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Full text of "Cézanne und sein Kreis; ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte. Mit 171 Tonätzungen und einem Lichtdruck"

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C^ZännE 


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C]£ZANNE  UND  SEIN  KREIS 


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CEZANNE 
UND  SEIN  KREIS 

EIN  BEITRAG  ZUR  ENTWICKLUNGSGESCHICHTE 
VON  JULIUS  MEIER- GRAEFE 


DRITTE  AUFLAGE 
SECHSTES  BIS  ACHTES  TAUSEND 

MIT    171  TONÄTZUNGEN    UND   EINEM   LICHTDRUCK 


R.     PIPER     UND     CO.     VERLAG     MÜNCHEN 

1922 


ND 


053 


Cödtlö. 


I  \^  ^  ^ 


DRUCK  DES  TEXTTEILES  VON  E.  HABERLAND  IN  LEIPZIG 


I. 

„LA  FIN  EST  LA  DELECTATION"  SAGTE  POUSSIN,  OHNE  DAMIT  ETWAS 
Besondres  zu  sagen.  Dreihundert  Jahre  später  dachte  es  Renoir,  und 
da  war  es  etwas  Unerhörtes  geworden,  ein  Protest  gegen  ungefähr 
alles  der  Zeit  und  ein  Protest  ohne  eine  Spur  von  Verneinung.  O  die 
flink  Degoutierten,  die  den  alten  Renoir  zu  süß  finden!  O  die  Dia- 
betiker! Sie  ahnen  nicht,  um  Avie  vieles  die  Süßigkeit  Renoirs  die 
Süße  seiner  Farben  übertrifft.  „Je  reste  dans  mon  rang"  sagte  er  ein- 
mal als  alter  Mann,  und  noch  bevor  er  richtig  Olmalen  gelernt  hatte, 
schrieb  er  es  über  seine  Zukunft.  Nur  nichts  stürzen!  drin  bleiben! 
unter  allen  Umständen  drin  bleiben!  Wenn  es  keine  Gilde  mehr  gibt, 
so  tun,  als  ob  es  eine  gäbe,  und  die  Gemeinde  stände  da  und  machte 
mit.  Erst  die  Gemeinde,  dann  das  andre.  Erst  Franzose,  dann  Künstler. 
Erst  Porzellanmaler,  dann  der  große  Mann. 

Weil  seine  Delektation  wie  Milch  und  Honig  fließt,  ohne  den 
Tropfen  Tragik,  darum  erscheint  er  belasteten  Zeiten  zu  süß.  Denn 
es  geht  rücht  an,  so  zu  tun,  als  gebe  es  in  der  Welt  nur  prangende 
Frauenbrüste.  Vielleicht  ist  wirkhch  seine  Delektation  nur  würziger 
Sensuahsmus,  und  sein  Rünstlertum,  dem  nichts  wie  der  Drang  nach 
Verallgemeinerung  befahl,  doch  nur  eine  Seltenheit,  ein  Traum,  un- 
geeignet für  unsre  Blößen.  Seine  Reihe  ist  nicht  die  unsere,  kann  nicht 
die  unsere  sein.  —  Kein  Wunder,  daß  die  Masse  fern  bheb.  Er,  dem 
die  Schule  über  alles  ging,  hat  keine  Schule  gemacht.  Monet  herrschte 
über  das  neue  Jahrhundert  hinaus.  Die  Generation,  die  dann  auftrat, 
lief  in  Scharen  zu  dem  Genossen  Renoirs,  der  in  allem  von  dem  Gegen- 
teil Renoirs  ausging;  ein  Einsamer,  der  die  Einsamkeit  ins  Lächerliche 
steigerte,  Persönlichkeit  ohne  ein  Atom  persönlicher  Suggestion,  ohne 


Sensualismus,  ein  Mensch,  dem  prangende  Brüste  entsetzlich  waren, 
ein  Künstler,  der  nur  Sensualismus  und  nur  Delektation  geworden 
ist;  reinster  Sensualismus,  reinste,  von  allem  Zweck  erlöste  Delektation. 

Um  die  Empfindlichkeit  des  Koloristen  zu  schildern,  nimmt  man 
zarte  Dinge,  sieht  ein,  daß  sie  zum  Beispiel  noch  zarter  als  die  Äqui- 
valente Renoirs  sein  müssen.  Und  auf  der  Suche  nach  dem  Zartesten 
gerät  der  Zuhörer  in  Gefahr,  Ursache  und  Wirkung  zu  verwechseln 
und  C^zanne  im  Bereich  femininer  Dinge  zu  suchen.  Dann  er- 
innert man  sich,  daß  er  in  WirkHchkeit  gar  nicht  so  zart  eher  derb 
ist,  derb  wieRembrandt  und  zwar  wie  der  alteRembrandt;  im  Grunde 
ein  kühler  Denker,  rücksichtsloser  Konstrukteur;  im  Grunde  ein  Bru- 
taler, neben  dem  Courbets  animalische  MännHchkeit  weich  und  ver- 
worren erscheint;  im  Grunde  der  männlichste  Künstler  Frankreichs. 

Um  Werke  wächst  es  immer  wie  Urwald.  Man  sollte  meinen,  in 
kleinen  Zeiten  ragten  sie  um  so  sichtbarer  empor.  Natürlich  trifft 
das  Gegenteil  zu.  Je  größer  sie,  je  kleiner  die  Zeiten  sind,  desto  tiefer 
verstecken  sie  sich,  und  sobald  eine  Generation,  eine  einzige,  nicht 
mehr  mit  schöpferischem  Appetit  zu  ihnen  dringt,  vnrd  der  Wald  so 
dicht,  als  hätte  sich  nie  einer  zu  ihnen  verirrt.  Zu  Rembrandt  mögen 
immer  ein  paar  Augen  den  Weg  gangbar  halten.  Wir  wollen  es  an- 
nehmen, obwohl  nur  wenig  dafür  spricht.  Auch  in  hundert  Jahren 
mag  sich  immer  noch  einer  mit  blankem  Beil  auf  den  Gang  durch 
den  Urwald  machen.  Aber  wenn  wir  zu  viel  von  Rembrandt  wissen, 
wissen  vnr  von  Cezanne  zu  wenig.  Da  er  uns  selbst  gemalt  hat,  ist  er 
uns  fremder  als  ein  Unbekannter  des  Trecento  aus  Siena.  Immerhin 
sieht  man,  was  Rembrandt  von  der  Mitgift  seiner  Zeit  wegließ  und 
was  er  von  der  Zukunft  hinzutat.  Mit  der  Feststellung  dessen,  was 
Cezanne  wegließ,  könnte  man  Bände  füllen,  und  es  wäre  keine  schwere 
Arbeit.  Aber  kein  Kaufmann  addiert  bei  der  Inventur  das  nicht  Vor- 
handene. Was  übrig  bleibt  und  dazu  kam,  steht  in  Frage.  Übrig 
bleiben  ein  paar  Flecke  auf  weißer  Leinwand. 

Da  steht  der  Ungläubige,  pocht  und  fragt,  verlangt  Antwort  in  zwei 
Worten,  kurz  und  bündig  wie  die  Flecken  auf  der  Leinwand.  Ich 
sitze  da,  rede  hin  und  her,  gestikuliere.  Schon  nickt  er,  von  dem 
Schvdndel  überzeugt,  sieht  auf  meine  Hände,  lächelt.  Nicht  etwa 
meine  Unfähigkeit  ist  für  ihn  erledigt,  sondern  Cezanne.  Hinterher 
fällt  mir  ein,  daß  der  Esel  gar  keinen  Anspruch  auf  die  zwei  Worte 
besitzt,  weder  bei  Rembrandt,  an  den  er  glaubt,  noch  bei  einem  andern, 
an  den  er  nicht  glaubt 

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Die  ersten  Bilder  von  Physiognomie  sind  schwarze  Fetzen,  und  die 
Physiognomie  ist  eine  Fratze.  Sie  beginnen  um  1863,  als  C^zanne 
vierundzwanzig  war.  Er  hat  weit  früher  angefangen,  schon  1858,  als 
er  in  Aix  auf  Verlangen  des  Vaters,  gezwungen  und  ohne  Murren,  das 
Studium  der  Rechte  begann;  damals  als  Autodidakt  mit  belanglosen 
Nachahmungen'^ 

Sein  Vater,  wohlhabender  Bankier,  gab  der  Mutter,  die  wie  alle 
Mütter  an  die  Berufung  des  Sohnes  glaubte,  nach,  erlaubte  1861  die 
Übersiedlung  nach  Paris  und  versuchte,  als  der  Junge  das  nächste  Jahr 
so  leichtsinnig  war,  die  Ferien  in  Aix  zu  verbringen,  noch  einmal  und 
um  so  energischer,  ihn  an  das  Bankhaus  zu  fesseln.  Cezanne  gehorchte 
wie  immer,  aber  erwies  sich  ungeeignet.  1863,  im  Jahre  des  Todes 
Delacroix'  und  der  Taufe  der  „Olympia",  wird  Cezanne  endgültig 
Maler  und  arbeitet  in  der  Academie  Suisse  in  Paris  neben  Pissarro 
und  Guillaumin.  In  der  Zwischenzeit  sind  die  schnurrigen  Deko- 
rationen in  dem  elterlichen  Landhaus  bei  Aix  entstanden;  überdünne, 
überglatte  Figuren  von  übernaiver  Einfalt.  Er  machte  sich  den  Witz, 
sie  Ingres  zu  signieren. 

1803  beginnen  die  sogenannten  Studienköpfe.  Mit  faustdicken 
Kreuz-  und  Querstrichen  des  Palettenmessers  werden  Gesichter  ge- 
kleistert; Gebilde  von  unglaublicher  Rohheit.  Etwa  ein  van  Gogh  aus 
der  Vorstadt,  ohne  Rhythmus,  ohne  jeden  Klang,  beleidigend  proleta- 
risch. Das  Hauptbild:  Porträt  des  Vaters,  ein  lebensgroßer  Zeitungs- 
leser*\  erinnert  an  Courbet,  wie  ein  schlecht  gebackener  Schneemann  an 
einen  Menschen.  Auch  die  ersten  Selbstbildnisse  sind  unter  den  Köpfen, 
darunter  eins  von  1864,  von  dem  man  mit  mehr  Recht  sagen  könnte, 
was  ein  Münchener  Kritiker  damals  von  den  frühen  Arbeiten  unsers 
Marees  behauptete:   mit  der  Maurerkelle  gemalt. 

Daneben,  zu  gleicher  Zeit  oder  etwas  später,  sogenannte  Kompo- 
sitionen. Zola,  Intimus  und  Schulkamerad  in  Aix,  der  mit  Enthusi- 
asmus den  ersten  Schritten,  mit  wachsendem  Mißtrauen  den  weitem 
zusah,  besaß,  ohne  darauf  stolz  zu  sein,  einige  dieser  Kompositionen, 
darunter  die  z\vischen  1866  und  68  entstandene  „Entführung" 5\  In 
einer  kulissenhaft  romantischen  Landschaft,  dunkler  als  die  dunkelsten 
Courbets,  steht  vom  ein  nackter  Kerl  mit  einem  nackten  Weib  auf 
den  Armen;  der  Kerl  mit  übertriebenen  Muskelteilen  k  la  Daumier; 
das  Weib,  schwammiges  Weiß,  ungeheuerliche  Extremitäten,  ein 
Paket  aus  Armen  und  Beinen.  Im  Hintergrund  ein  paar  kleinere 
Nacktheiten,  verkrümelte  Fleischteile.    Alles  andere,  nur  nichts  für 


die  Jungen  von  damals.  Nichts  von  Naturalismus,  eher  das  Gegen- 
teil, nichts  von  Manet.  In  den  verkrümelten  Nacktheiten  des  Hinter- 
grundes ein  kindisches  Barock,  das  Delacroix  vom  Tisch  gefallen  sein 
könnte;  Brotkügelchen,  mit  denen  dicke  Finger  gespielt  haben. 

Dies  der  Anfang,  wenn  man  sich  nicht  allein  an  die  gekleisterten 
Köpfe  halten  will;  ungemein  bezeichnend,  wenn  auch  nicht  für  unsre 
Vorstellung  von  Cezanne.  Keiner  der  Generation  hat  so  begonnen, 
so  talentlos  und  so  brutal.  Die  Übereinkunft,  Cezanne  mit  einer  be- 
stimmten Gruppe  seinerzeit  zusammenzutun,  erweist  schon  hier  eine 
Lücke.  Alle  andern  zeigen  in  den  ersten  Bildern  Keime  der  Eigenart 
innerhalb  einer  mehr  oder  weniger  gesicherten  Tradition,  sindcourbet- 
hafte,  corothafte  Individualitäten.  Selbst  die  viel  später  kommenden 
wilden  Leute  wie  van  Gogh  und  Gauguin  fangen  zahmer  an.  Cezanne 
ist  anders,  nicht  weil  er  sich  andre  Vorbilder  aussucht.  Hinter  den 
Studienköpfen  steckt  keine  Meisterverehrung,  eher  das  Gegenteil,  die 
Verachtung  aller  Autorität,  ein  in  der  Form  empörender  Hohn,  nicht 
auf  die  Pompiers  des  „Salon",  sondern  auf  die  besten  Götter  der 
Minorität,  auf  alle  und  alles.  Soweit  sein  Verhältnis  zu  Manet,  der 
damals  noch  auf  die  Anhängerschaft  einer  winzigen  Minorität  ange- 
wiesen war,  aus  den  Karikaturen  auf  die  „Olympia"  und  aus  gut  ver- 
bürgten Redensarten  über  Manet  hervorgeht,  grenzt  es  an  Zynismus. 
Er  hat  Rubens  und  Delacroix  bewundert.  Über  den  Niederschlag 
dieser  Bewunderung  in  manchen  frühen  Bildern  stehn  dem  Be- 
trachter die  Haare  zu  Berge. 

Der  Unterschied  ist  sozialer  Art.  Der  Anfänger  steht  anders  zu  der 
Konvention,  nicht  zu  dieser  oder  jener,  sondern  zu  jeder.  Die  andern 
wurden  Revolutionäre  genannt,  -war  fragen  uns  heute,  warum.  Dieser 
Anfänger  ist  Anarchist  und  muß  auch  heute  noch,  wird  mit  den  Erst- 
lingswerken immer  dafür  gelten.  Er  ist  nicht  nur  ärmer  an  sichtbarer 
Begabung,  vor  allem  ärmer  an  Scham.  Er  macht  den  Anfang  eines 
Künstlers,  der  nicht  in  den  sechziger  Jahren,  auch  nicht  in  den  neun- 
zigern,  sondern  heute  beginnt.  Erst  heute  sind  solche  Anfänge  an  der 
Tagesordnung,  und  selbst  heute  fiele  es  schwer,  einen  Jungen  zu  finden, 
der  so  wenig  mit  den  Tendenzen,  oder  auch  nur  mit  den  Sclilagworten 
seiner  Tage  rechnet  wie  der  junge  Cezanne. 


IG 


n. 

Das  geht  ein  paar  Jalire  so  mit  den  geklexten  Köpfen  und  ver- 
krümelten Motiven.  Nebeneinander  laufen  Tendenzen  aller  möglichen 
Art,  man  kommt  zu  keiner  Handschrift.  Es  genügt,  sich  die  glatten 
Dekorationen  bei  Aix  neben  die  Rleisterköpfe  und  die  wieder  ganz 
andern,  verblasenen  Motive  zu  halten.  So  heterogene  Dinge  lassen 
einen  Menschen  erraten,  der  nicht  von  Natur  aus  an  ein  bestimmtes, 
auszubildendes  aber  unersetzliches  Organ  gebunden  war,  sondern  mit 
Experimenten  einen  Ausdruck  suchte  und  dann  erst  etwas  auszu- 
drücken hatte.  Auch  das  ist  Unikum  in  der  Geschichte.  Ein  Mensch 
nicht  nur  ohne  Schule  und  den  Begriff  für  Schule,  sondern  auch  ohne 
spezifische  Natur.  Warum  malte  er?  Bei  van  Gogh  kann  man  ange- 
sichts der  allerersten  Sachen  vielleicht  ebenso  fragen.  Aber  selbst  ab- 
gesehn  von  der  unübersehbaren  Differenz  z"\vischen  den  Zeiten,  vermit- 
telt die  Ethik  van  Goghs  seinem  Biographen  sofort  eine  wohlklingende 
Antwort,  und,  so  schön  es  bei  ihm  weiterging,  die  Fortsetzung  ver- 
schweigt nie  die  Unsicherheit  des  Beginns.  Nichts  ist  erstaunlicher, 
als  daß  C^zanne  ein  Werk  hervorbrachte,  an  dem  gerade  das  Organische 
am  stärksten  überzeugt  und  die  Form  geradezu  das  Wesen  des  Menschen 
enthält.  Wenn  aus  den  Anfängen  überhaupt  auf  Kunst  geschlossen 
werden  konnte,  blieb  für  den  Optimisten  nur  die  Prophezeiung,  daß 
die  Resultate  von  Grund  aus  anders  sein  würden  als  die  gewohnten; 
auf  Begriffe  von  Natur,  Ausdruck,  Eigenart  gestellt,  die  bis  dahin  un- 
bekannt waren. 

Die  gekleisterten  Köpfe  hören  auf,  aber  die  schwarzen  Barock- 
Motive  gehn  weiter  und  verkleistern  sich,  wenn  der  Ausdruck  erlaubt 
ist.    Das  Barock  verliert  das  Verkrümelte,  dehnt  sich  aus  zu  tollen 

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Kurven,  gebaucht,  gespreizt,  geschwungen  und  im  Schwung  spitz- 
winklig zerrissen;  der  Traum  eines  irgendwie  geknebelten  Visionärs, 
den  die  Geschichten  der  Daumier  und  Delacroix,  derTintoretto,  Greco 
erschrecken;  geknebelt  aber  irgendwie  musikalisch.  Schon  ist  da 
etwas.  Die  Farbe  dehnt  sich  aus,  verliert  alles  Verblasene,  sondert  das 
Dunkle  als  leuchtendes  Schwarz  gegen  andre  tiefe  Klänge,  ordnet  sich 
zu  starken  Kontrasten  innerhalb  einer  beschränkten,  aber  merkwürdig 
sonoren  Klangwelt.  Man  gesteht  sich  die  Wirksamkeit  des  Farbigen, 
auch  wenn  die  Deutung  des  Motivs  entgeht.  Das  Auge  saugt  sich  voll 
an  breiten  Flächen  von  Grün,  tiefem  Grün,  dunkler  als  Smaragd, 
Bananengelb,  kaltem  Blau,  fettem,  gleißendem  Weiß;  schwelgt  schon, 
dem  Verstand  voraus,  hat  schon  empfangen.  Der  Verstand  sucht  nach 
dem  Titel:  „Frühstück  im  Freien";  wenn  man  vom  Farbigen  absähe, 
eine  dumme  Persiflage  auf  Manets  „Dejeuner  sur  l'herbe".  Menschen, 
Fragmente  von  Menschen,  um  so  etwas  wie  ein  Tischtuch  herum ;  das 
Tischtuch  irgendwie,  irgendwo  über  dem  Boden;  überhaupt  kein  Tisch- 
tuch, einfach  hingespritztes,  laufendes  Weiß.  Eine  Donna  von  zwölf 
Kopflängen,  dünn  vde  Papier.  Im  schwarzen  Bart  ein  Rund,  ein  Kopf, 
Bart  ohne  Kopf,  ein  leuchtender  Schädelteil  ohne  Körper,  etwas  Ge- 
drehtes, Gedrechseltes  soll  Bein  sein;  noch  so  ein  zusammengeknülltes 
Profil,  und  dann  einer  an  dem  Tischtuch  mit  grellem  schmalen  Gesicht, 
beinahe  mit  Ausdruck;  vorn  irgendwo  ein  Fabeltier  aus  Schatten,  ein 
Hund  von  der  Rasse  der  Köter  auf  Marees'  letzten  Bildern.  Wie  ge- 
sagt, wenn  man  vom  Farbigen  absehn  könnte !  Aber  davon  läßt  sich 
nicht  absehn,  es  bleibt  nicht  viel,  wenn  man  davon  absieht,  aber  es 
wäre  zum  Beispiel  unmöglich,  die  Farben  anders  zu  konstituieren. 
Sie  sind  ganz  undenkbar  in  einer  andern  Zeichnung.  Die  Harmonie 
läßt  sich  nicht  aus  dem  Bilde  lösen,  die  Farbigkeit  wird  nicht  von  der 
Farbe  allein  geschaffen.  Schon  dämmert  der  Instinkt:  Die  Verteilung 
der  Massen  ist  vielleicht  ebenso  wichtig,  vielleicht  noch  wichtiger; 
schon  allein  die  Mischung  des  Hellen  mit  dem  Dunkeln,  schon  das 
Zusammen  von  graden  und  geschwungenen  Formen. 

Ich  setze  einen  Beobachter  voraus,  der  nicht  nur  das  „Frühstück", 
sondern  eine  Anzahl  der  folgenden  Barockbilder  vor  sich  hat,  meinet- 
wegen die  verwegensten,  den  kirmesbildartigen  „Mord",  die  erste 
„Versuchung  des  heiligen  Antonius"  mit  den  drei  dreieckig  angeord- 
neten Frauen  in  der  Mitte  und  dem  schiefen  grecohaften  Mönch  links, 
vor  dem  sich  eine  vierte  wie  eine  Fahne  bäumt;  oder  die  Flußbilder 
mit  unförmhchen  Fleischmassen,  Weibern,  die  wie  Berge  auf  den 

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Ufern  lasten,  Männern,  deren  groteske  Barte  in  die  Umrisse  des  Landes 
aufgehn,  Flüssen  mit  phantastisch  bespiegelten  Wellen,  muschelartigen 
Scliiffen  mit  Leichentüchern  statt  Segeln*^  Je  mehr  man  von  den 
tollen  Dingen  bei  Vollard  sah,  desto  mehr  hätte  man  sehn  mögen,  um 
sie  zu  Friesen  an  einander  zu  binden.  Mit  der  Gesamtheit  beschwich- 
tigte inan  die  tolle  Gebärde  des  einzelnen,  fand  sie  nötig  für  die  Macht 
dieser  Farbigkeit.  Eine  fast  drohende  Macht,  keineswegs  nur  Ge- 
schmackswert. Auf  alle  Leistungen  des  Geschmacks  mit  oder  ohne 
Ornament  sind  wir  schon  lange  so  gut  gedrillt,  daß  sich  jede  Neuheit 
von  selber  einordnet,  auch  wenn  wir  noch  nicht  ihren  engern  Begriff 
formuliert  haben,  noch  ihre  Herkunft  erkennen.  Auch  auf  den  freiesten 
Geschmack.  Die  materielle  Herkunft  der  Farben  dieser  Barockbilder 
erkennt  man  sofort.  Sie  stammen  von  der  Palette  des  spanischen  Manet, 
dem  Zola  den  Freund  zuführte;  sie  haben  nichts  von  Manet.  Manets 
Farbe  hat  nie  diese  dunkle  drohende  Macht,  Manet  hat  überhaupt 
nichts  Dunkles  hinter  dem  Motiv.  Man  sieht  gleich,  was  er  will.  Das 
Motiv  läuft  uns  entgegen,  fast  an  uns  vorbei.  Es  ist  gut  gemalt,  wunder- 
voll gemalt.  Wir  haben  sofort  zehn  Argumente  für  eins,  um  unser 
Urteil  zu  belegen,  hatten  sie  beim  Anblick  des  ersten  Manet,  und  be- 
griffen das  Toben  gegen  die  Olympia  vde  eine  Dummheit  heroischer 
Zeiten.  Der  Widerstand  gegen  alles  Neue  wich  sofort,  mußte  für 
jeden  Sehenden  weichen,  da  man  mühelos  die  gehobenen  Werte  der 
Spanier  und  Courbets  erkannte.  Das  Mißverständnis  ging  nur  das 
Publikum  an  und  war  nur  in  einer  Zeit  denkbar,  die  zu  den  alten 
Meistern  kein  Verhältnis  besaß.  Die  Revision  der  Kunstgeschichte 
war  Manets  bestes  Argument.  Wir  verdanken  ihm  nichts  so  sehr  -vvie 
den  QuaUtätssinn  für  die  Werke  der  Alten.  Sein  eignes  Werk  war 
erhöhte  Qualität. 

Qualität!  Die  Zunge  schlägt  an  den  Gaumen,  sofort  ist  die  Kenner- 
schaft zur  Hand.  Die  Schnelligkeit  der  Reaktion  spricht  gegen  ihre 
Tiefe,  beschränkt  den  Umfang.  Wohl  wird  Vollkommenes  erwiesen 
und  eine  außerordentlich  natürliche  Vollkommenheit;  erwiesen  mit 
Temperament,  spontan,  mit  allen  Zeichen  engster  Beteiligung  des 
Malers,  höchst  lebendig,  in  jedem  Strich  persönHch.  Schön,  sehr  schön 
und  überdies  unentbehrUch  für  eine  Zeit,  die  statt  der  Sinne  Hokus- 
pokus im  Kopfe  hatte.  Im  Grunde  aber  nur  sinnliche  Steigerung.  Sie 
zeigt  von  dem  Maler  das  Handliche,  mit  der  Hand  Gemachte,  das  sich 
greifen  läßt.  Es  ist  möghch,  daß  er  trotz  aller  Intensität  dabei  an 
etwas  anderes  dachte,  das  für  uns  wichtiger  gewesen  wäre  und  das 

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gerade  seine  Intensität  hinderte,  mit  in  das  Bild  zu  gelangen.  Cezanne 
ist  an  seinen  unförmlichen  Massen  ganz  anders  beteiligt.  Freilich  kann 
er  sich  nicht  so  leicht  ausdrücken,  obwohl  er  es  ganz  sicher  ebenso 
möchte.  Die  Sehnsucht  nach  Ausdruck  klagt  wie  ein  düsterer  Chor. 
Sie  beugt  und  zwängt  die  Leiber,  beschwert  Gewänder,  starrt  in  der 
Farbe.  Vielleicht  gelingt  es  nicht  so  leserlich,  weil  der  Maler  plump 
ist  und  sich  seiner  Plumpheit  freut;  vielleicht,  weil  das  zu  Sagende 
schwerer  wiegt.  Neben  den  großen  Flächen  wirkt  Manet  klein,  neben 
dem  langsamen  Chor  wird  Manet  zu  beredt,  neben  der  Einfalt  der 
schwarzen  Kolosse  wird  Manet  gekünstelt.  Manet  hat  hundert  Seiten, 
sein  Fleisch,  sein  Leinen,  seine  Gewänder,  das  Stoffliche  von  Blume 
und  Blatt,  seine  Steigerung  der  Natur  bis  in  die  Fingerspitzen;  aber 
seine  Vielseitigkeit  sammelt  sich  nicht  gegen  die  geschlossene  Kraft 
der  schwarzen  Idyllen.  Den  zyklopischen  Wesen  naht  sich  nichts 
Stoffliches  solcher  Art.  Cezanne  hat  das  alles  geleert  und  abgetan, 
bevor  er  begann,  und  wir  sind  schon  so  weit:  nicht  seine  übertriebene 
Verallgemeinerung  beengt  uns,  sondern  Manet.  Der  Alleskönner  ist 
einseitig,  seine  Vielseitigkeit  beschränkt  sich  auf  Variation  eines  un- 
ergiebigen Themas,  spendet  Einzelheiten,  keine  Welt.  Manet  hat  nur 
sehr  seifen  Bilder  gemalt.  Die  Seltenheit  des  ganz  gelungenen  Stücks, 
dessen  Vollkommenheit  wir  mit  der  Angst  des  Zuschauers  eines  Seil- 
tanzes bewundem,  beschränkt  die  Gattung.  Cezanne  will  Bilder.  Massig 
wie  seine  Körper  wölbt  sich  das  Fundament  seiner  Vorstellung,  seiner 
Welt.  Es  ist  eine  dunkle  Welt.  Vielleicht  begreift  einer  die  Art  seiner 
schwarzen  Barockwerke  überhaupt  nicht  und  lehnt  sie  ab.  Nimmt  er 
sie  an,  ist  jedes  Werk  angenommen,  und  jedes  lichtet  das  Dunkel. 

Die  Sicherheit  des  Betrachters  bei  so  geringer  Hilfe  aus  gewohnter 
Natur  nährt  sich  offenbar  von  dem  dekorativen  Gehalt  des  Barocks, 
könnte  daher  auf  besondern  Schranken  beruhn,  die  jeden  Vergleich 
mit  einer  freieren  künstlerischen  Gebarung  trüben,  wenn  nicht  aus- 
schließen müßten.  Kein  Wunder,  daß  ein  Ornament  farbiger  wirkt. 
Wir  wollen  das  Schöne  nicht  mit  Verzichten  auf  unsre  Welt  bezahlen 
und  danken  den  großen  Leuten  unsrer  Zeit,  daß  sie  solche  Ansprüche 
weckten  und  erfüllten.  (Freilich  gingen  wir  dabei  zuweilen  zu  flink 
über  den  Rest  unsers  Anspruchs  hinweg  und  ließen  uns  an  Freiheit 
und  Person  genug  sein,  auch  wenn  wir  nicht  immer  wnßten,  was  da- 
mit anzufangen  war.)  Aber  die  Wirkung  des  Barocks  erschöpft  sich 
nicht  mit  der  Schranke.  Keine  unsrer  vielberufenen  Forderungen  wird 
in  Frage  gestellt,  keine  kommt  überhaupt  in  Betracht.  Das  Ornamen- 

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tale,  das  in  irgend  einem  Grade  zu  jeder  künstlerischen  Schöpfung  ge- 
hört, behaviptet  sich  hier  nicht  gegen  die  Empfindung,  noch  gegen  das 
PersönHche,  scheint  vielmehr  geradezu  nur  aus  der  Empfindung  ge- 
wonnen und  formt  sich  zum  Symbol  der  Persönlichkeit,  keineswegs  des 
Barocks.  Dieses  wird  nicht  benutzt,  um  der  Gestaltung  das  Besondere 
zu  geben,  eher,  um  das  Besondere  der  Anschauung  zu  ebnen.  Das  Or- 
namentale ist  Gliederung  der  Vision,  keineswegs  ihr  Inhalt.  Wir  ver- 
mögen das  Geistige,  das  dahinter  steckt,  noch  nicht  zu  bezeichnen, 
können  es  nur  interpretieren.  Soviel  steht  fest:  die  Kraft,  die  den  Maler 
zu  der  ungeheuerlichen  Verallgemeinerung  trieb  und  uns  mit  Zyklopen- 
finger anzieht  und  zur  Deutung  anhält,  ist  Bekenntnis. 

Darüber  läßt  sich  viel  und  wenig  sagen;  sehr  wenig,  wenn  jede  Ver- 
wechslung von  Ursache  und  Wirkung  vermieden  werden  soll  und 
man  im  Objektiven  bleiben  will.  Aber  wenn  wir  der  Kraft  im  Dunkel 
nicht  mit  festen  Formeln  nahe  zu  kommen  vermögen,  lassen  sich  mit 
Vergleichen  und  andern  Mitteln  mindestens  Wahrscheinlichkeiten 
aufdecken,  aus  denen  ihre  Gültigkeit  gefolgert  werden  darf.  Das  wäre 
wichtig,  nicht  umCezanne  zu  rechtfertigen,  für  dessen  Werk  die  kurze 
Periode  der  frühen  Barockbilder  nicht  viel  bedeutet,  sondern  unsert- 
wegen. Das  Ornainentale  seiner  Gestaltung  ist  hier  besonders  greifbar, 
und  aus  der  mangelhaften  Einsicht  in  sein  Wesen  sind  viele  der  Irrtümer 
entstanden,  mit  denen  unsre  Zeit  zu  rechnen  hat.  Um  der  Würde 
des  Gegenstands  und  seiner  Fülle  nicht  mit  Trockenheit  zu  begegnen, 
werde  ich  mich  mancher  Umwege  bedienen,  durchdrungen  von  der 
Einsicht,  auch  damit  nie  ersetzen  zu  können,  was  ein  einziger  Blick 
auf  das  Bild  an  der  Wand  erschließt. 

An  dieser  Stelle  nur  ein  in  zwei  Worten  zu  gebender  Hinweis  auf 
das  wichtigste  Hindernis  gegen  eine  allzu  einfache  Auffassung  Cezanne- 
schen  Stils  und  auf  die  wichtigste  Eigenschaft  seines  Ornaments  in 
allen  Perioden:  die  räumliche  Gewalt  dieses  Barocks.  Allen  voreiligen 
Schlüssen  widersetzt  sich  der  Gehalt  jedes  Bildes  an  Tiefe.  Wir  sind 
an  das  Omamentale  nur  in  einer  Dimension,  in  der  Fläche,  gewöhnt, 
und  gewinnen  aus  dieser  Beschränkung  des  Zaubers  die  meisten  unsrer 
Beschwerden.  Cezannes  Massen,  so  fetzenhaft  sie  sein  mögen,  gehn 
unheimlich  zurück,  sichern  irgendwie  einen  Raum,  den  Raum,  auf 
den  nicht  nur  die  Kunstgewerbler  unsrer  Tage,  sondern  bis  zu  einem 
sehr  weitgehenden  Grade  auch  die  an  greif  barer  Vitalität  überreichen 
Meister  unsrer  Malerei  notgedrungen  verzichten;  sichern  ihn  ohne 
Mätzchen,  ohne  kleinliche  Modellierung,  ohne  jede  Hemmung  für 

17 


das  Bekenntnis,  und  machen  ihn  fähig,  wenn  nicht  Menschen  und 
Dinge,  die  um^  gewohnt  sind,  so  Leben,  gespenstisches,  aber  uner- 
hört wahrscheinliches  Dasein  zu  tragen.  Nicht  das  dunkle  Ornament 
droht  und  lockt  uns;  wir  würden  bald  damit  fertig;  das  lebensträch- 
tige Wogen  der  Massen,  geknebelt,  murrend,  gepreßt,  hält  uns  in  Bann. 
Die  Pracht  regt  sich.  Das  Starre  ist  nur  die  Last  des  Farbigen,  ein 
langsames  Tempo,  ungewohnte  Abkürzung  des  Rhythmus.  Von 
irgendwo  aus  dem  Bilde  blickt  dich  längst  gesehnes  oder  geträumtes 
Dasein  an.  Man  fühlt  nur  nicht,  wo  es  ansetzt,  die  Fetzen  sind  un- 
gewohnte Angelpunkte  der  Natur.  Sicher  nicht  greifbare  Natur,  keine 
Natur  bis  in  die  Fingerspitzen.  Vielleicht  bis  in  die  Spitzen  andrer 
Organe,  die  schliefen,  als  die  Finger  wachten,  und  die  ganz  anders 
zugreifen  können.  Denn  dieses  Leben  gibt  es  in  den  Bildern  der 
andern  nicht. 

Für  diesen  Menschen^ ist  offenbar  die  Natur  nicht  da,  um  in  einer 
Übertragung  ihrer  Stofflichkeit  wiedergegeben  zu  werden,  und  die 
Kunst  gilt  ihin  nicht  deshalb,  weil  sie  malerische  Äquivalente  für  Fleisch 
und  Haar  besitzt.  Das  alles  liegt  hinter  ihm.  Er  möchte  sich  selbst  über- 
tragen, sich,  wenn  er  etwas  sieht,  das  ihn  bewegt:  seine  Bewegung. 

Manet  war  das  Temperament,  einen  Mann  auf  einer  Gartenbank  so 
zu  malen,  als  habe  es  im  Leben  nie  einen  Mann  auf  einer  Gartenbank 
gegeben;  die  Schnelligkeit,  mit  der  ein  Vorhang  vor  dem  Mann  weg- 
gerissen wurde.  Der  Betrachter  wurde  von  dieser  Bewegung  in  der 
Sehkraft  gesteigert.  Man  erfaßte  mit  Vehemenz  den  gemalten  Mann 
und  wunderte  sich  nach  dem  Anprall  ein  wenig,  nur  einen  Mann  auf 
einer  Gartenbank  vor  sich  zu  haben.  Bevor  man  sich  aber  auf  die  Ver- 
wunderung besann,  kam  die  schöne  Farbe  dazu.  Eine  pfeilsichre  Art, 
alles  für  den  Blick  Entscheidende  so  zu  geben,  daß  es  sich  unver- 
lierbar einprägte,  bediente  sich  wunderbarer  Farben;  ja,  mußte  sich 
ihrer  bedienen,  es  lag  im  System  der  Geschwindschrift.  Die  Geschwind- 
schrift allein  wäre  Experiment,  Kunststück  gewesen,  V\'illkür.  Die 
schöne  Farbe  vervielfachte  das  Phänomen,  entfernte  die  Willkür, 
machte  die  Geschwindschrift  zu  Kunst. 

Für  Cezanne  ist  es  nicht  bedeutungslos,  daß  er  wieder  gewagt  hat, 
„ungesehene  Dinge",  Geschichten  von  Don  Quichote  und  dem  heiligen 
Antonius  zu  malen,  Motive,  die  in  seinem  Kreise  verpönt  waren.  Aber 
er  macht  auch  aus  dem  Mann  auf  der  Gartenbank  solche  Geschichten. 
Ja,  er  bedarf  nicht  des  Mannes,  ein  paar  Apfel  genügen.  Dieselben 
Äpfel  genügten  Manet,  um  seine  Handschrift  unwiderstehlich  zu 

18 


machen.  Wir  wissen  in  der  Frühzeit  noch  nichts  von  der  Handschrift 
Cezannes,  und  es  ist  mehr  als  fraglich,  ob  wir  je,  auch  in  der  reichsten 
Zeit,  von  einer  Handschrift  im  gleichen  Sinne  reden  können,  obwohl 
auch  seine  Bilder  keiner  Signatur  bedürfen.  Im  Grunde  hatte  er  da- 
mals nicht  mehr  Handschrift  als  ein  Kind,  war  mit  der  Hand  nichts 
weniger  als  pfeilsicher  und  ließ  sich  wie  ein  Kind  das  Plumpe  der 
Hand  für  die  Geschichten  dienen. 

Also,  wenn  überhaupt  eine  Reihe,  nicht  die  Reihe  der  großen  Mittel 
und  kleinen  Komplexe:  Manet,  Courbet,  Franz  Hals;  sondern  die  der 
großen  Komplexe:  Marees,  Delacroix,  Rembrandt.  Es  ist  selbstver- 
ständlich, daß  der  größere  Komplex  größere  Mittel,  nämlich  alle, 
besitzt. 


19 


m. 

Wie  bei  Rembrandt  eine  Lebensgeschiclite  in  Selbstbildnissen.  Schon 
die  frühesten  stellen  ihn  als  ein  von  innen  nach  außen  gewölbtes 
Spezimen  des  Typs  hin.  Nicht  das  besondre  Exemplar,  der  Herr  mit 
solchem  Haar,  solchen  Augen  und  so  weiter,  —  nicht  das,  was  ihn  von 
andern  unterscheidet,  sondern  das  mit  andern  Gemeinsame,  was  nicht 
übertrieben  viel  ist.  Da  er  alles,  selbst  einen  Apfel  als  Selbstbildnis 
malt,  kommt  das  Gesicht  im  Spiegel  hier  nur  als  zu  entfernendes  Ob- 
jekt in  Betracht.  Das  Bild  ist  Gesicht,  nicht  der  Kopf,  und  der  Kopf 
ist  Gesicht,  vor  allem  Gesicht,  Gewölbe  von  hundert  Gesichtern,  dar- 
unter auch  des  eignen.  Das  Barock  hilft  in  den  Selbstbildnissen  um 
1870  sehr  merkbar  zu  der  Geschlossenheit.  Haar  und  Bart  umgeben 
in  Kringeln  das  runde  Gesicht.  Lippen  und  Kinn  sind  Rokoko-Ara- 
besken. Bis  dahin  genau,  wie  es  ein  Kind  machen  würde,  das  unter 
geschwungenen  Möbeln  aufwächst.  Das  Volumen  des  Kopfes  aber  hat 
ein  Bildhauer  mit  dem  Pinsel  gemeißelt.  Es  sichert  das  Gesicht  im 
Raum  und  sichert  es  dadurch  überhaupt.  Die  Farbe,  hier  schon  eine 
in  reichen  Tönen  wallende  Farbigkeit,  glättet  das  barocke  Detail. 
Das  Barock  wird  natürliche  Begleitung,  Rahmen.  Auf  den  Stilleben 
dieser  Zeit  verdrängen  oder  verhüllen  große  gradlinige  Flächen  den 
übernommenen  Rahmen.  Kein  Detail  widersetzt  sich  begrifflicher 
Rontrolle,  keins  bestätigt,  daß  es  Pendulen  und  dergleichen  auf  der 
Welt  gibt.  Wie  ein  Katafalk  steht  die  schwarze  Uhr  da,  eine  Muschel 
gähnt  als  Meduse.  Aber  es  ist  nichts  wie  eine  richtige  brave  Pendule 
und  eine  Muschel,  vne  sie  beim  Spießer  auf  der  Konsole  liegt.    Man 

21 


starrt  eine  Tasse,  eine  Vase  aus  dem  Bon  marche  an,  als  würden  sie 
aus  dem  Jenseits  gereicht.  In  den  Falten  hängenden  Leinens  birgt 
sich  das  Räumliche  als  dunkle  Legende. 

Es  kommt  ihm  in  dem  „Frühstück"  nicht  auf  Arme  und  Beine, 
nicht  einmal  auf  einen  einzelnen  Menschen  an;  und  nicht  ihm,  sondern 
uns,  den  Betrachtern;  es  kann  gar  nicht  darauf  ankommen.  Vielmehr 
auf  das  Gemeinsame  zwischen  den  Leuten,  auf  die  Art  ihres  Zusammen- 
seins. Das  läßt  sich  von  der  Wirklichkeit  nicht  ohne  weiteres  ablesen. 
Wohl  gehört  es  dazu,  aber  verbunden  mit  vielerlei  Ballast,  von  dem 
es  getrennt  werden  muß.  Die  Aufgabe  bedingt  notwendig  Zerstückeln 
von  Formen,  die  wir  ungeteilt  zu  sehn,  zumal  zu  denken,  gewohnt 
sind.  Cezanne  bringt  die  Teile,  die  das  Gemeinsame  ergeben  und 
zwar  im  Bilde  ergeben,  aus  denen  das  bildlich  Gemeinsame  hervor- 
geht. Also  eine  Teilung,  aber  keine,  um  zu  dem  Geschwindschrift- 
zeichen des  A  oder  B  zu  gelangen,  sondern  um  ihre  Summe  zu  fassen, 
die  über  den  beiden  als  höhere  Einheit  besteht.  Der  unabweisbare 
Gegenstand  dieser  Synthese  kann  nur  das  Räumliche  sein,  ein  Raum 
nicht  an  sich,  nicht  gesondert  faßbar,  perspektivisch  konstruiert,  um 
nachher  A  und  B  aufzunehmen,  sondern  der  eine  Raum,  latenter  Teil 
dieser  und  keiner  andern  Gestalten,  der  nur  für  ihre  Art  da  ist,  sich 
aus  ihnen,  sie  aus  sich  ergänzt. 

Die  Darstellung  solcher  Dinge,  w^enn  sie  vtarklich  bis  zur  Synthese 
gelangt,  und  bei  dem  frühen  Cezanne  ist  sie  nichts  anderes,  stellt  hohe 
Ansprüche  an  die  Erfindung  und  lohnt,  wenn  sie  gelingt.  Sie  beruht 
auf  nüchterner  Einsicht  in  die  Möglichkeiten  des  Bildes.  Keine  der 
gelungenen  Versuchungen  des  Antonius  aus  der  altern  Kunst  bringt 
das  Detail  der  Versuchung.  Wo  die  Realität  der  Erscheinung  versucht 
wird,  schlägt  die  Wirkung  ins  Gegenteil  um.  Alle  Häufungen  des 
Schreckens  auf  niederländischen  Darstellungen  bringen  nur  Komik 
zustande.  Gesichte  der  Extase  lassen  sich  nicht  abmalen,  nur  die 
Atmosphäre  der  Gesichte  kann  gegeben  werden.  Flaubert  selbst  ent- 
ging nicht  der  Häufung  und  vergaß  über  rauschenden  Bildern  das 
Bild.  Cezanne  gibt  den  extatischen  Raum.  Der  grecohafte  Heilige  in 
der  Ecke,  obwohl  die  Hauptperson,  ist  schon  fast  zu  viel^^  So  schön 
der  Fleck  die  Farbe  ergänzt,  für  das  Bild  der  Legende  ist  er  ein  naiver 
Kompromiß  von  der  Art  der  Zusammenstellung  zeitlich  getrennter 
Begebenheiten,  die  sich  auf  Tafeln  der  Primitiven  findet. 

Aus  dieser  Art  des  Objekts  schöpft  die  Deutung  unbegrenzte  Mög- 
lichkeiten.   Manche  Bilder  der  Frühzeit  wie  das  seltsame  „Frühstück 


22 


im  Freien"  scheinen  Tastversuche,  um  das  darzustellen,  was  in  ge- 
wissen Momenten  schweigsamen  Beisammenseins  in  den  Blicken  der 
Menschen  ist.  Mich  hat  das  farbenprächtige  Mahl  aus  Fetzen  an  ein 
Abendmahl  erinnert;  an  kein  gemaltes,  überhaupt  an  nichts  Ge- 
machtes; an  das  Mahl  einer  Gemeinde  irgendwo  im  nächtlichen 
Schatten  des  Waldes.  Wie  sie  da  zusammenhockten,  müde  von  der 
Last  der  Worte,  nur  noch  lauschend,  w^urde  das  Dunkel,  in  das  ihre 
Gedanken  verhüllt  waren,  leuchtend.  Oder  war  es  der  Mond,  der  durch 
zufällige  Öffnungen  des  Laubes  den  Schein  auf  die  Gesichter  warf 
und  auf  das  Tuch,  das  irgendwo  über  dem  Boden  wallte? 

Cezanne  bringt  eine  nicht  gewöhnliche  Skepsis.  Courbet,  Manet 
sind  ihm  gute  Maler,  nie  ist  besser  gemalt  worden,  doch  haben  sie 
nichts  erschöpft.  Auf  ihrem  Wege  gibt  es  nur  treffende  Formen  für 
die  Einzelheit.  Auch  da,  wo  sie  ein  Ganzes  trafen,  war  es  ein  höheres 
Detail.  Sie  sprechen  ungehemmt,  geben,  was  sie  können,  aber  w^issen 
zu  gut,  was  sie  können,  um  das  Notwendige  zu  wollen.  Courbet, 
Manet  haben  die  holländischen,  spanischen  und  noch  andre  Formeln 
verbessert.  Was  geht  uns  das  an,  uns,  denen  keine  Malformel,  sondern 
alles,  Erde,  Himmel,  Welt,  jedweder  Zusammenhang  mit  dem  Kos- 
mos verloren  geht?  Manet  hat  zu  seiner  Zeit,  für  seine  Zeit  allerlei 
gemacht,  war  am  größten  in  der  „Olympia"  und  im  „Dejeuner  sur 
l'herbe".  Das  eine  ist  ein  Schema  Tizians,  das  andre  ein  Schema  Raffaels^\ 
Rührendes  Beginnen,  eine  Pariserin,  die  kleine  Victoire,  als  Venus  zu 
drapieren,  Flußgötter  in  Hosen  zu  stecken;  menschlich  bedeutsam, 
Zeichen  der  Selbstzucht,  aber  unvnrksam.  Jeder  Versuch,  unsre  Wirk- 
lichkeit in  solche  Geleise  zu  bringen,  zielt  vorbei.  Unsre  Wirklichkeit 
ist  der  tanzende  Punkt  im  Chaos. 

Und  einen  nicht  gewöhnlichen  Optimismus  bringt  er:  Man  kann 
den  tanzenden  Punkt  im  Chaos  malen.  Gelingt  es  nicht,  soll  man 
überhaupt  nicht  malen,  denn  die  Kunst  ist  heute  nur  dazu  da,  unsre 
Vorstellung  von  der  Welt  zu  sammeln.  Das  ist  vielleicht  Courbet,  als 
er  den  Realismus  zu  entdecken  glaubte,  im  Traum  erschienen,  Manet 
hat  es  mit  seiner  Forderung  der  „Contemporaneite"  geahnt.  Beide 
waren  zu  fix  und  von  ihrer  eignen  Neuheit  zu  überrascht,  um  durch 
die  Schale  zum  Kern  durchzudringen,  malten  vollendetes  Stückwerk. 
Auf  den  Kosmos  kommt  es  an.  Wenn  der  Kosmos  so  zerfetzt  ist  wie 
der  unsre,  ward  die  Kunst  ihn  in  Fetzen  sammeln.  Das  kann  trotz- 
dem schön  sein.  Man  kann  damit  die  Menschheit,  den  winzigen 
wachen  Teil  der  Menschheit  begeistern,   daß  sie  ergriffen  wie  vor 

«3 


einem  Abendmahl  steht.  Da  es  Kunst,  Malerei  sein  soll,  kann  es  immer 
nur  nach  den  Bedingungen  ihrer  Materie  entstehn;  durchaus  nicht  ohne 
Konvention;  gar  manche  läßt  sich  brauchen;  alle  Erfahrungen  der 
Vorgänger  können,  müssen  helfen.  Nur  läßt  sich  nicht  alles  erhalten. 
Wenn  schon  die  Syntax  als  Gerippe  bleibt,  die  Sätze  der  Alten  können 
nicht  bleiben.  Wir  denken  nach  gleichen  Gesetzen,  nur  schneller  und 
anders.  Der  Stein,  mit  dem  sie  bauten,  hat  sich  in  der  Epoche  größter 
Metamorphosen  in  Teile  zerlegt.  Es  ist  zwecklos,  das  einmal  Geteilte 
und  für  notwendige  Teilung  Reife  künstlich  zusammen  zu  halten, 
wie  es  Staat  und  Bourgeois  überall  versuchen. 

Enthusiasmus  treibt  Cezanne,  nichts  weniger  als  die  Moral  der  kleinen 
Leute,  denen  als  letztes  Versatzstück  die  Ehrlichkeit  bleibt.  Er  weiß, 
es  gibt  noch  Bilder  für  uns.  Wohl  fehlt  das  Behagen  der  Alten,  ihre 
Söller  sind  leer.  Ich  habe  keine  Hilfe  von  andern,  die  mit  mir  leben, 
lebe  irgendwo.  Mein  Glück  fließt  nicht  aus  dem  Brunnen  am  Markt, 
ist  selten,  aber  mir  kommen  Seligkeiten,  die  kein  Behagen  geträumt 
hat.  Ich  wandle  auf  schlechtem  Pflaster,  schleppe  Lasten,  mein  Schritt 
schleicht,  die  Kniee  beben  mir,  aber  ich  tanze. 

Vielleicht  ein  Kranker,  Verbrecber,  Abenteurer.  Wer  von  den 
Fischern  am  Teiche  des  Chaos,  Politiker,  Philosophen,  Erwerbsleute, 
Soldaten,  sah  bei  der  Handlung  anders  aus?  Er  tut,  was  er  muß. 
Noch  steht  er  unter  dem  Knebel  seiner  Gesichte,  schwankt  unter 
schwerer  Trächtigkeit,  tappt  einseitig,  plump.  Doch  treibt  sein  Muß 
auch  uns,  sein  Knebel  ist  unser,  seine  Einseitigkeit  Folge  gemeinsamen 
Schicksals. 

Er  malt,  wie  wir  leben  müßten.  Ich  habe,  sagt  er,  keine  Natur  außer 
der,  die  ich  brauchen  kann.  Das  sei  wenig,  sagt  Ihr,  die  ewig  Gleichen, 
die  Ihr  am  Menschen  immer  nur  einen  Arm,  ein  Bein,  eine  Nase 
seht  und  Euch  die  Welt  aus  solchen  Dingen  zusammengesetzt  vor- 
stellt. Ich  kenne  die  Welt  zwischen  diesen  Dingen,  die  Ausschnitte 
zwischen  Arm  und  Bein,  auf  die  Ihr  nicht  achtet,  zwischen  dem 
Schädel  eines  Menschen  vorn  und  dem  Profil  oder  der  Jacke  des  andern 
schräg  hinter  ihm.  Da  ist  noch  was.  Ich  sehe  Pathos  in  Leuten,  die 
gar  nicht  daran  denken,  in  Weibern,  die  sich  feist  im  Grase  wälzen, 
wo  das  Fleisch  im  Grün  wie  fette  Lache  läuft  und  von  eurer 
Anatomie  nur  der  Abdruck  des  Gesäßes  im  Rasen  zurückbleibt.  Ihr 
seht  es  geradeso,  aber  findet  es  nicht  würdig  genug.  Vielleicht  ist  das, 
was  ihr  ernst  nehmt,  längst  komisch,  und  das,  was  ihr  komisch  nennt, 
für  mich  blutiger  Ernst.     Und  schließlich  gibt  es  überhaupt  nichts 

24 


dergleichen  in  der  Natur.  Wenn  ich  in  Aix  dem  Gevatter  Bonnier 
mit  seinem  Zumpelbauch  begegne,  hindert  mich  am  Lachen  die  Ein- 
sicht, daß  der  Zumpelbauch  einem  braven  Mann  gehört,  der  jetzt  Ge- 
richtspräsident ist.  Außerdem  kenne  ich  ihn  seit  Jahren.  Mein  Lachen 
wäre  unpassend  imd  dumm.  Nun  wimmelt  es  von  solchen  Zumpel- 
bäuchen,  und  es  ist  nicht  einzusehn,  warum  man  im  Bilde  komisch 
findet,  was  uns  draußen  sehr  würdig  erscheint.  Ganz  abgesehn  von 
Rubens,  der  sogar  Heiligenbilder  daraus  gemacht  hat.  Voraussetzung 
natürlich,  daß  ich  nicht  so  einfältig  bin,  meine  Bilder  nur  deshalb  zu 
malen.  Ich  mache  aus  solchen  Bäuchen  Bilder  von  der  Pracht  der 
Limousiner  Emails,  über  deren  komische  Heilige  keinem  einfällt  zu 
lachen,  mache  neue  Formen  daraus,  behäbig  und  rund,  und  was  ich 
euch  dabei  zuviel  an  Bauch  zumute,  sorgt  für  die  Zeremonie  meiner 
Handlung.  Dies  nur  als  Beispiel.  Ihr  ahnt  nicht,  wo  überall  der 
Zuinpelbauch  hingehört. 

Das  Pathos  bliebe  unwirksam,  weil  unverständlich,  wenn  es  nur 
von  der  Kraft  des  Urhebers  gesagt  würde,  nur  Äußerung  der  Person 
wäre.  Es  war  die  Ahnung  von  Zusammenhängen  dieser  ungewohnten 
Form  mit  längst  gesicherten  Besitztümern  unsrer  Sprache,  was  uns 
zur  Deutung  trieb.  Aus  der  Ahnung  ist  inzwischen  Gewißheit  ge- 
worden. Damit  meine  ich  nicht  die  Anklänge  Cezannes  an  fran- 
zösisches Schmelzwerk  oder  die  Gestalten  Delfter  oder  früher  italie- 
nischer Teller,  denn  sie  bestätigen  nur  die  ornamentale  Seite,  sagen 
nichts  von  der  Gültigkeit  des  menschlichen  Bekenntnisses,  von  dem 
geistigen  Gehalt  des  Ausdrucks.  Wir  lachen  nicht  über  die  Heiligen 
der  Limousiner  Schreine,  aber  es  fällt  ebensowenig  jemandem  ein, 
aus  ihnen  Erbauung  zu  gewinnen.  Vielmehr  meine  ich  die  seltsamem 
Anklänge  an  die  Art  eines  großen  Menschen,  der  für  seine  höchst- 
persönliche Erbauung  einen  die  Formen  seiner  Zeit  weit  überbieten- 
den Ausdruck  erfand. 


»5 


IV. 

C^zanne  ist  uns  vertrauter  geworden,  seitdem  wir  Greco  näher  ge- 
kommen sind.  Wenn  man  glaubt,  ebenso  gut  sagen  zu  können,  Greco 
sei  uns  seit  Cezanne  verständlich  geworden,  überschätzt  man  eine 
Wechselwirkung,  die  nur  von  aktuellen  Zuständen  den  Schein  größerer 
Bedeutung  empfängt.  Eine  gewisse  Wechselwirkung  besteht.  Auch 
Cezanne  erfüllt  auf  seine  Art  den  hohen  Beruf  seiner  Generation,  mit 
dem  Neuen  gesteigerte  Fühlung  mit  dem  Alten  zu  bringen.  Aber  es 
wäre  gedankenlos,  die  Art  von  Erfüllung  mit  der  Wirkung  eines 
Courbet,  Manet,  Renoir  gleichzustellen  oder  gar  von  einer  Vollendung 
Grecos  durch  Cezanne  zu  reden.  Der  Historiker  findet  mit  Recht  in 
den  Formen  des  letzten  Greco,  von  denen  auf  Cezannes  Teilnahme 
geschlossen  werden  könnte,  die  Frucht  einer  EntAvicklung,  die  bei 
dem  Schüler  oder  Genossen  Tintorettos  beginnt  und  vom  ersten  bis 
zum  letzten  BiMe  organisch  fortschreitet.  Die  Einsicht  in  diesen  Or- 
ganismus gibt  alle  Erklärungen,  deren  wir  für  Greco  bedürfen.  Auch 
ist  Greco  nicht,  wie  etwa  Velasquez  von  Manet,  von  Cezanne  verbessert 
worden.  Alles  Malformelmäßige  bleibt  draußen.  Dagegen  bedeutet 
die  Hinnahme  des  frühen  Cezanne  ohne  jede  Beziehung  zu  Greco  eine 
Toleranz,  die  nicht  wenig  von  der  Gleichgültigkeit  unsrer  Zeit  gegen 
alle  Forderungen  der  Übereinkunft  getrübt  wird.  In  Wahrheit  schätzt 
man  den  frühen  Cezanne,  weil  die  Bilder  des  spätem  gut  bezahlt  werden. 

Grecos  Wege  wurden  von  einer  Vorstellung  bestimmt,  die  in  der 
Natur  nur  Stützen  für  Erhöhung  der  Vision,  nicht  für  die  Wahrschein- 
lichkeit suchte.  Er  ist  vor  Poussin  und  Rubens  der  einzige  Seher  mit 

37 


eigenem  Auge,  für  den  es  keinen  Dualismus  von  irdischer  und  himm- 
lischer Liebe  gibt.  Der  Erdgeruch  des  Motivs,  der  Tizian  belastet, 
weicht  dem  Duft  verklärter  Erscheinung,  und  die  Erscheinung  ist 
sachlicher  als  Tizians  Naturalismus,  weil  noch  organischer  den  Mög- 
lichkeiten der  Malerei  angepaßt.  Das  Übersinnliche  des  Mystikers 
löst  aus  der  Farbe  blühende  Sinnlichkeit.  Er  macht  Bildnisse  und 
schafft  einen  bildhaften  Typ  der  Menschheit.  Kein  Strich  auf  der 
Leinwand  scheint  eines  andern  Zweckes  wegen  da.  Diese  Bildnisse 
werden  Dokumente  der  besondern  Art  eines  besondern  Volkes,  objek- 
tive Abbildungen,  aus  denen  man  die  Geistesart  des  Spaniens  derWende- 
leit  ablesen  zu  können  glaubt,  und  diese  Abbildungen  sind  gleichzeitig 
reinste  Malerei.  Seine  Malerei  steht  da  am  höchsten,  wo  das  Objekt 
restlos  wiedergegeben  ist.  Der  Schritt  von  dem  Kardinal  Guevara  in 
der  prunkvollen  Kulisse  Venedigs  zu  dem  Diego  Covarrubias  ist  dem 
Fluge  eines  Adlers  vergleichlich,  der  von  der  höchsten  Bergspitze  in 
den  Himmel  steigt. 

Der  Trennung  von  dem  Naturalismus  Tizians  folgt  notwendig  der 
Bruch  mit  dem  Schema  der  Komposition.  Schon  Tintoretto  hat  da- 
mit begonnen,  um  besser  dekorieren  zu  können.  Grecos  Fortschritt 
läßt  den  weiten  Weg  von  Tizian  zu  Tintoretto  verschwinden.  Er 
lockert  die  gewohnte  Symmetrie,  zerstört  sie  schließlich,  und  in  der 
neuen  Komposition  scheinen  alle  alten  Faktoren  der  Statik  durch 
Elemente  einer  neuen  Dynamik  ersetzt.  Wieder  ein  Weg  von  Höhe 
zu  Höhe.  Im  „Begräbnis  des  Orgaz"  trägt  noch  das  System  von  Hori- 
zontalen und  Vertikalen  den  überirdischen  Baldachin,  und  die  Ab- 
weichungen von  dem  Schema  scheinen  nur  dazu  da,  um  es  mächtiger 
zu  entfalten.  „Das  Gastmahl  im  Hause  Simons"  ist  noch  ein  Rund, 
ein  Rund  aus  züngelnden  Lichtern  in  einer  durchbrochenen  Glocke. 
In  dem  „Christ  auf  dem  Ölberg"  formt  sich  bereits  das  Bild  aus  über- 
einander stürzenden  Wogen,  und  die  Reste  des  alten  Baus  treiben  wie 
Schifftrümmer  herum.  In  der  „Apokalypse"  ragt  das  Nackte  als  Ge- 
spenstererscheinung empor,  noch  immer  von  einer  Senkrechten  auf 
einer  Wagerechten  unsichtbar  gestützt,  aber  aus  der  Kopfreihe  des  „Be- 
gräbnisses", aus  der  Kerzenreihe  des  „Pfingstfcstes"'')^  aus  den  Lichtern 
des  „Gastmahls"  sind  Flammen,  entflammte  Geister  geworden,  und  der 
alles  überragende  Johannes  schwält  wie  eine  Feuersäule.  Der  „La- 
okoon"  sammelt  den  Gewinn  aus  dem  Chaos  und  formt  die  lodernde 
Dynamik.  Die  Wucht,  vorher  ein  Sturm  auf  begrenzter  Ebene,  wallt 
in   den  Raum.    Von  Anfang  bis  zu  Ende  eine  ständige  Steigerung 

28 


der  Abstraktion,  Bereichern  durch  Vereinfachung.  Laokoon  und 
seine  Söhne  waren  einst  die  Wächter  auf  der  „Auferstehung'"*)  und 
noch  früher  die  strahlenden  Gestalten  der  Mauritius-Legende.  Da- 
mals lockte  den  Maler  noch  das  bunte  Vielerlei  volkstümlicher  Märchen. 
Im  „Mauritius"  reizte  ihn  die  Pracht  der  Gruppen,  und  der  flimmernde 
Zug  von  Menschen  hemmte  den  Rhythmus.  Das  Schwelgen  im  kost- 
baren Detail  fand  kein  Ende,  der  Bildnismalerstand  gegen  die  Legende, 
die  Legende  gegen  die  Vision.  Die  „Auferstehung"  löst  glänzend  das 
Problem,  eine  bewegte  Fülle  in  engsten  Rahmen  zu  pressen,  aber  reißt 
den  Betrachter  mit  in  den  Schlund  von  Körpern.  Man  gelangt  zu 
keinem  vollkommenen  Ausgleich  der  Dynamik  und  befreit  sich  nicht 
ganz  von  dem  Experimentellen  der  Komposition.  Der  formale  Zu- 
sammenhang des  aufsteigenden  Christus  mit  den  fortgeschleuderten 
Gestalten  überzeugt  den  Gläubigen  tiefer  als  den  Künstler.  Erst  im 
„Laokoon"  findet  der  Rhythmus  genügend  Platz.  Eine  einzige  Ara- 
beske, Filigran  aus  Leibern,  kolossal  wie  ein  Triumphbogen,  steht  vor 
der  ruhenden  Stadt.  Der  Sohn  mit  der  im  Bogen  geschwungenen 
Schlange  hat  nicht  die  Dämonie  des  Johannes  der  Apokalypse,  dafür 
einen  ganz  andern  Anteil  an  der  Schwingung  der  ganzen  Gruppe,  und 
die  Gruppe  hat  ganz  andern  Anteil  am  Bilde.  Nicht  wir  müssen  den 
Anprall  der  Dynamik  aushalten,  wenigstens  wir  nicht  allein.  Das 
Bild  fängt  ihn  auf,  läßt  ihn  in  den  Hintergrund  wallen,  in  Klängen, 
deren  Echo  noch  den  Zug  der  Wolken  bestimmt.  Man  begreift,  daß 
dieser  letzte  Grieche  an  den  Ersatz  der  Laokoon -Tragödie  des  Sophokles 
denken  durfte. 

Noch  bleibt  der  Schlußstein.  Der  „Mauritius"  steht  zur  „Apo- 
kalypse" wie  Gebärde  zu  Erlebnis;  die  „Apokalypse"  zu  dem  „Lao- 
koon" wie  Schrei  zu  Musik;  und  der  „Laokoon"  zu  der  „Toledo- Land- 
schaft" wie  die  dramatische  Oper  zur  Symphonie. 

„Toledo",  eine  Landschaft,  ist  Grecos  Rundsicht  über  sein  Leben 
in  dieser  seiner  Stadt.  Das  Objektive  ergibt  sich  nicht  aus  einer  mehr 
oder  weniger  überzeugenden  Übereinstimmung  mit  dem  alten  Stadt- 
bild. Keiner  von  uns  war  dort.  Sondern  aus  der  Verwirklichung  des 
Raums  als  Organismus.  Der  Raum  ist  nicht  wie  im  Laokoon  Platz, 
Resonanz  für  einen  Vorgang,  sondern  selbst  Vorgang,  Gefäß  für  das 
eigne  durchrieselte  Dasein,  die  Gemeinde  von  Strauch,  Baum,  Gras, 
Gemäuer,  Himmel.  Das  glaubt  jeder  von  uns  schon  einmal  erlebt  zu 
haben,  auch  wenn  er  es  noch  nie  gesehn  hat.  Wir  könnten  uns  auf 
dem  nur  von  Licht  bevölkerten  Hügel  im  Hintergrund  leicht  ein 

29 


Golgatha  denken.  Vielleicht  war  eins  da.  Doch  entbehren  wir  es 
nicht;  ja,  es  kann  geschehn,  daß  uns  diese  von  keinem  Drama  berührte 
Natur  teurer  wird  als  alles  Frühere,  weil  keins  der  Dramen,  selbst 
nicht  der  Laokoon,  so  vollkommen  in  den  Kosmos  des  Visionärs  auf- 
ging wie  hier  Baum  und  Strauch  und  ghtzerndes  Gemäuer.  Das  Drama 
blieb  auch  nach  allen  Säuberungen  ein  Gedicht  im  Gedichte,  Hem- 
mung im  Fluß  der  Erscheinung,  ein  Fremdkörper,  der  nicht  bis  auf 
den  letzten  Rest  überwunden  werden  konnte.  Der  Verzicht  ist  das 
Moderne  und  das  Gute  daran  und  eine  leidenschaftlich  positive  Tat. 
Alle  Begriffe  büßen  in  dem  Bilde  an  Relief  ein,  alle  gewinnen  ganz 
unverhältnismäßig  an  Tiefe.  Das  Barock,  das  die  Helden  andrer  Bilder 
vor  Grauen  und  Verzückung  flammen  läßt,  scheint  hier  nicht  nur 
organischer,  sondern  mächtiger,  wo  es  von  der  Oberfläche  verschvi-indet 
und  als  geheimer  Held  in  der  Erde  wirkt,  muntere  Flüsse  treibt, 
Brücken  baut,  Täler  höhlt,  Hügel  rundet,  sich  in  Licht  und  Schatten 
löst  und  kaum  vernehmbar  das  Pathos  grüner  Gräser  redet. 

So  endet  der  Mystiker.  Er  hat  alle  Geheimnisse  des  Baldachins  er- 
kundet, mit  Geistern  gelebt,  von  Engeln  die  Tropfen  des  Heilands  in 
gleissenden  Bechern  empfangen.  Das  größte  Wunder,  sagt  er  zum 
Schluß,  ist:  ich  lebe. 

Von  dieser  letzten  Frucht  einer  Entvncklung,  die  so  erhaben  ist 
wie  die  Werke,  aus  denen  sie  hervorgeht,  führt  der  Weg  zu  Cezanne, 
zumal  zu  dem  schwarzen  Cezanne  der  Frühzeit,  aber  auch  ein  gutes 
Stück  darüber  hinaus.  Das  Spiel  von  Licht  und  Schatten,  das  die  Ge- 
stalten im  „Laokoon"  malerisch  bestimmt,  ist  in  den  drei  Jahr- 
hunderten noch  ein  Stück  weiter  gegangen,  hat  noch  mehr  Fleisch 
und  Detail  aufgesaugt  und  die  Gegensätze  verschärft,  und  in  der  Art 
des  Gefüges  erkennt  man  dasselbe  Barock.  Alles  das  ist  gewohnte 
Entwicklungsgeschichte.  Nachdem  Courbet  die  Farben  Zurbarans, 
Manet  die  Velasquez'  und  Goyas  revidiert  hatte,  lag  für  den  Größten 
des  Kreises  nichts  näher,  als  an  die  Untersuchung  des  größten  Spaniers 
zu  gehn.  Aber  es  handelt  sich  nicht  um  dergleichen.  Eine  Revision 
ist  ausgeschlossen,  da  nicht  einmal  feststeht,  ob  Cezanne  Greco  ge- 
kannt hat.  Die  Beziehung  liegt  tiefer.  Courbets  vorweltliche  An- 
schauung hatte  nichts  von  der  Vornehmheit  Zurbarans;  das  Pariser- 
tum  Manets  nichts  von  Velasquez,  noch  weniger  von  der  Derbheit 
Goyas.  Wir  sind  seit  langem  gewohnt,  den  Pinsel  ohne  den  Menschen, 
der  ihn  führt,  zu  betracliten,  und  wundern  uns  daher  über  keine  In- 
kohärenz moderner  Entwicklungsprodukte.  Manet  griff  das  Spanische 

30 


auf,  weil  es  farbig  war,  und  dann  Velasquez  und  Goya,  weil  sie  das 
Farbige  bestätigten.  Auf  seinem  Weg  durch  die  Welt,  einer  Studien- 
reise durch  die  Zivilisation,  hielt  er  in  Spanien;  ein  Weltreisender  guter 
Art,  der  sich  komfortabel  in  einem  Hotel  einrichtet.  Soviel  er  und 
wir  dabei  gewonnen  haben,  seine  Hinterlassenschaft  verschweigt  nicht 
die  Improvisation  der  Methode. 

Cezanne  ist  für  Greco  geboren.  Das  Verhältnis  bedeutet  die  phäno- 
menale Zusammenkunft  gleicher  Anschauungen  vom  Wesen  der  Dinge, 
eine  Gleichheit  der  schöpferischen  Triebe,  die  kein  Unterschied  der 
Zeiten,  Rassen,  Lokale  wesentlich  verdunkelt.  Der  Maler  Cezanne 
hat  weniger  damit  zu  tun  als  der  Künstler,  der  Künstler  weniger  als 
der  Mensch.  Sobald  Greco  der  Schule  entwächst,  kennt  er  nur  ein 
Ziel:  die  Heimat,  die  der  Mann  aus  Kreta  verlor,  in  der  Kunst  wieder- 
zufinden. Für  Gott  und  die  andern,  hieß  es  bei  den  Primitiven;  für 
die  andern  und  sich  selbst,  hieß  es  in  Venedig,  und  den  Teil  für  sich 
selbst  bestimmte  der  gute  Wille  der  Zuschauer.  Greco,  ein  Heide,  der 
ein  Frühchristentum  gründete,  befreit  sich  von  den  andern  und  findet 
die  Stimme  Gottes  in  sich  selbst.  Sein  Abfall,  unerhört  für  einen 
Künstler  aus  dem  sechzehnten  Jahrhundert,  ebenso  unerhört  für  einen 
Gläubigen  der  Kirche  unter  der  spanischen  Inquisition;  eine  Ketzerei, 
die  nur  von  besonderm  Schicksal  empfangen,  nur  nach  hartem  Ge- 
wissenskampf erfüllt,  nur  im  Schatten  religiöser  Askese  geduldet  werden 
konnte,  wird  Cezannes  natürliche  Mitgift.  Er  weiß  von  der  Kunst  im 
Grunde  nur  das  Ziel  des  verzückten  Griechen  und  tut  so,  als  sei  es 
Malerei,  Beruf.  Das  Ziel  treibt  Greco  zu  immer  stärkern  Dissonanzen. 
Die  Trennung  von  den  andern  preßt  ihm  Schreie  ab.  Cezanne  beginnt 
mit  grellem  Mißton,  und  die  Dissonanz  mildert  sich  mit  der  Reife. 
Das  Anschwellen  hier,  das  Abschwellen  dort,  ist  Ausdruck  derselben 
Regung,  die  geträvimte  Heimat  zu  festigen  und  zu  heiligen. 

Die  Malerei  hat  seit  Greco  viele  Stationen  durclilaufen,  die  Persön- 
lichkeit viele  Freiheiten  erlebt.  Längst  wurde  dem  Künstler  Befehl 
der  Not,  was  zu  Grecos  Zeit  wahner  Eigendünkel  sein  konnte.  Er  kann 
nichts  für  die  andern,  denn  die  andern  wollen  nichts.  Und  noch  immer 
ist  die  Tat  aus  solcher  Einsicht,  die  unerbittliche  Einstellung  auf  die 
heimliche  Heimat  so  selten,  daß  Cezanne  vdederum  wie  ein  Ketzer, 
sein  Werk  wiederum  wie  Anomalie  erscheint,  und  man  nur  in  einem 
Griechen,  der  dreihundert  Jahre  vorher  in  Toledo  wirkte,  den  Halt 
für  eine  Erklärung  findet.  Neben  der  Diskrepanz  zwischen  seinem  Auf- 
treten und  seiner  Mitwelt,  scheint  die  Verwandtschaft  mit  Greco  so 

31 


nah,  daß  man  meint,  er  habe  wie  der  Grieche  gemalt,  ja,  die  beiden 
seien  einmal  irgendwo  und  wie  zusammen  gewesen.  Die  Unterschiede 
beruhen  viel  weniger  auf  der  Verschiedenheit  zwischen  der  Geisteswelt 
eines  Kirchenmalers  Philipps  II.  und  der  eines  Schulgenossen  Zolas 
als  auf  zufälligen  Gegebenheiten  der  Temperamente. 

Zu  dieser  mystischen  Verwandtschaft  gehört  der  Zweifel,  ob  C^zanne 
jemals  Werke  des  Vorgängers  mit  eignen  Augen  sah^). 


3» 


V. 

Die  Zeit  des  dunkeln  Barocks  reicht  etwa  von  1868  bis  1872  und 
ist  nichts  weniger  als  besonders  fruchtbar  gewesen,  wie  ja  überhaupt 
Cezanne,  trotzdem  er  nur  arbeitete,  in  seinem  ganzen  Leben  nicht  so 
viel  produziert  hat  wie  Renoir  in  einem  Jahrzehnt.  Keins  der  Bilder, 
für  den  Analphabeten  ein  paar  Fetzen,  ist  spontan  entstanden.  Ähn- 
lich wie  Marees  erreicht  er  nur  mit  zahllosen  Übermalungen  die  Re- 
duktion des  Vorgangs  auf  die  letzten  Gerüste'"^  Er  hat  sich  die  Fetzen 
langsam  aus  dem  Leibe  gerissen. 

1873  ^^^  ^^?4  i^*  Cezanne  inAuvers  sur  Oise  bei  Paris  Und  findet 
dort  Pissarro  und  Guillaumin  wieder.  Vorher  in  Paris  hat  er  Renoir, 
dann  Manet  gefunden.  Sie  übermitteln  ihm  die  ersten  Ergebnisse  des 
Impressionismus.  Die  Welt,  in  der  er  bis  dahin  gelebt  hat,  stürzt  wie 
ein  Kartenhaus  zusammen.  Mit  unsern  gewohnten  Vorstellungen  vom 
Wesen  der  Persönlichkeit  geht  es  geradeso.  Die  Ferne  zwischen  dem 
Anfänger  und  seinen  Zeitgenossen  ist  nicht  größer  als  die  zwischen 
dem  Cezanne  des  schwarzen  Barocks  und  dem  in  Auvers.  Die  Ver- 
blüffung des  Betrachters,  wenn  es  einen  gegeben  hätte,  wäre  noch  grö- 
ßer gewesen.  Die  Bilder  der  Monet,  Renoir,  Pissarro  und  der  andern 
werden  in  den  siebziger  Jahren  heller,  und  die  von  Cezanne  werden 
auch  heller.  Das  Auch  gilt  ebenso  gut  von  dem  eleganten  Neger,  der 
auch  ein  Plastron  anhat  wie  die  andern  Tänzer.  Schheßlich  war  für 
alle  andern  ohne  Ausnahme  der  Übergang  zu  der  Formel  Monets  ein 
örtlich,  zeitlich  wohlbegründeter  Wechsel;  nicht  einmal  ein  Wechsel, 
eigentlich  nur  eine  Folge.   Sie  waren  schon  Impressionisten,  bevor  sie 

35 


sicli  so  nannten,  nur  nicht  mit  Logik  und  Ronsequenz,  waren  schon 
längst  als  Erben  der  Landschafter  von  Fontainebleau  und  der  Con- 
stable  und  Turner,  als  überzeugte  Schüler  Courbets,  überhaupt  als  Land- 
schafter mit  Augen  auf  die  Folge  eingestellt.  Diese  nötigte  sie  zu  kei- 
nen unerschwinglichen  Komplikationen  geistiger  Art,  sondern  zu  einer 
Änderung  der  Palette.  Im  übrigen  handelte  es  sich  darum,  den  Kopf 
etwas  höher  zu  heben  und  mit  den  Augen  zu  blinzeln.  Cezanne  war 
vorher,  wenn  er  überhaupt  etwas  war,  alles  andexe:  Romantiker,  Mysti- 
ker, vor  allem  zeitlos  und  ohne  Mitwelt,  Genosse  des  toten  Mannes 
in  Toledo.  Er  wird  genau  so  ein  Landschafter  wie  Pissarro,  Mitglied 
einer  genau  bestimmten  Gemeinde  mit  scharf  umrissenem,  ultramoder- 
nem Programm,  und  zwar  unter  dem  ganz  unverkennbaren  Einfluß 
der  Leute.  Er  folgt  Pissarro  mit  demselben  Gehorsam,  den  er  zehn 
Jahre  vorher  seinem  Vater  entgegenbrachte.  V\  äre  der  Vater  energi- 
scher und  die  Mutter  weniger  zärtlich  gewesen,  säße  er  noch  heute  im 
Bankhaus.  Fleißig  und  mit  Geduld  geht  er  zwei  Jahre  lang  den 
Weg  der  Gemeinde,  sieht  auf  Bäume  und  Äcker  mit  Augen,  die  nie 
ein  inneres  Erlebnis  getrübt  hat,  sieht  alles  für  die  andern  Sichtbare, 
sieht  es  schärfer  und  nüchterner,  mit  einer  Empfindlichkeit  für  Licht- 
unterschiede, die  Pissarro  entgehn,  mit  einer  Sachlichkeit,  der  das  Spiel 
des  jungen  Monet,  der  lyrische  Hang  Renoirs  schon  zu  viel  sind.  Die 
Landschaften  bei  seinem  Freunde  Dr.  Gachet"^  in  Auvers  kamen  den 
Pissarros,  die  daneben  hingen,  sehr  nahe,  und  nur  ein  gut  gedrilltes 
Auge  erkannte  den  Unterschied,  einen  Unterschied  der  Qualität  bei 
gleichem  Muster,  Sie  sind  reicher  an  Ton.  Durch  Schleier  deuten  sie 
auf  den  viel  später  entstandenen  Meister  der  Landschaft.  Von  dem 
frühern  haben  sie  nicht  ein  Atom. 

Diese  Zeit  in  Auvers  ist  die  einzige,  mit  andern  gemeinsame,  Schule 
Cezannes.  Nach  dem  zweiten  Sommer  hat  er  sie  hinter  sich  vmd  be- 
sitzt, was  sie  geben  kann,  die  Praxis  des  Freilichts.  Die  Hand  kann  nieder- 
schreiben, was  das  Auge  erfaßt.  Dann  geht  er  hin  und  beginnt  ein 
neues  Kapitel. 


36 


.•^>^^^ 


VI. 

Es  gab  eine  Zeit,  wo  ein  gemalter  Sonnenfleck  den  Gläubigen  zu 
einer  Hymne  auf  die  Gegenwart  stimmte.  Die  Manufaktur  der  Mit- 
läufer und  die  Manufaktur  Monets  selbst  und  seines  engern  Kreises 
haben  schnell  mit  seinem  Rezept  aufgeräumt  und  mit  dem  Rezept 
auch  den  brauchbaren  Kern  zerrieben.  Das  Mittel  erwies  sich  als 
Zweck  noch  gefährlicher  als  andre,  ins  Absolute  erhobne  Relativitäten, 
weil  die  Grenzen  seiner  Gültigkeit  von  dem  unbegrenzten  Horizont 
des  Gebiets,  aus  dem  es  stammt,  verwischt  wurden.  Die  freie  Natur 
hindert  keinen  Trachter,  Entdeckertum  mit  Erfindung  zu  ver- 
wechseln. 

Der  Irrtum  kostete  die  meisten  Impressionisten  das  Beste,  trieb 
Monet  in  das  schillernde  Nichts,  hinderte  Pissarro,  Sisley,  Guillaumin 
an  wesentlicher  Entwicklung,  gefährdete  Manet.  Renoir  und  Cezanne 
scheinen  sich  einen  Augenblick  aller  Eigenart  zu  entkleiden  und  wan- 
deln wie  Leute  ohne  Schatten.  Beide  gehn  schließlich  mit  ab- 
solut erhöhten  Werten  aus  der  Metamorphose  hervor  und  bestätigen 
den  brauchbaren  Kern.  Cezanne,  den  die  Neuheit  am  wenigsten  vor- 
bereitet traf,  besteht  sie  am  glücklichsten. 

Er  verläßt  die  Kameraden  im  besten  Augenblick  des  Impressionis- 
mus, als  Corot  noch  für  Monet  und  Pissarro  da  war,  und  sich  die  Lyrik 
der  Naturschwärmer  und  ihr  Drang  nach  Licht  im  GleichgCAvicht 
hielten.  Dieses  höchste  Niveau  nimmt  er  zum  Sprungbrett  seines 
Aufstiegs,  fängt  da  an,  wo  die  andern  aufhören,  und  macht  es  in  seinem 
Kreise  genau  so  wie  ein  Jahrzehnt  vorher  sein  deutscher  Vetter  in 

39 


einem  andern.  Die  Kongruenz  mit  Marees  ist  vollkommen,  und  die 
Bedeutung  der  Repräsentanten  reduziert  den  Unterschied  auf  ein 
Hell  und  Dunkel.  Cezanne  wird  durch  das  Pariser  Hell  aus  seiner 
Bahn  gerissen  und  neu  bestimmt,  der  junge  Schüler  Steffecks  durch 
das  altmeisterliche  Dunkel  Münchens.  Beide  erklimmen  schnell  die 
Leiter  der  neuen  Schule  und  nehmen  eine  ihren  Zwecken  geeignete 
Vereinfachung  der  Theorie  mit  in  die  Einsamkeit,  eine  „Flecken- 
theorie." Sie  verhindert,  daß  der  Abgrund  zwischen  ihrer  neuen  Bahn 
und  der  Schule  zu  groß  wird.  Marees  gewinnt  aus  seinen  Flecken  die 
Bausteine  des  Monuments.  DasSchleißheimer  Gedicht  wird  zum  Pathos, 
der  virtuose  Nachahmer  der  Alten  zum  Bildner  einer  eignen  Welt, 
auf  deren  Wände  sich  die  überlieferten  Werte  in  Kristallen  nieder- 
schlagen. Das  reinste  Bekenntnis  zu  Rembrandt  ist  das  letzte  Be- 
kenntnis zu  sich  selbst.  Cezannes  Gebahren  ist  nicht  so  faustisch.  Sein 
Galliertum  duldet  keine  dunkeln  Wege  zur  Verallgemeinerung.  Er 
vollzieht  nicht  weniger  den  Schritt  von  der  Schultheorie  zum  Uni- 
versum, in  dem  sich  das  Frühere  vergeistigt  und  erhöht  zusammen- 
findet. Aus  den  Sackgassen  der  andern  baut  er  w^ie  Marees  die  breite 
Bahn  von  allgemeiner  Gültigkeit.  Er  erlebt  noch,  glücklicher  als 
Marees,  die  dankbare  Huldigung  der  besten  jungen  Künstler  seines 
Landes.  Der  Tod  erspart  ihm  die  Genugtuung,  zu  dem  Schlagwort  in 
allen  Ländern  zu  werden  und  seine  freie  Doktrin  wieder  in  engen 
Schulbegriff  verwandelt  zu  sehn. 

Cezanne  hat  neben  Marees  die  Vorteile  und  Nachteile  seines  Landes. 
Erstens  ist  er,  zumal  während  der  nächsten  Phase,nicht  so  isoliert  wie 
der  Deutsche  in  Rom.  Die  Genossen  der  Gegenwart  arbeiten  bis  zu 
einem  gewissen  Grade  mit  und  machen  ihm,  wenn  nichts  anderes,  minde- 
stens die  Irrtümer  so  drastisch  -wie  möglich  vor.  Z^veitens  fühlt  er  sich 
nicht  so  isoliert.  Wir  sehn  ihn  allein,  er  sah  sich,  wenigstens  in  der 
nächsten  Zeit,  nicht  so.  Daher  eine  nicht  ständig  so  hoch  gespannte 
Verantwortung  wde  das  Bewußtsein  des  Deutschen,  für  den  es  in  Rom 
nicht  mehr  Bilder,  sondern  immer  nur  das  Bild  gab,  das  einzige  ganz 
vollkommene,  das  Sakrament.  Erst  im  letzten  Jahrzehnt  wird  diese 
exemplarische  Strenge  auch  dem  Franzosen  vertraut,  aber  auch  dann 
noch,  als  er  nur  auf  die  Ausbildung  seiner  Doktrin  erpicht  war,  schützte 
ihn  der  Mangel  an  IntellektuaHsmus.  Daher  fehlt  dem  Reichtum  seiner 
Entwicklung  die  starke  Höhendifferenz.  Die  zahlreichen  Krümmungen 
versagen  die  übersichtliche  Kurve.  Dem  einen  großen  Einschnitt,  dem 
Bruch  mit  dem  schwarzen  Barock,  folgen  noch  drei  entscheidende 

4.0 


Wendungen,  aber  die  Symptome  liegen  versteckt.  Es  kommt  zu  keiner 
Mareesschen  Pyramide  und  zu  keinem  Schlußstein. 

Daher  muß  ein  Vergleich,  der  die  Differenz  der  Kulturen  übersieht, 
das  Urteil  trüben.  Auch  einem  Delacroix,  einem  Rubens,  einem  Michel- 
angelo würde  das  gleiche  Kriterium  nicht  gerecht.  Die  Franzosen 
haben  keinen  Maries,  könnten  aber  mit  ihm  keinen  C^zanne  ersetzen. 
Über  das  Menschliche  außerhalb  des  Kunstwerks  hat  die  Rede  über 
Kunst  nichts  zu  sagen.  Die  Würdigung  des  persönlichen  Kraftauf- 
wands läßt  den  Wert  einer  Leistung  für  das  Universum  unberührt. 

Gleich  die  nächste  und  übernächste  Folge  nach  dem  starken  Ein- 
schnitt in  der  Laufbahn  Cezannes  verführt  zur  Unterschätzung.  Die 
Dynamik  der  schwarzen  Barockwerke  mußte,  sagt  man  sich,  zu  einer 
Ausbildung  des  Monumentalen,  zum  Beispiel  zum  Fresko  führen. 
Cezanne  kehrt  die  Richtung  ins  Gegenteil  um.  Infolgedessen  erscheinen 
dem  oberflächlichen  Blick  die  Stationen  des  Mareesschen  Weges  in 
umgekehrter  Reihenfolge;  also  eine  Entwicklung  vom  Großen  ins 
Kleine.  Aber  dieses  Klein- und- Groß  ist  kein  sicherer  Maßstab,  das 
Fresko  kein  absolutes  Ziel.  Das  Monument  eines  Maries,  der  höchste 
Ausgleich  seiner  Person  mit  dem  Gesetz,  ist  vorbildlich  als  ideale  Ver- 
geistigung dieses  Menschen,  nicht  der  einzige  Weg  zur  Vergeistigung, 
im  Gegenteil  der  am  wenigsten  geeignete.  Nur  Maries'  einzigartiger 
Tastsinn  konnte  durch  das  Labyrinth  von  Gefahren  gedankenblasser 
Abstraktion  glücklich  zum  Ziele  finden.  Cezanne  nähert  sich  dem 
Formengang  Grecos,  der  mit  einer  Landschaft  schloß  und  mit  dieser, 
von  allen  kompakten  Stilbegriffen  erlösten,  Dichtung  nicht  weniger 
endgültig  demonstrierte  als  Marees  mit  seinen  Triptychen.  Er  geht 
von  einer  voreilig  geschlossenen  Form  zu  einer  losern  über.  Es  fragt 
sich,  was  die  neue  Helligkeit  aus  dem  visionären  Raum  macht,  den 
das  Frühwerk  gewann.  Der  Raum  tritt  auf  eine  Weile  zurück.  Zu- 
nächst scheint  es  Cezanne  auf  Ausstattung  der  in  Auvers  gewonnenen 
Natur  anzukommen,  Ausstattung  mit  allen  Reizen,  an  die  vorher 
nicht  gedacht  werden  konnte.  Der  Reichtum  ist  so  berückend,  daß 
keiner  sich  der  kaum  formulierten  Träume  des  jungen  Cezanne  er- 
innert. Er  selbst  vergißt  sich,  froh  des  neuen  Schaffens,  das  von  außen 
nach  innen  zu  gehn  scheint,  während  er  es  sich  früher  qualvoll  aus 
dem  Innern  herausriß.  Blumen  von  phantastischer  Pracht  drängen 
das  Raumideal  in  den  Hintergrund.  Dort  aber  bleibt  es.  Verborgen 
unter  Kränzen  lebt  es  weiter,  wie  Marees'  größte  Sehnsucht  unter 
Freuden  andrer  Art  verschwand,  aber  als  unterirdischer  Strom  weiter- 

41 


wirkte,  um  an  andrer  Stelle  unvorhergeselin  die  Oberfläche  zu  durch- 
brechen und  mit  gedoppelter  Kraft  zum  Ziel  zu  steuern. 

Sofort  nach  Auvers  erweitert  sich  die  Produktion  nach  vielen  Rich- 
tungen und  nimmt  alle  Gattungen  von  Motiven  auf,  Bildnisse  und 
Figürliches,  Landschaften  mit  Staffage,  reichste  Stilleben.  Die  Palette, 
die  in  Auvers  das  Grau  verhüllte,  befreit  sich  von  dem  schmutzigen 
Ton,  und  der  Pinsel  schleift  die  Farbe  zu  Strahlen.  Das  Bildhafte 
ächzt  nicht  wie  in  der  dunkeln  Zeit,  sondern  jubelt,  befreit  von  dem 
Knebel.  Eine  Natur  von  der  Vitalität  Manets,  aber  neben  Manet 
immer  noch  von  einer  visionären  Kraft  beseelt,  die  alles  Greifbare 
ausschließt.  Der  Auftrag,  nicht  mehr  so  voll  von  Pigment  wie  in  den 
schwarzen  Barockbildern,  doch  pastoser  als  in  Auvers,  von  körniger 
Derbheit. 

Damals  ist  der  größte  Teil  des  ganzen  Oeuvre  entstanden.  Zeitlich 
läßt  sich  diese  fruchtbarste  Periode  nicht  genau  begrenzen.  Sie  ragt 
bis  tief  in  die  achtziger  Jahre  hinein.  Noch  schwieriger  ist  bei  der 
Fülle  eine  ganz  zutreffende  Bestimmung  des  Inhalts.  Verglichen  mit 
den  monumentalen  Frühwerken,  ist  ihr  ein  spezifisch  dekorativer  Wert 
eigentümlich  und,  natürlich,  eine  ganz  andre  Stofflichkeit,  viel  nähere 
Beziehung  zu  der  Natur.  Das  Dekorative  bestimmt  Verhältnis  und 
geschmeidiges  Gefüge  der  Massen,  regelt  den  Tanz  farbiger  Flecken, 
wählt  die  Pläne  in  der  weiten  Provencer  Landschaft,  sammelt  die 
Massen  in  den  Legenden  unter  Bäumen  und  webt  den  Gobelin  der 
Stilleben.  Um  die  erleichterten  Massen  architektonisch  zu  gliedern, 
wdrd  das  Motiv  zentral  geordnet,  und  damit  entfernt  sich  Cezanne 
entscheidend  von  der  neuen  Landschafterschule  und  nähert  sich  der 
alten  Tradition.  Sehr  oft  begrenzen  zwei  Bäume  rechts  und  links, 
nahe  dem  Rahmen,  den  Vordergrund.  Den  bewegt  eine  Gruppe.  In 
dem  schönen  Bild  bei  den  Bernheims  in  Paris  sind  es  Schnitter.  Dann 
kommt,  ein  wenig  schräg  angelegt,  der  zweite  Plan  mit  flimmerndem 
Getreide,  und  den  Hintergrund  bildet  Hügelgelände  mit  der  Kirche 
auf  dem  runden  Berg.  Oft,  zum  Beispiel  in  der  Provencer  Landschaft 
der  Sammlung  Reber  in  München,  bilden  die  Zweige  der  rahmenden 
Bäume  noch  ein  Blätterdach  und  begrenzen  auch  die  Höhe.  Oder  der 
Fluß  wird  in  der  Mitte  des  Bildes  von  dem  Bogen  der  Brücke  über- 
deckt, und  beide  Ufer  sind  Kulissen  von  Wald.  Oder  die  weiße  Villa 
liegt  am  Ende  des  Sees,  wieder  in  der  Mittellinie.  —  Erzählt,  khngt 
es  wie  Theater,  und  man  kann  nie  sagen,  wie  sehr  es  Theater  ist,  wie 
jeder  Zweig,  jedes  Blatt  und  das  Chlorophyll  im  Blatte  mitspielt,  tanzt 

42 


und  redet.  In  andern  Stücken  von  weitester  Perspektive  findet  der 
Blick  das  Zentrvim,  ohne  daß  eins  da  ist.  Kaum  merkbare  Hebungen 
und  Senkungen  der  Ebene,  kleine  architektonische  Details  deuten  die 
Pläne.  Schräg  ziehn  Wege  ihre  Parallelogramme,  und  hinten,  ganz 
in  der  Ferne  laufen  die  Bogen  einer  antiken  Wasserleitung  die  Hügel 
entlang.  Schließt  man  das  Auge,  so  gleitet  der  Blick  noch  w^eiter;  die 
strahlende  Provence  mündet  in  die  Campagna  Poussins  hinein,  und 
dann  hat  man  die  ganze  Perspektive  der  Bühne.  Provence  und 
Cezanne  sind  immer  videder  da,  sobald  man  die  Lider  öffnet,  mit 
aller  Sachlichkeit  der  Topographie,  die,  wohlverstanden,  diesem 
und  keinem  andern  Fleck  Erde  eigen  ist.  Auch  das  gehört  zum 
Theater.  Der  Anarchist  ist  sich  damals  schwerlich  seines  ganzen 
Reichtums  an  Hintergründen  bewußt  gewesen.  Der  Anarchist  ist 
mehr  Franzose  als  Courbet,  Manet  und  Monet,  sogar  in  weiterm 
Umfang  Franzose  als  Renoir,  der  sich  vergleichsweise  mehr  zu  dem 
Dix-huitieme  bekennt.  Cezanne  umfaßt  auch  diese  Tradition  nebst 
allen  andern. 

Bewußter  wird  das  Traditionelle  in  seltenen  Kleinodien  von  der 
Art  der  dekorativen  Panneaux  aus  der  alten  Sammlung  Choqviet,  die 
jetzt  bei  den  Bernheims  hängen;  das  eine  mit  einer  krausen  Barock- 
Fontäne,  bespickt  mit  kostbaren  Figürchen;  das  Pendant  eine  Bade- 
szene. Wie  Märchen  klingt  die  Erinnerung  an  den  verkrümelten 
Brotkugel- Stil,  aus  dem  dieses  Rokoko  hervorging.  Der  Reiz  des 
un verhüllt  dekorativen  Spiels  ist  die  diminutive  Form  des  üppigen 
Barocks  und  der  instinktmäßig  gefundene  Zusammenklang  indivi- 
dueller Pinselführung  mit  dem  von  außen  gegebenen  Ornament  des 
Objekts.  Die  Improvisation  ziseliert  die  Figürchen  aus  demselben  fein- 
maschigen Stoff,  der  die  Atmosphäre  der  Landschaft  trägt,  und  macht 
aus  den  reichen  Details  substantieller  Dinge  Zieraten  desRaums^'^l  Es 
ist  die  Methode  des  schwarzen  Mystikers  auf  eine  andre  Art.  Zu  einer 
schwerer  geschürzten  Tanzart  gehört  die  Gruppe  von  Bildern  um  den 
„Mardi  gras"  von  1888,  deren  Hauptwerk  Stchoukine  in  Moskau  be- 
sitzt, Pierrot  und  Harlekin  vor  dem  pompösen  Vorhang:  ein  großartig 
vereinfachter,  großartig  übertragener  Watteavi'3),  Will  man  die  ganze 
Bühne  von  dieser  Seite  überblicken,  so  gehe  man  vor  die  Landschaft 
mit  dem  „Bahndurchstich"  der  Münchener  Pinakothek,  ein  Durch- 
stich des  Monuments  durch  die  Dekoration.  Die  Erinnerung  an  Poussin 
hilft  uns  nur  wenig  bei  der  Deutung  dieser  gebärdenlosen  W  ürde. 
Wir  sind  hier  sicher  den  schwarzen  Brotkugeln  der  ersten  Zeit  am 

43 


fernsten  und  dem  visionären  Raum,  der  in  dem  plumpen  Zeug  geahnt 
wurde,  am  nächsten. 

Der  Maler  dieser  Periode  ist  in  dem  Selbstbildnis  der  Sammlung 
Theo  Behrens.  Nichts  weniger  als  ein  Lyriker,  kein  Träumer  aus  der 
Campagna,  immer  wieder  ein  Dramatiker  aus  nächster  Nähe  Rem- 
brandts.  Man  begreift  nicht,  wie  in  diese  ungeheuere  Wölbung  auch 
der  Sinn  für  Anmut  hineinkam,  und  vergißt  ihn.  Das  Dekorative 
verlöscht  im  Schatten  dieser  Menschlichkeit. 

Die  Periode  hat  alles:  gewählte  Sinnlichkeit,  gewählten  Geist  und 
Geschmack,  unverwüstliche  Natur,  Spiel,  Ernst  und  Tanz.  Nur  eins 
fehlt:  der  Impressionismus.  Es  sei  denn,  man  wolle  eine  Fleckentheorie, 
die  schöne  Farben  verwendet,  so  nennen.  Nichts  von  einer  analysie- 
renden Betrachtung,  die  das  empfangende  Auge  zum  Objekt  macht, 
nichts  von  physiologischer  Lehre.  Der  mit  andern  gemeinsame  Weg, 
der  in  Auvers  begann,  mündet  in  eine  größere  Gemeinde.  Wenn  man 
aus  Freude  über  den  Besitz  ihn  zu  der  Moderne  rechnet,  geschieht  es 
mit  demselben  Reservat,  mit  dem  v^dr  die  schönsten  Werke  der  Courbet 
und  Manet  modern  nennen.  Mit  gleichem  Recht  zählen  wdr  sie  zu 
den  alten  Meistern. 

Wieder  besinnt  sich  Cezanne.  Er  war  es,  der  in  Sturm  und  Drang 
von  alten  Göttern  abfiel  und  für  die  neue  Zeit  neue  Form  verlangte. 
Die  hatte  ihm  Manets  Lehre  versprochen,  deshalb  war  er  nach  Auvers 
in  die  Natur  gegangen,  hatte  sich  von  Greco  losgesagt.  Statt  des  einen 
Grecos  sind  deren  viele  geworden.  Sie  haben  ihn  nicht  gehemmt,  er 
wurde  der  große  Maler,  und  fern  ist  ihm  der  Eigendünkel,  über  die 
Erhabenen  wie  über  Leichen  zu  gehn.  Aber  prägt  sich  vnrklich  sein 
Gefühl  von  seiner  Zeit,  gegen  seine  Zeit,  gültig  in  satte  Farben,  in 
Rokoko  und  Idyllen?  Schwankt  nicht  sein  Arkadien  zwdschen  allen 
möglichen  Spielarten?  Nichts  lockt  ihn  weniger,  als  die  Welt  mit 
Gebärden  zu  beschwören.  Er  will  sie  nicht  verspotten,  noch  sie  be- 
lehren. Nur  auf  das  Bekenntnis  vor  sich  selbst  kommt  es  an,  und  das 
kann  nichts  andres  als  Form,  unerbittliche  Form  sein.  Wohl  hat 
schon  jedes  Bild  für  hohe  Ansprüche  Form  genug.  Aber  diese  An- 
sprüche rechnen  nach  Normen,  die  für  Amateure,  nicht  für  ihn  Gel- 
tung haben.  Aus  alledem  muß  ein  andres,  gesammelte  Eigenheit, 
höchste  Verallgemeinerung  werden.  —  Da  wendet  sich  Cezanne  noch 
einmal  und  findet;  wenn  man  will,  kann  man  den  Fund  seinen  Im- 
pressionismus nennen. 


44 


vn. 

Diese  vierte  Phase  setzt  um  die  Zeit  ein,  als  in  den  Bildern  Manets 
und  seines  Kreises  die  neue  Schule  ihre  Forderungen  durchsetzt  und 
die  Optik  die  Überheferung  Corots  endgültig  zurückdrängt.  Er  fängt 
wieder  da  an,  wo  die  andern  aufhören  —  oder  besser  getan  hätten, 
aufzuhören'^^ 

Cezanne  kam  in  den  Impressionismus  wie  Delacroix  nach  Marokko. 
Er  war  irgendwo  gewesen,  als  Monet  die  neue  Physiologie  aufstellte. 
Jetzt  entdeckte  er  sie  für  sich  mit  dem  Rundblick  des  Pliilosophen, 
dem  die  engere  Gattung  von  Vorstellungen,  aus  der  eine  Erfahrung 
gewonnen  wird,  nicht  näher  steht  und  der  sie  unbefangen  auf  ihren 
Nutzen  für  seine  höhern  Zwecke  hin  durchschaut.  Sie  wurde  in  noch 
höherm  Maße  und  noch  weiterm  Umfang  dasselbe  für  ihn,  was  für 
Delacroix  ein  halbes  Jahrhundert  vorher  die  erste  Entdeckung  der- 
selben Farben-  und  Lichtgesetze  gewesen  war:  ein  Mittel  zur  Klärung 
der  Vision.  Er  erkannte  darin  die  MögUchkeit,  der  Natur  noch  näher 
zu  kommen  und  sie  gleichzeitig  noch  freier  zu  übertragen,  einen  höhern 
Begriff  des  Natürlichen  zu  gewinnen,  in  dessen  Bereich  das  Dekorative 
einer  weniger  stoffhchen  Ordnung  unterworfen  werden  konnte.  Die 
rembrandthafte  Gewalt  der  Bildnisse,  die  prunkenden  Stilleben,  die 
monumentalen  Landschaften  hatten  ihm  trotz  ihres  Reichtums  ein 
Ausdrucksmittel  versagt,  das  dem  Franzosen  für  die  Gegenwart  un- 
entbehrhch  schien:  die  Nuance.  Das  bot  sich  ihm  in  dem  gesteigerten 
Impressionismus:  eine  Form  für  zeitgenössische  Organe. 

Nun  erhellt  sich  die  Palette  noch  einmal.    Das  Pigment  wird  spar- 

47 


sam,  der  Auftrag  verliert  das  materielle  Gewicht,  das  derbe  Korn  ver- 
schwindet. Statt  der  wuchtigen  Farbe  übernehmen  die  aus  der  Farbe 
gewonnenen  Stufen  die  Führung.  Es  beginnt  die  Kammermusik  des 
Meisters,  seine  Tonkunst. 

Wir  haben  bunte  Blumen  und  tonige  Blumen.  Die  bunten  sind 
entweder  selbst  aus  starken  Kontrasten  zusammengesetzt  oder  rufen 
mit  jeder  Umgebung  starke  Kontraste  hervor.  Sie  erobern  uns 
leicht,  ziehen  schon  von  weitem  den  BKck;  Lilien,  Tulpen,  Mohn, 
alle  möglichen  Feld-  und  Gartenblumen.  Sie  entsprechen  Bildern 
van  Goghs,  sind  dekorativ.  Es  fehlt  ihnen,  auch  von  nahe  gesehn, 
nicht  an  Reiz;  dafür  sorgt  Äderung  und  Flaum,  das  Poröse  der 
Haut;  ihr  wesentlicher  Reiz  aber  beruht  auf  der  Fernwirkung 
starker  Farben.  Andre  Blumen  beginnen  ihre  besondere  Wirkung  auf 
unser  Auge  erst,  wenn  man  sie  in  die  Hand  nimmt.  Es  sind  Interieur- 
Blumen.  Die  moderne  Gärtnerei  hat  gerade  solche  Arten  gezüchtet. 
Wir  können  uns  schwer  vorstellen,  daß  solche  Blumen  früher,  als  die 
Häuser  klein  und  die  Gärten  groß  waren,  existierten.  Es  gibt  eine 
neue  grüne  Campanula.  Sie  hat  nur  eine  Farbe,  ein  Grün,  eine  Art 
Eidechsen-Grün.  Es  ist  eme  sehr  stille  Farbe,  doch  vermag  man  kein 
zweites  Grün  daneben  zu  sehn.  Die  andern  tun  dem  Auge  weh,  der 
kühle  Epheu  sticht,  der  Rasen  wird  giftig,  es  scheint  mit  dieser  Farbe 
ein  persönhcher,  seltener,  kostbarer  Wert  verbunden.  Das  Grün  ist  in 
dem  behaarten  Stamm  am  wenigsten  ausgesprochen;  es  wird  reicher 
und  zugleich  heller  in  den  Wellungen  der  flaumigen  Blätter,  die  sonst 
mit  dem  Stamm  übereinstimmen,  erhöht  sich  nochmal  und  nimmt 
eine  durchsichtige  Patina  an  in  der  klassisch  gezeichneten  Glocke 
und  erreicht  das  Maximum  von  stiller  Pracht  in  dem  silbrigen  Innern 
der  Glocke;  ganz  tief  drin  sitzen  grüne  Pünktchen.  Reins  der  Grüns 
gleicht  dem  andern,  alle  aber  sind  dasselbe  Eidechsengrün.  Dieser  Um- 
fang der  Wirkung  innerhalb  einer  Einheit  weckt  einen  Begriff  von 
Reichtum,  neben  dem  der  Reiz  dekorativer  Blumen  vorlaut  und  billig, 
geringere  Gattung  erscheint.  Man  dämpft  die  Stimme  in  der  Nähe 
solcher  Geschöpfe,  möchte  Kelche  für  sie  erfinden,  Alkoven,  Möbel, 
möchte  ihre  Eigenart  auf  andres  und  sich  selbst  übertragen.  Die  Or- 
gaiüsation  dieser  leisen  Schönheit  drängt  nach  Verallgemeinerung. 
Das  fehlt  der  andern  Gattung. 

An  dergleichen  kann  man  denken.  Cezanne  hat  solche  Lüste  des 
Auges  belauscht.  Aber  er  tut  noch  viel  mehr.  Er  macht  das  Leise 
klangvoll.   Dieser  Gärtner  bringt  es  fertig,  seine  Campanula  in  den 

48 


Garten  zu  setzen  und  so,  daß  sie  trotz  der  auf  eine  Farbe  beschränkten 
Wirkung  das  Auge  anzieht,  nicht  von  nahe,  sondern  wo  immer  man 
steht,  und  so  unwiderstehhch,  daß  die  Bhcke  fliegen,  sobald  sie  nur 
von  einem  Hauch  des  zarten  Spiels  getroffen  w^erden.  Und  es  ist  keine 
Blume,  sondern  ein  Haus  zvvdschen  Bäumen,  ein  Dorf,  ein  Fluß  mit 
Brücken,  ein  menschliches  Antlitz,  Gestalten  im  Walde,  Früchte,  Feld, 
Erde,  Himmel,  eine  ganze  Welt.  Wir  kennen  Welten  aus  dunstigen 
Tönen:  Turner  mit  seinem  Feuerwerk,  die  Schleier  Whistlers,  den 
späten  Monet  mit  seinen  nebelhaften  Reflexen.  Sind  es  Welten,  in  denen 
außer  der  Phantasie  des  Verzückten  noch  etwas  leben  kann?  Nicht 
etwa  nur  Träume  und  Ideen  listiger,  wollüstiger  Maler,  denen  die 
Welt  verschwand?  Diese  Welt  hier  ist  greifbar  lebendig,  niclits  weniger 
als  Dunst,  stark  wie  die  Sonne  der  Provence,  wie  ein  Bauer  des  Landes, 
wie  die  gebärende  Kraft  des  gebenedeiten  Bodens.  Man  erlebt  hundert- 
mal bei  Aix  die  nüchterne  Wahrheit  Cezannes,  so  sicher  wie  das 
Venedig  der  Guardis,  das  Holland  Vermeers,  das  England  Constables; 
noch  sicherer,  und  braucht  nicht  einmal  liinzugehn.  Seine  dünne 
Farbe  ist  nicht,  wie  der  gef  älhge  Schleier  der  Ideologen,  dünner  Geist, 
sondern  nacktes  Tatsachengesicht,  Realität. 

Im  Grunde  nichts  andres  als  eine  Erfüllung  des  alten  Gesetzes,  mit 
dem  geringsten  Quantum  maximalen  Nutzen  zu  geben.  Nur  der  Grad 
von  Erfüllung  erscheint  uns  zuweilen  wie  ein  neues  Wunder. 

Das  Erstaunliche  liegt  einmal  in  dem  Relativen,  der  auffallenden 
Entwicklung  innerhalb  des  Oeuvre,  diesem  Wachstum  aus  dieser 
Wurzel.  Das  ist  das  geringste.  Tiefer  ergreift  uns  das  Absolute  der 
Leistung,  die  unbegrenzte  Erfüllung  aller  Forderungen  des  Objekts, 
mit  der  sich  unsre  Sehnsucht  restlos  erfüllt;  eine  Sehnsucht,  die  nicht 
erst  von  dem  Schöpfer  dieser  Dinge  geweckt  wurde,  sondern  latenten 
Bedürfnissen  der  Menschheit  von  heute  entspringt. 

Cezannes  ReaHtät  ist  von  Meistern  vor  ihm  kaum  geahnt  worden; 
auch  von  Delacroix  nicht,  von  dem  er  abstammt.  Er  ist  deshalb  nicht 
größer.  Seine  Realität  besteht  jenseits  der  hohen  materiellen  und 
geistigen  Suggestionen  eines  Delacroix.  Der  sichere  Rückschluß  vom 
Werk  auf  den  universellen  Menschen  —  bei  Delacroix  ein  Hebel  unsrer 
Verehrung  —  bleibt  versagt.  Cezanne  ist  neuer.  Das  beweist  nichts. 
Wäre  es  allein  entscheidend,  so  könnte  man  einen  Futuristen  über 
Michelangelo  stellen.  Cezanne  erweist  die  Gültigkeit  seiner  Neuheit. 
Innerhalb  der  neuen  Bedingungen  und  Forderungen  seiner  Zeit  nähert 
er  sich  dem  Ideal  mit  Hilfe  einer  Organisation  von  nichts  weniger 

49 


als  aktueller  Fülle,  init  einem  Mittel,  das  von  keiner  Willkür  bestimmt 
wird,  sondern  ihm  von  der  Überlieferung  gereicht  wird.  Seine  nächsten 
Vorgänger,  Delacroix  und  die  Impressionisten,  haben  es  vorbereitet, 
und  er  übernimmt  es  in  dem  Augenblick,  wo  es  genommen  werden 
muß,  um  nicht  verloren  zu  gehn. 

Dadurch  rückt  der  Outsider  auf  einmal  an  einen  vorher  bestimmten 
Platz  der  Entwicklungsgeschichte.  Sein  Beitrag  fügt  ihn  der  großen 
Kette  ein,  die  bei  den  Venezianern  begann  und  in  unvmterbrochener 
Folge  über  Greco,  Rubens,  Poussin,  Watteau,  Delacroix  zu  ihm  und 
über  ihn  hinausreicht.  Das  kunsthistorische  Faktum  erschöpft  nicht 
seine  Bedeutung.  Es  handelt  sich  nicht  allein  um  eine  Vervollkomm- 
nung des  überlieferten  Mittels,  sondern  um  eine  neue  Konstellation 
aller  Mittel.  So  wenig  sein  Fortschritt  einen  Delacroix  vollendet,  der 
als  Komplex,  so  wie  er  vor  uns  steht,  vollkommen  ist,  ebenso  wenig 
gelangt  man  von  Delacroix  in  grader  Linie  zu  Cezanne.  Sie  Hegen 
ebenso  auf  verschiedenen  Ebenen  vrie  Delacroix  und  sein  Raffael,  der 
auch  nicht  seinem  besondern  Wesen  gemäß  fortgesetzt  werden  konnte. 
Man  glaubt  von  Balzac  und  Flaubert,  Puschkin  und  Dostojewski,  ob- 
wohl sie  entwicklungsgeschichtlich  eng  zusammenhängen,  sogar 
manche  Ziele  gemein  haben,  sagen  zu  können:  sie  reden  nicht  die- 
selbe Sprache.  Dasselbe  gilt  hier.  Der  Vergleich  Cezannes  mit  Dosto- 
jewski'5^  ist  deshalb  so  günstig,  weil  auch  die  von  Dostojewski  voll- 
brachte Differenzierung  jede  Verengvmg  und  Schwächung  des  Über- 
nommenen vermeidet. 


50 


'^^ 


vm. 

Von  dein  technischen  Problem  wenigstens  die  Umrisse:  Cezanne 
modelliert  nicht  mit  der  Zeichnung,  verzichtet  auf  alle  linearen  Um- 
risse, da  sie  seinem  Gefühl  willkürlich  und  seinein  Rhythmus  hinder- 
lich erscheinen.  Er  modelliert  nur  mit  Farben  und  Ton.  Das  Gleiche 
läßt  sich  von  Manets  Farbenkontrasten  sagen.  Cezanne  mildert  und 
raffiniert  die  Kontraste  und  vervielfacht  die  Töne.  Er  vervielfacht 
sie  nicht  nur,  baut  geradezu  das  ganze  Bild  aus  Tönen  auf,  läßt  den 
Kontrast  der  Farben  verhältnismäßig  zurücktreten'^^  Warum  wirkt  er 
trotzdem  so  gestaltreich?  Die  Abtönung  muß  von  rechts  wegen  das 
Bildhafte  verweichlichen  und  verwischen  und  unvermeidlich  zur  Auf- 
lösung führen.  Wie  entgeht  Cezanne  dieser  Klippe,  an  der  Monet  mit 
einer  viel  geringern  Intensität  der  Abtönung  scheitert?  —  Mit  zwei 
Gegenmitteln.  Zunächst  mit  einem  längst  bekannten,  das  Constable 
w^iederentdeckt  und  den  Nachfolgern  übermittelt  hatte,  dem  Cezanne 
nur  eine  neue  Verwendung  und  Ausdehnung  gab:  die  manuelle  Stu- 
fung zwischen  den  Tönen.  Der  dunkle  Ton  gleitet  nicht  widerstands- 
los in  den  hellem,  sondern  in  deutlichen  Absätzen,  die  der  Pinsel 
rhythmisch  organisiert.  Die  Pinselschrift  schafft  Kadenzen.  Iin  Prinzip 
machen  das  Monet  und  die  andern  ebenso.  Sie  teilen  mit  dem  Pinsel 
die  Farbe,  um  ihr  Konsistenz  zu  geben,  da  eine  bewegte  Fläche  un- 
gleich stärker  wirkt  als  die  glatte  derselben  Farbe.  Schon  Delacroix 
machte  es  so,  und  im  Prinzip  hat  es  Veronese  nicht  anders  gemacht. 
Die  Teilung  erfolgt  durch  mehr  oder  weniger  lange,  gerundete  oder 
grade  Striche.    Der  Leuchtkraft  zuliebe  kürzen  die  Impressionisten 

53 


die  Striche  und,  um  den  Flächen  die  Ruhe  zu  geben,  machen  sie  die 
Schraffierung  gleichmäßig.  Bei  Monet  sind  die  Striche  kommaartig, 
bei  Sisley  länglicher,  bei  Pissarro  mehr  punktiert.  Die  Gleichförmig- 
keit des  Strichs  macht  die  Teilung  zu  einem  relativ  dem  Dekorativen 
zuneigenden  Verfahren,  dessen  Mechanismus  hervortritt,  sobald  man 
an  die  alten  Meister  und  zumal  an  Delacroix  denkt.  In  Delacroix' 
Bildern  trägt  jeder  Strich  gleichzeitig  Gestalt  und  Farbe,  und  nichts 
Mechanisches  hat  Platz.  In  den  Bildern  der  Seurat,  Signac  vmd  der 
andern  Neo-Impressionisten  (deren  Versuche  Cezanne  mit  Aufmerk- 
samkeit verfolgte)  wird  der  Mechanismus  immer  deutlicher. 

Cezanne  erkannte  das  arg  Bedingte  des  Zusammenhangs  dieser  Nach- 
folger mit  Delacroix.  Er  bereichert  den  Teilungsmodus.  Die  Syste- 
matisierung der  Handschrift  wird  durchaus  nicht  aufgehoben,  nur 
fügt  sich  die  Struktur  aus  einer  Menge  verschiedener  Einheiten  zu- 
sammen. Man  erkennt  avif  den  ersten  Blick  ein  sehr  ausgesprochenes 
System  von  Flecken,  Strichen,  Schraffierung;  jedes  Bild  hat  sein 
eigenes,  und  innerhalb  desselben  Bildes  wechselt  die  Einheit.  Gebogene 
Striche  a  la  Delacroix  wechseln  mit  kleinen  und  großen,  gradlinig 
schraffierten  Flächen.  Die  Schraffierung  geht  scheinbar  über  das 
ganze  Bild  weg  und  hält  es  zusaminen,  aber  ist  nur  ein  durchsichtiges 
Netz  über  andern  ebenso  durchsichtigen  Strukturen.  Oft  wird  der 
Pinsel  haardünn,  dann  waeder  läuft  die  Farbe  in  anscheinend  zufälligen, 
aquarellmäßigen  Lachen.  Der  Druck  der  Hand  folgt  allen  Einfällen 
des  Ausdrucks.  Immer  wieder  fällt  die  Selbstherrlichkeit  des  Systems 
auf.  Es  geht  der  Natur,  die  es  wiedergeben  will,  voraus,  und  wenn 
man  es  greifen  wäll,  steht  der  Berg,  den  es  webt,  die  Frau,  der  Bauer 
vor  uns.  Nie  macht  es  Cezanne  wde  Manet,  der  mit  den  ersten  paar 
Strichen  die  Natur  an  sich  riß.  Bei  Cezanne  steigt  die  Gestaltung 
scliichten weise  wde  bei  Marees,  nur  bleibt  der  Auftrag  rätselhafter- 
weise immer  dünn.  Wenn  er  beginnt,  wirbelt  es  auf  der  Leinwand 
von  farbigen,  rhythmischen  Flächen.  Zehn  Landschaften  statt  der 
einen  stecken  in  dem  Wirbel.  Das  Grün  ist  Saft,  bevor  es  Baum 
wird,  und  bleibt  es  auch  dann  noch.  Manet  wollte  die  eine  Land- 
schaft, den  Ausschnitt  vor  seinem  Auge;  Cezanne  will  hundert  in 
der  einen. 

Beschränken  wir  uns  auf  den  Auftrag,  so  ergibt  sich  etwa  ein  ge- 
reinigtes System  in  der  Art  der  alten  Meister  und  Delacroix',  be- 
reichert um  alle  Möglichkeiten  der  Impressionisten. 

Aber  das  gibt  erst  einen  groben  Umriß  der  Cezanneschen  Teilung. 

54 


Der  sorgfältige  Betrachter  erkennt  in  dem  Bilde  Einzelbilder  aus 
solchen  Strichen  und  Schraffierungen,  Stücke,  welche  Einzelheiten 
des  Motivs  gewissermaßen  sphärisch  vereinfachen.  Gelänge  es,  solche 
Einzelbilder  herauszunehmen  (was  die  Geschlossenheit  des  Ganzen  in 
Wirklichkeit  nie  erlaubt),  so  würde  man  sie  als  geometrische  Formen 
erkennen,  Stücke  von  Würfeln,  Zylindern  und  andern  räumlichen 
Figuren.  Wir  gelangen  zu  einer  Anatomie  des  Bildes  auf  mathe- 
matischer Basis.  Diese  räumlichen  Figuren  ergänzen  die  Struktur. 

Die  Bedeutung  des  Systems  ergibt  sich  von  selbst.  Die  Farbe  wird 
bis  an  die  Grenze  der  Auflösung  zerlegt,  Pigment,  Auftrag  halten  sich 
an  geringste  Mengen.  Die  Mathematik  der  ins  Räumliche  wogenden 
Striche  baut  das  Farbige  wieder  zusammen.  Die  Synthese  überwiegt 
bei  weitem  die  Analyse.  Daher  die  erstaunliche  Geschlossenheit  von 
Bildern,  die  anscheinend  nur  aus  ein  paar  dünn  gestrichelten  Flächen 
bestehn'''^  Die  Striche,  für  das  rohe  Auge  Fetzen,  sind  in  Wirklichkeit 
Klangbündel  des  Farbigen,  Raumbündel  der  Natur.  ZurückbHckend 
vermag  man  sich  vorzustellen,  daß  in  den  ungeschlachten  Massen  der 
schwarzen  Barockbilder  bereits  die  Ahnung  von  einer  kubischen  Raffung 
der  Erscheinung  ihr  Wesen  trieb. 

Die  Beteiligung  der  Geometrie  an  der  Kunst  ist  uralt  wie  die  Py- 
ramiden und  der  Kubus,  aus  dem  die  Egypter  ihre  sitzenden  Idole 
gewannen.  Ohne  Mathematik,  ob  bewußt  oder  nicht,  ist  keine  Venus, 
keine  Mutter  Gottes  entstanden.  Als  Adam  die  gewölbte  Hand  um 
die  Brust  der  Eva  legte,  keimte  der  Instinkt  dieser  räumhchen  Bildung. 
Freilich  lag  einer  Epoche,  die  sich  immer  unbedachter  der  Natur  über- 
ließ, nichts  ferner  als  jener  Zusammenhang,  am  fernsten  dem  Im- 
pressionismus. Die  Mathematik  war  dem  Künstler  etwa  noch  in  der 
Plastik  gewohnt  und  in  einer  Malerei,  die  sich  noch  nicht  ganz  von 
der  Plastik  gelöst  hatte.  Wir  wissen,  wie  Ingres  nach  den  Säulen  im 
Körperbau  suchte,  und  kennen  Maries'  Forderung,  in  dem  Kopf  die 
Kugel,  in  den  Beinen  Kegel  zu  sehn.  Bei  Marees  kann  schon  eine 
Reaktion  auf  den  vorausgeahnten  Impressionismus  mitgespielt  haben ; 
mit  Sicherheit  bei  einem  Sonderling  unter  den  Malern,  dessen  Einfluß 
gerade  ein  Extrem  des  Impressionismus  herbeirufen  sollte:  Seurat,  der 
Vater  des  Neo-Impressionismus,  führte  mit  seiner  nahezu  mechanischen 
Teilung  der  Fläche  die  Entdeckung  Monets  ad  absurdum  und  suchte 
gleichzeitig  mit  seiner  Liniengeometrie  einen  struktiven  Halt  zu  ge- 
winnen. Seurat  wollte  das  Problem  experimentell  lösen  und  die  Mathe- 
matik als  Mathematiker  einführen.  Eine  ganz  methodisch  veranlagte 

55 


Geistesart  trieb  ihn.  Er  war  nahe  daran,  zu  glauben,  die  Schönheit 
lasse  sich  zahlenmäßig  berechnen.  —  Cezanne  hat  die  wenigen  Bilder 
Seurats,  die  lange  nach  seinen  ersten  Versuchen  entstanden,  gekannt 
und  abgelehnt.  Eine  Welt  trennt  ihn  von  dem  Wissenschaftler: 
Seurat  suchte  das  Ornament.  Am  Ende  einer  tausendjährigen  Ge- 
schichte blieb  Seurat  nichts  übrig,  als  die  Malerei  dorthin  zurückzu- 
führen, von  wo  sie  einst  unter  den  Mosaikisten  ausgegangen  war.  Ce- 
zanne dachte  großmütiger  von  der  Malerei.  Er  wollte  ihr  nichts 
nehmen,  sondern  ihr,  ^vie  er  einmal  in  seiner  Art  sagte,  „etwas  vom 
Museum"  zurückgeben.  Renoir  wünschte,  in  seiner  Reihe  zu  bleiben. 

Das  Abtasten  nach  geometrischen  Formen,  das  bis  dahin  nur  im 
Monumentalen  oder  in  strengen  Dekorationen  denkbar  schien,  richtet 
Cezanne  auf  eine  Welt  von  Nuancen,  auf  die  spontane  Darstellung 
flüchtiger  Eindrücke  der  Natur.  Und  zwar  richtet  er  rücht  flächige 
Formen  auf  die  Fläche,  sondern  räumliche  auf  den  imaginären  Raum 
des  Bildes.  Wenn  man  in  einem  Apfel  von  der  immateriellen  Pracht 
einer  Cezanneschen  Frucht,  in  einer  Wange  seiner  Frauengesichter, 
in  seinen  Selbstbildnissen  die  räumliche  Geometrie,  zum  Beispiel  das 
Abtasten  einer  Eiform  findet,  mag  man  sich  sagen,  ein  Gesicht,  ein 
Apfel  sei  immer  noch  etwas  Greifbares,  das  irgendwie  die  Beziehung 
auf  solche  Formen  erlaubt.  Wie  soll  man  das  Hineinbauen  solcher 
Würfel  in  eine  Landschaft,  in  atmosphärische  Dinge  erklären?  Land- 
schaften der  Primitiven  ertrügen  und  ertrugen  es,  weil  sie  keine  Land- 
schaften, sondern  komische  Häuserchen,  besenartige  Bäumchen,  Maul- 
wurfhügel sind.  W  olil  war  Cezanne  selbst  ein  Primitiver.  Man  sieht 
es  an  allen  Zeichnungen  zu  Rompositionen.  Sie  beginnen  mit  Rinder- 
fingern. Vom  Primitivsten  in  ihm  ging  er  wie  jeder  Bekenner  aus, 
und,  es  ist  möglich,  nur  ein  Prinütiver  konnte  ungestraft  auf  die  Mathe- 
matik geraten.  Nichts  aber  ist  weniger  primitiv  als  das  Resultat.  Er 
baut  einen  Mittag,  einen  Morgen,  dem  soeben  die  Dämmerung  ent- 
wich, die  Minute  vor  dem  Abend,  ein  von  Feuchtigkeit  durchsetztes 
Flußbild;  Bilder,  die  das  Atmen  erleichtern,  als  seien  sie  mit  Ozon 
gemalt;  baut  das  alles  wie  ein  Rind  mit  Würfeln,  türmt  in  seinen 
zentesimal  abgetönten  Schichten  zylindrische  Rörper  auf,  und  die 
Schichten  sind  immer  noch  Luft,  Tau,  zitternde  Lichter;  baut  ein 
System  organisch  wie  das  Rnochengerüst  des  Rörpers,  sicher  wie  Stein 
und  ungreifbar  wie  Äolsharfengeflüster. 

Das  Ineinandergreifen  der  geometrischen  Teile  in  die  Teile  des 
Motivs  entzieht  sich  meiner  Darstellung,  und  ich  weiß  nicht,  ob  es 


überhaupt  in  Worte  zu  fassen  wäre.  Vermutlich  hätte  die  Wirkung 
engere  Grenzen,  wenn  sie  sich  restlos  analysieren  ließe.  Zudem  müßte 
eine  weitertreibende  Darstellung  des  Forschers  die  Klippe  fürchten, 
die  der  Maler  in  seinen  Bildern  stets  überwunden  hat;  das  Scheitern 
der  Empfindung  an  der  Spekulation. 

(Wenn  aber  einer  fragt,  warum  denn  Cezanne  schließlich  und  endhch 
so  viele  Umstände  machte,  soll  er  die  vier  Leute,  die  vor  ihm  ein  Quartett 
Beethovens  spielen,  fragen,  warum  sie  die  sonderbar  geschwungenen 
Holzkästen  im  Arm  haben  und  mit  Bogen  über  sie  hinfahren.) 


1  •• 


67 


IX. 

Geometrie  und  Tönung  sind  die  Mittel  für  Cözannes  Schöpfung 
der  Natur.  Folgende  Sätze  schrieb  er  Emile  Bernard:  „Alles  in  der 
Natur  formt  sich  nach  Kugel,  Konus  und  Zylinder.  Lernt  man  nach 
diesem  einfachen  Schema  zeichnen,  so  kann  man  nachher  alles  machen. 
Zeichnen  aber  heißt  für  den  Maler  Farbe.  Wenn  die  Farbe  ihr  Maximum 
erreicht,  ist  die  Form  vollendet.  Es  gibt  für  ihn  weder  Linie  noch  Run- 
dung. Es  gibt  für  ihn  nur  Farbenkontraste.  Diese  Kontraste  sind  nicht 
Schwarz -Weiß  allein,  sondern  alles,  was  Farbenempfindung  vermag. 
Aus  dem  rechten  Verhältnis  der  Töne  geht  die  Modellierung  hervor. 
Sind  sie  alle  da  und  in  vollkommener  Harmonie,  so  ist  das  Bild  fertig." 

Ob  die  Prämisse  zutrifft?  Formt  sich  wirklich  in  der  Natur  alles 
nach  Konus,  Kugel  und  Zylinder?  Möglich,  mindestens  plausibler 
als  die  Schlangenlinie  Hogarths,  der  auch  ein  Maler  war.  Die  Folge- 
rung ist  von  dem  objektiven  Wert  der  Voraussetzung  unabhängig.  Ce- 
zannes  Überzeugung  genügt.  Im  Grunde  war  Kugel,  Konus  und  Zy- 
linder eins  der  Themen  seiner  Symphonie,  als  solches  unantastbar  und 
sicherer  erwiesen,  als  wenn  uns  ein  Gelehrter  und  tausend  Kubisten 
den  mathematischen  Nachweis  für  die  Prämisse  erbrächten. 

Geometrie  und  Tönung,  mit  denen  er  seine  Natur  macht,  sind 
gleichzeitig  die  notwendigen  Widerstände  gegen  die  Natur,  doppelte 
Siebe,  durch  die  er  das  Erlebnis  hindurchpreßt,  um  zu  allgemeinster 
Form  zu  gelangen.  Nicht  aus  Willkür  wird  auf  die  Zeichnung  linearer 
Art  verzichtet,  nicht,  um  sich  unnötige  Sch"\vierigkeiten  zu  schaffen, 
das  Rund  des  Plastikers  verpönt,  sondern  aus  derselben  Notwendigkeit, 

59 


die  den  Musiker  zwingt,  sein  Thema  mit  solchen  Mitteln  zu  erschöpfen, 
die  seiner  erleuchteten  Einsicht  als  reinste  Kunstmittel  erscheinen. 
Darauf  beruht  die  Gültigkeit  des  Stils.  Wir  verdanken  der  Neuheit 
C^zannes  den  reinsten  Begriff  des  Malerischen.  Natur  und  Stil  hängen 
bei  ihm  ebenso  unzertrennlich  zusammen  wie  seine  Tönung  und  seine 
Geometrie,  Fläche  und  Raum. 

Dieser  Zweiklang  gibt  Cezannes  Stellung  in  der  zeitgenössischen 
Kunst.  Alle  Künstler  seines  Kreises  wurden  vom  Malerischen  zur 
Fläche  getrieben,  selbst  Delacroix.  Das  Flächige  ist  die  lockende 
Gefahr  im  1 8.  Jahrhundert.  Erst  im  siebzehnten  finden  sich  in  Poussin 
die  beiden  Pole  in  ähnlicher  Harmonie  vereint.  Das  Empire  brachte 
eine  Reaktion  von  außen.  Wenn  sich  in  der  Folge  Fortschrittler  wie 
Courbet  auf  den  Ausgleich  besinnen,  geschieht  es  auf  akademische 
Art,  mit  Kompromissen.  Selbst  Renoir,  der  einzige  kongeniale  Ge- 
nosse, kommt  nicht  ganz  um  den  Kompromiß  herum.  Die  andern 
hören  nur  auf  Manet  und  Monet.  Manet  sah  in  der  Modellierung  das 
verächtliche  Zeichen  billiger  Übereinkunft  und  schaffte  sie  ab.  Hätte 
er  streng  nach  seinen  Worten  gehandelt,  so  wäre  vom  Körperlichen 
nichts  übrig  geblieben.  Mit  seiner  verhältnismäßig  geringen  Empfin- 
dung für  Tonwerte  war  kein  Ersatz  zu  schaffen'^^.  Seine  göttliche  Ge- 
schicklichkeit half  ihm.  Die  Hand  entlockte  dem  Pinsel  so  treffende 
Bezeichnungen  für  die  Stoffwelt  der  Natur,  daß  man  den  Mangel 
nicht  entbehrte.  Es  war  ein  geborener  Einzelfall,  jeder  Verallgemei- 
nerung unzugänglich.  Das  erkennen  die  Impressionisten.  Ihre  Dok- 
trin folgt  aus  berechtigter  Sehnsucht  nach  einem  Gesetz  gegen  die 
uferlose  Neuheit  ihres  Naturalismus.  Sie  entdecken  es  in  der  physi- 
kalischen Farbenlehre,  fordern  chromatische  Palette  und  Teilung  und 
verwandeln  die  Landschaft  in  ein  Spiel  leuchtender  Flecken.  Die  Neo- 
Impressionisten gehn  noch  weiter  auf  derselben  Bahn  und  kommen 
dem  Flachornament  immer  näher.  Die  Vorhebe  für  die  Landschaft 
fördert  den  Irrtum.  Im  Freien,  glaubt  man,  habe  der  Raum  weniger 
zu  sagen.  So  wird  die  Malerei  zu  einem  nur  durch  Unzulänglichkeit 
gemilderten  Naturalismus  aufchromatischer  Grundlage,  zu  einer  farben- 
reinen Ungeistigkeit.  Von  den  Alten  bleibt  allenfalls  der  Reflex,  mit 
dem  sie  ihre  Stoffe  schmückten.  Die  Kunst,  der  letzte  Tempel  der 
Menschheit,  wird  zu  einer  hygienisch  hergerichteten  Kabine  für  far- 
bige Aufnahmen. 

Freilich  irgend  ein  kosmisches  Gelüst  fand  immer  noch  Nahrung. 
Licht  war  überall.    Wenn  man  also  Licht  gab,  gab  man  Welt.    Es 

60 


entging  den  Entdeckern,  daß  ihr  Liclat  der  Kerze  glirh,  mit  der  ein 
Abgebrannter  die  leere  Stätte  seines  Hauses  betrachtet. 

Es  gab  Unzufriedene  und  allerlei  Reaktionen;  die  Versuche  zwischen 
Puvis  de  Chavannes  und  Maurice  Denis,  noch  abgelegenere  Stilisie- 
rungen der  Deutschen,  Skandinaven  und  Engländer.  Alle  diese,  meist 
beim  Tapezierer  endenden  Reaktionen,  über  die  sich  wie  ein  Riese 
über  Zwerge  Hans  von  Marees  erhebt,  lassen  den  brauchbaren  Kern 
des  Impressionismus  außer  acht,  benutzen  allenfalls  Brocken  der 
neuen  Lehre,  nicht  den  zeitgenössischen  Instinkt,  der  die  Schüler 
Courbets  trieb. 

Cezanne  kommt  mit  dem  Mittel  der  Zeit  über  sie  hinaus,  weil  er 
sachlicher  zugreift.  Er  ist  mit  den  Koloristen  Kolorist  und  der  größte, 
unter  den  Sehern,  die  nur  Auge  sein  wollen,  das  schärfste  Auge,  unter 
den  Flüchtigen  der  Flüchtigste;  aber  ist  noch  etwas  mehr.  Seine  Sen- 
sibilität beschränkt  sich  nicht  auf  die  Reize  der  Retina,  sondern  rea- 
giert ebenso  empfindlich  auf  doktrinären  Aberglauben.  Seine  Einfalt 
sträubt  sich  gegen  die  Zumutung,  von  der  sichtbaren  Welt  nur  ein 
leuchtendes  Teilchen  zu  geben;  er  hat  kein  Spektroskop  bei  sich,  wenn 
er  draußen  malt.  Und  er  ist  eigensinnig.  Warum  nicht  Raum  schaffen 
im  Bilde,  wenn  es  ohne  Verrat  des  Farbigen  möglich  ist,  ja,  wenn 
der  Raum  womöglich  gerade  als  letzte  Form  meiner  Farbe  ent- 
steht? Warum  nicht  bauen,  wenn  es  mit  meinen  Mitteln  geht?  Warum 
nur  Landschaften,  nicht  auch  Idyllen,  wenn  zu  dem  Bau  eine  Idylle 
treibt?  Und  warum  nicht  die  Alten  dazu  lassen,  wenn  ich  sie  wie  mein 
Eigentum,  wie  meine  Farbe  und  meine  Idylle  spüre?  Alle  sind  mir 
recht,  die  ich  hereinbringen  kann,  alle  muß  ich  haben.  Nicht  Rem- 
brandts  Zeit  brauchte  einen  Rembrandt.  Da  war  die  Welt  noch  fest; 
in  Millionen  wirkte  die  Legende,  die  er  malte.  Nicht  für  Spanien 
hat  Greco  seine  Mystik  gemacht.  Damals  war  überall  Mystik,  und 
fern  die  Aussicht  auf  Menschen,  vor  denen  nichts,  was  sich  nicht 
rechnen  läßt,  besteht.  Für  uns  haben  die  Erhabenen  geschaffen.  In 
ihren  Werken  steckt  der  verlorene  Kosmos.  Was  meine  Fetzen  fassen 
können,  will  ich.  Wohl  wäre  ich  Tor,  wollte  ich  Dante  und  Virgil 
wie  Delacroix  machen,  aber  auch  ich  weiß  noch  von  solchen  Dingen. 
Ich  habe  nicht  die  lebende  Gemeinde,  die  mich  hört,  und  kann  nicht 
auf  sie  hören.  Die  andern  im  Museum  sind  meine  Gönner  und  Kinder. 
Ich  glühe  noch.  Ich  schwebe,  mit  vielen  Geistern  beladen,  meine 
Schwingen  sind  von  Pfeilen  durchlöchert,  und  schwer  habe  ich  an 
meinem  Alter  zu  tragen.  Aber  ich  fliege.    Meine  Sehnsucht  ist  in  den 

61 


dreihundert  Jahren  nicht  kleiner  geworden.  Ich  weiß  nicht,  was  mich 
abhalten  sollte,  mich  meinem  Fluge  zu  opfern. 

Meinem  Fluge,  nicht  der  Natur!  —  Was  wären  mir  die  Apfel,  die 
ich  hundertmal  male,  wenn  ich  in  ihnen  nicht  die  Früchte  sähe,  die 
ein  Geist  meinem  Geiste  reicht?  Wenn  ich  mit  ihrer  Farbe  nicht  je- 
weils alles  empfände,  was  andre  Augen,  begnadeter  als  ich,  in  ihnen 
geselin  haben?  Sind  sie  wirklich  schön  in  der  Natur?  Wären  sie  so 
ungestalt,  "vvie  ich  sie  male,  wenn  sie  nicht  trächtig  eines  andern  wären? 
Sind  es  überhaupt  Äpfel?  Ist  ein  Apfel  aus  Öl,  aus  Mathematik?  Ist 
das,  was  ich  da  hinstelle,  nicht  einfach  auch  nur  so  ein  Halter  wie 
meine  Optik  und  Geometrie,  um  den  andern,  die  mich  sehn  wollen, 
—  mich,  nicht  den  Apfel  —  eine  Art  Stütze  zu  geben? 


62 


g.a.  ^»^<' ■■■:•..'■  Ä«'!    •■.■•*:•:.-• 


<5N 


X. 

In  der  letzten  Phase,  die  etwa  um  1900  einsetzt,  verändert  sich  Ce- 
zanne  noch  einmal.  Er  kehrt  zu  dem  pastosen  Auftrag  und  materielleren 
Farben  zurück.  Ein  Teil  der  vorher  gewonnenen  Werte,  viel  von  der 
unvergleichlichen  Tonkunst  wird  fallen  gelassen.  Dafür  nähert  sich 
die  Robustheit  der  Bilder  mehr  der  mittlem  Periode.  Der  rembrandt- 
hafte  Cezanne  kommt  wieder,  freilich  nicht  mit  ganz  derselben  Kraft, 
die  das  Selbstbildnis  bei  Behrens  malte;  und  die  Freude  an  dem  satten 
Prunk  der  achtziger  Jahre  kommt  wieder,  freilich  nicht  ganz  mit  der- 
selben Selbstverständlichkeit.  Die  Art  schließt  sich  an  die  derbe  Fülle 
mancher  Hauptwerke  der  neunziger  Jahre,  wie  an  das  Porträt  von 
Geffroy,  an  die  „Spieler"  und  die  „Femme  au  chapelet";  magistrale 
Dinge,  die  mit  Recht  sehr  hoch  geschätzt  werden  und  noch  höher 
ständen,  wenn  uns  nicht  Cözanne  mit  seiner  Rammermusik  beschenkt 
hätte.  Was  die  Bilder  nach  1900  von  jenen  strotzenden  Werken  trennt, 
spricht  nicht  für  die  letzte  Zeit:  eine  mehr  oder  weniger  mex'kbare 
Abnahme  des  Spontanen,  die  selbst  den  farbenreichsten  Prunkstücken 
früherer  Zeit  die  leichte  Beweglichkeit  erhält.  Das  Auge  genießt 
immer  noch  in  Fülle.  Das  um  1903  entstandene  Blumenbukett  in  der 
Henkelvase  auf  dem  prachtvollen  Teppich  würde  mit  seinen  gewirkten 
Farben  unter  hundert  Meisterwerken  auffallen.  Die  phantastische 
Romantik  in  dem  „Chateau  Noir",  von  1904,  oder  in  dem  Totenkopf 
auf  dem  Teppich,  von  1905,  ist  nochmal  eine  neue  Tonart,  und  in  den 
„Baigneurs",  dem  unvollendeten  Hauptwerk  der  letzten  Zeit,  scheint 
das  Idyllische  ins  Freskenhafte  gesteigert.    Man  bewundert,  aber  ver- 

65 


mißt  den  Zauber  des  Gärtners,  der  seine  Bilder  wie  Blumen  wachsen 
ließ  und  ihnen  doch  alle  Realität  des  Bildhaften  gewährte.  Es  wird 
leichter,  zu  erkennen,  wie  die  Bilder  gemacht  wurden,  und  ein  großer 
Teil  des  Reizes  erschöpft  sich  mit  der  Anerkennung  ihres  dekorativen 
Wertes.  Die  pastose  Farbe  hat  zuweilen  einen  branstigen,  wie  ver- 
rosteten Ton,  klingt  nicht  mehr  ganz  rein.  Die  Canipanula  ist  fern. 
Vergleicht  man  ein  Werk  der  besten  Zeit  vne  die  schöne  Landschaft, 
die  früher  bei  Linde  war,  mit  einem  ähnlichen  Motiv  der  letzten  Jahre, 
so  könnte  maji,  mit  Übertreibung,  vermuten,  ein  sehr  begabter  Schüler 
habe  im  Atelier  des  Meisters  das  Vorbild  vereinfacht  übertragen. 

Die  Bilder  der  letzten  Zeit  stehn  im  Zeichen  des  Alters.  Cezanne 
klagte  über  die  Abnahme  der  Sehkraft  und  gestand  oft,  die  gewünschten 
Töne  nicht  mehr  unterscheiden  zu  können.  Er  besaß  nicht  die  glück- 
Hche  Weisheit  des  alten  Renoir,  mit  der  Abnahme  der  physischen 
Kräfte  zu  rechnen.  Der  Wunsch,  sein  Äußerstes  zu  geben,  steigerte  sich 
im  umgekehrten  Verhältnis  zu  dem  Nachlassen  der  Kraft.  „R^aliser! 
R^aliser!"  antwortete  er  auf  jede  Mahnung  zur  Schonung.  Die  Zahl 
der  Ubermalungen  wuchs  wie  bei  Marees  ins  Phantastische  und  über- 
müdete schließlich  die  Farbe.  An  dem  erwähnten  Blumenbukett  hat 
er  von  1900  bis  1905  gesessen,  an  den  „Baigneurs"  zehn  Jahre  bis 
kurz  vor  seinem  Ende,  ohne  ihnen  die  letzte  Hand  geben  zu  können, 
und,  wie  Vollard  über  die  Entstehung  seines  Bildnisses  erzählt,  unter- 
brach Cezanne  nach  115  anstrengenden,  langen  Sitzungen  die  Arbeit, 
um  nach  Aix  zurückzukehren.  Er  sei,  sagte  er  zu  Vollard,  mit  dem 
Hemdauschnitt  ziemlich  zufrieden.  Das  andre  hob  er  sich  für  später 
auf.  In  der  Tat  ist  diese  Stelle  die  schönste  geblieben.  Das  Porträt 
gehört  nicht  zu  den  besten  Cezannes. 

So  hat  er  immer  gedacht  und  gehandelt.  Daher  darf  man  Cezanne 
keine  gewollte  Unfertigkeit  nachsagen.  Am  liebsten  hätte  er  die  Abrun- 
dung  eines  Holbein  erreicht.  Doch  zog  er,  auch  in  den  letzten  Jahren,  vor, 
die  Leinwand  weiß  zu  lassen,  wenn  die  volle  Konzentration  des  Auges 
rücht  mehr  für  die  letzten  Striche  reichte.  Seine  Gewissenhaftigkeit 
grenzte  zuweilen  an  Manie.  Wir  kommen  über  solche  Stellen,  oft  nur 
belanglose  Grenzen  des  Systems,  leicht  hinweg.  Er  selbst  ist  nicht  so 
duldsam  gewesen  und  hat  in  solchen  Bildern  immer  nur  Anfänge  ge- 
sehn. 

Die  Absorption  durch  die  Arbeit  ging  so  weit,  daß  Cezanne,  noch 
mehr  als  Maries,  den  Sinn  für  das  tägliche  Leben  verlor  und  sich  in 
seinen  Beziehungen  zur  persönlichen  Mitwelt  mit  denkbar  primitiven 

66 


Formen  belialf'9\  Er  duldete  in  seiner  Umgebung  alle  Vorurteile,  die 
ihn  nicht  am  Malen  hinderten.  Eins  konnte  er  nicht  vertragen:  Wenn 
ihm  jemand,  selbst  einer  der  Nächsten,  selbst  sein  gehebter  Sohn  Paul, 
im  Gespräch  die  Hand  auf  Schulter  oder  Arm  legte,  fuhr  er  wie  wild 
auf  und  ging  davon.  Er  hatte  wenig  oder  gar  keinen  Umgang,  gab 
sich  bei  den  seltenen  Aussprachen  keine  Mühe,  und  die  andern  gaben 
sich  keine  Mühe  mit  ihm.  Deshalb  sind  die  wenigen  Zeugnisse  der 
Leute,  die  ihn  gekaimt  haben,  mit  Vorsicht  zu  gebrauchen.  In  solchen 
Berichten  pflegt  seine  fanatische  Liebe  zur  Natur  immer  die  größte 
Rolle  zu  spielen.  Es  ging  Cezanne  wie  manchem  andern,  der  von  dem, 
was  ihm  am  nächsten  steht,  immer  nur  das  Äußere  preisgibt.  Tatsäch- 
lich hat  er  im  Freien  gemalt.  Ebenso  fest  steht,  daß  er  für  das  Figür- 
liche seiner  Bilder  vergilbte  Aktstudien  aus  der  Jugend  benutzte,  die 
Stilleben  nach  Früchten  malte,  die  mit  der  Zeit  verfaulten,  und  die 
Blumenstücke,  weil  sich  die  Modelle  noch  weniger  hielten,  nach  Papier- 
blumen^°\  Aber  er  setzte  einmal  seinem  zweifelhaften  Schüler  Emile 
Bernard  auseinander,  was  in  der  Gegenwart  unter  Klassisch  zu  ver- 
stehn  sei.  Klassisch  sei  für  ihn  eine  moderne  Malerei,  der  es  gelänge, 
Poussin  ganz  nach  der  Natur  zu  wiederholen.  Dies  war  einer  der  Aus- 
sprüche, die  für  seine  Überzeugung  gelten  können. 


67 


XI. 

Man  hat  Courbet,  Manet  und  andre  klassisch  genannt,  weil  sie  erst 
abstießen,  dann  gefielen  und  weil  ihre  Werke  zuweilen  den  Reiz  der 
Alten  erreichen  oder  übertreffen,  und  ging  dabei  voreilig  mit  dem  Titel 
um.  Er  sollte  nicht  für  Originalität,  Reize  und  dergleichen,  sondern 
für  realisierte  Anschauung  von  überpersönlicher  Gültigkeit  da  sein. 
Cezanne  verdient  ihn  wie  unser  Marees,  weil  er  das  Maximum  von 
wohlerwogener  Hinderung  seinem  Gestaltungstrieb  entgegenstellte 
und  mit  seinen  Fetzen  so  malte, wie  Mozart  heute  singen  würde,  ein 
Mozart,  ganz  nach  unsrer  Natur  wiederholt.  Ungläubige  sind  ver- 
sucht, daraus  auf  einen  zerfetzten  Begriff  des  Klassischen  zu  schheßen. 
Auch  den  Blicken,  die  Cezanne  erkennen  wollen,  stellen  sich  Wider- 
stände entgegen,  wohltätige  Widerstände,  vielfache  Siebe.  Das  Auge 
muß  hindurchgepreßt  werden,  um  gültigen  Blick  zvi  erlangen.  Wir 
sind  unrein.  Die  Welt,  in  der  -war  leben,  und  die  war  lieben,  weil  vnr 
in  ihr  leben,  ist  erstaunlich  häßlich  und  gemein,  und  es  bedarf  keiner 
gewöhnlichen  Mittel,  um  unser  Auge  zu  entschleiern.  Es  gehört  be- 
sonderes Glück  dazu,  um  in  unserm  Gewirr  ohne  Schw^indel  Gefilde 
Poussins  zu  erleben.  Doch  gibt  es  dergleichen.  Dieser  und  jener,  der 
sich  hinter  Masken  versteckt,  hat  es  in  Augenblicken,  die  Fetzen  glei- 
chen, erlebt.  Man  bedarf,  sagt  man,  besonderer  Augen  für  die  Bilder 
C^zannes.  Daran  glaube  ich  nicht  recht.  Sicher  aber  muß  man  be- 
sonderes Glück,  will  sagen,  besondere  Fähigkeit  zum  Glück  besitzen, 
um  ihn  zu  verstehn. 

Cezanne  könnte  als  Überwdnder  des  Impressionismus,  als  Schöpfer  der 

69 


Synthese  aus  dem  Impressionismus  gefeiert  werden,  wenn  der  Titel 
nicht  zu  gering  für  ihn  wäre.  Wichtiger  ist  seine  Schöpfung  einer 
andern  Synthese.  Sie  Hegt  auf  dem  Gebiet,  von  der  ich  bei  der  Be- 
trachtung des  Anfängers  ausging.  Die  Kunst,  in  die  der  Anarchist  eintrat, 
war  bürgerlich.  Schon  Da\dd,  der  letzte  Hofmaler  war  es,  und  zwar  als 
Galamaler  noch  mehr  als  in  der  bescheidenem  Gattung.  Die  Nach- 
folger aus  seinem  Kreise  suchten  die  haftende  soziale  Schrift  mit  krie- 
gerischer Gebärde  abzuschütteln.  Dem  Ritterlichsten  unter  ihnen, 
G^ricault,  gelang  es  zuweilen.  Dann  kam  ein  Maler  vom  Blute  der 
königlichen  Alten,  der  einzige.  Während  im  W  aide  von  Fontainebleau 
emsige  Leute  wie  Millet  und  Rousseau  ihre  Motive  suchten,  wde  gute 
Familienväter  auf  Pilze  gelin,  Corot,  ein  Bürger  mit  einer  Lerche  im 
Busen,  sein  Glück  besang,  Daumier,  der  göttliche  Prolet,  Sohn  Michel- 
angelos und  einer  W  äscherin,  den  Haß  aufs  Bürgerliche,  das  ihn  drückte, 
in  düstern  Bildern  glühen  ließ,  baute  Delacroix  seinen  Thron.  Ein 
König,  den  wir  uns  nur  deshalb  nicht  mit  einer  Krone  denken,  weil 
das  sein  Incognito  verkleinern  vrürde;  ein  weise  regierender  Mensch, 
allen  Menschen  offen,  allen  gebend,  auch  den  Einfältigen;  wie  ein  König 
sein  soll. 

Nichts  mehr  seit  ihm  von  seiner  Art.  „Es  ist  nicht  mehr  die  Zeit 
für  Könige",  klagt  in  der  Einsamkeit  ein  kranker  Philosoph.  Courbet 
zerstampft  den  Nymphenreigen  Corots.  Alles,  was  du  nicht  mit  dem 
Finger  kannst,  ist  Schwindel.  Sein  Finger  ist  geschickt,  und  die  Hand 
wird  von  einem  Koloß  geführt,  dem  Malen  Brunst  ist,  Malen  wird 
Materie,  kolossale  Materie  von  Fels,  Woge,  Fleisch.  Ein  großer  Maler 
in  diesem  und  jenem,  einer  der  größten  aller  Zeiten,  aber  stückweise, 
immer  nur  von  Ehrgeiz  beherrscht,  ohne  Fernsicht.  Dahinter  steckt 
ein  Bourgeois,  der  die  Bourgeois  ärgert,  ein  kleiner  Mann  mit  großem 
Appetit  wie  Menzel,  nur  gröber;  ein  Communard,  der  in  der  Revolu- 
tionsnacht in  die  heimlich  ersehnten  Tuilerien  dringt  und  sich  in  den 
könighchen  Armstuhl  flegelt.  —  Da  kommt  Manet.  Nach  dem  Nach- 
schwätzer Proudhons  der  Feingeist  eigenen  Witzes,  Pariser  bester  Art. 
Das  Gefecht  mit  der  Gesellschaft,  von  Courbet  mit  Knüppeln  begonnen, 
wird  mit  dem  Florett  fortgesetzt.  Ein  spannendes  Gefecht,  die  Klinge 
pfeift,  aber  doch  mehr  Duell,  mondäne  Angelegenheit,  als  Kampf  um 
letzten  Einsatz,  Im  Grunde  Holz  vom  Stamme  Courbets,  nur  besser 
gespitzt.  Bürgerhch  ist  der  ganze  Impressionismus,  die  Kunst  der  Ober- 
fläche, philisterhaft  das  Programm,  der  Stolz  auf  Neuheit  und  ge- 
druckte Weisheit,  das  Spezialistentum  der  Kaste,  die  mit  der  Sonne 

70 


wie  mit  der  Vereinsfahne  umgeht,  stets  bereit,  jede  Begabung  zu  opfern, 
die  dem  Prinzip  widerspricht.  Teilen!  teilen!  ist  das  Schlagwort.  Es 
riecht  nach  Sozialdemokratie. 

Da  kommt  C^zarme,  und  endlich  werden  die  Dinge  wieder  groß. 
Er  ist  keinDelacroix*'\  Paläste  gibt  es  für  ihn  so  wenig  wie  für  Rem- 
brandt,  und  das  letzte  Hauptwerk,  der  Baldachin  aus  Leibern  und 
Zweigen,  bleibt  unvollendet,  vielleicht  nur  weil  der  geschärften  Sen- 
sibihtät  jedes  Monument,  auch  der  gedichtete  Palast  eines  Marees,  zu 
greifbar  erscheint.  Seine  Größe  ist  nichts  für  alle,  nichts  für  die  Ein- 
fältigen, aber  unantastbare  Kunst,  Delektation.  Er  war  ein  seltener 
Musikant,  entlockte  dem  alten  Instrument  neue  Töne,  aber  spielte  nie 
sich  selbst  oder  andern  zur  Kurzweil,  war  Komponist,  der  vornehmste 
Typus  des  Komponisten  unsrer  Zeit.  Er  gab  der  Malerei  den  Adel 
zurück,  den  Anstand  des  gut  geborenen  Organismus;  ein  Aristokrat. 

Ein  Witz  der  Geschichte :  dieser  Aristokrat  war  im  Äußern,  so  wie 
er  ging  und  stand  vollendeter  Spießer;  Gevatter  So-und-so  mit  einer 
Glatze  und  einem  Zumpelbauch.  Er  hatte  den  kleinen  Tic  aller  Pro- 
vinzler, eine  gewisse  Originahtät.  —  „Monsieur  Cezanne  —  ah,  un 
original!"  sagen  die  Aixer  Bürger.  „Un  artiste!  II  travaillait  fort,  celui- 
lä!"  —  Damit  meinen  sie,  daß  er  die  Pariser  hineinlegte.  Mit  einem 
Augenzwinkern  fügen  sie  hinzvi:  „Un  peu  toque  tout  de  meme!" 

Er  lebte  durchdrungen  von  den  Pflichten  eines  Aixer  Bürgers,  hielt 
sich  keine  nackten  Modelle,  weil  er  das  für  einen  altern  Mann  gefähr- 
lich und  nicht  schicklich  fand,  zahlte  regelmäßig  seine  Steuern,  ging 
Sonntags  zur  Messe  und  hatte  keinen  größern  Ehrgeiz,  als  in  den 
Pariser  „Salon"  zu  kommen,  was  ihm  versagt  blieb.  Im  Grunde  doch  kein 
Witz  der  Geschichte.  Wie  hätte  er  leben  sollen?  —  Mein  Reich  ist  nicht 
von  dieser  Welt.  Wie  sollte  ich  ihr  meine  Herrschaft  erweisen?  Sie 
w^rde  noch  lauter  über  mich  lachen,  vromöglich  die  Hand  auf  meinen 
Rock  legen.  Laß  sie  lachen.  Ich  lasse  mein  eigenes  Dasein  über  mich 
lachen,  aber  ich  herrsche. 

Cezanne  starb  1906  in  Aix  im  Alter  von  achtundsechzig  Jahren, 
die  Palette  in  der  Hand.  Vier  Wochen  vor  seinem  Tode  schrieb  er 
einera  Maler,  er  hoffe  jetzt  einige  Fortschritte  zu  machen. 


ANMERKUNGEN 

i)  über  einige  der  frühesten  Bilder  s.  das  Cözanne-Kapitel  in  meiner  ersten  Entwicklungs- 
geschichte. Die  dort  vermutete  Beziehung  zu  Bildern  der  Brüder  Le  Nain  ist  inzwischen 
bestätigt  worden.  Das  Hauptbild  der  ersten  Zeit,  ein  Paris- urteil,  ist  eine  geschickte  unper- 
sönliche Skizze,  vielleicht  die  freie  Übertragung  eines  Vorbildes.  Vollard  datiert  es  1860. 
(Ambroise  Vollard:  Paul  Cezanne  [Paris,  1915]). 

a)  Aus  demselben  Jahre  das  Bildnis  eines  Jugendfreundes,  des  Malers  Achilie  Empereire, 
(Zola  schreibt  in  seinem  Brief  an  Cezanne  vom  15.  Juni  1860  den  Namen  „Amp^rere") 
mit  dem  unförmlichen  Kopf,  dieselbe  unfreiwillige  Karikatur,  Sammlung  Eugfene  Boch  in 
Monthyon,  und  der  oben  erwähnte  Zeitungsleser  bei  Pellerin  in  Paris.  Pellerin  hat  oder  hatte  in 
seinem  Bureau  am  Boulevard  eine  ganze  Reihe  solcher  Studienköpfe.  Einer  von  ihnen  heute 
in  der  Sammlung  Durieux-Cassirer,  Berlin;  ein  anderer  in  der  Sammlung  Reber  in  München. 
Das  schöne  Bildnis  des  Knaben  mit  dem  aufgestützten  Kopf  in  der  Sammlung  Meier-Fiertz, 
Zürich,  wird  am  Ende  dieser  Periode  entstanden  sein,  ebenso  der  merkwürdigste  Kopf,  Brust- 
bild eines  Mönchs  in  weißem  Talar  mit  Kreuz,  das  reifste  und  reichste  Werk  der  Zeit,  von 
großem  dekorativem  Gepränge,  in  der  Sammlung  Schmitz  in  Dresden.  (Das  Bild  ist  nicht, 
wie  irrtümlich  vermutet  wurde,  Selbstbildnis,  sondern  stellt  einen  Aixer  Freund  dar,  den  der 
Maler  für  den  Zweck  kostümiert  hat.  Man  findet  ihn  in  einem  andern  Bildnis  derselben  Zeit 
wieder.  Herr  Perls,  der  frühere  Besitzer,  fand  das  Bild  vor  einigen  Jahren  in  Arles  im  Nach- 
laß des  Aixer  Freundes,  und  es  wurde  ihm  dort  als  Bildnis  des  Jugendfreundes,  der  das  Werk 
bis  zu  seinem  Tode  besessen  hat,  angegeben.) 

3)  Über  die  ursprünglich  heiße  Freundschaft  vergl.  die  Lettres  de  Jeunesse  in  Zolas 
„Correspondence"  (Fasquelle,  Paris  1907;  eine  deutsche  Ausgabe  unter  dem  Tiiel  ,, Briefe 
an  die  Freunde",  mit  den  Briefen  an  Cezanne,  bei  Kurt  Wolff,  Leipzig,  1918)  und  Fmile  Zola 
von  Alexis  (Charpeniier,  Paris  1882).  Zola  machte  aus  Cezanne  den  Claude  Lantier,  den 
flauen  Helden  in  ,,L'Oeuvre".  Die  „Baigneuses",  das  Gemälde,  mit  dem  sich  Claude  Lantier 
aufreibt,  gehn  auf  das  nicht  mehr  vorhandene  Bild  „Femmes  au  bain",  aus  1861/63  zurück. 
Claude  (übrigens  das  Pseudonym  Zolas  unter  seinen  Aufsätzen  im  „Evenement",  die  er  1866 
als  ,,Mon  Salon"  in  Buchform  dem  Freunde  widmete)  scheint  eine  Mischung  aus  Courbet, 
Manet  und  Cözanne  und  mag  über  das  erste  Auftreten  Cözannes  manches  zutreffende  Detail 
enthalten.  Das  Modell  war  in  Wirklichkeit  Bohemien  von  ganz  anderm  Umfang  und  blieb 
es  zeitlebens,  freilich  hinter  einer  nichts  weniger  als  bohemienhaften  Maske.  Zola  wurde  von 
dem  mangelhaften  Selbstvertrauen  getäuscht,  das  Cezanne  bis  zum  spätesten  Alter  zur  Schau 
trug,  von  seiner  übertriebenen  Eile,  stockende  Bilder  zu  zerstören  und  ähnlichen  Momenten, 
die  in  der  Jugend  natürlich  schärfer  als  später  hervortraten  und  wohl  auch  manchen  anHern 
Intimen  irregeführt  haben.  In  einem  Brief  an  Zola  1860,  de.^sen  Antwort  erhalten  ist,  tteibt 
der  Zweifel  an  seiner  Kunst  Cezanne  zu  der  Drohung,  ,.den  Pinsel  wegzuwerfen".  Die  Ver- 
öffentlichung des  Romans  lockerte  die  Beziehung  zwischen  den  Freunden.  Später,  als  Zola 
immer  bürgerlicher  wurde,  kamen  sie  ganz  auseinander. 

4)  Eins  der  schönsten,  ,,rApiesmidibourgeoise"  (La  Promenade)  von  1871  in  der  Sammlung 
Max  Liebermann,  Berlin.    Aus  derselben  Zeit  das  sonderbare  Motiv  „Die  Räuber  und  der 

73 


Esel",  dessen  lebhafte  Farben  an  Goya  erinnern,  in  der  Sammlung  Rothermundt  in  Dresden. 
Der  etwas  frühere  ,,Mord"  in  der  Sammlung  Julius  Elias,  Berlin.  Es  gibt  mehrere  ,, Ver- 
suchungen des  Heiligen  Antonius";  die  erste  und  schönste,  die  oben  erwähnt  wird  (siehe  die 
Abbildung),  ist  1870  entstanden.  Ein  Bildnis  aus  dieser  Zeit  in  der  Sammlung  Pellerin,  die 
auch  noch  ein  figürliches  Motiv  aus  1871  besitzt.  Von  den  vielen  Landschaften  aus  dem 
Anfang  der  siebziger  Jahre,  die  in  l'Estaque  entstanden  sein  sollen,  ist  nicht  mehr  viel  übrig 
geblieben.  Die  beiden  kleinen  Landschaften  bei  Thannhauser,  München,  gehören  in  diese  Zeit. 

5)  Vergl.  Anmerkung  9.  Übrigens  wirkt  die  Gestalt  auch  kompositioneil  nicht  ganz  über- 
zeugend. 

6)  Näheres  in  meinem  Manet  (München  1912). 

7)  Das  Bild  im  Prado. 

8)  Die  Auferstehung  des  Heilands  im  Prado,  mit  der  man  im  gleichen  Gedankengang  die 
fiühe  Auferstehung  in  Toledo  vergleichen  mag. 

9)  Man  weiß  von  keiner  Reise  nach  Spanien,  doch  war  Greco  im  Kreise  Manets  kein  Un- 
bekannter, und  man  sah  ihn  dort  nicht  mit  den  Augen  ThdophiJe  Gautiers.  Wie  mir  Vollard 
erzähhe,  hat  Cezanne  wahrscheinlich  Photographien  nach  Bildern  Grecos  gesehn.  Mit  einiger 
Bestimmtheit  kann  man  annehmen,  daß  Cezanne  mit  Astruc,  dem  Freunde  Manets,  bekannt 
war,  der  begeistert  für  Greco  eintrat  und  zur  Zeit  als  Cözanne  in  Paris  war,  einige  Bilder 
Grecos,  wenn  auch  keine  Hauptwerke,  besaß.  Unter  andern  den  ,,Ildefonso"  (Cessio  Nr.  299). 
Man  könnte  eine  belanglose  Parallele  zwischen  diesem  Bild  (oder  auch  dem  ,, Domingo",  den 
Degas  besaß)  und  dem  Mönch  auf  Cezannes  ,, Versuchung  des  Heiligen  Antonius"  konstruieren. 
Über  Astrucs  Beziehung  zu  Greco  vergleiche  meinen  „Manet"  (München  1912,  S.  75,  Note). 
Die  oft  wiederholte  Behauptung,  Cezanne  habe  mit  seiner  ,,Frau  mit  dem  Kopftuch"  das 
Bildnis  Grecos,  ,,Dame  im  Hermelin",  kopiert,  ist  ein  Symptom  für  die  in  die  Augen  springende 
Verwandtschaft,  längst  nicht  das  überzeugendste,  (manche  Landschaften  geben  viel  tiefere 
Aufschlüsse)  wird  aber  durch  kein  Faktum  biographischer  Art  erwiesen.  Dieses  Bild  hat  C6- 
zanne  bestimmt  nicht  gesehn,  auch  nicht  in  Photographie.  So  viel  ich  weiß,  ist  die  Dar- 
gestellte die  Schwester  Cezannes. 

Eine  materielle  Berührung  flüchtiger  Art  mag  vorhanden  gewesen  sein  und  kann  Cezanne 
bestärkt  haben.  Der  Versuch,  auf  solche  Zufälle  das  Phänomen  der  Verwandtschaft  zurück- 
zuführen, würde  in  die  Kategorie  der  Untersuchungen  gehören,  die  das  Seherische  Grecos 
mit  einem  Astigmatismus  seiner  Augen  erklären.  —  Kuriosum:  Auch  dieses  naive  Argument 
aus  der  Augenheilkunde  wurde  gegen  Cezanne  verwendet,  drolligerweise  von  Emile  Bernard, 
der  sich  für  einen  Schüler  Cezannes  ausgab. 

10)  Wie  bei  Marees  nehmen  die  Übermalungen  mit  der  Reife  zu.  Doch  decken  schon 
die  frühen  Barockbilder  zuweilen  zahlreiche  Schichten. 

11)  Derselbe  Gachet,  der  später  van  Gogh  pflegte.  Seine  gelegentlichen  Berichte  über 
Cezanne  sind  weniger  zuverlässig  als  die  über  van  Gogh,  dem  er  viel  näher  stand. 

Es  gibt  außerhalb  der  kleinen  ehemals  Gachetschen  Sammlung  verhältnismäßig  nur  sehr 
wenige  Bilder  aus  dieser  Zeit.  Viel  hat  Cezanne  zerstört.  In  deutschem  Besitz  die  Land- 
schaft der  Sammlung  Arnhold  in  Berlin.  Eine  andere,  die  Guillaumin  nahesteht,  in  der 
Hoogendijkschen  Sammlung  im  Amsterdamer  Rijksmuseum. 

12)  Aus  solchen  Launen  haben  virtuose  Hände  ganze  Oeuvres  gewonnen.  Geschmackvolle 
Leute  wie  Roussel  wurden  damit  dem  Publikum  früher  bekannt  als  der  Meister;  gröbere  wie 
Charles  Guörin  und  nach  ihm  viele  andere  verarbeiteten  das  Thema  zu  gefälligen  Gassen- 
hauern oder  einem  ,, modern  Style"  der  sogenannten  Innen-Dekoration.  Man  wird  Cezanne 
noch  als  Tapete  erleben. 

15)  Zumal  deutlich  in  den  schönen  Studien  zu  dem  Kopf  des  Harlekin,  in  der  Sammlung 
Personnaz  in  Paris.  Eine  farbige  Studie  in  Aquarell  aus  der  Sammlung  Durieux  Cassirer  ist 
in  dem  zweiten  Druck  der  Marees  Gesellschaft  (Die  Aquarelle  Cözannes)  faksimiliert  worden. 

14)  Noch  schwieriger  als  die  vorige  Periode  läßt  sich  diese  Phase  zeitlich  festlegen,  da  die 
Bilder,  deren  Tendenz  sie  charakterisiert,  fast  gleichzeitig  mit  andern  entstehn,  die  von  dieser 
Tendenz  viel  weniger  berührt  werden  und  teils  mehr  zu  der  dritten  Phase,  teils  zu  der  Art  der 
letzten  Zeit  gehören.   Gerade  die  Hauptwerke  der  neunziger  Jahre,  wie  das  Porträt  von  Geffroy 

74 


von  1 890,  die  „Spieler"  bei  Pellerin  von  1 892  und  die  „Spieler"  des  Louvre  (Moreau-Nölaton)  oder 
die  hier  abgebildete  Variante,  früher  bei  Dr.  Julivis  Elias,  Berlin,  jetzt  in  Schweden  ;  die  Femme 
au  chapelet,  aus  1896,  der  prachtvolle  „Liseur"  derselben  Zeit  und  der  ,,Homme  ä  la  Pipe"  der 
Mannheimer  Galerie,  oder  die  magistralen  Landschaften  bei  Pellerin,  Alphonse  Kann,  Gagnat 
usw.  können  für  die  vierte  Periode  nicht  oder  nur  mit  einem  Teil  ihrer  Eigenschaften  heran- 
gezogen werden  und  gehören  mit  ihrer  starken  Lebendigkeit  mehr  zu  der  frühern.  Für  die 
neue  Periode  sprechen  verhältnismäßig  wenige  und  zum  Teil  wenig  bekannte  Bilder,  nament- 
lich Landschaften  und  viele,  fast  alle  Aquarelle.  Es  wäre  daher  vielleicht  richtiger,  nicht 
von  einer  eigenen  Periode,  sondern  von  einer,  neben  der  dritten  Phase  und  darüber  hinaus- 
laufenden, besonders  spiritualisierten  Art  von  Bildern  zu  reden.  Die  Wichtigkeit  der  Art 
läßt  mich  an  der  Einteilung  festhalten.  Mit  dieser  Einschränkung  kann  man  den  Beginn 
etwa  in  das  letzte  Viertel  der  achtziger  Jahre  legen,  das  Ende  um  die  Wende  des  Jahrhunderts. 
Von  bekannteren  Bildern  zählen  dahin,  ,,la  Foret  de  Chantilly'',  und  die  schöne  ,, Marne- 
brücke" bei  Pellerin,  beide  aus  1888,  die  Landschaft  der  Stockholmer  Galerie  und  bis  zum 
gewissen  Grade  eine  Landschaft  der  Sammlung  M.  Oppenheim,  Berlin,  die  Schneelandschaft 
der  Sammlung  Reber  in  Barmen,  das  Selbstbildnis  im  Hut  von  1890,  das  beste  Bildnis  der 
Gattin  (im  Gewächshaus)  von  1891  und  das  einzigartige  Bildnis  des  Jungen  in  der  Weste 
(Sammlung  Reber,  München)  trotz  seines  eklatanten  Rots.  Vorbereitet  wird  die  Art  von  vielen 
vorhergehenden  Bildern.  Man  glaubt  eine  Andeutung  schon  in  den  blonden  Badenden  vor 
dem  „Zelt"  zu  erkennen  (in  der  Sammlung  Fahraeus  in  Lidingön  in  Schweden),  einem 
Meisterwerk  aus  1878,  das  wie  eine  Übertragung  des  schwarzen  Barocks  der  ersten  Zeit  wirkt. 
Bei  Fahraeus  auch  das  schöne  Stilleben  mit  dem  Amor,  das  man  mit  zu  der  Gruppe  rechnen 
könnte. 

15)  In  meiner  Cözanne-Monographie  (München  1915)  S.  10  ff. 

16)  Dem  widerspricht  nicht  der  Reichtum  der  Cezanneschen  Palette.  Emile  Bernard 
(Mercure  de  France,  Oktoberheft  1907)  nennt  fünf  verschiedene  Gelbs,  vier  verschiedene 
Blaus,  sechs  Rots,  drei  Grüns.  Aber  aus  diesen  vielen  Farben  mischte  Cezanne  in  homöo- 
pathischen Dosen  die  seinen  (er  hat  nie  ganz  reine  Farben  verwendet),  und  diese  waren  zumal 
in  dieser  Zeit  verhältnismäßig  gering  an  Zahl. 

17)  Vergl.  zum  Beispiel  die  oben  erwähnte  Schneelandschaft  der  Sammlung  Reber,  wo 
alles  VVeiß  vom  Grund  der  Leinwand  gebildet  wiid,  mit  dem  ganz  aquarellmäßigen  Auftrag. 

18)  Emile  Bernard  berichtet  Cözannes  Wort  über  Manet:  Un  grand  peintre,  mais  un 
m^diocre  sensitif  de  ton. 

19)  Eine  Anekdote  Vollards:  Er  fragt  Cözanne,  wie  er  sich  zu  dem  Kriege  1870/71  ver- 
halten habe.  Darauf  Cözanne:  ,,Ecoutez,  Monsieur  Vollard,  pendant  la  guerre  j'ai  beauroup 
travaillö  sur  le  motif  k  l'Estaque." 

20)  Bericht  Vollards.  Andere  erzählen,  Cezanne  habe  seine  Früchte  nach  Wachsnach- 
bildungen gemalt,  und  das  klingt  angesichts  mancher  Bilder,  zum  Beispiel  des  Stillebens  mit 
den  fünf  Äpfeln  der  Sammlung  Loeser  in  Florenz,  das  die  Spuren  langer  Arbeit  verrät,  nicht 
unwahrscheinlich.  Auch  solche  nahezu  nachweisbaren  Zusammenhänge  mit  toten  Dingen 
sagen  nichts  gegen  das  Leben  der  Bilder.  Delacroix  malte  Palmenhaine  nach  einem  Blumen- 
topf. Im  Grunde  bedeuten  solche  Geschichten  nicht  mehr  als  die  Anekdoten,  die  man  sich 
von  den  Stimulantien  der  Dichter  erzählt. 

Der  Vorsicht,  die  gegen  die  auf  angeblich  persönlichen  Mitteilungen  Cezannes  beruhen- 
den Analysen  der  Doktrin  des  Meisters  am  Platze  ist,  bedarf  es  nicht  bei  Vollards  köstlicher 
Satire,  die  mehr  von  den  andern  als  von  Cezanne  handelt  und  persönliche  Seiten  des  Menschen 
mit  Sicherheit  trifft;  wohl  aber  bei  Bernard,  der  zuweilen  über  Cezanne  votn  Standpunkt 
eines  unverhohlenen  Akademikers  urteilt  und  entscheidende  Faktoren,  deren  Gültigkeit  Ce- 
zanne unzweideutig  erwiesen  hat,  mit  Nonchalance  oder  in  einem  Ton  von  Duldung  be- 
handelt, der  die  Grenzen  unfreiwilliger  Komik  übersteigt. 

21)  Ein  Beitrag  zu  der  tiefverzweigten  Beziehung  zu  Delacroix  ist  das  Aquarell  nach  der 
Medea  in  Lille.  Eine  faksimilierte  Abbildung  in  den  oben  erwähnten  ,,  Aquarellen  Cezannes" 
(Maröes  Gesellschaft).  Es  gibt  noch  mehrere  andere  freie  Übertragungen  Delacroixscher  Mo- 
tive, zum  Beispiel  ,,Die  Hagar"  in  der  Sammlung  des  Freiherrn  v.  Simolin  in  Berlin. 

75 


VERZEICHNIS   DER   ABBILDUNGEN 


Seile 
vor  (\em  Titel 

81 

82 

83 


Selbstbildnis,  gegen  1880 

Das  Urteil  des  Paris,  1860    

Selbstbildnis,  1864    

Bildnis  Zolas,  1860   

Bildnis  eines  Jugendfreundes  als  Mönrh, 

gegen  1864 

Bildnis,  gegen  1865 

Der  Neger  Scipio,  iSöf^    

Stilleben,  1865 

Der  Leser  (Bildnis  des  Vaters),  1866  ••  •• 
Der  Vater  des  Künstler  mit  Mütze,  1866 

Bildnis  Emperaires,  1866 

Bildnis  des  Malers   Emperaires,    Zeich- 
nung, 1867     

Die  Entführung,  186Ö-1868 

Copie  nach  der  Dantebarke,  gegen  1868 

Venus  und  Amor,  gegen  1867    

Die  Orgie,  Wandbild  gegen  1868 

Stilleben  mit  Totenkopf,  gegen  1867    •• 
Wandbild  mit  Jas  de  Bouffan,  gegen  1 868 

Pietä,  gegen  1869 

Wandbild  mit  Jas  de  Bouffan,  gegen  1  868 

Im  Garten,  (Bleistiftzeichnung) 

Spaziergänger,  gegen  1869 

Copie  nach  Laueret.   Wandbild  in  Jas  de 

Bouffan,  gegen  1870 

Die  Schwestern,  1870    

Der  Mord,  gegen  1870 

Idylle,  1870—71    

Der  Esel  und  die  Diebe,  gegen  1870  ••   •• 
Das  Frühstück  im  Freien,  gegen  1870  •• 

Olympia.  Tuschzeichnung,  1863    

Olympia,  1871    

Landschaft  mit  Angler,  1870—75 

Versuchung  des  Hl.  Antonius,  1870  ••  •• 
Versuchung  des  Hl.  Antonius,  Zeichnung 

um  1872 

Versuchung  des  Hl.  Antonius,  gegen  1873 

Die  roten  Dächer,  1870    

Sommertag,  1871  

Stilleben,  gegen  1870   

Stilleben  mit  schwarzer  Uhr,  gegen  1870    1 17 

Landschaft,  gegen  1871    ii8 

Landschaft,  gegen  1872    119 

Selbstbildnis,  1874    120 

Selbstbildnis,  1873    121 


84 

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108 
109 
110 
1 1 1 


114 

115 
116 


Seite 

Der  Maler,  gegen  1873    122 

Der  Knabe  rrrit  dem  aufgestützten  Kopf, 

gegen  1872 123 

Landschaft,  gegen  1876    124 

Der  Bahndurchstich,  spätesten«;  1878-  •■  125 

Badende,  1877    126 

Stilleben,   1877 127 

Bildnis  Choquets,  1877    128 

Frau  Cözanne,  etwa  1877 129 

Selbstbildnis,  gegen  1880 130 

Selbstbildnis,  gegen  1879 ^3' 

Hagar  und  Ismael  (nach  Delacroix)    ••  ••  132 

Frühstück  im  Freien,  1878 153 

Frauen  nach  dem  Bade  vor  einem  Zelt, 

gegen  1878     134 

Versuchung  des  Hl.  Antonius,  gegen  1880  135 

Knabenbildnis,  1879     136 

Bildnis,  gegen  1880 137 

Selbstbildnis,  gegen  1880    138 

Selbstbildnis,  1880     139 

Aquarell,  gegen  1880    140 

Zeichnung  nach  einer  Plastik 141 

Zeichnung  nach  dem  Milon  von  Puget  142 

Zeichnung  nach  dem  Merkur  von  Pigatie  143 

Studie  nach  einer  Plastik      144 

Medea  (Aquarell  nach  dem  Gemälde 

Delacroix)    145 

Rochers  en  Provence,  gegen  1880 146 

Die  Straße,  gegen  1880    147 

Ansicht  von  Auvers,  gegen  1874    148 

Bei  Auvers,  gegen  1874   149 

L'Estaque  und  die  Reede  von  Marseille 

gegen  1880 150 

Die  Schnitter,  gegen  1880  151 

Gegend  bei  St.  Victoire,  gegen  1880-  ••  152 

Blick  auf  Gardanne,  gegen  1880    153 

Landschaft,  gegen  1880    154 

Landschaft,  gegen  1880    155 

Landschaft,  gegen  1880    156 

Landschaft,  gegen  1880    157 

Das  geborstene  Haus 158 

Die  Seine,  gegen  1880 159 

Landschaft,  gegen  1880    160 

Landschaft 161 

Vorhang,  gegen  1888    162 

Toilette    163 


77 


Seite 

Frau  Cözanne,  nach  1888    164 

Frau  C^zanne,  gegen  1880 165 

Villa  am  Wasser,  gegen  1882   166 

Landhaus  am  Wasser,  gegen  1885 1G7 

Seelandschaft,  gegen  1885   168 

Umgebung  von  Marseille,  gegen  1885  •■    169 

Landschaft,  gegen  1885    170 

Die  Farm,  gegen  1885     171 

St.  Victoire  bei  Aix  in  der  Provence,  gegen 

1885     172 

Durchblick  durch  einen  Parkweg,  1886    173 

Stilleben  mit  Tulpen,  gegen  1885 174 

Stilleben,  gegen  1885  175 

Das  Haus  des  Gehängten,  gegen  1885  ••   176 

Mont  Victoire,  gegen  1885 177 

Don  Quichote,  gegen  1885 178 

Don  Quichote,  gegen  1885 179 

Zeichnung,  gegen  1885    180 

Badende,  gegen  1888    181 

Badende  Männer,  gegen  1885 182 

Badende  Männer,  gegen  1888 183 

Stilleben,  gegen  1883   184 

Stilleben,  gegen  1885   185 

Wald,  gegen  1885 186 

Cözannes  Haus    187 

Allee  in  der  Provence,  gegen  1885    ••  ••    188 

Haus  in  Aix,  gegen  1885     189 

Stilleben 190 

Stilleben 191 

Bachanal  (Zeichnung),  gegen  1885    ••  •■    192 

Bachanal,  gegen  1886  193 

Lutteurs  amoureux,  1885     194 

Phantasie,  gegen  1885 195 

Bildnis  der  Frau  Cezanne  gegen  1883  ■•    196 

Bildnis,  gegen  1885 197 

Bildnis  der  Frau  Cezanne  mit  grünem 

Hut,  1888  198 

Frau  Cezanne,  gegen  1889 199 

Bildnis  der  Frau  Cözanne 200 

Frau  Cezanne,  gegen  1888 201 

Frau  mit  Kopftuch  und  Boa,  gegen  1885  202 

Bildnis  Choquets,  i  885     203 

Die  große  Kiefer,  1887     204 

Haus    am   Mont  Victoire,    gegen    1885   205 
Plastik,  gegen  1885 206 


Seite 

Stilleben,  gegen  188g   207 

Stilleben,  gegen  1885   208 

Stilleben,  gegen  1890  209 

Zeichnung  zum  Mardi  gras 210 

Mardi  gras,  gegen  1888    211 

Landschaft,  gegen  1886    212 

Marnebrücke,  gegen  1888   213 

Badender  Mann  (Zeichnung)  214 

Junge  mit  der  roten  Weste,  gegen  1888   215 
Landschaft  aus  der  Provence,  gegen  1885  216 

Dächer,  gegen  1888 217 

Bei  Aix,  gegen  1888 218 

Wald  mit  Haus,  gegen  1888    219 

Provence,  gegen  1890   220 

Die  Felsen,  gegen  1890    221 

Badende  Frauen,  gegen  1888 222 

Waldinneres,  gegen  1890     223 

Henri  Gasquet,  gegen  1890 224 

Der  Junge  mit  dem  Totenkopf,  nach  1890   225 

Dorf  unter  Bäumen,  gegen  1890    226 

Landschaft,  gegen  1890    227 

Selbstbildnis,  1890    228 

Selbstbildnis  gegen  1880 229 

Badende,  gegen  1890     230 

Badende,  gegen  1890     251 

Stilleben  mit  Puttenplastik,  gegen  1890   232 

Stilleben  (Aquarell),  gegen  1890     233 

Stilleben,  gegen  1890   234 

Frau    Cözanne   im   Gevirächshaus,    1891    235 

Die  Spieler,  1892 236 

Die  Spieler,  1892 237 

Stilleben,  gegen  1894  238 

Studie  zum  Raucher,  gegen  1896 23g 

Der  Raucher,  gegen  1896    240 

Der  Raucher,  1896    241 

Bildnis,  gegen  1895 242 

Frau  mit  dem  Rosenkranz,  1896    343 

Die  Badenden,  1895 244 

Die  Badenden,  1895 — 1905 245 

Skizze,  gegen  1896     246 

Studie  (Aquarell),  gegen  igoo     247 

Selbstbildnis  mit  Mütze,  gegen  1900  •■  ••  248 

Joachim  Gasquet,  um  1900 249 

Der  alte  Bettler,  um  1903   250 

Der  alte  Bettler,  um  1903    251 


78 


ABBILDUNGEN 


Das  Urteil  des  Paris  /  1S60 


Photo  N'oll.irJ 


8i 


Selbstbildnis  /    1864 

I'hoto  N'ollard 


82 


% 


Bildnis  Zolas  /   1860 


85 


1^  i  I  d  n  i  s  e  i  n  e  s  J  u  g  e  n  d  F  r  c  LI  n  d  c  s  als  Mönch   /  gegen   1864 


Sammlunf4  Schmit::.  DrcMicn 


84 


Bildnis  /  gegen   1865 

S  .1  m  ni  1 II  n  g  .\ .  P  e  1 1  e  r  i  n  ,  Paris 


85 


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.■iiHiyi.iMii 

Der   Neger  Scipio  /    1865 


Photo  N'oll.irJ 


86 


Stilleben  /   1865 

Sammlung  Dr.    Hugo  Cassirer,   Berlin 
Photo   Paul  Cassirer 


87 


Der  Leser  (Bildnis  des  Vaters)   /    1866 

S  .1  m  m  1 11  n  ^,'  A .    P  c  1 1  e  r  i  n  ,    Paris 
Photo   A.W.II.ird 


88 


Der  X'ater  des   Künstlers  mit  Mütze  /   1866 


Photo    B  c  r  n  h  e  i  ni   j  f  u  n  e 


89 


Bildnis   Einperaires  /    1866 

Sammlung  A,  I*  e  1 1  e  r  i  n  ,  Paris 


90 


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'f\     ^ 


Bildnis  des  Malers   Emperaire  /  Zeichnung  /   1S67 

Photo  \'o  llard 


91 


Die  Entführung  /   1866-1S6S 

Früher  S.immlung  E.Zola 


92 


Copie  nach  der  Dantebarke  /  gegen  1868 


Phuto  Bernheim  jenne 


95 


\'cnus   und  Amor   /  gegen  1867 

Früher  S  .1  m  m  1  u  n  t;   D  e  g  .i  s  ,  Paris 


94 


Die  Orgie  /  Wandbild  /  gegen  1868 


Photo  licrnheim  jeiine 


95 


Stilleben   mit  Totenkopf  /  gegen    1S67 


Photo   Hernheim  jenne 


96 


Wandbild   in  [as  de   Bout'fan   /  gegen  1868 


Photo  Bernheiin  jeune 


97 


Pieta  /  gegen  1S69 


98 


Wandbild  in  Jas  de  BoufFan   /  gegen   1868 


Photo   H  e  r  n  h  c  i  m   j  c  u  n  e 


99 


'tswK 
4     ^:. 


Im  Garten   /   Bleistittzeichnung 


lOO 


Spaziergänger  /  gegen   1S69 


lOI 


Kt)pie  nach  Lancret.  Wandbild  in  las  de  Boutt-an  /  ^egen  1S70 

I'  h  o  t  o   H  c  r  n  h  c  i  in   j  e  u  n  e 


102 


Die  Schwestern  /  1S70 


105 


Der  iMord   /  ge^en    IS 70 

S  .1  m  m  I  u  n  u'    I )  r.  I  u  1 1  ii  s    I   I  j  .1  s  .  Berlin 


104 


Idylle  /    1870-71 

S  .1  ni  ni  1  u  n  •,'  -\ .  1'  c  1 1  c  r  i  n  .  P  J  r  i  s 
1*  h  ()  1 1>   I)  ruc  t .  Paris 


105 


Der  Esel   und   die    Diebe   /  gegen    IS 70 

S  J  m  m  1  u  n  ^'   K  c  t  li  c  r  m  u  n  J  t .  1  >  r  c  s  J  e  n 
I'  h  o  t  o    1'  ,1  u  1   (    <1  ••  s  i  r  L-  r  ,  Berlin 


io6 


Das  Frühstück   im   Freien   /  gegen    1S70 


S  .1  ni  m  I  u  n  1^  A .  P  e  1 1  e  r  i  n  ,  P  .i  r  i  s 


107 


Olympia  /  Tuschzeichn  img  /    1863 

rhiifo  \'oll  jr  J 


io8 


Olympia  /   1S71 

Sammlung  ].  &  G.  Bernheim,  Paris 


109 


Landschaft   mit  Angler  /    1870-75 

S  .1  m  111  1  II  n  fi   Ott  .1  V  e    M  i  r  h  c  .1  ii 
I'hot,.  A.W.II.irJ 


HO 


\'ersuchung  des  hl.  Antonius  /  1870 


III 


Versuchung  des  hl.  Antonius   /   Zeichnung  /  um    1872 

Photo   W.ll.irJ 


112 


\'ersuchung  des  hl.  Antonius  /  gegen  1S73 


I'hoto  \-oll.ird 


"3 


Die  roten   Dächer  /    1870 


114 


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-N-,    a. 


Sommertag  /   1S7  1 

Sammlung  Max   Liehermann,  Berlin 


"5 


Stilleben  /  gegen  1870 

N  .1 1 1  o  n  .1 1 1^  .t  1  e  r  I  e  ,  Berlin 


ii6 


Stilleben  mit  schwarzer  Uhr  /  gegen  1870 


Sammlung    Koncr,    Bud.ipest 


117 


Landschaft  /  gegen  1871 

Moderne  C  i  a  1  e  r  i  e  (  T  h  .1  n  n  h  a  ii  s  e  r  ) .  München 


118 


Landschaft  /  gegen  1872 

Photo    Paul    Cissirer 
Snmmlunf*   Frau    \on   FriedlanJcrihuld,  Berlin 


119 


Selbstbildnis  /  1S74 


Photo  Druet 


120 


Selbstbildnis  /  1873 

Sammlung  A.  Pellcrin,  Paris 


121 


Der  Maler  /  gegen  1S73 

S  .1  in  m  1  ii  n  •,'    I  o  s  e  f   M  ii  1  1  c  r  ,  S  o  1  o  t  h  ti  r  n 


122 


Der  Knabe  mit  dem  aufgestützten   Kopf  /  gegen  1872 


Sjmnilung  Meicr=Fiertz,  Zürich 


123 


Landschaft  /  gegen  1876 


Photo   1 : .  I )  r  u  c  t ,  ('  .1 1 


124 


Der   Bahndurchstich  /  spätestens  1878 

N  e  11  e  S  t  .1  >i  T  N  ^'  .1 1  c  r  i  e  M  li  n  <.  Ii  c  n 


125 


Badende  /   1877 

Sammlung   F  1  e  c  h  t  h  t-  i  iii ,  Düsseldorf 


126 


Stillehen  /   1877 


127 


Bildnis   Choqucts   /    1S77 


128 


Frau  Cezanne  /  etwa  1877 

Sammlung  G.  F.  Keber,  München 


129 


'^ 


Selbstbildnis  /  gegen  1880 


150 


Selbstbildnis  /  gegen  1879 

Sammlung  A .  P  e  11  e  r  i  n  ,  Paris 
Photo  Druet,  Paris 


151 


Hagar  und  Ismacl  (nach    Delacroix) 

S  .1  m  in  I  u  n  ^'   Freiherr   v .  S  i  m  o  1 1  n  .  Berlin 


132 


Frühstück  im  Freien  I   1878 

I'hoto  X'oll.lrJ 


135 


Frau 0  11   nach   dem   Bade  vor  einem   Zelt  /  gegen  1878 

früher  Sammlung'   |- .i  h  r  .1  c  u  s  ,    L  i  d  i  n  g  ö  n  bei  S 1 1:^  t  k  h  o  I  ni 


134 


Versuchung  des  hl.  Antonius  /  gegen  1880 


Sammlung  .\.  Pellerin.  Paris 


135 


K  n  .1  b  e  n  b  i  1  d  ii  i  s  /    1879 


156 


Bildnis  /  gegen  1880 

Sammlung  Bernheim  jeune,   Paris 
Photo  Druet.   P.iris 


157 


Selbstbildnis   /   gegen   18S0 

S  a  m  m  1 1'  n  t,'   r  h.  li  o  li  r  c  n  s  ,  1 1  .1  ni  b  u  r  g 


138 


Selbstbildnis  /   1880 


159 


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Aquarell   /  gegen  IS 80 


140 


Zeichnung  nach  einer  Plastik 

I'hoto  Bernheim  jeune 


141 


^  9 


Zeichnung  nach  dem  Milon  von   Puget 


r  li  o t o   1'.  0  r  n  he  i  m  j  c  u n e 


142 


i. 


Zeichnung  nach  dem   Merkur  von   Pigalle 


Photo    I;  c  r  n  h  e  i  m  j  c  u  n  c 


145 


Studie  nach  einer  Plastik 

Fhoto   Bernheim    jcune 


144 


Medea  (Aquarell   nach   dem  Gemälde   Delacroix') 


Sanimliini;   l)urieux;(!jssirer    Berlin 


145 


Rochers  en  Provence  /  gegen  1880 

Ehemalige  Sjmmlunj;  Oct.ive  Mirheau.  Paris 
Photo  A .  \'o  1 1  a  r  d  ,  Paris 


146 


Die  Straße  /  gegen  1880 

Sammlung  Th.  Behrens.  Hamburg 


147 


Ansicht  von   Auvcrs  /  gegen  1874 

K  .1 1  M.'  r  -  I   r  I  c  J  r  I  c  li  ;  M  u  s  c  u  ni  ,  M  .1  j;  J  l'  b  u  r  j^; 


148 


Bei  Au\'ers  /  gegen   lS/4 

Früher  Sammlunj;:Tetzen:I. und,  Kopenhagen 


149 


L'Estaque   und  die   Reede  von  Marseille  /  ^egen  1880 


r  .1 II 1    (    .1  s  s  i  r  e  r  ,   H  e  r  1  i  n 


150 


Die   Schnitter  /  gegen  1880 

S.immlurifj   |.*iG.  BcrnhL'im.  l'<>ris 


151 


w 


Gegend   hei   Stc.  X'ictoi  re  /  gegen  1S80 

S  a  m  ni  I II  n  i;    M  <>  r  n  s  o  i  i ,  M  o  s  k  .1 11 


152 


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23 


155 


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Landschaft  /  gegen  1S80 

S  .1  [11  111 1  (1  n  };   S  L  h  ni  1 1  z  .  Dresden 


IS4 


Landschaft  /  gegen  1880 

National;  Museum,  Stockholm 


155 


Landschaft  /  ^cgen  ISSO 

S  .1  m  m  I  u  n  ^'  O  p  p  c  n  lio  i  m  .  li  c  r  I  i  n 


156 


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Landschaft  /  gegen  18S0 

Sammlung  Oppenheim,  Berlin 


157 


Das  geborstene   Haus 

Sammlung  Rothermundt,  Dresden 
Photo    P.iul   (.'.issirer.  Berlin 


158 


Die  Seine  /  gegen  1880 

SammlungTh.  Behrens,  H  am  bürg 


159 


Landschaft  /  gegen  1880 

N  .1 1 1 1  >  n  .1 1  >i  a  I  f  r  I  e  .  H  c  r  I  i  n 
rh..  t  ü  L    iJr  iict .  Tan  s 


i6o 


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■^fi^^few 


Landschaft 

Sammlung  Oppenheim,  Berlin 


i6i 


Vorhang  /  gegen    1888 

Sammlung  G.  F.  Reber,  München 


162 


Toilette 


I'hoto  L.  Druct.  P 


165 


Frau   Cezanne  /  nach    1880 


164 


Frau  Cezanne  /  gegen  1880 


165 


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\'illa   am  Wasser  /  gegen  18S2 

S  .1  m  m  '  u  n  n  ( i .  Y .  K  c  b  c  r  ,  M  ü  n  c  h  e  n 


i66 


Landhaus  am  Wasser  /  gegen  1SS5 


167 


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M 


S e e  1  a n d s c h a t" t  /   t^ e g cii  LS 8 5 

S  .1  m  m  1 11  n  g  ( i .   I' .    K  c  h  e  r .  M  ti  n  c  h  c  n 


i68 


Umgebung  von  Marseille  /  gegen  1S85 

Sammlung  Oppenheim.  Berlin 


169 


Landschaft  /  gegen  1885 


170 


Die  Farm  /  gegen  1885 

Photo  Bernheim  jeune 


171 


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Sto.  X'ictoirc   bei   Aix  in   der   Provence   /   i^egen  1885 


S  .1  m  m  1  u  n  t!  M  o  r  o  s  o  U  ,  .M  o  s  k  .1  u 


172 


Durchblick  durch  einen   Parkweg  /   1886 


173 


Stilleben  mit  Tulpen   /  gegen  1885 

S  a  m  m  I  II  n  f^    K  r  .1  u    Fr  .1  n  z   S  c  h  u  1 1  c  ,  K  r  e  ni  c  n 
rlii.lo    Druft 


174 


Stillehen  /  gegen  18S5 


175 


Das  Haus  des  Gehängten  /  gegen  1SS5 


S  .1  ni  in  1  u  n  g  \'o  1 1  J  r  J  .  P  .1  r  i  s 
Photo   Druet 


176 


Mont  Victoire  /  gegen  1SS5 

Sammlung  G .  V.  R  e  b  e  r  .  München 


177 


Don  Q^uichote  /  gegen  1885 

S.imniliinfj   A.  Pellerin,  Paris 
l'hoto  A.  Voll  jr  J 


178 


Don   Q^uichotc  /  gegen  1885 

S-immlunfj  t>.  F.  Keher.  München 


179 


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Zeichnung  /  gegen  1885 

S  .1  m  m  I  u  n  ^'  (  !  e  z  .1  n  n  e  junior.  Paris 


180 


Badende  /  gegen  1888 

Photo  Druet.  Paris 


i8i 


Badende  Männer  /  gegen  1885 

Sammlung  G.  F.  Reber,  .München 


182 


Badende  Männer  /  gegen   1888 


185 


Stilleben   /  gegen  1883 


184 


Stilleben  /  gegen  1885 

Sammlung  hiessel,  Paris 


185 


Wald  /  gegen  1885 

Sjmmlunji  .\  d.  RothermunJt,  Dresden 
Photo   P  j  u  I  ( "  j  s  s  i  r  e  r  ,  K  c  r  I  i  n 


i86 


Cezannes  Haus 

Sammlung  Newman,  Berlin 


187 


**^3 


Allee  in   der   Provence   /  gegen  1885 

Photo  i;.  Druct.  l'.iris 


i88 


Haus  in  Aix  /  gegen  1S85 

Snmmluni'  Ci.  F.  Keber,  München 


189 


p-:: 


Stilleben 

Photo  K,  Druet.  Fori 


190 


Stilleben 

Photo  E.  Druet.  Paris 


191 


.PP^ 


\.^  i^m 


Jkt 


Bacchanal   (Zeichnung)   /  gegen  1885 


192 


Bacchanal  /  gegen  IS 86 

P  h  o  1 1>    Hern  h  c  i  in    j  c  u  n  c 


193 


Lutten  rs  amourcux   /    1885 

S  ,1  ni  in  1  II  n  L'  <  i.  F .  K  t  b  i.-  r  .    M  u  n  l  h  c  n 


194 


Phantasie  /  gegen  1SS5 


195 


Bildnis  der  Frau  Cezannc  /  gegen  1883 


rhotü  l:.  Druet.  l'.iri 


196 


Bildnis  /  gegen  1885 

Photo  Paul  Cassirer,  Berlin 


197 


Bildnis  der  Frau   Geranne  mit  grünem   Hut   /   188S 


198 


Frau  Cezanne  /  gegen  1889 


199 


Bildnis   der  Frau   Cezanne 


rhnto   I  .  Dnict,  I'.in 


20O 


Frau  Cezanne  /  gegen  1888 


20I 


Frau   mit   K  o  p  f  t  ii  c  li   ii  n  cl   R  o  a  /  j^  e  g  e  n  188  5 


^  .1  m  ni  I  u  n  t;   A    1 '  f  1  K  r  i  n  .  P  .1  r  i  ^ 
l'hoti>   Druct 


202 


Bildnis  Choquets  /  1885 

Sammlung  Durand^Ruel,  Paris 
Photo  K.  Druet,  Paris 


203 


Die  große  Kiefer  /   18S7 


Photo  \'o  1 1  j  r  d 


204 


'-^SSIBMä&'iii* 


Haus  am  Mont  Victoire  /  gegen  1885 

Sjmmlung  G.  F.  Reber,  München 


205 


Plastik  /  gegen  1885 

Sammlunji  (i.it^n.it,  l'.iris 
Photo  A.\',.II.,rJ,  l'.iris 


206 


Stilleben  /  gegen  1889 

Sammlung  S.  Fischer,  Berlin 


207 


Stilleben  /  gegen  1885 

S.i  m  m  1  un  L'  t»-  V-  K  c  h  e  r.  München 


208 


Stilleben  /  gegen  1890 


209 


Zeichnung  zum   iMardi  gras  /  gegen  1888 


S  .1  m  ni  1  u  n  i;   P  e  r  s  o  n  n  a  :  .  P  .1 1 


210 


Mardi  gras  /  gegen  1888 

Sammlung  S  t  c  h  o  u  k  i  n  c  ,  M  o  <.  k  ,i  u 


211 


v.^^iTÜ^TT;.-:iaOTZ 


Landschaft  /  gegen  1886 


212 


Marnebrücke  /  1888 

Sammlung  A.  Pellerin,  Paris 
Photo  Druet 


215 


Badender  Mann   (Zeichnung) 


214 


Der  Junge  mit  der  rotenW'este  /  gegen  1888 

Sammlung  G.  F.  Keher.  München 


215 


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^mm 


Landschaft  aus  der   Provence  /  gegen  1885 

S.immlunL*  <  r.  F.  Kcbcr,  München 


216 


Dächer  /  gegen  1888 

Sammlung  I)  uri  eu  x^C  j  ssi  rer  ,  Berlin 


217 


Bei  Aix  /  gegen  1888 


l'lioto   l.  Druel  .  I' .1 1 


218 


Wald  mit  Haus  /  gegen  1888 

Sammlung  [)urieux»Cassirer.   Berlin 
Photo  I'aul  Cjssirer,   Berlin 


219 


Provence  /  gegen  1890 

Photo  Paul  Cassirer,   H erlin 


220 


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Sitzender  Bauer  (Aquarell' 


221 


f  O'asrc  t  •■»/"r"'S 


^        ^       ^'^l^'^ 


Bade  n  d  e   F  r  a  ii  c  n   /  gegen  1888 


S.inimhill^-    1  .n  t  t  ,  I'.ir 
rliotn   Druct 


222 


1^ 


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Im 


Waldinneres  /  gegen  1890 

Photo   P  .1  u  1  C  a  s  s  i  r  L-  r  .    li  e  r  1 1  n 
Sammlung   Kud.  W.  \'ol  1  moe  1  Icr ,  \' .1  i  h  in  sen  =  St  ut  tfja  r  t 


223 


Henri   G  a  s  q  II  e  t  /  gegen  I S  9  0 

r  h  .>  t  o    1>  c  r  n  li  c  1  ni    i  c  u  n  c 


224 


Der  Junge  mit  dem  Totenkopf  /  nach  1890 

SanimlunL;  G.  F.  Kt'her,   München 


225 


Dorf  unter   Bäumen   /  gegen  1890 


K  II  n  s  t  h  .1 1 1  e   li  r  o  m  e  n 
Photo   P.nil  (\issirLT 


226 


Landschaft  /  gegen  1890 

S.immlung  Schmitz.  Dresden 


227 


Selbstbildnis  /  1S90 


228 


Selbstbildnis  /  gegen  1880 

P  i  n  .1  k  o  t  h  e  k  .  München 
Photo  F r .1  n  z  11  .in  t  s  t  .1  e  n g  l .  München 


229 


Badende  /  gegen  1890 

S.immlun^   Dücker 
l'hotn  A.  W.llard 


230 


Badende  /  gegen  1890 

Sammlung  A.\'oIIard.   Paris 
l'hoto  A.N'oll.ird 


251 


Stillehen  mit   Putto=  Plastik   /  gegen  1890 


I '  h  o  t  o    H  c  r  n  h  c  i  m    j  e  u  n  e 


232 


Stilleben  (Aquarell)  /  gegen  1890 

Sammlung  j.&(i.  Bernheim.  P.iri!> 


255 


Stilleben   /  gegen  1S90 


254 


Frau  C e z a n n e   im   Gewächshaus  /   1 S 9  1 

S  .1  ni  m  I  u  n  >;   M  o  r  o  s  o  f  f  ,  Moskau 


255 


Die  Spieler  /   1S92 

N  .1  m  ni  I II  n  ^   1 .  li .  S  t  .1  n  j^' ,  Kristiania 


256 


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Die  Spieler  /   1892 

Sammlung  A .  i'  cl  K-  r  i  n  ,  l\i  r  i  n 


237 


Stilleben  /  gegen  1894 

Photo  E.  Druet.  i'.iris 


258 


Studie  zum   Raucher  /  gegen  1896 


S  .1  in  in  1  u  n  g  Stein,  Paris 


259 


Der  Raucher  /  gegen  1896 

S  .1  m  m  1  u  n  i;   M  o  r  o  s  o  f  f  ,  M  ii  s  k  j  u 
Photo    1)  r  u  e  t 


240 


Der  Raucher   /    1896 

Mannheimer  K  u  n  ?>  t  h  .1 1 1  e 


241 


Bildnis   /  gegen  1895 

Photo   E.  Druct.  l'.iris 


242 


Die   Frau   mit  dem   R  o  s  e  n  k  r  a  n  :   /   1  .^  9  6 


245 


Die  Badenden  /   1S95 


244 


Die  Badenden  /   1895-1905 

Sammlung  \'oll.ird,  I'ar 


245 


Ski::e   /  gegen  1896 


246 


& 


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4f      'l    » 


Studie   (Aquarell)   /  gegen  1900 


247 


Selbstbildnis  mit  Mütze  /  gegen  1900 


S  .^  m  m  I  u  n  t,'    F  .1  h  h  r  i .  Paris 
l'h  i)to  I)  r  u  e 


248 


Joachim  Gasquet  /   um  1900 

Photo  Bernheimjeunc 


249 


Der  alte   Bettler  /  um   190) 


I '  h  ti  1 1)    H  c  r  n  h  c  I  m    t  c  u  r 


250 


DKUCK  DI-S  ABBILDLINGSTEILKS:   HUl  :H1)KIU  .KKKKI  A.  WOHI.Fi:l.l),   MACnKBURC. 


/\    V      ■  1-:     -j^  C^ 


ND  Meier-Graefe,    Julius 

553  Clzanne  ijnd  sein  Kreis 

C33M35 

1922 


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