser des Stromes; schüttelt die eisige Decke ab, die 
es beengte, und überströmt in brausender Wuth die niedern Kies- 
bänke und versumpften Altwasser, längst verlassene Rinnsale des 
Stromes, die wegen ihrer Tiefe, wegen Sickerwassers und eige- 
ner Quellen immer mit Wasser gefüllt sind und daher theils 
zum morastigen Bruche, mit Schilf und Rohr umgeben, hie und 
da einen kleinen Wasserspiegel frei lassend, theils zu tiefen, 
klaren, grünlichblau schimmernden Wasserbecken sich bilden, wo 
unter den Wurzeln herbeigeschwemmter Eichen-, Espen- und Wei- 
denstämme gierig der Huch (Salmo hucho) und phlegmatisch 
mit nicht geringerem Heisshunger der Hecht (Esox lucius) auf 
Beute lauernd tagelang steht, und setzt dadurch die ganze Natur 
des vom Strome berührten oder mit ihm in Verbindung stehen- 


22 


den Landes in Bewegung. Unfruchtbare Kiesbänke werden mit‘ 
dungreichem fetten Schlamm überzogen, während der in vielen 
Krümmungen dahin tosende unbändige Strom sich urplötzlich auf 
herrliches Getreide-Land, fruchtbare Wiesen oder auf mühsam 
herangezogene Waldungen wirft, sie mit unbeschreiblicher Hast 
abuagt und verschlingt, und die grössten Baumstämme, von den 
Fluthen fortgerissen, die Schifffahrt unmöglich machen und nicht 
selten Schiffmühlen, Stege und Brücken in gewaltigem Wirbel 
vernichten. 

Da mahnt dann auch die Natur die Wintergäste, die auf den 
offenen Stellen des Stromes kümmerlich aber doch fröhlich ihr 
Dasein fristeten, zur Rückkehr in die Heimath und wie der Lapp- 
länder bei Thauwetter in seine Gebirge sich sehnt, so ergreift 
auch die nordischen Gastfreunde das Heimweh. Dann sieht auf 
kurze Zeit die Gegend, wo so viel gefiedertes Volk schnatterte, 
lärmte und hin und her flog, recht verlassen aus. 

Der grosse angeschwollene Strom mit seinem lehmfarbigen 
trüben Wasser ist ganz baar von Vögeln; in den Seitengewässern, 
den Nebenarmen, den Altwassern, die von der hohen Fluth nicht 
mehr unmittelbar berührt werden, sieht man dann paarweise 
die Stockente (Anas boschas), die Knäckente (4nas quergue- 
dula), die Krückente (4nas crecca), in manchen Jahren auch, 
aber nicht immer, und dann stets viel verborgener und vorsich- 
tiger die Moorente (Anas nyraca), zuweilen in recht tiefen Alt- 
wassern, die ganz abgelegen vom menschlichen Treiben sind, 
den Gänse-Säger (Mergus merganser), dort ‚grosser Schecke“ 
genannt, sich herumtreiben, das Männchen unter beständigem 
Kopfnicken, das Weibchen schwimmend verfolgend und, wenn 
letzteres sich erhebt, in raschem Fluge ihm nacheilend, was bei 
der Krück-Ente oft possierlich aussieht, wenn sie, den Zudring- 
lichkeiten des Gatten entfliehend, in hastigem Fluge plötzlich in 
einen Rohrwald hineinstürzt, das Männchen aber in der Eile sie 
überschiesst, wie ein Stein in das Wasser fällt, getäuscht sich 
wieder erhebt, in ängstlichen, scharfen, kurzen Tönen dem Weib- 
chen lockt, und das dann auch versöhnt, leise quackend ant- 
wortet, rasch sich erhebt und in gewandtem Fluge davoneilend 
mit dem Männchen wieder das neckende Spiel beginnt. Auf dem 
grösseren Wasserspiegel ruhiger Altwasser ist auch das Bläss- 
huhn (Zulica atra) erschienen und verfolgt unter zierlichen 


23 


—o 


Kopfwendungen, wobei die weisse Blässe auf dem schieferschwar- 
zen Kopfe hübsch absticht, um dıe Brüteplätze eifernd, die schon 
dort angesiedelten Stock-Enten. Im verschont gebliebenen dich- 
ten Geröhre, wo zwischen den gelben verwelkten Schilfpflanzen 
schon die neuen grünen Keime emporsprossen, treibt der kleine 
Steissfuss (Podiceps minor) besorgt sein Weibchen zum Nest- 
bau, in den dürren Gräsern zwischen grünendem Weidengebüsche 
schreit das grünfüssige Wasserhuhn (Gallinula chloropus) herum 
und geräuschlos zwischen Gestrüppen durchhuschend, wippt es auf 
offenen Stellen neugierig mit dem Schweife, kaum vom Blicke 
des Beobachters entdeckt, wieder verschwunden. Auf den vom 
Hochwasser noch nicht überschwemmten Kiesbänken sitzen bei 
heiterem Sonnenschein schon Schaaren von Kiebitzen (Fanellus 
cristatus), ruhig ihr Mittagsschläfchen haltend; oft aber sieht man 
sie auch auf trockenen Grasflächen, wie das Männchen behaglich 
den Federbusch sträubend, ein Pfau im Kleinen, der Gewählten 
zu gefallen sucht oder ın tollem und kühnem Flügelschlage mit 
seinen muldenförmigen Schwingen sausende Töne hervorbringend 
unaufhörlich um sie herumgaukelt und mit seinem melancholischen 
Gekrächze seine Liebesseufzer ausstosst. Der trillernde Strand- 
läufer (Totanus hypoleucos) hat sich schon wieder einen her- 
vorragenden Pfahl ausgesucht, von wo aus er seine zukünftige 
Kinderstube beobachten kann oder in der Wonne der Honig- 
Monate im Zikzakfluge seiner Gattin seine Gefühle vortrillert. 
Der Flussregenpfeifer [Charadrius minor] kömmt auch schon 
paarweise an, entschliesst sich aber noch nicht zum Brütge- 
schäfte, sondern läuft mit steifen Fersen, wie auf Rollen ge- 
zogen, blitzschnell, manchmal auch plötzlich innehaltend, seiner 
Nahrung nach. Auf sumpfigen Wiesen meckert schon die Moos- 
schnepfe [Scolopax gallinago] durch künstlichen Flügelschlag 
ihre Balztöne, der rothfüssige Strandläufer [Zotanus calidris] 
gaukelt auch über diese Wiesen auf und ab, so wie von der 
Donau enifernter in der Nähe von Waldungen, jedoch noch auf 
feuchten Wiesen der grosse Brachvogel [Numenius arquatus]. 
Auf Aststummeln verschwemmter Eichen sitzt tiefsinnig der 
Eisvogel [4lcedo ispida], manchmal bedenklich seinen Schopf 
erhebend bei nahender Gefahr aber mit schrillendem Geschrei, 
im Sonnenschein prächtig erglänzend, wie ein Pfeil über die 
Wasserfläche dahinschiessend, um sich hinter einem Busche oder 


24 


hohen Fluss-Ufer u. dgl. zu verbergen. Schon kommen laut 
krächzend kleine Flüge von Lachmöven [Zarus ridibundus] an, 
sorglich sich nach ihrer Brut- und Geburtsstätte umsehend, ver- 
gessen aber dabei die Leibesnahrung nicht, indem sie mit 
wieherndem Geschrei auf jeden entsprechenden daher schwim- 
menden Gegenstand stossen — und sie sind keine Kostverächter! 

Auch auf dem Innern der Inseln, wo sich zwischen Gras- 
flächen mehr oder minder geschonte Waldungen gebildet haben, 
übt die erwachende Natur ihre Reize. Der Gimpel [Fringilla 
pyrrhula] wiegt sich gemüthlich auf den Zweigen einzelner 
hoher Erlen, von weitem schon an seinem leuchtenden Gefieder 
erkenntlich und lockt unaufhörlich der Gefährtin, mit ihm in die 
nahen würzigen Nadelwaldungen zu ziehen; jubelnd trillern von 
allen Seiten die Feldlerchen [4lauda arvensis] empor und der 
Zaunkönig [Zroglodytes parvulus] ist emsig besorgt, ein unge- 
heueres Nest zu winzigen Eiern zusammenzuschleppen, die 
Staare [Szurnus vulgaris] unter Tags vielfach beschäftigt, die 
weidenden Viehheerden von ihren Quälern zu befreien, wobei 
ihnen die weisse und gelbe Bachstelze [Motacilla alba et boa- 
rula] hilfreich an die Hand gehen, kehren unter fröhlichem Ge- 
plapper auf die ruhigen Schlafstellen zurück, noch lange sich 
über die Ereignisse des Tages unterhaltend, während im ge- 
räuschlosen Fluge der Nachtkauz [Strix noctua] sich seine 
Abendmahlzeit holt und dadurch die vorlauten Schwälzer zur 
Ruhe mahnt. Sind zu dieser Zeit mondhelle Nächte, dann be- 
ginnt ein eiliges eifriges Treiben in der Luft; da ziehen Schwärme, 
Flüge, Schaaren aller nördlicher wohnenden Vögel durch, die 
ihre Wintervillegiatura im Süden gehalten. 

Wer wollte sie aufzählen alle diese Horden von Vögeln, die 
auf der ihnen wohlbekannten Heerstrasse längs des Stromgebie- 
tes und von da abspringend den Gebirgszügen folgend, eilend 
heimwärts ziehen? Alle die Kraniche und Trappen, Sumpf- und 
Strandläufer, Gänse, Enten und Schwäne, Möven und Seeschwal- 
ben, — und hört man alle diese sonderbaren Töne, hervorge- 
bracht durch die verschiedenen Lockrufe, dieses Trompeten und 
Tüten, dieses Pfeifen und Schnarren, dieses Schwätzen und 
Lachen, dieses Flüstern und Zischen untermischt mit dem Säus- 
eln, Wehen und Brausen des Flügelschlages all dieser fröhlichen 
Wanderer, so mag diess manchen zaghaften einsamen Reisenden | 


25 


an das wilde Heer mahnen, erfüllt aber die Seele des ruhig 
lauschenden Beobachters mit Zufriedenheit und Freude. 

Doch die Zeit drängt, die Bäume knospen, die ersten Blu- 
men blühen, die Insekten summen und immer hastiger folgen 
sich die Gäste. Das erste Schneewasser hat sich im Strome 
verloren, der Wasserstand hält seine mittlere Höhe und die 
Vögel schicken sich zum Brüten an; die Gegend wird belebter; 
da ist ein Ab- und Zufliegen der Lachmöven, der Fluss-, Zwerg- 
und Lachseeschwalben [ Sterna hirundo, minuta et anglica], letztere 
mehr dem Stromgebiete der Isar und des Lechs angehörend; die 
Uferschwalbe [Hirundo riparia] fliegt in ihre alten Neströhren 
am lehmigen steilen Fluss- Ufer aus und ein, der Goldammer 
(Emberiza citrinella) leiert auf einer Astspitze ruhig sein Lied- 
chen und aus jedem Busche erschallt der Gesang vielerlei Gras- 
mücken. Die Nachtigall (Sylvia philomela) verweilt nur wenige 
Tage auf den Schütten und zieht sieh dann auf die bebuschten 
Hügel zurück, wohin ihr auch die Sperber - Grasmücke (Sylvia 
nisoria) folgt. Einzeln bleibt der Spötter [Sylvia hypolais], in 
grösster Anzahl sind aber alle andern deutschen Grasmücken da. 
Die Garten- und graue Grasmücke, das Müllerchen, das Schwarz- 
plättchen, die Laub-, Schilf- und Rohrsänger |Sylvia hortensis, 
cinerea, curruca, atricapilla, sibilatrix, rufa, trochilus, turdina, 
aquatica, arundinacea, palustris, locustella, phragmites] singen 
und zwitschern auf den ihnen passenden Plätzen herum, überall 
ist Leben und Thätigkeit. Der Pirol [Oriolus galbula] bewohnt 
die Schütten in unglaublicher Anzahl, ebenso der Kuckuck, al- 
lenthalben erschallt ihr Gesang und Ruf. Der Wendehals [Yynx 
torquilla] lacht mit durchdringendem Geschrei von einer hohlen 
Weide herab, und auf den grössern Angern wandelt majestätisch 
der Wiedehopf [Upupa epops] — Der Fasan [Phasianus col- 
chicus], auf den Schütten in vollkommen wildem Zustande, guckt 
neugierig zwischen Weidegebüsche hervor, die Feldhühner [er- 
dix cinerea] bewohnen in grosser Anzahl Gebüsch und Anger 
und auf lehmigen trockenen Flächen, wo nur einzelne Binsen- 
stauden stehen, läuft emsig der Triel [Oedicnemus crepitans] 
herum. Doch kommt eine Weihe [Falco aeruginosus] oder eine 
Nester plündernde Krähe in diese so friedliche Gegend, so muss 
man den Aufruhr sehen und hören, der die Bewohner dieser 
Schütten ergreift. Zuerst die Möven und Seeschwalben, dann die 


Kiebitze, Regenpfeifer und Strandläufer erheben ein Ohr betäu- 
bendes Geschrei und fliegen in wilder Hast wie ein Bienen- 
schwarm herum; oft gelingt es ihren vereinten Kräften, den Feind 
zu vertreiben, doch werden viele Eier und Junge seine Beute. — 
Obgleich alle Raubvögel, welche die schönen Laubwaldungen 
bewohnen, die so herrlich das linke Donauufer zieren, gerne 
ihren Nahrungsbedarf auf den Schütten holen, so sieht man doch 
meistens nur den Bussard [Falco buteo], vor Allem aber den 
Milan [Falco Milvus], dort im Vergleiche zu andern Gegenden, 
in auffallender Menge seine herrlichen Kreise über die Inseln 
beschreiben, er entflieht aber gewöhnlich aus angeborner Feigheit, 
den Angriff dieser schwachen Vögel fürchtend. 

Der Sommer ist da, allmälig verstummt der Gesang, die 
meisten Vögel sind mit der Erziehung der Jugend beschäftigt, 
hie und da hört man noch den klingenden Ruf des Grünspechts 
[Picus viridis] oder das Klopfen des Grauspechts [Picus canus], 
die Mauser beginnt und die meisten Vögel verstecken sich dess- 
halb. Die Erndte auf den zunächst liegenden Feldern fängt an; 
auf den grossen Garben-Schobern sitzt die Blau-Racke [Coracias 
garrula], und unterrichtet ihre Jungen im Fang» der Heuschrecken 
und Grillen, und wenn es Abend wird, streichen die Feldhühner 
in Ketten zur Aesung herüber auf die Felder, sich wieder am 
Morgen in ihr Asyl zurückziehend, wenn die Feldarbeit beginnt. 
Alle hier und in der Umgegend ausgebrüteten flüggen Jungen 
schwärmen leichtsinnig hin und her; der Kuckuck und der Pirol 
stehlen sich heimlich fort, an ihrer Stelle schäkern neugierig 
junge Elstern [Corvus pica] und zum Aerger des Jägers der 
vorwitzige Nusshäher [Corvus glandarius]. Der Dorndreher 
[Zanius collurio], der einzelne Dornen- und Berberitzen-Büsche 
bewohnte, rüstet sich zur Abreise und die heitern Frühlings- 
sänger, die Grasmücken, ziehen in kleinen Tagreisen, nach und 
nach, dem Strome folgend nach Süden. Die hier ausgebrüteten 
Enten, Regenpfeifer, Strandläufer werden unruhig, neue Zuzüg- 
ler aus Nord und West gesellen sich dazu Da findet der auf- 
merksame Jäger und Forscher manche belohnende Beute. Auf 
den Kiesbänken wimmelt es von Strandläufern (Tringa subar- 
quata, alpina, Temminckii) zuweilen vermischt mit Sanderlingen 
(Calidris arenaria), an den Rändern der Altwasser findet sich 
der getüpfelte und Wald - Wasserläufer (Totanus ochropus et 


27 


glareola), später auch der grünfüssige und Teichwasserläufer 
(Totanus glottis et stagnatilis), im hohen Grase läuft das punk- 
tirtte und Zwerg- Wasserhuhn (Gallinula porzana und pusilla) 
herum, so wie in manchen Jahren häufig der Wachtelkönig (Crex 
pratensis).- — Kiebitze und Krähen machen gerne die Führer 
dieser Strandläufer, so wie Flüge von Dohlen (Corvus monedula) 
die eben angekommenen Wildgänse (.4nser segetum) begleiten. 
An den flachen Flussufern stehen in langen Reihen wie stoische 
Schildwachen junge graue Reiher (Ardea cinerea), mit Mühe 
vor den vorüberbrausenden Dampfboten auffliegend: auf Triften, 
wo sonst bei Tage der weisse Storch (Ciconia alba) herum- 
stolzirte, schleicht scheu am Abend der schwarze Storch (Ciconia 
nigra) herum und in mondhellen Nächten zieht über den in 
seinem Schirme versteckten Schützen, nach dem Lärmen zu ur- 
theilen, das ganze wilde Heer wieder vorbei. Noch ist aber die 
Jagd nicht belohnend; den Hühnern und Fasanen ist beinahe 
nicht mehr beizukommen, zuweilen stösst man auf ein aus den 
nächsten Waldungen verirrtes Birkhuhn (Tetrao tetrix). Die 
Enten haben noch keine bestimmten Fälle, die wilden Gänse 
treiben sich auf den Saaten herum. Einzelne Schneeschauer 
fallen, die stehenden Altwasser bedecken sich Nachts mit dünner 
Eiskruste und die Ufer leeren sich von ihren Besuchern. In 
den Gebüschen wo die Grasmücken sangen, hüpfen Schaaren von 
Meisen und Goldhähnchen herum und die Amsel (Turdus merula) 
sucht nach Beeren. Die offenen Gewässer, die Teiche und lang- 
sam fliessenden Flüsse frieren zu, der Hauptstrom der Donau 
und in den Altwässern gewisse Stellen mit Grundquellen bleiben 
offen und werden so Versammlungsplätze für die nordischen 
Gäste zur Freude des beutelustigen Jägers. Achtzehn verschie- 
dene Enten und vier Säger-Arten werden mehr oder minder 
häufig erlegt, ebenso vier Steissfüsse und zwei Seetaucher-Arten 
und ausser der Saatgans auch die Graugans, zuweilen die weiss- 
stirnige und weisswangige Gans (Anser cinereus, albifrons et 
leucopsis), selten der Singschwan (Cygnus musicus). — Je nach 
der Strenge des Winters wechseln auch die eigenthümlichen 
Verhältnisse, oft sehen wir Kormorane (Carbo comoranus) Sturm- 
und Dreizehen-Möven (ZLarus canus et tridactylus), und Raub- 
möven (Lestris pomarinus et parasiticus) unser Stromgebiet be- 


suchen, doch hier schliesst sich das Bild, um wieder an den 
Frühling anzuknüpfen. 


Müsste ich nicht fürchten, die Geduld meiner Leser schon 
jetzt auf eine harte Probe gestellt zu haben, so würde ieh ihnen 
die seltenen Vögel aufzählen, die schon auf und an den Donau- 
Schütten erlegt wurden, von den Pelekanen, Flamingos, Löffelreihern, 
Ibisen, Stelzenläufern, Säbelschnäblern, Sandhühnern, Trappen, 
Geiern, Adlern, Eulen, gar nicht zu reden von den interessanten 
Bachstelzen, Braunellen, Steinschmätzern, Grasmücken, Emmer- 
lingen, Finken, Lerchen und Anderen, ich würde eine Reihe von 
Ereignissen beschreiben, die oft verhängnissvoll auf die hiesige 
Vogelwelt einwirken und oft Jahre lang ihre Spuren fühlen las- 
sen, wenn z. B. im Frühjahre nach Ankunft der meisten Vögel 
plötzliche, mehrere Tage anhaltende Kälte eintritt, wobei sie in 
Menge zu Grunde gehen, oder wenn im Hochsommer ein starkes 
Gewitter im Gebirge den Lech unerwartet schnell daher tosen 
macht, die Gewässer der Donau anschwellend und alle Eier der 
Möven, Seeschwalben, Kiebitze, Strandläuferu.d. hinwegschwemmt, 
oder wenn gräulicher Hagelschlag die sonst so gesegneten Fluren 
verheert und man Vögel aller Art, selbst Hasen in Menge er- 
schlagen finden kann. Doch nein! es genügt mir, wenn ich den 
einen oder andern meiner Leser aufmerksam gemacht habe auf 
diese ornithologische Fundgrube in unserm engeren Vaterlande, 
wenn ich irgendwo die Lust erwecken konnte, diese Donau- 
Schütten, ehe die längst erwartete Kultur sie nutzbringend, das 
heisst dem Forscher gleichgültig gemacht, näher und emsiger zu 
erforschen ; denn der Donau-Strom bleibt stets neben dem Rhein 
die Hauptpulsader Deutschlands, er verbindet auf die natürlichste 
Weise die Nordsee mit dem schwarzen Meere. Die Vögel haben 
das schon lange gewusst —- aber leider verlangt man nicht von 
den Staatsökonomen das Studium der Ornithologie. 


München den 20. Januar 1853. 


Die vierte Versammlung ungarischer Forstwirthe. 


In der im September 1852 in Pesth abgehaltenen dritten 
Hauptversammlung ungarischer Forstwirthe wurde Neusohl zur 
vierten Hauptversammlung und zwar für die Tage vom 20. bis 
24. Juni gewählt. Das Comit&e des ungarischen Forstvereines 
bewerkstelligt demnach eine Ausstellung forstwissenschaftlicher 
Naturprodukte und Werkzeuge und ersucht alle Mitglieder dieses 
Vereins, sowie auch alle Herren Waldbesitzer und Freunde der 
Forstkultur im Interesse des gesammten Forstwesens, diese be- 
absichtigte Ausstellung zahlreich unterstützen zu wollen. Hiezu 
eignen sich 

I. Aus dem Thierreiche: 
a. ausgestopfte vierfüssige Thiere und Vögel; b. besonders starke 
und abnorme Geweihe; c. nützliche und schädliche Forstin- 
sekten &c. 


II. Aus dem Pflanzenreiche: 
a. alle Gattungen inländischer Holzsämereien, sowohl in Zapfen, 
Kapseln und Hülsen, als auch in reinem Zustande; b. Blüthen, 
Blätter und Zweige aller Bäume und Gesträucher; c. Holzab- 
schnitte verschiedener Holzarten mit besonders günstigen Zu- 
wachs-Verhältnissen; d. sellene Baumauswüchse;; e. Straucharten, 
Forstunkräuter, Gräser, Moose, Flechten, Schwämme &c. 


III. Aus dem Mineralreiche: 
a. vorherrschende Gebirgsformationen und seltene Steinarten; 
b. Erze; c. Steinkohlen; d. Petrefakten &c. 
IV. Werkzeuge: 

a. wirkliche Exemplare oder blos Modelle verschiedener Kultur- 
Werkzeuge; b. Holzhauer-Werkzeuge;; c. verschiedene Messin- 
strumente; d. Modelle von verschiedenen bei der Forstwirth- 
schaft anwendbaren Maschinen &c. 


Durchdrungen von der Gemeinnützigkeit dieses Vorhabens, 
wiederholt zur zahlreichen Theilnahme seine Bitte das 


Comite des ungarischen Forstvereins. 


-— 00 


Ueber das Vorkommen und die Zusammensetzung 
des Nontronits 


von Tirschenreuth in der Oberpfalz. 


In unmittelbarer Nähe der Stadt, östlich vom Gottesacker, 
findet sich in einem Holzwege im Gebiete des Gneissglimmer- 
schiefers das hier zu besprechende Mineral als Material eines 
1%,,-2 Zoll mächtigen Ganges, der von S. nach N. streicht und 
dessen Nebengestein so zersetzt ist, dass es sich leicht zer- 
bröckeln und zerreiben lässt. 


Die eigenthümliche Specksteinartige Beschaffenheit, lebhafte 
Färbung und seine übrigen Eigenschaften veranlassten mich zu 
einer nähern Untersuchung dieses Minerals. Aus der Analyse 
ging hervor, dass dieses Mineral die gleiche Zusammensetzung 
mit dem von Berthier bestimmten Nontronit') hat und es zeigt 
dasselbe auch in seinen übrigen Eigenschaften die grösste Aehn- 
lichkeit mit diesem Minerale. 


Das Mineral ist citronengelb bis zeisiggrün, sehr weich, dem 
Speckstein ähnlich anzufühlen, undurchsichtig, im Bruche erdig 
und matt, durch den Strich oder Druck wachsartig glänzend und 
dunkler werdend, schneidet sich besonders weich und zart, fast 
seifenähnlich. Die Stücke des Minerals sind vielfach zerborsten 
und zersprungen und haben das Ansehen, als sei dasselbe aus 
einem gelatinösen Zustand hervorgegangen, in Wasser gelegt 
entwickeln die Stückchen Luftblasen und werden an den Kanten 
durchscheinend. Noch vor dem Glühen verliert das Mineral seine 
Farbe, unter gleichzeitiger Entwicklung von Wasserdämpfen und 


‘) Berthier Ann. de Chem. et de Phys. XXXV., 92. 


Dufrenoy XLVI. 101. 
Bernhardi und Brandes über ‘den Chloropal Schweiggers J. 
XXXV. 29. 


| Herr Eder, .kgl. Rentamtmann in Tirschenreuth, machte 
mich zuerst auf dieses Mineral aufmerksam und hatte die 
er mir das nöthige Material zur Untersuchung zu über- 
assen. 


31 


wird fast vollkommen weiss. Bis zum Glühen erhitzt, wird es 
dunkel kastanienbraun und sintert nur wenig zusammen, wird 
dabei aber nicht magnetisch. Durch die Löthrohrreagentien las- 
sen sich Kieselsäure und Eisenoxyd nachweisen. In schwach 
erwärmter Salzsäure ist das Mineralpulver vollständig löslich 
und scheidet erst beim Kochen oder Eindampfen gallertartige 
Kieselsäure ab. Auch nach dem Glühen, doch weniger leicht, ist 
es in concentr. Salzsäure löslich. In Kalilauge gelegt wird das 
Mineral braun und als Pulver fast vollkommen zerlegt. 


Erst kurz vor dem Glühen verliert das Mineral die letzten 
Spuren des chemisch gebundenen Wassers und enthält bei ver- 
schiedenen Temperaturen verschiedene Mengen Wasser. 


So enthält das lufttrockene Mineral 23%, Wasser, 
bei 100° getrocknet 9,7%, 10% 


bei 120° 1:79 
bei 180° 3% 
Die Analysen des bei 100° getrockneten Minerals ergaben: 
J E. Urieoechea aus Bogota Hugo Müller 
Kieselsäure 47.59 47,20 
Thonerde 42.49 71°75 
Eisenoxyd 42.49 2 
Wasser 9.79 9.80 
Magnesia u. Kali unwägbare Spuren. 
99.87 99,90. 


Vergleicht man diese Analyse mit den Analysen von Nou- 
tronit anderer Fundorte, so scheinen hier wesentliche Verschie- 
denheiten statt zu finden; allein bringt man ‘den verschiedenen 
Wassergehalt bei verschiedenen Temperaturen in Rechnung, so 
zeigt sich, dass die Differenzen weniger bedeutend sind. Wie 
ersichtlich, zeichnet sich unser Nontronit durch seinen Thonerde- 
gehalt aus, der bei den übrigen bekannten Nontroniten nicht 
4%, übersteigt. Hugo Müller, 


Zur Naturgeschichte der Fische. 


In Baja hat man laut der ungarischen Zeitung ‚,‚Pesti Naplö“ 
einen Fisch gefangen, der die Aufmerksamkeit der dortigen Ge- 
lehrten und Naturforscher in Anspruch nahm. Er soll zu den 
Forellenarten gehören, ist 13 Pfund schwer, 3%, Fuss lang, hat 
einen unverhältnissmässig grossen, dicken und stumpfen Kopf, 
seine Augen und seine Zunge sind an Grösse und Form ähnlich 
den Augen und der Zunge eines Affen, auch hat er an der Zun- 
genspitze sieben sehr scharfe Zähne. 


Dr. Z. 


Verkaufsanzeigen. 


Der noch in wenigen Mineraliensammlungen befindliche 
Fuchs’sche Porzellanspath ist in jeder Grösse und Quantität, so 
auch der Chloropal von v. Kobell, nebst allen im Graphit- und 
Kaolinbezirk vorkommenden orykto- und geognostischen Minera- 
lien entweder gegen baar oder im Tausch gegen Tertiärpetre- 
fakten oder seltene Mineralien stets bei mir zu bekommen. 


Dr. Waltl in Passau. 


Bei Herrn Bergbau -Inspektor Micksch in Pilsen ist eine 
aus 2520 Numern bestehende oryktognostische Sammlung, gröss- 
tentheils ungarische und böhmische Mineralien in sehr schönen 
Exemplaren enthaltend, zu verkaufen und wird dort auf frankirte 
Briefe über die Bedingungen des Ankaufs nähere Auskunft gegeben. 


Korrefpondenz- Blatt 


des 


zoologisch-mineralogischen Vereines 
in 


Regensburg. 


Nr, 3 ‘, Jahrgang. 1853. 


Vereins - Angelegenheiten. 


Personal-Nachrichten. 


Als Ehrenmitglied wurde ernannt: 
Seine Königl. Hoheit, Herr Herzog Max inBayern. 


Als correspondirendesMitglied wurde aufgenommen 
Hr. Fr. Sieber, Schulmeister in Oberdorf (Würtemberg.), 


Als ordentliche Mitglieder: 
Herr ‚Hauptmann Freiherr von Asch. 
„ Kleindienst A., Cand. Philos. 
»„ Rugendas, k. Lieutenant. 
» J. A. Schmid, Dozent am bischöfl. Lyceum zu Eichstädt. 
„ Singer J., Cand. Philos. 


Beiträge zu den Sammlungen. 


Verzeichniss der im iten Quartal 1853 zur Bibliothek 
theils im Tausche, theils als Geschenk eingegangenen Bücher 
und Schriften. 


Geschichte der inneren und äusseren Entwicklung der 
Pollichia im ersten Dezennium ihres Bestehens. Von Dr. C. F. 
Koch. 1850, 


Zehnter Jahresbericht der Pollichia, herausgegeben 
von dem Vereins-Ausschusse. Neustadt a./H. 1852. 


Zoologische Notizen. Enthaltend eine Reihe von Be- 
obachtungen nebst philosophischen und chemisch-physiologischen 
Bemerkungen über mehrere Weich- und Gliederthiere, 

3 


34 


Dargestellt von Dr. H. G. Geubel. Im Auftrage der Pollichia 
abgedruckt. Landau 1852. 


Die Mikroskope und ihr edbilzdh Oder vollstän- 
diges Handbuch der Mikroskopie &c. Von Charles Cheva- 
lier, Quedlinburg und BLeipzig.41843, Ange schafft. 


Würtembergische naturwissenschaftliche Jah- 
reshefte. IX. Jahrg. 1: Heft) ‚Stuttgart 1853. 


Lotos, Zeitschrift für Naturwissenschaften, Weka 
vom naturhistorischen Vereine Lotos in Prag. — Prag 1852. 

Naumannia. Archiv für die Ornithologie, vorzugs- 
weise Europa’s. Von Ed. Baldamus. II. Bd. 2. und 3. Heft. 
Stuttgart 1852. Angeschafft. 


Jahrbuch desnaturhistorischenLandesmuseums 
von Kärnten. Herausgegeben von J, L. GCanaval, Museums- 
Custos. Klagenfurt 1852. Eingesandt vom Gomite des kärtn. na- 
turhistorischen Landesmuseums. 


Kärntens Land- undSüsswasser-Conchylien. Von 
M. von Gallenstein, k. k. Professor. Klagenfurt 1852. Ge- 
schenk des Verfassers. n 


Fauna Boica. Naturgeschichte der Thiere Bayerns. Von 
D.D. M. Gemminger fund J. Fahrer. I. Band. ‚Säugethiere. 
4., 5. und 6. Lieferung. München 1852. Geschenk der Verfasser. 


Memoire sur les Porphyres avec Quartz, par M 
Gustave Leonhardt: Extrait du Bulletin de la Societe geolo- 
gique de France &c. 


Jahrbuch der k. k. geologischen ae u 
Jahrgänge 1850, 1851, 1852. Nr. 1. und.2. Wien. Eingesandt von 
der Direktion der k. k. geologischen Reichsanstalt. 


Zusammenstellung der bisher gemachten Höhen-, 
messungen in den k. k. Kronländern. Aus dem Jahrbuche der, 
k. k. geologischen Reichsanstalt. 6 Hefte; von Hrn. A Senonner. 


Ueber den Chemismus der Vegetation. Festrede 
von Dr. A. Vogel jun., München 1852. Geschenk des Herrn 
Bataill.-Arztes Dr. Besnard. 


Jahresbericht (29ter)' der Schlesischen Gesellschaft für‘ 
vaterländische Kultur in’ Breslau. nad 


35 


Zoologische Sammlung. 

Am 15. Februar d. J. wurde ein Wolf, Canis Lupus :L, bei 
einem veranstalteten Treibjagen im Revier Langenbruck, k. 
Forstamts Vilseck, von dem Forstgehilfen F. Geiger durch zwei 
Schüsse erlegt. Er ist männlichen Geschlechts, ohngefähr 4 bis 
5 Jahre alt, wog vor dem Aufbruche etwas über 60 bayr. Pfund, 
hatte eine Höhe von 2‘, 7°‘ und eine Länge. von der Nase bis 
zur Spitze der Standarte von 5‘ 6°. Dieses Thier wurde vom 
Vereine angekauft, und wird das Skelet in der Sammlung auf- 
gestellt. 

Se. Durchlaueht der Herr Fürst von Thurn und Taxis 
schenkte zu den Sammlungen eine im Oktober 1852 im Wild- 
parke bei Stauf erlegte weibliche Wildkatze, Zeis CatusL.; 

ein Eichhörnchen, Sciurus vulgaris L. mit weiss gerin- 
geltem Schwanze, Herr Apotheker Eser, 

einen Wespenbussard, Pernis apivorus L. 

eine Sammtente, Oedemia fusca, 

einen Schneeammer, Pleetrophanes nivalis L, & im 
Hochzeitskleid, 

die seltenen /ringilla  borealis (Hollbölii) und Emberiza 
pyrrhuloides Pall. (2 Exemplare) Herr GrafH.VonderMühle, 


ein schönes Männchen des seltenen Hackengimpels, Pyr- 
rhula enucleator L. in München auf dem Markte gekauft, 

einen Schreiadler, 4Aguila naevia Briss. und 

einen Wiedehopf, Upupa epops L. Herr Dr. Gemmin- 
ger in München, 

einen Sperling, Passer domesticus L. isabellfarbige Spiel- 
art, Herr Forstgehilfe Donhauser in Deining, 

ein Rebhuhn, Sitarna cinerea Briss, Zwillingsmissbildung 
mit einem aus dem Rücken hervorragendem Fusse, Herr Post- 
stallmeister Götz dahier, 

eine Sammtente. Oedemia fusca L. 9. und 

eine Sturmmöve, Zarus canus L. Herr Hauptmann Ba- 
ron v. Stengel in Lindau, 

einen. prachtvoll skeletirten, sehr grossen Kopf eines Hech- 


tes, Esox Lucius L., Herr Dr. Fahrer in München. 
3*# 


36 


llerr Dr Emerich von Frivaldszky in Pesth schickte an 
den Verein eine sehr schöne Suite von Amphibien ‘aus Un- 
garn, Banat, Dalmatien, Rumelien und der Türkei ein; welche in 
29 Exemplaren folgende Arten enthält: 
Coluber caspius. 
natrix var. fasciata, 


Rn Slavescens, 
. tesselatus, 
2 viridiflavus, 
58 atrovirens, 


4ulorophis vivax, Amphysbaena cinerea, 
Typhlops jonicus, Pseudopus Pallasü, 
Calopeltis leopardina, Yipera amodytes, 
Zacholus tauricus, Ablepharus pannonicus, 
Stellio vulgaris &c. 


Vom Herrn Rath Halenke kam 
eine Sandviper (Fipera amodytes) aus Ungarn und 
eine gemeine Eidechse (Zacerta agilis 2) mit 2 Schwänzen. 


Zur Mineralien-Sammlung gab IIr. Gutsbesitzer Fied- 
ler von Weiden ein grosses Stück ächter Steinkohle und 9 
Handstücke verschiedener Gebirgsarten aus dortiger Gegend. 


Herr Professor Dr. Zipser in Neusohl hat dem Vereine vor 
mehreren Jahren eine Sendung sehr instructiver ungarischer Mi- 
neralien, 71 a. d. Zahl, zukommen und heuer eine zweite Liefe- 
rung solcher, wieder aus 70 Stücken bestehend, nachfolgen las- 
sen. Diese enthält eine interessante Suite ungarischer Gebirgs- 
arten und oryktognostischer Stufen. 


Unter ersteren zeichnen sich vorzüglich aus: die Grauwa- 
cken, die Sandsteine und Kalke mit Versteinerungen aus: den 
tertiären Formationen des Oedenburger Comitats, bei Presburg, 
Ofen, Neusohl &c.; ein sehr schöner Abdruck des Blattes von 
Ficus Haszlinski Ettingh.; Hornstein mit Muschelabdrücken aus 
dem Trachytgebirge ; Trachyte, trachytische Conglomerate, Mühl- 
steinporphyre, Bimsstein-Breccie aus der weinreichen Umgegend 
von Tokay; schöne Weizschiefer. Unter den letzteren sind her- 
vorzuheben: Bibethein, Bildstein, grüner Hornstein und eine Reihe 
der ausgezeichneten ungarischen Opale, wobei sich auch jene 
Holzopale befinden, welche zu Badin bei Neusohl die Zerklüf- 


37 


tungen des dortigen trachytischen Gonglomerats in ganzen Stäm- 
men ausfüllen. Dieser werthvollen Sendung waren auch 2 Bä- 
renschädel, ein sehr grosser fossiler (Urs. spelaeus) und der 
eines kürzlich erlegten Thieres beigefügt. — Herr Forstmeister 
Drexel in Wernberg überschickte mehrere sehr schöne Petre- 
fakten vom Kressenberge. 

Anzeige. 

Zugleich mit diesem Blatte wird das dritte Heft der Ab- 
handlungen des zoolog. mineral. Vereins ausgegeben, 
enthaltend den Bericht über die Leistungen im Gebiete der Mi- 
neralogie im Jahre 1852 von Dr. Besnard. In allen Buchhand- 
lungen um den Preis von 1 fl. zu beziehen, 


Der Ipf und feine Umgebung in geognofifcher Üeberficht, 
mit besonderer Berücksichtigung der Schichtenfolge 
des mittleren und oberen braunen Jura. 


Von Präzeptor G. Holzbaur in Bopfingen und Schulmeister 
Fr. Sieber in Oberdorf. 


Der Ipf erhebt sich nördlich von Bopfingen aus einem rings 
umher gepflügten Ackerfeld und mehreren Wiesengründen, welche 
nördlich der Sechtachfluss und westlich der Egerfluss wohlthä- 
tig zu durchwässern anfangen. Er liefert an seinem Fusse, trotz 
des steinigten Bodens, das beste Getreide und gibt auf seiner, 
wohl tausend Schritte im Umfange haltenden Ebene, eine sehr 
gesunde Weide. 

Die Höhe des Ipfs beträgt 2200° über der Meeresfläche, seine 
Höhe beläuft sich auf — relative — 800‘. 

Von ihm aus sieht man die Schlösser napfenburg, Baldern, 
Neresheim, den Rechberg, den Schöneberg bei Ellwangen, den 
Schellenberg bei Donauwörth, den Hesselberg, bei hellem Wet- 
ter selbst die Schneeberge Tyrols, und es können auf demselben 
unter einem Horizonte von mehr denn 60 Stunden im Umkreis 
über 50 Orte mit blossem Auge und über 100 mit bewaffnelem 
Auge übersehen werden. 

Seinen Namen betreffend, so sag! Rauchpaar in seiner öttin- 
genschen Geschichtsbeschreibung, welche Lang 1775 zu Wal- 


lerstein herausgab: 
> 


38 


„Sonst hatten die alten Ahaeti, als Populi Suevorum, un- 
„terschiedliche Aberglauben und Götzendienst, also, dass jeder 
‚„Pagus, h. e. ein sonderlicher Tractus, seinen sonderlichen Gö- 
„tzen hatte, als vifm Ipf bei Bopfingen, auf dem Hesselberg' zu 
„Forheim und zu Ellingen im Ries, und daselbst haften sie, nach 
„ihrem eigenen Gutdünken, ihre Deos, Monstra, Cacodaemones, 
„und ist vermuthlich, dass man aufdem Ipf, « nominis notatione, 
„Ipfonem möge angebetet haben.“ 


Diese letztere Vermuthung möchte fast Glauben finden, weil 
bis zu Anfang des 16. Jahrhunderts alljährliche Wallfahrten auf 
den Ipf von Bopfingen aus angestellt waren, welche an die Stelle 
der heidnischen Anbetungen, die gewöhnlich auf hohen Bergen 
” gehalten wurden, zum öftern getreten sind. 

Die auf der nordöstlichen und südlichen Seite des Ipfs be- 
findlichen Gräben erklärt Knipschild L. II. Cap. V. pag. 658. 
de Civit. Imper also: 

„An den alten Städte Kriegen hat Bönfingen, auch antheil 
„und sonder Zweiffel manches darbei zu leiden gehabt, wie denn 
„an dem Berg Ipf der um die öberste Fläche ringsumhergehende 
„Graben, der mitten am Berg noch vorhandene Wall, und die 2 
„gegen das Wasser hinab gemachten Redouten mit ihren Lauf- 
„gräben, klare Anzeigungen sind, dass in den uralten Zeiten et- 
‚„wan ein verschanztes Lager allda gewesen.“ 

Wenn wir nun in Nachfolgendem unserem Ipf einige Zeilen 
widmen, so gedenken wir nicht nur einen Act der Pietät gegen 
diesen, bisher nicht genug beachteten, geognostisch wichtigen 
Grenzpunkt der schwäbischen Alb zu erfüllen, sondern möchten 
auch auf die, die schwäbischen Gesetze modifizirende Form be- 
sonders der braunen Juraflötze aufmerksam machen. An der 
westlichen Umrahmung des Rieses, dieses urgebirgig grundirten 
und in der Periode der süssen Wasser colorirten lieblichen Ta- 
bleau stehen von Bopfingen bis Zipplingen gleichsam Rudimente 
des weissen Jura, als Kuppen dem braunen Jura belassen, hin- 
weisend zur nördlichsten Grenzmarke des weissen Jura, dem 
Hesselberg. Solche dem braunen Jura aufgesetzten Kuppen mö- 
gen darauf hindeuten, dass sich die ursprüngliche Verbreitung 
der braunen und weissen Juraflötze über dasRies erstreckt habe. 

An der Entstehung des Rieses tragen offenbar vulkanische 
‚Kräfte Schuld. In dieser Gegend lag eines der vulkanischen Cen- 


tren, welche in-ihren. Radien die Erhebung des Jura.bewerkstel- 
ligt;haben. Und zwar, mag sich diese Thäligkeit in unserer Ge- 
gend'auf besonders gewaltige Weise ‘geäussert haben, einestheils 
durch Hebung und Verrückung. der Juraschichtien, anderntheils 
durch, Versenkungen derselben. Hierdurch wnrden die Wasser 
der Wörnitz mit ihren‘ Tributaren aufgestaut, es. bildete sich ein 
Süsswasserbehälter, welcher, nach endlichem Durchbruch das ge- 
segnete,Ries zurückgelassen haben mag. 

Das, Urgebirge ‚zeigt. sich, blos; von Süsswasserproduklionen, 
die zur ältern. Periode gehören, überdeckt, ohne dazwischenlie- 
gende Flötze, wohl aber tragen die Granite ‚und ‚Basalttuffe Spu- 
ren des gehobenen Keupers ‚zur: Schau. Die Süsswasserformen 
konnten sich nicht auf die Höhe. des weissen, wohl aber des 
braunen Jura ierheben, 

Ist nun.die Hebung ‚des Jura durch. vulkanische Kräfte be- 
wirkt,.so ist-allerdings anzunehmen, dass die vom Ipf aus nord- 
westlich ziehenden Kuppen von weissem Jura Ueberbleibsel ge- 
dachter Thätigkeit sind, auch. die Verklüftung und Zerrüttung des 
Höhlenkalks verdankt wohl ihren Ursprung nicht allein der Con- 
traction ihrer Massen und.der Auslaugung durch süsse Wasser, 
indessen ist der Ipf: nicht nach dem herkömmlichen Sprachge- 
brauch. ein vulkanischer Punkt, sondern er steigt vom braunen 
Jura (2) bis zum graulich weissen Dolomit auf, und repräsentirt 
eine verschwimmende Schichtenfolge aller dazwischen liegenden 
Formationen. _ Hiemit lassen wir die Ansicht vorübergehender 
Besucher, welche den, seinen Scheitel begrenzenden Wall gar 
für einen Krater und die oolithisch inficirten, röthlichen Kaike 
als vom Feuer afficirt {betrachten, dahin gestellt, auch die an 
seinem Fusse hin und wieder gefundenen Olivin- und Schlacken- 
ähnlichen Steinchen mögen wohl von Osten her geflötzte Rudera 
der Basalttuffe, seyn. 

Betrachten wir noch weiter das Gestein, auf welchem die 
Juraflötze. des Ipfs fussen, so wandern wir z. B. aus den Arie- 
tenkalken (Ellwangen), welche bald arm an Petrefacten werden, 
(Murheim) an einer ‚undeutlichen Opalinusschicht (Murstatt) vor- 
bei, welche Spuren von Kohlen enthält; mitten in den braunen 
Jura hinein. (Lippach). 


Von Westen ‚her. (Aalen) kommt an Baldern vorbei der grosse 
Strom des sandigen braunen Jura (£) bis an die nördliche Seite 


40 


des Ipfs, hier arm an Petrefakten, mit Ausnahme von Pecten 
personatus, welche im Walde, nördlich von Bopfingen, häufig 
sind. Dies wäre also die Basis des Ipfs, welche sich auch an 
der südwestlichen Seite seines Fusses spüren lässt. 

Hier, am Ausfluss der Sechtach liegen etliche Brocken Ge- 
steins, welche Aehnlichkeit haben 'mit den Aalener Erzflötzen 
und erfüllt sind mit Pecten personatus. 

Dies wäre also das letzte Glied des sandigen braunen Jura, 
und von hier aus begänne die verschwimmende Schichtenfolge 
des Ipfs. Denn gleich daneben, links ab, erscheint eine Letten- 
bank mit bläulichen Kalken abwechselnd und Belemnites gigan- 
teus, Ostrea crista galli einschliessend. 

Es sind also diese Kalke nicht jene, welche Quenstedt als 
y bezeichnet, obgleich einzelne Handstücke nach Farbe und der 
Art der Vertheilung ihrer Muscheln an den Liaskalk erinnern 
(Merkmal von y); denn es zeigen sich an den nämlichen Stü- 
cken wieder abwechselnd zahlreiche Eisenlinsen (Merkmal von 
d). Die blauen Kalke verschwimmen hier in den Oolithen, hin- 
gegen finden wir am südlichen Abhang des Ipfs einzelne blau- 
röthliche Kalk-Brocken, welche ganz aus Muscheln zusammenge- 
backen sind und daher dem über dem sandigen braunen Jura lie- 
genden Pectinitenkalk entsprechen, nur dass gedachte Muscheln 
keine Pectiniten, sondern Aviculaceen sind. 


Betrachten wir nun die Schichtenfolge des Ipfs, wie sie in 
den Brüchen aufgedeckt ist, so finden wir zunächst unten in der 
Lettenbank den stets hufförmig verdrückten Coronaten Blag- 
deni, dann aus Ammonites Humphriesianus zusammengebacke- 
ne Brocken nebst vielen Schalenstücken von Ostrea pectini- 
Jormis und erista galli; hierauf folgt Belemnites giganteus. Die- 
ser zeigt constant einen enormen Bauch und eine breitgedrückte 
verwitterte Spitze: es ist der ventricosus. Dabei finden wir 
verwitterte Alveolen von fast '; Fuss Durchmesser, welche an- 
deuten, welch riesenmässiger Sepie die zurückgebliebene ver- 
steinerte Spitze angehörte. Belemnites breviformis ist häufig: 
ferner findet sich ‚hier Pecten lens, Pholadomya Murchisonae, 
Myaciten in Menge, aber ohne Schale, schöne diplicate Tere- 
brateln, Pugnaceen (Terebratula Theodori), endlich, aber sparsam, 
die ausgezeichnetsten Cincte des Schwabenlandes — die flach- 
muldige Terebratula resupinata. 


41 


Nachdem die Lettenschicht etliche Fuss Mächtigkeit erreicht 
hat, beginnen abwechselnd mit Lettenschichten unförmliche Flötze 
von oolithischen Kalken, welche Felsen in der Mitte einen blauen 
Lias-ähnlichen Kern zeigen. Die blauen Stücke sind reich an 
den mit Kalkspath erfüllten Kammern von Coronaten, mit dem 
hier der Schale entblösten Pecten demissus und der Terebra- 
tula perovalis. In den Rissen der Flötze liegt manchmal ein 
grosser unschaliger Trochus. 


An einem Steinbruch westlich vom Ipf (Oberdorf) nehmen 
die pulverförmigen Oolithe, besonders wo sie den Atmosphäri- 
lien zugänglich sind, dergestalt überhand, dass das Gestein die 
den Parkinsonithonen eigenthümliche, ja eine intensivere Röthe 
annehmen und den Besucher irre führen kann. 


Man sieht sich aber hier vergebens nach einem Ammonites 
Parkinsoni um, dagegen sind hier Fundorte für Ostrea edulifor- 
mis, für Peectiniten, Cidariten-Stacheln und Täfelchen. Die Mäch- 
tigkeit der graublauen Flötze mag etwa 12 Fuss betragen. In 
den Brüchen bei Lippach herrscht die blaue Farbe vor. Hart 
über diesen Kalken geht der Leiten, welcher hier als Seltenheit 
Bruchstücke von Ammonites lineatus mit seinen blattartigen Lo- 
ben und deutlichem Sipho zeigt, in eine grusige, rothe Rogen- 
schicht von 4,—1 Fuss Mächtigkeit über, welcher etwa 4 Fuss 
mächtige Oolithe folgen, welche an der Luft in den nämlichen 
Grus verfallen, und welche die mannigfaltigste Menge aller der- 
jenigen Muscheln einschliessen, welche nach schwäbischen Ge- 
setzen den mittlern braunen Jura (y und d‘) charakterisiren, dar- 
unter findet sich aber auch 4mmonites Parkinsoni, welcher nach 
Quenstedt höher liegen sollte. Wir hätten hier also abermals 
einen Punkt, wo die schwäbische Fauna nicht massgebend ist. 
Die hier vorkommenden Varietäten von Ammon. Parkinsoni sind 
die breitmundige, bifurcate und planulatenartige, nie verkiest, 
wohl aber, besonders die leizte etwas höher liegende, im Innern 
späthig verkieselt. Andere Ammoniten sind hier selten; dagegen 
tritt in dieser Höhe der Belemnites giganteus in seiner vollen 
Schönheit auf, zuerst ein dicker, regelmässig kegelförmiger, mit 
schön gefalteter Spitze, dann der schlanke, komprimirte, nur stark 
daumendicke (gladius Blainv). Sie erreichen jeder eine Länge 
von 2 Fuss. N 


42 


Belemnites canaliculatus tritt in der grusigen' Schicht, zuerst 
auf, und zwar klein, dem elavatus im ZLias ähnlich; dann in der 
härteren Lage schlanker, dem hastatus des weissen Jura -ähn- 
lich. ‚Ferner tritt hier zuerst auf: TZrigonia costata' (selten ein 
ganzes Exemplar); Modiola gibbosa. im‘ ganzen. mittlern. und 
obern. braunen Jura ist ‚hier am ‚wohlgebildetsten;  Zerebratul« 
varians. ist häufig; :Terebr,  spinosa und quadriplicata sehr schön;; 
Terebr. bullata wie überhaupt die biplicaten Formen. nehmen an 
der Schnabelseite sehr an Dicke zu und sind hier am schönsten; 
Ter. resupinata wird sehr tiefmuldig. Zu bemerken sind Dicoty- 
ledonenhölzer, welche sich im ganzen Oclith zerstreut finden. 


Nun beginnt allmälig die, Härte. des Gesteins zuzunehmen, 
es zerfällt aber noch an derLuft in scharfkantige Bröcklein, und 
es stellen sich die schwäbischen Muscheln des obern braunen 
Jura (e) ‘ein, ohne dass ein merklicher Unterschied in den Schich-- 
ten stattfände. Die Lage hat blos einen Fuss Mächtigkeit, die 
Muscheln liegen aber hier 'in einer Grösse und: Vollständigkeit, 
wie vielleicht nirgends in Schwaben. Die 'Verkiesung, welche 
indess für die Schicht e massgebend seyn soll, tritt hier nicht 
vollständig ein, sondern die Muscheln zeigen nur theilweise ei- 
nen eisenhaltigen Schimmer.  Zuvörderst setzt hier der’ planula- 
tenähnliche Ammon. Parkinsoni fort, welcher ungeheuer ''gross 
wird, (giganteus Quenst.); der coronatus wird hier ausgezeich- 
net klein (Amın. anceps); dagegen steigt der sonst kleine Am: 
monites convolutus bis hier hinab und wird sehr gross (convo- 
lutus gigas); der erste Planulat (turiplicatus) stellt sich’ ein, 
ebenso ein hectieus. Dieser ist indess von dem in’ dem Orma- 
tenthon liegenden sehr verschieden, glattschalig, mit kaum merk- 
baren Sichelstreifen, mit grosser Involubilität, schneidendem 'Rü- 
cken und senkrechter Naht, und ist die ächle Form des Anım, 
Discus v. Buch. ' Eigens auf diese Höhe beschränkt erscheint 
aber der hochmündige Parkinsoni. Er erreicht 1'4 Fuss Durch- 
messer, verliert im Alter seine Rippen, ‚bekommt: einen scharfen 
Rücken und engen Nabel, so, dass er selbst von 'Kennern: mit 
dem Discus v. Buch verwechselt wird. Als eigenthümlichen 4m- 
moniten, der bis jetzt von Keinem beschrieben wurde, weist der 
Ipf eine völlig glatte, einen Zoll grosse Muschel, vom Habitus 
eines convolutus auf, die bisher unter dem Namen «/mim. oolithi= 
cus cursiren mussle. 


43 


Die canaliculirten Belemniten erfüllen ‚hier die ganze Bank, 
sind aber wegen des widerwärtigen Bruchs des Gesteins' ‚sehr 
schwer zu bekommen. Sie sind hier überaus schlank, erreichen 
die Grösse von 1 Fuss und gleichen ganz den HJastaten des weis- 
sen Jura. Die Nuculen erreichen die Grösse der Myaciten. Zerna 
mytiloides ist des Gesteins wegen sehr selten : ganz zu’ bekom- 
men, Schalenstücke sind häufig. Schon mit dem hochmündigen 
Parkinsoni wird das Gestein leichter und härter, die pulverför- 
migen Eisenerze werden grösser aber sparsamer, ‚es setzen sich 
an die Gesteine die sonderbaren, daumendicken Wülste an, welche 
für Fucoiden gehalten werden, und es erscheint ‚abermals ohne 
merklichen Unterschied der Schichten ein neuer Ammonit, 4m- 
monites macrocephalus. 

Diese Schicht misst gleichfalls blos einen: Euss. Die. hier 
vorkommende Varietät ist‘ der macrocephalus  compressus ; da- 
neben liegt der seltene Am. platystomus ; der coronatus wird 
wieder etwas grösser, zeigt aber keine merklichen Stacheln und 
wird Ammonites sublaevis Sw. eitirt.' Die Muscheln: der vorigen 
Schicht setzen fort, werden zum Theil grösser, wie Pholadomya 
Murchisossae und Trigonia costata, die hier als unterscheiden- 
des Merkmal zwischen den Rippen und dem knotigen Radialwulst 
ein glattes Band zeigt. Häufig sind duplicate Plagiostomen;, die 
Terebratula varians zeigt hier häufig die Form der fimbriata, 
die Zer. resupinata wird klein und variirt blos in der Farbe von 
Ter. impressa. | 

Sehen wir uns endlich nach der Normalspecies des mm. ma- 
crocephalus, dem rotundus- um, so finden wir diese in einem 
aschfarbenen oder gelblichen Letten, welcher nebenbei schon 
viele schwärzliche Knauern und Knollen zeigt, wodurch wir mit 
dem Amm. macrocephalus wider Willen in die Ornatenthone auf- 
gestiegen sind. Diese Thone, welche sich auch an der Westseite 
des Ipfszeigen, und zwar mit ihrer bezeichnenderen dunkeln 
Farbe, sind indess in unserer Gegend keine beliebten Fundgru- 
ben, es fehlen die Krebse und Ornaten, und kommt ausser ver- 
krüppelten Modiolen und Myaeciten nichts. vor. 


In den helleren Thonen liegen sehr viele Bruchstücke von 
Bel. canaliculatus, welcher hier kurzscheidig und unförmlich ist. 
Selten ist ein keulenförmiger Belemnit. Diese Muscheln sind 
wohl noch auf Rechnung der Macrocephalusschicht zu setzen 


44 


und böte also der Ornatenthon nichts Ausgezeichnefes. Wie die 
Schichtenfolge des braunen Jura an der südlichen und nördlichen 
Seite des Ipfs ist, so ist sie in allen bekannten Brüchen der 
Umgegend, bei Oberdorf, Röttingen, Lippach, Kirchheim &e. &c. 

So hätten wir den braunen Jura durchwandert und erlauben 
uns noch einige allgemeine Bemerkungen: 

Besonders die obern Schichten des braunen Jura zeigen eine 
die schwäbischen Gesetze modificirende Fauna, treten aber in 
unserer Gegend nicht blos sporadisch auf. 

Dass der Parkinsonithon nur an einzelnen Stellen blos liegt, 
hat die Ursache, dass er kein brauchbares Baumaterial liefert 
und daher unaufgeschlossen bleibt: ferner wird er überall durch 
darüberliegende Rutschen der Impressakalke und durch Geschiebe 
des weissen Jura verdeckt. ri 

Der Parkinsonithon ist eine hochgehende Fluth, die überall 
ihr Niveau beibehält, und das Gebirg parallel durchsetzt, wie sein 
Zutagetreten hinter und vor dem Ipf, südlich von Bopfingen an 
der Strasse nach Neresheim, westlich in Oberdorf, Röttingen und 
Lippach, nördlich vom Ipf bei Kirchheim und Wössingen beweist. 
Indessen fällt es eigenthümlich auf, dass der obere braune Jura 
oft unter schiefem Winkel in gleichem Niveau am mittleren 
braunen Jura abschneidet (Ipf, Oberdorf, Lippach), wo dann die 
Moacrocephalusschicht dem Mergel, welcher Ositrea crista galli 
einschliesst, zum Verwechseln ähnlich sieht. Es liesse sich viel- 
leicht annehmen, dass durch eine reissende Fluth die Letten der 
Schicht d abgeschwemmt und dıe so entstandene Lücke durch 
die späfer | kommende hochgehende Parkinsonifluth ausgefüllt 
wurde, oder aber, dass die Letten durch Quellen, welche sich 
vom weissen Jura herabziehen, abgeflötzt und so eine Senkung 
der Schicht e an manchen Stellen bewirkt worden wäre, wofür 
die an solchen Einsenkungen zu sehenden schiefen Risse von 
rother Farbe, welche durch den Niederschlag einsickernden Was- 
sers bewirkt wurde, Beweis liefern. 


Endlich liesse sich hier noch auf eine Analogie des fränki- 
schen braunen Jura mit der englischen Schichtenfolge hinweisen. 
Marly Sandstone nach Conybeare ist wohl analog unserem san- 
digen braunen Jura, Fullers-earth unserem Giganteusletten. 
Alles Uebrige bis zum macrocephalus rotundus, was sich bei 
uns nicht, wie bei Quenstedt scheiden lässt, wäre Great oolith, 


45 


die Macrocephalussehicht wäre Cornbrash und Kelloway (Phil- 
lipps). Zwar will Quenstedt diese letzte Behauptung durch den 
Umstand bezweifeln, dass z. B. Amm. sublaevis, der im Kello- 
way angegeben wird, in Schwaben stets tiefer liege, da indes- 
sen dieser Jmmonit am Jpf unstreitig im obern Leiten zu fin- 
den ist, so wäre dies ein Beweis für unsere Ansicht. 

Nun fehlen aber in Schwaben die Kohlen, welche den Great 
oolith der Engländer durchziehen. 

Was dieses anbelangt, so finden wir überall, besonders in 
der obern Abtheilung des braunen Jura, eine Menge Ueberreste 
von Holz. Dieses ist selten versteinert und sieht aus, wie wenn 
Bäume mit ihren Wurzeln hier eingedrungen und verrottet wä- 
ren, so dass sie schwarze Streifen zurückgelassen haben. 

Dieses Phänomen ist indessen zu constant, dass man nicht 
an Baumwurzeln unserer geschichtlichen Waldperiode denken 
kann, und annehmen muss, dass in diese Region zwischen dem 
Great oolith nach oben die englische Upper Coal zu setzen sei. 

Es folgen nun die Schichten des weissen Jura, über welche 
wir uns kürzer fassen, da die genannten Schichten am Ipf keine 
grosse Ausbeute an Petrefakten geben, und zwar desshalb, weil 
die einzelnen Schichten theilweise nicht durch Betrieb aufge- 
schlossen, theilweise nicht entwickelt sind. 

Die Impressakalke erzeugen dnrch ihre Verwitterbarkeit ei- 
nige Rutschen, an deren Basis Zerebratula impressa, Rostella- 
ria bispinosa, vererzte Ammonitchen, (complanatus, alternans) 
sowie ein Spatangus (Echinites carinatus) zu suchen ist. 

Die wohlgeschichteten Kalke (£), bläulich, und höher hinauf 
weisslich gefärbt, zeigen verkrüppelte Planulaten und Flexuosen. 

Die Spongitenkalke (y) ziehen sich am westlichen Abhange 
sehr verkümmert als Geschiebe, welches sparsam die Terebra- 
tula lacunosa enthält. 

Die geschichteten Kalke südlich über dem Wall mit Belem- 
nites hastatus und kleinen Flexuosen zeigen oolithische Nei- 
gung und sind oft blutroth gefärbt. 


Bei diesen 3 Schichten wiederholt sich, wie im braunen 
Jura, eine Abweichung von den schwäbischen Gesetzen. Wie 
sich im braunen Jura nur die blaugrauen Mergelkalke mit Be- 
stimmtheit von der darüberliegenden grusigen Schicht des Par- 
kinsoni scheiden lassen, hingegen die blauen und grauen Kalke 


46 


verschwimmen, so" wechsellagern und verschwimmen: im. weis- 
sen Jura beide wohlgeschichteten Kalke (# und y). Sie: sind 
bald bläulicher, bald lichter gefärbt, enthalten die gieiche Fauna 
und zeigen beide oolithische Neigung, so dass 'es keinen Werth 
hat, die wohlgeschichteten Kalke' in. zwei’ Abtheilungen zu zer- 
reissen 

Daneben drängt sich die Lacunosaschicht nicht dazwischen 
hinein, sondern behält ihr Niveau über den wohlgeschichteten 
Kalken, dringt :sogar in die Dolomite hinein. 

Die zuletzt am Ipf anstehenden Felsen sind graulich weisser 
Dolomit, welcher Kreide ähnliche Knollen eimschliesst. 

Die Dolomitfelsen westlich von Oberdorf verschwimmen mit 
den massigen Lacunosaschichten zu einer Bildung, so ‘dass man 
am unfern Theile die Zerebratula lacunosa findet, ohne dann 
höher hinauf einen in die Augen fallenden Unterschied in der 
Form ‘der Felsen gewahr zu werden. 

So wäre demnach der in der Fauna des braunen Jura reiche 
Ipf’ sehr arm an Versteinerungen des weissen Jura. 

Hiefür entschädigt die Umgebung. 

Die Impressakalke südlich von Wössingen bieten ausser Ge- 
nanntem ausgezeichnete Loricaten (Terebr. pentagonalis);, eben- 
daselbst ist für unsere Gegend der einzige uns bekannte Punkt 
des mittleren weissen Jura, wo neben einer Menge der 'schön- 
sten Terebrateln  (lacunosa, nucleata) neben Cidaritenstacheln 
und dem Bel. clavatus — Spongiten zu treffen sind ;. freilich nicht 
in der -Schönheit, wie in den oberschwäbischen Lochenfelsen. 


Die Steinbrüche südlich von Kirchheim zeigen weissliche 
wohlgeschichtete Kalke, die nördlich von Kirchheim führen 7e- 
rebratula lacunosa. 

Die blaulichen, wohlgeschichteten Kalke südöstlich von Auf- 
hausen führen neben Planulaten, /lexuosen, Inflaten besonders 
die bekannten Ammonitendeckel (Apiychus problematicus). Die 
geschichteten Brüche nordwestlich von Aufhausen führen den 
Belemn. hastatus, dessgleichen die Brüche südlich von Bopfin- 
gen, auf dem sogenannten Breitwang. ' Diese oolithischen. Kalke 
zeigen unter andern, neben Pecten (velatus) des: mittleren: weis- 
sen Jura schon Terebrateln (substriata, pectunculus), welche am 
die Muscheln der 'Korallenfelsen bei Nattheim erinnern.‘ Auch 
die vielen zerstreuten Feuersteine zeigen an, dass wir uns hier 


47 


in bedeutender Höhe befinden; man findet sogar 'auf'der Höhe 
vom:Ipf undeutliche Spuren von Korallen, 

So bietet denn der Ipf und seine Umgebung für den For- 
scher eine schöne Gelegenheit dar, sich im Gebilde des braunen 
und weissen Jura zu orientiren, und es wäre nur zu’ wünschen, 
dass in dieser Hinsicht noch: weitere Untersuchungen bestätigten, 
in wie weit die braunen und weissen Juraformen unserer Ge- 
gend mit denen der schwäbischen Alb übereinstimmen, oder von 
ihnen abweichen. 


Die Grauwackenformation in Sachsen und den 
angrenzenden Ländern. 


Seit drei Jahren mit Untersuchung der Grauwackenformation 
in Sachsen und den angrenzenden Ländern beschäftiget, ist es, 
nach sorgsamer Untersuchung von ohngefähr 150-Arten Verstei- 
nerungen aus diesem Gebiete,.möglich geworden, folgende Rei- 
henfolge der Schichten zu erkennen, welche namentlich auch für 
Oberfranken gilt: 


l. Urschiefer. 
1. Urthonschiefer v. Naumann (Ztiage azoique v.Barrande, 
grüne und graugrüne Grauwacke v. Richter und Engel- 
hardt z. Theil. 


I. Silurformation. 
a, untere Silurformation. 

2. Alte quarzige Grauwacke von Naumann (Sandstein der 
Kinnekulle in Westgothland, Etage de Quartzites v. Bar- 
rande, grüne und graugrüne Grauwacke v. Richter und 
Engelhardt z. Th.) 


3. Grauwackenschiefer mit Nereograpsus cambrensis. (Nerei- 
tenschichten, graue Grauwacke v. Richter und Engel- 
hardt z. Th.) 


4. Graptolithenschichten (Schistes @ Graptolites v. Barrande, 
graue Grauwacke v. Richter und Engelhardt z. Th.) 


b. obere Silurformation. 
vacdat. 


II. Devonformation. 

5. Tentaculiten-Schichten (Wissenbacher Schiefer und Cypri- 
dinenschiefer v. F. A. Römer z, Theil) mit Grauwacken- 
schiefer, Kalkknollen- Schichten oder Knotenkalken, überge- 
hend in: 

6. Kalkstein von Wildenfels, Plauen und Schlerz, (Or- 
thoceratitenkalk v. Graf Münster, ? Goniatitenkalk v. F.A 
Römer), übergehend in 

7. Planschwitzer -Schichten, mit Grünsteintuffen, Kalkknollen- 
Schichten oder Knotenkalken, Eisensteinen u. s. w, (Iberger 
Kalk v. F. A. Römer). 


8. Clymenienkalk von Graf Münster. 
9. Jüngste Grauwackenschiefer mit Calamites transitionis Göpp. 
und Noeggerathia Rueckeriana Göpp. 


IV. Kohlenkalk von Trogenau, mit Euomphalus acutus Sow. 
Euomph. Konincki d’Orb. Productus semireticulatus Mart., 
Pr. sublaevis de Kon., Pr. mesolobus Phill., Pr. Christiani 
de Kon, Chonetes variolata d’Orb. und Chin. comoides 


Sow. sp. 


Die Resultate meiner bisherigen Forschungen in dem alten 
Grauwackenlande sind in dem zweiten Hefte der „Versteinerun- 
gen der Grauwackenformation in Sachsen und den angrenzenden 
Länder-Abtheilungen‘ niedergelegt, welches gegenwärtig noch 
unter der Presse ist. 

Dresden am 3. März 1853. 


Dr. H. B. Geinitz. 


Korrefpondenz- Blatt 


des 
zoologisch-mineralogischen Vereines 
in 


Regensburg. 


Nr, 4 1. Jahrgang. 183. 


Ein Ausflug nach Eichstädt, 


vorgetragen in der Generalversammlung des zool. 
miner. Vereins am 3. Febr. 1853, 


von Prof. Dr. Fürnrohr, 


Aus einem Artikel in den letzten Blättern des Gorrespon- 
denzblattes wie aus dem eben vorgetragenen Jahresberichte unsers 
verehrten Herrn Secretärs werden Sie bereits ersehen haben, 
welchen unersetzlichen Verlust im vergangenen Jahre die Wis- 
senschaft und speciell auch unser bayerisches Vaterland durch 
den allzufrihen Tod des Herzogs Max von Leuchtenberg, 
eines der edelsten Pfleger und Förderer der Naturwissenschaften, 
erlitten hat. Vielleicht eine dunkle Ahnung dieses traurigen Er- 
eignisses und der daran früher oder später sich möglicher Weise 
knüpfenden Veränderungen in dem Stande seiner grossartigen 
Schöpfungen zu Eichstädt bestimmten mich im vergangenen 
Herbste, den wiederholten freundlichen Einladungen des Herrn 
Custos Dr. Frischmann endlich Folge zu leisten und eine 
Wanderung zu den in reicher Fülle dort aufgespeicherten natur- 
historischen Schätzen anzutreten. Zu meiner nicht geringen 
Freude schloss sich mir auf dieser Pilgerfahrt unser verehrter 
Freund, Herr Regierungsrath Wineberger, als Begleiter an, 
und ein freundlicher Zufall liess uns auch in Eichstädt mit Herrn 
Prof. Schafhäutl aus München, Herrn Pfarrverweser Jäckel 
aus Amorbach und Herrn Seminardirector Bauer aus Altdorf 
zusammentreffen, in deren Gesellschaft uns schnell zwei an wis- 

4 


50 


senschaftlichen Genüssen seltner Art reiche Tage verflossen, 
deren Erinnerung immer zu den angenehmsten meines Lebens 
gehören wird.: Sie werden es mir daher nicht verübeln, wenn 
ich iım dankbaren, wenn gleich wehmüthigen Hinblicke auf den 
verklärten Genius, der auch -uns diese serhabenen Genüsse be- 
reitete, in der heutigen Sitzung dieser Erinnerung einige Worte 
widme ; vielleicht findet sich einer oder der andere von Ihnen 
dadurch angeregt, in’ unsere Fussstapfen zu treten und dem 
freundlichen Eichstädt einen Besuch abzustatten, bevor dieser 
Stadt, deren Name früher schon durch den jetzt spurlos ver- 
schwundenen Hortus Eystettensis in.der Botanik glänzte, durch 
eine mögliche Translocation der Leuchtenberg’schen Sammlungen 
auf’s Neue eine ihrer schönsten Zierden verloren geht. 

Geleitet von dem sehr gefälligen Gustos’ derselben, Herrn 
Dr. Frischmann, .betraten .wir am 9. September v. J. die 
freundlichen Räume, welche das herzogliche Museum aufgenom- 
men haben. Das Gebäude, welches im Jahre 1735 aufgeführt 
wurde und den früheren Fürstbischöfen von Eichstädt als:Som- 
merpallast ‚diente, liegt am südöstlichen Ende der Stadt, hat eine 
ansehnliche Länge und hinter sich den herzoglichen Hofgarten, 
wodurch es von allen Seiten das günstigste Licht ‚erhält und 
ganz für seinen jetzigen Zweck geschaffen scheint. ‚Da: wir zu- 
nächst die zoologischen Sammlungen in Augenschein nehmen 
wollten, so begaben wir.uns sogleich in das obere Stockwerk, 
und wurden :beim Eintritte in den grossen :Vorsaal, wo ein kräf- 
tiges Exemplar eines. ausgestopften Bären als Portier Wache 
hält, durch eine sehr reichhaltige, gegen 460 Nummern zählende 
Sammlung von Hörnern und Geweihen überrascht, worunter ein 
32 Ender von Edelhirsch, ein werthvolles Perückengeweih; und 
viele andere Abnormitäten: von Reh, der ausgestopfte Kopf einer 
Rehgeis, die-im kalten Winter 1844/45 in den Leuchtenbergischen 
Forsten eingegangen ist und gering. (Knoppern) ‚aufhat, riesen- 
mässige Geweihe von Elenn- und Rennthieren, Hörner von Nas- 
horn, Steinbock, Antilopen, Gemsen u. Ss. w. unsere besondere 
Bewunderung fanden. In den. daranstossenden: zwei geräumigen 
Sälen entfaltete sich uns nun die ganze. Männichfaltigkeit der 
jetzigen Thierwelt, deren  sämmtliche Klassen und Ordnungen 
hier, mit wenigen Ausnahmen, aus allen Ländern. des: Erdkreises- 


51 


ihre Repräsentanten gestellt haben, und bei welchen es oft zwei- 
felhaft blieb, ob man mehr der Seltenheit der vorhandenen Arten, 
oder den prachtvollen Exemplaren, oder der sorgfältigen Zube- 
reitung, Aufstellung und Conservation derselben grössere Bewun- 
derung und Anerkennung zollen sollte. 


Säugethiere bilden darunter, wie wohl in den meisten Ca- 
bineten, den schwächeren Theil, doch fehlen nur aus den Ord- 
nungen der Einhufer und der Walle Repräsentanten und unter 
dem Vorhandenen zeigen sich manche ausländische Seltenheiten, 
u.a. 14 Species von Affen, 17 Species von Fledermäusen, darunter 
Pteropus edulis; ausserdem Ohrysochloris capensis, Ursus ameri- 
canus, Gulo borealis et barbarus, Nasua solitaris, Procyon 
Lotor, Fiverra caudivolvula, eine goldgelbe Varietät von Mu- 
stela Zibellina (ein Geschenk Ihr. Maj. der Kaiserin Alexan- 
dra von Russland), die seltene Enhydris americana, welche 
Prof. Wagner bei seiner Abhandlung in Wiegmann’s Archiv d. 
Naturgesch. XV. Jahrg. p. 39. u. XVI. p. 37 vorlag, Fiverra 
Genetta et indica, Herpestes Pharaonis et indica, Felis tigris, 
Onca (in 3 Ex.), tigrina et minuta, 5 Spec. Canis, 3 Spec. 
Phoca, Didelphys myosaurus et minuta, Spalax typhlus, Ba- 
thyergus capensis, Arctomys Bobac, Pteromys volans, 5 Arten 
von Sciurus, Dipus lagopus, 2 Arten Hystrix, Dasyprocta 
Aguti, Coelogenys Poca, 2 Arten Bradypus, 3 Dasypus, 2 
Myrmecophaga, Manis pentadactyla, Ornithorhynchus fuscus, 
2 Dicotyles-Arten, Moschus javanicus, Cervus virgineus, Capra 
Ibex, erlegt in der Gegend von Gressoney auf dem Gletscher 
von Cogna, u. v. a. 


Mehr noch als diese Ausländer interessirten uns die vater- 
ländischen Arten, die namentlich unserm trefflichen Begleiter, 
Herrn Pfarrverweser Jäckel, manche Gelegenheit zur Vervoll- 
ständigung seiner Thiergeographie Bayerns boten. Seinen ge- 
fälligen Mittheilungen hierüber entnehme ich Folgendes: „Vom 
Biber sind 2 bayerische Exemplare vorhanden, einer von Isma- 
ning, der andere aus der Altmühl, vor etwa 27 Jahren 3 Stunden 
von Eichstädt angeblich von dem Herrn Bischof Grafen von Rei- 


sach erlegt. Aypudaeus glareold, die bei Eichstädt vor- 
4% 


52 


= 


kommt, suchte ich’im Museum vergeblich, doch: steht in: dem- 
selben ein Myoxus nitela aus Bayern und M. glis. et muscar- 
dinus aus der herzoglichen Fasanerie, wo «sie,vgar nicht, selten 
sind. An: Fledermäusen hat Eichstädt eine ‚grosse Anzahl. von 
Vespertilio MWiedei (Yesperus serotinus. Daub.):ı geliefert. Zwei 
ausgestopfte und drei in Weingeist befindliche Stücke der Sorex 
araneus, von‘Professor Veltheim:im December 1821 in einem 
Düngerhaufen im Lämmerthale gefunden, wurden von Professor 
Wagler als eine neue Art;unter dem Namen Sorex (Crocidura) 
major, grosse Faserspitzmaus, bestimmt und sind. ohne Zweifel 
die Originalexemplare ‘zu »Wagler’s Monographie der,Spitzmäuse 
Bayerns (Isis. 18521. p: 51. ff. XI. .p. 1218) gewesen. Zwei 
Stücke der niedlichen  Sorex pygmaeus sind ebenfalls: aus der 
Eichstädter Gegend, dem Schernfelder ‚Forst, Ein Luchs ist 1829, 
im Allgäu bei Immenstadt in Eisen gefangen, in..die, Sammlung 
gekommen; von Katzen, die früher in den herzoglichen Forsten 
(Schernfeld, Waldgländer) ungleich häufiger,, als jeizt, waren, 
zieren 3 kapitale Kuder die Sammlung. Merkwürdig ist; noch 
eine Rehgeis mit weisser Blässe, weissen Bauchseiten, und Un- 
terläufen , die im; December: 1838 im Märkenlober Revier ge- 
schossen wurde,‘ — Die ganze Sammlung von Säugethieren 
umfasst 239 Nummern, welche 129 Species angehören. 
Um vieles reichhaltiger erscheint die ornithologische Samm- 
lung, welche den eigentlichen Glanzpunkt ‚der zoologischen 
Abtheilung bildet und einen seltenen Reichthum aussergewöhn- 
licher Formen, besonders aus Brasilien, dem’ Ural, dem Altai und 
andern Gegenden Russlands darbietet. Es kann nicht in ‚meiner 
Absicht liegen und würde auch eine schwere Aufgabe sein, ‚auf 
Alles, was dieselbe Interessantes enthält, hier aufmerksam machen 
zu wollen; ich werde mich" daher darauf beschränken, nur 
einiger besonders in die Augen fallenden Merkwürdigkeiten der- 
selben in Kürze'zu gedenken, Aus der Ordnung der Raubvögel 
fielen uns besonders ein riesiger Kondor (Sarcorhamphus | gry- 
phus), ein ächter Zalco chrysaetos Linn. et Naum. und der 
durch seine langen Beine, wie durch den sonderbaren ‚Kopfputz 
ausgezeichnete Secretär (Gypogeranus serpentarius) auf, Die 
Ordnung der sperlingsartıgen Vögel enthält u. a. aus der Familie 
der Spaltschnäbler den merkwürdigen Tagschläfer, Podargus 


>3 


cinereus und die langfederige Nachtschwalbe, Caprimulgus longi- 
pennis, deren wunderbare Flügelfederbildung an die der Parädies- 
vögel erinnert; die Familie der Pfriemenschnäbler liefert den 
niedlichen Aegulus Leuchtenbergensis aus Madeira und den 
prachtvollen Leierschwanz, Maenura superba; die der Kegel- 
schnäbler ausgezeichnet schöne Tangaras; die 'Grossschnäbler 
sind u a. durch die Gattung Zezerus und herrliche’ Paradiesvögel, 
namentlich Paradisea sexsetacea, rubra und magnifica aus Neu- 
guinea; die Dünnschnäbler durch 360 der niedlichsten Colibri’s, 
darunter Zrochilus Sappho, Amaliae, Derbyanus,, Euanthes, 
Uhterroodii, Kingii, ornatus ete., dann den prachtvollen Strupp- 
vogel, Epimachus superbus, vertreten. Aus der Ordnung der 
Klettervögel begegneten wir neben zahlreichen Tukanen > und 
Papageien auch dem seltenen Pter»glossus Beauharnai- 
sii, der dem Namen seines eifrigen Sammlers auch in der Or- 
nithologie ein Denkmal setzt, und dem’ durch die eigenthümliche 
Bildung seiner Kletterfüsse besonders ausgezeichneten Zrogon 
resplendens. Von den Hühnervögeln fesselten das Auge beson- 
ders das merkwürdige Fausthuhn, Syrrhaptes paradoxus, aus 
der Kirgisensteppe, das Heidenhuhn, Teirao cupido, aus Nord- 
america, der Tragopan Hastingi und Satyrus aus\ Ostindien, 
Numida cristata, Leophorus Nigelli aus dem Altai und Z. re- 
fulgens aus Ostindien, alle aber an Pracht übertreffend der 
Pfauen-Argus, 4. giganteus. Unter den straussartigen Vögeln 
bemerkten wir neben den hervorragenden Repräsentanten der 
Gattungen Struthio, Rhea und Casuarius auch die merkwürdigen 
neuseeländischen Kiwi’s, Apteryx australis und Owenii, letztere 
wohl eine der bedeutendsten, wenn nicht die hauptsächlichste 
Zierde des Museums, da dieses wohl bis jetzt das erste und ein- 
zige Exemplar auf dem Continent ist, und ausser demselben 
überhaupt nur noch zwei in andern Sammlungen vorhanden sind. 
Nicht minder reich an Seltenheiten erwies sich die Ordnung der 
Sumpf- oder Watvögel, darunter die südamericanische Ciconia 
Myecteria, 6 Species Kraniche, J/bis religiosa vom Gap d. g. H. 
und eine schöne Gruppe von Pelekanen, namentlich Pelecanus 
mitratus, conspicillatus, brachyrhynchus, erispus u. sw. Unter 
den Schwimmvögeln verdienen auszeichnende Erwähnung Cer- 
copsis Novae Hollandiae und die australische melanoleucos, die 


>4 


mit dem Habitus und dem Schnabel einer Gans die Fussbildung 
eines Watvogels vereinigt, die seltenen Anser ihyperboreus et ru- 
ficollis, Cygnus atratus, Anas Stelleri, falcata, spectabilis, 
galericulata und endlich der hochnordische Alk, Alca impennis, 
der vielleicht bald mit der Dronte gleiches Schicksabtheilt, u.v.a. m. 

Ueber diesen ausländischen Seltenheiten ‚versäumten wir 
jedoch nicht, auch den einheimischen Arten unsere Aufmerksam- 
keit zuzuwenden und: daraus manches Lehrreiche für die Fauna 
boica zu entnehmen. Unser verehrter Freund, Herr Jäckel, 
äussert sich darüber wie folgt: ,.Die in der Sammlung befindli- 
chen, als Zalco imperialis (Bavaria), fulvus (Eichstädt), nae- 
vius (1850, Reichertshofen) bezeichneten Adler. konnte ich der 
Kürze der Zeit wegen nicht genauer untersuchen, um mit Ge- 
wissheit darüber entscheiden zu können, welche von den:neuer- 
dings durch Naumann unterschiedenen Arten es seien, doch 
werde ich mir darüber noch Gewissheit zu verschaffen suchen. 
Von Falco albieilla, der zuweilen aus Südbayern herauf in das 
Altmühlthal streift, ziert ein sehr schönes, grosses Exemplar mit 
reinweissem Schweife, bei Eichstädt erlegt, das Museum. Seltene 
Vorkommnisse aus der Gruppe der Tagraubvögel sind daselbst 
Falco peregrinus, aesalon, rufus, pygargus; ein junger Merlin 
wurde im Winter 1821 in einem Saale des Residenzschlosses: in 
der Hitze der Verfolgung eines Sperlings gefangen, ein anderer 
in Ingolstadt erlegt; ein Paar Rothfussfalken sind nach Aussage 
eines glaubwürdigen Zeugen aus der Gegend von Eichstädt, ein 
Falco fusco-ater von München. An selteneren Eulen verzeich- 
nete ich: Sizrix bubo, der im Jura des Altmühlthales horstet; 
3.Stücke des Rauhfusskauzes, von welchen eines 1828 und die 
beiden andern Weibchen 1833 und 1845 in der herzoglichen 
Fasanerie geschossen wurden, und ein Exemplar der niedlichen 
seltenen Sirix pygmaea,.das im Herbst 1829 eine halbe Stunde 
von Eichstädt bei dem Ziegelhof in der Drosselschnaide im Bogen 
gefangen wurde. Von:selteneren Fliegenschnäppern sind aus der 
Gegend vorhanden: Muscicapa albicollis und  atricapilla, von 
denen erstere jedenfalls, letztere gewiss daselbst brütet. Zirundo 
rupestris aus Tirol, riparia aus der Umgebung‘ der Stadt, wo sie 
im alten Gemäuer der Brücken u. s. w. häufig brütet. Nach der 
bestimmten Versicherung eines erfahrnen Vogelfängers und Die- 


55 


ners am herzoglichen Gabinet, der: die Uferschwalbe und ihr 
Brütegeschäft wohl kennt, und diese, so wie die Felsenschwalbe 
in der Sammlung täglich vor sich sehen kann, hat derselbe die 
letztere vor etlichen 30 Jahren bei Eichstädt in 2-3 Paaren an 
der Landeshöfer Strasse in den Felsen des Altmühlthales brütend 
gefunden und ausgenommen. Jener Diener sagte uns, diese 
Schwalbe sei ihm als Knaben und seinen Kameraden unter dem 
Namen’ ,‚Steinschwalbe ‘‘ bekannt gewesen, den Cypselus apus 
hätten sie Mauerschwalbe genannt; ein Umstand, der jedenfalls 
die Aufmerksamkeit bayerischer Ornithologen verdienen, dürfte. 
Von vaterländischen, nicht gewöhnlichen  Drosseln sind zu er- 
wähnen 2 Paare Zurdus saxatilis, welcher auf der nahen Wili- 
baldsburg brütet, wenigstens war diess noch vor ‚ein paar Jahren 
der Fall, und Zurdus torquatus, der im Winter, nicht selten durch 
das Altmühlthal streichend, den Schlossgarten besucht... Von Sän- 
gern’ sind bemerkenswerth: Sylvia luscinia, nisoria (bei Ingol- 
stadt nicht selten), Salicaria phragmitis und cariceti. Regulus 
pyrrhocephalus, bei Eichstädt häufig, wird Feuerhähnchen genannt. 
Fringilla serinus kam einmal auf dem Striche vor. Zu den in- 
teressantesten’ Vögeln jener Gegend gehört Zmberiza  hortulana, 
die einzeln daselbst brütet. Im Jahre 1851 und 41852 hat je ein 
Paar im herzoglichen Hofgarten geheckt; das Nest stand das eine 
Mal in einer Hecke, das sandere Mal in einer Laube und hatte 
4 Eier, ‘wurde aber von Katzen oder Jungen derselben beraubt. 
Ein altes Weibchen des Pleetrophanes nivalis wurde im Februar 
1843 in der Gegend des tiefen Thales, nahe an der Stadt, ge- 
schossen. Der herrliche Alpenmauerläufer (Zrichodroma mu- 
raria) ist im Winter und Frühjahr, ‚durch das Donauthal herauf- 
kommend, in den Felsen des Altmühlthales, in den Steinbrüchen 
Eichstädts und an alten Gemäuern auf dem Zuge nicht gar selten, 
Die Sammlung besitzt 3 in der Nähe erlegte Stücke; einige 
andere wurden im Tausch abgegeben. Dieser Vogel kommt selbst 
in die Stadt und ein Stück desselben wurde im Winter 1831 von 
dem herzogl. Oberjäger Maul an einem Thurme der; Stadtmauer 
in der Nähe des Buchthalerthores geschossen. Cypselus melba 
(e Bavaria) und Picus tridactylus, in der Nähe des Stiftes 
Rebdorf erlegt, verdienen hier gleichfalls Erwähnung. Ein Auer- 
hahn,, von Prof. Wagler-in falzender Stellung: meisterhaft aus- 


56 


gestopft, dürfte desshalb der Beachtung‘ werth sein; ihm reihen 
sich an: ein männlicher Zetrao medius, @Oedicnemus crepitans 
von Eichstädt und Ismaning, Charadrius | morinellus, von Herrn 
Herzog August 1833 bei Ismaning erlegt, Zringa minuta ‚und 
Totanus fuscus (e Bavaria), Scolopax major (Moor bei Nassen- 
fels im August 1832), ein junger Jbis falcinellus vom Kauerlacher 
Weiher im Landgerichte Hilpoltstein, 4Ardea comala;, 1834 an 
der Wertach bei Augsburg vom Grafen Albert von Pappenheim, 
Ardea nycticorax, ein Weibchen im zweiten Jahreskleide, 1844 
im herzogl. Hofgarten nahe am CGabinetsgebäude, Ardea minuta, 
1834 auf dem Moore bei Nassenfels geschossen, Grus cinerea von 
Ismaning, Ortygometra pusilla (Bavaria), Colymbus. auritus von 
Ismaning, Sterna anglica, im Frühjahre 1830 unweit München 
von Herzog August und Professor Wagler nicht weniger als 
116 mal geschossen, Larus argentatus vom Kauerlacher Weiher, 
Larus canus, Lestris crepidata (Bavaria), Haliaeus cormora- 
nus von Neuburg an der Donau und: Ingolstadt, Cygnus musicus 
von Nassenfels und Ingolstadt, Anas füsca, marila und Eudytes 
septentrionalis, sämmtlich von Eichstädt. — An Varietäten. aus 
der Eichstädter Gegend sind vorhanden: ein ganz weisser Z’rin- 
gilla coelebs, dessgleichen Corvus corone und! glandarius, an 
letzterem sind aber die Schwung- und Schmuckfedern: am Flügel 
wie gewöhnlich gefärbt; ferner Albinos von Sylvia  garrula, 
Turdus viscivorus, Perdix cinerea, dann eine Alauda, arvensis 
mit sehr viel Weiss, ein weisser Haussperling aus der Gegend 
von Ingolstadt und eine Rabenkrähe mit Kreuzschnabel von Is- 
maning. “ 

Alle diese Vögel sind in 51 Glasschränken: von Eichenholz 
mit Doppelthüren, jeder zu 12 Fuss Höhe und 7-9 Fuss Breite, 
sehr zweckmässig und anschaulich aufgestellt; 312 weitere Vo- 
gelbälge aus Aegypten, Abyssinien und die ornithologische Aus- 
beute von der letzten Reise des Herzogs nach Madeira sehen 
noch ihrer Präparation und Einreihung entgegen. Mit letzte- 
ren zählt der vorhandene Katalog 2007 Species in 3829 Exem- 
plaren. 

Aus der Klasse der Amphibien sind gegen 200 Arten in 
420 Nummern vorhanden, darunter die schönsten und seltensten 
Sachen, zum Theil aus dem Nachlasse des verstorbenen Prof. 


3 


Wagler. Die Schildkröten sind durch 11 Species in 21 Nummern, 
die Eidechsen durch 55 Species in 94. Nummern, die Schlangen 
durch 107, Species in.208 Nummern, die. Batrachier durch 34 
Species in 97 Nummern repräsentirt. Besonders auffallend er- 
scheinen ein 7 Fuss langer, wohl erhaltener Crocodilus niloticus, 
ein Ophiodes striatus aus Brasilien, eine 4gama thebaica, 
Phrynosona orbiculare, schöne Exemplare von Klapper-, Brillen- 
und Boaschlangen, von letzteren auch gegerbte Häute, die 
Lachesis rhombeaia aus, Brasilien, die .Fipera cerastes aus 
Aegypten, die Echis carinata aus Ostindien, der merkwürdige 
Asterodactylus Pipa aus Surinam u. v. a, | 

Die Fische, welche itheils ‚getrocknet, theils in Weingeist 
aufbewahrt sind, bieten neben vielen Arten aus dem Mittelmeere 
insbesondere eine werthvolle Sammlung aus dem Ural, worunter 
viele Pallas’sche Arten, die früher in keiner andern ichthyologi- 
schen Sammlung Deutschlands anzutreffen waren. Letztere ent- 
hält 42 Species in 153 Exemplaren; die übrigen vertheilen sich 
auf 161 Species und sind’ in '197 Gläsern und 71 einzelnen’ ge- 
trockneten ‘Exemplaren: zur Schau gestellt.: Zwei, Fässer mit 
Fischen aus Madeira werden später zur Aufstellung kommen. Der 
über letztere vorhandene Katalog weist 70 Species in 176 Exem- 
plaren nach. — 81 pultförmige Glaskästen, welche in 2 Längsreihen 
die Mitte der beiden zoologischen Säle einnehmen, enthalten die 
reiche Insektiensammlung, die gegen 25,000 Exemplare. zählt. 
38 von diesen Kästen sind den Coleopteren, 1 den Hymenopteren, 
28 den Lepidopteren, 2 den Dipteren, 1 den Neuropteren, 5 den 
Orthopteren, 5 den Hemipteren, 1 den Myriapoden und Arachniden 
gewidmet. : Leider mussten wir hier des, Vergnügens entbehren, 
von einem solchen Sachkenner, wie unser verehrter Herr Vor- 
stand ist, auf alle die Seltenheiten und Schönheiten, welche hier 
vorhanden sind, besonders aufmerksam gemacht zu werden; 
doch notirte ich mir als besonders augenfällige Prachtformen: 
Chrysophora chrysochlora, Pyrophorus phosphoreus,. Goliathus 
cacicus, Entimus fülgidus, Alaus oculatus, Macrodontea cervi- 
cornis, Acrocinus longimanus, Blatta gigantea,' Nepa grandis, 
Phalaena Agrippina etc.— Die Conchylien. und übrigen Thier- 
klassen sind zwar spärlicher,, aber in nicht. minder prächtigen 
Exemplaren vertreten. Eine hier gleichfalls vorhandene kleine 


98 
ethnographische Sammlung gestattete uns’ noch eine nicht unin- 


teressante Einsicht in die Garderobe der Ureinwohner America’s 
wie der der aleutischen Inseln und anderer Völkerschaften. 


(Schluss folgt.) 


‚ Materialien zur bayerifchen Fauna. 


Ein Beitrag zur Geschichte. der. geographischen 
' Verbreitung der Säugethiere. 


Von J. Jäckel. 


nn 


Felis Iynz L. Der Luchs. 


Ueber das Vorhandensein der Luchse in Bayern finden’ sich 
viele historische Belege, welche bezeugen, dass diese Thiere in 
früherer 'Zeit über unser Land sehr verbreitet gewesen sind. Der 
steigenden Gultur sind sie gewichen und heutzutage als 'Stand- 
wild in allen Theilen Bayerns getilgtsund nur noch als grösste 
Seltenheit auf dem Durchwechsel im Algäu- und oberbayerischen 
Gebirge zu finden. 


Oberbayern. 


Unter den grösseren Raubthieren (Bären, Wölfen) des Hoch- 
gebirges waren die Luchse von Alters her jederzeit am häufig- 
sten und noch in den ersten Jahrzehenten des gegenwärtigen 
Jahrhunderts nie selten, so dass alljährlich in den Hochforsten 
viele geschossen oder gefangen wurden, und wenig‘ Reviere 
waren, die nicht jeden Winter einen oder ein Paar Luchse &e- 
liefert hätten. 

1551 wird in’der Jagdordnung Herzog Albrechts von Bayern 
des grossen Schadens gedacht, den die Luchse am ‘Wild und 
Vieh änrichteten. Jeder starke Luchs, ‚der dem: Fürsten »zu 
sonderm Ansehen lustig sein möcht“, musste an den fürstlichen 
Hof geschickt werden. 


59 


Die alte kurbayerische Jagdordnung vom Jahre 1616 verord- 
nete im 16. Kapitel, die Luchse belangend, dass männiglich die- 
selben zu jeder Zeit des Jahres fahen und, wie man könne, er- 
legen dürfe. 

Eine Folge des dreissigjährigen Krieges war, dass die Luchse 
in Oberbayern, ‘sowie in den übrigen Landestheilen unseres Va- 
terlandes, welche sie damals noch bewohnten, sehr überhand 
nahmen, und noch 1733 erlaubte desswegen die kurfürstliche 
Verfügung vom 16. Mai den Fang der Luchse unter gewissen 
Bedingungen Jedermann. 


1784 schreibt Schrank in seinen Briefen an Ritter von 
Moll, dass sich der Luchs im Berchtesgadenschen auf dem Un- 
tersberge aufhalte, jedoch nicht zahlreich sei. Um das Jahr 1797 
führt er ihn als Standwild für Berchtesgaden, woher die Univer- 
sität Ingolstadt durch den Fürstbischof von Freysingen ein Stück 
für das Naturalienkabinet erhielt, und für Hohenschwangau auf, 
in welch letzterem Gebirge er damals ziemlich häufig geschossen 
wurde. 4 

Im Winter 1809 wurde bei einem Treiben in der Nähe des 
Chiemsees zufällig ein Luchs geschossen. | 

1812 zeigten sich Luchse bei Schwaiganger, Landgerichts 
Weilheim, und richteten zugleich mit Wölfen nicht geringen 
Schaden an Vieh und Wild an. 


Das allgemeine Regulativ über die Schuss- Gwaff- und Fang- 
gelder in sämmtlichen königl. bayerischen Leibgehägen und Re- 
servejagden vom 4. Dezember 1812, sowie dasjenige, welches 
von der königl, Hofjagd-Intendanz für die königlichen Leibge- 
häge Berchtesgaden festgesetzt wurde, bestimmte für einen Luchs 
jedes eine Prämie von 4 fl. Das von der königl. Hofjagd-Inten- 
danz. für alle auf königliche Regie betriebenen Jagden vorge - 
schriebene Regulativ vom 19. Mai 1815 setzte ein Schuss- oder 
Fanggeld von 75.fl. aus. 


1820/21 sind nach einem meiner Gorrespondenten im Hoch- 
gebirge bei Ettal 17 Luchse, 3 Stück im Winter 1822 ‘in den 
Alpen von Werdenfels und Mittenwald erbeutet worden. 

In den 50ger Jahren wurde ausser den bereits erwähnten 
eine beträchtliche Anzahl dieser Raubthiere z. B. in den Gebir- 


T— 


gen von Berchtesgaden, Reichenhall, Ruhpolding und Marquart- 
stein (im Wimpachthal, Forstamts Berchtesgaden, die meisten — 
7 Stück im ‚Winter 1825/26) gefangen oder geschossen, wofür 
das Fanggeld eine so bedeutende Summe ausmachte, dass das- 
selbe am 20. Mai 1826 auf 25 fl. herabgesetzt wurde. 

1828 führt ihn./Wagler noch als gemein im bayerischen Hoch- 
gebirge ‚auf, mit dem Zusatze,, dass alle Winter 10-14 Stück in 
Tellereisen gefangen würden, dass. er nie in die Ebene und nur 
bei sehr. tiefliegendem Schnee in die, mittleren ‚Gegenden der 
Berge herabgehe. Im Magen erlegter Luchse fand .‚Wagler immer 
Ueberreste von Lepus variabilis, Tetrao bonasia und lagopus. 

In dem strengen Winter. von 1829/30 wurden im Forstamte 
Partenkirchen im Reviere Garmisch und bei Grainau 3, in Eschen- 
lohe ober Murnau 5 und in den Isarbergen auf der Revier Vor- 
der-Riss 5, im Ganzen 13 Luchse gefangen. 

Binnen den 2% Jahren, vor welchen Wagler seine Beiträge 
zur bayerischen ‚Fauna schrieb, hat sich dieses Verhältniss der- 
massen geändert, dass seitdem der Luchs aus der Reihe der im 
Hochgebirge ansässigen Thiere ganz verschwunden ist und in 
demselben nur noch zuweilen als grösste Seltenheit auf seinen 
Streifereien im Winter, vielleicht von Tyrol, Vorarlberg und Salz- 
burg kommend, verspürt wird. 

Im Forstamte Berchtesgaden ist seit 1826 keiner mehr vor- 
gekommen, ebenso in dem von Ruhpolding, obgleich die Luchse 
hier sonst häufig’ waren. Im Forstamtsbezirke Marquartstein war’s 
früher ebenso und wurde daselbst der letzte Luchs nach Wagner 
im Jahre 1830 geschessen. In dem Salinenforstbezirke wurde in 
dem ansserordentlich schneelosen Winter von 1831/32 ein Stück 
im Eisen gefangen und bei Traunstein vor beiläufig 8 Jahren 
noch ein Luchs, seitdem keiner mehr geschossen. 

Das Jägerhaus am Winn, unweit Bad Kreuth, war während 
des Bestandes des Klosters Tegernsee von einem Klosterjäger 
bewohnt, der von den erlegten und gefangenen Luchsen die 
Köpfe sammelte und an der Firste seines Hauses befestigte, wo- 
durch ‚dasselbe allmählich mit 72 solcher Schädel :garnirt wurde, 
Nach der im Jahre 1803 erfolgten Säkularisation des Klosters 
Tegernsee nahm auch die Thätigkeit des Klosterjägers zu Winn 
ein Ende, und da: später auch die Behausung desselben in andere 


Hände überging, so erinnerte seit jener Zeit nur mehr die Samm- 
lung von Luchsköpfen an das Walten des früheren Waidmannes, 
der durch seine Liebhaberei dem Gute zu Winn den bleibenden 
Beinamen „beim Luchsjäger‘ verschafft hatte. Der gegenwärtige 
Besitzer dieses Gutes ist ein schlichter Bauer Namens Johann 
Höhensteiner, der frühere Klosterjäger aber längst gestorben. Im 
Tegernsee’schen waren die Luchse früher zahlreich, jedoch nie- 
mals Standwild, sondern immer nur periodisch. Sie wechselten 
vom Partenkirchner Gebirge in den Forstamtsbezirk Tegernsee 
und wurden bis zu den 20 ger Jahren durchschnittlich jährlich 
10-15 Luchse auf dem Hirschberge, Peissenberge, Stolzenkopf, 
Reviers Rottach, dann auf dem Setzberg und Riechelspitz im 
Reviere Kreuth, der letzte vor 8 Jahren auf dem Ilirschberge 
geschossen.’ ‘Die meisten jener Luchse, welche ihre Köpfe am 
Hause des Luchsjägers hängen lassen mussten, wurden ‚in dem 
Zeitraum von 41780—1790 auf dem Rücken zwischen dem Gruben- 
berg, Setzberg und Riechelspitz im Reviere Kreuth mit Eisen 
gefangen. In früherer Zeit bediente man: sich auch hölzerner 
Fallen. Diese jagdlichen 'Alterthümer der Luchsköpfe wurden 
mit der Zeit verschleudert und befindet sich dermalen kein ein- 
ziger Kopf mehr an dem früheren Klosterjägerhause, Zwei in der 
Nähe wohnende Bauern besitzen noch einige dieser durch die 
Länge der Zeit natürlich sehr schadhaft gewordenen Köpfe.*) 
Seit dem Jahre 1826, in welchem ein ganzes aus ..der alten 
Luchsin und 2 jungen Luchsinnen bestehendes Gehecke auf dem 
Hirschberge erlegt wurde, sind ‘sie im Tegernsee’schen soweit 
ausgeroltet, dass seitdem nur noch einzelne dieser Raubthiere in 
den dortigen Gebirgen erschienen sind und seit den letzten 8 
Jahren, wie schon oben erwähnt, keiner mehr bemerkt wurde.**) 

Auch im  Forstamte Benedikibeuern, wo sie vor etlichen 
Decennien nicht besonders selten waren, und auf der Jocheralpe 


*) Man trifft noch an manchen Jägerhäusern des bayerischen 
Gebirges derlei waidmännische Trophäen. Leider ist ihnen 
allen der Grind (die Hirnschale) herausgehauen und nur 
das Gebiss vorhanden, die Haut des Kopfes aber mit Heu 
ausgestopft, so dass Schädel nicht aufzutreiben sind. 


**) Herrn Forstmeister Rinecker in Tegernsee sage ich für seine 
gültigen Mittheilungen den verbindlichsten Dank. 


noch eine Luchsin mit 2 Jungen gesehen wurde, zeigte sich neu- 
erdings nur noch in einzelnen und strengen Winiern ein oder 
das andere Stück auf seinen Raubzügen von Tyrol: her. Dasselbe 
gilt vom Forstamte ‚Partenkirchen, wo nur noch: manchmal; der 
Winter einzelne durchwechselnde Luchse bringt, wie im Jahre 
1846 Wagner berichtet, während sie daselbst nach dem Zeugniss 
des obengenannten Forschers vor beiläufig zwanzig Jahren ein- 
heimisch waren. Auch im Hohenschwangauer Gebirge sind sie 
seit etlichen und zwanzig bis dreissig Jahren ‚verschwunden. 
Der letzte Luchs, welcher einige Jahre hindurch nur noch allein 
die Gebirge der Revier Riss, Forstamts Benediktbeuern, durch*+ 
streifte, wurde daselbst von dem Revierförster Aurbach im April 
1841 gefangen und damit: ist dieses schöne Raubthier in jener 
Gegend gänzlich verschwunden. Es soll zwar im vorigen Jahre 
ein Luchs im Mittenwalder Revier gespürt und die Jagd durch 
plötzlich eingefallenes Thauwetter vereitelt‘ worden seyn. Indess 
dürfte dieses Gerücht auf einem Irrthume beruhen. Auch in der 
Revier Geissenfeld soll vor 14 Jahren ein Luchs gespürt worden 
seyn, was sehr bezweifelt werden muss. 

Aus dem’ bisher Gesagten geht hervor, dass seit 10-15 Jahren 
das Erscheinen dieses unersättlichen, schlemmerisch würgenden 
Räubers, der allein und oft in Gompagnie mit mehreren ordent- 
liche: Jagden auf das Wildpret anstellte, dem Reh- und Hoch- 
wildstande üngemeinen Schaden zufügte und unter dem Weide- 
vieh auf den Alpen, namentlich den Schafen, grausam wüthete, 
bedeutend nachgelassen hat. Während der langjährigen Dienst- 
zeit des gegenwärtigen königl. Zwirkmeisters Herrn Federl in 
München wurden in das dortige Zwirkgewölbe mehr denn 40 
Luchse, seit 10 Jahren aber keiner mehr geliefert. Durch die 
häufigen Wildschützen des oberbayerischen Gebirges mag’ aber 
auch in neuester Zeit das eine oder andere dieser Thiere ge- 
wildert und ohne Kunde bei Seite geschafft worden seyn. 

Die schnelle Vertilgung der Luchse im Hochgebirge ist 
hauptsächlich der von der Königl. Regierung ausgesetzten hohen 
Prämie von 75 fl. und den dadurch hervorgerufenen unablässigen 
Nachstellungen ‚durch das Jagdpersonale zuzuschreiben. Wenn 
nun auch, seitdem das Schuss- oder Fanggeld um 50 fl. herab- 
gesetzt wurde, mancher Jäger die alle menschlichen Kräfte an- 


strengenden ‚und den festesten Körperbau erfordernden Gänge, 
um Nachsicht zu pflegen, nicht mehr so häufig durch Schnee 
und Eis des Gebirges machte, so war doch neben dem grossen 
Sehaden, den der Luchs der Wildbahn zufügte, das Schuss- und 
Fanggeld. von 25 fl. für den rüstigen Alpenjäger noch. immer 
Sporn genug, dem Luchse, der seiner schlechten Nase wegen 
auf seinem sichern, Wechsel oder bei dem Raube leicht in das 
Eisen geht, eifrigst nachzustellen und seine Ausrottung zu er- 
möglichen. 

Die zoologische Sammlung in München besitzt 3 oberbaye- 
rische .Luchse, die des Bleistiftfabrikanten Leonhard Ziegler in 
Nürnberg ebenfalls ein sehr schönes oberbayerisches Exemplar, 
vor.16 Jahren im Zwirkgewölbe zu München gekauft. 


Anmörkung. Ein interessanter Beitrag zur Psychologie 
dieses Thieres verdient der Vergessenheit entrissen zu werden. 

Wolf Helmhard Freiherr von Hohberg erzählt in 
seinem adelichen Landleben (Georgica curiosica) Bd. II. pg. 759: 

„Ich habe Anno 1645 bei Saltzburg im Hellbrunn, neben 
„andern Schönen und raren Sachen, auch einen in einem eiser- 
„nen Gegitter eingesperrten lebendigen Luchsen gesehen, bei 
„dem eine lebendige Nebelkray schwarz und aschenfarb sich 
„aufgehalten, die er im geringsten nicht beschädigt, sondern 
„friedlich mit ihm fressen lassen, und obwohl etliche unter der 
„fürwitzigen Gesellschaft mit Stecken in das Gitter hineinge- 
„stochen, und den Luchsen erzürnet haben, also dass er mit 
„Furia gegen dem Gitter auf sie zugesprungen, hat er dennoch, 
„in seinem höchsten Grimm, die Kray nicht beleidigt. Der War- 
„ter hat mir erzehlt, er hätte diese Kraye, neben andern, mit 
„Schröten geschossen, und diese nur ein wenig an dem einen 
„Flügel gelähmet, und solche dem Luchsen hineingegeben, der 
„Meinung, er werde sie gleich zerreissen, so hat er sie aber 
„nicht allein nicht verletzet, sondern sie auch mit ihm fressen 
„lassen, und sei die Kraye in etlichen Wochen so heimlich wor- 
„den, dass sie sich auf den Luchs gesetzt, und ihm gleichsam 
„gelauset habe, war zu derselben Zeit schon etliche Wochen 
„bei ihm versperret.‘ 

Man könnte sagen, der eckelhafte Aasgeruch der Nebelkrähe 
sei der Grund einer scheinbaren Grossmuth des Luchsen ge- 


6: 


wesen, wenn nicht bekannt wäre, dass z. B. die Moschus- 
riechenden Spitzmäuse von unsern'Hauskatzen zwar nicht ge- 
fressen, aber doch 'todtgebissen werden. Und so erinnert das 
Verhalten dieses Raubthieres an das bei seinen Gattungsver- 
wandten, dem Löwen und Tiger, im Menagerieen schon öfters 
beobachtete friedliche Zusammenwohnen mit Thieren, die ihnen 
lebend zum Frasse vorgeworfen, aber verschont wurden. 


Niederbayern 


gewährte einst dem Luchs in seinen ausgedehnten Gebirgszügen 
und Urwäldern Jahrhunderte lang die passendsten Wohnplätze. 
Als Standwild muss er indess schon viel früher als in Oberbayern 
ausgerottet worden seyn, da Schrank, nach den Mittheilungen 
des Herrn Ign. von Poschinger, und hoch, gestützt* auf seinen 
Vorgänger Schrank. in den Jahren 1797 und 1816 von ihm mel- 
den, dass er um diese Zeit alle. Winter aus Böhmen herüber in 
das bayerisch - böhmische Waldgebirge, in die Waldungen des 
Landgerichtes Zwisel kam. Schrank (und nach ihm Koch) be- 
zeichnete diesen Luchs. als Fe’is Kattlo; Koch erkannte in ihm 
eine sehr problematische Art, die wahrscheinlich nur eine Va- 
rietät: des Luchses sei und in Wahrheit nichts anderes, als das 
junge Thier ist. 

In der Gegend von Regen und Zwisel. sollen noch in der 
Mitte der dreissiger Jahre Luchse aus Böhmen herüber gespürt 
worden seyn, Im Jahre 1846 berichtet Wagner, dass die Forst- 
ämter Schönberg, Wolfstein und Zwisel das Nichtvorkommen 
des Luchses im bayerischen Walde anzeigten. Da und dort soll 
man in diesem Waldgebirge an Jägerhäusern noch Luchsköpfe 
angenagelt finden und mag ein solches Thier als ausserordent- 
liche Seltenheit in sehr harten schneereichen Wintern heute noch 
die bayerisch-böhmischen Grenzforste auf seinem Wechsel be- 
rühren. 


(Fortsetzung folgt.) 


Korrefpondenz-Dlatt 


des 


zoologisch-mineralogischen Vereines 
in 
Regensburg. 


Nr. 3. 1. Jahrgang. 1853. 


_ 


Ein Ausflug nach Eichstädt, 


vorgetragen in der Generalversammlung des zool. 
miner, Vereins am 3. Febr. 1853, 


von Prof, Dr. Fürnrohr, 


(Schluss.) 


Doch verlassen wir nunmehr, was jetzt noch Land, Luft und 
Wasser belebt, und wenden uns zu den stummberedten Zeugen 
früherer Lebensperioden unsers Erdkörpers, die uns die geogno- 
stische und paläontologische Abtheilung des Museums darbietet. 
Obwohl diese Abtheilung Vorkommnisse aus allen Gebirgsforma- 
tionen enthält, so sind doch die Versteinerungen Russlands und 
die Vorkommnisse des lithographischen Schiefers und überhaupt 
der Eichstädter Umgebung besonders reichlich vertreten. Die 
russische Sammlung enthält die Dupleten einer grösseren, welche 
S. Kais. Hoheit in St. Petersburg von russischen Versteinerungen 
aufgestellt hat, und ist zur Zeit noch nach der naturhistorischen 
Methode geordnet. Die vorhandenen Arten gehören hauptsäch- 
lich den silurischen und devonischen Schichten, sowie der Koh- 
lenformation an; auch finden sich einige Juragebilde darunter. 
Aus der Diluvialperiode hat diese Suite neben mehreren Zähnen 
von Elephas primigenius aus Sibirien einen schön erhaltenen 
Schädel von Bos primigenius vom Flusse Tschermassan im 
Districte von Bielebai aufzuweisen, dessen einwärts gekrümmte, 
über 2° (2 2°) lange Stirnzapfen von den äussersten Enden 
noch 4°/,‘ von einander abstehen, ingleichen den vollständigen 
30‘ langen Schädel (Ober- und Unterkiefer) eines Ahinoceros 

5 


tichorhinus aus dem Flusse Mias im Gouv. Perm, in dessen 
Unterkiefer 4 deutliche Alveolen für Schneidezähne sichtbar sind. 
Neben mehreren Fischresten, bestehend in Zähnen und Schuppen 
von Ganoiden und. Placoiden, finden sich schöne Trilobiten vor. 
Die verschiedenen Ordnungen der Mollusken sind reichlich ver- 
treten, darunter insbesondere prachtvolle Exemplare von Ammo- 
nites Königii, die noch mit perlmutterartiger Schale versehen sind. 
Eine schöne Suite von 'Crimoideen ziert die Klasse der’ Radiarien 
und nicht minder schön repräsentirt sind die Polyparien. Aus 
der vorweltlichen Flora jenes. Landes ‚finden sich zahlreiche und 
ausgezeichnete Pflanzenreste aus den Gattungen Noeggerathia, 
Pecopteris, Sphenopteris, Odontopteris, Calamites, Lepidoden- 
dron u. S. w., sowohl aus dem G@ouv. Perm, als auch vom Altai. 
Von letzterem Fundorte sahen wir auch in dieser Suite ein grös- 
seres schönes, angeschliffenes Exemplar von 4raucarites Tchi- 
hatcheffianus Göpp. 

Was die Localvorkommnisse Eichstädis betrifft, so hat erst 
seit dem Jahre 1844, wo der tastlos thätige Frischmann an das 
Cabinet kam, die damals ziemlich kleine Suite eine grössere 
Ausdehnung erhalten und ist bereits zu einer Sammlung heran- 
gewachsen, die wohl ein ziemlich vollständiges Bild. von jenem 
klassischen Boden, sowohl in geognostischer als paläontologischer 
Hinsicht, den Sachverständigen geben möchte. Aus der Diluvial- 
zeit hat diese Abtheilung mehrere Reste von Säugethieren auf- 
zuweisen, die zum Theil aus den in der Nähe Eichstädts vor- 
kommenden Lettengruben stammen, zum Theil auch beim Graben 
von Kellern zum Vorschein kamen. Darunter befinden sich Zähne 
und vereinzelte Knochen von Zlephas, Equus, Bos,.Canis u. 
dgl. Hieran reihen sich die tertiären Süsswassergebilde, welche 
in der neuesten Zeit von Herrn Frischmann im Donaugebiete 
“bei Eichstädt entdeckt wurden und worüber wir demnächst nähe- 
ren Mittheilungen von ihm selbst entgegensehen dürfen. Eine 
weitere Abtheilung der Eichstädter Vorkommnisse bilden die Mol- 
lusken des dortigen Jurakalkes, zu denen sich einzelne aus dem 
damit in Verbindung stehenden dolomitischen Gliede gesellen, 
Am zahlreichsten sind indessen die Versteinerungen des Kalk- 
schiefers der Umgegend vertreten. An der Spitze der Reptilien 
steht HZomoeosaurus Maximiliani H. v. Meyer, von Eichstädt, 


67 


diesem zur Seite ein sehr charakteristisches Exemplar des Piero- 
dactylus longirostris, dessgleichen ein ebenfalls sehr schönes 
Stück des Ahamphorhynchus ( Pterodactylus) longicaudus, jedes 
mit den 2 zusammen gehörigen Platten versehen. Zu diesen hat 
sich in der letzten Zeit noch ein vierter noch unbestimmter 
Saurier, ebenfalls ein Pterodaetylus, gesellt, der wohl zu den 
grösseren der bereits bekannten Arten gehören dürfte. Wohl 
nicht alle, jedoch die meisten der bisher aufgestellten Genera 
und Species der Fische, soweit sie diesem ‘Gesteine angehören, 
sind eben so reichlich der Zahl nach, als in den schönsten Exem- 
plaren vorhanden, und: darunter dürfte sich gewiss auch noch 
manche neue Art, ja selbst Gattung vorfinden. Da es unmöglich 
ist, hier auf alle Einzelnheiten einzugehen, so‘erwähne ich nur 
eines Doppelexemplares von Notidanus Münsteri, eines grösse- 
ren Haifisches von mehr als 8° Länge, der in der Zeitschrift der 
deutschen geologischen Gesellschaft I. Bd. 1849. p. 434-437 be- 
schrieben wurde; 2 grosser, neben einander aufgefundenen Exem- 
plare des seltenen Asterodermeus platypterus Ag. aus der Fa- 
milie der Rajaceen, an welchen sich selbst noch der äusserst 
zarte chagrinartige Ueberzug fast auf der ganzen Oberfläche 
zeigt, und 2 Platten mit einem Gyrodus von Solenhofen, der 
mit’ deutlichen Umrissen versehen bei einer Höhe von 2',,‘ eine 
Länge von 3'/,° besitzt, die Flossen mit eingerechnet. Vollkom- 
men erhaltene Fische von solcher Grösse gehören wohl zu den 
grossen Seltenheiten. Reichhaltig vorhanden sind ferner die ver- 
schiedenen Arten der Krebse, die 3 verschiedenen Ordnungen 
derselben umfassend. Mit sehr vielen und den schönsten Exem- 
plaren versehen ist die Abtheilung der Decapoden aus der Ord- 
nung Malacostraca, darunter: Eryon speciosus, Palaemon spi- 
nipes, deger longirostris, Pterochirus dubius, Sculda pennata 
u. v. a. Einige Isopoden repräsentiren die Ordnung der Artho- 
straca, verschiedene Species von ZLimulus die Ordnung Znto- 
mostraca. Weit vorangeschritten ist die Anzahl der Insekten, 
die wohl nicht leicht als Einschlüsse des lithographischen Schie- 
fers irgendwo anders in solcher Vollständigkeit und Schönheit 
zusammengestellt vorhanden sein möchten. Alle Ordnungen der 
lebenden sind auch hier vertreten. Von Scarabaeides deperditus 


Germ. liegen prachtvolle Abdrücke auf, von denen, wenn auch 
5% 


nur einzelne, auf: Blatta hinweisen möchten. Unter: den Or- 
thopteren befindet sich ein wahrhaft riesenmässiges. Exemplar 
der Locusta speciosa Germ, Von den sehr zahlreich aufgestell- 
ten Libellen zeichnen sich viele durch Grösse, insbesondere den 
deutlichsten ‘und feinsten: Aderverlauf in den Flügeln, ‚mehrere 
durch das Vorhandensein der Füsse und anderer am Kopfe be- 
findlichen Organe aus. Zu den Scolopendren. bisher gestellt hat 
diese Sammlung den von Germar beschriebenen Geophilus pro- 
avus in mehreren, zum Theil vollständigen Exemplaren aufzu- 
weisen. Diesen: reiht sich eine grössere Suite won Phalangites 
priscus an, neben dem von Quenstedt in neuerer Zeit aufgestell- 
ten Pycnogonites uncinatus. Unter den zahlreichen, verschieden- 
artigsten Gebilden von Lumbricarien und Goprolithen wird die 
von Graf Münster zu den Anneliden gestellte Zirudella augusta 
nicht vermisst. Die. Klasse der Mollusken venthält eine reiche 
Suite der sepienartigen Thiere und unter diesen mehrere Platten 
mit den von Münster beschriebenen, mit 2 Reihen: Häkchen be- 
setzten Armen von 'boliginen, für die Rud. Wagner das Genus 
Acanthoteuthis aufstellte. Als ausgezeichnete Stücke gehören 
hieher eine Platte, auf der in Verbindung mit diesen Armen 
noch der vollständige Umriss des Körpers vorhanden ist, und 
zwei Platten mit Acanthoteuthis gigantea Münst., die bei voll- 
ständigem Umrisse eine Länge von nahe 4‘ hat. Aus der Klasse 
der Strahlthiere glaube ich vor Allem eine Versteinerung her- 
vorheben zu müssen, wovon die Sammlung 2 ziemlich gleich 
grosse Exemplare, das eine in 2 Platten besitzt, die schon in 
den Versammlungen der deutschen Naturforscher und Aerzte zu 
Nürnberg und Regensburg zur Vorlage kamen und in der Zeit- 
schrift der deutschen geologischen Gesellschaft I. Bd. p. 437— 
439 als 4Acalepha. deperdita beschrieben wurden. Die Familie 
der Echiniten, welche im lithographischen Schiefer zu den selt- 
neren Vorkommnissen gehört, ist in 3 Exemplaren vorhanden. 
Nicht gering ist endlich die Anzahl und Mannichfaltigkeit der 
Pflanzenabdrücke aus der Familie der Algen, welche zum Theil 
bereits von Unger beschrieben wurden, zum Theil noch einer 
näheren Bestimmung entgegensehen. 

Neben diesen russischen und Eichstädter Petrefacten enthält 
das Museum noch viele zum Theil sehr reichhaltige Suiten aus 
andern Ländern und Formationen, welche, wenn sie einst syste- 


—00202020[0 


matisch zusammengestellt sein werden, ein ziemlich vollständiges 
Bild der früheren Perioden unsers Erdkörpers geben dürften. 
Hiezu gehören eine kleine, aber sehr instructive Sammlung der 
verschiedenen Erdharze, darunter Bernsteine mit eingeschlosse- 
nen Insekten, sowie der Stein- und Braunkohlen mit den in 
letzteren sich vorfindenden Blätterabdrücken; dann eine sekr 
vollständige Suite vesuvianischer Producte; verschiedene Reste 
von Säugethieren aus der Diluvialperiode von verschiedenen 
Fundorten; Tertiär- Versteinerungen aus Belgien, von Alzei u. 
m. a. Localitäten; Vorkommnisse des Pariserbeckens ; Versteine- 
rungen aus der Kreideformation von Quedlinburg und Lemförde; 
eine schöne Parthie Kressenberger Petrefacten; mehrere Suiten 
aus der Liasformation, insbesondere der Abtheilung des Keupers; 
dann Vorkommnisse der verschiedenen Perioden des deutschen 
und Schweizer Jura. Zur Gruppe des Lias gehören u. a. eine 
Parthie schöner Reste der grösseren Saurier u. dgl. aus der Ge- 
gend von Altdorf, ein ziemlich vollständig erhaltener Zchthyo- 
saurus communis, und ein prachtvolles Exemplar von einem 
gegen 12‘ langen Zeleosaurus Geoffr, (Mystriosaurus Kaup.) 
aus der Gegend von Boll in Würtemberg. Hieran schliessen sich 
noch eine Suite vegetabilischer Ueberreste aus der Gegend von 
Bayreuth; eine Parthie St. Cassianer Versteinerungen; fossile 
Fische von Münsterappel; eine ziemlich vollständige Sammlung 
der Bergkalkversteinerungen (298 Spec.) von Vise und Tournay 
in Belgien; einzelne Localgruppen der Grauwackenformation, und 
endlich verschiedene Modelle fossiler Thiere, insbesondere aus 
der Klasse der Reptilien. 

Von diesen Naturschätzen, welche der obere Stock des Ge- 
bäudes beherbergt, muss ich Sie nun ersuchen, uns auch noch 
in das Erdgeschoss herab zu begleiten, woselbst in einem neu 
erbauten, gegen 80° langen Saale die. oryktognostische Sammlung 
aufgestellt ist. Hatten schon die bisher gesehenen Gegenstände 
uns wiederholte Ausrufe der Bewunderung entlockt, so versetzte 
uns der Anblick der in diesem Saale aufgespeicherten Mineral- 
schätze für einen Augenblick in jenen Zustand, den ein alter 
Klassiker sehr treffend mit den Worten ‚‚obstupui, steteruntque 
comae, vox faucibus haesit‘‘ bezeichnet. Gegen 10,000 Nummern 
zum Theil der seltensten Mineralien sind hier in geräumigen 


Glasschränken, nach Fuchs und Kobell geordnet, und auf eine 
höchst zweckmässige Art etiquettirt, zur Schau gestellt und die 
Mitte des Saales nimmt der ganzen Länge nach eine Tafel ein, 
auf welcher die durch Schönheit und Umfang besonders: hervor- 
ragenden Prachtstufen einen Anblick gewähren, wie ihn kein 
anderes Cabinet, ‘das Petersburger ausgenommen, bieten dürfte: 
Wie Bienen flogen wir von einem Stücke zum andern und 
schwelgten im Hochgenusse dieser Schönheiten, deren Pracht 
nur mit Worten angedeutet, nicht beschrieben werden kann. 
Nachdem wir uns von unserm ersten Erstaunen: wieder etwas 
erholt hatten, ging es an die systematische Musterung der ein- 
zelnen Mineralgruppen, wobei uns insbesondere: Folgendes auf- 
fiel: Aus der Gruppe der Fluoride ist der seltene, dem Kryolith 
sich anschliessende Chionit aus der Nähe des 'Ilmensees vor- 
handen Unter den Sulphaten ragen viele. und ausgezeichnete 
Schwerspathe des Urals hervor, unter ‘den Apatiten finden sich 
prachtvolle Stücke aus den Smaragdgruben des Urals, 'von'den 
Schischimschen Bergen bei Zlatowst, und von den hohen: Ilmen 
unfern Miask, daneben auch ein selten ‚grosser  Krystall der Va- 
rietät Moroxit (Prisma und Pyramide, letztere ‘an der einen 
Seite in allen Flächen ausgebildet, an der andern Seite abge- 
brochen) vom Flusse Studjanka unweit des Baikalsees, der bei 
einer Höhe von 3%,‘ und’ einer Breite von:3“ (Fläche zu Fläche) 
ein Gewicht von 1 Pfund 8%, Loth bayer. besitzt. Schön sind 
die Drusen und grösseren isolirten Krystalle der verschiedenen 
Farbenabänderungen des Quarzes, insbesondere die dunkelge- 
färbten Rauchtopase und die dunkelvioletten Amethyste; ferner 
die grossen, bis 5° langen aufgewachsenen Krystalle des finn- 
ländischen Dichroits. ‚Vor allen fesseln aber das Auge die pracht- 
volleu Stufen und einzelne lose Krystalle des Smaragdes, sowohl 
des edlen als der Berylle in verschiedenen Farben und Krystall- 
varietäten. Eine dieser Stufen mit‘ gegen 4“ langen schönen 
Krystallen ‘wiegt 14, die andere 23 Pfund bayer., letztere wurde 
früher auf 10,000 fl. geschätzt. Erwähnenswerth sind ferner die 
vollkommen klaren, Nertschinskischen Berylle mit Endkrystalli- 
sation, bas. Erdfläche und sämmtlichen Flächen der 12seitigen 
ungleichwinkeligen Pyramide; dann grössere Krystalle von wein- 
gelber und bläulichweisser Farbe. Unter ‘mehreren losen und 


zu 


zum Theil durchsichtigen Krystallen des Phenakits aus den Sma- 
ragdgruben des Urals, wiegt der grössere über 2 Pfund. Daneben 
sind auch die kleineren, rhombo&@drisch gebildeten , wasserklaren 
Krystalle, eingewachsen in Miascit, aus der Nähe des Ilmensees 
vorhanden. In der Reihe der Feldspathe, in welcher: sich: viele 
herrliche Drusen, aber auch isolirte, grosse Krystalle befinden, 
zeichnen sich aus die prachtvollsten, spangrünen Krystalle: von 
Amazonenstein, darunter einer mit 2'/ Pfund, ein anderer mit 
15°/, Pfund, der noch an beiden Enden auskrystallisirt ist. Neben 
dem Mondstein aus Geylon und einzelnen schönen Stücken edlen 
Opals befindet sich irisirender Feldspath (sogenannter Sonnen- 
stein) mit’ dem dem Avanturin eigenthümlichen Lichtscheine von 
goldgelber Farbe, vom linken Ufer der Salenga in Sibirien ; das 
grössere, an einer Seite angeschliffene Stück wiegt nahe 7% 
Pfund bayer. Ausgezeichnet sind die zum Theil’ angeschliffenen 
und polirten Labradore von Finnland und andern Orten; gut aus- 
gebildet bis zu einer Länge von 4‘ die sowohl losen als einge- 
wachsenen Krystalle von Glimmer. Hieran reihen sich: eine schöne 
Suite von Granaten, darunter herrliche, theils lose, theils einge- 
wachsene Grossulare vom Wiluiflusse; dann Prachtstufen von 
Uwarowit, grosse Krystalle vom sogenannten Wiluit, ‘schöne 
Drusen und ‘grosse Krystalle des dichromatischen Ripidoliths und 
des Leuchtenbergits, letzterer mit: Krystallen von 1'4° im Durch- 
messer. Reichhaltig sind ferner die Suiten der Pyroxene und 
Amphibole. ; Unter sehr vielen Exemplaren des Zirkons von ver- 
schiedenen Fundorten des Ilmengebirges finden sich auch die 
schönsten und grössten Krystalle von hyacinthrother Farbe vor. 
Aus der Bucharei stammt ein selten grosses Stück des schönsten 
Lasursteins. Die Gruppe der Turmaline hat prachtvolle Exemplare 
von den verschiedensten Farben und den interessantesten End- 
krystallisationen aufzuweisen. Von besonderer Schönheit sind 
darunter die ganz reinen, theils losen, theils aufgewachsenen 
Krystalle der intensivrothen Varietät (Siberit oder Rubellit), wo- 
von auch eine derbe, stängelige Masse von pfirsichblüthrother, 
zum Theil’ in andere Nüancen verlaufender Farbe vorhanden ist, 
die’ als ein Aggregat von vielen, noch deutlich zu erkennenden 
6- und 9seitigen Prismen erscheint und im Umrisse die Form 
eines 3seitigen Prisma besitzt. Das Ganze hat bei einer Höhe 


von 6',‘ eine Basis, deren Seite 4°/‘' lang ist, und wiegt 5 Pfund 
22°/, Loth bayer. Es möchte wohl dieses Stück, welches von 
der sibirisch-chinesischen Grenze stammt, und auf 3000 Silber- 
rubel (a 1 fl. 52 kr.), circa 5000 — 6000 fl. geschätzt ist, dem 
Werthe nach den 2. Platz in dieser Sammlung einnehmen. — 
Von seltener Schönheit ist unter den reichhaltig vorhandenen 
Topasen eine Collection wasserklarer isolirter Krystalle von ver- 
schiedenen Gegenden des Urals, insbesondere des östlichen Si- 
biriens, wovon der grössere 3 Pfund 1'/, Loth wiegt. Nicht min- 
der ausgezeichnet sind die Korunde, unter welchen sich Pracht- 
drusen mit äusserst grossen, bis zu 3‘ langen und ebenso brei- 
ten Kıystallen, aber auch schöne und grosse Krystalle des Sap- 
phirs befinden. Unter den Chrysoberyllen bemerken: wir die be- 
kannten uralischen Zwillingskrystalle bis zu 3‘ im Durchmesser. 
Bestens besetzt ist endlich auch das Genus der Hydrate mit 
Diaspor von Schemnitz und dem Ural, dann Gibbsit und Hydrar- 
gillit. — Wie bei den Nichtmetallen, so sind auch von den Me- 
tallen sehr viele der neuesten Vorkommnisse vorhanden. Aus- 
gezeichnet erscheint die Suite der Tantalite von verschiedenen 
Fundorten, nicht minder der Yttrotantalite und der Uranotantale 
vom Ilmengebirge, worunter ®/,‘‘ lange lose Krystalle. Gross sind 
die Krystalle des Rutils; bis zu '%“ die des Anatas aus Nor- 
wegen und Brasilien ; von seltner Grösse die des Perowskit aus 
Achmatowsk in Sibirien, von welchem die Sammlung u. a. ein 
Hexaöder besitzt, das bei einer Höhe von '/,‘‘ eine Quadratfläche 
von nahe 4‘ hat; nicht minder schön und gross die Krystalle 
von Sphen und Aeschynit aus dem Ilmengebirge, letztere bis zu 
21%,‘ Länge. Von Gold findet sich reichlicher Vorrath, theils in 
losen, theils in verwachsenen Krystallen, in Geschieben und sehr 
vielen schweren Stufen vom Ural und aus Brasilien, an welches 
sich mehrere schöne Exemplare von Elektrum anschliessen. Mit 
Iridosmium reichlich versehen ist an Platin wohl über 14 Pfund 
vorhanden, das grössere der Geschiebe wiegt allein 6 Pfund 2%, 
Loth bayer. Silber findet sich in grossen und schönen Krystal- 
lisationen und in verschiedenen nachahmenden Gestalten, von 
Kongsberg, Sachsen, dem Altai, Nordamerica u. s. w.. vor; auch 
ansehnliche derbe Exemplare von Tellursilber (bis zu 26%, Loth 
bayer.) und ausgezeichnete Krystalle des Amalgams aus der Rhein- 


pfalz verdienen Erwähnung. »Aeusserst zahlreich vertreten sind 
die Kupfererze, darunter ein 129 Pfund schwerer Block gediegen 
Kupfer vom Ural neben einem 3 Pfund 15 Loth schweren Ge- 
schiebe desselben vom Lac superior, ein Malachit von 48 Pfund, 
die schönsten Drusen von Brochantit und Dioptas. Unter den 
Bleierzen befinden sich Prachtexemplare von Weissbleierz aus 
Sibirien und dem Altai, von Grünbleierz aus verschiedenen Län- 
dern, insbesondere aber von Rothbleierz aus den Beresow’schen 
Gruben im Ural mit über 1°‘ langen Krystallen, an welche sich 
schöne Stufen von Melanochroit, Vauquelinit und Vanadit an- 
reihen. Unter den verschiedenen Gebilden des meteorischen 
Eisens zeichnet sich ein schönes und grosses Stück des vor 
einigen Jahren gefallenen und zu den schönsten Varietäten ge- 
hörigen Braunauer Meteoreisens aus. Die Ilmenite liefern pracht- 
volle Gruppen und selten grosse Krystalle bis mehr als 4‘ im 
Durchmesser; auch Ger- und Lanthanverbindungen sind reich- 
lich vorhanden. 

Zu allen diesen Seltenheiten gesellt sich nunmehr noch die 
in der letzten Zeit von S. K. H. angekaufte Mineraliensammlung 
des Geh. Hofr. v. Ringseis in München, welche über 7000 
oryktognostische Nummern enthält und für die oryktognostische 
Section des Museums eine neue Epoche begründen dürfte. Ge- 
rade eine solche Sammlung mit älteren Vorkommnissen that die- 
ser jüngeren, an neueren und besonders russischen Sachen so 
ausgezeichneten Sammlung Noth, um manche Lücken auszufüllen 
und zu einem schönen Ganzen sich abzurunden. Da Hr. Frisch- 
mann eben mit dem Auspacken der kurz vorher angekommenen 
zahlreichen Kisten dieser neuesten Acquisition beschäftigt war, 
so konnten wir nur einige prachtvolle Stufen von Dichroiten, 
Turmalinen und Tantaliten des bayerischen Waldes, von gediege- 
nem Schwefel, Cölestinen und andern sicilianischen Mineralien 
bewundern; was wir aber sahen reichte hin, in uns die Ueber- 
zeugung zu befestigen, dass diese Sammlung keinen würdigeren 
Platz als hier finden konnte. 

Zur wissenschaftlichen Orientirung in diesen einer freund- 
lichen Wissenschaft geweihten Räumen dienen eine zwar nicht 
bedeutende, aber ausgewählte kostspielige Büchersammlung aus 
allen Fächern der Naturgeschichte, der selbst Gould’s Pracht- 


74 


werk über die australischen Vögel nicht fehlt, eine kleinere 
Collection der insbesondere zur Mineralogie nöthigen physikali- 
schen Instrumente, an deren Spitze ein: sehr kostspieliges und 
complicirtes Mikroskop, mit angeblich 3000 linearer Vergrösserung, 
von Merz in München steht, und endlich eine sehr instruktive 
Sammlung von Krystallmodellen. 


Wir können von diesen Schönheiten nicht scheiden, ohne 
auch noch unsere besondere Freude darüber auszusprechen, dass 
ein so sehr für die Wissenschaft begeisterter Fürst auch in 
Herrn Dr. Frischmann den rechten Mann fand, der, mit selt- 
nen Kenntnissen ausgerüstet, der Conservation dieser Sammlun- 
gen mit einem Eifer und einer Liebe sich unterzieht, die nur 
aus der treuesten Anhänglichkeit für die Wissenschaft und ihren 
erhabenen Mäcen entspringen können. Ihm verdanken diese 
Sammlungen ihre gefällige Anordnung, ihren reinlichen, wohler- 
haltenen Zustand, ihre fasl vollständige Katalogisirung; wie ein 
Argus über denselben wachend hat er in der verhängnissvollen 
Nacht vom 15. auf den 16. Januar 1847 zur rechten Zeit noch 
den Ausbruch des Brandes entdeckt, der dem Gebäude mit allen 
seinen Schätzen den Untergang drohte. Möge ihm noch lange 
hier zu wirken vergönnt sein, zur Freude aller Besucher des 
Museums, die in ihm stets den gefälligsten und belehrendsten 
Führer durch dasselbe finden werden. 


Ich habe Ihre Aufmerksamkeit schon zu lange in Anspruch 
genommen, als dass ich es wagen dürfte, Ihnen auch noch von 
unseren Excursionen um Eichstädt und zu den weltberühmten 
Steinbrüchen bei Solenhofen, sowie von einem Besuche der herr- 
lichen Sammlung des Herrn Dr. Redenbacher in Pappenheim 
zu erzählen. Für Ihre bisher bewiesene Geduld dankend, rufe 
ich Ihnen nur noch zu: Gehen Sie hin, thun Sie dessgleichen, 
und — es wird Sie nicht gereuen! 


Materialien zur bayerifchen Sauna. 


Ein Beitrag. zur ‚Geschichte .der geographischen 
Verbreitung der ‚Säugethiere. 


Von J. Jäckel. 


Felis Iynx L. Der Luchs. 


(Fortsetzung.) 
Oberpfalz und Regensburg. 


In dem pfälzischen Theile des Fichtelgebirges und des Böh- 

merwaldes war der Luchs einst häufig. 
'" Nach dem Zeugnisse des Abtes Angelus Rumpler gab es um 
das Jahr 1500 Luchse in den Forsten bei Neunburg vor dem 
Walde. Ein Bauer von Neukirchen Balbini schlug einen Luchs, 
den er auf einem Baume sitzend erblickte (tizyraeä&) herab und 
tödtete ihn. 

Zu Anfang des Jahres 1817 wurde in der Oberpfalz an der 
böhmischen Grenze bei Winklarn ein gewaltiger Luchs, der dem 
Hirschstand und den jungen Stieren sehr geschadet hatte, von 
Schmugglern geschossen. Er war 65 Pfund schwer, 3%, Fuss 
lang und 2‘ hoch: Er wurde nach München geschafft und mag 
der letzte Luchs der oberen Pfalz gewesen seyn. 


O®Oberfranken. 


Das Fichtelgebirge war einst reich an Luchsen und ohne 
Zweifel hat auch eine Höhe desselben, die Luchsburg bei Sichers- 
reuth (seit dem Besuche des Königs Friedrich Wilhelm von 
Preussen und seiner Gemahlin Louise im Jahre 1805 Louisen- 
burg genannt), daher ihren alten Namen erhalten, ganz gewiss 
aber in dem chaotischen Gewirr von hoch aufgethürmten, wild 
durch einander geworfenen Granit-Riesenmassen einst viele die- 
ser Raubthiere, einzelne noch im vorigen Jahrhundert beher- 
bergt. In dem alten Sinnbilde des Fichtelberges, wie man 
dasselbe auf Trinkgläsern von der Bischoffsgrüner Glashütte ge- 
malt findet, schaut aus dem Profil des Berges ausser anderem 
Gewılde der einst heimische Luchs hervor. 


76 


1567 schlug: der Hirt zu. Bischoffsgrün. einen Luchs vom 
Baume herab. 

In dem äusserst strengen Winter 1709 wurde ein Luchs, 
und zwar ein weibliches säugendes Thier, in der sogenannten 
Butzenreuth, einem nicht weit von der Luchsburg gelegenen 
Holze, geschossen. Um diese Zeit wurden von dem markgräf- 
lichen Forstpersonale noch zuweilen etliche solcher Thiere, z. B. 
gegen Goldkronach hin gespürt, und: auch später noch im Walde 
bei Leitendorf ein solcher von einem Bauern gesehen. Vor 143 
Jahren war also der Luchs im Fichtelgebirge noch Standwild, als 
solches jedoch schon 'im Aussterben begriffen. Pachelbel be- 
richtet hierüber in seinem ‚Fichtelberg bei der Erklärung des 
Namens der Luchs -Loosburg, den er nicht von lugen oder loo- 
sen, sondern von den einst dort zahlreichen Luchsen herleitet, 
wörtlich Nachstehendes: 

„Deme sey nun wie ihm wolle, so ist doch gewiss,'dass 
„vor etlichen Jahren in. dem fast durch ‚gantz Europa ungemein 
„sich kalt erzeigten Winter die Bauern zu Sichersreuth, einem 
„Dorff, so eben nicht weit von der Losburg ablieget, in dem 
„Schnee durch ihr Dorff Fusstapffen eines ihnen unbekannten 
„Ihiers gespüret, und als solche der auf den Forst achthabende 
„‚Unter-Knecht wahrgenommen, hat er sie vor Luchsspuren er- 
„kennt: Wie es dann, wo mir recht ist, in dem gleich darauf 
„folgenden Frühling die Erfahrung gegeben, dass man sich diss- 
„falls nicht betrogen; denn da die Schaaf-Heerde zu Ober-Red- 
„wiz, einem Ritter-Guth, so dermahlen der Hoch-Wohlgebohrne 
„Herr Christoph Gasimir ‘von Waldenfelss besitzet, in das unweit 
„davon gelegene Holtz Buzenreuth getrieben wurde, spüreten 
„die Schaf- Hunde einen Luchsen auf einem Baum sizend aus, 
„der Schäfer solches Thier auf gegebenes anschlagen der Hunde 
‚„wahrnehmend, gienge fort, es besagtem Hrn von Waldenfelss 
„anzuzeigen, 'der dann sogleich sich dahin erhoben, das Thier 
„geschossen und ertödet, und sodann zur Hoch-Fürstl. Hoffhalt- 
„ung nacher Bayreuth eingeliefert, an dessen Zizen man wahr- 
„genommen, dass es ein junges gesäuget. Nachdem nun Sichers- 
„reuth zwischen der Losburg und der Buzenreuth lieget, so ist 
„wahrscheinlieh, dass aus dem ersten Ort durch das Dorff in 
„den andern Wald dieses Thier müsse seinen March genommen 


27 


„haben; nachgehends bin ich auch von einem Bauern zu Leu- 
„tendorff berichtet worden, dass, als er in dem dabeyliegenden 
„Holtz, welches ebenfalls nicht weit vun der Luchsburg ist, 
„Streu gehauen, habe er hart an sich etwas blasen und speyen 
„hören, wie die bösen Katzen zu thun pflegen, da er sich nun 
„umbgesehen, wäre es ein greulich grosser Luchs gewesen, 
„welcher in Mannslänge (!) an einem Baum hinauf geklettert, 
„so dass er .or Schrecken davongegangen: über dieses bin ich 
„glaubwürdig von dem Unter-Knecht berichtet worden, dass er 
„zuweilen etliche dergleichen Thiere gespüret, aber wegen der 
„entsetzlichen Felssen und Klippen ihnen niemals beikommen 
„können. Wann nun sonsten in der ganzen Gegend des Fich- 
„telberges dergleichen Thiere meines Wissens nicht als nur in 
„der Luchsburg und beym Tisch nacher Gold-Kronach zu ge- 
„spüret werden,“ u. s w. 

1769 befahl die Hochfürstlich Brandenburg Onolzbach und 
Bayreuthische Jagd- und Wildbahnsordnung vom 8. Mai cp. VI. 
39. pg. 13: Sollte sich über kurz oder lang ein Luchs sehen 
oder spüren lassen, so solle solches sogleich bei der Oberforst- 
meisterei angezeigt werden. Nach dieser Ordnung wurde für 
einen Luchs gegen Lieferung der Haut 3 fl. Schussgeld bezahlt. 

1774 wurde im Steinwalde, einem ansehnlichen bewaldeten 
und südöstlich von der Luchsburg gegen die Kösseine zu gele- 
genen Berg, der letzte Luchs des Fichtelgebirges geschossen. 


Mitielfranken. 


1679 d. d. Ansbach den 22. December erliess Markgraf 
Johann Friedrich ein Verzeichniss, nach welchem in dem Für- 
stenihum Burggrafthums Nürnberg unterhalb Gebirgs die Pirsch- 
und Fanggelder hinfort bezahlt und verrechnet werden sollten. 
Für einen Luchs wurden 2 fl. 24 kr. bezahlt und sollte der Balg 
jedesmal richtig geliefert werden. 


Schwaben. 


Das Allgäugebirge war bis in die neuesten Zeiten ein Haupt- 
wohnplatz des Luchses. 

1778 wurde für Immenstadt und die Herrschaft Stauffen 
Luchse zu schiessen und zu fangen verboten. 


Ki) 


1816 schreibt Koch, dass in der Forstrevier Immenstadt in 
der’ ehemaligen Grafschaft Königseck - Rothenfels, jeden Winter 
einzelne gefangen wurden. Hier waren sie in den 3 letzten De- 
cennien des vorigen Jahrhunderts noch zahlreich vorhanden. Ein 
alter Königseck-Rothenfels’scher Jäger zu Fischen hat auf dem 
Zwingstege, welcher bei Obertiefenbach im Immenstädtischen 
über eine oben nur 12 Schuh breite, aber über dem gewöhnli- 
chen Wasserspiegel 36 ‚Klafter tiefe Schlucht führt, durch welche 
der Breitbach, der dritte Arm des Illerstromes, aus dem öster- 
reichischen Walserthale fliesst, ‘öfters Eisen gelegt und auf die- 
sem Stege mehrere Luchse gefangen. Bei einer auf: Wildpret- 
schützen veranstalteten Streife traf derselbe Jäger im: Schnee 
eine von der 'gräflichon Jägerei übergangene Luchsfährte, fand 
bei deren Verfolgung ein zerrissenes Reh, zu welchem 'er ein 
Eisen legte und den vierbeinigen Wilderer fing. | 

Der ehemalige fürstbischöflich ' Augsburgische  Forstmeister 
zu Burgberg Johann Anton Lutz, deı im Jahre 1760 zu Burgberg 
angestellt wurde und daselbst 1822 starb, fing viele Luchse auf 
dem‘ Grindten, vorzüglich auf der Entersteiner Wand, einem 
hohen. oben sehr schmalen Schrofen,,' über welchen die Luchse 
gerne hin und: her wechselten. Der Sohn des Obengenannten, 
Franz Anton Lutz, welcher nach der Pensionirung 'seines Vaters 
im Jahre 1805 als bayerischer Revierförster zw Burgberg ange- 
stellt: wurde, fing gleichfalls mehrere Luchse ‚auf dem Grindten. 
Im December 1792 bemerkte er bei Häuser, Reviers Burgberg, 
in dem Schnee eine Fährte, welche er, weil sie schon ziemlich 
verschneit war,; nicht: mehr sicher unterscheiden konnte. Als 
er:aber an dem nahegelegenen Brunnenbache, zu welchem. diese 
Fährte führte, bemerkte, dass das Thier über eine schmale, über 
den ziemlich breiten Bach gelegte Stange gegangen sei, schloss 
er aus diesem Umstande, dass es ein Luchs gewesen seyn müsse. 
Von da begab sich das Thier an die sogenannten Bergstädte, 
Landgerichts Immenstadt, und riss mehrere Rehe. Der gräfliche 
Jäger zu Knottenried, Franz Walch, zeigte es sogleich dem 
letzten regierenden Grafen Franz Fidelis von: Königseck-Rothen- 
fels zu Immenstadt an und ersuchte ihn, baldmöglichst ein Treib- 
jagen veranstalten zu wollen, was auch schon am folgenden 
Morgen geschah, Der üraf und seine zwei Brüder Ernest und 


Maximilian, beide Domherren zu Köln und Strassburg, wohnten 
dieser solennen Jagd bei. ‘Man trieb nach einander 3: Bögen, 
ohne dass ein Thier sich hätte blicken lassen. im vierten Bogen 
kam der Luchs dem regierenden Grafen selbst auf Schussweite, 
blieb aber hinter einer Tanne stehen, so dass der Graf nicht 
schiessen konnte. Sein neben ihm’ stehender Bruder Graf Ernest 
benützte den günstigen Augenblick und schoss den Luchs. 

Während der. Dienstzeit des Forstmeisters Lutz fand der 
Jäger Weber zu Ofterswang bei Immenstadt im Winter ein zer- 
rissenes Reh und in dem ‘Schnee die Fährten von 3 Luchsen; 
er legte dann zum Reh ein Fangeisen 'und überdachte bei sich 
selbst, welche Auswege, wenn einer dieser Luchse in das Eisen 
gegangen und gefangen wäre, wohl die 2 andern auf der Flucht 
einschlagen möchten. Auf diese vermutheten Wege legte 'er 
wieder Fangeisen und fing so glücklich alle 3 Luchse. Der er- 
wähnte Revierförster Franz Anton Lutz veranstaltete im Herbste 
des Jahres 1819 in dem ‘oberen Imberger Tobel bei Sonthofen, 
wo .es in den ‚Wäldern schon Schneefelder gab, ein Treibjagen. 
Es lief kein Jagdthier an, dagegen gab’ ein Hund im Walde in 
ungewöhnlicher ‚Weise Laut, woraus der Revierförster schloss, 
der Jagdhund möchte die Fährte eines 'selteneren Raubthieres 
aufgenommen haben. Bei dem Nachsuchen bemerkte er in einem 
Schneefelde die Fährte eines Luchsen, stellte schnell die Schützen 
auf der entgegengesetzten und oberen Grenze des Waldes auf 
und liess diesen durchtreiben. Da kam denn der Luchs dem an 
dem Abhange des Tobels stehenden damaligen Mauthbeamten zu 
Sonthofen und spätern Hauptzollamtsverwalter zu Waidhaus in 
der: Oberpfalz, Felix: Welzel, welcher ihn lendenlahm schoss, so 
dass er den Abhang hinunter in einen tiefen Wasserpfuhl fiel, 
wohin ihm ein Forstgehilfe nacheilte und auf den mit den vor- 
deren Branten in dem Wasser rudernden und grimmig heraus- 
blickenden Luchsen den Todesschuss abfeuerte. 

Der gegenwärtige königl. Forstwart Franz Joseph Zeller zu 
Oberstdorf fing als Forstgehilfe zu Burgberg im Jahre 1820 sei- 
nen ersten Luchsen, 1821 am 22. Dezember auf einmal 2 und 
im Jahre 1822 wieder einen und zwar diese alle auf dem Grind- 
ten, in Fischen aber im Jahre 1835 drei Luchse auf dem Ochsen- 
berge. Sie machten zuweilen grosse Verheerungen unter den 


Viehheerden und thaten dem wenigen, noch hin und wieder: sich 
findenden Hochwilde 'ziemlichen Abbruch. 

An dem Hause des königl: Forstwarts Kaspar Agerer in 
Hindelang *) sind noch jetzt 15 Luchsköpfe auf einem Brette an- 
genagelt, früher waren noch 12 oder 13 solche Köpfe (ebenfalls 
nur. Haut und Gebiss, der Grind fehlt) daran befestigt, welche 
nach und. nach an verschiedene nach Hindelang gekommene 
Fremde und:an die inspicirenden Officiere zur Zeit des Bestehens 
eines Fohlenhofes im Rettenschwangerthale auf ihr Ersuchen 
verschenkt wurden. Zwei davon sah ich bei meinem verehrten 
Freunde Herrn Dr. Gemminger in‘ München. Alle jene Luchse 
wurden theils vom Vater Johann Georg Agerer von 1790—1816, 
theils von da an bis 1838 von dem Sohne Kaspar Agerer gefan- 
gen ‚oder geschossen. Im Ganzen erbeuteten Vater und Sohn 
30 Luchse, ersterer 22, letzterer 8 Stück ; hievon wurden nur 
2 oder 3 ‚auf der Pürsche oder dem Anstande geschossen, die 
übrigen in Tellereisen ‚gefangen oder mit Selbstschüssen erlegt, 
und zwar mit Unterbrechungen von kürzerer oder längerer Zeit 
in manchen Jahren einer oder 2, einmal sogar deren 3. An 
Sammlungen wurden 2 bis 3 Stücke mit Haut und Haaren abge- 
geben, einer von dem damaligen Forstmeister zu Immenstadt 
Johann  Nepomuck von Widder an das Naturalienkabinet in 
München. 


(Schluss folgt.) 


*) Dieser. brave Waidmann, dessen auch in den forstlichen. Be- 
richten und Erinnerungen aus dem Oberdonaukreise in Bay- 
ern in der Behlen’schen allgem. Forst- und Jagdzeitung 
(Jahrgang 1833) mit. ehrender Anerkennung gedacht wird, 
folgte seinem Vater, der von 1790 — 1816 in Hindelang als 
fürstbischöflicher und zuletzt als k. bayr. Forstwart diente 
«und 1817 daselbst starb, ım Jahre 1816 auf diesem Posten 
nach, ist noch in Funktion, zugleich mit der Beaufsichtigung 
der Jagd Sr. Kön. Hoheit des Prinzen Luitpold von Bayern 
betraut, und geht noch, trotz des Alters von 66 Jahren und 
obgleich er im Tyroler Krieg einen Kugelschuss in die Wade 
erhalten und durch das Ausspringen eines Holzstückes aus 
m Riese ihm ein Arm gelähmt wurde, auf die höchsten 

erge. 


Korrefpondenz- Blatt 


des 


zoologisch-mineralogischen Vereines 
in 


Regensburg. 


N. 6 1, Jahrgang. 18553. 


Vereinsangelegenheiten, 
Personal-Nachrichten, 


Zum Ehrenmitglied wurde ernannt: 
Sr. Durchlaucht Fürst Maximilian Anton Lamoral, Erb- 
prinz von Thurn und Taxis. 


Als ordentliches Mitglied wurde aufgenommen: 
Herr Dirschedl, kgl. Rektor am Gymnasium zu Passau. 


Sammlungen. 


Verzeichniss 


der im 2. Quartal 1853 zur Bibliothek theils im Tausche, theils 
als Geschenke eingegangenen Bücher und Schriften. 


Verhandlungen und Mittheilungen des Siebenbürgischen 
Vereins für Naturwissenschaften zu Hermannstadt. Ill. Jahrgang. 
Hermannstadt 1852. 

Verhandlungen des zoologisch-botanischen Vereines in Wien. 
II. Band. Wien 1853, 

Verhandlungen des naturhistorischen Yereins der preussi- 
schen Rheinlande und Westphalens. 9. Jahrgang Bogen 19—38. 
Korresp.-Blatt 3. u. 4. Heft. Bonn 1852. 

Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. 4852. II. 
Jahrgang. Nr. 3. Juli, August, September. Wien 1852. 

Uebersicht der Arten der Gattung A4stacus, von D. 
Erichson. Geschenk des Prof. Dr. Waltl, 

Einige neue Ameisen. Von G. L. Mayr. Geschenk des Ver- 


fassers. 
6 


s2 


Zusammenstellung der bisher gemachten Höhenmessungen 
im Kronlande Böhmen. Von Ad. Senoner. Aus dem Jahrb. der 
k. k. geolog. Reichsanstalt. Geschenk des Herrn: Senoner. 

FT. Bericht des naturhistorischen Fereins in Augsburg. 1853. 

Die Mineral- Namen und die Mineralogische Nomenklatur 
von Fr. von Kobell. München 1853. Geschenk des Verfassers. 

Zeitschrift der deutschen geologischen Gase lie L\. 
Band. 3. Heft. Mai, Juni und Juli 1852, ? 

Die Einheit in der organischen Natur. Populäre Vorträge 
von Dr. J. @G. Fischer. Hamburg 1853. Geschenk des Ver- 
fassers, 

Systematische Uebersicht der Fögel Böhmens mit Angabe 
ihres Vorkommens, Strichzeit, Brütens und einer lateinischen, 
deutschen und böhmischen Synonimie. Von A. A. Palliardi. Leit- 
meritz 1852. Geschenk des Verfassers. | 


Zoologische Sammlung. 


Herr Hauptmann Schuch in Ingolstadt überschickte einen 
von ihm ausgestopften Brachvogel, Numenius arquata L. P, 

Herr Professor Dr. Waltl in Passau ein schönes Exemplar 
von Sterlet, Acipenser Ruthenus Linn. 


Mineralogische Sammlung. 


Herr Oberlehrer Ph. Wirtgen in Bonn übersandte 100 
Exemplare von Petrefakten aus der devonischen Formation bei 
Coblenz und in der Eifel; mit der früheren Sendung eine Samm- 
lung von 120 Species bildend, wovon die meisten in mehrfachen 
Exemplaren. Besonders schön vertreten sind die Brachiopoden. 

Ein schönes Exemplar von faserigem Gölestin von Dorn- 
burg bei Jena übergab Otto Schwerdtner, Zögling des Stoy- 
schen Erziehungs-Instituts in Jena. 

Herr Revierförster Bösner in Neumarkt überschickte eine 
grössere Suite von Lias-Petrefacten aus der Gegend von Berg 
bei Neumarkt und eine ziemlich bedeutende Anzahl von Ammo- 
niten und Belemniten. 


33 


Ueber 
die tertiären Diatomeen - Lager 
in den 


Draunkohlengebilden der Oberpfalz. 


An vielen und ziemlich weit aus einander liegenden Orten 
finden sich in der Oberpfalz Braunkohlenbildungen. Neben den- 
jenigen, welche durch ihre technische Brauchbarkeit, oder durch 
wissenschaftliche Erörterungen einer grösseren Bekanntschaft 
sich erfreuen — Treue Freundschaft oder in der Glause 
bei Seussen, Zottenwies oder Schindelloh bei Wal- 
tershof, Wackersdorf bei Schwandorf und Sauforst 
bei Burglengenfeld — mögen als minder bekannt zu nennen 
sein die Vorkommnisse bei Hohenburg unfern Arzberg, bei 
Oberteich unfern Waldsassen; auf der Sattlerin bei 
Fuchsmühl, bei Bayerhof unfern Erbendorf, dann. weiter 
nach Süden zu an dem Strafarbeitshaus in Amberg, am 
Fürstenhof,' bei der Haselmühle, Thannheim und Au 
unfern’ Amberg, bei Weiding unfern Schwarzenfeld, bei 
Frohnberg und Gäggelbach unfern Schwandorf, bei 
Pettendorf, Kneiting, Königswiesen, Kumpfmühl und 
Wuzelhofen rings um Regensburg. Es sind diese Orte, an 
welchen bis jetzt die Braunkohle aufgeschlossen und bekannt 
wurde, gewiss nur die vereinzelten Punkte eines viel grösseren 
Verbreitungsbezirkes, welcher durch die Ausdehnung der tertiären 
Gesteinsbildung angedeutet wird. Das Unansehnliche und Unbe- 
stimmte, welches zumal in ebenen Gegenden das Erkennen der 
tertiären Ablagerungen an der Oberfläche schwierig macht, hat 
es bis jetzt fast bloss dem Zufall überlassen, bei Gewinnung von 
der Braunkohle häufig aufgelagerten Eisenerzen, beim Brunnen- 
graben, bei Fundamentirarbeiten &c. solche Lagerstätten zu ent- 
decken. 


Die versteckt liegende Tertiärbildung gibt sich an der Ober- 
fläche zu erkennen bald durch das Vorkommen mulmiger gelber 
Thoneisenerze in der Zone der Basaltberge, bald durch das Vor- 
kommen von Süsswasserquarzblöcken, welche aus den lockeren 
Schichten ausgewaschen frei auf der Oberfläche zerstreut liegen 

6* 


4 


und theils dicht hornsteinartig, theils feinkörnig, sandsteinartig 
(Braunkohlensandstein), theils dünnschiefrig und erfüllt von 
Pflanzen- und Thierresten (Hornsteinschiefer) vorkommen, oder 
endlich durch einen mehr oder weniger feinkörnigen Sand und 
Quarzgeröll in den mittleren und südlichen Theilen der Oberpfalz. 

Meist in geringer Tiefe liegen hier die Braunkohlenflötze 
einzeln oder bis zur Anzahl von 6 vergesellschaftet, in lockeren, 
thonigen oder sandigen Schichten. Solches Material bildet auch 
die Zwischenschichten zwischen verschiedenen Flötzen und be- 
reitet wegen seiner Druckhaftigkeit und seines häufigen Auf- 
tretens als schwimmendes Gebirg dem Bergbau vielfache Schwie- 
rigkeiten. Die Braunkohlenschichten selbst bestehen aus lohfar- 
bigen dünnschiefrigen bituminösen Brandschiefern, welche von 
Pflanzenresten erfüllt und häufig mit Schwefelkies reichlich durch- 
drungen sind, und aus Lagen bituminösen Holzes, welches den 
eigentlich abbauwürdigen Theil der Braunkohlenflötze bildet. In 
der Regel findet sich eine erdige mulmige Braunkohle als näch- 
ster Begleiter des bituminösen Holzes mit allen möglichen Ue- 
bergängen in den erdigen Brandschiefer. ‘Dieselbe besteht aus 
einem wirren Gemenge erdiger, thoniger und sandiger Theile mit 
grösseren Körnern von Quarz, Feldspath, mit Glimmerblättchen 
anfüllt, mit zersetzten krumösen Pflanzenresten, welche einzelne 
Theile von Wurzeln, Stämmen, Blättern u. Früchten begleiten. Zu- 
meist findet sich diese erdige Braunkohle in einer Flötzschicht 
unter der Lage des bituminösen Holzes. Die tiefsten Schichten 
der Braunkohlenbildung bestehen aus grünlichem oder gelblichem 
Thone, in der Basaltzone dagegen häufig aus bräunlichem zähen 
Letten und Basalttuff, in welchen grosse Basaltblöcke mitten inne 
liegen. Bemerkenswerth ist, dass hier unter dem bituminösen 
Schiefer eine schwache Lage von Phosphorit, sowohl auf der 
Sattlerin als bei der Zottenwies, getroffen wurde. Den 
Untergrund der gesammten tertiären Bildung bildet in den nörd- 
lichen Distrikten Urthonschiefer und Basalt, in den mittleren und 
südlichen Keuper, Eisensandstein (brauner Jura), Jurakalk oder 
die Gebilde der Kreideformation. 

Nach ihrer Verbreitung zerfallen die Braunkohlenablagerungen 
in der Oberpfalz in 2 Gruppen: in die nördliche, welche dem 
böhmischen Braunkohlenbecken zugehört, und in die südliche, 


> 


welche den Gegenflügel der Braunkohlenablagerungen am Nord- 
rand der Alpen vorstellt. Beide sind durch eine ziemlich hohe 
Gebirgsmasse, welche aus Gneiss, Granit und Rothtodtliegendem 
bestehend zwischen der Nab, Hirschau und Freudenberg 
einen gewaltigen Vorsprung nach Westen macht, getrennt. Die 
Thäler und grosse Verebnungen, welche jetzt den Norden mit 
dem Süden verbinden, sind zumeist in ihrer jetzigen Gestalt das 
Ergebniss postertiärer Vorgänge. In mehreren grossen Becken 
angestaut, waren die Reste der tertiären Wasserbedeckungen 
zurückgeblieben und hatten kaskadenähnlich ihre südlichen Ab- 
flüsse durch enge Spalten des Urgebirgs oder jurassischer Fels- 
massen; ihr Dasein bekundet sich an einer oft sehr mächtigen 
Ablagerung von lockerem Geröll, Sand und Letten, welche die 
tertiären Gebilde überdecken, zum Theil unkenntlich machen und 
jedesmal in den Verebnungen angetroffen werden, welche ober- 
halb der Thalengen sich öffnen. 

Die nördliche Gruppe ist besonders charakterisirt durch ihre 
enge Verbindung mit den Basaltbildungen; zumeist findet sich 
hier die Braunkohle an oder auf Basaltbergen. Die Art der Bil- 
dung dieser Braunkohlenlager findet in den Erscheinungen der 
Jetztwelt ihre genaue Analogie in der Bildung gewisser Torf- 
moore. Viele hunderte von Eisensäuerlingen oder Quellen mit 
Exhalationen von Kohlensäure finden sich jetzt noch thätig in 
dem Zug der Basaltberge innerhalb weniger Quadratmeilen. Sie 
treten in der Regel in Buchten des Terrains da zu Tag, wo Ge- 
birgsspalten ihnen einen Weg zu Tage eröflnen, und erzeugen 
von ihrem Quellpunkt an abwärts erst eine Versumpfung mit 
sehr üppiger Vegetation, und nach und nach eine Torfbildung, 
welche selbst auf stark geneigten Abhängen eine Mächtigkeit von 
14—17‘ erreichen (Kalmreuth am Düllen), indem sich der Quell- 
punkt immer höher legt, wie die wachsenden Lagen von mulmi- 
gem Eisenocker und Torf bezeugen. Die Waldvegetation ist auf 
und um diese Torfmoore nicht unterdrückt, vielmehr siedelt sich 
die Föhre und Fichte leicht an, wenn auch mit ihrem Wurzel- 
werk auf einen nur lockern Boden gestellt, welcher dieselbe 
‚sehr häufig der Gewalt der Stürme bloss gibt. Zahlreiche durch 
Windbrüche umgeworfene Stämme liegen im Torf und sind nicht 
selten sogar nach Art der Stammstücke im Braunkohlenlager be- 


36 


reits plattgedrückt. Die Braunkohlenflötze stimmen im Allgemei- 
nen in ihrem Verhalten mit dieser Bildungsweise überein ‚so 
dass mit aller Wahrscheinlichkeit die Behauptung aufgestellt 
werden kann, dass die Braunkohlenlager der Oberpfalz tertiäre 
Torfmoore vorstellen, deren Material an Ort und Stelle entstand 
und deren constant vorfindliche Decke von gelbem, thonigen 
Brauneisenstein ein Erzeugniss damals schon vorhandener Eisen- 
säuerlinge — in Folge der Basalteruptionen — sei: Es ist hier- 
bei durchaus nicht nöthig, eine allgemeine Masseüberdeckung in 
der Tertiärzeit anzunehmen, welche das Niveau der jetzi- 
gen Braunkohlenlager (bei der Sattlerin 2191 Pariser Fuss) 
erreichte, sondern es ist sogar wahrscheinlicher, dass inner- 
halb ‘der tertiären Wasserbecken in der nördlichen Oberpfalz 
keine Braunkohlenbildung stattfand, während sich hingegen an 
dem eniblössten Gehänge solche Lagen erzeugten, die in’keinem 
ihrer verschiedenen Flötzschichten die Spuren einer grossen. 
Wasserüberdeckung oder eines Absatzes aus stagnirendem Was- 
ser an sich tragen. Lokale und periodische Veberfluthungen 
reichen weitaus hin, um die etwaigen erdigen Zwischenschichten 
entstehen zu lassen. Die Verhältnisse, wie sich solche, nachdem 
der meiste Bergbaubetrieb eingestellt ist, jetzt noch beobachten 
lassen, sprechen entschieden dafür, ‘dass die Bildung unserer 
Braunkohlenablagerungen nach der Eruption der meisten ihrer 
benachbarten Basaltberge erfolgte, dass sie weder von ihnen 
durchbrochen, noch empor geschoben worden sind. Selbst das 
Profil, welches Nauck in der Zeitschrift der deutschen geologischen 
Gesellschaft 1850 II, 2 von einem Basaltdurchbruch durch das 
Braunkohlenflötz bei Pilgramsreuth (Schindelloh oder Zotten- 
wies) lieferte, gibt Zeugniss nicht von einem Durchbruch des 
Basaltes, sondern von einem Anlehnen der Braunkohlenbildung 
an einen bereits vorhandenen Basaltrücken. Eine Eigenthümlich- 
keit verdient noch erwähnt zu werden, welche für viele Braun- 
kohlenbildungen charakteristisch zu sein 'scheint. Es ist diess 
das Vorkommen von verkieselten Holzstämmen, Zweigen und 
Blättern, von Hornsteinschiefer und Braunkohlensandstein; die 
ersteren kommen auf den Braunkohlenflötzen vor, der letztere in 
den braunkohlenleeren tertiären Schichten; sie scheinen allge- 
mein ihr Material aus Quellwasser geschöpft zu haben, welche, _ 


87 

wie diess bei Quellen in vulkanischen Gegenden häufig vor- 
kommt, die Kieselerde gelöst enthielten, Dass die Kieselsäure 
nicht bloss die Zwischenräume im Holzkörper ausfüllte, sondern 
selbst an die Stelle der Zellensubstanz trat, bei Blättern nicht 
bloss dieselben umhüllte, sondern auch völlig ihren Körper er- 
setzte, dazu hat zweifelsohne die Eigenthümlichkeit der amor- 
phen Kieselsäure, in der Humussäure ähnlichen organischen Sub- 
stanzen löslich zu sein, das Meiste beigetragen. 

Es bedarf keines näheren Nachweises, dass unsere Braun- 
kohlenbildung nach den in ihren Schichten aufbewahrten Pflan- 
zenresten mit der böhmischen die Uebereinstimmung besitzen, 
um daraus ihre gleichzeitige Entstehung zu folgern, seitdem für 
die gesammten deutschen Braunkohlenbecken die Gleichzeitigkeit 
ihrer Bildung so entschieden nachgewiesen ist. Die Terrainver- 
hältnisse und die fast unmittelbare Fortseizung zwischen der 
letzten westlichsten böhmischen und ersten östlichsten bayrischen 
Braunkohlenbildung bei Mühlbach, Hohenberg und Arz- 
berg (Clausen) lassen deutlich die Braunkohlenbildungen am 
Südrand des Fichtelgebirgs als zum grossen Becken der böhmi- 
schen Tertiärablagerung gehörend erkennen. 

Das südlichste bis jetzt bekannt gewordene Vorkommen von 
Braunkohlen in der nördlichen Gruppe ist jenes am Bayerhof 
unfern Erbendorf, Von da an fehlen die Aufschlüsse über die 
weitere südliche Verbreitung der tertiären Bildungen, welche 
sich in der grossen Verebnung der Schweinsnab bis gegen 
Parkstein vermuthen lassen. 

Erst nach Uebersteigung einer quer über von O nach W 
ziehenden Gebirgshöhe gelangt man in das Gebiet der südlichen 
Gruppe der oberpfälzischen Braunkohlenbildung, welche mit der 
nördlichen wahrscheinlich in keiner unmittelbaren Verbindung 
stand. Es fehlen hier die Basaltberge und in der Regel die ter- 
tiären Eisenerzbildungen, dagegen treten die sandigen und sand- 
steinartigen Massen in grösserer Mächtigkeit gleichsam als Stell- 
vertreter der Molasse hervor. Das Gebiet hält sich fast genau 
an das der mittleren und unteren Nab, vorzüglich findet sich 
hier die Braunkohle in Niederungen und Thaleinbuchtungen hin- 
ter Gebirgsvorsprüngen, seltener auf den Höhen und Plateaus 
der. Jurakalk- und Kreide-Bildungen, erreicht endlich die Dunau- 


S83 


ebene und schliesst sich hier an die darin weit verbreitete Mo- 
lasse an. } 

Wenn auch im Terrain getrennt, besitzen dennoch beide 
Gruppen viele innere Uebereinstimmung. Diese besteht vorzüg- 
lich in der völligen Gleichheit der vorkommenden Pflanzenreste, 
in der gleichen Kohlenbeschaffenheit und der Vertheilung zwi- 
schen mulmiger Braunkohle und bituminösen Holzlagen. Ausser- 
dem finden sich häufig Hornsteinlagen in beiden Gruppen über 
der Kohle, welche verkieselte Stämme, Zweige und Blätter um- 
schliessen. Die Entstehung der in Niederungen vorkommenden 
Braunkohlenflötze möchte einer Versumpfung an den Uferrändern 
des teriiären Wasserbeckens zuzuschreiben sein, welche bei 
wiederholten Ueberschwemmungen sich erneuerten. 

Dem am meisten ausgebeuteten Braunkohlenlager an der 
Clause bei Arzberg (Seussen) sind Fisch - und Insekten - Reste 
eigen, welche sich bis jetzt in den andern nicht fanden. Es sind 
diess Lebias Gobio Ag,, Leuciscus papyraceus Bronn, Empis 
carbonum Germ., Bruchus bituminosus Germ., Buprestis carbo- 
num Germ. 

Von Pflanzen fand sich bis jetzt ein Farnkraut bloss in den 
Eisensteingruben bei Pullenreuth, Foodwardites Münsteri Braun 
bar., sonst zeigen sich Stammstücke, Blätter und Früchte an den 
verschiedenen Orten in Menge. Wir nennen unter den am häu- 
figsten vorkommenden: 

Libacedrites salicornioides Endl, 
Pinites stenocarpns Braun. bar. 
Cupressites Brongniarti Goepp. 
5 racemosus Goepp. 
Comptonia acutiloba Brongn. 
Betula, 
Alnus Kefersteini Ung. 
Salix lancifolia Al. Braun. 
FPopulus obolifolia Al. Braun. 
5 Peuce Ung. 

Juglans ventricosa Brongn. 
Daphnogene cinnamomifolia Ung. 
” lanceolata Ung. 

Acer trilobatum. 


Ahornfrüchte. 
Phyllites salignus (?) Rossm, 
Folliculites kaltennordheimensis Zenk. 

Diese Ueberreste liegen auf den Schichtungsflächen der bi- 
tuminösen dünnblättrigen Schiefer oder im thonigen Sandsleine 
prachtvoll erhalten. Schwieriger sind die Stämme des bituminö- 
sen Holzes zu erkennen, welche vorherrschend aus Coniferen, 
dann aus leicht erkennbarer Betula und andern dikotyledonen 
Hölzern bestehen. Die Stammtheile zuweilen auf 10-20‘ Länge 
erhalten liegen meist den Flötzschichten parallel und innerhalb 
derselben Flötzebene nach einer übereinstimmenden Weltgegend 
hingestreckt, wie von einem Sturmwind umgeworfen. Die um- 
liegenden Stammstücke sind durchweg plattgedrückt, ohne eine 
Zerberstung ihrer Masse wahrnehmen zu lassen. Nicht selten 
dagegen finden sich Wurzelstöcke in noch aufrechter Stellung, 
nach oben mit zackigen Rändern wie abgebrochen, nach unten 
in Wurzeltheile verlaufend, welche sich in der umgebenden 
mulmigen Braunkohle verlaufen, so dass man mit Sicherheit an- 
nehmen darf, dass diese Wurzelstöcke sich noch auf ihrem ur- 
sprünglichen Standorte befinden. 

Untersucht man mikroskopisch die Substanz der mulmigen 
Braunkohle, so findet man eine krumöse Masse aus kleinen und 
grösseren Körnern, Kügelchen und Klümpchen von dunkelbrauner 
bis gelblichgrüner Färbung bestehend, welchen selten körnige 
Häutchen und einzelne Fragmente von zelliger Struktur beige- 
mengt sind. Diese letzteren scheinen zum Theil Dicranum ähn- 
lichen Blatttheilen anzugehören, während sich nirgend eine Struk- 
tur erkennen lässt, die auf Sphagnum schliessen liess. 

In den Flötzen des Sauforstes liegen über der Braunkohle 
ziemlich mächtige Lagen von bituminösen thonigen Schichten, 
welche sich durck ihr geringes Gewicht sehr auszeichnen; sie 
ähneln dem Polirschiefer von Bılin und saugen das Wasser be- 
gierig an: wir nennen sie Saugschiefer. Beim Austrocknen sol- 
cher Saugschiefer bemerkt man, dass die ganze Masse von einer 
weissen mehlartigen Substanz durchwebt ist, welche stellen- 
weise rein abgesondert in Häufchen zusammengeballt, stellen- 
weise nur als dünner Anflug erscheint. Die weisse mehl- 
artige Masse besteht rein aus kieselhaltigen Dia- 


tomeen, den Ueberresten einer früheren üppig wuchernden 
Algenflora des süssen‘ Wassers. ‘Es sind nur wenige Spezies, 
welche dieses Mehl: vorherrschend zusammen setzen, indess 
einige andere Spezies diesen häufig vorkommenden untermengt 
sind. ‚Die häufig vorkommenden sind: 
Melosira italica Kütz. 
hi distans Kütz. 

Navicula nobilis Kütz. und eine dem Coscinodiscus 
nahestehende, wie es scheint neue Spezies. Vereinzelt finden sich: 
Amphipleura rigida Kütz. wenigstens nahe stehend. 

Cymbella flexella Kütz. 
Actino ptychus quinarius Ehrenb. 
Coscinodiscus minor Ehrenb, 

Es steht zu erwarten, dass diese Spezieszahl durch eine 
fortgesetzte Untersuchung ‘an verschiedenen Punkten und auf 
verschiedenen Flötzen noch um ein namhaftes vermehrt werden 
wird, da nunmehr die Aufmerksamkeit durch diese Entdeckung 
auf diesen Gegenstand hingelenkt ist. 

Es steht nicht zu bezweifeln, dass auch in der nördlichen 
Gruppe dergleichen Lager vorkommen; der zur Zeit fast "ganz 
verfallene Braunkohlenbergbau macht deren Auffindung schwierig, 
da die Saugschiefer an der Luft und durch Regen sogleich sich 
in eine Breimasse verwandeln. 

Es ist noch zu bemerken, dass selbst in den weniger mit- 
genommenen Stücken des Saugschiefers ein deutlicher Unterschied 
in Bezug des häufigen Auftretens der einen oder andern Spezies 
sich zu erkennen gibt, welcher auf eine Verschiedenheit auf 
verschiedenen Flötzen oder Flötztheilen schliessen lässt. 

Die Resultate der weiteren Untersuchung sollen seiner Zeit 
als Fortsetzung dieser Zeilen folgen. 

» München am 28. März 1853. 

Wilh. Gümbel, 
kgl. Leitgeognost. 


9 


Notiz über die Eintagsfliege. 


Ich habe so manches Kapitel über die Eintagsfliege (Zphe- 
mera vulgata) gelesen und das Gelesene für Uebertreibung ge- 


halten. 


Wilhelmi beschreibt das Insekt in seinen Unterhaltungen aus 
der Naturgeschichte sehr angenehm, allein ich hielt das Ganze 
für eine Unterhaltung; selbst Okens Beschreibung des Schwär- 


mens dieser Fliege liess ich bloss dahingestellt. 


Ich stellte mir wohl ein Schwärmen von einigen Tausenden 
vor, wie z. B. der Bienen, aber eine solche Idee konnte ich mir 


vom Schwärmen nicht machen. 


Ich war im Monate August für einige Wochen auf Besuch in 
Burglengenfeld. Als ich schon den Tag zur Abreise bestimmt 
hatte, ging im ganzen Städtchen, besonders aber in der Vorstadt 
jenseits der Nab die Sage, dass morgen den 15. August die Ta- 
gesfliege schwärmt. Ich war über die naturgeschichtlichen Kennt- 
nisse dieser unstudirten Leute nicht wenig erstaunt, und glaubte 
an ihre Erfahrung. Sie bestimmten sogar die Stunde auf Abend 


acht Uhr. Ich verschob meine Abreise. 


Abends acht Uhr gingen wir hinaus, aber weil die Nacht zu 
regnerisch war, gingen wir umsonst. Ein grosses Feuer war an- 
gezündet, und viele Menschen hatten sich am Ufer versammelt; 


die Eintagsfliege liess sich jedoch nicht sehen. 


Morgen schwärmen sie ganz ‘gewiss, hiess: es. Ich verschob 
wiederholt die Abreise, und ersuchte Jemand, mich vom Eintritte 


des Schwärmens zu benachrichtigen. Am 16. kam vor 8 Uhr 


schon ein Eilbote und meldete den Schwarm. Wir gingen also 
eiligst an den bestimmten Platz ; als wir unter das Thor kamen, 
sahen wir jenseits der Brücke ein mächtiges Feuer brennen und 
das jenseitige Ufer dicht mit Menschen besetzt. Kaum hatten wir 
die Brücke erreicht, sagte ich zu meinem Begleiter: Schade dass 
es jetzt zu regnen anfängt; denn dicht fielen die Regentropfen 
auf meinen Hut; aber gleich überzeugte ich mich vom Gegen- 
theile. Ich war mit einer Handlaterne versehen, und bemerkte, 
dass diese Regentropfen nichts anders waren, als Eintagsfliegen, 
welche ‚mein Licht immer zahlreicher umschwärmten und meinen 


Hut immer stärker hämmerten. 


Nahe an der Brücke war das Feuer, und es war wirklich 
interessant, diesem Schauspiel von einiger Ferne zuzusehen. Es 
war nicht anders als sähe man beim Lichte ein äusserst stürmi- 
sches Schneegestöber. Die Fliege inkommodırt Nase und Ohren, 
und wer von dieser Speise kein Liebhaber ist, vermeide ja den 
Mund zu öffnen, denn mit eines Gedanken Geschwindigkeit wäre 
er voll. 

Nun gingen wir dem Feuer, also dem Schwarme näher. Ich 
alter Mann habe seit 75 Winter noch kein so starkes Schneege- 
stöber gesehen. Die Fliegen kreiseten immer um das grosse 
Feuer herum, so dass sie um selbes ein breites weisses Band 
bildeten, ohne jedoch sich zu verbrennen. Auf der Erde lagen 
die Fliegen fast Schuhhoch. Da ich zum Feuer selbst theils der 
vielen Menschen theils des steilen Abhanges wegen nicht hinab- 
kommen konnte, nahm mir ein Mann die zu diesem Zwecke mit- 
genommene Schachtel ab, langte nur hinab, ohne sich ganz zu 
bücken und pfropfte sie so voll, dass sie weit über den Rand 
herauf reichten und er im Zumachen des Deckels viele zer- 


quetschte. 


In der Nab schwammen Hutgrosse Ballen herab, die aus- 
sahen wie Eis. 

Als ich zu Hause ankam und mich Abends entkleidete, da 
fielen noch ein Dutzend aus den Kleidern, welche sich in selbe 
verflogen hatten. 

Da ich wohl einsah, dass ich diese Schachtel voll zerdrück- 
ter Fliegen nicht aufbewahren könnte, so ging ich am anderen 
Moıgen mit dem Frühesten an Ort und Stelle, um hübschere 
Exemplare aufzusuchen, allein wie war ich überrascht, als ausser 
Tausenden Zertretener nicht Eine mehr zu finden war, denn die 
Leute freuten sich schon lange auf das Schwärmen, um ihren 
Hühnern, Gänsen und Enten einige nahrhafte Mahlzeiten gewäh- 


ren zu können. 
Forster, 


Materialien zur bayerifchen Sauna. 
Ein Beitrag zur Geschichte der geographischen 
Verbreitung der Säugethiere. 
Von J. Jäckel. 
Felis Iyn& L. Der Luchs, 
(Schluss.) 


In der Wartei Hindelang fing man die Luchse theils im Ret- 


tenschwangerthale, theils am Imbergerhorn und am Jochschrofen. 


94 


Im‘ Jahre 1820 kam: dem jetzigen: Forstwart Agerer auf der 
Zipfelsalpe auf dem Berge Stuiben an der Grenze von Tyrol auf 
dem Anstande eine Luchsin, mit 3 Jungen, welch erstere er aber, 
da..er kurz vorher durch einen Sturz den Rabenschnabel am 
rechten Schulterblatte gebrochen und die gehörige Fertigkeit noch 
nicht wieder erlangt hatte, nur anschoss, worauf sie sich mit 
ihren Jungen über die Grenze nach Tyrol flüchtete. So lange 
die Regierung 75 fl. Schuss- oder Fanggeld bezahlte, hatte Agerer 
nur zweimal das Glück, diese Prämie zu verdienen; im Jahre 
1338 fing er im Rottenschwangerthale den letzten Luchs, welcher 
im Allgäu erbeutet wurde und der 49 Pfund bayrisch wog. Auch 
im Specialbezirke des Revieres Burgberg wurden seit 1790 zehn 
bis zwölf Luchse gefangen, meist am Grindten, eben so viele im 


Reviere Fischen, vorzüglich am Ochsenberge. 


Im Jahre 1846 sprach Herr Akademiker Dr. A. Wagner in 
den Münchener gelehrten Anzeigen die Vermuthung aus, es 
wäre möglich, dass sich der Luchs im schwäbischen Hochgebirge 
(Forstamt Immenstadt) in einem oder dem anderen Schlupfwinkel 
als ständiger Bewohner gehalten hätte, da er hier wenigstens 
noch vor 20 Jahren. ziemlich häufig gewesen und damals Alte 
und Junge gefangen worden seien. Nach genauen Erkundigungen, 
welche ich von vielen durchaus zuverlässigen Männern einge- 
zogen habe, haben die Luchse im ersten Viertel des laufenden 
Jahrhunderts allerdings im Allgäu nicht selten Junge gebracht 
(terminus technicus), ohne dass man sie jedoch als Standwild 
im eigentlichen Wortsinne für jene Zeit dürfte ansprechen kön- 
nen. Sie kamen meist einzeln oder paarweise aus dem nahen 
Tyrol über die Grenze, trieben sich einige Zeit im Allgäuer Ge- 
birge, namentlich mehr im westlichen Theile desselben umher, 


kehrten, wenn sie nicht gefangen oder erlegt wurden, wieder 


95 


nach Tyrol zurück und wechselten mit ihren Jungen vielfach 
über die bayerisch-österreichische Grenze hin und her. Seit 20 
bis 30 Jahren ist er demnach in Bayern sicherlich nur noch als 
Wechselwild, mit Jungen aber nicht mehr vorgekommen. Der 
letzte Luchs, welcher im Allgäuer Gebirge gefangen wurde, 
datirt, wie schon erwähnt, vom Jahre 1838 und ist der Kopf 
desselben an der Vorderseite des Forstwartshauses zu Hindelang 
aulrenagelt. Seitdem sah man keinen mehr, bis im Winter 1850 
auf der Zipfelsalpe 2 Luchse gespürt wurden. Man hat sogleich 
Eisen gelegt, war aber nicht so glücklich sie zu fangen. Einmal 
gingen sie in einer Entfernung von 3 Schritten an den Eisen 
vorüber und wechselten sofort nach Tyrol zurück. In Graubünd- 
ten sollen sie nach Angabe dortiger Förster noch ständig sein. 
und wäre es möglich, dass die in Tyrol, Vorarlberg und Schwa- 


ben einzeln vorkommenden Exemplare von dorther einwechseln.*) 


Ein Luchs der herzoglich Leuchtenberg’schen Sammlung in 


Eichstädt wurde 1829 im Immenstädtischen im Eisen gefangen. 


*) Nach brieflichen Mittheilungen der Herren Dr. Zör nnd Be- 
zirksgeometer Stark zu Immenstadt, Revierförster Go ld- 
mayer in Burgberg &e. 


96 


Anzeigen. 


Der Unterzeichnete gibt stets europäische Käfer, und die im 
Graphit- und Kaolinbezirk um Passau vorkommenden Mineralien, 
dann die gewöhnlichen des bayr. Waldes und die um Passau 
vorkommenden Petrefakten im Tausche gegen die anderer Ge- 
genden, und macht hierauf die naturhistorischen Vereine, welche 


Sammlungen anlegen, aufmerksam. 


Auch verkauft er exotische Käfer und Seeconchy- 
lien, genau bestimmt und sehr schön erhalten, zu sehr billigen 
Preisen, sowie er ausgestopfte, schön aufgestellte und gut erhal- 


tene Säugethiere und Skelete kauft. 


Prof. Dr. Waltl in Passau. 


Berichtigung, 

Im Korr.-Bl. Nr. 2. S. 31 Z. 20 v. o. ist 42, 49 zu streichen, 
da diese Zahl nur die Summe der aufgefundenen Thonerde und 
des Eisenoxyds bezeichnen, keineswegs aber ausdrücken soll, 
dass von beiden gleichviel vorhanden sei. 

In Nr. 3. S. 36 Z. 3 v. u. soll es heissen statt Bibethein — 
Libethenit. 


Korrefpondenz-Dlatt 


des 


zoologisch-mineralogischen Vereines 
in 


Regensburg. 


Nr % (, Jahrgang, 1853. 


Versuch einer Aufzählung 
der 


Fische des Wain-Gebietes 


von 
Prof. Dr. Leiblein in Würzburg. 


Für die höheren Thierklassen der Säugethiere und Vögel der 
bayerischen Fauna wurden, mit gebührender Berücksichtigung 
früherer schätzbarer Bearbeitungen, in der neueren Zeit durch 
die Bemühungen von Prof. Dr. A. Wagner, Gemminger und 
Fahrer, von der Mühle, Pfarrverweser Jäckel, Dr. Ehr- 
hard und Andern, mit Unterstützung verschiedener Correspon- 
denten, sehr fleissig Materialien gesammelt und gesichtet und 
zum Theil das Resultat ihrer Forschungen im Correspondenz- 
Blatte des zoologisch- mineralogischen Vereins in Regensburg 
veröffentlicht. Der physikalisch - medicinischen Gesellschaft zu 
Würzburg, die sich nebst Hebung der gesammten Medicin und 
Naturkunde auch die naturhistorische Erforschung von Franken 
zur Aufgabe macht, habe ich zunächst für den unterfränkisch- 
aschaffenburger Bezirk Bayerns zum Theil auch schon über ver- 
schiedene Thier-Abtheilungen specielle Berichte erstattet und 
setze dieselben noch fort. Die Reptilien der bayerischen Fauna 
sind auch so ziemlich erforscht. Ueber die Fische in den Ge- 
wässern um Regensburg besitzen wir ferner von Prof. Dr. Fürn- 
rohr eine neuere sehr interessante Zusammenstellung (publicirt 
als ein Programm im Jahre 1847) und es ist sehr wünschens- 
werth, dass dieselbe noch auf das ganze Donau-Gebiet in Bayern 


sich erstrecken möge. Um nun auch für die Fisch- Fauna des 
7 


983 


Main-Gebietes einen Anhaltspunkt zu gewähren, erlaube ich mir 
nachstehend ein Verzeichniss der mir davon bis jetzt bekannt 
gewordenen Fische mitzutheilen, mit dem Ersuchen an (die vater- 
ländischen Naturforscher, diesen Thieren in den verschiedenen 
Gegenden dieses Gebietes. ihre Aufmerksamkeit widmen, sowie 
Nachträge und Berichtigungen in diesen Blättern niederlegen zu 
wollen. Fischerei- Besitzer und Fischer könnten hier freilich 
am meisten Aufschluss geben; es ist daher besonders wünschens- 
werth, diese Praktiker mit in’s Interesse zu ziehen und die 
gründlichen Erfahrungen derselben gehörig zu würdigen. Da ) 
dieselben Fische in den verschiedenen Gegenden oft verschiedene 
Benennungen führen, so verdient auch die Synonymie eine ge- 
bührende Berücksichtigung. - Einer besondern Beachtung dürfte 
die Gegend, wodurch der Donau-Main-Canal zieht, zu empfehlen 
sein; denn es fragt sich: ob nicht etwa auf diesem Wege aus- 
nahmsweise Fische vom Donau-Gebiete in das Gebiet des Mains 
herüberwechseln können? Wenn z. B. von der Donau Schiffe in 
den Canal einlaufen, ist es allerdings möglich, ‚dass Fische mit 
vorwärts getrieben werden, die dann in eine geöffnete, Schleusse 
gelangen können; nach dem Schlusse derselben können sie stets 
in eine weitere Schleusse fortsteigen und so nach und nach in’s 
Main-Gebiet übertreten und umgekehrt vom Main in die Donau 
gehen. Doch möge ‚darüber die Erfahrung entscheiden. Oft schon 
hat man Klage vernommen, dass auf den Strecken des Mains, 
welche die Dampfschiffe regelmässig. befahren, die Menge der 
Fische sich vermindert habe, was man zunächst dem Umstande 
zuschreiben wollte, dass durch den Wellenschlag der Räder der 
Fisch-Laich an’s Land gespült werden möge; von Anderen wurde 
indess diese Behauptung widersprochen, indem die. meisten 
Fische zur Laichzeit die weniger bewegten Buchten aufsuchten, 
oder auch in die ruhigeren Nebenflüsse zögen. Eine ‚nähere 
Beleuchtung dieser verschiedenen Ansichten von. Seite Sach- 
verständiger dürfte daher auch von Interesse seyn. 

Bevor ich übergehe zur Aufzählung: der. Fische des Main- 
Gebietes, halte ich es nicht für überflüssig, erst dieses Fluss- 
Gebiet selbst in seiner Ausdehnung mit ‘wenigen. Zügen etwas 
zu bezeichnen, wobei ich rücksichtlich einer. ausführlicheren 
Schilderung auf die betreflenden Abschnitte in .Walthers sehr 


99. 


reichhaltiger topischer Geographie von Bayern verweise; auch 
in Rottmayers stalistisch-topographischem Handbuche für den 
Untermainkreis des Königreichs Bayern (Würzburg 1830) finden 
sich manche brauchbare Andeutungen dazu. Hier beschränke ich 
mich nur auf einige allgemeine, zunächst jenen Werken ent- 
nommene Notizen. 

Das Main-Gebiet — an und für sich nur ein Bestandtheil des 
weitläufigen Gebietes des Rheines - umfasst also als Hauptfluss 
den Main vom Ursprunge im Fichtelgebirge an bis zur Einmün- 
dung in den Rhein mit den verschiedenen in ihn sich ergiessen- 
den Nebenflüssen und Bächen, nebst den in diesem Bereiche 
vorkommenden Seen und Teichen. Der grösste Theil dieses nach 
seiner Wasserscheide gegen 576 geographische Quadrat -Meilen 
begreifenden Gebietes gehört nach dem oberen und mittleren 
Laufe des Mains bis nach Stockstadt herab dem nordöstlichen 
Theile des Königreiches Bayern an und zwar den drei Kreisen: 
Oberfranken, Mittelfranken und Unterfranken nebst Aschaffen- 
burg, die früher nach den sie durchströmenden Flüssen auch 
ganz passend die Namen: Obermainkreis, Untermainkreis und 
Rezatkreis führten. Nur durch einige Nebenflüsse im obern 
Main-Gebiete werden noch die sächsischen Herzogthümer Coburg 
und Hildburghausen berührt; ausserdem haben am Gebiete des 
Mains in seinem unteren Laufe auf der rechten oder nördlichen 
Seite und durch einige hier einmündende Nebenflüsse das Kur- 
fürstenthum Hessen, die freie Stadt Frankfurt und das Herzog- 
thum Nassau Antheil; während linkerseits oder südlich vom 
Main ausser Bayern das Gebiet in einen Theil des Grossherzog- 
thums Baden und des Grossherzogthums Hessen sich erstreckt, 
so wie auch durch die Tauber das Königreich Würtemberg_ et- 
was berührt. 

Der Main oder Mayn als der Hauptfiluss (früher auch 
Moin, Mohin und Mogin genannt — Moenis, Moenus, 
Mogus) entsteht bekanntlich aus der Vereinigung des weissen 
und rothen Mains bei Katschenreuth, etwa eine Stunde un- 
terhalb Kulmbach. Der weisse Main entspringt an der Weiss- 
mannsleiter am Osthange des Ochsenkopfs im Fichtelgebirge; der 
rothe Main entquillt aus dem Rothmannsbrunnen (rothen Main- 
Brunnen) bei Simmelbach unweit Lindenhard ebenfalls im Fich- 

7* 


100 


telgebirge; bis zur Vereinigung der beiden Quellflüsse mag jeder 
etwa einen Weg von 5 Meilen gemacht haben. Hier in diesem — 
im östlichen Theile von Bayern befindlichen merkwürdigen Ge- 
birgsknoten, von welchem Flüsse nach allen Weltgegenden ab- 
fallen, berühren sich drei verschiedene Fluss-Gebiete: Das Do- 
nau-, Main- (resp. Rhein-) und Elbe-Gebiet. Ausser den be- 
merkten Main-Quellen entspringen nämlich hier auch vom Donau- 
Gebiete am Fusse des Ochsenkopfs die Fichtel-Nab, sowie 
vom Elb-Gebiete im Mönchberger Walde die voigtländische 
oder thüringische Saale und vom Ostabhange des Schnee- 
berges die Eger, welche letzteren nur in ihren obersten Thal- 
furchen auch noch Bayern angehören. In westlicher Richtung 
vom Fichtel - Gebirge, ebenfalls in Bayern, durch das Mainthal 
auseinander gehalten, berühren sich einerseits (nordwärts vom 
Main) im Gebirgsstocke der Rhön die Wasserscheiden des Mains 
(resp. wieder des Rheins) und der Weser, in welche von 
hier aus die Fulda und Ulster verlaufen und anderseits (süd- 
lich vom Mainthal), in der Frankenhöhe, begegnen sich das 
Rhein- und Donau-Gebiet, wo auch ein Knoten dieser Höhe 
Wasser nach allen Himmelsgegenden entsendet, die theils durch 
den Main mittelst der Tauber, Aisch und fränkischen 
Rezat und durch. den Nekar mittelst der Jaxt dem Rhein, 
theils der Donau mittelst der Wörnitz und Altmühl zu- 
fliessen. Von diesen Knotenpunkten in der Rhön und auf der 
Frankenhöhe trägt sich die Wasserscheide zu dem bemerkten 
östlichen Knoten im Fichtelgebirge in mannigfachen Windungen 
hin, oft kaum am Gesenke des Landes bemerkbar, fast mehr als 
Sumpf erscheinend, oft aber auch in deutlichen Rücken heraus- 
tretend, wie dieses in der oben bemerkten topischen Geographie 
Bayerns von Walther ausführlicher ersichtlich ist. Für den 
mehr westlichen Theil des Main - Gebietes kommen ausserdem 
die Zuflüsse aus der vulkanisch-plutonischen Hebungslinie, die 
von der Rhön bis zum Vogelsberg und gegen den Taunus in 
einzelnen Kegeln oder Kuppen und ganzen Basaltmassen hervor- 
brechend sich hinzieht, sowie aus den Waldgebirgen des Spes- 
sarts und Odenwaldes. 

Der Main gilt mit Recht als der wahrhaft fränkische Strom, 
indem er von der Grenze der Oberpfalz in mannigfaltigen Win- 


101 


dungen bis an die Rheinlande hin, von Osten nach Westen 
durch Franken zieht. Ursprung und Mündung des Mains liegen 
im 50. Parallelkreise der nördlichen Breite; der Ursprung des 
Mains — Weissmannsleiten am Ochsenkopf — befindet sich 
unter dem 29° 30° und Mainz an der Ausmündungsstelle unter 
dem 26° aer Länge. Wie ein Blick auf die Karte ergibt, über- 
schreitet dieser Fluss viermal den Parallel nördlich und zwar 
zweimal in grossen Bögen. bei Lichtenfels und Hanau, zweimal 
in. mehr spitzer Form zwischen jenen Bögen bei Schweinfurt 
und Gemünden. Diesen vier Nord - Beugungen entsprechen drei 
südliche von Osten gegen Westen immer beträchtlicher wer- 
dende: bei Bamberg, bei Marktbreit und Öchsenfurt, dann bei 
Wertheim und Miltenberg. An diesen ausspringenden Winkeln 
erhält auch der Strom seine ansehnlichsten Zuflüsse, wie nörd- 
licher Seits die Rodach, Saal, Kinzig, Nidda, auf südlicher 
Seite die Regnitz und Tauber, während die kleineren Ge- 
wässer in seine Bogenvertiefungen einmünden. Dabei erweitert 
sich das Gebiet des Stromes von Osten gegen Westen immer mehr. 

Des Maines Oberlauf erstreckt sich bis zur Regnitz-Mündung, 
wo sein flacher, breiter Grund als Scheideihal zwischen Keuper 
und Jura-Formation auftritt. Im Oberlauf durchschreitet der Main 
den Frankenjura und gelangt in seinem Mittellaufe in die Keu- 
pergebilde, dessen Flussthal durch flache Beschaffenheit und 
fortwährend gleiche Weite. sich auszeichnet. Bei Schweinfurt 
betritt der Main die Muschelkalkplatte oder die Tafelebene (Pla- 
teau) des Muschelkalkes mit schon mehr tief eingerissener Thal- 
bildung. Weiter unten, zunächst bei Karlstadt, geht der Main 
bereits in-.den bunten Sandstein üher, rückt jedoch auf der süd- 
westlichen Bahn von Gemünden gegen Wertheim zu wieder 
nahe an die Ränder des Muschelkalkes zwischen Rothenfels und 
Homburg. Als des Maines Unterlauf bezeichnet man die Strecke 
von der Durchbruchsstelle zwischen dem Odenwalde und dem 
Spessart bis zur Mündung in den Rhein, wo er nur ein Bett 
ohne Thal in der weiten Rheinebene einnimmt, während er — 
wie bemerkt — in seinem Mitltellaufe eine Unzahl von grossen 
Windungen macht, die durch verschiedene Formationsglieder 
hindurch setzen. 


102 


Des Maines Ursprung liegt nur 3% Meilen östlich von dessen 
Mündung, die beträchtliche Stromentwicklung jedoch in ihren an- 
sehnlichsten Krümmungen erreicht 66 Meilen. Die Breite des 
Stromes wächst bis zu 300 Schritten (bei Kostheim sogar bis zu 
320), die Durchschnittsbreite mag indessen 110 Schritte be- 
tragen. 

Was im Allgemeinen die Erhebung des Fluss-Gebietes über 
dem Mittelmeere nach Pariser Schuhen anbelangt (wobei ich 
wieder auf die ausführliche Schilderung in Walther’s oben 
bemerktem Buche Seite 390-94 verweise), so ist sie aus folgen- 
den Notizen einigermassen ersichtlich. Die Höhe beträgt: 

für den Mainbrunnen oder Ursprung des Mains am Ochsenkopf 
2726° nach L. (Lamont), 2739 nach B. (Berghaus): 

für Kreussen, an der Kreussen zum rothen Maine 1277' nach 
St. (91012); 

für Bayreuth am rothen Maine 1023 L.; 

für die Vereinigung des weissen und rothen Mains unter 
Kulmbach 905° L., 913‘ B.; 

für Bamberg an der Regnitz 724‘ B.; 

für den Main bei der Regnitz-Mündung 692° St., 

für Schweinfurt 622‘ L.; 

für Würzburg am Spiegel des Mains 499° L., 480° St.; 

für Gemünden (an der Saal-Mündung) 440° St; 

für Wertheim an der Tauber-Mündung 418’ L.; 

für Aschaffenburg am Mainspiegel 366‘ L.; 

für Hanau — wieder am Main 304 L; 

für Frankfurt ebenfalls am Main gemessen 288° L. 

Im Ganzen beträgt das Gesammt - Gefälle des Mains etwa 
2470°; dabei verhält sich der Fall an den einzelnen Stellen des 
Laufes sehr verschieden; so macht das Flussgefälle beim rothen 
Main zwischen Kreussen und Bayreuth für die Meile 86° aus, 
von da bis Droschenfeld 52°, weiter bis zur Vereinigung der 
Quellflüsse 24, bis Zettlitz ist die Senkung 18°, von da bis 
Lichtenfels 24‘, zwischen Lichtenfels und Bamberg 16‘, zwischen 
Miltenberg und Frankfurt nur 6° bis 7’ auf die Meile; im Durch- 
schnitte mag indessen auf jede Meile des ganzen Laufes bei- 
läufig ein Fall von 38 Schuhen angenommen werden. Wegen 
der vielen Krümmungen und der grossen Menge von Sand und 


103 


Schlamm, welche ‘der Fluss mit sich führt, ist das Gefälle so 
äusserst geringe — wohl das kleinste der Gewässer in Bayern; 
desshalb gefriert der Main im Winter auch leicht zu und erhält 
mitunter eine sehr beträchtliche Eisdecke, : Zu. bemerken ist 
auch noch, dass das Wasser des Mains relativ schwerer ist als 
jenes vom Rhein, wie man es schon deutlich an Schiffen be- 
merken kann, welche vom Main in den Rhein fahren, wo sie 
sogleich etwas tiefer gehen und mitunter bei starker Ladung, 
um nicht der Gefahr der Versinkung ausgesetzt zu seyn, er- 
leichtert werden müssen. Im Allgemeinen ist auch das Wasser 
des Mains das Jahr hindurch mehr trüb als hell. 

Was nun die Nebenflüsse anbelangt, die sich in. den Main 
ergiessen und seitwärts das Gebiet als Wasseradern vergrössern, 
so sind die bemerkenswerthesten folgende: Bald nach der be- 
ınerkten Vereinigung des rothen und weissen Mains un- 
terhalb Kulmbach, von wo an der Fluss schlechthin Main ge- 
nannt wird, trägt derselbe bereits beim Dorfe Mainleis bei gün- 
stigem Wasserstande Flösse und Kähne; weiterhin wird er durch 
Zuflüsse der Rodach, Lauter, Itz, Baunach und der Reg- 
nitz bei Zaustadt schon se stark, dass er für bedeutende Schiffe, 
die eine Ladungsfähigkeit von gegen 3000 Zentner haben, schifl- 
bar ist. — Auf dem linken oder südlichen Ufer münden ein: 
1) die Rednitz, welche durch die Vereinigung der fränki- 
schen und schwäbischen Rezat gebildet wird und im 
unteren Laufe nach Aufnahme der Pegnitz den entstellten 
Namen Regnitz annimmt. Die schwäbische oder obere 
Rezat entspringt unweit Dettenheim (eine Meıle südwestlich 
von Weissenburg) auf dem ‚Ried‘, desshalb anfangs Riedbach 
genannt; die fränkische oder untere Rezat entquillt zu 
Oberdachstetten und Markt - Bürgel (2'/, Meile nordwestlich von 
Ansbach) aus dem Rezatbrunnen und nimmt bei Ansbach den 
Hol!zbach (Onoltia) in sich auf. Die schwäbische Rezat richtet 
sich nordnordöstlich, die fränkische südsüdöstlich zum Vereinig- 
ungspunkte bei Friedrichsgemünd (1? Meile südsüdwestlich von 
Roth). — In die Rednitz-Regnitz münden wieder verschie- 
dene Zuflüsse und zwar: 

Linkerseits: unterhalb Roth die bei Peters-Aurach ent- 
standene obere Aurach; östlich von Schwabach die bei Klo- 


104 


ster Heilsbronn entsprungene obere Schwabach; östlich von 
Zirndorf die Biebert; oberhalb Vach die unweit Oberzenn ent- 
quollene Zenn; gegenüber von Bruck die südwestlich vou 
Emskirchen herkommende mittlere Aurach; bei Traisdorf 
(11% Meile von Forchheim) die Aisch, die unweit Jlabelsee aus 
dem Aischloche entsteht und auf ihrem Laufe noch die Ehn und 
Weisach aufnimmt; ferner bei Köttmannsdorf die reiche Eb- 
rach, die’ vom Steigerwalde herfliesst; bei Pettstadt die rauhe 
Ebrach, welche bei Untersteinbach im Steigerwald entsteht 
und durch die bei Kloster Ebrach entquollene mittlere Eb- 
rach verstärkt wird; unterhalb Pettstadt mündet auch noch die 
bei Oberschleichach am Fusse des Steigerwaldes entquellende 
untere Aurach. 


Rechterseits münden dagegen in die Rednitz-Reg- 
nitz: bei Roth die Roth, die wieder aus der oberen und 
unteren oder grossen und kleinen Roth erwächst; bei 
Neuses die vordere Schwarzach, welche nordwestlich von 
Neumarkt aus Weihern sich ansammelt; bei Fürth die Pegnitz, 
welche durch ihren Zutritt den Namen der Rednitz in Reg- 
nitz verwandelt, die Pesnitz bildet sich bei Gerlasreut (un- 
weit Lindenhard) aus dem Foren- und Heiligen - Brunnen; un- 
terhalb Erlangen kommt hinzu die oberhalb Gräfenberg hervor- 
tretende untere Schwabach; bei Forchheim die bei Ober- 
steinfeld entquellende Wiesent, die der Pegnitz ziemlich 
parallel läuft und sich um Muggendorf durch die Buttlach, 
Truppach, Aufseess und Leinleiten verstärkt. 


Die Mündung der Rednitz-Regnitz in den Main findet 
sich bei Buschberg ('/ Meile unterhalb Bamberg). Die Strom- 
Entwicklung von der schwäbischen Rezatquelle an (die gegen 
1300 Schuhe über dem Mittelmeere liegt) beträgt 28 Meilen, ihre 
Durchschnittsbreite 60 Schritte, ihr Gebiet 160 Quadratmeilen, 
ihr Gefälle auf der ersten Meile von der Quelle 250‘, auf der 
Laufstrecke von Dettenheim bis Bamberg im Mittel 40‘, von dort 
bis zum Main nur etwa 10 Schuhe. 


Auf dem linken oder südlichen Ufer ergiesst sich ferner — 
verschiedene Bäche z. B. die bei Marktbreit mündende Breit, 
unter Ochsenfurt den aus dem Gaue über Tinkelhausen herkom- 


105 


menden Thierbach u. dgl. nicht zu erwähnen — in den Main 
als ein stärkerer Zufluss: 

2) Die Tauber. Sie entfliesst zwischen Meickersholzen 
und Wettringen (2 Meilen südsüdwestlich von Rothenburg aus 
einem jetzt trocken gelegten Teiche von 8- 9 Tagwerken) dem 
Taubersee, in welchem sie sich aus einigen kleinen Waldquellen 
jenseits des Rotenberges sammelt. Der Wasserscheide - Knoten 
bei Schillingsfürst zwischen Tauber - und Wörnitz - Gebiet hat 
eine Höhe von 1419° nach Stolz. Den Main erreicht die Tauber 
nach einem Laufe von 15 Meilen bei Wertheim. Ihr ansehnlich- 
ster Zufluss ist rechts oberhalb Röttingen die von ÜUttenhofen 
kommende Gollach. 

3) Weiter unten bei Burgstadt mündet nach einem fünf 
Stunden langen Laufe in den Main, die aus dem Baden’schen 
kommende, wegen ihres Forellenreichthums bemerkenswerthe 
Erf. 

4) Die Mudau, welche südsüdwestlich von Obermudach 
ebenfalls im Grossherzogthum Baden entquillt, erreicht den Main 
bei Miltenberg. 

5) Die Mümling stammt vom Odenwald (1 Meile nord- 
westlich von Michelstadt) und fliesst oberhalb Obernburg zum 
Main. 

6) Die Gernspring, gleichfalls vom Odenwald bei Linden- 
fels kommend, ergiesst sich in den Main an seiner Austrittsstelle 
aus Bayern bei Stockstadt. 

Des Maines hauptsächlichste Nebenflüsse auf dem rechten 
oder nördlichen Ufer sind: 

1) Die Rodach, welche im Dorfe Rodachsbrunnen (2167‘ 
über dem Mittelmeere) entspringt, in ihrem Laufe die wilde 
oder Wald-Rodach, die Haslach mit der Kronach auf- 
nimmt und bei Schwürbitz mündet. 

2) Die Itz, vom Plessberge beim Dorfe Stelzen entstehend 
und dem grössten Theile ihres Laufes nach dem Coburgischen 
Lande angehörend, nimmt im Laufe die bei Ammerstadt ent- 
standene sächsische Rodach auf und mündet südlich von 
Rattelsdorf. 

3) Die Baunach entquillt südlich von Königshofen aus 
dem Hassberge bei Bundorf und mündet bei Baunach. 


106 


4) Die Nassach entspringt aus dem NER beim 
Dorfe Nassach und ergiesst sich bei Hassfurt. 

Auch weiterhin im Laufe des Mains ergiessen sich wieder 
noch verschiedene andere starke Bäche in denselben, so z. B.: 

5) Die Kürnach und Pleichach, welche veremigt'bei 
Würzburg münden (erstere entspringt beim Dorfe Kürnach und 
fliesst im Thale von Estenfeld und Lengfeld herab; die Pleichach 
dagegen kommt aus den Markungen von Dippach und Oberpleich- 
feld im Landgerichte Dettelbach, berührt weiter im Laufe Un- 
terpleichfeld, Mühlhausen, Maidbrunnen, Rimpar und Vosbach; 
von ihr führt auch ein Theil der Stadt Würzburg, durch welchen 
sie lliesst, den Namen Pleichacher Viertel. 

6) Die Wern (Weeren, Wehrn) entquillt bei Pfersdorf im 
Landgerichte Euerdorf und läuft von Kronungen über Gelders- 
heim, Werneck, Arnstein bei Gross-Wernfeld in den: Main; der 
Fall derselben ist nur geringe. ihr Lauf daher sehr träge und 
das Wasser trüb. 

7) Die Saal (auch fränkische Saal genannt, um sie von der 
im Fichtelgebirge entspringenden voigtländischen oder thüringi- 
schen Saale zu unterscheiden, die bekanntlich zum Elbgebiete 
gehört) nebst der Regnitz der grösste Nebenfluss des Mains; sie 
hat ihren Ursprung östlich von Königshofen im Grabfeldei bei 
Alsleben aus dem Salzloch oder Saalbrunnen und einem anderen 
bei Oberstfeld hervorquellenden Wasser (etwa 796‘ nach La- 
mont über dem Mittelmeere); sie durchfliesst die Gerichtsbezirke 
Königshofen, Neustadt, Münerstadt, Kissingen, Fuerdorf, Hammel- 
burg und Gemünden, wo sie in den Main fällt (die Saal-Mündung 
hei Gemünden liegt 440' über dem Meere nach Stolz); auf ihrem 
15 Meilen langen Laufe nimmt sie verschiedene Zuflüsse auf, so: 
die Lauer bei Burglauer; die im Sächsischen entstehende und 
bei Saal einmündende Milz; oberhalb Nöustadt a.S. die Streu, 
welche unweit Bischofsheim bei Heustreu (im Streuwalde) der 
Rhön entquillt; unterhalb Neustadt die ebenfalls von der Rhön 
(bei Oberweissenbrunn) kommende Brent; ferner von der Rhön 
entspringend die bei Steinach einmündende Premich;bei Aschach 
die Aschach; bei Hamelburg die Thulba; bei Gräfendorf die 
Schondra; dann kommt oberhalb Gemünden rechterseits ein- 
mündend die Sinn hinzu, welche am Kreuzberge auf der Rhön 


107 


in zwei Quellen — der vorderen oder breiten und der 
hinteren oder schmalen Sinn entsteht, die sich bei Zeit- 
lofs vereinigen. In die Sinn fliesst unter andern Bächen auch 
die Jossa, welcher vom sogenannten Orber-Reisig. einer ge- 
birgigen Waldgegend, kommt und wegen des Vorkommens von 
Perlenmuscheln in derselben eine Bemerkung verdient. Perlen- 
muscheln finden sich sonst auch noch in einigen Bächen des 
Spessarts, z. B. im Aubache. — Die Saal ist etwa drei Stun- 
den von der Mündung hinauf bis Gräfendorf Nloss- und schiffbar. 

8) Die Lohr hat ihren Ursprung nächst Lohrhaupten, ist 
wieder reich an forellenartigen Fischen und mündet bei Lohr; 
daselbst fliesst auch die Rechtenbach in den Main. 

9) Die Hafenlohr entquillt dem Spessart bei Rothenbuch 
und vereinigt sich dem Main bei Hafenlohr. 

Vom Spessart her kommt auch zum Main bei llassloch die 
Hassel, bei Faulbach die Faulbach. 

10) Die Elsawa entsteht mit mehreren Zuflüssen aus dem 
Spessart bei Hessenthal, Heimbuchenthal und Rohrbrunn, ergiesst 
sich bei Elsenfeld in den Main. 

11) Die Aschaff entspringt ebenfalls aus dem Spessart bei 
Waldaschaff, nimmt die Sailawf auf und mündet unterhalb 
Aschaffenburg bei Damm. 

12) Die Kahl fliesst dem Main bei Kahl zu und gehört 
auch noch nach ihrem Ursprunge dem Spessart an. 

13) Die Kinzig hat ihre Quelle am Kinzberge hinter San- 
nerts (1 Meile nordöstlich von Schlüchtern) und mündet nach 
11 Meilen langem Laufe, wobei sie nebst verschiedenen Zuflüssen 
auch die Bieber und Orb aufnimmt, bei Hanau in den Main; 
nur zwischen Aufenau und Gelnhausen berührt sie dabei eine 
kurze Strecke weit die baverische Grenze, sonst gehört sie dem 
Kurfürstentham Hessen an. 

14) Völlig ausserhalb Bayern fliessend, erreicht den Main 
bei Höchst die Nidda <(Nidaha), welche am Vogelsberge nord- 
westlich des hohen Taufsteines aus einem See abfliesst und an 
bemerkenswerthen Zuflüssen die Horlof (Hurnaffa), dann die 
Wetter (Wetteracha), sowie die Nidder (Nitoren) empfängt. 

Möge die gegebene kurze Schilderung des Maingebietes ge- 
nügen, einen beiläufigen Begriff von der Ausdehnung desselben 


—eeo 


zu gewähren. Es lässt sich erwarten, dass der Main sowohl 
an den verschiedenen Stellen. seines Laufes, bei dem mannig- 
faltigen Untergrunde des Rinnsals, als wie auch die aus ver- 
schiedenen Gebirgsformationen herkommenden Nebenflüsse nebst 
den ihrem Bereiche angehörigen See’n und Teichen, wobei noch 
die verschiedene Erhebung über dem Meere in Betracht kommt, 
in der. Fisch-Fauna manche Eigenthümlichkeiten darbieten, wo- 
rüber von speciellen Forschungen Aufschluss wünschenswerth ist. 

Von den See’n des Maingebietes verdient eine besondere 
Erwähnung jener bei Frickenhausen (1/2 Stunde von Mellrichstadt), 
von welchem sehr viel Fabelhaftes erzählt wird, unter Anderm: 
dass er alles verschlinge, was sich auf ihn wage; dass er in 
der Mitte unergrüudlich sei, dass er sehr grosse und unge- 
wöhnliche Fische beherberge; dass er einstens ganz Franken 
überfluthen werde u. dgl. Auch hat der See keinen bemerkbaren 
Zufluss und Abfluss, ohne dass eine besondere Zunahme und 
Abnahme des Wassers beobachtet wird, welches dabei stets hell 
und nie faulig ist. Da dieser See abgesehen von den Volks- 
Sagen jedenfalls sehr merkwürdig ist, so erlaube ich mir eine 
nähere Schilderung davon folgen zu lassen, welche ich einer 
gefälligen schriftlichen Mittheilung des Herrn Pfarrdecans Hei- 
denfelder zu Frickenhausen verdanke und wovon nachstehende 
interessante Notizen ein Auszug sind: „Der Frickenhäuser See 
hat vom Pfarrdorfe Frickenhausen aus eine südöstliche Lage, ist 
an seinem Rande kesselförmig von Felsen umschlossen, die sich 
gegen Osten etwa 30°, gegen Nord und Süd 10 bis 20° auf- 
steigend zu Tage legen, während der Fels nach West und Süd- 
West verflacht und von Lehmboden gedeckt von:Frickenhauscn 
her nur einen Zugang gestattet. Der Boden oder die Höhe über 
dem Felsen gegen Osten — dem sogenannten Seeberge — ist 
Kalkboden, steil aufsteigend und trägt auf seiner gegen Westen 
schauenden Stirn den Anfang des mit Eichen und Buchen be- 
wachsenen Wilhelmsholzes. Der Felsen, welcher von Nord-West 
nach Süd-Ost den See einschliesst, ist die Fortsetzung zusam- 
menhängender Felsenhügel, an deren westlichem Anfange das 
Dorf Frickenhausen mehrentheils auf Felsengrund liegt, welche 
Hügel auch hier durch schmale nach aussen erweiterte Thäler 
durchschnitten werden, in welchen die Getreidfelder der Ge- 


Qu 


-meinde liegen. Diese Felsenabhänge — nun kahl — waren 
früher bis etwa vor hundert Jahren Weinberge. Dermalen trägt 
nur der südöstliche Abhang des Seeberges, welcher nach dem 
schönen 3/4 Stunde entfernten Streugrund — gegen Ansleben 
und Mittelstreu zu —- hinabschaut, einige Weinberge Der See, 
welcher in seiner Tiefe früher, wie es scheint, nicht gemessen 
war, wesshalb in dieser Beziehung allerlei Behauptungen auch 
dermalen noch, wie man sie öfters aussprechen hört, bestehen, 
misst auf seiner Oberfläche 4 Morgen 47 Ruthen Frickenhäuser 
Maasses — also nahe an 2'/%, Tagwerke und in die Tiefe 70° bis 
80‘ beim höchsten Wasserstande, indem dieser während des 
Sommers insbesondere in trockenen Jahren um 12° bis 45° zu- 
rücksinkt. Die Tiefe-Messung geschah am 9. September 1820 
bei Gelegenheit des Baues des Schulhauses zu Frickenhausen, 
wobei Maurermeister Joh, Schorn von dort in Begleitung des 
damaligen Kaplans zu Wechterswinkel — dermaligen Pfarrers 
zu Essieben — Herrn Förster auf einem aus Bauholz und 
Brettern gemachten kleinen Flosse in Anwesenheit der Herren 
Dechanten Mauer, Professors Steinbach, Pfarrers Zeissner, 
Baumeister Werner den See befuhr, zur Messung einen 20 
Pfund schweren Stein an einer Schnur einsenkte und bei dort- 
mals sehr zurück gesunkenem Wasserstande an verschiedenen 
Orten auf 60° — theilweise etwas weniger Tiefe fand. Durch 
dieses Befahren mit einem Flosse ist auch die Meinung, die zu- 
weilen ausgesprochen worden, widerlegt, als trage dieses Wasser 
keine Last auf seinem Spiegel. Das Wasserloch scheint nicht 
allenthalben gleichmässig ausgedehnt und mögen die Felsen an 
manchen Stellen mehr vortreten, während sie an andern Stellen 
zurückbleiben, was sich theils durch den dumpfen Schall beim 
Einwerfen schwerer Steine, theils aus den kleinen (kaum einige 
Quer-Finger hoch gehenden) Wellen bei Windstössen abnehmen 
lässt. Ganz gäh senkt sich das Loch in seinem Hintergrunde 
(Ostseite) und gegen die Süd-Westseite hin; an der Nord- und 
West-Seite tritt der Felsen bei geringem Wasserstande 2 bis 3, 
an der Süd-Westseite 6 bis 8 Schritte weit vom Wasser be- 
deckt vor und wachsen an ersterer Stelle auf dem durch Regen 
von Aussen mit einigem Schlamme bedeckten Felsen wenige 
lange Seegräser, während ausserdem am Ufer des See’s keine 


110 


— 


Gräser sich finden. Für die Bestätigung: der Meinung, der. See 
habe,im Innern verschiedene Dimensionen. — je nach den mehr 
oder. weniger vorspringenden Felsen, mag auch. die folgende 
Wahrnehmung sprechen: Am 9. Juni 1832 sank ein auf Urlaub 
befindlicher Gavallerist, der die Pferde eines Bauers zur Tränke 
und Schwemme an der vorderen oder Süd-Westseite des See’s, 
wo. er.6 bis 8 Schritte Ufer innerhalb des Wassers hat, geritten, 
wahrscheinlich beim Wenden der Pferde, wobei das eine der- 
selben zu; weit hinaus trat, sofort in die Tiefe sinkend und das 
zweite ‘Pferd nachziehend, unter. Der Eigenthümer der Pferde, 
in. der Absicht zu Hilfe zu kommen, sprang herbei, suchte noch 
den Zügel ' oder den auf dem Saltelpferde sitzenden Mann zu 
ergreifen, sank aber in demseiben Augenblicke ‚mit. Zwei Tage 
lang gab man sich mit Stangen, Hacken an Stricken u. dgl. alle 
Mühe, von den Versunkenen etwas aufzufinden; jedoch umsonst. 
Nach 52 Tagen hatten sich am Morgen die Pferde mit dem noch 
aufsitzenden, zwischen den Pferden sich hinauslehnenden Reiter 
auf die: Oberfläche genau an dem Platze, wo sie gesunken, ge- 
hoben. _ Der Eigenthümer kam nicht... mehr zum Vorschein. Das 
grössere Gewicht bei grösserem Volumen liess, wie es scheint, 
die Pferde mit dem Daraufsitzenden langsam gerade in die Tiefe 
sinken, während der einzelne Mann durch die. Pferde weiter 
unter (den Felsen-Vorsprung ‚gedrängt und unter demselben fest- 
gehalten wurde. Bemerki dürfte werden, dass Pferde und Mann 
nach 52 Tagen noch ganz frisch aussahen und da die Nase des 
Reiters beim Herausziehen zufällig verletzt wurde, frisch blutete, 
was auf die Kälte des Wassers in der Tiefe möchte schliessen 
lassen, welches also conservirte. Von der Kälte des Wassers, 
das im Sommer am Ufer sich übrigens warm fühlt, zeugt auch, 
wie ‚erzählt wird, die vor 25-30 Jahren, durch einen. Taucher ge- 
machte Eıfahrung, der nur einmal in die Tiefe ging, sich sehr 
über die Kälte des Wassers beklagte und den See für ein un- 
heimliches Loch erklärte, wie er ein solches noch nicht gefun- 
den. Nach einigen Tagen soll der Taucher zu Gemünden ge- 
storben seyn.“ 

„Eine der wichtigeren Fragen bezüglich des See's ist die 
seines Zu- und Abilusses, da derselbe eine bedeutend. hohe 
Lage dem Dorfe gleich hat, über der Erde Wasser ihm nicht 


211 


0 


zufliesst, auch kein Abfluss sichtbar ist, der Zu - und Abfluss 
des Wassers jedenfalls aber stark seyn muss, da das Wasser 
sehr kalt ist und ihm die Eigenschaften eines ruhig stehenden 
Wassers, wie solches die See’'n gewöhnlich haben, abgehen. Die 
Behauptungen über diese Frage, wie solche mehrfach gehört 
werden, sind ungegründet; es lässt sich mit Gewissheit nach- 
weisen, dass die bisher gewöhnlichen Annahmen falsch. sind. 
Bezüglich des Zuflusses wird mehrfach behauptet, dieser komme 
aus der Streu. Diese verliert unterhalb des Sachsen-Weimari- 
schen Städtchens Ostheim — zwischen Ostheim und dem bayri- 
schen Dorfe Stockheim — in ihrem Bette an einer sandigen 
Stelle einen bedeutenden Theil ihres Wassers; man nimmt zu- 
weilen den dritten, zuweilen den vierten Theil an, was aber 
übertrieben ist; man behauptet sofort, die hier sich verlierende 
Wassermasse tränke den See, der vcn da in gerader Richtung 
gegen Süden und in der Tiefe beiläufig eine Stunde vom Platze 
entfernt liegt. Diese Annahme verstösst sich jedoch gegen die 
hydrostatischen Regeln. Der Frickenhäuser-See erhält so wenig 
von dort seinen Zufluss, als er seinen Abfluss an der Lochmühle 
zu Mittelstreu hat, welches letztere wohl der Lage nach möglich 
wäre, aber erweislich der Fall nicht ist. Die genannte Loch- 
mühle liegt gegen Osten vom See hinweg und erhält ihr Wasser 
aus der Richtung des See’s aus einem hohen mit dem Fricken- 
häuser Seeberge in Verbinduag stehenden steilen Felsenberge, 
an dessen Fusse es in der Stärke hervorströmt, dass es nach 
einem: Falle von wenigen Schritten sogleich die Mühle speist. 
Ich behaupte und erweise nach meinen Erfahrungen (fährt Herr 
Pfarrer Heidenfelder in seinem mit grosser Gründlichkeit 
abgefassten Bericht weiter fort), dass die Lochmühle ihr Speise- 
wasser aus der Streu hat, also muthmasslich die hier hervor- 
strömende Wassermasse jene ist, die unterhalb Ostheim im 
Streu- oder Wiesen-Grunde im Flussbette der Streu sich ver- 
liert, denn schon am 26. Juli 1834, dortmal (im ersten Jahre 
meines Hierseyns) schon aufmerksam durch die Behauptungen 
über den Zufluss und Abfluss des See’s, suchte ich, da nach 
dem bekannten grossen und zerstörenden Hochgewitter auf der 
Rhön über Hausen, Fladungen, Leubach &c. von jenem Tage an 
viele Tage lang die Streu leimentrüb floss und eine vielfach 


112 


vermehrte Wassermasse über den Streugrund strömte, über den 
See und die Lochmühle Erfahrungen zu machen. Die Lochmühle 
hatte damals das Wasser nicht allein so trüb, wie es in der 
Streu floss, sondern auch ein stärkeres Wasser, während der 
Frickenhäuser See weder seine Wassermasse noch seine Farbe 
im Geringsten änderte. Dieselbe Erfahrung wiederholte sich seit- 
dem bei starken Regengüssen jedesmal. Jedenfalls steht das 
Wasser der Lochmühle mit der Streu oder dem Streugrunde in 
Verbindung, der See dagegen nicht. Aber - wie bereits be- 
merkt — auch nach den Regeln der Hydrostatik oder des Was- 
serstandes kann der See seinen Zufluss nicht aus der Streu oder 
von dem Senkwasser der Streu unterhalb Ostheim haben, denn 
Frickenhausen mit seinem See liegt gewiss einige hundert Fuss 
höher als der Streugrund bei Ostheim und gesetzt — was je- 
doch nicht anzunehmen ist — der Boden des See’s läge in der 
Fläche Ostheim — beziehungsweise dem Streuflüsschen gleich, 
so ist der Gegendruck der Wassermasse im See so gross, dass 
eine solche Wasserhöhe durch eine in der Ebene zufliessende, 
auch bedeutende Quelle als ganz unmöglich erscheint, da nach 
den Naturgesetzen der Gegendruck der Wassersäule des See’s 
einen Zufluss aus höherer Region voraussetzt, als der See selbst 
ist. Der hochliegende Frickenhäuser See muss demnach sein 
Wasser aus einem Berge haben, der eine Quelle enthält, die 
höher liegt als der See. Welcher der umher zerstreuten, näher 
oder ferner gelegenen Berge jedoch die Quelle enthalten mag, 
lässt sich nicht bestimmen; eben so wenig, wohin der Abfluss 
geht. Jedenfalls ist gewiss, dass der Zufluss und Abfluss gleich 
und bedeutend stark ist; gleich: weil der die Eigenschaften 
eines ruhenden Wassers nicht besitzende, kaltes Quell - Wasser 
enthaltende See nur um so viel im Sommer abnimmt, als die 
Wärme verdampft; bedeutend stark: da das Seewasser ganz 
Quellwasser ist.“ 


(Schluss folgt.) 


Korrefpondenz-Dlatt 
des 
zoologisch-mineralogischen Vereines 
in 


BHRegenshurg. 


Nr, 8. ‘, Jahrgang, 1553. 


Versuch einer Aufzählung 


der 
Fische des Main-Gebietes 
von 
Prof. Dr. Leiblein in Würzburg. 
(Schluss ) 


‚„Uebrigens hat der See nach Uebereinstimmung Aller, die 
ihn, besonders zur Abendzeit, ansehen, in seinem Felsenringe 
düster, ruhig in seiner Tiefe, ein schauerliches, wenigstens un- 
heimliches Gesicht. Daher mögen auch theilweise jene Sagen 
rühren, die vielfach von dem See verbreitet sind, z. B. dass von 
diesem See aus das Frankenland werde überschwemmt und zu 
Grunde gerichtet werden; dass er keine Last auf sich trage, son- 
dern Alles in die Tiefe ziehe; dass er keinen Grund habe und 
mit dem Meere in Verbindung stehe; Fische berge, welche die 
Grösse eines zwölfjährigen Knaben erreichten; dass zuweilen 
ein dumpfes Getöse aus demselben sich hören lasse; in seiner 
Rückwand von Zeit zu Zeit eine Schäferhütte ihre Deichsel aus 
dem Wasser hervorrecke u. dgl. — Gewiss und Erfahrungs-Sache 
ist, dass der See zuweilen dicht dampft, wie ein kochender 
Wasserkessel, worauf sicher innerhalb der nächsten 24 Stunden 
Regen, im Sommer Gewitter folgt. “ 


Für Fische ist der See nach Herrn Pfarrers Heidenfelder 
Beobachtung nicht wohl geeignet wegen der mangelnden Ufer 
und des abgehenden Futters darin; in den ersten Jahren seines 
Dortseyns 1834 - 1836 wurde ihm zwar einigemal die Nachricht 
gebracht, die räthselhaften grossen Meer-Fische, von denen 
schon mehrmals Schuppen sollten abgeschossen worden seyn, 
ohne dass sie litten, liessen sich wieder sehen. Der Herr Pfarrer 


8 


14 


begab sich vom frühen Morgen bis zum späten Abend oftmals 
an den See, ohne jedoch: etwas Ungewöhnliches — einige ganz 
geringe, 3 bis 4 Zoll lange, schmale, unbrauchbare Fischchen 
ausgenommen, von welchen mir aber der Name nicht mitgetheilt 
werden konnte — wahrzunehmen. Zuweilen — auch kauın erst 
vor einem Jahre — wurde dem Herrn Pfarrer gemeldet, dass 
der See wieder tose; derselbe hat jedoch ebenfalls nie einen 
ungewöhnlichen Laut vernommen, auch nicht vor Gewittern, zu 
welcher Zeit die dumpfen Töne von der Rückseite — vom See- 
berge — her laut werden sollten. Ich hoffe, wenn wieder Fisch- 
chen im See gefangen werden, davon zu erhalten, um sie näher 
bestimmen zu können. — Im. Ganzen erinnert der Kessel des 
Frickenhäuser See’s an andere benachbarte Vertiefungen des 
Rhöngebirges, namentlich in der Nähe von Gersfeld an das so- 
genannte Goldloch zwischen der Plerdskuppe und Eube, welche 
Vertiefung offenbar früher eine Krater- Mündung war und eben- 
falls nach Westen offen ist, so wie überhaupt dieser Theil des 
Gebietes bekanntlich der vulcanisch - plutonischen Hebungslinie 
Mitteldeutschlands angehört. Von ähnlicher Unergründlichkeit, 
wie sie beim Frickenhäuser See bemerkt worden, lässt die Ue- 
berlieferung auch die Moore auf der Rhön (das rothe, braune 
und schwarze Moor) seyn. 

Mögen zur Vervollständigung der vaterländischen Naturge- 
schichte bei den ichthyologischen Forschungen in der Rhön auch 
noch die Fulda und Ulster näher berücksichtigt werden, 
welche in ihrem oberen Laufe Bayern angehören, sonst aber 
einen Bestandtheil des Wesergebietes bilden und vielleicht auch 
Eigenthümlichkeiten darbieten. Die Fulda entquillt nördlich von 
Gersfeld auf der kleineren Wasserkuppe des Rhöngebirges, nimmt 
innerhalb Bayern auf ihrem Laufe die von der Eube entsprin- 
gende Lütter und die vom Dammersfelde kommende Schmal- 
nau auf; in Kurhessen verstärkt sie sich zunächst durch den 
Zutritt der Schmalm und Eder und erreicht nach einem 27 
Meilen langen Laufe die Werra, mit der sie bei hannöverisch 
Minden die Weser bildet. — Die Ulster entspringt im Höllen- 
thal bei Wüstensachsen, fliesst gegen Hilders und Tann und 
vereinigt sich 8%, Meilen von ihren Quellen in Kurhessen mit 
der Werra. 


115 


Lassen wir nun die Fische des Maingebietes nach der ge- 
wöhnlichen Eintheilung mit Rücksichtnahme auf die Eigenthüm- 
lichkeiten der Skeletbildung inKnochen- oder Grätenfische 
und Knorpelfische zerfallen, wovon jede Abtheilung zwei 
Ordnungen umfasst, die wieder in nachstehende Familien und 
Gattungen sich gliedern. 


Erste Abtheilung, 
Pisces ossei. Grätenfische oder Knochenfische. 


1. Ordnung. Acanthopterygii. Guv. Stachelflosser. 
1. Familie. Percacei. Barschartige Fische. 
1. Gattung. Perca. L. Barsch. 
1. P. fluviatilis. L. Flussbarsch oder Bärschling, 
Häufig im Main und seinen Nebenflüssen, auch in See’n und 
Teichen, wohl im ganzen Gebiete vorkommend. 


2. Gattung. Acerina. Guv. Kaulbarsch. 
1. 4. vulgaris. Guv. Gemeiner Kaulbarsch. 
(Perca cernua. Gm. L., Goldbarsch, Schroll,.) 

Im Main und dessen Zuflüssen mit hellem Wasser; hält sich 
gerne am Grunde auf. 

Anfrage: Wird Acerina Schraetser. Ag. (Perca 
Schraetser. L.) der Schrätser, welcher im Donau - Ge- 
biete vorkommt; dann die Gattung der Streber — Aspro. 
CGuv. — wovon zwei Arten: 4. vulgaris (Perca asper 
L.) der gemeine Streber oder Streberbarsch und 
A. Zingel(Perca Zingel L.) der Zingel in der Donau 
und einigen Nebenflüssen sich finden, im Maingebiete ganz 
vermisst? Sollte ferner im fraglichen Gebiete auch der 
Hechtbarsch oder Zander, an der Donau Schill, in 
Altbayern auch Amaul genannt — Zucioperca Sandra 
Ag. (Perca Lucioperca. Linn.) gänzlich fehlen ? 

2. Familie. Scleroparei. Panzerwangen. 
1. 8.) Gattung. Cottus. L. Groppe. 
1. C. Gobio. Lin. Kaulkopf. (Koppe. Kropffisch, Kautzenkopf.) 

Im Main, so wie dessen Nebenflüssen und Bächen mit kie- 
sigem Grunde. Verbirgt sich gerne unter Steine. 


8* 


116 


2. (4.) Gattung: iGasterosteus. L. Stichling. 
1.G. aculeatws. Lı @emeiner Stichling, zerfällt «nach 
Cuvier in zwei Arten oder:etwa nur Varietäten ? 
a.G. gymnurus.' Guv.: Glattschwänziger Stich- 
ling. Hier ist .nur die Brustgegend gepanzert. Diese 
Form ist gemein in den Zuflüssen des Mains und kleineren 
Bächen, wenigstens bei Würzburg. 
b.G.trachurus.Cuv. Be schupptsch wänzigerStich- 

"ling. Da sind die Seiten des Leibes bis zum Schwanze 
mit plattenförmigen Schuppen begleitet; findet‘'sich auch 
hier und da im Maingebiete vor. 

Vielleicht kommen bei näherer Untersuchung auch’ noch 
andere von Guvier und Yarell unterschiedene ‚Ueber- 
gangsformen vor, wie 6. semiloricatus der halb- 
gepanzerte Stichling, und G. semiarmatus, 
der halbbe waffneie Stichling? 

2. Ordnung. Malacopterygii. Guv., WarchElonzee E 
1. Gruppe. Abddominales. Bauchflosser. 
Mit Bauchflossen hinter den Brustflossen. — am: Bauche. 
1. (3.) Familie. Salmonei. Lachse. 
1.65.) Gattung. . Salmo. Linn. Guv. Salm. 
1.8. Salar. Linn. Guv. Der Lachs. 

Steigt zur Laichzeit im Frühjahre von der Nordsee aus in 
den Rhein, von da in den Main und soll nach v.Reiders 
und Hahns Z’auna boica bis Bamberg, hinauf gehen, im 
vorigen Jahre wurde bei Gemünden ein ziemlich starker 
gefangen. Das alte Männchen führt auch den Namen Haken- 
lachs; die Jungen werden als Salmlinge bezeichnet. 

2.8. Trutta. Linn. Ag. Lachsforelle oder Seeforelle. 

Steigt ebenfalls zur Laichzeit von.. der Nordsee aus in den 
Rhein, Main und die kleineren Nebenflüsse. 

3. S. Fario. Linn. Gemeine Forelle (Flussforelle , Bach-, 
Stein-, Wald-Forelle). 

In verschiedenen kleineren Flüssen und Bächen des Gebie- 
tes mit klarem, kühlem Wasser, bis in die höheren Wald- 
gebirge hinauf. Eine nähere Aufzählung dieser verschie- 
denen Gewässer, welche besonders Forellen beherbergen, 
wäre sehr wünschenswerth. Nach den Orten des Vor- 


117 


kommens und auch nach dem Alter bieten die Forellen 
manche Abänderungen dar, wovon Schäfer in der Mosel- 
fauna zunächst folgende Formen unterscheidet, die wohl 
auch in unserer Fauna beobachtet werden dürften: 

a. Salmo Salmulus der Engländer. Mit braunen Quer- 
binden auf der Seite und wenigen rothen und schwarzen: 
Punkten, mag der jüngere Fisch seyn... 

b. Salmo sylvaticus. Waldforelle oderSchwarz- 
forelle. . Eine fast schwarze Abart in schattigen Wald- 
bächen des Hochwaldes. | 

c. Weissforelle der Fischer. Eine bleichere und weniger 
gefleckte Varietät, ‚auch meist in Gewässern des Hoch- 
waldes. 


2. (6.), Gattung. » Zhymallus Cuv. Aesche. 
1. 7. vexillifer. Agass. Gemeine Aesche oder Asch. 
(Salmo Thymallus.:Linn., Corregonus Thymallus: Oken.) 
Im Main und manchen Nebenflüssen, sowie in Waldbächen. 
2.'(#:) Familie. Clupeini. Häringe, 
1. (7.) Gattung. Alosa. Cuv. Alse. 
1. 4. vulgaris. Guv. Gemeine Alse. 
(Clupea Alosa. Linn., Maifisch.bei Würzburg, Mutterhäring.) 
Steigt im Frühjahre (im Mai) aus der Nordsee durch den 
Rhein in den Main: hinauf und :wird zuweilen bei Würz- 
burg gefangen, wie dieses auch im laufenden Juhre wie- 
der der Fall war. Er 
Anfrage: Sollte vielleicht mitunter auch losa Finta, 
Cuv., die Finte, welche mit der Alse früher verwechselt 
worden (Clupea Alosa bei Bloch T. 30. F. 1.) im Main 
sich. finden ?. Sie steigt ebenfalls zur Laichzeit von der 
Nurdsee aus in den Rhein und manche Nebenflüsse z. B.: 
in die Mosel und kommt dort nach Schäfers Bemerkung 
in der Regel vier Wochen später an als die Alse. 


3. 65.) Familie. Esocini. «Hechte. 


1. (8.) Gattung. Esox. Lin’ Cuv. Hecht 
1. E. Lucius. Linn. Gemeiner Hecht. 
Im Main und dessen Nebenflüssen,, sowie in See’n und Alt- 
wässern. Jüngere Individuen sind grün, auch unter dem Namen 


118 


Grashecht bekannt. Die Farbe ist überhaupt nach dem Alter 
und Wohnorte verschieden, daher in letzterer Beziehung wohl 
mehrere Varietäten unterschieden werden möchten. 


4. (6.) Familie. Cyprinoidei. Karpfenartige Fische. 
1. (9.) Gattung. Cobitis. Linn. Agass. Bartgrundel. 
1. C. fossilis. Linn. Ag.Schlammbeisser. 
(Wetterfisch, Wettergrundel, Schlammpitzger, Mistgurre, Bissgurre.) 
Im Main, dessen Nebenflüssen, Bächen, sowie in Teichen 
und Wassergräben mit schlammigem Grunde. 
2. C. Barbatula. L. Ag. Gemeine Bartgrundel oder 
Schmerle. 
In den kleineren Flüssen und Bächen des Main-Gebietes mit 
kiesigem, steinigem Grunde und klarem Wasser 


2. (10.) Gattung. 4canthopsis. Agass. Dorngrundel. 
(Cobitis Lin. CGuv.) 
1. A. Taenia. Agass Steinbeisser oder Steinschmerle. 
(Cobitis Taenia. Lin.) 
Im Main, dessen Zuflüssen und Bächen mit steinigem Grunde, 
wo sie sich zwischen den Steinen aufzuhalten pflegen. 


3. (11.) Gattung. Gobio. Rond. Guv. Gründling 
1. G. fluviatilis. Ag. Fluss-Gründling. 
(Cyprinus Gobio. Lin., Flusskresse, Kressling.) 
Im Main, dessen Nebenflüssen und Bächen. Gemein. 


4. (12.) Gattung. Barbus. Rond. Cuv. Heckel. Barbe. 
1. B. fluviatilis. Ag. Flussbarbe. 
(Barbus communis v. Reid.-Hahn, Cyprinus barbus. Linn.) 

Häufig im Main und den Nebenflüssen mit schnellfliessendem 
Wasser und kiesigem Grunde. Wird gegen zwei Fuss lang. 

5. (13.) Gattung. Cyprinus. Rond. Guv. Heckel. Karpfen. 
1. C. Carpio. Linn. Gemeiner Karpfen. (Schuppenkarpfen, 
rauher Karpfen.) 

Im Main hier und da, dann auch Mainkarpfen genannt, wird 
ausserdem als sehr beliebter Speisefisch in vielen Teichen 
des Bezirkes erzogen und gehalten, z.. B. auch bei Würz- 
burg im Stadtgraben vor dem Pleichacher Thore. Man 
hat für die Zucht gewöhnlich dreierlei Teiche: 


119 


41) den Streichteich, in welchen die Streich- oder Laich- 
Karpfen gebracht werden; 

2) den Streckteich, in welchen die einjährigen Jungen 
übertragen werden; 

3) den Salzteich, in welchem die schon mehr herange- 
wachsenen Karpfen bis zur gehörigen Grösse unterhalten 
werden. 

2. C. macrolepidotus. Klein. Spiegelkarpfen. 
(C. specularis. Lacep., C. rex Cyprinorum. Bloch, Karpfenkönig.) 

Ausgezeichnet durch 2 bis 3 Reihen grosser breiter Schuppen 
an den Seiten des Körpers, verliert im späteren Alter die 
Schuppen mitunter wohl auch ganz. — Cyprinus coriaceus, 
Lacep. — Agassiz betrachtet den Spiegelkarpfen nur 
als Varietät der vorigen Art. Cyprin. Carpio ma- 
crolepidotus. Wird hier und da ebenfalls im Main 
getroffen und häufig als Speisekarpfen wieder in Teichen 
erzogen. 

Bemerkung. Auf eine nahe verwandte Art: Cyprinus 
elatus Bonap., den hochrückigen Karpfen, mag 
hier aufmerksam gemacht werden, da er möglicherweise 
im Maingebiete vorkommen könnte. 

Schäfer führt auch in seiner Mosel-Fauna einige Reprä- 
sentanten der Gattung Carpio Heckel, welche sich von 
Cyprinus durch’s Schlundgebiss mit Becherzähnen in zwei 
Reihen, wovon in der innersten Reihe vier stehen, in der 
äussersten Reihe aber jedesmal nur einer sich befindet, 
sohin durch die Formel 1 | 4 — 4 | 1 ausgedrückt unter- 
scheidet, während bei Cyprinus die Schlundkieferzähne 
als Mahlzähne gebildet sind in drei Reihen stehend — 
gemäss der Formel 1 |1|3-3 | 1 | 1 sich verhaltend — 
auf, nämlich: 

C. Regina. Königskarpfen. (Cyprinus Regina Bonap., 
Cyprinus hungaricus. Heckel) und 

C. striatus. Gestreifter Karpfen (Cyprinus striatus 
Holandre.) 

Vielleicht ‘findet sich bei näherer Beobachtung im ausge- 
dehnten Bereiche unserer Fisch-Fauna, welche sehr reich- 


120 


haltige Teich - Wirthschaften ‚enthält, auch die eine oder 
andere Art davon vor? 
6. (1#.) Gattung. Carassius. Heckel. Karausche. 
1, ©. vulgaris. Gemeine Karausche oder Karautsche. 
(Cyprinus Carassius. Linn. Gareisel in Bayern.) 

Kommt nach Gmelin’s Angabe im Main’'vor;, auch erzieht 
man sie hier und da in schlammigen lehmigen Teichen. 

2. C. Gibelio, Gmel. Gibel oder Steinkarautsche: 
(Cyprinus Gibelio Bloch) 

Nach Gmelin ebenfalls im Main, Ahsterdem wieder in See’n 
und Teichen. — Ist nach Eckström und Eschricht 
nicht von C. Carassius Linn. verschieden‘ und durch Mit- 
telformen in sie übergehend, vielleicht nur die entartete 
domestieirte Karausche. 

Bemerkung. Auf Carassius Moles © Heckel, dicke Ka- 
rausche (Cyprinus Moles Agass.), welche in: manchen 
Ländern, z. B. in Belgien, in schlammigen  Teichen in 
Gesellschaft der Karausche. getroffen wird ‚und sich zu- 
nächst durch den dicken Kopf, den etwas niedrigeren 
Rücken und die halbmondförmig ausgeschnittene Schwanz- 
flosse unterscheidet, sei hier wieder aufmerksam; gemacht, 
vielleicht wird sie auch noch im Maingebiete entdeckt? 

3, C. auratus. Goldkarpfen oder Goldfisch. 
(Cyprinus auratus. Linn.) 

Stammt aus China und ist der einzige aus andern Welt- 
theilen nach Europa verpflanzte Fisch, wo er bekannt- 
lich zur Zierde in Teichen, Springbrunnen - Bassins, so 
wie auch in Wassergläsern gehalten wird. Nach dem Alter 
ändern diese Fische ab in der Färbung: im ersten Jahre 
sind sie schwarz, im zweiten mit Silberpunkten schim- 
mernd und erst später bekommen sie eine rothe Farbe. 

7. (15.) Gattung. Rhodeus. Agass. Bitterling. 
1. AR. amarus. Agass. Bitterfisch. 
(Cyprinus amarus Linn.) 

Im Main und dessen Zuflüssen. -—- Ist nach Heckel’s Be- 
obachtung dadurch merkwürdig, dass der Darm 3’/, mal von der 
Länge des Körpers in einen Knaul gewunden erscheint, wie es 
sonst nur bei indischen Fischen vorkommt. 


121 


8. (16.) Gattung.‘ Zinea. Guv. Schleihe: 
1. 7. Chrysitis. Agass. Gemeine. Schleihe. 
(Cyprinus Tinca. Linn.) | 
Im Main und ‚den Nebenflüssen mit. schlammigen, de: 
ausserdem werden die Schleihen: als ‚gute Speisefische 
häufig in.See’n und Teichen gehalten. 


9, (17.) Gattung. Phoxinus. Agass. Ellritze 
1. Ph. laevis. Agass. Ellritze oder Pfrille. 
(Phoxin. varius v. Reid. und Hahn, Zeueisceus Phoxin. 
Cuv., Cyprinus Phosxin. Lin.) 

Im Main und dessen Zuflüssen bis in die Bäche mit klarem 
Wasser, besonders wenn'sie von Erlen beschattet sind. 
Aendert ab in Hinsicht der Farbe nach dem Alter, Ge- 
schlecht und den Jahreszeiten. 


10. (18.) Gattung. Zeüciscus. Rond. Heckel. Weissfisch. 
1. L. rutilus. Cuv. Ag. Rothflosser. 
(Cyprinus rutilus. Lin., Weissorfe, hier und da Rothauge 
genannt.) | | 

In der Pegnitz und dem Main (Dr. Hahn). 

2. L. Orfus. Cuv. Ag. Rothorfe oder rother Orf. 
(Cyprinus Orfus. Lin., Goldnervling.) 

Selten im Main (Gmelin) und der Pegnitz (Dr. Hahn); öfter 

zum Vergnügen in Teichen und grossen Garten- Bassinen. 
3.12. Jeses. Ag. Aland oder Jese (Göse bei Schäfer.) 
(Cyprinus Jeses. Linn., Cyprinus Cephalus. Linn. nach Heckel.) 

Kommt nach Bemerkungen von Gmelin und Nau im Rhein 
vor und dürfte wohl im unteren Main nicht fehlen. 

Ob wohl Z. Aphya. Cuv. Ag. (Cyprinus Aphya), der 
kleine Lauben oder Spierling, welcher im Donau- 
gebiete vorkommt, nicht auch im Main-Bereiche getroffen 
wird? hy 

11. (19.) Gattung. : Squalius. Bonap. Heckel. (Zeuciscus. Cuv.) 
1.8: Dobula. Döbel oder Hässling, 
(Zeuciscus Dobula,..CGuv.: Ag:, Cyprinus. Dabtr hin 
Dickkopf, ‚Schuppfisch bei Würzburg.) . 

Im Main und dessen. Zuflüssen, sogar. in: Bächen, auch in 

Teichen häufig. Gehört zu.den Fischen, die,:.an Stecken 


132 


gebraten, während des Sommers auf dem Markte als Stecken- 
fische verkauft werden. 

2.8. argenteus. Gemeiner Weissfisch oder Lauben. 
(Zeuciscus argenteus, Cuv., Cyprinus Leuciscus, Linn.) 

Häufig im Main und dessen Zuflüssen. 

Bemerkung: In Schäfers Mosel - Fauna ist auch noch 
S. (Leuciscus) dolabratus Hollandre, der Hack- 
beilweissfisch aufgeführt; wolle man wieder darauf 
achten, ob dieser Fisch nicht vielleicht auch im Mainge- 
biete irgendwo vorkommt, da vom Rhein her im Frühjahre 
und Sommer eine Wanderung möglich wäre. 

12. (20.) Gattung. Scardinius. Bonap. Heckel. (Zeucis- 
cus. Guv.) 
1. Sc. erythrophthalmus. Rothauge oder Plötze. 
(Cyprinus erythrophthalmus. Lin., ZLeueisc. erythrophth. 
Cav. Ag.) 

Im Main (Gmelin) und verschiedenen Zuflüssen. 

13. (21.) Gattung. /dus. Heckel. (Leuciscus. Cuv. Agass.) 
1. 7. Idus. Id oder Kühling. 
(Leuciscus Idus, Agass., Cyprinus Idus. Linn.) 

Im Main (jedoch selten nach v. Reider’s und Hahn’s 
Fauna boica). 

14. (22) Gattung. 4spius. Agass. Raapfen. 
(4lburnus. Rond. Heckel.) 
1. 4. Alburnus. Agass. Nestling. 
(Cyprinus Alburnus. Linn., Ukley, Schneidersfischchen bei 
Würzburg.) | 

Häufig im Main und dessen Zuflüssen. Die Schuppen werden 
in manchen Gegenden zur Bereitung der unächten Perlen 
verwendet. 

In Schäfers Mosel-Fauna ist noch als in der Mosel sowie 
ihren Zuflüssen häufig vorkommend und von voranstehen- 
der Art zunächst durch gestreckteren Leib und längeren 
Kopf abweichend 4spius alburnoides Selys auf- 
geführt; auch von Heckel wird noch ein Jspius 
(Alburnus) acutuws unterschieden und es ist wieder 
darauf zu achten ob diese Species etwa nicht ebenfalls 
im Maingebiete vorkommen? 


123 


2. A. bipunetatus. Agass. Alandblecke. 
(Cyprinus bipunctatus. Bloch, Cyprin. Blochii. Nau, Trätsch- 
laube, Schusslaube an der Donau.) 
Im Main und seinen Zuflüssen ; liebt schnellfliessende Stel- 
len mit kiesigem Grunde. — Unterscheidet sich von A. 
alburneus durch seine mehr zusammengedrückte Gestalt 
und durch die Doppelreihe der schwarzen Punkte, welche 
die Seitenlinie begrenzen. 
3. A. vulgaris. Ag. Gemeiner Raapfen. 
(Cyprinus Aspius. Lin., 4spius rupase. Ag. Nervling, 
Schier, Schied. 
Im Rhein und Main nach Gmelin. 


15. (23.) Gattung. Chondrostomus. Ag. Nase, 
1. Ch. Nasus. Ag. Nase. 

(Cyprinus Nasus. Linn., Zeueiscus Nasus. Cuv., Speier bei 
Würzburg, Schnäper, Oesling, heisst auch Schwarzbauch 
wegen der die Bauchhöhle auskleidenden Bauchhaut.) 

Häufig im Main und verschiedenen Zuflüssen. Wird den 

Sommer über viel gefangen und ebenfalls, weil er sich 
nicht längere Zeit aufbewahren lässt, an Stecken gebraten 
auf dem Fischmarkte zu Würzburg als sogenannter Stecken- 
fisch oder Bratfisch verkauft. Die meisten kommen von 
Gemünden her aus der Saal und der Sinn. Mit der Nase 
nahe verwandt und früher damit vereinigt, aber durch 
Agassiz unterschieden, mag hier Chondrostomus 
Rysala Ag., der Nöstling bemerkt werden, welcher 
im Donaugebiete vorkommt; meist silberfarbig, auf dem 
Rücken schwärzlich,, hat röthliche Brust-, Bauch- und 
Afterflossen, graue Rücken- und Schwanz -Flosse, in der 
Rückenflosse finden sich nur 8 Strahlen, während bei der 
Nase in derselben 11 Strahlen vorkommen, auch ist noch 
charakteristisch, dass die obere Kinnlade vorne etwas 
aufwärts gebogen ist Ob wohl bei näherer Beachtung 
diese Species nicht auch im Bereiche der ichthyologischen 
Main-Fauna sich noch vorfinden mag? 


124 


16. (24.) Gattung. Abramis. Guv. Heckel. Brachsen. 
1.'.4. Brama. Cuv. Gemeiner Brachsen oder Brächse. 
(Cyprinus Brama.'L.' Bley, Brisen oder'Bresen 'bei Würz- 
burg.) rt» 
Im Main und den grösseren Nebenflüssen mit: moorigem 
Grunde nicht selten; auch in See’n. 


17. (25.) Gattung. Blicca. Heckel. Güster. 
1. B. (4bramis. Cuv.) Blicca. Heck. Gemeiner Güster. 
(Cyprinus Blicca. Linn., Cyprinus latus. Bloch.) | 
Nach Gmelin im Rhein und Main. 


Bemerkung. Von der Gattung Bliccopsis, ‚Heckel, 
welche durch 3 : 5 — 5 | 3 Greifzähne im Schlundkie- 
fergebisse von Blicca, deren Gebissformel 2 |°—'5f2 
ist und von Jdramis, wo nur einreihige 5--5 Druckzähne 
getroffen werden, verschieden ist, kommt nach Schäfers 
Mosel-Fauna hier und da in der Mosel Cyprinus (Blie- 
copsis) Buggenhagii. Bloch. der Leiter (Cyprinus 
abramo-rutilus. Hollandre) vor und ich fand für gut, auch 
auf diesen Fisch aufmerksam zu machen, der möglicher- 
weise ebenfalls im Main-Gebiete sich finden könnte, durch 
geringere Menge von Schuppen, indem ober der Seiten- 
linie bis zum vorderen Rande der Rückenflosse (die Rücken- 
kante nicht mitgerechnet) nur 8 Reihen getroffen werden, 
während bei 4. Brama 12-14 Reihen und bei Blicca 9 
Reihen getroffen werden, ist er von letzteren verschieden. 

- Von anderen ähnlichen Fischen: Zeueiscus (Scardinius) 
erythrophthalmus, welcher in der Afterflosse 13-15 Strah- 
len besitzt und ZLeueiscus rutilus, wo sich in der After- 
flosse auch'nur 13-14 Strahlen befinden, durch 18 Strahlen 
in der Afterflosse wohl unterscheidbar. 


Pelecus cultratus. Agass. (Chela cultrata. Guv. 
Cyprinus cultratus. Linn ) der Sichling. Dünnbauch oder 
die Ziege, einigermassen den Häringen ähnlich und durch 
auffallende Seitenlinie, indem sie sich hinter dem Kopfe 
plötzlich fast in einen rechten Winkel gebrochen gegen den 
convex geformten, dabei schneidend scharfen Bauch herab- 
steigt und hier in einen grossen Bogen zum Schwanze all- 


125 


mählig hinaufzieht, auch sonst noch dadurch ausgezeichnet, 
dass die Rückenflosse ober der langen mit 30 Strahlen ver- 
sehenen Afterflosse steht, kommt als seltener Fisch zuweilen 
in der l)onau vor ‘und die Zeit mag lehren, ob derselbe 
nicht etwa ebenfalls schon in irgend einem Bezirke des 
Main-Gebietes beobachtet worden. Dem Rhein scheint er 
indessen zu fehlen. Auch führe ıch als problematisch von 
der Familie der welsartigen Fische dıe Gattung Si/u- 

"rus an, wovon $S Glanis. Linn:, der Wels, Waller, 
Scheidel oder Schaidfisch, welcher in der Donau und 
verschiedenen Landsee’n Bayerns sich findet, gemäss der 
Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel 
von 1844 ebenfalls im Rhein bei Basel beobachtet worden, 
und es fragt sich, ob Welse auch sonst schon weiter unten 
im Rhein: getroffen worden, wo es dann möglich wäre, dass 

. sie bei convenirendem Wasserstande als seltene Fische auch 
in den Untermain gelangten. 


2.:Gruppe. Jugulares. Kehlflosser. 
Die Bauchflossen sitzen vor den Brustilossen in der Gegend 
der Kehle. | 
5. (7.) Familie. Gadini..Schellfische.. 
1. (26.) Gattung. Zota. Cuv. Quappe. (Gadus. Linn.) 
1. ZL. vulgaris (s. fluviatilis) Guv. Aalruppe. 
(Gadus Lota. Linn , Aalrutte, Aalquappe, Trusche, Rutte, 
Ruppen.) 

Wohl im ganzen Maingebiete 'in den Flüssen und See’n. 
Vermehrt sich besonders stark, indem man schon in einem 
Weibchen 128000 Eier zählte. In Krebslöchern und der- 
gleichen Vertiefungen versteckt pflegen sie als Raubfische 
auf kleinere Fische und Insekten-Larven zu lauern. 


3. Gruppe. 4podes. Kahlbäuche. 
Die Bauchflessen fehlen hier gänzlich. 
6. (8) Familie. Auguilliformes. Aale. 
1. (27.) Gattung. Muraena. Bloch. Aal. 
1, M. Anguilla. L. Gemeiner Aal oder Flussaal. 
(Anguilla Auviatilis, Cuv.) 
Im Main und träge fliessenden Nebenflüssen, sowie in See’n 


mit schlammigem Grunde. Hält sich am Tage meist im 
Schlamme und in Löchern verborgen und geht Nachts auf 
Nahrung aus, die in kleinen Fischen, Fröschen, Würmern, 
Insektenlarven u. dgl. besteht; verlässt zuweilen auch das 
Wasser und kriecht am Lande herum. 

Schäfer bemerkte im Moselgebiete Aale, wo der‘Kopf 
eben so breit war als der Körper, und der Unterkiefer 
kaum länger als der Oberkiefer erschien, welche Bildung 
ziemlich zur Anguilla latirostris Yarell — dem 
breitrüsseligen Aale passte; wolle. man wieder 
darauf achten, ob nicht diese Form sich etwa auch in der 
fränkischen Fisch-Fauna vorfindet? 


Zweite Abtheilung. 
Pisces cartilaginei. Knorpelfische. 


1.(3.) Ordnung. Branchiostegis. Eleutherobranchii, 
Dachkiemer oder Freikiemer. 
Mit Kiemendeckel und freisitzenden Kiemenblättchen auf 
Bögen. 
1. (9.) Familie. Sturiones. Störe. 
1. (28.) Gattung. Acecipenser. Linn. Stör. 
1. 4. Sturio. Lin. Gemeiner Stör. 

Steigt zur Laichzeit aus der Nordsee in den Rhein und des- 
sen grössere Nebenflüsse, gelangt so zuweilen auch in den Main 
und es wurden — freilich als Seltenheiten — schon Exemplare 
davon bei Würzburg gefangen. Es sind indessen wohl bereits 
über 20 Jahre, dass ‚meines Wissens der letzte dahier getroffen 
wurde. 


2. (4.) Ordnung. Cyelostomi s. Marsipobranchii. 
Rundmäuler oder Beutelkiemer. 
Knorpelfische mit festsitzenden Kiemen in beutelförmigen 

Höhlen, die einzeln durch Oeffnungen münden; ohne Kiemen- 
deckel. Weichen 'von anderen Fischen auch dadurch ab, dass 
das Geruchsorgan unpaarig ist. 

1. (10.) Familie. Petromyzonini Lampreten. 

(Hyperoarti, Müll.) 
1. (29.) Gattung. Petromyzon. L. Dum. Neunauge. 


127 


1. P. marinus. L. Grosse Lamprete. (Steinsäuger, Stein- 
lecker.) 
Steigt im Frühjahre zur Laichzeit von der Nordsee in den 
Rhein, von da in den Main und kommt bis Bamberg, so- 
gar bis Erlangen in der Regnitz hinauf. 


2. P.fluviatilis. L. Flusspricke oder Neunauge. 
Im Main und dessen Zuflüssen. 


3. P. Planeri. Lin. Kleine Pricke. 
In Bächen und Flüssen, die sich in den Rhein und Main 
ergiessen (Gmelin). 


2. (30.) Gattung. Ammocoetes. Dum. Querder. 


1. A. branchialis, Dum. Cuv. Gemeiner Querder. 
(Petromyzon branchialis. Lin.) 


Im Main, der Pegnitz (Dr. Hahn), sowie in andern Neben- 
flüssen und Bächen, wo sich dieser Fisch gerne im Schlamme 
aufhält, 


Gemäss voranstehsnder Zusammenstellung, die als Anhalt- 
punkt für die nähere Erforschung der Fisch - Fauna des Main- 
Gebietes dienen mag, gehören die aufgezählten 44 Arten — 
andere hinsichtlich des Vorkommens nur problematisch vorge- 
merkte Fische nicht gerechnet — in zwei Hauptabtheilungen 
vier Ordnungen, zehn verschiedenen Familien und dreissig Gat- 
tungen an. 


Briefliche Mittheilungen.. 

Der Grund der Verzögerung meines Schreibens liegt in der 
eifrig betriebenen Jagd auf den im Korresp.-Blatte ausgeschrie- 
benen wahrscheinlich nach Westen ausgewanderten Mus rat- 
tus. Pulver' und Blei wurden zwar gespart,; desto mehr ‘aber 
Hunde, Arsenik und Fallen in Mühlen zur Anwendung gebracht. 
Ich muss indess zu meinem Bedauern bekennen, dass sich unter 
wenigstens 100 eingefangenen Ratten ein Mus rattus nicht be- 
fand. Das Signalement im Corresp.-Blatte harmonirt auch heut- 
zutage nicht mehr ganz, ‚insoferne Mus decumanus den Mus 
rattus aus den luftigen Revieren vertrieb, und nun nicht mehr 
blos in Kloaken wohnt, sondern jetzt zum Entsetzen der Wirthe 
und Müller überall in Mühlen und auf Kornböden herumpoltert., 
«Da Mus decumanus in 'seinen neuen Wohnungen die leckerste 
Kost zur Genüge aufgehäuft findet, ‘so verlangt er nicht mehr 
nach Arsenik und Phosphor, so dass hier zu Lande die aber- 
gläubischen Wirthe und Müller allen Ernstes glauben, diese un- 
sauberen Gäste seien.ihnen,.in’s Haus gezaubert, und, frässen, 
als :verhext,. keinen Arsenik und Phosphor mehr. . Dennoch :hoffe 
ich,.. den wirklichen Mus, rattus, noch aufbringen. zu können, da 
mehrere ‚gefragte Müller. und ‚Wirthe, sich ‚nach: dem gegebenen 
Signalement genau desselben erinnern und ihn noch vor nicht 
langer Zeit gesehen haben wollen. 


Oberdorf in Würtemberg 
am 4. Mai 1853. Fr. Sieber, Schulmeister. 


Empfehlung. 


Herr Schrader aus Norddeutschland hält sich seit längerer 
Zeit zum Zwecke naturhistorischer Sammlungen in Griechenland 
auf, und übernimmt Aufträge auf alle zoologischen Gegenstände, 
besonders auf Vögel. Anfragen und Bestellungen beliebe man in 
frankirten Briefen an Herrn Med. Dr. Nieder in Misso- 
lunghi zu richten. 


Korrefpondenz-Dlatt 
des 
zvologisch-mineralogischen Vereines 
in 
Regensburg. 


Nr. 9 1. Jahrgang. 1393. 


Vereinsangelegenheiten. 


Zum korrespondirenden Mitgliede wurde ernannt: 
Herr H. Fr. Richer, vormal. Professor der Rhetorik und Gou- 
verneur des Herzogs von Beaufort Spontin zu Brüssel. 


Als ordentliche Mitglieder wurden aufgenommen; 
Herr Babinger Fr, Med. Dr., k. Militär-Arzt, 
„ Fickel J., Kaufmann, und 
„ Pitzuer G., Apotheker hier. 


Neue Einläufe zu den Sammlungen. 
Bibliothek. 


Verzeichniss der im 3. Quartale 1853 zum Geschenke und im 
Tausche gegen die Vereinsschriften eingegangenen Bücher: 


Bulletin der königl. Akademie der Wissenschaften in München. 
1352. Nr. 1-29. 


Ueber den Ghemismus der Vegetation. Festrede &c. 
von Dr. A. Vogel jun. München 1852. 

Bulletin des iravaux de la Societe libre d’emulation de 
Rouen, pendant l’annee 1850—1851 et 1851—1852. Rouen 
1851. 1852. 


Die Einheit der organischen Natur. Populäre Vorträge 
von Dr. J. G. Fischer. Hamburg 1853. Geschenk des Ver- 
fassers. 


Physiologisch -chemische Untersuchungen über das 
Verhalten einiger organischer Stoffe im menschlichen Or- 
ganismus &c. Inaugural - Dissertation von D. H. Ranke. 
Erlangen 1851, und 


130 


ZurLehre vom thierischen Stoffumsatz von demsel- 
ben. Geschenke des Herrn Dr. Besnard. 

Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Ge- 
sellschaft bei ihrer 36. Versammlung in Glarus. Glarus 1851. 

Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern 
aus den Jahren 1843 bis 1852. Von Nr. 1 bis 56 und 87 
bis. 257. 

Verhandlungen des naturhistorischen Vereines der preussi- 
schen Rheinlande und Westphalens. X. Jahrgang. I. Heft. 
Bogen 1-8. Tafel 1-6. Nebst Correspondenzblatt IV. d.J. 
1852. Bonn 1853. 

Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. Heraus- 
gegeben von dem naturwissenschaftlichen Vereine für Sach- 
sen und Thüringen in Halle. Jahrgang 1853. Januar, 
Februar, März und April. Vom Vereine angeschafft. 

Erster bis dritter Bericht der Oberhessischen Ge- 
sellschaft für Natur- und Heilkunde. Giessen 1847, 1849 
und 1853. 

Württembergische naturwissenschaftliche Jahres- 
hefte. IX. Jahrgang, 2. Heft. Stuttgart 1853. 

Eingeweidewürmer des Dicholophus cristatus, beschrieben 
von Dr. Creplin.. Geschenk des Verfassers. Greifswald 1853. 

Beiträge zur rheinischen Naturgeschichte. Herausgegeben von 
der Gesellschaft zur Beförderung der Naturwissenschaften 
zu Freiburg im Breisgau. 3. Heft. 1853. 

Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. IV. Band. 
4. Heft. August, September u. Oktober 1852. 

Bulletin de la Societe imperiale des Naturalistes des Mos- 
cou. Annde 1352. Nr. J. et I/. Moscou 1852. 

Leitfaden zum Unterricht in der Elementar - Geometrie von 
Dr. J. G. Fischer ın Hamburg. 1. u. 2. Gursus. Hamburg 
1853. Geschenk des Verfassers. 


Zoologische Sammlung. 


Herr Dr. Gemminger in München schenkte einen rein 
weissen Hausmarder, Mustela Foina Briss., welcher im 
vergangenen Winter im. Schlosse Altenburg bei Peiss gefangen 
wurde. 


131 


Die ornithologische Abtheilung wurde neuerdings 
von ihrem bekannten Gönner reichlich bedacht. Herr Graf H. 
VonderMühle schickte an dieselbe ein: 

Otis tarda L. 2. adult., grosse Trappe, ein durch Schön- 
heit und Gelungenheit in der Aufstellung seltenes Thier. 
Wurde bei Erding erlegt; 

Yulpanser tadorna L. &., Fuchsente, 

Oidemia nigra L. &., Trauerente, 

Fuligula marila L. &., Bergente, 

Bernicla brenta Pall, $., Ringelgans, 

Larus glaueus Brünn., Bürgermeister, prächtige Exemplare, 
sämmtlich frisch ausgestopft,; dann 

Accentor alpinus Gm. & , Alpenfluevogel, 

Sturnus unicolor, einfärbiger Staar, 

Calamophilus barbatus Briss., &., Bartmeise, 

Pyrrhula rubicilla Pall., 2, Gimpel, 

Eudromias Morinellus L., Mornellregenpfeiffer, 

Passer salicarius Vieill. S, 

Cuculus canorus L. in schönem Kleide. 


Von dem Herrn Gutsbesitzer Pechtler in Traidendorf er- 
hielt die Sammlung einen ausgezeichnet schönen Schuhu, Zubo 
mazimus d, welchen Herr Hauptmann Baron G. v. Reichlin 
mit seltener Nalurtreue ausstopfte. 


Herr Expeditor Hendschel übergab einen ausgestopften 
Haussperling, Passer domesticus, weissgelleckte Spielart. 


Herr Pelzwaarenhändlier Leu in Augsburg erfreute den 
Verein mit einer Sendung von Reptilien. Diese umfasst zwar 
nur wenige Arten, aber in vielen und sehr instruktiven Exem- 
plaren. So ist ausser Coluber laevis und Natrix vul- 
garis in mehreren Exemplaren, die Kupfernater, Zipera 
Berus L. vom Ei angefangen durch alle Stadien der Entwick- 
lung bis zum ausgewachsenen starken Thiere von beiden Ge- 
schlechtern zahlreich vertreten. 


Auch 4 Fische waren diesem Geschenke als Muster bei- 
gegeben, welche vom Herrn Grandauer in Augsburg nach 
einer ganz neuen Methode ausgestopft sind, und welche sich 

9* 


132 


sehr gut ausnehmen. Herr Grandauer nimmt auf solche ausge- 
stopfte Fische Bestellungen an. 


Der bekannte Zoolog, Herr Dr. Emerich v. Frivaldszky 
in Pesth sandte an den Verein eine Suite von 50 Arten Land- 
und Süsswasser-Gonchylien ein, welche sehr seltene 
Arten von Helix, Bulimus, Clausilia, Cyclostoma, 
Neritina etc. enthält. 


Mineralogische Sammlung. 


Die k. k. geologische Reichsanstalt in Wien hat 
durch Dr. M. Hörnes Sammlungen von Doubletten der Ter- 
tiärpetrefakten des Wienerbeckens zusammenstellen 
lassen, um durch deren Vertheilung an vielen Orten für die 
Kenntniss auch durch Beschauung beizutragen, während die Be- 
schreibung und Herausgabe der Abbildungen gleichfalls fort- 
schreitet. Eine Anzahl dieser Sammlungen ist zur Vertheilung 
an inländische Museen und Unterrichts-Anstalten bestimmt, andere 
werden an ausländische Institute versendet. Die k. k. geologi- 
sche Reichsanstalt hat auch dem zoologisch - mineralogischen 
Vereine eine solche, aus 120 Arten von Tertiärpetrefakten des 
Wienerbeckens bestehende Sammlung zum Geschenke gemacht, 
und um die Uebersicht der Vertheilung der Fundorte selbst in 
dem Tertiärbecken von Wien anschaulicher zu machen, auch 
noch eine Karte mit der Angabe dieser Fundorte beigefügt. 


Herr Professor Dr. Rumpf in Würzburg überschickte ver- 
schiedene Mineralien, darunter Kalkmergel, Titaneisen auf Gneiss, 
Aragonit, Granit von Aschaffenburg, Urkalk von dort, dann Ger- 
villia socialis, Trigonia vulgaris ete. 

Dazu bemerkte der Herr Einsender: „Was das Vorkommen 
des Aragonits betrifft, so kann ich darüber Folgendes mittheilen: 
Derselbe kommt in Höhlungen von gelbem, durch Eisenoxyd- 
hydrat gefärbtem Kalkmergel in farblosen oder blassweingelben 
spiesigen Krystallen, oft bis zu 1“ Grösse unter dem unteren 
Keuper — Dolomit am faulen Berg, 3/4 Stunden von hier vor 
und wurde erst in diesem Winter bei Gelegenheit des für die 
Eisenbahn daselbst gemachten Durchstiches aufgefunden. Leider 
hielten mich meine beiden, täglich zu haltenden Vorlesungen, 


133 
die Kürze der Tage und ausserdem bald tiefer Schnee, bald 
Regenwetter ab, die Fundstätte häufiger zu besuchen, daher nur 


wenige Exemplare in meinen Besitz kamen; die meisten sollen 
nach München geschickt worden seyn. 


In einer tieferen Schichte fanden sich später in grauem 
Mergel plattenförmige Aggregate nadelförmiger Arragonitkrystalle, 
von welchen ich mehr zu sammeln Gelegenheit hatte, daher ich 
auch mehr davon anbieten kann. An manchen Stellen hat sich 
der Arragonit um einzelne Mergelknöllchen oder um papierdünne 
Mergelscheiben sternförmig auskrystallisirt. 


Bezüglich der im Jahrgang 1851 des Corresvondenzblattes 
S. 107 u. f. aufgeführten, der Vereins-Sammlung noch abgehen- 
den Mineralien glaube ich schon früher geschrieben zu haben, 
dass mir Leuzit und Obsidian vom Rhöngebirg, Laumontit von 
Aschaffenburg, Loccolith vom Kupferberg im Baireuthischen nicht 
bekannt sind. Von der Wasserkuppe in der Rhön habe ich üb- 
rigens vor einigen Monaten ein sehr schönes Exemplar von 
Chebesit erhalten. In dem Serpentin von Cottenau in der Gegend 
von Kupferberg im Baireuthischen kommen grössere und klei- 
nere, durch beginnende Verwitterung zuweilen rothe Bronzit- 
knollen vor, die in einem Netz von Asbest- und Serpentin-Adern 
eingeschlossen liegen. Geht die Zusage einer weiteren Zusendung 
davon in Erfüllung, so werde ich der Vereins -Sammlung von 
diesem schönen Vorkommen Exemplare mittheilen. — An dem 
Titaneisen von Aschaffenburg will man mehrere bestimmte Ver- 
bindungen der beiden Bestandtheile aufgefunden haben; ich 
zweifle jedoch zur Zeit noch sehr an der Richtigkeit dieser An- 
gabe &c.‘* 


Von Herrn Apotheker Jos. Pauer jun. in Traunstein folgte 
eine Anzahl Blei- und Galmeierze von dem Rauschenberge, 
und blaue Eisenerde von Traunstein, Ueber das Vorkommen 
der letzteren schreibt Herr Pauer: 


„Unmittelbar hinter unserer Apotheke am Abhang des Stadt- 
berges gegen Süden liegt ein Gärtchen, welches circa 9 Schuh 
tief umgegraben wurde, um den Grund mit Brand - und Bau- 
schutt auszufüllen. Wir freuten uns schon über die Schöne 
schwarze Erde, die lagenweise wie kohliger Moorschlamm aus- 


134 


sah. Doch nach ein paar Tagen Sonnenschein war die umge- 
arbeitete Fläche auf einmal recht schön blau überlaufen. Ich 
untersuchte diese Substanz sogleich näher, und fand meine Ver- 
muthung wirklich bestätigt, dass es nichts anders als wie erdi- 
ges Eısenblau sei. Frisch gegraben ist keine andere Farbe zu 
bemerken, als wie ein durch holzige, kohlige und kalkige Theil- 
chen verunreinigter mergliger Thon im nassen Zustand besitzt, 
nämlich schwarzbraun; eintägiges Liegen an der Luft, zumal bei 
Sonnenschein ist hinreichend, dass jedes Bröckelchen mit tief- 
blauen, mattglänzenden Adern vielfach durchzogen ist, und spä- 
ter der blaue Ueberzug ein mehr erdiges glanzloses Aussehen 
erhält. Ich habe mir mehrere hübsche Exemplare bei Seite ge- 
than, falls sich Einige dafür interessen würden. “ 


Eine kleine Sendung von Mineralien, welche Herr Professor 
Hess in Wunsiedl einschickte, enthielt unter anderem: Kalk- 
tuff von Sinatengrün, Glanzkohle von Zwickau, Eisenkies von 
St. Georgen - Stadt, Quarz von Wunsiedel, Wad von Amberg, 
Dendriten in Speckstein von Göpfersgrün, Pechstein von Plönitz, 
Braunstein und Brauneisenstein von Arzberg, Mandelstein von 
Zwickau &c. 


Die Spechfleingruben von Göpfersgrün 
bei Wunsiedel in Oberfranken 


von 
Fr. Schmidt j., Apotheker.*) 


In dem südöstlichen Theil des Fichtelgebirges, da wo es 
seine Ausläufe nach Böhmen zu in das Egerland schickt, findet 
sich eine halbe Stunde entfernt von dem Dorfe Göpfersgrün, 
Landgerichts Wunsiedel ein ziemlich mächtiges Lager von Speck- 
stein, welches namentlich wegen der dort vorkommenden After- 
krystallbildungen von jeher die Aufmerksamkeit der Mineralogen 
auf sich gezogen. 


Die Gebirgsregion, dem das genannte Lager angehört, ist 
dem azoischen System zuzuzählen und umfasst hier vorzugsweise 


*) mit einer lithographirten Beilage. 


135 


Granit, Gneiss und einen sehr glimmerreichen Urthonschiefer *) 
(mit Chloritschiefer, Grünstein u. a.), welch’ letzteren in seinem 
ganzen Umfange wieder zwei grosse öfters unterbrochene Züge 
eines dolomitischen körnigen Urkalks (Wunsiedler- und Red- 
witzer-Zug) begleiten, die obwohl zwei verschiedenen paralell 
laufenden Thalbildungen eigen, doch als ein ganz gemeinschaft- 
liches Auftreten betrachtet werden müssen. Zu diesem letztge- 
nannten Gestein steht, wie diess schon von verschiedenen Be- 
obachtern erläutert worden, das Vorkommen des Specksteins vor- 
zugsweise in nächster Beziehung. Nicht nur dass, wie bei ähn- 
lichem Auftreten dieses Urkalks in andern Gegenden, kleinere 
Parthieen desselben den letzteren begleiten, finden wir ausser 
dem umfangreicheren Göpfergrüner Vorkommen noch mehr oder 
weniger grössere Nester in demselben, wie unter andern bei 
Thiersheim ein mit dem unsrigen unter gleichen Verhältnissen 
bestehendes Lager schon in frühester Zeit bergmännisch ausge- 
beutet und verschiedene aus dem Stein gefertigte Arbeiten als 
Handelsartikel versendet wurden. **) Die Mächtigkeit unsers 
obengenannten Specksteins wechselt ungemein durch das Lager, 
sie geht von 2 bis 8 Fuss und möchte sich daher im Mittel auf 
6 Fuss angeben lassen, während die Ausdehnung desselben, so 
weit bis jetzt selbiges bekannt und durchforscht ist, im Längen- 
durchschnitt (von West nach Ost) etwa 250 Lachter, im Quer- 
durchschnitt etwa 150 Lachter beträgt. Die Verzweigungen in 
das genannte krystallinische Schiefergestein, zu dessen Terrain 
es gehört, sind vielfach, auch scheinen, wie einzelne Handstücke 
dieses Urthonschiefers bezeigen, theilweise noch weitere Bild- 
ungen dorthin vor sich zu gehen. Wenigstens bemerkt man beim 
näheren Besehen der Gruben ein stetes Wechseln zwischen noch 
wohl erhaltenen oder halbzersetzten metamorphischen Gesteinen, 
(tauben Stein von den Bergleuten genannt) und der vollständig 
gebildeten Specksteinmasse, welch’ erstere den Betrieb ungemein 
erschweren. 
*) Früher als Glimmerschiefer ganz allgemein bezeichnet, welche 
Bedeutung neuerdings und mit Recht nur demjenigen kry- 
stallinischen Schiefergestein zukommt, welches deutlich und 


vorherrschend den Glimmer erkennen lässt; so unterschei- 
den wir auch jetzt Quarzit-, Graphitschiefer u. s. w. 


**) s, Beschreibung des Fichtelberges v. Pachelbel. 1716. 


136 


Sehr interessant ist das seit vielen Jahren nicht mehr zu 
Tage geförderte Vorkommen von Afterbildungen in Form des 
Quarzes und Bitterspaths, sowie auch des Specksteins in trau- 
biger Form. Ueber die muthmassliche Entstehung der ersteren 
Gebilde haben in neuester Zeit Blum und Nauk*) zwei vor- 
treffliche Arbeiten geliefert und da wir in dieser Beziehung auf 
diese selbst verweisen wollen, so sei nur kurz zusammengestellt, 
was Beide namentlich in Bezug auf diese Afterbildungen für An- 
sichten ausgesprochen. Blum schreibt den Prozess einer gegen- 
seitigen Einwirkung des Quarzes und Bitterspaths zu. Der Quarz 


habe, indem er theilweise seine Si abgegeben, Bittererde dafür 
aufgenommen, der Bitterspath dagegen, indem er die dort abge- 


gebene Si aufgenommen, habe seine Cä und C ausgeschieden. 
Da jedoch die vorhandene Magnesia nicht ausgereicht haben 
würde, nimmt Blum noch eine Exhalation derselben bei Bildung 
der in der Nähe sich findenden Augitporphyre (bei Braunersgrün, 
Stemmasgrün u. a.) an, welche sich der Specksteinbildung mit 
zugewendet. 


Nauk dagegen stellt vor Allem den Satz auf, dass die Bild- 
ung des dichten Specksteins sowohl, als der Afterbildungen von 
aussen her dadurch bewerkstelligt wurde, dass Magnesiasilikat 
durch die Tagewasser anderen Gesteinen entzogen wurde und 
dieses magnesiasilikathaltige Wasser, indem es die von ihm 
durchdrungenen Gesteine auflöste, dafür den Speckstein abgesetzt 
habe. Man dürfe sich überhaupt die Gesteine nicht für so un- 
durchdringlich und unzersetzbar denken, als diess gewöhnlich 
geschieht, besonders wenn, wie hier, eine für uns nicht berechen- 
bare Zeit ihren Einfluss ausgeübt und in Wirklichkeit die plu- 
tonischen Gesteine des Terrains eine bedeutende ‚Zersetzung 


erkennen lassen. Indem nun das C haltige atmosphärische Wasser 
auf die vorhandenen Silikate zersetzend einwirkt, wird es letztere 
theilweise lösen und an andern Orten wieder absetzen. Enthielt 
das Wasser Mg Ei so verwandelt es den vorhandenen Urkalk 


in Dolomit, enthielt es Si, so bildeten sich Quarzdrusen, enthielt 


*) Die Pseudomorphosen des Mineralreichs v. Blum. Nauk in 
Poggendorff’s Annalen. 


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Speckstein afterkr istall von Gönfersgrin x 


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137 
es Si Mg, so wurden die vorgefundenen Gesteine, wenn sie der 
Umwandlung fähig waren, in Speckstein umgewandelt. Noch 


wäre eine etwas gedrängtere Deutung, dass das Mg Si haltende 


Wasser diesen Gehalt von Cä En unler Abscheidung von Si als 
Quarz und Opal, gegeben und Dolomit gebildet und wenn sich 


kein CA C mehr zur Umwandlung gefunden, zuletzt die Mg si 
als Speckstein traubig zwischen den Drusenräumen abgesetzt 
und bei längerer Dauer vielleicht beide Substanzen in Speckstein 
verwandelt habe. 


Ich selbst bin theilweise der Ansicht Nauks, indem bei 
näherer Besichtigung des Lagers sich herausstellte, wie zu ver- 
schiedenen Zeiten und unter verschiedenen Umständen die Speck- 
steinbildung stattgefunden und die Tagewasser bald das eine 
bald das andere bringen oder theilweise da und dort noch eine 
Zersetzung vermitteln. Doch möchten wohl. je nach Umständen, 
die Bildungen bald den einen bald den andern Ursachen zuzu- 
schreiben seyn und die Bildungsweise, namentlich der Afterfor- 
men, gar häufig verschiedene Deutungen zulassen. 


Jedenfalls steht die Specksteinbildung in nächster Beziehung 
zu dem vorhandenen dolomitischen Urkalk und es ist sehr wahr- 
scheinlich, dass eine Umwandlung sowohl des Dolomits, als des 
Braunkalks (bei uns schwarzer Kalk genannt), der sehr häufig 
in unsern Kalklagern vorkommt, vor sich gegangen seyn mag. 
Die einzelnen Handstücke beweisen diess durch ihren oft sehr 
deutlichen dolomitischen Bruch, sowie durch die chemische 
Analyse der in der Zersetzung begriffenen Gesteine. Der Speck- 
stein folgt von Göpfersgrün bis Thiersheim genau dem Kalkzuge, 
dessen äusseren Habitus er in so ferne auch theilt, als er gleich- 
wie der Kalk muldenförmig gelagert ist und sein Lager oft 10— 
20 Fuss, oft aber steigend kaum einen Fuss unter der Dammerde 
zu suchen ist. Einzelne Lagen, da we die Specksteinbildung 
vollständig vor sich gegangen und durchaus vollendet ist, liefern 
tadelfreien, nur hie und da mit (Eisen- und Mangan-) Dendriten 
durchzogenen bläulichweissen Stein, der wohl dem Dolomit seine 


Entstehung verdankt (Cä C wird verdrängt, vorhandene Si tritt 


unter Abscheidung von C an die Magnesia). Anders ist diess 


138 


wieder bei anderu obige unterbrechenden Lagen, wo ein mehr- 
faches Gemenge von Specksteinbändern und nicht umgewandelten 
oder in Zersetzung begriffenen Urgesteins sich gegenseitig ab- 
wechselnd durchsetzen und in einander eingreifen. Hier kommen, 
was chemische Constitution, Farbe und äussere Form betrifft, 
die entschiedensten Uebergänge vor, wovon die dunkleren (dun- 
kelgrün, braun), welche seit mehreren Jahren zu Tage gefördert 
werden, dem Braunkalk unter ähnlichen Verhältnissen, wie beim 
Dolomit ihre Entstehung verdanken mögen. Die Bergleute nen- 
nen diese Abart des Specksteins in seinem ganzen Umfange 
„Specksteinmulm “. Besonders hübsch ist das, obwohl seltene 
Vorkommen von traubig aufgesetzten Speckstein in dieser Mulm- 
masse, der wie künstlich aufgelegt, in Nestern sich hier einge- 
setzt hat. 


Der ‚Mulm“ ist weit bröcklicher und von weniger Gonsistenz 
als der Speckstein, fühlt sich auch weniger talkig (fettig) an, 
als dieser. Im Feuer gebrennt wird er von vorherrschendem 
Eisengehalt mehr oder weniger dunkelbraun, spezifisch leichter 
als der Speckstein und wird, gleichwie letzterer, polirt verar- 
beitet und zu Gegenständen mancher Art benützt. 


Von wesentlicher Bedeutung für das Specksteinlager sind 
jedenfalls die, auch den Dolomit in ganz ähnlicher Weise be- 
gleitenden Quarze. Sie finden sich fast in allen Stellen des 
Lagers, oft als schöne reine Bergkrystalldrusen , oft stänglich- 
stachlig oder chocoladenartig, immer von Speckstein eingehüllt 
und theilweise auf das innigste mit demselben verwachsen. Ge- 
wöhnlich ist es der Fall, dass diese Quarze grössere zusam- 
menhängende Nester oder Adern bilden, die meisten aber tragen 
entschiedene Spuren einer äusseren Einwirkung (sog. Zerfressen) 
an sich, die das Einwirken der Tagewasser deutlich bekundet. 


Durch beifolgende Abbildung einer dieser interessanten After- 
bildungen, sowie der trauben- oder nierenförmigen Bildungen 
ist es mir vorzugsweise darum zu thun, dieses Vorkommen in 
weiteren Kreisen bekannt zu geben. Unter den vielen Hand- 
stücken die ich besitze, und die wohl, was die sorgfältige Aus- 
wahl betrifft, in keinem andern Kabinet zu finden seyn möchten, 
befinden sich einige in Quarzform, welche dem Aeussern nach 


139 


vollständig in derartige Bildungen umgewandelt zu seyn schei- 
nen. Der -Beschauer hat eine Krystallgruppe vor sich, die an 
Farbe und Consistenz schon vollständig alle Merkmale des Speck- 
steins an sich trägt, er hat mit einem Wort einen Speckstein- 
krystall in Form des Quarzes vor sich, wie sie ehedem in @. 
so schön sich vorgefunden. Ganz anders wird die Sache, wenn 
wir die Rückseite (unten) unserer Bildung betrachten, Die Masse 
ist unzersetzter Quarzkrystall und wir sehen deutlich, dass hier 
ein allmähliges Einwirken von aussen stattgefunden und dass 
namentlich von einer Ausfüllung leerer Räume, wie man früher, 
unter andern Landgrebe angenommen, gar keine Rede seyn 
kann. Ein noch interessanteres Vorkommen ist das, wie Fig. 1 
zeigt. Das ganze Stück sammt Afterkrystall (in natürlicher Grösse 
gezeichnet) ist vollständig Specksteinmasse. Beim Zerschla- 
gen dieses Steines fiel die Masse auseinander, die eine Seite 
des Krystalls trennte sich der Längenspaltung nach vollständig 
von der andern und gab so das Stück, wie es die Zeichnung 
zeigt. Der innere Raum bei a. ist hohl und es dürfte somit, 
nachdem die andere Masse von aussen her in Speckstein um- 
gewandelt war, die innere unzersetzte Quarzmasse durch Auf- 
lösen hinweggeführt worden sein. Fig. 2 zeigt uns und zwar in 
A. das Vorkommen von traubigem Speckstein. Zwischen den 


jedenfalls schon fertigen- Speckstein hatte sich Si festgesetzt und 
so die traubige Masse umhüllt. Das Stück A ist bei b innig mit 
den convexen Quarzbildungen B bei a verwachsen, ja man 
kann die convexe Specksteinbildung nach Belieben herausnehmen 
und wieder hineinpassen. Gewiss liegt hier der klarste Beweis 
vor, dass die Quarzbildung eine spätere war, da sie die 
Eindrücke von dem Speckstein empfing und annahm. 


Was den Betrieb unsers Lagers betrifft, so greift derselbe, 
wie eine Menge planlos angelegte, nur mit Reifen ausgezimmerte 
Schächte (Raubbau) beweisen, wohl auf mehrere Jahrhunderte 
zurück. Erst der Neuzeit war es vorbehalten, durch regelmässig 
und folgerecht angelegte Bauten das Lager mehr und mehr auf- 
zuschliessen und dadurch einen geregelten und vortheilhaften 
Betrieb herzustellen. 


140 


Die durchschnittliche jährliche Gewinnung kann nach amt- 
licher Mittheilung auf circa 300 Gentner im Jahre angenommen 
werden, obgleich, wie sich wohl von selbst versteht, hier der 
sich findende Absatz massgebend ist. Da es, als die einzige 
Specksteingrube in Bayern, nicht uninteressant seyn dürfte, folgt 
die übersichtliche Gewinnung nach den laufenden Jahren. 


1846/47 536 Ctr. 
1847/48 190, 
1848/49 Mo, 
1849/50 22 
1850/51 639 „ 


Der meiste Export geht nach Wien und Ungarn, wo er, wie 
ich und gewiss nicht mit Unrecht vermuthe, mit dem Abfall des 
Meerschaums zu den sogenannten unächten Meerschaumköpfen 
verarbeitet werden dürfte, doch fängt man auch in hiesiger Ge- 
gend und wie ich höre, im Grösseren in Nürnberg an, denselben 
roh zu drehen und dann gebrannt zu allerlei nützlichen Gegen- 
ständen, wie Schreibzeugen, Briefbeschwerer, Hemdknöpfen u. 
dgl. zu verarbeiten. Die schöne Politur, die derselbe nach dem 
Brennen annimmt, sowie die dendritischen Zeichnungen machen 
ihn zu solchen Gegenständen gewiss recht passend. 


Die chemische Zusammensetzung ist Kieselsäure 65,6. Mag- 
nesia 30,3 und Eisenoxydul 3,6. 


141 


Naturhistorische Notizen aus Griechenland 
von Dr. Nieder in Missolunghi. 


Bis vor Kurzem war der Winkel Griechenlands, in dem ich 
hier eingenistet, so ganz weit ausser dem Bereiche des Zuges 
der Reisenden, dass kaum Jemand daran dachte. Jetzt, oder 
vielmehr in Zukunft, mag das anders werden, denn das heurige 
Jahr hat uns mit einer neuen Reiseroute der österreichischen 
Dampfschiffe bedacht, und so sind wir endlich mehr direkt an 
das Band europäischer Gommunikation angeknüpft. Leider ist 
aber die Lage der Stadt Missolunghi für einen solchen aller- 
wärts so segnenden Fortschritt eben nicht günstig, und an zwei 
Stunden von der eigentlichen Rhede entfernt, können wir wohl 
erst in Folge von Jahren einen segnenden Einfluss gewahr wer- 
den. Eben dieses Eigenthümliche der örtlichen Construktion hat 
die hiesige Stadt gegen andere an der See gelegenen Orte so 
weit zurückgestellt, wenn auch an und für sich der geographische 
Punkt derselben, am Eingange des korinthischen Meerbusens, 
an einer offenen Stelle, von wo aus das ganze Mittelmeer mit 
jedem Winde zugänglich bleibt, für Handel und Rhederei Vor- 
theile besitzt, die weder Patras hat, noch das sonst so schiff- 
reiche Galaxidi. Soll ich Ihnen ein Bild hievon geben, und es 
mag mir das heute darum erlaubt seyn, um eben hieran einige 
für Sie nicht unwerthe .nafurhistorische Notizen anzuknüpfen, so 
bitte ich Sie vor Allem zwei Punkte festzuhalten: die Mündungen 
zweier Flüsse, die in nicht sehr weiter Entfernung von einan- 
der (von kaum 8 Stunden) beide in westlicher Richtung ihre 
Schlamm-Wasser vor dem Eingaug des korinthischen Golfes er- 
giessen, des Zünvos oder Phidaris und des grösseren nördlicheren 
Ayelöos oder Aspropotamos. Beide Flüsse haben ein steiles Ge- 
fäll, haben je nach den Jahreszeiten sehr ungleiche Wassermas- 
sen, üben aber eben durch den eiligen Abfluss zur Regenzeit 
einen mächtigen Stoss auf ihre kieseligen und sandigen Bette 
und treiben, oft in 24 Stunden an- und abschwellend, sehr be- 
deutende Massen Detritus der hinterliegenden Gebirge in das 
Meer. Zwischen den Mündungen beider Flüsse, denen am Evnvos 
die steile Gebirgswand des Berges Chalkis, jetzt Barasobo, 


142 


am Achelous die felsigen Inselchen der Skrophaden als seitliche 
Dammwände dienen, hat: sich nun im Verlaufe der Jahrhunderte 
das Becken des Meeres in nicht unbedeutender Ausdehnung so 
weit ausgefüllt, dass hin und wieder die seichteren Stellen kaum 
1 Fuss Wasser zeigen, während die tieferen kaum zwei, drei oder 
vier Fuss Tiefe halten. Gegen diese bewegende Macht des 
Festen gegen das Flüssige, die in einem nicht unschwer zu be- 
rechnenden Zeitraume von Jahrtausenden den Eingang zum ko- 
rinthischen Golf zwischen dem Cap Papa und Missolunghi, oder 
besser bezeichnet dem arakynthischen Höhenzug hinter demsel- 
ben, abzuschliessen, und den Golf von Corinth zu einen Bin- 
nensee zu machen droht, ist nun eine Reaction der S$dllaoo« 
selbst nicht undeutlich sichtbar, da wo unter dem Finfluss und 
der Wucht der hier besonders fühlbaren Südwest-Stürme sich 
von Mündung zu Mündung beider Flüsse ein wallartiger Damm 
gebildet hat, der von geringer Breite und von geringer, aber 
ungleicher Höhe die hinter ihm liegenden seichten Wasser oder 
Lagunen gegen das tiefere Meer abschliesst, und nur an wenigen 
Stellen demselben und seinen Bewohnern einen zeitweisen Zu- 
tritt gestattet. In den Untiefen hinter diesem Wall haben sich 
durch ungleiche örtliche Absätze des Detritus, durch neue An- 
sätze auf den lichteren Stellen mit Hilfe von Muscheln und einer 
dichten Salsolavegetation, eine unzählige Menge kleiner flacher 
Inselchen gebildet, die je nach der Jahreszeit bald ganz oder 
leicht unter Wasser stehen, bald trocken liegen und wie für den 
Absatz des Seesalzes so für den Bau festen trockenen Bodens 
den Crystallisationsboden darstellen. So hat andererseits die 
Natur selbst die Marken gezeichnet für die ausgedehnten Fische- 
reıen Missolunghis, die jährlich eine Ausbeute von beiläufig 
1 Million venetianischer Pfunde an Fischen liefern, und diese 
selbst gäben schon einen nicht uninteressanten Gegenstand für 
Untersuchungen, an denen sich ein naturhistorisches Interesse 
nicht verkennen lässt. Mit den Mitteln aber, die mir an Zeit 
und namentlich an Büchern geboten sind, kann hierin leider nur 
wenig geboten werden und ich kann für’s erste nichts weiter 
als die Thatsache anführen, dass denn doch die Fische, so eigent- 
lich den Betrieb hier ausmachen, nur mit sehr wenigen Gat- 
tungen genommen sind, dass mugilcephalas, 3 oder 4 Arten 


143 


Sparus. Aale, Labrak die grösseren Heerden bilden, und dass 
nur selten andere Sorten sich unter die benannten verlieren. 
Die gewöhnliche Sepia offieinalis und octopodia sind einzige 
Repräsentanten einer andern Thierabtheilung, so wie von Muscheln 
und Seeschnecken sich ebenfalls nur 1 oder 2 Arten auf dem 
allenthalben einförmigen Lagunenschlamme finden. Andere Gat- 
tungen der Thierwelt des Salzwassers sind hier ebenso einfach 
repräsentirt, und ich glaube, Sie werden schon oben aus der 
gegebenen Zeichnung des im Ganzen einförmigen Baues der 
Lagunen auch den einfachen Haushalt einer ‚hiesigen Fauna 
maritima entnommen haben. 

Ueber den Wassern, in der Luft, da mag wohl ein anderer 
Geist herrschen, und wenn ich in dieser Sphäre eine weitere 
Aussicht über die llöhen der nächsten Berge nach den Seeen 
von Anatolien und Acarnanien heranziehe, so mag wohl hier 
mancherlei in reicher Fülle fliegen und schweben, worüber ich 
gerne Ihre Neugierde befriedigen möchte, wären nur meine eige- 
nen Flügel nicht zu schwach, um hier dem Adler in seinen Horst 
zu folgen, dort den Pelekan bei seinem stummen Fischfang zu 
belauschen, oder über so manches Andere zu berichten, was da 
leibt und lebt. Eines nur ist mir bis jetzt möglich geworden, 
was einen Ihrer mir angedeuteten Wünsche befriedigen soll, 
Sie sollen mit nächster Gelegenheit einen der hiesigen lang- 
weiligen Fischfänger erhalten, einen Pelekan, der für Ihre Ge- 
sellschaft bereit liegt. Der Pelekan ist wirklich hier ein ganz 
gewöhnlicher Standvogel, der auf den ausgedehnten Fischereien 
wohl seinen reichsten Futterkasten hat, und denselben für seine 
junge Brut ganz in der Nähe bedarf, da diese Thiere eine nicht 
geringe Zahl und Last Fische, kleine Seekrabben und allerlei 
Lagunengewürm verzehren. Ich habe seit Jahren zu wieder- 
holtem Male diesen Vogel unter meinem anatomischen Messer 
gehabt, und hin und wieder über die eigenthümliche Gonstruktion 
einzelner Organe sei es oberflächliche, sei es aufmerksame Be- 
obachtungen angestellt. Manche Sagen scheinen nicht ohne Be- 
deutung, so die von dem Mangel einer eigentlichen Zunge, da 
‚dieses Organ kaum durch einen kleinen knopfartigen Aufsatz, 
der an dem osthyreoideum angeheftet, nur leicht ın den Schlund- 
sack hereinragt, angedeulet ist; andere Sagen, die den Vogel 


124 


zu einem Emblem von zärtlicher elterlicher Sorgfalt gestempelt, 
finden ihre Erklärung in dem Bau seines Sackes, aus dem er 
die Nahrung seinen Jungen hervorschüttet. Nur Eine Erscheinung 
schien mir bei eigener Beobachtung besonders bemerkenswerth 
für poetische Naturen: — ich habe den Vogel weinen gesehen. 
Sie lachen, aber duch sah ich denselben weinen und zwar, wenn 
Sie wollen, in Folge eines physiologischen Experimentes. Es 
ward mir nämlich einmal ein lebender Pelekan gebracht, und um 
denselben nicht einer weitern Marter und blutigen Verletzung 
auszusetzen, machte ich mit einem feinen spitzen Scalpelle einen 
Einstich zwischen dem Hinterhaupt und ersten Wirbel in das 
verlängerte Mark, und sah alsbald beide Augen des Pelekan sich 
mit reichlichen Thränen füllen. Welche die empfindliche Nerven- 
partie, die eine solche Reaction hervorrief? — konnte ich da- 
mals leider nicht näher untersuchen, nur so viel weiss ich, dass 
mir bei mehrmals wiederholten gleichen Einstichen ein ähnlicher 
Erfolg nie wieder begegnete. Dass der Vogel für seine Lebens- 
weise, die bei seinem Fischfang den Kopf fast immer unter 
Wasser hält, eines reichen Zuflusses von Thränen bedürfe, ist 
leicht erklärbar, über die Quantität des Bedarfes aber sei es 
mir erlaubt, auf eine Analogieberechnung hinzuweisen, die sich 
ergeben könnte, wenn man das Gewicht der Thränendrüse des 
Pelekans mit der menschlichen Thränendrüse vergleicht. Ich 
selbst habe die Thränendrüse des Einen Auges bei einem jüngst 
untersuchten Vogel gegen 28 Gran Med: Gew. gefunden, während 
Krause 11 Gran für die obere und 3°, Gran für die untere, 
also 11?/, Gran für die des erwachsenen Menschen angibt &c. 


Korrefpondenz-Dlatt 
des 
zoologisch-mineralogischen Vereines 
in 
Regensburg. 


Nr. 10, 1. Jahrgang, 1853. 


Verzeichniss 


der in der Oberpfalz vorkommenden Mineralien, 
von €. W. Gümbel. 


Nachstehendes Verzeichniss will keinen Anspruch auf Voll- 
ständigkeit machen, es soll vielmehr nur dazu führen, nach und 
nach die möglichste Vervollständigung zu erzielen. Es sammeln 
in der Oberpfalz so viele Kenner und Freunde der Mineralogie 
vereinzelt, ohne dass von ihren Funden etwas Weiteres bekannt 
wurde; erst wenn dieses Vereinzelte mit einander verbunden 
wird, kann sich mit der Zeit ein Ganzes zusammenfinden. Diese 
erste Aufzählung oberpfälzischer Mineralien soll gleichsam den 
Anstoss dazu geben, bisher nur dem einzelnen Sammler bekannte 
Mineralien und Fundörter dem Verzeichniss hinzuzufügen, und 
der Verfasser glaubt im Interesse der Wissenschaft sich die 
Bitte erlauben zu dürfen, dass die Freunde der Mineralogie von 
den ihnen bekannten hier nicht aufgeführten Mineralien sowie 
von neuen Fundörtern in der Oberpfalz der Redaktion des Cor- 
respondenz - Blattes des zoolog.- mineral. Vereins in Regensburg 
Mittheilung machen möchten. Diese wird die Mittheilungen als 
Ergänzung gegenwärtigen Verzeichnisses mit Dank annehmen 
und bekannt machen. 


1) Albit, als Gemengtheil der meisten Hornbiendegesteine, 
Wildenreut bei Erbendorf, bei Neustadt, Püchersreut, Floss, 
Albesried, Kaimling, Vohenstrauss &c. 

2) Amphibol a) als Tremolit im Urkalk bei Waltershof, 
Kalkhäusl, Dechantsees. 

b) als Strahlstein mit Talk verwachsen, in der Umgegend 

von Erbendorf, bei Pingarten, bei Floss und Haupersreut. 
10 


146 


e) als Hornblende häufig im ganzen Gebiet, als Gemeng- 


theil der Syenitgranite, im Hornblendeschiefer , Amphibolit, 
seltner auskrystallisirt, im Hornblendeschiefer von Kloben- 
reut. 


d) als Asbest selten im Hornblendeschiefer bei Wildenreut, 


3) 


als sog. Bergkork am Gleisingerfels bei Fichtelberg. 


Andalusit a) röthlich bis grau gefärbt, krystallisirt 
von Glimmerblättchen theilweise umhüllt, im Glimmerschiefer 
am Hedelberg, oberhalb Wernersreut; am Düllen längst der 
Landesgrenze, oberhalb Altmugl, dann bei Reutlas und Man- 
zenberg unfern Redwitz, im Gneiss von Herzogau; im Phyllit 
am Forkashof bei Waldsassen. . 


b) perlgrau bis schwärzlich in undeutlichen Kry- 


stallen, putzenförmig, meist theilweise zersetzt; in 
der Zone des Uebergangs von Phyllit in Glimmerschiefer; 
Neualbenreut, Poxdorf, Allerheiligen bei Wernersreut, Korn- 
mühl, Leonberg, Lehenbühl &c. und sonst häufig; 


c) staurolithähnlich im Glimmerschiefer bei Ernestgrün, 


4) 


5) 


6) 


1) 


Wernersreut, Rosall. 


Aragonit krystallinisch, in den Blasenräumen der Basalt- 
mandelsteine um Grossschlattengrün, Steingeröll bei Wald- 
sassen, Grossbüchelberg, am Techelberg,, stänglich auf Jura- 
kalk am Wolfstein bei Neumarkt. 


Arsenkies im (uarz eingesprengt, bei Hofkössein, bei 
Fahrmannsreut und am Kapellenberg in Pleistein. 


Augit als Gemengtheil in den Basalten; in losen schönen 
Krystallen im Basalttuff bei Boden und Altalbenreut. 


Baryt a) b) als Gangart, krystallisirt und derb auf dem 
Bleierzgang am Silberanger bei Krbendorf, bei Weiding, 
Schwarzenfeld, Hartenricht ; als alleinige Gangausfüllung im 
Krystallgranit bei Rockenstein; 


c) stänglich auf dem Bleierzgang bei Altfalter; 


d) strahlig-fasrig in kugligen Concretionen des obersten Lias- 


8) 


mergel am Galgenberg bei Amberg. 


Beryll, gemeiner krystallisirt auf einem Pegmatitgang an 
der Sägmühle bei Tirschenreut, bei Schwarzenbach. 


147 


9) Berylicaolin aus der Zersetzung des Beryll hervorge- 
gangener Beryllerdehaltiger Thon von der Sägmühle bei Tir- 
schenreut. 

10) Bleicarbonat a) krystallisirt und b) erdig auf Klüften 
und putzenförmig im Keuper bei Freihung, Gux bei Tanz- 
fleck, Bleiloch am Eichelberg bei Wöllau unfern Pressat; 
Netzenberg bei Grafenwöhr, auf Bleierzgängen bei Erbendorf. 


11) Bleiglanz a) krystallisirt Bleierzgang am Silberanger bei 
Erbendorf, bei Krondorf, Weiding, Altfalter, Schwarzenfeld, 
Voitsberg, als Bleischweif bei Erbendorf. 

b) Mulmig in Putzen der Keupersandsteinschichten Rosenthal 
bei Grafenwöhr, bei Freihung, Bleiseysach. Als Versteine- 
rungsmittel von Holzstücken im Keuper bei Wöllau, am 
Eichelberg, bei Grafenwöhr. 


12) Bolus. Am Glasberg bei Waldsassen angeblich (v. Flurl 
p. 395.) 


13) Brauneisenstein a) Gangförmig mit Quarz. Gleissinger- 
fels bei Fichtelberg. 


b) Auf Klüften mit Urkalk: Waltershof, Pullenreut, Neusorg. 
Im Quarzitschiefer am Teichelrang, bei Zirkenreut, Aign, 
dann bei Höfen unfern Tirschenreut, Ottobad, Scherr- 
reut, Mitteldorf. Auf Flötzen im Eisensandstein bei Thum- 
bach, Thurndorf, Sassenreuth, Langenbruck, Auerbach, Pap- 
penberg, Gr. Schönbrunn, Luezbach, Amberg, Krumbach, 
Engelsdorf, Altenricht, Gärmersdorf, Haidweiher, dann bei 
Pingarten, Buch und Egelsried. Im unteren Liassandstein 
bei Thürn, Hoffeld und Mögsendorf. In der Kreideformation 
an sehr vielen Punkten, aber nie mächtige und anhaltende 
Erzlagerstätte bildend, z. B. am Benkhof bei Amberg, bei 
Kümmersbruck; in dem Grubenschlag bei Thannheim, bei 
Seylohe, bei Pottenstetten, am Fischerberg bei Traidendorf, 
bei Leonberg, im Pointer- und Frauenforst, auf dem Schwa- 
belweiser Berg, bei Kneiting, Seiden-Plantage bei Regens- 
burg. 

c) Stänglich thonig: Grube Neusorg, Buch (Nadelerz.) 


d) Oolith bei Buch sog. Soolerz. 
10* 


148 


14) Braunkohle a) erdig mit bituminösem Holz untermengt, 
Sattlerin bei Fuchsmühl, Zottenwies, Baierhof bei Erbendorf, 
Fürstenhof bei Amberg, Haselmühl, Au, Thannheim, Frohn- 
berg, Weiding, Gäggelbach, Kronstetten, Wackersdorf, Sau- 
forst, Kumpfmühl, Abbach, Lintach. 

b) Gagatähnlich bei Kneiting, mulmig (sog. Cölner Umbra) Kö- 
nigstein, Fürstenhof. 

c) anthrazitisch, holzkohlenähnlich, zugleich mit der erdigen 
und mit dem bituminösen Holz. 


15) Braunspath, knollenförmig in Flötzlagen des Rothliegen- 
den, St. Felix bei Neustadt a.W., Edeldorf, Irchenried bei 
Weiden. 


16) Bronzit: im Serpentin eingesprengt bei Waldau; Winklarn. 


17) Bucholzit: häufig im Glimmerschiefer am Hedelberg, Dül- 
len; im Dichroitgneiss bei Pemfling, Schorndorf unfern Cham. 


18) Chiastolith a) in grossen Krystallen im Phyllit bei Gros- 
sensees, Rothenberg, Kornmühl, Fuchsmühl, Friedenfels, 
Wetzldorf, Siegritz; im Glimmerschiefer bei Tirschenreut. 

b) Grün, durchscheinend in Lydit bei Voitenthann, Güttern, 
Friedenfels. | 


19) Chlorit a) wesentlicher Bestandtheil des Chloritschiefers 
bei Erbendorf, Neustadt a.W., Floss; Gemengtheil im Phyllit 
(Urthonschiefer) der Waldsasser Gegend, ausgeschieden in 
Blättchen an den Quarzlinsen des Phyllits; im Gneiss häufig 
den Glimmer vertretend. 

b) — talkig grünliche Schuppen im Gneiss — bei Erbendorf, 
Neustadt, Weiden, Nahburg, Neukirchen - Balbini, durchs 
ganze Gebiet bis nach Cham, seltner im Granit bei Nitte- 
nau, Hirschling, Wörth. 

c) talkig. in Concretionen bei Ebnath, Schönkirch. 

d) mit Quarz, Schwefelkies führende Lager bildend: Mühlbühl 
bei Tirschenreut, Wendermühl bei Bärnau. 

20) Ghloropal: (Nontronit, Pinguit) auf Klüften sehr häufig im 
Gneiss und Granitgebiet, besonders schön am Fischhof bei 
Tirschenreut, in der Schwefelgasse bei Ebnath, bei Floss. 


149 


241) Chrysolith (Olivin) in putzenförmigen Massen ausgeschie- 
den überall im Basalt der Oberpfalz, besonders schön bei 
Herzogöd und Hohenhard. 


22) Chrysotil in aderförmigen Trümmern den Serpentin durch- 
ziehend, überall mit dem Serpenlin vorkommend. 


23) Goerulescit (phosphorsaures Eisenoxydulhydrat, erdig 
weiss (ursprünglicher Zustand des Eisenblau’s) Torfmoor 
bei Weiden. 


24) Golumbit: auf einem Pegmatitgang an der Sägmühle bei 
Tirschenreut. E 


25) Graurit (Grüneisenerz) mit Arsenkies auf dem Quarzlager 
in Pleistein, Haidweiher bei Amberg. 


26) Diallage: mit Hornblende und Albit bei Erbendorf, Neu- 
stadt a. W. 


27) Dichroit: in Phyllit bei Redwitz, in Dichroitgneiss bei 
Herzogau, regelmässige Einmengung des Gneisses bei Cham. 


28) Disthen: mit Granat und Magnetkies in der Schmirgelgrube 
bei Wildenreut, bei Woppenried, Albesried und Ottenried, 
im Glimmerschiefer sehr zersetzt, bei Wondrebhammer; im 
Gneiss und Granulit überall, besonders am Ahornberg, Tilly- 
schanze, bei Dölsch, Kirchendemenreuth, an der Hahnen- 
mühl, mitunter blau gefärbt. 


29) Eisenspath mit Urkalk, sog. Weisserz bei Waltershof, 
Pullenreuth, Neusorg; in Quarzitschiefer am Schwarzenberg 
oberhalb Aign; im Gneiss fein eingesprengt am Erzwinkel 
bei Waidhaus, bei Burkartsried und Thomasgschies; mit 
Raseneisenerz bei Kleinsterz. 

30) Eisenvitriol: sekundäres Erzeugniss durch Zersetzung 
von Schwefelkies herausblühend : Braunkohlengebirg auf der 
Sattlerin bei Zottenwies, Wackersdorf, Sauforst, Abbach; 
mit Magnetkies bei Wildenreut, im Liasthon bei Aschach 
unfern Amberg; im Keuperletten bei Roding. 

31) Epidot: a) häufig auf Klüften im Syenit und Hornblende- 
gestein, besonders schön in Leugas, bei Floss, Wildenau 
und Neustadt a. W., seltner im Granit bei Redwitz, Falken- 
berg, Schlatteinerbrück. 


150 


b) Mit Quarz derb verwachsen im Epidosit bei Plössberg, 
Dürnkonreut, Iglersreut. ’ 
c) Mit Feldspath und Granat ein Gestein bildend bei Auerberg. 


32) Flussspath: a) auf Bleierzgängen bei Krondorf, Altfalter, 
Schwarzenfeld, dann bei Hartenricht mit Schwerspath; auf 
mächtigen Gängen am Welsenberg, bei Bach unfern Donau- 
stauf; in Granit eingewachsen Kirchberg bei‘ Fichtelberg, 
dann bei Guttenberg und Pleistein ; in Porphyr von Pingarten. 

b) Als dichter Flussspath: am Welsenberg, 
c) Als Flusserde: ebendort. 


33) Gelberde: Egelsee bei Amberg, bei Thurndorf, Thumbach, 
Espermühl, Maygraben und Reichenbach ; am Haidweiher, 
bei Traidendorf. 


34) Glaubersalz: aus den Mineralquellen auf Torf als Efflores- 
cenz. Torflager bei Ottobad, bei Egglasgrün, Schönhaid. 


35) Glauconit: in feinen Körnern das Gestein färbend in den 
meisten Schichten des oberpfälzischen Kreidebeckens, be- 
sonders gehäuft in dem untersten Grünsandstein. 


36) Gold: a) fein eingesprengt im Quarzitschiefer des Burg- 
holzes und auf der Kalmreut bei Neualbenreut ; 
b) in Seifenhügeln bei Mähring, Neualbenreut, Burgtreswitz, 
Gaissheim, Schönsee, Dieterskirchen, Waldhäuser, Pullen- 
ried, Steinbach bei Erbendorf. 


37) Granat: (Thoneisengranat) selten im Phyllit bei Pechtners- 
reut, sehr häufig im Glimmerschiefer und Gneiss, meist un- 
durchsichtig in grossen Krystallen am schwarzen Teich bei 
der Kornmühle; durchsichtig am Granatfelsen des Düllen, 
als Almandin, ebenso meistentheils im Dichroitgneiss um 
Cham; im Hornblendegestein fast überall zumeist zersetzt, 
erdig, oft in grossen Krystallen, bei Wildenreut, sehr häufig 
immer deutlich krystallisirt, oft zersetzt im Granulit durch 
das ganze Gebiet. 


38) Graphit: sehr häufig im Phyllit, das Gestein färbend, un- 
rein ganze Schichten desselben bildend; in Schuppen an 
den Quarzlinsen ausgeschieden ; ebenso im Glimmerschiefer, 
seltner in Gneiss; besonders mächtiges Lager unreinen Gra- 


151 


phits bei Gr. Klenau; mit Gangquarzit bei Plössberg, Wil- 
denau, Gössen, beim Wampenhof &e. 


39) Gyps. Im Braunkohlengebirg überall mit der Braunkohle 
vorkommend, im Glaukonitmergel bei Roding, im obersten 
Liasmergel bei Amberg, Schwandorf; im Keuperletten bei 
Roding. 

40) Hausmannit: mit Manganit und Pyrolusit in einem Quarz- 
conglomerat bei Schachten, Mammersreut, Grün unfern Wald- 
sassen. 

41) Kakoxen: Arzberg bei Amberg. 


42a) Kaliglimmer: Bestandtheil des Glimmerschiefers, des 
Gneisses und der meisten Granite, meist zugleich mit Mag- 
nesienglimmer; an Quarzlinsen oft in grossen Parthieen aus- 
geschieden; besonders schön in grossen Blättern und bis 
in’s Feinkörnige übergehend im Pegmatit von Tirschenreut, 
Schwarzenbach, Wildenau, Waidhaus, dann bei Muglhof, 
Letzau, Wernberg, Nabburg, Bernhardswald, Wörth, biumig 
blättrig im Granit am Mühlbühl bei Tirschenreut, bei Flos- 
senbürg, Heldweinreut, bei Falkenberg. 

42b) Kalkspath siehe am Schluss. 

43) Kaolin: a) Zersetzungsprodukt vom Feldspath: Schwefel- 
gasse bei Ebnath, bei Kleinbüchelberg, Netzstall; bei Wond- 
reb, Tirschenreut, Marchaney, Griesbach, dann bei Dien- 
dorf, Oberöd und Jägerhaus bei Bach; 

b) im Keuperfeldspathsandstein bei Tanzfleck, Hirschau, Schnai- 
tenbach, Neunaigen, Keilberg. 

44) Kupferkies: Grube St. Nicolaus bei Mähring, am Schwar- 
zenberg oberhalb Aign; auf dem Bleierzgang bei Erbendorf. 

45) Kupferlasur: Bei St. Nicolaus. 

46) Lazulith: eingesprengt im Granulit am Arnstein und Kram- 
berg bei Waldmünchen. 

47) Lithionglimmer: Selten im grobkörnigen Granit bei 
Weiden. 

48) Magnesiaglimmer: Mit dem Kaliglimmer vergesellschaf- 


tet; vorherrschend im Syenitgranit und den Hornblendege- 
steinen; im Syenitgranit oft in grossen Tafeln bei Gruss- 


152 


konreut, Reisach, Goldbrunn, Michelsberg, Woppmannsdorf; 
im Gneiss bei Wöllersdorf, im Porphyr von Schadenreut; 
ausgezeichnet im Basalttuff bei Boden 


49) Magneteisen: a) in kleinen Kryställchen eingesprengt im 


Phyllit und Quarzitschiefer überall, wo letztere vorkommen, 
dabei häufig in Rotheisenstein umgewandelt; in schönen 
grossen Krystallen im Chloritschiefer von Erbendorf; 


b) derb in Adern, zuweilen Chromhaltig den Serpentin durch- 


schwärmend im Föhrenbühl bei Erbendorf; 


c) fasrig mit Chrysotil gemengt bei Erbendorf, Floss, Hau- 


persreut; 


d) schaalig mit Brauneisenstein im Gneiss bei Scherreut; 
e) krystallisirt und in krystallinischen Massen putzenförmig 


50) 


51) 


52) 
53) 


vorkommend im sog. Soolerz der Bucher Zeche bei Boden- 
wöhr. 


Magnetkies: derb mit Granaten auf der sog. Schmirgel- 
grube bei Wildenreut, fein eingesprengt im Syenit und Horn- 
blendeschiefer bei Brand, Kirchendemenreut, Neustadt a. W. 


Malachit: alte Grube am Schwarzenberg oberhalb Aign, 
am Silberanger bei Erbendorf, auf Chloritschiefer bei Grötschen- 
reut, dann bei St. Nicolaus unfern Mähring. 


Manganit: s. Hausmannit. 


Markasit (Strahlkies) im Braunkohlenschiefer häufig; im 
obersten Liasthon bei Amberg, im Keuperletten bei Roding. 


54) Myelin (Talksteinmark) selten im Pfahlquarz Brunn bei Cham. 


55) Oligoklas mit Orthoklas zumeist vergesellschaftet, in vie- 


56) 


57) 


len Graniten des Gebiets. 


Onkosin: nahestehend ein blassgrünes ‚Mineral, welches 
mit Eisenglimmer in einem eigenthümlichen Granit am Gleis- 
singerfels, dann ohne Eisenglimmer häufig als Gemengtheil 
dieses Granites sich findet; so bei Ebnath, Plössberg, Lie- 
benstein &c. (Protogyn). 


Opal: a) als Hydrophan auf Klüften im Serpentin von 
Erbendorf; 


b) als Kieselsin ter Braunkohlenflötz von Wackersdorf; 


153 


'e) als Halbopal in den Braunkohlenflötzen der Zottenwies, 


d) 


bei Baierhof und Wackersdorf, in der Kreideformation, in 
Höhlungen bei der Seidenplantage, bei Wutzelhofen; 


als Cacholong häufig auf Klüften des sog. Tripels von 
Amberg, oft buntes Farbenspiel zeigend bei Amberg, Pit- 
tersberg, Schwandorf, Burglengenfeld, Kalsing, bei Regens- 
burg, Abbach; 


e) als Tripel von Amberg ein lockeres sehr leichtes kie- 


f) 


58) 


b) 


selig thoniges Gestein, welches ein mächliges und weil- 
verbreitetes Glied der Kreideformation bildet, von Amberg 
durch das ganze Kreidebecken; 


als Kieselguhr mit Braunkohlenschiefer unrein bei Ober- 
teich, Baierhof unfern Thumsenreut, Gruben im Sauforst. 


Orthoklas: a) vorherrschender Gemengtheil im Krystall- 
granit, im Gneiss und Granulit, dann im Pegmatit, Protogyn 
und Porphyr, schöne Zwillingskrystalle bei Fichtelberg, in 
Porphyr von der Almesbachmühl bei Weiden; tafelförmige 
Krystalle im Krystallgranit durch das ganze Gebiet, in gros- 
sen gelblichen Massen in Pegmatitgängen bei Tirschenreut, 
Schwarzenbach, Wildenau, Waidhaus; röthlich gefärbt bei 
Weiden (Muglhof, Irchenried\, bei Regenstauf, Hautzenstein, 
Wörth; 

grünlichgrau, halb durchsichtig, häufig im Gneiss bei Tir- 


schenreut, Waldmünchen, besonders im Dichroitgneiss bei 
Cham. 


59) Ottrelit: meist in Glimmer umgewandelt, porphyrartig 


eingesprengt in einer eigenthümlichen Abänderung des Phyl- 
lits (Ottrelitschiefer) bei Grünberg, Ebnath, Schwarzenreut 
bis in die Gegend von Wunsiedel. 


60) Phosphorit: Flötzweise und knollenförmig im Liegenden 


von Braunkohlenflötzen auf der Sattlerin bei Fuchsmühl und 
Zottenwies, auf der Oberfläche zerstreut auf dem Egelsee- 
Acker am Arzberg und am Galgenberg bei Amberg. 


Pinit im Porphyr bei Regenstauf, Leonberg; ein ähnliches 
Mineral im Dichroitgneiss bei Cham, oft einem Kern von 
Dichroit umschliessend. 


62) 


63) 


64) 


65) 


66) 


154 


Psilomelan auf Klüften als dünner Ueberzug oder traubig 
bei Schachten, Poxdorf, Höfen, Poppenreut; auf Quarzgängen 
bei Lonsitz, im Pfahlquarz bei Wilting; mit Eisenerz auf 
der Schindelloh (Zottenwies). 

Pyrit (Schwefelkies) eingesprengt im Quarz: Gleissinger- 
fels bei Fichtelberg, bei Neudorf, Lonsitz, Pleistein; häufig 
im Quarzitschiefer bei Waldsassen und Hornblendegestein 
durch’s Gebiet; auf Erzgängen am Schwarzenberg, am Sil- 
beranger, bei St. Nicolaus; in einem chloritisch quarzigen 
Schiefer am Mühlbühl bei Tirschenreuth, bei Griesbach und 
silberhaltig bei der Wenderermühl. 


Pyrolusit mit Hausmannit und Manganit, dann mit Eisen- 
erzen bei Pechofen. 

Pyromorphit (Grünbleierz z. Th.) auf Bleierzgängen bei 
Krondorf, Weiding, Altfalter, Schwarzenfeld, dann bei Freihung. 


Quarza) als Bergkrystall selten in den Quarzgängen, 
häufiger auf Kluftlächen in Phyllit und Quarzitschiefer, so 
wasserhell und gross bei Zirkenreut; gelb gefärbt als Citrin 
bei Ebnath, am Buchbrunnen bei Waldsassen, am Mühlbühl 
bei Tirschenreuth, in Granit bei Falkenberg. 


b) Gemeiner Quarz auf zahlreichen Gängen im Granitge- 


biet, in Lagen und Linsen im Phyllit, Glimmerschiefer und 
Gneiss; oft in büschlich strahligen Krystallmassen, oder 
milchweiss undurchsichtig derb auf den Quarzgängen (Neu- 
dorf. Konnersreut bei Waldsassen, Beudl, Plössberg, Stern- 
stein, Gössen, Waldau, Weissenstein), hier meist mit ge- 
färbten und unreinen Parthien verwachsen; stark gefärbt, 
oft roth und grünlich im Pfahlquarz (Gulchberg bei Ames- 
grub, Hirschberg, Schwärzerberg, Thierlstein, Loch bei 
Zandt) &c.; durchscheinend rauchgrau gefärbt im Krystall- 
granit, auf Pegmatitgängen, selten in Gneiss, im Quarz von 
Pleistein ; 


c) als Amethyst undurchsichtig auf Klüften bei Schachten, 


Bauhof bei Rötz, bei Strahlfeld; 


d) Rosenquarz auf Pegmatitgängen an der Sägmühle bei 


Tirschenreut, in linsenförmigen Ausscheidungen des Gneis- 


155 


ses bei Fraunreut, Dieppersreut, Laub; im Quarz von Plei- 
stein ; 

e) als Eisenkiesel in der Eisenerzgrube am Teichelrang, 
Arzberg bei Amberg, ganze Flötzschichten im Keuper bil- 
dend von bunter Färbung, Achatähnlich so weit der Keuper 
reicht, besonders schön und häufig bei Atzmannsberg, Gra- 
fenwöhr und Hirschau; unrein auf Gangklüften im Granit 
bei Freudenberg, Welsenberg, Regenstauf bis. Wörth; 

f) Hornstein zerstreut und lagerweise im  Jurakalk und 
Dolomit sehr häufig; ebenso als CGoncretionen in verschie- 
denen Lagen der Kreidegebilde, durch das Gebiet; zersetzt, 
erdig, weiss und zerreiblich in manchen Dolomiten bei 
Kelheim, Kalmünz, Laber. Als Concretion im Liassandstein 
vom Keilberg. 

g) als Kieselschiefer ein Glied der Phyllitformation bei 
Leonberg, Dobrigau, Voitenthann, Wiesau; im Gneiss bei 
Spielberg; 

h) als Jaspis mıt gemeinem (Quarz und Eisenkiesel streifig- 
gefärbte Massen bildend bei Adelmannstein bis gegen Bach; 
grünlich gefärbt auf Gangklüften des Porphyrs bei Schaden- 
reut; in bunter Färbung als Achat, ebendaselbst und in 
Porphyr von Lenau und Aign; 

i) als Basaltjaspis (verglaster Mergel und Sandstein) im 
Basalt von Parkstein. 

67) Raseneisenstein: Bei Pechofen, Kleinsterz, Zottenwies, 
Sattlerin, Grünau unfern Wernberg, bei Roding unfern Burg- 
lengenfeld, bei Chammünster. 

68) Rautenspath (Dolomitspath) a) krystallisirt in Dolomit, der 
Juraformation, zuweilen in knollenförmigen Räumen (Rosen- 
berg &c.) überall, im Urkalk bei Waltershof. 

b) krystallinisch als Dolomit in der Juraformation und mit dem 
Urkalk bei Waltershof. 

69) Retinit: Auf Rissen des bituminösen Holzes in den Braun- 
kohlengruben von Sauforst. 

70) Rotheisenerz a) als Eisenglimmer in Granit einge- 
sprengt und auf Quarzgängen, Gleissingerfels bei Fichtelberg, 
bei Mühlbühl, Reichenbach, Lonsitz, Schönkirch , Plössberg; 
im Epidosit bei Krähenhaus, Dürnkonreut, mit Flussspath 
am Welsenberg; 


156 


b) als Rotheisenerz; erdig und derb im Ganzen selten; 

_ mit Brauneisenerz bei Pingarten, Buch und Eglsried; am 
Rothenberg bei Fichtelberg, dann knollig bei Zimmering, 
Unterlintach und Grub nächst Roding; 

c) oolithisch im untern Lias des Keilberg’s bei Regensburg; 

d) als Sandeisenstein am Traubenberg bei Roding. 


71) Rothgüldigerz: mit Bleierzen am Silberanger bei Erben- 
dorf (vormals). 


72) Rutil (Nigrin) abgerollte Krystalle in den Bächen bei 
Hohenthann, frische Krystalle in einem Acker daselbst. 


73) Schwarzkohle: im Rothliegenden bei Erbendorf in 
ganz schwachen Flötzen, ebenso bei Edelhof und am Te- 
gernheimerkeller, anthrazitisch fasrig bei Irchenried; 

im Keuper in abgerissenen schwachen Flötzen, und treib- 
holzähnlich zerstreut im Sandstein eingelagert bei Schönreut, 
Köglitz, Atzmannsberg, Altparkstein, Dölsch; dann bei Tax- 
söldern, Pingarten und an der sog. Alaunsiederei bei Roding; 
im Lias als Treibholz eingelagert bei Amberg. 


74) Serizit: ein ähnliches Mineral bildet einen Gemengtheil 
des Phyllits, zeigt sich in Schüppchen an den Quarzlinsen 
und im Quarzitschiefer ausgeschieden bei Waldsassen. 


75) Serpentin a) edler bei Erbendorf, Floss und Hauperts- 

reut; : 

b) gemeiner und Pikrolith um Erbendorf, bei Thumsen- 

reut, Wildenau, Hermannsreut, Floss, Haupertsreut, Wal- 

dau, Schönsee, Winklarn, Feistelberg bei Wernberg, Guten- 

fürst, Burghardsberg, Niedermurach, St. Walburg, bei Rackau, 

Denglarn, Kaulweiherhäuser, Esslarn und bei Ried unfern 
Cham ; bei Donaustauf. 


76) Silber in Bleiglanz am Silberanger bei Erbendorf;, in 
Schwefelkies bei der Wendernmühl. 


77) Steatit (Speckstein) auf Basalt bei Grossschlattengrün, 
auf der Sattlerin, pseudomorph nach Schörl an der Sägmühle 
bei Tirschenreut, nach Feldspath bei Leonberg. 


157 


78) Talk mit Serpentin dicht bei Erbendorf und Wildenau, als 
Talkschiefer bei Erbendorf, Pingarten und Wetzelsdorf; im 
Granit bei Schönkirch, mit Quarz verwachsen bei Floss und 
Pleistein. 


79) Talkspath (Magnesitspath) im Talkschiefer und Serpentin 
bei Erbendorf und Wildenau. 


80) Thon a) als Alaunschiefer (von Schwefelkies durch- 
drungene thonige Schiefer) in dem Braunkohlengebirg bei 
Zottenwies, Baierhof, Sauforst; im Keuper bei Roding; 


b) als Brandschiefer, d. h. bituminöse Schiefer im Roth- 
liegenden bei Erbendorf, in Lias bei Krondorf, Krickeldorf 
zunächst Hirschau, bei Aschach; 


c) als feuerfester Thon bei Stullen, Schwarzenfeld, Neu- 
sorg, Ehenfeld; 


d) als Töpferthon an sehr vielen Orten in diluvialen und 
alluvialen Gebilden, vorzügliche bei Pressat, bei Tirschen- 
reuth, bei Schönhaid &c.; 


e) als Zieglerlehm an sehr vielen Orten; 


f) als Löss ein sehr verbreitetes Diluvialgebilde im Donau- 
thal und den zunächst anstossenden Gebirgsbuchten. 


81) Titaneisen: Mit Quarz im Glimmerschiefer am Düllen bei 
Neualbenreut und in Granit bei Hofkössein. 


82) Titanit: häufig im Syenitgranit bei Redwitz, Kl. Klenau, 
Reisach, Rossbach, Woppmannsdorf; bei Zell. 


83) Torf: in sehr mächtigen und ausgedehnten Lagern beson- 
ders in der nördlichen Oberpfalz, um Weiden, Mantel, Gra- 
fenwöhr, Vilseck. 


84) Turmalin: (Schörl) selten in Schichten des Phyllit’s bei 
Neualbenreut, bei Tirschnitz; häufiger im Glimmerschiefer 
und Gneiss, im letzteren stellenweise Schörlgneiss bildend 
bei Wildenau, bei Sternstein, häufig in den Quarzlinsen mit- 
ausgeschieden (Altmugl, Tirschenreut &c.), in gewissen Va- 
rietäten des Granulits ebenso selbstständig wie der Granat 


158 


(Schörlgranulit), eine Gangspalte ausfüllend am Mühlbühl 
bei Tirschenreuth; häufig in allen Ganggraniten, im Pegma- 
tit von Tirschenreut, bei Wondreb, Kl. Konreut, durchs ganze 
Gebiet, selten im Krystallgranit bei Liebenstein, dagegen 
häufig in mittelfeinkörnigen Graniten östlich von Tirschen- 
reut, bei Weiden, Hirschling &c.; in Rotheisenstein und 
grünen Speckstein umgewandelt, im Pegmatit an der Säg- 
mühle bei Tirschenreut. 

85) Uranit: auf dem Pegmatitgang an der Sägmühle bei Tir- 
schenreut, in dem Flussspath am Welsenberg. 

86) Vesuvian (Egeran) krystallisirt mit Quarz am Mühlbühl 
bei Tirschenreut; am Fuchsberg bei Pleistein, derb mit 
Quarz verwachsen im Gneissgebiet, bei Tirschenreut, Er- 
bendorf, Stökarn bei Rötz. 

87) Vivianit krystallisirt: Arzberg bei Amberg; erdig im Quarz 
bei Pleistein, im Torf bei Weiden. 

88) Wad: Mit Mangan- und Eisenerzen bei Waltershof, Neusorg, 
auf Pfahlquarz bei Wilting. 

89) Wawellit: Alte Kupfer- und Eisenerz-Grube am Schwar- 
zenberg oberhalb Aign; in den Eisenerzgruben von Amberg. 
90) Zinkblende: mit Blei- und Kupfererzen am Silberanger 
bei Erbendorf, Keinz an der Pfreimdt, im Quarz von Pleistein. 
91) Zinnerz eingesprengt im Gneiss im Seifenhügel bei Fich- 
telberg. 

92) Zinnober: angeblich am St. Felix-Berg bei Neustadt a.W. 
(s.. v. Flurl p. 377.) 


42b) Kalkspath.a) krystallisirt häufig in Drusen und auf Klüf- 
ten der Jura- und Kreide-Kalkgebilde; selten im Muschel- 
kalk bei Stadt Kemnath; im Urkalk bei Redwitz, Waltershof, 
Wappenöst, Burggrub; 

b) krystallinisch körnig im Urkalk bei Redwitz, Waltershof, 
Kalkhäusl, Neusorg, Ebnat, Wappenöst, Burggrub und Not- 
tersdorf; in der Kreideformation bei Regensburg; 

c) krystallinisch stänglich und fasrig auf Klüften des Jurakalk, 
in seinen Höhlen (Osterloch, Thierloch) ; 

d) dicht als Muschel- und Jura-Kalk ; in Flötzlagen der Kreide- 
formation; 

e) erdig (Bergmilch) auf Klüften bei Lappersdorf, Regendorf, 
am Schutzfelsen bei Regensburg. 


159 


Aussereuropäische Schmetterlinge. 


Da die Liebhaberei der Schmetterlingssammler sich nun auch 
in Deutschland nach und nach den Aussereuropäern zuwendet, 
und es die Hauptklage der Sammler ist, ihre Arten nicht be- 
stimmen zu können, so halte ich es für passend, einen Versuch 
zur Abhilfe dieses Uebelstandes zu machen. Zu diesem Zwecke 
biete ich eine Anzahl Arten, deren richtige Bestimmung 
verbürgt wird, zum Kaufe oder Tausche an und erbiete mich 
alle mir franco zugesendeten Exoten in der Art zu bestimmen, 
dass ich von 2 oder 3 Exemplaren gleicher Art —, oder von 6 
‚Exemplaren verschiedener Art je eines für mich behalte. 

Die Nummern 1 bis 4 unmittelbar nach dem Namen der an- 
gı botenen Arten bezeichnen die Qualität der Exemplare in der 
Art, dass 1: ganz tadellose, 2: ziemlich gut erhaltene, 3: ziem- 
lich stark beschädigte, doch in Ermangelung besserer in Samm- 
lungen aufnehmbare; 4: so stark beschädigte Exemplare sind, 
dass sie nur zur Erkennung der Art, keinenfalls zur Auf- 
nahme in Sammlungen taugen. 

Die Nummern am Ende der Zeile bezeichnen die Preise der 
Exemplare erster Qualität in der Art, dass 1: 15 kr.; — 
2: 24 kr.; — 3: 30 kr.; — 4: 42 kr.,;— 5:4 fl.; — 6:1 fl. 30 kr.; 
— 7:2 fl. u. s. f. bedeutet; die Exemplare zweiter Qualität 
kosten die Hälfte; jene dritter das Viertheil; jene vierter das 
Achttheil dieser Preise, so dass z. B. Pap. alphenor, welcher in 
erster Qualität 2 fl. kosten würde, in dritter Qualität nur 30 kr. 
kostet. 


Papilio. protodamas God. | nicippe Cr. 1. 3. 
alphenor Cr. 3. 7. 3% 4. | Anthocharis. 
teorlus b.T. 2. 1. 1,.Zeptatts. sara Bd. 1. 6. 
turnus L. 2 5. | nemesis Ltr. mas. Amphichlora. 
macleayanus Le- 4.2. 8. | amphinome 1. 2. 
ach 2. A A feronia 1. 2.3. 1. 
agamemnonL.3. 8. | pyrrha F. 1. 3. 1. | ferentina 2.3. 2. 
sarpedonL. 2.3. 5. | buniae H. 1. 2, 1. | Peridromia. 
marcellus Bd. 3. 5. | elodia Bd. 3. 1 | arethusa 1. 4. 
protesilaus L. 1. %. | margarita H. 4. 1. | Danais. 
torquatinusEsp.1.4. | molpadia H. 4. 41. | archippe 1. 3. 
polycaon Cr. 3. 5 | anguitia God. 3. 1. | gilippe 1. 3. 8: 
iphitus H. 3. 9. I monuste L. 2.3. °2. | plexippe 3. 8. 
asterias Dr. 2... 9. \1Colt1a® | megalippe: 2. 3. 3. 
thoas L. 2. 3. 4. | eurytheme Bd.1. 3. | Euploea. 
agavus Dr. 1. 4. \ Callidryas. alopia 4. 5. 
dardanus F. 1. 5. | argante F.mas.4. 5. | mulciber 2. 4. 5. 
tullus Gr. 1. #> || trite 1. 3 5. | Heliconia. 
echelus H. 1. 4. | marcellina F. 4. 4. | aede 1. 5. 
zacynthus F. 1. 6. | Terias. phyllis 1.2.3.4. 1. 
anchisiades Esp. 4. | albula Cr. 1. 1..| melpomene 1.34. 1. 
philenor L. 4. 3. ; senegalensisBd.1.1. | /ysimnia 1. r. 
polydamas L. 3. 5. ' hecabe L. 1. 1. | thamar 2. 4. E 
archidamas Bd. 3.7. lina Bd. 1. I. ' eucrate 1, 1: 


ricini %, 
doris 3. 
antiocha 4. 
reckia 1. 4. 
nesaea 4. 
eurymedia 4. 
dero H. 2 4. 
diaphana H. 1.3. 
phoeno H. 4. 
eurytea 4. 
coeno Bd. 1. 
Acraea. 


thalia L. 2. 4. 1. 
hylonome Dbl. 1. 4. 


Eueides. 
aliphera God 4. 1 
Iybia F. 4. 1 
merzaui H. 3. 2 
Colaenis. 

julia F. 1. 4. 2. 
phaerusa L. 2. 4. 
dido L. 1. 3 
Cethosia. 
penthesilea Cr. 4. 4 
Agraubis. 

Juno Cr. 2, 


moneta H. 3. } 
Euptoieta Dbl. 
claudia Cr. 4. 
Atella. 

phalanta Dr. 4. 3. 
Argynnis. 


4. 
vanillae L. 3. #4. 4. 
5 
3 


callippe Bd.foem. 1.5. 


zerene Bd. 1. 6 
Melitaea. 
caledonia Bd.2. 5. 
pulla Bd. 1. 3. 
pulchella Bd. 1. 2 
editha Bd. 1. 4 
liriope Cr. 2 4. 1 
Eresia. 

nauplia L. 4. 2, 
janthe F. 4. 1 
Eurema. 


zabulina God. 4. 3. 
lethe F. 4. 2, 


Regensburg im Juli 1853. 


Berichtigung. 


SDBDAPESAEFN 


160 


Yanessa. 
charonia God. 4. 5. 
Pyrameis 
huntera F. 1 4. 
leachiana Somm. 2.3. 
Junonia. 
coenia 1. 
almana 4. 
asterie 1. 4. 
ocyale 1: 
lavinia 3. 4. 
genofeva 1. 
laomedia 2. 
iphita Cr. mas. 2. 
ida Cr. foem. 3. 
Cynthia. 
arsinoe F. 3. 
Anartia. 
Jjatrophae L. 2. 
amatheaL.2 4. 
Myscelia. 
orsis Dr. 1.4. 3 
naeris Bd. 2. 6. 
orphise Cr. 3. 4. 4. 
% 
3 


D> go gu So po SO go w 


en 


in un 
. . 


Ravilla God. 3. 
Ectima.liriaf.3.3. 
Haematera. 
pyramus Dr. 4. 4. 
Eubagis. 
postverta Cr. 4. 3. 
Callicore. 
elymena 1. 3. 2. 
Catagramma. 
hydaspes F.4 4. 


euriclea 1. 6. 
Gynaecia. 

dirce L. 1. re 
Pyrrhogyra. 
neaerea L. 4. 3 


Morpheis. 
ehrenbergü H. 3. 5. 
Cyrestis. 
recaranus Westw. 
(hylas H ) 3. 4. 5. 
Timetes. 
zerynthia H. 1. 6. 
corinna Ltr. 1. 6 


themistocles F.%. 5. 
Juturna Mz.1. 7. 
Yictorina. 


stelenes L. 3 GP 

Neptis. 

matutaH. Verz.1.5. 

Athyma. 

leucotho&L. (erosine 
H.) Ind. 4. 3: 


Limenitis. 
procris F. 3. 3. 
lorguinü Bd. 1. 7._ 
eulalia Bd. 1. @ 
Heterochroa. 
plesaure H. 4. 4. 
eythereaL 3. %. 1 
Diadema. 

bolina L. 2.4. 4; 
lasianassa F. mas. 


. 4. 

„7 femsidnab: 
Symphaedra. 
aeropus L. 4. 5. 
Smyrna. 
blomfieldia F. 3. 6. 
Prepona. 
amphimachusE. 4.6. 
Aganisthos. 
orion F. 1. 4. 4. 
Sphinx. 
lichenea 1. 4 
florestan 1. 4 
carolina 1. > 
ello 1. 3. 
Saturnia, 
aurota 1. 6 
luna 2. 8 
canellae 1. h) 
Lasiocampa. 


principalis 1. 6. 
ducalis 1. 6. 
cacicus 1. 7 


Adelocephala. 
chrysocanthe 1. 
cadmus d&. 1. 
„ 2. 1. 
rubicunda. 
(Fortsetzung folgt.) 


u 


Dr. Herrich-Schäffer. 


Im Korr.-Bl. Nr. 9. S. 138 Z. 25 muss es 
statt stänglich-stachlig oder chocoladenartig heissen: stänglich- 
strahlig oder chalzedonartig. 


Korrefpondenz-Blatt 


des 
zoologisch-mineralogischen Vereines 
in 
Regensburg. 
Nr. 11. <. Jahrgang, 1533. 


Nachträge zu den drei Aufsätzen 


über den 
Bären, Wolf und Luchs. 


a) Ursus arctos L. 


Niederbayern. 1795 hat der Revierförster Georg Forster 
zu Zwisler Waldhaus am Hühnerkobel einen Bären erlegt, der 
einen Zeniner schwer war. 

Schwaben. In dem auf dem Pfarrkirchenplatze zu Oberst- 
dorf, Landgerichts Sonthofen, stehenden Hause des Kaufmanns 
Claudius Vogler ist ein Bär abgemalt. In den 1690er Jahren 
wurde nämlich in dem Gersttruberthale an einem Samstage ein 
Bär geschossen, welcher Sonntags darauf an dem über dem Erd- 
geschosse jenes Hauses befindlich gewesenen Umgange (Altane) 
an den hintern Branten aufgehangen wurde, um ihn dem Volke 
zu zeigen. Dieser Bär soll eine ungewöhnliche Grösse gehabt 
haben, so dass seine Vorderbranten vom Umgange herab die 
Strasse berührt haben. Auch soll er der letzte von den in dem 
Oberstdorfer Bezirke erlegten Bären gewesen seyn und ver- 
muthlich der nämliche, von welchem sich die Nachricht erhalten 
hat, dass er an dem am Fusse des Berges Kanz gelegenen Eis- 
see geschossen worden ist. (Dr. Zör.) 

Anmerkung. Im Vertrage zu Renchen, als Interpretation 
der 12 Hauptartikel aller Bauerschaft vom Jahre 1525, wurde 
auf den 4. Artikel in der Güte dahin ‚betedingt, dass das sched- 
lich gewild, nemlich beren,, wölff, füchs, wilde Katzen u. dergl. 
mängklichen erlaubt seie, umzebringen oder zu fahen, wie er mag‘. 

11 


162 


b) Canis lupus L. 


Oberbayern. In dem Registraturbuch der Stadt Traun- 
stein finden sich folgende Urkunden: 
13 Ain Churfrtl. Mandat dass Wolfgejaidt betr. 26. November 1643. 
2) Zwai Schreiben vom Churfrtl. Pflleg Ght alhie, Inhalt deren 
die Burger aufs Wolfs Gejaidt zu verschaffen begert werden, 
de anno 1651. J 
3) Ain Schreiben von Churfrtl. Pfleg Ght Traunstain sambt bei- 
geschlossenen Bevelchs abschrüfft, Und Mandat, Dass Wolfs- 
gejaidt Und Deszen Verstellung betr. de anno 1648. 


Niederbayern. Im Jahre 1827 wurde im Revier Zwisel 
ein Wolf, der schon mehrere Jagdhunde zerrissen hatte, von 
einem Häfner aus Zwisel angeschossen und nach Stägigem Jagen 
endlich von eben demselben Schützen in den sogenannten Jäger- 
steigriegeln, jetzt Wolfsriegel, oberhalb Waldhaus erlegt. Er 
wog 77 Pfund. Manche örtliche Benennungen des bayerischen 
Waldes bekunden das Vorhandenseyn der Wölfe in früherer Zeit. 


Eheinbayern. Zeitungsnachrichten zufolge ist in der 
Gegend von Knopp, Gantons Zweibrücken, in der Nacht vom 1. 
August 1852 ein Wolf in eine Schafhürde eingebrochen und hat 
12 Stück Schafe zerrissen. Anfangs März 1853 sollen sich nach 
der Pfälzer Zeitung in den Wäldern bei Speier zwei Wölfe her- 
umgetrieben haben. Auf mein Ansuchen um Auskunft berichtete 
Herr Forstmeister Siebert in Speier: ,„‚Mit den Wölfen ist.der 
guten Pfälzerin etwas Menschliches passirt und hat sie ein halt- 
loses, unverbürgtes Gerede ihren Lesern als Thatsache aufge- 
tischt. Gesehen hat Niemand, weder in diesem Winter, noch seit 
einem Menschenalter, in einem grossen Umkreise von Speier 
einen Wolf oder Wölfe, d. h. wirkliche, in der Wildschur ge- 
borene, vielmehr gewölfte; denn zweibeinige, beschnittene und 
unbeschnittene (Wucherprozesse gegen Joseph Wolf u. A.) laufen 
mehr herum, als gut ist. Der einzige Anfang der lawinenartig 
angeschwollenen Wolfssage war die Aeusserung eines Privatjagd- 
hüters, er glaube einen Wolf aus einer Waldparzelle über’s Feld 
in die andere gespürt zu haben, weil an der Fährte der Hinter- 
läufe ein Oberrücken (Afiernagel) erkenntlich gewesen sei. Als 
nun zur kritischen Zeit in einem etwa 2 Stunden entfernten 


163 


Walde die Reste eines gerissenen Rehes gefunden wurden, so 
war die Geschichte fertig und die Anwesenheit eines Wolfes 
constatirt, der sich alsbald verdoppeln musste, damit die Gegend 
Aussicht habe, nicht von der Art zu kommen. Ernsthaft von der 
Sache gesprochen: Ich bin seit 31 Jahren Forstbediensteter in 
der Pfalz und Jäger von Haus aus und habe in meinen verschie- 
denen Amtsbezirken Neustadt, Pirmasens und Speier nur ein 
einziges Mal mit einem Wolfe zu thun gehabt, und zwar im 
Reviere Eppenbrunn an der französischen Grenze, woselbst sich 
ein solcher Gast eingefunden und Rehe und Schafe gerissen 
hatte. Bei der auf ihn angestellten Jagd geschahen nach ihm 
zwei Fehlschüsse, worauf er sich unsichtbar gemacht hat. Zu 
Anfang der 20er Jahre häufiger als jetzt machten Wölfe spora- 
disch Besuche in der Umgegend von Zweibrücken und Kaisers- 
lautern, welche wohl alle in den Ardennen heimathberechtigt 
gewesen seyn mögen, da sie in den französischen Vogesen auch 
nur ausnahmsweise oder höchst einzelu auftreten, ersteres Wald- 
gebirge aber im Rufe steht, dieses Räubercorps zu hegen und 
in Wintern des Hungers nach andern Gegenden auszusenden. 
Die meisten Wölfe sind in der Pfalz in dem westlichen wald- 
reicheren Theile erlegt worden. 

Oberpfalz. 1816/17 wurde bei Waldsassen ein Wolf ge- 
schossen. 

Durch die Güte des Herrn Forstmeisters K. L. Pflaum in 
Pressath und von Zerzog in Vilseck, der Herren Revierverweser 
Wiesner und Forstgehilfen Franz Geiger in Grafenwöhr habe ich 
aktengetreue Bemerkungen über den seit dem Frühjahre 1850 in 
Oberfranken und der Oberpfalz beobachteten Wolf erhalten, aus 
denen hervorgeht, dass sich die Behauptung von 2 Wölfen nur 
auf eine anfängliche Vermuthung gründete und nur Ein männ- 
licher Wolf in den genannten Regierungsbezirken sein Unwesen 
trieb. Hiernach sind die Mittheilungen des Herrn Forstamts- 
aktuars Wiesner im vorjährigen Korrespondenzblatte pg. 137— 
141 meines Aufsatzes zu berichtigen. Da die genannten Referate 
vieles gewiss Interessante enthalten, so glaube ich mir den Dank 
der Leser dieses Blattes zu verdienen, wenn ich dieselben unter 
verbindlichstem Dank für die geehrten Herren Einsender hier 
mittheile. 

11* 


164 


Am 45. Juli 1850 soll nach Aussage eines Schäfers ein 
Wolf um die Mitternachtsstunde in einen Pferch nächst der Ein- 
öde Grün bei Kloster Speinshardt eingebrochen seyn, viele 
Schafe zersprengt und mehrere verwundet haben. Da aber der 
Schäfer, ein nicht ganz gut beleumundeter Bursche, die Schafe 
zur selben Zeit verlassen hatte, so schien dieser erste Fall und 
die Aussage des Schäfers verdächtig, was in Verbindung mit der 
in unserer Zeit fast unglaublichen Erscheinung eines Wolfes in 
der Oberpfalz die Ursache war, dass man jenen Fall nicht ge- 
nauer untersuchte. Am 30. Juli desselben Jahres wurde ein 
anderer Pferch bei Scheckenhof in derselben Gegend zur Nacht- 
zeit plötzlich von den Schafen durchbrochen. Der anwesende 
Hirte pfiff die ausserhalb des Pferchs zerstreut herumstehenden, 
den Boden mit den Füssen stampfenden Schafe wieder zusam- 
men, und am andern Morgen wurden, einige 100 Schritte von 
diesem Pferch entfernt, die Ueberreste eines Schafes gefunden, 
nämlich der Kopf, die 4 Füsse und das Fell. Der Wanst mit den 
Gedärmen lag etwas seitwärts. Dabei wurde auch ein Büschel 
Haare gefunden. Da mittlerweile auch der Gemeindevorstand von 
Pichelberg angegeben hatte, dass er unterhalb Barbaraberg Sonn- 
tags den 23. Juni früh Morgens um 3 Uhr auf den Wiesen im 
sogenannten Kuchenhölzel ein auffallendes Thier habe laufen 
sehen, welches nach der gemachten Beschreibung kein anderes 
Thier, als ein Wolf seyn konnte, so wurde jener Vorfall bei 
Scheckenhof näher untersucht. Der k. Forstmeister Pflaum und 
der k. Revierförster Thoma von Speinshardt begaben sich so- 
gleich an den Pferch, spürten auf eine grosse Entfernung von 
demselben ab und entdeckten auf den blossen geackerten Feldern 
die unverkennbare Fährte eines starken Wolfes. Gegen den 
Pferch zu war diese von den Schafen und dem Hirten vertreten. 
Letzterer sagte aus, dass er ungefähr gegen 1 Uhr Nackts seine 
Schafe im Pferche unruhig werden, stampfen und schnauben ge- 
hört; sein Hund habe keinen Laut von sich gegeben, sondern 
sei ihm furchtsam unter die Füsse gekrochen. Hierauf seien 
plötzlich die Pferchgitter umgeworfen worden und die Schafe 
über dieselben gesprungen. Als er diese wieder zusammenge- 
pfiffen, sei Alles wieder ruhig geworden. Man fand, dass der 
Wolf seinen Raub, eines der stärksten Mutterschafe, frei durch 


165 


Korn- und Waitzenfelder getragen, nicht geschleift und am Ende 
eines Flachsfeldes, etwa 200 Schritte vom Pferch, verzehrt hatte. 
Alle Umstände, sowie das am Würgplatze aufgefundene Wolfs- 
haar, Grundwolle und langes braun und graues (wolfgestreimtes) 
Grannen- oder Kronenhaar, welches wahrscheinlich durch das 
Schlagen des Schafes mit den Füssen dem Räuber ausgerissen 
worden war, machten es zur evidenten Gewissheit, dass man es 
wirklich mit einem Wolfe zu thun habe. Auf erstattete Anzeige 
zur kön. Regierung wurden die Forstämter am 7. August zur 
Wachsamkeit und Habhaftwerdung dieses Raubthieres angewiesen. 
allein man glaubte vielfach nicht an dessen wirkliches Vorhan- 
denseyn, bis sich der Wolf durch weitere Räubereien auf Schafe, 
Hochwild und durch den Anfall auf einen 3jährigen Stier bei 
Säugast nachdrucksamer bemerklich machte. Hier zeigte er sich 
zuerst, aus den Waldungen des Forstamtes Pressath kommend, 
im Herbste 1850 und kehrte über die Privatwaldungen von Mas- 
senricht, Ehenfeld, Kaltenbrunn &c. wieder in seine früheren 
Standorte zurück. Auch im Vilsecker Forstamte hielt man die 
Angaben von dem Daseyn eines Wolfes für eitel Lüge, bis am 
3. Februar 1851 der k. Aufschläger Nikolaus Lenkmann von 
Eschenbach durch protokollarische Niederlegung nachstehenden 
Vorfalles bei dem betreffenden Gerichte diesen Sagen grössere 
Glaubwürdigkeit verschaffte. L. sah nämlich an jenem Tage auf 
seinem Rückwege vom Hammer Gänlas nach Eschenbach, 
Stunde vom ersteren, 2°% Stunden von letzterem Orte entfernt, 
Mittags 11%, Uhr an der Spitze der von Grafenstein’schen Wal- 
dung, welche gegen die Strasse zu ausmündet, ein aschgraues 
Thier von der Grösse eines Metzgerhundes gegen den Fahrweg 
zulaufen, welches ein Schaf im Rachen trug. Als das fragliche 
Thier dem L. bis auf etwa 60 Schritte nahe gekommen war, liess 
es seinen Raub fallen und enteilte über die Strasse in den nahen 
Wald. Mit einem zu Wagen nachkommenden Reisenden packte 
der Aufschläger das Schaf, welches verendet und an der Brust 
angerissen war, auf diesen Wagen und brachte es zum k. Land- 
gericht Eschenbach. Das Corpus delicti wog 32 Pfund, war mit 
scharfen Zähnen an der Drossel und ganzen Vorderbrust aufge- 
rissen, das Brustbein und ein Theil der Rippen fehlten, dess- 
gleichen alle Eingeweide. Am 12. Februar wurde der Wolf auf 


166 


der Haager Feldflur von dem k. Reviergehilfen Gottfr. Mauter 
gespürt und seine Fährte: bei dem guten Neu untrüglich erkannt. 
Er schnürte nach Art eines Fuchses durch das ganze Revier 
Langenbruck in das Revier Rothhaar. Fünf Tage später gab das 
k. Landgericht Auerbach dem Forstamte Vilseck bekannt, dass 
ı/, Stunde fern von dem Orte Hovfenohe ein Wolf 3 Schafe ge- 
würgt und eines hievon Y, Stunde weit mit fortgetragen habe. 
Am 13. Februar wurde vom k. Revierförster Belz zu Grafenwöhr 
im Dickicht des Forstortes Kuhwinkel ein Stück Rothwild, Thier, 
zerrissen gefunden, von welchem nur noch der vordere Theil, 
drei Läufe und der Wanst vorhanden waren, die Decke war über 
dem Ziemer abgezogen und lag ebenfalls noch dort. Das Thier 
mag 130 Pfund gewogen haben. Aus den Spuren auf dem Schnee 
sah man deutlich, dass der Wolf dieses Thier eiliche Zeit gejagt 
und mittelst einiger 15 Schuh weiter Sätze eingeholt und nieder- 
gerissen hatte. Da ein so grosses Stück Wild höchstens inner- 
halb 2 Tagen verzehrt und von einer Menschenspur auf dem 
Platze nichts gesehen worden ist, so vermuthete man 2 Wölfe. 
Am 15. Februar fand derselbe Revierförster, dass der Wolf ein 
zweites Stück Wild frisch gerissen und bis auf den Kopf, die 
halbe Wand, das rechte Bug und den halben Ziemer aufgefressen 
hatte. Eines Tages verfolgte der genannte Revierförster die Spur 
des Wolfes und kam an eine Stelle, wo sich derselbe in seiner 
ganzen Länge auf die Vorder- und Hinterläufe niedergekauert 
hatte. Er mass diese Spur im Schnee und fand von den Vorder- 
läufen unter der Brust bis zu den Hinterläufen die Länge von 
4‘. Ein paar Tage darauf, am 17. Februar, Nachmittags zwischen 
ı und 2 Uhr, hat der Wolf auf der Flur von Pinzig, “Y, Stunde 
von diesem Weiler, ein Schaf zerrissen, 2 andere Stücke ver- 
wundet und wurde an weiterer Beschädigung nur durch das Her- 
beikommen von Landleuten verhindert. Am 9. März traf ihn der 
Revierförster von Grafenwöhr abermals und fand, dass er zwi- 
schen den Revieren Vilseck, Langenbruck und Grafenwöhr wechsle. 
Mehrere Jagden blieben erfolglos. Am 13. März spürte ihn der 
Revierförster Taucher zu Vilseck im Waldorte Rödelweiher, 
wohin er von der Revier Gmünd kam, und am 2. Mai sah ihn 
der Revierförster Strassner von Pommershof bei einem Walde. 
in einer Entfernung von 180 Gängen, als er äsende Rehe anzu- 


167 


schleichen versuchte. Stand hielt er in den Waldungen des 
Forstamtes Vilseck nicht, sondern durchwechselte sie nur. Erst 
mit dem Beginne des Herbstes kündigte er sein Daseyn durch 
wiederholten Schafraub im Revier Pommershof wieder an und 
wechselte während des Winters 1851/52 noch mehrmals durch 
die Vilsecker Waldungen, Mitte Oktober 1851 verübte er meh- 
rere Räubereien in der Gegend von Hütten, 2 Stunden von Gra- 
fenwöhr, namentlich riss er in einem Hohlweg bei Hütten ein 
Stück Wild. Am 12. November früh 9%, Uhr sah der Revier- 
förster Thoma von Michelfeld, auf dem Wege von da nach 
Betzenstein, im Schnee, dass der Wolf ein angeschossenes, 
schweissendes, dreiläufiges Stück Hochwild gejagt und durch 
den Pegnitzfluss in den Veldensteiner Forst gesprengt hatte. 
Eine halbe Stunde darauf fand der Forstwart Steinhauser zu- 
nächst am Flusse im Walde jenes Stück Wild, welches am hin- 
tern rechten Schlegel, wie solches durch eine daselbst deutlich 
zu ersehende Bisswunde klar war, gefangen, geworfen und so- 
dann gewürgt wurde. Der Aufbruch lag, mit Ausnahme des 
Herzens und der Lunge, unversehrt daneben; die Leber und die 
beiden Wände im Gewichte von 15-18 Pfund waren aufgezehrt. 
Treibjagden blieben ohne Erfolg. Am 19. November wurde er 
in dem Forstorte Todte Männer an der Vilsecker Forstamtsgrenze, 
1%, Stunden von Grafenwöhr, gespürt und eingebögnet. Wegen 
Mangel an Schützen entkam er aus dem Treiben und ging über 
die Amberger Strasse flüchtig. Um jene Zeit durchstreifte er 
abwechselnd den Veldensteinerforst in Oberfranken und die ober- 
pfälzischen Reviere Michelfeld, Pommershof, Bärnhof, Langen- 
bruck und Altenneuhaus, hielt einige Male in den weitläufigen 
und moorigen Dickungen des Walddistriktes Rödelweiher Reviers 
Rothhaar einen Tag Stand, riss Hochwild und Rehe und flüchtete 
sich nach verübtem Raube in die angrenzenden Reviere Gmünd 
und Grafenwöhr, wo er nicht minder am Wildstande Verheerun- 
gen anrichtete. Seinen Wechsel in das Revier Rothhaar nahm 
er öfter durch den Distrikt Lohe desselben Reviers. Im Revier 
Pressath wurde er nie gespürt. 

Im Februar 1852 wurde der Wolf in den Staatswaldungen 
der Revier Falkenberg, 2'4 Stunden von Tirschenreuth, gespürt 
und riss in der gutsherrlichen Waldung Reuth ein Reh. Von der 


168 


Zeit an wurde er hin und wieder gesehen und vom Hammer- 
gutsbesitzer Schlör in Höllziechen angeschossen. Die Schweiss- 
fährte wurde bis gegen Wernberg hin verfolgt, wo der Wolf 
wieder umkehrte und sich bald darauf im Revier Oberlenkenreuth 
bei Thurndorf zeigte. Der Forstwart Bauer daselbst hatte ihn 
in einem ganz kleinen Dickicht eingebögnet, sich vorgestellt und 
durchtreiben lassen. Der Wolf, der auch im Veldensteinerforst 
kurz zuvor angeschossen worden war, entkam aber. Von da an 
von Jägern und andern Leuten häufig gespürt und gesehen, hat 
er im Sommer, wie schon erwähnt, bei dem Dorfe Säugast, 
Landgerichts Vilseck, einen 3jährigen, vom Hirten im Walde zu- 
rückgelassenen Stier angefallen, zerrissen und zum guten Theil 
aufgefressen. An Mühe und Fleiss zur Habhaftwerdung dieses 
Thieres liess es das gesammte einschlägige Forstpersonal nicht 
fehlen; allein die Schlauheit des Wolfes und unglückliche Zu- 
fälle entzogen ihn immer allen, wenn auch noch so gut arrangir- 
ten Jagden. An der Schützenlinie trabte er oft, in grösserer 
Ferne als Schussweite, auf und ab, bis er auf unbesetztem 
Wechsel entkam oder er drückte sich in dichte Büsche, liess 
die Treiber vorbeigehen, um sicher rückwärts zu entfliehen. 
Jede Vertolgung verursachte ein längeres Ausbleiben des Wolfes. 
Nachdem er sich während des Frühjahrs und Sommers nur sel- 
ten durch Schafraub bemerklich gemacht hatte, geschah solches 
wieder mehr nach eingetretenem Herbste. Hartnäckig wurde er 
wieder verfolgt und zugleich ein anderes Mittel zu seiner Tödtung 
angewendet. Der Revierförster Taucher nämlich legte mit Strychnin 
vergiftete Fallfleischbrocken auf die grösstentheils eingehaltenen 
Wechsel. Schon in den nächsten Tagen wurden jene aufgefressen 
und das Revierpersonal befiel der freudige Wahn, dass der ge- 
machte Versuch völlig werde gelungen seyn. Nicht genug Staunen 
konnte daher die bittere Enttäuschung in ihnen erregen, als sie 
50 Schritte vom Orte des Auffrasses im starken Reife deutlich 
erkannten, dass der Wolf sich mehrmals gewälzt und die ver- 
zehrte Fleischmasse wieder von sich gegeben hat. Im Wieder- 
holungsfalle erzielte das angegebene Mittel nur ein Gleiches. 
Wahrscheinlich war beide Male die Strychninmasse zu gross, Su 
dass eine zu frühzeitige Ueberreizung aes Magens die Wieder- 
ausspeiung der vergifteten Brocken unter schmerzhaftem Magen- 


169 


srimmen verursacht wurde. In den ersten Tagen des Monats 
Oktober fand sich der grimme Räuber in der ungefähr Y%, Stunde 
von Pottenstein gelegenen oberfränkischen Staatswaldung Prüll 
ein und richtete an den Schafheerden der Gegend nicht unbe- 
trächtlichen Schaden an. Am 2. Oktober packte er ein Mutter- 
schaf des Haunsteiner Müllers, wurde aber von dem muthigen 
Schafjungen und andern auf dem Felde arbeitenden Leuten ver- 
jagt. Das Schaf war am Kreuze gerissen, so dass man das Flies 
bis zu den Schultern emporheben konnte; ebenso hatte es einen 
Riss im Unterleibe und zwei an der innern Seite des Schenkels. 
Eine halbe Stunde darauf machte er drei vergebliche Angriffe auf 
die Schafheerde von Körbeldorf, welche am Hohlenberge weidete, 
und wurde darnach von einem Mädchen gesehen, an dem er 
auf 25 Schritte über ein frischgeackertes Feld vorbeipassirte. Am 
6. Oktober hat er bei Willenreuih, '4 Stunde von Körbeldorf, 
Landgerichts Pegnitz, ein Schaf zerrissen. Streifjagden waren 
ohne Erfolg. Im Monat Januar 1853 trieb er sich auf der Revier 
Gmünd umher; allein es fiel kein Schnee und die Jägerei hatte 
wenig Jagdvortheil. Man arbeitete indess auf der Revier Grafen- 
wöhr fleissig an Errichtung einer Wolfsgrube, die auf dem be- 
kannten Wolfswechsel eingeschlagen war, und hoffte bei baldigem 
Schnee und gutem Köder auf besten Erfolg, aber die Rechnung 
war ohne den Wolf gemacht. Anfangs Februar fiel Schnee, so 
dass nun abgespürt werden konnte. Das benachbarte Revierper- 
sonal von Grafenwöhr, Vilseck (Rothhaar) und Langenbruck ver- 
ständigte sich alsbald zu einem täglichen Zusammentreffen Vor- 
mittags nach vorherigem Abspüren des jeden Theil treffenden 
Revier-Jagdbezirks. Endlich am 14. Februar gelang es der Vils- 
ecker Jägerei, ihn im Rödelweiher einzukreisen. Der Jagdbogen, 
in dem der Wolf steckte, war sehr gross und nicht dicht, son- 
dern alles abgezogene und aufgeforstete Weiher, auf deren einem 
Damme er lagerte. Acht Schützen stellten sich vor, postirt von 
dem alten Revierförster Taucher; die Windseite nahmen 9 Trei- 
ber ein. Die Wolfsfährte zog sich flüchtig kinter einem Hasen 
in den Bogen hinein. Aufgepasst! und ein Schuss fiel; die Span- 
nung war gross; nochmals ein Schuss und es wurde ruhig. Was 
war's? Ein altes Jägerpech. Denn ein junger Forstmann, vor dem 
der Wolf in breiter Seite auf 8 Schritte stand, hatte schlechten 


170 


Feuerzeug; das Kapsel, sagte er, habe aufgepatscht. Sein Neben- 
mann schoss auf etwa 30 Schritte einen unschuldigen Föhren- 
busch über dem sehr flüchtigen Wolfe ab. Hier abgeprellt nahm 
der Wolf die andere Seite der Schützen an, bekam abermals 
dort Wind und rannte nun in grösster Flucht an einem der Jäger 
vorbei, der nicht mehr Zeit fand, mit der Büchse nach ihm zu 
schiessen, sondern mit Sauposten nachfeuerte, worauf man, der 
Fährte nachziehend, hie und da Schweiss in sehr kleinen dunkel- 
rothen Tropfen und das deutliche Anzeichen im Schnee fand, 
dass der Wolf eine der Branten auf der Anschussseite (rechten) 
hinausschleuderte und zeitweise, namentlich bei kurzen Sätzen, 
nur auf 3 Branten aufhaftete. Angeschossen war er nun, aber 
leider nicht tödlich, sondern nur mit Einem Schrote am rechten 
Vorderlauf. Auf der Schweissfährte wurde nun der Wolf, der 
sich aus der Revier Rothhaar in die Langenbrucker begab, den 
ganzen übrigen Tag weiter verfolgt, bis die eintretende Nacht 
diess unmöglich machte. Den andern Tag, am 15. Februar, setzte 
man mit dem frühesten Morgen die Verfolgung fort. Das Raub- 
thier hatte sich nämlich des Nachts in einem grossen Dickicht 
des Revieres Langenbruck, Stopferich genannt, gesteckt und war 
daselbst Tags zuvor die weitere Verfolgung eingestellt worden. 
Diess Dickicht wurde nun mit grösster Vorsicht, allein wegen 
Mangels an Schützen nicht ganz umstellt und der Wolf schlich 
während des Treibens durch, ohne von einem Schützen oder 
Treiber gesehen worden zu seyn und blieb erst in einer kleinen 
Dickung der Pappenberger Privatwaldungen stehen. Vier Dickichte 
waren zuvor schon umkreist worden, überall war er schon fort. 
Da kam der alte Förster Richter auf den Gedanken, der Wolf 
könne sich doch in jenem kleinen aber sehr dichten Bogen, hart 
an der Jagdgrenze, gesteckt haben. Aeusserst vorsichtig wurde 
nun umkreist; der Wolf hielt an, aber sonderbar: er wurde 
zweimal hineingespürt und niemals heraus, wesswegen man auf 
den Gedanken kam, es wären gar 2 Wölfe im Jagen. Die Sache 
war aber so. Meister Isegrimm ging in der nämlichen Fährte, 
die circa 200 Schritte aus dem Dickichte herausführte, so akkurat 
einhaltend wieder in den Bogen zurück, dass nur ein geübter 
Kenner diess zu unterscheiden vermochte. Nun wurde dieser 
Bogen, wovon das Hauptdickicht höchstens 1’, Tagwerk gross - 


221 


war, umstellt; Schulkinder, die des Weges kamen, wurden an- 
gehalten und die Kunde, dass der Wolf da sei, trieb sie auf ein 
furchtsames Häuflein zusammen. Angetrieben und der Woli 
zeigte sich bei dem ersten Laute der Treiber bei ebendemselben 
jungen Forstmann wieder, der ihn Tags zuvor hatte passiren 
lassen, und der, sei es Respekt, oder die dichte Stellung des 
Buschwerkes oder sonst etwas, nicht schoss oder zu schiessen 
vergass. Nun ging aber das Ausreissen an. Mit fast unglaub- 
licher Schnelligkeit passirte in einem Stangenholze der Wolf 
majestätisch die Fronte von 4 bis 5 Schützen, welche immer 
zielten und zielten, aber nicht krachen liessen. Endlich suchte 
er in der Nähe des Reviergehilfen Geiger durch das dichte Ge- 
stäng aus dem gefahrdrohenden Bogen zu entkommen, allein 
dieser brave Schütze, schon im Feuer liegend, als er das Traben 
hörte, traf den lang ersehnten Räuber, als dieser eine Lücke im 
Gestängholze übersprang, so gut, dass er im Sprunge die hintern 
Branten hoch über sich schleuderte und sich 2mal überschlug. 
Auf das Nähern des Geiger im lauten Hollarufe, machte sich der 
Wolf wieder auf die Läufe, aber wie er über einen Weg über- 
setzen wollte, traf ihn ein zweiter Schuss, auf den er sich aber- 
mals überschlug. Dennoch raffte er sich unter Ausstossung eines 
klagenden ächzenden Tones nochmals auf und eilte in grösster 
Flucht über den ausgetrockneten sogenannten Fürstenweiher. Mit 
Verwunderung und unter Verwünschungen sah ihm die herbei- 
geeilte Jägerschaar nach. Nach ungefähr 150 Gängen vom An- 
schusse blieb er endlich zur Beruhigung und grössten Freude der 
Jäger auf dem Wiesgrunde stehen, fing an krampfhaft zu zittern 
und zu wanken (Zeichen eines Herzschusses) und stürzte dann 
verendet zusammen. Der erste Schuss traf den Kopf und das 
Blatt, der zweite die Weiche und den Schlegel. Vier Schrote 
steckten im Herz, einer hinter dem Ohre, fünf auf der flachen 
Seite, wovon 3 in die Weiche einschlugen, kurz 10-12 Hirsch- 
oder Sauposten gingen an und gaben dem grossen Räuber den 
Tod Als die Schützen herbeikamen, war er schon verendet und 
der prächtige Anblick bemeisterte sie dermassen, dass Alle hoch 
aufjauchzten. Fort gings im Jubel zum Wohnsitze des Revier- 
försters Richter nach Haag, in dessen Revier Langenbruck der 
Wolf ausgehaucht hatte. Er wurde einige Stunden in Vilseck 


172 


ausgestellt und dann nach Regensburg gebracht, wo ihn der 
zoologisch-mineralogische Verein für seine Sammlungen um den 
Preis von 25 fl. angekauft hat. 

Dieser Wolf, männlichen Geschlechtes, was man schon bei 
seinen Lebzeiten aus der Art seines Nässens gewusst hatte, sehr 
schön und gross, war 60 Pfund schwer, 5%,‘ von der Ruthen- 
spitze bis zur Schnauze lang, 2%‘ hoch. Seine Fährte betrug, 
wenn er vertraut ging, 2‘ Entfernung von einer Spur zur andern; 
in der Verfolgung z. B. eines Hirsches begriffen, machte er Sätze 
von 25° Länge Die Brante selbst mass im Schneeabdruck 3“ 
Länge und 2”), Breite, Auf dem Rücken graubraun, war er von 
lebhaft gestreifter, grau und schwärzlicher, auch röthlichbrauner 
Farbe mit weissgelben Flecken, namentlich gegen die Brust hin; 
gegen die Bauchwand zu wurde die Färbung immer heller und 
verlief sich fast in’s Weisse. An der rechten hintern Brante 
bei der Afterklaue befand sich ein dicker Knoppern, hart wie 
Bein, die Spur eines alten Schusses. Den Anschuss vom 14. 
Februar konnte man deutlich sehen; ein Schrot hatte nämlich 
die vordere rechte Brante im obern Gelenke getroffen, wo man 
ein kleines Loch wahrnahm, jedoch war der Knochen nicht ab- 
geschossen und nur der Schmerz dieser Wunde war Ursache, 
dass der Wolf mit der verletzten Brante nicht aufhaftete. 

Geiger erhielt von der k. Regierung 75 fl. Schussgeld aus- 
bezahlt. 

Während seines jeweiligen Aufenthaltes in der Gegend von 
Vilseck hat dieser Wolf innerhalb anderthalb Jahren in dem 
dortigen Forstamtsbezirke allein 82 Schafe, davon etliche 60 
amtlich constatirt worden sind, und einen Stier gerissen und am 
Wildstande im Allgemeinen, besonders aber in den Revieren 
Rothhaar, Gmünd und Langenbruck fast unglaublichen Schaden 
angerichtet. Seiner Beute hat er öfters wie ein Hund stunden- 
lang nachgejagt, oft ist er auch nur in 6-10 gewaltigen Sätzen 
auf sein Opfer angesprungen und hat dasselbe niedergerissen 
oder, wenn sein Anspringen misslang, unverrichteter Sache ver- 
lassen. Sein Wechsel war auf einen Raum von gewöhnlich nicht 
mehr als 12-15 Stunden ausgedehnt. 

Das Gerücht, dass im Fränkischen neuerdings wieder ein 
Wolf gespürt worden sei, ist unwahr. 


173 


Mittelfranken. Während des dreissigjährigen Krieges 
fielen die Wölfe in das Städtchen Neustadt an der Aisch ein 
und hatten, da nur noch einige Leute darin wohnten, und auf 
den Strassen die unbegrabenen Leichname lagen, mit den Hun- 
den, die an den Todten frassen, einen ordentlichen Aufenthalt 
darinnen. 


Dass es in den nürnbergischen Reichswaldungen vordem 
Wölfe gab, dürften einige Lokalbenennungen noch bezeugen, als 
im Laurenzer Walde ‚‚Wolfsgraben‘‘ und „‚Wolfshöfe‘“ im Revier 
Forsthof, ‚‚Wolfszagel‘“ im Revier Altenfurth, dann im Sebalder 
Walde ‚„Wolfsfelden“, ein Weiler im Walde bei Kalkreuth &c. 


Schwaben. Nach einer Urkunde des Oetting’schen Land- 
gerichtes vom Jahre 1333, die Jagd und den Vogelfang betreffend, 
war in den Wildbahnen der Grafschaft allermenniglichen erlaubt, 
die Wölfe zu fahen. 


1554 befanden sich im Algäuer Gebirge Wolfsgruben zu 
Häuser bei Burgberg und zu Greggenhofen bei Untermaicelstein 
in den Sonthofer Bergen. 


Johannes Hipp, Schreiner zu Beilenberg, Landgerichts Sont- 
hofen, schoss 8 Wölfe, den ersten am 5. Februar 1645 Nachts 
9 Uhr von seinem Hause aus auf dem Luder und erhielt von 
dem Landamman 12 fl. Schussgeld, den zweiten am 2. Februar 
1646 Nachts 10 Uhr für gleiches Schussgeld, den dritten am 27. 
Februar 1652 Nachts 1 Uhr, den vierten am 7. Januar 1656 
Nachts ı1 Uhr und erhielt ı5 fl., den fünften am 7. Februar 
1656 Nachts 1 Uhr und erhielt 7 fl, den sechsten am 16. Januar 
1658 Nachts 9%, Uhr und erhielt 16 fl., den siebenten am 23. 
Januar 1660 Morgens 3 Uhr und erhielt 12 fl., den achten am 
10. Januar 1662 Nachts 11 Uhr und erhielt 16 fl. 


In dem landgerichtlichen Archive zu Sonthofen befindet sich 
eine Urkunde, welcher gemäss die dortigen Unterthanen im 
Jahre 1684 am 20. September sich bei dem Fürstbischofe von 
Augsburg beklagten: „dass die Jahre her die Wölfe ihnen gros- 
„sen Schaden geihan haben und wenn hierin nicht sollte reme- 
„dirt werden, dass dıe Jäger, besonders Winterszeit, fleissiger 
„als bisher, darauf gehen und selbe wegschiessen würden, zur 
„Verhütung weiteren Schadens anderweitige Verordnung be- 


74 


„schehen müsste, dann die Wölfe sich von Jahr zu Jahr ver- 
„mehrten.“ Der Fürstbischof ertheilte hierauf dem Oberjäger- 
meisteramte gemessenen Befehl. 

Diejenigen Wölfe, welche sich von 1812 *) bis 1820 in Ober- 
bayern aufhielten, waren wahrscheinlich dieselben, welche vor- 
her durch die Landgerichte Immenstadt und Sonthofen streiften. 
Einer wurde bei einem Treibjagen an den sogenannten Berg- 
städten von dem damaligen Forstgehilfen in Immenstadt und 
nachmaligen Revierförster Johann Nepomuck Walk überschossen. 
Ein anderer zerriss im Winter oberhalb Hüttenberg ein Schmal- 
thier, lief dann unter dem Schmelzofen, ohnerachtet eben ge- 
schmolzen wurde, hindurch und an der Schlossruine von Burg- 
berg vorüber an den Grindten, wo er ein Reh zerriss, und ein 
paar Stunden weiter rückwärts ein Stück Wild, welch’ alle er 
grösstentheils verzehrte. Ein dritter lief im Winter bei der 
Lixenmühle (in der Pfarre Hindelang) am hellen Tage nach Gai- 
lenberg, so dass die Bauern ihre Kinder etliche Tage lang in 
die Schule zu schicken sich nicht getrauten; ein vierter zerriss 
im Sommer in einer Alpe hinter dem Grindten ein Stück Rind- 
vieh in der Nacht, was der Hirt erst am Morgen wahrnahm. Ein 
fünfter wurde ebenfalls am Grindten im Winter gespürt und 
endlich zerriss ein Wolf auf den Feldern bei Buchel ein Reh, 
worauf sogleich eine Treibjagd vorgenommen wurde, bei welcher 
aber der Wolf auf der Seite der Treiber durchbrach uud ent- 
kam. (Dr. Zör) 

Anmerkung. Bei den Nachträgen zu dem Bären ist oben 
bereits des Vertrags zu Renchen gedacht worden, nach welchem 
der vierte jener bekannten 12 Hauptartikel aller Bauerschaft 
(1525) dahin interpretirt und gütlich verglichen wurde, dass 
menniglich erlaubt seyn solle, die Wölfe umzubringen und zu 
fangen, wie er könne. Durch den Bauernkrieg und seine Nach- 
wehen, namentlich dadurch, dass den Bauern das Waffenrecht 
entzogen wurde, mehrten sich die Wölfe. 


*) Schaaren von Wölfen der sibirischen Spielart folgten dem 
Rückzuge der grossen Armee aus Russland, von welchen 
einzelne bis in das südliche Deutschland gelangten und dort 
erlegt wurden. 


175 


c) Felis Iynz L. 


Oberbayern. Um das Jahr 1826 berichtet Dr. Wagler 
in der Beschreibung des Wildbades bei Kreuth. dass zu jener 
Zeit in der Umgegend des Bades jährlich 6-12 Luchse einge- 
bracht wurden, dass ihr Pelzwerk in Bayern wenig geachtet und 
daher sehr wohlfeil; dagegen das Fleisch, besenders der jungen 
Luchse, sehr schmackhaft sei. F’elis catlo, vor Zeiten in der 
Umgegend von Kreuth vorgekommen, sei schon damals dort, wie 
in ganz Bayern, ausgerottet gewesen. 

Nach Mittheilungen des Herrn Regierungs- und Forstrathes 
Winkler zu Ansbach wurden auf dessen ehemaligem Reviere 
Partenkirchen fast alljährlich Luchse und noch um das Jahr 1833 
auf dem Gebirge bei Farchant 2 Alte und 6 Junge im Eisen ge- 
fangen. Seit jener Zeit sollen keine solchen Raubthiere mehr 
im Hochgebirge Partenkirchens vorgekommen seyn, 

Auf dem hohen Friken oberhalb Partenkirchen wurden auch 
Baumfallen gerichtet, doch hat man in selben keinen Luchs ge- 
fangen. Diese Raubthiere richteten an den Schafheerden jener 
Gegend oft grossen Schaden an und im Jahre 1826 fand man im 
Reinthale ein Rind, das von einem Luchse angefallen und ge- 
rissen wurde. Im strengen Winter 1832 ist sogar ein Luchs bis 
in den Markt Partenkirchen gespürt worden; er war in der Nacht 
dem Faucken entlang abwärts gestiegen und hatte so seinen 
Weg bis in den Ort genommen. 


Niederbayern. Durch die schon mehrmals gerühmte 
Güte des Herrn Regierungs- und Forstrathes Wineberger zu Re- 
genshurg, welcher diese meine Monographieen in jeder Weise 
zu fördern bestrebt ist und sie schon mit den interessantesten 
Zusätzen geziert hat, bin ich in den Stand gesetzt, über die 
Luchse des bayerischen Waldes aktenmässige Nachträge geben 
zu können. 

Forstamt Zwisel. Der k. Revierförster Fr. Seninger zu Zwis- 
ler-Waldhaus berichtet: Aus dem vorigen Jahrhundert ist über 
das Vorkommen des Luchses im ebengenannten Reviere, das da- 
mals die Revier-, Waldhaus- und Zwiselschen, dann die von 
Poschingerschen- Waldungen umfasste, nur so viel bekannt, dass 
in der letzten Hälfte desselben der damalige Förster Joh. Georg 


176 


Forster vier Luchse erlegte. Dessen Sohn, der vor wenigen 
Jahren verstorbene k. Revierförster Georg Forster erlegte von 
1800-1815 zehn Luchse, von welchen er 6 schoss und 4 im so- 
genannten Stangeneisen fing, sämmtlich in den Felsengehängen 
(Riegeln) des grossen und kleinen Falkensteins. Der zu jener 
Zeit gegen früher bedeutend stärkere Rehstand dürfte das häu- 
figere Vorkommen der Luchse zur Folge gehabt und diese Raub- 
thiere herbeigezogen haben. Den letzten Luchs erlegte Georg 
Forster auf originelle Weise im Jahre 1815. Dessen Jagdhund 
verbellte nämlich in den erwähnten Felsenriegeln einen Luchs, 
wurde aber von selbem angefallen. Das Jammergeheul des Hun- 
des bewog Forster, seinen Fanghund, den er noch mit sich 
führte, nachzuhetzen. Dieser raufte sich mit dem Luchse durch 
eine Felsenschlucht; Forster eilte nach, konnte aber, auf dem 
Kampfplatze angekommen, sein Gewehr nicht gebrauchen, ohne 
in Gefahr zu seyn, seinen Hund mit zu verletzen, da dieser und 
der Luchs in heissem Streite sich über und über wälzten. Als 
er aber seinen Hund unterliegen sah, ergriff er gewandt den 
Luchs im Genick, riss ihn vom Hunde ab und erschoss ihn. 
Dieser Luchs wog bei 60 Pfund. Der berühmte Jäger - Andrä, 
Bruder des Joh. Georg Forster, soll im Klingenbrunner Walde, 
südlich vom Rachelberge, bei Riedlhütte (Forstamts Schönberg) 
und Rabenstein mehrere Luchse erlegt haben. 

Revier Rabenstein. Der k. Revierförster daselbst theilte in 
Ermanglung eigener Erfahrungen Nachstehendes mit: Gg. Schre- 
der, Inwohner zu Rabenstein, 82 Jahre alt, immer in R. wohn- 
haft und -noch bei voller Geisteskraft, früher im sogenannten 
Rabensteiner Wald als Holzarbeiter und Aschenbrenner beschäf- 
tigt, erklärte auf Befragen, ob er nicht wisse, ob, wann und wo 
im genannten Walde Luchse gesehen oder erlegt worden seyen, 
dass er sich noch gut erinnere, dass durch den früheren Förster 
zu Zwisler Waldhaus, Georg Forster, vor mehr als 50 Jahren 
ganz in der Nähe des grossen Arbersee’s am Fusse der Seewand 
ein Luchs von einem Baume herabgeschossen wurde, und ge- 
nannter Förster jenen Baum, der im Jahre 1835 behufs der Ta- 
xation der Rabensteiner Waldungen abgeordneten Stadtgerichts- 
Commission in Beiseyn des Erzählers noch zeigte. 

(Schluss folgt.) 


Gorrefpondenz-Blatt 


des 
‚zoologisch-mineralogischen Vereines 
in 
Regensburg. 


Ne 12, 1. Jahrgang. 1833. 


Vereins - Angelegenheiten. 


Zum Ehrenmitgliede wurde ernannt: 


Herr Professor Dr. von Siebold, 4. Conservator der zoologisch- 
zootomischen Sammlungen des Staats &c. in München. 


Als korresponäirendes Mitglied wurde aufgenommen: 


Herr Kunstmaler J. Penkmayer in München. 


Als ordentliche Mitglieder traten bei: 


Herr Professor Hofmann zu Freising, 
‚„ Baron von Oefele, k. Kämmerer, Regierungsrath &c., hier, 
„ Med. Dr. Popp, prakt Arzt in Eichstädt, und 
„ J. Weber, k. Lehrer in Eichstädt. 


Beiträge zu den Sammlungen. 


a) Zoologische Sammlung. 


, Der am 15. Februar d. J. im Revier Langenbruck geschvssene 
Wolf, dessen in diesen Blättern schon Erwähnung geschah, 
wurde von dem Herrn Lieutenant Rugendas auf das Gelungenste 
skeletirt, und dieses prachtvolle Skelet der Vereinssammlung 
einverleibt. 


Turdus atrigularis Nati. (Turd. Bechsteinii Naum.), 
die Bechsteins-Drossel, wurde im Frühjahr 1853 bei Oster- 
hofen gefangen, und dieser seltene Vogel von dem Pharmazeuten 
Herrn Schad dortselbst dem Vereine geschenkt. 


Herr Dr. Nieder in Missolunghi überschickte an die Samm- 
lung einen sehr schönen Pelikan, Pelecanus crispus Bruch. $, 


12 


178 


einen Ibis, Jbdis Falcinellus L., und Eier von: Pelecanus 
crispus, Emberiza melanocephala mit Nest, Totanus calidris, 
Sterna anglica, Sterna minuta, Charadrius cantianus, Falco 
cenchris und Glareola pratincola. 

Herr Kunstmaler J. Penkmayer in München schenkte an 
den Verein schön skeletirte Köpfe von Aegolius Otus L., Picus 
viridis L., Garrulus glandarius L., Lanius excubitor L., Coc- 
cothraustes vulgaris Pall.,. Pyrrhula rubicilla Pall., Parus cau- 
datus L, Sitta europaea L., Parus major, Fringilla carduelis 
L. u. Fring. linaria L. 


b) Mineralogische Sammlung. 


Herr Bergbau - Inspektor Micksch in Pilsen schickte zur 
Sammlung ein; 
Theile fossiler Stämme aus der Kohlenformation von Pilsen, 
Kupfermelachit aus dem rothen Sandstein von Ohrast bei 
Böhmischbrod, 
Krystallisirten Schwerspath von Mies in Böhmen 
Krystallisirten Kalkspath v. Mies in Böhmen. 
Olenus Tessini von Ginaz, 
Sigillaria alternans v. Merklin. 
Paradozites. 
Vom kgl. Revierförster Wacker v. Erbendorf erhielt die 
Sammlung: 
Eine Suite Gebirgsarten aus der Umgegend von Erbendorf. 
Von Herrn Hauptmann Döllmann in Bayreuth; 
eine Suite von Petrefakten aus der Umgegend von Bayreuth, 
von dem Steinhauer Herın Krebs: 
eine kleine Sendnng von Petrefakten aus der Gegend von 
Lindau. 


c) Bibliothek. 


Yet erehnd'ss 
der im letzten Quartale 1853 zur Vereinsbibliothek theils als 
Geschenke, theils im Tausche eingelaufenen Schriften 
und Bücher. 
Würtembergische naturwissenschaftliche Jahres- 
hefte. IX. Jahrg. 3. Heft Stuttgart 1853, 


4 


179 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1852. 

III. Jahrgang, Nr 3 u. 4. Juli, August, September, Oktober, 

- November, Dezember, und 1853, IV. Jahrgang. Nr. 1. Januar, 
Februar und März. 


Beiträge zur Naturgeschichte von Chile. Von Frei- 
herrn von Bibra. Mit 5 Tafeln. 


Ueber das Gehirn. Von E. von Bibra, und 


Ueber den Harn einiger Pflanzenfresser. Von Dem- 
selben. Geschenke des Verfassers. 


Jahresbericht des naturwissenschaftlichen Vereins 
in Halle. Fünfter Jahrgang 1852. 3. u. 4. Heft mit 4 Tafeln. 
Berlin 1853. 


Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der 
preussischen Rheinlande und Wesiphalens: Zehnter Jahrgang. 
Bogen 9-15. Tafel VI-VIlI. (Nebst Corresp.-Blatt { u. 2.) 
Zweites Heft. Bonn 1853. 


ZeitschriftderdeutschengeologischenGesellschaft 
V. Band. 4. Heft. November, Dezember 1852 u. Januar 1853, 
und 2, Heft. Februar, März, April 1853. 


Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschalf- 
ten &c. Jahrgang 1853. Mai, Juni und Juli. Halle 1853. 


Versuch einer Zusammenstellung der bis jetzt bekannten 
fossilen Thier- und Pflanzen-Ueberreste des lithographischen 
Kalkschiefers in Bayern. Ein Programm von Ludw. Frisch- 
mann, Gonservator des herzogl. Leuchtenberg. Naturalien- 
Cabinets und Professor der Naturgeschichte am k. Lyceum 
zu Eichstädt. Eichstädt 1853. Geschenk des Verfassers. 


Zusammenstellung der bisher gemachten Höhenmessungen 
in den Kronländern Galizien und Bukowina. Von Adolph 
Senonner. 


Die Gräber bei Hallstadt im österreichischen Salzkammer- 
gute. Von Joseph Gaisberger. Linz 1848. 


Dreizehnter Bericht über das Museum Francisco-Carolinum. 

Nebst der 8, Lieferung der Beiträge zur Landeskunde von 

Oesterreich ob der Enns. Linz 1853. Die letzten beiden 
12 * 


180 


Schriften sind Geschenk des Ilerrn CGustos K. Ehrlich in 
Linz. 


Achtzehnter und neunzehnter Jahresbericht des ee 
Vereins für Naturkunde. Mannheim 1853. 


Dreissigster Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für 
vaterländische Kultur. Breslau 1853 


Verhandlungen der physikalisch - medizinischen Gesellschaft 
in re, Band I, Il u. III, jeder in 3 Heften, und Band 
IV. 1. Heft. Würzburg 1851-53 


Gewerbzeitung. Herausgegeben von dem Gewerbvereine 
der Stadt Fürth, unter Redaktion von Dr. Berg, Dr. Bernheim 
und Dr. Brentano. I, II Jahrg. und III Jahrg. Nr. 1 21, und 


Jahresbericht des Fürther Gewerbevereins für 1852/53. 


Einleitung zur Fauna des deutschen Zechsteingebirges, mit 
Berücksichtigung von Kings Monographie der Versteinerungen 
des permischen Systems in England. Yon Dr. Baron C. von 
Schauroth, Direktor des herzogl Kunst- und Naturalien- 
Cabinets in Coburg Wien 1853. Geschenk des Verfassers. 


Naturgeschichte des Thierreichs von Dr. A. Wagner, Pro- 
fessor der Zoologie &c. in München. Kempten 1853. Geschenk 
des Verfassers. 


Nachträge zu den drei Aufsätzen 


über den 
Bären, Wolf und Luchs. 


c) Felis lynz L. 
(Schluse.) 

Ferner gab Schreder an, dass er vor ungefähr 42 Jahren, als 
er im hintern Gscheidenberg Asche brannte und an einem Herbst- 
abend, an welchem viel Schnee gefallen war, mit seinen zwei 
Ziegen gegen seıne Waldhülte ging, ein Thier ganz vertraut 
durch einen Schlag heraufziehen sah, das er in der Ferne für 


181 


ein Reh gehalten hatte. Wie es aber näher gekommen, setzte 
es sich gleich einer Katze auf die hinteren Branten, worauf er 
es:als einen Luchs erkannte, der den Holzhauer vernehmend, 
wieder weiter zog. Im selbigen Sommer sah Schreder in jener 
Waldgegend viele Spuren, wo dieses Thier Rehen aufgelauert 
und solche zerrissen hatte. Näheres wusste Erzähler weder aus 
eigener Erfahrung, noch von Hörensagen anzugeben. 

Franz Engelmaier, Inwohner zu Alihüite, 73 Jahre alt, voll- 
kommen geistig und körperlich gesund, seit seiner Jugend mit 
Holz- und Taglöhnerarbeit im Rabensteiner Walde beschäftigt, 
und stets ein fleissiger Begleiter der früheren landesherrlichen 
und späteren guisherrschaftlichen Jäger im Rabensteiner Revier- 
bezirke, erzählte auf die vorerwähnten auch an ihn gerichteten 
Fragen Folgendes: Vor ungefähr 50 Jahren, etwa um das Jahr 
1801 oder 1802, im Winter, hat der damalige Förster Gg Forster 
zu Zwisler Waldhaus mir und meinem Vater Nachricht zugehen 
lassen, dass vom Waldhauser Reviere aus gegen die Rabensteiner 
Waldungen zu ein Luchs gespürt worden sei, und uns die 
Weisung ertheilt, nächsten Tages in der Nähe des Spiizenberges 
den Förster zu erwarten und zur Jagd auf dieses Thier mitzu- 
wirken. Im sogenannten Filzfeisenriegel trafen wir am be- 
stimmten Tage mit den Jägern von Waldhaus zusammen, welche 
schon auf der Fährte des Luchses waren, die wir alsdann ver- 
eint bis zur Seewand am. grossen Arbersee verfolgten. Hier 
janden wir den Luchs auf einer Fichte, gegen 2 Sägbiöcher 
hoch auf einem starken Aste liegend, jeden Gang der Schützen 
mit dem Kopfe verfolgend. Auf den Schuss des Försiers, wei- 
cher traf, aber nicht tödtete, kam der Luchs, sich von Ast zu 
Ast herablassend, auf den Boden hernieder, wo er noch die 3 
Jagdhunde, welche die Schülzen bei sich hatten, fassen wollte, 
aber sogleich von den umstehenden Jägern mit deu Gewehr- 
kolben und Schneereifen völlig erstossen wurde. Ausser diesem 
Falle ist dem Engelmaier nichts Weiteres über das Vorkommen 
oder. die Erlegung eines Luchses im Rabensteiner Revierbezirke 
bekannt geworden. 

Forstamt Wolfstein, Revier Finsterau. Der pensionirte .kgl. 
Revierförster Franz Meisinger zu Finsterau, daselbst geboren 
und erzogen, 83 Jahre alt, berichtet, dass sich, so weit er zu- 


182 


rücklenken könne, nur 7 Luchse im genannten Revierbezirke 
haben spüren lassen, und zwar keiner davon im vorigen, son- 
dern alle im laufenden Jahrhundert. Er hatte das Glück, 5 zu 
erlegen. Lassen wir ihn selber reden. Er erzählt: Im Jahre 
1802 ging ich in den Walddistrikt Langruck auf eine Marder- 
jagd, spürte aber 3 Luchse. Ich liess sogleich meinen Jagdhund 
darauf, der nicht lange jagte, indem einer der Luchse auf- 
bäumie. Ich eilte dem Standlaut zu und schoss fünfmal auf das 
Thier hinauf, welches angeschossen immer höher und höher bis 
zu dem Gipfel des Baumes stieg, wo sich der schwer Ver- 
wundete unbeweglich gedrückt hatte. Weil mir die Schrote 
ausgegangen waren, begab ich mich um Hilfe nach Scheuereck’ 
zu dem Holzhauer Hopfinger und seinen Söhnen, welche mir'den 
Baum fällten und den Luchs, der nicht mehr weiter konnte, mit 
der Hacke erschlugen. Die anderen Luchse konnten nicht weiter 
verfolgt werden. Das erlegte Stück erhielt der Fürstbischof 
Auersberg in Passau, dem ich auf schriftliche "Vorladung von 
der Jagd Rapport erstatten musste, worauf nach 2 Tagen der 
Oberstjägermeister Graf von Wolkenstein und die beiden Brüder 
des Fürstbischofs nach Finsterau auf die Luchsjagd kamen, aber 
kein solches Raubthier mehr spüren konnten. Der erlegte Luchs 
wog 45-50 Pfund. 

In den Jahren 1803 und 1804 erlegte ich weitere 3 Luchse. 
Bei einem Revierbegang kam ich in dem Distrikte Steinfleckberg 
auf eine Luchsspur, liess sogleich meinen Jagdhund darauf und 
schoss den Luchs, der nach kurzem Jagen aufgebaumt hatte, auf 
Einen Schuss herunter. Er wog 55 Pfund und wurde ebenfalls 
an den Fürstbischof nach Passau abgeliefert. Einen dritten schoss 
ich in dem nämlichen Distrikte, wohin ich der Rehjagd halber 
gegangen war. Kaum angekommen, spürte ich einen Luchs, liess 
sogleich meine 2 Hunde darauf, die ihn ungefähr eine Viertel- 
stunde jagten, bis er mir zum Schusse anlief. Stark angeschos- 
sen, suchte er sein Heil in der Flucht; wie ihm aber die Hunde 
zu nahe kamen, packte er den einen davon, einen jungen Hund, 
biss ihn sehr stark und -iess ihn nicht eher los, als bis ich 
herbeigekommen war und er mich sah, worauf er wieder flüchtig 
ging. Ich schoss ihm nach und streckte ihn im Schnall darnieder. 
Er wog 60 Pfund und wurde wieder nach Passau geliefert. Den 


183 


vierten schoss ich bei einem Revierbegange wiederum im Stein- 
fleckberge von einem Baume, auf welchem ihn meine Hunde 
verbellt hatten, auf Einen Schuss herab; er wog circa 50 Pfund. 
Den letzten hetzte ich im Jahre 1822 oder 1823, auf einer Reh- 
jagd begriffen, im Beiseyn des Reviergehilfen Schneider aber- 
mals im Steinfleckberge an. Der Luchs wurde über das Resch- 
wasser gesprengt, bäumte auf und wurde von Schneider herab- 
geschossen Er wog 46 Pfund. 

Mittelfranken. 1672 wurde im ehemals Rothenburgischen 
Gebiete (Rothenburger Landwehr) der letzte Luchs geschossen. 
Dem regierenden Bürgermeister kamen Biber und Fischottern, 
welche in der Tauber und in den See’n gefangen wurden, ferner 
Luchse allein zu; das hohe Wildpret, welches ihm die öffent- 
lichen Jäger in das Haus brachten, hatte er an dıe Rathspersonen 
zu vertheilen. | 

Ammerndorf am 10. September 1853. 
Jäckel, Pfarrverweser. 


Nachträge und Verbesserungen 
zum Versuche einer Aufzählung der Fische des 


Maingebietes 
in Nr. 7 u. 8 laufenden Jahrganges dieser Zeitschrift. 


Thymallus vexillifer. Ag. Seite 117 ist nach der 
neueren Unterscheidung von Valenciennes die kahlbrüstige 
Aesche, 7h. gymnothorax, da ich an den Exemplaren, 
die ich gegenwärtig zur Hand habe, bemerke, dass die Stelle 
zwischen den Brustflossen nicht beschuppt ist. In wiefern der 
eigentliche Z’hymallus vexillifer Ag. auch im Gebiete vorkommen 
mag, ist noch näher zu erforschen. 

Auch will ich bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam 
machen , dass Herr Dr. Albert Günther in seiner sehr zu 
beachtenden und an belehrenden Notizen reichhaltigen Abhand- 
lung über die Fische des Neckars (in den Jahresheften des Ver- 
eins für vaterländische Naturkunde in Würtemberg Jahrgang IX 
Heft 3 einen Fisch beschreibt und daselbst auf Tab. VI abbildete, 


184 


— 


welcher bei Tübingen Hasel, bei: Heilbronn Gangfisch heisst 
und von Herrn Dr. Günther als LZeueiscus muticellus 
Bonap. bestimmt wurde. Es wäre wohl möglich, dass diese Art, 
welche auch im Neckar, obgleich sie da häufig vorkommt, bisher 
übersehen worden, ebenfalls unter den Weissfischen des Main- 
gebietes sich vorfindet; beliebe man daher allenthalben im Be- 
reiche der Fauna diese Weissfische einer genauen Revision zu 
unterwerfen. Die Diagnose ist zunächst folgende: Auf der Sei- 
tenlinie befinden sich 5% bis 60 Schuppen, die Afterflosse ist 
12strahlig; Schlundkieferzähne kommen in der äusseren Reihe 5, 
in der inneren 2 vor, über der Seitenlinie ‚verlauft der Länge 
nach eine dunkle Binde. — Im Habitus ist er dem gemeinen 
Weissfisch —  Zeucisc. argenteus Cuv. (Cyprinus leuciscus 
Lin.) ähnlich und wurde wohl auch damit: bisher verwechselt, 
jedoch ist er von demselben durch eine gestrecktere Form des 
Körpers, durch kleinere Schuppen und durch jene bindenartige 
Zeichnung über der Mittellinie, die freilich nach dem Tode bald 
verblasst, und im Innern des Körpers durch eine schwarze Bauch- 
haut verschieden. Durch dieses schwarze Peritoneum kommt 
man vielleicht am ehesten auf die Spur dieses Fisches, da mei- 
nes Wissens ausserdem bei den Mainfischen.. nur die Nase — 
Chondrostomus (Leuciscus) Nasus Ag. die Bauchhöhle 
mit einer schwarzen Haut ausgekleidet hat. Rei der Zärthe — 
Abramis (Leueiscus) Fimba Guv. soll diess wohl auch 
der Fall seyn, es ist mir jedoch nicht bekannt, dass dieselbe 
ebenfalls im Maingebiete vorkommt, während sie nach Kochs 
Angabe in der Donau, Naab und dem Regenflusse häufig. ge- 
troffen wird. Wolle man daher allenthalben die Fischer befragen, 
ob ihnen nicht verschiedene Fische bekannt sind, welche in der 
Bauchhöhle schwarz aussehen. Eigenthümlich ist es dabei, dass 
der fragliche Fisch zur Laichzeit, welche im April 3 bis 4 Tage 
dauert, wo die Eier auf Steine gelegt werden, für diese kurze 
Zeit mit der Nase sich zusammenhält und gemeinschaftlich mit 
ihr laicht, so dass man fast vermuthen könnte, es möge hier 
eine Bastardbildung stattfinden. 

Leuciscus Jeses Ag. und ZLeuciscus Dobula Cuv. 
Ag. werden nun nicht mehr als specifisch verschieden betrachtet. - 


185 


Einige .in die bemerkte Abhandlung über: die ‚Fische des 
Maingebietes eingeschlichene Druckfehler beliebe man. zu ver- 
bessern. 

Seite 99 Zeile 3 von unten herauf lese man : Weissmannsleitner 
statt Weissmannsleiter. 

103 Zeile 19 von unten auf lies Gaustadt statt Zausladt. 

104 Zeile 10 von unten lies Bischberg statt Buschberg. 

105 Zeile 3 von „ben lies Weickersholzen statt Meickers- 
holzen 

{06 'Zeile 10 von oben lies Maidbrunn statt Maidbrunnen und 
Versbach statt Vesbach. 

107 Zeile 3 von unten lies Nitorne statt, Nitoren. 

109 Zeile 4 von oben lies Unsleben statt Ansleben. 

119 Zeile 5 von oben lies Satzteich statt Salzteich. 

„124 Zeile 3 von oben lies Brisem und Bresem statt: Brisen 


und Bresen. 
Leiblein. 


—_ 1 


Systematische Uebersicht der Vögel 


Böhmens mit Angabe ihres Vorkommens, Strichzeit, 
Brütens und einer lateinischen, deutschen und böhmischen 
Synonymie von Anton Alois Palliardi, Dr. med., fürstlich 
reuss-schleitz’schem Medizinalrathe u. s. w. Leitmeritz 1852 
bei Karl Wilhelm Medau. 8. VIU. 95. 


Mit Freuden unterziehe ich mich dem an mich gestellten 
Ansuchen, obige Schrift im Korrespondenz-Blatte einer kritischen 
Beleuchtung zu unterziehen. 

Der Herr Verfasser, ein geborner Böhme, hat das Ergebniss 
seiner eigenen, mehr denn 20 jährigen mühevollen Erforschung 
der böhmischen Ornis in dem angezeigten Schriftchen niederge- 
legt, zu dessen Förderung das bekannte Cabinet des Obersten 
von Feldegg in Eger, das böhmische Museum in Prag und 
unter einer Reihe von Freunden, die den Herausgeber durch ihre 
Mittheilungen unterstützten, der in. weiten Kreisen rühmlich be- 
kannte A. von Woborzil*) in Prag Vieles beigetragen hat. 


%) Rhea, Zeitschrift für die gesammte Ornithologie &c., her- 
ausgegeben von Dr. Thienemann. I. Heft. S. 39. 


186 


Die geographische Lage Böhmens, seine vier Gebirgszüge, 
die bis zur Schneeregion (4000-5000°) emporsteigen, zum Theil 
noch mit Urwald bedeckt sind und dort dem Bären einen stän- 
digen, dem Wolf und Luchs einen zeitweisen Aufenthalt bieten, 
die mannigfachen Abwechselungen des kesselförmigen Innern 
dieses reichgesegneten Landes, und nebst vielen Weihern und 
Seen die Moldau und Elbe, zwei mächtige Etappenstrassen für 
das Heer des wandernden Wassergeflügels, bedingen einen gros- 
sen Reichthum an Vögeln, der indessen gewiss grösser ist, als 
ihn Palliardis Büchlein nachweist. In einer angefügten tabellari- 
schen Uebersicht wird die Zahl der böhmischen Vögel mit der 
in Europa, Gesammt - Deutschland und in einzelnen Ländern 
Deutschlands und Europas vorkommenden Vögelzahl verglichen, 
wodurch sich für Böhmen ein günstiges Resultat ergibt. Von 
zunächst angrenzenden Ländern ist in der Tabelle nur auf Glo- 
gers Wirbelthierfauna Schlesiens Rücksicht genommen, welches 
so ziemlich die nämlichen Zahlenverhältnisse zeigt. Das baye- 
rische Nachbarland und seine Ornis ist übergangen und wir 
Bayern — Graf von der Mühle hat vollkommen Recht*) — müssen 
uns an solche Vernachlässigungen, trotzdem dass uns von allen 
deutschen Vögeln nur etliche 40 fehlen, zu gewöhnen suchen. 
Zawadzkys Fauna Galiziens und der Bukowina dagegen, eine 
zweite fast wörtliche Auflage von Glogers genanntem trefflichen 
Werkchen, aber auf die Namen Galiziens und der Bukowina 
umgetauft, worin Sylvia turdoides bei den Rohrsängern und bei 
den Drosseln doppelt aufgezählt wird: (!), dieser fleissige Nach- 
druck ä la Nordhausen figurirt in der Tabelle. Das nur nebenbei. 

Palliardi zählt 289 böhmische Vögel auf. Davon sind in- 
dessen abzuziehen: AHaliaetos leucocephalus, der nachgewiesener 
Massen in Europa noch nie geschossen worden ist und von nun 
an nicht weiter zur Vermehrung der Faunen - Nummern verwen- 
det werden sollte, 

Lusciola Wolfii, das zahme Hausgeflügel, als: Columba do- 
mestica, Gallus gallinaceus, Pavo cristatus, Meleagris gallo- 
pavo, Numida meteagris. Cygnus »lor, nur als zahmer Ziervogel 
aufgeführt, Cairina moschata und Anas purpureo-viridis, ein 


) Korrespondenz-Blatt des zoologisch-mineralogischen Vereines 
in Regensburg. Jahrgang 1851. 5. 12. 


187 


Bastard. Diese 10 Vögel sind abzustreichen; dagegen sind von 
drei Vögeln, über deren Artrecht Palliardi nicht zu en'scheiden 
wagt, und die er als in Böhmen vorgekommen erwähnt, nämlich 
Colymbus balticus, Anser arvensis und Bruchii, die zwei letz- 
teren bestimmt gute Arten. Es bleiben somit 281 Vögel, von 
denen allerdings etliche, wie Picus leuconotus et tridaetylus, 
Phileremos alpestris, Sylvia fluviatilis und Anser ruficollis ver- 
muthnngsweise oder auf nicht ganz zweifellose Angaben hin 
aufgenommen sind und mehr oder minder noch der Bestätigung 
bedürfen. Der Weiss - und Dreizehenspecht kommt indessen in 
den Grenzgebirgen, wie Recensent überzeugt ist, gewiss vor. 
Das Charakteristische der Vogelfauna eines Landes sind die 
Stand- und Brutvögel; die Zugvögel, zumal die nicht regelmäs- 
sigen, tragen zu einer solchen Charakteristik wenig oder gar 
nichts bei. Von ersteren wollen wir das Interessanteste aus- 
heben Mit Gewissheit sind als Heckvögel nachgewiesen: Falco 
peregrinus, laniarius, Agquila naevia (welche Art?), fulva, 
Stris Tengmalmi, passerina (acadica), Fringilla serinus, Tur- 
dus saxatils, torquatus, Accentor alpinus, Sylvia palustris, 
locustella, Charadriusmorinellus, Ardea stellaris, Anser 
cinereus, Anas strepera, penelope, acuta, clypeata, nyroca, 
ferina, rufina, Podiceps auritus et subcristatus. Früher wurde 
am Horste beobachtet Circaetos gallicus ;, ausnahmsweise brü- 
tend angetroffen Merops apiaster und Turdus pilaris ; mit ent- 
wickelten Eiern im Leibe geschossen: Falco vespertinus, Merula 
rosea, "Machetes pugnax;, Colymbus arcticus (!!); mit noch 
nicht ganz flüggen Jungen erlegt: Anas glacialis (!\), Colymbus 
arcticus und septentrionalis (!!), brüten sollen oder werden als 
Standvögel vermuthet: Gyps cinereus, Falco aesalon, Buteo 
lagopus, Milvus niger, Circus cyaneus , cinereus, aeruginosus, 
Parus barbatus, Tetrao medius, Charadrius pluvialis, Totanus 
glareola, Anus clangula und endlich wurden im Hochsommer 
angetroffen: Fringilla montifringilla und Bombyeilla garrula. 
Als äusserst seltene Strichvögel und sonstige gute Vor- 
kommnisse dürften aus den übrigen Seltenheiten herauszuheben 
seyn Alauda calandra, Lozxia leucoptera, Parus cyanus, Mus- 
Cicapa parva, Anthus cervinus, Tetrao medius, der in mehreren 
Waldungen vorkommt und von dem ein Weibchen, in den Bürg- 


188 


litzer, Waldungen geschossen, im Museum zu Prag steht, Sterna 
macrura und Zurdus pallidus Lth. Keys. et Bl. (pallens Pall. 
Seyffertitzii Br. iliacus. var. pallidus Naum.*), welch letztere 
schon zweimal im Emeth-Revier, Herrschaft Hardenberg, Elbog- 
ner. Kreises, in Dohnen vom Förster Koch gefangen wurde. Das 
eine. Exemplar. kam in .die allen deutschen Ornithologen durch 
ihre seltenen in Deutschland erlegten Drosseln wohlbekannte 
Sammlung des Fürsten von Radziwill nach Berlin, das andere 
besitzt jener Förster.. Der Aufmerksamkeit böhmischer Ornitho- 
logen werden empfohlen: Falco cenchris, Aquila pennata, Ulula 
uralensis, Surnia nyctea, Cypselus melba, Emberiza pithyornus, 
Fringilla nivalis, Parus pendulinus, Undina mersa. 

Bemerkenswerthe Angaben sind: Ein Förster: beobachtete 
vor mehreren Jahren, alsser einen Käfig mit zwei jungen Wespen- 
bussarden in’s Freie hing, dass Hunderte von Wespen. herbei- 
flogen und sich auf den Käfig setzten und selbst nach dem Tode 
der Jungen den Käfig nicht verliessen. Durch: die Alten selbst 
und dadurch, dass diese ihren Jungen ganze Scheiben mit der 
Brut von Wespennestern zur Atzung vorlegen, wird, wie Referent 
glaubt, solchen, Nestvögeln jener anlockende Geruch mitgetheilt. 
Dass sich der Eisvogel häufig auf die Blätter von Wasserpilan- 
zen, oft mitten in Teichen, setzt und da den Fischen auflauert, 
und Motacilla boarula unter Strohdächern von Häusern. nistet, 
die ‚an kleinen Bächen stehen, habe ich noch nicht gesehen. 
auch nirgends gelesen, bezweifie es aber nicht. In einigen 
Gegenden Russlands soll nur das Mittelhuhn (Zetrao medius) 
vorkommen. Wenn das nachgewiesen werden. kann, dann ist 
über das eigene Artrecht des Rackelhahns endgültig entschieden. 
Auf der Herrschaft Chudenitz, Klattauer Kreises, gibt es eine 
Varietät des Rebhuhns, das beinahe ganz grau von Farbe ist. Es 
soll viel kleiner seyn, als das gewöhnliche, schneller fliegen, 
höher in die Luft steigen und hält sich in der klippigen Gegend 
am Dobrawa - Gebirg auf. Es ist in jener Gegend unter dem 
Namen Kieselhuhn bekannt. r 

Nach Palliardi werden oft auf einem Teiche 1900 — 2000 
Blässen (Z’ulica atra), wurden im Jahre 1827 auf der Leito- 


*) Turdus Wermeri Gene,.die Palliardi noch zu den Synonymen 
‚der Zurdus pallidus;stellt, ist eine ‚eigene Art. 


189 


mischler Herrschaft 1757 Waldschnepfen, im Jahre 1507 auf dem 
Wittingauer Teiche Gross-Tisy bei einer Jagd 3020 Stück Wild- 
enten geschossen. — Gross ist die Diana der Böhmen. Allen 
Respekt vor den Flugschützen von anno 1507. Das non plus ultra 
aber ist, dass das Rebhuhn im ganzen Lande so häufig seyn 
soll, dass ein Halbdutzend Schützen an einem Morgen 600 - 800 
Hühner sollen schiessen können. Das glaube, wer's glauben kann. 
Nach meiner Meinung ist das nicht menschenmöglich und halte 
ich diese Angabe, die Palliardi sicherlich aus zweiter Hand auf 
Treu und Glauben aufgenommen hat, für ein: Stück jenes be- 
rühmten Lateins, das, wie man sieht, auch in Böhmen, dem 
Lande der böhmischen Dörfer, mit Münchhausenscher Meister- 
schaft gesprochen wird. Man darf nur erwägen, dass ‚auch in 
der hühnerreichsten Gegend nicht Kette an Keite liegt, sondern 
jede, besonders eine schon beschossene oder zersprengte, mit 
Vorstehhunden aufgesucht werden muss, dass die Hühner nicht 
immer in Bewegung und ebenso zahlreich sind, wie bei uns die 
Staare in der Heuernte, dass auch der ferligste Flugschütze nicht 
jedesmal eine Dublette, manchmal auch einen Fehlschuss macht 
und auf angeschossene Hühner, wenn er kein Aasjäger ist, Nach- 
suche anzustellen hat, so wird man, von unvermeidlichem Jagd- 
malheur ganz abgesehen, leicht berechnen können, dass sechs 
Schützen an einem Morgen, also in etwa 6 Stunden, 600 — 800 
Hühner zu schiessen nicht im Stande sind. Jeder Schütze müsste 
in 360 Minuten 133°% Stück erlegen und — wir nehmen Glücks- 
kinder an, die auf zwei Schüsse manchmal drei und vier Stücke 
zur Erde bringen — circa 120 Mal laden. 

 Angefügt ist dem Werkchen ein Verzeichniss aller böhmischen 
Vögel in lateinischer, deutscher und böhmischer Sprache. 

In Bezug auf den Styl und die Orthographie wären Aus- 
stellungen zu machen, wovon indess Manches auf Verantwortung 
des Setzers kommen mag. Ein wesentlicher Eintrag geschieht 
dadurch dem Büchlein nicht. Recensent heisst dasselbe freudig 
willkommen und kann es Jedem, der die Wichtigkeit derartiger 
Arbeiten für das endliche Zustandekommen einer tüchtigen Orni- 
thologie Europas kennt, mit vollster Ueberzeugung als eine sehr 
fleissige gediegene Arbeit empfehlen. 


190 


Möchte doch der Herr Verfasser allen Fleiss anwenden, um 
mit unumstösslicher Gewissheit zu erforschen ,. ob ‚Colymbus 
arcticus und septentrionalis, Anas glacialis, Charadrius pluvia- 
is und die sonst noch vermuthungsweise angeführten Brutvögel 
sich als solche bestätigen, wodurch dem Böhmerlande, das, wie 
oben gezeigt, mehrere sehr bemerkenswerthe ständige Brutvögel 
hat, ein höchst interessanter Charakter gesichert wäre. 


Ein Freund von Brehm’schen Snbspecies ist Palliardi nicht. 
Sehr originell äussert er sich: Obwohl der Schnabel des Wiede- 
hopfs sehr in der Grösse ändere und solche mit sehr ‚grossen 
Schnäbeln gefunden würden, halte er es doch für Unrecht, eine 
eigene Art darum zu bilden, da ein derartiger grosser Schnabel 
doch nur Abnormität bleibe und es auch Menschen mit abnorm 
grossen Nasen und wieder andere mit abnorm kleinen Näschen 
gebe. Desswegen nimmt er auch nur Eine Art von Nucifraga 
an, von der lang- und kurzschnäblige in seinem Vaterland ge- 
funden werden und verwirft die ebenfalis vorkommende Certhia 
brachydacetyla. Auffallen muss es darum, dass die Sylvia Wolfii 
als Art aufgeführt wird. 


Vergleichen wir schlüsslich die böhmische und unsere Ornis 
mit einander, so weist meine Bearbeitung der bayr. Ornithologie 
im ersten Hefte der Abhandlungen des zoologisch-mineralogischen 
Vereines in Regensburg und die im Jakrgange 1851 dieses Blat- 
tes gegebenen Nachträge 313 Nümmern nach, die sich auf 316 
vermehren, wenn ZLimosa Meyeri, Tringa Schinzii und Anthus 
cervinus, die auch bei uns schon vorgekommen sind, als beson- 
dere Arten, wie diess bei Palliardi geschieht, betrachtet werden. 
In diesem Falle hat dann Bayern 35 Vögel mehr als Böhmen. 
Sterna macrura jedoch und TZurdus pallens hat Böhmen vor 
Bavern bis jetzt voraus. 

Damit nehmen wir von dem Herrn Verfasser unter aufrich- 
tigstem Danke für seine schätzenswerthe Gabe freundlichen 
Abschied. 


Ammerndorf am 16. Juni 1853. . 
Jäckel, Pfarrverweser. 


191 


Die vierte Versammlung ungarischer Forstwirthe 
zu Neusohl am 22. bis 25. Juni 1853. 


Die erste Sitzung eröffnete der Präsident Graf v. Königsegg. 
Anwesend waren mit Einschluss der Gäste 104 Personen... Der- 
selbe theilte in einem ausführlichen Berichte die Wirksamkeit 
des Vereins seit der letzten Hauptversammlung mit. Der Stand 
der Mitglieder ergab 803, unter denen 119 neu zugewachsen. Der 
Kassastand hat einen Baarfond von 2579 fl. 11 kr.. CM. ; Höchst 
freudig überraschte die während der Versammlung angekommene 
Nachricht, dass Se. kais. Hoheit der durchlauchtigste Erzherzog 
Albrecht, Givil- und Militär-Gouverneur von Ungarn das Proteötorat 
des Vereines gnädigst anzunehmen geruhte, Ein lebhaftes „Eljen“ 
begleitete diese für das Gedeihen des Vereines gewiss segens- 
reiche, gnädigste Entschliessung. Der Verein beschloss, sogleich 
eine Dankadresse an Se. kais. Hoheit abzusenden. Als Ort der 
künftigen jährlichen Hauptversammlung wurde Fünfkirchen und 
als dritter Vorstand Ferdinand Laudin, Forstmeister Sr. k. Hoheit 
des durchlauchtigsten Erzherzogs Albrecht zu Bellye gewählt. — 
Berathen wurden noch die, durch das Komite vorgelegten, im 
Sinne des neuen Vereinsgeselzes umgearbeiteten Vereinsstatuten, 
dann die vortheilhafteste Durchführung des Urberialgesetzes leb- 
haft discutirt, wegen Kürze der Zeit aber dieses Thema auf die 
folgende Sitzung offen gehalten und für die freundliche Aufnahme 
der Stadt eine Dankadresse beschlossen. 

Zur Gründung einer Forstschule wurde ein Aufruf an die 
hochherzigen Waldbesitzer Ungarns zu freiwilligen Beiträgen 
beschlossen und derselbe in der vorgelegten Verfassung nach 
unbedeutenden. Modifikationen angenommen. Nach geendigter 
Sitzung wurde Dr. Zipser's Mineraliensammlung, so wie die 
sinnreich geordnete Kunst- und Naturprodukten - Ausstellung im 
Kammerhofe in Augenschein genommen. 

In der dritten Vereinssitzung debattirte man über die Grün- 
dung einer eigenen Vereinsredaction. Hierauf folgte die Wahl 
des Komites, welches aus 12 Mitgliedern besteht, sowie die 
Wahl der Prüfungskommissäre für die nächste Staatsforstprüfung 
und der Abgeordneten zur künftigen Reichsforstversammlung. 
Nach Schluss der Sitzung versammelte sich die Gesellschaft zu 


192 
einem von der k. k. Forstdirektion von Niederungarn veranstal- 
teten Diner , ‚wobei Herr Ministerialrath Ritter v. Russegger 
Toaste für das Wohl Sr. Majestät des Kaisers, Sr. k. Hoheit des 
Herrn Erzherzogs Albrecht und der Herr Präsident für das Ko- 
mitat und die Stadt ausbrachte. 

‘ Die Gegenstände, welche in den drei Versammlungen zur 
Sprache kamen, waren: 


1. Mittheilungen über das Gedeihen der Eicheln und Knop- 
pern undi:deren: Preise aus den verschiedenen Gegenden, sowie 
Angabe der Ursachen des Nichtgedeihens — ‘ob nämlich Mangel 
an Blüthen, oder Vernichtung derselben durch Frost, Insekteu 
oder andere und welche Umstände das Gedeihen verhinderten. 

2. Mittheilungen ‚über die zweckmässigste Behandlung der 
Knoppern. während und nach der Erndte, Betrachtungen über. die 
Lebensweise der Cynips querc. calycis. 

3. Erfahrungen über die Behandlung der Eichenschälwaldun- 
gen in Ungarn, und über den Reinertrag- der, Stingelrinde im 
Vergleich der andern üblichen Betriebsarten nach den Lokalver- 
hältnissen. 

4. Mitiheilungen. über Versuche und Erfahrungen der Erträge 
der Zerreiche im Hoch- und Niederwaldbetrieb, mit Angabe des 
Gulminationspunktes im Hoch-, als auch der Reproductionskraft 
im Niederwalde nach den verschiedenen Standortsverhältnissen. 

5. Ueber Köhlereien und deren Resultate. 

6. Mittheilungen über Pottaschesiedereien mit Angabe des 
Geldertrages bei der Erzeugung roher und kalcionirter Pottasche 
im Vergleiche zu den lokalen Holzpreisen. 

7. Auf welche Weise, und mit welchen Holzarten ‚können 
verödete Waldbiössen oder andere verödete Grundstücke, beson- 
ders mit magerem, trockenem, humusarmen Boden, auf verläss- 
liche und nicht zu kostspielige Art mit Erfolg in Waldkultur ge- 
bracht werden ? und. welche Erfahrungen liegen darüber vor? 

8. Ist es zweckmässiger, dass das Forstpersonal, besonders 
das Schutzpersonal ım Walde, oder in den Ortschaften wohne? 
und was ist bei Anlegung und Erbauung ‘neuer Wohnungen in 
Bezug auf Lage u. sw. ausserdem zu berücksichtigen. 

9. Aufstellung neuer Themata für die nächste Versammlung. 

Am 25. Juni fanden Excursionen in die benachbarten k. k. 
Forste stait. ı Dr. Z. 


Im Korresp.-Blatte Nr. 9 S. 143 Zeile 2 von unten muss es 
heissen anstatt Os thyreoideum — Os hyoideum. 


Zu beachten. Die Revisionsbogen der in das Korresp.- 
Blatt aufgenommenen Aufsätze werden von jetzt an jederzeit dea 
Herrn Verfassern franco zugesendet, mit der Bitte, dieselben 
genau korrigirt (besonders in Betreff der Eigen- und Orts- 
namen) unter einfachem Bande mit einer Kreuzermarke 
frankirt in kürzester Zeit zurückzusenden. Ausser den nöthigen 
Korsakinrbemerkunesn, darf natürlich nichts Geschriebenes bei- 
gelegt seyn. Die Redaktion. 


AM 


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