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Full text of "Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms in der Zeit von August bis zum ..."

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DARSTELLUNGEN AUS DER 

SITTENGESCHICHTE 

ROMS % 

IN DER ZEIT 

VON AUGUST BIS ZUM AUSGANG DER ANTONINE 

VON 

LUDWIG FRIEDLAENDER 

NEUNTE UND ZEHNTE AUFLAGE 
VIERTER BAND (ANHÄNGE) 

UNTER MITWIRKUNG VON 

M. BANG, F. DREXEL, U. KAHRSTEDT UND O. WEINREICH 

HERAUSGEGEBEN VON 

GEORG WISSOWA 




VERLAG VON S. HIRZEL • LEIPZIG 1921 



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Copyright by S. Hirzel at Leipzig, 1921. 



Das Recht der Obersetzung ist vorbehalten. 



LUDWIG FRIEDLAENDER 



DARSTELLUNGEN AUS DER 

SITTENGESCHICHTE 

ROMS 



NEUNTE und ZEHNTE AUFLAGE 



HERAUSGEGEBEN VON 



GEORG WISSOWA 



VIERTER BAND (ANHÄNGE) 

UNTER MITWIRKUNG VON 
M. BANG, P. DREXEL, U. KAHRSTEDT UND O. WEINREICH 




VERLAG VON S. HIRZEL • LEIPZIG 1921 



11. H. BLACKW KLL LTI>., 
so and 51 ItitoAii Strret. 

OXKOKD. 






*5C>^>\ 



VORWORT 

Der Schlußband der Neubearbeitung von Friedlaenders Darstellungen 
aus der Sittengeschichte Roms, der aus praktischen Gründen die bisher 
über alle Bände des Werkes verteilten wissenschaftlichen Anhänge in 
sich vereinigt, erscheint zugleich als 9. und 10. Auflage, weil gleichzeitig mit 
seiner Herausgabe die Drucklegung der 10. Auflage des ersten Bandes beginnt 
und es weder erforderlich noch zweckmäßig erschien, diesen Anhangband 
schon nach so kurzer Frist von neuem zu drucken. Da der Wert der meisten 
der hier vereinigten Anhänge auf der Fülle des von Friedlaender gesammelten, 
gesichteten und übersichtlich geordneten Stoffes beruht, galt es vor allem, diese 
Stoffsammlungen zu ergänzen und durch Ausscheidung des Veralteten und 
Nichtzugehörigen zu entlasten, eine Aufgabe, die nur von solchen Bearbeitern 
gelöst werden konnte, die mit dem betreffenden Einzelgebiete durch langjährige 
Arbeit durchaus vertraut waren und das verfügbare Material im vollen Um- 
fange beherrschten. Es lag mir daher ob, mich der Mitwirkung geeigneter 
Spezialforscher zu versichern, und ich bin den HÄrren Martin Bang (Berlin), 
Friedrich Drexel (Frankfurt a. M.), Ulrich Kahrstedt (Göttingen) und Otto 
Weinreich (Heidelberg, demnächst Tübingen) zum aufrichtigsten Danke dafür 
verpflichtet, daß sie sich meiner Bitte, die Neugestaltung des größten Teiles 
der Anhänge nach den von mir aufgestellten Richtlinien zu übernehmen, nicht 
versagt haben. Ihnen fällt der Löwenanteil an der Leistung dieses Bandes zu, 
ich selber habe nur einen kleinen Teil der Anhänge (I. IV: XII. XIX. XXI. XXII) 
bearbeitet und die Gesamtredaktion geführt sowie das Register hinzufügt. Die 
Stellung der Bearbeiter zur früheren Fassung ist in den einzelnen Abschnitten 
je nach Lage der Sache eine verschiedene gewesen: während in den meisten 
Fällen Friedlaenders Text zu Grunde gelegt und nur durch reichliche Zusätze, 
Streichungen und Einzeländerungen umgestaltet worden ist, sind manche andre 
Anhänge (so II. III) völlig neu geschrieben worden, zuweilen erschien es auch 
geboten, zwei der alten Anhänge zu einem zusammenzufassen (z. B. in XVII 
die alten Anhänge über Darstellung von Gladiatoren auf Kunstwerken und 
über Kostüm und Bewaffnung der Gladiatoren). Eine besonders wertvolle Er- 
gänzung hat in XVI die von Friedlaender gegebene Liste aller nachweisbaren 
Amphitheater erfahren, die durch Hinzufiigung der Zirkusanlagen und Theater 
zu einer wenigstens für das Westreich vollständigen Übersicht über die den 
öffentlichen Schauspielen dienenden Gebäude erweitert worden ist. Eine 
Sonderstellung nimmt XII (über die Entwicklung des Gefühls für das Roman- 
tische in der Natur im Gegensatz zum antiken Naturgefühl) ein: ursprünglich 



IV VORWORT 



(1873) als Sonderschrift erschienen, war diese Abhandlung nachher von Fried- 
laender etwas unorganisch in den Text des zweiten Bandes (als Schlußkapitel 
des Abschnittes über die Reisen der Touristen) eingeordnet worden, wo sie 
den Zusammenhang der Darstellung in so störender Weise unterbrach, daß ich 
mich entschloß, sie herauszunehmen und unter die Anhänge zu stellen. Da 
aber gerade diese überaus inhaltreichen und anregenden Ausführungen die 
Eigenart der Friedlaenderschen Betrachtungs- und Darstellungsweise so aus- 
geprägt zeigen, daß eine Neubearbeitung ohne Gefahrdung ihrer großen Vor- 
züge nicht wohl vorzunehmen war, habe ich in Übereinstimmung mit dem 
Wunsche der Familie des Verfassers den Text ohne jede Änderung (bis auf ein 
paar kleine Verbesserungen in den Zitaten) wieder abdrucken lassen. 

Nicht alle Anhänge des alten Werkes haben in die Neubearbeitung Aufnahme 
gefunden. Ausgeschlossen wurden namentlich die Friedlaender seinerzeit von 
befreundeten Gelehrten (Ferd. Cohn, Otto Tischler, J. K. Rodbertus) zur Ver- 
fügung gestellten Beiträge, ferner solche Anhänge, deren Ergebnisse durch 
neuere Veröffentlichungen als erledigt gelten konnten, wie die Ausfuhrungen 
über die angeblichen Gladiatorentesseren durch die glänzende Untersuchung 
von R. Herzog (19 19) und die über die Gönner und Freunde des Statius durch ' 
die Prosopographia imperii Romani. Die Behandlung eines Verzeichnisses von 
Leckerbissen in einem Bruchstücke der griechischen neueren Komödie lag von 
dem Gegenstande des Werkes so weit ab, daß niemand sie an dieser Stelle 
suchte. Der Inhalt von vielen der kleineren Anhänge, die in der Tat nichts 
andres waren als über den verfugbaren Raum hinausgewachsene Anmerkungen, 
ließ sich in knapper Fassung oder in Form einer Verweisung auf neuere Literatur 
als Fußnote zu der entsprechenden Stelle des Hauptwerkes unterbringen. 

Um schon in den früheren Bänden, bei deren Drucklegung der Gesamtplan 
des Anhangbandes noch nicht feststand, Verweisungen auf die Nummern der 
Anhänge zu ermöglichen, mußte die bisherige Anordnung der letzteren nach 
der zufälligen Abfolge der Textstellen, an welche sie anknüpfen, beibehalten 
werden: diese Anordnung ist entschieden verbesserungsfähig. Eine äußere 
Scheidung der Zusätze der Bearbeiter von Friedlaenders Text war bei den 
starken Eingriffen, die häufig in den letzteren gemacht werden mußten, nicht 
wohl durchführbar: es hat das zur Folge gehabt, daß an dieser oder jener 
Stelle vielleicht eine Unsicherheit darüber aufkommen kann, ob der in erster 
Person Redende Friedlaender oder der Bearbeiter ist; doch dürfte, soviel ich 
sehe, der Schaden kein großer sein. Die Verweisungen auf Stellen der ersten 
drei Bände geben natürlich die Band- und Seitenziffern der 9. Auflage. Die 
Band- und Seitenzahlen der 8. Auflage sind an der Innenseite des oberen 
Seitenrandes angegeben. 

Halle (Saale), September 1921. 

GEORG WISSOWA 



INHALT 



I. Ausstellung von Naturmerkwürdigkeiten zu Rom S. i— 6. 

IE. Über Gesandtschaften aus fremden Ländern an römische Kaiser. Von Ulrich 
Kahrstedt S. 7 — 10. 

III. Über die Bevölkerung Roms. Von Ulrich Kahrstedt S. 11 — 21. 

IV. Über den Gebrauch der Wagen in Rom S. 22 — 25. 

V. Die Beamten a rationibus, a übe las y ab epistulis. Von M. Bang S. 26 — 46. 

I. a ratiembus S. 26—32. II. a libelHs S. 32—35. HI. ab epistulis S. 35—46: 1. Vor 
Hadrian S. 35—39. 2. Seit Hadrian S. 39—46. 

VI. Die Reihenfolge der Ämter von kaiserlichen Freigelassenen. Von M. Bang 

S.47— 5S- 
VII. Die Freunde und Begleiter der Kaiser. Von M. Bang S. 56 — 76. 

Freunde des Augustus S. 60 — des Tiberius S. 61 — des Gaias S. 63 — des Claudios S. 63 
— des Nero S. 65 — des Galba S. 66 — des Otho S. 66 — des Vftellius S. 67 — des 
Vespasian S. 67 — des Titos S. 68 — des Domitian S. 68 — des Nerva S. 69 — des 
Trajan S. 70 — Hadrians S. 71 — des Antoninos Pins S. 72 — der Samtherrscher Marcus 
und Veras S. 72 — des L. Veras S. 73 — Marc Aureis S. 73 — des Commodus S. 74 — 
des Septimius Severus S. 74 — des Caracalla S. 75 — des Severas Alexander S. 75. 

VIII. Der Gebrauch von vir clarissimus als Titel der Senatoren. Von M. Bang 
S. 77—81. 

IX. Über den Gebrauch der Anrede domine im gemeinen Leben. Von M. Bang 
S. 82—88. 

X. Das Märchen von Amor und Psyche und andre Volksmärchen im Altertum. 
Von O. Weinreich S. 89 — 132. 

Reste des antiken Volksmärchens S. 89 — bei Lncian S. 90 — bei Plato S. 90. Sonstige 
MXrchenreminiszenzen S. 91. Ammenmärchen S. 91. Gespenstergeschichten S. 92. Dümm- 
lingstraditionen S. 94. Vereinzelte Märchenmotive S. 95. Zauberei S. 97. Volksfiberliefe- 
rnngen S. 98. Aberglaube S. 99. Fabel S. 100. Märchen und Mythus S. 101. Das Märchen 
des Apuleius S. 104. Allegorische Deutung S. 104. Typus des Märchens S. 106. Ursprüng- 
licher Verlauf des Märchens S. 108. Verwandte Märchen andrer Völker S. 116. Das 
indische Märchen von Tulisa und Basnak Dan S. 119. Weitere Parallelen S. 122. Neuere 
Literatur S. 128. Völkerpsychologische Deutung S. 129. Amor und Psyche — Zeus und 
Semele S. 130. Die Göttin Psyche S. 131. 

XI. Das gewöhnliche Alter der Mädchen bei der Verlobung und Verheiratung. 
Von M. Bang S. 133 — 141. 

XII. Die Entwicklung des Gefühls für das Romantische in der Natur im* Gegensatz 
zum antiken Naturgefühl S. 142 — 178. 

Geringe Spuren des NaturgefÜhls im Mittelalter S. 143. Minnegesang und lateinische 
Poesie S. 143. Altenglische Poesie S. 143. Italiener S. 143. Äußerungen von Reisenden 
des Mittelalters über die Alpen S. 145. Äußerungen von Reisenden des 16. und 17. Jahr- 



VI INHALT 



hunderte S. 146. Opitz S. 147. P. Fleming S. 147. Konrad Gesner De montium 
admiratione S. 148. J. J. Grasser S. 148* J. Scheuchzer S. 149. Touristentum im 16. 
und 17. Jahrhundert S. 149. Justus Lipsius S. 150. Caspar Stein S. 150. Martin 
Zeiller S. i$o. Erstes Erwachen eines neuen NaturgefÜhls S. 151. Addison S. 152. 
Lady Montague S. 152. Gray S. 152. Fortdauer des früheren NaturgefÜhls S. 153. 
De Brosses S. 153. Keyßler S. 153. Haller S. 154. Gibbon 1755 S - x 55- Thomsons 
Schilderung Schottlands S. 156. Gleichzeitige Äußerungen von Engländern Über die 
Hochlande. Goldsmith S. 156. Johnson S. 156. Macpherson S. 157. Rousseau Haupt- 
urheber des Umschwungs im NaturgefÜhl S. 158. Seine Vorliebe für die Gebirgs- 
landschaft S. 159. Die neue Heloise S. 160. Ramond, der Entdecker der Schönheit 
der Pyrenäen S. 162. Die drei Zonen der Alpenlandschaft S. 162. Entdeckung von 
Chamouny S. 163. Saussure S. 163. Bourrit S. 163. Gibbon 1791 S. 164. Kant über 
das Erhabene in der Natur S. 164. Späte Darstellung der Hochalpen in der Landschafts- 
malerei S. 165. Allgemeine Anerkennung der Schönheit der Gebirgslandschaft zu Ende 
des 18. Jahrhunderts S. 165. Gegner des neuen NaturgefÜhls S. 166. Chateaubriand 1805 
S. 168. Der Gegensatz des antiken und modernen NaturgefÜhls durch den Gegensatz 
südlicher und nordischer Natur bedingt S. 169. Abneigung gegen das Hochgebirge bei 
Nordländern durch Gewöhnung an südliche Natur S. 169. Winckelmann 1755 — $6 
S. 170. Winckelmann 1768 S. 170. Naturgefühl der Spanier S. 171 — der Orientalen 
S. 172 — Araber S. 172 — Alt- und Neuperser S. 172. Paradies im Koran S. 173. 
Naturgefühl der Ostasiaten S. 173. Chinesen S. 173. Japaner S. 174. Mexikaner S. 174. 
Empfänglichkeit aller Völker für die Erscheinungen ihrer Landesnatur S. 174. An- 
merkung über die Anwendung des Wortes 'romantisch 1 auf Naturszenen S. 175» 

XIIL Drei Inschriften von Wagenlenkern. Von F. Drexel S. 179 — 196. 

XIV. Über den häufigen Gebrauch berühmter Künstlernamen. Von F. Drexel 

S. 197 — 202. 
XV. Diversium. Von F. Drexel S. 203 — 204. 
XVI. Gebäude für die Öffentlichen Schauspiele in Italien und den Provinzen. 

Von F. Drexel S. 205 — 257. 

A. Amphitheater S. 205—240. 

a. Der Westen S. 209 — 229. 

ItaliaS. 209. SiciliaS. 217. Sardinia S. 217. Dalmatia S. 218. Galliae S. 218 : 
a) Narbonensis S. 218. b) Aquitania S. 220. c) Lugdunensis S. 221. d) BelgicaS. 222. 
Germaniae S. 222. (Halbamphitheater S. 223). BritanniaS.225. Die Übrigen nörd- 
lichen Provinzen S. 226. Hispaniae S. 227 : a) Tarraconensis S. 227. b) Baetica 
S. 227. c) Lusitania S. 227. Mauretaniae S. 227. Numidla S. 228. Africa S. 228. 

b. Der Osten S. 230 — 240. 

AchaiaS. 230. Macedonia S. 230. MoesiaS. 231. Thracia S. 231. Kreta und 
die übrigen Inseln S. 231. Asia und die übrigen kleinasiatischen Provinzen S. 232. 
Syria mit Phoenicia und Palaestina S. 237. Aegyptus S. 238. Cyrenaica S. 238. 
Maße von 71 Amphitheatern S. 239. 

B. Zirkusanlagen im Westreich S. 240—242. 

Italia S. 241. Galliae S. 241. Hispaniae S. 242. Mauretania S. 242. Africa S. 242. 

C. Theater in Italien und den Provinzen des Westens S. 243—257. 

Italia S. 243. Sicilia S. 250. Sardinia S. 250. Dalmatia S. 250. Galliae S. 250. 
Belgica S. 253. Germaniae S. 253. Britannia S. 254. Hispaniae S. 254. Maure- 
taniae S. 255. Numidia S. 255. Africa S. 256. 

XVII. Kostüm und Bewaffnung der Gladiatoren. Von F. Drexel S. 258— 267. 
XVIII. Über die bei den römischen Venationen verwandten Tiere. Von F. Drexel 

S. 268—275. 

a. Von Einführung der Tierhetzen bis auf die Spiele des Scaurus, 186 — 58 v. Chr. 
S. 268. b. Von den Spielen des Scaurus bis zur Einweihung des Marcellustheaters, 
58—11 v. Chr. S. 271. c. Von der Einweihung des Marcellustheaters II v. Chr. bis 
auf die letzte Zeit S. 273. 



INHALT vn 



XIX. Zur Geschichte des kapitolinischen Agons S. 276 — 280. 

XX. Verbreitung der gymnastischen Wettkämpfe in den westlichen Provinzen. 
Von F. Drexel S. 281—283. 

XXI. Chronologisches zu Gellius S. 284 — 289. 

XXII. Chronologie der Gedichte des Martial und Statius S. 290 — 296. 

XXni." Die Steuern dreier römischer Provinzen. Von M. Bang S. 297 — 300. 

XXTV. Bezeichnung von Sübergerät nach dem Gewicht. Von M. Bang S. 30 1 — 303. 

XXV. Preise von Grabdenkmälern. Von M. Bang S. 304 — 309. 

XXVI. Das Latrinenwesen in Rom und den Provinzen. Von F. Drexel S. 3 1 o —3 1 1 . 

XXVII. Preise von Statuen. Von M. Bang S. 312 — 325. 

XXVIII. Marmor und Bronze als Statuenmaterial. Von M. Bang S. 326—327. 

Register S. 328 — 336. 



I 

AUSSTELLUNG VON 
NATURMERKWÜRDIGKEITEN ZU ROM 1 ) 

Merkwürdige und seltene Erzeugnisse der Natur und Kunst aus fremden 
Ländern wurden während der Republik besonders bei zwei Gelegen- 
heiten in Rom öffentlich gezeigt: bei Triumphen und bei Spielen« Seit 
Pompejus, der beim Mithridatischen Triumphe (61 v. Chr.) den Ebenholzbaum 
zur Schau tragen ließ (Plin. n. h. XII 20), wurden, wie Plinius sagt, auch Bäume 
in Triumphen aufgeführt, wie im jüdischen des Vespasian und Titus die Balsam- 
staude (ebd. m). Die bei Spielen zum Schmuck des Forum und Comitium 
und sonst verwendeten »Prachtstücke« [insigräa, Cic. Orat 134; vgl. Brut. 275; 
de orat m 96) waren zwar vorzugsweise Kunstwerke, doch auch Naturselten- 
heiten. So zeigte Scaurus in seiner Ädilität (58 v. Chr.) außer andern Merk- 
würdigkeiten (miracula) die von Joppe gebrachten Knochen des Ungetüms, dem 
Andromeda ausgesetzt war, stärker als die Rippen indischer Elefanten (Plin. n. h. 
IX 1 1, vgl. oben I 451). Auch Papageien und andere seltene Vögel scheinen 
zum Schmuck des Forums verwendet worden zu sein (Varro r. r. III 9, 1 7). 

In der Kaiserzeit wurde aus den Provinzen alles Wunderbare und Seltene, 
wenn möglich, an die Kaiser gesandt, die es öffentlich auszustellen pflegten, 
worauf es dann später an allgemein zugänglichen Orten, besonders in Tempeln, 
aufbewahrt wurde, deren Räume im Altertum überhaupt vielfach als Museen 
jeder Art dienten (vgl. z. B. Plin. n. h. IX 116. XII 94, oben I 447 f.), doch 
offenbar auch in eigens für diesen Zweck bestimmten Lokalen. Diese wie alle 
Merkwürdigkeiten hießen ntiracuia [¥\in. n. h. XXXVI 196; dicavitqiu ipse pro 
miraculo — obsianos IUI elephantes), Gauncrra (Pausan. IX 2 1 , 1 ), die Aufseher oi 
iiü toic Gaunacriv (Paus. VIII 46, 5); vgl. Philodems Rhetorik p. 59, 22 ff. Sudh. 
(dazu Gomperz, Hellenika I 293): f) <Juvr|0eia tüjv 'EXMjvwv ... [£]viot€ kcA 
Toi>c bf [to]Tc Ga[li]na<Jiv <xüvt[6]vouc Tcxvfrac xaXei. Von solchen Ausstel- 
lungen gaben die Acta diurna wohl oft Nachricht (Plin. n. h. X 5 ; vgl. Münzer, 
Beiträge zur Quellenkritik der Naturgesch. d. Plinius S. 378), aus welchen die 
Verfasser von Stadtchroniken und andre Schriftsteller schöpften: womit natürlich 
nicht behauptet wird, daß alle derartigen Notizen mittelbar oder unmittelbar 
aus dieser Quelle herrühren (Münzer a. a. O. S. 398 f.), da ja z. B. Plinius auch 
vieles als selbst gesehen berichtet. 

1) Vgl. 1 15, 4. 

Friedlaend«r, Darstellungen. Anhang. I 



2 I. AUSSTELLUNG VON NATURMERKWÜRDIGKEITEN [I. 49] 

Abnormitäten der menschlichen Bildung erregten vielleicht das meiste Inter- 
esse. Philodem. tt. cnmeiwv tca\ (XrmeiuKXeujv Col. 2, 3 (Gomperz, Herculan. 
Studien Heft I S. 4): k<x\ airdvioc b* ?<mv irap 3 fjpfv 2via, KaOdircp 6 T€v6fi€vos 
jmfonixut fivOpumofc] £v 'AXeEavbpctcfc KecpaXflv bk KoXo<r<n[K]?)V ?xwv, t<p fjs 
£<r<pupoK6iTOuv, &[v ijire&eficvuov ol Tapeixeuxcu, [ic]a\ 6 T<xfiii6€\{ &$ irapBtvot 
[£v 'EJuibaiipip KfiuciTa T€v6[nevofc dvfjp, ica\ 6 T€v6ficvos l[v Kp/j)nr| mjxÄv 
dienb Ka\ T€Tr[apdK]ovxa tois £k t&v €Öp€9£[vTUJv] öatwv tfrmeiou^voic, ?t[i 
b' oö]s tv 'Aiaiipci iruTHafoüc b[€iicvü]ovaiv, äji&ei fc* äva[X]6to[uc toTs oöc] 
*Avtujvios vOv ^ c Ypia[s (Ivptas?) Uo]\xia[aro . . .]; vgl. das Vorwort des Her- 
ausgebers S. XIX ; die Pygmäen in Akoris (in Mittelägypten, am östlichen Nil- 
ufer) erinnern an die Pygmäendarstellungen auf ägyptischen Landschaften (vgl. 
oben I 427 f.). Solche Monstrositäten konnten wohl nirgends mit besserem 
Erfolge zur Schau gestellt werden als in Rom, in einer Zeit, wo dort nicht nur 
Zwerge in vornehmen Häusern gern gehalten wurden, und man diese Ver- 
krüppelung selbst durch künstliche Vorrichtungen herbeiführte (Ps.-Longin. de 
sublim. 44, 5: xd YXwrrficoiüia, Iv o\<; oi mrniaioi, KaXoujievoi bt vävoi, rpl- 
qpovrai; vgl. Jahn, Archäol. Beitr. S. 430 fr. Marquardt, PrivatL* 152, oben II 
369), sondern auch Riesen und Riesinnen (Martial. VII 38); wo echte »Kretins« 
einen hohen Preis hatten (Martial. VIII 1 3) und Hermaphroditen äußerst beliebt 
[in delictis habiti Plin. n. h. VH 34) waren; wo es in Rom einen Markt für Miß- 
geburten gab, auf dem Liebhaber Exemplare von wadenlosen, kurzarmigen, 
dreiäugigen, spitzköpfigen Menschen fanden (Plut de curios. 10: düorrep oöv tv 
Ttb^ij nvfcs Td^ TP<*<pdt k<x\ toöc dvbpidvrocc Ka\ vfj Ha Ta k&XXti ti&v ifcvfwv 
Tra(buiVKa\TuvaiKttiviv|ünib€v\X6TipTi84(üi€VOi,iT€p\ Tf|VTiövT€pdTwv dtopdv 
dva0Tp£q>ovTai, touc (kvrmouc Ka\ xou<^ TaXedYKwvac Ka\ toüs Tpioq>6dXfiouq 
Ka\ toö^ <TTpou8oK€<pdXou^ KaT<x|iavGdvovT€c Ka\ ZtitoOvtcc, cT ti ttT^vviiTai 
(Xü^iktov elbos KdiroqxbXiov -r£pac ktX. ; vgl. advers. Coloten 3 p. 1 108 D düoircp 
dtopdv f| TTivaxa T€p(4xujv auvriOiicri t6 ßißX(ov). 

August stellte einen Knaben aus Lycien öffentlich aus, der nicht volle 2 Fuß 
groß war, 1 7 Pfund wog und dabei eine Stentorstimme hatte (Suet. Aug. 43, 3). 
Dagegen gab es damals auch zu Rom (nach Papirius Fabianus) einen Knaben 
von dem Wuchs eines sehr großen Manns, der aber bald starb, wie allgemein 
vorausgesagt worden war (Senec. ad Marc 23, 5). Unter Claudius Regierung 
wurde ein Riese von 9 3 / 4 Fuß (= 2,88 m) gezeigt, der aus Arabien gebracht 
war, namens Gabbara (auf arabisch Riese ; Plin. n. h. VII 74). Vielleicht ist es 
derselbe, von dem Columella r. r. m 8, 2, der ihn einen Juden nennt, sagt, daß 
er vor kurzem bei einer Pompa circensis gezeigt worden sei, größer als die 
größten Deutschen. Auch Tiberius erhielt von Artabanus unter andern Ge- 
schenken einen sieben Ellen (= 3,10 m) langen Juden, namens Eleazar, der 
bid t6 |h£y€0os Htas frireicaXeiTO, Jos. Änt. J. XVIII 103. Dergleichen Natur- 
seltenheiten wurden in Rom auch nach ihrem Tode zur allgemeinen Kenntnis- 
nahme aufbewahrt. Plinius sah Körper von Zwergen in Behältern; ein Riese 
und eine Riesin (Posio und Secundilla) aus der Zeit Augusts waren in einer 
Gruft in den Sallustischen Gärten zu sehen, VII 75. Zu Claudius wurde aus 
Antiochia am Mäander ein Wesen gebracht, das bis zum Alter von 13 Jahren 
Jungfrau gewesen war und sich dann, im Jahre 45, kurz vor der Hochzeit, in 



[I. so] I. AUSSTELLUNG VON NATURMERKWÜRDIGKEITEN 3 

einen Mann verwandelt hatte; zu Nero im Jahre 61 ein Kind mit vier Köpfen, 
dessen übrige Glieder entsprechend gebildet waren. Phlegon Mir. 6. 20. 

Wenn merkwürdige und seltene Tiere nach Rom kamen, stellte sie August, 
der an ihrem Anblick eine besondere Freude hatte (Aur. Vict. epit. 1, 25), auch 
äußer den Spielen an verschiedenen Orten aus: eine Schlange von 50 Ellen 
Länge auf dem Comitium, ein Rhinozeros bei den Saepta, einen Tiger auf der 
Bühne (Sueton. Aug. 43, 4). Auch die aus Indien (angeblich vom König Porös) 
erhaltenen Geschenke (einen Menschen ohne Arme, große Nattern, eine 
Schlange von zehn Ellen Länge, eine Flußschildkröte von drei Ellen, ein Reb- 
huhn, das größer war als ein Geier — vielleicht *the jungle fawl which Forbes 
describes as having sotnething ofthe plumage ofthe partridge*, O. de Beauvoir 
Priaulx, Journ. ofthe R. Asiatic soc. XVII 1860 S. 317, 27) hatte er allem An- 
schein nach öffentlich ausgestellt (Strabo XV 719: töv T€ £p|iäv, dirö tujv 
(fiiiwv dq>ir)pTi|üi4vov £k vniriov tou<; ßpaxiovocc, ftv ica\ f|M€iC eTbojucv). Den 
Vogel Phönix ließ Claudius im Jahre 47 auf dem Comitium sehen, doch nie- 
mand zweifelte an seiner Unechtheit, Plin. n. h. X 5 ; vgl. Tac. A. VI 28. Cass. 
Dio LVIII 27, 1. Auch die weißen Hirsche, die Pausanias in Rom bewunderte 
(VIII 17, 4), scheinen öffentlich zur Schau gestellt gewesen zu sein; dagegen 
die IX 21, 1 ff. erwähnten Tiere wird er im Amphitheater oder in Käfigen ge- 
sehen haben. Das Modell von dem Gerippe eines Walfisches, der sich ins 
Mittelmeer verirrt hatte, zeigte Sever im Amphitheater, wie es scheint, bei 
Schauspielen; 50 Bären hatten darin Platz. Cass. Dio LXXV 16, 5. 

So hatte auch Tiber einen Balken von dem längsten bis dahin gesehenen 
und noch zu Plinius Zeit nicht übertroffenen Baumstamme öffentlich ausgestellt. 
Er war von einer in Rätien gefällten Lärche bei einer gleichmäßigen Dicke von 
2 Fuß (= 0,59 m) 120 Fuß (= 35,5 m) lang. Er wurde bei dem Bau von Neros 
Amphitheater verwendet. Agrippa hatte in einer Säulenhalle der von ihm ge- 
bauten Saepta ebenfalls der Merkwürdigkeit halber einen Balken liegen lassen, 
der 20 Fuß kürzer und 1 7« dick war, Plinius hatte ihn noch gesehen. Plin. n. h. 
XVI 200 f. Auch Wunder des Pflanzenreichs wurden gewiß regelmäßig aus 
den Provinzen an die Kaiser gesandt. An August schickte ein Prokurator aus 
Byzacium in Afrika beinahe vierhundert aus einem Weizenkorn entsprossene 
Keime; aus derselben Gegend erhielt Nero 360 Halme aus einem Korn, Plin. 
n. h. XVIII 94 f.; aus Cyrenaica ein Exemplar der Pflanze Silphion, eine große 
Seltenheit, da sie damals dort völlig ausgegangen war, ebd. XIX 39. Unter 
Nero wurde in Kappadocien ein durchscheinender Stein von der Härte des 
Marmors entdeckt, den man bald darauf auch in Rom kennen lernte; denn 
Nero baute daraus einen Fortunatempel im Goldenen Hause, in dem es bei 
Tage, auch wenn die Türen geschlossen waren, hell blieb, ebd. XXXVI 163. 
Galen sagt (XIV 25): KOjiiCo^viuv fäp toi£ ßcttfiXeOcri tujv dpfcrruiv dwavxa- 
x69ev und erwähnt p. 64, daß die kostbarsten Medikamente aus den fernsten 
Ländern in den kaiserlichen Magazinen (diro6rJK0ci{) in Masse lagerten. 

Mehr als einmal erregten auch Vielfresser das allgemeine Interesse der Stadt 
Rom. »Unter Nero«, berichtet der Chronist vom Jahre 354 (Mommsen, Chron. 
min. 1 146), »war ein Vielfresser, von Geburt ein Alexandriner, Namens Arpo- 
cras, welcher folgendes Wenige verspeiste {tnanducavit pauca) : ein gekochtes 



I. AUSSTELLUNG VON NATURMERKWÜRDIG REITEN [I. 51] 



Wildschwein, eine lebendige Henne mit ihren Federn (cum suas sibi pinnas), 
100 Eier, 100 Pinienkerne, Schuhnägel, Glasscherben, Reiser von einem Palmen- 
besen, 4 Tischtücher, ein saugendes Ferkel, ein Bündel Heu — und dann noch 
hungrig zu sein schien»« Man erzählte sich, daß Nero gewünscht habe, ihm 
lebendige Menschen zu zerreißen und zu fressen zu geben (Suet. Nero 37, 2). 
Ein andrer ließ sich unter Alexander Severus sehen, von dem derselbe Chronist 
(ebd. I 147) ähnliches berichtet, ein dritter namens Phagon unter Aurelian, der 
an ihm sehr großes Gefallen fand, Hist. aug. AureL 50, 4. Vgl. Mommsen, 
Ges. Schrift. VII 572, 4. 

Auch Beispiele unerhörter Fruchtbarkeit und vielfältiger Geburten wurden in 
Rom gern zur öffentlichen Kenntnis gebracht und zogen die Aufmerksamkeit 
auf sich. Pompejus stellte in seinem Theater Bilder von merkwürdigen Per- 
sonen auf; darunter befand sich das einer Frau, Eutychis aus Tralles, die 
30 Kinder geboren, von denen 20 ihre Leiche zum Scheiterhaufen getragen 
hatten, Plin. n. h. VII 34. Die Acta vom 11. April 5 v. Chr. berichteten, daß 
ein Bürger aus Fäsulä mit 8 Kindern, 27 Enkeln, 8 Enkelinnen, 18 Urenkeln 
auf dem Kapitol geopfert habe, ebd. VII 60; was freilich wohl nicht bloß als 
Merkwürdigkeit mitgeteilt wurde, sondern um der immer zunehmenden Ehe- 
und Kinderlosigkeit ein leuchtendes Beispiel entgegenzuhalten. Unter Diocle- 
tian und Maximian, berichtet die Stadtchronik von 354 (Mommsen, Chron. min; 
I 148}, gebar in Rom eine Frau, namens Irene, Vierlinge, drei Knaben und ein 
Mädchen. Eine Sklavin Augusts gebar Fünflinge, was nach ihrem bald darauf 
erfolgten Tode auf Augusts Befehl auf ihrem Grabdenkmale angegeben werden 
mußte (GelL X 2, 2). In den Digesten wird wiederholt erwähnt, daß unter 
Hadrian eine Frau aus Alexandria nach Rom gebracht worden sei, namens 
Serapias, die vier Kinder in einer Geburt und 40 Tage darauf das fünfte zur 
Welt gebracht hatte; Paulus Dig. V 4, 3: Sed et Laelius scribit se vidisse in 
Palatio mulierem liberam, quae ab Alexandria perducta est, ut Hadriano 
ostenderetur, cum quinque liberis, ex quibus quatuor eodem tempore enixa 
dicebatur, quintum post diem quadragesimum\ nach Gajus war es nur eine ein- 
zige Geburt, XXXIV 5, 7 (8) pr.; dasselbe gibt Julianus an, der hinzufügt: et 
hoc et in Aegypto affirmatum est mihi, XL VI 3,36. Es ist doch wohl dieselbe 
Frau, von der Phlegon von Tralles berichtet, daß ihre Kinder auf Kosten des 
Kaisers Trajan erzogen wurden (Mirab. 29): koc\ 4t£poc tic Yuvf| K(n -ä rrjv aö-rfjv 
tt6Xiv irlvre Iv tv\ TOKextu äireicuTi<X£ iraifcas, xpeic \xtv äppevat, büo bfe OrjXefa^* 
oö{ 6 auTOKpomjup Tpcftavöt dic&euaev &k twv ibfwv xPImÄtuiv TptcpeaBar 
tt&Xiv fc£ \itx iviauxöv äXXa Tpia i\ aÖTf| fvvf\ Steicev. Derselbe Phlegon erzählt 
auch, daß er einen Mann von 136 Jahren gesehen, der zum Kaiser Hadrian ge- 
bracht worden war (Macrob. 4): OaOcnoq Katoapot boüXot &k Zaßivaiv dirö 
irpamopCou TTaXXavriavoO lxr\ p\?, 8v Ka\ auxös £Oea<ydjuriv, 'AbpiavCö tüj 
Kaiaapi imbeixOdvTa 1 ). Ein Freund des Neuplatonikers Porphyrius hatte 
einen Sklaven, der die Sprache der Vögel verstand, aber diese Gabe verlor durch 
seine Mutter, die aus Furcht, daß man ihn als Geschenk an den Kaiser senden 
möchte, die Ohren des Schlafenden verunreinigte (Porphyr, de abstip. III 3). 

> • . * 

1) -Dieser Mann soll auch im Talmud vorkommen, Grünwald, JUd. Zentralbl. IX S. 20. 



[I. 52, 53] I- AUSSTELLUNG VON NATURMERK WÜRDIGKEITEN 5 

Hin und wieder wurden aus dem weiten Reich auch angebliche Geschöpfe 
aus der Fabelwelt nach der Hauptstadt gebracht. Solche scheint Manilius ge- 
sehen zu haben, der (unter Tiberius) die »häufig mit Menschengliedern zu- 
sammengewachsenen Tierleiber« erwähnt (Astron. IV ioif.). Aus der afrika- 
nischen Wüste, in der es wilde Männer und Weiber geben sollte, welche letzteren 
einige für die Veranlassung der Medusensage hielten, soll einmal ein wilder 
Mann nach Rom gebracht worden sein; wann, ist nicht zu ermitteln, denn Pau- 
sanias, der es erzählt, beruft sich dabei auf einen unbekannten Schriftsteller, 
den Karthager Procles, Sohn des Eucrates, Paus. II 21, 6. Unter Claudius 
wurde ein Hippocentaur auf einem Berge in Arabien lebendig gefangen und 
mit anderen Geschenken für den Kaiser an den Präfekten von Ägypten ge- 
sandt; dort starb er, wurde künstlich konserviert (in melle Plin. n. h. VII 35, 
der denselben Fall kurz erwähnt), nach Rom befördert und im kaiserlichen 
Palast gezeigt. Phlegon beschreibt ihn ausführlich (Mirab. 3 4) und sagt Mirab. 3 5 , 
wer es nicht glauben wolle, könne ihn noch sehen: diroKeixai f dp £v toic öpioit 
(8pT0i{ Xylander, 6ppeioiq Meursius, 9ii<raupoic Bochart) toO auTOicpdTOpoc 
TeTapixeujm£voq ä>t irpoeinov. Ein Satyr wurde an Constahtin nach Antiochia 
gesandt (sale infuso> — ut ab imperatore videretur, Hieronym. Vit. Paul. Erem. 
8, Migne lat. XXIII 23). Von Tritonen und Nereiden scheint man bis auf 
Plinius Zeit nur Berichte erhalten zu haben. An Tiber kam eine Gesandtschaft 
aus Olisippo (Lissabon) mit der Meldung, daß dort ein Triton in bekannter 
Gestalt in einer Höhle auf einer Muschel blasend gesehen und gehört worden 
sei; und eine Nereide, gleichfalls in bekannter Gestalt, aber auch an der mensch- 
lichen Hälfte des Leibes mit Schuppen bedeckt, war an demselben Ufer ge- 
sehen worden, und die Bewohner hatten weithin das klägliche Gewinsel der 
sterbenden Nixe gehört. Dieses und ähnliches berichtet Plin. n. h. IX 9. Doch 
Pausanias sah einen Triton zu Rom (&v roi£ c Puu|üia{u>v OaO^acri IX 21, 1) mit 
grünen Haaren, Schuppenhaut, großen Zähnen, die Hände mit muschelartigen 
Schalen bedeckt, in einen Fischschwanz endigend. Noch Poggio berichtet von 
der Erscheinung eines Tritonen, von dem er ein hölzernes Modell in Ferrara 
sah (Burckhardt, Kultur der Renaissance II 7 251 f.). 

Eine angebliche Reliquie aus der Heroenzeit erhielt Tiber im Jahre 17, als 
ein Erdbeben Kleinasien und mehrere andre Gegenden erschütterte. An Orten, 
wo die Erde auseinanderklaffte, fand man Überreste von Körpern von unge- 
heurer Größe und schickte zur Probe von einem derselben einen Zahn, der 
mehr als einen Fuß maß, an Tiber, mit der Frage, ob man den ganzen Heroen 
nachsenden solle. Tiber wollte die Ruhe der Heroen im Grabe nicht stören, 
doch ließ er, um sich von ihrer Größe eine Vorstellung zu machen, von einem 
Geometer, namens Pulcher, das Modell eines Kopfs in der Größe anfertigen, 
die er nach der Länge des Zahns gehabt haben mußte; dann schickte er den 
Zahn zurück. Phlegon Mirab. 14. 

Ein neues Interesse gewannen diese Naturwunder in der christlichen Zeit 
Sie bewiesen die Möglichkeit von manchem, was die Bibel berichtete. Daß die 
Engel mit sterblichen Weibern Riesen erzeugten, war keineswegs unglaublich, 
wie Augustinus bemerkte, da kurz vor der Zerstörung Roms durch die Goten 
(410) dort unter allgemeinem Zulauf eine Riesin gezeigt worden war, deren 



6 I. AUSSTELLUNG VON NATURMERKWÜRDIGKEITEN 

Eltern übrigens nur die gewöhnliche Größe hatten. Auch hatte Augustinus 
bei Utica am Strande den Backenzahn eines Riesen gesehen (Augustin. de civi- 
tate dei XV 9. 23). Sodann waren die Naturwunder der Wirklichkeit und der 
Sage, wie Pygmäen, Skiapoden, et cetera hominum vel quasi hominum gener a^ 
quae in maritima platea Carthaginis muswo picta sunt, ex libris deprompta 
velut curiosiaris historiae (C. D. XVI 8), von Ungläubigen benutzt worden, 
um die Möglichkeit der Abstammung aller Menschen von Adam zu bestreiten. 
Obwohl Augustinus vieles Derartige für erdichtet hielt, so bemerkt er, daß es 
allerdings wunderbar gestaltete Menschen gebe, die deshalb aber doch Men- 
schen seien und deshalb auch von Adam abstammen. Bei Hippo Diarrhytus 
sei ein Mensch mit fast mondförmigen Füßen und nur zwei Zehen an jedem, 
auch ähnlichen Händen. Hermaphroditen gebe es unzweifelhaft, obwohl selten. 
Ferner hatte vor mehreren Jahren, aber noch zu seiner Zeit, im Orient ein 
Mensch gelebt mit zwei Köpfen, doppelter Brust und vier Händen, aber von 
der Mitte des Leibes ab nur mit einfachen Gliedern, und zwar so lange, daß 
viele dahin gereist waren, um ihn zu sehen. G. W. 



II 

ÜBER GESANDTSCHAFTEN AUS 
FREMDEN LÄNDERN AN RÖMISCHE 

KAISER 1 ) 

von ULRICH KAHRSTEDT. 

Es kann sich hier nicht darum handeln, ein Verzeichnis all der Gesandt- 
schaften zu geben, die nach unsrer Kenntnis von reichsfremden Staaten 
und Stämmen im Laufe der Jahrhunderte römischer Kaiserherrschaft 
am Hofe erschienen sind. Es ist selbstverständlich, daß ein großer Staat mit 
sehr ausgedehnten Landgrenzen in drei Erdteilen eine Fülle von Berührungs- 
punkten mit den verschiedensten fremden Völkern hat und daß, zumal er das 
einzige Kulturzentrum in Sichtweite der meisten von ihnen darstellte, ständig 
eine politische Verbindung zwischen diesen und Rom bestand. Die Mehrzahl 
der Gesandtschaften ist freilich nicht über die lokalen Zentraldienststellen hin- 
ausgekommen. Es lag auf der Hand, daß z. B. die Beschwerden und Wünsche 
transrhenanischer Stämme in Mainz oder Köln entschieden und nicht bis vor 
die Reichsregierung geschleppt wurden. Gleichwohl müssen ungezählte Mis- 
sionen auch hier bis zu dieser gelangt sein, und es ist selbstverständlich, daß 
die große Mehrzahl von ihnen in unserer Überlieferung spurlos verschwunden 
ist: es knüpften keine erwähnenswerten historischen Vorgänge an sie an. 

Die uns zufällig bekannten Gesandtschaften britischer, germanischer, süd- 
russischer Staaten und Stämme, die gleichartigen nordarabischer und nord- 
afrikanischer Beduinen und Oasenbewohner, vor allem die Missionen der 
parthischen Regierung (später der Sassaniden) und der im Kreis der römisch- 
parthischen Politik stehenden Staaten (Armenien, Osrhoene, Albanien, Iberien, 
Atropatene usw.) aufzuzählen, hieße die Geschichte der auswärtigen Politik des 
Kaiserreichs in Umrissen darstellen. Hier kann nur die Rede davon sein, die 
Gesandtschaften ferner exotischer Völker namhaft zu machen, d. h., da alles 
übrige in den Rahmen der laufenden Politik gehört, die diplomatischen Verbin- 
dungen mit Indien, China und Südarabien, mit dem die gegenüberliegende 
afrikanische Küste zusammengeht, zu verfolgen. 

Die Zahl der hier zu erwähnenden Einzelfalle ist überraschend gering: der 
ständige diplomatische Konnex endete meist sehr nahe jenseits der Reichs- 

i) Vgl. 1 18, 7. 



8 IL GESANDTSCHAFTEN AUS FREMDEN LÄNDERN [I. 54-61] 

grenzen; die Verbindung mit Übersee war, abgesehen von Gebieten wie 
Britannien vor Claudius und dem bosporanischen Staat, sehr sporadisch und 
bleibt es auch, wenn wir zwischen die uns bekannten Gesandtschaften andre in 
Vergessenheit geratene einschieben. 

Augustus meldet im Mon. Ana 31 (vgl. Suet. Aug. 21, 3), daß »oft« Ge- 
sandtschaften aus Indien zu ihm gekommen seien. Im einzelnen kennen wir 
genauer eine solche durch Cass. Dio LIV 9, 8 f., die Augustus auf Samos 
20 v. Chr. empfangen hat 1 ), eine frühere in Tarraco (also 26 oder 25 V. Chr.) 
erschienene ist schlechter überliefert (Oros. VI 21, 19 f. Hieron. chron. öl. 188), 
aber auch leidlich gesichert. Strabon erwähnt ohne Datierung XV 686. 719 
(= Nie. Dam. frg. 91) eine Gesandtschaft mit reichen Geschenken, die Auf- 
zählung weicht aber von der des Cassius Dio 20 v. Chr. so weit ab, daß eine 
Identifizierung unsicher erscheint Da Dio einen Tiger als Geschenk nennt 
und der erste Tiger in Rom 1 1 v. Chr. ausgestellt wurde (Plin. n. h. VIII 65), 
da ferner Sueton (Aug. 43, 4) nur einen in Rom unter Augustus ausgestellten 
Tiger zu kennen scheint, kann dies auf eine weitere Gesandtschaft in dieser 
Zeit deuten, die Dio dann mit der vom Jahre 20 v. Chr. verwechselt hat. 

Die Annahme von 3 oder 4 indischen Gesandtschaften genügt, um Augustus 
stolze Angabe im Mon. Anc. verständlich zu machen: es ist begreiflich, daß er 
den Mund etwas voll nimmt und von »oft« gekommenen Missionen spricht. 

Eine andre Frage ist, ob alle diese Gesandtschaften wirklich politische Mis- 
sionen darstellen; die von Nicolaus Damascenus erwähnten und von ihm selbst in 
Antiochia gesehenen Inder behaupteten, von einem über 600 Fürsten gebietenden 
König Porös (oder Pandion) geschickt zu sein, aber ihr Auftreten in Begleitung 
einer Mißgeburt, die nebst allerhand Reptilien als Geschenk dienen soll, sowie 
ihre auf dem in Indien unbekannten Pergament geschriebene Beglaubigung 
(Beauvoir Priaulx, Journ. As. Soc. XVII 1860 S. 309) machen mißtrauisch. Auch 
die Angabe, daß die drei Gesandten die einzig Oberlebenden einer größeren 
Schar gewesen sein wollen, ist auffallend. Sie soll doch wohl darlegen, daß die 
Gesandten eine ganz unerhörte Reise durch endlose unbekannte Länder und 
Meere zu machen gehabt hatten. Es ist nicht recht glaublich, daß ein indischer 
Monarch seine Gesandten so mangelhaft versorgt in einer Zeit, wo ein ständiger, 
sehr intensiver Seeverkehr zwischen Ägypten und Indien hin und her geht. 
Unter Augustus war, wie Strabon II 1 18 betont, die Reise nach Indien nichts 
Unerhörtes mehr. Der Gedanke, daß es sich hier um Gaukler handelt, die sich 
ein größeres Ansehen geben wollten, liegt nahe. Daß man sie am Hofe ernst 
nahm, beweist nicht das Gegenteil; noch 1895 hat eine Gruppe abessinischer 
Betrüger sich in Petersburg als Gesandtschaft Meneliks ausgegeben und sich 
wochenlang als amtliche Vertretung eines souveränen Staates behandeln lassen. 
Versuche, die Dynasten festzustellen, von denen die verschiedenen Gesandt- 
schaften ausgingen (z. B. Mommsen, Res gest. d. Aug. a S. 133. Lassen, Ind. 
Altertumsk. HI 5 9 f. Beauvoir Priaulx a. a. O.) sind unter solchen Umständen 
gegenstandslos, zumal unsre Kenntnis des indischen Staatensystems der Zeit 

1) Diese wird auch gemeint fein bei Hont carm. saec. 65; carm. IV 14, 41; desgl. Florus II 
34, 62, da er mit Horax die Übertreibung einer chinesischen Gesandtschaft gemein hat, also von 
diesem irgendwie abhingt. 



[I, S4-6i] H. GESANDTSCHAFTEN AUS FREMDEN LÄNDERN 9 

unvollkommen ist (vgl. zu der ganzen Frage der indischen Gesandtschaften 
Letronne, Mem. Acad. inscr. X 2 26 ff.). 

Die letzteren Fragen liegen etwas klarer bei der Gesandtschaft, die Claudius 
nach Plin. n. h. VI 84 empfing: sie kam aus Ceylon. Vermittelt wurde ihre 
Entsendung durch einen Freigelassenen des Annius Plocamus, Pächters der 
Seezölle am Roten Meer. Daß', wie Plinius meldet, dazu nötig war, daß der 
Freigelassene nach Ceylon verschlagen wurde, scheint unglaublich; Ceylon 
lag schon geraume Zeit in Sichtweite des römischen Handels und war kein un- 
bekanntes, wildes Gestade. Ihre märchenhaften Erzählungen mögen durch die 
mangelhaften Sprachkenntnisse des als Dolmetsch dienenden Libertinen zu er- 
klären sein, immerhin mag zur Beurteilung dieser Mission daran erinnert werden, 
daß auch die abessinische »Gesandtschaft« nach Petersburg 1895 durch einen 
in das Land verschlagenen russischen Kaufmann veranlaßt wurde, der sich am 
Hofe wichtig machen wollte (zu der Gesandtschaft an Claudius vgl. Beauvoir 
Priaulx, Journ. As. Soc. XVIII 1 86 1 S. 345 ff. Lassen a. a. O. S. 6 1 . 2 1 6. Emerson 
Tennent, Ceylon I 532). 

Später hören wir von indischen Gesandtschaften an römische Kaiser unter 
Trajan (Cass. Dio LXVIII 15, 1), Hadrian (Hist Aug. Hadr. 21, 14: Baktrien), 
Antoninus Pius (Vict Epit. 15, 4: Indien, Baktrien, Hyrkanien), Elagabal (Stob. 
Ecl. I 3, 56), Aurelian (Hist. Aug. Aurel. 42, 10: Indien, Baktrien), Constantin I. 
(Euseb. Vita Const. IV 7. Porphyr, de abst. IV 17), Julian (Amm. Marc. XXII 
7, 10: Dwi et Serendivi\ Serendib ist Ceylon, die Dwi sind unsicher) 1 ). Ob und 
wieweit dazwischen Gesandtschaften durch die lückenhafte Überlieferung in 
Vergessenheit geraten sind, steht dahin; da die erwähnten solchen Eindruck 
machten, daß sie sich bis zu den entlegensten Epitomatoren hindurchretteten, 
werden es kaum viele gewesen sein. 

Gesandtschaften aus China sind nicht sicher belegt. Horat. carm. III 29, 27. 
IV 15, 23, danach Florus II 34, 62 sprechen unter Augustus zwar von Seres 
neben den Indern, aber Augustus im Mon. Anc. schweigt von ihnen und 
hätte sie sicher in seinen Aufzählungen am allerwenigsten übergangen. 
Auch haben die Handelsbeziehungen Chinas nicht bis an das Mittelmeer 
gereicht. Die Annalen der älteren Han- Dynastie Kap. 88 (vgl. oben I 369 f.). 
sprechen als von den äußersten Fühlern chinesischer Macht von Einbringung 
von »Tributen« aus Margiana 87 n. Chr. (§17) und Parthien 101 n. Chr. (§21), 
sowie von dem Vorstoß eines chinesischen Kommissars bis an den Indischen 
Ozean (§ 19 f.). Dieselbe Chronik betont (§ 32) die Unmöglichkeit, mit Ländern 
jenseits Parthiens Beziehungen anzuknüpfen, und die Beschreibung des römi- 
schen Orients — der Leg. Aug. pr. pr. in Antiochia ist ihr deutlich das Haupt 
des großen Staates im Westen — , namentlich die Schilderung der Art, wie man 
dort Gesandte empfängt (§31), zeigt durch Inhalt und Färbung deutlich, daß 
keine chinesische Gesandtschaft von alledem berichtet hat. Demgemäß wird 
die römische Gesandtschaft unter dem Kaiser Antun (Marcus Aurelius Anto- 
ninus) 166 n.Chr. (§ 33) ausdrücklich als erste unmittelbare Verbindung mit 
jenem Reiche hervorgehoben. Danach werden auch die Seres in der Aufzäh- 

1) Letronne a. a. O. S. 234. Reinaud, Journ. asiat.- 1863, 401. 



io IL GESANDTSCHAFTEN AUS FREMDEN LÄNDERN [L 54-61] 

lung von Gesandten an Aurelian (Hist. Aug. Aurel. 41, 10) nur mit Vorsicht 
aufzunehmen sein. 

Gesandte aus Südarabien begegnen Ende des 1. Jahrb. n. Chr. (Plin. n. h. 
XU 57); genaueres gibt der PeripL m. Er. 23, der von häufigen Gesandtschaften 
der Sabaer und Homeriten an die Kaiser redet. 

Zu ihnen zu stellen sind die Vertreter des Reiches von Axum, Abessinien, 
die unter Aurelian (Hist Aug. Aurel. 41, 10) namhaft gemacht werden und die 
auch in den von Euseb. vit Const. IV 7 unter Constantin genannten Äthiopen 
stecken mögen, zumal sie von den an Ägypten grenzenden und mit Rom in 
engerem Konnex stehenden Blemmyern geschieden werden. In noch späterer 
Zeit wird Cod. Theod. XII 2, 12 ein häufigerer Gesandtenverkehr mit den Axo- 
miten und Homeriten vorausgesetzt. 



in 

ÜBER DIE BEVÖLKERUNG ROMS 1 ) 

von ULRICH KAHRSTEDT. 

Literatur: Zumpt, Abh. Berl. Akad. 1840, 59 fr. Marquardt StV. II* 
120 ff. Wietersheim, Gesch. d. Völkerwand. I 1, 242 fr. Pöhlmann, Die 
Übervölkerung der antiken Großstädte 2 2 ff. Beloch, Bevölkerung d. 
griech.-röm. Welt 392 ff.; Jahrb. f. Nationalök. u. Stat. 3. Folge XIII 1896 S. 329. 
Seeck ebd. 169. Gardinali, Diz. epigr. III 309 fr. Ferner vergleiche die Dar- 
stellungen der Kaiserzeit und der römischen Topographie. Die älteren, nicht 
auf moderner wissenschaftlicher Grundlage aufgebauten Schätzungen siehe bei 
Beloch, Bevölkerung a. a. O. 

Quellen: Wir haben zur Berechnung der Bevölkerungszahl Roms vier ver- 
schiedene Gruppen von Angaben, 1. solche, die die Kopfzahl von bestimmten 
Kategorien der hauptstädtischen Bevölkerung geben, 2. solche über den Ge- 
treidekonsum der Hauptstadt, 3. solche über die Zahl der Wohnungen und 
Häuser, 4. solche über den Umfang der Stadt, die durch Flächenmessungen er- 
gänzt werden können. 

Von den überlieferten Kopfzahlen sind die wichtigsten die der Getreide- 
empfanger bei den Frumentationen und der Congiarienempfänger, die sich 
(Beloch, Bev. 400) decken, und von denen wir aus cäsarisch-augusteischer Zeit 
eine ganze Reihe besitzen. Bei der Begründung von Cäsars Alleinherrschaft 
erhielten 320000 Menschen Getreidespenden (Suet. Caes. 41, 3. Plut. Caes. 55), 
welche Zahl durch den Diktator auf 150000 herabgesetzt wurde (Suet. Plut. 
a. a. O. Liv. per. CXV). Augustus meldet (Mon. Ancyr. 15), daß bei seinen 
Spenden in den Jahren 44, 29, 24, 23, 12 v. Chr. niemals weniger als 250000 
Menschen bedacht worden seien, im Jahre 5 v. Chr. sogar wieder 320 000. Im 
Jahre 2 v. Chr. wurde wieder ein Abbau begonnen und die Zahl auf reichlich 
200000 fixiert, um bei der Spende anläßlich des Testaments des Augustus 
14 n. Chr. wieder 150 000 zu betragen, wie sich aus den Zahlen bei Suet. Aug. 
101, 2 f. Tac. Ann. I 8 (vgl. Beloch 398, 7) ergibt. 

Aus den nächsten Generationen fehlt jede Angabe, erst aus Cass. Dio 
LXXVI 1 , 1 erfahren wir, daß 203 einschließlich der Truppen in Rom 2 Mill 
Sesterzen aufgewandt werden mußten, um jedermann ioooSesterzen zukommen 
zu lassen. Das setzt 300000 Empfanger voraus, also ohne die Soldaten trotz 

1) Vgl. 1 18, 8 und 27, 3. II 370, i. 



1 2 in. ÜBER DIE BEVÖLKERUNG ROMS [I. 61-72] 

Herod. III 13, 4, der von 40000 Mann redet, doch wohl gegen 180000 Zivil- 
personen. 

Die erste Frage ist nun die, wieweit der von den genannten Zahlen bezeich- 
nete Kreis sich erstreckt. Fest steht, daß es sich nur um männliche römische 
Bürger handelt, und zwar einschließlich der Libertini (Cass. Dio XXXIX 24, 1). 
Dagegen ist die untere Altersgrenze der Bedachten strittig gewesen, man hat 
nach den Angaben Cass. Dio LI 21, 3. Suet Aug. 41, 2 für die augusteischen 
Spenden die Knaben bürgerlichen Geblüts vom vollendeten 10. Jahre an ein- 
beziehen wollen. Das ist nach den Darlegungen Hirschfelds, Philol. XXIX 1869 
S. 6 ff. nicht richtig. Die Zahl ist vielmehr die der erwachsenen männlichen 
cives Romanu 

Es bleibt die zweite Frage, wieweit die betreffende Bürgermasse sich territorial 
verteilt, ob sie nur die Bevölkerung der eigentlichen Stadt umfaßt oder auch 
die Campagnolen, soweit sie sich eintragen ließen und den Weg nach Rom 
nicht scheuten, wie Beloch, Bevölk. S. 399 f. 402 f. annimmt Auch die letztere 
Hypothese ist abzulehnen: Augustus spricht (Moii. Anc. a.a.O.) von plebs 
urbana^ unter der nun und nimmer Einwohner von Ostia, Tibur, Ardea usw. 
verstanden werden können. Auch sind die Spenden entstanden und entwickelt 
worden als Mittel, die hauptstädtischen Massen bei Laune zu erhalten, Clodius 
hatte schlechterdings kein Interesse an der Stimmung dieser Ackerbürger usw. 
Es wäre unverständlich, wie eine solche Institution sich auf die Campagnolen 
hätte ausdehnen können. Der Anspruch auf die Spende ruhte nicht auf der 
Civität, sondern auf der Ortsansässigkeit, genauer auf der Zugehörigkeit zur 
plebs urbana. Freilich sind die letzteren Begriffe zum mindesten unter Cäsar 
unsicher; es gab damals keine Verwaltungsgrenze, die wirklich die Hauptstadt 
ein- und das flache Land ausschloß. Das Pomerium umfaßte nur einen Teil des 
bebauten Stadtgebiets und kann mit den Frumentationen nichts zu tun gehabt 
haben. Eis ist absurd, anzunehmen, daß z. B. die dichte plebejische Bevölke- 
rung des Aventin, der erst unter Claudius in das Pomerium einbezogen wurde, 
bis auf diesen bei allen Spenden leer ausgegangen sei. Die alten Gemeinde- 
grenzen gegen Caere und andre Nachbarstädte können auch nicht gemeint 
gewesen sein, sie waren längst obsolet und hätten außerdem die Leute von 
Ostia zur plebs urbana gestempelt. Es bleibt also nur die Annahme, daß die 
Spenden bis auf Cäsar sich einfach nach der Ausdehnung des städtisch be- 
bauten Gebietes richteten ohne jede Rücksicht auf rechtliche Grenzlinien, ein- 
fach das als urbs nehmend, was wirtschaftlich und praktisch Rom war, und 
damit einen neuen Stadtbegriff zu bestimmten Verwaltungszwecken schaffend, 
genau wie heutzutage z. B. die postalischen Bezirke sich lediglich nach der tat- 
sächlichen Ausdehnung des großstädtischen Charakter tragenden Areals richten 
und politische Gemeinden teils zusammenschlagen, teils zerlegen. Diesen Ver- 
pflegungsbezirk Rom, der sich mit dem Weichbild Roms also ebensowenig 
deckte wie die heutigen Postbezirke mit dem Weichbild der Großstädte, deren 
Namen sie tragen, hat dann offenbar Augustus, als das Gebiet der 14 Regionen, 
auch rechtlich mit festen Grenzlinien abgesteckt Mit andern Worten: die vor- 
augusteischen Zahlen beziehen sich ebenfalls auf das, was seit diesem Kaiser 
die 14 Regionen waren, und alle Angaben der Kaiserzeit sind immer auf das 



[I. 61-72] HL ÜBER DIE BEVÖLKERUNG ROMS 13 

jeweils von den 14 Regionen eingenommene und von der Zollgrenze (Octroi) 1 ) 
umzogene Gebiet zu verstehen. Das letztere hat gelegentliche Ausdehnungen 
erfahren (Richter, Topogr* v. Rom 53 f. 59 f.) und schon unter Augustus einen 
größeren Raum als die aurelianische Mauer umfaßt, den Zug der letzteren seit 
Vespasian namentlich im Süden erheblich überschreitend. 

Es erhebt sich nun die Frage, inwieweit aus den Zahlen der Getreide- 
empfanger auf die bürgerliche Gesamtbevölkerung der Stadt geschlossen wer- 
den darf. Dazu geben die Verschiebungen in der Zahl einen noch unbenutzten 
Anhalt Die Zahl von 320000 unter Cäsar bedeutet ungefähr die Gesamtzahl 
der hauptstädtischen Bürger außer den Senatoren und Rittern: die sinnlose 
Fütterung der Menge, namentlich seit der Lex Clodia, die jedem Bürger die 
Spenden zugänglich machte, mußte naturnotwendig dahin fuhren, daß die 
ganze bürgerliche Bevölkerung, auch soweit sie es nicht nötig hatte, sich an das 
Durchgefüttertwerden gewöhnte und daß, wer das Korn selbst nicht brauchte, 
es als willkommenen Verkaufsartikel mitnahm, um Geld zu verdienen. Setzt 
nun Cäsar, oder später Augustus, die Zahl der Berechtigten herab, so bedeutet 
das nicht, wie Beloch, Bevölk. S. 402 meint, eine Auswanderung aller Betrof- 
fenen aus Rom. Das ergibt sich aus folgendem: wenn Cäsar von 320000 Emp- 
fangern 1 70 000 strich, so müßten sich damals — abzüglich der 80 000 in außer- 
italische Kolonien Deduzierten, Suet Caes. 42, 1 — 90000 Menschen, d. h. mit 
ihrem Anhang über 100 000, plötzlich über die italischen Munizipien ergossen 
hahpn. Das wäre eine soziale Revolution gewesen, ähnlich den Vorgängen 
nach den Entlassungen der Armeen der Triumvirn und des Octavius Cäsar, 
von denen ganz Italien erschüttert wurde und bei denen es sich auch um keine 
größeren Massen handelte. Eine soziale Revolution wäre aber erstens ebenso- 
wenig spurlos in unsern Quellen verschwunden wie jene andern Erschütterungen, 
und zweitens gab es 46 v. Chr. nichts, was Cäsar so wenig brauchen konnte und 
so sorgsam vermieden hat, wie die soziale Revolution in Italien. Ferner: wenn 
die stadtrömischen Pflastertreter sich in kleine Ackergemeinden zerstreuten, 
fanden sie dort noch viel weniger Gelegenheit ihr Leben zu fristen, als in Rom, 
einfach weil weniger Arbeit, die für sie in Betracht kam, verlangt wurde und 
weil sie wohl hier, aber nicht in jenen die lokalen Verhältnisse kannten, denen 
sie sich wirtschaftlich anzuschmiegen hatten. Nur wer als Kolonist mitging, 
hatte außerhalb bessere Chancen, sich das Nötigste zu verdienen, als in Rom, 
nicht wer auf eigene Faust auswanderte. Und deduzierte Kolonisten gab es im 
ganzen 80000; von diesen sind erstens die Veteranen abzuziehen, zweitens 
sind sicher auch aus andern Städten als gerade Rom, wenn auch weniger, 
Leute mitgegangen: die Annahme, daß Rom durch die cäsarische Maß- 
nahme 60 — 70000 Menschen verlor, ist hoch genug gegriffen, während die 
von keinen Deduktionen begleiteten Anordnungen unter Augustus überhaupt 
keinen fühlbaren Rückschlag in der Einwohnerzahl herbeigeführt haben können. 
Dann versteht man auch, was sonst ganz rätselhaft bliebe, daß 46 v. Chr. 
320000, 44 v. Chr. (Mon. Ana a. a. O.) über, vielleicht erheblich über 250000 

x) Diese Zollgrenze ist natürlich keine Mauer gewesen, trotz der 37 »Tore« von Plin. n. h. HL 66. 
Jede Octroi-Linie hat Tore, d. h. Hebestellen an den Straßen; deswegen werden aber die letzteren 
nicht miteinander durch eine Mauer verbunden. 



1 4 HI. ÜBER DIE BRVÖLKERÜNG ROMS [I. 61-7 a] 

Menschen die Spenden empfingen; wären 46 v. Chr. gegen 170000 abgewan- 
dert, bliebe die hohe Zahl ganz unverständlich. 

Unter diesen über 250000 Bürgern waren dann 150000 in den Listen der 
Getreideempfanger Stehende und reichlich 100 000 andre, die nicht als be- 
dürftig anerkannt waren, sondern als Handwerker oder sonstwie ihr Geld ver- 
dienten, aber bei den aus dem Rahmen der regelmäßigen Frumentationen 
fallenden Spenden mitberücksichtigt wurden. 40 Jahre später haben wir (s. o.) 
nach dem erneuten Einströmen Nichtbedürftiger in die Listen bei einer Spende 
des Jahres 5 v. Chr. 320000 Empfänger, nach einer Neuredigierung der Listen 
2 v. Chr. reichlich 200 000 : mit andern Worten, die Zahl der Kleinbürger war 
seit 44 v. Chr. von 100 000 auf 1 20 000 gestiegen, die der Proletarier von 1 50 000 
auf 200 000. 

Den Kleinbürgern wird man im gleichen Umfange wie auch heute in Ländern 
mit niedriger Geburtenziffer Frauen und Kinder zuzurechnen, d. h. bei 100 000 
Männern 300000 Seelen, bei 1 20 000: 360 000 Seelen anzunehmen haben. Die 
eigentlichen Proletarier dagegen dürften nur in seltenen Fällen Familien gehabt 
haben; wenn man 150000 Männern 200000 Seelen entsprechen läßt und 
200000 Männern 270000 Seelen, so ist das hoch genug. Niedriger wird man 
wenigstens bei der letzten Zahl nicht gehen dürfen, denn unter den 200000 
Proletariern vom Jahre 2 v. Chr. waren immer noch viele, die bei schärferer 
Nachprüfung der Bedürftigkeit aus den Listen verschwanden, wie die weitere 
Reduktion ihrer Zahl bis 14 n. Chr. lehrt, also noch dem Kleinbürgen$uid 
zugerechnet werden konnten. 

Mit den gegebenen Zahlen ist die bürgerliche Bevölkerung im wesent- 
lichen erschöpft. Es treten außer der Garnison nur noch die Ritter- und 
Senatorenfamilien hinzu und das Wenige, was in Rom dem heutigen Mittel- 
stande entsprach. Der letztere war notorisch zerrieben, was natürlich nicht 
bedeutete, daß seine Zahl in der Hauptsache gleich Null war, sondern nur, 
daß er ziffernmäßig neben den regelmäßigen und gelegentlichen Spenden- 
empfängern verschwand x ). Die Senatorenfamilien waren gegen 600 an der Zahl, 
die Ritterschaft hatte mehr als 5000 Männer in ihren Reihen, denn nach Dion. 
Hai. VI 13, 4 zogen bis zu dieser Zahl unter Augustus öffentlich auf, wobei 
natürlich noch immer genug bei jeder einzelnen Revue fehlten. Die Kinderzahl 
bei diesen Ständen war gering, wenn auch z. B. die Familie des Germanicus 
das Vorkommen des Gegenteils beweist. Im ganzen mögen wir 18000 Köpfe 
des Senatoren- und Ritterstandes annehmen, dazu vielleicht 20000 Seelen des 
Mittelstandes (ganz frei geschätzt), unter denen wohlhabende Freigelassene 
den Hauptteil ausgemacht haben werden, und unter Augustus 13000 Mann 
Besatzung. 
Demnach hätte die bürgerliche Bevölkerung Roms betragen: 

1) Die unten zu erwähnenden Freunde des Juvenal, die I — 2 Sklaven und bis 20000 Seltenen 
Einkommen haben, sind keine Ritter und werden doch wohl nicht mit dem Getreidesack so den 
Frumentationen pilgern. Das gleiche gilt von Leuten wie Horaz. 



[I. 6 1-7»] III. ÜBER DIE BEVÖLKERUNG ROMS 15 

Ritter- und Senatorenstand 1 8 ooo 1 8 ooo 

Mittelstand 20000 20000 

Kleinbürger 300000 360000 

Proletarier 200000 270000 

Militär — 13000 

538000 681000 

Für die Zeit vor Cäsars Kolonisationen wären noch 60 — 70000 Proletarier, 
mit ihrem Anhang vielleicht noch etwas mehr, hinzuzurechnen. Unter den bei- 
den Summen sind 256000 bzw. 343000 erwachsene Männer, vollkommen genug, 
um die Angabe vom starken Überwiegen des männlichen Geschlechts unter der 
freien Bevölkerung in Rom (Cass. Dio LIV 16, 2) verständlich zu machen. Die 
erwachsenen Männer machten beim Beginn unsrer Zeitrechnung etwa 49,9 Pro- 
zent der bürgerlichen Bevölkerung aus, d. h. die Verhältnisse lagen ähnlich wie 
heute (d h. vor 1 914) in Petersburg und Moskau, also Städten, deren Bedeutung 
auch auf der Stellung als Residenzen und als Mittelpunkte eines sehr ausgedehn- 
ten, aber verhältnismäßig dünn bevölkerten Reiches beruhte und in denen die ent- 
sprechenden Zahlen 1900 bzw. 1902: 43,6 bzw. 45,9 waren'). Rechnen wir von den 
681000 bürgerlichen Seelen 340000 erwachsene Männer, 170000 Frauen und 
171 000 Kinder, von den letzteren wieder die Hälfte als männlich und weiblich, 
so kämen in der bürgerlichen Bevölkerung auf 100 männliche Seelen 58 weib- 
liche. Das ist noch krasser als in den russischen Hauptstädten, wo die ent- 
sprechenden Zahlen 83,5 und 81,7 waren. Moderne Analogien bieten nur asia- 
tische Städte; Bombay 1905: 61,7 (1895; 58,6, also wie Rom) — Calcutta 1900: 
50,7 — Colombo 1900: 68,2, oder einige afrikanische Kolonialstädte, z.B. Kap- 
stadt 1905: 63,1. 

Neben die Bürgerschaft treten nun Peregrine und Sklaven. Daß die Zahl 
der ersteren geringer war als die der Bürger, liegt in der Natur der Sache, ist 
bei dem Anreiz, nach Rom zu ziehen, den gerade für Bürger die Spenden 
schufen, doppelt selbstverständlich und wird durch das vielfache Überwiegen 
lateinischer Eigennamen und lateinischer Texte gegenüber den ausländischen 
Namen und den griechischen Texten dargetan. Immerhin muß die Ausländer- 
schaft in dem Mittelpunkt des Weltreichs sehr stark gewesen sein, die Ana- 
logien moderner europäischer Hauptstädte versagen vollkommen, da die An- 
ziehungskraft Roms sich auf ein viel größeres Gebiet erstreckte als bei diesen. 

Für Rom geben aber ein Hilfsmittel die Grabsteine und sonstigen Inschriften 
(für das einzelne vgl. Real-Encykl. IX 1 500 f.) : von dem Stande der Handwerker 
und Kleinindustriellen, die den Hauptteil der Peregrinenschaft ausgemacht haben 
müssen, waren 66,75 Prozent Freigelassene, d.h. römische Bürger, 6,25 Prozent 
als Facharbeiter ausgebildete Sklaven und 27 Prozent Freigeborene. Unter den 
letzteren stecken römische Bürger wie Peregrine, für welche also bestenfalls 
gegen 20 Prozent übrigblieben. Die Zahl wird sich um etwas verschieben, und 

1) In westeuropäischen, besonders romanischen Städten ist der Satz viel niedriger; Paris 191 1: 
38,3 — Rom 1901: 38,1 — Neapel 1901: 34,2 — Mailand 191 1: 32,8 — Barcelona 1910: 34,9. 



i6 III. ÜBER DIE BEVÖLKERUNG ROMS [I. 61-72] 

zwar nach unten, wenn man die übrigen Berufe, Schiffer, Lastträger usw., in 
Betracht zieht, denn es ist ebenso naheliegend, daß z. B. ein Handwerker aus 
dem griechischen Osten, der einen in Italien geschätzten Artikel gut herzustellen 
weiß, nach Rom zieht, wie es unwahrscheinlich ist, daß ein Lastträger aus An- 
tiochia oder Alexandria dorthin wandert. Wir werden auf die 681 000 Personen 
bürgerlicher Bevölkerung demnach kaum mehr als reichlich 100 000 Peregrine 
zu rechnen haben, d. h. gegen 1 5 Prozent. Vergleichsweise sei bemerkt, daß in 
modernen Städten mit starker ausländischer Einwanderung der Prozentsatz er- 
heblich höher ist und höher sein muß, da die zuwandernden Industriearbeiter, 
die hier eine Hauptrolle spielen, im Altertum nicht als Peregrine, sondern als 
Sklaven kommen. Vergegenwärtigt man sich, daß 1900 in New York 37,2 Pro- 
zent, in Boston 35,1 Prozent, in Chikago 34,6 Prozent, in Cleveland 32,7 Prozent 
eingewanderte Fremde waren, dagegen in New Orleans, wo der Einwanderer 
auf die Konkurrenz der Negerarbeiter stößt, 10,5 Prozent, und in Washington, 
das nur die Anziehungskraft als politische Hauptstadt, aber nicht wie Rom zu- 
gleich als wirtschaftlicher Mittelpunkt besitzt, 7,2 Prozent, so sind die 1 5 Prozent 
für das kaiserliche Rom ein ganz plausibler Satz. 

Noch sehr viel schwieriger ist jeder Versuch, die Zahl der Sklaven festzu- 
stellen. Eine Industriestadt mit starker Bevölkerung von Arbeitssklaven war 
Rom nicht, es mag einige Dutzend, vielleicht auch über hundert Mittel- und 
Großbetriebe gewerblicher Art gegeben haben, die bis zu mehreren Hundert 
Sklaven beschäftigen konnten. Auch in den Adelshäusern gab es keine riesigen 
Sklavenscharen: der Pedanius Secundus, der (Tac. Ann. XIV 42) 400 Sklaven 
in Rom hatte, war einer der reichsten Männer der Stadt; im Mittelstande und 
unter den Kleinbürgern gab es vollends keine Halter von Sklavenherden. Der 
Umbricius von Juvenal 3, 286 hat offenbar keinen, oder allenfalls einen Haus- 
sklaven, — jedenfalls nimmt er keinen außerhalb des Hauses mit Nach Juvenal 
9, 64 ff. 142 ff. hat der mäßig begüterte Bürger einen, allenfalls zwei Sklaven, 
eine Einnahme von 20000 Sesterzen trägt jedenfalls nicht mehr, es sei denn, 
die Sklaven bringen als Arbeiter für den Herrn mehr ein als die Kosten. Ver- 
bannte, denen 125 000 Denare, also ein sehr anständiges Leben zugebilligt wird, 
sollen (Cass. Dio LVI 2 7, 3) bis zu 20 Sklaven haben. Nehmen wir für die Ritter- 
familien diesen Durchschnitt an — deren Vermögen ist nach dem augusteischen 
Satz noch erheblich höher, dafür kostet aber die Erhaltung eines Sklaven in 
Rom weit mehr als in einem kleinen Verbannungsort — , und geben wir den 
Senatorenfamilien je zwei- bis dreimal so viel, so wären das gegen 130000 Per- 
sonen des Sklavenstandes. Dazu kämen bei jeder Familie des Mittelstandes ein 
bis zwei Sklaven, d. h. im ganzen gegen 10 000, einige Tausend Servi publici 
und die in meist von Peregrinen besessenen Fabriken tätigen Industriesklaven. 
Nach der oben zitierten Statistik auf Grund der Inschriften (Real-EncykL a. a. O.) 
würde die Zahl der gewerblich tätigen Sklaven nur etwa */ 3 der Zahl der Pere- 
grinen betragen haben. Selbst wenn wir annehmen, daß die Inschriften der 
Sklaven weniger häufig gedenken, als es ihrer Zahl entsprechen würde, und 
wenn wir berücksichtigen, daß wir es hier mit der augusteischen Zeit, d. h. einer 
Periode voll entwickelter Sklavenwirtschaft, bei der Inschriftenstatistik dagegen 
mit einem Durchschnitt durch Jahrhunderte zu tun haben, in denen die Skia- 



[I. 6i-72] m. ÜBER DIE BEVÖLKERUNG ROMS 1 7 

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verei abstirbt, so ist doch die Zahl von 50 — 60000 Industriesklaven für das 
augusteische Rom hoch genug gegriffen. Das würde im ganzen auf etwa 
200000 Unfreie fuhren, eine Zahl, die hoch genug ist, um die Angabe von Tac. 
Ann. IV 27 zu verstehen, nach dem die Hauptstadt gelegentlich in Angst vor 
Unruhen in den »immensenc Sklavenherden schwebte. Das Verhältnis der 
Unfreien zu den Freien war dann in Rom wie 1 : 4, eine ganz vernünftige Zahl, 
wenn (Beloch, Bevölk. S. 404) in dem ausgesprochen industriellen Pergamum 
das Verhältnis wie 1 : 2 war. 

Legt man die oben errechneten oder geschätzten Zahlen zugrunde, so erhält 
man für die Zeit um Christi Geburt reichlich 1 Million Einwohner, für die Zeit 
von Cäsars Ermordung etwa 900000, für die Zeit vor seinen Deduktionen etwa 
960—970000. 

Es erhebt sich die Frage, ob eine solche Menschenmenge auf dem Boden 
der 14 Regionen unterzubringen ist, bzw. ob sie diesen ausfüllt. Der Umfang 
der Regionenstadt nach der Vermessung des Jahres 74 betrug 13 200 Passus 
(= 1 9536 m), die aurelianische Mauer mißt (Lanciani, Bull. com. XX 1 892 S. 87 ff.) 
18837,5 m. Bei dieser Zahl sind aber alle Vorsprünge und aus fortifikatorischen 
Gründen erfolgte Einbuchtungen mit gemessen; es liegt auf der Hand, daß die 
Gemarkungsgrenze von 74 eine viel einfachere Linienführung hatte und das von 
ihr umschlossene Gebiet nicht nur um 4—5 Prozent, sondern um erheblich mehr 
die aurelianische Stadt übertraf. Die letztere hat 1 230 ha, das Weichbild von 74 
mag 1400— 1500 gehabt haben. Die augusteische Stadt war kleiner, aber, wie 
oben gesagt, immer noch größer als die aurelianische; wir mögen sie mit 
1 3 50 ha in Rechnung setzen. 

Bei der Betrachtung der Bevölkerungsdichtigkeit müssen wir von den, nament- 
lich bei Beldch (Bevölk. S. 404 ff.) benutzten Regionsgrenzen ausgehen. Es ist 
offenbar, daß diese Polizeibezirke, die ganz verschiedene Ausdehnung haben, 
wenn ihrer Grenzführung überhaupt ein vernünftiges Prinzip zugrunde liegt, 
wenigstens zur Zeit ihrer Entstehung ungefähr die gleiche Zahl Menschen ent- 
halten haben müssen. Das führt zu folgenden Erwägungen. Bei einer Bevölke- 
rung von 1 Million müßten die 4., 8. und 11. Region, die eigentliche City, das 
Gebiet der Wolkenkratzer als Wohngebäude 1 ), mit ihren 115 ha 214000 Men- 
schen enthalten haben, d. h. 1 862. auf 1 ha. Die Hafenquartiere in Neapel hatten 
vor der großen Cholera 1400 — 1500 Einwohner auf 1 ha. Wenn die sehr viel 
mehr Stockwerke aufweisenden römischen Mietskasernen ähnlich dicht bevöl- 
kert waren, ist die Zahl 1862 sehr gut möglich. 

Eine zweite Gruppe bilden die fünf weiteren Regionen innerhalb der serviani- 
schen Mauer. Sie müßten auf 310 ha 357000 Menschen beherbergt haben, 
= 1 162 auf 1 ha. Das ist nicht unmöglich, da dieser Satz auch heute in Neapel, 
Paris, Rom und gelegentlich sonst für ganze Stadtteile erreicht wird und im 
Altertum gerade auch die Wohnviertel, die nicht vom Proletariat eingenommen 
wurden, verhältnismäßig dicht bewohnt gewesen sein müssen, weil hier die Leute 
. lebten, die Haussklaven hatten, welche enger zusammengepfercht wurden, als 
es modernes Dienstpersonal oder Arbeiter werden. 

1) Zur Zeit der Schaffung der 14 Regionen war der Palatm noch nicht von Kaiserpalisten ein- 
genommen, sondern hatte den Charakter der anderen City-Regionen. 

Friedlaender, Darstellungen. Anhang. 2 



•Mh 



18 IH. ÜBER DIE BEVÖLKERUNG ROMS [I. 61-72] 

Die dritte Gruppe bilden die sechs Regionen außerhalb der servianischen 
Stadt, für die auf 725 ha 429000 Menschen übrigblieben, d. h. der ganz ratio- 
nelle Satz von 592 auf 1 ha. Wir können also für die Zeit um den Beginn 
unserer Zeitrechnung die Bevölkerung Roms mit ziemlicher Sicherheit auf etwa 
1 Million schätzen. 

Um dieser Zahl eine als Vergleichsgegenstand benutzbare an die Seite zu 
stellen, müssen wir uns zu der dritten Methode der Berechnung der Einwohner- 
schaft wenden, der nach dem Kornkonsum. Wir haben da zwei wertvolle An- 
gaben aus dem Beginn des 3. Jahrhunderts 1 ). Wir hören Hist. Aug. Sev. 23, 2, 
daß der Kaiser mariens Septem annorutn canonem, ita id cottidiana septuagwta 
quinque milia tnodium expendi possent, reliquit Was bedeutet das? Ist das 
der Satz, der für die in der Liste der Frumentationen Stehenden galt oder eine 
Spende für die gesamte Bevölkerung? Und wenn letzteres, — ist es der ganze 
Konsum der Stadt oder ein Zuschuß, den der Kaiser testamentarisch vermacht, 
und der jeden beliebigen Prozentsatz des Gesamtkonsums darstellen kann? Zu- 
nächst ist es nicht der Satz für die Spenden, denn diese trafen einschließlich des 
Militärs damals gegen 200000 Menschen (s. oben S. 11), d. h. betrugen, da wir 
von einer Abänderung des Satzes von 5 Modii monatlich nichts hören, 1 Million 
Modii im Monat = 33 000 Modii täglich, nicht 75 000. Der Satz meint also die 
ganze Bevölkerung, — ob aber den ganzen Konsum derselben ? Darauf gibt Ant- 
wort eine Stelle Hist. Aug. Elag. 27, 7, wo dieser Kaiser iusserat et canonemp* R. 
unius antd . . . intramuranis dari, extramuranis alio promisso, cum eo tempore 
iuxta pravisionem Severi ... Septem annorum canon frumentarius Romae esset. 
Diese Bezeichnung canon an zwei Stellen, die die gleiche Sache meinen, zeigt, 
daß hier ein amtlicher Terminus für einen festen Satz vorliegt. Die Angabe in 
der Vita des Severus meint also keinen Zuschuß. Danach betrug der Konsum 
der intramurani, d. h. der Bewohner der 14 Regionen 9 ), zu Beginn des 3. Jahr- 
hunderts 27375000 Modii = ca. 180000 t. Der Verbrauch an Brotgetreide ist 
in den Mittelmeerländern, namentlich Italien, wo das Brot heute wie im Alter- 
tum den Hauptbestandteil der Nahrung ausmacht, rund 3 hl Körner jährlich, 
d. h. bei Weizen mit 0,75 spezifischem Gewicht 225 kg. Dazu passen auch die 

1) Den Kornverbrauch der augusteischen Zeit kennen wir nicht Wir wissen nur, daß damals 
{Epit. de Caes. 1, 6) Ägypten 20 Millionen Modii nach Rom lieferte, und daß in der Zeit der 
Flavier (Jos. Bell. Jud. II 386) Afrika 8 / 3 , Ägypten z / 3 des hauptstädtischen Bedarfs deckten. Daraus 
können wir lernen, daß in der Zeit von Augustus bis Vespasian in den gewaltig aufblühenden nord- 
afrikanischen Landschaften Produktion und Export enorm anwuchsen. Zur Zeit Cäsars wurden 
(Plut Caes. 55) 200000 Modii ausgeführt; es ist ausgeschlossen, daß ein Menschenalter später 
40 Mill. exportiert wurden, wie diejenigen annehmen müssen, die die beiden zitierten Angaben 
kontaminieren. Die Vorstellung ist für jeden, der eine Ahnung von nordafrikanischer Kultur- 
geschichte hat, geradezu lächerlich: unter Augustus beginnen die ersten Straßen- und Hafen- 
bauten. Damals beginnt man den Grund zu der wirtschaftlichen Ausnutzung des Landes in großem 
Stil zu -legen, damals entstehen die gewaltigen Plantagen erst: das Land mochte wohl damals 
Sizilien schon den Rang ablaufen, es konnte unmöglich das alte Zentrum des rationellsten Körner- 
baus um 100 Prozent übertreffen. Die Vorstellung zeugt von ebensoviel historischem Sinn, wie 
wenn jemand behaupten wollte, die Verpflegung von London und Paris im 18. Jahrhundert habe 
auf dem argentinischen Weizen beruht 2) Eine andre Deutung für den Ausdruck ist nicht mög- 
lich; entweder ist er aus der Zeit des Autors, wo die aurelianische Mauer stand, Übertragen, oder 
er war schon damals amtlich für die Leute innerhalb der Octroi-Linie. 



[I. 6 1-7 a ] HI. ÜBER DIE BEVÖLKERUNG ROMS 19 

aus dem römischen Altertum überlieferten Sätze: die Sklaven erhalten im Durch- 
schnitt 4 — 5 Modii monatlich, der Legionär 4 Modii, der Spendenempfanger in 
Rom 5 Modii (Beloch, Bevölk. S. 33 mit Quellen und Literatur). Diese Zahlen 
entsprechen einer Jahressumme von 315 — 395 kg. Bei den Sklaven und Sol- 
daten handelt es sich aber um > Schwerarbeiter «, d.h. besonders hohe Sätze; 
der Spendenempfanger soll seine 5 Modii nicht allein aufessen — das würde 
ihn nicht befriedigen und vor allem nicht jeder Mühewaltung um seine Existenz 
entheben, was die Frumentationen notorisch taten — , sondern soll durch sie 
daneben instand gesetzt werden, durch Verkauf des Überschusses Geld für 
Unterkunft, Bekleidung und andere Lebensmittel, namentlich Gemüse (Hin. 
n. h. XIX 52), zu verdienen. Der Durchschnittsverbrauch mit Frauen und Kin- 
dern war also erheblich niedriger. 

Zum Verständnis der hohen Monatssätze muß man sich ferner vergegen- 
wärtigen, daß bei den primitiven antiken Mühlen die Ausmahlung des Korns 
nicht entfernt so hoch war, wie sie heute auch in normalen Verhältnissen ist: 
allenfalls 75 Prozent sind nutzbar gemacht worden gegenüber 85 Prozent in 
modernen Mühlen. D. h. die 315 kg für einen römischen Sklaven gaben nur 
so viel Mehl, wie heute 278 kg; der Legionär, der im Feldlager doppelt primi- 
tive Mittel anwenden mußte, konnte höchstens 66 Prozent ausnutzen, d. h. aus 
seinen 315 kg Körnern so viel Mehl gewinnen, wie heute 244 kg liefern. Der 
Satz für den Durchschnitt der Bevölkerung kann nicht viel über 200 kg jährlich 
betragen haben. Dann würde der Konsum der intramurani unter den Severen 
gegen 900000 Einwohner voraussetzen, mit den extramuram etwas mehr 1 ). 

In den Scholien zu Lucan 1 319 (ed. Weber m p. 53) ist der tägliche Konsum 
von Rom auf 80000 Modii angegeben, d. h. um x /i 5 höher als an den zitierten 
Stellen. Das würde einer Bevölkerung von gegen 1 Million entsprechen; leider 
wissen wir nicht, welchen Zeitpunkt die Angabe meint Vielleicht ist der Unter- 
schied von */ s 5 überhaupt bedeutungslos: jeder Statistiker weiß, daß selbst unter 
modernen Verhältnissen die Export-, Import-, Produktions- und Konsumstati- 
stiken besonders große Fehlerquellen haben und überraschend weit von der 
Wahrheit abirren können. Das ist in antiken Verhältnissen natürlich doppelt 
der Fall gewesen. 

Die Methode, die Einwohnerzahl aus der Zahl der Häuser zu berechnen, fuhrt 
wieder in eine spätere Zeit. Unter Constantin hatte Rom, wie die bekannte 
Regionenbeschreibung angibt, 46602 insulae und 1797 dotnus. Das letztere 
sind natürlich die großen Wohnhäuser, palazzi\ daß die ersteren nichts sein 
können als die Feuerstellen, fuocki, der mittelalterlichen Statistiken, ist wohl 
erwiesen (vgl. Lanciani, Bull. com. XVTU 1 890 1 2 1 ff. Beloch, Bevölk. S. 407 ff. 
mit Literatur). Im Mittelalter rechnet man auf 1 fuoco etwa 5 Menschen. Selbst 
wenn wir auf jeden der palazsi 100 Seelen rechnen, was im Zeitalter der fast 
abgestorbenen Sklaverei sehr viel ist*), so kommen wir doch nur auf 41 2 7 10 

x) Das Auftreten der extramurani ist ganz begreiflich. Im 1. Jahrh. wurden die Grenzen der 
14 Kegionen schrittweise erweitert, die durch die Bauten in der City an die Peripherie verdrängten 
Bewohner wurden immer wieder in den Stadtbereich einbezogen. Seit 74 hat keine solche Er- 
weiterung stattgefunden, von den seitdem Verdrängten blieben viele außerhalb des OctroL 

2) Beloch, Jahrb. für Nat u. Stat 3. Folge, XIII 322 f. rechnet unter 50 Sklaven auf einen Pa- 
lazzo. sicher mit Recht. 



2Q HL ÜBER DIE BEVÖLKERUNG ROMS [L 61-72] 

Menschen, mit den unmittelbar vor der Mauer wohnenden Campagnolen allen- 
falls 430 — 440000. Demnach hätte sich die Bevölkerung von Rom in dem 
Jahrhundert von Severus bis auf Constantin auf etwas weniger als die Hälfte 
vermindert. 

Die Geschichte der Bevölkerung des kaiserlichen Rom läßt sich also kurz 
folgendermaßen darstellen. Bei Cäsars Ermordung zählte das Gebiet, das prak- 
tisch und wirtschaftlich »Rom« war, aber von keiner rechtlichen Grenze irgend- 
welcher Art umschlossen, sich teils innerhalb, teils außerhalb des Pomeriums 
ausdehnte, ungefähr 900000 Einwohner. Bis zum Beginn unserer Zeitrechnung 
und dem Augenblick, als es durch die Regioneneinteilung eine rechtliche Grenze 
erhielt, wuchs die Zahl auf etwa 1 Million. Auch in den nächsten Generationen 
nimmt die Bevölkerung weiter zu ; erstens ist nach Tacitus Ann. VI 1 3 der Korn- 
bedarf der Stadt im Jahre 32 höher, d. h. bei dem geringen Interesse unserer 
Quellen für wirtschaftliche Einzelvorgänge offenbar sehr beträchtlich höher als 
bei dem Tode des Augustus, und zweitens hält das ganze Jahrhundert hindurch 
eine lebhafte Bautätigkeit an von Straßen, Brücken, Märkten, Plätzen, Bädern 
usw., nicht etwa nur von kaiserlichen Luxusbauten. Es ist nun eine bekannte 
Tatsache, daß in stagnierenden Städten wohl Luxusbauten, aber keine prakti- 
schen Anlagen in großer Zahl zu entstehen pflegen: man vergleiche einfach 
die Baugeschichte französischer und deutscher Städte in den letzten 50 Jahren. 
Aus der wiederholten Erweiterung der 14 -Regionenstadt allein brauchte man 
auf eine Bevölkerungszunahme nicht zu schließen: diese würden sich auch durch 
die Abdrängung der Bevölkerung des Zentrums an die Peripherie durch die 
kaiserlichen Riesenbauten in der City erklären. Desgleichen beweist die Ver- 
mehrung der Zahl der vici (zu diesem Terminus vgl. Lanciani a. a. O. S. 1 2 1 ff,) 
gar nichts: die fünf Regionen von CIL VI 975 hatten unter Hadrian 66, unter 
Constantin 143 vici. Eine Bevölkerungszunahme in dieser Zeit wird niemand 
annehmen wollen; der Umfang eines vicus hat sich eben inzwischen geändert, 
genau wie draußen* im Lande der einer Provinz. 

Die unzweifelhafte Tatsache, daß die Geburtenzahl in Rom bei dem starken 
Überwiegen der Männer sehr niedrig war, verbietet nicht die Annahme einer 
ansehnlichen Volksvermehrung: Lyon hat 1881 — 1909 im Jahresdurchschnitt 
einen Überschuß von Todesfallen von 1,5 vom Tausend gegenüber den Ge- 
burten gehabt und sich doch von 376613 auf 472 114 Einwohner gehoben, 
Marseille bei einem Überschuß von Todesfallen von 0,6 vom Tausend 1889 
bis 1909 von 403471 auf 517498 Einwohner; Hongkong ist von 1895 — 1909 
von 248498 auf 343877 Einwohner gestiegen, trotzdem 18 791 Geburten und 
99541 Todesfalle registriert wurden 1 ). 

Selbst wenn das Defizit an Geburten höher war als etwa in Lyon und Mar- 
seille, woran man nicht zweifeln wird, kann Rom am Beginn des 2. Jahrhunderts 
sehr erheblich über 1 Million Einwohner gezählt haben, zumal die 1 4 Regionen 
namentlich im Süden sehr beträchtlich erweitert waren. 

Seit wann der Rückgang einsetzt, ist nicht sicher. Die große Pest unter Mar- 

1) Die entere Zahl ist wahrscheinlich etwas zu niedrig, da die Chinesen die weiblichen Ge- 
barten gern verschweigen. 



[I. 6i-7*] HI. ÜBER DIE BEVÖLKERUNG ROMS 21 

cus Aurelius wird hier einen Einschnitt bezeichnen; da sie zu wiederholten Malen 
und durch mehrere Jahre in der Hauptstadt wütete, kann sie einen unerhörten 
Rückgang der Einwohnerzahl veranlaßt haben. Das gelbe Fieber hat in Rio 
de Janeiro 1894 un< * l ^9^ einen Überschuß der Todesfälle über die Geburten 
von 1,26 bzw. von 1,03 Prozent zur Folge gehabt, die Cholera in Neapel 1883 
von 1,04 Prozent. Dies sind aber Städte mit sehr ansehnlichen Geburtenziffern 
— Neapel hatte 1883 33,8 Geburten auf 1000 Einwohner — , wie eine Stadt 
mit geringer Geburtenziffer und überwiegend männlicher Bevölkerung durch 
eine Epidemie leiden kann, zeigt Bombay, das in einem Jahrzehnt (1897 — 1906), 
in dem vier Pestjahre lagen, von 821 764 auf 776006 Einwohner zurückging; 
die Sterblichkeit betrug 1900 80,2 auf 1000 Menschen. Bei solchen Analogien 
darf man annehmen, daß in Pestjahren die Bevölkerung Roms mit seiner niedri- 
gen Geburtenziffer einerseits und seinen das Neapel von 1883 wie das Bombay 
von 1900 weit übertreffenden hygienischen Anlagen andrerseits 2 — 3 Prozent 
seiner Bevölkerung verloren hat: eine Verminderung um über 20, vielleicht bis 
gegen 30 Prozent während der Regierung des Marcus Aurelius liegt durchaus 
im Bereich des Möglichen. Man mag sich die Hauptstadt unter Antoninus Pius 
mit 1 250000, unter Commodus mit 950000 — 1 000000 Einwohner vorstellen. 
Für die Zeit des Severus haben wir reichlich 900000 errechnet; ich setze voraus, 
daß von ungefähr 180 — 210 n. Chr. der Rückgang, der im 3. Jahrhundert noto- 
risch stattfand, bereits anhielt 

Um das weitere Sinken von reichlich 900000 auf die Hälfte in den nächsten 
hundert Jahren zu erklären, genügt ein verhältnismäßig geringes Defizit an Ge- 
burten — reichlich */ 3 Prozent jährlich — und ein starkes Nachlassen der Zu- 
wanderung. Das letztere ist bei der im 3. Jahrhundert sinkenden Einwohner- 
zahl vieler Provinzen, die keinen Überschuß mehr abzugeben hatten, und bei 
dem Absterben von Sklaverei und Sklavenimport zweifellos, so daß die Zahlen 
keine Schwierigkeiten ergeben. 

Auch nach der Zeit Constantins hat das Sinken der Bevölkerungszahl sicher- 
lich angehalten und nach dem Wegzuge des Hofes und der Zentralbehörden wo- 
möglich noch zugenommen. Um 500 bedeutet die Verteilung von 1 20000 Modii 
Korn (Anon. Vales. 12, 67) durch Theoderich, d. h. nach dem alten Satze des 
Jahresquantums für 2000 Menschen, eine in der Geschichte zu buchende Unter- 
stützung der stadtrömischen Bevölkerung. 



IV 

ÜBER DEN GEBRAUCH DER WAGEN 

IN ROM 1 ) 

An der Ordnung der Republik in bezug auf den Gebrauch des Wagens 
in der Stadt hat die Kaiserzeit nichts weiter geändert, als daß das 
Recht zu fahren den Frauen, die es bis dahin gehabt hatten, im allge- 
meinen entzogen ward (Mommsen StR. I 3 394). Das Munizipalgesetz Cäsars 
vom Jahr 709 (CIL I* 593 = Dessau 6085 Z. 56—67) enthält ein Verbot, in den 
Straßen Roms mit Wagen zu fahren, während der ersten zehn Tagesstunden 
von Sonnenaufgang ab: also in der Zeit, wo der Verkehr der Fußgänger am 
stärksten war. Ausgenommen werden: 1. Fahrten behufs öffentlicher Bauten, 
Tempelbauten und Demolierungen; 2. Fahrten gewisser Personen (Vestalen, 
Rex sacrorum, Flamines bei öffentlichen Opfern, triumphierende Feldherrn; 
das Recht der Vestalen wurde später auch einigen Kaiserinnen erteilt) ; 3. Fahrten 
bei öffentlichen Spielen, namentlich der Zirkusprozession; 4. Fahrten von Wagen, 
die bei Nacht in die Stadt gekommen waren, aber nur wenn sie leer waren oder 
den öffentlichen Unrat ausführten (Pöhlmann, Übervölk. der ant. Großstädte 
S. 131 f.). Vgl. Marquardt, Privativ 728 fr 

Diese Verordnung, wonach Lasten, namentlich alles Material für Privatbauten, 
nur vor Sonnenaufgang oder in den beiden letzten Tagesstunden angefahren 
werden durften, und der Verkehr von Personen zu Wagen mit wenigen Aus- 
nahmen auf dieselbe Zeit beschränkt war, scheint während der beiden ersten 
Jahrhunderte durchaus in Kraft geblieben zu sein. Wenigstens ist mir keine 
Stelle bekannt, aus der das Gegenteil hervorginge. Daß Caligula den Über- 
bringern der Botschaft der angeblichen Eroberung Britanniens auftrug, ut vehi- 
culo ad forum usque et curiam pertenderent (Sueton. Calig. 44, 2), berichtet 
Sueton offenbar als eine Verrücktheit. Wo von schwerbeladenen Wagen die 
Rede ist, die bei Tage die Stadt passieren, hindert nichts, an öffentliche Bauten 
zu denken, die in jener Zeit so massenhaft betrieben wurden. Das sind folgende 
Stellen: Horat. Ep. II 2, 72 ff. : festinat calidus mulis gerulisque redemptor^ tor- 
quet nunc lapidem nunc ingens machina Hgnunt % tristia robustis luctantur funer a 
plaustris (vgl. Sat I 6, 42 f.: si plostra ducenta concurrantque foro tria funera 
magna). Alfenus Dig. IX 2, 52 § 2: in clivo Capitolino duo plostra onusta 

1) VgL I 21, 9. 292, 3. II 371, 4. Friedlaender, De usu vehiculorum in urbe Roma, Progr. 
Königsberg 1861. 



[I. 73, 74] IV. ÜBER DEN GEBRAUCH DER WAGEN IN ROM 23 

ntulae ducebant\ prioris plostri muliones conversum plostrutn sublevabanlj 
quo facile ntulae ducerent: inter superius plostrutn cessim ire coepit, et cum 
muliones f gut inter duo plostra fuerunt y e medio exissent, posterius plo- 
strum a prior e percussum retro r edier at et puerum cuiusdam ob tr h/erat; dornte 
nus pueri tonsulebat cum quo se agere oporteret. Plutarch. Galb. 8, 4: 'Airöviov 
bi nva tujv KaTTiTOpiKaiv ävaTp£i|*avT€C &iiä£ac Xi6o<p6pouc iirrJYCiYOV. Juv. 3, 
254 ff. : longa coruscat serraco veniente abies, atque altera pinum plostra vekunt; 
nutant alte populoque minantur. nam si procubuit qui saxa Ligustica portat 
axis et eversumfudit super agmina montem t quid super est e corporibus? Wenn 
also Hadrian (Hist. aug. 22 y 6) vehicula cum ingentibus sarcinis urbem ingredi 
prohibuit, so hat dieses ganz unbedingte Verbot (das später erfolgte, als die 
obige Stelle [unter Trajan] geschrieben ward), wie Dirksen bemerkt (Zivilist. 
Abhdlgn. II 278), mit dem Gesetz nichts gemein. Das Passieren ungeheurer 
Lasten wurde aber wohl nicht mit Rücksicht auf die Fußgänger verboten, die 
durch geringere ebensogut beschädigt werden konnten, sondern wegen der 
Gefahr, die von der Erschütterung für die Häuser, das Pflaster und die Kloaken 
zu besorgen war. Plin. n. h. XXXVI 6 vom Transport der Marmorsäulen zum 
Hause des Scaurus: satisdari sibi damni infecti coegil redemptor cloacarum, 
cum in Palatium eae traherentur\ vgl. ebd. XXXVI 106, wo die Unzerstörbar- 
keit der Kloaken gerühmt wird: trahuntur moles super ne tantae, non succum- 
benlibus cavis operis. Plin. paneg. 51,1: non ut ante immanium transvectione 
saxorum urbis tecta quatiuntur: stant sccurae domus, nee iam templa nutantia. 
Solche Gefahren veranlaßten offenbar Hadrians Verbot, dessen nähere Bestim- 
mungen und Einschränkungen wir nicht kennen. So allgemein, wie es mitge- 
teilt wird, hat es gar keinen Sinn; denn es gab ja doch ungeheure Lasten, die 
sich nicht verteilen ließen, z. B. Monolithe. Hadrian selbst ließ den Koloß Neros 
von 24 Elefanten transportieren (Hist. aug. Hadr. 19, 12). In Juvenals 3. Satire 
wartet Umbricius bis zum Spätnachmittage (v. 316 sol ine Unat) vor dem Tore 
auf den Lastwagen, der seine Habe enthält, weil dieser nicht vor der zehnten 
Tagesstunde die Straßen passieren kann. 

Daß Personen sich während der beiden ersten Jahrhunderte in Rom des 
Wagens bedient hätten (abgesehen von den in der Lex Julia und später ge- 
machten Ausnahmen), davon findet sich meines Wissens keine Spur. Vielmehr 
zeigt Juv. 3, 236 ff. raedarum transitus arto vicorum inflexu et stantis convicia 
mandrae eripient somnum Druso vitulisque marinis, daß die raedae auf die Nacht 
beschränkt waren. Es sind Wagen von Reisenden, die ankommen, abfahren 
oder die Stadt passieren. Bei Juv. 7, 179 [anne serenum exspectet spargatque 
luto iumenta recenti?) ist von einer Spazierfahrt im Freien, nicht in den Straßen 
der Stadt die Rede. Domitian sandte die Gäste, die er durch ein scheinbares 
Totenmahl erschreckt hatte, fort toüc jifcv (>xx\\xa<5\, toüc bfc (popefoic napaboüc, 
Cass. Dio LXVII 9, 4; den Gästen des L. Veras (Hist. aug. 5, 4) data et vehi- 
cula cum mulabus et mulionibus cum iuneturis argenteis, ut ita de convhio redi- 
rent\ beides nach der zehnten Tagesstunde, abgesehen davon, daß Kaiser sich 
vermutlich überhaupt nicht immer an die Vorschrift kehrten. Auf Philostrat. 
Apoll. Tyan. VIII 7, wo es von den Delatoren Domitians heißt: tö \itv imro* 
Tpoqröv ctuTOu«; Kdiri Zcuftöv et? Tf|v dfopäv £kkukX€i<X6cu Xcukwv wird wohl 



24 IV. ÜBER DEN GEBRAUCH DER WAGEN IN ROM [I. 75] 

niemand Gewicht legen, außer insofern man darin ein Zeugnis für Philostrats 
eigne Zeit sehen darf. Noch Galen bezeugt ausdrücklich, daß in Rom nicht 
gefahren wurde (XI 301, wo er erzählt, daß ein reicher Mann aus seiner Woh- 
nung vor der Stadt bis zu der Stelle fuhr, üvfta twv öxim&rwv diroßafVeiv et<T\v 
eiöicr^voi; s. dazu oben I 330). Wenn Annia Faustina (Tochter des«M. Annius 
Libo, Konsul 128) den erkrankten Commodus in der dritten Tagesstunde zu 
Wagen besuchte (Galen. XIV 662 — 664), so hatte sie wohl dies Vorrecht als 
Verwandte des kaiserlichen Hauses. Das (TKijiiröbiov KCtTÄarcTOV, dessen sich 
nach Cass. Dio LVII 15, 4 die Senatorenfrauen in der Stadt bedienten, war 
nicht (wie Mommsen StR. II 3 895, 4 annimmt) ein Wagen, sondern eine Art 
Sänfte. 

Zum erstenmal finde ich den Gebrauch des Wagens in Rom 205 n. Chr. bei 
Plautian, der (allerdings auch in einer sehr späten Tageszeit) zu Sever gerufen, 
oütu)£ fjretyön — ß<7T€ täs f||üu6vouc täs äYoöffas aöxöv lreffeiv £v Ttj) iraXarup, 
Cass. Dio LXXVI 4, 1. Vielleicht gehörte der Wagen damals schon zu den 
Auszeichnungen des Praefectus praetorio, wie später überhaupt der kaiserlichen 
hohen Beamten (z. B. Hist. aug. Aurel. 1,1. Symmach. epist. X 4. 20. Cassiod. 
var. VI 3, 2. 4, 6. 15, 2. 20, 2). Doch ist kaum zu bezweifeln, daß am Anfang 
des 3. Jahrhunderts das Fahren von Privatpersonen in Rom nicht mehr unge- 
wöhnlich war. Bald darauf scheint der Gebrauch des Wagens, und zwar des 
silberbeschlagenen (vgl. die angeführte Stelle Hist. aug. L. Ver. 5, 4), als Vor- 
recht des Senatorenstandes festgestellt worden zu sein. Hist. aug. Alex. Sev. 
43, 1: carrucas Rotnae et raedas senatoribus omnibus ut ar gentat as habet ent 
pcrmisit, interesse Rotnanae dignitatis putans ut his tantae urbis Senator es vecta- 
rentur\ ebd. Aurelian. 46, 3: dedit praeter ea postestatem ut argcntatas prwati 
carrucas haberent (d. h. in Rom benutzen konnten, denn zum Gebrauch außer- 
halb Roms war nie eine Erlaubnis nötig), cum atttea aerata et eborata vehicula 
fuissent. Vielleicht hat man diese Veränderung dem Eindringen orientalischer 
Sitten zuzuschreiben. In Ammians Schilderung XIV 6 bilden die Karossen 
(carrucae solito altiores § 9) und das gefährliche Jagen in der Stadt (§ 1 6) einen 
hervorstechenden Zug. 

In den übrigen Städten der Monarchie wurde die Verordnung gewiß häufig 
übertreten. Claudius erinnerte die Reisenden durch ein Edikt daran, die Städte 
Italiens nur zu Fuß oder im Tragsessel und in der Sänfte zu passieren (Suet 
Claud. 25, 2, vgl. Suidas s. v. KXaubio^ . . . äirnY^peuffe bfc k<x\ tö Ka8t ! in€v6v tivo 
tiA fipfiaTO«; bid Tfc lröXeu)« &aiiveiv, wo xfa lroXeux;, d. h. 'Putrid auf Miß- 
verständnis beruht). Doch rechnet Seneca unter Nero zu den Ursachen des un- 
aufhörlichen Lärms in Bajä das Gerassel der vorüberfahrenden Wagen [essedas 
transcurrentes y ep. 56, 4). Aufs neue verbot dann Hadrian (Hist. aug. 22 } 6) 
das Reiten in Städten, dann wieder Marc Aurel (Hist. aug. 23, 8) das Reiten und 
Fahren, und noch Aurelian (Hist. aug. 5, 4) wagte es (vor seiner Thronbestei- 
gung), obwohl verwundet, in Antiochia nicht im Wagen einzufahren [quia in- 
vidiosum tunc erat vehiculis in civitate uti), bestieg aber ein Pferd. Doch be- 
dienten sich die kaiserlichen Legaten in ihren Provinzen damals wohl schon des 
Wagens: ex quo factum^ ut in vehiculo etiam legati seder ent, qui antea pedibus 
atnbulabant Hist. aug. Sever. 2, 7. Wenn übrigens schon Artemidor, der unter 



IV. ÜBER DEN GEBRAUCH DER WAGEN IN ROM 25 

Commodus geschrieben zu haben scheint, das Reiten in den Städten etwas den 
Freien Eigentümliches nennt, so ist hier wohl an Reiteraufzüge zu denken, um 
so mehr, als nach derselben Stelle der Gebrauch des Wagens nur Priesterinnen 
gestattet war, Oneirocr. I 56 p. 54: <pr\v\ bfc kci\ xvvaift kci\ irap0£voic £X€u0£paic 
ö|uux irXouffiatc d^aBöv elvai tö fcid iröXewc Sp|ia dXauvetv d^aBas fdp icpwoO- 
vac aöxais nepuroier Trevixpaic te iropvefav xö biet ir6X€w$ hnrdZeffSai rcpo- 
aYopeuer bouXoic bi £Xeu0€piav Ybiov T«p £X€u6£poi{ xb bid noXews iirneueiv. 
Nach Philostrat (Vit. Soph. II 10, 2) soll der Sophist Hadrianus, der Nachfolger 
des Herodes Atticus auf dem Lehrstuhl der Beredsamkeit in Athen, zu seinen 
Vorträgen gefahren sein. Die Anekdote (Philogelos 138) von einem sidoni- 
schen Centurionen, der einen über den Markt fahrenden Fuhrmann bestrafen 
lassen wollte, kann aus der späteren Zeit stammen, da das Fahren über die 
Marktplätze auch dann verboten geblieben sein wird, als es in den Straßen ge- 
stattet war. G. W. 



V 

DIE BEAMTEN A RATIONIBUS, 
A LIBELLIS, AB EP IS TU US 1 ) 

Wie verschieden im ersten und zweiten Jahrhundert die Bedeutung 
und das Ansehen der drei Ämter a rationibus ^ a libellis^ ab epistulis 
war, das ergibt sich aufs klarste aus dem Stande der Personen, die 
sie in den verschiedenen Perioden bekleideten, und aus den Stellungen, welche 
dieselben vor oder nachher innehatten. Eine soweit möglich chronologisch 
geordnete Übersicht der betreffenden Beamten aus dieser Zeit mit Angabe 
ihrer übrigen auf Denkmälern oder sonst namhaft gemachten Ämter, soweit 
dieselbe erforderlich ist, wird den Sachverhalt am besten veranschaulichen. 
Das Wesen dieser Ämter (und der a studiis, a cognitiotiibus, a memoria) ist zu- 
letzt eingehend erörtert worden von Ed. Cuq, Memoire sur le Consilium Prin- 
cipis d* Auguste äDiocl&ien (Mdmoires pr£sent£s par divers savants ä l'acad&nie 
des inscriptions IX 1884 S. 311 — 503; vgl. besonders S. 356 — 401) und von 
Hirschfeld in der 2. Ausgabe der Kaiserlichen Verwaltungsbeamten bis auf 
Diocletian (1905). 

I. A RATIONIBUS 9 ) 

Den unter August noch nicht nachweisbaren, zuerst unter Tiber als Bezeich- 
nung eines kaiserlichen Hausbeamten in untergeordneter Stellung erscheinen- 
den Titel a rationibus führten die Dirigenten der Zentralstelle ftir die kaiserliche 
Finanzverwaltung, die zwar gewiß seit dem Beginn des Kaisertums existiert 
hat (Mommsen StR. II 3 1001, 1), aber erst von dem Freigelassenen des Claudius, 
Pallas, zu einem der angesehensten und einflußreichsten Hofämter erhoben 
worden ist. Durch Hadrian wurde auch dies Amt den ritterlichen Prokuraturen 
eingereiht, und die nunmehr den Titel procurator a rationibus führenden In- 
haber desselben nahmen, wenn auch noch hin und wieder Freigelassene in 
diesem Amt vorkommen, regelmäßig die oberste Stellung unter den ritterlichen 
Prokuratoren dem Range wie dem Gehalte nach ein. Ihnen waren ein Gehilfe 
mit niedrigerem Range und eine bedeutende Anzahl von Bureaubeamten, 
größtenteils Freigelassene (vgl. Hirschfeld S. 32), beigegeben. 

Neben diesen Beamten findet sich in Inschriften aus der zweiten Hälfte des 



x) Vgl. I 36, 2. 56, a. 2) Die folgenden allgemeinen Bemerkungen lehnen sich eng, zum 
großen Teil wörtlich an Hirschfelds Darstellung S. 29 fr. an. 



[L 17 5] V. DIE BEAMTEN A RATIONIBUS, A LIBELLE, AB EPISTULIS 27 

2. Jahrhunderts der Titel procuratar summarutn rationum, der gewiß nicht mit 
procurator a rationibus identisch ist (wie Marquardt StV. II* 308 f. annimmt). 
Hirschfeld S. 33 f. glaubt, daß darunter der Unterdirigent der Fiskalverwaltung 
zu verstehen ist, der wahrscheinlich durch Marc Aurel einen höheren Rang und 
einen ehrenvolleren Titel erhalten habe. Nicht viel später muß der Titel pro- 
curator a rationibus dem im 3. Jahrhundert für den Vorsteher des Fiskus üb- 
lichen rationalis (griechisch kc(6oXik6c) gewichen sein (Hirschfeld a. a. O. 

S.34f.). 

Bei der Aufzählung der Beamten a rationibus sind die Unterbeamten nicht 
berücksichtigt Über diese vgl. Hirschfeld S. 32; CIL VI 8417 — 8431 und 
die sonstigen Zeugnisse bei Rostowzew, Diz. epigr. III S. 134 fr. Alle, bei deren 
Namen sich der einfache Zusatz a rationibus ohne nähere Bestimmung wie 
adiutoTy tabularius usw. findet, müssen, solange nicht bestimmte Gründe da- 
gegen sprechen, als oberste Dirigenten gelten, wenn auch freilich Unterbeamte 
darunter sein können, da auch diesen bisweilen der Titel a rationibus gegeben 
worden zu sein scheint (Hirschfeld S. 32, i) z ). 

Antemus Ti. Caesaris Aug. I. a rationi[b.\ accensus delat[us) ab Aug(usto) 
(vgl. Mommsen StR. I 3 336, 1) CIL VI 8409. 

Ti. Claudius Aug. L Abascantus a rationibus, vix. ann. XL V CIL VI 84 11 = 
Dessau 1473. 

Ti. Claudius Aug. L Actiacus a rationi[b.] CIL VI 8412. 

Ti. Claudius Felix Aug. I. a rationibus (?) CIL VI 8413 = Dessau 7859, 
wohl kaum hierher gehörig, da es sich in der Inschrift (libertis etfamiliae Tu 
Ti. Claudiorum Erotis et Felicis Aug. l{ibertorum) — so wird zu lesen sein — 
a rationibus usw.) vielmehr um zwei Subalternbeamte, offenbar engere Kollegen, 
des Bureaus a rationibus zu handeln scheint. 

(M. Antonius Augustae l.) Pallas (Mommsen Ind. Plin.; bei Joseph. A. I. 
XVIII 182 6 irKTTÖTaxos Ttöv bouXiuv aü-rite, d. h. der Antonia, genannt) a ra- 
tionibus unter Claudius und unter Nero bis 55, f 62. Vgl. oben I 41. 45. 47. 48. 
49. 50 f. 53. 56; auch Schol. luv. 1, 109. Auf ihn bezog Matranga, Bull, dell' 
bist 1853 S. 136 die Inschrift CIL VI 11 965 [Hitteris optimis*); dis manibus 
M. Antonius Asclepiades Pallantis l.fecit sibi et Iuliae Philumene coniugi ca- 
rissimae, gefunden an der Via Tiburtina, wo das Monument des Pallas war 
(Plin. ep. VII 29, 2), wohl gewiß richtig; auch weisen die Namen Antonius und 
Iulia eher auf das erste Jahrhundert, dessen Ende auch die Buchstaben und das 
Relief anzugehören scheinen. Borghesi (Oeuvres VIII 309) hat dagegen an M. 
Antonius Pallas cos. suff. 167 gedacht, vielleicht nur, weil Pallas von Sueton 
und Zonaras Freigelassener des Claudius genannt wird. — Carpus Aug. lib. 
Pallantianus CIL VI 143 = Dessau 3896 a war nach einer zweiten ihm ge- 

x) Sieber zu den Unterbeamten gehört der früher hier mit unter den Oberdirigenten aufgeführte 
Philotimus der fragmentierten Inschrift CIL VI 84x6, wo vielmehr zu lesen ist Philotimi Aug. /[#. 
adhtt. (oder tabul.)] a ration., und ebenso dürfte in der Inschrift des T. Flavius Epaphroditus Ef>h[e\- 
bianus CIL VI 33468 Z. 3. 4 nicht Aug. lib[erto a] rationibus, sondern Aug. tib. [adiut. (oder tabul.) a] 
rationibus zu ergänzen sein. Auch der Zosimus a rationibus eines (noch unedierten?) Erzstempels im 
Kircherschen Museum (zitiert von Hirschfeld, Verw.-Gesch. z S.32, 3) ist wohl kaum Fiskalvorsteher 
gewesen. 



28 V. DIE BEAMTEN A RATIONIBUS, A LIBELLIS, AB EPISTÜUS [L176] 

hörigen Inschrift adiutor des Claudius Athenodorus praef. annonae: CIL VI 
8470 = Dessau 1535 (wohl unter Nero, Hirschfeld, Philologus XXIX 1869 
S. 28); vgl. auch CIL XIV 2833 = Dessau 1538 (M. Antonius Pallantis l. No- 
bilis) nebst der Anmerkung. 

Der dem Namen nach nicht bekannte (vgl. Hirschfeld, Kl. Sehr. S. 839) 
Vater des Ritters Claudius Etruscus, a rationibus, wie es scheint, schon unter 
Nero, verwaltete möglicherweise das Amt noch unter Domitian und starb fast 
neunzigjährig im J. 92. Vgl. oben I 53. 

Phaon Aug. I. a rat. CIL III 14112* (Amphorenstempel Hitteris pulchris\ 
nach Hirschfelds Vermutung derselbe Phaon, auf dessen Gut Nero sich tötete 
iuvante Epapkrodito a libellis (Sueton. Nero 48, x. 49, 2. Cass. Dio LXIII 27, 3. 
Victor Ep. 5, 7). 

Atticus Aug. Hb. a rationib.^ bekannt aus der zu Nettuno gefundenen, im 
elften Konsulat Domitians (85) von seiner Gattin Claudia Attica gesetzten Weih- 
inschrift CIL X 6640 = Dessau 3338 sowie aus der stadtrömischen CIL VI 
8410: dis manib. Fortunati Attici Aug. lib. a rationib. lib. tubulär. Fructus 
imp. Caesaris Domitiani Aug. Germanic. Atticianus tabular. a rationib. amico 
carissimo (wo Fructus ein aus dem Besitz des Atticus in den Domitians über- 
gegangener Sklave ist). Ein Abascantus Aug. [servus) a rat. Attic(ianus) CIL 
VI 8408, ein Epaphra Aug. I. Atticianus tabular(ius) Caesar[is) (vicesimae) lib(er- 
tatis) CIL VI 845 1 . 

Crescens Aug. L a rationibus in der Grabschrift seiner Schwester Flavia Aug. 
I. Dapkne CIL VI 8414, also wohl der flavischen Epoche angehörig. 

Das Fragment aus Ameria CIL XI 4360 (nach Donis Text) ist, so wie über- 
liefert, nicht recht klar; doch scheint nicht ein Vorsteher des Amtes a rationi- 
bus ^ sondern drei Unterbeamte, zwei Freigelassene und ein Sklave Neros, darin 
erwähnt zu sein. 

Diadumenus Aug. lib. a rationibus CIL VI 8415 = Dessau 1474, wohl iden- 
tisch mit Diadumenus A[ug. I. ?] a rationibus] CIL X 3347 (so nach der, wie 
es scheint, genaueren Lesung La Vegas; Mommsen bezog die Inschrift wegen 
des Fundortes, Misenum, auf die Verwaltung der misenischen Flottenstation) *). 

Auch nach Hadrian haben neben Rittern Freigelassene das Amt bekleidet. 
Der älteste der letzteren ist 

T. Aurelius Aug. lib. Aphrodisius proc. Aug. a rationibus CIL XIV 2104 = 
Dessau 1475 (Civita Lavinia). 

Ti. Claudius Ti. fil. Secundinus L. Statins Macedo CIL V 867 = Dessau 
1339 (Aquileja) war nach Bekleidung der militiae equestres praef (ectus) leg. II 

Tra[ianae)) hierauf procurator) (vicesimae) her[editatium) und stieg dann von der 

■ 

1) Die in der vorigen Auflage hier erwähnte Bleiröhre aus Villa Casali in Rom, nach Landaus 
mangelhafter Kopie Diadummi Aug. [/. a ration.], gehört vielmehr dem Diadumenu[s] Aug. L a 
libellis (s. unten S. 33). Ob andre sonst noch bekannte kaiserliche Freigelassene dieses Namens, 
wie T. FJavius) Diadumenus Lumesianus praegustator Augusti CIL VI 602, Diadumenus Aug. I. 
praeposu\us) ordina[t]us nitro a divo Tito VIII cos. (J. 80), f im J. 120 CIL VI 9100 = Dessau 1850, 
Diadumenus Aug. I. procurator CIL VI 9017, Diadumenus Aug. I. proc{urator) Antonianus Epb. 
epigr. VIII 335 — 337 ■■ Dessau 5798, mit dem oben genannten etwas zu tun haben (Dessau au 
Inscr. sei. 1474 u. 5798 identifiziert mit ihm den procurator Antonianus), ist gänzlich unsicher und 
wenig wahrscheinlich. 



V. DIE BEAMTEN A RATTONIBUS, A LIBELLIS, AB EPISTÜLIS 29 

Prokuratur der Provinzen Lugdunensis und Aquitania zur Stellung des a rationib. 
Aug. *), von da zu der des praef (ectus) an[non(ae)] auf. Seine Zeit wird durch 
eine in Portus gefundene Bleiröhre CIL XIV 2008 a = XV 7 740= Dessau 8686 
bestimmt: Imp. Antanini Aug. Pii sub cur{a) CL Seeundini rd[i(iona/is) et] Anni 
P/Uegontis Aug. üb. ex off[icina) Demetri liber\t)f. Ein Sohn von ihm könnte 
der im jugendlichen Alter gestorbene Ti. Claudius Ti. filius Secundinus equo 
pub{lico) CIL VI 1 605 (gesetzt von dessen Mutter Flavia Irene) gewesen sein ; 
ohne Zweifel nahe verwandt mit ihm war Ti. C]laudius Ti.f. [Ru]füs Statius 
Macedo CIL VI 3 1 703. 

L. Valerius L. f. Proculus wurde (nach der ihm in Malaca gesetzten In- 
schrift CIL II 1970 ss Dessau 1341) nach Verwaltung verschiedener Provinzial- 
prokuraturen (Z. 12 ff.) vom proc. provinciarum triutn [Gallia]r. zum [proc a 
ratiomb^ Aug., [prae]f [ann]on., [praef. Aegypti] befördert. Die praefectura 
Aegypti wird bestätigt durch CIL II 1971, die praef. annonae (im Jahre 144) 
durch CIL VI 1002, und so kann auf Grund der Buchstabenreste in Z. 13 und 
der Analogie der ähnlichen ritterlichen Beamtenlaufbahnen 9 ) die Verwaltung 
der procuratio a rationibus durch ihn zum mindesten als wahrscheinlich ange- 
nommen werden. Vgl. Hirschfeld, Fhilol. XXIX 30, 1 1 . 

[T] Furius L.f Vktor^nus] (der Name wird gesichert durch die unten er- 
wähnte Inschrift von Tyrus) wurde nach einer lange für gefälscht angesehenen, 
von Hülsen, Ausonia II (1907) S. 71 (danach Dessau 9002) als zum Teil echt 
erkannten und (besonders mit Vergleichung von CIL VI 1599) restituierten 
Ligorischen Inschrift nach Bekleidung der tres militiae und mehrerer Prokura- 
turen (zuletzt der des ludus magnus) Präfekt der ravennatischen, dann der mise- 
nischen Flotte, worauf er (sicher unter Antoninus Pius) zum proc. a rat. und 
weiterhin zum praef. tfigilum] aufrückte; es folgte noch unter Pius die Statt- 
halterschaft von Ägypten (seine Anwesenheit dort ist für das Jahr 159 oder 160 
bezeugt: de Ricci bei Hülsen a. a. O.) und endlich im Anfange der Regierung 
des Marcus und Veras die Gardepräfektur (bezeugt für das J. 1 63 durch Not d. 
sc. 191 5 S. 39 = CIL VI 39449), in welchem Amte er die konsularischen In- 
signien und [ob victoriam] Parthicam hohe Ordensauszeichnungen empfing. 
Die beiden letzten Staffeln seiner Lauf bahn nennt auch die Inschrift von Tyrus (?) 
IGRIII 1103 = Dessau 8846: T. Qoupfwt OuiKTuupefvwi frrdpxun AItutttov, 
tiräpxim irpamupfou usw. Im J. 167 fiel er im Kampfe gegen die Markomanen 
(Hist Aug. Marc. 14, 5). — Ihn scheint wie in den letzten beiden Ämtern so 
auch in der Finanzprokuratur abgelöst zu haben 

M. Bassaeus M. f. Rufus, der von niederer Herkunft durch militärische 
Tüchtigkeit sich unter Marc Aurel zu den höchsten ritterlichen Ämtern empor- 
arbeitete (Cass. Dio LXXI 5, 2. CIL VI 1599 = Dessau 1326), wurde, nachdem 
er in mehreren Provinzen, zuletzt in Belgica und den beiden Germaniae, Pro- 
kurator gewesen, proc. a rationibus, dann praef ectus annonae oder vigilum (der 
überlieferte Inschrifttext hat hier eine Lücke), praef ectus Aegypti (zwischen 
161 — 166), zuletzt praef . praetorio (das letztere Amt erwähnt auch CIL IX 

1) Vielleicht ist, wie Hirschfeld vermutet, in der Inschrift Z. 10 a. E. hinter Aquitan. (Bruchrand) 
proc. xu ergänzen. 2) Vgl. die des Claudius Secundinus, Bassaeus Rufus, Junius Flavianus, Petro- 
nius Honoratus. 



30 V. DIE BEAMTEN A RATIONIBUS, A UBELLIS, AB EPISTULIS [1. 177] 

2438). Vgl. Hirschfeld a. a. O. S. 31, 14. Sein unmittelbarer Nachfolger war 
vielleicht 

P. Licinius M. f. Papirianus procur. Augg. imp. Caes. M. Aureli Antonini 
Aug. Germanic. Sarmatici maximi (J. 175 ff.) p(atris) p(atriae) et [dijvi Veri 
(t 169) a rationibus CIL VIII 1641 = Dessau 681 8, 

Costnus Aug. Hb., verwaltete das Amt, während Bassaeus Rufus praef. praet 
war. Zu Saepinum (Altilia) befindet sich noch an der alten Stelle des Tores 
nach Bojano, durch welches der Pfad (>ü fratturo*) fuhrt, auf dem die Schafe 
aus Apulien in die Abruzzen zurückgetrieben werden, die Inschrift CIL IX 2438 
(nach 166 n. Chr. gesetzt; vgl. die Anm.), welche die Kopien dreier amtlicher 
Briefe enthält. Der dritte derselben ist von Septimianus (Aug. lib. aditäor a 
ration.) an Cosmus gerichtet und betrifft die Beschwerden der conductores gre- 
gum cviaricorum^ qui sunt sub cura tua (d. h. des Cosmus; die oves sind dommi- 
cae, kaiserliche, und unterstehen der Fiskalverwaltung) über Übergriffe seitens 
der Stadtbehörden von Saepinum und Bovianum und der dort stationierten 
Gendarmen. Cosmus wendet sich nun deshalb an die praeff. praet. Bassaeus 
Rufus und Macrinius Vindex, und diese verfugen nach seinem Wunsch an die 
Beamten von Saepinum. Denselben Cosmus a rationibus Augg. und ein amt- 
liches Schreiben von ihm an den ebenfalb in der Inschrift von Saepinum ge- 
nannten adiutor Septumanus (so hier) erwähnt die leider arg verstümmelte stadt- 
römische CIL VI 455 v. J. 168, und ihm gehört auch die auf dem Aventin unter 
S. Sabina gefundene Wasserleitungsröhre mit dem Stempel Cosmi Aug. lib. a 
rat . .. (CIL XV 7443 [vgl. p. 909 II] = Dessau 1476). Sein unmittelbarer Nach- 
folger war vielleicht 

Euphrates, der als Inhaber des Amtes (nach 168) erwähnt wird von Galen. 
XIV 4: flv bi (Kaiser Marcus) TnvucaOTCt biet töv RpnaviKÖv TröXenov £v toTc 
irep\ töv y l<XTpov xwpiois ^oO irapaiTri<xafi£vou t^v dirobrmfav iKcivrjv. litei bk 
t#|v (mb Armntpiou toO äpxiarpoü (JKeuaEo^vTiv ävrfeoTOV dmjvci, neTd 9<4va- 
tov aÖToO Ypäi|mc Eücppdxei t$ KCtGoXiKw (d. i. rationali) f ), irap* oö td Trpöc 
Tfjv <ruv6e<Xiv d\d|ißavev dirXä <pdp|iaK<x, br|\uKJai Tis auxip lrapflv xu>v Xapßav6v- 
tu)v <xuvtc£iv auTOKpaxopuafjv, Ka\ nu06|i€vo? l\& bid iravxö? aöx$ Kcrrd n&aas 
Td? Ouvölaeis 7rapaY€Tov4vat, OKeud£e<X0ai nfcv 4k&€u<X€V ött' dfioO t#|v dvTffta- 
tov. Der Aufenthalt Marc Aureis an der Donaugrenze, während dessen Galen 
in Rom als Arzt und Schriftsteller tätig war, dauerte (mit einer kurzen Unter- 
brechung im J. 169 und vielleicht einer zweiten 174) von 167 bis 175. 

L. Iulius Ve\hilYus (?) Gr[atus ?] Iulianus war laut einer im Tiber bei der 
Marmorata gefundenen Inschrift CIL VI 31856 = Dessau 1327 (restituiert und 
vortrefflich erläutert von Barnabei, Not. d. scavi 1887 p. 537 ff.) zunächst (unter 
der gemeinsamen Regierung des Marcus und Verus) Frontoffizier, als welcher 
er sich im Partherkriege auszeichnete, dann nach Bekleidung weiterer militäri- 
scher und administrativer Posten teils unter Marcus, teils schon unter dessen 
Nachfolger, Chef der ravennatischen und hierauf der misenischen Flottenstation; 
von dieser Stellung rückte er zum a rationib. und schließlich zum Getreideprä- 

1) Ob mit ihm der von Marcus el<; 4aur6v X 31 erwähnte Euphrates und der KpdnOTOc; W- 
Tpoirot toO ZcftaoroO Aurelius Euphrates der milesischen Inschrift Rev. arch. XXVIII (1874} 110 
identisch sind, ist sehr zweifelhaft. 



[1. 178] V. DIE BEAMTEN A RATI0N1BUS, A LIBELLIS, AB EPISTULIS 31 

fekten und als Nachfolger Cleanders im J. 189 (Hist. Aug. Comm. 7, 4) zum 
Gardepräfekten auf; in diesem Amte fiel auch er der Tyrannei des Commodus 
zum Opfer (Cass. Dio LXXII 14,1. Hist Aug. Comm. 11, 3). 

Aelius Achilles war rationalis, d. h. procurator a rationibus, im J. 193 nach 
den von ihm und Claudius Perpetuus Flavianus Eutychus, wohl dem proc. sum- 
marum rationum, wiewohl er, anscheinend ungenau, kollegialisch ebenfalls ab 
rationalis bezeichnet wird x ), an die Beamten der öffentlichen Bauten gerichteten 
Erlassen [exemplaria litterarum rationaliutn dotninorum nn. scriptarum, perti* 
nentes ad Adrastutn Augg. nn. lib.) CIL VI 1 585 b (vgl. 1 585 a) = Dessau 5920 
(der unter Flavianus Eutychus eine dritte Person versteht). Vgl. Hirschfeld, 
Verw.-Beamt* S. 34 t 

Ti. Claudius Vibianus Tertullus, bekannt durch die ihm von Spectatus Augg. 
n(ostrarum) lib. adiut(or) tabul(ariorum) gesetzte bilingue Inschrift von Ephesus 
CIL in 65 74 == 7126 = Dessau 1344: Ti. KX. Oueißtctvbv TtpruXXov töv liA 
Ttü v c EXXn. vikijü v tmotoXwv k<x\ tiuv xotO' 8Xou X6tuiv tiöv \iefiorwv GULrroKpar6pujv 
xert frrapxov ouitouXiuv (von dem lateinischen Text ist nur der Schluß: . . . ab 
epistulis Graecis et a rationibus Augg. etpraef. vigilum usw. erhalten), gehört 
vermutlich in die Zeit der Samtherrschaft des Scverus und Caracalla, nicht in 
die des Marcus und Verus. 

Ritter aus nicht genau zu bestimmender Zeit: 

Aupn.Xio<; 4>fiXUE [irp&Eac OTpaTcfac] Tp€?c (d. i. tribus milüiis perfunetus), 
K€vir|vapiav bouia)vap(av (sc. procurationes) xa\ tou<; KaO'SXou X6toug dirfirpo- 
ircuffac (vgl. Hirschfeld a. a. O. S. 33, 3) der stadtrömischen Grabschrift IG XIV 
1480 = IGR I 227 = Dessau 8854 ist 'frühestens dem Ende des 2. Jahrhun- 
derts angehörig' (Hirschfeld a. a. O. S. 435, 1). 

Marcus Aurelius Iulianus a rationibus et a memoria ist bekannt durch die 
ihm gesetzte Inschrift CIL XIV 2463 (= VI 1596) und die ihm gehörige, an 
der Via Ardeatina gefundene Wasserleitungsröhre CIL XV 7403: M. Aureli 
Iuliani a memoria) nach Hirschfelds Vermutung (Verw.-Gesch. z S. 32, 3) ist er 
vielleicht identisch mit dem Aurelius Iulianus praef. praet. der Inschrift von 
Brescia CIL V 4323 (vgl. auch Dessau zu CIL XIV 2463). 

C. Iunius C.f Flavianus (CIL VI 1620 = Dessau 1342) stieg wie Claudius 
Secundinus (oben S. 28) von der procuratio hereditatium zur Prokuratur der lug- 
dunensischen und aquitanischen Provinz auf (aus dieser Zeit stammt das von 
Renier scharfsinnig auf ihn bezogene Lyoner Inschriftfragment CIL XIII 181 2), 
wurde dannproc. a rationibus und weiterhin praef ectus annonae. 

M. Petronius M. [f.] Honoratus (CIL VI 1625 a und b ** Dessau 1340) war 
nach Absolvierung der tres militiae proc. monetae, proc. XXhered., proc.pro- 
vinct\ae] Belgicae et duarum Germaniarum, proc. a rationibus Aug. und wurde 
(nach CIL VI 1625^) von diesem Amt zum praef. annon. und endlich zum praef 
Aegypti (nach Labus in den letzten Jahren Marc Aureis, vgl. Franz CIG III p. 13 1) 
befördert. 



1) Vgl. CIL Vm 23395 = Dessau 5966: termitfß Aug[ust(ales)] positi ex auctoritaU ratümaUum 
per [ilium) et^oc(atum)] Aug. n. 



32 V. DIE BEAMTEN A RATIONIBUS, A LIBELLIS, AB EPISTÜLIS [L 179] 

Cn. Pompeius Sex. f. Homullus Aelius Gracüis Cassianus Longinus rückte 
nach der ihm von seinen Erben, also wohl nach seinem Tode gesetzten Inschrift 
CIL VI 1626 = Dessau 1385, nachdem er die Offizierslaufbahn durchmessen, 
zum proc. Aug. provinciae Britanniae } proc. Aug. provinc. duarum Lugud. et 
Aquit. und schließlich zum proc. Aug. a rationibus auf. 

Ein proc. A[ug.) a rationib.,praef. vig. wird erwähnt in einem Inschriftbruch- 
stück aus Falerio in Picenum (CIL IX 5440), ein [?pro]c. a rat.(?) in dem Stadt* 
römischen CIL VI 31499. 

Aus dem 3. Jahrhundert sind bekannt (vgl. Hirschfeld, Verw.-Beamt a S. 36, 3) : 

Aurelius Eubulus aus Emesa toüc k<x06Xou X6fou<; ttnTCTpamUvoc unter Ela- 
gabal: Cass. Dio LXXDC 21, 1. 

Felicissimus rationalis, erwähnt von Vict. Caes. 35, 6. Eutrop. IX 14. Hist. 
Aug. Aurel. 38, 2, im Zusammenhang mit einem Aufruhr der monetarii in Rom 
unter Aurelian. In die Zeit desselben Kaisers gehört 

C. Valerius Sabinus v(ir)p[erfectissimus) rationalis CIL V 642 1 , dessen Amts- 
zeit bestimmt wird durch die von ihm Aurelian dedizierte Inschrift CIL XI 1 2 1 4 z ) ; 

ferner fünf weitere Inhaber des Amtes, bei denen eine genauere chronologi- 
sche Bestimmung nicht möglich ist: 

P. Aelius Dionysius (genannt Palladius) p. v. rationalis CIL VI 1587 = 
Dessau 1446. 

Cocceius Minic[ianus] rationalis CIL VI 9031 «s 33757« 

L. Sep. Antonius Agatfifyticus v. p. a rat. Eph. epigr. IX p. 415 n. 695 (vgL 
Hirschfeld a. a. O. S. 34, 3). 

[?Sep]timius Amandus [v.]p. rationdfi\is CIL V 858. 

. . . a rationibus] CIL VI 31529 (wegen der Dedikationsformel sicher aus 
dem 3. Jahrhundert). 

Der Zeit Diocletians und Maximians gehören an (vgl. Hirschfeld a. a. O.): 

Aimilius Victor v. p. a rat. CIL VI 1 1 20. 

Basilius Donatianus v. p. rationalis CIL VI 1 1 2 1 . 

Caecilianus p. v. bis ration(alis), urbis Romae et Africae CIL XI 831 = 
Dessau 12 18. 

Geminius Festus v. [p.] rationalis CIL VI 31380 = Dessau 61 1 m. Add. (de- 
diziert diuo Nigriniano nepoti Cari); derselbe, v.p. a r[ationibus) tituliert, CIL 
VI 31384 (Dedikation an Maximian). 

Julius Antoninus rationalis unter Maximian CIL III 325. 

II. A LIBELLIS 

C. Iulius Callistus (der volle Name bei Scribon. Larg. praef. 1) war Frei- 
gelassener des Kaisers Gaius (Joseph, ant. lud. XIX 64) und schon unter diesem 
zu großem Einfluß und Reichtum gelangt (Joseph, a. a. O., wo die Worte tiü 

1) In dem aberlieferten, offenbar auf einer sorgfältigen Abschrift beruhenden Text folgt auf 
den Namen Vol. Sabinus A • V • RAT, was, da jener sonst untadelig ist, vielleicht tu halten — 
Bormann emendiert [p.] v. — and a{gens) v(ices) raiiionalis) aufzulösen ist Die Inschrift würde 
dann zeitlich der andern vorangehen. 



\L 180] V. DIE BEAMTEN A RATIONIBUS, A LIBELLIS, AB EPISTULIS 33 

\itf\OT0v buvd^eui^ dcpbcero nicht notwendig auf ein bestimmtes Amt, jeden- 
falls nicht gerade auf das später von ihm innegehabte Bittschriftenamt bezogen 
zu werden brauchen 1 ). Unter Gaudius bildete er als Vorsteher des Hofamtes 
a libellis (Zonar. XI 9 p. 564: £tt\ rate ßtßXotc tujv äSufocremv £t£tcxkto) zusammen 
mit Narcissus und Pallas das mächtige Libertinentriumvirat, das den Kaiser und 
die gesamte Staatsverwaltung beherrschte (Tac. ann. XI 29. 38. Xu 1 zum J. 48. 
Zonar. XI 9; vgl. Plin. n. h. XXXVI 60: Callistus Caesaris Claudi libertorum 
potentia notus). Zur Begründung der Vermutung von Bücheier, Rh. Mus. XXXV 
1 880 S. 327, daß er auch a studiis war, reicht die Stelle Scribon. Larg. praef. 23 
tradtndo scripta tnea latina medicinalia deo nostro Caesari — divinis manibus 
laudando consecrasti nicht aus. Vgl. oben I 40. 45. 46. 

Polybius, nach Sueton. Claud. 28 a studiis, wird als Dirigent des Bittschriften- 
amtes von Seneca in der vor 44 verfaßten (Jonas, De ordine librorum L. Annaei 
Senecae philosophi p. 30 ff.), jenem selbst gewidmeten Trostschrift Kap. 6, 5 
bezeichnet mit den Worten? audienda sunt tot hominutn milia, tot disponendi 
libelli. tantus rerum ex orbe toto coeuntium congestus, ut possit per ordinem 
suum prineipis maxitni animo subici } erigendus tuus est. Nach demselben (Cons. 
ad Polyb. 6, 2) scheint es, daß er in den Ritterstand erhoben worden ist: olim 
te in altiorem ordine fn et amor Caesaris extulit et tua studia deduxerunt. 
nihil te plebeium decet, niliil humile. Auf Veranlassung Messalinas, deren 
Liebhaber er gewesen war, wurde er, 47 oder 48 n. Chr., getötet (Cass. Dio 
LX 31, 2). Wenn in dem CIL VI 20252 als Patron genannten (C. Julius) Po- 
lybius Caesaris l. (vermutlich derselbe auch CIL VI 19795. 33838) er zu er- 
kennen ist, so war er aller Wahrscheinlichkeit nach gleich Callistus ein Frei* 
gelassener des Gaius. Vgl. oben I 54. 

Diadumenus, bekannt durch die in Villa Casali auf dem Caelius gefundene 
Wasserleitungsröhre mit dem Stempel Diadutnenu[s] Aug. I. a libellis — Ti. 
Claud. Felix fec. (CIL XV 7444 nach Dresseis Abschrift, der sie nach der 
Buchstabenform in die Mitte des 1. Jahrh. setzt), könnte der Nachfolger des 
Callistus und Vorgänger des Folgenden gewesen sein. 

Doryphorus ö Td tt)c dpxvfc (xütoO (des Nero) ßißXia bttauuv (Cass. Dio LXI 
5, 4), einer der mächtigsten Freigelassenen Neros und Genosse seiner Aus- 
schweifungen (Sueton. Nero 29), wurde, wie man sagte, von diesem vergiftet 
(62 n. Chr.), weil er der Heirat mit Poppäa entgegen gewesen war (Tac. ann. 
XIV 65). Vgl. oben I 42. Sein Nachfolger war wahrscheinlich 

Epaphroditus (a libellis Sueton. Nero 49, 3), der Nero bei seinem Selbstmorde 
behilflich war. Domitian ließ ihn deshalb hinrichten (Sueton. Domit. 14, 4. 
Cass. Dio LXVII 14, 4 — nach der Reihenfolge von Cassius Dios Erzählung 
geschah es ein Jahr vor Domitians Ermordung). Epictet, der sein Sklave war, 
erwähnt ihn bisweilen (Diss. 1 1, 20. 19, 16. 26, 1 1) und an ihn richtete Josephus 

1) Völlig ausgeschlossen ist diese Möglichkeit nicht Freilich könnte dann der im folgenden 
angeführte Polybius nicht sein Vorginger gewesen sein. Aber dieser, der nach der nicht zu be- 
zweifelnden Angabe Suetohs das von Clandias neu geschaffene Amt a studiis innehatte (vgl. Hirsch- 
feld, Verw.-Beamt* S. 332, 2), könnte das ihm von Seneca Cons. ad Polyb. 6, 5 beigelegte Bitt- 
schriftenamt zeitweilig in Vertretung des irgendwie behinderten Callistus zugleich mit seinem 
eigentlichen verwaltet haben. 

Fried 1a ender, Darstellungen. Anhang. 3 



34 V. DIE BEAMTEN A RATIONIBUS, A LIBELLIS, AB EPISTULIS [1. 181] 

die Bücher contra Apionem. Ob der Tu Claudius Aug. I. Fortunatus Epaphro- 
ditianus CIL VI 15082 mit ihm in Verbindung zu bringen ist, ist unsicher, aber 
naheliegend. 

Sex. Caesius Sex. [/.] Properüanus flamen Cerialis Äomae, proc. imp. a 
patrim. et heredit. et a ltlb]ell. } fr. mit. leg. IUI Macedonic. CIL XI 5028 = 
Dessau 1447 verwaltete, wie Bormann (zu der Inschr.) gezeigt hat, das Amt 
unter Vitellius. 

Entellus, 6 rd Tifc dpxflc ßißXict bttamv unter Domitian, wird von Cassius Dio 
LXVII 15, 1 als Teilnehmer an der Verschwörung gegen diesen Kaiser ge- 
nannt, während Sueton ihn nicht erwähnt Seine Glashäuser hat Martial VIII 68 
besungen (oben I 47). Der bei Torre Sapienza gefundene Grabaltar CIL VI 
15017: dis man. Tu Claudi Aug. I. Enteilt könnte ihm gehört haben, so daß 
er die Manumission bereits unter Claudius oder Nero erhalten haben würde. 
Ein M. Ulpius Aug. lib. Cladus Entellianus CIL VI 29154. 

Hertneros Aug. lib. a libellis und seine Gattin Flavia Irene setzen ihrem 
Söhnchen T. Flavius Capitolinus die Grabschrift CIL VI 8614 = Dessau 1674. 
Der Gentilname weist auf die flavische Epoche. 

Aus dem 2. Jahrhundert sind nur drei Ritter als Vorsteher dieses Amtes 
bekannt. 

T. Haterius Nepos wurde laut seiner Inschrift CIL XI 5213 = Dessau 1338 
(vgl Borghesi, Annali d. Inst. 1846 S. 313 = Oeuvres V 3) nach der Bekleidung 
der militärischen Ämter zuerst censitc[r] Brittonum Anavion[ens.] (vgl. CIL VII 
1 168 und Eph. epigr. VII 336 n. 1 102), dann proc. Aug. Arnteniae mai[or.] (zwi- 
schen 114 und 117), ludi inagni^ hereditatiatn et 1 ) a censibus } a libellis Aug.) 
praef. vigilum, praef. Aegyp\ti\ Das letzte Amt verwaltete er bezeugtermaßen 
in den Jahren 121 (CIL III 39) bis 124 (nach einem von Bormann zu der Inschr. 
zitierten Rainer-Papyrus; vgl. auch Dessau 9060 v. J. 122), das Amt a libellis 
also wohl im Anfange von Hadrians Regierung. 

C. Iulius C.fil. Celsus (CIL XIII 1808 = Dessau 1454; vgl. CIL IX 4453) 
stieg nach Verwaltung mehrerer kleinerer Ämter vom proc. XX Heredität, zum 
proc. patritnoni, weiter zum proc. provinciar. Lugud. et Aquitanic., endlich zum 
a libellis et censibus auf. Mindestens die beiden letzten Staffeln seiner Lauf- 
bahn hat er, wie aus der auf demselben Steine stehenden Inschrift seines Sohnes 
C. Julius Celsus Maximianus adlectus annorum quattuor in amplissimum ordinem 
ab imp. T. Aelio Hadriano Antonino Aug. Pio p. p. hervorgeht, unter Pius be- 
kleidet Über die hier und sonstwo (sicher z. B. in dem Fragment CIL III 299 
= IGR HI 193 : ... a libellis et c[ensibus] . . . = [ln\ ßtßXeibiwjv k<x\ k/jvcndv . . .) 
-sich findende Kombinierung der Ämter a libellis und a censibus durch Personal- 
union vgl. Hirschfeld a. a. O. S. 66 f. 

M. AuprjXiov TTampiov Aioviiaiov töv KpAnarov xa\ IvboEÖTaxov örapxov 



AItvwto[u] Ka\ ftrapxov euBeviag, tn\ ßißX€ibiu)[v" 
&rapx[ov] öxtimAtujv kcA boutcrjvdpiov Tax[ö£vra 



Ka\ fciafvdjcreiuv toO ZeßourroO, 
ica\ TT€p\ rf|v OXajuLiviav limr)- 



[fceujuv] cruiißouXöv T€ toO leßacttroO nennt die stadtrömische Inschrift IG XIV 

1) »Dies et soll bezeichnen, daß der vorangehende Titel proc. Aug. auf die folgenden Amter 
sich nicht beziehte, Hirschfeld a. a. O. S. 65, 5, nach dem Nepos >das Amt a censibus wohl gleich- 
zeitig mit dem a libellis . . . bekleidet hat«. 



[1. 1 8 2] V. DIE BEAMTEN A R ATIONIBUS, A LIBELLIS, AB EPISTULIS 3 5 

1072 = IGR 1 1 35. Offenbar auf denselben bezieht sich, wie Hirschfeld, Verw.- 
Gesch. x S. 101, 1 (2. Aufl. 194, 2) erkannt hat, die im Anfange verstümmelte In- 
schrift von Antium CIL X 6662 = Dessau 1455 : [a libellis imp. Cammodi?] Pii 
Felicis Aug. } ducenario praef . vehicul., a copis Aug. per viam Flaminiam, centena- 
rio consiliario Aug. usw. Schon Franz (zu CIG 5895) hielt ihn für identisch mit 
dem praef. annonae Papirius Dionysius, der 189 getötet wurde (Cass. Dio LXX1I 
13, 2. 14, 3); wogegen Henzen (Ann. d. Inst. 1857 S. 97) erinnert hat, daß die 
Präfektur Ägyptens erst nach der praef ectura annonae bekleidet werden konnte. 
Sievers (Philologus XXVI 42), der die Identität festhält, nimmt eine Degradation 
des Dionysius von der Präfektur Ägyptens zur Getreidepräfektur an, auf welche 
sich die Stelle bei Suid. s. £Xoib6pr)CT€ beziehen könnte: AiXiotvöt. 6 bk KXfov- 
bpos Äoibopriae töv öiratov ifa Iv Altuimp äpxfc Kiujuujjbuiv, kcä rrapaXuei aö- 
töv Tffc dpxifc oübfcv äbiKoOvra. Daß eine solche Degradation, wenn auch ge- 
wiß äußerst selten, doch keineswegs unmöglich war, beweist der Fall des Arrius 
Varus praef. annonae im J. 7 1 Tac. H. IV 68 : Varus praetorianis praepositus vim 
aique arma retinebat. eum Mucianus pulsum loco } ne sine solacio ageret, annonae 
praefecit (vgl. Hirschfeld, Verw.-Beamt." S, 447, 4). An der Identität des Papi- 
rius Dionysius in der Inschrift und bei Cassius Dio ist also nicht zu zweifeln. 

Daß keiner der Genannten über die praef ectura AegypH hinaus befördert er- 
scheint, ist entweder zufällig, oder die Inschriften sind vor dem Abschluß ihrer 
Laufbahn gesetzt. Papinian, der unter Sever das Bittschriftenamt bekleidete 
(Dig. XX 5, 12 pr.: libellos agente Papiniano\ wurde bekanntlich später auch 
praef. praetorio. Zu derselben Stellung rückte unter Alexander Severus Ulpian 
nach der Bekleidung des Amtes a libellis auf. Im Laufe des 3. Jahrhunderts 
nimmt der Dirigent des Bittschriftenamtes den Titel magister libellorum an. 
Bekannt pind aus dieser späteren Zeit ferner: 

. . . [Pr]iscus s[ub(?)p]raef. vigil[um] . . . magister a libellis, m]agister a cen- 
[sib.] CIL VI 1628 = Dessau 1456 ( l optimis litteris' nach Maiini); 

C. Caelius Saturninus, der nach seiner von Mommsen in den Nuove Mem. d. 
Inst. 1865 S. 299fr. behandelten Inschrift CIL VI 1704 = Dessau 12 14 vom 
ducenarius a consiliis zum magister libellorum, magister studiorum und dann 
im weiteren Verlauf seiner langen Laufbahn schließlich (unter Constantin) zum 
praef praet. aufstieg (CIL VI 1705 = Dessau 12 15). 

Zeugnisse für das Amt aus dem 4. Jahrhundert CIL VI 510 = Dessau 4152 ; 
XH 1524 = Dessau 1279. Über die Unterbeamten a libellis (proximi } ad- 
iutoreSy custodes, scriniarii) s. Cuq, Le consilium principis p. 370. Hirschfeld 
a. a. O. S. 320, 1. 326, 1. 

III. AB EPISTULIS 1 ) 

1. VOR HADRIAN 

Das kaiserliche Hofamt ab epistulis hat sein genaues Vorbild in der'vielleich 
dem hellenistischen t?rt0TO\oYpäcpot nachgebildeten*) Stellung, die der Vater 

1) Vgl. Hirschfeld a. a. O. S. 319 ff. Rostowzew, Real-Encykl. VI 2 10 ff. 2) Rostowzew a. a. O. 
S. 210: >Das wenige, was wir vom hellenistischen Epistolograpben wissen, genfigt, um die Ver- 
wandtschaft desselben mit dem Cäsarischen Sekretariat außer Zweifel zu stellen.« 

3* 



36 V. DIE BEAMTEN A RATIONIBUS, A LIBELLIS, AB EPISTÜLIS [1. 183,184] 

des Pompeius Trogus im Hofstaat Cäsars bekleidete (lustin. XLM 5, 12: \Tro- 
gus . . . dicit] patretn quoque sub C. Caesar e militasse epistularuntque et legatio- 
nutn, simul et anuli curam habuisse). 

Von diesem Amt ist das eines kaiserlichen Privatsekretärs verschieden. Das 
letztere meint (wie Hirschfeld S. 319, 3 bemerkt) Sueton, wenn er sagt, daß 
August dem Horaz epistularutn officium obtulit. Er schrieb an Mäcen (Sueton. 
Vit. Horat): ante ipse sufficiebam scribendis (O. Jahn, Philologus XXVIII 10 
' rescribendis mit Vergleichung von Sueton. Aug. 45, 1 : epistulis libellisque le- 
gendis ac rescribendis) epistulis amicorum\ nunc occupatissimus et infirmus 
Horatium nostrum a te cupio abducere: veniet ergo ab ista parasitica ntensa ad 
hanc regiam t et nos in epistulis scribendis adiuvabit. An regiam (das Mommsen 
StR. II 3 764, 4 für einen Schreibfehler hält) ist als an einem scherzhaften (wie 
parasitica etwa aus der Palliata stammenden) Ausdrucke doch wohl kein An- 
stoß zu nehmen. Augusts Testament war zum Teil von seinen Freigelassenen 
Hilario und Polybius (vgl. CIL XTV 3539: C. Iulius Polybi dii^i] Augusü liberH 
L Anthus) geschrieben (Sueton. Aug. 101, 1), Polybius las es im Senat vor (Cass. 
Dio LVI 32, 1). 

Seit das Amt bestand, wurde es bis zum Beginn des 2. Jahrhunderts vorzugs- 
weise von Freigelassenen geleitet. Daß es gleich anfangs in zwei Abteilungen, 
eine griechische und eine lateinische, zerfiel, ist an und für sich sehr wahr- 
scheinlich. Trotz dieser Teilung war die oberste Leitung (mindestens seit der 
Zeit des Gaudius, aus der sich die große Bedeutung dieser drei Hofämter da- 
tiert) offenbar in die Hand eines einzigen Dirigenten gelegt; dies folgt, wie oben 
I 5 5 f. bemerkt, aus der hohen Stellung, die Narcissus neben Callistus und Pallas 
einnahm und nur als alleiniger Chef seines Amtes einnehmen konnte; sodann 
daraus, daß Abascantus unter Domitian die Korrespondenz sowohl mit den 
griechisch, wie mit den lateinisch redenden Provinzen führte. Dagegen scheint 
.im 2. Jahrhundert, vielleicht durch Hadrian, jede von beiden Abteilungen als 
selbständiges Amt konstituiert worden zu sein (s. ebd.). Daß trotzdem auch im 
2. Jahrhundert Beamte ohne weiteren Zusatz ab epistulis genannt werden, be- 
weist keineswegs das Gegenteil; denn es ist kaum zu bezweifeln, daß nicht bloß 
die Vorsteher, sondern auch die Unterbeamten, als adiutores } proximi, tabu* 
larii, scriniarii ab epistulis (vgl. Cuq S. 391 f. Hirschfeld S. 320, 1), der Kürze 
wegen einfach ab epistulis genannt worden sind (so war der Libanus Cäesaris 
vern. ab epistulis, gestorben im siebzehnten Jahre, CIL VI 8597, ohne Zweifel 
nur ein Gehilfe) 3 ). 

Wenn nun auch im 2. Jahrhundert ausnahmsweise Freigelassene ab epistulis 
(d. h., wie es scheint, als Dirigenten) vorkommen, so könnte dies daraus erklärt 
werden, daß durch die Teilung des Amtes in zwei selbständige Bureaus jedes 
einzelne an Bedeutung verloren hatte. Aber wahrscheinlich ist von der Ein- 
richtimg Hadrians, diese Stellen nur mit Rittern zu besetzen, wie bei den Be- 

» 

i) Ein ebenso frei gebrauchter Genetiv findet sich bei Plinius ep. HE 5, 19: ego autem tantum, 
quem partim publica partim amicorum officia distringuni? Friedlaender selbst vermutete: ipsere- 
scribendo epistulis amicorum sufficiebam, 2) Auch der Januarius Cäesaris Aug. (sertms) ab epistulis 
CIL VI 8596 (ans früher, wahrscheinlich julischer Zeit) kann nur einen untergeordneten Posten 
bekleidet haben. 



[1. 185] V. DIE BEAMTEN A RATIONIBUS, A LIBELLIS, AB EPISTULIS 37 

amten a rationibus (s. oben S. 28. 30), gelegentlich auch willkürlich abgewichen 
worden. Vielleicht würden wir auch Freigelassene a libellis aus dem 2. Jahr- 
hundert kennen, wenn wir von den Vorstehern dieses Amtes mehr Inschriften 
hätten. Ganz ohne Beispiel ist die fragmentierte Inschrift eines Unbekannten 
senatorischen Standes aus dem 3. Jahrhundert, der nach Bekleidung der Prätur 
die griechische Abteilung leitete (CIL VI 3836 = 31747). Der Schluß lautet 
(mit absteigender Ämterreihe): [misso] ad iuniores legendos per Aemi[liam] . . ., 
ab epistulis Graecis, cur(atori) Ocric[ulanorutn] . . . , praetori, quaes^ori}. 

Die Beamten ab epistulis im 1 . Jahrhundert, soweit sie aus Inschriften bekannt 
sind, hat schon Borghesi größtenteils verzeichnet, Ann. d. Inst. 1846 S. 324. 
Solche, die unzweifelhaft Unterbeamte waren, sind auch hier nicht berück- 
sichtigt. 

[Ti. Qlaudius [Au]gusti lib. [PAil]ologus {ab episffäis CIL VI 8601. Borghesi, 
Oeuvres V 297 identifiziert ihn mit dem Philologus, der Schüler des Gramma- 
tikers Pudens war, eines Freigelassenen des M. Aemilius Lepidus (Cos. v. J. 6 
n. Chr.) und Prokurators seiner Tochter Aemilia Lepida (CIL VI 9449= Dessau 
1 848). 

Tu Claudius Aug. lib. Eudaetnon ab epistulis CIL VI 8600. 

Tu Claudius Augusti libertus Primio ab epistulis CIL VI 8603 = Dessau 
1670. 

Narcissus (vgl. oben I 41. 45. 48. 50. 5 5 f.). Sein von Agrippina erzwungener 
Tod (Tac. Ann. XIII 1) erfolgte noch vor Claudius Begräbnis: Seneca Apocol. 
13,1. Drei Wasserleitungsröhren mit dem Stempel Narcissi Aug. I. ab epistulis 
CIL XV 75000 — c (a. b gef. in der Via Nazionale, c nach AI. Donati Hnfunda- 
mentis tetnpli IgnatianV). 

Beryllus, genannt von Joseph. Ant. lud. XX 183 f.: k<x\ twv Iv Kaitfotpciqi bk 
ol irpurroi Itipwv BrjpuXXov 1 ) (TraibctTurrbs &' ?|v oötos toO N£pwvoc täEiv Tf|v 
ln\ täv c EXXtiviku)v £7tiotoXu>v 7T€7n<JT€undvos) TreiBoum ttoXXoic xPHMacxiv altf\- 
aaaOai irapd toO N£pu>vos atJToI^ 4m(rroXf|v äicupoOcxav tf|v 'loubabuv irpöc 
aÖToüc iaoiroXiT€iav • xa\ BrjpuXXos töv auTOKpdxopa irapaicaXtoac 4tt4tux€ TP<x- 
<pf)vai Trjv £m<rroXriv. Er war ohne Zweifel ein aus dem griechischen Osten 
stammender Freigelassener, der wegen seiner literarischen Bildung dem jungen 
Nero als paedagogus zugeteilt 9 ) und dann später von diesem zum Dirigenten des 
griechischen Sekretariats befördert worden war. 

ZeKoOvbos 6 {rfJTiup 3 ) iiii tuiv dmOToXdjv T€v6n€VO£ toO v 08u>vos wird von 

1) Die zugunsten der Identifikation mit Afranius Bumu (wegen Tac. ann. XIII 2: hi [Burrus und 
Seneca] rutores imperatoriae Utuentae) von manchen vorgenommene Textänderung BoOppov (so 
auch hier in den früheren Auflagen) wird von Niese (vgl. auch SchUrer, Gesch. d. jüd. V. I 3 * 4 
580, 40) mit Recht verworfen. 2) Vgl. den M. Lwius Augustae lib. Prytanis, Lrviae Drusi 

paedag. CIL VI 33787 = Dessau 1828, den Epd\gathus \paedag]ogus pturorum [Agr]ippinae CIL 
VI 5563, den Hymnus paedagogus [T\uliae Germanici filiae ebd. 3998, den Malchio Drusi paeda- 
gogtü ebd. 3999, den Philocrate(s) Messailinae paed. ebd. 4459. . 3) > Da der Beisatz 6 ^TUJp 
ihn als* einen bekannten Redner zu bezeichnen scheint, so darf man ihn wohl für den Iulius Se- 
cundus halten, der einer der Sprecher in dem Dialog des Tacitus ist und in der Zeit Vespasians zu 
den ctlebtrrbna mgenia fori gehörte (Tac. Dial. 2, 2), mit Quintilian, der besonders seine Eleganz 
rühmt (XII 10, n), noch befreundet war X 3, 12) und früh starb (X 1, 120)« Hirschfeld. 



38 V. DIE BEAMTEN A RATIONIBUS, A LIBELUS, AB EP1STULIS [1. 186] 

Plutarch. Otho 9 ab Berichterstatter über Othos letzte Entschlüsse angeführt 
Er war wohl ein Ritter; denn »daß von Vitellius hervorgehoben wird, er habe 
dergleichen eigentlich für Freigelassene bestimmte Posten an römische Ritter 
übertragen (Tat. H. I 58), schließt nicht aus, daß Otho gleichzeitig ebenso ver- 
fuhrt (Mommsen, Ges. Sehr. VII 249, 3). 

Atovütfioc 'AXeEavbpeus, 6 rXauKou uios, xpaMMaTtKÖc, ocxtis dirö N^pwvos 
(Tuvfiv xa\ toTs ila^xP 1 TpalavoO x ) xa\ twv ßißXioOrjicuiv irpoöcrni Ka\ ln\ twv 4m- 
otoXujv xa\ Trpeaßeiwv 4t^V€to xai äTroicpi|ui<4TU)V 9 ). fjv bk. k<x\ bibäaicaXoc TTap- 
Geviou toO YP<waTiKoO • jia0r]Tr|S bk Xcupfiimovoc toö <piXocr6<pou, Sv Ka\ bie- 
b&CLTO tv 'AXcEavbpeiqt Suidas. Ihn mit C. Mueller, Geogr. min. I p. XVI für 
den Verfasser der Periegese zu halten, ist unmöglich. Dieser schrieb, wie er 
selbst in dem von G. Laue (Philol. XLII 1882 S. 175 ff.) entdeckten Akrostichon 
109 — 134 und 513 — 522 angibt (4jnf| Aiovuaiou tuiv £vtös Odpou — Oeöc c Ep- 
\ir\s £tt\ 'AbpictvoO), unter Hadrian. Folgte Dionysius dem Chäremon, der zur 
Erziehung Neros um 50 nach Rom berufen wurde, 2 5 jährig, so wäre er 117 
92 Jahre alt gewesen; doch erlebte er nach Suidas das Jahr 117 nicht. Der 
Grammatiker könnte Vater und Lehrer des Dichters sein. 

Fortunatus Aug. /. venia paternus, ab epistulis, accensus patron. dwo Aug. 
Vespasiano, lictor curiat., viat[or) hanor(atus) dec(uria) co{n)s(ulari) et pr[actoria) 
CIL VI 1887 = Dessau 1944, und dessen Bruder 

Epaphroditus Aug. I. ab epistulis in derselben Inschrift 

[7*.] Flavius Aug. lib. Protogenes ab epistulis CIL XI 3886. 

T. Flavius Aug. /. Epictetus ab epistulis, a copis mtl., lictor curiatius CIL 
XIV 2840 = Dessau 1571. 

T. Flavius Aug. lib. Euschcmon, quifuit ab epistulis, item procurator adeapi- 
tularia Iudaeorutn CIL VI 8604 = Dessau 15 19. 

Flavius Alexander Aug. lib. ab epistulis Latinis CIL VI 86 10. 

T. Flavius) Aug. I. TAal[lus] 3 ) ab epistulis Latinis CIL VI 861 1. 

Flavius Abascantus, der Kanzleivorsteher Domitians (oben I 56), wird ge- 
nannt in den beiden Inschriften seiher Freigelassenen CIL VI 8598: D. m. La- 
tnyro Abascanti Aug. lib. ab epistulis l. Domitia Nereis coniugi optitno und 
8599: Thallo Abascanti Aug. lib. ab epistulis lib. Für einen andern hält 
Hirschfeld, Verwg. * S. 209, 1 wohl mit Recht den (gleichzeitigen) Abascantus 
der Inschrift CIL VI 8628 = Dessau 1679: Diis manibus T. Flazd Aug. lib. 
Abascanti a cognitionibus Flavia Hesperis coniugi suo usw. (auf dem Grabstein 
ist der unter Domitian berühmte Wagenlenker Scorpus [Mart. IV 67. V 25. 

1) D. h. der in der Zeit von Nero bis Trajan lebte. Offenbar schöpfte Suidas aus einer Liste, in 
der die Gelehrten dieser Zeit verzeichnet waren. 2) Das letztere Amt, das auch Claudius Leib* 
arzt C. Stertinius Xenophon bekleidete (töv dpxiorrpbv xtöv Oc&v leßaatOuv xai £irl tujv 'EXXq- 
vtKWV äiroKpttioVrurv nennt ihn die koische Inschrift von Pela Paton-Hicks, Inscr. of Cos n. 345 
— IGR IV 1086 «= Dittenberger, Syll. 3 804; vgl. oben I 71 f.), kann nicht mit dem griechischen 
Sekretariat identisch sein, wie Mommsen RG. V 333, 2 annimmt, sondern ist das der Erteilung 
der Bescheide an griechische Gesandtschaften (vgl. Cuq, Consil. prineipis S. 393 und die dort A. 5 
angeführten Stellen), das nach Hirschfeld S. 323, 1 zum Ressort ab epistulis gehörte. 3) Einer 

falschen Lesung des Cognomens entstammt der vordem ebenfalls hier (nach Mors*. 901, 3) zitierte 
T. Flavius Aug. I Utas. 



[Li 87] V. DIE BEAMTEN A RATIONIBUS, A LIBELLIS, AB EPISTULIS 39 

X 50. 53. 74. XI i, 16. CIL VI 10048, 19. 10052 = Dessau 5287. 5289] abge- 
bildet, dessen Gönner dieser Abascantus vermutlich war); denn das Amt a 
cognitionibus habe damals sicherlich unter dem ab epistulis gestanden, habe 
also nicht nach demselben bekleidet werden können, wie bei Voraussetzung der 
Identität angenommen werden müßte (ebenso Dessau zu d. Inschr.). Cuq (Le 
tnagister sacrar. cognit., Biblioth. des £coles frang. XXI 113) hält die Identität 
des Abascantus der beiden Inschriften für wahrscheinlich und das Amt a cogni- 
tionibus für das zuletzt bekleidete, also für ein höheres als das Amt ab epistulis. 

Cn. Octavius Titinius Capito praef. cokortis, trib. milit., donat. liasta pura 
Corona vallari, proc. ab epistulis et a patrinwnio (des Domitian) *), iterum ab 
epistulis dtvi Nervae, eodetn auctore ex s{enatus) c(onsulto) praetoriis ornamenlis, 
ab epistul. tertio itnp. Nervae Caesar. Traiani Aug. Ger., praef. vigilum CIL 
VI 798 = Dessau 1448, Vgl. über ihn Mommsen, Ges. Schrift. IV 372, 5. Plin. 
ep. I 17. VIII 12 und oben I 57; über die Iterierung des Amtes Hirschfeld, 
Verw.-Beamt* S. 446 f. Mommsen, Res gestae d. Aug. a S. 179. 

M. Ulpius Aug. Hb. Verna ab epistulis Latinis CIL XI 1434 = Dessau 1667. 

M. Ulpius Aug. I. Eros ab epistulis Graecis CIL VI 8607. 

Glyptus Aug. lib. ab epistulis (seine Frau heißt Ulpia Athenais, was auf traja- 
nische Zeit weist) CIL XIV 3909 = Dessau 3892. Wahrscheinlich denselben 
nennt das Bronzetäfelchen CIL VI 37763 (b) = Dessau 9025 (ebenfalls aus der 
Zeit Trajans): Glypti Aug. lib. proc. praetori Fidenatium et Rubrensium et Gal- 
litiaru[m) [Alba]rum. 

Zeitlich nicht genauer bestimmbar sind: 

Acindynus Aug. lib. ab epist. Lat. (Sohn einer Aelia Florentina) CIL VI 8609. 

Ionius Aug. I. ab epistulis CIL XV 7837 a (Wasserleitungsröhre). 

Pistus Aug. I. ab epistulis CIL VI 8605. 

Diese Übersicht zeigt nicht nur, daß vor Hadrian das Amt größtenteils von 
Freigelassenen verwaltet wurde, sondern aus den (freilich spärlichen) Inschriften, 
die noch andere Ämter derselben anfuhren, folgt auch, daß es damals in keinem 
sehr hohen Ansehen stand. Zu erwähnen ist, daß allerdings ein Bassus Aug. 
lib. prox. ab epistulis Graecis (Vielleicht Dirigent der griechischen Abteilung* 
Hirschfeld a. a. O. S. 320, 1) vordem proc. tractus Carthaginiensis war (CIL VI 
8608 = Dessau 1485); er war wohl ein Freigelassener des Claudius, da sein 
Sohn Claudius Comon heißt (vgl. Eichhorst, Quaest. epigr. de procuratorib. 
p. 28). Da gerade unter Claudius Freigelassene ungewöhnlich bevorzugt wurden, 
dürfte auch dieser Fall als eine Abweichung von der Regel anzusehen sein. 
Dagegen hat die Laufbatfin des Octavius Capito mit denen der ritterlichen Vor- 
steher des Amtes ab epist. nach Hadrian schon große Ähnlichkeit. 

2. SEIT HADRIAN 

Unter Hadrian selbst haben die sechs zunächst aufgeführten Sekretäre 
fungiert: 

1) >Der Titel procurator gehört zu apatrimonio und ist daher auch bei der Iterierung des Sekre- 
tariats (ohne die Patrimonialprokuratur) nicht gesetzt« Hirschfeld, Verw.-Beamt.' S. 318, 1. 



40 V. DIE BEAMTEN A RATIONIBüS, A LIBELLIS, AB EHSTULIS [L 188] 

C. Suetonius Tranquillus, Sohn des Suetonius Laetus, der als tertiae decimae 
legionis tribunus angusticlavius an dem Kriege zwischen Otho und Vitellius 
teilnahm (Suet. Otho 10, i), erhielt das Amt als Privatmann — das von Plinius 
für ihn erwirkte Militärtribunat hatte er schließlich ausgeschlagen (Plin. ep. 
III 8) — wahrscheinlich durch Vermittlung seines Gönners C. Septicius Clarus 
[praef, praet. 119) und wurde, wie es scheint, mit diesem zugleich 121 entsetzt 
(vgl. Tillemont, H. d. E. II 389), wegen zu vertraulichen Benehmens gegen die 
Kaiserin Sabina (Hist. aug. Hadr. 11, 3). Reifferscheid (Suet. rell. p. 465) ver- 
mutet, daß seine Schrift de institutione officiorum durch dies Amt und die Ha- 
drianische Organisation der Hofämter veranlaßt sei. Wenn in der Hist. aug. 
a. a. O. Sueton epistularum magister heißt, so ist das lediglich eine Übertra- 
gung des in späterer Zeit (etwa Seit dem zweiten Drittel des 3. Jahrhunderts) 
gebräuchlichen Titels auf die frühere. 

C. Avidius Heliodorus (der volle Name CIL III 6025 = Dessau 2615), Rhetor, 
Vater des Prätendenten Avidius Cassius 1 ), aus Syrien gebürtig (Cass. Dio LXXI 
22, 2), verwaltete das Amt ebenfalls unter Hadrian (töv t<xc £m(rroXä<; outoö 
[Hadrians] öiaYCttövra nennt ihn Cass. Dio LXIX 3, 5, wo nach der evidenten 
Emendation von Hirschfeld statt irpbt töv <xutoO ibiov c HXtöbu)pov zu lesen ist 
irpbc töv 'Aouibiov C HX.; vermutlich identisch mit dem Hist. aug. Hadr. 15, 5 
und 16, 10 unter den Freunden des Kaisers genannten 'Philosophen' Heliodor) 
und stieg bis zur Präfektur von Ägypten, die er laut der Inschrift eines Tempels 
in der großen Oase im J. 140 bekleidete (CIG 4955 = Dittenberger, Or. gr. 
702 = IGRI 1264: 4tt\ 'Aouibiou c HXiobdbpou dirdpxou AItutttou usw. Jtou? 
Tpiiou 3 ) auTOKpdTopo^ [folgen die Namen des Pius]; in derselben Stellung nennt 
ihn die Bauinschrift von Syene CIL III 6025 = Dessau 2615 und Aristid. or. 
26, 75 [II 444 K.]: fJKei bt ixox k<x\ irapd c HXiobdupou toO xffc AixuTrrou uirdpxou 
[^TT(ipxou ?] Tevofidvou TP^mnaTa Stjma toic ßatfiXucoic). 

L. Julius Vestinus, sicherlich ein Verwandter des gleichnamigen Freundes 
des Claudius (vgl. unten Anhang VII), wird genannt in der stadtrömischen In- 
schrift IG XIV 1085 = IGR 1 136: 'Apxiepei AXeHavbp€i'a<; ica\ AIyutttou irätfiK 
(vgl. Mommsen RG. V 568, 1 und Wilcken, Hermes XXIII 1888 S. 600 ff.) Acu- 
Kiqj 'louXdfj OuiiaTivqj Ka\ £iri<XTdxij toO inouaeiou Ka\ &r\ tu>v £v c Pu)Mij ßißXio- 
GriKuiv c Pu)|üiaiKUJV tc k<xV EXXr|viiauv Kai ini Tffc Traibeiac (d. i. a studiis) c Abpta- 
voO toO aÜTOKpaiopo? Ka\ 4m<JToXei (d. i. ab epistulis) toö aöxoO aÖTOxpäTOpoc . . • 
und von Suidas: OuriaTivoc 'louXioc xpr\ii(XT\<sa<; Gotpioifc diriTO^v tij&v TTay- 
cpiXou irXuxjauiv. Die beiden Inschriften CIL VI 9520 = Dessau 7401: Dis 
tnanibt^s] Nicotii L. Iuli Vestini ser. librar. und 17 197: Ephebo L. Iuli Vestini 
servo werden sich eher auf Sklaven des älteren Vestinus beziehen. 

Einem vierten, dem Namen nach unbekannten 3 ) Sekretär Hadrians gehören 
zwei Inschriften, eine ephesische (CIL III 431 = Dessau 1449): . . .proc. [imp.] 

1) Die Angabe der in ihrem größten Teile gefälschten Vita Avid. Cass. I, 1 Avidius Cassius 
... exfamilia Cassiorum fuisse dicitur y per matrem hotniru (Hss. tarnen) novo genitus Avidio Severo 
(Syro Hirschf.), q%ä ordints duxerat etpost ad summas dignitates pcrvenerat ist ganz offenbar fingiert 
und daher historisch nicht zu verwerten. 2) So Franz; TTITOT Legrain; vr\ toO Schweinforth. 
3) In der weiterhin angeführten griechischen Inschrift ist der Rest seines Cognomens (. . . fjuiovi) er- 
halten, was die Identifikation mit Vestinus, an die Borghesi dachte, ausschließt 



[1. 189] V. DIE BEAMTEN A RATIONIBÜS, A LIBELL1S, AB EPISTULIS 41 

Caesaris Tra[ialpti Hadriani [Aug.] ad dioecesin Alexandr., [pyoc. bibliothecar. 
Graec. et Latin., ab epist. Graec. } proc. Lyc. Pamp. Galat. PaphL Pisid. Pont., 
proc. heredit. et proc. prtfvin)ciae Asiae, proc. Syriae usw. und eine in Ptolemais 
in Ägypten gefundene (IGR III 1077, vgl. CIL III 71 16 und p. 2235 n. 13674): 
. . . i^ovi, iTTiTpoirifj [otuTOicpdTopoc KJaiaapos TpmavoO ['AbpiavoO ZeßaajroO 
in\ oioncrjacwc ['AXcEavbpefas, £ir]iTp67rqj ßu[ß]Xio0riKu>[v 'Pujiuuxikwv xa\ c EXj- 
ArjviKUJv, £ir\ dmaToXÄv fEXXrjvna&v, £jr]iTp6Trqj ^Tiapxeiujv [Auiciac TTan<p]u- 
Atac TaXaifa^ TTi[aioiac TT6vtou TTa<pXa]YOVias AuKaov(a[s, imTpoiNfj k]Xi|PO- 
voiuiuiv [k<x\ ^TriTpÖTTifj ^Trapx€ia^ 'A]a(ac, dTnTpfoirqj lupia^. 'Vielleicht hieO 
er [Eöbaji^uiv und war Ägypter (der Name scheint dort besonders häufig ge- 
wesen zu sein), wozu der Beginn seiner Laufbahn gut passen würde. Ich 
möchte ihn für identisch halten mit dem Hist. aug. Hadr. 15, 3 genannten Eu- 
daemonem prius conscium imperii (was vielleicht aufsein Amt als Sekretär geht) 
ad egestatetn perduxiV. um so mehr, als auch Heliodorus an derselben Stelle 
genannt wird' Hirschfeld. 

*Celer, Texvotpaqpos, d. h. Verfasser eines Lehrbuches der Rhetorik, ßctcfiXi- 
kwv dmaToXtöv dyaöö? irpocrraTT]? (Philostrat. Vit. sophist. I 22, 3). Ihm wurde 
eine Rede des Dionysius von Milet beigelegt; da er dessen Zeitgenosse war 
(Aiovucfup töv £k ji€ip<XK{ou xpovov bidepopov nennt ihn Philostrat), so mag er 
das Amt (natürlich ab epist. Graec.) ebenfalls noch unter Hadrian bekleidet haben. 
Aus Aristid. or. 26, 57 (II 440 K.) ergibt sich nicht bestimmt, ob er damals noch 
im Amte war. Aristides sagt, Plato sei ihm im Traume erschienen und habe 
gefragt, iroTöc Tis, E<pr|, <ro\ <pcuvo|Liai eis imcrroXAs; \xt\ cpauX6T€po? toO KtXepot; 
töv YP<war£a bf| \if\uv töv ßaaiXiK6v. KäTu>, euqprjjuiei, l<pr\v, tö xa\ \ie[xvf\adai 
ae toioötov (1. toioutou) Svra octti? et. Vielleicht ist er identisch mit dem grie- 
chischen Rhetor Caninius Celer, der Lehrer des L. Verus war (Hist. Aug. Ver. 

*, 5). 

L. Domitius L. f. Quir. Rogatus (CIL VI 1607 = Dessau 1450) wurde nach 
Bekleidung der tres militiae zunächst ab epistul. LuciiAelii Caesaris (des Kron- 
prinzen im J. 137; vgl. Hirschfeld a. a. O. S. 32, 4), dann proc. monetae Aug., 
schließlich proc. Aug. provinc. Dalmat. 

Aus der Zeit der Antonine ist neben mehreren Rittern auch ein Freigelassener 
als Inhaber des Amtes bekannt 1 ): 

M. Aur{elius) Alexander Aug. lib. ab epistulis Graecis CIL VI 8606 = Dessau 
1668, nach Hirschfelds Vermutung identisch mit Aurelius Alexander prox(imus) 
ab epistul. Lat. (Bleiröhre aus Gabii CIL XIV 2815 =XV 7832 = Dessau 1669) 
und M. Aur{elius) Aug. lib. Alexander p(rae)p(ositus) tabell(ariorum) st[ationis) 
(vicesimae) her(editatium) CIL VI 8445 === Dessau 1553, woraus sich seine 
Ämterfolge ergeben würde 9 ). 



1) Der als zweiter früher hier (nach Donati 309, 4) angeführte L. Aurelius Aug. /. Secundinus 
ist gefälscht (CIL VI 3378*}. Dagegen könnte Acindynus (S. 39) zeitlich hierher gehören. 

2) Doch sind auch noch andre kaiserliche Freigelassene namens Aurelius Alexander bekannt: 
CIL VI 10860. 13159 (derselbe 13360). 28283, so daß bei der relativen Häufigkeit des Namens, 
zumal er auch zu der severischen Epoche paßt, die Identifizierung sehr problematisch ist. — Viel- 
leicht war auch, wie Cuq S. 385, 6 bemerkt, der Dig. XXIII 2, 57 genannte Mensor {JDivus Marcus 
et Lucius imperator es Flaviac Tertullae per Mensor em libertum ita rescripserunt) ab epistulis. 



42 V. DIE BEAMTEN A RATIONIBÜS, A L1BELLIS, AB EPISTÜLIS [1. 190] 

Von den Rittern dieser Epoche waren die Römer ab epist. Lat. } die Grie- 
chen ab epist Gr., was auch, wo ausdrückliche Angaben fehlen, selbstver- 
ständlich ist. 

Ab epist Lat.\ 

» . . . [Quinta] ilius C. fiL . . [adlectus in amplissimum] ardinem inter praetorios 
iudictfo imp. Antonini Aug. x ), ab epist]ulis Latinis, procurator sutnmarum ra- 
tidjtum, procurator prov. A]siae } iuridicus Alexandreae, ab epistulis [M. Aureli 
Caesaris(?) T ), procurator prov.] Macedoniae, ab commentariis Corneli Re[pentüti 
pr.pr.] CIL VI 1564 =* Dessau 1452 (gef. in der sog. Villa der Quintilier an 
der Via Appia). 

Sex. Caecilius Q.f. Quir. Crescetis Volusianus CIL VIII 1 174= Dessau 145 1) 
war zunächst praefect. /ob., dann advocatus fisci Rotnae, proc. [X]X her., ab 
epistu[l. di)vi Antonini, ab \ep^sUiJ!\ Augustorum (d. h. des Marcus und Verus, 
nach Pius Tode). 

T. Varius Clemens wurde laut der ihm in seiner Geburtsstadt Celeja ebenfejls 
zwischen 161 und 169 gesetzten Inschrift CIL III 5215 = Dessau 1362 £ (vgl. 
CIL III5211 — 5214.5216.11 690) nach Bekleidung mehrerer militärischer Kom- 
mandos und Provinzialprokuraturen (von Cilicien, Lusitanien, Mauretania Cae- 
sariensis, Rätien) zuletzt vom proc. provinciar. Belgicae et utriusq. Germ, zum 
ab epistulis Augustor. befördert. Als Prokurator von Mauretanien wird er in dem 
Bericht über den Tunnelbau zu Saldae CIL VIII 2728 m. Add. 18122 = Dessau 
5795 mit Anfuhrung eines darauf bezüglichen amtlichen Schreibens von ihm 
an den Legaten von Numidien (v. J. 15 1/2) erwähnt 9 ). 

£ Galvisius C. f. Pob. Statianus populi (erg. Veronensis) advocatus, ab epi- 
stulis Latinis Augustor. (CIL V 3336 = Dessau 1453, Verona) war nach CIL 
III 12048 praef. Aeg. im J. 171. Die Augusti in der Veronenser Inschrift sind 
also Marcus und Verus. 

Tarrutenius Paternus 6 jäq £m<XTOXäs ciötoö (des Marcus) täs Aorivotc bid 
X€ipÖ£ fywv, und zwar zur Zeit des ersten Markomanenkrieges (Cass. Dio 
LXXI 12, 3), war im zweiten (als praef. praet.) Armeeführer und erfocht 179 
einen großen Sieg (Cass. Dio LXXI 33, 3). Commodus entfernte ihn (183) vom 
Amt durch Erteilung der Senatorwürde (Hist. Aug. Comm. 4, 7) oder des kon- 
sularischen Ranges (Cass. Dio LXXII 5,1) und ließ ihn dann hinrichten (Cass. 
Dio a. a. O.). Sein Nachfolger war vielleicht 

Vitruvius Secundus, qui epistulas itnperatorias curarat (Hist. Aug. Commod. 
4, 8), der mit ihm eng befreundet war und mit ihm zugleich getötet wurde. 

Manilius hieß nach Cass. Dio LXXII 7, 4 der einflußreiche Sekretär des 
Avidius Cassius (j&q £m<XToXäs auToO räq Aarfvas bioucrjcraO, wohl identisch 
mit dem Pudens, dessen YP<WOT0t id iv to?c Kißumoic €upe9ivra Kaiser Marcus 
ungelesen vernichten ließ (Cass. Dio LXXI 29, 1); vgl. Hirschfeld S. 324, 2. 

1) Ergänzungen Hirschfelds S. 32, 4. Ab epistulis [Latinis adiutor) ergänzt Mommsen an der 
zweiten SteUe. 2) Seine früher hier vermutete Identität mit dem von Cass. Dio LXXI 12, 1 

als Statthalter von Dacien genannten KAf)pr|C ist unmöglich ; in diesem ist vielmehr ohne Zweifel 
Sex. Cornelius Clemens tonsillaris et dux triam Dadarum im J. 170 (CIL VIII 9365. III 7505 » 
Dessan 1099. 231 1) zu erkennen. 



[1. 191] V. DIE BEAMTEN A RATI0N1BUS, A LIBELLIS, AB EPISTULIS 43 

Ab epist. Graec. 

Alexander, genannt TT^XotiXotiüv. Philostrat. Vit. sophist. II 5, 3: dßdbiie 
jutv T^P eis id TTaioviKd ?9vr] KaTaKXr)Ge\s öttö MdpKOu ßa(7iX£u>s £k€i <XTpa~ 
t€uovto? Ka\ bebuucÖTOc auTiIi tö diriOTdXXciv f 'EXXr|(Jiv. Ebd. 5, 4: TeXeuTfjtfai 
töv 'AXÖavbpov oi [xkv 4v KeXxois cpatfiv In frrKJTeXXovra, oi b* £v 'liaXicy 
ir€7raufi£vov toO ^iricrTdXXeiv. 

Cornelianus, Rhetor. Vermutlich derselbe, dessen Sohn der Rhetor Metro- 
phanes war (Suid. Mr|TpocpdvrK, Kopvr)Xiavoü ^xopos, Aeßabeü? ktX. ; er schrieb 
unter anderem 7rep\ tu»v xotpaK-rfjpujv OiXocrrpdTOu). Phrynichus, der dem Cor- 
nelianus seine Ekloge dedizierte, spricht von zwei gemeinsam regierenden Kai- 
sern, wohl Marc Aurel und L. Verus (vgl. Kaibel, De Phrynicho sophista S. 14). 
Epit. p. 418 Lobeck: irpumOTov pkv £v iraibefqi iüi^ykttov dHuuna AiravTiüv tyov- 
Ta ak xai biet toOto Ik TrpoKpiTiuv dirocpavO^VTa uttö twv ßatfiX^wv frnaroXfo 
aÜTÄv. Vgl. p. 225: au bk ßatfiXucös £tti<JtoX€Üs imcpavei's und 379: £H€XXr)vi- 
£wv xa\ ölttxkIIvjv tö ßacriXucbv biKaairipiov Ka\ bibdcftcaXoc KaGitfidnevos od 
inovov aÖTifiv tOjv Xotujv (dXXd xa\?> oTov XP^I Xlt€iv, ax(\iiOLToq xa\ ßX£|uijiaTOs 
Ka\ cpwvns Kai <TTd<Jewq. Ob er, wie es hiernach scheint, gleichzeitig das Amt 
a cogmtionibus bekleidet hat, was Hirschfeld, Verwg. x S. 209, 1 bestreitet, bleibe 
dahingestellt (vgl. oben S. 39}. Mai hielt ihn für identisch mit Sulpicius Cor- 
nelianus, Frontos Freund, Haus- und Studiengenossen {Ep. ad amicos 1 1 p. 1 73 
N.); Bücheier, Rh. Mus. LXIII 1908 S. 193 für den bei Stobaeus Flor. IV 45 
p. 230 H. zitierten KopvrjXiavoO Kaid Bepevuait (nach Bücheier eine rhetorische 
>i€X£ni gegen die Geliebte des Titus). 

Hadrianus, Sophist. Philostr. Vit. sophist. II 10, 6: vocxoOvti bk aöiijp Kord t^v 
c Puijuir|V, 8t6 bi\ Ka\ ^TeXeÖTa, £i|niq>{(7aT0 jla^v raq imcTToXd? 6 Kommobo^ Euv 
diroXotty toO jif| Ka\ Oärrov, 6 bk taiBeidtfac fifev TaTs Moüaaic, w<XTT€p eidiGei 
( J Abpiav6s Moöaaiai ji4Xuiv : Kaibel, Epigr. Gr. 888a), trpocTKuvriaa^ bk idc 
ßatXiXciac bdXTOu?,Tf|V tyuxf|V irpöc aöiaic dcp^KCv tmTacpiqj Tij tijliQ xpr\0&\ievo<;. 
Doch sagt Suidas s. v.: |ua8riTf|s c Hpu)bou — dvTiypacpeu^ twv £Tri<JToXurv (mb 
Ko^obou dx^veto, d. i. dietator epistularum (Salmas. ad Scr. Hist. Aug. II 785), 
ein Ausdruck, den Suidas nach dem Gebrauch der späteren Zeit anwendet. 
Nach Hirschfelds Vermutung ist er identisch mit dem von Galen XIV 627 er- 
wähnten 'Abpiavbt 6 friiwp, OÖ7TUJ croqpicrreuwv, dXX* li\ auvdiv Tiß Bor|0tu. 

Unbestimmbar ist die Zeit des ancyranischen Fragments IGR III 188, in dem 
ein Zejumpumos 'AKuXas T€v6|ie[v]og tir\ dmäToXuiv c EXX?iviku>v [l€]ß(a<XToO) 
genannt wird. 

In der Inschrift CIL X 4860: . . . [Gabinitf) Tey. Aspri pont{ificis) y augur[is) % 

[ pr]oc. Augg. nn. et graph [ ]ni usw. mit Borghesi graph. in grapA(ei) 

(d. h. ab epist. Gr.) [itnp. Antonien aufzulösen, ist, wie auch Mommsen bemerkt, 
unmöglich 1 ). 

Aus dem 3. Jahrhundert sind bekannt : 

Antipater, Sophist aus Hierapolis, ab epist Gr. bei Sever (Philostr. Vit. soph. 
II 24, 2), Lehrer des Caracalla und Geta (ebd.). Galen. XIV 218: öttötc toOv 
'Av-rfiraxpos, 6 Täq c EXXrjviKd<; dmaToXa«; aÜTiöv Trpdrreiv (Tdrreiv vermutet 

1) Es wird vielmehr zu lesen sein: [L. Gab\inio L. f. Ter. [Cosmian[o trib. leg. VI usw. pdjtri 
Gabi?tio}r{$tm)Aspri pont., augur., [ pr\oc.Augg. mu et GrapA[üi{?) Cosmia[?)]m patronor. eol. usw. 



44 V. DIE BEAMTEN A RATIONIBÜS, A LIBELLIS, AB EPISTULIS [Liga] 

Hirschfeld mit Vergleichung von Joseph. A. I. XX 1 83) ir€mcfT€Ufi4voc, xa\ bid 
tö <X€>ivöv toO f|6ou? Ka\ bid Tf|v dv ToTg ftTyropucoit Xoyok; ivieXfl irmbcictv jie- 
Y<iXu>c ött* aöriöv (Sever und Caracalla) Ti^wjuevos, tQ veqppiTucij biaO£<J€i ircpi- 
7rc<Tu)v, beivd Ka\ dviixcara öttö toO irdOoug &ra<rx€V, ä&&raivov aÄTuiv clbov 
Tfjv 7rcp\ toüs (piXouq ds tö crwEecrGai airouWjv, xa\ GauyaöTf|v rf|V ir€p\ icrrpi- 
Kf|V cpiXoTi|i4iav. 

Ti. Claudius Vibianus Tertullus ab epistulis Graecis et a rationibus Augg. = 
lit\ täv c EXXr]viKU)v dirKTToXÄv Ka\ täv kciO* 8Xou X6tuiv twv neffffTuiv aÖTO- 
KpcmSpwv (vermutlich des Severus und Caracalla) CIL III 6574 = 7126 = Dessau 
1344; vgl. oben S. 31. 

Marcius Agrippa, unter Caracalla T&q T€ bi<rfvi&tf€is *a\ täc diriaToXds bioi- 
Kf\aa<; x ) xa\ tö tcXcutoiov dg touc ßouXeuTdg touc taTpaTr\fx\^6xa^ dmuaOefc, 
d. h. adlectus inter praetorios (Cass. Dio LXXVIII 13, 4), wurde von Macrinus 
zum Statthalter von Dacien ernannt (Cass. Dio a. a. O.). In der Erzählung von 
Caracallas Ermordung Hist Aug. Carac. 6, 7 heißt es, daß er classi praeerat. 

Aspasius von Ravenna (Philostrat. Vit. sophist. II 33). Er bekleidete auch 
die Professur der Beredsamkeit zu Rom, vedEwv \xtv euboKijiduTCiTO«;, ipipdcnciuv 
bfc Euv airiqt toO \it\ ferdpip dTro<7Tf]vai ßouXeaOai. Über die an ihn gerichtete 
Schrift Philostrats von der Abfassung der kaiserlichen Briefe vgl. oben I 58. 

Maximus von Ägä, Verfasser eines Lebens des Apollonius von Tyana (Philo- 
strat. Apoll. T. I 3, 5); fjEiwOri bfc Ka\ ßatfiXeujuv ötkxtoXujv oötoc eöboKi^wv 
t^v qpwvrjv (ebd. I 12, 14). 

Numisius Quintianus v. p. ab epistulis Latinis unter Gordian CIL VI 1088 
= Dessau 499 v. J. 239. 

Ein Sallustius oder Sali ustianus, dem die afrikanische Inschrift CIL VIII 15270 

gesetzt ist: ]sio Sallus[ti ]deae, adlecto [inter ma- 

gis]tro epistular[um ]bus, a militis .... 

Ein ab epistulis .... (der Name ist verloren) in dem wohl aus der zweiten 
Hälfte des 3. Jahrhunderts stammenden Fragment CIL VI 3819 = 31534. 

Claudius Eusthenius, qui Diocletiano ab epistulis fuit Hist. Aug. Carin. 
18,5. 

Das offiäum a memoria [officium memoriae CIL VI 86 1 9) ist wahrscheinlich 
von Hadrian eingerichtet worden; jedenfalls wird es bereits in einer sicher noch 
dem 2. Jahrhundert angehörenden Inschrift (CIL VI 8618 = Dessau 1672: 
Ctesiae Aelii Cladei, a memoria et cubiculo Aug., ser. — der Herr war ohne 

1) Mommsen StR. II a 926, x (in der 3. Auflage fehlt die Anm.) und Hirschfeld, Verwg. x 209, 1 
nehmen an, daß er erst a cognitionibus, dann ab epistulis war; vgl. dagegen Cnq (oben S. 39). 
Während seines Aufenthaltes im Orient hatte Caracalla die Erledigung seiner Korrespondenz 
im wesentlichen seiner Mutter Julia überlassen (Cass. Dio LXXVII 18, 2: tt|V tü&v ßißXfcw Ttftv 
T€ £rriöToAtiiv £koit£piuv, irXfjv rtöv irdvu ävorfKaftuv, öiohaiaiv oOtt) £mTp£u>aO> was natürlich 
so zu verstehen ist, daß die einlaufenden Schreiben in Abwesenheit des Herrschers ihr als seiner 
Vertreterin zur Entscheidung unterbreitet wurden (vgl. Cass. Dio LXXVIII 4, 2. 3 : ouvlßv) ToOro 
fiev rä TpdwiaTa k$ Tfjv 'Avtiöxciov irpö^ tt)v (ixryrtpa xr^v) 'louXfav irapair€|jupOv)vai, ht&br\ 
iicaclXcuaTo aüirfi irdvra rh ä<pucvoti|üieva ftiaXlirav, !va }J\ jidVrr)v oi 6%\o% rpawidruiv 4v 
Tf) iroXcpfo: övri ir^irrrrai), die amtliche Bearbeitung derselben aber nach wie vor in den Hinden 
der beiden zuständigen Ressortchefs lag. 



[1. 193] V. DIE BEAMTEN A RATIONIBÜS, A L1BELLIS, AB EPISTÜLIS 45 

Zweifel Freigelassener des Hadrian oder Pius) erwähnt (vgl. Cuq, Le Conseil 
S. 401. Hirschfeld, Verw.-Beamt* S. 334, 6). Daß es nicht aus dem Amt a 
studüs hervorgegangen sein kann, wie Mommsen meinte, ist oben I 55, 7 be- 
merkt. Allerdings hat die Emendation von Lipsius (Elect. I 12) bei Sueton. 
Aug. 79, 2: Iulius Maratkus, libertus et a memoria eins (die Codd. haben 
etiam memoriam) viel Wahrscheinlichkeit (Roth hat sie aufgenommen), aber, 
auch wenn sie zutrifft, könnte der Titel hier von Sueton irrtümlich aus seiner 
Zeit auf die augustische übertragen sein. Sicher bezeugt ist das Amt für das 
1 . Jahrhundert also nicht. 

Eine Zusammenstellung der Beamten a memoria gibt Cuq S. 397 ff. Bis auf 
Severus Alexander sind nur kaiserliche Freigelassene in dieser öfters mit dem 
Oberkämmereramte kombinierten Stellung nachweisbar (Hirschfeld S. 335). 
Der älteste ist 

Aeiius Cladeus a memoria et cubiculo Aug. (s. S. 44). 

Castor: ipicrroc twv ircp\ töv leoufipov Kcucrapeiujv fjv Kai iireirfoTeuTO Tfiv 
t€ jxvr\\ir\v (so mit Hirschfelds Emendation für das überlieferte Tvu>nnv, vgl. 
Verw.-Beamt* S. 335, 1) aötoO k<x\ töv Kom&va (Cass. Dio LXXVI 14, 2); vgl. 
oben I 61, 4. 5. 

Festus: fjv cxutuj (Caracalla) Tis twv direXeuB^puiv (pfATcrroc, 0?\<xtos jifcv 
5vofia, -rite bk ßacriXeiou \1vf\11r\s Trpoctfrdbs. oGrot Ävtos aöioO £v 'IXiqj treXeti- 
TTjaev (Herodian. IV 8, 4). Mit ihm dürfte, wenn die Überlieferung des Namens 
richtig ist, identisch sein der Martins (?) x ) Festus [a cubic.?] et a memoria imp.] 
Antonini Pii [Felicis] invicti mc^ximique) Aug. der tiburtischen Ehreninschrift 
CIL XIV 3638 (das Original ist verloren). Vgl. auch Cass. Dio LXXVÜI*32, 4 
(zum J. 218): 6 EÖTuxictvöc töv Oflcrrov (Kcrrä TÖVToOTapaörou [d. i. Cara- 
calla] TTpOKOlTOV dVTWVOfidcrOri) ?7T€ICT€V USW. 

Julius Paulus: Pauli et Ulpiani praefecturae^ qui Papiniano in consilio 

fuerunt ac postea, cum unus ad memoriam , alter ad libellos paruisset, staunt 
prae/ecti facti sunt (Hist. Aug. Pesc. Nig. 7, 4; vgl. Alex. 26, 5). 

Marcus Aurelius Iulianus a raüonibus et a memoria CIL XIV 2463, genannt 
auch auf der Bleiröhre CIL XV 7403: M. Aureli Iuliani a memoria] vgl. oben 
S. 31. 

Iulius Calpurnius qui ad memoriam dütabat (unter Carus) Hist. Aug. Car. 
8, 4 ist offenbar eine fingierte Person. 

Von dem Bureaupersonal sind erwähnenswert der proximus des officium me- 
moriae Januarius, ein kaiserlicher Freigelassener, an den zwei Reskripte eines 
unbekannten Kaisers, vermutlich aus dem Anfang des 3. Jahrhunderts, gerichtet 

sind (CIL VI 8619, s. unten S. 47), der M. Aurelius Aug. Hb proximus a 

memoria CIL XIII 1 800, ein adlectus a memoria [Aug. Hb., gestorben im Alter von 
1 7 Jahren) CIL XIV 406 2= Dessau 1673, ein oficialis vetus a memoria eta diplo- 
matibus (Aug. Hb) CIL X 1727 = Dessau 1678 (das letztere Amt, das auch CIL 
VI 8622 = Dessau 1677: T. Aeiius Aug. Hb. Saturmnus a diplomatibus erwähnt 

x) MARCI könnte verlesen sein für M ATREL. Doch kommen auch Freigelassene von Privat- 
leuten vor, die erst nach erfolgter Manomission in den kaiserlichen Dienst getreten sind und sich 
unter Beibehaltung ihres früher erlangten Gentilnamens Aug. lib. nennen (s. Hirschfeld a. a. O. 
S. 458, 1). So könnte dieser ein Freigelassener des Marcius Agrippa (oben S. 44) gewesen sein. 



46 V. DIE BEAMTEN A RATIONIBÜS, A LIBELLIS, AB EPISTULIS [I, 194] 

wird, bildete wahrscheinlich eine Unterabteilung des officium tnemoriae; vgl. 
Hirschfeld S. 200). 

Das Amt a memoria, dem (wie es scheint schon seit dem Anfange des 3. Jahr- 
hunderts) ein wichtiger Teil der Geschäfte zugewiesen wurde, die früher den 
Ämtern ab epistulis und a libellis obgelegen hatten, bildete in nachdiocletiani- 
scher Zeit das 'kaiserliche Expeditionsbureau, während die andern Bureauchefs 
nur noch eine vorbereitende Tätigkeit, wesentlich als Referenten', behielten; 
daher sie durch den später eingesetzten magister memariae mehr und mehr in 
in den Hintergrund gedrängt und ihm auch im Range nachgestellt worden sind 
(Hirschfeld S. 336 f.; vgl. Cuq S. 473). M. Bang. 



VI 

DIE REIHENFOLGE DER ÄMTER VON 
KAISERLICHEN FREIGELASSENEN 1 ) 

Die allmähliche, durch den Kaiser selbst (Hirschfeld, Verw.-Beamt" S. 443, 
3. 462, 3) bewirkte Beförderung der Freigelassenen im kaiserlichen 
Hause von geringeren und untergeordneten zu wichtigeren Diensten und 
Stellungen machen am besten einige Inschriften anschaulich, bei denen nicht zu 
bezweifeln ist, daß die angeführten Ämter in derselben (auf- oder absteigenden) 
Reihenfolge aufgeführt sind, in welcher die betreffenden Personen sie bekleidet 
haben. Vorausgeschickt seien die Fragmente zweier kaiserlicher Reskripte an 
einen Freigelassenen Januarius. In dem einen wird ihm nach zufriedenstellender 
Verwaltung der Stelle eines proximus in dem officium tnemoriae (vgl. oben 
S. 45) ein Jahresgehalt von 40000 S. bewilligt, in dem andern die Beförderung 
zur statio voluptatutn. Die Fragmente lauten mit den Ergänzungen von Momm- 
sen und Hirschfeld (CIL VI 8619): . . . Ianuario [Hb.] salutem. [Functus es per 
annos . . . tninisterio officii nfymoriae. in quo mihi probe et laboriose [e]t ex 
dis[ciplina tnea operam praebuisli } «]/ indulgentiae tneae praerogativam tanto 
magis cilfa tua frobaverit, quanto plus amoris tuo tninisterio sit mihi concüia- 
tum; ideoque iustum arbitratus suvi [. . . adaequare te] ceteris proxitnis, gut in 
aliis stationibus quadragena tnillia n. \accipiunt\ neque haec indulgentia c]ui- 
quant miravideri potest, cum iudicium meumfidei labori sed[ulitati tuae optimo 
iure tri]bui a me intellegatur. Bene vale. 

. . . Ianuario Hb. salutem. [Quoniam functus studio pecuPfare tninisterio officii 
memoriae es et fides ac mode\s^ia qu[a semper egisti et commendatio] magistri 
tui hortantur, ut te ad splendidam voluptatutn statio\nem promeveam, defero tibi 
officium . . .] colliber[t]i tui nee dubito operam iri(s\umpturum } ut talem te [in eo 
praebeas } qualis esse debet, qui a]d latus prineipum tarn diu egerit Bene vale. 

Von den Inschriften, in denen die Laufbahn kaiserlicher Freigelassener ver- 
zeichnet ist, sind besonders beachtenswert die folgenden: 

1. 27. Claudius Aug. Hb. Bucolas praegustator, triclinarc. (so), proc. a mu- 
nerib^proc. aquar^proc. castrensis usw. (Weihinschrift aus Cäre) CIL XI 3612 
= Dessau 1567. 



1) Vgl. 1 39, 1. 52, 4. Großenteils bereits veröffentlicht in dem Programm der Universität Königs- 
berg v. 12. Mai 1861 (Acad. Alb. Regim. 1861, HI). Vgl. dazu Hirschfeld, Verw.-Beamt.* S. 457»! 



r 



48 VI. REIHENFOLGE DER ÄMTER KAISERL. FREIGELASSENEN [L 195] 

Bucolas begann seine Laufbahn als Vorkoster, ein Amt, das bei Claudius 
u. a. der Eunuch Halotus versah , der bei seiner Vergiftung tätig gewesen sein 
soll (Sueton. Claud. 44, 2), und das, wenigstens unter diesem Kaiser, keine ge- 
ringe Bedeutung unter den höfischen ministeria gehabt zu haben scheint (vgl. 
die Laufbahn des Ti. Claudios] Epinicus Dessau 9504, der vom a secretis Aug., 
einem sonst unbekannten Amte, zum praegustatar und dann gleich zu einer Pro- 
kuratur befördert wurde). Danach wird auch Bucolas vor dieser (offenbar erst 
nach der Freilassung übernommenen) ansehnlichen Stellung als Sklave einige 
untergeordnete Posten im Hofhalt bekleidet haben. Andere kaiserliche Vor- 
koster nennen die Inschriften CIL VI 602. 5355. 9003 = Dessau 1796 [pro- 
curat, praegustatorum). 9004 = Dessau 1797 [procuratar und collegium prae- 
gustatarum). 9005 = Dessau 1795 [praegustatar divi Augusti, idempostea vili- 
cus in hortis Sallustianis) ; CIL X 6324 = Dessau 1 734 [praegustatar et a (\ti$i- 
culo Ner<mis)\ Plutarch. Bruta ratione uti 7 p. 990 A (twv ßatfiXucwv irpoTeuöTurv 
<nc€Trrua&T€pov). Vgl. Nipperdey zu Tac. Ann. XII 66 und Marquardt, Privat!* 
147, 8. Sodann wurde er Tafelaufseher, welcher Dienst auch sonst erwähnt 
wird, sowohl im Kaiserhause (CIL VI 1884 = Dessau 1 792 : M. Ulpius Aug. lib. 
Pkaedimus 1 ) Divi Traiani Aug. a potione, item a laguna et tricliniarch.^ lictor 
proxitnus et a comment. beneficiarum, + 117, 28 Jahre alt; ebd. 9083; CIL III 
536 = Dessau 1575, unten Nr. 6) als auch in Privathäusern. Für einen Tafel- 
aufseher Domitians wird man den Euphemus, ohne Zweifel einen kaiserlichen 
Freigelassenen, zu halten haben, den Martial IV 8 bittet, dem Kaiser bei der 
Mahlzeit seine Gedichte zu überreichen: hora libellorum decima est, Eupheme, 
fneorum y temper at ambrosias cum tua cura dapes tunc admitte iocos usw. 

Von diesem Amt wurde Bucolas zur geschäftlichen Leitung der kaiserlichen 
Gladiatorenspiele befördert. Die Erklärung, die Borghesi von procuratar a mu- 
neribus oder munerum (CIL VI 8498 = Dessau 1738, unten Nr. 4) gegeben hat 
(Bull. d. Inst 1830 p. 123): *che amministrava iregali fatti alV imperatore*^ 
ist unannehmbar, da es kaum denkbar ist, daß für solche Geschenke eine eigne 
Verwaltung eingesetzt worden sei. Mommsen hat seine frühere Ansicht, daß hier 
an die munera genannten Wasserwerke zu denken sei, selbst aufgegeben (StR. 
II 3 951, 4. Hirschfeld a. a. O. S. 279, 3). Über die ständigen Beamten zur 
Verwaltung der kaiserlichen munera vgl. Hirschfeld S. 287 f. Ein tabularius a 
muneribus CIL VI 33981 (derselbe ebd. 10162). 

Das Amt des proc. aquarum , das Bucolas hierauf erhielt , gehört schon zu 
den höheren Prokuraturen; nach der Inschrift des Sex. Varius Marcellus, des 
Vaters des Elagabal, CIL X 6569 = Dessau 478, war es mit einem Gehalt von 
1 00000 Sesterzen besoldet. Ausführlich haben über dasselbe Hirschfeld S. 273 ff. 
und Lanciani, Le acque S. 319 gehandelt; beide nehmen an, daß es von Clau- 
dius eingerichtet worden ist (sozusagen als Kontrollinstanz für die senatorische 
cura aquarum). Unter den wenigen Prokuratoren, deren Namen bekannt sind, 
ist Bucolas der Zeit nach der erste: er verwaltete das Amt unter Domitian 

1) Der auf der Bleiröhre CIL X 6773 genannte M. Ulpius Phatdimus Aug. I = Pkaedimus Aug. 
lib. ab cubiculo ist, wie auch Mommsen (zu d. Inschr.) bemerkt, offenbar mit dem obigen nicht 
identisch. 



[I. 1 96] VI. REIHENFOLGE DER ÄMTER KAISERL. FREIGELASSENEN 49 

(Wasserröhrenstempel CIL XV 7279: Intp. Domiüani Caesaris Aug. Germa? 
nici sub cura Bucolae l. proc. usw.; ähnlich ein zweiter n. 7280). 

Zuletzt wurde er proc. castrensis. Hirschfeld hat seine frühere Ansicht (Das 
aerariutn tnilitare in der Kaiserzeit, Jahrb. f. PhiloL XCVII 1868 S. 691 ff.), daß 
die procuratores castrenses die bei den Heeren stationierten Unterbeamten des 
obersten Dirigenten der Verwaltung sämtlicher Heeresgelder, des procurator 
rationis castrensis, waren, aufgegeben (vgl. Verw.Beamte 8 S. 312, 1). Er hält 
(ebd. S. 3 1 6 f.) ohne Zweifel mit Recht die Titel procurator castrensis \proc. rationis 
castrensis, proc.fisci castrensis für Bezeichnungen desselben Beamten, des Diri- 
genten des kaiserlichen Hoflagers, der nach der Inschrift CIL X 5336 = Dessau 
1445: M. Aurelio Basileo viro ducenario, proc. rationis castrensis ein Gehalt 
von 200000 S. bezog. Dagegen bemerkt Mommsen StR. II 3 807, 2, daß der 
städtische Palast niemals castra genannt worden sei (s. dagegen Hirschfeld 
a. a. O. S. 314, 1) und nach der Tendenz des augustischen Prinzipats, die Mili- 
tärherrschaft zu verhüllen, auch nicht habe so genannt werden können. Er hält 
den proc. castrensis für den über die vestis castrensis, die kaiserliche Garderoben- 
verwaltung, und überhaupt über den gesamten kaiserlichen Reise- und Lager- 
apparat gesetzten Beamten: eine Stellung, die nicht hinreicht, um die Bedeu- 
tung zu erklären, die das Amt gehabt haben muß. »Auch ist«, wie Hirschfeld 
bemerkt, »für die Auffassung des erst seit Claudius nachweisbaren Amts die 
Tendenz des augustischen Prinzipats wohl nicht unbedingt entscheidend. Und 
mag auch anfangs zunächst nur an das kaiserliche Hoflager außerhalb Roms 
gedacht worden sein, so zeigen doch die a. a. O. S. 3 1 5 angeführten Beispiele, daß 
im 3. (und wohl auch 2.) Jahrhundert die Funktionen des proc. castr. sich auch 
auf das Hoflager in Rom erstreckten: besonders die Tätigkeit des tabularius 
rat. castrensis für das im Jahre 219 im kaiserlichen Palast abzuhaltende Maifest 
der Arvalen.« Die seit der claudischen Zeit nachweisbaren procuratores ca- 
strenses waren sämtlich kaiserliche Freigelassene. Außer Bucolas sind bekannt 
Ulpius Crater Aug. lib. proc. castr es. CIL VI 8512; Ulpius Ses\_. . . ouon]dam 
proc. kastrerijis CIL VI 8513; . . Aelius Aug. I. Saturninus procur. castr. CIL 
X 6005 = Dessau 1568 (offenbar identisch mit Saturninus Aug. lib. proc. ca- 
strensis CIL VI 652); Carpus proc. k(astrensis), Freigelassener des Marcus oder 
Commodus CIL VI 727; M. Aup. leßacrrwv direXeöOepo? Kpifjarcvc £ir(Tpoiroc 
Autbouvou raXXfac kcx\ frrfxpOTros <t>putfas ica\ £tt{tpottos KOt<rrpf)<ftc CIG 3888 
= Dessau 8856 = IGR IV 749 (nach dieser Inschrift scheint die procuratio 
castr. die Vorstufe zur Prokuratur einer Provinz gewesen zu sein; da eine solche 
von Freigelassenen selten erreicht wurde [s. oben I 5 1 ; Hirschfeld a. a. O. 
S. 380. 381, 4], ist jene zu den höchsten ihnen zugänglichen Stellungen zu 
rechnen); Aurelius Hermias Aug. lib. proc. k(astrensis) CIL VI 85 1 1 = Dessau 
8094; Epagathus Aug. I. proc. ßisci) c(astrensis) CIL VI 8514 = Dessau 1570; 
Martialis A[ug. Hb.] tabulariu\s a rat.*)], proc. fiscorum [Gall(icorum)?* e]t 

z) So dürfte nach Analogie von CIL VI 8450 = Dessau 1521, Eph. epigr. VII 1263 = Dessau 
15 18 (vgl. Hirschfeld a. a. O. S. 429, 6. 461, 1) zu ergänzen sein. 2) Es fehlen anscheinend 

genau 4 Buchstaben. Emßscus Galliens provincicu Lugdunensis ist durch CIL VI 5197 = Dessau 
15x4 bezeugt; danach hatte wahrscheinlich jede der drei gallischen Provinzen ihre eigene 

Friedlaender, Darstellungen. Anhang. 4 



50 VL REIHENFOLGE DER ÄMTER KAISERL. FREIGELASSENEN \L 197] 

fißd castr[ensis t pr)t>c. h\ereditatium et Jisc]i libe\rtaüs .... CIL VI 8515 
(mit sehr schönen Buchstaben, wohl des 1. Jahrh.; s. Auct. p. 3890); Paean 
Aug. Hb. proc. castrens., proc. für editat., proc. voluptat. % proc. Alexandr{iae) 
CIL XIV 2932 = Dessau 1569; ein namentlich nicht bekannter proc. Aug. n. 
s talionis) castr(ensis) CIL VI 33735. Auch der bereits erwähnte M. Aurelius 
Basileus vir ducenarius, proc. rationis castrensis (CIL X 5336 = Dessau 1445) 
ist höchst wahrscheinlich ein Freigelassener gewesen (so urteilt auch Hirschfeld 
a.a.O. S. 312 f.). 

2. P. Aelio Aug. lib. Liberali procuratori annonae Ostiensis, procuratari pu- 
gillationis et ad naves vagas, tribunicio collegi magm } decuriali decuriae via- 
toriae consul{aris\ decuriali gerulorum 9 praeposito mensae nummul(ariae)ßisci) 
f[rutnentari) Ost(iensis) y ornato ornanuntis decurionatus col. Ost. } patrono Lau- 
rentium vici Augustanor. CIL XIV 2045 — Dessau 1534. 

Von dieser Inschrift, durch welche die Lage des vicus Augustanus Lauren- 
tiutn bestimmt wird, hat Henzen, BulL d. Inst 1875 S. 6 — 14 eine vortreffliche 
Erklärung gegeben, der das folgende entnommen ist. Die Ämter sind in ab- 
steigender Reihe genannt. P. Aelius Liberalis, Freigelassener Hadrians 1 ), be- 
gann seine Laufbahn als Direktor einer Bank, welche die römische Zen- 
tralgetreideverwaltung in Ostia errichtet hatte (tnensa nummularia fisci fru- 
mentarii Ostiensis), und erhielt in dieser Stellung von dem dortigen Senat die 
Insignien der Dekurionen. Er trat dann in die Körperschaft der zu den öffent- 
lichen Apparitoren gehörenden geruli (Brief- und Aktenträger, Mommsen, StR. 
I 3 366, 3 u. 4), hierauf in die oberste (konsularische) Dekurie der viatores (ebd. 
S. 344) ein und bekleidete zugleich die Würde eines Tribunen in dem dem Kult 
des Kaiserhauses gewidmeten »großen Kollegium« (collegiutn tnagnum Lamm 
et imaginum usw.). Unter procurator pugillationis et ad naves vagas verstand 
Henzen den Prokurator der amtlichen Briefbestellung (pugiUatio; bei Sidon. 
Apoll, ep. IX 14, 4 ist pugillator Brief bote) durch die in Ostia stationierten Post- 
schifte [naves vagae). Dagegen bemerkt Mommsen StR. II 3 1030, 3: »mit mehr 
Wahrscheinlichkeit möchte ein Beauftragter zu verstehen sein für Registrierung 
{pugiUatio) der in den latinischen Häfen einzeln anlangenden Schiffe«. Hirsch- 
feld (a. a. 0. S. 203) denkt mit Henzen an die »Post zur See, die durch die naves 
vagae nach Ostia geführt wurde : ob das Amt vor Hadrian existiert und sich 
über seine Zeit hinaus erhalten hat, ist bei der Singularität des Zeugnisses 
zweifelhaft«. Endlich wurde Liberalis procurator annonae zu Ostia. Als Patron 
der Laurente s vici Augustani (vielleicht des vicus, den Plin. ep. II 17, 26 als 
seinem Laurentinum benachbart erwähnt) wurde er von denselben durch diese 
Inschrift geehrt. 

3. Über die die Ämter in aufsteigender Reihe nennende Inschrift CIL III 
348 == Dessau 1477: M. Aur. Aug. liber. Marcioni proxitno rationum } proc. 

Kasse unter einem besonderen dispensaior (vgl. Hirschfeld S. 6, 2) , sodaß die hier vermutete 
zusammenfassende Bezeichnung fisci Gallici zum Ausdruck ihrer gemeinschaftlichen Verwal- 
tung in höherer Instanz durch einen Oberdirigenten {procurator) wohl möglich und sogar nahe- 
liegend wäre. 

1) Der P. Aelius Aug. L Liberalis, der seiner Gattin Annia Pyrallls die Grabschrift CIL VI 1 18 14 
gesetzt hat, ist kaum mit diesem identisch. 



[1.198,199] VI. REIHENFOLGE DER ÄMTER KAISERL. FREIGELASSENEN 51 

marmorum, proc. prov. Britanniae^proc. sutwni chorag(i\ proc. prov. Fryg{iae) 
usw. (wo unter den Prokuraturen von Britannien und Phrygien nicht wirkliche 
Provinzial-, sondern vielmehr Patrimonialprokuraturen zu verstehen sind) vgl. 
Hirschfeld S. 294 m. A. 1..381, 4. 

Mit der Laufbahn des Bucolas hat einige Ähnlichkeit die in folgender, aus 
dem Anfang des 3. Jahrhunderts herrührender Inschrift verzeichnete: 

4. M. Aurelio Augg. lib. Proseneti a cubiculo Aug., proc. thesaurorum, 
proc. patritnoni, proc. munerutn, proc. vinorum, ordinato a diuo Commodo in 
kasirense usw. CIL VI 8498 = Dessau 1738 (Sarkophag, gef. an der Via La- 
bicana). 

Da die procuraüo patrimoni gewiß ein höheres Amt war als die procuratio 
vinorum, muß die Reihenfolge eine absteigende sein. »Vor allem geht dies 
wohl«, bemerkt Hirschfeld, »auch aus ordinatus a Diuo Commodo in kastrense 
hervor: d. h. (zuerst) ( im kaiserlichen Hofstaat von Commodus angestellt 9 ; wo- 
mit wohl die niederen, nicht prokuratorischen Bedientenstellungen bezeichnet 
werden, die als bloße Vorstufen zu den Prokuraturen nicht aufgezählt sind« (vgl. 
Verw.Beamte 9 S. 313, 3. 443, 1). Das Amt eines Kämmerers (a cubiculo) war 
also das letzte und höchste der von Prosenes bekleideten (über seine große Be- 
deutung in dieser Zeit s. oben 1 37. 59 ff.), und er erhielt diese Stelle, vermutlich 
von Caracalla, unmittelbar nach der Verwaltung der kaiserlichen Schatzkam- 
mern. In diesen wurden Kostbarkeiten ohne Zweifel verschiedener Art, nament- 
lich auch Kleidungsstücke aufbewahrt, wie aus Hist. Aug. Alex. Sev. 40, 3 her- 
vorgeht: in ihesauris vestem numquam nisi annum esse passits est; vgl. die von 
Salmasius angeführte Stelle Cod. Iust. XI 8, 14 (v. J. 426): privatae vel linteae 
vestis tnagistri, thesaurorum praepositi vel baphiorum ac textrinorum procura- 
tores usw. und Hirschfeld S. 308 Anm. Denn praepositus thesaurorum ist doch 
wohl nichts anderes als procurator thesaurorum. In der spätesten Zeit ge- 
hörten die p[rae)p{ositi) thesaurorum zu den sub dispositione comitis sacrarum 
largitionum stehenden Beamten (Notit dign. Or. XIII 10 p. 36 Seeck; vgl. 
Cod. Iust. XI 8, 14 praescr.). Böcking und ebenso Seeck setzen den Plural, 
weil Notit Occ. XI 23 ff. eine ganze Reihe von praepositi thesaurorum an- 
geführt werden, wo es sich (abgesehen von dem praepositus thesaurorum 
urbis Romae) um Provinzialthesauren handelt, deren jeder seinen besonderen 
Vorsteher hatte. Der praepositus thensauris domini[cis] CIL VIII 1322 = 
14854 = Dessau 2764 aus der Zeit Elagabals oder Alexanders (vgl. CIL X 
3342) ist, wie Hirschfeld bemerkt, »ein Offizier und diese zu militärischen 
Zwecken eingerichteten thesauri (vgl. Hist. Aug. Gallien. 3, 4) von den andern 
zu unterscheiden.« 

Über die procuratio patrimonii, d. h. Verwaltung des kaiserlichen Krongutes, 
vgl Hirschfeld a. a. O. S. 18 ff. 40, 3; oben I 52. Über procuratio munerum ist 
S. 48 gesprochen worden. Es folgt die procuratio vinorum. Verschiedene wein- 
reiche Landschaften Italiens mußten nach der Hauptstadt Wein liefern; für diese 
Lieferungen war eine eigene Verwaltung und Kasse eingesetzt. Der vorgesetzte 
Beamte hieß später rationalis vinorum (über die Benennungen procurator und 
rationalis vgl. Hirschfeld S. 35 ff. und bes. 36, 1): Not. dign. Occ. IV 9 p. 1 14 
Seeck: sub dispositione praefecti urbis; vgl. Gothofred zu Cod. Theod. XIV 6, 3 

4* 



52 VL REIHENFOLGE DER ÄMTER KAISERL. FREIGELASSENEN [I. 2 00] 

(ebd. sind mehrere Stellen angeführt, in denen die arca vinaria erwähnt ist). 
Bei dieser Verwaltung angestellt waren Erasinus Caes. n. sor. adiutor a vinis 
CIL VI 5062 = 9092 = Dessau 1 794 und T. Aelius Aug. lib.\Eutychus adiutor 
a vinis CIL VI 9091 (der letztere nach Hirschfelds Vermutung vielleicht iden- 
tisch mit Eutychus Cd[es.] n. serv. vern. ped[is(equus)] a vinis CIL VI 8527, 
wonach er als Sklave einen niedrigeren Posten in derselben Verwaltung be- 
kleidet hätte). Vgl. auch die Dedikation eines dispensator Cinnamus, eines 
Sklaven Trajans, an das collegium Liberi patris et Mercuri negotiantium cel- 
larum vinariarunt navae et Arruntianae Caesaris n. CIL VI 8826 = Dessau 
7276 v. J. 102. Anderes s. bei Jahn, Spec. cpigr. 31. 

Prosenes starb im Jahre 2 1 7, und zwar nach der zweifellos richtigen Annahme 
von De Rossi (Inscr. Christ I 5 p. 9) als Christ. Auf der rechten Seite des Sar- 
kophags befindet sich nämlich über einem Greifen folgende Inschrift: Prosenes 
receptus ad Deum V non. \Md\ias (od. [Iul]ias) Seltne in Cephalle^iia (so mit 
Mommsens Ergänzung) Praesente et Extricato II (cos., J. 217) regrediens in 
urbe(m) ab expeditionibus. Scripsit Ampelius lib. 

5. Um eine Reihe von Jahren älter ist die auf einem großartigen Grab- 
denkmal an der Via Praenestina (bei Casa calda) gefundene Inschrift, er- 
gänzt und mit ausfuhrlichem Kommentar versehen von Henzen, Ann. d. Inst. 
1857 S. 86 ff. (jetzt CIL VI 1598 = Dessau 1740, vgl. Hirschfeld a. a. O. 
S. 194, 2): 

[L. Aurelius Nicomedes\ qui et] Ceionius et Aelius vocitatus est, L. Caesaris 
fuit a cubiculo et dwi Veri imp. nutr[itor x )\ a divo Pio equo publico et sac]er- 
dotio Caenimensiy item pontißicatu) min(ore) exornatus } ab eodemproc. adsüic{es\ 
et praef. vefücul. f actus, et ab imp. Antonino [Aug. cura copiarum exercü]us^ ei 
iniunct\a\, hastapura et vexillo et Corona tnurali donatus, proc. summarum rat. 
cum Ceionia Laena uxore sua hie situs. 

Die Ämter und Auszeichnungen des Nicomedes sind durchaus ritterlich und, 
wenn auch die Ergänzung equo publico et nicht unbedingt sicher ist 3 ), jedenfalls 
erst nach seiner Erhebung in den Ritterstand verliehen 4 ); seine Laufbahn kann 
also nicht mit der der übrigen kaiserlichen Freigelassenen verglichen werden. 
Während aber sonst Freigelassene, denen die Ingenuität verliehen war, bei der 
Aufzählung der bekleideten Stellen diejenigen ignorieren, die die Libertinität 
in sich schließen, sind hier ganz ausnahmsweise auch diese (L. Caesaris a cubi- 
culo et divi Veri imp. nutrüor) erwähnt (vgl. Mommsen StR. HI 518, 4). Sonst 
sind alle Priestertümer, Ämter und Dekorationen des Nicomedes ritterlich. Die 
sacerdotes Caeninenses (s. Wissowa, Rel. u. Kult. d. Rom." S. 520, 8), desgleichen 
die pontifices minores sind immer Männer vom Ritterstande. Ebenso sind die 
sonst bekannten Direktoren des Postwesens [praefecti vekiculorum) sämtlich 
Ritter (vgl. das Verzeichnis bei Henzen a. a. O. S. 96. Hirschfeld S. 194, 1. 
Mommsen StR. II 3 103 1), die, nachdem sie als Offiziere bis zur praefectura alae 

i) Ergänzt nach Hist Aug. Ver. 2, 8: tducatorem habuit NUonucUm. 2) Die Ergänzung dieser 
Zeile ist von Mommsen. 3) Es könnte statt dessen auch a divo Antonino Aug. Pio auf dem Stein 
gestanden haben. 4) Ein kaiserlicher Freigelassener, der als {apparitor Cae]sarum (?) [hastis 

p\uru t eoronis cur eis ausgezeichnet worden ist, Dessau 9505. 



[I. aoi] VI. REIHENFOLGE DER ÄMTER KAISERL. FREIGELASSENEN 53 

aufgerückt waren, als kaiserliche Prokuratoren angestellt wurden, und zwar als 
sexagenarii, centenarii und (bei der Kombination mit dem Amt a copiis Aug. 
per triam Flaminiatn, vgl. Hirschfeld S. 194) ducenarii. Über die procuratio 
suntmarum rationum vgl. oben S. 27, über die cura copiarutn exercitus Hirsch- 
feld S. 195 Anm. 

6. Aus der Zeit des Severus Alexander stammt die zu Korinth gefundene In- 
schrift CILIII 536 = Dessau 1575, gesetzt von einem kaiserlichen offtcialis, 
ohne Zweifel der ratio purpurarum von Achaja, zu Ehren des 

Theoprepes Aug. Hb. proc. dotnini n. M. Aur. Severi Alexandri PH Fei. Aug. 
pravinciae Achaiae et Epiri et Thessaliae rat. purpurarum, proc. ab ephemer ide, 
proc, a mandatisjproc. atpraedia Galliana,proe. saltus Domitiani, tricliniarcha, 
praepositus afiblis, praepositus] a crystallina. 

Die Ämter sind in absteigender Reihe genannt. Theoprepes war also nach 
seiner Freilassung (denn die inferioren Posten, mit denen er als Sklave seine 
Laufbahn im Hofdienst begonnen hatte, sind offenbar in der Inschrift über- 
gangen) zuerst Aufseher der kaiserlichen Kristallgefäße (d. h. des kostbaren 
Glasgeschirrs), dann der Kleiderschnallen. Goldene Schnallen wurden schon in 
der 'letzten Zeit der Republik von den Militärtribunen getragen (Plin. n. h. 
XXXIII 39: sed in tnilitia quoque in tantutn adolevit haec luxuria, ut M. Bruti 
e Philippicis campis epistulae reperiantur frementis fibulas tribunicias ex auro 
geri). Mit solchen wurde bereits im 2. Jahrhundert n. Chr. ein großer Luxus 
getrieben. Hadrian wurde seiner Sparsamkeit halber bewundert, da er Schnallen 
ohne Edelsteine trug (Hist. Aug. Hadr. 1 o, 5 , vgl. die Anm. von Casaubonus und 
Salmasius); dagegen trug Gallienus in Rom goldene, edelsteinbesetzte Schnallen 
(Gallien. 16, 4). Aurelian gestattete selbst gemeinen Soldaten goldene Schnal- 
len, während sie früher nur silberne getragen hatten (Aurelian. 46, 5). Fibulam 
auream cum gemtnis als Geschenk an einen neuernannten Militärtribunen er- 
wähnt die Inschrift von Thorigny v. J. 238 CIL XIII 1 p. 498 n. 3162 II 10. 1 1 
(vgl. Mommsen, Ges. Sehr. VTII 15 3 ff.). Als Auszeichnung der Tribunen ist 
dießbula wohl auch bei Martial. V 4 1 , 5 (trabeasque et Idus fibulasque censusque) 
zu verstehen. Daß Kameen zum Schmuck von Gürteln, Schnallen u. dgl. sehr 
häufig verwendet wurden, zeigen zahlreiche Statuen und Büsten aus jener Zeit. 
Vermutlich waren sowohl dtr praepositus a crystallina als der praepositus a 
fibulis Unterbeamte des praepositus thesaurorum. Über das Amt des tricliniarcha 
ist S. 48 gesprochen worden ; nach demselben erhielt Theoprepes die Verwaltung 
zweier kaiserlicher Domänen, des saltus Dotnitianus und der praedia Galliana 
[saltus Galliani qui cognominantur Aquinates in der 8. Region erwähnt Plin. n. h. 
in 116); vgl. Hirschfeld, Kl. Sehr. S. 552; Verw.Beamte* S. 133, 3. Hierauf 
wurde er procurator a tnandatis, d. h. er leitete die Ausfertigung der kaiserlichen 
Instruktionen, welche Prokonsuln, Legaten und Prokuratoren für die Verwaltung 
der Provinzen erteilt wurden (Cass. Dio LIII 15, 4. Plin. ad Tr. 56, 3. Lucian. 
Prolapsu inter salut 1 3 : t( b'; oöxt kcA &v tuj twv £vto\ujv ßiß\iifJ, ft && trapd ßatfi- 
\twq Xanßdveie, toOto irpuhrov ö|iriv £<m TTapdtTcXna, rfc ÖTtefas tf\S (jixejipaq 
auTÄv tiriMeXeTcrOai; öfters in den Digesten, vgl. Puchta, Instit S. 5 28 f. Hirsch- 
feld, Verw.Beamte 9 S. 323, 2). Dieses Amt, wahrscheinlich unter der Zentral- 
direktion ab epistulis stehend, wird, abgesehen von den custodes a mand(atis) 



54 VL REIHENFOLGE DER ÄMTER KAISERL. FREIGELASSENEN 

CIL VI 8813 (= 33751). 8814, nur hier erwähnt, ebenso das folgende des pro- 
curator ab ephemeride, das, wie Hirschfeld (S. 324, 1) vermutet, »allem Anschein 
nach von Alexander Severus in Nachäffung Alexanders des Großen [quem 
praecipue imiiatus est Vit. c. 30; se Magnum Alexandrum videri volebai c. 64; 
vgl. 31 sq.), dessen epkemerides der Kardianer Eumenes führte, geschaffen 
worden ist«. Die schon seit August bestehende Einrichtung, daß ein Tagebuch 
über die Ereignisse des kaiserlichen Hauses geführt wurde (commentarii diurm), 
ist nach Casaubonus Vermutung (zu Sueton. August. 64) dem macedonischen 
Hofe nachgeahmt worden (welcher sie wieder dem persischen entlehnt hatte) : 
was um so glaublicher ist, da dieser auch in andern Einrichtungen mittelbar 
oder unmittelbar das Vorbild des römischen gewesen zu sein scheint (vgl. unten 
S. 57 f.). Das Tagebuch des Trimalchio (Petron. 30) ist vielleicht eine kari- 
kierte Nachahmung dieses kaiserlichen Tagebuchs. August wollte, daß seine 
Tochter und Enkelin nichts sprechen sollten, was nicht in dasselbe eingetragen 
werden könnte (Sueton. Aug. 64, 2). Der Biograph Aurelians benutzte angeb- 
lich dessen auf Leinwand geschriebene Tagebücher [epkemerides , libri lintei), 
in welchen er die täglichen Ereignisse hatte verzeichnen lassen (Hist. Aug. 
Aurelian. 1, 7). Auf Grund dieser Tagebücher sollen denn auch Biographien 
der Kaiser in Tagebuchform geschrieben worden sein, Wie die epkemerides vitae 
Gallieni von Palfurius Sura (Hist. Aug. Gallien. 18, 6) und die epkemeris von 
Turdulus Gallicanus, die der Verfasser der Biographie des Probus benutzt zu 
haben vorgibt (Hist Aug. Prob. 2,2). Verschieden von diesen persönlichen 
Tagebüchern der Kaiser sind ihre amtlichen, ebenfalls öfters (Sueton. Dom. 20. 
Tac. H. IV 40. Traian. ad Plin. 95. Dig. IV 6, 32) erwähnten commentarii, zu 
deren Führung Sklaven und Freigelassene mit der Amtsbezeichnung a com- 
mentariis (Aug.) angestellt waren (OL VI 8623 ff. 33740; ein a[d)iutor a comen- 
taris ebd. 37748); vgl. Hirschfeld S. 325. Mommsen StR. II 3 907, 1. A. v. Pre- 
merstein, Real-Encykl. IV 735 ff. 

Das letzte Amt des Theoprepes war die Verwaltung der kaiserlichen Purpur- 
fabriken (Marquardt, Privatl. * 5 1 4) in Achaja, Epirus und Thessalien. »Vielleicht 
verdankt die ratio purpuraria dem Alexander Severus, der zuerst den Purpur 
aus den kaiserlichen Fabriken zum Verkauf gebracht zu haben scheint, ihre 
Entstehung«, Hirschfeld S. 308 Anm. a. E. 

Weitere Beispiele für die Ämterfolge kaiserlicher Freigelassener, die übrigens 
auf den Inschriften derselben, gemessen an ihrer großen Menge, verhältnis- 
mäßig selten und auch dann nicht immer mit absoluter Vollständigkeit ver- 
zeichnet ist, sind Eph. ep. VII 1263 = Dessau 1518: T. Flavius Aug. lib. Del- 
phicus (1) tabularius a ratio[n., (2)pyoc. ration. thesaurorum, (3) kereditatium, 
Wfisci Alexandrini (vgl. Hirschfeld a. a.O. S. 369, 3); CIL II 3235 = Dessau 
1555: M. Ulpius Aug. lib. Gresianus an(norum) XXXXV, (1) tabularius XX 
kereditatium, item (2) tabularius provinciae Lugudunensis et Aquitanicae, item 
(3) tabularius provinciae Lusitaniae (vgl. Hirschfeld S. 459, 4, der die umge- 
kehrte Folge der Ämter annimmt); CIL VI 1884 = Dessau 1792: M. Ulpius 
Aug. lib. Phaedimus divi Traiani Aug. (1) apotione, item (2) a laguna et (3) tri- 
cliniarck.j (4) lictor proximus et (5) a comment(ariis) beneficiorum, vixit ann. 
XXVIII (vgl. oben S. 48, 1) ; CIL VI 8450 = Dessau 1521:7: AeL Augg. lib. 



VL REIHENFOLGE DER ÄMTER KAISERL. FREIGELASSENEN 55 

Saturnin. [^)pr[oc.provinc.] Belgicae [et duar. Germaniar.?], (3) proc. fisci liber- 
tatis et peadior., (2) tabuL a rattonibus, (1) tabuL Ostis ad annona[tn)\ CIL II 
6085 = Dessau 1560: ... . Fctystinus Augustc[rum liber\tus oommentar\i\ensis 
XXXX Gall{iarum), item urbis albei Tiberis, item provinciae Baetice, item Al- 
pium Cotti. (wo. die Reihenfolge der Ämter zweifelhaft ist; vgl. Hirschfeld 

S. 459, 4); CIL Xm 1800: M. Aurelius Aug. Hb. (i)proximus a memoria 

[e]t (2 ?) a cc[mmetttariis? (so Mommsen)], ($)proc.fisci Asiatici, (4) proc. h\eredi- 
tatium] pravinciarum Lugudune[ns. et Aquitan. M. Bang. 



VII 

DIE FREUNDE UND BEGLEITER 

DER KAISER 1 ) 

Nach den grundlegenden Ausführungen Mommsens in der Abhandlung 
»Die comites Augusti der früheren Kaiserzeit« (Hermes IV 1869 S. 1 20 ff. 
=Ges. Sehr. IV3 1 1 ff.) erscheint unzweifelhaft, daß die kaiserlichen comites 
aus den prokonsularischen hervorgegangen sind 9 ), und daß sie für jede Reise 
oder Expedition von dem Kaiser besonders ernannt wurden, daß es also in der. 
früheren Zeit stetige comites der Kaiser nicht gegeben hat. Da nun die Kaiser 
ihre Reisebegleiter aus dem Kreise der Freunde wählten, so war jeder comes 
auch amicus, aber nicht jeder amicus auch comes 3 ). 

Auf die Ausbildung der Formen, in welche das Verhältnis der Freunde bald 
gebracht wurde, hat neben der Sitte der republikanischen Zeit sicherlich auch 
(und zwar in noch höherem Grade) das Zeremoniell orientalischer Königshöfe als 
Vorbild eingewirkt, und daß solche orientalischen Formen und Gebräuche, die 
nicht bloß die römische Staatsordnung völlig unangetastet ließen, sondern sich 
auch mit der althergebrachten Sitte wohl vertrugen, schon am Hofe Augusts 
Eingang gefunden haben, ist bei den vielfachen Beziehungen desselben zum 
Orient und dem wiederholten Aufenthalt orientalischer Fürsten in Rom, wo sie 
Gäste des Kaisers waren (vgl. Mommsen, Res gestae D. Aug. a S. 1 4 1 f. Schürer, 
Gesch. d. jüd. Volkes I 3 406 ff.) im höchsten Grade wahrscheinlich. August, 
der die Anrede domine wie eine Beschimpfung leidenschaftlich zurückwies (Suet. 

1) Vgl. I 73, 8. 2) Vgl. auch Mommsen, Die Gardetruppen der römischen Republik und der 
Kaiserzeit, Hermes XIV 1879 S.26f. (= Ges. Sehr. VI 2 f.) über die von Scipio Africanus im 
J. 620 cL St es 134 v. Chr. nach Appian Hisp. 84 aus seinen Klienten und Freunden gebildete, 
500 Mann starke <p(Awv fkr\ [cohars amicorum praetoria) und Seeck, Real-Encykl. IV 623 ff. 

3) Eine dritte Kategorie von Leuten, die dem Kaiser durch persönliche Beziehungen verbunden 
waren, sind die hospites. Auch dieser Ausdruck, seinem materiellen Inhalt nach auf die Verhält- 
nisse der republikanischen Epoche gemünzt, ist in der Kaiserzeit, bezogen auf die Person des 
Herrschers, gewissermaßen titular gebraucht worden, wie CIL XI 5632 = Dessau 2735: M. Macnio 
C.f, Cor. Agrippae L. Tusidio Campestri hospiti divi Hadriani, patri senatoris, prtuf. coK II 
Fl. Britta», eawtat., electo a drvo Hadriano et misso in expeditionem Britannicam, trib. cok. I HU 
spanor. equitat., pratf. alae GaUor. et Pannamor, catafraetaiae, proc. Aug., praef. classis Brittanmcae, 
proc. pravinciae Brittannücu, equo publico etc. Vgl. die einem unbekannten Kaiser (nach Wilhelms 

Vermutung Augustus) gesetzte Inschrift von Kyzikus IGR IV 136 : 6r))mxpxiKf)q ££ou<jfa<; &<&kic 

'Apfarav&pos Euji£vou<; töv £<xutoO Hevov. 



[L 205] VII. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER 57 

Aug. 53, 1), würde noch viel weniger die 'barbarische Sitte' der Adoration ge- 
duldet haben, zu deren Einführung schon unter seinem zweiten Nachfolger Ver- 
suche gemacht wurden (vgl. oben I 94, 1 o). Dagegen die Sitte, die nächsten 
Freunde mit einem Kusse zu begrüßen, konnte er ohne die geringste Verletzimg 
des Herkommens aus dem Orient einfuhren 1 ). 

Die Begrüßung von Männern mit einem Kusse läßt sich unseres Wissens bei 
den Römern in der Zeit der Republik nicht nachweisen 3 ), kommt aber bereits 
unter August vor (s. oben I 93). Die, wie es scheint, erste überhaupt bekannte 
Erwähnung der Sitte bezieht sich auf das Jahr 748 d. St. = 6 v. Chr. : Sueton 
sagt, daß Tiberius bei der Abreise nach Rhodus sich sehr steif benahm, ne 
verbo quidetn cuiquam prosequentium reddito paucosque admodum in digressu 
exosculatus (Suet Tib. 10, 2). Daß die Sitte noch unter Claudius sich so gut wie 
ausschließlich auf die Kreise der Vornehmen beschränkte, bezeugt Plin. n. h. 
XXVI 3 durch die Bemerkung über den damals grassierenden Gesichtsausschlag: 
haec lues (die mentagra) . . . printum Ti. Claudi Caesaris principatu media inrepsit 
in Italiam . . . nee senser e id tnalutn feminae aut servilia plebesque humilis aut 
media, sed proceres veloci transitu osculi maxime 3 ); ferner Seneca de ira II 
24, 1 : ille me purum humane salutauit\ ille osculo meo non adhaesit. Da nun 
die Scheidung der Freunde in zwei Klassen und die hieraus resultierende zwie- 
faltige Abstufung des Zeremoniells bei deren Empfange aus der republi- 
kanischen Zeit fortbestanden (Mommsen, Ges. Sehr. IV 319), so dürfte sich 
schon unter August die aus späterer Zeit mehrfach bezeugte Sitte ausgebildet 
haben, daß die Kaiser die näheren Freunde durch die Ehre des Kusses aus- 
zeichneten. Wenn bereits Tiberius die 'täglichen Küsse' durch ein Edikt ab- 
schaffte und Valerius Maximus allem Anscheine nach durch das Mißfallen, das 
diese Verordnung erregte, sich veranlaßt sah, dieselbe in Schutz zu nehmen 
(oben I 94, 4 u. 5), so darf man vermuten, daß es damals schon eine Anzahl 
Personen am Hofe gab, die nach dem Herkommen auf die täglichen Küsse des 
Kaisers Anspruch hatten. 

Am persischen Hofe war es ein Vorrecht der 'Verwandten', den König zu 
küssen (oben I 94, 7), was in Persien unter Leuten gleichen Ranges üblich war 

1) Auch Mommsen hat seine Ansicht wesentlich geändert, wenn er RG. V 342 1 sagt, daß die 
auf die Stellung der Dynastie bezüglichen Ordnungen des persischen und parthischen Reichs »mit 
wenigen Abminderungen bei den römischen Cäsaren wiederkehren und vielleicht von diesen zum 
Teil der alteren Großherrschaft entlehnt sind«. 2) Daß sich Familienmitglieder und bei be- 

sonderen Veranlassungen (wie Gratulationen, Cic. pro Sest m) auch Fernerstehende küßten, 
versteht sich von selbst, dagegen geschah es in Griechenland auch bei der Begrüßung in der 
Zeit, wo es in Rom üblich war, nicht Dio Chrys. or. 13, 59 (I 201 Arn.): bffo °c &voum)06€(c 
Xcftpc, 2<pr)v, Zarr6.br]' kcx\ irpoacXOuiv tcptAouv auröv Kai tov ferepov* 6 bk br\\io$ 6riAa 
a<p66pa, oti £<p(\ouv auroüq* totc tvvuiv an £v xai<; iröXeaiv ou cpiAoOaiv äAAi]Äou{. 

3) Verschieden von dieser ansteckenden Hautkrankheit war eine andere, die zu Tiberius Zeit 
sich zuerst in Italien bemerkbar machte und von der der Kaiser selbst als einer der ersten befallen 
wurde (Plin. n. h. XXVI 9: Ti. Caesaris principatu inrepsü id tnalutn nee quisquam id prior tmpe- 
ratore ipso sensit f magna civitatis atnbage, cum in edicto aus excusantis valetudinem legeret nomen 
incognitum, nämlich co/um). Danach ist die oben I 93 f. gegebene Darstellung, wo die hier oben 
im Text angeführte Plinius-Stelle (XXVI 3) versehentlich auf Tiberius statt auf Claudius bezogen 
ist, zu berichtigen. 



58 VII. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER [I. ao6] 

(Duncker, Gesch. d. Alt IV 4 526, 4). Alexander der Große scheint dies inso- 
fern nachgeahmt zu haben, als er es zu einem Vorrecht seiner nächsten Freunde 
machte. Chares von Mytilene erzählte, daß er bei einem Gastmahl die Schale, 
aus der er getrunken, einem der Freunde gereicht habe. Dieser sei dann auf- 
gestanden, habe ihm Bescheid getan und den König erst adoriert, dann geküßt, 
darauf sich wieder niedergelegt; nur Callisthenes unterließ die Adoration und 
erhielt deshalb keinen Kuß (Plutarch. Alex. 54, vgLDroysen, Gesch. Alexanders 
S. 352 f.). Die Institution der Freunde, die mit dem persischen Hofe der par- 
thische (Megistanen: Athenaeus IV 152 f., vgl. Cleß in Paulys Real-EncykL 1 
V 1 209 ; auch der Titel tüüv npumov cpiXwv findet sich nach einer Inschrift von 
Delos, ediert von S. Reinach, Bull. corr. hell. VII 1883 S. 349, bei den Arsa- 
kiden), der nabatäische (Strabo XVI 779) und vermutlich auch andere orien- 
talische 1 ) gemein hatten, ging (vielleicht vom macedonischen) an die Höfe der 
Diadochen (namentlich der Ptolemäer und Seleuciden) über (Letronne, Rech, 
p. servir ä Thist. de TEgypte S. 5 8 ff. 314). Über die Titel <TuTT€vrjs uml 
tpiXoc, die durch sie bezeichneten verschiedenen Rangklassen der Hofwürden- 
träger (über den einfachen 91X01 stehen die TTpurroi <p(Xoi) und die Formen ihrer 
Verleihung bei den Ptolemäern vgl. Lumbroso, Recherches sur l'£conomie polit. 
de PEgypte S. 189fr.; Comm. in hon. Mommseni S. 3 2 ff.; L'Egitto S. 150. 
168 ff. und vor allem Strack, Rh. Mus. LV (1900) S. 161 ff. (bes. S. 167 ff.), nach 
dem die Schaffung einer festen Titulatur und Rangordnung für den ptolemäi- 
schen Hofstaat in den achtziger Jahren des 2. Jahrhunderts durch König Epi- 
phanes erfolgt ist 9 ). 

Finden wir nun die während der Republik nicht nachweisbare Sitte der Be- 
grüßung der Freunde mit einem Kusse, die sicher am persischen, wahrschein- 
lich auch an den andern orientalischen Höfen bestand, in Rom unter August 
und Tiber, so scheint die Vermutung nicht zu gewagt, daß sie vom Orient nach 
Rom übertragen ist. Daß die Römer selbst schon in der ersten Kaiserzeit durch 
die kaiserlichen Freunde an die königlichen erinnert wurden, zeigt die Anwen- 
dung der römischen Ausdrücke auf die letzteren bei Curtius VI 5, 1 nfratrem- 
que Dar ei recepit in cohartem amicorutn, und VI 26, 17 : aliquent atnicorum ex 
prima cohorte (vgl. die Anm. von Mützell zu der ersten Stelle). Wenn sich diese 
Vermutung auch nicht beweisen läßt, so erhält sie doch eine gewisse Unter- 
stützung dadurch, daß sich am Hofe Augusts noch eine andere Einrichtung 
findet, die derselbe ebenfalls mit dem persischen und macedonischen Hofe ge- 
mein hatte: die der Führung eines Tagebuchs über alle Ereignisse des Kaiser- 
hauses (vgl. oben S. 54). Daß dies schon in den vornehmen Häusern der Re- 

1) Inschriftfragmente in Soada (Syrien), wahrscheinlich aas der Zeit der IdumAischen Könige 
(Lebas-Waddington 2303): ßaaiXlurv <p(Ai[>; Inschrift aus Hieropolis in Cilicien (IGR III901, 66): 
Tift[v] irpumu[v k<x\] TTpo[T]ijAWji£vuj[v <p](Aujv toO [ß]a0iA€u>c. 2) Das unmittelbare Vorbild sucht 
Strack am Seleucidenhof von Antiochia (S. 174), doch kämen für die Entlehnung außer dem per- 
sischen auch noch der altägyptische und der altmacedonische Hof in Betracht (S. 173), für welche 
letzteren beiden der Titel 'Freund 1 ebenfalls schon vor der Zeit Alexanders nachweisbar sei (in 
Ägypten mit der Abstufung 'Freund des Königs 1 und 'meistgeliebter Freund 1 nach Erman bereits 
ca. 2000 Jahre vor den Ptolemäern), Wo für die Diadochenhöfe von Antiochia und Alexandria das 
Muster der Institution in letzter Linie zu suchen sei, bleibe fraglich. Das urkundliche Material ist 
S. 1S2 fT. in tabellarischer Form vollständig verzeichnet 



[I. 207] . VH. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER 59 

publik Sitte gewesen wäre, dafür gibt es meines Wissens nicht die geringste 
Spur, während doch sonst von manchen in ihren Familienarchiven aufbewahr- 
ten Aufzeichnungen die Rede ist. Daher sagt schon Casaubonus von dem 
Tagebuche des August (zu Sueton. Aug. 64): mos iste a Graecis ortus (d. h. von 
den Macedoniern). 

Wenn ferner, wie es scheint gewöhnlich, eine Anzahl von Kindern aus edeln 
Häusern zusammen mit den kaiserlichen am Hofe erzogen wurde (oben I 84) z ), 
so darf man im Zusammenhang mit den erwähnten Tatsachen vielleicht ver- 
muten, daß auch hier die persische und ägyptische Sitte das Vorbild war: irdv- 
T€$ t«P oi twv dpiöTwv TTepcrwv Halbes £tt\ tous ßaffiXluic Oöpai? iraibcuovTai 
(Xenoph. Anab. I 9, 3. Duncker, Gesch. d. Alt. IV 4 526 — 528). Diodors (I 53) 
Schilderung der gemeinsamen Erziehung der mit Sesostris an einem Tage ge- 
borenen Kinder gibt ein Bild der entsprechenden Einrichtung am Ptolemäer- 
hof; vgl. Lumbroso, Recherches S. 208 (irdibcs (XuvTpcxpoi), 209 (irottbec toiv 
TijuuuMtvwv uttö toO ßa<ftXtw{). 

Was endlich die Vortragung des 'Feuers' (d. h. des Feuerbeckens oder der 
Fackel, M. Aurel. Comment. I 1 7) betrifft, die unter den Antoninen und noch 
später als Vorrecht des Kaisers und der Kaiserin erscheint (die Zeugnisse bei 
Mommsen StR. I 3 424, 4. 5), so ist auch diese Sitte bereits von Lipsius (zu 
Tac. A. I 7) von der persischen abgeleitet worden: Xenoph. Cyropaed. VIII 
3, 12: k<x\ Trüp ömcrOev toO SpjuiaTOC ör* fccxxäpas H€TaAriS ävbpcs cTttovto q>&- 
povrec (hinter dem Wagen folgte Cyrus). Mit Unrecht fuhrt Mommsen a. a. O. 
S. 424 diese Sitte auf. das Fackelrecht der Beamten (das Recht, sich nachts vor- 
leuchten zu lassen) zurück, welches auf die Kaiser sich erstreckt und später ein 
ausschließliches Ehrenrecht derselben geworden sei (vgl. II 3 806. 823)^. In der 
Tat ist es das symbolisch dargestellte himmlische Feuer, das schon für die 
Perserkönige das Sinnbild der Ewigkeit ihrer Herrschergewalt war und das 
samt den mystischen Ideen, welche es zum Ausdruck brachte, auf die Dia- 
dochen, dann auf die Römer überging 3 ). 

Mit dem folgenden Verzeichnis der kaiserlichen Freunde und Begleiter aus 
den ersten beiden Jahrhunderten ist das Königsberger Universitätsprogramm 
von 1873 Recensio amicorum et cotnitum Caesarum usque adSeveri tempora zu 
vergleichen, dessen Inhalt hier mit zahlreichen Zusätzen wiedergegeben ist 4 ). 

1) Zu den dort angeführten Zeugnissen für die Sitte der gemeinsamen Erziehung ausländischer 
Fürstensöhne mit den Prinzen des Kaiserhauses ist nachzutragen IGR IV 145 (Cyzicus) Z. 6 f. : 
tou<; Koruoq ircftoac 'PoijiriT&Knv Kai TToXlfiuiva xa\ Koruv o*uvrp6<pou<; xa\ &ra{pouc kaxrzfy 
(d. h dem jungen Caligula) yefov&ra^ (vgl. den Stammbaum dieser thrakischen Königsfamilie bei 
Dessau, Eph. ep. IX p. 704). 2) Mommsen StR. I 3 424, 4: »Daß die persische Sitte (Curtius 

1113,9: ignis — orgenteis altaribus prae/erebatur ; Ammian. XXIH 6, 34) auf den Kaisergebrauch 
eingewirkt hat, ist möglich, aber insofern nicht eben wahrscheinlich, als sie von der nationalen 
Religion abhängt < Vgl. dagegen Cumont, Die Mysterien des Mithra, deutsch v. Gehrich 9 S. 90. 
3) Cumont a. a. O. 4) Für das biographische Detail bei den einzelnen in der Liste aufgeführten 
Persönlichkeiten genügt es hier, summarisch auf die römische Prosopographie und die betreffen- 
den Artikel der Real-Encykl. zu verweisen. 



6o VII. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER [I. 208] 

Freunde Augusts (vgl. Suet. Aug. 66, 1: amicitias neque facile admisit et 
constantissime retinuit). 

Senatoren: L. Cocceius Nerva, in gleicher Weise mit Octavian wie mit An- 
tonius befreundet (App. b. c. V 60), vermittelte, im J. 41 v. Chr. zu dem letzteren 
gesandt, den Abschluß des Vertrags von Brundisium (App. b. c. V 60—64); 
37 v. Chr. ging er (39 cos. suff. gewesen) mit Mäcenas wiederum als Abgesandter 
Octavians zu Antonius (Hör. sat. I 5, 27 fr.). Die Worte Senecas De clem. I 
10, 1 : Sallustium et Cocceios et Dellios et totatn cohartem primae admissunds 
ex adversariorum castris conscripsit sind wohl auf seinen von Octavian nach 
dem perusinischen Kriege begnadigten Bruder (App. b. c. V 61) — gemeint 
scheint Marcus, cos. 36 v. Chr. — zu beziehen. 

Q. Salvidienus Rufus, quem ad consulatum usque provexerat (Suet. Aug. 66, 1), 
starb verurteilt vor dem Antritte des Konsulats, zu welchem er für das Jahr 39 
v. Chr. designiert war. 

M. Vipsanius Agrippa, Konsul 37. 28. 27 v. Chr. 

Paullus Fabius Maximus, Konsul 11 v. Chr., f 14 n. Chr., war als einziger 
Begleiter des Kaisers bei dessen geheimer Unterredung mit Agrippa Postumus 
zugegen : Tac. ann. I 5 (vgl. Nipperdey z. d. St.). Plutarch. De garrul. 1 1 p. 508 A. 
Plin. n. h. VII 150. Quintilian. VI 3, 52. Henzen, Acta fr. Arv. p. 185. 240. In 
der Inschrift aus dem phrygischen Apamea CIL III 1 2240 heißt er (nach Momm- 
sens Ergänzung) clarissimus vir Caesaris [Augusti amicus] (vgl. Hirschfeld, KL 
Sehr. S. 647, 1). 

C. Asinius Gallus, Konsul 8 v. Chr., im J. 5 v. Chr. von August nach einem 
in Astypalaea gefundenen Schreiben desselben an die Cnidier (IG XII 3 n. 174 
m. Suppl. 1904 p. 278 = IGR IV 1031) dort mit einer Kriminaluntersuchung 
beauftragt (Z. 10): lf(b bfe iiecÖLOax TTpo<rrd£a{ rdMqj 'Aawiqj tui ^uj q>(Xif) usw. 

Cn. Calpurnius Piso, Konsul 7 v. Chr.: patris sui legatum atque amicum nennt 
ihn Tiberius bei Tac. Ann. III 12; vgl. ebd. 16. 

Cn. Pullius Pollio (CIL XI 7553 = Dessau 916) war nach Bekleidung der ge- 
wöhnlichen Ämterreihe procos. [pr^vinciae Narb., [comes — so ergänzen Hirsch- 
feld und Bormann — imp.] Augusti i]n Gallia Cbmat[a itemque] in Aquita[ma 
(wohl in den Jahren 738—741 d. St. = 16 — 13 v. Chr.; vgl. Mommsen, Ges. 
Sehr. VIHS. 542 f.). 

Nonius Asprenas (vielleicht L. Nonius Asprenas, Suffektkonsul 6 n. Chr.): 
Sueton. Aug. 56, 3: cum Asprenas Nonius artius ei iunetus causam veneficü 
aecusante Cassio Severo diceret, consuluit senatum, quid officii sui putaret, 
eunetari enim se\ ne si superesset, eripere legibus reum } sin deesset } destituere 
ac praedamnare amicum existimaretur\ vgl. Cass. Dio LV 4, 3 (z. J. 745 d. St 
= 9 v. Chr.): qpiXip T€ tiv\ biKi]v cpeutovri G\)velt)TaGQr\ } irpoemKOivdbaac autö 
toOto xfj T€poua(<j usw. 

Poppaeus Sabinus: Tac. Ann. VI w.fine anni (35 n. Chr.) Poppaeus Sabinus 
concessit vita, modicus originis, prineipum amicitia consulatum (9) ac triumphale 
decus (26 : Ann. IV 46) adeptus maximisque provineiis per XXI Vannos impositus. 

D. Iunius Silanus, in nepti Augusti adulter, quamquam non ultra foret sae- 
vitum, quam ut amicitia Caesaris prohiberetur, exilium sibi demonstrari Intel- 
lexit (Tac. Ann. III 24). 



[I. 209] VH. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER 61 

Ritter: Q. Dellius (s. die oben angeführte Stelle Seneca De dem. I 10, i 
und Drumaitn, Gesch. Roms I" 285, 2). 

Cornelius Gallus, quem ad praefecturam AegypH (30 v. Chr. ; vgl. CIL III 
14147 5 = IGR I 1293 = Dessau 8995: C. Cornelius Cn.f. Gallt^s eq^ies Ro- 
tnanus .... praefec^us Alex\andreae et Aegypti primus usw.) ex infima fartuna 
provexerat (Suet Aug. 66, 1), f 2 7 (Hieronym.) oder 26 v. Chr. 

C Maecenas L:f. Pom[ptina) (der volle Name CIL VI 2 1 77 1 = Dessau 7848; 
vgl. Bormann, Obs. de antiq. Rom. [Ind. lect. Marb. 1883] p. IV). 

C. Proculeius, Bruder der Gemahlin des Mäcenas, Terentia, gleich seinem 
Schwager i$ toi irpurra öttö toO Aütotiötou Tindi|H€vos (Cass. Dio LIV 3,5; 
vgl, Tac. Ann. IV 40). 

Sallustius Crispus, f 20 n. Chr., incolumi Maecenate proximus f mox praecipuus 
cid secreta imperatorum inniterentur — aetate provecta speciem magis in ami- 
citia principis quam vim tenuit (Tac. Ann. III 30). 

C. Matius ex equestri ordine, divi Augusti amicus (Plin. n. h. Xu 13; vgl. 
Tac. Ann. Xu 60). 

Vedius Pollio eques R. ex amicis divi Augusti (Plin. n. h. DC 77; vgl. Tac. 
Ann. Xu 60), Sohn freigelassener Eltern (iE direAeuO^puiv tretävei ica\ Iv toic 
imrcOotv ä-rjTd&To), f 739 (Cass. Dio LIV 23, 1). Von ihm stammt die Bene- 
venter Inschrift CIL IX 1556 = Dessau 109: P. Veidius P. f. Pollio \ Cae- 
sar eum imp. Caesari Augusto \ et coloniae Beneventanae\ ihm zu Ehren ist ge- 
setzt die Inschrift von Ilium IGR IV 215: f\ ßouXf| Ka\ 6 bf||üioc | TT6itXiov Ourj- 
btov TTw\|Xkuva. 

Vibius Viscus: Schol. Cruq. aus Porphyrio zu Horat. sat. 1 10, 83 (Viscorum 
uterque) : Visci duo fratres fuerunt optimi poetae et iudices critici, quorum pater 
Vibius Viscus, quamvis drvitiis et amicitia Augusti clarus esset, in equestri tarnen 
ordine permansit, cum filios suos Senator es fecisset. 

Von ungewissem Stande: M. Artorius Asclepiades, Arzt, einer von den 
Freunden (tuiv qpiXiuv Tis) des jungen Cäsar, rettete diesem, ib{ auTÖs (Cäsar) £v 
toTc uiTOjuvrinacftv IcrropeT, bei Philippi durch einen von einer Traumerschei- 
nung eingegebenen Rat das Leben (Plut. Brut. 41; vgl. Cass. Dio XL VII 41, 3. 
VaL Max. 1 7, 1. Suet Aug. 91, 1, wo er ebenfalls als amicus bezeichnet wird, 
u. a.). Auch inschriftlich wird er erwähnt: CIG 2283. 3 2Ö 5- IG III 570 und viel- 
leicht in dem Fragment CIL VI 31767 (von Mommsen ebd. p. 3157 f. auf ihn 
bezogen und ergänzt). 

C. Iulius Eurycles, t)Y€fiuw von Sparta, b6&ac dTroxp^ttxaOai ttJ Katoapoc 
qnXfqi (Strabo VIH 366); vgl. R. Weil, Athen. Mittcil. VI (1881) 10. Kolbe IG 
V, 1 p. XVI u. p. 307. 

A t Licinius Nerva Silianus, P. Siliifilius ... amplissimae principis amicitiae 
(Velleius II 116, 4). 

L. Varius Rufus, Epikureer, Caesaris amicus (Quintilian. VI 3, 178); vgl. 
A. Körte, Rhein. Mus. XLV 1890 S. 172. 

Freunde des Tiberius. 

Senatoren: Cn. Calpurnius Piso (oben S. 60) schreibt vor seinem Tode (20) 
an Tiberius: quondam divo Augusto, parenti tuo, probatus et tibi amicus (Tac. 
A. in 16). 



62 VH DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER [L 210] 

Lucilius Longus [cos. suff. 7 n. Chr., f 23, ein navus kamo) omnium Uli tristium 
laetorutnque socius, unusque e senatoribus Rhodii secessus comes (Tac. A. IV 15). 

Cn. Cornelius Lentulus (Konsul 18 v. Chr., f 25 n. Chr.), Intimus ipsius (des 
Tiberius) amicus 9 senectutis extremae (Tac. A. IV 29; vgl. I 27 und IV 44). 

Sex. Visfilius praetorius, quem Druso fratri percarum in cohortem suam 
transtulerat ... cotwktu principis prohibitus, tötet sich selbst als bereits alter 
Mann 32 n. Chr. (Tac. A. VI 9). 

Poppaeus Sabinus (oben S. 60). 

L. Calpurnius Piso pontif "ex , Konsul 15 v.Chr., Stadtpräfekt 17 — 32, ;- 32 
achtzigjährig, und 

L. Pomponius Flaccus, Konsul 17, t 33 als legatus pro praetore von Syrien: 
Sueton Tiber. 42, 1: cum Pomponio Flacco et L. Pisone noctem conthtuumque bi- 
duum epulando potandoque consumpsit, quorum (Uteri Syriam provinciam, altert 
praefecturam urbis detulit } codicillis quoque iucundissimos et omnium horarum 
amicos professus. 

Sentius Saturninus, Gemahl der jüdischen Proselytin Fulvia: Joseph. A. L 
XVm 83: >ca\ 6 Tißtpioc (äTTOffimanrci t<*P ffp&C auTÖv cptXoc ßv IcnropvTvos 
1% 4>ouXou(ac dvf|p dirKTKiinJCi if\% tuvcukos) KeXeuei iräv tö 'loubcrticöv Tflf 
c Pdi^Ti^ dircXöeTv (19 n. Chr.). 

M\ Aemilius Lepidus, Konsul 1 1 n. Chr., aequabüi auctoritate et gratia aput 
Tiberium (Tac. A. IV 20). 

L. Seius Tubero, Bruder des Seian, Konsul 18 n. Chr., Intimus ipsius (des Ti- 
berius) amicus (Tac. A. IV 29). 

M. Cocceius Nerva, Sohn des gleichnamigen Konsuls v. J. 718 = 36 v. Chr., 
Caesari familiarissimus (Pompon. Dig. I 2, 2, 48); unus Senator consulatu (als 
suff., kurz vor 24 n. Chr.) functus als Begleiter Tibers nach Capri (Tac. A. IV 
58); bei seinem Tode im J. 33 continuus principi \md proximus atnicorum (ebd. 
VI 26). 

L. Salvius Otho (der Vater des Kaisers) tarn carus tamque non absimilis fade 
Tiberio principi fuit, ut plerique procreatum ex eo crederent (Sueton. Otho 1, 2). 
Im Konsulat des Jahres 33 als suffectus Galbas Nachfolger (Suet Galba 6, 1), 
stand er noch bei Claudius in höchstem Ansehen, so daß senatus honore raris- 
simo, statua in Palatio posita } prosecutus est eum et Claudius adlectum inter 
Patricias conlaudans atnplissimis verbis hoc quoque adiecit: *vir, quo meliores 
liberos habere ne opto quidem* (Suet. Otho 1, 3). 

M. Aurelius Cotta Maximus Messalinus wird, angeklagt im Jahre 32, von Ti- 
berius, mit dessen Freundschaft er andern gegenüber geprahlt haben soll (tne 
tuebitur Tiberiolus meus\ brieflich in Schutz genommen repetito inter se atque 
Cottam amicitiae principio crebrisque eius ofßciis commemoratis (Tac. A. VI 5). 

Sex. Palpellius P.f. VeL Hister [cos. suff. 43) leg. Ti. Claudi Caesaris Aug. 
[Pannoniae?), procos., pr. f tr. pl. } Xvir stl. iudic, tr. mil. leg. XIII I Geminae, 
comes Ti. Caesaris Aug. datus ab divo Aug. CIL V 35 = Dessau 946. 

Ritter: L. Aelius Seianus, praefectus praetorio 14 — 31 n. Chr. 

Avilius Flaccus, Präfekt von Ägypten 32 — 37 (CIG III p. 360), iv TOig fciai- 
poic Kpi6c\s irapa Tißepfqj Katoapi, Philo in Flacc. 2 ; Kpi9e\c twv irptiiiuiv cptXwv 
TTctpd Tißepfif) Kctitfocpt, ebd. 158. 



[I. an] VII. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER 63 

Curtius Atticus [onus) eques Romanus praeter Seianum ex illustribus als Be- 
gleiter Tibers nach Capri (Tac. A. IV 58). 

Vescularius Flaccus, eques Romanus, cuipropior cum Tiberio usus erat (Tac. 
A. II 28); er und 

Iulius Marinus, e vetustissimis familiarium^ Rhodum secuti et aput Capreas 
individui werden 32 n. Chr. getötet (Tac. A. VI 10). 

Pompeius Macer: Strabo XIII 618: Theophanes von Mytilene uiöv dTrtXure 
MAxpov (MdpKOv die Hss.) TTojümrjiov, &v ttis 'Atffcts dTrdpoTrov *mköiy\<5k ttotc 
KaTcrap 6 leßacrrös, Ka\ vOv (etwa 18 n. Chr.) dv tois irpidroic ÖctAZctcu twv 
Ti߀p(ou qpiXuJv; offenbar derselbe, dem Augustus ordinandas bibliothecas dele- 
gauerai (Suet. Caes. 56, 7). Vgl. Nipperdey zu Tac. A. VI 18. 

C. Caesius Niger, bekannt durch die Inschrift CIL VI 2169 = Dessau 1320: 
Dis manibus sacrum C. Caesio Q. f. Ter. Nigr. ex prima admissione, ex 
quatuor decuris, curio minor etc., die wegen der Weiheformel frühestens unter 
Tiberius (und wohl kaum vor seinen letzten Jahren), wegen der quattuor decuriae 
(Mommsen StR. m 535 f.) auch nicht später gesetzt sein kann. 

Von ungewissem Stande: Sex. Marius ö <p(Xo{ ccutoO kcl\ bid toöto Ka\ 
TrXouTiicTag (Hispaniarum ditissimus Tac. A. VI 19) k<x\ buvriGeU (Cass. Dio 
LVIII 22 7 2) wird 33 n. Chr. getötet. 

Iulius Montanus tolerabilis poeta % notus et amicitia Tiberii et f rigor e (Seneca 
Ep. 122, 11), vielleicht der Vater des Iulius Montanus senatorii ordinis } sed qui 
nondutn honorem capessisset (f 56: Tac. A. XIII 25 ; vgl. CIL XI 3884). 

Freunde des Gaius. 

Senatoren: Valerius Asiaticus, cos. suff. unter Tiber, t 47 n. Chr. (Tac. A. 
XI 3): Seneca De constantia sapientis 18, 2: Asiaticum Valerium in primis 
amicis habebat — consularem. 

L. Vitellius (der Vater des Kaisers) ex consulatu (34) Syriae praepositus — 
primus C. Caesarem adorare ut deum instituit, cum reversus ex Syria non aliter 
adire ausus esset quam capite velato circutnvertensque se, deinde procumbens 
(Suet. Vit 2, 5); Gaius ovtws cxötöv .... iXeuKraro, iSore .... £v xotg Trdvu <piXoi{ 
auToO vo|uu09f}vai (Cass. Dio LIX 27, 6). 

A. Vitellius, der spätere Kaiser (geb. 1 5), Gaio per aurigandij Claudio per 
aleae Studium familiaris, sed aliquante Neroni acceptior (Sueton. Vit. 4). 

C. Passienus Crispus (cos. II 44) : omnium principum gratiam adpetivit, sed 
praecipue C. Caesaris, quem iter facientem secutus est per Alpis (Schol. luv. 
4, 81). 

Ritter: Naevius Sertorius Macro praet. praet (vgl. Nipperdey zu Tac. A. 
VI 15) wird von Sueton zu Caligulas Freunden gezählt (Calig. 26, 1). 

Freunde des Claudius. 

Senatoren: Ser. Sulpicius Galba, der spätere Kaiser, cos. 33, gratissimus 
Claudio receptusque in cohortem amicorum (Sueton. Galba 7, 1), Begleiter des 
Claudius bei dem Feldzuge nach Britannien im Jahre 43 tantae dignationis . . . 
«/, cum subita ei valitudo nee adeo gravis ineidisset, dilatus sit expeditimiis Bri- 
tannicae dies (Suet. a. a. O.). 

Fernere Begleiter desselben bei demselben Feldzuge (Hübner, Hermes XVI 
1881 S. 525): 



6 4 VII. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER p. 21 2] 

Valerius Asiaticus (vgl oben S. 63). 

L. Iunius Silanus, Urenkel Augusts, erster Verlobter der Octavia, 

Cn. Pompeius Magnus, Verlobter von Claudius älterer Tochter Antonia 
(diese beiden brachten die Botschaft von der Unterwerfung Britanniens nach 
Rom: Cass. Dio LX 21, 5), 

Ti. Plautius Silvanus Aelianus (wahrscheinlich ein Neffe des A. Plautius) cos. 
suff. I im J. 45, // im J. 74, als Prätorier legat.*) et comes Claud. Caesaris in 
Brittannia (CIL XIV 3608 = Dessau 986) und vielleicht 

Cn. Sentius Saturninus (cos. 41) nach Eutrop. VII 13: (Britannia) devicta per 
Cn. Sentium et A. Plautium, inlustres ac nobiles viros (vgl. Hübner a. a. O. 
S.519). 

Auf einen Begleiter bei diesem Feldzug bezieht sich auch CIL IX 2847 = 

Dessau 971: regt sac[ror.], flam. ... patric., leg. Caesaris pro\pr. (oder 

pr<{vinc.]) , cotniti divi] Claudi in Britannia etc.; desgleichen höchst 

wahrscheinlich CIL V 7 1 65 : donis dond]t. ab Ti. Claud\io Caes. Aug. Germ. 

carana aur]ea classica val[lari ex coftyrt. amicorum, [ ho\spitium cum 

leg(ione) V[....f ecit ttc. 

Paullus Fabius Persicus (cos. 34): nobilissimum vir um, amicum meum nennt 
ihn Claudius in der Rede über das ius honorum der Gallier CIL Xm 1668 = 
Dessau 2 1 2 Kol. II Z. 24. 

P, Suillius Rufus (cos. suff. 46) Claudii prineipis amicitia diu prospere, num- 
quam bene usus (Tac. A. IV 31) in insulas Baleares pellitur 58 (A. XIII 43). 

L. Vitellius (oben S. 63) formidine C Caesaris, familiaritate Claudi turpe in 
servitium mutatus exemplar aput posteros adulatorii dedecoris habetur (Tac. A 
VI 32); er und 

Caecina Largus (cos. 42) begleiteten Claudius auf der Reise nach Ostia 48 

(Tac. A. XI 33). 

A. Vitellius (oben S. 63). 

P. Petronius, vetus convictor eius (also wohl aus der Zeit vor seiner Regie- 
rung): Seneca Apocol. 14, 2, vielleicht identisch mit dem vir consularis Petro- 
nius, dem Schwiegervater des A. Vitellius (Sueton. Vitell. 6). 

Iulius Planta, erwähnt in dem Edikt des Claudius über das Bürgerrecht der 
Anauner vom Jahre 46 CIL V 5050 = Dessau 206 Z. 16 ff.: misi Plantam 
Iulium atnicum et comitem meum, qui cum adhibitis procuratoribus meis .... 
summa cura inquisierit et cognoverit, cetera quidem, ut mihi demonstrata com- 
mentario facto ab ipso sunt, statuat pronuntietque ipsi permitto. Vgl. Mommsen, 
Hermes IV 1869 S. 1 10. 

T. Vinius Rufinus (Consul 69) gehörte als Prätorier zur näheren Umgebung 
des Claudius nach Tac. Hist I 48: servili probro respersus est, tamquam scy- 
p/ium aureum in convivio Claudii furatus, et Claudius postera die soli omnium 
Vinio fictilibus ministrari iussit. 

L. Salvius Otho, der Vater des Kaisers (oben S. 62). 

Seneca Apocol. 13 (vgl. Tac. A. XIII 43) zählt als von Claudius getötete 
Freunde von konsularischem Range auf: 

1) Vgl. Mommsen StR. II 3 853, 5. 



[L 213] VII. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER 65 

Q. Eutetius (?) Lusius Saturninus, wie der folgende cos. suff. in einem unbe- 
kannten Jahre, 

Pompeius Pedo, 

Cornelius Lupus [cos. suff. 42), 

Ser. Asinius Celer [cos. suff. 44). 

Ritter: Lusius Geta praef. praet. (48 — 51) und 

C. Turranius/ra?/ p . annonae heißen potissimi amicorum bei Tac. A. XI 31. 

L. Iulius Vestinus: Rede des Claudius CIL XIII 1668 = Dessau 212 Kol. II 
Z. 11 ff.: ex qua colonia (Vienna) inter paucos equestris ordinis ornatnentum L. 
Vestinum familiarissime dÜigo et hodieque in rebus tneis detineo. Im sechsten 
Jahre Neros (Aug. 59 — Aug. 60) wurde er als Nachfolger des Ti. Claudius Bai- 
billus Präfekt von Ägypten (IGR I 1374. 1379), wo er einige Jahre tätig war 
(die Zeugnisse, Inschriften und Papyri, verzeichnet von Stein, Real-Encykl. X 
870, stammen, soweit sie datiert, aus den Jahren 60 — 62). Auch bei Vespasian 
stand er, auctoritate famaque inter procer es, in höchster Gunst: Im Jahre 70 
betraute der Kaiser ihn, trotzdem er nur Ritter war, mit der Leitung des Wieder- 
aufbaus des Capitols (Tac. hist. IV 53). 

Freunde des Nero. 

Senatoren: C. Petronius proconsul Bithyniae et mox consul (suff. in einem 
unbekannten Jahre) — dein — inter paucos familiarium Neroni adsumptus est, 
elegantiae arbiter, f 66 (Tac. A. XVI 18). 

A. Vitellius, der spätere Kaiser (oben S. 63). 

Cluvius Rufus consularis, unter den amicorum intimi genannt Suet. Nero 
21,2; auf der Kunstreise nach Griechenland gehörte er zu den comites des 
Kaisers und fungierte als sein Herold (Cass. Dio LXI1I 14, 3). 

T. Flavius Vespasianus, der spätere Kaiser, peregrinatione Achaica inter 
comites Neronis .... gravissimam contraxit offensam prohibitusque non cotitu- 
bernio modo (vgl. oben I 78) sed etiam publica salutatione (Sueton. Vesp. 4, 4). 

L. Annaeus Seneca, cos. suff. 56, schreibt an Nero (Tac. A. XIV 54): uterque 
mensuram implevimus, et tu, quantum princeps tribuere amico posset, et ego } 
quantum amicus a principe accipere. 

T. Clodius Eprius Marcellus (cos. suff. 61 u. 74) gehörte zu Neros Freunden 
nach Tac. Hist. IV 7. 8 (wo er sagt non minus sibi anxiam talein amicitiam 
quam aliis exilium). 

M. (Iulius?) Vestinus Atticus, vielleicht Sohn des L. Iulius Vestinus cos. 65 
(im Konsulat bald nach dem 13. April getötet), ex intima sodalitate (Tac. A. 
XV 68). 

M. Salvius Otho, der spätere Kaiser (geb. 32), ßagrantissimus in amicitia 
Neronis habebatur (Tac. A. XIII 45, vgl. 12; Hist. I 13. Plut. Galba 19); sum- 
mum inter amicos locum tenuit (Suet. Otho 2, 2). Deicitur familiaritate sueta, 
post congressu et comitatu (memoria Neroniani comitatus: Tac. Hist. I 23) Otho 
*/ (obwohl nur Quaestorier: Suet. Otho 3, 2) — provinciae Lusitaniae praeficitur 
(im Jahre 58, Tac. A. XIII 46). 

M. Annaeus Lucanus (geb. 39, f 65) revocatus Athenis a Nerone cokortique 
amicorum additus atque etiam quaestura konoratus non tarnen permansit in 
gratia (Suet. Vita Luc). 

Friedlaender, Darstellungen». Anhang. c 



J 



66 VII. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER [I. 214] 

Montanus (vielleicht Curtius Montanus, der Vater des Tac. A. XVI 28 u. 33 
erwähnten Dichters; vgl. Nipperdey zu der letzten Stelle und unten S. 69): luv. 
4, 136 f.: noverat ille luxuriatn imperii veterem noctesque Neronis etc. 

Ritter: Afranius Burrus, praef. praet. seit 51, t 62, neben Seneca der ein- 
flußreichste Mann in der Umgebung Neros (s. bes. Tac. A. XIII 2), gehörte 
selbstverständlich zu den 'Freunden 9 . 

Ofonius Tigellinus cum studiose equos aleret quadrigarios amicüiam Neronis 
nactus primus illum ad Studium circensium movit (Schol. luv. 1, 155); intimü 
libidinibus adsumptus (Tac. A. XIV 51) war er bis zum Jahre 62 praef. vig., 
dann bis zu seinem Tode im J. 69 praef. praetorio. 

Claudius Senecio adulescentulus decorus, liberto Caesaris patre genitus, im 
Jahre 55 nebst Otho Mitwisser von Neros Liebschaft mit Acte (Tac A. XIII 
12, wo diese beiden den semoribus pHncipis amteis gegenübergestellt werden), 
beteiligte er sich 65, e praeeipua familiaritate Neronis, speciem amicitiae etiam 
tum retinens, an der Pisonischen Verschwörung (Tac. A. XV 50). 

Cossinus eq. R. amicitia Neronis prineipis notus (Plin. n. h. XXIX 93), viel- 
leicht identisch mit M. Ofasius Firmus Marus Cornelius Mari f. Clu. Cossinus 
praef ectus fabrum, tribunus militum leg. XII II Gemin. Victric. CIL X 6555 
= Dessau 3697 (vgl. CIL XV 7490 [Bleiröhre]: Mari Corneli Cossini *f [f. 
unsicher]); das Cognomen Cossinus ist jedenfalls überaus selten. 

Freunde des Galba 1 ). 

Senatoren: T. Vinius Rufinus, Kollege Galbas in dessen 2. Konsulat (69) 
und neben Cornelius Laco (s. unten) der mächtigste Mann in der Umgebung 
des Kaisers (Tac. H. I 13), Galbae amicitia in abruptum tractus (Tac. H. I 48). 

Marius Celsus consul designatus (69) et Galbae usque in extremas res amicus 
fidusque (Tac. Hist. I 45). 

Ducenius Geminus, praef urbi 69, wurde gleich den beiden Vorhergehenden 
und Laco (s. unten) von Galba zu der vertraulichen Beratung über die Wahl 
eines Thronfolgers geladen (Tac. Hist. I 14). 

M. Salvius Otho, Galbas Rivale, gehörte zu dessen nächster Umgebung (Tac. 
Hist. I 24 = Suet. Otho 4, 1, wo erwähnt wird, daß der Kaiser wiederholt bei 
ihm zu Gaste war; Hist. I 27. Suet Otho 6, 2: matte Galbam salutavit utque 
consueverat osculo exceptus). 

Ritter: Cornelius Laco praef praet : (Galba) regebatur trium arbitrio, quos 
una et intra Palatium habitantis nee umquam non adhaerentis (also ständige 
comites) paedagogos vulgo vocabant. ii erant T. Vinius (s. oben) . . . Cornelius 
Laco ex assessore praef praet .... libertus Icelus (Suet. Galb. 14, 2; vgl. Tac. 
Hist. I 13. 14. Plut. Galb. 29). 

Pompeius Longinus, praetorianorum tribunus , e Galbae amicis 9 fidus prineipi 
suo (Tac. Hist. I 31). 

Freunde des Otho. 

Senatoren: L. Vitellius (cos. suff. 48) als comes erwähnt von Tac. H. I 88: 
multos e magistralibus, magnam consularium partem Otho non partieipes out 
ministros hello (Mommsen StR. II 3 853, 5), sed comitum specie secum expedire 

1) Vgl. Tac. hist I 12: anücorum cupiditaies ipsa Galbae facultas nümdebat. Suet Galba 15, 2. 



[I. 21 s] VE. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER 67 

iiibet, in quis et Lucium Viteüium, eodem quo ceteros cultu, nee ut imperatoris 
fratrem nee ut hostis. 

Marius Celsus, cos. des. und Freund Galbas (s. oben S. 66), wurde nachher 
von Otho inter intitnos amicos aufgenommen mansitque Celso velut fataliter 
etiampro Othonefides integra et mfelix (Tac. Hist I 71). 

Suetonius Paullinus {cos. suff. 42, ord. 66): Plutarch. Otho 6: oi bi. irep\ töv 
K£X(Xov k<x\ TTauXXTvov äXXiuc tqrciXKOvro cru|ißou\iuv övofia xa\ qpiXuiv. 

Ritter: Licinius Proculus intimafamiliaritate Othonis, von den Soldaten 69 
als Nachfolger Lacos zum praef. praet. erwählt (Tac. H. I 46). 

Freunde des Vitellius (vgl. Tac. H. II 87: legatorum amicorutnque eomi- 
tatus; 89. 91. 96 u. sonst). 

Senatoren: Cluvius Rufus (cos. suff. in einem unbekannten Jahre), der zu 
den nächsten Freunden Neros gehört hatte (s. oben S. 65), digressum a Lugu- 

duno Vitellium adsequitur amissa Hispania (wo er Statthalter war: Tac. 

H. I 8. 76); comitatui prineipis adiectus, non adempta Hispania (Tac. H. II 65). 

Ti. Catius Silius Italicus (cos. 68) in Vitelli amieitia sapienter se et comiter 
gesserat (Plin. ep. III 7, 3); nebst dem vorigen Ohrenzeuge bei den Unterhand- 
lungen des Kaisers jnit Flavius Sabinus (Tac. H. III 65). 

C. Fabius Valens und 

A. Caecina Allienus, die beiden Heerführer des Vitellius, sind als nächste 
Freunde des Kaisers anzusehen nach der ganzen Rolle, die sie bei ihm spielten 
(Tac. H. II 59: Valentetn et Caecinam pro contione laudatos curuli suae circum- 
posuit\ 92: munia imperii Caecina ac Valens obibant .... ambitu comitatu et 
intnensis salutantium agminibus contendunt cotnparanturque, variis in hunc aut 
Munt Vitellii inclinationibus\ 100: Caecina e complexu Vitellii multo cum ho- 
nore digressus). 

Vibius Crispus (vgl. unter Vespasian und Domitian) war ein regelmäßiger 
Tischgenosse des Vitellius nach Cass. Dio LXV 2, 3 (ttoXXous t&P <te\ toüs irpifj- 
touc 6ho<t(touc tiroieiTo). 

Freunde des Vespasian. 

Senatoren: M. Antonius Primus, praepositus a Galba septimae legioni(Gal- 
bianae in Pannonien: Tac. H. II 86), übernahm als feuriger Parteigänger Vespa- 
sians die Leitung des Kampfes gegen die Vitellianer in Italien (Tac. H. TU 2 ff.) 
und erhielt im Dez. 69 auf Senatsbeschluß die konsularischen Insignien (ebd. 
IV 4) ; profectus ad Vespasianum ...ut non pro spe sua excipitur, ita neque averso 
imperatoris animo .... paullatim levior viliorque kaber i, manente tarnen in 
speciem amieitia (ebd. IV 80). Er lebte noch unter Domitian (mehrmals er- 
wähnt von Martial: Giese, De personis a Martiale commemoratis S. 5 ff.), der 
ihn im J. 70 unter seine comites aufnehmen wollte (Tac. H. IV 80). 

Eprius Marcellus (vgl. oben S. 65) und 

Vibius Crispus, per tnultos iam annos potentissimi sunt civitatis ac . . . . nunc 
prineipes in Caesaris amieitia agunt feruntque euneta atque ab ipso principe cum 
quadam reverentia diliguntur (Tac. Dial. 8, 7); beide waren coss. suff. im J. 61, 
Marcellus cos. II 74. 

C. Licinius Mucianus (cos. II 70, III 72); vgl. über ihn und sein Verhältnis 
zu Vespasian besonders Tac. H. I 10. II 76 — 77. Cass. Dio LXVI 2, 1 — 3. 

5* 



68 VII. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER [I. 216 

Ritter: G Plinius Secundus, im J. 79 Präfekt der Flotte zu Misemrai, disten- 
tus impeditusque — amicitia principum (Plin. ep. III 5, 7). 

Otacilius Sagitta: CIL X 8038 (Rescript Vespasians an die magistratus et 
Senator es Vanacinorutn in Corsica v. J. 72 [?]): Otacilium Sagittam amicumet 
procuratoretn meutn ita vobis praefuisse, ut testimonium vestrum mereretor, 
delector. 

Ti. Iulius Alexander, Präfekt von Ägypten 66 — 70 und als solcher einer der 
ersten, die sich für Vespasian erklärten (Tac.- H. Ö 79. Suet. Vesp. 6, 3), be- 
gleitete, qnXuuv boici)ütu)TaTOc (Joseph, b. lud. V 45), Titus auf dem Zuge gegen 
Jerusalem als Ratgeber und Generalstabschef (Mommsen, Hermes XIX 1884 
S. 645). 

Freunde des Titus 1 ). 

Senatorischen Ranges: T. Rutilius Varus war nach der ihm in Nola ge- 
setzten Ehreninschrift CIL X 1258 triL mil. leg. V Macedonic., praefectus akt 
Bos[poranorum) — in diesen Stellungen wird er als Teilnehmer am jüdischen 
Kriege zu Titus und vielleicht auch schon zu Vespasian in persönliche Be- 
ziehungen getreten sein (die ala Bosp. im 1 . Jahrhundert in Syrien nach CIL 
III 6707 = Dessau 2510, die leg. V Mac. im Heere Vespasians nach Tac. Hist. 
Vi) — q[uaestor) divi Vespasiani, aed[ilis) cur[ulis), com[es) imperato{ris) (also 
des Titus). 

Ritter: C. Plinius Secundus d. Ä. (s. oben und Plin. n. h. praef. 3. 4). 

Ti. Iulius Alexander (s. oben). 

Freunde des Domitian (vgl. das Bronzetäfelchen CIL V 7506= Dessau 
270: ex comitatu imp. Domitiani Aug. Germanici ab Aquis Statiellis). 

Senatoren: Borghesi, Annot. a Giövenale (Oeuvr. V 513 ff.) hält alle bei 
luv. 4 von Domitian zum Rat Berufenen außer den beiden Gardepräfekten für 
Konsulare wegen v. 72 ff.: vocantur ergo in consilium proceres, quos oderot 
ille\ in quorumfacie tniserae magnaeque sedebat pallor amicitiae; 144: surgitur 
et misso proceres exire iubentur consilio] vgl. v. 83 f.: maria ac terras populos- 
que regenti quis comes utilior? Nach Büchelers ansprechender Vermutung 
(Rh. Mus. XXXIX 1884 S. 283) schwebte Iuvenal bei seiner Schilderung dieses 
Kabinettsrats (vgl. Mommsen StR. II 3 903, 4) eine ältere des Statius in dessen 
Gedicht De bello Germanico vor (vgl. v. 147 : tamquam de Chattis aliquid torvts- 
que Sygambris dicturus\ woraus die Scholien des Valla zu luv. 4, 94 vier Verse 
aufbewahrt haben (Jahn, Rh. Mus. IX1854S. 627 und Bücheier a. a. 0.). D fc 
an der Beratung Teilnehmenden waren nach der von Iuvenal beobachteten 
Reihenfolge die folgenden: 

Pegasus, v. 77: attonitae positus modo vilicus urbi y also Stadtpräfekt; vgl- 
Dig. I 2, 2, 53: temporibus Vespasiani praefectus urbifuit*). Konsul (suff) war 
er zusammen mit Pusio in einem unbekannten Jahre Vespasiani Aug. tetnpor*' 
bus (Iust. inst. II 23, s). 

1) Vgl. Suet. Tit. 7, 2: Amkos ekgit, quibus ctiampost tum principe* ut et sibi et reipubfo** f 
cessarns adquieuerunt praeeipueque sunt usi. 2) Friedlaender nimmt auf Grund dieser Angabe eine 
Iteration des Amtes an, was aber nicht nötig und auch wenig wahrscheinlich ist; vermutlich ist u> 
der Digestenstelle die Stadtpr&fektur ungenau oder irrtümlich in dieselbe Zeit wie sein (den Juristen 
wegen des SC. Pegasianum bekanntes) Konsulat gesetzt Vgl. Borghesi, Oeuvres IX 269 ff. 



[I. 217] VIL DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER 69 

Vibius Crispus (v. 81, vgl. oben S. 67 und Borghesi S. 520); vgl. Statius 
a. a. O.: Nestor ei mitis prudentia Crispi und unten Fabricius Veiento. 

M\ Acilius Glabrio (v. 94); vgl. Statius a. a. O.: etprope Caesareae confinis 
Acutus aulae. Sein gleichnamiger Sohn, mit dem ihn offenbar der Scholiast 
verwechselt, war cos. 91. 

Rubrius Gallus (v. 105), Konsul vielleicht unter Nero (vgl. Cass. Dio LXHI 
27, 1. Borghesi S. 521). 

Montanus (v. 107), nach Nipperdey (zu Tac. Ann. XVI 33) der Vater des dort 
und c. 28 erwähnten Curtius Montanus. 

Pompeius (v. 1 10), vielleicht Cn. Pompeius Ferox Licinianus, cos. suff. in einem 
unbekannten Jahre (CIL VI 468. Borghesi S. 524). 

L. Valerius Catullus Messalinus, Kollege Domitians in dessen zweitem Kon- 
sulat (73), und 

A. Didius Gallus Fabricius Veiento (v. 113), letzterer nach CIL XIII 7253 = 
Dessau 1010 cos. III } XV vir sacris facienda sodalis Augustal., sod. FlaviaL, 
sod. Titialis\ über beide vgl Mommsen, Ind. Plin.; Statius a. a. O.: prudentia 
Crispi et Fabius Veiento\ potentem signat utrumque Purpura, ter memores im- 
plerunt nomine fastos, wonach also Crispus (in seinem zweiten Konsulat) und 
Veiento vielleicht Kollegen im Konsulat waren [Fabius versteht Bücheier, 
Westd. Ztschr. III [1884] S. 86 hier appellativisch: 'der Bedächtige'). 

Außerdem sind von Freunden Domitians noch folgende bekannt: 

Velius Paullus, unter Domitian Prokonsul von Bithynien: cum comes Arctois 
heier er et Caesaris armis Velius (Martial. IX 31); der hier gemeinte Krieg ist der 
sarmatische, nicht der dacische, doch ist comes vielleicht nicht in technischem 
Sinne zu verstehen. 

M. Arrecinus Clemens, domui Vespasiani per adfinitatem innexus et gratissi- 
mus Domitiano, im J. 70 von Licinius Mucianus, quamquam senatorii ordinis, 
zum Gardepräfekten gemacht (Tac. Hist. IV 68), cos. suff. lim J. 73, //in einem 
unbekannten Jahre unter Domitian, gehörte als Konsular zu dessen familiäres 
(Suet. Dom. 11, 1). 

C. Iulius Bassus (cos. suff. 105) Titum Hmuit ut Domitiani amicus } a Domi- 
tiano relegatus est; revocatus a Nerva sortitusque Bithyniam (Plin. ep. IV 9, 2). 

Palfurius Sura, consularis filius a Vespasiano senatu motus .... abusus 

familiaritate Domitiani acerbissime partes delationis exercuit (Schol. luv. 4, 53, 
nach Marius Maximus). 

Festus : huius Caesar amicus erat (Martial. I 78, 10); vielleicht C. Calpetanus 
Rantius Quirinalis Valerius Festus, cos. suff. 7 1 . 

Ritter: Cornelius Fuscus (luv. 4, 112), praef. praet, und 

Crispinus (ebd. 108), nach Borghesi a. a. O. S. 513 ff. vielleicht sein Kollege. 
Vgl. Hirschfeld, Verwg. 1 S. 223, 25. 26. 

Freunde des Nerva. 

Senatoren: L. Verginius Rufus, geb. 15, cos. 63, 69, 97, t gegen Ende des 
Jahres 97, Caesar es, quibus suspectus atque etiam itwisus virtutibus fuerat, eva- 
sit, reliquit incolumetn Optimum atque amicissimum (Plin. ep. II 1, 3); vgl. 
Mommsen, Ind. Plin. 

Fabricius Veiento (vgl. oben) und 



70 VH. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER p. 218] 

Iunius Mauricus werden unter den Tischgästen Nervas erwähnt von Plin. ep. 
IV 22, 4. 6: cenabat Nervo, cum paucis\ Veiento proxitnus atque etiam in sinu 
recumbebat usvr. (dieselbe Geschichte erzählt die Epit. de Caes. 12, 5). 

Freunde des Trajan 1 ). 

Senatoren: L. Neratius Priscus, cos. 83: frequens satte opinio fuit Traume 
id anitni fuisse, ut Neratiutn JPriscum } non Hadrianum successorem relinqueret, 
rnultis amicis in hoc consentientibus (Hist. Aug. Hadr. 4, 8). 

L. Licinius Sura (cos. II 102, III 107): Cass. Dio LXVTH 15, 4: TOCXauTq hi 
<pi\{qc K<x\ mtfrei 8 xe loupas irpög töv Tpaiavöv £xPfi<*<*TO Ka\ Tpaiavbc irpö§ 
£k€ivov, <S5ot€ ttoXXAki^ (xütöv .... biaßXTiG^vra oöie ümhmevat itotc ofte 
i.\ilGr\Oev\ vgl. Hist Aug. Hadr. 3, iof. Victor Caes. 13, 8. CIL VI 1444 = 
Dessau 1022 und dazu Cass. Dio LXVIII 15, 3. 

Q. Sosius Senecio (cos. Igg, II 107), 

A. Cornelius Palma (cos. 99 und 109), 

L. Publilius Celsus (cos. II 113) gehörten zu den bevorzugten Freunden 
Traians nach Cass. Dio LXVIII 16, 2: l<m\ae bfe k<x\ toO Iocxcfiou toO tc TToX- 
jütou (vgl. CIL VI 1386 = Dessau 1023) k<x\ toO K£\<rou dicövac. oütui ttou au- 
toü£ tüjv äXXuuv TTpoeTifiricre. Daß die beiden letzteren unter den Freunden 
Traians eine führende Rolle spielten, ergibt sich auch aus Hist Aug. Hadr. 4, 3: 
in adoptionis sponstonem venit Palma et Celso inimicis semper suis . ...in suspi- 
cionem adfeetae tyrannidis lapsis. 

P. Aelius Hadrianus, der Nachfolger Traians, war nach der ihm in Athen 
im J. 112 gesetzten Inschrift CIL III 550 = Dessau 308 quaestor imperatoris 
Traiani et comes expeditionis Dacicae (der ersten; vgl. Hist. Aug. Hadr. 3, 2: ad 
bellum Dacicum Traianum familiarius prosecutus est) } donis militaribus ab eo 
donatus bis; vgl. Cass. Dio LXIX 1,1: t6 tc ov\inav <ruvfiv <xöt$ xa\ <jvv- 

&UJT<XTO. 

T. Iunius Omullus, Konsular nach CIL XII 3168 = Dessau 2404 (vgl. CIL 
II 3415)1 ist wohl der Hist. Aug. Alex. 65, 5 offenbar als Freund Traians ge- 
nannte Homullus (bei Plin. ep. IV 9, 15 falsch Titius Homullus: vgl. Mommsen, 
Ind. Plin. s. Homullus). 

C. Plinius Secundus d. J.: ep. IV 22, 1 : interfui prineipis optimi Cognition* 
in consilium adsumptus. 

C. Antius A. Iulius Quadratus (cos. 1 93, II 105), Pergamener, in einem Erlaß 
Traians an die Stadt Pergamum (CIL in 7086 = IGR IV 336) amicus, clarissi- 
mus vir genannt. 

D. Terentius Gentianus Scaurianus, cos. suff. in einem unbekannten Jahre 
(vor 1 10), wird in der metrischen Inschrift auf der großen Pyramide CIL III 21 
= 6625 = Dessau 1046 a als comes tuis 9 Traiane } triumphis bezeichnet (ta 
J. 1 10 war er leg. Aug. von Daden: CIL III Dipl. XXXVII = Dessau 2004). 

Ein Unbekannter, [comes imp.] Caesaris Nervae Traiani usw. [dum] exerdtus 
suos circumit (a. 98/99?), leg. pro pr. provinc. Belgic*, [adlectus inter]patricios 
ab imperatorib. divis Vespasiano et [Tito CIL VI 1548 = Dessau 1019. 

1) Vgl. Plin. paneg. 85 und oben I 79. 



[L 219] VE DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER 7 1 

Ritter: Pompeius Planta: Traian. ad Plin. 7 : Pompeium Plantam, praefecturn 
Aegypti, amicum meutn (vgl. ebd. 10). 

Ein praefectus praetorio, principis amicus, der, obschon dem Kaiser carissi- 
miis^ seinen Abschied genommen und sich aus dem contubernium principis in 
seine überseeische Heimat ins Privatleben zurückgezogen hat (vor dem J. 100), 
wird ohne Nennung des Namens erwähnt von Plin. paneg. 86. 

Freunde Hadrians (größtenteils genannt Hist. Aug. Hadr. 15, 1 — 8; vgl. 
18, 1 über sein consilium). 

Senatoren 1 ): L. Iulius Ursus Servianus, Gemahl von Hadrians Schwester, 
cos. II 102, /// 1 34, getötet im Alter von 90 Jahren 136 (Hist. Aug. Hadr. 1 5, 8). 

T. Aurelius Fulvus Boionius Arrius Antoninus, der spätere Kaiser, cos. 120, 
nachher/raMf. vpn Asien, post proconsidatum in consiliis Hadriani Romaefre- 
quens vixit (Hist. Aug. Pius 3, 8); nach Cass' Dio LXIX 20, 1 gehörte er zu den 
rrpuJTOt Kct\ &Ei6Xotoi tujv ßouXevTwv, die Hadrian bei sich empfing und mit 
'Freunde' anredete. 

L. Catilius Severus, cos. II 120, praef. urbi t hoffte, der Nachfolger Hadrians 
zu werden, und nahm deshalb mit andern die Adoption des Antoninus übel auf, 
weshalb er successore accepto dignitate privatus est (Hist. Aug. Hadr. 24 j 6; 

vgl. i5i 7)- 

L. (Neratius) Marcellus, Bruder des L. Neratius Priscus, cos. II 129, von Ha- 
drian zum Selbstmorde gezwungen (ebd. 15, 4). 

C. Ummidius Quadratus, cos. suff. 1 18 (ebd. 15, 7). 

A. Platorius Nepos, cos. suff. 119, später dem Hadrian verdächtig (ebd. 15, z. 
23, 4); mit ihm und 

Sosius Papus war Hadrian bereits unter Traians Regierung befreundet (ebd. 
4, 2). 

T. Atilius Rufus Titianus, cos. 127 (ebd. 15, 6: ut consciutn tyranmdis etargui 
Passus est et proscribi\ nach Hist. Aug. Pius 7, 3 erfolgte die Verurteilung erst 
unter diesem Kaiser). 

T. Caesernius Statius Quintius Statianus Memmius Macrinus, cos. suff. in 
einem unbekannten Jahre (vor 150)' war nach CIL VHI 7036 = Dessau 1068 
quakst.] candidatus divi Hadriani) cotnes eiusdem in [Oriente. 

T. Caesernius Statius Quinctius Macedo Quinctianus, vermutlich der Bruder 
des Vorigen, war nach der Prätur cdgnes imp. (wahrscheinlich ebenfalls Ha- 
drians)] 9 ) per Orienten, dann Legionslegat und später Suffektkonsul (CIL V 
865 = Dessau 1069). 

Voconius: ApuL Apol. 1 1 : divus Hadrianus cum Voconi amici sui poetae tu- 
mulum versibus muneraretur usw.; vielleicht C. Licinius Voconius Romanus, der 
von Traian in den Senatorenstand erhoben wurde (vgl. Mommsen, Ind. Plin.). 

Ritter: P. Acilius Attianus (der volle Name 3 ) in der Inschrift von Elba 
Dessau 8999), ehemals Hadrians Vormund (Hist. Aug. Hadr. 1,4. 4,2. 9,3. 
Cass. Dio LXIX 1, 2) und mit ihm schon unter Traians Regierung befreundet 
(ebd. 4, 2. 15,2), war (vielleicht auch schon unter Traian) Gardepräfekt bis zum 

1) Vgl. Hist. Aug. Hadr. 8, 1: optumos quosqut dt senatu in contubernium imperatoriat maiestatis 
adseivit 2) Co[m. divi Vert\ ergänzte Borghesi; s. dagegen Mommsen in der Anm. zu der Inschr. 
3) Catlhtm Tatianum ist Hist Aug. Hadr. I, 4 überliefert (Tcmctvöq auch Zonar. XI 23). 



72 VII. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER [I. 220] 

Jahre 119 (als praef. pr. setzt er die oben erwähnte Inschrift), worauf er ver- 
anlaßt wurde, den Abschied zu nehmen (Hist. Aug. Hadr. 9, 3 f.) und unter Ver- 
leihung der ornamenta consularia in den Senat berufen wurde (ebd. 8, 7). 

Ti. Claudius Livianus, praef. praet. unter Traian im ersten dacischen Kriege 
(101/2) und 

Q. Marcius Turbo Fronto Publicius Severus, 1 1 9 als Nachfolger Attians zum 
praef. praet. ernannt und, wie es scheint, noch 1 3 5 im Amt, gehörten gleich 
Attian zu Hadrians Freunden schon vor dessen Thronbesteigung (Hist. Aug. 
Hadr. 4, 2; vgl. 15, 7 und Hirschfeld, Verwg. 1 S. 224); 

C Septicius Clarus, 119 zum praef. praet. als Nachfolger von Attians Kollegen 
Similis ernannt, abgesetzt 121 (Hist. Aug. Hadr. 9, 5. n, 3), gehörte zu den 
Freunden nach Hist. Aug. Hadr. 15, 2. 

Freunde des Antoninus Plus. 

Senatoren: A. Plotius Sabinus, praetor, sodalis Titialis . . . Habens quoßue) 
salutation(em) seeundam imp. Antonini Aug. Pii CIL VI 31746 = Dessau 1078. 

M. Valerius Homullus (cos. 151), cuius Homulli tnulta ioca semper patienter 
aeeepit (Hist. Aug. Pius 11, 8, wo von den Freunden des Kaisers und seiner 
civilitas ihnen gegenüber die Rede ist; vgl. ebd. Marc. 6, 9, wo er als Ver- 
trauter des Pius und Gegner des Cäsars Marcus erscheint). 

Freunde der Samtherrscher Marcus und Veras 1 ). 

Senatoren: M. Cornelius Fronto (cos. 143), vielleicht schon Freund des An- 
toninus Pius, jedenfalls auch seiner Nachfolger, obwohl ein ausdrückliches 
Zeugnis fehlt. 

P. Salvius Iulianus, der berühmte Jurist, bis consul, praef ectus urbi nach Hist 
Aug. Did. Iul. 1, 1 (seinen vollen Namen und cursus honorum gibt die afrika- 
nische Inschrift CIL VIII 24094 = Dessau 8973: L. Octavio Cornelio P.f. Sal- 
vio Iuliano Aemiliano Xviro, quaestori imp. Hadriani, cui drvos Hadriam 
soli salarium quaesturae duplieavit propter insignem doctrinam, trib.pl., praef. 
aerar. Saturni item mit., cos. [ord. 148], pontif, sodali Hadrianali, sodaliAxr 
toninianoy curatori aedium sacrarum [150: CIL VI 855], legato imp. AnUnm 
Aug. Pii Germaniae inferioris, legato imp\ Antonini Aug. et Veri Aug. ffisfa- 
niae citerioris, procos. provinciae Africae usw. ; vgl. Mommsen, Ges. Sehr, ü 
1 ff.): Ulp. Dig. XXXVII 14, 17 pr. (Reskript der divi fratres): plurium etiam 
iuris auetorum, sed et Salvi Iuliani amici nostri clarissitni viri hanc sentttir 
tiamfuisse. 

Q. Iunius Rusticus (cos. suff. 133, ord. 162) wird als amicus noster, praefectus 
urbi erwähnt in einem Reskript der divi fratres Dig. XLIX 1, 1,3. 

M. [I]d[lli]us M.f Volt. Bassus [F]abius Valerianus cos., prae[f. aer 

le\g. Aug. p{r.]p[r.]provinc. Pannoniae inferioris (156: Inschr. aus Aquincum, 
Österreich. Jahresh. VII 1904 Beibl. Sp. 11), curator op[ey. [p]t^bl.] (161: QL 
VI 1119b), [leg. Augg. pr. pr. prov.] Mysiae inferior, (zwischen 161 und 166: 
CIL III 6169), comes Augustorum Par[tA]i[c]ae [e]x[ped(itionis) (166), leg Augg- 
pr. pr. prov. Pattyoniae superioris CIL XII 2718 (vgl. 2719). 

1) Vgl Hist Aug. Marc. 8, 10: et Verum quicUm Marcus Capuam usque prosecutus amicis com* 
tantibus a senatu ornavit additis ofßciorum omnium prineipibus. 



[I. 221] VH. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER 73 

T. Pomponius Proculus Vitrasius Pollio [cos. II (1 it),adfinis (?) *) Aug]ustorum, 
comes [M. Antonini et L. Ver]i Augg. expeditio[nis primae (?)") Germ]anicae 7 
item comes [M. Antonini et Com)fnodi Augg. expedit[ionis Germanicae Sar]ma- 
ticae, bis donis m[ilitaribus donatus] usw., maritus A[nniae Fundaniae Faustfyiae 
imp. Cacsaris M. [Antonini et dw]ae Faustinae Piae pa\truelis usw. CIL VI 1 540 
m. Add. 31675 = Dessau 11 12. 

Iulius Veras, Statthalter von Syrien: Herstellung einer Straße unter beiden 
Kaisern 163/165 per Iul. Verum leg.pr.pr.provinc. Syr. et amicum suum (CIL 
III 199 = Dessau 5864). 

Ein Unbekannter, .... [comes imp. Anton]ini Aug. et divi Veri hello Ger- 
manica item comes imp. Antonini Aug. Germanici Sarmatici, leg. leg. I Miner. 
usw., durch eine auf Staatskosten gesetzte Statue geehrt, -CIL VI 1549 = 
Dessau 1100. 

Ritter: L. Volusius Maecianus, als amicus noster bezeichnet in einem Re- 
skript der Divi fratres Dig. XXXVII 14, 17 pr., getötet wohl als iuridüus 
Alexandreae (cui erat commissa Alexandria) im J. 175 (Hist. Aug. Avid. Cass. 
7, 4; vgl. Hirschfeld, Verwg. 1 S. 227). 

Freunde des L. Veras. 

Senatoren: M. Pontius Laelianus Larcius Sabinus cos. (163), pontifex, so- 
dalis Antoninianus Verianus, fetialis, leg. Aug. pr. pr. prov. Syriae, leg. Aug. 
pr. pr.prov. Pannon. super., leg. Aug. pr. pr. Pamton. in/er. } comes divi Veri 
Aug., donatus donis militarib. hello Armeniaco et Parthico ab imp. Antonino 
Aug. et a diuo Vero Aug. usw. CIL VI 1497 — Dessau 1094. 

M. Claudius Fronto cos. [suff., 1 66 oder kurz vorher) leg. Augg. pr. pr. 

pfovinciae Moesiae super., comes divi Veri Aug., donatus donis militarib. hello 
Armeniaco et Parthico ab imperatorc Antonino Aug. et a drvo Vero Aug. usw. 
CIL VI 1377 m. Add. 31640 = Dessau 1098 und (fast gleichlautend) CIL III 
1457 = Dessau 1097. 

L. Dasumius Tullius Tuscus, wahrscheinlich der Sohn des Suffektkonsuls 
P. Tullius Varro (CIL XI 3364 = Dessau 1047), adoptiert von L. Dasumius, 
cos. suff. unter Traian und Verfasser des bekannten Testaments, war nach CIL 
XI 3365 = Dessau 108 1 cos. (suff.), comes August, (des Verus oder des Marcus) 
— die Worte sind auf dem Stein nachträglich hinzugefügt — augur, sodal. Ha- 
drianalis, sodal. Antoninianus, curat, operum publicorum, legatus pr. pr. pro- 
vinciar. Germaniae superior. et Pannoniae superior. und am Anfange seiner 
senatorischen Ämterreihe quaest. imp. Antonini Aug. PH. 

[T. Caesernius Statius Quinctius Macedo Quinctianus s. oben S. 71.] 

Freunde Marc Aureis. 

Senatoren: L. Fulvius C. Bruttius Praesens cos. II (180) [pater C]r[f- 

spinae Aug., socer imp. [Caes. Commodi Aug., sodalis] Hadrianalis, sodalis An- 

1) So Hirschfeld, Verwg. 1 S. 227; amicus ergänzt Wilmanns (Nr. 639). 2) Diese Ergänzung, 
die auch dem ftr den Anfang der Inschr. zu errechnenden Zeilenraum von 29 — 30 Buchstaben 
genau gerecht wird, liegt nahe wegen der öfters erwähnten (Dessau, Index p. 511t) expeditunus 
seeunda und tertia Germ.; Borghesi ergänzte expediHo[nis Marcomannicat Germ]anüae, was Henzen 
mit Recht ablehnte; comes [Antonini et Commod]i Augg. txpecUtio[nis seeundae (?) Germ]anicae 
Dessau, Ind. p. 354. 



74 VII. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER \L 222] 

tonin[ianus item Verianus item] Marcianus, comes impp. Ant[onini et Comtnodi 
Augg] expeditionis Sarmaticae, p[raet. usw. CIL X 408 = Dessau 1 1 17. 

C. Aufidius Victorinus, Schwiegersohn Frontos, Mitschüler und Freund Marc 
Aureis (Hist. Aug. M. Aurel. 3, 8), cos. II 183, praef. urbi, öttö toO Mdpxou £v 
toTc ttAvu TinriGefc Cass. Dio LXXII 11, 2, f 186. 

Seius Fuscianus, ebenfalls Schulfreund Marc Aureis (Hist. Aug. Marc. 3, 8), 
cos. II 188, praef. urii. 

M. Nonius Macrinus {cos. suff. in einem unbekannten Jahre) war nach den 
Statthalterschaften von Unter- und Oberpannonien Trp€(X߀VTf|s kci\ ffuvonro- 
btmos (d. i. legatus et comes) toO hctiö[t]ou auTOKparopot M. Aupr)X(ou 'Avtuh 
vefvov, später procos. von Asien (Dessau 8830). 

Ein dem Namen nach nicht bekannter comes imp. Antonini Aug. Germania 
Sarmaticij leg. leg. I Miner. CIL VI 1549 = Dessau 1 100 (vgl. oben S. 73). 

Ritter: Baebius Longus und 

Calenus, gleich den beiden Vorigen Mitschüler Marc Aureis und mit ihm 
noch später befreundet (Hist. Aug. a. a. O.). 

Freunde des Commodus. 

Senatoren: T. Vitrasius Pollio: s. oben S. 73. 

C. Bruttius Praesens: s. oben S. 73. 

Iunius Severus wird Hist. Aug. Clod. Alb. 14, 1 als einer von den contuber- 
nales des Commodus genannt, den dieser zum Nachfolger des Clodius Albinus 
in der Statthalterschaft von Britannien bestimmt habe (was sehr zweifelhaft ist). 

C. Pescennius Niger, der Gegner des Septimius Severus, soll nach einer sehr 
fragwürdigen Notiz der Hist Aug. Pesc. Nig. 6, 8 in Commodianis hortis in por- 
ticu curva pictos de musio inter Comtnodi amicissimos zu sehen gewesen sein. 

Freunde des Septimius Severus. 

Senatoren: C. Fulvius Plautianus/r. pr. } c. v. } cos. II, adsumptus inter Pa- 
tricias) famil(ias) 7 necessarius dd. nn. Augg. Severi et Antonini (dieses Prädikat 

[oder adfinis dd. nn.] fuhrt er regelmäßig in den Inschriften) pater Plautil- 

lae Aug., omnium praecedentium praeßectorum) excellentissimus Dessau 9003; 
necessarius Augg. et comes per omnes expeditiones eorum heißt er CIL VI 1074 
= Dessau 456. Er war durch seine Verbindung mit dem Kaiserhause so reich 
geworden, daß nach seiner Hinrichtung (Ende 204 oder Anfang 205) zur Ver- 
waltung seines zum Krongut geschlagenen Besitzes ein besonderer procurator 
ad bona Plautiani (CIL III 1464 = Dessau 1370) eingesetzt wurde. 

L. Fabius Cilo Septiminus cos. (suff. 193, ord. 204), praef. uri. } leg. Augg. 
propr. Pannon. super. , dux vexill. (dux vexill.per Italiam exercitus imp. Se- 
veri usw. et . . . Antonini Aug. CIL VI 1408), leg. pro pr. provinciar. Moesiae 
super. } Ponti et Bithyniae^ comes Augg.(comes imp. L. Segtimi Severi usw. CIL 
VI 1 408), leg. Augg. pro pr. prov. Galatiae usw. (die Amter in absteigender 
Reihenfolge) CIL VI 1409 = Dessau 1142, ähnlich CIL VI 1408 = Dessau 
1 141 (beide Insdhriften vor 204 gesetzt); praef ectus urbi amicus noster heißt er 
in einem Reskript des Severus und Antoninus Dig. I 15, 4, Unter den Freun- 
den des Severus nennt ihn und die folgenden: 

(T. Sextius) Lateranus (cos. 197), 

(P. Cornelius) Anullinus (cos. II 199), 



VII. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER 75 

Bassus 1 ) die Epit. de Caes. 20, 6. 

Q. Hedius Rufus Lollianus Gentianus cos. [suff. vor 193, in welchem Jahre 
er als consularis erwähnt wird Hist Aug. Pert 7, 7), procos. Asiae (205), cen- 
sitor prov. Lugd. item Lugdunensium, comes Severi et Antonini Augg. ter., leg. 
Augg.prov. H[ispaniae) c(iterioris) usw. CIL II 41 21 = Dessau 1145. 

Ovinius Tertullus, Legat von Niedermösien, heißt in einem Schreiben des 
Severus und Caracalla vom J. 201 (CIL III 781 = Dessau 423 Z. 27 f.) legatus 
et amicus noster v. c. 

Ritter: Aemilius Papinianus, der berühmte Rechtsgelehrte, a libellis unter 
Severus (oben S. 35) und als Nachfolger Plautians/rar/ p ./rÄ*/., wurde 211 von 
Caracalla seines Postens enthoben und 212 hingerichtet; amicissimum fuisse 

imperatori Severo et adfinetn etiatn per secundam uxorem tnemoriae tra- 

ditur\ et huic praecipue utrumque filium a Severo commendatum (Hist. Aug. 
Carac. 8, 2 f.). 

C. Iulius Pacatianus [v. e.\ proc. Augustorum nostrorum, militiis equestribus 
perfunctus, proc. provinc. 0[sr]koenae t praefectus legionis Parthicae, pr\<Pf. AI- 
pium Cc[tti]arum, adlectus inter comifjs A\uggg. nnn. (209 — 211, gelegentlich 
der expeditio Britatmica) CIL Xu 1856 = Dessau 1353. 

Freunde des Caracalla. 

C. Octavius Appius Suetrius Sabinus, cos. ord. 214, war nach CIL X 5398 
=3 Dessau 1 159 (vgl. CIL X 5178 und Mommsen, Ges. Sehr. Vm 229 fr.) u. a. 
legatus [Aug.] pr.pr.prov. Raet. und (wohl in dieser Stellung: Mommsen S. 236) 
praeposit. vexi[ll.] Germ(anicae) expedit. (213), comes Aug. n. Seine Freund- 
schaft mit Caracalla, wegen der er Macrinus verdächtig war und von diesem 
von der Statthalterschaft Niederpannoniens abberufen wurde, erwähnt Cass. 
Dio LXXVin 13, 2. 

Flavius Maternianus (6 tüjv tv tuj öcriei <ttp<xtiujtwv äpxwv Cass. Dio LXXVIII 
4, 2 zum J. 2 1 7), nach Herodian IV 1 2, 4 t6t€ n&Gas im* auioO Iv c Pwng izp&Ztu; 

£TK€X€lplCT|i£V0S, TTKTTÖTaTO^ dvai &OKWV q)(XU)V Ka\ }i6vO£ KOIVUJVÖC TUJV ÖTTOp- 
p/JTUIV. 

Einem Freunde Elagabals, dessen Name verloren ist, ist die in zwei 
Exemplaren (beide verstümmelt, aber so, daß sie sich zum Teil gegenseitig er- 
gänzen) vorhandene Inschrift CIL VI 3839 = 31776 gesetzt: .... a studis, leg. 

leg. [. . . , c]os. } comiti, amico [ ]simo } praef. ann n [pontiß]ci mihori, praef. 

praet. [imp. Caes. M.] Aurelli [Antonini Piy Felicis Aug. usw. 

Freunde des Severus Alexander. 

Als solche, die zu seinem consilium gehörten, werden Hist. Aug. AI. 68, 1 
aufgezählt: Fabius Sabinus, Domitius Ulpianus (vgl. Cod. Iust VHI 37, 4 vom 
J. 222: seeundum responsum DomiHi Ulpiani praef ecti annonae . . . amici mei), 
Aelius Gordianus, Iulius Paulus, Claudius Venacus, Catilius Severus, Aelius Se- 
renianus, Quintilius Marcellus 9 ). Bekannt sind ferner 

1) Gemeint ist vielleicht der Vater des Pomponins Bassus, des Legaten von Mösien (Cass. Dio 
LXXVIII 21, 2; vgl. LXXTX 5, 1. 4), welcher letztere vermutlich mit dem Konsul Bassus des J. 211 
identisch ist; er könnte der praef. urbi Bassus sein, dessen Nachfolger im J. 193 Domitius Dexter 
wurde (Hist Aug. Sev. 8, 8). 2) Auf die Namen ist wenig Verlaß; vermutlich ist einer oder der 
andere (wie Aelius Gordianus, Gordiani imperatoris filius) Überhaupt fingiert. 



76 VH. DIE FREUNDE UND BEGLEITER DER KAISER 

Cassius Dio, cos. II 22g (über sein Verhältnis zu Alexander LXXX 5). 

C. Caesonius Macer Rufinianus, consularis .... cotnes intp. Severi Alexandri 
Aug. (in höherem Alter, denn er war als Legionstribun donaius donis milüarib. 
a divo Marco) procos. prcv. Africae usw. CIL XIV 3900 = Dessau 1182. 

L. Virius Lupus, cos. ord. 232 (Eph. epigr. IX p. 345 n. 461), nach CIL VIII 
23800: L. Vyrio Lupo v. c. cos. ordinario, legato prov. Lyciae . . . (das folgende 
ist unleserlich), [?co]miti A[ugl$sti?] (die Lesung ist unsicher). Wohl der- 
selbe (oder sein Vater?) ist der Prätor L. Virius Lupus Iulianus CIL VI 31774. 

37078. 

Zeitlich nicht genau zu bestimmen sind die Senatoren [Ijunius Faustim 
.... Postumian[us] c. v. } [c]os., adlectus inter comites Augg. nn. f sacerdos[F]la- 
vialis Titialis, leg. Augg. pr. pr. provinciae Mysiae inferior\is usw. CIL VDI 
597 m. Add. n. 11754 und p. 2729 (frühestens aus der Zeit des Marcus- Veras, 
wahrscheinlich aus dem 3. Jahrhundert). 

M. Cn. Licinius Rufinus, 6 XafuurpÖTCtTOC uTrcnmcös, <pfXos toO ZeßaöToO GG 
3499. 3500 = IGR IV 12 16. 1215 (3. Jahrhundert). 

C. Sentius Severus Quadratus, c. v. } cos. [suff.\ amicus et cotnes Aug. n. CIL 
V 581 1 (wegen des abgekürzten Rangprädikats wohl kaum älter als die zweite 
Hälfte des 2. Jahrhunderts). 

Ein Unbekannter, . . . dux vexii]Iation. leg[ionis) [ , cotnes i\mp. in ex- 

ped\itione , qud\est(or) CIL VI 31813 = 37057. 

Ritter: Ein sonst unbekannter Crepereius, Vater des T. Crepereius Fronto, 

nach Bekleidung der tres militiae &rctpxos EGvous Apo^i , f tvovq (JüVKXnn- 

koO, <piXo<; Ka\ £[7r]{[Tpo]7ioc T€v6|ütevo£ tujv Icßatfitöv (vielleicht des Marcus und 
Verus) IGR III 777. 

Ein &rapxos, ßacnXfios £(X6Xbt Ö7r<iujv (= comes } in technischem Sinne?) in 
einem Epigramm aus der syrischen Trachonitis (Kaibel 441). 

Ganz unsicher sind die Erwähnungen von comites in den dürftigen Frag- 
menten CIL VIII 24605. XI 3370. M. Bang. 



vm. 

DER GEBRAUCH VON VIR CLARISSIMUS 
ALS TITEL DER SENATOREN 1 ) 

Im Laufe des ersten Jahrhunderts wurde vir clarissimus allmählich ein offi- 
zielles und feststehendes Prädikat der Männer von senatorischem Stande. 
Bei Seneca de brev. vit. 8, 2 (annua congiaria komines clarissimi accipiunt) 
muß es dahingestellt bleiben, ob das Wort in diesem Sinne aufzufassen sei. 
Als unzweifelhafter? Titel kommt es zuerst vor (wie Naudet, M£m. de l'acad. 
d. inscript. XXV 2, 1866 S. 72, 1 bemerkt hat) in einem Senatsbeschluß 
vom Jahre 56 (CIL X 1401 = Dessau 6043 Z. 24): s. c. quod factum est Ho- 
sidio Geta et L. Vagellio cos., clarissimis viris\ da die Bronzetafel, auf der 
diese und eine gleichartige Urkunde gestanden haben, in Herculaneum ge- 
funden ist, muß sie spätestens unter Vespasian verfertigt sein, der vielleicht 
die Aufstellung der beiden Senatsbeschlüsse in sämtlichen italienischen 
Städten anordnete (Mommsen, Ber. d. Sachs. Ges. 1852 S. 276 f.). Sodann 
findet sich das Prädikat in einer Urkunde vom Jahre 69 (CIL X 7852 = 
Dessau 5947), in der (Z. 13) der procos. von Sardinien Caecilius Sim- 
plex (J. 67/68) vir clarissimus, der vor ihm (66/67) fungierende procurator 
Aug., also ein Ritter, aber vir ornatissimus tituliert wird (Z. 6). Dennoch 
scheint es auch unter Domitian noch nicht stehender Titel der Senatoren ge- 
wesen zu sein; denn in einer Inschrift vom Jahre 82 (CIL VI 3828 = 31692 
= Dessau 6105) heißt der Statthalter von Thracien T. Avidius Quietus leg. 
Aug. ornatissimus vir (wie der eben erwähnte ritterliche Prokurator von Sar- 
dinien), ein Ausdruck, der hier freilich ohne Frage nicht titelhaft zu verstehen 
ist, und Statius nennt Praef. Silv. III (etwa 94) den Maecius Celer von senatori- 
schem Stande (vgl. über ihn und die folgenden oben II 242) splendidissimum 
iuvenem, Praef. Silv. IV (95) den Schwiegersohn des Pollius Felix, den doch 
wohl höchstens dem Ritterstande angehörigen Neapolitaner Iulius Menecrates 
splendidum iuvenem, dagegen den zum Senatorenstande gehörigen Plotius 
Grypus nur maioris gradus iuvenem. Zwar heißt es Silv. V 2, 27 von dem 
ebenfalls senatorischen Vettius Crispinus: Sic te } dar e puer, gentium sibi curia 

1) Vgl. I 144, 5. Hirschfeld in der Abhandlung 'Die Rangtitel der römischen Kaiserzeit', Kl. 
Sehr. S. 647 — 651. 



78 VIII. VIR CLARISSIMÜS ALS TITEL DER SENATOREN [I. 404; 

sensit\ doch daß ciaras auch hier nur als rühmendes Prädikat verstanden wer- 
den kann, zeigt, abgesehen von der kurz vorher (V. 8) erfolgten Anrede per 
inclite % Sueton Galba 14, 3: quosdam claros ex utroque orditu viros. Bei MartiaL 
Praef. IX (94): epigramma — ad Stertinitim (cos. 92; vgl. oben II 242) da- 
rissimum virutn ist die Bedeutung als Titel kaum zweifelhaft 1 ). Der erste 
Schriftsteller, der es ohne Frage so gebraucht, ist der jüngere Plinius, nicht in 
vertraulicher Korrespondenz mit seinen Standesgenossen, aber einem Geringe- 
ren (Sueton) gegenüber ep. HL 8, 1: tribunatum, quem a Neratio Marcello, da- 
rissitno viro, impetravi tibi; in offizieller Anrede im Senat ep. VII 33, 8: da- 
rissitni consules\ ebenso IX 13, 19: et statim Murena tribunus: permitto tün y 
vir clarissitne Veiento, dicere und Paneg. 90, 3 : pro collega meo Cornuto Ter- 
tuilo, clarissitno viro\ desgleichen in der Korrespondenz mit Trajan ep. 56, 2: 
a Servüio Calvo, clarissitno viro\ 61, 5: Calpurnio Macro, clarissitno viro, 
auctore te scripsi; 77, 1: Providentissime, domine, fecisti, quod praecepisti Cal- 
purnio Macro, clarissitno viro usw. 

Auch inschriftliche Zeugnisse für den Gebrauch des Prädikats finden sich 
aus dem Anfange des zweiten Jahrhunderts, zwar nicht in Menge, aber doch 
so viele 3 ), daß an seiner wirklich solennen titularen Bedeutung in dieser Zeit 
nicht zu zweifeln ist, um so weniger, als auch gleichzeitig die entsprechenden 
Standesbezeichnungen £(/tfm«V««tf) i(uvenis) und c(larissimus) p[uer), und zwar 
wie c. v. selbst in fester Abkürzung, auftreten (c. i. in einer Inschrift aus der 
Zeit Hadrians, CIL VI 1421 = Dessau 105 1, wo es, vom Namen getrennt, am 
Schluß steht; c.p. in der Inschrift eines Urenkels des Antonius Felix, vermut- 
lich des bekannten Prokurators von Iudaea unter Claudius, Freigelassenen von 
dessen Mutter Antonia, CIL V 34, also offenbar aus der Zeit Traians). Häufiger 
erscheint der Titel dann im Zeitalter der Antonine (inschriftliche Beispiele bei 
Hirschfeld a. a. O. S. 648, 5; 649, 1), gelangt aber erst seit der severischen 
Epoche in dem Maße zu allgemeiner Anwendung und Geltung, daß man ihn 
als integrierenden Namensbestandteil, vergleichbar unseren Adelsprädikaten, 
betrachten kann. Seine Bedeutung als allgemein kennzeichnendes Rangprädikat 
der senatorischen Klasse erhellt namentlich aus den Fällen, wo er generell ge- 
braucht wird, wie CIL VI 1074 (J. 202/4). 22120. 29909 = Dessau 456. 8383. 
8282: pontifices cc. w. (oder w. cc. CIL VI 32422 = Dessau 4938); ebd. 2158 
= Dessau 4944: pontifices Vestae w. cc.) CIL VIII 5530 = 18864 = Dessau 
2956 : clarissitnorutn vir[orum] et equit(um) R(otnanorum) propinq(ti)us\ XI 3943 
= Dessau 7789: (ein Arzt, geb. 87, f 1 57) probatus a viris clarissimis, adsedtt 

1) 1 Bei Quintilian 1 7, 29, wo Bonnell hat: et clarissimos et consults geminata eadem üüera legt****) 
ist die Lesart ganz zweifelhaft 2) CIL VI 1492 =» Dessau 6106 (Decurionenbeschluß **r- 

mutlich vom Jahre 101): clarissimus vir zweimal; CIL m 7086 «■ IGR IV 336 (aus den Jahren 
113— x 16): clarissimus vir zweimal; CIL Vm 18042 = Dessau 2487 und Dessau 9134 (Hadrwns 
Armeebefehl an den exercitus Africanus vom Jahre 128): c. v. (Fr. A, 11) abwechselnd njj 
[elaris]simus vir (Fr. F) und v[ir] clarissimus (Dessau 9134); CIL VIH 270 =11451 ( Senatsbcs< *3^ 
vom Jahre 138): c. v. zweimal; CIL VIH 98 (aus Hadrians Zeit): c. v.; CIL V 532 » Dessau 6680 
(Decurionenbeschluß aus der Zeit des Pius) : clarissimus vir (dreimal) wechselnd mit c. v. (zweimal), 
daneben (von demselben gesagt) vi]r amplissimus adquc clarissimus (I 26) und amplissimus f 
(II 27; vgl. unten S. 79). 



Vin. VIR CLARISSIMUS ALS TITEL DER SENATOREN 79 



magistratibus populi Romani [in pravinciis). Daß die entsprechenden weib- 
lichen Rangtitel clarissima femina und clarissima puella (abgekürzt C • <I) über- 
haupt erst seit der severischen Zeit begegnen (letzterer, wie es scheint, zuerst 
in einer Inschrift vom Jahre 208, Dessau 9488 ; c.f. vielleicht schon gegen Ende 
des 2. Jahrh. auf den Ziegeln CIL XV 419 = Dessau 866 ie ^aetatis fere Com- 
tnodianae 1 Dressel]. 427. 428. 432) beruht gewiß auf Zufall. 

Natürlich hat sich der Sprachgebrauch und zumal der provinziale zu allen 
Zeiten Abweichungen von der titularen Norm gestattet; so wird einzelnen 
Statthaltern von senatorischem Range das Prädikat ornatissimus vir (oben 
S. 77) oder clarus et inlustr[is) v[ir) (CIL VIII 18268 etwa vom Jahre 208), 
zuweilen auch außer dem Clarissimat noch die Bezeichnung amplissimus bei- 
gelegt 1 ). 

Was die Wiedergabe des senatorischen Rangprädikats im Griechischen an- 
langt, so ist hier ein ganz auffälliges Schwanken der Terminologie, selbst im 
offiziellen Sprachgebrauch der öffentlichen Denkmäler und Urkunden, zu kon- 
statieren. Der vorherrschende und in seiner genauen sprachlichen Anlehnimg 
an das lateinische Vorbild wohl amtlicher Prägung entstammende Ausdruck ist 
6 Xa^TTpÖTarog, f\ Xaji7rpoT<iTii (ävrjp bzw. f\)vf\ wird nur ausnahmsweise und 
nicht vor dem 3. Jahrhundert hinzugefügt, wie in der Inschrift des Sex. Varius 
Marcellus, des Vaters des Elagabal, CIL X 6569 = Dessau 478 = IG XIV 911 
= IGR I 402; ferner IG XIV 19 = IGR I 492: XajiTrp. [so abgekürzt] Tvvri). 
Er findet sich, meist mit dem Amtstitel verbunden, doch auch isoliert vor oder 
hinter dem Namen stehend (am Schluß der Inschrift, von} Namen getrennt, 
z. B. IG XIV 1091 = IGR I 140), gleich dem lateinischen Clarissimat häufiger 
nicht vor dem Ende des 2. Jahrhunderts, in der feststehenden und ausschließ- 
lichen Bedeutung des spezifisch senatorischen Rangtitels erst seit dem Aus* 
gange der severischen Epoche 3 ). 

Mit ihm konkurriert im 2. Jahrhundert stark — wenn es nicht sogar im Ge- 

1) CIL VQI 25521. Dessau 9357, beide aus der Zeit Iulians; vgl. den amplissimus proconsul CIL 
VIEL 25525 (mit Hinzufügung von c. v.). 25528; vi]r amplissimus adque clarissimus neben amplissi- 
mus vir auch CIL V 532 = Dessau 6680 I 26. II 27 aus Pius' Zeit;, ein clarissimus vir, der in 
cHmtdam amplissimae domus suae municipium nostrum recipert digntturCTLVI 1492= Dessau 6106, 
anscheinend vom Jahre 101. Als (später stehendes) Beiwort des Senats tritt sie in den Inschriften 
seit dem Anfang des zweiten Jahrhunderts auf {amplissimus ordo unter Hadrian: CIL XII 4354 ■■ 
Dessau 1064, unter Pius: CIL XIII 1808 = Dessau 1454; amplissimus senatus zuerst in einer In- 
schrift vom Jahre 197: CIL VIII 7062 = Dessau 1143), m der Literatur technisch zuerst im Brief- 
wechsel des Traian und Plinius (Mommsen, StR. HE 842, 4). 2) So wird in den Ägyptischen 
Urkunden den Statthaltern in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts (zuerst im Jahre 150: Pap. 
Lond. II 358) und unter den Scveren häufig oder beinahe regelmäßig das Prädikat 6 AotjuirpÖTCtroc 
beigelegt statt des bis dahin geführten und auch später noch vereinzelt auftretenden 6 KpoVriOToq 
und des ihnen seit der Schaffung einer spezialisierten Rangtitulatur für den Ritterstand durch 
Marcus oder vielleicht schon durch Hadrian eigentlich zukommenden 6 Öiaoiunoraroq, d. i. vir 
perfectissbnus (der letztere Titel erscheint zuerst, und zwar neben 6 AajjmpoTOTO, Oxy. Pap. II 237 
vom Jahre 186 bei Longaens Rufus [Col. VI%4; VII 6]); vgl. P. M. Meyer bei Hirschfeld a. a. O. 
S. 651, 5. A. Zehetmair, De appellationibus honorincis in papyris graecis obviis, Diss. Marburg 
1912. A. Stein, Wiener Studien XXXIV 191 2 S. 160 ff. Es ergibt sich daraus, daß bis weit in das 
3. Jahrhundert hinein die technische Bedeutung des Epithetons 6 AotjuirpÖTaTOC als eines senato- 
rischen Titels keineswegs allgemein feststand, ebensowenig wie die des gleich zu besprechenden 
6 KpöVnOToc. 



8o VIII. VIR CLARISSIMÜS ALS TITEL DER SENATOREN [L 405] 

brauch überwiegt — das Epitheton 6 icpdTKTTOC (f\ KpaTi<mi) x ), das nft Be- 
ziehung auf Angehörige des Senatorenstandes zuerst unter Hadrian, und zwar 
in offizieller Redeweise, in amtlichen Schreiben aus der kaiserlichen Kabinetts- 
kanzlei, begegnet (Dittcnberger, Syll. '833, Reskript an die fepovaia von 
Ephesus vom Jahre 120, wo der Prokonsul Mettius Modestus ö Kpdtiötos, sein 
Nachfolger Cornelius Priscus 6 Kpd*n<TTog dvOuTraros genannt wird; IGRIV 
11 56 a. 6, zwei Reskripte an die Stadtgemeinde von Stratonicea-Hadriano- 
polis vom Jahre 127: tuji Kpjaricrrun dvGvTrdTim XTepxivi'un Koudpfiun] Kai tuji 
tirvrpdmM jiou [rToj^TTTiiuüi Xeouftpun] — 'Aombiun [K]ou[irJT]uj[i t]uii K[pa]x{<rniii). 
Ebenso erwähnt ein kaiserliches Reskript des Opramoas-Denkmals aus Rhodia- 
polis (IGR III 739) vom Jahre 146 (XI c. 42) den Statthalter von Lycien Voco- 
nius Saxa mit dem Rangtitel 6 KpdticXTOC (wie bei Mettius Modestus und Avi- 
dius Quietus, entsprechend dem lateinischen c. v., unmittelbar mit dem Namen 
verbunden); in anderen von demselben Denkmal aus den Jahren 150fr. heißt 
der Statthalter Rupilius Severus 6 K]pdTi<rr[o]s Trp€(X߀UTrjq fiou (Xu c. 46) 
oder 6 KpdTtffToq toO ?8voug fiYejuiuv (so ständig XII c. 44. 46 — 51). Er- 
wähnt seien ferner 6 KpdxKXToq dvOuirarot C. Pomponius Bassus Terentianus 
aus der Zeit des Commodus (IGR HI 582), 6] KpdTicrros irpecxßeuTfiq Ka\ dvri- 
0TpdTYiT<>t Aufidius Coresnius Marcellus, Legionslegat im Jahre 222 (IGR DI 
357; derselbe heißt 6 Xa^irpÖTaTog irp. k. dvTidrp. ebd. 367), 6 KpdTiarog ima- 
rndt M. Ulpius Tertullianus Aquila, vielleicht der Statthalter von Nieder- 
mösien unter Gordian (IGR III 474), ein sonst unbekannter Q. Caecilius Rufinus 
6 KpdTicrros dvOuTraros Kprjniq Ka\ Kup[Vj]vTK (CIG 2588 = IGR I 968) sowie 
die seit der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts öfters vorkommende Titulatur 6 
KpdrKXTOS <tutkXtitik6s (z. B. IGR HI 356. 525. 581). — Neben diesem senato- 
rischen Prädikat tritt etwa seit Marcus der Rittertitel 6 KpdTMTToc (= vir egre- 
gius) auf (vgl. z. B. IGR I 573 m. Add. 14 17 vom Jahre 184/5, wo dem Xajumpd- 
raros f|t€juMV von Niedermösien 6 KpdTKXToc &r{Tp[o]rros Xeß. gegenübersteht), 
der im Laufe des 3. Jahrhunderts jenes allmählich verdrängt, so daß ungefähr 
seit Gordian 6 KpaTiOtot regelmäßig den Ritter der untersten der drei diesen 
Stand scheidenden Rangklassen bezeichnet. Eine besondere Ausnahme bildet 
dieses Prädikat bei den Präfekten von Ägypten, die es schon im 1. Jahrhundert 
(zuerst Iulius Vestinus im Jahre 61: Dittenberger, Or. gr. 667 = IGR I n 19) 
und in der ersten Hälfte des zweiten gleichsam als ein Spezialvorrecht, wohl 
auf Grund ihrer eigenartigen Stellung als Vizekönige, führen. 

Nicht eigentlich Rangtitel, sondern diesem gleichwertige Standesbezeichnung 
ist (TumcXtiTiKÖ^, das seit der Mitte des 2. Jahrhunderts in steigendem Umfange, 
auch in Verbindung mit KpdTi<rro£ (s. oben) oder XafiirpdTaTOC (IGR HI 1034. 
1035: Odaenathus d. Ä., ca. 250) in den Inschriften erscheint (auch (TuTKAnmri, 
senatoria femina, kommt, entsprechend der öiraTiKrj, der consularis femina, 
wenn auch selten vor: IGR III 95. 1505); vgl. oben I 110, 14. Bemerkenswert 
ist der (TuvkXiitikö? rpißoOvoq IGR III göcf wo das Wort tatsächlich die Bedeu- 
tung des Rangprädikats clarissimus aufweist. 



1) Dies hat schon Marini, ArvaU S. 748, 59 bemerkt; vgl. auch Dessau, Hermes XIX (1884) 
S.514, 1. 



Vm. VIR CLARISSIMUS ALS TITEL DER SENATOREN 81 

Die Mannigfaltigkeit und Vermischung der senatorischen Betitelung im Grie- 
chischen erhellt, um ein besonders auffälliges Beispiel anzuführen, aus der 
öffentlichen Ehreninschrift von Sidyma in der lycischen Provinz IGR III 581 
(aus dem Ende des 2. Jahrhunderts), errichtet für Tiß. KXau[biov] Tr)X£|iiaxov 
.... töv XajiTrpÖTarov öirariKÖv .... [naitpa toO] (TuvkXi)tikoO Tiß. KX. 
ZTa<Ti04|üubo[?] xa\ ifis KpaTicTTTi^ KX. 'Apmvöris, irdinrov toO Kpa. (TuvkXti- 
tikoO Tiß. KX. Aöp. Tr)X€|i<4xou und Ti[ß.] KX(aub{av) v Apcxa<riv .... ii\v xpari- 
<Ttt|V ÖTrariK^v, T€VO^vnv tuvauca toO XajiTrpoT&TOu ÜTraTixoO Tiß. KX. 
TiiXe|üu4x[ou], nrycipa toO Kpaifcrrou <tuv[k]Xt|tikoO Tiß. KX. £raai6£^i[boc]. 

M. Bang. 



FriedUender, Darstellungen. Anhang. 



I 
J 



IX 

ÜBER DEN GEBRAUCH DER ANREDE 
DOMINE IM GEMEINEN LEBEN 1 ). 

Über den Gebrauch der Anrede »Herr« im gemeinen Leben während der 
römischen Kaiserzeit ist zwar von vielen geschrieben worden, aber 
weder erschöpfend, noch mit gehöriger Unterscheidung der jedesmaligen 
Veranlassung. Das Beste darüber findet man bei Lipsius, Excurs. ad Tac. Aon. 
II 87 P.; alle, die Geßner im Thesaurus s. v. dominus anfuhrt, haben ihn ent- 
weder ausgeschrieben oder doch nichts Neues beigebracht Für den Versuch 
einer Feststellung dieses Gebrauchs seien hier hauptsächlich die ersten drei 
Jahrhunderte in Betracht gezogen. Dabei ist abgesehen erstens von der be- 
kannten Sitte der Liebenden, sich gegenseitig dominus und domina (maitressej 
zu nennen, die Ovid und seine Nachahmer sogar auf die Heroenzeit übertragen 
haben (Heroid. 13, 145. 15, 18. 118. 164. 176; Metam. IX 465); zweitens von 
der Anrede der Kaiser mit »Herrc, über welche nach Spanheim (De usu et 
praest. num. diss. VII 8 p. 729 sqq. ed. 167 1) mit gewohnter Ausführlichkeit 
und Schärfe Eckhel gehandelt hat (Doctr. numm. VIII p. 364*)*). 

Während der Republik ist die Anrede »Herrc im Munde von Freien, wenige 
Ausnahmefalle abgerechnet, wohl unerhört gewesen. Aber auch in der Kaiser- 
zeit war sie niemals so allgemein gebräuchlich wie etwa heutzutage; sondern 
teils blieb sie auf gewisse Verhältnisse beschränkt, teils war sie der Ausdruck 
einer ganz besonderen Höflichkeit und Ehrerbietung, teils sonst durch be- 
stimmte Gründe veranlaßt. Der heutigentags im gesellschaftlichen Verkehr 
übliche Gebrauch des Prädikats »Herr« vor dem Namen ist, außer in der 
eigentlichen Anrede [domine Maxime, domine Salm unten S. 85), der antiken 
Redeweise völlig fremd 3 ). 

1) Vgl. oben I 228, 13 und Friedlaenders Programm der Königsberger Universität vom 23. J*°* 
1859. 2) Ober die Anrede domint an die Kaiser von August bb Julian vgl. jetzt Chr. Schöne?, 

Über die Titulaturen der röm. Kaiser (Erlangen 1881) S. 26—33. Mommsen, Staatsr. II 3 S. 7&> s 
Als Bestandteil der Kaisertitulatur kommt in den lateinischen Inschriften dominus nosttr (fo *" 
Regel abgekürzt d. n.) mit dem Beginn der severischen Epoche allgemeiner in Aufnahme; ^ 
einzelt begegnet es schon bei Hadrian, Pins und Commodus (s. Wochenschr. f. klass. Phil* 19*9 
Sp. 129 f.). Das griechische K\jpio<; tritt inschriftlich bereits im 1. Jahrhundert (z. B. IGR H "** 
bei Tiberius), häufiger aber erst im zweiten, bei und seit Traian, auf (6 ictfpio«; rfouDv streng tuw 
am Anfang der Namenreihe zuerst unter Severus: IGR III 1151, wofür dann seit der 2. Hälfte des 
dritten Jahrhunderts sich auch 6 fcoiroTTK rfatöv findet). 3) Auch die Inschriften selbst dtf 

späteren Zeit kennen diesen Gebrauch nicht. CIL DC 2803 (Ehreninschr. gesetzt D, Fl Sever0 ^ä 
auf die in der vor. Aufl. I 453 a. E. hingewiesen wurde, macht kaum eine Ausnahme, da hier wow, 
eher an das Pränomen D[tcimus) zu denken ist 



1 

] 



\L 450] IX. ÜBER DEN GEBRAUCH DER ANREDE DOMINE % 83 

Daß Kinder ihre Eltern mit »Herr« anredeten, dürfte eine uralte, aus der Natur 
der väterlichen Gewalt hervorgegangene Sitte gewesen sein, die aber doch 
wohl nur hier und da sich erhalten hatte oder absichtlich hervorgesucht wurde. 
Augustus mied sie sorgfaltig, da man daraus die Absicht hätte folgern können, 
sie allmählich als eine dem Kaiser von jedermann gebührende einzuführen. Er 
duldete es nicht einmal von seinen Kindern oder Enkeln, sagt Sueton (Aug. 
53, 1), daß sie ihn im Scherz oder Ernst »Herr« nannten. Daß es in manchen 
Häusern Sitte blieb, zeigt das Epigramm Martials I 81: A servo scis te genitum 
blandeque fateris, cum dicis dominum, Sosibiane, patrem. In dem Kodizill 
eines in Sirmium gestorbenen Sohns aus dem Jahre 175 n. Chr. zu Cefalu in 
Sicilien (CIL X 7457 = Dessau 8377) heißt es: have mihi, domine pater\ vale 
miki } domine pater. Domino patri M. Vol. Maxentio viro claris. (dem späteren 
Kaiser) setzt Vol. Romulus c. p. die Inschrift CIL XIV 2825 = Dessau 666; 
ebenso domino patri CIL VI 21787 = Dessau 8533, domino patri nostro fecir- 
mus memoria(m) CIL VIII 19101. Vielleicht redete auch die Frau den Mann in 
ältester Zeit als Herrn an. Doch sind Beispiele für diese Anrede erst aus einer Zeit 
bekannt, wo Familienmitglieder einander häufig so anredeten (Paul. Dig. XXIV 
1,57: ea quae a marito suo pecuniam ex causa donationis acceperat, litt er as ad 
eum misit kuiusmodi: l cum petenti mihi a te } domine carissime, adnuerit indul- 
gentia tuä* usw.; CIL VI 1487 = 31665: marito dulcissimo . .. domino aman- 
tissimo sui\\ 3500: domino marito sanctissimo; 12868: domino dulcissimo coniux\ 
17663. 18221: coniugi et domino\ 22326: domin(o) et coniugi) 38788: domino 
compari\ CIL XI 3325: domino meo sanctissimo coniugi; Bull, comun. 191 2 
p. 179 n. 2 (christl. v. J. 327): domino coniugi dulcissi[m]o). 

Auch in der Zeit nach Augustus ist überall, wo die Anrede gegen gleich- 
stehende oder geringere Personen gebraucht ist, zugleich die Absicht, beson- 
ders höflich zu sein, bemerkbar. Bei Epictet werden Ärzte, Philosophen und 
Wahrsager mehrmals mit »Herr« angeredet, aber von Personen, die ihres Bei- 
stands bedürfen und sie für sich möglichst günstig stimmenwollen, so Diss. II 
7, 9: b\& toOto KoXctKeuojuev toüs jnÄVTeis* KXnpovojurfjau), Kupie, töv rccnipa; 
v lbu)nev, £7T€Keu(Tuifi€ea. Neu, xüpie, iL? #|Tiixn 0&€i. II 7, 12: vOv bi Tp^jutovreg 
töv dpviödpiov KparoO|i€V, xa\ töv (d>s?) 9eöv ^TnKCtXoüjuevoi Ö€6^€0a aÖToO- 

KÖpt€ dXfrlffOV £lrfTp€l|l6v |HOt ÖeXGctV. II 15, 15: 00 MXCIC TÖ TOO VOCXoOv- 

toc rroieiv k<x\ töv Icrrpöv irapaicaXeiv ; Nocrtö, Kiipu- ßofi0Ti<T6v \xox m ti \ie 
bei TTOieiv, <nc&|iai y t\i6y tan neiQtoQal cxoi. III 10, 15: ti oöv KoXaxeiteK 
töv tarpov; t{ Xfrf€iq' tav ob 6&ijq, Kupi€, xaXiöq QEw. Nach einer Stelle könnte 
es scheinen, als ob die Anrede als Beweis unziemlicher Untertänigkeit galt: 
IV 1, 56: BvTiva oöv frr* äXXtji KwXöcxaf tan xa\ ävaipcdaai, Gappuiv \ift \it\ 
etvai tXeöGepov. ica\ \i1\ jutoi n&nnovs aÖToO Ka\ TrpoirÄTnrouq ßX^trc, koä \hvt\v 
tf\m xa\ irpäoiv äXX* Sv dicotioqc X^yovtoc E<Tu)9€v k<x\ Ik irdGoug, Kupie* kSv 
btfobeica £dßboi irpodtuuft, \lft öoOXov. Doch hier wird ein sklavischer Geist 
offenbar nur dem beigelegt, der einen anderen EtfwOcv xa\ kx TrdGouc Herrn 
nennt. Petron. 57, 2: unus ex conlibertis Trimalchionis — l an tibi nonplacent 
lautitiae domini mei?\ CIL V 4438: amüo cariss. et coniug[i] huius, do- 
mine meae sanetissimae et amicae carissimae. Colloq. schol. ed. Haupt, Opusc. 
II 445 = Corp. gloss. lat III 285 (beim Eintritt in ein Haus, wie es scheint, eines 

6* 



84 * IX. ÜBER DEN GEBRAUCH DER ANREDE DOMINE [I. 451, 45 2] 

Senators): xaxpe xupi€, ms&^e Kupi'a. ßacnXeO x<«P€, ßaaiXcia x«tp€, TToetuv 
(\xf\rep), Outaiep TreXatoug 3 A<ppobmi, reüx; rd naibia; Ewmv Ka\ KaXwt Ixovoiv. 
Phflogelos ed. Eberh. (wenn auch nach der Ansicht des Herausgebers erst im 
5. Jahrhundert gesammelt, stammen diese allerdings in sehr später Form über- 
lieferten Anekdoten dem Inhalte nach jedenfalls zum Teil, vielleicht durchweg 
aus einer früheren Zeit, da 87 noch das Bestehen der Gladiatorenspiele voraus- 
setzt): 5 Kopie (XxoXacXTiK^. *44 EörpaireXo? dpt&v fcpofita tbtov elrrev olba 
tivos xPifc €l 4 Kvipiog jutou oÖTog. Vgl. 208 u. 235. Scaevola Dig. XIII 5, 26: 
Quidam ad creditorem litter as eiusmodi fecit: l L>ecem, quae Lucius Titius ex 
arca tua mutua acceperat, salva ratione usurarum habes penes me, domine 1 . 
Fronto nennt seinen Schwiegersohn Aufidius Victorinus domine (ep. ad am. 
I 12), einen Freund, Squüla Gallicanus, domine /rater (I 25), einen jüngeren 
Verwandten des Antoninus Pius, Arrius Antoninus, mi domine fili carissime 
(II 7). Scaevola Dig. XXXII 37, 2 : l Lucius Titius Seiae heredi suae . . . salutem. 
. . . Publium Sempronium dominum meum (pupillum) heredem esse vold* ; ebd. 
41,4: Testamento pueros ita legaverat'. 'Publio Maevio, dominulo meo, ab here- 
dibus meis dari vold 1 usw. ; vgl. 37, 5. Die zugleich achtungsvolle und vertrau- 
liche Anrede domine f rater (z. B. Hygin. de munit. castr. 45) war wohl bis in 
die späteste Zeit sehr gewöhnlich (Inschrift eines Spielbretts, Boldetti, Osser- 
vaz. sopra i cimiterj p. 447 = Ihm, Bonner Studien f. R. Kekuld S. 231 f. nr. 14: 
domine frater ilaris semper usw. Palladas Anthol. Palat. X 44: *Hv 6 <p(Xo£ n 
Xdßg, bojiive cppdiep €Ü6üq Itpaipev. f\v aö yx\ ti Xdßij, tö <ppdT€p eine no- 
vo v. y Qvia t«P *a\ raOia rd £rj|iaTa). Daß übrigens Anreden wie frater, pater, 
mater,fili, zu allen Zeiten üblich gewesen sind, zeigen Stellen wie Cic. Verr. II 
3, 1 55 : volo, mi frater , fraterculo tuo credas. Horat. Ep. 1 6, 54: 'frater* 'pater* 
adde, ut cuique est aetas, ita quemque facetus adopta\ vgl. Sat. II 1, 12. Petron. 
98, 8. 100, 5 (ebd. 7, 1 mater). Lucian. Luc. 4 (nfjiep). Martial. IX prooem. X 
65, 3. Iuvenal. 5, 135. Epictet. Diss. I 26, 15. IV 13, 18. Quintilian. Declam. 321. 
Gell. XIII 20, 5 (mifli). Apulei. Metam. IX 27. Hist. Aug. M. Aurel. 18, 1: 
cum ...ab aliis modo frater, modo pater, modofilius, ut cuiusque aetas sineiat, 
et diceretur et amaretur. Paulus Dig. XXVIII 5, 59, 1: Qui frater non est, si 
fratema caritate diligitur, recte cum nomine suo sub appellatione fratris heres 
instituitur. Desideri frater in dem Brief eines Pontifex an den promagister 
Iuventius Celsus CIL VI 2120 = Dessau 8380 v. J. 155 n. Chr. Bei Christen: 
Athenag. suppl. 32. Minuc. Felix Octav. 3, 1 u. a. Cyprianus ep. 21, 1: Cele- 
rinus Luciano. Haec cum tibi scriberem, domine frater usw.; 3 Rogo itaque, 
domine, et peto per dominum nostrum Iesum Christum, ut ceteris collegis tuis 
fratribus tuis, meis dominis referas usw.; 4 Peto ergo, domine carissime Luciane, 
— ut omnibus dominis meis fratribus usw. 22 : Lucianus Celerino domino 
si dignus fuero vocari collega in Christo s. Die wahrscheinlich gallische Pil- 
gerin, die über ihre Reise nach den heiligen Stätten, wie es scheint, an die 
Frauen eines Klosters berichtet, redet dieselben als dominae (venerabiles) sorores 
oder dominae an (Silviae sive Aetheriae peregrinatio 3, 8. 12,7. 23, 10. 46, 
J - 4); V &1- E. Löfstedt, Philolog. Kommentar zur Peregrinatio Aetheriae (191 1) 
S. 115 f. 

In den Metamorphosen des Apuleius wird der Held einige Male Lud domine 



[I. 453] IX. ÜBER DEN GEBRAUCH DER ANREDE DOMINE 85 

angeredet (II 14. III 11), an der ersten Stelle von seinem Gastfreunde Milo, an 
der zweiten von dem Magistrat von Hypata, der ihn wegen des Scherzes zu 
versöhnen wünscht, dessen Gegenstand er gewesen ist. Bemerkenswert ist, daß 
Apuleius seine Apologie mit folgender Anrede beginnt: Certus equidem er am 
— Maxime Claudi quique in consilio estis, während sein Ankläger nach seiner 
Anführung (c. 102) begonnen hatte: Hunc ego, domine Maxime, reum apud te 
facere instituo. Man sieht hier, daß die Anrede domine auch damals selbst 
Höheren keineswegs allgemein gegeben wurde; es scheint, daß Apuleius durch 
ihre Unterlassung dem Prokonsul gegenüber den Schein einer freimütigen Un- 
befangenheit, vielleicht auch den einer gewissen Ebenbürtigkeit behaupten 
wollte, während sein Gegner sich untertänig bewies. Nicht zufällig kann es 
sein, daß in den zahlreichen Gesprächen unter gelehrten oder doch gebildeten 
Männern bei Gellius die Anrede nicht ein einziges Mal vorkommt, während es 
sonst an höflichen Anreden, die teils ernst, teils ironisch gemeint sind, nicht 
fehlt. Jedenfalls wurde sie hier absichtlich vermieden, vielleicht war sie einem 
Teile der Altertümler als modern zuwider. Die bei Gellius auftretenden Personen 
nennen sich magister (IV 1, 4, XVIII 7, 2. XIX 10, 10. 13, 2. XX 10, 3), ma- 
gister optime (XVIII 4, 2. XIX 10, 13), vir doctissime (VI 1 7, 4), vir bone (XVIII 
10, 5), philosophorum amplissime (I 2, 6), mi Favorine (XX 1, 27). Der Philo- 
soph Favorinus nennt sogar eine Frau von Stande nicht domina, sondern mulier 

(XII 1, 5). 

Auch Geringeren wurde die Anrede seitens Höherer aus besonderer Höflich- 
keit zuteil, wie den fabri subaediani Narbonenses in einem an sie gerichteten 
Brief ihres Patrons Fadius Secundus v. J. 149 (CIL XII 4393 = Dessau 7259), 
welcher schließt: vafyre vos capto, domini optimi et karissitni mihi. Ja sogar 
Sklaven gegenüber, zumal kaiserlichen, die ja nicht selten über einen bedeu- 
tenden Einfluß verfugten, kam sie zuweilen mit bewußter Absicht, als Ausdruck 
affektierter Unterwürfigkeit, zur Anwendung: Domine Sa/vi redet der colonus 
Geminius Eutyches, also ein Freier, in seinem libellus den quinquennalis Sal- 
vius des collegium magnum arkarum dvuarum Faustinarum matris et Piac, 
einen Sklaven, an (CIL VI 33840 v. J. 227). Felici Caes. n. ser. Alexandriano 
fecit M. U{ ) Marcellus domino optimo CIL XI 1470. 

Ganz besonders waren die Klienten gehalten, den Patronen gegenüber durch 
diese Anrede ihre Untertänigkeit zu bezeigen. Daß dies erst bei Martial er- 
wähnt wird, rührt wohl nur daher, daß er gerade dieses Verhältnis am häufig- 
sten berührt; die Bezeichnung des Patrons als »König« (Mart. I 1 12. II 68, ver- 
bunden mit dominus) kommt schon bei Horaz vor (ep. I 7, 37: rexque paterque 
audisti cor am nee verbo parcius absens)\ desgleichen bei Columella Praef. lib. 
I 9. Vgl. Martial. I 112. II 32, 8. II 68. VI 88. IX 92 und oben I 228. 

Aber überhaupt dürfte die Anrede von Geringeren gegen Höhere sehr ge- 
wöhnlich gebraucht worden sein. Dasumius nennt in seinem Testament vom 
Jahre 108 CIL VI 10229 ( v gl- Dessau 8379a) seinen hochgestellten Freund 
Servianus (cos. II i. J. 102) abwechselnd Servianus meus (Z. 112. 114) und S. 
dominus meus (Z. 1 1 1). Carpophorus, ein christlicher Freigelassener des Com- 
modus, sagt bei Hippolyt. Ref. haeres. IX 12, 9 p. 247 Wendl. zu dem Stadt- 
präfekten Fuscianus: Wojicu, Kupi€ <t>ou<TKiav£ ktX. So nennt Avidius Quietus, 



86 IX. ÜBER DEN GEBRAUCH DER ANREDE DOMINE [L 454] 

Prokonsul von Asia unter Hadrian (125/6), in einem die Stadt Aezani betreffen- 
den Schreiben an den procurator Aug. Hesperus (CIL III 355 m. Add. 7003 
u. 14191 x = IGR IV 571) diesen Hesper carissime, während Hesperus ihn do- 
mine tituliert. Ein Schreiben des Ephesiers L. Pompeius Apollonius an den 
Prokonsul L. Mestrius Florus (83/84) beginnt: Muarrjpia k<x\ Gucxfai, Kupie, ktX. 
(Dittenberger Sylloge 3 82o). Der adiutor a rationibus Septimianus schreibt an 
seinen Vorgesetzten Cosmus: rogo, domine (CIL IX 2438; oben S. 30). In der 
den Tunnelbau von Saldae unter Antoninus Pius (15 1/2) erwähnenden lambae- 
sitanischen Inschrift CIL VIII 2728 m. Add. 181 22 = Dessau 5795 reden die 
ritterlichen Prokuratoren von Mauretanien in ihren dort mitgeteilten Schreiben 
an die senatorischen Statthalter von Numidien die letzteren mit domine an, wie 
denn überhaupt diese Anrede für Senatoren stehend gewesen sein dürfte (Mar- 
tial. XIV 1,1: Syntkesibus dum gaudet eques dominusque Senator \ vgl. oben I 
113). Sie war im Munde eines Geringeren um so natürlicher, wenn der Vor- 
nehmere zugleich der Ältere war. Bei Petron. 86, 7 fragt der von dem Begleiter 
des Quästors verführte pergamenische Knabe den ersteren: rogo, domine, übt 
est asturco?, was hier wohl als die (vielleicht regelmäßige) Form der Anrede 
des Schülers an den Erzieher oder Lehrer zu fassen ist. Corp. Gloss. III 639, 4 
X<xTpe, Kupie biba(TKaX€. Quintil. VI 3, 100: et Fulvius Propinquus legato inter- 
roganti, an in tabulis quas proferebat chirographus esset, L Et verus\ inquit, L do- 
mine\ Die Anrede Kupie ist wohl gemeint Lucian. Gall. 9: dvruTX<xvw xßk$ rCb 
EuKpaT€i, k<x\ tf(b \xlv irpoffevmbv aöiöv iBcmep elw6€iv bean6rt\v } &m\KkaTr6}ir)v. 

Versammlungen und Körperschaften wurden von einzelnen, die zu ihnen in 
einem wirklichen oder fingierten Abhängigkeitsverhältnisse standen, durch diese 
Anrede geehrt. Tiberius sagte in einer Ansprache an den Senat, ein guter Fürst 
müsse der Diener des Senats sein: »und ich habe an euch gute, billige und 
günstige Herren, jetzt wie zuvor« (Suet. Tiber. 29). In einem fingierten Briefe 
des Heeres an den Senat nach Aurelians Tode (Hist. Aug. Aurel. 41, 2) heißt 
es: Hunc inter deos referte, sancti domini p. c. (sanctus heißt der Senat schon 
Enn. Ann. 238 Vahl. a Verg. Aen. I 426, vgl. Horat. C. IV 5, 3. Cic. Cat. I 9. 
Iuvenil 1, 29 [sacer senatus]; in griechischen Inschriften ganz gewöhnlich i\ 
tepd oder UpurrdTri (TuvkXtito?, auch lepurrÄTTi ßouXri: IGR Ip. 592; III p. 613). 
Claudius übertrieb die Herablassung so sehr, daß er bei Gladiatorenspielen die 
Zuschauer, indem er sie zur Fröhlichkeit aufforderte, wiederholt mit »meine 
Herren« ansprach (Sueton. Claud. 21, 5). Künstler, die sich dem Publikum auf 
der Bühne oder sonst durch eine Anrede empfehlen wollten, nannten die Zu- 
schauer »meine Herren«. Nero, der das Benehmen der Zitherspieler bis auf die 
kleinsten Einzelheiten mit ängstlicher Genauigkeit nachahmte (Tac. A. XVI 4), 
redete das Publikum bei seinem Auftreten an: »Meine Herren, schenkt mir ein 
geneigtes Gehör!« (Cass. Dio LXI 20, 1 Kiipioi tjnoi, eujuevwt \xo\) dicoücxcm). 

In Neros Zeit war es bereits Sitte, daß man Begegnende, auf deren Namen man 
sich nicht besann, um auf keinen Fall unhöflich zu sein, mit »Herr« begrüßte 
(Seneca ep. 3, 1). So konnten selbst Sklaven versehentlich als » Herren c ange- 
redet werden (Martial. V 57: Cum voco te dominum, noli tibi, Cinna, placere. 
saepe etiam servum sie resaluto tuum), was ja, wie oben bemerkt, zuweilen 
auch mit voller Absicht geschah. 



P- 455, 45 6 ] IX- ÜBER DEN GEBRAUCH DER ANREDE DOMINE 87 

Bekannt ist, daß Frauen auch von ihren Männern domina genannt wurden: 
Epictet. Enchir. 40: al Tuvcmcec eüGü? dirö TeaaapecTKaibeKa £twv öttö tu>v dv- 
fcptöv xupiai KaXoOvrai. Dig. XXXII 41 pr. uxorisfidei comtnisitin haec verba: 
l peto a te, domina uxor 1 usw. Hieronym. adv. Iovin. 1 47 (nicht aus Seneca, vgl. 
Bickel, Diatribe in Senecae philos. fragm. I 16) vocanda domina (uxor). Vgl. 
Ovid. Tr. IV 3, 9. V 5, 1. Sueton. Claud. 39, 1. Philogel. 234. CIL V 6039: 
dotninae etconiug. karissimae. CIL VI 10853: dominae optimae\ 1435 1: sanctis- 

simae coiugi coniux dominae \ 20 1 16: (vixit) cum Donata coniuge prim(a) 

an. XV, cum Rhodine domin(a) an. XXVIII] 29026: coniugi dulcis(simae)', have 
domina, vale domin(a). CIL VIII 3371: coiugi domine rarissimae; 7 1 56 (domina 
Valeria). CIL XI 3829: dominae optimae et sanctissimae suique amantissimae. 
CIL XII 682*: dominae et uxori. CIL XIV 1000: dominae meaef$5$8: domi- 
n[ae] optimae. Aus christlicher Zeit De Rossi, Inscr. Christ. 30 (v. J. 307): Tß 
Kupiqi k<x\ dei|LiVTi(rn|>; 78 (J. 344): dominae coniugi. Daß die Patronin von den 
Klienten nicht bloß domina, sondern auch regina genannt wurde, zeigt das an 
die Witwe Lucans, Argentaria Polla, gerichtete Epigramm Martial. X 64: Con- 
tigeris regina meos si Polla libellos\ vgl. Haupt, Opusc. II 445 = Corp. gloss. 
lat. III 285 (oben S. 83 f.): ßaaiXem xaxpe. 

Schließlich ist der sonderbaren Sitte zu gedenken, daß die nächsten Bluts- 
verwandten einander mit »Herrc anredeten und bezeichneten, zum Teil aller- 
dings im Scherz, aber auch in ehrender und liebkosender Weise. Augustus verbot 
aus dem oben S. 83 angeführten Grunde dergleichen Liebkosungen (blanditiae) 
unter seinen Kindern und Enkeln (Sueton. Aug. 53, 1). Die Anrede und Be- 
zeichnung der Mutter als domina ergab sich freilich aus der entsprechenden 
des Vaters (oben S. 83) von selbst. CIL VI 1470: Naeviae M. [f.] Antonia[e] 
Rufinae c(larissimae) m(emoriae) f[eminae) dominae et matri incomparabili 
Naevia Antonia Rufina c.f. CIL VIII 573 : Postumii matri dominae. XIV 2826 
= Dessau 667: Dominae matri Val. Maximillae nob. fem. (Gemahlin des 
Maxentius) Val. Romulus c. p. CIG 4763 = IGR 1 1223: tö Trpocncuvima trdv- 
twv twv dbeXcpwv Ka\ xfl? Kupfat \xrycp6<z. Aber auch unter Geschwistern war 
die Anrede üblich. Seneca nennt seinen Bruder dominus mens Gallio (ep. 
104, 1). Marc Aurel nennt Lucius Verus in Briefen an Frontofp. 94. 101. 104. 111 
Nab.) dominus meus frater\ ebenso schreibt Verus von M. Aurel (p. i 16 Nab.) 
und Fronto selbst (p. 134 Nab.) von seinem eigenen Bruder. CIL VIII 333 do- 
mino meo fratri rarissimo posuu CIG III 478 i b t6 TrpocTKuvr||na toO Kupiou \xo\) 
XorrpiKiou toO dbeXcpoO |uou (das Wort Kupiou haben Letronne, La statue voc. 
p. 274 und Franz p. 12 10 nicht verstanden; sie wollen es mit »Lehrer« über- 
setzen und vor toO dbeXcpoö kcx{ ergänzen). CIL VI 20496 dominae et sorori. 
Sogar Eltern nannten ihre Kinder dominus und domina, und wenn die Anrede 
Juppiters an Cupido bei Apulei. Metam. VI 2 2 domine fili scherzhaft ist, so 
schreibt wenigstens Symmachus an seine Tochter ganz ernsthaft domina filia 
(ep. VI 40. 67). Hist Apollon. r. Tyr. 17 sagt der König zu seiner Tochter: 
bene dt eis } domina; ebd. 50 Apollonius exclamavit\ k domina Tharsia, nata dul- 
cis\ M. Aurel. ad Fron ton. de fer. Als. 1 p. 223 Nab.: domnulam meam ... 
febricitantem repperi. Salvian. ep. 4 : Ad socerum et soerum. Ypatio et Quietae 
parentibus Salvianus Palladia et Auspiciola salutem (die Anrede ist: affectus 



88 IX. ÜBER DEN GEBRAUCH DER ANREDE DOMIJSTE 

düectissitni [carissimi] vel donüni indulgentissitni) : Advolvor vestris, o 

parentes carissimi, pedibus, illa ego vestra Palladia, vestra gracula, vestra 
domnula : cum qua Ais tot vocabulis quondam indulgentissima pietate lusistis, 
quae vobis per varia notnina nunc fui mater, nunc avicula, nunc damina\ cum 
esset scilicet unutn vocabulum generis, aliud infantiae, tertiutn dignitatis. Victor 
Vit. pers. Vandalor. II 30: conspicimus tnulierculam — manu infantulum 
unutn tenentem atque in Ais sermonibus consolantem: curre } domne tneus usw. 
Auch inschriftlich ist diese Sitte bezeugt, wie CIL VI 1 1 5 1 1 : d. tn. pater do- 
minofilio Amantio caro dulcissimo (6 Jahre alt); 17865: domino filio carissim. 
CIL VIII 2862: filio et domino ntco (9 Jahre alt). Ebenso nennt CIL VI 13101 
der Stiefvater die Stieftochter domina et patrona, Dig. XXXII 37, 2 der Vor- 
mund sein Mündel dominum meum\ vgl. auch CIL VI 141 90: alumnae etdo- 
minae meae. Daß dies sich auch in den christlichen Zeiten erhalten hat, zeigen 
außer der zitierten Stelle des Salvianus sowohl die von Fabretti, Inscr. ant 
p. 582, 167 angeführten christlichen Grabschriften (auch CIL V 1706: domino 

dulcissimo nepoti amita), als die Stelle in der Passion der h. Perpetua und 

Felicitas c. 4 (Act. mart. ed. Ruinart p. 89 ed. Veron. 1731): tunc dixit wäi 
frater meus: domina soror usw. M. Bang. 



X 

DAS MÄRCHEN VON AMOR UND 
PSYCHE UND ANDERE VOLKS- 
MÄRCHEN IM ALTERTUM 1 ) 

Von jeher hat die eigentlich klassische und noch mehr die pseudoklas- 
sische Bildung sich gegen die Volksdichtung mehr oder minder ab- 
lehnend verhalten. Ihr, die vollkommene Harmonie der Form und des 
Inhalts und Vollendung der Form als das Höchste zu betrachten gewohnt ist, 
widerstrebt das Wesen einer Poesie, die, um die Form ebenso unbekümmert 
wie unfähig sie zu beherrschen, zwar in ihrer instinktartigen Genialität über- 
wältigende Wirkungen hervorbringen, aber nie ein künstlerisch vollendetes 
Ganze gestalten kann. Nur die Reflexion kann der klassischen Bildung das Ver- 
ständnis dieser Poesie vermitteln. Es kann daher nicht wundernehmen, wenn 
auch in der antiken griechischen und römischen Literatur der Volksdichtung Reste des antiken 
nur ausnahmsweise Erwähnung geschieht; und wenn auch von den Volks- und VolksinÄrcncn8 — 
Kindermärchen sich dort nur sehr vereinzelte Spuren finden, so darf man des- 
halb nicht mit Welcker (Griech. Götterlehre I no) glauben, daß die Kindlich- 
keit dem hellenischen Geiste fremd war, »welche das Wesen des deutschen und 
sla vischen, des persischen Märchens ausmacht, worin sich die bunte Welt der 
Natur und der menschlichen Gesellschaft wie in Kinderaugen zu spiegeln scheint, 
indem es die Überlegungen des Verstands und die Erfahrung des weltkundigen 
Beobachters verleugnete. Denn auch unsere deutsche Literatur läßt bis zu der 
Zeit, wo jene 'Einkehr ins deutsche Volkstum' erfolgte, nicht ahnen, daß wir 
eine reiche Märchendichtung besaßen, und doch war dem so ; freilich mußte sie 
erst entdeckt werden. 

Wenn nun aber auch eine große Ausbeute von Märchen von der klassischen 
Literatur auf keinen Fall zu erwarten steht, so gelingt es doch vielleicht fort- 
gesetzten Bemühungen, weitere Spuren derselben nachzuweisen, wobei eine 
möglichst ausgedehnte Kenntnis der Märchenliteratur, besonders der stammver- 
wandten Völker, das beste Hilfsmittel wäre. Ich habe den Rat von J. Grimm (Vor- 
rede zum Pentamerone des Basile, übersetzt von Liebrecht S. XI) befolgt, nach 

i) Vgl. I 267, 2. Vgl die Programme Acad. Alb. Regim. 1860 I u. II. Eine größere Anzahl 
von Beiträgen haben Reinhold Köhler (f 1892) and O. Crasias (+ 1918) zu dieser Abhand- 
lung beigesteuert. 



QO X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 

bei Lucian — Fasern griechischer Kindermärchen bei Lucian zu suchen, aber (außer dem Mär- 
chen vom Zauberlehrling Philops. 35) nur wenig gefunden; daß »seinem Timon, 
auf dessen Acker Zeus, Hermes und Plutos einkehren und dem ein Schatz ge- 
wiesen wird, eine auch unter uns bekannte Fabel zugrunde liegte, möchte ich 
nicht glauben. Dagegen scheinen mir allerdings die Zauberringe, die sich im 
'Schiff oder den Wünschen' Timolaus wünscht (Navig. 42), aus Märchen ent- 
nommen zu sein 1 ), und zwar namentlich, weil jeder nur eine besondere Kraft 
haben soll: der erste, gesund, stark und unverwundbar, der zweite, unsichtbar 
zu machen, wie der des Gyges; ein dritter, die Stärke von mehr als zehntausend 
Männern zu verleihen; ein vierter, zugleich einzuschläfern und jede verschlos- 
sene Tür zu öffnen; ein fünfter endlich, unwiderstehlich liebenswürdig zu machen 
— Wunderkräfte, wie sie auch in unsern Märchen vorkommen. Vielleicht stammt 
auch die Angabe, daß man mit der rechten Schwanzfeder des Hahns jede Tür 
öffnen und alles sehen kann, ohne gesehen zu werden (Gall. 28), aus einem 
Märchen. Auch in den 'Wahren Erzählungen' »sehen wir alte, z. T. nach dem 
Orient zurückweisende Märchenzüge durchscheinen«: dazu gehören die Wein- 
stöcke, aus welchen oben Mädchen herauswachsen 18, die in Lychnopolis 
nachts umherrennenden Lichter*) I 29, der ungeheure Fisch, der die Reisenden 
verschluckt 3 ) I 30. Die Schilderung des Landes der Seligen II 13 fr. erinnert an 
das Schlaraffenland 4 ), der riesige Halkyone, der mit seinem Flügelschlage das 
Schiff zum Sinken bringt II 40, an den Vogel Rock. Die Bewohner des Monds 
haben Augen, die sie herausnehmen und wieder einsetzen, auch verlieren und 
dann von andern leihen müssen I 25, wie die Lamia in den unten S. 93 anzu- 
führenden Märchen (Rohde, D. griech. Roman 3 S. 205—211). Andre Spuren 
von Märchen habe ich trotz aufmerksamen Suchens bei Lucian nicht gefunden 5 ), 
bei PUto. Dagegen die Sage von dem unsichtbar machenden Ringe des Gyges, nament- 
lich wie sie Plato erzählt (Rep. III 359D-360B), scheint wenigstens mit märchen- 
haften Elementen versetzt zu sein. Gyges sieht als Hirt bei einem Wolkenbruch 
und Erdbeben die Erde sich spalten; er steigt in die Tiefe hinab und findet dort 
ein ehernes Pferd, das inwendig hohl ist und eine Leiche in sich birgt. Dieser 
zieht er einen Ring vom Finger und entdeckt bald, daß er unsichtbar wird, so- 
bald er den Kasten des Rings nach innen dreht (vgl. Paroemiogr. gr. ed. Leutsch 
et Schneidewin II 20). Das Drehen des Rings ebenso Cic. Off. III 38. Plin. n. h. 

1) Radermacher, Wien. Stud. XXXHI 191 1 S. 231. Ganschinietz, Real-Encykl. I A 838. 2) Die 
man vielleicht mit den > Lebenslichtern« in den neueren Volksmärchen vergleichen darf. Bolte- 
Polivka, Anmerkungen z. d. Kinder- n. Hausmärchen d. Brüder Grimm I (1913) S. 388. 3) Dazu 
vgl. z. B. Ps. Kallisth. II 36. Der Alexander-Roman bietet überhaupt eine Fülle von märchen- 
haften Zügen. 4) Vgl. die Schilderungen attischer Komödiendichter bei Athen. VI 267 E ff. 
J. Pocschel, Das Märchen vom Schlaraffenlande, Paul -Braune, Beiträge V (1878) S. 389 — 427. 
Bolte-Polivka III (19 18) S. 244—258. S. auch unten S. 96. 5) Doch scheint im Philopsendes 
c. 12, in der Geschichte von dem Zauberer, der die Sehlangen vernichtet, ein verblaßtes Märeben- 
motiv in der Herbeiholung der uralten Schlange enthalten zu sein, vgl. die ähnlichen Sagen und 
Märchen bei Radermacher, Rhein. Mus. LX 1905 S. 315. Bei den är-feAot toO Octvdrou (Cbaron 
17) fühlt man sich an die »Boten des Todes € erinnert (Grimm Nr. 177. Bolte-Polivka IQ 296)1 Ans 
Lucian. dial. mort. 23, 1 und de luctu 24 in Verbindung mit Propen IV 11, I [Dtsine, Paule, memm 
lacrimis urgere sepulcrum) und andern antiken Zeugnissen (Rohde, Psyche 8 223 A. 2) darf man 
ähnlichen Volksglauben erschließen wie er sich in den deutschen Märchen vom Totenhemdchen 
oder Tränenkrüglein ausspricht (Bolte-Polivka II 489). 



[I. 529] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 91 

XXXIII 8, wo vielleicht aus Versehen der Ring dem Midas beigelegt wird 1 ). 
Die Ansicht von E. Müller, daß das eherne Pferd auf die in Lydien blühende 
Pferdezucht, der unterirdische Schlund auf die dort häufigen Erdbeben hin- 
weise, scheint mir ebensowenig annehmbar, als seine ganze Erklärung der Gyges- 
sage (Philol. VII 1852, 239; vgl. jetzt Lehmann-Haupt u. Weicker, Real-EncykL 
VH 1965 f.). Die übrigen Platonischen Mythen enthalten, soviel ich sehe, nichts 
Märchenhaftes. Die Märchenreminiszenzen im antiken Sprichwort hat Crusius Sonstige 
(Verhandlungen der 40. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner „. ^„sÜ^ 
1889 S. 31 — 47) behandelt Die Spuren des Märchens in der griechischen Ko- 
mödie hat Zielinski, Die Märchenkomödie (Jahresb. der St. Annenschule zu St. 
Petersburg 1885) verfolgt. Märchenmotive in Herodots Geschichten behandelte 
Klinger (Kijev 1903, russisch). Die griechischen Märchen von dankbaren Tieren 
hat A. Marx bearbeitet (Stuttgart 1889, vgl. auch Bolte-Polivka II 451 ff. 470), 
und A. Hausrath und A. Marx haben in ihren Griechischen Märchen, Fabeln, 
Schwänken aus dem klassischen Altertum (Jena 1913) eine gute Auswahl aus 
solch volkstümlicher Dichtung (yirenn auch oft nur dem Inhalt nach volkstüm- 
lich, der Form nach der hohen Literatur angehörig) in geschmackvoller Über- 
tragung vorgelegt. Vgl. dazu die sehr eingehende, namentlich für das Motiv- 
geschichtliche reiches Parallelmaterial aus aller Welt gebende Anzeige von 
H. Lucas, Sokrates VII 1919 S. 349 ff. Zahlreiche Märchenmotive aus der An- 
tike hat L. Radermacher in einer Reihe von Arbeiten zutage gefördert; hervor- 
gehoben seien seine 'Erzählungen der Odyssee* (Sitz.-Ber. Akad. Wien 178 I 
191 5), andre Aufsätze von ihm werden unten im einzelnen berücksichtigt. 
Märchenhafte Motive in antiken Mysterienlegenden sucht O. Gruppe aufzu- 
zeigen, Griech. Mythoi. und Rel.-Gesch. S. 871 ff. 1333 A. 1. Vgl. außerdem 
die Literaturnachweise bei O. Waser, Volkskunde und griech.-röm. Altertum 
(Basel 191 6 S. 41 ff. = Schweiz. Arch. f. Volksk. XX 489 fr.) und den Überblick 
über antike Märchenmotive bei F. v. d. Leyen, Das Märchen* (Leipz. 19 17) 
S. 105 fr. 

Ob gewerbsmäßige Geschichtenerzähler*), die ihre Geschichten wohl meistens Ammenmärchen. 
öffentlich 3 ) für Geld vortrugen (Plin. ep. II 20, 1: assem para et accipe auream 
fabulam)*), auch Märchen erzählt haben, muß um so mehr dahingestellt bleiben, 
als diese sonst immer nur als von Müttern und Ammen den Kindern erzählt 5 ) 
oder höchstens als Unterhaltung der Mädchen und Frauen 6 ) erwähnt werden, 



1) Es kann sich aber auch am einen anderen Fall handeln, das 'Motiv (der Zauberring) bleibt, 
die 'Persönlichkeit' (Gyges-Midas) wechselt. Wir kennen ja ein Rezept für die Anfertigung un- 
sichtbar machender Ringe (Ganschinietz a. a. O. S. 838). 2) fabulatores — von denen sich 
August in Schlaf reden ließ, Sueton. Aug. 78, 2. 3) Unter vielen andern sich in einem Hippo- 
drom Produzierenden nennt Dio Chrys. or. 70, 10 (II 261 Arn.) iaropfctv Tivä f} (uO0ov oirjyo- 
üfievov. Lobeck, Aglaoph. p. 1316. 4) Vgl. über dieselben Rob.de, Ober griech. Novellen- 
dichtung (Griech. Roman 3 S. 591), der sie wohl mit Recht als Verbreiter griechischer Geschichten 
im gräzisierten Orient ansieht. Ein andrer Name fUr die fabulatores ist aretalogi, hierüber vgl. 
R. Reitzenstein, Hellenistische Wundererzahlungen (1906) S. 8fT. 5) Grimm III 273 f.; vgl. 
B. Schmidt, Griech. Märchen, Sagen u. Volkslieder (1877) S. II, 3 u. 12, 2 — 4; ferner Plato Rep. II 
377 8. Quintilian 1 8, 19 {aniles fabu/ae; vgl. Otto, Sprichwörter d. Römer S. 28}. 9, 2 [fabulae nutri- 
cularum). Iulian. orat. 7 p. 204 A (kuvo<; — tfioirep ai tvtöcu firi6ou£ (JöovtoO; auch Tac. Dial. 29, 1. 
6) Arn ob. adv. gent. V 14: cum kistorias, quaeso, perlegitis tales, norme vobis videmini aut textri- 
culas puellas audire taediosi optris circumscribentes moros aut infantibus credulis avocamenta quaeri- 



Q2 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [I. 530] 

der Aufmerksamkeit von Männern aber vermutlich im allgemeinen für ebenso 
unwürdig galten, wie im heutigen Griechenland z ). Dies ist wohl der Hauptgrund, 
warum wir so äußerst wenig davon wissen. Doch hat Haupt (Opusc. III 570) 
sehr richtig bemerkt, daß Persius, der unter Frauen aufgewachsen war, offen- 
bar der in der Kinderstube gehörten Märchen gedenkt, wo er die Wünsche der 
Großmutter, Tante und Amme für den in der Wiege liegenden Knaben erwähnt 
(2, 37): »Ein König und eine Königin sollen ihn zum Schwiegersohn wählen! 
Mädchen sollen ihn entführen! Rosen sollen unter seinem Tritt sprießen!« Der 
erste und letzte Wunsch sind unzweifelhaft den Kindermärchen entnommen, 
also vermutlich auch der zweite; daß der letztere in einem neapolitanischen 
Märchen vorkommt, hat bereits Jahn bemerkt, und Haupt erinnert an die 
Namen, die diesen und ähnlichen Wünschen ihren Ursprung verdanken, wie 
Rosentreter und die schon von Grimm, Deutsche Mythol. 4 1 05 5 erklärten : Rosen- 
lacher, Rosenlächter, Blumlacher, vgl. Reinhold Köhlers Anmerkung in Laura 
Gonzenbachs Sicilianischen Märchen II 225. Kretschmer, Neugriech. Märchen 
S. 340. Bolte-Polivka I 100. Pherecrates Per?, frg. 131, 2 K. (Zielinski a. a. O. 
S. 64, 25) i>6ba Trpo<y<y€<yripdüS. Im Ponti-Nameh (einer persischen Übersetzung 
einer indischen Sammlung von Erzählungen) un rot a unfavori, nornmi Puspakäsa 
(*celui qui rit desfleurs*) ; qui a le don de laisser tomber desfleurs de ses /evres, 
toutes les fois quHl rit, comtne (Tautres personnages merveilleux pleurent des 
perieSj Em. Cosquin, Le prologue cadre des mille et une nuits (1909) p. io"). 

Aristid. Orat. 36, 96 (II 293 f. K.) vergleicht gewisse geographische Nach- 
richten über den Nil und Ägypten mit Ammenmärchen, wo von einem süßen 
Meer, von Pferden in Flüssen, von einem Meer, das in einen Fluß strömt, die 
Rede ist; man könnte (wie bei Tertullian. adv. Valentin. 19: puerilia dicibtda, 
in maripoma nasci, in arbore pisces) an ein Märchen von unmöglichen Dingen, 
wie Grimm 151 (das Märchen vom Schlaraffenland) denken; vgl. HE 239 fr Wir 
Gespenster- kennen aus den antiken Märchen fast nur Popanze und Gespenster; einige faßt 
gesc c ten. g|j a k j ^ als |i06o£ zusammen, nämlich die Lamia (die so notwendig zum 
Märchen gehörte, daß Demetrius von Soli den König Demetrius M06o£ nannte, 
weil er die Hetäre Lamia hatte: Plutarch. Demetr. 27), die Gorgone 3 ), den 
Ephialtes 4 ) und die Mormolyken 5 ). Bei den 'Türmen der Lamia' (die Tertullian 

tanUs onus longaevas; vgl. Tibull. I 5, 84: adsideat custos sedula semper onus. Haec tibi faixUas 
referat etc. 

i) Hahn, Griech. u. albanes. Märchen, Einl. I S. 9 ff. B. Schmidt a. a. O. 2) Zu »Blumen 

unterm Fuß« vgl. noch Wlislocki, Volksdichtungen d. siebenbürg. u. südungar. Zigeuner (1890) 
S. 24 Nr. 75. 314. 316. Weinreich, Heilungswunder (RGW VIII 1) 68 A. I. Es ist ein 
Märchenmotiv, das aber schon früh auch im Mythos begegnet (Hesiod. Theog. 194 KaXf) 6e6c 
[Aphrodite], d|U<p\ bk irofr) ttoo*o*iv tiirö £aoivoi<Jiv ÄlEcro) und gern von Dichtern gebraucht 
wird, vgl. Petrarca (von Cicero): al cui passar Vcrba fiorrua (Zielinski, Cicero 3 340), Goethe im 
Mahomet: »drunten werden in dem Tal unter seinem Fußtritt Blumen«, Wieland im Agathon: 
»Blumen, so däucht' es sie, entsprangen unter seinen Fußsohlen*, Spitteler, Olymp. Frühling: 
»Denn wo auch flüchtig nur der Fürstin Fuß getreten, verblieb ein Farbenschein, als ob ein 
Kleinod glühte mit Pfauenglanz, das Regenbogensonnen sprühte«, St. George, Siebenter Ring: 
»Ich seh in dir den Gott ... am. Tritte, der die Saat sogleich erblühen ließ«. 3) Gorgo, Gorgyra, 
vgl. Röscher, Gorgonen und Verwandtes 1879. Rohde, Psyche 9 II 4070*. 4) Ein Alpdämon, der 
sehr viel Ähnlichkeit mit volkstümlichen Schreckgeistern des neueren Volksglaubens hat (Röscher, 
Ephialtes, Abhdl. Sachs. Gesellsch. d. Wiss. XX 3). 5) Vgl. Tümpel in Roschers Lex. II s. 

v. Mormo und Mormolyke. 



[I. 53 1]' ' X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 93 

» 

adv. Valentin. 3 neben den 'Kämmen der Sonne 1 x ) erwähnt) könnte man viel- 
leicht an die Burg einer ähnlichen kinderfressenden Unholdin denken, wie die, 
welche im deutschen Märchen im Pfefferkuchenhäuschen wohnt. In einem neu- 
griechischen Märchen schleppt die Lamnissa die geraubte Königstochter in 
ihren Zauberturm, in welchem sie 40 Tage und Nächte bis zu ihrer Erlösung 
durch einen Königssohn schläft : Schmidt a. a. O. S. 76 ff., der auch S. 2 26 an die 
Stelle des Tertullian erinnert Im altgriechischen Märchen verwahrte die Lamia 
ihre Augen, wenn sie zu Hause war, in einem Gefäß, war dann also blind, zum 
Ausgehen setzte sie sie ein; außerdem heißt es, daß sie im Hause sang (Plutarch. 
De curios. 2: NOv bk. tßcftrcp iv tw jiuGijj if|v Aa^fav X&rouffiv oTkoi \ikv $beiv 
TiKpXrjv, Iv dTT^iifJ nv\ toüs dq>6aXnoi>s ?x ou( ^ a v äiTOK€iii£vou€, &w bk TrpoioO- 
aav ImTxQeoQax xa\ ßX&reiv ktX.; vgl. Schol. Aristoph. Pax 757. Diodor. XX 
41, 5. Suid. s. v.; auch Plautus Miles 347: nam ego quidem meos oculos habeo 
nee rogo utendos faris dürfte aus einer andern Version desselben oder aus einem 
verwandten Märchen stammen; vgl. Lucian Ver. hist. I 25 oben S. 90). Durch 
ihren Gesang könnte die Unholdin etwa in dem griechischen Märchen die ver- 
irrten Kinder in ihre Burg gelockt und ihre Blindheit diesen dann das Ent- 
kommen erleichtert haben. Um sie zu verfolgen, mußte sie natürlich die Augen 
wieder einsetzen. Das gefressene Kind wurde in dem antiken Volksmärchen 
lebendig aus dem Bauche der Lamia herausgezogen (Horat. A. P. 340: neu 
pr ansäe Lamiae vivum puerum extrahat alvo, — was vermutlich in einer Atel- 
lane vorkam), wie in dem deutschen Märchen (Grimm 5) die Zicklein aus dem 
Bauche des Wolfs. In Pommern soll dies letztere in einer Form erzählt werden, 
die mit der von Horaz angedeuteten ganz und gar übereinzustimmen scheint: 
ein Kind wird, als seine Mutter fortgegangen ist, von einem Kindergespenst, 
ähnlich dem Knecht Ruprecht, verschlungen. Aber die Steine, die es mit ver- 
schlingt, machen das Gespenst so schwer, daß es zur Erde fallt und das Kind 
unversehrt wieder herausspringt (Grimm III 1 5). Dem Knecht Ruprecht ent- 
spricht wohl am nächsten der Manducus, der ebenso wie die Lamia, Mania (Fest. 
p. 129 M. Manias — quas nutrices minitentur parvulis pueris, vgl. Wissowa in 
Roschers Lex. II 2323 f.) und andre Popanze (Munk, De Atellanis p. 39 fr.) aus 
dem Kindermärchen in die Atellane übergegangen sein wird. Die Lamia, die 
auch in dem neugriechischen Volksmärchen eine große Rolle spielt (Hahn 
a. a. O. S. 331. Politis, TTapaböcreiq, Athen 1904 S. 491 — 499) erwähnt in einer 
auch sonst in bezug auf märchenhafte Traditionen zu beachtenden Stelle Dionys. 
Halic. De Thucyd. iud. 6, wo er von den Fabeln spricht, die frühere Geschicht- 
schreiber vorgebracht hatten: Aajnas Tiväs IffTopoOvres Iv uXai? xa\ v&naxq Ik 
Tifc äviejievas, xa\ Natbat änqnßious £k Taprapwv iixovaaq xa\ bxä TreXäfous 
vr\xo\iiva<z xa\ \ixl6Qr\pa<; 7 xdl rauTa? eis öfiiXiav ävOpiinrois <ruv€pxo|i£vas (also 
ganz wie die schöne Melusine und dieNeraiden des heutigen griechischen Volks- 
glaubens) 9 ). Zu den Gespenstern des altgriechischen Kindermärchens gehören 

1) Crusius, Lit. Zentralbl. 1892 S. 62 denkt an die von Röscher (Über Selene und Verwandtes 
1890, S. 22 f.) behandelte Vorstellung vom Haar der Lichtgottheiten. 2) In der Vulgata kommt 
lamia zweimal vor: Isaias XXXTV 14, wo die LXX ovoK^vraupoi hat, und Threni IV 3, wo sie 
oo<4kovt€<; bat. Vgl. auch Maximilian Mayer, Archftol. Zeitung XLHI 1885 S. 119; doch ob auf 
der dort befindlichen Vase (Taf. VII 2) eine Lamia abgebildet ist, bleibt mindestens zweifelhaft, 



traditionell. 



94 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE * [I. 532] 

auch Akko und Alphito (Plutarch. De Stoicor. repugnantÜ9 15 p. 1040B: TTfc 
'AkkoOs k<x\ ttis 3 AX<piToOs bi* (Lv tä rcaibäpux toO KaKocrxoXeiv at Tuvalus 
dve(pTOu(Jiv), vielleicht auch das kinderraubende Gespenst Gello, von dem man 
in Lesbos erzählte und das Sappho frg. 47 erwähnt hatte, Zenob. III 3 TeXXdi 
(1. TcXXoO^ nach Cod. Coisl. bei Montfaucon p. 608 und Suid. s. v.) TraiboqnXuu- 
*r£pa. Noch heute schreckt die Gello um das Leben ihrer Kinder besorgte 
Eltern: Wachsmuth, Das alte Griechenland im neuen S. 77 ff.; vgl. Fix in der 
Pariser Ausgabe des Stephanus unter reXXw. B. Schmidt, Volksl. d. Neugriechen 
S. 139 fr. (Gillo und die Gillouden) und Laistner, Das Rätsel der Sphinx S. 64 f. 
Über die Gillu oder Gyllu (riXXoö, TuXXoO) vgl. auch K. N. Sathas, M€(JcnujviKf| 
BißXioGrJKri V 572 fr., ferner Rohde, Psyche 9 II 410. Maas, Real-Encykl. VII 
1005 f. Über Spuren antiker Märchen in der neugriechischen Volkstradition 
überhaupt vgl. B. Schmidt, Volksleben der Neugriechen S. 94 fr. W. Klinger, 
Zur Märchenkunde (hauptsächlich nach Politis, TTapab6cf€iq in der BißXioO/JKT) 
MapadXfi) Philologus LXVI 1907 S. 336 ff. R. Wünsch, Was sich das griechische 
Volk erzählt (Hessische Blätter für Volkskunde V 1906 S. 108 ff, ebenfalls nach 
Politis) und P. Kretschmer, Neugriechische Märchen (Jena 19 17). 
Dümmlings- Wie Gello kommt auch Akko im Sprichwort vor, nicht als Gespenst, sondern 
als eine Törifl, die mit ihrem Spiegelbilde wie mit einer andern sprach und ihr 
Kleid halbfertig vom Webstuhl herabnahm und anlegte (Zenob. 1 53, ed. Leutsch 
et Schneidewin I p. 21); was an die kluge Else (Grimm 34) und Katherlieschen 
(59) erinnert, die halb träumend ihre Kleider entzwei schneidet, beim Erwachen 
zu sich selber spricht: »bin ich's oder bin ich's nicht?« und endlich überzeugt 
wird, daß sie es nicht ist. Nach Crusius (Real-Encykl. 1 1 1 72) ist sie ein Popanz, 
dessen Torheit sich daraus erklärt, daß die niederen Dämonen den Men&chen 
gegenüber den kürzeren zu ziehen pflegen. In ähnlicher Weise mögen auch 
andre Toren und Törinnen in Sprichwörtern aus Märchen stammen, wie Mory- 
chus (Zenob. V 13: |iu>p6T€po? cTMopuxou. auTt] f\ rcapoiiuia X^Tai trapd toic 
luceXuirrais frr\ tujv eör|8£s ti fciaTrpa<J<ron£vu>v — X£r€Tai bk oütu>s # |uwup6T€pos 
€? Mopuxou, bq rä fvbov ä<pe\s ßw Tifc oMas Kaöiyrai), Ibykos, Koroibos, 
Meletides, Amphistides (Diogenian. V 12), Mammakythos, Butalion (Didym. 
ad Aristoph. Ran. 991 ff.), Charixena (Etym. M. 367, 21. App. Proverb. II 82), 
Makko und Lamo (schol. Aristoph. Eq. 62 ; vgl. Stephan. Thesaurus s. jicxk- 
ko&ui und Leop. Cohn, De Aristophane Byz. et Sueton. Tranq. Eustathii auctori- 
bus, Jahrb. f. Philol. Supplem. XII 1881 S. 3 50 f.). Koroibos war so einfaltig, 
daß er die Wellen des Meers zählte (Zenob. IV 58: Kopoißou fjXiGiiirrcpos); 
Meletides lernte mit Mühe bis drei oder fünf zählen und konnte es nicht weiter 
bringen; als er geheiratet hatte, berührte er seine Braut nicht, aus Furcht, daß 
sie ihn bei ihrer Mutter verklagen würde 1 ); Amphistides wußte nicht, ob er vom 

wie auch andere Darstellungen (aufgezählt in Röschens Lex. II 1820) nicht als gesichert gelten 
können. Ober die Neraiden vgl. Politis, TTapa&6<J€i<; 387 — 490, ebenda auch über die Empusa 
(382 ff.) und die Striglen (500 ff). 

1) Auf Margites übertragen bei Phot und Hesych. (Map*ffrrr|<;. jmujp6<; *n<; [r\] \xf\ doibc \i(£iv 
fUvaiKÖ^ k&v ywr\ irpoTplirrrrai auröv). Vgl. Sueton. bei Eustath. 1669, 43. Hierzu, sowie zum 
ganzen Komplex dieser Dümmlingstraditionen Radermacher, Rhein. Mus. LXIH (1908) S. 445 ff. 
Apulei. apol. 24: apud socordissimos Scythas Anacharsis sapiens natus est, apud Athenienses catos 
Meletides fatuus. Vgl. Tzetees Chil. IV 8360". 



[I. 533] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 95 

Vater oder von der Mutter geboren sei. Auch sonst dürften Personen und Be- 
gebenheiten aus dem Volksmärchen in sprichwörtliche Redensarten überge- Vereinzelte 
gangen sein. Dazu scheint mir jener Pases zu gehören, der ein so großer Zau- M8rch s?niotive. 
berer war, daß er prächtige Mahlzeiten nebst den dazu gehörigen Dienern 
erscheinen und wieder verschwinden lassen konnte (vgl. Philostrat. Apollon. 
IV 25, wo das Mahl einer Empusa nebst goldenen und silbernen Gefäßen und 
der ganzen Dienerschaft verschwindet), und einen Halbheller besaß, der immer 
wieder zu ihm zurückkehrte, wenn er ihn ausgab (Plutarch. De proverbiis Alexan- 
drinis ed. Crusius 56: tö TT6<rr|T0s f||iioß6Xiov 6 bk. TTdan? o&tux; iiaXaicbq fjv 
xf|v qpuffiv, TravTiuq bi ävöpumou^ ly \iafeiq. bicvrjvoxev — xa\ 3 Airfu>v 6 TP<*H- 
jiaTiKÖs nvriiiovcuei aöioO 4v Tip 7rep\ \i&yov. Suid. s. v. T\&or\<;. Apostol. XVII 6 
tö TTäairroq fmuwßoXiov). An ein Märchen vom Heckpfennig oder Wunsch- 
beutel ist auch wohl zu denken bei Juv. 6, 363 : ac velut exhausta redivrvus pul- 
lulet arca nutnmus et e pleno tollatur setnper acervo. Vielleicht war auch der 
Koer Kissamis, der reiche Herdenbesitzer, dem ein Aal jährlich das schönste 
Schaf raubte, der dann den Aal tötete, und als derselbe ihm im Traum befahl, . 
ihn zu bestatten, dies unterließ und mit seinem ganzen Geschlechte umkam 
(Zenob. IV 64 Kicf<Xa|ii<; Kwot), ursprünglich eine Märchenfigur; vgl. A. Marx, 
Griechische Märchen von dankbaren Tieren u. Verwandtes S. 126. — H. Lucas, 
Ein Märchen bei Petron (Festschr. f. Hirschfeld S. 257 ff.) findet bei Petron. 80 
eher eine Anspielung auf eine, £chon vor dem Abschluß des hebräischen Ka- 
nons vorhandene (Laistner, Rätsel der Sphinx S. 137) Geschichte vom Urteil 
des Salomo als auf ein Märchen von dankbaren Toten 1 ). — Vielleicht enthalten 
auch manche sprichwörtlich klingende Wendungen bei römischen Dichtern Re- 
miniszenzen an Märchen 9 ). Grimm II 204 vermutet bei Martial. XIII 2, 1 : nasus, 
quantum noluerat ferre rogatus Allans eine Erinnerung an eines der Märchen, 
wo nach dem Genuß eines Krauts oder einer Frucht die Nase zu ungeheurer 
Länge wächst 3 ). Vielleicht kann man bei Plaut. Trinumm. 1023 : quorum eorunt 
surr upmit cur renti cur sori solutn an ein Märchen wie das vom Meisterdieb (Grimm 
192) denken; bei Petron. 45, 9: milvo volanti ungues resecare (dazu Friedlaender, 
Cena Trimalch.* S. 266) an ein Märchen wie das von den drei kunstfertigen 
Brüdern (Grimm 124, vgl. 129), von denen der Barbier einen Hasen im Lauf 
rasiert, der Schmied einem Pferde im Rennen die Hufeisen abreißt und wieder 
anschlägt; bei dem in Pompeji an eine Säule geschriebenen Verse: Moratn si 
quaeris, sparge miliunt et collige (CIL IV 2069; Buecheler, Carm. ep. 37) an die 
unten (S. 113) zu erwähnende, in Märchen so häufig vorkommende Aufgabe, 
Sämereien auseinander- oder zusammenzulesen, was gewöhnlich Tiere ver- 
richten (Plaut. Trin. 410: quam si tu obicias formicis papaverem). Die Redens- 
art tu si aliubi fueris dices kic parcos coctos ambulare y Petron. 45, 4, stammt 

1) Material über Märchen vom dankbaren Toten und seine antiken Vorstofenj: Bolte-Polivka 
III 511. 2) Vgl. auch Otto, Sprichwörter der Römer (1890) S. 402: Märchenhaftes. 

3) Entschieden märchenhaft wirkt es, wenn in dem unten S. 101 berührten Götterschwank 
Phaedrus fab. App. 3 die eine der beiden Frauen, der Mercur einen Wunsch freigestellt hatte, 
wünscht utsequatur stse quidquid Uiigerit\ schwankhaft ist die Erfüllung des Wunsches: emungerc 
igüur se volens prendit manu traxitque ad terratn nasi longiiudintm. Über Erfüllung 
törichter Wünsche Märchenmaterial bei Bolte-Polivka II 212 ff. 



96 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [I. 534] 

wohl aus einem Märchen vom Schlaraffenland; das im Griechischen wie im La- 
teinischen sprichwörtliche Messen des Gelds mit dem Scheffel (Xenoph. Hellen. 
III 2, 27: |i€b{|iv(fj dTro|i€Tpr|cracr0ai t6 irapd toO ircnpbc äptupiov; Horat. Sat. 
I 1, 96: dwes ut metiretur nummos\ Petron. 37, 2: nummos modio metüur, vgl. 
Otto, Sprichwörter S. 225) kam gewiß öfter in Märchen vor (vgl. Grimm 142, 
Simeliberg; R. Köhler in L. Gonzenbachs Sicilianischen Märchen II 251 f.); des- 
gleichen das ebenfalls sprichwörtliche (Otto 76) carbonem pro tkesauro, Phae- 
drus V 6, 6; Zenobius II 1 m. Schneidewins Anm. (Grimm 182, die Geschenke 
des kleinen Volks, wo sich Kohlen in Gold, dann wieder in Kohlen verwandeln; 
Bolte-Polivka 1 104 ff. HI 326. B. Schmidt, Volksleben d. Neugriechen S. 192, 5 : 
Wer seinen Traum von einem Schatz mitteilt, findet statt dessen Kohlen vor; 
Politis, TTapab6(T€i<; I Nr. 405); vielleicht auch die 'goldenen Berge' (Plaut. Aulul. 
701 : pici divitiis qui aureos mantes colunt. Terent Phorm. 68: modo mm montis 
auri pollicens. Apulei. apolog. 2 1 : nee montibus auri satiabitur, vgl. Jahn zu 
Pers. 3, 67), obwohl man hier auch an Persarutn montes (Lucret. II 44 f. Varro 
bei Non. p. 379) denken kann (Reichtum der Perser: Otto 273; goldene Berge: 
Otto 227; anders: montes mariaque pollüeri SaMust Catil. 23,3). Bei der Redens- 
art in rutae folium coicere % Petron. 37, 10, könnte man an ein Märchen vom 
Däumling denken, wie Grimm 37 und 45, wo der an den Kräutern auf- und ab- 
kriechende Däumling mit dem Grase von der Kuh verschluckt wird, besonders 
da auch griechische Däumlingssagen bekannt .sind; Grimm III 71 *). Bei Plau- 
tus Mil. 803 : non potuit reperire 1 si ipsi Soli quaerendas dar es könnte man an 
Märchen denken, in denen die Sonne gebeten wird, den Aufenthalt eines Ver- 
borgenen kund zu tun, und bei Persa 41 : nam tu aquam a putnici nunc postulas 
an die Märchenaufgabe, aus einem Stein Wasser herauszupressen (der Riese 
kann es nicht, sein schlauer Gegner zerdrückt einen Käse, Bolte-Polivka 1 163. 
A. Dirr, Kaukasische Märchen, Jena 1920 S. 6). 

Am einleuchtendsten ist die Beziehung des Sprichworts zum Märchen Petron. 
77, 6: quifuit rana, nunc est rex. »Wer dächte hier nicht an das Märchen von 
dem Froschkönig und dem eisernen Heinrich, das erste kostbarste Stück der 
Grimmschen Sammlung 9 )!« Ob in dem Fragment des Varro, Sat. Menipp. 432 
Buecheler: Chrysosandalos locat sibi amiculam de lacte eteera Tarentina, quam 
apes Milesiae coegerint ex omnibusfloribus libantes, sine osse et nervis, sine pelle \ 
sine pilis puram putam proceram candidam teneramformosam eine Reminiszenz 
an ein Märchen zugrunde liegt, mag dahingestellt bleiben. Die Beflügelung 
durch den Genuß einer Wurzel (Aristoph. Aves 654: San T&P ti jiiCiov. & bia- 
TporfävT* f (TeaGov £irr€pu)|i£vuj) könnte allenfalls aus einem Märchen stammen. 
Ob auch schon im Altertum, wie das Sprichwort 8vot Xüpac vermuten lassen 
könnte, der musizierende Esel im Märchen vorkam, wie in neueren (Bolte-Polivka 
m 166)? Auch KapKivo^ Xorfuuöv atpeT, cancer leporem capit, erinnert an manche 
neueren Märchen (Grimm, Hase und Igel. Bolte-Polivka III 350). Vielleicht ver- 
dient auch die bei Ovid. Metam. IV 49 ff. erwähnte Geschichte hier angeführt 

1) K. Schenkl, Zur Däumlingssage, Germania Vm 384, vergleicht den kleinen Hermes und seine 
Streiche in den Homerischen Hymnen. Vgl. auch Gaston Paris, Le Petit Poncet et la Grande 
Ourse, Paris 1875 p. 21 u. 39 fr. Bolte-Polivka I S. 124 u. 396. 2) Crusius, Verhandlungen dei 

40. Philologenversammlung S. 46. 



PL 535] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 97 

zu werden: Nais an ui cantu nimiumque potentibus her bis verterit in tacitos itcue- 
nilia corpora pisces, danec idem passa est. 

Des oben S. 95 erwähnten Zauberers Pases hatte auch Apio in seinem Buch Ztri>«*- 
Vom Zauberer' gedacht, und Bücher über Zauberei enthielten gewiß öfters 
märchenhafte Traditionen, die ja selbst in naturwissenschaftliche Werke Ein- 
gang fanden, wie namentlich die Mitteilungen des Plinius über so viele Wunder- 
kräfte von Tieren, Pflanzen und Steinen zeigen. Auch die Zauberkräuter (Plin. 
n. h. XXVI 1 8), durch die man Seen und Flüsse trocknen, alles Verschlossene 
öffnen, feindliche Heere in die Flucht schlagen, sich alle Dinge im Überfluß 
sollte verschaffen können, erinnern an die Wundergaben der Märchen. Der 
zweite und vierte Zauber kommt öfters vor, der erste in dem Märchen von den 
sechs Dienern, deren einer das Meer austrinkt, »daß es trocken ward wie eine 
Wiese« (Grimm 134), der dritte Grimm 54 (Ranzen, Hütlein und Hörnlein) und 
dessen Variationen (III 90 ff), wo das Klopfen auf einen Ranzen große Heere 
und Geschütze hervorzaubert, die jeden Widerstand unmöglich machen. Das 
wunderkräftige Kraut Osiritis in Ägypten war nach Apio das homerische Moly : 
wer es ausgrabe, müsse sofort sterben (Lehrs, Qu. ep. S. 26. Plin. n. h. XXX 
18). Nicht bloß diese Eigenschaft der Alraunwurzel, sondern auch die aus dem 
deutschen Volksglauben bekannte Art, sie ohne Gefahr zu gewinnen (Grimm, 
Deutsche Mythol. 4 1005 ff), kannte das Altertum. Nach Joseph. Bell. lud. VII 
180 ff wächst bei Machairus im Osten des Toten Meers an einem Orte Baaras 
eine gleichnamige Wurzel (nach Cedren. Comp. I p. 535 Bekker, wo sie Batta- 
ritis heißt, bei Cäsarea), von welcher abends ein Licht ausstrahlt, das es un- 
möglich macht, sich ihr zu nähern, weil der, welcher ihr nahe kommt, sogleich 
stirbt. Man gräbt also die Erde im Kreise umher auf und bindet einen Hund 
an die Wurzel, der sie herauszieht und dann tot hinfallt. Die Wurzel hängt man 
Besessenen um und heilt sie damit. Später galt ab die Wurzel, die man nur 
durch das Opfer eines Hunds gewinnen konnte, die der Mandragora, welche 
dann auf deutschem Boden mit der Alrune in Verbindung gebracht worden ist; » 
vgl. Grimm a. a. O. Rohde, Griech. Roman 3 S. 247, 1 u. oben 1 194, 9. Ebenso 
kann man sich die Springwurzel nach antikem Volksglauben auf dieselbe Art 
verschaffen wie nach deutschem, indem man nämlich das Nest eines Spechts 
mit einem Keil verschließt; der Specht, der sie zu finden weiß, holt sie dann 
und hält sie vor den Keil, der alsbald herausspringt (Grimm a. a. O. 81 2 f. Keller, 
Tiere d. kl. Altert. S. 285. Neugriechisches über Springwurzeln bei Politis, TTopa- 
b6<Tei{ I Nr. 320. 418). — Nach antikem Glauben muß der die Wahrheit sagen, 
der die Zunge eines Hunds gegessen hat, vgl. Petron. 43, 3: verum dicam qui 
linguam caninam comedi\ im Euripideischen Kyklops 3 14 f. erhält Polyphem 
den Rat, Odysseus' Zunge zu essen, um beredt zu werden, und im Testamentum 
Porcelli (Buecheler, Petron 5 S. 269) vermacht das Schwein causidicis elverbosis 
linguam. Vgl. Dieterich, Mithraslit. 10 1. Weinreich, Heilungswunder 34 A. 2. 
Radermacher, Beitr. z. Volksk. (Sitz.-Ber. Wien 187 III) S. 40. Die Sprache der 
Vögel oder der Tiere überhaupt, die man im deutschen Märchen durch den 
Genuß einer weißen Schlange oder eines Drachen- oder Vogelherzens erlernt 
(Grimm 17, vgl. III 27), hatte Apollonius von Tyana nach Philostr. I 20 von 
den Arabern gelernt, die Araber aber lernen sie (TiTOUfi€VOi tuiv fcpaic6vTU)v oi 

Friedlaender, Dantellungen. Anhang. n 



98 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [I. 536] 

|i£v KOtpbiav qpaaiv, oi bk fjTrap z ). In der prosaischen Edda versteht Sigurd die 
Sprache der Vögel schon nach dem Genuß des von einem gebratenen Drachen- 
herzen abtropfenden Fettes. Nach Porphyr. De abstinentia III 3 p. 190 Nauck 
hörte Apollonius von Tyana eine Schwalbe zur andern sagen, sie möchte sich 
beeilen, vor das Tor zu fliegen; dort sei ein mit Korn beladener Esel gefallen, 
und das Korn liege noch ausgestreut. Die Vögel wissen vergrabene Schätze 
(Aristoph. Aves 601). Sie wissen aber auch die Zukunft und reden davon unter- 
einander (wie z. B. auch im Märchen vom treuen Johannes, Grimm 6). 'Erdipoc 
w bl f\\i6jv d&iTetto Tis, fährt Porphyr fort, oJk^tou euTuxiiffai iraib6s, ö? ttävtci 
üuviei tä cpG^THOTa tuiv dpvtäuuv Ka\ fjv rcdvTa jiavTiKa Kai tou hct 3 ÖXi- 
Tov |i£XXovto<; dTT^XTiKd* d(paipe6f\vai bi if|v (TuvecTiv, Tr\q urp-pös euXaßn- 
Qdar\<; \it\ biöpov auTÖv ßaaiXeT Triiiipeiev, Ka\ Ka6eubovTO<; tq ja Jiia ivoupr]- 
oäor\<z. Daß Verständnis der Tierstimmen und Sehergabe dadurch gewonnen 
wird, daß Schlangen die Ohren auslecken, durch Spucken in den Mund aber 
verloren (wie in den Sagen von Melampus, Glaukos, Kassandra), war gewiß 
ebenfalls griechischer Volksglaube"). 
Volksüber- So stoßen wir denn überall auf Spuren einer durchgehenden Übereinstim- 
liefernngen. mun g zwischen antikem und deutschem Volksglauben: namentlich aber be- 
kundet die Volksmythologie des Altertums, welche unter der relativ jungen, 
uns vorzugsweise durch »Poesie und Kunst überlieferten Mythologie der Ge- 
bildeten noch durchschimmert, die überraschendste Ähnlichkeit mit den Volks- 
überlieferungen der nordeuropäischen Bauern«; wie es die ausgezeichneten, an 
wertvollen Ergebnissen so überaus reichen Forschungen W. Mannhardts (Feld- 
und Waldkulte 1877) dargetan haben. »Diese Ähnlichkeit erstreckt sich auf 
Volkssagen, Märchen und Gebräuche; die einzelnen Überlieferungen behandeln 
dieselben Gegenstände wie die unsrigen und decken sich nach Inhalt und Um- 
fang mit denselben. Da wiederholen sich die Volkssagen vom Tode des Wald- 
geistes (= Tod des großen Pan) 3 ), von der Fesselung der berauschten Wald- 
geister 4 ), von der Selbstbestrafung des Baumschädigers, von den Verwand- 
lungen und dem Verschwinden der Elfen (= Thetissage), von der Wandlung 
der am Wege harrenden Geliebten des Sonnengottes in die Sonnenblume, von 
der Metamorphose der im Wirbelwind fahrenden Frau (Harpyie) in ein Roß 5 ). 
Aber auch unsre Volkssagen von der Verwandlung von Schätzen in Kohlen, 
von dem Lagern des Drachen auf dem Goldhort^, von (den Zwergen oder) 
Kobolden, die sichtbar werden, sobald man ihnen den Hut oder die Mütze ab- 

1) Timoth. Gaz. bei Haupt Opp. HI 288, 23: ort ol 'Ivool £oOfovT€{ t^v tiöv opaKÖvnuv xap- 
Mav r\ tÖ fytap vooOm ri rä aXora Zukx 9GlYT0VTai. Es scheint, daß die Märchen vom Erlernen 
der Tiersprache tatsächlich auf indischen Ursprung zurückgehen, vgl. A. Aarne, Folklore Fellows 
Communications XV (Helsingfors 1914). v. d. Leyen, Das Märchen 9 (1917) S. 116 f. Bolte-Polivka, 
I 131 ff. 2) Vgl. Preller, Griech. Mythol. II 3 472 — 480, besonders 473, I. Plin. n. h. X 137: 

vel qua* Democritus tradit, nominando avis quarum confuso sanguine scrptms gignatur, quem 
quisquis ederit, mtellecturus sit avium coUoquia, 3) Dazu s. jetzt die reichhaltige Materialsamm- 
lung bei G. A. Gerhard, Sitz.Ber. Akad. Heidelberg 1915, 5. Abhdl.; Wiener Stud. XXXVII 1915 
S. 32301 XXXVm 1916 S. 343 ff. G. Kahlo, Die Verse in Sage u. Märchen (Berlin 1919) S. 68 ff. 
Vgl. oben III 124. 4) Rohde, Roman 3 219 A. 3. Bolte-Polivka II 85 A. I. m 106 A. 1. 5) Malten, 
Das Pferd im Totengiauben, Arch. Jahrb. XXIX 19 14 S. 1 79 ff. 199 ff. 6) Paul. p. 67. Artemidor. 
Onirocr. II 13. Phaedr. IV 20, 3. B. Schmidt, Volksl. d. Neugr. I 192, 4. 



[I. 537] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE . 99 

schlägt, müssen bekannt gewesen sein 1 ). »Die Sage vom Teumessischen Fuchs 
war in unverstümmeltem Zustande eine Variante von Grimm KHM. n. 60« 9 ). Da 
finden wir ferner Märchen wie das vom Drachentöter (Peleus) 3 ); endlich die 
übereinstimmenden Gebräuche des Maibaums, des Erntemai, des Ernteeinzugs, 
der Erntemahlzeit, des Erntewettlaufs, der Laubmänner im Frühlingsbrauch 4 ), 
der Sonnenwendfeuer (Palilien, Hirpi Sorani) usw. Auch dieselben mythischen 
Personifikationen, unmittelbare Schöpfungen eines primitiven, religiösen Ge- 
fühls aus dem Material der Naturanschauung, wie in unserm Volksglauben, 
treten uns entgegen. Da begegnen uns in ganz analogen Gestalten der wilde 
Jäger (Zetes, Boreaden), die fahrende Frau (Harpyie), die Moosleute und Holz- 
fräulein (Dryaden), die wilden Männer (Kyklopen, Kentauren, Pane, Satyrn), 
die Wassermuhme (Thetis), der stiergestaltige Flußgeist (Elfstier). S. Mannhardt 
a. a. O. II 349 f. 

Daß diese Übereinstimmung antiker und moderner Volksüberlieferungen sich Aberglaube, 
auf sehr verschiedenartige Gebiete erstreckt, zeigt ferner auch der dem Alter- 
tum und der Neuzeit gemeinsame Glaube an Tarnkappen ("A'ibot kuvt) Preller- 
Robert, GrM. I 4 798 f.), Wünschelruten (Cic. Off. I 158; vgl. Preller-Robert I 4 
412. Grimm, Deutsche Myth. 4 726), Glückshaut (Bolte-Polivka I 288 f.), Ge- 
spenster 5 ) (z. B. Plin. ep. VTI 27. Plutarch. Luculi. 1. Lucian. Philops.) und deren 
Verschwinden beim Hahnenschrei (B. Schmidt, Griech. Märchen 244. Prudent. 
Cathem. 1 37 ff. Lucian. Philops. 1 4) 6 ), Hexen (Grimm a.a. 0. 882 ff.Jund Werwölfe 
(Grimm a. a. O. 915 ff.)- Daß Mäuse, deren Stelle im modernen Volksglauben 
die dem Altertum unbekannten Ratten (vgl. Hehn, Kulturpflanzen und Haus- 
tiere 7 S. 462 f.) eingenommen haben, aus Häusern wandern, deren Einsturz be- 
vorsteht (Cic. ad Att EX 14. Aelian. Hist. an. VI 41); daß man durch das Lesen 
von Grabschriften das Gedächtnis verliert (Cic. de sen. 21. Grimm a. a. O. 463, 
834) 7 ); daß von dem, dessen Ohren klingen, an einem andern Orte gesprochen 
wird (Grimm a. a. O. 935 f. Plin. n. h. XXVÜI 24. Statius Silv. IV 4, 26. Antho- 
log. Lat. 452 R.); daß es wirksam ist, in Gedanken an jemanden, dem man 
wohlwill, den Daumen einzukneifen (Plin. n. h. XXXVm 24 f. Otto, Sprich- 
wörter S. 283 Pollex): alles dieses wurde ebensowohl im Altertume geglaubt, 
wie es vielfach noch heute geglaubt wird. Auch der moderne Glaube an sym- 
pathetische Kuren dürfte mit dem antiken vielfach übereinstimmen 8 ): an die 
Stelle der Gladiatoren, deren Blut nach dem letzteren Epilepsie heilen sollte 
(Plin. n. h. XXVÜI 24), sind im ersteren die Hingerichteten (und Ermordeten) 
getreten (Wuttke, Der deutsche Volksabergl. der Gegenw. 3 S. 136 f.). Nach 

1) Petron. 38, 8. Preller, Rom. Myth. EL 3 105, 1. 2] Mannhardt a. a. O. II 58. 3) Rader- 
macher, Zeitschr. f. Österr. Gymn. 1909 S. 676 A. 3. 4) A. Dieterich, Sommertag, Kl. Schriften 
S. 324 ff. 5) P. Wendland, Antike Geister- und Gespenstergeschichten, in d. Festschr. d. schles. 
Gesellsch. £. Volksk. z. Jahrhundertfeier d. Univ. Breslau 191 1 S. 33 ff. und De fabeUis antiquis 
(Index lect Göttingen 191 1). 6) Nach Lucian. Philops. 15 verscheucht der Klang von Erz oder 
Eben Gespenster. Vielleicht hängt damit der moderne Glaube zusammen, daß sie es nicht ver- 
tragen können, wenn man mit Stahl und Stein Funken schlagt, oder mit Pfannen, Sensen u. dgl. 
Lärm macht (Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart 9 S. 453. Abt, Apol. d. Apu- 
leius S. 8$ f.). 7) Nach Grünwald, Jüdisches Zentralblatt IX 22 sagt dies auch der Talmud. 

8) Ed. Stemplinger, Sympathieglaube und Sympathiekuren in Altertum und Neuzeit, München „ :.„ . 
1919; Zeitschr. f. österr. Gymn. LXIX 1919 S. 1 ff. . . ; ' 

7* 



ioo . X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [L 538] 

W. Kaden, Skizzen und Kulturbilder aus Italien (1882) gilt in Kalabrien einge- 
kerbtes Schilfrohr als Mittel gegen Warzen, wie bei Cato de agric. 160 gespal- 
tenes, und Urin als Mittel gegen entzündete Augen, wie bei Cato 157, 10 gegen 
getrübte. Zu den anerkannten Mitteln gegen das Berufen (vgl. hierüber und 
über den bösen Blick oben I 265. Wuttke S. 153. 155. Seligmann, Der böse 
Blick und Verwandtes, Berlin 1910) gehört auch gegenwärtig wie im Altertum 
das Ausspucken (Wuttke S. 171. Abt, Apol. d. Apuleius S. 186 f. Dölger, Die 
Sonne d. Gerechtigkeit, Münster 19 18 S. 10 ff.). 

Überhaupt wird besonders der Aberglaube der Kinderstuben im Altertum 
und in der Neuzeit vielfach derselbe gewesen sein (Wünsch, Arch. f. ReL-Wiss. 
IX[i9o6] S. 145. R. Samter, Geburt, Hochzeit, Tod, Leipz. 191 1). NachMann- 
hardts sehr wahrscheinlicher Annahme (Wald- u. Feldkulte II 125, 1) steht die 
dea Candelifera (Preller-Jordan II 3 208. Samter a. a. O. S. 67) dem noch heute 
in deutschen Bauernhäusern üblichen Brauch vor, neben der Wiege der Neu- 
geborenen ein Licht brennen zu lassen, damit die Unterirdischen, Zwerge usw. 
es nicht austauschen; in Sicilien sind Mittel gegen die Streghen Lichtanzünden, 
Salz auf der Schwelle, Besen vor der Tür (Trede, Heidentum in der kathol. 
Kirche IV 354). Man kann nicht zweifeln, daß eine große Anzahl von Vor- 
stellungen und Gestalten des Volksglaubens in das antike Märchen ebenso- 
wohl wie in das moderne aufgenommen worden sind. Die Geschichte von den 
beiden Hexen bei Apuleius (Metam. I 13), die dem treulosen Geliebten der 
einen das Herz ausschneiden und statt dessen einen Schwamm hineinstopfen, 
entspricht genau serbischen Hexengeschichten (s. Grimm a. a. O. 901 ff.); die 
Worte der Panthia: heus tu spongia cave in mari nata per fluvium transeas 
klingen so, als wären sie wörtlich aus einem Volksmärchen entlehnt. Übrigens 
ist der Glaube an thessalische Zauberinnen noch heute in Griechenland leben- 
dig: Wachsmuth, Das alte Griechenland im neuen S. 34. Auch bei Aristo- 
phanes und andern attischen Komikern 1 ) finden wir manches über Volksglauben 
und -aberglauben, desgleichen bei Theokrit"), Theophrast und in dem angeblich 
Plutarchischen Traktat irep\ b€i<Jifcai|iovias 3 ). Von den römischen Autoren 4 ) 
sind Petron und Apuleius, zwei Schriftsteller, deren Richtung auch sonst viel- 
fach von der klassischen abweicht, die einzigen, die es nicht verschmäht haben, 
direkte Mitteilungen aus dem Volksglauben zu machen; doch jener nur so viel, 
wie er nötig fand, um den niedrigen Bildungsgrad der von ihm geschilderten 
Kleinbürger zu charakterisieren, Apuleius weit mehr und mit offenbarem Inter- 
esse an den Gegenständen 5 ). 
Fabel. Auch unter die Äsopischen Fabeln haben sich einige Märchen gerettet, wie 

1) Vgl. Crusius in d. Aufsätzen E. Kuhn gewidmet 1916 S. 388 ff. Bolte-Polivka m 388 A. 1; 546. 
2) Wünsch, Die Zauberinen des Theokrit, Hess. Blätter f. Volksk. VHI 1909 S. 1 1 1 8. 3) W. Aber- 
netty, De Plutarchi qui fertur de superstitione libello (Diss. Königsberg 191 1). 4) L. Fahz, De 
poetarum Romanorum doctrina magica (RGW II 3, 1904). 5) VgL A. Abt, Die Apol. d. Apul. 
u. d. antike Zauberei (RGW IV 2, 1908; das dem Griechischen entnommene Hauptthema der 
Metamorphosen des Apuleius, die durch Zauber bewirkte Eselsverwandlung eines Menschen, be- 
rührt sich nicht nur mit vielerlei antiken und altchristlichen Erzählungen (Wendland a. a. O.), 
m . sondern auch mit neueren Märchen, wo sich sogar auch der antike Zug der Entzauberung des 
. * Eselsmenschen durch Genuß von Blumen findet, vgl Weinhold, Sitz.-Ber. Akad. Berlin 1893 S. 475. 
Bolte-Polivka m 6 f. 



• « •* »• 



[I. 539] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 101 

das folgende von E. Rohde (Rhein. Mus. XLHI 1888 S. 303 fr. = KL Sehr. II 
212 ff.) nachgewiesene. »Ein Wiesel (fdkf\) verliebt sich in einen schönen Jüng- 
ling, Aphrodite verwandelt das Tierchen auf seine Bitte in ein Mädchen, welches 
der Jüngling lieb gewinnt und heiratet. Als beide im Brautgemache sind, läuft 
ein Mäuschen daher, das Wiesel in Mädchengestalt springt auf und will die Maus 
fangen, um sie zu fressen — und muß alsbald seine Tiergestalt wieder an- 
nehmen.« Dies Märchen, welches bereits im 574. Jahrhundert allbekannt war, 
wie das darauf anspielende Sprichwort bei dem Komiker Strattis: ou repinex 
fäkfji kpokuit6v (Zenob. II 93 u. a.) zeigt, gibt eine von Rohde auch aus dem 
Mahäbhärata und in einem Indianermärchen nachgewiesenen Typus wieder: 
»Liebe eines in Tiergestalt lebenden dämonischen Wesens, Verwandlung in 
Menschengestalt, um dem Geliebten sich nähern zu können, Rückverwandlung 
in das Tier, sobald ein Zufall oder bösliche Veranstaltung einen Gegenstand 
nahe bringt, der die natürlichen Triebe seiner Tiernatur in Tätigkeit setzt.« 
Zielinski (Das Wiesel als Braut, Rhein. Mus. XLIV 1889 S. 156 f.) vermutet, daß 
in alter Zeit in der Vulgärsprache vu|i<pri zugleich Braut und Wiesel bedeutete. 
Auch folgende von W. Grimm (Kinder- u. Hausmärchen m 347) nachgewiesene 
Fabel (Plutarch. Conviv. VII sap. 14; daraus Fab. Aesop. 396) ist ein Kinder- 
märchen: »Der Mond bat seine Mutter, ihm ein Röcklein zu weben, das ihm 
recht wäre. Die Mutter sagte: wie kann ich's dir recht machen, da du bald Voll- 
mond, dann wieder Halbmond und Neumond bist?« Das Märchen, in welchem 
dem Menschen ein Teil von der Lebenszeit der Tiere geschenkt wird (Grimm 
176), findet sich mit einigen Abweichungen bei Babrius (74; vgl. Grimm III 248. 
W. Grimm, Kleinere Schriften IV 1887 S. 395 — 99. Reinhold Köhler, Zu dem 
Märchen von der Lebenszeit, Kl. Schriften I 1898 S. 42 ff.). Auch das Märchen 
vom Zaunkönig scheint uralt zu sein (Grimm III 246 ; vgl. Knaack, Ein griechisches 
Tiermärchen, Berliner philoL Wochenschr. 1888 S. 507 f. Bolte-Polivka III 
278 fr.). Ebenfalls aus einem alten und allenthalben verbreiteten Märchenmotiv 
stammen die Mäuse, die das Eisen fressen (Herondas III 76. Seneca Apocol. 7, 1. 
Crusius, Unters, zu Herondas 72 f., sowie die zahllosen Parallelen bei Bolte zu 
Val. Schumanns Nachtbüchlein 11, Biblioth. des Literar. Vereins 197 S. 392; 
209 S. 279. Bolte-Polivka II 372 A. 1). Die Fabel Phaedr. App. fab. nov. 3 
ed. L. Mueller ist dem deutschen Märchen vom Armen und Reichen verwandt 
(Grimm 87; vgl. III 151): Mercur wird von zwei Weibern schlecht bewirtet; er 
gestattet jeder einen Wunsch, der erfüllt werden soll. Die eine wünscht ihr Kind 
bald mit einem Bart zu sehen, und der Säugling erhält ihn sofort; die andre, eine 
feile Dirne, wünscht, daß alles, was sie anrührt, ihr folgen müsse, sie schnaubt 
sich und zieht ihre Nase bis zur Erde hinab (vgl. oben S. 95 A. 3). Ȇberhaupt 
gehören die Sagen von der Bewirtung wandernder Götter zu dem ältesten Schatz 
gemeinsamer indogermanischer Mythenbildung.« Rohde, Der griech. Roman 3 
S. 541 Anm. Bolte-Polivka II 2 10 ff. Vgl. überhaupt über Märchenhaftes in den 
Äsopischen Fabeln Crusius, De Babrii aetate, Leipziger Studien II (1879) S. 208 
und Crusius* Einleitung zu Kleukens Buch der Fabeln (Leipz. 19 13). Hausrath 
Neue Jahrb. I 1898, 305. Bolte-Polivka III 339 ff. 346. 

Von der größten Wichtigkeit aber für die Erkenntnis auch des antiken Volks- Märchen und 
märchens ist die Erweiterung der Forschungen über den bereits mehrfach be- My 0108 - 



102 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [I. 540] 

rührten Zusammenhang zwischen Märchen und Götter- und Heldensage. Mär- 
chenhafte Elemente sind im Mythus, mythische im Märchen bereits vielfach 
nachgewiesen 1 ), namentlich von den Brüdern Grimm in den Anmerkungen zu 
ihren Märchen (vgl. z. B. III 15. 26. 7of. 79. 149. 232. 290 u. a. und überhaupt 
III 347. Welcker, Griech. Götterl. I 107; besonders aber Härtung, Religion u. 
Mythologie der Griechen I 144). Ich erinnere an die Übereinstimmung der 
Sisyphussage (Preller, Griech. Myth. II 3 76) mit dem Märchen von Spielhansl 
(Grimm 82; vgl. III 131fr.) in der Überlistung des Tods und der Unterwelts- 
götter (des Teufels) durch beide*). Emmanuel Cosquin hat in seinen vortreff- 
lichen Contes populaires de la Lorraine (compar£s avec les contes des autres 
provinces de France et des pays £trangers et pr£c6d& d'un essai sur l'origine 
et la propagation des contes populaires Europ6ens 1886) II 28 (in den Paral- 
lelen zu 37 Chatte blanche S. 12 ff.) auf die Verwandtschaft des Mythus von 
Jason und Medea [*qui du reste a bien üair (Tun conte populaires) mit einer 
Klasse von Märchen hingewiesen, wo einem Jünglinge von einem bösen Wesen 
scheinbar unlösbare Aufgaben gestellt werden, die er mit Hilfe eines jungen 
Mädchens (gewöhnlich der Tochter des bösen Wesens) löst; dann entfliehen 
beide und entkommen trotz der Verfolgung durch Zauberei. In seiner Heimat 
angelangt, vergißt der Jüngling das Mädchen (wie Theseus Ariadne. auf Naxos), 
doch gelingt es ihr, sich ihm wieder in Erinnerung zu bringen. Da dieser letzte 
Zug in dem Jason-Mythus bis zur Unkenntlichkeit verändert ist, darf man wohl 
auch in der Zerstückelung und dem Wiederaufleben des Aeson eine Verschie- 
bung eines Motivs erkennen, das in einer Reihe der hierher gehörigen Märchen 
wiederkehrt: in diesen ist es nämlich immer das Mädchen, das sich zerstückeln 
läßt, um ihrem Geliebten beistehen zu können (S. 25)*). Mannhardt hat gezeigt, 
daß der Mythus von Peleus und Thetis sich mit einer Elfen- und einer Sieg- 
friedssage deckt, welche letztere mehreren Märchen, namentlich dem 'von den 
beiden Brüdern' zugrunde liegt: »ein unumstößlicher Beweis gegen Benfeys 
Behauptung, daß die Märchenstoffe durchweg buddhistischen Ursprungs und 
in verhältnismäßig später Zeit nach Europa gelangt seien« 4 ), Wald- und Feld- 
kulte II 78 ; vgl. 53 ff. 57. 68 u. 1 5 1 Anm. »Unverkennbar wird durch die Über- 
einstimmung mehrerer in der gleichen Reihenfolge miteinander verbundenen 

1) Prinzipielle Darlegungen: Bethe, Mythus, Sage, Märchen, Lelpz. 1905 (Sond.-Abdr. aus Hess. 
Blätter f. Volksk. IV;. Wundt, Märchen, Sage und Legende als Entwicklungsformen des Mythus, 
Arch. f. Rel.-Wiss. XI (1908) S. 200fr.; Völkerpsychologie 51 V u. VI, Leipz. 1914/15. Wichtig für 
die prinzipielle Problemstellung (Märchen, Mythus, Sage, Kunstdichtung), aber auch für Kenntnis 
vieler Erzählungsmotive sind die Arbeiten von F. Panzer (Hilde Gudrun 1900; Beowulf 19 10; 
Sigfrid 19 12). — Von Einzelheiten sei aus dem zerstreuten Material bei Bolte-Polivka einiges her- 
vorgehoben: Argonauten II 95; Oinomaos und Freierwettkampf III 368; Mestra (Ovid met VIII 
871) II 67; Erschaffung des Menschen (Hygin. fab. 220) III 54 A. 1, vgl. auch v. d. Leyen, Das 
Märchen 9 122 f.; Konon S. 19 Höfer hat seine Parallele im Märchen vom Erdmännchen, II 3 16 f. 
Das überaus häufige Motiv vom Säugen des jungen Gottes oder Helden durch Tiere ist dem Mythos 
und dem Märchen gemeinsam, II 317 f. Ob der antike Totengott, der die Leichen frißt, wirklich 
das Urbild des Märchen-Blaubarts ist? vgl. Kretschmer, Das Märchen vom Blaubart, Mitt d. 
anthropol. Gesellsch. Wien XXXI 1901 S. 62 fr. Bolte-Polivka I 410. Eigenartiges Nachleben des 
Prometheusmythos: Dirr, Kaukasische Märchen S. 236 flf. 2) Bolte-Polivka II 188; zu Sisyphos 

und Danaiden Märchenparallelen ebenda IQ 303. 3) Zum Medea -Jason- Aesonkomplex vgl. 

auch die Nachweise bei Bolte-Polivka II 162. 525. m 198. 4) Vgl. B. Schmidt, Griech. Mär- 

chen S. 15 ff. 



[I. 541] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 103 

Züge (Kampf gegen Ungeheuer auf einem Berge, Erlangung eines siegreichen 
Zauberschwerts im Augenblicke des Kampfs, Ausschneiden der Zungen, Be- 
währung als Sieger durch dieselben, Schlaf auf dem Kampfplatz) die Identität 
der erwähnten Märchen und Sagen mit dem Abenteuer des Peleus dargetan; 
am deutlichsten tritt die Verwandtschaft der Traditionen wohl bei der Tristan- 
sage hervor c (S. 51). Daß die Elfe (Thetis) sich in Tier- und andre Gestalten 
verwandelt, um sich dem um sie werbenden Helden zu entziehen; daß sie sich 
ergebend stumm bei ihm weilt; daß sie auf ein Scheltwort von ihm (oder eine 
andre Veranlassung) plötzlich verschwindet — alle diese Züge der alten Peleis 
finden sich in neugriechischen und nordeuropäischen Traditionen wieder. Andre 
Beiträge zur Erkenntnis der Wechselbeziehungen zwischen Mythus und Mär- 
chen hat Rohde geliefert, Der griech. Roman 3 S. 132, 2: die Geschichte der 
Verwandlung des Glaukos durch ein Zauberkraut, auf dessen Kraft ihn die 
Wiederbelebung darauf gelegter toter Fische aufmerksam gemacht hat (vgl. 
Grimm 16 und III 26. Cosquin II 80, 1. Bolte-Polivka I 126 ff.), das einsame 
Wohnen der Jungfrauen, wie der Hero und Danae, in einem Turm (S. 143, i) x ), 
die Liebe des Vaters zur eigenen Tochter (S. 448, 1) sind ebensowohl beliebte 
Sagen- als Märchenmotive; vgl. auch Rohde, Sardinische Sage von den Neun- 
schläfern, Rhein. Mus. XXXV 1 880, 1 5 7 ff. =K1. Sehr. II 1 9 7 ff.). Rohde hat ferner 
auch auf die Einfügung märchenhafter Züge in den Roman des Achilles Tatius 
hingewiesen, D. griech. Roman 3 S. 515, 1. Zu einem Motiv in Longus' Hirten- 
geschichten (I 29) gibt Bolte-Polivka II 502 f. Märchenparallelen. Vgl. auch An- 
derson, Eine Märchenparallele zu Antonius Diogenes, Philologus LXVI 1907 
S. 606 — 608. Hahn hat in dem angeführten, wichtigen Werke über die griechi- 
schen und albanesischen Märchen den Anfang zu einer umfassenden Zusam- 
menstellung zusammengehöriger Mythen und Märchen gemacht; und ebenso 
ist die Verwandtschaft des hier ausführlich zu behandelnden Märchens von 
Amor und Psyche mit einem Mythus (Zeus und Semele) von Felix Liebrecht 
meines Erachtens überzeugend nachgewiesen worden, worauf ich unten S. 1 30 f. 
zurückkomme. Über das Mastramärchen in der Erysichthonsage Zielinski, Ery- 
sichthon, Philologus N. F. IV (189 1) S. 137 fr. B. Schmidt hat in den 'Griechi- 
schen Märchen, Sagen und Volksliedern' (1877) namentlich cfie häufige Auf- 
nahme von Elementen des antiken Mythus in das moderne Volksmärchen an 
zahlreichen, sehr interessanten Beispielen gezeigt: vgl. besonders S. 224. 226f. 
229. 231. 236 f. 238. 248. Unter den mitgeteilten Märchen, welche meist von der 
Insel Zakynthos stammen, gewährt besonders 23 'die siebenköpfige Schlange 1 
»in seinen Beziehungen zur Theseussage einen sehr belehrenden Einblick in 
die Art, wie in den neugriechischen Märchen verschiedene antike Elemente mit- 
einander verschmolzen werden, und zeigt, wie eigentümlich zuweilen ihre Um- 
modelung und wie bunt ihre Mischung ist« (S. 238). Daß dem Knäuel Ariadnes, 
mittels dessen Theseus den Weg aus dem Labyrinth findet, so manche weg- 
weisende Garnknäuel aus europäischen Märchen entsprechen, hat Radermacher 
gezeigt, Wiener Eranos z. 50. Philol.-Vers. Graz 1909 S. 285 fr. und Sitz.-Ber. 

i) Daß die Verwandtschaft des Perseusmythus mit einer gewissen Klasse von Märehen eine 
durchgehende ist, zeigt Cosquin in den Parallelen zu Les fils du p&cheur II 66 ff. ; vgl. besonders 80. 
E. S. Hartland, The legend of Perseus I— III (1894/96). Bolte-Polivka I 536, 1 und 556. 



104 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 

Akad. Wien 187, 1918 III S. 5 2 f. Als Märchen, die auch bei andern Völkern 
vorkommen, hat R. Köhler, Über die europäischen Volksmärchen (Aufsätze 
über Märchen und Volkslieder, hrsg. v. E. Schmidt und J. Bolte 1894 S. 19 ff.) 
außer dem Psychemärchen folgende aus dem Altertum überlieferte nachge- 
wiesen: das von Polyphem 1 ), von König Midas 8 ), das ägyptische von König 
Rhampsinit (das griechische von Trophonios) 3 ) und ein andres ägyptisches Mär- 
chen (bei Mannhardt, Ztschr. f. deutsche Mythol. und Sittenkunde IV 232 ff. 
A. Wiedemann, Altägyptische Sagen und Märchen, Leipz. 1906). 

Das Märchen Das von Apuleius in seinen Roman aufgenommene Märchen ist nun freilich 
des Apuleius. j^ m j t fremdartigen Bestandteilen versetzt und durch ungehörigen Ausputz 
in der Art entstellt, daß sein wahres Wesen vielfach verkannt worden ist, ob- 
wohl die Brüder Grimm es längst richtig bezeichnet hatten. Hauptsächlich sind 
diese Mißverständnisse eben durch die Namen Amor und Psyche veranlaßt 
worden, welche die meisten Erklärer von Fulgentius Planciades an verleitet 
Allegorische haben, die Allegorie von einem Verhältnis der menschlichen Seele zu dem Pla- 
eu g# tonischen Eros für die eigentliche Basis der Apuleianischen Erzählung zu halten, 
die der Dichter nur willkürlich erweitert und phantastisch ausgeschmückt habe 4 ). 
Die Vorstellung eines Verhältnisses zwischen Eros und Psyche als zwei Lieben- 
den findet sich deutlich ausgesprochen zuerst in den Gedichten des Meleagros 5 ) 
(im letzten Jahrhundert vor Christus), der sie aber schon als bekannt voraus- 
setzt. Sie liegt zahlreichen Kunstwerken zugrunde, die von der jüngeren attischen 
Schule ausgegangen oder angeregt sein mögen, und welche die Trennungen 
und Wiedervereinigungen, die Freuden und Leiden der beiden Liebenden zum 
Gegenstande haben, besonders aber die Qualen, welche sie sich gegenseitig 
bereiten. Es war, wie O. Jahn in seiner damals erschöpfenden Auseinander- 
setzung des Gegenstands (Ber. d. sächs. Gesellsch. d. Wiss. 1851 S. 156 f.) be- 
merkte, nicht etwa ein aus der unbewußt schaffenden, sagenbildenden Kraft des 
Volks hervorgegangener Mythus, sondern eine Allegorie, welche vielmehr einer 
wenn auch poetischen Reflexion ihren Ursprung verdankt und daher niemals 
Eigentum des Volks geworden, niemals über den Kreis der Gebildeten hinaus- 
gedrungen ist 6 ).* Nach Dietze, Phiiol. LK (1900) S. 136fr. ist das seiner Ansicht 
nach von Hause aus in Milet lokalisierte Märchen 7 ) bei der (nicht erst von Apu- 

1) Überaus häufig vorkommend, vgl. O. Hackmann, Polyphems&ge, Helsingfors 1904. Rader- 
macher, Erzähl, d. Odyssee a. a. O. S. 13 fr. Settegast, Das Polyphemmärchen in altfranzös. Ge- 
dichten, Leipz. 1917. Bolte-Polivka HI 375 ff, Dirr, Kaukas. Märchen 248 ff. 2) Bolte-Polivka 
E 213. 3) Der »Meisterdieb« ist über die ganze Erde verbreitet, vgl. die Nachweise bei Bolte- 
Polivka m 379 ff. 395 ff Kretschmer, Neugriech. Märchen zu Nr. 16. Hambruch, Südseemärchen 
(19 16) zu Nr. 66. Meinhof, Afrikan. Märchen (191 7) zu Nr. 66. Dirr a. a. O. 260. 4) Daß dem 
philosophus Flatonicus Apuleius allerlei Piatonreminiszenzen unterlaufen sind, soll und kann nicht 
bestritten werden, vgL auch Reitzenstein, Göttin Psyche, Sitz.-Ber. Akad. Heidelberg 191 7 X 105. 
Aber die Ausdehnung, und das Gewicht, das man ihnen früher gab, und das auch R. Förster, 
Phiiol. LXXV 19 19 S. 134 — 155 ihnen wieder beilegen will, geht zu weit. 5) Nicht schon, wie 
Schott meinte, bei Poseidippos, vgl. Reitzenstein, Das Märchen von Amor und Psyche bei Apuleius 
(Leipz. 19 12) S. 73 f. 6) Vgl. die dagegen gemachten Bemerkungen von Wolters, Archäol. 
Zeitung XLII 1884 S. 4. Über Amor und Psyche in der bildenden Kunst vgl. noch unten S. 115. 
7) Lokalisierung in Milet kann jedoch weder aus der Bezeichnung als Mücsiafabula noch aus der 
Tatsache, daß der Apollo von Milet das Orakel gibt, erschlossen werden. 



P- 54», 543] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 105 

leius vorgenommenen) mit Anlehnung an Motive und Nachbildungen älterer 
und neuerer und zwar hellenistischer Originale durchgeführten Verschmelzung 
mit der Allegorie zu einer im Stil der hellenistischen Erotik gehaltenen Liebes- 
erzählung 1 ) geworden. 

Betrachtet man nun aber das Märchen bei Apuleius unbefangen, so über- 
zeugt man sich bald, daß seine Ähnlichkeit mit der Allegorie eine geringe ist. 
Sie besteht ganz ausschließlich darin, daß auch in dem Märchen zwei Liebende, 
die durch eine lange, von der einen Seite verschuldete Trennung unglücklich 
geworden sind, durch eine beseligende Wiedervereinigung für immer verbunden 
werden: und dies war ohne Zweifel für Apuleius der Grund, dem Helden und 
der Heldin seiner Erzählung die Namen Amor und Psyche zu geben. Aber 
damit hört auch die Ähnlichkeit auf. Wenn Psyche dem Amor Leiden bereitet, 
so tut sie es absichtslos; wenn sie um seinetwillen Qualen erduldet, so geschieht 
es sogar ohne sein Wissen. Versucht man nichtsdestoweniger die ganze Er- 
zählung nach jener angeblich zugrunde liegenden Allegorie zu deuten, so muß 
man zu den gewaltsamsten Erklärungen seine Zuflucht nehmen, und dennoch 
bleibt eine Menge von Personen und Umständen übrig, die allegorisch zu er- 
klären ganz und gar unmöglich ist. Nach Hildebrand (Apulei. I Prol. p. XXXII) 
sollen z. B. die Schwestern der Psyche fleischliche Begierden bedeuten, daher 
sind sie äußerlich schön und anlockend, werden von vielen zur Ehe begehrt 
und endlich glücklich verheiratet, aber mit Männern, die ihrer Schändlichkeit 
würdig sind (?) usw. Nach Creuzer, der dem Fulgentius folgt, sind die drei 
Töchter das Fleisch, der freie Wille und der Geist, nach Carus die Bewußtlosig- 
keit, das Weltbewußtsein und das Selbstbewußtsein! Nach andern werden dar- 
unter sogar die drei Naturreiche verstanden (Stadelmann, Amor und Psyche, 
Jahrb. f. Phil. XC 1864 S. 202). Ebenso muß ich die Auffassung von Krahner 
in der Vorbemerkung zu 'Eros und Psyche' (2. Aufl. 1861) für eine von Grund 
aus irrtümliche halten. Statt einer Wiederherstellung des antiken Mythus, die 
vielleicht nicht mehr mit Sicherheit auszuführen sein werde, ist hier eine Neu- 
gestaltung unternommen, wobei die Absicht war, »gewisse Heilswahrheiten in 
das Gewand der Ahnung zu hüllen«. Der Verf. ist überzeugt, »daß der antike 
Mythus allerdings einen tiefen Ideengehalt zu seiner Grundlage gehabt und 
einstmals in einer viel reineren und folgerichtigeren Gestalt bestanden haben 
muß, daß aber das Zeitalter des Apuleius ihn in dieser edleren Gestalt weder 
zu verstehen noch zu überliefern vermocht hat«. 

In ähnlichen Bahnen bewegt sich auch ein andrer Beitrag zu der bereits 
sehr umfangreichen Literatur, eine Abhandlung von J. A. Härtung, Auslegung 
des Märchens von der Seele und des Märchens von der schönen Lilie, nebst 
einer kurzgefaßten Naturgeschichte des Märchens überhaupt (Programm Erfurt, 
1 866). Härtung stimmt mit mir in der Auffassung der Erzählung als eines Volks- 
märchens überein, betont aber außerdem wohl mit Recht, daß Apuleius damit 
zugleich »eine Verherrlichung des sittenreinigenden Einflusses der Mysterien« 
bezweckt habe. »Die Wanderungen und die gefahrlichen Aufgaben, welche 

I) Das Verhältnis zur hellenistischen Litteratur hat nach Dietze und Schaller, De fabula Apu- 
leiana quae est de Psyche et Cupidine (Diss. Leipz. 1901) S. 45 ff besonders stark Helm betont, 
K. Jahrb. f. d. klass. Altert. XXXIH 1914 S. 170 ff. Gut Reitzenstein, Göttin Psyche S. 103. 105 ff. 



io6 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 

Psyche zu bestehen hat, gleichen den anfänglichen Prüfungen derer, die sich in 
die Mysterien einweihen ließen, und schon der Name Seele oder Psyche be- 
weist, daß ein sittlich -religiöser Sinn zugrunde liegt« (vielmehr von Apuleius 
hineingelegt ist). S. a. a. O. S. 13 f. Freilich geht Härtung in seinem sinnreichen 
Versuch, jedes Moment der Erzählung symbolisch zu deuten und dem voraus- 
gesetzten Zweck anzupassen, zu weit. Namentlich kann man meines Erachtens 
unmöglich in der öfteren Wiederholung der Dreizahl, die ja in den Märchen 
stehend ist 1 ), eine Hinweisung auf die Mysterien finden 9 ). Weit näher ist der 
Wahrheit Friedrich Pressel in den 'Erläuterungen' zu seiner freien Übertragung 
des Märchens gekommen (Psyche.- Ein allegorisches Märchen. Nach dem La- 
teinischen des Apulejus. Ulm 1864), die ich erst durch eine freundliche Mit- 
teilung von Reinhold Köhler kennen gelernt habe. Zwar geht Pressel von 
dem mindestens schiefen Satze aus, »daß dem klassischen Altertum das Mär- 
chen als eigene, kleine Kunstgattung fremd geblieben ist«, und zwar nicht zu- 
fallig. Denn seine Voraussetzung ist »die Scheidung des Natürlichen und Gött- 
lichen im Bewußtsein« und, was die Folge davon ist, das Hinausstreben aus der 
öden, armen Welt in der Einbildungskraft. Die Griechen kannten »eine Poesie 
der Sehnsucht nicht«, die Römer noch weniger. Erst als »das antike Bewußt- 
sein an sich selbst irre« »und der Glaube an eine unsichtbare Welt Bedürfnis 
wurde, brachte das neue Zeitbewußtsein (das seinen Ausdruck im Neuplatonis- 
mus fand) eine neue Gattung von Poesie, freilich nur das künstliche, das alle- 
gorische, nicht das naive Märchen« hervor. Doch dann fahrt Pressel, in Wider- 
spruch mit seiner ganzen, hier kurz wiedergegebenen Deduktion fort: »Oder 
sollte vielleicht die Apulejische Dichtung eine Überarbeitung einer ursprüng- 
lich naiven Dichtung sein? Ich bekenne, daß dies meine Meinung ist, und zwar 
darum, weil ich, wenn man zwischen Erfindung und Ausführung unterscheidet, 
eine zu große Ungleichheit wahrzunehmen glaube. Die Erfindung, scheint mir, 
ist zu gut, als daß der, in dessen Kopfe sie entsprang, in der Ausführung Ge- 
schmacksverirrungen hätte begehen können, wie sie bei Apuleius gelegentlich 
mit unterlaufen.« 
T>P u s des Indem ich nun von der sittlich-religiösen Absicht des Apuleius 3 ), sowie von 
den allegorischen 4 ) und mythologischen 5 ) Bestandteilen seiner Erzählung ganz 
absehe, ziehe ich nur ihren wesentlichen Inhalt in Betracht. Nach diesem ge- 
hört sie in eine große Klasse von Märchen, deren Wesen die Brüder Grimm 
(Über das Wesen der Märchen, Kinder- und Hausmärchen, Berlin 1819, S. XLV 
= Wilhelm Grimm, Kleinere Schriften I S. 351) folgendermaßen bezeichnet 
haben: »In seiner Idee immer dasselbe, wird ein Märchen vier- bis fünfmal 
jedesmal unter andern Verhältnissen und Umständen erzählt, so daß es äußer- 
lich als ein anderes betrachtet werden kann. Die gute und unschuldige, ge- 

l) Viele Beispiele bei K. Spieß, Das deutsche Volksmärchen, Leipz. 191 7 S. 66 ff. A. Lehmann, 
Dreiheit u. dreifache Wiederholung im deutsch. Volksmärchen. Leipziger Dissert 1914. 2) Der 
Gedanke an altgriechische Mysterien ist auch von O. Gruppe wieder aufgenommen worden, Griech. 
Mythol. u. Rel. Gesch. S. 871 ff. 3) Daß eine solche vorliegt, wird man vielleicht doch zugeben 
können, vgl. die vorsichtige Formulierung bei Reitzenstein, Märchen usw. S. 8 f. 4) Über neuere 
allegorische Erklärungen siehe die Liter. -Nachweise bei Lehnert, Bursians Jahresber. 175 S. 43 ff. 
5) Darüber s. unten das Nachwort S. 13 1 f. 



Märchens. 



[I. 544] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 107 

wohnlich die jüngste, Tochter wird von dem Vater in der Not einem Ungeheuer 
zugesagt oder sie gibt sich selbst in seine Gewalt. Geduldig trägt sie ihr Schick- 
sal, manchmal wird sie gestört von menschlichen Schwachheiten und muß diese 
schwer abbüßen, doch endlich empfindet sie Liebe zu ihm, und in dem Augen- 
blick wirft es auch die häßliche Gestalt eines Igels, eines Löwen, eines Froschs 
ab und erscheint in gereinigter, jugendlicher Schönheit Diese Sage, welche 
auch bei den Indiern einheimisch ist und mit der römischen von Amor und 
Psyche, der altfranzösischen von Parthenopex und Meliure sichtbar zusammen- 
hängt, deutet die Bannung in das Irdische und die Erlösung durch 
Liebe an. Stufenweise arbeitet sich das Reine hervor; wird die Entwicklung 
gestört, so stürzt Elend und Schwere der Welt herein, und nur vor der Be- 
rührung der Seelen, vor der Erkenntnis in Liebe fallt das Irdische ab.« Unter 
den von Hahn a. a. O. S. 45 ff. aufgestellten Märchenformeln ist es allerdings 
die 'Frejaformer, zu der dies Märchen von Amor und Psyche seinem wesent- 
lichen Inhalte nach gehört; denn die Grundzüge dieser Formel sind folgende: 
>a) Die Frau oder Braut fehlt und der Mann verläßt sie darum, b) Sie wandert 
umher, um ihn zu suchen, c) Wiederfinden und Versöhnung.« Aber auch ab- 
gesehen davon, daß hier der Schwerpunkt nicht in der Wanderung liegt, sind 
außerdem Züge und Motive aus andern Formeln zahlreich aufgenommen: wie 
ja überhaupt die Märchendichtung die scheinbare Fülle ihrer Schöpfungen einer 
kaleidoskopartigen Vermischung einer nicht großen Anzahl von Grundformen 
verdankt (Benfey, Pancatantra Vorn XXVI. Hahn a. a. O. S. 43). 

In dem 'Verzeichnis der Märchentypen', das Anti Aarne ausgearbeitet hat 
und nach dem jetzt die Märchenformen inventarisiert werden, gehört das Psyche- 
Märchen zu Nr. 425 (F. F. Communications £Q, Helsingfors 191 1 S. 18): »Das 
Ungeheuer (Tier) als Bräutigam (Amor und Psyche) : das Mädchen sucht den 
verschwundenen Bräutigam.« 

Wenn nun der Gang des Märchens bei Apuleius im wesentlichen genau jener 
Charakteristik entspricht, wenn seine Grundzüge in den Märchen der verschie- 
densten Völker wiederkehren: so ist auch klar, daß Apuleius es nicht erfunden 
hat, sondern daß es in seiner Urgestalt zu den zahlreichen (arischen wie nicht- 
arischen) Völkern gemeinsamen Märchen gehört (vgl. Benfey a. a. O. S. XXVI f.). 
Apuleius lernte es als römisches oder vielleicht griechisches 1 ) Volksmärchen 

1) Eine griechische Bearbeitung erwähnt Fulgent. Planciades (mitol. in 6 ed. Helm p. 68, 23) : 
Aristcfontes Athenern in libris qui disarestia nuncupantur, hatte fabulam inormi verborum circuUu 
disceri cupientibus prodidit. Auch M. Zink (Der Mytholog Fulgentius, ein Beitrag z. röm. Lit- 
Gesch. u. z. Grammatik des afrikan. Lateins II [Würzburg 1867] S. 89) halt das Zitat für kein er- 
fundenes (da der Inhalt des Märchens zu einem Buch »Von der Unzufriedenheit« so wohl paßt, 
weshalb auch kein Grund ist, mit Rohde, Roman 3 S. 371, 4 Auaepumicd als Titel zu vermuten), 
meint aber, der Name des Verfassers, den Fulgentius in einem Casus obl. gelesen habe, sei Aristo- 
phon. Doch ist ja Aristophontes der Name einer Person in Plaut. Captivi, Teuffei, Studien 415 f. 
Statt disarestia vermutet Piasberg (bei Helm) Ai6<; dpiorefa als Titel. B. Schmidt, Griech. Mär- 
chen S. 14 Anm., teilt mit, daß ihm auf der Insel Zakynthos von sehr glaubwürdiger Seite ver- 
sichert wurde, es sei hier ein dem Märchen des Apuleius sehr ähnliches im Munde des Volkes. 
Daß Apuleius eine griechische Vorlage hatte, wird man auf Grund mancher formaler Parallelen 
mit griechischer (hellenistischer) Poesie und Prosa annehmen müssen. Wichtig ist z. B. VI 157, 6 
innoxius (vom Adler), weil, wie Helm erkannte, offenbar 6 dex6<; in der Vorlage stand. 



108 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [I. 545] 

kennen und hat es nach seiner Weise zugestutzt und umgestaltet. Durch seine 
Zusätze 1 ), Weglassungen und Veränderungen ist es allerdings entstellt, aber 
doch nicht so, daß es sich nicht schon allein mit Hilfe der deutschen Volks- 
märchen verwandten Inhalts mit großer Wahrscheinlichheit wiederherstellen 
ließe 2 ). 
Ursprünglicher Der Anfang ist nicht nur dem Inhalt, sondern zum Teil selbst dem Ton nach 
Märchens! erhalten. »In einem Lande waren einmal ein König und eine Königin« (vgl. 
Pers. 2, 37, oben S. 92). Diese hatten drei schöne Töchter, aber bei weitem 
die schönste war die jüngste, ihre Schönheit war so groß und herrlich, daß es 
mit Worten gar nicht auszudrücken war 3 ). Aber während die beiden älteren 
mit Königen vermählt werden, muß die jüngste in die Gewalt eines Ungeheuers 
gegeben werden. Das Motiv zu dieser Wendung des Märchens hat, wie ich 
glaube, Bolle (Apuleius als Lektüre für die unterste Stufe eines Gymnasiums 
oder einer Realschule. Progr. Celle 1877 S. 13 f.) ganz richtig angegeben 4 ). 
Ein Königssohn, dessen Mutter (wie die Königin in dem Märchen von Snee- 
wittchen) eifersüchtig auf den Ruhm, die Schönste zu sein, zugleich aber eine 
Zauberin ist, verliebt sich in die jüngste der drei Königstöchter. Seine Mutter, 
die ihre Schönheit durch die der Prinzessin übertroffen sieht, verfolgt dieselbe 
nun mit ihrem Hasse und verzaubert ihren Sohn zur Strafe dafür, daß er sie 
liebt. Nachdem die beiden Liebenden die Namen Amor und Psyche erhalten 
hatten, mußte Venus die Mutter des Königssohns werden. Auch in einer neu- 
griechischen Variante des Märchens von Sneewittchen ist an die Stelle der 
schönen, bösen Königin die Liebesgöttin (die Mutter des Erotas) getreten 3 ). 
B. Schmidt, Griech. Märchen (17: Maroula und die Mutter des Erotas S. 110): 
»Es lebte einmal eine Königstochter, die war unter allen Frauen der Welt weit- 
aus die Schönste. Als das die Mutter des Erotas erfuhr, die nicht dulden mag, 
daß eine andere schöner sei, denn sie selbst, faßte sie den Gedanken, das Mäd- 
chen zu töten« usw. B. Schmidt bemerkt S. 233: »Der Haß der Mutter des 
Erotas gegen das an Schönheit sie übertreffende Mädchen, die Leiden, die sie 

ihm deshalb bereitet, und ihre schließliche Berifhigung erinnern jedenfalls an 

— ^— — — ^-«— — "^— — — — — - ^ ^ — — — — — — ^ ^ ^_ 

1) z. B. die aus römischem Milieu, römischem Recht usw. entnommenen, vgl. F. Norden, Apuleius 
u. d. röm. Privatrecht (Leipz. 1912) S. 190 unter Amor u. Psyche, Überarbeitung u. Romanisierung. 

2) Meinen Herstellungsversuch habe ich zuerst im 'Morgenblatt' 1858 Nr. 37 u. 38 veröffent- 
licht. — Neueste Versuche, eine Urform des Märchens zurückzugewinnen : v. d. Leyen, Das Märchen, 
Leipz. 191 1 S. 98 ff.; dagegen Reitzenstein , Das Märchen usw. S. 84 ff.; Antwort v. d. Leyens: 
Bayr. Hefte f. Volksk. I 1914 S. 60 ff; Replik Reitzensteins : Eros u. Psyche 13; etwas modifizierte 
Darstellung jetzt bei v. d. Leyen, Das Märchen 9 (191 7) S. 107 ff. (vgl. auch S. 32). F. A. Schröeder, 
De Amoris et Psyches fabella Apul., Diss. Amsterdam [9x6, dazu Weinreich, Deutsche Lit-Ztg. 
1919 S. 799 ff. Vgl. auch die Lit. -Nachweise bei Lehnert, Bursians Jahresber. 175 S. 42. 

3) »Eine bildschöne Jungfrau, nein so schön, daß es nicht zu sagen ist« (Grimm 166). »Aber 
am schönsten war doch die jüngste Tochter, sie war ganz über alle Maßen schön« (Ströbe, Nordi- 
sche Volksmärchen II 19 15 S. 174). Doch sind auch formal die Parallelen aus der Literatur (Ro- 
man, Novelle, novellistischem Göttermythos) zu beachten, wie sie Schaller a. a. O. und Helm 
a. a. O. S. 191 ff. verzeichnen. 4) Auch der Versuch, das Märchen in zweckmäßiger Bearbeitung 
als Schullektüre zu benutzen, dürfte Beachtung verdienen; namentlich für Schullektüre geeignet 
ist die Ausgabe von F. Norden (Wien 1903, Text und Kommentar). 5) In einem verwandten 
sicilischen Märchen heißt der Sohn der der Schwiegertochter feindlichen Mutter (hier einer Ogerin) 
lu Re d'Amuri (der Liebeskönig), Cosquin, Contes pop. de la Lorraine II 237. 



[I. 54*] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 109 

das Märchen von Amor und Psyche« : und wir sind, wie ich glaube, nach den 
vorhandenen Analogien zu der Annahme allerdings berechtigt, daß auch Apu- 
leius das Motiv der Eifersucht in dem von ihm benutzten Volksmärchen vor- 
gefunden hat. 

In diesem wird vermutlich der in ein Ungeheuer verwandelte Prinz dem Vater 
der schönen Prinzessin, etwa auf der Jagd, begegnet sein und ihn durch die 
Drohung, ihn zu töten, zu dem Versprechen ihrer Auslieferung bewogen haben. 
Apuleius läßt statt dessen die Eltern durch ein Orakel des Apollo zu diesem 
Entschlüsse bestimmt werden. Doch von da ab, wo die schöne Königstochter 
in Grabesgewändern, unter den Klagen der Ihrigen, in trauervollem Zuge auf 
die Spitze eines jähen Felsens geleitet und dort allein gelassen wird, ist er wieder 
dem Märchen gefolgt. Genau entspricht hier eine Stelle im Märchen 'Die zwei 
Brüder' (Grimm, Kinder- und Hausmärchen 60, Bd. I S. 316): »Der jüngste aber 
kam mit seinen Tieren in eine Stadt, die war ganz mit Flor überzogen. — Und 
— der Jäger — fragte den Wirt, warum die Stadt so mit Trauerflor ausgehängt 
wäre. Sprach der Wirt, weil morgen unseres Königs einzige Tochter sterben 
wird. — Draußen vor der Stadt ist ein hoher Berg, darauf wohnt ein Drache, 
der muß alle Jahre eine reine Jungfrau haben, sonst verwüstet er das ganze 
Land. Nun sind schon alle Jungfrauen hingegeben und ist niemand mehr übrig 
als die Königstochter.« Dem deutschen Märchen entspricht das griechische 
*Die Zwillingsbrüder' (Hahn 22, I 170), wo in einem Lande ein Ungeheuer alle 
Quellen besetzt hält und die Einwohner nur einmal im Jahre daraus schöpfen 
läßt, wenn ihm ein Mädchen gebracht wird; was auch dort die Königstochter 
trifft Auf diese Weise kann nun freilich die Aussetzung der Königstochter in 
dem antiken Märchen nicht motiviert gewesen sein, mit dem das Märchen von 
den zwei Brüdern überhaupt weiter keine Ähnlichkeit hat; und es ist ebenso 
möglich, daß dieses Geleiten der scheinbar zum Opfer Bestimmten auf einen 
Berg in mehreren Märchen vorkam, wie daß Apuleius einzelne Züge aus andern 
Märchen entlehnte. Bei Grimm 88 'Das singende, springende Löweneckerchen' 
(Bd. II S. 6) gerät ein Vater von drei Töchtern in die Gewalt eines Löwen und 
kann sich nur dadurch retten, daß er ihm das erste verspricht, was ihm bei 
seiner Heimkehr begegnen werde: dies ist aber gerade die jüngste Tochter. 
Überhaupt ist dies in den mannigfaltigsten Gestalten bei verschiedenen Völ- 
kern vorkommende Märchen (s. Grimm III S. 152 — 156. Bolte-Polivka II 
229 — 273) dasjenige, welches dem Märchen bei Apuleius am meisten ent- 
spricht, wenigstens nach seinem wesentlichen Inhalt: »Das Herz wird geprüft 
und vor der Erkenntnis in reiner Liebe fällt alles Irdische und Böse niedere 
(S. 155). 

Das Ungeheuer, dem die Jungfrau übergeben wird, war, wie gesagt, auch in 
dem antiken Märchen ein verzauberter Mensch, ein König oder Königssohn. 
Daß er dort in einen Drachen verzaubert war, hatte ich längst vermutet, ehe 
ich die unten folgenden, verwandten Märchen kennen lernte, die diese Ver- 
mutung durchaus bestätigen. Zwar, wenn das Orakel den der Königstochter 
bestimmten Gemahl »ein grausames, schlangenartiges Ungetüm« nennt [saevum 
atque ferum vipereumque tnalum Metam. IV 33), so ist hier vielleicht nur 
eine Reminiszenz an Sapphos Bezeichnung des Eros als einer »bittersüßen un- 



iio X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [L 547] 

bändigen Schlange« zu erkennen, obgleich freilich auch Fulgent. ed. Helm 67, 9 
sagt: iubetur puella — pinnato serpenti sponsa destinati\ Aber auch die 
Schwestern der Psyche geben vor, vernommen zu haben, daß dies seine Ge- 
stalt sei, und daß er nur darum sich ihr niemals zeige. Als gewaltige, vielfach 
gewundene Schlange, mit ungeheurem Rachen, Gift tropfend, beschreiben sie 
ihn und erinnern an das Orakel, das ihr die Vermählung mit einem entsetzlichen 
Ungetüm [trucis bestiae) vorausgesagt. Viele Bauern und Jäger sollen den 
Drachen gesehen haben, wenn er des Abends vom Fräße zurückkehrend auf 
einem nahen Flusse dahinschwamm (Met. V 17, vgl. 20: postquam sulcatos in- 
trahens gressus cubile solitum conscenderit). Nur in der Nacht hörte offenbar 
der Zauber auf, und der Verwandelte erhielt seine eigene Gestalt, die Gestalt 
eines schönen Jünglings, in der er seine Gemahlin besuchte: wie ja in so vielen 
Märchen die Verwandelten in gewissen Stunden, Tagen, Wochen, Monaten in 
ihre wahre Gestalt zurückkehren dürften. Wahrscheinlich hat auch das von 
Apuleius benutzte Märchen den Zug enthalten, daß den Verwandelten in der 
Zeit der Rückkehr in die menschliche Gestalt kein Lichtstrahl berühren durfte, 
weil sonst der Zauber neue Stärke und längere Dauer gewann (Grimm a. a. O. 
S. XXXIII). So ist es in dem bereits verglichenen Märchen (Grimm 88), wo der 
Löwe, dem die jüngste Tochter übergeben werden muß, ein verzauberter 
Königssohn ist: in der Nacht erhält er und alle seine mit ihm verzauberten 
Leute ihre natürliche Gestalt wieder. Wenn ihn aber der Strahl eines brennen- 
den Lichts berührt, wird er in eine Taube verwandelt und muß sieben Jahre 
lang mit den Tauben fliegen; dies geschieht einmal, indem durch eine Türritze 
ein haarbreiter Strahl auf ihn fällt; sogleich ist er verwandelt und fliegt als weiße 
Taube davon. Wenigstens kann man hierbei sich des Amor erinnern, der, von 
Psyches Lampe beleuchtet, aus dem Schlaf erwachend schweigend davonfliegt 
und sie dann von einer hohen Zypresse herab anredet (Met. V 23). So auch 
Grimm Bd. III S. 157: »Unsere Erzählung stimmt auch darin, daß Licht das 
Unglück bringt 3 ) und die alles entfesselnde Nacht den Zauber jedesmal löste 
Auch in dem unten mitzuteilenden griechischen Märchen 'Goldgerte' (Hahn 7) 
ist der Königssohn in eine Taube verwandelt und wird infolge der Entdeckung 
des Geheimnisses durch die Schwestern verwundet. 

Zur Vermählung mit einem solchen Gemahl wird also die Königstochter auf 
der Spitze eines Felsens allein gelassen. Ein sanfter Windhauch trägt die 
Zagende in ein blühendes Tal hinab, wo sie bald neugestärkt einen Hain mit 
einem klaren Quell gewahrt und einen mit aller Märchenpracht geschmückten 
Palast. Auch in der Beschreibung glaubt man noch den Ton des Märchens 
durchklingen zu hören: so glänzen die Wände der Gemächer von Gold, daß es 
auch bei Nacht in ihnen hell bleibt (V 1). Ebenso ist in einem neugriechischen 
Märchen in dem Palast des Drachen, dem die jüngste Königstochter ausgeliefert 
wird, »das Schlafgemach so prächtig, daß es in der Nacht von selber leuchtet« 

1) Doch vgl. Eros als kosmische Gottheit in Drachengestalt: Reitzenstein, Märchen usw. S. 20 
und S. 80 ff.; Göttin Psyche S. 88 f. 91 f. 2) In einem litauischen Märchen bei Leskien-Brug 

mann Nr. 21 zündet das Mädchen in der dritten Nacht Licht an, um zu sehen, wer sie in dem 
verzauberten Schloß besucht. Damit führt sie das Verderben herbei. Auf die Parallele zum Psyche- 
Märchen wies Radermacher hin, Wiener Eranos z. 50. Philol.-Versamml. 1909 S. 290 f. 



[I. 548] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 1 1 1 

(B. Schmidt, Griech. Märchen S. 94). Kein Mensch ist zu sehen, nur die Stim- 
men der unsichtbaren Dienerschaft vernimmt sie, die all ihre Befehle ausführen, 
ihre Wünsche erfüllen. Auch dies findet sich im Märchen öfters (Rohde, Der 
griech. Roman 3 S. 208 Anm.); so in dem Märchen 'Der junge Riese' (Grimm 90, 
Bd. II S. 2 7) : » Als er ein Weilchen da gesessen hatte , tat sich auf einmal die 
Tür auf, und kam eine große Tafel herein, und auf die Tafel stellte sich Wein 
und Braten und viel gutes Essen, alles von selber, denn es war niemand da, 
der's auftrug. Und danach rückten sich die Stühle herbei, aber es kamen keine 
Leute, bis auf einmal sah er Finger, die hantierten mit den Messern und Gabeln 
und legten Speisen auf die Teller, aber sonst konnte er nichts sehen.« Nun 
warnt der unsichtbare Gemahl die Königstochter, ihre beiden Schwestern, die 
sie aufsuchen werden, nicht zu sich zu lassen; da sie diesem Wunsch aber nicht 
zu widerstehen vermag, warnt er sie aufs neue wiederholt und dringend, wenig- 
stens nicht auf ihre Einflüsterungen zu hören und nach seiner Gestalt zu for- 
schen; wenn sie dies tut, muß er sie verlassen, und das Kind, das sie in ihrem 
Schöße trägt, wird sterblich; bezwingt sie dagegen ihre Neugier, so ist es gött- 
licher Natur. Doch die Einflüsterungen der Schwestern und die Neugier ge- 
winnen die Oberhand, sie forscht nach dem Verbotenen, und das Vorherver- 
kündete geschieht. — Sehr gewöhnlich ist es in Märchen die Neugier, die zum 
Übertreten eines Verbots verleitet, worauf dann das bisherige Glück aufhört 
und Unglück hereinbricht; so z. B. das verbotene Öffnen einer verschlossenen 
Tür: (jrimm 3 (Marienkind), 46 (Fitchers Vogel), vgl. Bd. III S. 8 ff. (den Töch- 
tern des Kekrops bringt das Öffnen der Kiste Unheil, in der Erichthonios liegt). 
In einer hannoverschen Variation des oben erwähnten Märchens (Grimm 87) ist 
der Königssohn in einen Raben verwandelt; in der Schlaf kammer der Königs- 
tochter hängt ein Spiegel, darin kann sie alles sehen, was in ihrem heimatlichen 
Schloß geschieht, nur darf sie nicht die Kammerfrau hineinblicken lassen. Die 
Königstochter trägt darum allezeit den Schlüssel bei sich, einmal läßt sie ihn 
stecken, die Kammerfrau geht hinein und schaut in den Spiegel. Der Rabe 
zerreißt sie dafür und sagt zur Königstochter: nun mußt du fort, mußt sieben 
Jahre dienen und für sieben Mägde Arbeit tun (Bd. III S. 154). Mehrfach ver- 
wandt mit dem römischen Märchen ist auch das von Aschenputtel (Grimm 21), 
wo auch die beiden minder schönen, älteren Schwestern gegen die jüngste Bos- 
heit und Hinterlist üben, zuletzt aber auch dafür die Strafe erhalten. In einer 
hessischen Variation dieses Märchens kommt folgendes vor: nachdem Aschen- 
puttel ein Jahr lang vergnügt mit dem König gelebt, verreist er und läßt ihr 
alle Schlüssel zurück, mit dem Befehl, eine gewisse Kammer nicht zu öffnen. 
Ab er aber fort ist, wird sie von der falschen Schwester verleitet, die verbotene 
Kammer aufzuschließen, worin sie einen Blutbrunnen finden. In diesen wird 
sie hernach, ab sie bei der Geburt eines Söhnchens krank liegt, von der bösen 
Schwester geworfen, die sich an ihrer Stelle in das Bett legt; aber die Wachen 
hören das Jammergeschrei, retten die rechte Königin, und die falsche wird be- 
straft (Grimm Bd. III S. 35). — Die mehrmalige Erwähnung des zu erwartenden 
Kinds bei Apuleius und des Einflusses, den die Standhaftigkeit der Mutter auf 
seine Natur haben soll, läßt vermuten, daß in dem antiken Märchen der Zauber 
auch über das Kind Gewalt hatte, wenn die Mutter nicht standhaft blieb, und 



H2 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [I. 549, 550] 

daß es dann in derselben Gestalt zur Welt kommen mußte, in die der Vater 
verwandelt war. Dieser ermahnt seine Gattin, sie möge ihn, sich und ihren 
Kleinen durch treues Beharren vor dem drohenden Unglück bewahren (V 13). 

Die Königstochter, in Verzweiflung über die Folgen ihrer Neugier, sucht im 
Wasser den Tod; vergebens, der Fluß trägt sie wohlbehalten ans Ufer. Nun 
wandert sie unstet umher, den verlorenen Gemahl zu suchen, und kommt in 
das Land, an dessen König eine ihrer Schwestern vermählt ist. Diese läßt sich 
durch die Erzählung täuschen, der Gemahl begehre nun sie statt der Verstoße- 
nen, sie eilt auf den Felsen, von wo sie sonst der Westwind herabtrug, stürzt 
sich aber zu Tode. Ebenso wird die andere Schwester von der jüngsten ge- 
täuscht und für ihre Bosheit und Hinterlist gestraft. 

In dem von Apuleius bearbeiteten Märchen kommt die Reuige, Umherirrende 
nun offenbar an den Ort, wo sie durch harten Dienst, schwere Arbeiten und 
neue Standhaftigkeit ihren Fehltritt büßt und den Geliebten erlöst. In jenem 
hannoverschen Märchen kommt die Königstochter, die durch Unachtsamkeit 
die Trennung von ihrem Gemahl herbeigeführt hat, zu einer bösen Frau, der 
sie sieben Jahre dienen und für sieben Mägde Arbeit tun mußte (Grimm Bd. III 
S. 154). In einigen der unten folgenden Märchen ist dieses feindselige Wesen 
die Mutter des Geliebten. So war es ohne Zweifel auch in dem von Apuleius 
benutzten: bei ihm ist an die Stelle der Zauberin, die ihren Sohn verwandelt 
hat und ihre verhaßte Schwiegertochter auf schwere Proben stellte, welche end- 
lich die Erlösung herbeiführten, Venus getreten. Anstatt daß aber die Königs- 
tochter ihre Schwiegermutter aufsucht, bei der sie den Gemahl am ersten zu 
finden erwarten muß (vgl. Met. VI 5), läßt Apuleius sie von Venus gesucht 
werden, sich vor ihr verbergen und die Entdeckung furchten, endlich aber doch 
sich freiwillig ihr überliefern; alles nur, um Raum für ausschmückende Episoden 
zu gewinnen, wie sie dem Geschmack des Dichters und seiner Zeitgenossen zur 
sagten, denen sie vermutlich als große Verschönerungen der gar zu naiven Er- 
zählung erschienen, während sie dieselbe nach unserem Gefühl verunstalten, 
wie jede Verkünstelung die einfach schöne Natur. Schon bei dem Selbstmord- 
versuch hat Apuleius eine sehr überflüssige Episode von Pan zugesetzt (VI 24); 
nun folgt (V 28 — VI 10), wie Venus die Ehe ihres Sohns erfahrt und ihm hef- 
tige Vorwürfe darüber macht, wie Ceres und Juno sie vergebens zu begütigen 
suchen und wie Psyche die beiden vergebens um Schutz und Aufnahme bittet; 
wie Venus sie überall suchen läßt, worauf Psyche sich selbst ausliefert und den 
Dienerinnen "der Venus, Traurigkeit und Sorge, übergeben wird, die sie foltern 
und geißeln müssen. Dieses ganze mythologische Füllstück ist teils gezierte 
und frostige Allegorie, teils platte Travestie. Venus spricht zu Amor wie eine 
erzürnte Komödienmutter zu einem liederlichen Sohn, Ceres und Juno wie Ge- 
vatterinnen; die Ehe mit Psyche soll ungültig sein, weÜ sie auf einem Land- 
hause ohne Zeugen geschlossen ist; Mercur verspricht als öffentlicher Ausrufer 
der Götter dem Finder der Psyche sieben Küsse von Venus usw. Höchstens an 
einer Stelle wird man allenfalls an die Märchenweise erinnert, wo die herum- 
irrende Königstochter an dem Cerestempel die unordentlich durcheinander- 
geworfenen Garben, Kränze, Sicheln in Ordnung legt (VI 1); wie in den deut- 
schen Märchen die irrenden guten Mädchen und Frauen oft in menschenleeren 



[I, 55*] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 1 13 

Einöden unaufgefordert ihre ordnende und hilfreiche Hand walten lassen und 
sich damit den Dank guter Geister verdienen. 

Aus diesen unerquicklichen Episoden wird man wieder in das Märchen zu- 
rückgeführt, wie aus einem verschnörkelten Garten aus der Zeit des Rokoko 
in die Ursprünglichkeit der Waldnatur. Die Königstochter muß nun, als Buße 
ihres Fehltritts und zugleich zur Erlösung ihres Gemahls, drei schwere Arbeiten 
vollbringen. Zuerst soll sie einen Haufen Gerste, Weizen, Hirse, Mohn, Erbsen, 
Linsen und Bohnen bis zum Abend auseinanderlesen: Ameisen tun es für sie. 
Darauf soll sie von bösen, wilden Schafen mit goldenen Vließen Wolle bringen; 
verzweifelt will sie sich in den Strom stürzen, da flüstert ihr das Schilfrohr zu, 
zu warten, bis die Schafe die Wolle an den Bäumen abstreifen, und diese sam- 
melt sie dann. Endlich soll sie Wasser aus einer Quelle (bei Apuleius der stygi- 
schen) holen, die in einer furchtbaren, unzugänglichen Schlucht fließt und von 
Drachen bewacht wird : ein Adler füllt ihr das Kristallgefäß mit dem verlangten 
Wasser. 

Die erste Arbeit ist genau dieselbe, die in Aschenputtel (Grimm 91) von der 
Stiefmutter der Stieftochter auferlegt wird, welcher dort Tauben zu Hilfe kom- 
men. Ganz ähnlich ist die zweite Arbeit in dem indischen Märchen von der 
Tochter des Holzhauers. Auch in deutschen Märchen kommt ähnliches öfters 
vor. In der Weißen Schlange (Grimm 1 7) müssen* alle Freier der Königstochter 
drei Arbeiten verrichten; können sie es nicht, so müssen sie sterben. Eine da- 
von ist, Hirsekörner aus zehn Säcken, die im Garten ins Gras geschüttet sind, 
von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang zusammenzulesen; auch dort ver- 
richten viele tausend Ameisen die Arbeit Besonders sind diese Arbeiten eben 
den Märchen eigentümlich, die zu der 'BrautwettformeF gehören, wo die Wer- 
ber den Kopf gegen die Braut setzen, deren Erwerbung an die Lösung schwerer 
Arbeiten geknüpft ist (Hahn S. 54, vgl. II S. 323). Auch in dem griechischen 
Märchen 'Der Königssohn und der Bartlose 9 (Hahn 37) lesen Ameisen für den 
Königssohn vier untereinandergemengte Pferdelasten Weizen, Gerste, Spelt 
und Mais in einem halben Tage auseinander. Zu der zweiten Arbeit kenne ich 
keine genau entsprechende Analogie (doch vgl. unten S. 126); auf die dritte 
komme ich noch zurück (S. 114). Die Tiere, die der Königstochter helfen, 
mochte sie, wie dies in so vielen Märchen geschieht (auch in dem indischen), 
durch Barmherzigkeit oder gewährte Hilfe zur Dankbarkeit verpflichtet haben 
(bei Hahn Formel 32 die dankbaren Tiere S. 57). Apuleius kann dies ausge- 
lassen haben; in seine Erzählung paßt es besser, daß die ganze Natur der Er- 
korenen des Liebesgottes sich hilfreich erweist. Vielleicht kam es aber auch in 
dem Märchen nicht vor*); die Tiere können sich auch aus Mitleid der Unglück- 
lichen annehmen, wie die unbelebten Wesen, wie das Schilfrohr und später der 
Turm, von dem sie sich herabstürzen will. Grimm Bd. I a S. XXX: »Der Sonne, 
dem Mond, den Sternen wohnt vor allem eine geistige Natur bei, und wenn sie 
zu den Bedrängten reden, ihnen Geschenke geben, die sie erretten, so erscheinen 

l) Cosquin, der eine Motivierung der Hilfe der Tiere durch Wohltaten von selten Psyches in 
dem ursprünglichen Märchen fiir unentbehrlich hält (Contes pop. d. 1. Lorraine II 230), setzt eine 
buddhistische Fassung desselben voraus (p. 243). Ober Tiere, die Aufgaben lösen helfen, s. Bolte- 
Polivka I 134. 

Friedlaender, Darstellungen. Anhang. g 



H4 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [L 552] 

sie als angebetete, göttliche Wesen [quorutn opibus aperte iuvantur Caes. B. G. 
VI 21), wie sie es in alten Zeiten den Deutschen wirklich waren. Auch die 
Bäume und Quellen, deren Verehrung sich lange forterhielt, sind hier beseelt. 
— Die Quelle, die glänzend über die Steine springt, warnt die Kinder, nicht 
aus ihr zu trinken, weil sie sonst verwandelt würden.« So ruft in dem römi- 
schen Märchen die von Drachen bewachte Quelle der Königstochter zu: Ent- 
weiche! was tust du? hab acht! was willst 1 du? hüte dich! fliehe, sonst mußt du 
sterben! (VI 14, vgl. den warnenden See in dem Märchen von der sieben- 
köpfigen Schlange: B. Schmidt, Griech. Märchen S. 119. Weiteres bei Bolte- 
Polivka I 80 A. 2). 

Auf diese drei Arbeiten folgt nun noch eine vierte. Die Königstochter muß 
in die Unterwelt hinabsteigen und ein wenig Schönheitssalbe von der Toten- 
göttin heraufholen. Möglich, daß dies nur eine Variation der dritten Arbeit war, 
die Apuleius aus einer andern Form des Märchens entlehnte; denn nach der Weise 
der Märchen erwartet man nur drei Arbeiten; möglich auch, daß hier ausnahms- 
weise noch eine vierte, als letzte, schwerste, durch drei Versuchungen noch er- 
schwerte, hinzukam 1 ). Das Wasser der stygischen Quelle, sowie die Schönheits- 
salbe, d. h. also ein Mittel der Verjüngung, erinnern an das in deutschen Märchen 
mehrfach vorkommende Wasser des Lebens (Grimm 88. 9 7, vgl. Bd. I a S. XXXVII. 
Bolte-Polivka I 513 ff. II 400 f. Politis, TTapabötfeic I Nr. 552). Auch Hinabstei- 
gen in die Unterwelt kommt dort vor (Grimm Bd. I fl S. XXXV. XXXVII). Wie 
der Turm, von dem die Königstochter in dem antiken Märchen sich herabstürzen 
will, sie belehrt, auf welche Weise sie das Verlangte erhalten könne, so tut es 
in dem deutschen (Grimm 97) ein Zwerg: »Es (das Wasser des Lebens) quillt aus 
einem Brunnen in dem Hofe eines verwünschten Schlosses, aber du dringst 
nicht hinein, wenn ich dir nicht eine eiserne Rute gebe und zwei Laiberchen 
Brot. Mit der Rute schlag dreimal an das eiserne Tor des Schlosses, so wird 
es aufspringen; inwendig liegen zwei Löwen, die den Rachen aufsperren; wenn 
du aber jedem ein Brot hineinwirfst, so werden sie still, und dann eile dich und 
hol von dem Wasser des Lebens, bevor es zwölf schlägt; sonst schlägt das 
Tor wieder zu und du bist eingesperrt.« Der Prinz befolgt alles dieses, aber da 
er in einem Zimmer ein schönes, frisch gedecktes Bett findet, kann er sich nicht 
enthalten, darauf auszuruhen. »Also legte er sich und schlief ein; als er er- 
wachte, schlug es dreiviertel auf zwölf. Da sprang er ganz erschrocken auf, lief 
zu dem Brunnen und schöpfte daraus mit einem Becher, der daneben stand, 
und eilte, daß er fortkam. Wie er aber zum eisernen Tore hinausging, da 
schlug's zwölf und das Tor schlug so heftig zu, daß es ihm noch ein Stück von 
der Ferse mitnahm. « Ganz ebenso stellen sich in dem antiken Märchen Ge- 
fahren und Versuchungen dem Gelingen des Unternehmens in den Weg, und 

1) Im Altertum, wo das Tp\<; xa\ T€Tpdia<; ebenso typisch ist wie das ter quatcrque, kann eine 
vierfache Arbeit nicht befremden, zumal sie eben als 3 -f- 1 zu bewerten ist. Das häufigere epische 
Erzählungsschema ist ja »Dreizahl mit Achtergewicht« (Olrik, Zeitschr. f. deutsches Altertum 1909 
S. 7), Betonung des letzten Gliedes der Dreierreihe. Hier ist, wie auch sonst zuweilen, das Achter- 
gewicht gleichsam losgelöst, tritt hinter die Dreiergruppe, das Erzählungsschema der »Rundzahl 
mit Überschuß« bewirkend. Bemerkenswert ist, wie ja im Text hervorgehoben, daß dies »Achter- 
gewicht« selbst wieder die Dreigliedrigkeit enthält. 



[I. 553] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 115 

ganz ebenso droht es noch im letzten Augenblick, nachdem das Schwerste voll- 
bracht ist, zu scheitern. Die Königstochter muß auf ihrem Wege zu dem Palaste 
des Totengottes in jeder Hand einen Kuchen aus Mehlbrei und Honigwein 
und im Munde zwei Kupfermünzen tragen. Dreimal wird sie versucht, den 
Kuchen fallen zu lassen; tut sie es, dann muß sie in der Unterwelt bleiben; denn 
sie kann dann den Cerberus nicht beim Hinausgehen, ebenso wie beim Hinein- 
gehen, beschwichtigen. Zuerst begegnet ihr ein lahmer, mit Holz beladener 
Esel, dessen ebenfalls lahmer Treiber sie bittet, die herabgefallenen Holzscheite 
aufzuheben 1 ). Beim Übersetzen über den Totenfluß (wobei ihr Charon die 
Kupfermünzen selbst aus dem Munde nehmen muß) schwimmt ein toter, alter 
Mann dem Kahne nach, der seine verwesten Hände ausstreckt, mit der Bitte, 
ihn in das Fahrzeug zu ziehen. Am andern Ufer sitzen alte Weiber am Web- 
stuhl und bitten sie, mit Hand anzulegen. Sie übersteht alle diese Versuchungen 
glücklich. Von der Totengöttin wird sie aufgefordert, an einem reichen Mahle 
teilzunehmen; sie darf aber nichts annehmen als ein Stück Brot, das sie auf 
der Erde sitzend verzehren muß. Sie empfangt das Verlangte, legt auch den 
Rückweg glücklich zurück, aber auf die Oberwelt gelangt, kann sie sich trotz 
des Verbots nicht enthalten, die Büchse zu öffnen, aus der ein betäubender 
Dampf aufsteigt, der sie in totenähnlichen Schlummer versenkt. Doch ihr Ge- 
liebter — nun durch ihre Treue und Standhaftigkeit erlöst — eilt herbei und 
erweckt sie zum Leben. 

Der Schluß, wo Amor und Psyche im Himmel vermählt werden, ist bei Apu- 
leius (Met. VI 22 — 24) wieder eine niedrig komische Travestie. Psyche gebiert 
eine Tochter, Voluptas. Auch hier zeigt sich deutlich, daß Apuleius in seiner 
Erzählung zwei heterogene Elemente, Allegorie und Märchen, verschmolzen 
hat; denn wo von dem zu erwartenden Kinde die Rede ist, wird es wiederholt 
als Knabe bezeichnet (V 12. 13), doch wohl nach dem Märchen; was Apuleius 
hier offenbar wieder vergessen hatte. 

Wenn es keine antiken Kunstwerke gibt, die auf der Erzählung des Apuleius 
beruhen 9 ), halte ich dies keineswegs für zufallig. Die klassische Kunst ver- 
schmähte ebenso, ihre Gegenstände dem Volksmärchen zu entlehnen, wie die 
klassische Poesie. Allerdings hätte es geschehen können, seit das Märchen durch 
Apuleius in die Literatur eingeführt war (die Zeit des von Fulgentius Planciades 
genannten Aristophontes, oben S. 107 A. 1, ist meines Wissens unbekannt); 

1) Dieser Eseltreiber mag ein Nachhall des mythischen Oknos sein (Boll, Arch. f. Rel.-Wiss. 
XIX 151). 

2) Heydemann, Archäol. Ztg. 1869 S. 22 zu Taf. 16 hält den dort abgebildeten Sarkophag, dessen 
Darstellungen vielleicht auf derselben Quelle beruhen wie die Erzählung des Apuleius, für älter 
als diese. Die dort erwähnten geschnittenen Steine kenne ich nicht. Die Schrift von M. Collignon, 
Essai sur les monuments grecs et romains relatifs au mythe Psycho (Paris 1877), wo nach Cosquin, 
Contes p. d. 1. Lorraine II 224 zwei geschnittene Steine mit Darstellungen vorkommen, die direkt 
der Erzählung des Apuleius entlehnt sein sollen (Psyche mit Hilfe der Ameisen die Körner sichtend 
und von dem Adler das Wasser der Styz erhaltend), war mir unzugänglich. — Neuere Arbeiten Über 
Eros und Psyche in der bildenden Kunst (vgl. auch oben S. 104): Pagenstecher, Sitz.-Ber. Akad. 
Heidelberg 191 1, 9. Abhdl., dazu Reitzenstein, Märchen usw. S. 89; Eros u. Psyche in d. ägypt- 
griech. Kleinkunst, Sitz.-Ber. Akad. Heidelberg 1914, 12. Abhdl.; Göttin Psyche S. 93fr. (hier auch 
über altchristliche Darstellungen). Förster, Philol. LXXV 1919 S. 143 ff. 

8* 



V 



1 16 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [I. 554] 

aber damals war die produktive Kraft der bildenden Kunst schon so gut wie 
erloschen. 
Verwandte Daß der Erzählung des Apuleius ein echtes Volksmärchen zugrunde liegt, 
imdrer w * rc * me * nes Erachtens schon durch die aus den deutschen Märchen beige- 
Völker. brachten Parallelen zur Evidenz bewiesen. Kenner der Märchenliteratur werden 
diesen Beweis ohne Zweifel sehr vervollständigen können 1 ). Von den bei Grimm 
III 155 angeführten verwandten Märchen ist mir das niederländische (Wodana 3] 
unbekannt geblieben; das schwedische (Grimm III 325) ist nur entfernt ver- 
wandt. Auch die sämtlichen übrigen habe ich erst kennen gelernt, nachdem 
ich meinen Herstellungsversuch bereits gemacht hatte. Da sie denselben in 
allem Wesentlichen bestätigen (in der Mehrzahl namentlich auch darin, daß der 
Geliebte oder Gatte der Heldin in eine Schlange verwandelt ist), gebe ich ihren 
Inhalt so weit an, wie nötig ist, um die durchgehende Übereinstimmung im 
Ganzen neben den mannigfachsten Abweichungen im Einzelnen zu zeigen, 
welche letzteren besonders durch jene der Märchendichtung eigentümliche Ver- 
mischung und Zusammenwürfelung von Zügen und Motiven aus verschiedenen 
Märchen entstanden sind. 

Von den neapolitanischen Märchen im Pentamerone des Basile sind mehrere 
verwandt. In 15 ('Die Schlange') wirbt eine Schlange um die Tochter eines 
Königs, und er muß sie ihr geben, da die Schlange drei für unmöglich ge- 
haltene Arbeiten vollbringt, deren Vollendung er zur Bedingung des Jaworts 
gemacht hat. Als das Paar im Brautgemach beisammen ist, sieht der König 
duiph das Schlüsselloch, daß die Schlange sich in einen schönen Jüngling ver- 
wandelt; er dringt ein und verbrennt die am Boden liegende Schlangenhaut. 
Aber der Jüngling verwandelt sich in eine Taube (s. oben S. 1 10), die beim 
Entfliehen durch das Fenster sich den Kopf zerstößt. Die Königstochter irrt 
nun umher, um ihren Gatten zu suchen. Von einem Fuchs erfahrt sie, was die 
Vögel sich im Walde erzählen: ihr Prinz sei von einer Hexe auf sieben Jahre 
in eine Schlange verwandelt worden, dieser Zeitraum sei seinem Ende nahe 
gewesen, als durch die Verbrennung der Schlangenbaut die neue Verwandlung 
herbeigeführt worden sei ; bei seiner Flucht in Gestalt einer Taube habe er sich 
dermaßen verletzt, daß er dem Tode nahe sei. Er kann nur geheilt werden, 
wenn man seine Wunden mit dem Blute der Vögel, die dies erzählt haben, und 
dem des Fuchses bestreicht. Das erste verschafft der Königstochter der Fuchs, 
das zweite erhält sie, indem sie diesen überlistet und tötet. Sie begibt sich 
dann zu ihrem todkranken Gemahl, den sie heilt, worauf sie aufs neue glücklich 
mit ihm vereint wird. — In dem 'Hängeschloß' (19) wird die jüngste von drei 
Töchtern einer armen Mutter die Gemahlin eines verwünschten Prinzen; die 
neidischen Schwestern bereden sie, seinem Befehl zuwiderzuhandeln, worauf er 
sie verstößt. Sie irrt umher, bis sie einen Knaben zur Welt bringt, durch dessen 
Geburt die Erlösung herbeigeführt wird. — In der 'goldenen Wurzel' (44) gerät 
Parmetella, die jüngste von drei Töchtern eines armen Gärtners, in einen unter- 
irdischen Wunderpalast, wo sich ein Mohr mit ihr vermählt, der aber nachts 
seine wahre Gestalt, die eines schönen Jünglings, annimmt. Als Parmetella ihn 

1) Vgl. unten S. 122 ff. die Beiträge von A. und £. Kuhn sowie S. 128 f. 



[I. 555] x - DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 1 1 7 

— — 

in dieser Gestalt belauscht, verstößt er sie und sagt ihr, daß seine Verwün- 
schung durch ihre Neugier um sieben Jahre verlängert sei. Parmetella erhält 
von einer Fee die nötigen Ratschläge und Schutzmittel für ihre nun anzutretende 
Wanderschaft. Nachdem diese sieben Jahre gedauert hat und ihre Eisenschuhe 
zerrissen sind, gelangt sie zu einem Hause, worin eine menschenfressende Hexe 
mit sieben spinnenden Töchtern wohnt, die Mutter und die Schwestern ihres 
Gemahls. Der Rat der Fee bewahrt sie vor dem Schicksal, gefressen zu wer- 
den, welches ihr aber immer von neuem droht, wenn sie nicht imstande ist, die 
ihr auferlegten drei schweren Arbeiten zu verrichten. Dies vermag sie jedoch 
durch den Beistand ihres nun zum Mitleid erweichten Gemahls. Das Auslesen 
durcheinandergemengter Hülsenfrüchte verrichten auf seinen Befehl Ameisen, 
das Füllen von zwölf Bettüberzügen mit Federn Vögel. Zuletzt schickt die 
Hexe Parmetella zu ihrer Schwester mit dem Auftrage, von dieser Instrumente 
zur Hochzeitsfeier ihres Sohns zu holen, in der Tat aber, damit sie dort ge- 
schlachtet werden soll. Ihr Gemahl gibt ihr ein Brötchen, ein Bund Heu und 
einen Stein; mit dem ersten beschwichtigt sie einen Hund, der sie fressen, mit 
dem zweiten ein Pferd, das sie treten will, mit dem Stein bringt sie eine Tür 
zum Stehen, die immer auf- und zuschlägt. Sie entgeht glücklich allen Gefahren 
und erhält die Instrumente, kann sich jedoch auf dem Rückwege nicht ent- 
halten, das Behältnis, in dem sie sich befinden, zu öffnen, worauf sie alle in die 
Luft fliegen. Doch wird sie endlich wieder mit ihrem Gemahl vereint, der sie 
mit seinen sieben Schwestern versöhnt; die alten Hexen und die zur Braut be- 
stimmte Tochter der zweiten kommen um. 

Unter den Märchen der Gräfin d'Aulnoy ist Le Serpentin vert ein ursprüng- 
lich verwandtes, in das dann aber noch Züge des Apuleius aufgenommen sind 
(Cabinet des f£es III 174 — 227). Von zwei königlichen Zwillingstöchtern wird 
die eine durch Verwünschung einer bösen Fee abschreckend häßlich. Sie zieht 
sich in die Einsamkeit zurück und vermählt sich nach verschiedenen, im Ge- 
schmack der Verfasserin aufs breiteste ausgeführten Zwischenereignissen mit 
einem unsichtbaren Könige, wobei sie die Bedingung eingeht, ihn nicht sehen 
zu wollen, bis die Zeit seiner Buße um sei; zur Warnung muß sie die Geschichte 
der Psyche lesen 1 ). Doch ihre Mutter und Schwester, die sie zu sich kommen 
läßt, bewegen sie, ihren Schwur zu brechen und ihren Gemahl nachts zu be- 
lauschen. Sie erkennt in ihm einen grünen Drachen, der ihr schon früher Ent- 
setzen eingeflößt hat, und der nun sogleich verschwindet. Sie gerät darauf in 
die Gewalt der bösen Fee, die sie verwünscht hat; diese läßt sie enge Eisen- 
schuhe anziehen und legt ihr drei schwere Arbeiten auf. Sie muß eine Spindel 
voll Spinnweben abspinnen, aus dem Gespinst Fischernetze flechten, endlich 
mit einem Mühlstein um den Hals einen Berg ersteigen, einen Korb voll Vier- 
klee füllen und in einem tiefen Tal aus einer von Riesen bewachten Quelle 
einen Krug mit Wunderwasser füllen. Sie vollbringt alles mit Hilfe einer 
gütigen Fee, und das Wasser gibt ihr ihre Schönheit zurück. Nachdem sie 

1) In diesem »Kunstmärchen« zeigt sich ja deutlich der Einfluß der Apuleianischen Erzählung, 
die als exemplum benutzt wird. Ob und wie weit in wirklichen Volksmärchen der neueren Zeit 
indirekt die antike Fabel nachwirkt, wäre im einzelnen noch zu untersuchen. Über das Nachleben 
der Amor-Psychegeschichte vgl. die Literatur bei Lehnert, Bursians Jahresber. 175 S. 68ff. 



1 18 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [I. 556] 

zuletzt noch in die Unterwelt hinabgestiegen ist, um von Proserpina Lebens* 
wasser zu holen, wird sie mit ihrem Gemahl erlöst. — In dem von Grimm 
(III 304) verglichenen Märchen Le mouton (Cab. d. f. HI 431) gerät ein König, 
der drei Töchter hat, über die jüngste so in Zorn, daß er sie töten lassen wilL 
Sie wird gerettet und lebt mit einem Prinzen zusammen, der in einen Hammel 
verwandelt ist. Den Schluß hat die Erzählerin nach eigener Erfindung hinzu- 
gefügt. Die Prinzessin vergißt ihren Hammel bei einem Besuche im Hause 
ihres Vaters, worüber er vor Schmerz stirbt Gracieuse et Percinet (II p. 5) ge- 
hört nur insofern hierher, als die Heldin drei schwere Arbeiten für eine Stief- 
mutter vollbringen muß. In L'oiseau bleu (II p. 67) wird der in einen blauen 
Vogel verwandelte Königssohn ohne Schuld seiner Geliebten durch die Ver- 
anstaltung der feindseligen Wesen mit Messern verwundet und hält die Geliebte 
für mitschuldig. Diese gelangt nach einer schwierigen und gefahrvollen Wan- 
derung zu ihm und wird endlich mit ihm vermählt, nachdem sie durch Wunder- 
gaben von seiner Braut die Erlaubnis erkauft hat, sich ihm nähern zu dürfen. 

In dem magyarischen Märchen »Der Schlangenprinz« (Gaal S. 364) ist dem 
in einer Schlangenhaut zur Welt gekommenen Prinzen geweissagt worden, daß 
er diese in seiner Brautnacht zum ersten Male und dann jede Nacht werde ab- 
legen können; an jedem Morgen jedoch muß er sie wieder anziehen. Seine 
Gemahlin verbrennt sie, während er schläft, worauf er die Verwünschung aus- 
spricht, daß nicht eher ihre Schuhe von ihren Füßen fallen und sie nicht eher 
das Kind, das sie in ihrem Schöße trägt, zur Welt bringen solle, als bis er sich 
mit ihr versöhnt habe. Er verläßt sie darauf und gelangt nach langer Wande- 
rung auf eine Insel, vermählt sich mit der dort herrschenden Königin, lebt aber 
nicht glücklich mit ihr. Unterdessen wandert seine erste Gemahlin in der Welt 
umher, um ihn zu suchen; sie gelangt erst zum Monde, der nichts von ihm 
weiß, dann zur Sonne, endlich zum Winde, der sie zu ihm bringt'. Sie bewegt 
die Königin durch Goldgeschenke, die sie von Mond, Sonne und Wind er- 
halten hat, ihr nachts zweimal Zutritt zum Könige zu gestatten, aber vergebens, 
da dieser immer durch einen Schlaftrank betäubt wird. Endlich vertauscht ein 
treuer Diener den Schlaftrank mit einem andern Trank, und der König ver- 
söhnt sich mit seiner Gemahlin, die nun einen schönen Knaben gebiert, der im 
Alter von sechs Jahren zur Welt kommt. 

Auch unter den griechischen und albanesischen Märchen, die ja in so über- 
raschender Weise mit den deutschen übereinstimmen, fehlt es nicht an ver- 
wandten. In 'Goldgerte' (Hahn 7, aus Epirus) hat ein nach Indien handelnder 
Kaufmann drei Töchter, die jüngste bittet ihn, ihr von dort eine goldene Gerte 
mitzubringen. Goldgerte ist aber der Name eines indischen Prinzen, der ihm 
für die jüngste einen Brief, einen Ring und ein Becken mitgibt. Wenn sie das 
Becken mit Wasser füllt, den Ring hineinwirft und dreimal ruft: »komm, komm, 
mein goldenes Gertchen«, kommt er als Taube geflogen, badet sich in dem 
Wasser und verwandelt sich in einen Mann. Die Schwestern belauschen die 
Verwandlung und beneiden die jüngste ; die älteste ruft die Taube auch, hat 
aber nicht gesehen, daß in dem Becken ein Messer lag, an dem sich die Taube 
verwundet und dann davonfliegt. Die jüngste reist nun nach Indien, um ihren 
Geliebten wiederzufinden; unterwegs hört sie von einem Stoßvogel und einer 



P- 557] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 1 19 

Taube, daß er nur mit einer Salbe zu heilen ist, die aus dem Fleische beider 
Vögel bereitet werden muß. Sie schießt diese, bereitet die Salbe und stellt 
den Königssohn her. In Filek Zelebi (Hahn 73, aus Kreta) heiratet die jüngste 
von drei armen Schwestern einen Mohren, der sich nachts in einen schönen 
Jüngling verwandelt. Als sie ihn auf den Rat ihrer Schwestern in dieser Gestalt 
belauscht, erklärt er ihr, daß ihre Neugier seine nahe bevorstehende -Erlösung 
vereitelt habe. Sie muß sich jetzt drei Paar Eisenschuhe und drei goldene 
Äpfel machen lassen, um drei Berge zu ersteigen und, indem sie die Äpfel vor 
sich herrollt, zu den darauf wohnenden drei Schwestern des Filek Zelebi zu 
gelangen; nachdem sie diese Wanderung vollbracht hat, bringt sie ihr Kind 
zur Welt und wird mit ihrem nun erlösten Gemahl vereint Sehr ähnlich ist 
71 Zi, Ba, Achmet Zelebi. 'Der Schlangenprinz' (albanesisch, von der Insel 
Porös, Hahn 100) stimmt so genau mit dem magyarischen (wie auch mit einem 
serbischen und einem walachischen Märchen, Hahn II 3 1 1 ff.) überein, daß die 
Angabe des Inhalts überflüssig ist 1 ). 

Das folgende indische Märchen hat ein Engländer aus dem Munde einer Das indische 
Wäscherin in Benares niedergeschrieben und im Asiatic Journal mitgeteilt; M**?hexkY<m 
eine deutsche Übersetzung gab das 'Ausland' (Februar 1843), abgedruckt bei BasnakDao. * 
H. Brockhaus, Die Märchensammlung des Somadeva Bhatta aus Kaschmir II 
191 — 211. Obwohl es also noch im Munde des Volks lebt, hält es Benfey für 
sehr alt: Paficatantra II 255. 

In einem Königreiche des Ostens lebte ein armer Mann, namens Nur-Singh, 
der sich mit seiner Frau und Tochter, Tulisa, durch Holzhauen ernährte. Tulisa, 
die schon heiratsfähig und schön war, kam einst, als sie um Holz zu lesen in 
den Wald gegangen war, an einen verfallenen Brunnen; aus diesem ertönte 
eine Stimme, die sie bei Namen rief und fragte: »Willst du mein Weib sein?« 
Als sie nach dreimaliger Wiederholung dieser Frage endlich zitternd antwortete, 
daß darüber nur ihr Vater entscheiden könne, befahl ihr die Stimme, diesen 
zu rufen. Nur-Singh stellte sich ein und erhielt von der Stimme das Ver- 
sprechen großen Reichtums, worauf er seine Tochter zusagte. Als der verab- 
redete Hochzeitstag nahte, wurden prachtvolle Hochzeitsgeschenke in die Hütte 
der Braut getragen, ohne daß man die Träger sah. Die Braut schmückte sich 
und fand sich mit ihren Eltern bei dem verfallenen Brunnen ein ; darauf forderte 
die Stimme den Vater auf, einen in der Luft schwebenden Ring an den Finger 
Tulisas zu stecken. Nachdem alle drei in einem prächtigen Zelt ein reichliches 
Mahl eingenommen, erschien eine Sänfte, welche die Braut furchtsam und 
zögernd bestieg, unsichtbare Träger trugen sie von dannen; die Eltern folgten 
und kamen in ein Tal, wo ein großer Palast stand, durch dessen Tor die Sänfte 
verschwand, worauf sie beruhigt nach Hause zurückkehrten. 

Der Holzhauer wurde bald nach der Hochzeit seiner Tochter reich und er- 
regte den Neid seiner Nachbarn; diese verleumdeten ihn beim Könige, er \ 
wurde ins Gefängnis geworfen und zum Tode verurteilt. Aber an dem Morgen, 
an dem er sterben sollte, waren er und der König die einzig Lebenden in der 

1) Andre neugriechische Märchen des Amor-Psyche-Typus nennt Kretschmer, Neugr. Märch. 
191 7 zu Nr. 5 (Der Krebs) S. 325. 



1 



120 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [L 558] 

Stadt, alle Einwohner von Schlangen getötet. Der König beschwor den Holz- 
hauer, seine Untertanen ins Leben zurückzurufen; dieser rief seinen Schwieger- 
sohn an, worauf die Stimme den Schlangen befahl, die Getöteten durch Heil- 
mittel gegen ihr Gift, die ihnen allein bekannt seien, wieder zu beleben. Dies 
geschah, und der Holzhauer wurde reich beschenkt entlassen. 

Inzwischen lebte Tulisa sehr glücklich mit ihrem Gatten, den sie aber nur 
des Nachts sah. Den Palast durfte sie nicht verlassen, aber er war königlich 
eingerichtet und bot ihr alle Vergnügungen; auch hatte sie Dienerinnen, die sie 
mit Lautenspiel und Geschichtenerzählen zu unterhalten wußten 1 ). Einst sah 
sie ein Eichhörnchen von einem größeren Tier verfolgt, sie nahm das erstere in 
Schutz und verjagte das letztere. — Doch empfand sie nach einiger Zeit große 
Sehnsucht nach menschlichem Umgang. Eines Tags sah sie aus dem Fenster 
eine alte Frau, die sie mit vielen Schmeicheleien bat, sie einzulassen; und Tulisa 
ließ sich verführen, ein Bettuch aus dem Fenster hinabzulassen, an dem die 
Alte mit wunderbarer Behendigkeit heraufstieg. Im Laufe des Gesprächs fragte 
die Alte Tulisa: ob ihr Gemahl wohl schon jemals mit ihr aus derselben Schüssel 
gegessen, und als diese es verneinte, stellte ihr die Alte vor, sie müsse das als 
einen Beweis der ihr schuldigen Achtung von ihrem Manne fordern. Tulisa tat 
es auch, als ihr Mann am Abend erschien; er erfüllte scheinbar ihre Bitte, 
genoß aber in der Tat nichts. Nach einiger Zeit sah Tulisa wieder eine alte 
Frau vor dem Palast und ließ sie wie die vorige zu sich heraufkommen. Diese 
fragte, ob ihr Gatte schon jemals ein Betelblatt gekaut und ihr dasselbe zum 
Essen gereicht habe (eine zarte Aufmerksamkeit unter Liebenden). Tulisa 
mußte auch dies verneinen und ließ sich überreden, ihn nach dem Grunde zu 
fragen, worauf er ausweichend antwortete. Endlich erschien eine dritte Alte, 
die sie fragte: ob ihr Mann ihr jemals seinen Namen genannt habe. Tulisa ließ 
sich verleiten, dies ebenfalls als Beweis seiner Liebe von ihm zu verlangen. Er 
beschwor sie, davon abzustehen, da es ihr Verderben bringen werde. Ver- 
gebens, sie beharrte auf ihrem Begehren. Endlich führte er sie an das Ufer 
eines Flusses, und nachdem er sie nochmals gefragt, ob sie nicht ablassen 
wolle, ging er langsam ins Wasser, seine Bitten wiederholend, bis nur noch 
Kopf und Schulter sichtbar waren. Als sie dennoch ihr Verlangen nicht auf- 
gab, rief er: »Mein Name ist Basnak Dau!« Im Augenblick erschien ein 
Schlangenkopf auf der Oberfläche des Wassers und versank dann in den 
Strom. 

Tulisa stand wieder in ihren alten, zerlumpten Kleidern, der Palast war ver- 
schwunden, ihre Eltern fand sie in der alten Armut in ihrer vorigen Hütte, und 
zu dem nun ungewohnten Elend quälten sie deren Klagen und Vorwürfe, aber 
weit mehr ihre eigene Reue und Sehnsucht nach dem verlorenen Glück. Einst 
schlief sie beim Holzsammeln ein, und als sie erwachte, hörte sie zwei Eich- 
hörnchen sich unterreden. Aus ihrem Gespräch erfuhr sie, daß die Mutter 
ihres Gemahls all ihre Macht verloren habe, da derselbe König der Schlangen 
geworden; diese habe sie wiedererlangen können, wenn die ihm vermählte 
Sterbliche bewogen wurde, ihn nach seinem Namen zu fragen; dies habe ihr 

1) Apul. Met. V 15 : iubet citkaram loqui: psallitur; Hbias agere: sonatur; choros canere: cantatur. 



[I. 559] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 121 

Verbündeter, Sarkasukis, in Gestalt eines alten Weibs vollbracht. Das von 
Tulisa gerettete Eichhörnchen fragte nun, ob es kein Mittel gebe, Basnak Dau 
seine Macht zurückzugeben. Darauf antwortete das erste: Tulisa muß ostwärts 
wandern, bis sie an einen breiten Strom kommt, der voll von Schlangen ist; 
den muß sie durchschwimmen, dann am andern Ufer das Nest des Vogels Huma 
suchen und dessen Ei an ihre Brust legen, bis es ausgebrütet ist. Dann muß 
sie im Palaste der Königin, ihrer Schwiegermutter, ihre Dienste anbieten; dort 
werden ihr schwere Arbeiten aufgetragen, kann sie diese nicht vollbringen, so 
würd sie von Schlangen verzehrt. Ist aber das Ei des Huma ausgebrütet, so 
wird der Vogel, der allen, die ihn besitzen, königliche Macht bringt, der grünen 
Schlange, die immer den Hals der Königin umkreist, die Augen aushacken. 
Dann erhält Basnak Dau sein Königreich wieder und versöhnt sich mit seiner 
Braut. 

Tulisa, von so großen Gefahren nicht abgeschreckt, trat mutig ihre Wande- 
rang an. Als sie an den von Schlangen wimmelnden Fluß kam, befestigte sie 
Rohrstöcke an Krügen, durchflocht sie mit Gras und Zweigen, und auf diesem 
Flosse kam sie unbeschädigt hinüber; einige Eichhörnchen sprangen ihr voran, 
um sie. zu ermutigen. Von Eichhörnchen und Bienen ward sie dann zu dem 
Nest des Huma geführt und nahm daraus ein Ei, das sie an ihre Brust legte. 
Endlich kam sie an den Palast der Königin. Sie ließ sich zu ihr führen und 
fand sie auf weichen Kissen liegend, mit der grünen Schlange um den Nacken. 
Die Königin erklärte sich bereit, sie in Dienst zu nehmen; könne sie aber die 
Befehle ihrer Gebieterin nicht vollführen, so müsse sie sterben. Zuerst erhielt 
Tulisa eine Kristallvase, in welche sie in einem von hohen Mauern umgebenen, 
gepflasterten Hofe den Duft von tausend Blumen sammeln sollte. Ein un- 
zahliger Schwärm von Bienen kam geflogen, und jede brachte ein Säckchen 
mit Duft, das sie in die Vase fallen ließ. Am folgenden Tage brachte man ihr 
einen großen Krug voll Samen mit dem Geheiß, daraus einen prachtvollen 
Schmuck zu verfertigen. Eichhörnchen kamen in großer Zahl, jedes legte 
einige Edelsteine in den Krug und nahm ebensoviel Körnchen heraus, so daß 
Tulisa auch diese Aufgabe lösen konnte. Von den Eichhörnchen erfuhr sie 
denn auch, daß ihr gemeinschaftlicher Feind, Sarkasukis, in der Nähe sei und 
sein Eindringen in das Schloß nur durch das Verbrennen gewisser Kräuter 
verhindert werden könne, wodurch aber freilich auch die Eichhörnchen fern- 
gehalten und sie auf ihre eigene Wachsamkeit angewiesen sein würde. Tulisa 
räucherte nun unermüdlich auf die vorgeschriebene Weise, bis der junge Huma 
aus seinem Ei hervorbrach. Unglaublich schnell wuchs er heran, flog plötzlich 
auf der Königin Schulter und pickte der grünen Schlange die Augen aus. Die 
Königin, wohl fühlend, daß ihre Macht zu Ende sei, schrie laut auf, Sarkasukis, 
in seiner wahren Gestalt als ein häßlicher Teufel, stürzte zu Boden, und lange 
Züge von Genien, Eichhörnchen und Schlangen führten ihren rechtmäßigen 
Herrscher Basnak Dau herein. Tulisa, nun Königin eines Geisterreichs, wurde 
aufs neue für immer mit ihm vereint; ihre Eltern erhielten ihren vorigen Reich- 
tum zurück. 

Auch eine Sage in Bessarabien, die sich an den Namen des Kaisers Trajan 
knüpft (von dem das Volk dort allerlei Sagen erzählt), enthält einen Anklang 



122 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [I. 560] 

an das Märchen, wie schon Haxthausen bemerkt hat, der sie in seinen Studien 
über die inneren Zustände Rußlands II 460 mitteilt: > Jenseits der Donau lebte 
ein König mit Namen Trajan, der liebte eine Königin diesseits der Donau, 
Bielajakejina (die weiße Fürstin). Er ritt jeden Abend zu ihr hinüber und ver- 
ließ sie vor Sonnenaufgang. Die Fürstin wollte ihn aber auch im Lichte des 
Tags sehen. Sein Roß wieherte stets vor Sonnenaufgang und gab ihm dadurch 
das Zeichen zum Aufbruch. Da ließ sie einst dem Rosse früh Hafer vorwerfen, 
nun vergaß dasselbe das Wiehern. Als aber die Sonne aufging, verschwanden 
Reiter und Roß wie ein Hauch.« 

Weitere Meinem Wunsche, daß Kenner der Märchenliteratur die Parallelen zu der 
e en# Erzählung des Apuleius in größerer Vollständigkeit nachweisen möchten, als 
ich, ein Laie auf diesem Gebiet, imstande bin, hat Herr Professor Adalbert 
Kuhn (f 1881) zu entsprechen die Güte gehabt. Ich lasse die Mitteilungen, 
die ich ihm, sowie seinem Sohne verdanke, hier unverändert folgen, um so 
mehr, als sie nur zum geringsten Teil auf Märchen beruhen, die ich selbst be- 
nutzen konnte: 

>Ich bemerke, daß ich mich nur auf zwei Märchengruppen beschränkt habe, 
die mit dem von Apuleius benutzten in engster Beziehung stehen, um den Be- 
weis, daß es sich nur um Benutzung eines Märchens handle, noch evidenter zu 
liefern. In beiden Gruppen handelt es sich um einen, gewöhnlich in ein Tier 
verwandelten Menschen, dem sich eine Jungfrau vermählt, die trotz seiner ab- 
schreckenden Gestalt in Liebe bei ihm ausharrt. Das Verraten des Geheim- 
nisses stört in der ersten Gruppe die Erlösung und fuhrt neue Gedulds- und 
Liebesproben herbei, in der zweiten werden in der Regel dadurch unmittelbar 
die Mittel zur Erlösung herbeigeschafft. Von den Einleitungen, wie die Ver- 
mählung herbeigeführt wird, oder wie der Ursprung der Tiergestalt erklärt wird, 
ist dabei abgesehen, da sie für das Ganze nicht wesentlich sind. In der ersten 
Gruppe stehen die nordischen Rezensionen (dänisch, schwedisch, norwegisch, 
isländisch) dem Apuleius entschieden am nächsten, und namentlich die däni- 
sche stimmt in den wesentlichsten Zügen. Ich lasse zunächst ein Verzeichnis 
der von mir benutzten Märchen folgen: 

I. 1. Dänisch: bei Grundtvig, Gamle danske minder 1 100 — 105 Den lille hvide 
kund (der kleine weiße Hund). 

2. Schwedisch: bei Hyltäi-Cavallius och Stephens, Svenska folksagor och 
äfventyr I 2 S. 323 ff. Jungfrun som sag pä sin käraste vid /jus, Die 
Jungfrau, welche auf ihren Liebsten mit Licht sah. Drei Versionen: 
A. Ulfprinsen, Der Wolfprinz (aus Södermanland mit drei Varianten aus 
Smäland und Finland). B. Prins Hott under jorden, Prinz Hut unter der 
Erde (aus Smäland mit Variante aus Westergötland). C. Den halde kün- 
den, Der lahme Hund (aus Smäland mit einer Variante, ebendaher)*). 

3. Norwegisch: bei Asbjörnsen und Moe, Norwegische Volksmärchen II 102 
Nr. 1 1 Östlich von der Sonne und westlich vom Mond 9 ). 

1) Auch bei Stroebe, Nordische Volksmärchen (Jena 19 15) I 249 Nr. 13 mit den Nachweisen 
S. 327. 2) ebd. II 174. 



[I. 56 1] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 123 

4. Isländisch: bei Jon Arnason, Islenzkar thjödsögur og aefintyri II 334 
Sigurdr köngsson^ Siegfried der Königssohn. 

5. Holsteinisch: bei Müllenhoff, Schlesw.-holst. Sagen usw. S. 385 Nr. III 
Der weiße Wolf. 

6. Böhmisch: bei Waldau, Böhmisches Märchenbuch S. 160 ff. Der weiße 
Bär. 

7. Griechisch: bei v. Hahn, Griechische und albanesische Märchen II 67 
Nr. 73 Filek Zelebi (an die Stelle des Tiers tritt ein Mohr) 1 ). 

8. Albanesisch: A. ebd. II 116 ff. Nr. 100 Schlangenkind und B. ebd. II 130 
Nr. 102 Taubendiebe, vgl. noch C. ebd. gr. I 97 Nr. 7. 

9. Walachisch: bei Schott Nr. 23 Trandafiru (an die Stelle des Tiers tritt 
ein Kürbis). 

10. Neapolitanisch: Basile, Pentamerone 1 19 S. 246 Das Hängeschloß (stimmt 
' meist mit Nr. 7). Vgl. auch ebd. II 168 Nr. 43 Pintosmauto. 

11. Serbisch: bei Wuk, Serbische Märchen Nr. 10 S. 82 Wieder vom 
Schlangenbräutigam. 

12. Siebenbürgisch: bei Haltrich, Siebenbürgische Märchen S. 228 Nr. 43 
Borstenkind. 

13. Indisch: bei Benfey, Pafcatantra I 255 Tulisa. 

14. Kalmükisch: bei Jülg, Kalmükische Märchen S. 39 Erzählung 7. 

15. Gälisch: im Auszuge aus Campbell bei R. Köhler in Benfeys Orient und 
Okzident: Nr. EI 2, 114 und Nr. Xu 2, 126 (= Kl. Sehr. I 175. 187 f.). 

16. Schottisch: bei Chambers, Populär rhymes (1. Ausg.) S. 75 The red bull 
of Norroway, in der 3. Ausg. mit der Variante vom Glasberg, nach 
R. Köhler zu Campbell Xu am zuletzt angeführten Orte. 

17. Ey, Harzmärchen S. 91. 

Das Löweneckerchen bei Grimm Nr. 88, schon oben S. 109 verglichen, 
ist hier nicht weiter mit aufgeführt. 
II. 1 . Colshorn, Märchen S. 64 Nr. 20 Vom klinkesldanken Lowesblatt. 

2. Ebd. S. 139 Nr. 42 Der verwunschene Frosch. 

3. Müller und Schambach, Niedersächsische Sagen und Märchen S. 265 
Nr. 5 Das klingende, singende Blatt. 

4. Ebd. S. 263 Nr. 4 Die Rose. 

5. Aus Holstein bei Müllenhoff S. 384 Nr. II Vom goldenen Klingelklangel. 

6. Schwäbisch (bei Grimm III 155 ist »aus Schwaben« statt aus »Schweden« 
zu lesen) bei Meier, Schwab. Märchen S. 202 Nr. 57 Drei Rosen auf 
einem Stiel. 

7. Aus Tirol bei Zingerle IS. 182 Nr. 30 Die singende Rose. 

8. Ebdher ebd. II S. 173 Die Schlange. 

9. Ebdher ebd. S. 391 Der Bär. 

10. Flämisch: bei Wolf, Wodana II 61 Roosken sonder doornen^ Das Röschen 
ohne Dornen. 

1 1. Serbisch: bei Wuk S. 77 Nr. 9 Der Schlangenbräutigam. 

1) Dazu kommen noch bei B. Schmidt, Griech. Märchen 9: Prinz Krebs und 10: Die Schönste. 
VgL auch oben S. 119 A. 1. 



124 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [I. 562] 

12. Russisch: bei Benfcy, Orient und Okzident 1 339 aus Afanasjews Samm- 
lung, mitgeteilt von Schiefner. 

13. Indisch: Paf catantra 1 8, bei Benfey II 144 Der verzauberte Brahmanen- 
sohn. 

Ich lasse nun die Vergleichung der einzelnen Züge mit der Erzählung bei 
Apuleius folgen. »Ein König und eine Königin (Kaufmann, Bauer usw.) haben 
drei Töchter, von denen die jüngste die schönste und liebenswürdigste ist.« 
Vgl. schwed. I 2 B, deutsch II 1. 2. 3. 4. 5. 7. 9, griech. I 7. 8 C, fläm. II 10, 
gäl. I 15. An die Stelle der drei treten vermöge der besonderen Ausführung 
des Märchens in der isländischen Fassung vier (1 4), im norwegischen (I 3) viele. 
Die ältesten Schwestern sind hochfahrend und stolz, schwed. I 2 C, schottisch 
1 16. Umgekehrt ist das Verhältnis im tirolischen Märchen (II 9), wo die älteste 
gut, die jüngeren stolz und böse sind. Einen Anklang an jenen Gegensatz 
kennt auch noch das Märchen II 1 am Schluß. 

»Die älteren werden Königen vermählt, die jüngste einem (Tier oder) Un- 
geheuer«. Vgl. schwed. I 2 C, wo die älteste sich einen König mit goldenem 
Haar und Bart, die zweite sich einen solchen mit silbernem Haar und Bart 
zum Gatten wünscht, die jüngste zufrieden ist, wenn sie auch nur einen lahmen 
Hund bekommt. Die Tiergestalt des Bräutigams der jüngsten kennen fast alle 
Märchen. Schlange oder den Drachen (vipereum malum, immanis coluber^ 
tnultimodis volutninibus serpens) kennen das schwedische Märchen I 2 A Var. 
und II 11. 1 11. 13. II 13. I 8 A. II 8 X ). 

Die Auslieferung an den versprochenen Bräutigam erfolgt fast durchweg in 
andrer Weise als bei Apuleius, indem in der nächst verwandten ersten Gruppe 
das Tier die Braut selbst abholt; nur in einer schwedischen Fassung (I 2 B) 
fuhrt sie der König unter Jammern und Klagen der Begleitung unter den Hasel- 
busch hinaus. Sonst ist eine derartige Hinausführung (vgl. oben S. 109) den 
Märchen sehr geläufig und bedarf keines weiteren Nachweises. 

Ebenso unbekannt ist dem verglichenen Märchenkreise die Herabfuhrung 
durch den Wind, die von selbst fortfiel, sobald die Hinausbringung auf den 
Felsen nicht da war. An die Stelle dieses Zugs tritt aber, daß Tier und Jung- 
frau, nachdem sie in einen dichten Wald gekommen sind, plötzlich tief in die 
Erde versinken (I 1 ) oder daß sie zu einer Bergschlucht kommen (I 2 A) oder 
einer Erdhöhle (I 2 A Var. 1; I 2 B Var.); in I 3 klopft der Bär an einen Felsen, 
der sich öffnet. Sobald sie dann eintreten, erscheint nun ein prächtiger Palast, 
in dem alles von Gold und Silber glänzt (I 2 A. B. C; I 1. 3. 10. II 6), und die 
mit Speisen und Wein reichlich besetzte Tafel (I 1. 3. 10. 17. II 4. 6); die un- 
sichtbaren Dienerinnen, die alle Wünsche der Psyche vollziehen, finden sich 
in I 3, wo der Bär der Jungfrau eine Silberglocke gibt, mit der sie nur zu 
klingeln braucht, dann ist alles da, was sie wünscht. 

Das Verbot, den Gestaltwechsel nicht zu verraten, ist in der Mehrzahl der 
verglichenen Märchen vorhanden; der Zug, daß die Schwestern zur Übertretung 
desselben anreizen, findet sich in I 2 C. 7. 8 C. 10 (in II 6 reizt die ältere 
Schwester zur Übertretung eines andern Verbotes) ; auch hier ist der Neid meist 

. 1) Desgleichen ein neugriechisches: B. Schmidt, Griech. Märchen 10: Die Schönste. 



[I. 563] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 125 

das Motiv. Die dreimalige Versuchung wie bei Apuleius findet sich I 2 B. 4. 
10; wie Apuleius die erwachenden Muttergefiihle benutzt, um zur Übertretung 
des Gebots zu verlocken, so greift die Stiefmutter in 1 2 B die junge Frau auch 
bei dieser schwachen Seite an, indem sie die Trefflichkeit der zu den Füßen 
der Mutter spielenden Kinder preist. Bei Apuleius heißt es V 14: O nos beatas, 
quas infaniis aurei nuirimenta laetabuntl qui siparentutn, ut oportet, pulchri- 
tudini responderit, prorsus Cupido nascetur\ im schwedischen Märchen: Hon 
tillade, at de säckert bräddes uppä sitt fdderne^ och att Prins Hat mande 
vara en mycket fager ungersvenn (sie fugte hinzu, daß sie sicher nach ihrem 
Vater schlachteten und daß Prinz Hut ein sehr schöner Jüngling sein müßte). 
Die nordische Gruppe, mit Ausnahme des isländischen, hat dann übereinstim- 
mend den Zug, daß der jungen Frau der Rat erteilt wird, den Geliebten im 
Schlaf mit Licht zu beschauen; sie tut es wie Psyche bei Apuleius und weckt 
so, indem sie über dem himmlischen Anblick alle Warnungen vergißt, den Ge- 
liebten. Während I 2 A. B und 3 Licht oder das unschöne Talglicht haben, von 
dem ein Tropfen oder eine Schnuppe auf den Geliebten fällt, hat I 2 C die 
Lampe, zieht aber die Katastrophe dadurch hin, daß es die junge Frau den 
Geliebten so drei Nächte hintereinander betrachten läßt. Das isländische Mär- 
chen (1 4) hat statt des Anzündens des Lichts bloß das Schwingen eines Steins 
über dem Schlafenden. Das Anzünden des Lichts findet sich aber auch noch 
im neapolitanischen (I 10), wo jedoch die Ausfuhrung etwas anders ist 

Von hier ab nimmt nun die Erzählung in den meisten der oben angeführten 
Märchen eine von Apuleius abweichende Wendung; am verbreitetsten ist die, 
nach welcher die Verlassene die Welt nach dem Verschwundenen durchwan- 
dert und*zu drei verschiedenen Stationen kommt, auf denen sie mitleidige 
Helfer findet, mittels deren Gaben sie, als sie endlich den Geliebten wieder- 
gefunden, der eben seine Hochzeit mit einer neuen Braut feiert, diese neue 
Braut zu der Erlaubnis zu verlocken weiß, drei Nächte nacheinander im Ge- 
mache des Geliebten weilen zu dürfen; so gelingt es ihr endlich, die bei ihm 
verschwundene Erinnerung an die Vergangenheit zu wecken, und die endliche 
Wiedervereinigung findet statt Die dänische Erzählung dagegen (I 1) stimmt 
im ganzen Gange zu Apuleius, und ich lasse daher den betreffenden Teil der- 
selben hier kurz folgen. 

Als der Geliebte erwacht, sagt er ihr: »Nun müssen wir uns auf eine lange 
Zeit trennen; du mußt fort von hier, und die Kinder (sie hat deren drei) be- 
kommst du nicht mit. Es soll dir erlaubt sein, sie zu besuchen, aber du darfst 
nicht mit ihnen spielen«. Im Augenblick stand sie allein im finsteren Wald, in 
dem fand sie ihre Kinder in drei kleinen Häuschen. Als sie zum ersten und 
zweiten kommt, sieht sie ruhig ihrem Spiel zu, aber als sie zum dritten kommt 
und der ihr einen Goldapfel zurollt, da kann sie nicht widerstehen und rollt ihn 
zurück. Sogleich ist das weiße Hündchen da und sagt, daß sie nun fort müsse 
und zu der alten Hexe am Saume des Waldes gehen und dort Dienste nehmen 
solle. Das tut sie, und diese, die Hochzeit haben soll, schickt sie zu ihrer 
Schwester in die Hölle, um ihr von da Spielleute in einer Schachtel zu holen. 
Der Hund erscheint nun wieder und gibt ihr Rat; sie solle nur geradeaus gehen 
bis zu einer Brücke, an der sie eine gelöste Bohle zurechtlegen und dann hin- 



1 2b X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [I. 564] 

übergehen solle, dann solle sie das Pförtchen, das nur noch an einer Haspe 
hange, zurechthängen und dann hindurchgehen, so werde sie zur Hölle kommen; 
im Hofe stehe ein Hund und belle über ein umgefallenes Butterviertel, das solle 
sie wieder umdrehen; die Hexe werde ihr Kuchen und Wein bieten, davon 
dürfe sie nichts verzehren. Sie tut darauf alles, wie es ihr gesagt worden, und 
als die Hexe geht, um die Spielleute zu holen, steckt sie den ihr dargebotenen 
Kuchen in ihren Ranzen [ntave bedeutet Ranzen und Magen) und gießt den 
Wein an sich nieder. Als die Alte wiederkommt und fragt: > Kuchen, wo bist 
du?« antwortet er: >In des Mädchens mave* und der Wein ruft: »Ganz runter 
beim Mädchen«. Nun gibt ihr die Alte die Schachtel und sagt ihr, sie solle sie 
nicht aufmachen; als das Mädchen geht, fordert die Hexe den Hund, das Pfört- 
chen, die Bohle auf, sie zu beißen, zu quetschen und ins Wasser zu stürzen, 
aber sie weigern sich, da ihnen das Mädchen Gutes getan. So kommt sie 
glücklich wieder in den Wald, und die Neugier erfaßt sie, nachzusehen, ob 
wirklich in der kleinen Schachtel Spielleute sein können; sie hebt nur den 
Deckel etwas, da fliegen sie heraus, aber das Hündchen kommt und schaut sie 
wieder hinein. Sie bringt sie zur Hexe, die ihr sagt: »Nun sollst du zur Hoch- 
zeit rüsten.« Sie bekommt eine Kardätsche schwarzer Wolle, die sie weiß 
waschen soll, und ebenso das Linnen der Hexe zum Waschen, darunter auch 
das Hemde des Geliebten mit den drei Talgflecken. Bei der ersten Aufgabe 
hilft ihr das weiße Hündchen ebenso wie bei der zweiten. Die Hexe springt 
vor Zorn in tausend Stücke, das weiße Hündchen ist aber wieder ein schöner 
Prinz usw. 

Diese dänische Erzählung weicht also einmal in der Zahl der Aufgaben ab, 
denn sie hat nur drei statt der vier bei Apuleius, dann aber auch th der Be- 
schaffenheit und Reihenfolge derselben; indes darf man in dem Weißwaschen 
schwarzer Wolle wohl einen Anklang an die Herbeischaffung der Goldwolle 
bei Apulejus erkennen. Das Hinabsteigen in die Unterwelt aber bietet einige 
schlagende Parallelen. Wie bei Apuleius Psyche eine Büchse [pyxis) erhält, 
um Schönheitssalbe für Venus zu holen, so wird die Verlassene hier mit einer 
Schachtel zu der Schwester der Hexe in die Hölle geschickt, um Spielleute zur 
Hochzeit zu holen. An die Beschwichtigung des Cerberus durch die mitge- 
nommene polenta reiht sich hier die Geneigtmachung des Hunds durch das 
Umkehren des umgefallenen Butterviertels. Dort warnt der Turm, sie solle 
sich in der Unterwelt weder setzen noch von den prächtigen Speisen genießen 
[prandium qpipare sumere), hier das weiße Hündchen, daß sie weder Kuchen 
noch Wein nehmen solle. Wie dann Psyche bei der Rückkehr ihre Neugier 
nicht bewältigen kann und die Büchse öffnet, worauf derselben ein dichter 
Nebel entsteigt, der sie in stygischen Schlaf hüllt, aus dem sie Cupido erweckt, 
so öffnet sie auch hier die Schachtel, die Spielleute entfliegen, aber das weiße 
Hündchen bringt dieselben zurück. 

An diese Fassung des dänischen Märchens schließen sich dann noch zwei 
Varianten des schwedischen an. In I 2 A Var. 3 trifft sie auf ihrer Wanderung 
eine Alte, von der sie einen Ring, ein Kissen und zwei Schinken erhält. Den 
ersten der letzteren erhält ein Bär, der sie dafür über ein großes Wasser fuhrt. 
Sie kommt darauf zum Schloß der bösen Hexe, bei der sie in Dienst tritt. Hier 



[L 565] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 127 

muß sie zuerst den Fußboden fegen, daß er so weiß wird wie Schnee; dabei 
hilft ihr der jetzt erscheinende Wolfsprinz und erhält dafür den Ring, dann wird 
sie zur Schwester der Hexe geschickt, um sich Geschichten erzählen zu lassen 
[för at höra sagor). Auch hier gibt ihr der Prinz guten Rat, sie soll das Kissen 
dem Gatter geben, damit es sie nicht zerquetsche, und den zweiten Schinken 
den Hofhunden, damit sie sie nicht zerreißen. So entgeht sie allen Gefahren, 
kommt zurück, und die Erlösung tritt ein. 

Über die zweite Variante zu I 2 C berichten die Herausgeber, daß sie sich 
bis auf den Schluß der Fassung des Texts anschließe, der Schluß aber von da 
ab, wo sich die Prinzessin aufmacht, den Geliebten zu suchen, mit dem zweiten 
Teil von Nr. 14 B >Der Königssohn und die Prinzessin Singorra« (deutsche 
Übers. S. 274 fr.) stimme. In diesem Märchen, das in zwei Varianten vorliegt, 
von denen A >Der Königssohn und Messeria« betitelt ist, gerät ein Prinz auf 
ähnliche Weise, wie die Prinzessin unserer Märchen, in die Hände einer Meer- 
frau, die ihm schwere Aufgaben stellt, welche er mit Hilfe ihrer Tochter Mes- 
seria oder Singorra ausfuhrt In 14 A soll er 1) schwarzes Garn weiß und 
weißes schwarz waschen; 2) eine Tonne Weizen und eine Tonne Korn, die 
durcheinander gemischt sind, sondern; 3) einen Ochsenstall von 100 Ochsen 
reinigen. Als er dies mit Hilfe der Messeria ausgeführt, soll er eine der Töchter 
der Meerfrau wählen und dann wieder heimziehen dürfen. Messeria hat ihm 
aber gesagt, daß die Töchter der Meerfrau in verschiedene Tiere verwandelt 
würden, und sie eine kleine Katze sein werde. So wählt er die richtige; die 
Meerfrau schickt ihn nun aber zu ihrer Schwester, damit er ihr von dort die 
Hochzeitskleider für die junge Braut hole. Nun gibt ihm Messeria wieder guten 
Rat, wie er den ihm drohenden Gefahren entgehen solle; hier kehrt das Gatter- 
tor des dänischen Märchens wieder, an die Stelle der Hunde treten zwei Geier, 
die er mit Fleischstücken beschwichtigen soll, auch darf er dort nichts genießen. 
Er entgeht glücklich allen Gefahren, erhält die Schachtel, öffnet sie, da fliegt 
ein Funkenstrom heraus, den er mit Hilfe von Däumlingen wieder hineinbannt, 
kommt zurück usw. In Nr. 14 B sind die drei Aufgaben andre, die Gefahren, 
die ihm beim Holen der Hochzeitssachen drohen, ähnliche oder gleiche. So 
teilt er zwei mitgenommene Kuchen zwischen Bär und Wolf, die ihn zu ver- 
schlingen drohen, setzt sich nur auf einen bestimmten (schwarzen) Stuhl von 
den bei der Hexe befindlichen, während Psyche den Rat erhält, sich nur auf 
die Erde zu setzen, genießt nichts von den ihm gebotenen Speisen und verbirgt 
sie ähnlich wie im dänischen Märchen. 

Hier haben wir also außer dem bereits besprochenen Weißwaschen des Garns 
noch die erste Aufgabe der Psyche, nämlich das Sondern bestimmter Körner, 
dann die Beschwichtigung der unterirdischen Wächter durch Kuchen usw., das 
Wählen eines bestimmten Sitzes und die Enthaltung von Speise und Trank. 
Endlich kehrt auch die Schachtel und ihre Öffnung wieder. 

So finden wir denn auch von dem zweiten Teil des römischen Märchens in 
der nordischen Gruppe sehr wesentliche Züge bewahrt, denn von den vier Auf- 
gaben stimmen zwei fast genau, eine ist wenigstens der des Apuleius verwandt, 
und auch die letzte, bis jetzt nicht nachgewiesene, die dritte bei Apuleius scheint 
mir im isländischen Märchen noch einigermaßen nachweisbar. Psyche soll von 



128 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [I. 566] 

dem stygischen Felsen Wasser in einer Urne holen, aber sowohl die ungeheure 
Höhe, als auch die Schlüpfrigkeit desselben (saxum imtnani magnitudine pro- 
cerutn et inaccessa salebritate lubricum), sowie wilde Steinquellen und grimme 
Drachen lassen sie erstarrend zurückschrecken; da fliegt der Adler des Zeus 
hinauf und holt ihr das Wasser. Ähnlich kommt die junge Frau im isländischen 
Märchen zur dritten Station, einem Ungeheuern Berge, dessen steiler Weg so 
glatt ist wie Glas, also offenbar der so häufige Glasberg andrer Märchen. Ihr 
Helfer rüstet sie zur Überschreitung desselben mit Eissporen aus und windet 
ihr ein Tuch um den Kopf, damit sie von den dortigen Wundern und Schrecken 
nichts sehe und höre. So kommt sie glücklich hinauf und ans Ziel. Vergleicht 
man dazu, daß in einem polnischen Märchen bei Lewestam S. 1 1 7 ein Schüler 
von einem Falken, der ihn für tot hält und seine Krallen in ihn schlägt, auf den 
Glasberg getragen wird, daß Saktideva in Kathäsaritsagara 26, 30 ff. ebenso 
von einem Vogel zur goldenen Stadt der Vidjädharas emporgetragen wird und 
schon bei Konon 35 Geier einen Hirten, der in einen Schlund hinabgestiegen, 
so emportragen, so wird wahrscheinlich, daß Apuleius einen ähnlichen Zug 
in seiner Weise zur Herstellung der dritten Aufgabe verwandt habe. « 

A. Kuhn. 

»Den obigen Zusammenstellungen ist aus neu veröffentlichten Quellen nur 
weniges hinzuzufügen. An die unter I behandelten Erzählungen schließen sich 
drei italienische Märchen, nämlich Nr. 14 der Novelline di Santo Stefano, rac- 
colte da Angelo De Gubernatis, Torino 1869; Nr. 15 und 27 in den Siciliani- 
schen Märchen, aus dem Volksmund gesammelt von Laura Gonzenbach, 
Leipzig 1870; auch Nr. 2 bei De Gubernatis dürfte ursprünglich hierher ge- 
hört haben. Zu den unter II behandelten Märchen haben wir zwei merkwürdige 
Varianten in Nr. 9 und 77 der Gonzenbachschen Sammlung; eine spezielle 
Klasse dieser Gruppe bilden die an Nr. 1 3 sich anschließenden Versionen, die 
von Reinhold Köhler in seinen Anmerkungen zu Nr. 12 in Widter- Wolfs Volks- 
märchen aus Venetien (Jahrb. für roman. und engl. Lit. VII) behandelt worden 
sind; dazu kommen noch Gonzenbach Nr. 42. 43.« Ernst W. A. Kuhn. 



Neuere Neuere, sehr reichhaltige Übersichten über die verwandten Märchen gibt 
Literatur. ^^^ dj e obigen Zusammenstellungen zu kennen) auf Grund eines sehr um- 
fassenden, durch Beiträge aus den verschiedensten Ländern erheblich ver- 
mehrten Materials Emmanuel Cosquin in den öfters angeführten Contes 
populaires de la Lorraine (1886) und zwar in den Anmerkungen zu 63 Le 
loup blanc II 217 — 230 und 65 Firosette 236 — 245. Vgl. auch den Essai sur 
Porigine et la propagation des contes populaires Europ&ns T. I p. XXII und 
XXXII. 

In übersichtlicher Weise hat Schaller in der oben S. 105 A. 1 genannten 
Dissertation S. 18— -36 zu einzelnen Stellendes Apuleius-Textes die entsprechen- 
den Märchenparallelen angeführt. Allerlei Material bietet Kawcz^nski, Amor 
und Psyche, Anzeiger der Krakauer Akademie 1901 S. 5 ff. 123 ; Amor i Psyche 



[L 567] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 129 

w bäsniach (1909) vgl. das Referat von Brückner, Zeitschr. d. Vereins f. Volks- 
kunde XIX (1909) S. 213, und weitere bei Lehnert, Bursians Jahresben 175 
(1 91 9) S. 41 ff. genannte Autoren. Ferner, die Varianten vollständiger als alle 
Vorgänger verzeichnend, Bolte-Polivka, Anmerkungen zu den Kinder- und 
Hausmärchen der Brüder Grimm II (Leipz. 191 5) S. 229 fr. ('Das singende 
und springende Löweneckerchen'), besonders S. 234 und 266 ff. Eine neue 
monographische Gesamtbehandlung der verschiedenen Formen des 'Psyche- 
Märchens' ist von einem Schüler F. Panzers zu erwarten. 

Dagegen sucht Andrew Lang in seiner Einleitung zu einem Neudruck der Völkerpsyoho- 
Übersetzung des Apuleianischen Märchens von William Adlington (i566) x ) die togbche 
Verwandtschaft desselben mit so zahlreichen Märchen der verschiedensten entan ^* 
Völker darauf zurückzuführen, daß die Grundmotive der Erzählung teils auf 
allgemein menschlichen Vorstellungen beruhen (Eifersucht der Schwieger- 
mutter auf die Schwiegertochter, Strafbarkeit der Neugier usw. p. XXXI ff.), 
teils wenigstens auf sehr verbreiteten, zu denen namentlich die von dem freund- 
lichen Beistande gehört, welchen Tiere Menschen leisten können (p. XXXVIII f.) ; 
auch der Glaube, daß Lebende in die Unterwelt hinabsteigen und sie wohl- 
behalten wieder verlassen können, wenn sie nicht von der Speise der Toten 
gekostet haben, findet sich (ebenso wie bei den Griechen) bei den Tschippe- 
wäem und den Maori, in Melanesien und Finnland (p. XXXVI). Endlich das 
Hauptmotiv des Apuleianischen Märchens, das Verbot nach der Gestalt des 
Gatten zu forschen, leitet Lang daher ab, daß bei manchen Völkern Glaube 
oder Sitte dem Umgange Neuvermählter gewisse Einschränkungen, 'eine Art 
eheliches. Tabu' auferlegt, wie ja auch im alten Sparta der junge Ehemann 
seine Frau nur bei Nacht besuchen durfte usw. (p. XLUff.) 9 ). 

Diese letztere Erklärung ist am wenigsten überzeugend. Die Welt des Mär- 
chens ist eine durchaus phantastische; sein Reiz sowie sein Wesen beruht nicht 
zum geringsten Teil auf seiner völligen Unabhängigkeit von den Voraussetzungen 
der Wirklichkeit, ja seinem Gegensatz zu denselben. Auch hat jenes Motiv 
ganz den Charakter einer märchenhaften Fiktion, nicht den einer wenn auch 
noch so sehr entstellten Reminiszenz an etwas Reales. 

Sodann sind wir dadurch, daß gewisse Vorstellungen vielen oder allen 
Völkern gemein sind, noch keineswegs zu der Erwartung berechtigt, sie auch 
überall in gleicher Weise als Motive der Märchendichtung verwendet zu finden. 
Vielleicht wäre sogar, da sie wohl bei jedem einzelnen Volke mit andern, nur 
ihm eigentümlichen Vorstellungen zusammenhängen, eher das Gegenteil zu 
erwarten. 

Endlich sind aber auch die Übereinstimmungen der Märchen so vieler Völker 
Asiens und Europas so wesentliche und mannigfache, daß sie sich nur durch 
die Annahme eines gemeinsamen Ursprungs erklären lassen, wenn auch die 
Ansicht Benfeys, daß die Verbreitung des größten Teils derselben von Indien 

1) The most pleasant and delectable tele of the marriage of Cupid and Psyche. Done into 
Engtish by William Adlington of University College in Oxford. With a disconrse on the fable by 
Andrew Lang, late of Merton College in Oxford. London 1887. 2) Das Werk von Lang, Cnstom 
and Myth 1884, wo er dies ausführlich erörtert hat (p. 64 — 86), kenne ich nicht 

Friedlaender, Darstellungen. Anhang. q 



130 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE [I. 568] 

aus erfolgt ist 1 }, nicht erweislich, sondern eher die umgekehrte Richtung der 
Beeinflussung nicht wahrscheinlich ist 9 ). 

Wenn Gebräuche und Vorstellungen so seltsamer Art, daß man ihre Wieder- 
holung ohne Übertragung für unmöglich halten möchte, sich dennoch in Län- 
dern verschiedener Erdteile, zwischen denen ein Zusammenhang nie bestanden 
haben kann, ganz in derselben Weise finden (Peschel, Völkerkunde S. 22 — 27), 
so reicht diese Tatsache zwar hin, um einzelne auffallende Ähnlichketten in den 
Fiktionen der verschiedenartigsten Stämme als spontane erscheinen zu lassen 3 ), 
aber nicht, um die durchgehende Übereinstimmung der bisher erforschten 
europäischen und asiatischen Märchen, sowohl in den Hauptmotiven als in 
deren Verbindung, zu erklären. 

So berechtigen auch gewisse Ähnlichkeiten eines von Lang p. LXXVTIIi. 
mitgeteilten Zulumärchens und des Härchens von Amor und Psyche noch nicht 
zu dem Schlüsse, daß die Elemente des letzteren in einem früheren Zustande 
der Gesellschaft dem ganzen Menschengeschlecht gemein waren. Sein Inhalt 
ist folgender. Ein Mädchen unternimmt eine gefahrvolle Wanderung nach 
einem fernen Ort. Nach einem Abenteuer von der 4 Verschlingungs (Kronos)- 
Klasse' erreicht sie den Kral, wo sie vermählt werden soll; doch der Bräutigam 
fehlt. Der Jüngling, an dem ihr Herz hängt, der jüngste Prinz, ist bereits als 
Kind verschwunden. Das Mädchen bleibt dort Speise und Trank, die man 
in ihre Hütte bringt, werden bei Nacht von einem unsichtbaren Wesen (eben 
dem verschwundenen Prinzen) genossen. In einer Nacht befühlt er im Dunkeln 
das Gesicht des Mädchens, am Morgen entfernt er sich, ohne daß sie ihn er- 
blickt hat, da er ihr verbietet, Feuer anzuzünden. In der nächsten Nacht läßt er 
seinen Körper von ihr befühlen; dieser ist schlüpfrig, so daß die Hand, die ihn 
fassen will, abgleitet. Seine Mutter hat ihn als Kind in eine Boahaut genäht, 
um ihn der Eifersucht ihrer Nebenbuhlerinnen zu entziehen, welche Tiere ver- 
schiedener Gattungen zur Welt gebracht hatten; auch seine 'älteren Brüder' 
hatten ihn aus Eifersucht töten wollen. Jetzt Mann geworden, wird er durch 
die Liebe des Mädchens erlöst und in die königliche Würde eingesetzt. 

Amor und Schließlich führe ich aus der bereits oben S. 103 erwähnten Abhandlung von 

P ^us e und ^ Liebrecht: Amor und Psyche — Zeus und Semele — Purüravas und Urva£i 

Semele. (Kuhns Ztschr. XVHI 56 fr. = Liebrecht, Zur Volkskunde [1879] S. 239 fr.) die 

wesentlichsten Gründe der dort aufgestellten Ansicht an, daß der Mythus von 

Zeus und Semele auf derselben Grundlage beruht, wie die Märchen von Psyche 

und Tulisa, >und daß demgemäß alle drei nur verschiedene Versionen eines 

1) Vgl. R. Köhler, Ober die Europ. Volksmärchen (Aufsätze über Märchen u. Volksl. herausg. 
von £. Schmidt u. J. Bolte 1894 S. 21). Rohde, Ober griechische Novellistik und ihren Zusammen- 
hang mit dem Orient (Roman 3 S. 5 79 ff.). G. Meyer, Essays und Studien 1885 S. 222. Benfeys 
These gewinnt in geläuterter Form bei namhaften Märchenforschern (G. Paris, A. Aarne, E. Cos- 
quin) wieder Boden, vor allem auch bei v. d. Leyen, Aufsätze E. Kuhn gewidmet (19 16) S. 404; 
Das Märchen 9 (1917) S. iuff. 2) H. Lucas, Zu den Milesiaca des Aristides, Philologus 

LXVI S. 34. Laistner, Das Rätsel der Sphinx S. XV. Weinreich, Der Trug des Nektanebos 
(1911) S. 155 ff. A. Hausrath, Real-Encyki. VI 1324 ff., Sitz.-Ber. Akad. Heidelberg 1918, 2. AbhdL 
S. 20 ff. 3) Vgl. Friedlaender, Griechische Mythologie, Deutsche Rundschau Oktober 1887 

S.96f. 



[L 569] X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 131 

und desselben Gegenstands sind. Zeus nämlich will ebensowenig von der Ge- 
liebten in seiner eigentlichen Gestalt gesehen werden, wie Amor in der seinigen, 
oder wie der Schlangenkönig Basnak Dau von Tulisa seinem Namen nach er- 
kannt sein will, und nur mit Widerwillen fügt Zeus sich in Semeies Begehr, 
wie Basnak Dau in das der Tulisa. Die Mutter des letzteren entspricht genau 
der Hera, und so wie diese die Gestalt der Amme Beroe annimmt, um Semele 
zu ihrer törichten Forderung zu bereden, ebenso begibt der Verbündete der 
Mutter Basnak Daus, Sarkasukis, sich als alte Frau zu Tulisa und bringt sie dazu, 
den Geliebten nach seinem Namen zu fragen, den dieser ebenso widerstrebend 
ausspricht, wie Zeus sich der Semele in seiner eigentlichen Gestalt zeigt; denn 
beide wissen (gleich Amor), daß aus der Erfüllung des Wunsches nur Unheil 
erfolgen kann, obwohl Zeus durch seinen Schwur ganz so wie Basnak Dau 
durch eine höhere Macht sich gezwungen sieht, das an ihn gestellte Verlangen 
zu erfüllen. Semele wie Psyche und Tulisa handeln also gegen den Wunsch 
oder das Gebot ihrer Liebhaber, und alle drei büßen dafür, jedoch nur durch 
zeitweilige Strafe; denn Semele und Psyche steigen nach Ablauf derselben zum 
Olymp empor, Tulisa wird Königin und mit ihrem Geliebten wieder vereint 
wie Psyche mit Amor. Man kann hierbei die Frage aufwerfen, ob in der älteren 
Fassung des Psychemythus Psyche nicht ebenso zunächst mit dem Tode büßte 
wie Semele; ihr langes Leiden und Suchen, wobei sie selbst in die Unterwelt 
zu Proserpina hinuntersteigen muß, möchte vielleicht darauf hindeuten«. 

Auf eine andre dort behandelte Mythen- oder Märchenreihe einzugehen, in 
der die Frau oder Geliebte dem Mann entschwindet, weil er sie trotz ihres 
Verbots (nackt) sehen will (zu welcher der Urva&mythus den Übergang bildet): 
dies liegt, wie überhaupt die weitere Verfolgung des Gegenstands auf dem Ge- 
biet der vergleichenden Mythologie, ebenso außerhalb meines Zwecks wie 
meines Studienkreises 1 ). 

NACHWORT. Ein neues Stadium der Forschung, das Friedlaender (f 1 909) Die Göttin 
nicht mehr erlebte, führten die in meinen Zusätzen schon oft genannten Arbeiten Ps 7 che « 
R. Reitzensteins herbei 9 ). Aus vereinzelten Spuren in den griechischen Zauber- 
papyri und sonstiger hellenistischer und frühchristlicher Literatur, sowie aus 
einer Reihe von Denkmälern. der hellenistisch-ägyptischen Kleinkunst einer- 
seits, orientalischen Mythologumena andrerseits, die sämtlich von Apuleius un- 
abhängig sind, hat Reitzenstein die Existenz einer orientalisch-hellenistischen 
Göttin Psyche, die überdies K. Preisendanz 3 ) auch im Beginne der 'Mithras- 
liturgie' erkannte, m. E. erwiesen 4 ) und allerdings vorläufig noch zerstreute 

1) Das Buch von Zinzow > Psyche und Eros. Ein milesisches Mtfrchen in der Darstellung und 
Auffassung des Apuleius beleuchtet und' auf seinen mythologischen Zusammenhang, Gestalt und 
Ursprung zurückgeführt« (1881) beruht auf Anschauungen, die von den meinigen grundverschieden 
sind; mich haben sie nirgends Überzeugt. 2) Die einzelnen Schriften sind mit vollem Titel 

genannt S. 104 A. 4. 5, 115 A. 2. Reitzenstein faßt seine Auffassung zusammen 'Göttin Psyche* 
S. 103 ff., vgl. auch Reitzenstein, Das Mandfiische Buch des Herrn (Sitz.-Ber. Akad. Heidel- 
berg 191 9, 12. Abhdl.) S. 5. 3) Deutsche Lit.-Zeit 19 17 S. 1427 — 33. Reitzenstein, Die helle- 
nist Mysterienrelig.* 1920 S. 129. 131. 4) Die vorgebrachten Einwände (Literatur bei Lchnert, 
Burs. Jahr.-Ber. 1 75 S. 48 ff.) mögen bei manchen Einzelheiten stichhaltig sein, die Existenz einer 
Göttin Psyche an sich kann aber nicht mehr geleugnet werden. Bezeichnend, daß gerade dieser 

9* 



132 X. DAS MÄRCHEN VON AMOR UND PSYCHE 

Spuren, die sich noch nicht recht zu einem Gesamtbild zusammenfassen lassen, 
eines orientalisch-hellenistischen Eros-Psychemythos aufgezeigt. Der Nach- 
weis eines solchen Mythenkomplexes ist deshalb so besonders wichtig, weil 
die erhaltenen Eros-Psyche-Darstellungen (s. oben S. 115 A. 2), wie wohl 
allseitig zugestanden wird, unmöglich als Märchen-Illustrationen gelten kön- 
nen 1 ), also abhängen müssen von diesem, in mannigfachen Spuren nunmehr 
sichtbar werdenden Mythenkomplex. Wie verhält sich nun unser Psyche- 
Märchen zum Psyche-Mythos? Angesichts der engen und oben S. ioiff. 
besprochenen allgemeinen Verwandtschaft zwischen Märchen und Mythos ist 
es von vornherein nicht verwunderlich, daß sich in der Amor -Psychefabel 
Motive sowohl märchenhafter wie mythischer Natur fast unentwirrbar mischen. 
Welche überwiegen? Für die oben gegebene Betrachtung standen die märchen- 
haften Züge durchaus und absichtlich (vgl. S. 106 A. 5 und die letzten Worte 
Friedlaenders S. 131) im Vordergrunde. Der Nachweis eines Mythos kompli- 
ziert das Problem, und eine wesentliche Frage, die die künftige Forschung be- 
schäftigen muß, ist wohl diese: Sind die märchenhaften Elemente das Primäre, 
die mythischen das Sekundäre oder umgekehrt? Oder mit andern Worten: 
Wurde ein altes Volksmärchen von der oben betrachteten Art mythologisiert, 
indem ein ursprünglich namenloses Paar die Namen Eros und Psyche aus dem 
Mythos erhielt und den Märchenmotiven Mythenelemente anwuchsen, oder 
aber ist ein ursprünglicher Mythos, ein orientalischer Psyche-Mythos, der selbst 
schon 'märchenhafte' Züge enthalten mochte, dann bei dem Hellenisierungs- 
prozeß inhaltlich zum Volksmärchen geworden, formal aber bereichert worden 
mit typisch-literarischen Zügen der Kunstdichtung? Eine klare und allgemein 
überzeugende Beantwortung dieser Frage nach der letzten Endes zugrunde 
liegenden Urform kann vorerst noch nicht versucht werden, dazu ist das Ma- 
terial mythischer Art noch nicht reich und eindeutig genug. Da die Forschung 
hier noch durchaus im Fluß ist, mögen diese kurzen Hinweise auf die neue 
Problemstellung genügen. Sicher ist jedenfalls das, daß die Fassung der Amor- 
Psyche-Geschichte, die wir bei Apuleius lesen, eine lange und komplizierte 
Vorgeschichte hat, und daß man gut daran tun wird, mit verschieden gearteten 
Vorstufen und mannigfach sich kreuzenden Einflüssen (Märchen, Mythos, Kunst- 
dichtung) zu rechnen — nicht zuletzt auch mit der barocken und eigenwilligen, 
sehr bewußten und berechnenden Gestaltungskraft des Apuleius selbst. 

O. Weinreich. 

Name bei Apuleius in der griechischen Form erhalten blieb, während sonst die lateinischen Äqui- 
valente für griechische mythologische Namen gebraucht werden. 

1) Die Wichtigkeit von Reitzensteins Ausführungen über Märchen und bildende Kunst anerkennt 
auch v. d. Leyen, Aufs. E. Kuhn gewidmet (1916) S. 410 A. 1. 



XI 

DAS GEWÖHNLICHE ALTER DER 

MÄDCHEN BEI DER VERLOBUNG 

UND VERHEIRATUNG') 

Die Verlobung erfolgte oft lange vor der Hochzeit: Cass. Dio LIV 16, 7 : 
ib{ b* ouv ßp£q>T] xivts £TTuibM€VOi xd{ jifev T\\xäq tujv T€Y<*M11k6tuuv 
iKapiroOvTo, tö bl fptov aöxtöv oö irapcfxovTO, itpoatToie juibcjiiav 
4TPJ1V IcTxöciv, ^€9* f|v ovbk buofv troiv bi€\66vxu)V fa\if\ae\ Tis, toOt* Iotx 
fc€ic£nv iravTiü^ ItTvä^ÖÄi t6v fl ti An aifjf\q dTroXautfovrcr bifabexa tdp xais 
xdpouc 1$ xfjv toO f&\io\) ißpav lir\ irXflpf), KaGdircp etirov, vojLtteeiai (vgl. LVI 
7, 2 und Sueton. Aug. 34, 2); Modestin. Dig. XXIII 1, 14: in sponsalibus con- 
trahendis aetas contrahentium definita non est ut in matrimoniis; quapropter et 
aprimordio aetatis sponsalia effici possunt, si modo idfieri ab utraque persona 
intellegatur, id est, si non sint minores quam Septem annis. Doch sind in der 
früheren Kaiserzeit Mädchen, wie es scheint, nicht selten in noch jüngerem 
Alter verlobt worden. Vipsania Agrippina, Tochter des Agrippa und der Pom- 
ponia, ward schon im ersten Jahre [vix annicula) mit Tiberius verlobt (Nep. Att. 
19, 4). Die Tochter Sejans, die nach seinem Fall auf Senatsbeschluß getötet 
wurde, war mit Drusus, dem Sohne des nachmaligen Kaisers Claudius, verlobt, 
der wenige Tage nach der Verlobung an einer Birne erstickte; beide waren noch 
Kinder (Suet. Claud. 27, 1. Tac. Ann. III 29. V 9. Cass. Dio LVIII 11,5; über 
den Unterschied von destinare und despondere s. Nipperdey zu Tac. Ann. IV 7). 
Seine Tochter Octavia (geb. 43) hatte Claudius erst dem L. Silanus verlobt (Tac. 
Ann. XII 3), im Jahre 49 verlobte er sie mit Nero (ebd. q). CIL VI 28194: Diis 
manibus Valeriae M. f. Fortunatae, vixit annos Villi, menses VIII, dies 
X Villi ', M. ValeHus Anicetus, vix. an. XX, quifuit spon(sus) eins. Eine sechs- 
jährige sponsa CIL VI 9534; eine unfreie sponsa eines Sklaven, f ** Jahre alt, 
CIL VI 1 2 1 1 4. Zwei jugendliche Töchter, die eine im Alter von 1 3 x / 9 Jahren, 
iam prope nupptum myserae defunctae sunt ambae CIL X 2496. Bei luv. 3,111 
scheint der sponsus levis adhuc im Hause des Schwiegervaters zu wohnen. 

Obwohl nun die zur Ehe erforderliche Volljährigkeit erst mit dem vollendeten 
zwölften Jahre, die Mannbarkeit sogar in der Regel erst mit dem vierzehnten 

1) Vgl. I 271, 8. 273, 5. 



134 XI. ALTER BEI DER VERLOBUNG UND VERHEIRATUNG [I. 571, 572] 

eintrat (vgl. die unten anzuführende Stelle Macrob. Comm. in Somn. Scipion. 
1 6, 70), wurden die Mädchen zuweilen noch jünger vermählt: Plutarch. Lycurg. 
et Numae comp. 4, 2: twv bk 'Pwjiaduv bwbeicaeTeit xa\ vewrdpat £icbib6vTuiv 
oötw T^p Sv ^dXicTTa ica\ tö awjia Ka\ tö f^Go? KaGapöv Ka\ äGiktov tni rfy ya- 
jioOvti T€vd(T0ai. Doch wurden sie dann erst mit dem Alter von zwölf Jahren 
rechtmäßige Gattinnen; bis dahin blieben sie sponsae: Pompon. Dig. XXIII 
2, 4: minorem annis duodecitn nuptam tunc legitimam uxoretn fore } cum apud 
vir um explesset duodecim annos. Ulpian. Dig. XXIV 1, 32, 27: si quis sponsam 
habuerit, dein de eandem uxorem duxerit, cum non liceret, an donationes quasi 
in sponsalibus faetae valeant, videamus. et Iulianus traetat haue quaestionem in 
minore duodecim annis, si in domum quasi mariti immatura sit deducta\ ait 
enim haue sponsam esse, etsi uxor non sit Vgl. ebd. XXIII 1,9; XL VIII 5, 14, 8. 
Octavia, die Tochter des Claudius und der Messalina, stand, als sie ermordet 
wurde (62 n. Chr.), im 20. Lebensjahre (Tac. Ann. XIV 64), folglich bei ihrer 
Vermählung mit dem sechzehnjährigen Nero im Jahre 53 (ebd. Xu 58) im 
elften. Von solchen vorzeitig geschlossenen Ehen finden sich Beispiele auch 
in den Inschriften. Eine Frau, die nach 38 jähriger Ehe im Alter von 45 Jahren 
starb, also mit 7 Jahren geheiratet hatte (wofern nicht die Zahl XXXVIII auf 
dem Stein verschrieben ist für XXVIII) CIL VI 21562, eine andre, die bei der 
Verheiratung 7 Jahre und 7 Monate zählte, CIL IX 37 10; Vermählung im Alter 
von 10 — 11 Jahren CIL V 630. VI 19062. 21273 (eine elfjährig gestorbene 
Gattin ebd. 17599 [Echtheit fraglich]). X 155. XI 2657 (Sklavenehe). 3475 
vgl. 3476 (desgl.); von 11 — 12 Jahren CIL III 3572 (Aquincum). VI 18412. 
20370. IX 900. 301 1. XI 1016. 

Als durchschnittliches Alter der Mädchen bei der Verheiratung darf man 
wohl das von 1 4 Jahren annehmen, nach der ausdrücklichen Angabe Epictets 
(Enchir. 40): al Tuvauce? eüOus änö T€(X(Xape(?ica{b€ica frnöv Kupiai KaXoOvrai. 
ToitapoOv öpwercu 8ti fiXXo \iht oöbfev aureus irpocxecfri, ja6vov bk (TuYKOimävTai 
toi? ävbpäffiv, fipxovTai Ka\Xumi£€(T9ai kt\. Auch bei den Alimentations- 
stiftungen ist wohl vorauszusetzen, daß, wie die Unterstützung der Knaben 
sich bis zu dem Alter erstrecken sollte, wo sie ihren Lebensunterhalt selbst 
gewinnen konnten x ), so die der Mädchen bis zu dem, in welchem ihre Ver- 
sorgung durch Heirat zu erwarten war. Eine in Terracina gestiftete Alimen- 
tation (CIL X 6328 == Dessau 6278) sollte bei Knaben bis zum Alter von 16, 
bei Mädchen von 14 Jahren dauern; eine andre in Sicca Veneria (CIL VIII 
1641 = Dessau 6818 aus den letzten Jahren M. Aureis) bei Knaben ab annis 
tribus ad annos XV, bei Mädchen ab annis tribus ad annos XI IL Hadrian 
setzte die Dauer der Alimente bei jenen bis zum 18., bei diesen bis zum 14. Jahre 
fest, was Caracalla (imperator noster) bestätigte (Ulpian. Dig. XXXIV 1, 14, 1). 
Auch die Schriftsteller bieten Beispiele von so frühen oder noch früheren 
Verheiratungen aus verschiedenen Zeiten. Agrippina, die Mutter Neros, ge- 
boren am 6. November 16, wurde mit Domitius AJienobarbus im Jahre 28, also 
kaum 1 2 jährig vermählt; Augustus Tochter Julia, geboren 715 = 39, mit Mar- 



1) Diese Bestimmungen stehen also mit dem oben 1 272 angenommenen höheren Durchschnitts- 
alter der Männer bei der Eheschließung keineswegs in Widerspruch. 



[I. 573] XI. ALTER BEI DER VERLOBUNG UND VERHEIRATUNG 135 

cellus im Jahre 25, also im 14. Jahre. Die Tochter des Agricola, die er mit 
Tacitus während seines Konsulats (76) verlobte ac post consulatum collocavit 
(Agr. 9), war während Agricolas Quästur in Asien (65) geboren worden, also 
bei der Verheiratung schwerlich mehr als 13 Jahre alt. Die Tochter des Minu- 
cius Fundanus starb, noch nicht volle 13 Jahre alt, kurz vor der Hochzeit (oben 
1271,1.3). Im Jahre 33 vermählte Tiberius nach langer Überlegung die beiden 
Töchter des Germanicus, Iulia und Drusilla, postquam instabat virginutn aetas 
(Tac. Ann. VI 15). Iulia war im Jahre 18 geboren (ebd. II 54), also etwa 
15 Jahre alt; Drusilla vielleicht 2 Jahre älter (ebd. II 41. Sueton. Calig. 7). 
Aemilia Lepida, geb. 751, war die Tochter von Augustus Enkelin Iulia, geb. 735, 
die also auch mit 15 Jahren geheiratet hatte (Mommsen, Ges. Sehr. VIII 192). 
Quintilians Frau starb nondum expleto aetatis undevicesimo anno duos enixa 
filios (inst. or. VI prooem. 4). Beim Tode der Mutter war der jüngere Sohn 
5 Jahre alt, der ältere also in ihrem 13. Jahre geboren (Vollmer, Rhein. Mus. 
XL VI 1891 S. 343 ff.). Vgl. Auson. Epitaph. 32 m tumulum sedecennis ma- 
tranae, die auch bereits als Mutter gestorben war. 

Im folgenden sind eine Anzahl von Inschriften zusammengestellt, in denen 
das Alter der Frauen bei der Verheiratung entweder direkt angegeben ist oder 
sich durch Abzug der Jahre der Ehe von denen des Lebens ergibt. Sie stammen 
sämtlich aus Rom und Italien. 

Alter bei der Verheiratung 12 — 13 Jahre. 

CIL V 1438 (f 30 J. 56 T. alt, verheiratet 18 J. 56 T.). 7539 (annorum nata 
XIII, nupta fuit dies C). CIL VI 3604 (quam nupsi annor. XII, mesum XI, 
dierutn XI III). 10867 (irizit annis virgo XII, cum marito XXX et menses VI). 
14930* (verh. 32 J. 3 M., f 45 J- dt). 19883 (verh. 43 J., f 55 J. alt). 24072 
(verh. 1 J. 9 M. 17 T., f 14 J- 17 T. alt). 29324 [nupsit an(narum) XII } durum 
XXX). CIL XI 832 (eine cla(rissima) fem(ina), f 13 J. 47 T. alt, verh. 5 M. 
20 T.). 1077 (t 15 J. 10 M. 20 T. alt, verh. 3 J. 4 M. 2 T.). 3830 (f 40 J. 5 M. 
25 T. alt nach 2 8 jähriger Ehe). 

Alter bei der Verheiratung 13 — 14 Jahre. 

CIL V 6545 (f 26 J. 6 M. 15 T. alt, verh. 12 J. 10 M.). CIL VI 7384 (f 16 J. 
8 M. alt, verh. 3 J. 7 M.). 13017. 13300 (2 nach 19 jähriger Ehe im Alter von 
32 J. gestorbene Frauen). 17475 (verh. 16 J. 3 M. 15 T., f 30 J. alt). 18703 
(verh. 6 J., f 19 J. 8 M. alt). 34675 (f im Alter von 13 J. 4 M., verh. 23 T.); 
eine im Alter von 13 J. 6 x / t M. verstorbene Gattin ebd. 12272, eine andre, 
f 13 J. 1 1 M. alt, Not. d. sc. 1914, 397. CIL IX 1852 (f 45 J. alt nach 32 jähr. 
Ehe). CIL X 181 (t 41 J. 6 M. 5 T. alt, verh. 28 J. 4 M. 10 T.). 231 1 (Urtijpis 
a deeimo cum me produceret annus, [coni\ugis adsumpsi nomen gremiumque 
resolvi.) CIL XI 691 (f 23 J. 7% M. alt, verh. 10 J.). 4364 (f im 30. Lebens- 
jahr, verh. 16 J.). 



136 XI. ALTER BEI DER VERLOBUNG UND VERHEIRATUNG [L 574-576] 

Alter bei der Verheiratung 14 — 15 Jahre 1 ). 

CIL V 69. 6060. CIL VI 7581. 14534. 15075. 15606. 20440. 23044. 26724. 
33668; eine im Alter von 14 J. 10M. gestorbene Gattin ebd. 20480. CIL XI 
489. 896. 

Alter bei der Verheiratung 15 — 16 Jahre. 

CIL VI 11682. 13128. 13383. 14377. [17840/1. CIL IX 1983. CIL XI 81. 
Eine Gattin f 16 J. 9 M. alt CIL XIV 603. 

Alter bei der Verheiratung 16 — 17 Jahre 9 ). 
CIL VI 10526. 11137. H939- 12451. I3303- iSä 1 ^ CIL IX 547Ö- 59io. 

Alter bei der Verheiratung 17—18 Jahre 3 ). 
CIL V 3593. 6377. 7763 [univiria). CIL VI 13853. 

m 

Alter bei der Verheiratung 1 8 Jahre und darüber. 

18 — 19 Jahre: CIL VI 18378. 22791. CIL X 427. 

19 — 20 » CIL V 1250. CIL VI 11082. 16199. 21714. 

CIL X 7654. 
20 — 21 » CIL VI 11.683. 13092. 14622. 25678. 
21 — 22 » CIL VI 18930. 23176. 24337. CIL XI 2451. 
22 — 23 » CILVI15615. 
23 — 24 » CIL XI 6146. 
24 — 25 » CIL VI 2 131 4. 
25 — 26 » CIL VI 13582. 15106. 15581. 29890. 
26—27 » CIL V 3496. OL VI 15598. 
28 Jahre: CIL VI 17777. 
32 » CIL VI 13364. 

Als Jungfrauen gestorben. 

Im Alter von 12 Jahren: CIL VI 23823. — 13 J. 6 M.: CIL VI 22704. — 
14 J.: CIL VI 20167. 20653. — 15 J.: CIL VI 8027; 15 J. 9 M.: CIL XI 2502. 
— 16 J.: CIL VI 2723. — 18 J.: IG XIV 1648 = IGR I 263; 18 J. 3 M.: CIL 
VI 24032. — 19 J.: CIL VI 21070; 19 J. 10 M.: CIL VI 13172. 

Es ist kein Grund anzunehmen, daß eine große Vermehrung dieser Samm- 
lung wesentlich andre Altersverhältnisse ergeben würde. Von den im Alter 
von mehr als 18 Jahren verheirateten Frauen ist ohne Zweifel ein großer, wenn 
nicht der größte Teil schon früher verheiratet gewesen, und die Möglichkeit 

1) Ehefrauen, f im Alter von 15—16 Jahren, also verheiratet spätestens im Alter von 14 — 15: 
CIL VI 17816. 20367. XI 3895. 5684. 5797. XIV 2737. 3818. 2) Ehefrauen + im Alter von 

16—17 J- : CIL V 7191. VI 17582. 18705. 23629. 33158. 34728 {Virginia). XI 1504. 3) Ehe- 

frauen + im Alter von 17 — 18 J.: CIL VI 17594. XI 513. 167 1. 6080. 



P- 577» 57 8 ] XL ALTER BEI DER VERLOBUNG UND VERHEIRATUNG 137 

einer früheren Ehe ist bei keiner derselben in Abrede zu stellen 1 ). Daß die 
früheren Ehen auf den Grabschriften nur ausnahmsweise angegeben sind, ist 
sehr natürlich; so CIL V 7453: Inschrift einer 36 Jahre alt gestorbenen Frau, 
die 2 mal, in zweiter Ehe 16 Jahre verheiratet war 9 ). Auch ist zu bedenken, 
daß diese Frauen größtenteils den mittleren und unteren Ständen angehören, 
in denen Armut, der Mangel einer Mitgift usw. noch leichter die Verheiratung 
verzögern konnte, als in den höheren; in diesen wird also um so mehr Ver- 
heiratung bald nach vollendetem zwölften Jahre für das gewöhnliche zu halten 
sein. Darf man aus Terent. Eunuch. 3 18 f., wo ein Alter von sechzehn Jahren 
als die Blütezeit der Jungfrau bezeichnet ist, auf römische Sitte schließen, so 
wäre allerdings für die ältere Zeit ein späteres Durchschnittsalter anzunehmen. 
»Im heutigen Italien ist dasselbe nach einer 6 jährigen Zählung auf 23 Jahre 
10 Monate für die Braut, 30 Jahre 7 Monate für den Bräutigam gestiegen. 
Eheschließungen vor vollendetem 1 5. Jahre kommen auch jetzt noch vor, aber 
nur in dem minimalen Verhältnis von 1,29 per Mille für das weibliche, 0,02 per 
Mille für das männliche Geschlecht Zudem gehören sie vorwiegend Sicilien 
und den südlichen Provinzen an, wo die Ziffer etwa auf 2 und 0,03 per Mille 
steigt, c Nissen, Ital. Landesk. I 411. 

Aus den Provinzen des römischen Reichs sind nur sehr wenige Grabschriften 
bekannt, in denen außer den Jahren des Lebens auch die der Ehe angegeben 
sind. Unter den spanischen Inschriften kommt, wie es scheint, als einzige 
hier in Betracht CIL II 2752 (Segovia): nurui an(norum) XIV Für Afrika 
und Ägypten dürfte eher noch ein früheres Alter der Verheiratung anzuneh- 
men sein 3 ). Die afrikanischen Inschriften bieten Beispiele für Eheschließungen 
im Alter von 13 Jahren (CIL VIII 1 1665 : vix ann. XIII I m. V, ex quo tempore 
v\ix~\ ter senum mens{ü\m in dient mortis sucu cum marito egit\ 14 Jahren (CIL 
VIII 2756: XV anno mariti nomen accepit) — eine 15 jährig gestorbene Ehe- 
frau CIL VIII 5554 — , 15 Jahren (CIL VIII 9670: ne quidem inpleto 6[i]enni 

tempore mari\t\ali v[i]nculo disiuncta f 1 7 J. 3 M. alt), 1 6 Jahren (CIL VIII 

2857) — eine 16 Jahre alt gestorbene Gattin ebd. 3664 — , 1 7 Jahren (CIL VIII 
21241; vgl. 18374. 18965. 22983 [i7Jährig gestorbene Ehefrauen]), 19 Jahren 
(CIL VIII 9638: tradita marito anorum X Villi), 20 Jahren (CIL VIII 3160); 
ferner Beispiele für Jungfrauen gestorben im Alter von 1 5 Jahren (CIL VIII 
21 142), 17 Jahren (OLL VIII '24703. 24941 a), 21 Jahren (CIL VIII 9686). 

Unter den von Garrucci herausgegebenen jüdischen Inschriften aus Rom, 
größtenteils von dem Kirchhofe in Vigna Randanini (Cimitero degli antichi 

1) Dementsprechend wird die Tatsache einer nur einmaligen Vermählung (vgl. oben 1 312, 4) zu- 
weilen rühmend hervorgehoben, wie CIL IX 3158 = Dessau 2682: annos XXXVIIII u[n]i nupta 
viro; CIL XIII 2216: unius marita; VI 12405. XIV 418 = Dessau 6167: unibyria (d. i. univiria); 
VI 9810 = Dessau 7463: cum quo vixit a virginitate annis XXXV; XIII 2000 = Dessau 7648: 
cum comuge sua Virginia, cum qua vixsit annis XXXXVIII; VI 18449: q{uae) mecum vixit a prima 
aetate sua in diem mortis. 2) Auch auf den von Witwern ihren Frauen gesetzten Inschriften 

sind Erwähnungen früherer Ehen (wie CIL VI 15488. 201 16. 20564) sehr selten. 3) Vgl. Über 

die Ehen von Maurinnen, Berberinnen, Araberinnen und Jüdinnen in Nordafrika (im Alter von 
12—15 Jahr**, zuweilen in einem noch früheren): Schwarz, Algerien (1881) S. 361. Hesse- 
Wartegg, Tunis S. 101. 165. Maltzan, Drei Jahre im Nordwesten von Afrika (1868) I 251. III 
44. 240 f. 



138 XI. ALTER BEI DER VERLOBUNG UND VERHEIRATUNG [L 579] 

Ebrei etc., Roma 1862, und Dissertazioni archeologiche II [1865] S. 150fr.), 
geben nur drei das Alter von Frauen bei der Verheiratung an. Cimitero S. 31: 
Bevepwtfa avpwv [annorum) XVII €KOU (?) fiapiTOU^ \m\<5\<^ [menses) XV\ 

S. 50: vixit annis XVIII dies III cum virginiun sun que vixit annis III 

dies III] S. 60 (nach Garruccis, wie es scheint, auch hier richtiger Lesung): 
llr)Oev lxr\ 10, ineid toO <xu|ußiou aÜTf|<; 2tt] b (?). 

Auch für Griechenland und das griechische Asien möchte man etwa 
dasselbe annehmen wie für Italien, was ja auch der früheren Sitte (Xenoph. 
Oecon. 7, 5 ist die junge Frau noch nicht 15 Jahre alt; die Vorschriften Hesiods, 
Piatons und Aristoteles' [Rein in Paulys ReaJencykl. IV 1648] beweisen nichts für 
die Praxis) nicht gerade entgegen ist. In dem Roman des Longus sind Daphnis 
und Chloe beim Beginn der Erzählung 15 und 13, bei der Hochzeit höchstens 
16 und 14 Jahre alt; daß die Tochter des Massalioten Zenothemis (Luciaa 
Toxaris 24) mit 18 Jahren noch unvermählt ist, hat (ebenso wie bei der ebenso 
alten Tochter des Germanos, Procop. Hist. anecd. 5) einen besonderen Grund. 
Ohne Zweifel waren jedoch Verheiratungen in diesem und noch späterem Alter 
nicht selten. Die griechischen Ärzte geben als die Zeit des Eintritts der Men- 
struation das Alter von 14 Jahren an. Th. Gomperz (Hermes V 1870 S. 393, 1) 
hat folgende Stelle des Soranus Ephes. De muliebr. affect c. 4 ed. Ermerins 
p. 20, 10 angeführt: tö bk l\i\ir\vov imqpafveTCU tö Trpi&TOv n€p\ tö Tcacxapeoxai- 
bdKaxov lro<; Kaiä tö TrXeTaxov 8t€ kcx\ tö f|ßäv Ka\ tö btOfKoOaOat tou^ juacrrou? 
(vgl. c. 8 p. 41, 15) und eine ganz ähnliche des Paulus Aegineta (unter Con- 
stantinus Pogonatus 668 — 685) III 60: tcus TrXei'araiq f\ KaOapai? fiv€Tai rc€p\ 
TeaaapecTKaib^KaTOV J-toc, dXi-faic bk Oäacxov, Kcrrä tö TptöxaibdicaTOv Fj bwbt- 
kotov, oök öXItcus bk ßpdbiovTwv beKaiecrcTdpwv £tujv. Der Ausspruch des 
Soranus, der unter Trajan und Hadrian in Rom praktizierte (Ermerins praef. 
p. Vf.): eöcpuiöc bfj trpö? <rtXXv)t|uv biaK€ia9ai (Xrmetuniov räq dirö tt€vt€- 
K<xib€Ka€ToOs f|XiKia? Sws T€<j(TapaKOVTa€ToO? KaTd tö irXettfTOv (p. 43, 4) 
sollte wohl nicht für die Griechinnen allein gelten. Doch darf man nach in- 
schriftlichen und sonstigen Zeugnissen annehmen, daß auch sie häufig geraume 
Zeit, und zwar oft zwei Jahre, vor dem Eintritt der Geschlechtsreife vermählt 
wurden, ebenso wie die Römerinnen, von welchen Macrob. Comm. in Somn. 
Scipion. 1 6, 71 ausdrücklich sagt: postannos bis Septem — purgatio feminarum 
— de (tutela) tarnen propter votorumfestinatiotiem maturius biennio absolvuntur. 
Ebenso früh heiraten Mädchen im heutigen Griechenland und zwar offenbar 
nicht selten. Fahrenheid (Reise durch Griechenland [1841] S. 24) sah in Athen 
an den Brüsten junger Frauen von 13 Jahren schon die Nachkommenschaft 
liegen. Altersangaben aus dem Altertum sind folgende: CIG 3118 = Kaibel, 
Epigr. gr. 227 (Grabschrift einer 14jährigen Jungfrau, bei Teos): Iv bfj JXaxov 
Gf\ixa Tob J dvVl Td^iou. Anthol. Pal. VII 487 (Epigramm des Perses — älter 
als Meleager — auf den Tod eines Mädchens von 14 Jahren vor der Hochzeit). 
IX 70 (Leonid. Alexandr. unter Nero): YPfiuv &P1H6 OiXTvoc, 8t 3 fjv v£o<r f|vfica 
*rrp£<Tßus, bujb£K€Tiv. VII 547 (von demselben Dichter — ein Vater betrauert 
seine Tochter): Kcnr£(XT€V€ b* oöx 'Yuevafip, dXX* 'Afbqi vtfjiqpav bwb£K€Tiv kot- 
drwv. Nach Phlegon Mirab. 6 verwandelte sich in Antiochia am Mäander im 
Jahre 45 eine Jungfrau von 13 Jahren kurz vor der Hochzeit in einen Mann. 



[I. 5«o] XL ALTER BEI DER VERLOBUNG UND VERHEIRATUNG 139 

CIL III 6759 (Ancyra, aus der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts): — coniugi 
b. m. ann. XV mens. V dieb. XVIII y quae partu primo post dient XVI 
relictofilio decessit. österr. Mitt. VIII (1884) S. 11, 24 (bei Küstendsche): k*\k- 
}ir\Oa bi. frriöv it. Auf griechischen Grabschriften sind die Jahre der Ehe nie- 
mals angegeben, ausgenommen bei denen einiger in Rom gestorbener Grie- 
chinnen oder Asiatinnen, aus denen man aber doch wohl auf Griechenland 
bzw. den griechisch redenden Osten schließen darf: Alter bei der Verheiratung 
12 Jahre IG XIV 1927, 13 Jahre ebd. 1370. 1831. 1866 (= Kai bei, Epigr. gr. 
681. 721), 15 Jahre ebd. 1845. 

In Dalmatien und in den Donauprovinzen finden sich Beispiele für ein 
Heiratsalter von 12 Jahren (CIL III 2382. 9178 [Salonae]), 13 — 14 J. (ebd. 2741 
[Dalm.]. 11232 [Pannon.]), 14 — 15 J. (ebd. 1315 [Dacien]. 2997 [Dalm.]), 17 J. 
(ebd. 1992 [Dalm.]), 19). (ebd. 3989 [Pannon.]), 20 J. (ebd. 2225 [Salonae]), 
23 J. (ebd. 2267 [Salonae]). 

In den nördlichen und nordwestlichen Ländern werden die Mädchen ver- 
mutlich im allgemeinen später verheiratet worden sein (Tac. Germ. 20: nee 
virgines festinantur). In Gallia Narbonensis dürfte das Heiratsalter dasselbe 
gewesen sein wie in Italien. CIL XII 690 nennt eine 14 jährig gestorbene Ehe- 
frau, CIL XII 2398 eine im Alter von wenig mehr als 13 Jahren vermählte. In- 
schriften aus der Hauptstadt der Lugudunensis erwähnen Eheschließungen im 
Alter von 12 Jahren (CIL XIII 2068), 12 J. 7 M. (ebd. 2*203), 13 1 /* J- ( ebd - l 9*3)> 
14 J. 8 M. (ebd. 2273), 16 J. (ebd. 2094), 17 J. (?) (ebd. 2189), 20 J. (ebd. 2244); 
eine Kölner (CIL XIII 8299) ein Heiratsalter von 15 Jahren. Die britannischen 
Grabschriften (CIL VII) enthalten keine Altersangaben. 

Noch heutzutage sind die Moldau-Walachinnen mit 13 Jahren in der Regel 
schon verheiratet (PreuO. Jahrbücher XVIII 1 866 S. 72); die Fürstin von Monte- 
negro war es mit 13'/, (S. Kapper, Deutsche Rundschau IX 1876 S. 383). Die 
Mädchen der Sachsen in Siebenbürgen heiraten (nach Bergner, Siebenbürgen 
S. 61) oft mit dem 15. Jahre. 

Daß die Sitte, die Mädchen mit oder bald nach dem Eintritt der Mannbarkeit 
zu verheiraten, auch in der christlichen Zeit fortdauerte, ist ausfuhrlich nach- 
gewiesen von Cavedoni, Dell' eta consueta nelle nozze degli antichi Cristiani, 
woraus hier einiges mitgeteilt sei (vgl. Friedlaender, Königsberger Univ.-Progr. 
1864 II). Paul, ad Corinth. I 7, 36: et bt ti$ doximovcTv tili rt\v trapOivov aÖToO 
voiifcci, £äv rj öirlpaKiiot k<x\ oOrwt öqpdXei tiveaOai, & 6&€i noieiTw, oux äjiap- 
xdv€i - -f ajAefruKTav läßt keinen Schluß zu. Das kanonische Recht setzt die Pubertät 
des weiblichen Geschlechts auf 12, des männlichen auf 1 5 Jahre fest, und die In- 
schriften der Katakomben bestätigen die Fortdauer der frühen Eheschließungen 
für das erstere. Cavedoni fand darin 8 Frauen, die im Alter von 12 — 13 Jahren 
verheiratet waren, 9 im Alter von 1 3, 1 1 von 1 4, 16 von 15,13 von 1 6, 1 1 von 1 7, 
9 von 18, 8 von 19, 9 von 20, 6 von 21,5 von 22 Jahren; wenige in höherem 
Alter. Von den älteren mögen einige schon früher verheiratet gewesen sein. 
Weitere zufallig herausgegriffene Beispiele für ein frühes Heiratsalter von Chri- 
stinnen CIL V 4850 (15 J.). 1661 (17 J.). 1678 (19 J.). CIL X 5897. 7971 (15 J., 
bzw. 14 J. 9 M.). CIL XI 3757 (12 J.). 2834. 3570 (14 J.). 3054 v. J. 359 (15 J. 
8M.). 4629 v. J. 373 (15 J.). 1730. 2536 (16 J.). 4969 v.J. 420 (16 J. 4M.). 2872 



140 XL ALTER BEI DER VERLOBUNG UND VERHEIRATUNG [I. 181] 

v. J. 401 (i8y fl J.). CIL XIII 1 1918 (16 J. 9 M.). Dagegen eine sponsa \ 23 J. 
6 M. 1 8 T. alt, sponsatafuit ann. III men. II du XVII CIL V 1 620, eine puella 

virgo f 17 J- 5 M. 19 T. alt, sponsata diebus XXV ebd. 1636. Auch daß 

Mädchen unter 12 Jahren heirateten, die aber natürlich erst mit vollendetem 
zwölften Jahre als rechtmäßige Gattinnen betrachtet wurden, ist durch mehrere 
christliche Inschriften bezeugt (Boldetti Osservaz. sopra i Cimiterj p. 385. 417. 
'461. Fabretti 269, 130. CIL XIII 3846). Hierher gehört auch die von Cavedoni 
S. 18 mit Unrecht bezweifelte, von De Rossi, Inscr. Christ. 107 aufgenommene 
Inschrift v. J. 349: birginius castae conpari, cum qua fecit annis VIII, que 
vicsit amtis X Villi menses Villi dies XVII; vgl. die Anm. des Herausgebers. 
Augustin. Conf. VI 13, 23: puella petebatur, cuius aetas ferme biennio minor 
quam nubilis erat; et quia eaplacebat, exspectabatur; ebd. IX 9, 19: (Monnica) 
übt plenis annis nubilis facta est, tradita viro servhit velut dotnino. Die heilige 
Agnes soll ihr Märtyrertum im Alter von 12 (Ambros. De virginib. 2, 7) oder 
13 J. (Augustin. Serm. de diversis 101) erlitten haben. 

Es mögen noch zwei Epigramme von Agathias und Paullus Silentiarius (beide 
unter Justinian) folgen, aus denen sich für das oströmische Reich dasselbe 
ergibt. 

Agath. Anth. Pal. VII 568: c E7rrd ^ic b\? XuicdßavTac 2xou<xav äqpfipTraae 

bcuVuüv, f\v jiotivT]v Aibu^qj 7rcnrp\ GdXeia rdicev. ol \ikv tap fovttq 

He Y<*Hlftiov et<; c Yji£vaiov ju£XAov äteiv, (TTUtepoO b* et? 'Ax^povros Sßriv. 

Paul. Silent. ebd. VII 604 (&r\ 1$ Ibiq. OuTaxpC, f\<; ävojuux Mcnoibovia): A£icrpa 
aoi <Jvt\ y^Hwv imTiijuißia, irdpOevc Koupri, £<XT6pe<xav iraXd^ai? ravGaXfois 

•fevfrcu. Awb^KCTiv fdp MOtpa, MaKfibovffi, ff€ KaXurcrci, KdXXemv 

6irXoT^priv 7 FjSecxi T^lpaX^v. Aus unbestimmter Zeit stammt die stadtrömische 
Grabschrift Kaibel, Epigr. 679: MapKdXX?]S Tdqpoc eijuu- ti? aöxrj, fpd^aTa XÖSct. 
dpTitoi^o? Koupn efcocftv ov<? Ixtwv. 

Erwähnt sei noch, daß in Petrarcas Erzählung De obedientia etfide uxoria 
mythologia (Übersetzung der 100. Novelle in Boccaccios Decamerone) die Tochter 
der Griseldis, die der Markgraf Walther als seine angebliche Braut kommen 
läßt, 12 Jahre alt ist (Opera ed. Basil. p. 541 ff.). Karls des Gr. Gemahlin Hilde- 
gard, Mutter der Rotrud, war ihm im 13. Jahre vermählt worden (Dahn, Paulus 
Diaconus S. 47). Lucrezia Borgia, geb. 1480, heiratete 1493 Giovanni Sforza 
(Gregorovius, Lucrezia Borgia I 36. 49). Sixtus V. vermählte den 1 2jährigen 
Marco- Antonio Colonna mit der 10jährigen Orsina Peretti (Hübner, Sixte-Quint 
II 147). Nach Galateo di Lecce (einem Freunde des Pontanus) pflegten die Mäd- 
chen in der Terra di Otranto schon im 12. Jahre verheiratet zu werden (Gothein, 
Kulturentwicklung Süditaliens S. 390). Anna Melanchthon hairatete Georg 
Sabinus, den ersten Rektor der Universität Königsberg, 14 Jahre alt, Descriptio 
Regimontii ex Casp. Steinii Peregrino edita, I (Programm d. Univ. Königsberg 
1874) S. 6. Margarethe von Parma wurde 12 Jahre alt mit Alexander von 
Medici, 20 Jahre alt mit dem 13 jährigen Ottavio Parnesio vermählt (Motley, 
Geschichte des Abfalls der Niederlande, deutsch v. Eltze, I 212). Marie Antoi- 
nette, geboren den 2. November 1755, vermählt den 16. Mai 1770. Madame 
Mfere sagt: l je me mariai h Vage de treize ans avec Charles Bonaparte* (Valbert, 
Rev. des deux mondes CXIV 1892 S. 684). Mme. de Caylus, geboren 1673, 



XI. ALTER BEI DER VERLOBUNG UND VERHEIRATUNG 141 

heiratete 1686 (Ste. Beuve, Causeries du lundi, 6d. 3 me Paris 1858 III 58); Hen- 
riette Herz, geb. 1764, heiratete 1779 (Fürst, Henriette Herz S. 25). Durch das 
Gesetz vom 20. September 1 792 wurde in Frankreich zur Eingehung einer Ehe 
jeder Jüngling von 15, jedes Mädchen von 13 Jahren befähigt (Sybel, Gesch. 
d. Revolutionsz. IV 10). Sadler, Law of population II 281 bei Quetelet, Phy- 
sique sociale 1869 I 181 gibt in einer Übersicht der Ehen der englischen 
Peeresses 32 im Alter von 12 — 15 Jahren geschlossene Ehen mit 141 Kindern 
an; in einer Übersicht der Geburten in den Haupt -Wohltätigkeitsanstalten 
Londons 74 im Alter von 13 — 16 Jahren geschlossene Ehen mit 376 Kindern. 
Quetelet selbst bemerkt S. 381: l en Belgique lesfetntnes se marient dijh entre 
14 et 16 ans 1 . Die Jüdinnen in Litauen heiraten im 11. Jahre und bekommen 
Kinder im 13. (K. Schwarz, Clausewitz I 522). M. Bang. 



XII. 

DIE ENTWICKLUNG DES GEFÜHLS 
FÜR DAS ROMANTISCHE IN DER 
NATUR IM GEGENSATZ ZUM AN- 
TIKEN NATURGEFÜHL') 

Der Sinn für die Schönheit der eigentlichen Gebirgslandschaft, sowie für 
das Romantische in der Natur überhaupt, ist gegenwärtig so verbreitet 
und erscheint als eine so natürliche, ja notwendige Empfindung, daß 
man geglaubt hat, ihn auch im Altertum ohne Beweis, ja selbst ausdrücklichen 
Zeugnissen zum Trotz voraussetzen zu müssen 8 ). Zur Unterstützung dieser 
Annahme wird angeführt, »daß Dinge lange mit Namen wie unheimlich, 
rauh, wild, erschreckend, furchtbar belegt werden können, ehe die Reflexion 
gewahrt, wie sehr das Gefühl durch dieselben in Anspruch genommen, erhöht 
und ergriffen werde, daß Sprache und Empfindung oft lange Zeit verschiedene 
Wege gehen« 3 ). Wenn dies auch (obwohl schwerlich auf lange Zeit) möglich 
ist, so darf ein solcher Widerspruch zwischen Sprache und Empfindung nur 
aus den zwingendsten Gründen angenommen werden, die es in diesem Falle 
nicht gibt. 

Im allgemeinen ist jedoch der Mangel an Empfänglichkeit für die bezeich- 
neten Erscheinungen der Natur im Altertum nicht bestritten, sondern wird 
gerade für eine das antike Naturgefühl im Gegensatz zum modernen kenn- 
zeichnende Eigentümlichkeit erklärt. Den Griechen und Römern, sagt Hum- 
boldt, schien fast allein das gemächlich Bewohnbare anziehend in der Land- 
schaft, nicht was wir wild und romantisch nennen 4 ). Und doch ist diese 
gegenwärtige Richtung des Naturgefühls auch dem Mittelalter und dem größeren 
Teil der neueren Zeit entweder ganz fremd gewesen, oder hat sich wenigstens 
bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts nur in vereinzelten Äußerungen kund- 
gegeben; keinesfalls ist ihre allgemeine Verbreitung viel über ein Jahrhundert alt 

1) Vgl. I 483, 1. 2) Dies tat Motz in der Übrigens an treffenden Bemerkungen reichen Schrift 
Über die Empfindung der Naturschönheit bei den Alten (1865) S. 113: »Nach den früheren De- 
duktionen kann es ferner nur als ein idolumfori erscheinen, daß man den Alten einen geringen 
Sinn für die Schönheit einer großartigen Bergnatur beilegte.« Die Schrift von A. Gerber, Die 
Berge in der Poesie und Kunst der Alten (München 1882) enthält nichts zur Sache. 3) Motz a. 
a. O. S. 128, 1. 4) Humboldt, Kosmos II 79. 



[IL 218] XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 143 

In der deutschen Poesie des Mittelalters tritt das Naturgefühl überhaupt sehr Geringe Spuren 
wenig hervor 1 ). In den höfischen Epopöen wie in den lyrischen Gedichten i^MittSSter. 
wiederholen sich, was die landschaftliche Szenerie betrifft, einige wenige kon- 
ventionelle Züge: linde Maienlüfte, Vogelschall usw., die eine bloße Dekora- 
tion in abstraktem Stil bilden 3 ), »aber es ist lauter Vordergrund ohne Ferne. 
Aus den Gesängen der Minnedichter würde vollends niemand erraten, daß Minnegesang 
dieser dichtende Adel aller Länder tausend hochgelegene, weitschauende ^h e Poesie" 
Schlösser bewohnte oder besuchte und kannte. Auch in den lateinischen Ge- 
dichten der fahrenden Kleriker fehlt noch der Blick in die Ferne, die eigentliche 
Landschaft« 3 ). »Ihre besonderen Formen, ihre Großartigkeit wie ihre Lieb- 
lichkeit, die Pracht ihrer Farben, wenn z. B. der Abendhimmel über einer 
weiten Landschaft glüht, oder die Schönheit ihrer Linien, das alles fand keine 
Bewunderer. Stürzende Felsen, Schneegebirge und Gletscher, rauschende 
Ströme und brausende Wasserfälle, daran ging der Ritter und der Dichter 
stumm vorüber« 4 ). 

In der altenglischen Poesie fehlt es nicht an unzweideutigen Äußerungen der Altenglische • 
Abneigung gegen gebirgige Gegenden. In einer von Cynewulf im 8. Jahrhun- ocsle * 
dert geschilderten idealen Landschaft gibt es nur grüne, blumenreiche, duftende 
Gefilde, blühende und fruchttragende Bäume, kalte, klare Bäche und Quellen: 
»keine Berge, schroffe Höhen oder Felsklippen, keine Höhlen und Schluchten, 
keine Hügel und Erhebungen, nichts Rauhes oder Unebenes«. Ebenso ist in 
einem Epos des 13. oder 14. Jahrhunderts (Sir Orfeo) eine schöne Gegend »so 
glänzend wie Sonne am Sommertag«, »glatt eben und ganz grün, Berg und 
Tal ward dort nicht gesehn«. Wenn bei Chaucer ein schroffes Felsgestade 
anzuschauen ist »wie ein scheußliches Chaos, nicht wie ein schönes Schöpfungs- 
werk eines allweisen Gottes«, so ist dieser Eindruck allerdings zunächst durch 
die Gefährlichkeit der geschilderten Klippen für Seefahrer bedingt, doch gewiß 
nicht durch sie allein; und die gleich folgende Beschreibung eines herrlichen, 
mit Grün und Blumen prangenden, »von Menschenhänden sorglich ausge- 
schmückten« Gartens zeigt hinlänglich, welchen Naturszenen die Neigung des 
Dichters zugewandt war. Auch bei Shakespeare ist von dem Eindruck der 
Gebirgslandschaft nirgends die Rede, und in Cymbeline findet sich kein Wort 
über ihren Einfluß auf den Charakter ihrer Bewohner 5 ). Auch Dante gibt der Italiener, 
weiten, fruchtbaren Ebene den Vorzug vor gebirgigen und felsigen Gegendeh, 
ja er fand diese geradezu häßlich. Die eintönige lombardische Ebene nennt er 
die liebliche Fläche (lo dolce piano), »die sich bis Marzabo senkt von Vercelli«, 

1) Humboldt a. a. O. II 33. Zahlreiche Belege dafür, daß in der altgermanischen und angel- 
sächsischen Poesie die Gebirgsgegend als wild und unhold, flaches Land dagegen als schön er- | 
scheint, gibt Lüning, Die Natur in der altgermanischen und mittelhochdeutschen Epik (Zürich j 
1888J S. 247 ff. 2) Hehn, Italien 9 S. 56. 3) Burckhardt, Kultur der Renaissance II 7 S. 16. 

4) J. Falke, Die ritterliche Gesellschaft im Zeitalter des Frauenkultus S. 131. 5) O. Dolch, The I 
love of Nature in the early English poetry (Programm der Annen-Realschule zu Dresden 1882) 
S. 10. Shakespeare erscheint »noch magisch in der Natur und ihrem nächsten Anblicke gefangen, 
als wären etwa Bilder aus seiner früheren Jugend, von einem Dickicht am Avon mit blumen- 
reichen Waldlichten in ihm lebendig und über ihn völlig Meister geblieben doch für Gebilde 

der Ferne hat er kaum eins seiner leuchtenden und mächtigen Worte übrig«. Aus einem Brief 
von Jacob Burckhardt (1889). 



i 4 4 XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [IL 219, 220] 

die beiden Kavieren führt er als Beispiele der Ungangbarkeit an, »die wüstesten, 
die jähsten Felsenstrecken, dort von Turbia bis gen Lerici« *). Doch für Pe- 
trarcas lebhafteren Natursinn erschloß sich der Reiz jener unvergleichlichen 
Uferlandschaften trotz der Steilheit und Wildheit ihrer Felsen, die Dante ab- 
schreckte. Er rühmt die Bergkette an der Riviera di Levante als Höhen »von 
höchst anmutiger Schroffheit und wunderbarer Üppigkeit der Vegetation« und 
das Ufer der Bucht von Genua, weil es, »wie ein Mäander sich windend, mannig- 
fachen Ausblick auf seine köstlichen Konturen gewährt und den für Schönheit 
offenen Sinn mit dem Wechsel reizendster Bilder erfrischt«. Doch wenn sich 
hier eine Regung eines erweiterten Naturgefühls zeigt, so steht sie vereinzelt, 
und Petrarcas übrige Naturschilderungen weichen nirgends von der antiken Auf- 
fassung ab. Als er 1350 von einem grünen Vorsprunge aus den gleich einem 
Meer wogenden Gardasee (eine Reminiszenz aus Vergil) betrachtete, weilte sein 
Blick lange und gern auf der weiten und fruchtbaren Ebene zur Linken. In 
seiner Beschreibung der römischen Campagna hebt er die Belebung der Hügel 
durch WUd und Rinderherden, den Quellenreichtum des Bodens, die Beweise 
menschlicher Arbeit rings auf den Feldern, die Gaben des Bacchus und der 
Ceres, die Schönheit der nahen Seen und Flüsse und des Meeres hervor; 
vollends wenn er das Tal von Vaucluse schildert, glaubt man Vergil oder Horaz 
die Schönheit des Landlebens preisen zu hören. Immer wieder rühmt er seine 
nur durch Rindergebrüll, Vogelgesang und Wasserrauschen belebte Einsam- 
keit, die Kristallhelle und das Smaragdgrün der das Tal durchfließenden Sorgue, 
den Reichtum der Erde an Öl und Wein und allem, was die Erde Köstliches 
hervorbringt 9 ). Auch in den begeisterten Schilderungen der Herrlichkeit der 
italienischen Landschaft von Enea Silvio Piccolomini (Papst Pius IL) ist nichts, 
was z. B. der jüngere Plinius nicht auch geschrieben haben könnte 3 ). 

Wenn nun aber auch die Literatur des Mittelalters keine Spur des Gefühls 
für das Romantische in der Natur zeigen sollte, so wäre es nichtsdestoweniger 
möglich, daß auch damals einzelne ihr mit demselben Blick und demselben 
Gefühl gegenüberstanden, wie gegenwärtig die überwiegende Mehrzahl der 
Gebildeten im mittleren und nördlichen Europa. »Vor andern wird man zuerst 
den Künstlern dies zutrauen. Im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit gewann 
in der Malerei die Darstellung der Landschaft ein durchaus neues Wesen. In 
dir Malerei des Mittelalters hatte sie allein deskriptive Bedeutung gehabt als 
Kennzeichnung der Örtlichkeit, in der sich menschliche Handlungen abspielen; 
in der Malerei der Neuzeit will sie unmittelbar auf das Gefühl einwirken, zuerst 
als Umrahmung und Hintergrund der Handlung, schließlich als vollwertiges 

1) Dante, Inferno XXVm 75; Purgatorio III 50. 2) F. X. Kraus, D. Rundschau LXXXVI 

1896 S. 69 f. 3) Vgl. auch Janitschek, Die Gesellschaft der Renaissance in Italien (1879) S. 36 f. 
Ober das Naturgefühl des L. B. Alberti Burckhardt a. a. O. I 7 S. 151 f., des Lorenzo de' Medici Reu- 
mont, Lorenzo de 1 Medici II II ff. Wenn P. Jovius (Descriptio Larii Lacus, Venet. 1559 p. XXII) 
den Bergvorsprung bei Bellagio [Bilacium Promontorium, quo nihil sptctaHus iucundius salubrmsque 
reperitur) wegen der Aussicht auf beide Arme des Sees rühmt, so ist auch dies ganz im Sinne 
des antiken Naturgefühls. Der heilige Bruno von Köln, der Gründer der Karthause in Grenoble 
(f 1 101), zeigt in der Beschreibung der Lage einer zweiten von ihm in Calabrien gegründeten (della 
Torre) ein von dem antiken nicht abweichendes Naturgefühl. Semmig, Beil. z. MUnch. Allg. Zeit. 
26. April 1889. 



[IL 221] XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 145 

Objekt für sich allein. Dennoch wird man Bedenken tragen müssen, die Ge- 
schichte der Landschaftsmalerei ohne weiteres als Maßstab für die Entwicklung 
des allgemeinen Naturgefuhls anzunehmen. Schon ein Blick auf die Gegenwart 
wird zur Vorsicht mahnen. Keine Zeit hat einen solchen Enthusiasmus für die 
Hochgebirgsnatur gekannt, wie die unsere, und doch weiß die Kunst des letzten 
Menschenalters von diesem Enthusiasmus nichts; sie sucht völlig andersartige 
Naturtypen auf. So wird man auch ein umgekehrtes Verhältnis für möglich 
halten können. Was in der Scheinwelt der Kunst gefallt, gefallt nicht immer 
in der Wirklichkeit Und ferner: Gefühl für das Malerische in der Natur ist 
nicht identisch mit Naturgefuhl überhaupt, sondern nur eine spezielle Form 
desselben. Man versteht, daß die Künstler als die Elite der ästhetisch produk- 
tiven Geister dem Durchschnittsgefühl auch der Gebildeten weit vorauseilen 
können; aber allerdings werden sie sich schwerlich je auf einer Linie bewegen, 
auf der ihnen nicht, mit großem Zeitabstand, die Massen nachfolgen. Um die 
Wende des 15. zum 16. Jahrhundert begegnen uns Maler, in deren Landschafts- 
darstellungen das modern romantische Gefühl durchaus etwas Verwandtes 
wieder erkennt. Bedeutsam ist dabei, daß Deutsche und Italiener in einer 
wesentlich verschiedenen Stimmung leben. Der eben gebrauchte Ausdruck 
'romantisch' paßt nur auf die ersteren: Dürer, Altdorfer, Grünewald, Patinir. 
Ihnen ist unter den Italienern als einziger Lionardo da Vinci mit seinen gran- 
diosen Alpenlandschaftshintergründen an die Seite zu stellen. Aber der uni- 
verselle Geist des wunderbaren Manns ragt überall über die Grenzen von Zeit 
und Nation hinaus. Der spezifische Typus der italienisch-französischen Land- 
schaftsmalerei des 17. Jahrhunderts (Carracci, die Poussins, Claude) ist der 
'klassische' *). Wo die gleichzeitige nordische Kunst rein germanisch ist, wie 
bei Ruisdael, da ist sie geläuterte und vertiefte Romantik. Aber die starke 
Welle der Renaissancekultur drängte sie auf lange hinaus zurück; Ruisdael 
verfiel in den Kreisen vornehmer Bildung ebenso in Mißachtung wie Rem- 
brandt, und Rubens hat nur in seltenen, stillen Stunden die an sich sehr starke 
romantische Ader seines Naturgefühls voll ausströmen lassen. Im ganzen 
werden wir annehmen müssen, daß alle diese Maler für diese Seite ihres Emp- 
findungslebens nur ein sehr kleines Publikum gefunden haben.« (G. Dehio.) 

Von Reisenden sind Gebirgsländer um ihrer Naturschönheit willen schwerlich 
vor dem 18. Jahrhundert aufgesucht worden; aber auch in den Beschreibungen 
derer, die genötigt waren, sie zu durchreisen, wird man vor dieser Zeit vielleicht 
nirgends Empfänglichkeit für die Schönheit der eigentlichen Gebirgsnatur 
finden. Wenn Magister Thietmar, der 12 1 7 nach dem heiligen Lande pilgerte, Äußerungen von 
den Karmel »ergötzlich zu schauen« (visu delectabilis) nennt, so geschieht dies ^{J^£L«v es 
offenbar, weil er »reich an Triften und Kräutern, für Viehzucht trefflich ge- die Alpen. 
eignet« war 9 ): und wegen derselben Eigenschaften erhält der Libanon in einer 
Reise von vier Herren nach Jerusalem 1556, sowie in der des Augsburger 
Arztes und Botanikers Leonard Rauhwolf 1573 — 1576 das Prädikat 'lustig' 3 ). 

1) Eine Ausnahme, wohl nicht ohne Einfloß der nordischen Kunst, ist Salvator Rosa. Seine 
Bilder waren bezeichnenderweise am gesuchtesten in England, doch auch erst im 18. Jahrhundert. 

2) Schwarz, Die Erschließung der Berge von den ältesten Zeiten bis auf Saussure (1885) S. 315. 

3) ebd. S. 328. 34a 

Fried l&ender, Darstellungen. Anhang. | 



146 XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [IL 222] 

Enea Silvio hat Schottland besucht und spricht ausfuhrlich von den dortigen 
Sitten, sagt aber nichts von der Landesnatur x ). Dagegen hat Leonardo Bruni 
von Arezzo den Eindruck geschildert, den er von der Alpenwelt empfing, als er 
(durch Tirol und über den Arlberg, maus Aquilae) zum Konzil von Konstanz 
reiste. >So ungeheuer«, sagt er, »sind die Berge und Felsen, so vielfach und 
weiterstreckt die Bergrücken, so gewaltig die Gipfel und Spitzen, die überall 
aufsteigenden Höhen, daß es wohl der Verwunderung wert scheint, was die 
Mutter und Bildnerin der Welt, die Natur, beabsichtigt haben kann, als sie dies 
alles erschuf. Als ich diese ewigen und ununterbrochen forlaufenden Massen be- 
trachtete, erfaßte mich oft Grauen [horror quidam) und Scheu [religio), und noch 
jetzt kann ich ihrer nicht ohne Grauen gedenken.« Trient nennt er eine »für die 
Njtur dieser Gegend« recht anmutige Stadt; denn oberhalb und unterhalb der- 
selben öffnet sich die Ebene weiter, auch ihre Lage am Flusse ist nicht un- 
schön. Tramin ist ein sehr schöner und reicher Flecken, doch furchtbar [terri- 
biliter) von drohenden Felsen überragt Den Bodensee findet er höchst an- 
mutig 2 ). 

Die Deutschen, die nach dem heiligen Lande (einem Hauptziele der großen 
Reisen des Mittelalters) pilgerten, dürften in der Regel den Weg durch Tirol 
genommen haben; besonders seit Herzog Sigismund von Österreich bald nach 
1480 den sehr gefahrlichen (noch jetzt nach einem Bürger von Bozen, der ihn 
im 14. Jahrhundert baute 3 ), so genannten) Kunsterweg zwischen Brixen und 
Bozen in eine bequeme Fahrstraße verwandelt hatte 4 ). Der Ulm er Prediger- 
mönch Felix Fabri, der diesen Weg auf seinen beiden Pilgerfahrten ins heilige 
Land 1480 und 1483 vor und nach dem Bau der neuen Straße viermal zurück- 
legte, sagt über die Alpen folgendes: »Obwohl aber die Berge selbst schreck- 
lich [horribiles) sind und starrend von der Kälte des Schnees oder der Glut der 
Sonne, und bis in die Wolken sich mit ihrer Höhe erstrecken, so sind doch die 
Täler unter ihnen anmutig {amoenae\ fruchtbar und überreich an allen Köst- 
lichkeiten [deliciae) der Welt, wie das Paradies. Dort wohnen Menschen und 
Tiere in größter Menge, und fast alle Metalle werden in den Alpen ausgegraben, 
besonders Silber« 5 ). 
Äußerungen von Auch in den Reise- und Länderbeschreibungen des 16. und 17. Jahrhunderts 
i6.rad d i7.T*hr- dürfte ^ c Empfindung des Grausens die einzige oder doch vorwaltende sein, 
hundert», die gegenüber der furchtbaren Majestät des Hochgebirgs zum Ausdruck kommt. 
Georg Sabinus, der Schwiegersohn Melanchthons und erste Rektor der Uni- 
versität Königsberg (1544), spricht bei seiner Schilderung der Reise nach Trient 
nur von den Beschwerden, Gefahren und Schrecknissen der Alpen: den jähen 
Abgründen, den ungeheuren Schneemassen, der furchtbaren Kälte, den La- 
winen, den Stürmen und Bergwassern, die Baum- und Steintrümmer auf die 
Pfade herabstürzen 6 ). Sebastian Münster fühlte sich »bis in die Knochen und 

1) Pii II Commentarii p. 4 — 6; vgl. G. Voigt, Enea Silvio I 91. 2) Leonard! Bruni Airetrai 

Epistolae rec. L. Mehus IV 3. 3) Schwarz a. a. O. S. 312 f. 4) Fei. Fabri Evagatorium I 

(Bibliothek d. liter. Vereins zu Stuttgart Bd. II) 71. III (Bibl. Bd. IV) 444. 5) ebd. m 443. 

9) Sabin! Poemata Lips. 1581 p. 57 bei Erich Schmidt, Archiv f. Lit-Gesch. XI 1882 S. 321 ff. Vgl. 
dort eine ähnliche Stelle von P. Lotichius. Von einer »echt romantischen Erfassung des Hoch- 
gebirgs bei Jacob Bälde« ist wenigstens in dessen Oden keine Spur zu finden. 



[IL 223, 224] XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 147 

das Herz erzittern«, als er auf dem Gemmipaß stand; in seiner Beschreibung 
der Schweiz bezeichnet er Täler und angebaute Ebenen als »hübsch« und 
»lustig«, hohe Berge und Felsen als »grausam« und »erschröcklich tfZ ); auch 
von dem Rheinfall sagt er: »es ist ein grausam Ding anzusehen« 3 ). Dieselbe 
Richtung des Naturgefiihls zeigt sich in den Schilderungen des Ulmers Samuel 
Kiechel, welcher auf seinen großen Reisen in den Jahren 1585 — 1589 (deren 
Hauptziel das heilige Land war) unter anderem Preußen, Schweden und Polen 
besuchte, die Schweiz aber nicht berührte; die Rückreise aus der Levante 
machte auch er über Venedig und Tirol. Auch ihm war das Gebirge mit seiner 
Unwegsamkeit und Unwirtlichkeit der Gegensatz zu der 'schönen Landschaft'. 
Ihm war immer am wohlsten in weiten, gartenartig angebauten Ebenen; so lobt er 
die »schöne landschafft« um denHaag(»einmechtiglustig ort«) »bis gehnDelfft« *); 
die Gegend von Verona bis Mantua als »sehr schöne oben fruchtbare und guette 
landschafft« 4 ). Überhaupt war für jene Zeit die lombardische Ebene ein Ideal 
schöner Landschaft. Kiechel sagt vom Nil, es sei auf seinen beiden Seiten »ein 
iberaus schöne lust, daß ich vermeine, do es von Christen bewohnet were, sollte 
es ein so kurzweiliger lustüger passasch sein, als wol von Badua gehn Luza, 
Fusina gegen Vönedüg zu« 5 ). Der Baumeister Heinrich Schickhart (der 1599 
den Herzog Friedrich von Württemberg nach Italien begleitete) verläßt »mit 
Freuden« auf der Heimkehr bei ♦Nessel wang (zwischen Füßen und Kempten) 
»das gräulich und langweilig Gebürg, darin wir zehen gantzer Tage zuge- 
bracht« 6 ). Minder auffallend ist, daß J. Furttenbach in seinem Newen Itinera- 
rium Italiä 1627 den gefahrlichen Splügen als »ein grawsam abschewliche Wild- 
nuß« bezeichnet. Opitz war viel gereist, auch in Siebenbürgen gewesen, doch Opitz, 
spricht er weder in seinem zum Lobe des Landlebens verfaßten Gedichte 
'Zlatna' noch sonst irgendwo von den landschaftlichen Reizen der besuchten 
Gegenden. Ebensowenig ist in Paul Flemings Gedichten von den auf seiner P. Fleming. 
Reise nach Persien empfangenen Natureindrücken die Rede 7 ). Der Landgraf 
Ernst von Hessen-Rheinfels, der in dem Bericht über seine Reisen 1636 — 1642 
weder für das Meer, noch die Alpen, noch Italien ein Wort der Bewunderung 
hat, rühmt doch die lombardische Ebene, »das schön eben und gut land, da 
man wie in einem garten stetigs fahret und auf beiden Seiten nichts siehet als 
gut kornland mit in der reihe gepflanzten bäumen« 8 ). 

Wenn aber das in der Anschauung der Ebene erzogene Naturgefiihl der Be- 
wohner des Flachlands vor der Wildheit und Furchtbarkeit der Gebirgswelt zu- 
nächst zurückschauderte, und für sie eine Gewöhnung an diese neuen Ein- 
drücke um so schwerer war, je mehr deren Aufnahme durch die Gefahren und 

1) S. Münsters Cosraographei (1544). Montaigne, Essais III 13: »Ca humcurs transcendantes 
mtffroyent comme Us lieux kaultmns et inacctssibUs.* 2) Zehender, Der Rheinfall im Lichte der 
Natnranschairang verschiedener Zeitalter (Zürich 1866) S. 15. Die erste Erwähnung des Rheinfalls 
findet sich in einem bekannten Briefe Poggios 1417 (ebd. S. 13 f.}. Das neueNaturgefÜhl zeigt sich 
zuerst in einer Schilderang Lavaters 1771 (S. 26). 3) Bibliothek des liter. Vereins in Stuttgart 

Bd. LXXXVI S. 16 f. 4) ebd. S. 237. 5) ebd. S. 342. 6) Beil. z. Allgem. Zeit v. 9. Sep- 
tember 1885. 7) Urbach, Zur Gesch. d. Naturgefiihls bei den Deutschen. Progr. d. Kreuzschule 
zu Dresden 1885 S. XVIII. Winter, Beiträge z. Gesch. d. Naturgefiihls. Progr. d. Realg^mnas. zu 
Harburg 1883 S. 17—19. 8) Deutsche Rundschau LH 1887 S. 42. 

10* 



148 



XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 



[II. 225] 



Demontinm 
admiratfone. 



Mühseligkeiten der Gebirgsreisen beeinträchtigt wurde, so gibt es ein sehr 
KonradGc*ner merkwürdiges Zeugnis aus dem 16. Jahrhundert dafür, daß die Bewohner der 

Gebirgsländer sich schon damals sehr wohl ein volles Verständnis auch für dies 
Gebiet der landschaftlichen Schönheit bilden konnten, in dem eine lange Ge- 
wohnheit sie heimisch gemacht hatte. Während noch 148 1 der Schweizer Abt 
Albert von Bonstetten vom Gotthard ein vollkommen den Schilderungen des 
Silius Italicus entsprechendes Bild entwirft 1 ), ist der treffliche, zugleich als Arzt, 
Naturforscher und Kenner aller Literaturen ausgezeichnete Zürcher Konrad 
Gesner (15 16 — 1565), der Linn6 des 16. Jahrhunderts, schon von einem Enthu- 
siasmus für die Großartigkeit und Herrlichkeit des Hochgebirges erfüllt, der 
auch in unsern Tagen kaum überboten werden könnte 9 ). »So lange mir Gott 
Leben schenken wird«, schreibt er an einen Glarner Freund in seinem Briefe 
über die Bewunderung der Berge, „habe ich beschlossen, jährlich einige Berge 
oder doch einen zu besteigen, teils um die Gebirgsflora kennen zu lernen, teils 
um den Körper zu kräftigen und den Geist zu erfrischen. Welchen Genuß ge- 
währt es nicht, die Ungeheuern Bergmassen zu betrachten und das Haupt in die 
Wolken zu erheben! Wie stimmt es zur Andacht, wenn man umringt ist von 
den Schneedomen, die der große Weltbaumeister an dem einen langen Schöp- 
fungstage geschaffen hat! Wie leer ist doch das Leben, wie niedrig das Streben 
derer, die auf dem Erdboden umher kriechen, nur um zu erwerben und spieß- 
bürgerlich zu genießen! Ihnen bleibt das irdische Paradies verschlossen.« Von 
den Bergen war es derFracmont [mens fr actus, Brocken) oder wie er auch da- 
mals schon genannt wurde 'der Pilatus', der, in jener Zeit viel berühmter als der 
Rigi, auch Gesner besonders anzog. Die früher (wegen der von dem bösen 
Geiste des Pilatus den Wanderern drohenden Gefahren) verbotene, noch 1 769 
an Bedingungen geknüpfte 3 ), zuerst 15 18 von vier Schweizern (darunter Va- 
dianus und Myconius) ausgeführte Besteigung desselben 4 ) wurde mit Erlaubnis 
der Luzerner Behörden 1555 von Gesner in Begleitung von drei jungen Män- 
nern wiederholt; den glücklich zurückgekehrten Reisenden kredenzte man 
Ehrenwein. In seiner Beschreibung dieser Besteigung rühmt Gesner, daß bei 
Bergwanderungen alle Sinne zugleich genießen, vor den andern aber das Auge. 
Nirgends ist die Mannigfaltigkeit der Naturschauspiele so groß wie im Gebirge: 
man überblickt zugleich Wiesen und Wälder, Felsen und Höhlen, Täler, Schluch- 
ten und Höhen, und Bilder aller vier Jahreszeiten. Nirgends in der Natur gibt 
es für solche, die an Geist und Körper gesund sind, einen edleren, höheren, 
vollkommeneren Genuß 5 ). 

Auch aus der folgenden Zeit sind Äußerungen der Bewunderung für die 
Alpen eben nur von Schweizern bekannt. Der Basler Jo. Jacob Grasser sagt 

l) Jacob Frey, Die Alpen im Lichte verschiedener Zeitalter (Samml. v. Virchow u. Holtzendorff 
274 [1877]) S. 10. 2) Osenbrüggen, Wanderstadien in der Schweiz (1867) I 1 — 78, vgl. S. 3. 

Vgl. auch Hanhart, Konrad Gesner S. 91—94. 3) Marc Monnier, Un aventorier Italien du 

siede dernier (1885) S. 110. 4) J. Frey a. a. O. S. 13 f. 5) C. Gesneri De rarfs et admirandis 
herbis quae — lanariae nominantur Commentariolns. Einsdem descriptio Montis FractL Hls 
accednnt Jo. Du Chonl Pilati Montis — Descriptio. Jo. Rhellicani Stockhornias. Tiguri (15^5), 
p. 50: quod quatso aliud intra natural qtädem limites hotusUus, majus et ommbus absohttius numtris 
oblectamenH genus invenies? Vgl. Häser, Nord und Süd XXXVIII 1886 S. 100. Schwarz a. a. O. 
S. 469 ff. 



J. J. Grasser. 



[IL 226] XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 149 

in seiner 1624 erschienenen (lateinisch geschriebenen) Reise (von Frankfurt am 
Main nach Italien durch die Schweiz) von den Alpen : »Hier findet der Maler 
seine Augenlust, und dennoch übertrifft die Natur alle Meisterschaft des Künst- 
lers. Selbst die Felsenschluchten, die gewundenen Fußsteige, der Gießbäche 
wechselnde Wut oder Dürftigkeit, der Brücken gewölbte Bogen, die Wellen der 
Seen, der Wiesen buntes Kleid, der Bäume mächtiger Wuchs, kurz, was nur 
immer Himmel und Erde des Neuen zu schauen gewähren, reißt hier die Blicke 
des Wanderers zum Staunen und zur Kurzweil hin« s ). 

Der Züricher Stadtarzt Jacob Scheuchzer (1672 — 1738), der von 1702 — 1711 J- Schenchzer. 
mit seinen Schülern eine größere Anzahl von Alpenreisen unternahm und be- 
schrieb, »konnte von sich bezeugen, daß er von dergleichen sonst wilden und 
einsamen Orten größere Belustigung und Eifer zur Aufmerkung spüre als bei 
den Füßen des großen Aristoteles, Epicur und Cartesius. Etiam hie dei sunt, 
sagt jener heidnische Weltweise. Da läßt sich mit Händen greifen die uner- 
meßliche Allmacht, Güte und Weisheit Gottes; auf den Alpgebirgen kann man 
gleich als in einer wohlverschlossenen Rüstkammer oder Zeughaus die Natur- 
wunder besehen.« Ihm erschienen die Alpen »als ein besonders seltsames, von 
Gott selbst angelegtes Gebäude«, welches die herrlichsten Werke der Archi- 
tektur unendlich weit hinter sich läßt. Auch er rühmt den unermeßlichen Reich- 
tum und tausendfaltigen Wechsel der Aussichten auf lustige, von hohen Bergen 
eingeschlossene Täler, anmutige Wälder, blumenreiche Bergwiesen, allerlei Fels- 
gestalten, den blauglänzenden Gletscher oder Firn und ewigen Schnee usw. a ). 
Immer aber blieb das Innere der Hochalpen noch sehr unvollkommen bekannt: 
Scheuchzer (dessen Schriften Schiller für die landschaftliche Szenerie seines 
Teil benutzte) 3 ) glaubte noch, daß ihre tiefsten Schlünde von Drachen bewohnt 
seien, deren er eine ganze Reihe in seiner 'Naturgeschichte des Schweizerlandes' 
abbilden ließ 4 ). Sogar noch 1751 glaubte man in der Schweiz an ein Eismeer, 
das sich von Glarus über den Gotthard und die Grimsel bis Lauterbrunn er- 
strecke und dessen Abflüsse die Gletscher seien 5 ). Der Berner G. S. Grüner 
weiß in seinem sehr gründlichen dreibändigen Werk 'Die Eisgebirge des 
Schweizerlandes' (1760) nicht Worte genug zu finden für die Schrecknisse des 
Hochgebirges, in dem alles 'furchtbar, erschrecklich, scheußlich' ist, und z. B. 
das freundliche Guttannen mit den Worten beschrieben wird: »es scheint, als 
habe die Natur in diesem kleinen Tal alles Fürchterliche und Scheußliche zu- 
sammengetragen « 6 ). 

Als im 16. Jahrhundert das Touristentum entstand 7 ), war das Augenmerk der Touristentnm im 
Reisenden weit mehr auf Erwerbung nützlicher Kenntnisse als auf Genuß ge- J^^ 17 *^ ahr " 
richtet: nur der erstere Zweck konnte Unternehmungen gerechtfertigt erschei- 
nen lassen, die damals so viel schwieriger, kostspieliger und gefahrvoller waren. 
Reisen, meint Muret (1526 — 1585), sei nützlich und angenehm, doch am besten 
sei es, zu Hause zu bleiben und nach dem Rat des Horaz fremde Länder dort 

1) Beil. z. Allg. Zeit XI. September 1885. a) J. Frey a. a. O. S. 24—27. 3) Peppmftiler, 
Arch. f. Iiter.-Gesch. I 1870 S. 460fr 4) Häser a. a. O. S. 99. 5) J. Frey a. a. O. S. 37. 

6) G. Peyer, Geschichte des Reisens in der Schweiz (1885) S. 137. 7) Vgl. Ausland 1871 

S. 1 105 ff. 11368: 1 161 ff. 



i 5 o XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [II. 227, 228] 

Justas Lipsius. zu loben*). Doch aus den Briefen des Justus Lipsius (1547— 1606) geht hervor, 

daß in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Reisen als wesentliches Bildungs- 
mittel für junge Männer, besonders von Adel, allgemein anerkannt waren; er 
schreibt 1578 aus Antwerpen an Philipp Lanoy in Douat, dessen Entschluß 
nach Italien zu gehen er höchlich billigt*): »Sowohl im Altertum als in unserer 
Zeit sind große Männer gewöhnlich auf Reisen gegangen.« Aber man muß es 
nicht bloß zum Vergnügen, sondern auch mit Nutzen tun. Der Nutzen aber, 
den jede mit Vernunft unternommene Reise bringen soll, besteht in Gewinn für 
Klugheit, Kenntnisse und Sitten; durch die Bekanntschaft mit den Einrich- 
tungen, Sitten und Gebräuchen, Staatsverfassungen fremder Länder bildet man 
das Urteil und den Geist. In der ausfuhrlichen Anweisung zu der Reise in 
Italien, die er dann gibt, ist von den historisch interessanten Punkten, den Über- 
bleibseln des Altertums, den Sitten und geselligen Zuständen ausfuhrlich, von 
den Gegenden, »die in ganz Italien schön und mannigfaltig sind«, fast gar nicht 
die Rede. 

Caspar Stein. In ähnlicher Weise spricht sich der Königsberger Arzt Caspar Stein (1592 
bis 1652) aus, der die Resultate seiner zwischen 1612 und 1621 durch den 
größten Teil von Europa gemachten Reisen in einer großen (ungedruckten} 
Beschreibung aller Länder (unter dem Titel Teregrinus sive Peregrinator ter- 
restris et coelestis') verwertet hat 3 ). Dieselbe Auffassung der Reisezwecke zeigt 

Martin Zeiller. sich bei Martin Zeiller, dem Bädeker des 17. Jahrhunderts, der außer einer Reihe 

von Spezialhandbüchern (für Deutschland, England, Frankreich, Italien, Spanien, 
Ungarn) eine allgemeine Anweisung für Touristen, den 'Fidus Achates oder 
Getreuer Reisgefert' (Ulm 1653, in Sedez, 160 Touren durch Europa enthaltend) 
herausgab. Er beschränkt sich auf die Angabe von Merkwürdigkeiten und 
Sehenswürdigkeiten (welche letztere in die drei Klassen der geistlichen, weit« 
liehen und Privatgebäude eingeteilt werden 4 )) und beschreibt fast durchaus nur 
die Städte, nicht die Landschaften. Auch in dem ( Mercurius Helvetiae' des 
Zürichers Dr. J. Wagner (1701), der auf dem Titel »eine ausfuhrliche Beschrei- 
bung aller Stätten, Klöstern, Flecken und Schlössern nach dem Alphabet« ver- 
spricht, ist von den Bergen nicht die Rede 5 ). Nicht daß man auf Reisen den 
Naturgenuß verschmäht hätte, aber dieser 'Zweck erschien neben den übrigen 
nicht wichtig genug, um dafür besondere Anweisungen zu geben 6 ). 

Bis ins 18. Jahrhundert war die eigentliche Gebirgswelt den Gebildeten aller 
Länder Europas im großen und ganzen offenbar so gut wie unbekannt 7 ), zu- 

1) Muret Var. Lect VII 8. 2) J. Lipsii Opera (Vesaliae 1675) II 31 ff. Vgl. Ausland 1872 

S. 693 ff. 3) Vgl. Disputatio de dirersoriis omninm terrarum e Caspari Steinii libro mscr. 

qui PEREGRINVS inscriptus est nunc primum edita (von Friedlaender), Progr. Königsb. 1873. 
4) Zeiller, Fidus Achates, Bedenken von Anstellung der Reysen III. Zeiller benutzte bereits die 
bei Franz Schnellboltzen in Leipzig erschienenen Handbücher in Taschenformat Deliciae Italiae 
1600, Itinerar. per Italiam 1602. Beil. z. Allg. Zeit. 10. Sept. 1885. 5) G. Peyer a. a, O. S. 155 f. 
6) Montaigne (1580) erwähnt den Rheinfall gar nicht; »bei Schaff hausen sei nichts Rares zu 
ehen«. Peyer S*§6. 7) Daß einzelne, namentlich englische Reisende bereits im 17. Jahrhundert 
die Alpenlandschaft mit Interesse und Verständnis betrachteten, zeigt die unten S. 176 angeführte 
Stelle aus Evelyn's Diary, June 27, 1654. Die Besteigung des höchsten Gipfels der Karpathen, 
von dem man eine Aussicht bis auf 30 und mehr Meilen hatte, wurde, obwohl sehr mühselig 
und gefährlich, im 17. Jahrhundert offenbar öfters unternommen; die Reisenden ließen ihre 



[IL 229] XE. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 151 

nächst allerdings wegen ihrer Unzugänglichkeit und Unwirtlichkeit, dann aber 
auch, weil das Naturgefühl der wenigen, die sie betraten, sich hier eher zurück- 
geschreckt als angezogen, höchstens flüchtig angeregt fand, folglich die Ge- 
birgsländer auf die Reiselust überhaupt noch keine Anziehungskraft üben 
konnten. So fehlte also auch die Möglichkeit der Erweiterung des Natur- 
gefiihls durch Erstreckung des Begriffs der Naturschönheit auf dieses Gebiet, 
mindestens der Verbreitung eines so neugestalteten Naturgefiihls in weiten 
Kreisen. 

Es steht damit keineswegs in Widerspruch, wenn sich schon in frühern Jahr- 
hunderten Äußerungen des Gefallens an Fernansichten von Gebirgszügen fin- 
den. So wenn Konrad Celtis (1459 — 1508) nicht bloß eine hochgelegene Burg 
und die lieblichen Neckarufer Heidelbergs preist, sondern sich auch an dem 
Panoranta der Alpen erfreut, das sich auf der Höhe bei Freising über der rau- 
schenden Isar darbietet 1 ). Ebenso wenn Leonhard Rauhwolf (1573 — 76) gern 
auf dem platten Dache eines Maronitenklosters im Libanon, »als auf dem 
schönsten Platz«, verweilt, »ob dem hohe Schneegebürge, sonderlich gegen 
Morgen, oben bei den Cedernbäumen gar lustig zu sehen, wie auch underhalb 
etliche andere Berg, darauf sie ihr Viehe hatten, sampt dem tiefen und finstern 
Tal». Weder hier noch dort ist >der Anfang einer neuen Zeit« zu erkennen 9 ). 
Als Bestandteile, namentlich Hintergründe der schönen Landschaft hatte, wie 
früher hervorgehoben wurde 3 ), schon das antike Naturgefuhl die Berge gelten 
lassen. Ein neues Naturgefuhl zeigt sich, wie J. Burckhardt bemerkte 4 ), viel- Erstes Erwachen 
leicht zuerst in den Briefen der Frau von Sevign6, die »den vollen Zauber der ^gefaUsT 1 
landschaftlichen Nähen und Fernen empfunden hat«. In vielen Briefen, wenn 
sie vom Lande schreibt, vernimmt man ihr Entzücken an schönen Bäumen und 
Pflanzungen, am goldenen Laube des Herbstes, am dämmernden Abendhimmel 
und seinen Wolkengebilden, endlich an den Mondnächten. Auf ihren Reisen 
aber erweitert sich ihr Blick, und sie genießt — wie damals kaum sonst je- 
mand — den Anblick der Gelände an der unteren Seine und Loire und bewun- 
dert den großen Umriß des Mont St. Michel. Von dem in der Höhe gelegenen 
Grignan, wo über Languedoc und Provence der Mont Ventoux herrscht, schreibt 
sie (3. Juli 1689): *f atme fort tous ces amphitheätres<\ selbst in einem harten 
Winter, wo man auf Grignan nur Schnee atmete (3. Februar 1695): *nos mon- 
tagnes sont charmantes dans leur ex eis d'horreur*. Sie wünscht, daß ein 
Maler da wäre, *pour bien representer Petendue de toutes ces epouvantables 

Namen, auf Pergament geschrieben, in blechernen Schächtelchen unter Felsen zurück, die Führer 
richteten Signa auf. Der Berichterstatter »konnte die Wunderwerke Gottes an diesem Gebirge nit 
genugsam aussprechen»; auf dem Gipfel »dankte er Gott und preisete seine wunderliche Schöpfung 
mit Verwunderung«. Ungarischer oder Dacianischer Simplicissimus (1683* ohne Druckort). Neue 
Aufl. von Seiz, Leipzig 1854 S. 61 ff. Auch die Schneekoppe wurde im 17. Jahrhundert bereits 
öfters bestiegen. 

1) Bezold, Histor. Zeitschr. N. F. XIII 1883 S. 44. In der von seinen Freunden verfaßten Bio- 
graphie wird Celtis ein Freund der Sonne, der Berge und Walder genannt Zwei seiner Oden 
verteidigen den einsamen Gottesdienst in der großen Natur (Od. 1 16. 19). In gewissem Sinne war 
er also allerdings ein Vorläufer Rousseaus. 2) Wie Schwarz a. a. O. S. 342 bei Anführung dieser 
Stelle sagt. 3) Vgl. I 478. 482. 4) Brieflich. 



152 XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [H. 230] 

Addison, beautes*. Auch in Addisons Beschreibung seiner in den Jahren 1701 — 1703 
durch die Schweiz und Italien gemachten Reise 1 ) glaubt man dies neue Natur- 
gefühl gleichsam in seinem ersten Erwachen beobachten zu können. Die Um- 
gebungen des Genfer Sees, den er in einer fast fünftägigen Fahrt ganz um- 
schiffte, erfüllten ihn mit lebhafter Bewunderung. Er beschreibt die Aussichten 
aus dem Garten eines Karthäuserklosters zu Ripaille, man sah hier die Alpen 
unmittelbar vor sich, »die in so viele steile Abhänge und Abstürze zerrissen 
sind, daß sie die Seele mit einer angenehmen Art von Schauder er- 
füllen und eine der unregelmäßigsten, mißgestaltetsten Szenen in der Welt 
bilden«. Der Ausdruck scheint seine Überraschung zu verraten, daß auch das 
Schreckliche schön sein könne. Auch der Verfasser des 'Irdischen Vergnügens 
in Gott', B. H. Brockes (1680 — 1747), empfand beim Anblick der 1703 ge- 
sehenen Alpen ein »lustvermischtes Grausen« und nennt den Eisstrom 
»gräßlich schön«; und viele Jahre später erkannte er im Harz aufs neue, 
daß »der Berge rauhe Höh'n uns Lust und Schrecken zugleich erwecken 
können« *). 
Lady Montague. Auch Lady Mary Wortley Montague (1690—1762) scheint ein volles Ver- 
ständnis und sogar eine Vorliebe für die wildschöne Landschaft gehabt zu haben. 
Eine Äußerung über die »schrecklichen Abgründe, die Böhmen von Sachsen 
trennen« 3 ), könnte dies zweifelhaft erscheinen lassen, sowie eine andere über 
»die furchtbaren Alpen, von denen so viel gesprochen worden ist« 4 ). Von dem 
Übergange über den Mont Cenis schreibt sie (25. September 17 18): »Der wun- 
derbare (prodigious) Anblick von Gebirgen, die mit ewigem Schnee bedeckt 
waren, von Wolken, die tief unter meinen Füßen hingen, und gewaltigen Wasser- 
fallen, die mit verworrenem Getöse von den Felsen herabstürzten, würde für 
mich unterhaltend [entertaining) gewesen sein, wenn ich weniger von der außer- 
ordentlichen Kälte gelitten hätte, die hier herrscht« 5 ). In einem Briefe vom 
11. Dezember 1758 aus Venedig äußert sie die Absicht, einen Ausflug in das 
ihr noch unbekannte Tirol zu machen, wovon sie gehört hatte, daß es ein außer- 
ordentlich schönes Land sei: auf allen ihren Reisen habe sie die von hohen Ge- 
birgen umgebenen Täler stets am schönsten gefunden 6 ). Ihren Lieblingsaufent- 
halt, Lovere an dem »von unübersteiglichen Bergen ganz eingeschlossenen« (in 
seiner Weltabgeschiedenheit in der Tat zauberischen) Iseosee nennt sie die 
schönste, romantischste Gegend, welche sie gesehen 7 ). Bei der Fahrt auf der 
Donau von Regensburg ab erfreute sie die Abwechslung volkreicher Orte »mit 
höchst romantischen Einöden, die von allem menschlichen Verkehr fern zu sein 
scheinen, da die Ufer eine reizende Mannigfaltigkeit von Wäldern, Felsen und 
Bergen bieten, welche mit Weinpflanzungen, Kornfeldern, großen Städten und 
Ruinen alter Schlösser bedeckt sind« 8 ). 
Gray. Völlig modern erscheint das Naturgefühl Thomas Grays (1716— 1771)01 den 

l) Addison, Remarks on several parte of Italy. London 1761 S. 258—261. 2) Vgl. Alois 

Brandl, B. HL Brockes (1878) S. 20. 53. 3) Lettre* of Lady Montague I 310 (21. November 

1716). Die Stellen ans den Briefen der Lady Montague verdanke ich fast sämtlich der Güte Munros 
+ 1885); desgleichen die ans den Briefen von Gray; die enteren sind zitiert nach der Ausgabe 
▼on 1837. 4) 12. September 1718. 5) 25. September 1718. 6) HI 175. 7) II 387 

21. Juli 1747). 8) I 275 (8. Sept. 1716). 



[IL 231, 23a] XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 153 

Schilderungen des überwältigenden Eindrucks, den auf ihn die Grande Chartreuse 
bei Grenoble machte. Ein mit überhangenden Bäumen bewachsener Fels auf 
der einen, eine steile Wand auf der andern Seite, ein donnernder Gießbach in der 
Tiefe eines ungeheuren Abgrunds — alles dies vereinte sich »zu der feierlich- 
sten, romantischsten und staunenerregendsten Szene, die er jemals sah«. Jeder 
Absturz, jeder Fels war ihm »von Religion und Poesie erfüllt« ; ein solcher An- 
blick konnte Atheisten zum Glauben fuhren; man bedurfte keiner lebhaften 
Phantasie, um dort Geister am Mittag zu sehen 1 ). »So nachhaltig war dieser 
Eindruck, daß Gray die Reise dorthin trotz ihrer damaligen Mühseligkeit noch 
einmal machte. Auch bei einer späteren Reise an den englischen Seen zeigt 
er dasselbe innige Gefühl für die malerische Schönheit, der Berge und Seen« 
(Munro). 

Doch nur einzelne empfingen solche Anregungen, solange die Gebirge, Fortdauer des 
namentlich die Alpen, noch nicht Ziele der Touristen waren, sondern in der ge f^^ **"*" 
Regel mehr oder weniger eUig auf Reisen nach andern Ländern überstiegen 
wurden, wobei ungünstige Umstände aller Art die Wirkung der landschaftlichen 
Szenerie beeinträchtigen oder aufheben konnten. In Richardsons 'Grandison' 
(1753) wird der Übergang von Frankreich nach Savoyen (ein Übergang aus 
blühendem Frühling in starren Winter) den Reisenden durch den Schnee und 
ungestüme, mit schrecklicher Kälte ihre Gesichter treffende Winde aufs äußerste 
erschwert: »jeder Gegenstand, der sich hier zeigt, ist grenzenlos elend« (ex- 
cessiuely miserable) — Savoyen ist eins der scheußlichsten (ofthe warst) Länder 
unter dem Himmel*). Aber auch die unter minder ungünstigen Umständen bei 
Übersteigung der Alpen empfangenen Eindrücke waren meist zu flüchtig, um 
eine nachhaltige Wirkung hervorzubringen. Im allgemeinen bestand ohne 
Zweifel das Naturgefühl in der früheren Beschränkung unverändert fort, und 
daß bei vielen (vielleicht den meisten) selbst der Anblick der Alpen noch nicht 
vermochte, das Verständnis für die Schönheit der Gebirgslandschaft zu er- 
schließen, dürfte sich aus den meisten Reisebeschreibungen jener Zeit ergeben. 
Auch der Präsident De Brosses (1 709—1 777) sieht in seinen 'Lettres sur l'Italie' De Brosses. 
(1739/40) im Gebirge »ganz wie Misson« (Verfasser der damals gelesensten 
italienischen Reise in vier Bänden) 3 ) nur schlechte, steinige Wege; dagegen 
findet er an fruchtbaren Ebenen Gefallen, doch zeigt er überhaupt wenig Natur- 
gefuhl und spricht selten von der Landschaft Italiens. Die französischen Gärten 
setzt er über die italienischen, von denen keiner die von St. Cloud und Marly 
erreiche; den Wasserfall von Tivoli über den von Terni, da »die Wirkung des 
letzteren weder so angenehm noch so bequem zu betrachten« sei wie die des 
ersteren 4 ). 

Denselben Anschauungen begegnet man in der im vorigen Jahrhundert sehr Keyßler. 

1) Briefe Gray» an seine Matter (13. Oktober) und an West (16. November 1739). Doch der 
von W. Scott (Fair maid of Pcrth eh. 1), obwohl nicht mit Bestimmtheit, Gray zugeschriebene 
Ausdruck >Beauty m the top of terror* ist nicht von ihm« Scott schwebte eine Stelle in Shelleys 
Alastor vor (»a tranquil spot thai setmed to smile even in the top of Horror*), J. D. Doff. 

2) Richardton, Grandison Tu 39 bei Erich Schmidt, Richardson, Rousseau und Goethe S. 173 f. 

3) W. Cart, Im neuen Reich 1873 II 4°&. 4) Le p resident de Brosses en Italie (Paris, Didier et 
Co. 1858) Lettre 39 (H 74 t) 53 (U 444). 



154 XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [II. 233 

berühmten und vielgelesenen Beschreibung, die J. G. Keyßler von seinen in den 
Jahren 1729 — 1731 durch Deutschland, die Schweiz und Italien gemachten 
Reisen herausgab, und die im Jahre 1776 die dritte Auflage erlebte. Natur- 
schönheiten werden darin häufig besprochen, manches, wie der Wasserfall von 
Terni, der Anblick Genuas von der See aus, hoch gerühmt An weiten, hei- 
teren Prospekten findet der Verfasser am meisten Gefallen, und auch er weiß 
einer schönen Gegend kein höheres Lob zu geben, als daß er sie 'angenehm 7 
nennt; eine fruchtbare, gartenartig angebaute Ebene, mochte sie auch noch so 
einförmig sein, zieht er der großartigsten Gebirgsgegend unendlich vor, ja er 
hat offenbar keinen Begriff davon, daß man eine unfruchtbare Gegend über- 
haupt schön finden könne. Er rühmt z. B. die ganz flache und monotone Gegend 
bei Mantua. »Man kann sich nicht genug verwundern über die Fruchtbarkeit 
der Felder und Wiesen, die reihenweise mit Bäumen, um welche sich Wein- 
reben schlingen, bepflanzt sind. Die Menge der Nachtigallen, so sich in diesem 
Strich aufhalten, gibt ihm in der jetzigen Jahreszeit eine neue Annehmlichkeit. 
Man wird in Italien der schönen Gegenden fast gewohnt, dergestalt, daß man 
sie mit der Zeit nicht mehr so sehr, als anfanglich geschieht, achtet Ich bin 
aber versichert, daß derjenige, so z. B. im gebirgigen Tirol, Salzburg, auf dem 
Harz, sächsischen Bergstädten, desgleichen in den Wäldern von Thüringen und 
Pommern, in den sandigen Gegenden von Schlesien, der Markgrafschaft von 
Brandenburg und Mecklenburg, oder in den Heiden von Lüneburg oder Westfalen 
erzogen worden und auf einmal in die auserlesensten Prospekte von Italien ge- 
bracht werden sollte, ganz ungemeine Regungen und Vergnügungen empfinden 
würde« x ). Hier werden also die Salzburger und Tiroler Alpen mit den Lüne- 
burger Heiden und märkischen Kieferwäldern als gleich unschön zusammen- 
gestellt: offenbar weil sie sämtlich gleich unfruchtbar und wild, folglich nicht 
'angenehm' gefunden wurden. 
Haller. Gerade damals (1729) erschienen Hallers * Alpen', ein untergeordnetes Er- 
gebnis einer großen, 1 728 zu naturwissenschaftlichen Zwecken unternommenen 
Alpenreise, wie sie damals noch zu den Seltenheiten gehörte"). Dies in jener 
Zeit hochgefeierte Gedicht, das 1777 bereits 30 Auflagen erlebt hatte, >zog die 
Aufmerksamkeit von Europa auf die Schweiz und veranlaßte jene auf Land 
und Volk gleichermaßen gerichtete Bewunderung, welche die Schweiz über ein 
halbes Jahrhundert mit einer merkwürdigen Glorie umstrahlte ... So begann 
(allerdings erst nach geraumer Zeit) jener ununterbrochene Zug der Wanderer 
nach der Schweiz, welche nicht nur die in ihrer Art einzige Natur bewundern, 
sondern auch ein durch Verfassung, Lebensweise und Sitten ebenso ausgezeich- 
netes Volk in diesen Bergen kennen lernen wollten« 3 ). 

In der Tat blieb die Aufmerksamkeit der Reisenden, welche die Schweiz 
fortan immer zahlreicher besuchten, in den nächsten Jahrzehnten noch vorzugs- 
weise auf das Volk, seine Zustände, Sitten und Verfassimg gerichtet, auf die 
Hallers Ode sie hingelenkt hatte: denn der Gegenstand seines Gemäldes war 
fast ausschließlich die Einfachheit, Unschuld und Seligkeit des Hirtenlebens, 



1) Keyßlers Reisen (3. Ausgabe von Schütze 1776) S. 1010. 2) Ludwig Hirzel, Im neuen 

Reich 1877 II 964. 3) Mörikofer, Die schweizerische Literatur im 18. Jahrhundert S. 24—27. 



[IL 234] XH. GEEÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 155 

wozu die mehr in allgemeinen Umrissen angedeutete als anschaulich geschil- 
derte Natur der Alpen nur den Hintergrund bildete. Wie weit entfernt der 
Dichter von einer Bewunderung ihrer landschaftlichen Schönheit war, wissen 
wir jetzt aus den Tagebüchern seiner Reisen nach Deutschland, England und 
Holland (1723 und 1727) 1 ). Sein Naturgefuhl fand die vollste Befriedigung in 
Holland, einem »höchst angenehmen« Lande, wo man überall durch den An- 
blick schnurgerader Kanäle und Alleen, schöner Gärten, Felder und Viehtriften 
erfreut wurde. Er rühmt, daß »kein Baum in diesem Lande außer der Schnur 
wächst, kein Fußbreit Boden ohne Ausbeute ist«. Nichts ist für ihn »rührender 
als eine lange, mit einem Wassergraben durchwässerte, mit doppelten Bäumen 
begrünte Straße in Leyden bei Mondschein zu sehen«. Auf der Straße von 
Amsterdam nach Utrecht »befindet man sich völlig in einem bezauberten Lande. 
Alle Dörfer und sonderlich Marsch sind eitel Gärten und prächtige Lusthäuser, 
der Fluß schwimmt voller Schwanen, das Land ist aufs Schönste angebaut und 
Alles scheint eher ein willkürliches Gemälde als etwas Wirkliches«. Nicht bloß 
Berge scheint Haller mit Samuel Johnson als »krankhafte Auswüchse und un- 
natürliche Geschwülste der Erdoberfläche« a ) betrachtet zu haben, sondern auch 
Hügel; denn die Lage von Heidelberg findet er »unangenehm, in einem Tale 
am Neckar zwischen hohen Hügeln« 3 ). 

In der Tat scheinen Alpenreisen von NichtSchweizern in dem auf Hallers 
( Alpen' folgenden Menschenalter nicht häufiger gewesen zu sein als in den vor- 
hergehenden 4 ). Aber auch auf den Landsitzen der schweizerischen Patrizier 
»richtete man in dieser Zeit die Öffnung des Gartenpavillons dem Hauptgebäude 
zu, während die Mauer die sonst unvermeidliche Fernsicht auf die Alpen ver- 
schließen mußte; wie auch in Koppet 5 ) die Gartenanlagen das Panorama des 
Genfer Sees beharrlich dem Auge verhüllen«. Daß Voltaires Arbeitszimmer in 
Ferney nicht die Aussicht auf den Montblanc hatte, lag wohl daran, daß er das 
blendende Schneelicht vermeiden wollte 6 ). Aber eine Reise in die Alpen, die 
er so viele Jahre vor Augen hatte, machte er nie. Auch Klopstock, der sich 
vom 23. Juli 1750 bis Mitte Februar 1751 in Zürich aufhielt, zeigte zu Bodmers 
Erstaunen »keine Neugierigkeit, die Alpen von Weitem oder in der Nähe zu 
betrachten«, und kann den Plan zu einer Alpenreise wohl erst lange nach seiner 
Ankunft gefaßt haben, wenn diese durch ungewöhnlich frühen Schneefall ver- 
eitelt wurde 7 ). Wenn selbst ein so enthusiastischer Naturfreund die gebotene 
Gelegenheit einer Gebirgswanderung nicht benutzte, darf man wohl annehmen, 
daß in jener Zeit die meisten Besucher der Schweiz sich mit der Ansicht der 
Alpen aus der Ferne begnügt haben. Ausdrücklich bezeugt dies Gibbon 8 ), der Gibbon 1755. 
nach einem zweijährigen Aufenthalt in Lausanne vom 21. September bis 20. Ok- 
tober 1755 eine Reise durch die Schweiz machte. »Noch war es bei fremden 

1) Herausgegeben von Ludwig Hirzel 1883 S. 27. 35. 55. 58. 2) Johnson, Dictionary (1755) 
s. v. Protuberanee zitiert aus More: » Mountains seem but so many wens and unnatural protuberancts 
upon the face of the earth.* 3) Hallers Tagebücher S. 23. 4) J. Frey, Die Alpen S. 23. 

5) Trevelyan, Macanlay's life and letters III 1 1 7 Tauchn. 6) Lady Blennerhasset, Frau von Stael 
I 173. 7) Mörikofer a. a. O. S. 180. D. Strauß, Kleine Schriften N. F. S. 158—200. Vgl. Winter, 
Beitrag z. Gesch. d. Naturgefühls S. 27. 8) Gibbons Selbstbiographie (geschrieben 1788), Verm. 
Werke (deutsch Leipzig 1797) * io2 - 



156 XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [IL 235, 236] 

Reisenden, welche die erhabenen Schönheiten der Natur aufsuchten, nicht zur 
Mode geworden, die Gebirge hinaufzuklettern und die Eisberge (glaciers) zu 
durchsuchen.« Auch sein Interesse war vorzugsweise durch die Mannigfaltig- 
keit der Verfassungen der verschiedenen Republiken in Anspruch genommen, 
er besucht die hauptsächlichsten Städte und in diesen »die Kirchen, Zeughäuser, 
Bibliotheken und die angesehensten Leute« ; der Zweck der Reise war Vorzugs« 
weise, Menschen und Sitten kennen zu lernen. So hat also Hallers Gedicht zu- 
nächst nicht zur Erweiterung des Naturgefühls beigetragen, und mittelbar nur, 
insofern es das Interesse für die Schweiz steigerte und verbreitete. 

Wenn sich in den angeführten Äußerungen über die Alpen kaum eine Spur 
jener Begeisterung zeigt, von der Konrad Gesner erfüllt war, so läßt sich in 
bezug auf die schottischen Hochlande ein ähnlicher Abstand nachweisen zwi- 
schen dem von Jugend auf genährten Gefühl der Eingebornen für die heimat- 
lichen Berge und den ersten Eindrücken, die fremde Besucher hier empfingen. 
Thomsons Schil- Die warme Empfindung Thomsons für die 'romantische' Schönheit Caledoniens, 
derang s j*°j£" wie er sie in seinen 'Jahreszeiten' (1729) schildert*), ist nicht wesentlich von dem 

Gefühl verschieden, mit dem Robert Burns ein halbes Jahrhundert später in 
seinem allbekannten Gedicht die leidenschaftliche Anhänglichkeit des Hoch- 
Gleichzeitige länders an seine heimatlichen Berge in so ergreifender Weise aussprach. Da- 
von^ncün- £ e £ en eul gebildeter Engländer, Kapitän Burt, der um dieselbe Zeit in den 
dem über die schottischen Hochlanden reiste, erklärte sie für so häßlich, daß eine Sandsteppe 
Hochlande. m ft ihnen verglichen lieblich erscheinen müsse. Der Dichter des 'Vicar von 
11111 ' Wakefield', der sich im Jahre 1733 in diese Gebirge wagte, sprach mit Abscheu 
von ihrer scheußlichen Wildheit, während er, ganz wie Haller, die Umgegend 
von Leyden mit ihren weiten, grünen Wiesen, Landhäusern, Statuen, Grotten, 
Blumenbeeten und geradlinigen Alleen für unvergleichlich schön erklärte 9 ). 
Johnson. Samuel Johnson, der 1773 die großartigsten und nach jetziger Auffassung 
schönsten Gegenden der Hochlande besuchte, antwortete auf die Frage, wie sie 
ihm gefielen: »Wem können die Hochlande gefallen?« Nach seiner Schilde- 
rung brachte in die traurige Monotonie der baumlosen, mit Heidekraut (und 
selbst mit diesem kümmerlich) bewachsenen oder völlig nackten Hügel nur hier 
und da ein steil herabstürzendes Wasser einige Abwechslung. »Ein an blühende 
Triften und wogende Kornfelder gewöhntes Auge wird durch diesen weiten 
Bereich hoffnungsloser Unfruchtbarkeit zurückgeschreckt« Der Eindruck ist 
der einer Gestaltung unfähigen, zur Nutzbarkeit ungeeigneten Materie, der die 
Natur ihre Fürsorge und ihre Gunst entzogen, und die sie so gut wie ganz in 
ihrem ursprünglichen Zustande gelassen hat. Eine solche Einförmigkeit der 
Öde kann dem Reisenden nur sehr wenig Vergnügen gewähren; Felsen, Heide 
und Wasserfalle kann er sich bequem zu Hause vorstellen. Dergleichen Reisen 
sind nutzlose Anstrengungen, die weder die Einbildungskraft befruchten, noch 

1) Autumn 789. 2) Daß Swifts Natnrgefilhl von dem damalt herrschenden nicht abwich, 

zeigt folgende Stelle in Gulliver' s Travels (HI 4) : »we camt inlo a most beauHful cotmtry: f armer s 
hüuses at small distances neatly built, the fields enclostd, contammg vineyards^ comgrotmds and 
meadows. Ntither do Iremembtr to have seift a morc delightful prospect*. 



[IL 237] XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 157 

den Geist erweitern. Von der gepriesensten Gegend der Hochlande, dem Loch 
Lomond, sagt Johnson: »in einem glücklicheren Klima würde es der Stolz des 
Reichtums und der Eitelkeit sein, seinen Inselchen alle Künste der Verschöne- 
rung zuzuwenden« (wobei er wohl an die Borromäischen Inseln dachte); »in 
ihrer jetzigen Gestalt erscheinen sie dem Betrachter nur von fern anziehend, 
in der Nähe widern sie ihn an, wenn er statt sanften Rasens und schattiger 
Dickichte nichts als unveredelte Wildheit (ruggedness) findet« x ). 

Macaulay, de* die Äußerungen von Burt und Goldsmith mitgeteilt hat, glaubt 
den Grund der damaligen Unempfänglichkeit für die landschaftliche Schönheit 
der Hochlande in ihrer Unsicherheit und Gefährlichkeit suchen zu müssen. 
Immerhin mögen diese zu dem abschreckenden Eindruck erheblich mitgewirkt 
haben, den die englischen Besucher empfingen; aber daß Macaulay unrecht 
hatte, den Grund ihres so entschieden ausgesprochenen Widerwillens hier allein 
zu suchen, beweist schon die enthusiastische Schilderung Thomsons. Auch 
waren die deutschen Gebirge, die Keyßler mit so großer Geringschätzung be- 
trachtete, vollkommen sicher und verhältnismäßig bequem zu bereisen: während 
andrerseits Reisende in unseren Tagen sich durch die augenscheinlichsten Ge- 
fahren nicht abhalten lassen, die Schönheit des Libanon oder der Cordilleren 
oder (wie Stanley) der Gebirge des inneren Afrika vollkommen zu würdigen. 
»Trotz Dr. Johnson«, ruft eine kühne englische Reisende, Miß Isabella Bird, in 
den amerikanischen Felsengebirgen aus, »entflammen diese monströsen Pro- 
tuberanzen die Phantasie und erheben den Geist« 9 ): ein Protest des heutigen 
Naturgefiihls gegen das damalige. 

In der Tat war im Anfange des 18. Jahrhunderts die Empfindung, die in der 
Hochlandsnatur eine Quelle ästhetischen Genusses hätte erschließen können, 
auch in England noch gar nicht oder erst im Keime vorhanden. »Die engli- 
schen Offiziere in Fort Augustus sehnten sich hinweg, weil man vor Regen und 
Sturmwind im Juli an Körper .und Geist erkrankte«; »denn statt der Sonne«, 
schreibt einer von ihnen, »erblickt man nur schwarzen Himmel und düstere 
Felsenhänge, von nebelndem Regen bedeckt, von. schneidenden Winderf ge- 
peitscht, mit brausenden Wassern, welche nach heftigen Regengüssen von allen 
Seiten herabstürzen« 3 ). In dem Buche von De Foe, A tour through the whole 
island of Great Britain (3 voll. 1724), wird man überhaupt kaum dem Ausdruck 
der Freude an der Naturschönheit begegnen. 

Von entschiedenstem Einflüsse auf die Entwicklung des Gefühls für den Macpherson. 
eigentlichen Zauber der Hochlande waren die angeblich Ossianischen Gedichte 
Macphersons (1760), die in empfanglichen Seelen den Hang weckten und nähr- 
ten, 4ich dem schwermütigen Reiz des Wilden, Düstern und Öden in der Natur 

1) Johnson'» Jouraey to tbe Western Isles of Scotland (1775) S. 84. Boswell, Journ. of a tour 
to the Hebrides with Johnson (1785) S. 373. 473. Ich verdanke diese Stellen der Güte Munros. 
2) Isabella L. Bird, Leben einer Dame in den Felsengebirgan (deutsch 1882) S. 63. 3) R. Pauli, 
Preuß. Jahrb. XXX 1872 S. 320 (nach J. H. Burton, History of Scotland from the revolution etc. 
[1855] II 365 Note: wörtlicher Auszug aus Jouraey through England and Scotland along with the 
Army under the Command of H. R. H. the Duke of Cnmberland [1746] S. 93). Pauli (+ 1882}, 
der auch die Güte gehabt hat Herrn Burton, als den auch in dieser Beziehung kompetentesten 
Kenner Schottlands im 18. Jahrhundert, Über die Entstehungszeit der Bewunderung für die Hoch- 
lande zu befragen, verdanke ich die meisten folgenden Nachweisungen. 



i 5 8 



XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 



[IL 238] 



hinzugeben 1 ). Werther, in dessen Herzen Ossian den Homer verdrängte, ruft 
aus: »Welch eine Welt, in die der Herrliche mich fuhrt! Zu wandern über die 
Heide, umsaust vom Sturmwind, der in dampfenden Nebeln die Geister der 
Väter im dämmernden Lichte des Mondes hinfuhrt; zu hören vom Gebirge her 
im Gebrülle des Waldstroms halb verwehtes Ächzen der Geister aus ihren 
Höhlen, und die Wehklagen des sich zu Tode jammernden Mädchens um die 
vier moosbedeckten, grasbewachsenen Steine des edel Gefallenen, ihres Ge- 
liebten.« Diesen Stimmungen entsprach keine Natur in höherem Grade als die 
der Hochlande. 

Aber nur allmählich und im Kampfe mit dem früheren Naturgefuhl kam auch 
hier das neue zu allgemeiner Geltung. Wie weit man vor hundert Jahren selbst 
in Schottland davon entfernt war, die unbedingte Bewunderimg der landschaft- 
lichen Schönheit der Hochlande als selbstverständlich anzusehen, mag folgende 
Schilderung derselben von Dr. Beattie (1735 — 1803) zeigen*). »Sie sind male- 
risch, aber im ganzen eine melancholische Gegend. Lange Strecken von Berg- 
wildnis, mit dunklem Heidekraut bedeckt, und oft von nebligem Wetter ein- 
gehüllt; enge, spärlich bewohnte Täler von schroff abfallenden Felsen begrenzt, 
von dem Brausen der Wasserfalle widerhallend; der Boden so rauh und das 
Klima so traurig, daß an manchen Stellen weder Weidewirtschaft noch Acker- 
bau möglich ist; das schwermütige Rauschen der Wogen längs der Buchten 
und Seen, welche die Gegend durchschneiden; das schreckliche Getöse, das 
jedes Umspringen des Windes, jedes Steigen und Fallen des Wassers in einer 
einsamen Gegend hervorbringen kann, die voll ist von Echos, Felsen und 
Höhlen; der groteske und geisterhafte Anblick einer solchen Landschaft bei 
Mondlicht: solche Gegenstände verbreiten eine Düsterkeit über die Phantasie, 
die wohl mit gelegentlicher und geselliger Heiterkeit verträglich sein kann, aber 
in der Stunde des Schweigens und der Einsamkeit notwendig den Gedanken 
der Eingeborenen ihre Farbe geben mußc 3 ). 

Hatte sich nun das Gefühl für das Wildromantische und furchtbar Erhabene 

in der Natur und namentlich in der Gebirgslandschaft auch schon in der ersten 

Hälfte des 18. Jahrhunderts in mannigfachen Regungen kundgegeben, so ist 

Rousseau Haupt- Rousseau doch der erste gewesen, -der ihm durch hinreißenden Ausdruck all- 

urhebcr des Um- gr emc i ne Anerkennung sicherte und seine weiteste Verbreitung anbahnte. 

Schwungs im ö _ ** c - , ö 



Naturgefühl. 



Die Ufer des Genfer Sees, wo er aufwuchs, waren wie kaum eine andere 
Gegend in Europa geeignet, die Geburtstätte eines neuen Naturgefühls zu 
werden. In den reizenden Landschaften des nördlichen Ufers hatte von jeher 
der Natursinn die reichste Befriedigung gefunden: der Genfer See, sagt Se- 
bastian Münster, »ist auf der Helvetier Seite mit einer wunderschönen Land- 
schaft umbzieret — Vivis ist ein gar lustig Ort« 4 ). Der durch die unvergleich- 

x) Hcttner, Literaturgesch. des 18. Jahrhunderts I 3 549. 2) A tour through the island of Great 
Britain — origin&lly begun by Daniel de Foe, continued by the late Mr. Richardson (8th edition) 
IV 242. 3) »Das Wachstum der Bewunderung für die Hochlande läßt sich während der 

zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts in Gedichten und Reisebeschreibungen vor W. Scott als stets 
zunehmend verfolgen. Von letzteren machte Burton namentlich aufmerksam auf Forsyth, The 
Beauties of Scotland, Edinburgh 1805.» Briefliche Mitteilung von Pauli 4) Cosmographei 

S. 493. 



[IL 239, 240] XIL GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 159 

liehe Schönheit dieser so überaus reich geschmückten Abhänge gefesselte 
Blick gewöhnte sich gleichsam unwillkürlich, die großartig ernsten Gebirgs- 
szenen des gegenüberliegenden Ufers als eine notwendige Ergänzung und als 
einen unentbehrlichen Bestandteil des ganzen, wundervollen Bildes anzusehen 1 ). 
Haller betrachtete 1728 mit seinem Freunde Job. Gesner den Genfer See von 
einer Terrasse bei Lausanne: *ce me lange <Paffreux et (Tagreable, de 
eultive et de sauvage a un charme quHgnorent ceux qui sont indifferents pour 
la nature. c Rousseau faßte schon als Jüngling bei seinem ersten Aufenthalt 
in Vevey eine Zuneigung für diesen Ort, die ihn auf allen seinen Reisen be- 
gleitete und ihn denselben später zum Schauplatz seiner 'Neuen Heloise' wählen 
ließ 9 ). Den Helden dieses Romans läßt er bei seiner Heimkehr dies »reiche 
und fruchtbare Land, diese einzige Landschaft« die schönste nennen, von der 
das menschliche Auge jemals getroffen wurde, einen bezaubernden Aufenthalt, 
dessengleichen er auf seiner Reise um die Welt nicht gefunden habe 3 ). 

Es ist bekannt, wie innig stark und tief Rousseaus Liebe zur Natur war und 
wie sie durch seine Weltflucht und seinen Haß der Überkultur bis zur Über- 
schwenglichkeit gesteigert wurde. Die Natur war ihm vollkommen überall, wo 
der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual. Sie scheint, sagt seine Julie, ihre 
wahren Reize den Blicken der Menschen entziehen zu wollen, welche sie zu 
wenig fühlen und sie entstellen, wenn sie in ihrem Bereich sind. Sie flieht die 
belebten Orte: auf den Gipfeln der Berge, in der Tiefe der Wälder, auf den un- 
bewohnten Inseln breitet sie ihren ergreifendsten Zauber aus 4 ). Nie war er so 
glücklich wie in der Wonne seiner Zurückgezogenheit, wenn er eine Waldein- 
samkeit gefunden hatte, wo nichts ihm die Hand des Menschen zeigte, kein 
Dritter trennend zwischen ihn und die Natur trat. Nur im Freien vermochte er 
zu beten, und sein Gebet bestand in einer aufrichtigen Erhebung des Herzens 
zu dem Urheber dieser lieblichen Natur, deren Schönheiten vor seinen Augen 
lagen 5 ). In der Einsamkeit der Wiesen und Wälder vergaß er »die Verfol- 
gungen der Menschen, ihren Haß, ihre Verachtung, ihre Beschimpfungen und 
alle Übel, mit denen sie ihm seine zärtliche und aufrichtige Zuneigimg vergolten 
hatten«. 

Doch wie sehr sich Rousseaus Liebe auch auf die ganze, sich selbst über- Seine Vorliebe 
lassene Natur erstreckte, so zogen ihn doch ihre wilden und düsteren Szenen i^sclSt"** 3 " 
am unwiderstehlichsten an. »Man weiß schon«, sagt er, »was ich unter einer 
schönen Gegend verstehe. Niemals ist eine Landschaft der Ebene, mochte sie 
noch so schön sein, in meinen Augen so erschienen. Ich verlange Gießbäche, 
Felsen, Tannen, dunkle Wälder, rauhe auf- und abführende Pfade und recht 
fürchterliche Abgründe neben mir« 6 ). Je tiefer später sein Gemüt erkrankte, 
desto mehr fühlte er sich gerade in den einsamsten und wildesten Umgebungen 
wohl. Nirgends, sagt er, habe er sich so glücklich gefühlt wie auf der einsamen 

1) Misson, Nouveau voyage d'Italie III 4 (1702) S. 239: >Genhe est dans um charmante Situation, 
Totti est agr table aux envtrons, an peut mime dire que la nature y est magnifique. Le lae, les mon- 
tagnes, les riväres, les planus , les coteaux, les promenades, les jolies maisons de campagne: tout con- 
triöue a embelttr ce sejour.« 2) Confessions livre IV (Lausanne 1782, 1 274). 3) Nouv. Heloise 
IV. partie, lettre 6. 4) ebd. IV. partie, lettre 11. 5) Confessions 1. VI (II 117). 6) ebd. 1. IV 
(I 308). 



Heloise. 



160 XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [IL 241] 

Peterinsel im Bieler See. »Seine Ufer sind wilder und romantischer als die des 
Genfer Sees, weil die Felsen und Wälder das Wasser in unmittelbarer Nähe be- 
grenzen, aber sie sind nicht minder lachend. Wenn es dort weniger Feldbau 
und Weinberge, weniger Städte und Häuser gibt, so gibt es dafür auch mehr 
natürliches Grün, mehr Wiesen, von Gehölzen beschattete Asyle, häufige Kon- 
traste und Unregelmäßigkeiten. Da diese glücklichen Ufer keine großen 
Fahrstraßen haben, ist die Gegend wenig von Reisenden besucht; aber sie ist 
anziehend für beschauliche Einsiedler, die es lieben, sich ungestört an den 
Reizen der Natur zu berauschen und sich in einer Stille zu sammeln, die kein 
anderer Ton unterbricht, als der Schrei der Adler, das stockende Gezwitscher 
einiger Vögel und das Rauschen der von den Bergen stürzenden Gießbäche« x ). 
Die neue Die *Neue Heloise' (1761) deckte der ganzen gebildeten Welt in der noch 
ungekannten Alpennatur eine neue Quelle des reichsten Genusses auf. Zum 
ersten Male wurde hier durch eine bezaubernde Schilderung das Verständnis 
für den Reiz von Gegenden erschlossen, wo, wie St. Preux an seine Geliebte 
schreibt 9 ), bald ungeheure Felsen über dem Haupte des Wanderers schweben, 
bald hohe und rauschende Wasserfalle ihn in eine Wolke dichten Wasserstaubes 
hüllen, bald ein unversieglicher Gießbach neben ihm einen Abgrund von 
schwindelerregender Tiefe höhlt; wo er sich bald in der Dämmerung eines 
Dickichts verliert, bald beim Heraustreten aus einer Schlucht plötzlich durch 
den Anblick einer lieblichen Matte entzückt wird. Was den Wanderer auf seiner 
Fußreise durch das Wallis vorzugsweise fesselte, war nicht bloß das über- 
raschende Gemisch von Wildheit und Kultur, sondern noch mehr die seltsamen 
Kontraste der Naturszenen. Dieser Verbindung aller Jahreszeiten, Klimate und 
Bodenbeschaffenheiten, dieser Mannigfaltigkeit der Eindrücke schrieb der Wan- 
derer die Ruhe zu, die in seine Seele zurückkehrte; aber als er die Wolken- 
region überstiegen und eine heitere Höhe erreicht hatte, in der man Donner 
und Sturm zu seinen Füßen sah, glaubte er in der Reinheit der Luft die wahre 
Ursache der Wiederkehr des lange vermißten Friedens zu entdecken. 

In einem andern Sinne epochemachend war die 'Neue Heloise 9 insofern, als 
sie alle zartorganisierten, von unbefriedigter Sehnsucht erfüllten, kranken und 
verletzten Seelen in der immer gleichen Reinheit, Stille und Größe der Natur 
eine stets bereite Zuflucht vor dem Gewühl, dem Schmutz, der Kleinheit des 
menschlichen Daseins aufsuchen lehrte. Hier wurde zuerst verkündet, daß auch 
Einöden und Wüdnisse von Schönheiten erfüllt sein können, die nur den ge- 
fühlvollen Seelen gefallen und den übrigen schrecklich (korribles) erscheinen! 
So war das Asyl am Meillerie, wo St Preux, von der Geliebten getrennt, in 
tiefster Einsamkeit ebenso traurige wie köstliche Tage verlebt hatte 3 ). »Ein 
von der Schneeschmelze gebildeter Gießbach stürzte in einer Entfernung von 
zwanzig Schritten in ein schmutziges Wasser und führte mit Geräusch Schlamm, 
Sand und Steine mit sich fort. Hinter uns schied eine Kette unzugänglicher 
Felsen den freien Platz, auf dem wir uns befanden, von dem Tefle der Alpen, 
die man Gletscher nennt, weil ungeheure, unaufhörlich zunehmende Eisgipfel 

1) Reveries V. promenade (VI 120). 2) Nouv. Heloise I. partie, lettre 23. 3) ebd. IV. part., 
lettre 17. 



[IL 242] XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 161 

sie seit Anfang der Welt bedecken. Schwarze Tannenwälder verbreiteten ihren 
düsteren Schatten zur rechten, ein großes Eichengehölz war zur linken, jenseits 
des Gießbachs und zu unsern Füßen trennte uns die unermeßliche Wasserfläche, 
die der See im Schoß der Alpen bildet, von den reichen Ufern des Pays de Vaud, 
deren Gemälde der Gipfel des majestätischen Jura krönte.« 

So hat Rousseau nicht bloß eine Erweiterung des Naturgefiihls durch die 
Entdeckung der Gebirgslandschaft herbeigeführt; er hat es auch völlig umge- 
staltet. Die von ihm angeschlagenen Töne klangen in allen gefühlvollen Herzen 
wieder. Die 'Neue Heloise' hat wesentlich dazu mitgewirkt, »dem Gemüts wesen 
des nachfolgenden Menschengeschlechts« überhaupt, namentlich aber seinem 
Verhältnis zur Natur »eine tiefere Innerlichkeit« zu geben. Sie hat die allmäh- 
lich immer allgemeiner gewordene Herrschaft einer ganz subjektiven Natur- 
auffassung verbreitet. Diese leiht der Natur eine Seele, von der die mensch- 
liche nur ein Teil oder mit der sie doch innig verwandt ist; sie meint die Sprache 
der Natur belauschen und verstehen zu können, sie erblickt in ihren unendlich 
wechselnden Zuständen und Erscheinungen, »in den ragenden Bergen und in 
der stillen Einsamkeit der Täler und Wälder die stummen Spiegelbilder des 
eigenen inneren Lebens« s ). Die ebenfalls von Rousseau angebahnte Anerken- 
nung einer fast grenzenlosen Berechtigung der Individualität gegenüber den in 
Kunst und Leben bestehenden, vielfach verknöcherten Ordnungen und Regeln, 
die in Deutschland die Sturm- und Drangperiode heraufführte, gab auch dem 
Naturgefuhl die Richtung auf solche Szenen und Erscheinungen, von denen die 
frühere Empfindung zurückgestoßen worden war. Zu der brütenden Schwer- 
mut, der namenlosen Sehnsucht, der Lust am Schmerz, der Zerrissenheit und 
Verzweiflung, den titanischen Gefühlen, in welche die damalige und die nächste 
Generation sich zu versenken liebte, stimmte in der Natur nur das Wilde und 
Romantische, von dem das klassische Altertum und die von ihm beherrschte 
Kultur sich abgewendet hatte. Jene von Rousseau beschriebene Einsiedelei am 
Meillerie war ein Prototyp der Landschaft, die nun mit Vorliebe aufgesucht und 
mit Meisterschaft geschildert wurde. 

Die 'Neue Heloise' und Rousseaus übrige Schriften machten sehr bald die 
Ufer des Genfer Sees und die westliche Schweiz überhaupt zu einem Ziel für 
die Touristen von ganz Europa. Schon 1762 schrieb Justus Moser nach der 
Lektüre der 'Heloise' an Abt, er möchte ihm doch aus der Schweiz »ein Stück 
von den berühmten Alpen mitbringen, woraus jetzt^L) viel Wesens gemacht 
wird«. Goethe konnte sich (1779) in Vevey »der Tränen nicht enthalten, wenn 
er nach Meillerie hinübersah und den dent du Chamant (so) und die ganzen 
Plätze vor sich hatte, die der ewig einsame Rousseau mit empfindenden, leben- 
den Wesen bevölkerte« 9 ). Im Jahre 1788 besuchte Meiners »die heiligen Orte 
der Heloise von Rousseau, wohin jetzt alle Fremden von Lausanne aus wall- 
fahrten 3 ), und wo sich besonders Engländer mit der Heloise in der Hand wochen- 

1) Hcttner, Literaturgesch. des 18. Jahrhundera II 3 486. 2) An Frau von Stein I 264 

bei Schmidt, Richardson, Rousseau und Goethe S. 174, 100. Vgl. auch S. 179, 105 (Herder 1770 
und Lenz). 3) So z. B. Nicolovius und F. L. v. Stolberg 1791. Denkschr. auf Nicolovius 

S.28. 

Friedlaender, Darstellungen. Anhang. U 



1 



IÖ2 XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [IL 243, 244] 

lang aufhalten« z ). Auch die Travels in Switzerland and in the country of the 
Grisons' (1776, 1779, 1785, 1786) von Coxe, die in der nächsten Zeit haupt- 
sächlich der Wegweiser englischer Reisender waren, verfolgen die Spur Rous- 
seaus in Motiers und auf der Petersinsel 9 ). 

Das Buch von Coxe wurde von einem tiefen, wissenschaftlichen Kenner der 
Gebirgswelt, der zugleich ein Meister landschaftlicher Schilderung war, von Ra- 
mond de Carbonni&res (geboren zu Straßburg von einer deutschen Mutter 1755, 
f 1 82 7) in einer an Inhalt und Umfang erheblich vermehrten französischen Über- 
setzung herausgegeben, die daraus ein ganz neues Buch machte. Die Reisen 
von Coxe hatten sich noch mehr in der Ebene und den niedrigen Tälern be- 
wegt, sie galten vorzugsweise den Städten, der Kenntnis der Menschen und Zu- 
stände. Ramond beschrieb zuerst die Höhen, die er als unermüdlicher Fuß- 
wanderer erklommen hatte. Sainte-Beuve rechnet seine Alpenschilderung zu 
dem Vollendetsten, Was in dieser Gattung geleistet ist; Buffon hatte ihm ge- 
Rmmond, der sagt: Sie schreiben wie Rousseau. Ramond, der auch den Versuch machte, in 
Seh5°i^t de* sc * nen ^ enz gewidmeten 'Abenteuern des jungen d'Olban' (1777) die Werther- 
Pyrenäen. literatur nach Frankreich zu verpflanzen, wurde später 'der Maler der Pyre- 
näen 1 ; seine 'Observations sur les Pyr£n£es' (1789) und 'Voyage au Mont Ferdu' 
(1801) sind klassische Werke. Hier zeigt sich (nach Sainte-Beuve) 'der Saus- 
sure der Pyrenäen 9 als Künstler in ganz neuen Bildern, an die noch niemand 
sich gewagt hatte. »Er wollte, daß man den Mut haben sollte, zu sehen und 
zu empfinden, daß man sich alle großen und natürlichen Empfindungen ge- 
statten und keinen Anstand nehmen^sollte, sie auszusprechen^ Auch vor dem 
überwältigendsten Grauen der Gebirgseinöde schreckt er nicht zurück 3 ). 

Doch die Wirkung von Ramonds Werken wurde durch die Ungunst der 
Zeiten, in denen sie erschienen, im höchsten Grade beeinträchtigt, sie wurden 
verhältnismäßig wenig bekannt, und sein Name ist außerhalb Frankreichs so 
gut wie verschollen. Dasselbe gilt von den Schriften Etiennes de Sdnancour 
(geb. 1 7 70) ; die Schilderungen der Alpenlandschaft in seinem 'Oberman' ( 1 804), 
der ähnliche Stimmungen anregte wie Ossian und Werther, zeigen »eine origi- 
nale und ernste Darstellungsgabe, die zwischen der Weise Ruisdaels und Sal- 
vator Rosas in der Mitte steht t 4 ). Derjenige, dem die gebildete Welt nach der 
Entdeckung der Gebirgslandschaft durch Rousseau die neue, große Erweite- 
rung ihres Naturgefuhls durch die Entdeckung des Hochgebiigs verdankt, war 
ebenfalls ein Genfer, ^Rtssure. 
Die drei Zonen Ein dritter Genfer, Töpffer (1 799 — 1 846), hat sehr richtig die Alpenlandschaft 

dcr ^ pC 2cSft in drei Zonen abgeteilt. Die niedrigste umfaßt die Hügellandschaften und endet 

bei der Grenze der Nußbäume; auf sie hat sich Rousseau beschränkt und nur 
in jener Schilderung der Einsiedelei am Meillerie sich über sie hinausgewagt, 
doch von der zweiten höheren Zone nur ein ziemlich allgemeines und unbe- 
stimmtes Bild gegeben. Diese zweite Zone, ernster, strenger und schwieriger, 
ist oft kahl; die Vegetation der unteren Region erstirbt hier, Tannen und 

1) Meiners, Briefe Über die Schweiz (1784— 1790)11 S. 165. 2) Osenbrfiggen a. a. O. S. aof. 
3) Sainte-Beuve, Causeries da landi, ßeme 6dit (Paris 1857) X p. 362—403. Vgl. J. Schmidt, 
Französische Literatnrgesch. I* 115. 4) Sainte-Beuve, Critiques et portraits litteraires (BroxeUes 
1832) II 240—281. 



[II. 245] XH. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 163 

Lärchen bekleiden die Abhänge, fassen Schluchten und Gießbäche ein; hier 
herrscht nicht mehr der Zauber reizender Ländlichkeit, es ist das Reich des 
Wildschönen. Die höchste Region ist die der Hörner, der Gletscher, der Eis- 
wüsten, wo nur noch die Alpenrose und ähnliche harte Sträucher am Rande 
des ewigen Schnees oder in dessen Lücken gedeihen. Diese hohen Regionen 
sind »die Entdeckung und Eroberung« Saussures*). So haben zu allen Zeiten 
die Naturforscher, die schon im Altertum die ersten Bergwanderer waren 8 ), auch 
zur Erweckung des Sinnes für die Schönheit der Natur am meisten beigetragen, 
vor allen andern allerdings die Botaniker 3 ). 

Zwar hatten schon 1741 zwei englische Reisende, Fococke und Windham, Entdeckung von 
das Tal von Chamouny entdeckt. Aber noch 20 — 25 Jahre später wurde die cham0UB y* 
Reise sehr selten und fast nur von Engländern unternommen 4 ). In dem pracht- 
voll ausgestatteten Homannschen Atlas novus reipublicae Helvetiae 1 769 findet 
sich der Name Montblanc ebensowenig wie der ältere Montagne maudite, son- 
dern unter den Glaci&res de Faucigny nur die Inschrift: »Hier sind abscheuliche 
Eisberge, Gletscher, glaciers, montagne s glaciales genannte 5 ). 

Saussure, der sich der Erforschung der Hochalpen mit leidenschaftlicher Hin- Saussure. 
gebung widmete, begann seine Wanderungen in Chamouny 1 760 und erstieg 
den Montblanc 1787. Der große Naturforscher, der unermüdliche und uner- 
schrockene Steiger, war zugleich wie Ramond ein Meister der Naturbeschrei- 
bung, der in schlichter und darum nur um so unwiderstehlicher wirkender 
Sprache die ungeheuren Eindrücke jener noch von keinem Menschenauge ge- 
schauten Svenen wiederzugeben verstand, »welche mit allem, was man auf der 
übrigen Welt sieht, nichts gemein haben«; der das »aus Schrecken und Be- 
wunderung« gemischte Gefühl, das ihn bei ihrem Anblick erfüllt hatte, auch 
seinen Lesern mitzuteilen vermochte 6 ). In der Tat empfand er, was noch nie- 
mand vor ihm empfunden hatte, wenn er auf jenen, damals zuerst (vor ihm 
1786 von Pacard) erklommenen Höhen unter dem Sternenhimmel stand, dessen 
Glanz die Bergspitzen schwach beleuchtete und nur die Massen und Entfernungen 
unterscheiden ließ, und nun das tiefe Schweigen in diesem ungeheuren, von der 
Phantasie noch vergrößerten Bereich ihm eine Art von Entsetzen einflößte: 
»Mir schien, daß ich allein das Weltall überlebt hatte und seine Leiche zu 
meinen Füßen ausgestreckt sah« 7 ). Zugleich hatte die anspruchslose Schilde- 
rung der Gefahren, »die das Leben des Erforschers der Alpen dem des Gems- 
jägers ähnlich machen« 8 ), etwas Aufregendes; und so verhießen Saussures 
Schilderungen den Mutigen, die sich in diese neuentdeckte Welt wagen würden, 
den reichsten Lohn. 

Neben den Werken Saussures waren es die Berichte des nicht minder leiden- Bourrit. 
schaftlichen Bergsteigers Bourrit, den Friedrich der Große P Historien des Alpes 
nannte 9 ), welche schnell die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Hochalpen und 
besonders auf Chamouny lenkten. Bourrit, ebenfalls ein Genfer, ursprünglich 

1) Sainte-Beuve, Causeries VIII 336 f. 2) Oben I 480. 3) F. Colin, Die Pflanze 

S. 223, 43. VgL auch Schwarz a. a. O. S. 465 und Colin, Deutsehe Rundschau XL VII 1886 
S. 364 £ 4) Saussure, Voyages d. les Alpes m 197 1 5) Allgem. Zeit Bell. 15. September 
1885. 6) Saussure, Voyages d. les Alpes Iü 22 ff. 7) ebd. IV 388 fr. 8) ebd. m 211. 

9) Osenbrüggen S.22ff. 

II* 



IÖ4 XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [IL 246] 

Maler, widmete sein ganzes Leben (1739 — 1 8 1 9) der Erforschung des Montblanc ; 
Saussure erkannte 1 773 dankbar an, daß er das Publikum auf seine wissenschaft- 
lichen Monographien vorbereitet habe 1 ). Goethe, der schon 1 775 (als einer der 
ersten Nicht-Schweizer) den Rigi bestiegen hatte 9 ), hörte auf der 1779m Gesell- 
schaft Karl Augusts von Weimar unternommenen Schweizerreise »so viel von 
der Merkwürdigkeit der Savoyer Eisgebirge« und daß »es immer mehr Mode 
werde, dieselben zu sehen« 3 ), daß nach Einholung von Saussures Rat der Aus- 
flug nach Chamouny noch im November gemacht wurde. Im Jahre 1784 hatte 
Gibbon bereits zu klagen, daß man sich in Lausanne nicht mehr der früheren 
Ruhe erfreue, sondern durch die Lage und Schönheit des Pays de Vaud und »die 
Mode, die Gebirge und Gletscher (glaciers) in Augenschein zu nehmen«, von 
allen Seiten dem Andränge der Fremden ausgesetzt sei 4 ). Er selbst, der 1755 
auf seiner Reise durch die Schweiz in der Ebene von Stadt zu Stadt gezogen 
Gibbon i79i* war, reiste 1791 mit Lord Sheffield über Genf, Chamouny, den Col de Bahne 

(der besonders viel der Aussicht wegen bestiegen wurde) 5 ), Martigny, St Mau- 
rice um den Genfer See nach Vevey und Lausanne 6 ). Im Jahre 1790 galt die 
Schweiz, die 60 Jahre früher in Deutschland noch sehr wenig gekannt war, 
schon als das am meisten von Fremden besuchte Land Europas 7 ), und be- 
sonders in Chamouny hatte der Zudrang der Fremden die industriöse Dienst- 
fertigkeit der Bewohner zu einem Grade entwickelt, »daß sie sehr lästig 
wurde« 8 ). 
Kant aber das Doch Saussures Werke verbreiteten die Vorstellung von der Erhabenheit der 
Erhabene in der Alpennatur weit über die Kreise derer hinaus, welche die Schweiz aus eigner 
atur< Anschauung kennen lernten. Auch Kant gehörte zu seinen eifrigen Lesern und 
brachte seinen Schilderungen eine lebhafte Empfänglichkeit entgegen. Er, der 
nie die Grenzen Ostpreußens überschritt, kannte aus »den tief beschatteten, zum 
schwermütigen Nachdenken einladenden Einöden« seiner Heimat »die inter- 
essante Traurigkeit, welche der Anblick der Einöde einflößt« (Saussure); und 
die Vorstellungen »himmelanstrebender Gebirgsmassen, tiefer Schlünde und 
darin tobender Gewässer« beschäftigten seine Phantasie, als er den Begriff des 
Erhabenen aus der Natur abstrahierte. Er sprach hier (in der Kritik der Urteils- 
kraft) die große Grundwahrheit aus: »daß die Erhabenheit in keinem Dinge der 
Natur, sondern nur in unserem Gemüte enthalten ist, sofern wir der Natur in 
uns und dadurch auch der Natur (sofern sie auf uns einfließt) außer uns über- 
legen zu sein uns bewußt werden können«. Vortrefflich wies er sodann nach, 
daß eine Einstimmigkeit des Urteils weit weniger über das Erhabene als über 
das Schöne der Natur zu erwarten sei. Und hätte er gewußt, daß die Empfin- 
dung jenes savoyischen Bauern, von dem Saussure erzählt, daß er alle Liebhaber 
der Eisgebirge Narren nannte, von der Empfindung der Gebildetsten bis zum 
Anfange des 18. Jahrhunderts nicht wesentlich verschieden war, so würde er 

1) Häser, Nord u. Süd XXXVm 1886 S. 107. Breitinger, Deutsch. Rundsch. XXIX 1881 S. 41 8 ff. 
Über die Bergwanderungen der Genfer Brüder de Luc vgl. J. Frey, Die Alpen S. 36. Die ersten 
guten Alpenansichten waren die »Merkwürdigen Prospekte aus den Schweizergebirgen« von dem 
Aarganer Maler Kaspar Wolf, ebd. S. 32. 2) Werke XXIX 1 18 d. Weim. Ausg. 3) ebd. XIX 
240. 4) Gibbon, Nachlaß S. 334. 5) Saussure, Voyages m x 14. 6) Gibbon a. a. O. 

7) Meiners, Briefe Bd. m Vorrede. 8) ebd. IV S. 189. 



[IL 247, 248] XH. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 165 

das Urteil über das Erhabene als ein nicht bloß von dem Grade, sondern auch 
von der Richtung der Kultur abhängiges erkannt haben s ). Wäre der Grund der 
»ernsten, auch wohl erhabenen Stimmung«, in die uns der Anblick der Gebirge 
versetzt, mit Schopenhauer darin zu suchen, daß ihre Form die einzige, stets 
bleibende Linie in der Landschaft ist, so hätte dieser Anblick nicht in verschie- 
denen Zeitaltern eine wesentlich verschiedene Wirkung üben können*). 

Die fernere Geschichte des Reisens in der Schweiz bis auf unsere Tage (wo 
»die Alpenreise als geistiges Bildungsmittel« 3 ) allgemein anerkannt ist) gehört 
nicht hierher. Die immer wachsende Literatur, welche diese Reisen ins Leben 
riefen, schuf einen Boden, auf dem die Kunst der Naturschilderung sich mit be- 
sonderer Vorliebe bewegte. Diese »Naturempfindungswissenschaft«, sagt der 
Winterthurer Ulrich Hegner (1822), »die weder Naturkunde noch Naturlehre, 
weder Erdbeschreibung noch Erdmessung ist, und wovon man vor einem halben 
Jahrhundert noch wenig in Büchern, selbst nicht in Reise- und Liebesge- 
schichten las, ist als ein neuer Zweig der Gelehrsamkeit in der Schweiz ent- 
sprossen, und schon zum reichen Baume gewurzelt, von dessen Früchten nun 
jeder pflückt, weil sie nicht schwer zu erhaschen und leicht zu verdauen sind« 4 ). 
Endlich hat auch die auf den Bahnen Alexander von Humboldts und Karl Ritters 
fortschreitende Erdkunde zu einem tiefer als je zuvor eindringenden Verständ- 
nis der Alpennatur gefuhrt 5 ). 

Erst sehr viel später als die Naturbeschreibimg hat sich die Landschaftsmalerei Späte Darstellung 
an die Darstellung der Hochalpen gewagt. Ein Maler aus Neufchatel, Meuron, * er ^ c ^ p i?!}j£ 
war der erste, der (um 1820) »es wagte, auf der Leinwand die ergreifende Rau- nuderci. 
heit eines Alpengipfels wiederzugeben, wie er, von Tau gebadet und sich kaum 
von der scharfen Nachtkühle lösend, die ersten Morgenstrahlen empfangt. Aber 
die Calame, Diday und andere, die auf ihren Spuren gingen, waren noch nicht 
gekommen. Die damaligen Klassiker bewiesen eifrig durch alle Arten von tech- 
nischen Gründen und Erwägungen, daß die Hochalpen wesentlich ungeeignet 
seien, auf der Leinwand wiedergegeben und Stoff für Gemälde zu werden. 'Un- 
möglich' war ihr stehendes Wort« 6 ). 

So hatte sich also die von Rousseau angebahnte Umwandlung des Naturge- Allgemeine An- 
fiihls durch die Entdeckung der Hochalpen um dieselbe Zeit vollzogen, als in |? v e J^f d d Q 
Deutschland die Sturm- und Drangperiode begann. Den Abstand des neuen birgslandschaft ~ 
Naturgefühls von dem älteren wird man inne, wenn man jene Äußerung Keyß- *a Ende des 18. 
lers, der die Salzburger und Tiroler Alpen ebenso reizlos fand wie die Lüne- J ahrnmiderts * 
burger Heiden und die märkischen Kiefernwälder, mit Äußerungen aus den letz- 
ten Jahrzehnten des 1 8 . Jahrhunderts vergleicht, wo es bereits (wie z. B. in Meiners' 
Briefen über die Schweiz 1790) als selbstverständlich galt, daß die Schweiz als 
gebirgigstes Land Europas die meisten Naturschönheiten habe 7 ). »Diese Wü- 

1) Vgl. Friedlaender, Kant in seinem Verhältnis zur Kunst und schönen Natur, Preuß. Jahrb. 
XX 1867 S. 113 ff. Kants Werke, Aasgabe von Schubert und Rosenkranz IV S. 128 f (vgl. 118). 
137. 122. 2) Schopenhauer, Welt als Wille und Vorstellung I 9 404. 3) Peschel, AbhandL 
z. Erd- u. Völkerkunde II 314 ff. 4) U. Hegner, Die Molkenkur II S. 46. 5) Vgl. die schöne 
Schilderung Peschels (Rückwirkung der Lftndergestaltung auf die menschliche Gesittung) a. a. O. 
I 387 f. 6) Samte-Beuve, Causeries Vm 338. 7) ebd. IV 284. 



i66 XH. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [IL 249] 

sten«, schreibt um 1780K. V.vonBonstetten, »diese Felsen, diese Eistäler, diese 
hohen, schwarzen Wälder werden Ihnen besser gefallen als die seelenlosen 
Schönheiten der Ebene« *). Selbst ein Nicolai zeigt sich von dem allgemeinen 
Enthusiasmus ergriffen. Auf der Reise von Wien nach München schreibt er 8 ): 
»Die großen Szenen der Natur machen einen Eindruck, den kein menschliches 
Schauspiel erregt : nirgends aber sind sie majestätischer als in bergigten Ländern, 
und nirgends könnten sie für die Naturwissenschaften lehrreicher werden, als da- 
selbst, weil ihre Wirkungen so groß und abstechend sind. Aber nur Wenigen 
ist das Herz zur Empfindung geöffnet und Wenigen sind Auge und Geist zu Be- 
trachtungen geschärft. « So einleuchtend war also damals bereits auch dem nüch- 
ternsten Sinne die Schönheit der Gebirgslandschaft geworden , die ein halbes 
Jahrhundert früher nur wenige Auserwählte zu erkennen vermocht hatten 3 ). 

Im 19. Jahrhundert ist die Ansicht, daß das Gebirge an sich schön sei, immer 
allgemeiner geworden. Die Gebirge, sagt J. Ruskin (in einem The mountain 
glory überschriebenen Kapitel) scheinen erschaffen zu sein, um uns die Vollen- 
dung der Schönheit zu zeigen, deren sämtliche Elemente (Formen, Farben, 
Mannigfaltigkeit der Szenerien usw.) sie in unvergleichlich höherem Grade ver- 
einigen als die Ebene, so daß sie diese so weit übertreffen, wie ein gemaltes 
Fenster ein weißes. Er glaubte, sie seien erschaffen, um auf die Menschheit ver- 
edelnd und erhebend zu wirken, um zugleich ihre Schulen und ihre Dome zu sein. 
Bis in sein Alter blieb er der Gewohnheit treu, sobald er die Berge betrat, nie- 
derzuknien und anzubeten; seine Naturanschauung war Religion. Auch Sir John 
Lubbock »teilt mit ihm die Empfindung, daß Berge der Anfang und das Ende 
aller Naturszenerien sind* 4 ). 
Gegner des Daß diejenigen Männer der älteren Generation, die von dem neuen Geiste 
"^zeftthT un kerührt geblieben waren, auch an dem älteren Naturgefiihl festhielten, ist voll- 
kommen verständlich. Noch gegen Ende des 18. Jahrhunderts begriff der Zür- 
cher J. C Füßli, Verfasser einer »Staats- und Erdbeschreibung der Schweizeri- 
schen Eidgenossenschaft« nicht, wie man das Engelberger Tal schön finden 
könne: dort gebe es nichts als »scheußliche Berge«, »keine Gärten, keine Frucht- 
bäume, keine das Auge belustigenden Felder« 5 ). Um so begreiflicher ist, daß 
NichtSchweizer ebenso empfanden. Goethes Vater war unzufrieden, daß der 
Sohn auf der Höhe des Gotthard umgekehrt war, ohne nach Italien hinabzu- 
steigen. »Besonders auch konnte er keine Teilnahme an jenen wilden Felsen, 
Nebelseen und Drachennestern im mindesten beweisen. Nicht im Gegensatz, 
aber gelegentlich ließ er doch merken, was denn eigentlich an alle dem zu haben 

1) Bonstetten, Schriften, herausg. von Matthison 1793 S. xi. 2) Nicolai, Beschreibung einer 
Reise durch Deutschland n. die Schweiz im Jahre 1781, VI 465. 3) Moltke, Briefe über Zustände 
und Begebenheiten in der Türkei S. 231: »Fast jedes Gebirge ist schön; der Caradscha Dag zwi- 
schen Frat und Tigris ist das einzige, welches ich bisher gesehen, das eine Ausnahme macht«. 
Dagegen hat Fürst Bismarck geäußert, »daß er Gebirgsgegenden nicht sehr liebe, erstens wegen 
der im Tal beschränkten Aussichten, dann wegen des Auf- und Absteigens. Ich bin mehr für die 
Ebene, wenn auch nicht gerade für die von Berlin. Aber kleine Hügel mit hübschem "Laubwald, 
schnelle klare Bäche» etwa wie in Pommern und überhaupt an der Ostsee« usw. Busch, Graf 
Bismarck und seine Leute II 178. 4) Ruskin, Modern painters IV 345 ff. 359. 3S6. Charlotte 

Broicher, J. Ruskin und sein Werk I (1902) S. 231. Lubbock, The beauties of nature and the son- 
ders of the world (1892). 5) J. Frey, Die Alpen S. 23. 



[IL 250] XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 167 

sei; wer Neapel nicht gesehen, habe nicht gelebt« z ). Goethe selbst scheint sich 
in seinem höheren Alter der Naturempfindung jener längst vergangenen Zeit 
wieder genähert zu haben*). Er spricht 1 823 in einem Briefe an Nees von Esen- 
beck von seinen »unnützen Reisen in die Schweiz«, >da man glaubte, es sei was 
Großes getan, wenn man Berge erklettert und angestaunt hatte«. Er hat dieser 
Ansicht als der »heiteren Paradoxie eines würdigen Mannes« einen scherzhaft 
gesteigerten Ausdruck geliehen 3 ). »Wenn Reisende ein sehr großes Ergötzen 
auf ihren Bergklettereien empfinden«, läßt er denselben sagen, »so ist für mich 
etwas Barbarisches, ja Gottloses in dieser Leidenschaft. Berge geben uns wohl 
den Begriff von Naturgewalt, nicht aber von Wohltätigkeit der Vorsehung.« — 
»Und diese Zickzackkämme, diese widerwärtigen Felsen wände, diese ungestal- 
teten Granitpyramiden, welche die schönsten Weltbreiten mit den Schrecknissen 
des Nordpols bedecken, wie sollte sich ein wohlwollender Mann daran gefallen 
und ein Menschenfreund sie preisen!« 

Die vereinzelten Stimmen aber, die aus der Mitte der jüngeren Generation 
gegen den Enthusiasmus für die Gebirgslandschaften laut wurden, erhoben sich 
in dem Bewußtsein, daß man mit der herrschenden Ansicht im Widerspruch 
stehe. Zu den Gegnern des neuen Naturgefiihls gehörte Hegel (geb. 1770), als 
er 1 796 die Berner Hochlande durchwanderte 4 ). Auf dem Wege von 'Hinter- 
laken' nach Lauterbronnen hatte die »Enge der Täler, wo ihm durch die Berge 
alle ferne Aussicht benommen wurde, etwas Einengendes, Beängstigendes für 
ihn. Er sehnte sich immer nach Erweiterung, nach Ausdehnung, und sein Blick 
stieß immer an Felsen an; das ewige Geräusch der zwei Litschenen machte ihm 
Langeweile.« Auf der Scheidegg machte der volle Anblick der Jungfrau und 
der beiden Aiger »schlechterdings nicht den Eindruck, erregte nicht das Gefühl 
der Größe und Erhabenheit, den wir erwartet hatten«. Der Besuch der Grindel- 
waldgletscher gab ihm weiter keine Befriedigung, als die, jetzt einen Gletscher 
aus unmittelbarster Nähe gesehen zu haben. Von der Gegend umdasGrimsel- 
hospiz sagt er: »Weder das Auge noch die Einbildungskraft findet auf diesen 
formlosen Massen irgend einen Punkt, auf dem jenes mit Wohlgefallen ruhen, 
oder wo diese ein Spiel oder Beschäftigimg finden könnte. — Der Anblick dieser 
ewig toten Massen gab mir nichts als die einförmige, und auf die Länge lang- 
weilige Vorstellung : e s i s t s o. « Überhaupt erregte auf der ganzen Reise nichts 
sein Interesse und seine Bewunderung als die Wasserfalle, und er scheint sehr 
zufrieden gewesen zu sein, als er die für ihn so genußarme Wanderung beendet 
hatte, und »gegen Lucern hin zum ersten Mal wieder über die schöne Spiegel- 
fläche des Sees niedrigere Hügel erblickte, die unserem Auge, das bisher teils 
erhabene, teils graue und traurige Berge und fast nie eine weite Aussicht gehabt 
hatte, sehr wohl taten«. 

Doch dieser Widerspruch eines eigenartigen , der Anempfindung energisch 
und vielleicht mit einem gewissen Trotz widerstrebenden Geistes gegen eine 
herrschend gewordene Richtung blieb imbekannt, denn Hegels Tagebuch war 
nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Einen lauten Protest gegen die Bewun- 

1) Goethes Werke XXIX 155 d. Weimar. Ausg. 2) Herafelder, Goethe in der Schweiz 1891. 
3) Goethes Werke, n. Abt. XI 120 d. Weimar. Ausg. 4) Tagebuch der Reise in den Berner 

Oberalpen, bei Rosenkranz, Hegels Leben S. 470 — 490. 



i68 XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [IL 251, 252] 

Chateaubriand derung der Gebirgslandschaft erhob 1805 Chateaubriand in seinem Voyageau 
*' Mont Blanc. Er habe, so beginnt er, viele Gebirge in Amerika und Europa ge- 
sehen, und ihm habe es immer geschienen, daß man in ihrer Beschreibung über 
die Wahrheit hinausgehe; der Besuch von Chamouny habe diese Überzeugung 
nur bestätigt. Seine Ansicht ist folgende: wie es keine schöne Landschaft ohne 
einen Hintergrund von Bergen gibt, so gibt es auch keine das Auge und Herz 
befriedigende, wo es an Raum und freier Aussicht mangelt; dies ist aber immer 
im Innern der Gebirge der Fall. Man ist dort den Gegenständen so nahe, daß 
die Größe der Dimensionen dem Blicke nicht wahrnehmbar wird, und zugleich 
sind die Berge so riesenhaft, daß sie alles, was ihnen zum Schmucke dienen 
könnte, vernichten. Ferner haben die Schneeflächen der Alpen den Nachteil, 
daß sie die ganze Umgebung, sogar das Blau des Himmels, dunkel machen. 
Man sieht in den Bergen zu wenig vom Himmel, der gleichsam die Leinwand 
ist, aufweiche die Natur die Landschaft malt; wo er fehlt, wird das Bild wirkungs- 
los und verworren: die Maler haben dies sehr wohl gefühlt und daher die Berge 
nur von ferne gezeigt, indem sie Wälder und Ebenen vor dem Auge ausbrei- 
teten. Nur der Mondschein läßt die Majestät der Gebirgslandschaft zur Erschei- 
nung kommen. Wenn aber hiernach das Großartige (le grandiose) und die auf 
ihm beruhende Erhabenheit im Innern der Gebirge verloren geht, so fehlt das 
Anmutige (le gracieux) ebenso sehr. Die Täler der Schweiz kann man nur ver- 
gleichsweise angenehm finden. Das Gefühl, das man in den Bergen empfindet, 
ist ein sehr peinliches, verursacht durch ihre Rauheit und Unfruchtbarkeit. Die 
Täler, nach denen Vergil sich sehnt, um der Gemeinschaft der Musen teilhaftig 
zu werden 1 ), sind angenehme, lachende, reizende, die Wälder schöne Eichen-, 
Ulmen-, Buchen-, nicht traurige Tannenwälder, und sein Tal soll in einer Ge- 
gend liegen, wo es schöne, poetische und historische Erinnerungen und harmo- 
nische Namen gibt: er würde wenig Gefallen an dem Tal von Chamouny, seinen 
Gletschern und Nadeln, an den Felsen der Tete noire gefunden haben. Das 
Altertum, auf das man sich stets berufen muß, wo es sich um die Wahrheit der 
Empfindungen handelt, dachte nicht wie Rousseau über die Berge : es stellt sie 
im Gegenteil als den Aufenthalt des Schmerzes und der Verzweiflung dar, wo- 
mit auch die heilige Schrift übereinstimmt. 

Zum Schlüsse bemerkt Chateaubriand nochmals, daß die Berge für den Hin- 
tergrund der Landschaft unentbehrlich seien: »Ihre beschneiten Häupter, ihre 
nackten Flanken, ihre riesigen Glieder, scheußlich [fddeux), wenn man sie aus 
zu großer Nähe betrachtet, sind bewunderungswürdig, wenn sie sich auf dem 
Grunde eines dunstigen Horizontes runden und in einem flüssigen vergoldeten 
Lichte färben.« — »Nur verlange man nicht von mir, daß ich die langen Fels- 
grate, die Schluchten, die Spalten, die Löcher, die Windungen der Alpentäler 
bewundern soll.« 

Mit vollem Recht beruft Chateaubriand sich auf die Alten. Denn in seinem 
mit so überraschender Einseitigkeit und Schroffheit ausgesprochenen Wider- 
streben, die Schönheit der Alpenlandschaft anzuerkennen, stimmt sein Natur- 
gefuhl durchaus mit dem klassischen überein. Worauf aber dieser Gegensatz 

1) Verg. G. II 485 ff. 



[IL 253] XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 169 

der klassischen und romantischen Anschauungsweise hauptsächlich beruht, er- 
gibt sich aus der bisherigen Erörterung; sie zeigt, daß das Naturgefuhl wesent- 
lich durch die Natur bestimmt wird, innerhalb welcher es sich bildet Wenn sich 
die Bewunderung des Gebirges viel früher in Gebirgsländern, wie in der Schweiz 
und Schottland, nachweisen läßt, als in der Ebene, und wenn es sich zeigt, daß 
die Bewohner der letzteren von den neuen Eindrücken der Gebirgslandschaft 
anfangs keineswegs angezogen wurden und nur allmählich das Verständnis der- 
selben gewonnen haben: so ist um so begreiflicher, daß die Menschen des Sü- 
dens von der Alpennatur zu allen Zeiten geradezu abgestoßen werden mußten. 

Der Abstand des Naturgefuhls der Alten von dem unsrigen beruht also in die- Der Gegensatz des 
sem Punkte nicht auf dem Gegensatze zwischen Antik und Modern, sondern auf " lt5kcn ^J d ™ ' 
dem Gegensatze zwischen südlicher und nordischer Natur: und wenn dies rieh- fUhlsdurchdenGe- 
tig ist, muß das Naturgefuhl der heutigen Bewohner Italiens und des Südens gensatz südlicher 
überhaupt mit dem der Römer übereinkommen. In der Tat erscheint ihrem Nato°bedimrt 
durch eine so viel reichere, lieblichere und harmonischere Naturschönheit ver- 
wöhnten Auge das Gewaltige des Hochgebirges ungeheuer und erdrückend, das 
Ernste finster und trostlos, das Wilde grauenhaft und entsetzlich. »Dort waltet 
die Natur einsame, sagt Ugo Foscolo, >und wie mit finsterer Drohung und ver- 
jagt jedes lebende Wesen aus ihrem Reiche« *). Äußerungen in diesem Sinne 
wird man in den Alpen von gebildeten Italienern oft, wenn nicht in der Regel, 
vernehmen können. 

Selbst Nordländer, die längere Zeit den vollen Zauber der südlichen Natur Abneigung gegen 
empfunden haben, sehen das Hochgebirge nicht selten bald mit dem Blick der £*! Nordfänd^ 
südlichen Menschen an. »Sie befriedigen Ihre Phantasie«, schreibt die Gräfin durch Gewöhnung 
von Albany (181 6 an Foscolo, der sich nach der Schweiz zurückgezogen hatte), «* »üdliche Natur. 
»welche vielmehr von dem Anblick des Schnees erkältet sein sollte, der das von 
Ihnen bewohnte Land bedeckt. Um ein solches Land zu bewohnen, muß man 
starke Gründe haben, wenn man auf Zante geboren ist« 9 ). In einer Schilderung 
des Comersees von Beyle-Stendhal heißt es, der Anblick der über dessen Ufer- 
hügel ragenden, mit ewigem Schnee bedeckten Alpengipfel erinnere den Be- 
trachter durch ihre ernste Strenge an das Unglück des Daseins nur so weit, als 
es erforderlich sei, um den Genuß der Gegenwart zu erhöhen 3 ). Auch in dem 
schönen Buche von Victor Hehn über Italien, wo der Eindruck der italienischen 
Landschaft mit dem tiefsten Verständnis aufgefaßt und mit der vollendetsten 
Meisterschaft wiedergegeben ist, hat diese Versenkung in die Natur des Südens 
eine Art von Abneigung gegen die Schweiz zur Folge gehabt. »Hart und ge- 
waltsam sind in diesem Lande auch die Hochgebirge aufgetürmt, hoch oben öde 
und sumpfige, mit kurzem Grase bewachsene, bald geneigte, bald in sich mul- 
denförmig vertiefte Flächen tragend; von ihren obern Kanten laufen die trau- 
rigen Halden, lange Streifen grauen Steingerölls, von den Schneestürzen hinter- 
lassen, ins Tal; Nebel und Wolken hängen an den Flanken und Steinrippen, 
wie die Wolle am Bauch des Widders, senken sich zu den schwarzen Fichten- 
gürteln nieder und steigen wieder verhüllend und wogend aufwärts zu den kalten 

1) Foscolo, Letzte Briefe des Jacopo Ortis, deutsch von Lautsch 1829 S. 145. Vgl. auch die 
Schilderung der Alpenübersteigung in Manzonis Adelchi (Akt 2 Szene 2). 2) Reumont, Gräfin 

von Albany II 169; vgl. 168. 3} Stendhal, Chartreuse de Panne T. I eh. 2. 



i 7 o XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [II. 254] 

Schneekuppen. Ein Bild form- und schrankenloser Gewalten, beängstigende 
Zeugen uralter elementarer Kämpfe und Naturrevolutionen !« *). In der Gebirgs- 
bildung Italiens dagegen ist »der harte Eigensinn, die ungeschickt auftürmende 
cyclopische Wut getilgt; in Gestalten und Profilen herrscht eine reife Milde, 
plastischer Schwung, weicherer Wellenfluß, der aber den Ernst, die Bestimmt- 
heit und Energie nicht ausschließt«. Am Südabhange der Alpen »treten jene 
geschlossenen Bergbilder auf, deren Anordnung und Konturen dem Auge die 
reinste Befriedigung gewähren; in fließender Linie, bequem und heiter, bald 
scharfkantig gegen den Hintergrund des Himmels abgeschnitten, bald wie ein 
unbeweglich schwebender lichtgetränkter Duft liegt der Hauptzug in der Ferne 
gelagert und sendet am Bande schmaler niedriger Landzungen blaue, malerische, 
schwimmende Vorgebirge ins Meer« *). Wer Italien gesehen hat, begreift es 
vollkommen, daß die Erinnerung an »jene Linien der Berge, jene reiche Mo- 
dellierung des Bodens und der braunen Erde, die luftgefarbten Felsenufer, das 
klingende Meer, die Meteore des Himmels, die ganze Harmonie und stille Selbst- 
genügsamkeit der klassischen Gegenden denjenigen, der sie genossen und ver- 
standen, nicht verläßt und häufig für die relativen Reize der nordischen 
Natur unempfänglich macht« 3 ). 

Daß in der Tat die Gewöhnung an die Natur des Südens eine ursprünglich 
vorhandene Empfänglichkeit für die Gebirgslandschaft sogar in Abneigung 
Winckdmmnn verwandeln kann, dafür fehlt es nicht an Beispielen. Auf Winkelmann hatte 
I7SS— 5 6 - der erste Anblick der Tiroler Alpen den größten Eindruck gemacht Man hat 
nichts Wunderbares, nichts Erstaunendes gesehen, schreibt er am 7. Dezember 
1755, wenn man nicht dieses Land mit denjenigen Augen, mit welchen ich es 
betrachtet habe, gesehen hat. Er nennt die Berge »erschrecklich schön« 
(20. Dez. 1755). In Tirol »zeigt sich die Mutter Natur in ihrer erstaunenden 
Größe, und der Überfluß herrscht zwischen den Ungeheuern Klippen. Es ist 
ein Land der schönen Menschen, und Bozen besonders. Sollte ich einmal 
zurückgehen, so unterbreche ich gewiß in diesem Lande meine Reise, um ent- 
zückende Augenblicke zu genießen« (1. Juli 1756). Doch nun wurde er von 
dem Zauber der südlichen Natur ergriffen. Immer wieder preist er in seinen 
Briefen die Pracht der Vegetation in den »himmlischen Villen Roms, die un- 
beschreibliche Schönheit« der nächsten Orte im Albaner Gebirge und an 
der Küste von Latium, vor allem die elysische Gegend von Porto d'Anzo. 

Winckelmann Zwölf Jahre lang hatte sich sein Auge an den Bildern der italienischen Land- 

1768. 

1) V. Hehn, Italien. Ansichten und Streiflichter, 2. Aufl. 1879 S. 2 f. 2)HehnS. 44 t 

3) Hehn S. 60. Doch mögen hier auch einige Äußerungen eines entgegengesetzten Gefühls 
Platz finden. Fr. Preller schrieb im März 1830 ans Rom: >Oft und gern denke ich selbst an unsere 

Natur zurück, die vordem mir leer und kalt erschien. Freudig wird mir die stille, bescheidene 

Schönheit des Vaterlandes entgegenkommen, und nicht unmöglich scheint nuVs, mich über den 
Verlust der hohen südlichen trösten zu können, da ich ja die teuren Lehren, die diese mir gab, in 
mir trage und den daraus gezogenen Nutzen überall anwenden kann.« Burckhardt, Beilage zur 
Allgem. Zeit 21. Mai 1878. Noch entschiedener Nissen, ItaL Landeskunde 1 462; vgl. auch 220, 2. 
Liebig war (1851) von der Natur Italiens »wenig erbaut«. Der hiesige Himmel, schreibt er aus 
München, ist ebenso schön wie der italienische, und wo man keine Wiesen mit rieselnden Bächen 
und keinen Wald hat, da sollte man eigentlich von einer schönen Natur nicht sprechen. Selbst von 
der Bai von Neapel meint er, die Hauptsache sei doch der Vesuv. Volhard, Justus v. Liebig II 364. 



[EL 255] XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 171 

schaft gesättigt, und als er Tirol im Frühling 1768 wiedersah, vermochte er 
auch nicht einmal »relative Reize« mehr in der Alpenlandschaft zu erkennen. 
Als er mit Cavaceppi eine Stunde in die Tiroler Berge eingefahren war, be- 
merkte dieser plötzlich, daß Winckelmanns Züge einen ganz veränderten Aus- 
druck angenommen hatten. Er rief: »Sehen Sie, mein Freund, was für eine 
entsetzliche, schaurige Landschaft! Diese unermeßlich emporsteigenden 
Berge!« z ) Was ihm früher schrecklich schön erschienen war, erschien ihm jetzt 
nur schrecklich. Welche Ursachen immer zu der überwältigenden Schwermut 
zusammen wirkten, die ihn beim Betreten des deutschen Bodens ergriff: daß 
auch die gänzliche Umwandlung seines Naturgeflihls dazu gehörte, kann wohl 
nicht zweifelhaft sein. 

Dieselbe Umwandlung zeigt sich bei Niebuhr. Als er 1823 nach einem 
siebenjährigen Aufenthalt in Rom die Schweiz betrat, hatten die Berge für ihn 
»ein peinigendes, rohes und ganz ungestaltes Aussehen in ihren zackigen, ganz 
disharmonischen Formen«, und er meinte, die Tiroler Gebirge seien viel schöner. 
Er befand sich in einer sehr lehrreichen Selbsttäuschung. Er hatte sie 1816 
vor Italien gesehen, und ihr Anblick hatte ihn ebenso entzückt wie Winckel- 
mann; in der Tat sind sie viel zerrissener als die schweizerischen*). Auch Grego- 
rovius wurde nach achtjährigem Aufenthalt in Italien (1860) in der Schweiz 
von Schwermut ergriffen und wäre am liebsten umgekehrt: diese Natur war 
ihm fremd geworden. Er nennt (1862) im Engadin die Alpen ein kaltes und 
stummes Wunder und (1863) die Berge am Vierwaldstätter See wüst und form- 
los 3 ). Auch Rudolf Delbrück machte bei seiner ersten Bekanntschaft mit der 
Schweiz die Erfahrung, die sich bei späteren Reisen wiederholte: sein Auge 
war durch die Formen und Farben des Südens dermaßen verwöhnt, daß es an 
der Schweizer Landschaft keinen Gefallen fand. »Ich konnte eben den blauen 
Himmel, das strahlende Meer und die Linien von Korfu, Palermo und Neapel 
nicht los werden« 4 ). 

Soweit der Charakter der Natur in Südeuropa im wesentlichen derselbe ist, Naturgefthl 
dürfte auch das durch sie bestimmte Naturgefühl der Südländer ein überein- der Sp«"«- 
stimmendes sein. Fernan Caballero sagt von der Aussicht von Carmona in 
Andalusien: »Die Pracht und das Überraschende dieser Aussicht würden in 
andern Ländern eine allgemeine Berühmtheit und einen weit verbreiteten Ruf 
haben, und tausendmal in Novellen wie in Gedichten beschrieben sein. Allein 
in Spanien ist der Geschmack wie die Leidenschaft für landschaftliche Schön- 
heiten wenig verbreitet; man pflegt dieselben zu bewundern, ohne daß an 
dieser Empfindung Herz oder Enthusiasmus teil hätten. Eine Aussicht, wie 
schön dieselbe auch sein mag, pflegt man sozusagen in klassischer, nicht in 
romantischer Weise zu würdigen« 5 ). Nach diesem Ausdruck darf man wohl 
vermuten, daß der hier angedeutete Mangel an Naturgefühl in der Tat nur ein 
Mangel an romantischem Naturgefühl ist. Und wenn »die spanische Sprache 
kein Wort für Gletscher besitzt noch auch ein Fremdwort dafür aufgenommen 

1) Justi, Winckelmanu HP 374. 2) Niebuhr, Lebensnachrichten HE 51. 3) Gregorovius, 
Römische Tagebücher S. 124. 211. 237. 4) R. Delbrück, Lebenserinnerungen II 276. 5) F. Ca- 
ballero, Ausgewählte Werke IV 10. 



172 



XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [IL 256, 257] 



hat«, obwohl »die Andes ganz in spanischem Gebiet verlaufen« 1 ): so läßt sich 
dies kaum anders als aus Mangel an Interesse für die Erscheinung des Hoch- 
gebirgs erklären, 
der Orientalen. Was das Naturgefühl der Orientalen betrifft, so dürfte es dem der südeuro- 
päischen Völker um so viel näher stehen als dem der Nordländer, wie ihre 
Araber -- Natur der südeuropäischen verwandter ist als der nordischen. Der arabische 
Gartenbau war dem antiken ähnlich. > Alles, sollte Kunst sein, und die Natur 
ward in die Formen der strengen orientalischen Etikette eingezwängt.« Man 
liebte gerade, rechtwinklige, steingepflasterte Gänge, länglich viereckige Blumen- 
beete mit Steineinfassung, kurz geschnittenes, stark duftendes Strauchwerk am 
Rande, eckige, geradlinige Bäume: alles steif und förmlich angeordnet, da- 
zwischen Wasser in künstlichen Kaskaden in die marmornen Becken nieder- 
rauschend. In dem Garten des Fatimidenherrschers Chomärawaih in Kairo 
waren die Stämme der Palmen mit Metallplatten bekleidet, das in Röhren 
umher geleitete Wasser schien aus ihnen hervorzuquellen. Auf den größeren 
Plätzen stellten Blumen Zeichnungen und ganze Inschriften dar. Mandeln 
waren auf Aprikosenbäume gepfropft. In einem Pavillon flössen Kaskaden 
von Wandpfeilern, Singvögel hatten dort ihre Nester. Pfauen, Perlhühner und 
andre seltene Vögel wandelten im Garten umher 8 ). Auch der berühmte Garten 
Schah Jehans (1628— 1658) zu Lahor, Shalimar genannt, »ist offenbar von 
arabischen Künstlern entworfen. In den Vierecken zwischen den Flußwegen 
bilden Mangroven, indische Feigen und Orangenbäume ein undurchdringliches 
Dickicht. Marmorne Balustraden umgeben den großen Teich. Brücken von 
Marmor fuhren zu dem marmornen Kiosk in seiner Mitte. Und welcher Marmor, 
weiß und glänzend wie frisch gefallener Schnee! Ringsum Wasser, Kühlung, 
Schatten. Auf dem Teiche das Spiegelbild von Laub und Stein. Über uns das 
goldbestaubte Zelt des indischen Himmels« 3 ). 
Alt- und Die Naturliebe der Altperser bekundete sich in den Anlagen jener in den 
Neuperser. Residenzen der Könige und Satrapen nirgends fehlenden großen, Wiesen und 
Wasser einschließenden Lust- und Wildparks, deren Name 'Paradiese' [patri- 
daezd) als Bezeichnung des Gartens Eden in alle modernen Kultursprachen 
übergegangen ist 4 ). Von dieser Art waren auch die von Marco Polo beschrie- 
benen Lustparke des Mongolenkaisers Kublai Chan (1214 — 1294) 5 ). Ein von 
Libanius erwähnter, »mit aller persischen Schönheit ausgestatteter« Königs- 
palast lag an einem Flusse, und seine Gärten prangten mit herrlichen Bäumen 
und duftenden Blumen 6 ). Auch das Naturgefuhl der Bewohner Persiens scheint 
seit Jahrtausenden dasselbe geblieben zu sein. In einem blumenreichen Garten, 
in Baumgängen zu wandeln, an dem Anblick des frischen Grüns, der Wasser- 

1) P. Güßfeldt, Deutsche Rundschau XLI 1884 S. 264. In die deutsche Schriftsprache hat schon 
Seb. Münster das Wort Gletscher eingeführt. Peschel, Abhandl. z. Erd- u. Völkerkunde II 3 14 f. 
2) v. Kremer, Kulturgesch. d. Orients II 334 f. Vgl. Fleischer, Berichte d. Sachs. Gesellsch. 1885 
S. 155 ff. F. Colin, Die Pflanze S. 465 fr. Tuckermann, Gartenkunst der itaL Renaissancezeit S. 53 
(Garten d. Johann von Ibelin in Beirut im 13. Jahrhundert). Maltzan, Sittenbilder aus Tunis und 
Algerien S. 109 (Garten in Tunis). Kaufmann, Gartenbau im Mittelalter und während der Periode 
der Renaissance 1892. 3) Baron Hübner, Durch das Britische Reich II 91. 4) Doncker, 

Gesch. d. Altert. IV 5 155. 562. 5) Marco Polos Reben, deutsch v. Bürck S. 481 ff. 6) Liban. 
or. 18, 243 (II 342 F.). 



[IL 258] XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 173 

spiegel und Bäche sich zu laben: darin finden auch die Neuperser ihre liebste 
Erholung x ). Ein Vulkan, eine mit Schnee bedeckte Bergkette, eine eigentüm- 
liche Formation der Berge und Täler erregt kaum ihre Aufmerksamkeit, sie 
huldigen auch hier dem nil admirari\ — Die Schilderung des Paradieses im Paradies 
Koran hat große Ähnlichkeit mit den Schilderungen des Elysiums bei den im Koran - 
Alten, namentlich der andeutenden Schilderung Vergib, der nur die schattigen 
Haine, die Lager an Flußufern und die von Bächen erfrischten Wiesen hervor- 
hebt 3 ). Die vier für die Seligen des Islam bestimmten Gärten sind mit Bäumen 
geschmückt, deren dunkelbelaubte, weit verbreitete Zweige dichten Schatten 
geben, in denen stets wasserreiche Quellen strömen, und wo Früchte aller Art 
von den Zweigen tief herabhangen, so daß sie von den auf prächtigen Polstern 
ruhenden Seligen leicht gepflückt werden können 4 ). 

Dagegen ist das Naturgefiihl der Ostasiaten weit mehr dem modernen euro- Naturgefiihl 
päischen verwandt In China und Japan ist die Liebe zu der schönen Natur der ° stasiÄtC11 ' 
ebenso lebhaft und innig wie allgemein. Schon Marco Polo beschreibt die 
Lustfahrten der Bewohner von Quin-sai (Hang-tsch£u-fu) auf dem angrenzen- Chinesen. 
den See, um »ihre Augen an dem Wechsel und der Schönheit der Szenerie, 
die an ihnen vorüberzieht, zu ergötzen« 5 ). Gegenwärtig laden chinesische Fa- 
milien einander ein, um eine schöne Mondnacht, eine herrliche Aussicht, den 
Anblick einer seltenen Blume gemeinsam zu genießen. Während der guten 
Jahreszeit macht man häufig Ausflüge nach den (gewöhnlich prachtvolle Blicke 
auf die Berge bietenden) Buddhistischen Klöstern. Bei schön gelegenen Tem- 
peln findet man Bauten, die eigens für den Genuß der Aussicht errichtet sind 6 ). 
Aber man scheut auch weite Reisen nach schönen Gegenden nicht, und die 
Berge von Sutscheu sind ebenso stark besucht wie die Täler von Interlaken 7 ). 
Naturschilderungen chinesischer Dichter des Mittelalters sowie der neuesten 
Zeit erinnern in auffallender Weise an Matthison und Lamartine 8 ); die Beschrei- 
bungen chinesischer Gärten durch den Architekten Chambers (1757) haben der 
Einfuhrung der (durch den Architekten Kent [t 1748] geschaffenen) englischen 
Gärten den Weg gebahnt und zugleich einen wesentlichen Einfluß auf die An- , 

läge derselben geübt 9 ). Der durch die Dynastie der Ming begründete, in China 

m 

1) Brngsch, Deutsche Rundschau XLV 1885 S. 133. 2) Polack, Persien (1865) 1 91 f. 3) Verg. 
Aen. VI 673 fr. 4) Koran, deutsch von Ulimann, 55. u. 76. Sure. Laboulaye, Abdallah (deutsch) 
S. 112: Ein Sprichwort sagt: drei Dinge entzücken das Auge: das lebendige Wasser, das Grün 
und die Schönheit. 5) Marco Polo S. 473. 6) Richthofen, Tagebücher aus China 1907 II 

50. 91. 7) Tscheng-Ki-Tong, China und die Chinesen (deutsch von Ad. Schulze 1885) S. 218 f. 

8) Vgl. auch >Sse-ma-kuangs Garten c (Gedicht eines Staatsmanns zu Ende des 1 1. Jahrhunderts) 
bei Huc, Das chinesische Reich, deutsche Ausg. I 1 10 ff. Der Dichter sagt u. a.: »Am Rande des 
Wassers, im Dunkel eines Gehölzes, auf der Spitze eines Felsens, überall sitze ich gern. — Der 
Mond ist schon aufgegangen, ich sitze immer noch, das ist ein neues Vergnügen. Das Murmeln 
des Wassers, das Rauschen der Blätter, die der Wind bewegt, die Schönheit des Himmels versenkt 
mich in süße Träumerei; die ganze Natur spricht zu meiner Seele, meine ganze Aufmerksamkeit 
ist davon erfüllt, und die Nacht ist schon halb vorüber, wenn ich kaum die Schwelle meiner Tür 
erreicht habe.« Vgl. das von Tscheng-Ki-Tong S. 260 mitgeteilte, eine Abendstimmung schil- 
dernde, moderne Gedicht. 9) J. Falke, Nord und Süd XXXI 1884 S. 183 ff. A. Springer, Bilder 
aus der neueren Kunstgesch. II* 1886 S. 257: In Frankreich brach man erst nach den Berichten 
der Missionäre und dem Buch von Chambers Über chinesische Bauten (1757) mit der alten Tra- 
dition (hauptsächlich infolge der enthusiastischen Propaganda Rousseaus, der 1766 die großen 



174 XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [H. 259] 

noch bestehende Gartenstil ist von archiktonischer Regelmäßigkeit und Steif- 
heit weit entfernt. Felsen- und Baumgruppen sind zu schönen, der Natur ab- 
gesehenen Bildern geordnet, Seen und Bäche von blumigen Rändern eingefaßt, 
schattenspendende Pavillons an Aussichtspunkten erbaut, alles ist durch schön 
verschlungene Wege und zierliche Brücken verbunden 1 ). Schon die Namen 
der »Zauber-, Schreckens- und Lustgärten« sagen, daß die chinesische Garten- 
kunst sich die Aufgabe gestellt hat, komponierte Landschaftsbilder von be- 
stimmtem Charakter zu bieten. »In einem Lustgarten«, sagt ein chinesischer 
Schriftsteller, »sucht man einen Ersatz für die traurige Entbehrung des immer 
liebenswürdigen, reizvollen und neuen Anblicks der Gefilde, die der natürliche 
Aufenthalt des Menschen sind. Ein Garten soll also das lebendige und beseelte 
Abbild alles dessen sein, was man in der Natur findet, um in der Seele gleiche 
Gefühle zu erzeugen und den Blick mit gleichen Wonnen zu sättigen« 9 ). 
Japaner. wie in China, findet man auch in Japan berühmte Aussichtspunkte von 
Reisenden aus allen Ständen überfüllt. Natur- und Kunstsinn sind bis in die 
untersten Klassen verbreitet; der erbärmlichste Haushalt zeigt Spuren des an- 
geborenen Schönheitsgeftihls. Wer zu arm ist, seine Hütte mit einem Bilde 
des beschneiten Fujiyama und des obligaten Birnbaums im Vordergrunde zu 
schmücken, der erfreut sich an seinem blühenden Aprikosenbaum, seiner 
kleinen Zeder, seiner künstlich hergestellten Kaskade 3 ). Es gibt dort Blumen- 
feste und Blumenausstellungen, und die Landschaftsgärtnerei steht auf einer 
sehr hohen Stufe 4 ). 
Mexikaner. Auch im alten Mexiko scheint der Natursinn sehr entwickelt gewesen zu 
sein. Die zahlreichen Lustschlösser Montezumas waren großenteils mit ausge- 
dehnten Gärten verbunden, die neben schönen Baumgruppen Zierblumen aller 
Art in Menge boten. Manche derselben waren mit künstlichen Felspartien 
verziert und als Wild- und Jagdparks eingerichtet, in andern gab es große 
Galerien und Teiche mit Wasservögeln. Dabei waren menschliche Figuren aus 
Blättern und Blumen dargestellt, und auch der sonstige Schmuck zum Teil ge- 
schmacklos 3 ). 
Empfänglichkeit Im ganzen dürfte sich bei einem fortgesetzten Studium als Hauptgrund der 
dL*E ^hein ' en Verschiedenheit des Naturgefühls herausstellen, daß bei jedem Volke der Sinn 
ifcrerLandesnatnr. für die Erscheinungen seiner Landesnatur vorzugsweise oder ausschließlich 

entwickelt ist. Die wilde Grenzlandschaft, die man auf den Höhen von Abbots- 
ford sieht, und die Washington Irving völlig reizlos erschien, fand W. Scott 
trotz ihrer Nacktheit schön, er liebte seine ehrlichen, grauen Hügel und 

englischen Gärten kennen gelernt hatte; F. Cohn, Rousseau als Botaniker S. 369). Nach Falke 
a. a. O. S. 189 zeigt übrigens trotz der Neuerungen Kents und seiner Nachfolger noch gegen 1750 
das illustrierte Prachtwerk Britannia Ulustrata die Garten durchweg im alten Stü. Von da ab 
wurde es rasch anders und der neuere Stü der herrschende. 

1) VgL auch die Schilderung des von Kubilai (Dschengis Khans Enkel) im 13. Jahrhundert im 
heutigen Peking angelegten Gartens bei Marco Polo. Ferd. Cohn, Die Pflanze S. 512. 2) Wör- 
mann, Die Landschaft in der Kunst der alten Völker S. 35 — 52 (nach den Mexnoires concernant 
les Chinois, par les missionnaires de P6-kin. Paris 1782. T. VIII). 3) v. Httbner, Ein Spazier- 

gang um die Welt. Deutsche Ausg. 3 (1875) n 7& 4) Miß Isabella L. Bird, Unbetretene Reise- 
pfade in Japan I S. 19. II S. 152 ff.; vgl. auch 145 (Straßennamen in Tokio). 5) Waitz, AnthropoL 
d. Naturvölker IV 91. 



[IL 260, 161] XH. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 175 

sehnte sich stets nach ihnen zurück; er glaubte, er stürbe, könnte er nicht 
wenigstens einmal im Jahre die Heide sehen z ). Die Empfänglichkeit für die 
Schönheit seiner Landesnatur fehlt wohl keinem Volk, sie offenbart sich in 
allen Zonen, auf allen Stufen der Zivilisation. Um die Hütten der Indianer in 
Mexiko findet man schöne Blumen, für welche sie eine besondere Vorliebe 
haben, stets in großer Menge 3 ); den Polynesiern »sind Blumen zum Leben so 
nötig wie die Luft, die sie atmen« 3 ). Die Indianer in Nicaragua, sagt J. Fröbel, 
zeigen in der Umgebung ihrer Wohnungen mit Bäumen und Sträuchern einen 
feinen Sinn und Geschmack, den man bei einer europäischen Landbevölkerung 
vergebens suchen würde. Was das Land an den schönsten Blumen, Blüten- 
sträuchern und Bäumen hervorbringt, findet man nicht selten um ihre Hütten 
vereinigt 4 ). Der Littauer hat die größte Freude an den Birken und Weiden 
seiner Heimat, die für ihn bis weit ins 18. Jahrhundert Gegenstand eines reli- 
giösen Kultus waren 5 ); er pflanzt sie um jedes neu aufgeführte Gebäude, sie zu 
fällen, kann ihn nur die dringendste Not bewegen 6 ). Der Gebirgsbewohner 
fühlt sich nur in seinen Bergen wohl und sehnt sich in der Ebene stets nach 
ihnen zurück; und ebenso findet sich bei Küstenbewohnern eine Abneigung 
gegen das Binnenland. Einige von den Italienern, mit denen Goethe in Torre 
deir Annunziata zusammentraf, meinten, es müsse ohne den Anblick des Meeres 
doch gar nicht zu leben sein 7 ). Dem Marschbauer »erweckt jeder Gedanke an 
nicht völlig ebenes Land Unbehagen« 8 ), »und zwischen Busch und Wald, und 
in einem Paradiese wird es ihm eng und bedrückt ums Herz, und er bekommt 
das Marschweh« 9 ): die überwältigende Sehnsucht nach den grünen, bäum- und 
strauchlosen, mit dem 'goldenen Schimmer der Rapssaat wechselnden Korn- 
fluren und Weidetriften und ihrem unbegrenzten Horizont Nicht minder stark 
und lebhaft ist die Empfindung der Südländer für die Pracht ihrer heimischen 
Natur, und auch dort bis in die untersten Schichten des -Volkes verbreitet. 
Innerstes Glück, schrieb Fr. Preller 1860 in Sorrent, und Liebe für sein para- 
diesisches Vaterland wohnt heute wie im Altertum im Volke zo ). Der neapolita- 
sche Knabe, der Goethe bei dem Anblick Neapels in seiner Herrlichkeit mit 
Ufer, Meer und Inseln durch sein »Lustgeschrei und Freudegeheul« erschreckte, 
und dann zur Entschuldigung sagte: *Signor perdonatel questa i la miapatrial* 
— trieb »dem armen Nordländer etwas Tränenartiges in die Augen« "). Nansen 

1) Alex. Schmidt, Gesammelte Abhandl. (1889) S. 361. 2) Prinzessin Salm-Salm, Zehn Jahre 
aus meinem Leben II 12. 3) Mrs. A. Brassey, Segelfahrt um die Welt, deutsch von Helms S. 242. 
4) J. Fröbel, Ein Lebenslauf (1890) I 329 f. 5) Brosow, Wald- und Feldkulte der littanischen 

Völkergruppe. Progr. des Altstadt Gymnasiums zu Königsberg 1887 S. 11. Ober den Natursinn 
der Esthen vgl Deutsche Rundschau XXX 1882 S. 217. 6) Ernst Wiehert, LittauisChe Ge- 

schichten S. 12. 7) Goethe, Werke XXXI 47 d. Weimar. Ausg. 8) MUllenhoff zu Kl. Groth, 
Quickborn (7. Aufl.) S. XV. 9) Kl. Groth, Vertelln S. 22. 10) Roquette, Fr. Preller (1883) 

S. 244. 11) Goethe, Werke XXXI 73 d. Weimar. Ausg. Auch was Byron (Don Juan, canto 

III 56) von dem Inselgriechen Lambro sagt, wird auf Beobachtung beruhen : 

A taste seen in the ckoiee of his abode, 

A love of müsse and of scenes sublime, 
A pleasure in the gentle stream thatflow'd 

Post htm in crystal, and ajoy in flow er s 
Bedew'd his spirit in his calmer hours. 



176 XIL GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE [IL 283] 

fand den Sinn für die Schönheit der arktischen Natur bei den Grönländern sehr 
lebhaft. Als er mit seinem (übrigens von der Kultur ziemlich unbeleckten) 
Freunde Joel im Kajak an einer Bergspitze vorüberkam und sie plötzlich die 
Felsen am Ende des Fjords nach Zerteilung der Wolken von der Sonne be- 
leuchtet daliegen und die Schneemassen in ihrem Lichte erglänzen sahen — 
ein Anblick strahlender Schönheit — , hielt Joel im Rudern inne und brach in 
den Ruf aus: binne kack (wie schön!) 1 ). 

ANMERKUNG. Einer brieflichen Mitteilung Munros (t 1 885) verdanke ich 
den Nachweis, daß das Wort rotnantic in England um die Mitte des 17. Jahr- 
hunderts nicht bloß von Personen gebraucht wurde (in Evelyn's Diary, Septem- 
ber 23, 1680 wird z. B. Königin Christine von Schweden so genannt), sondern 
auch von Naturszenen, und zwar, wie Munro bemerkt, in dem heutigen Sinne, 
von demjenigen, *what fills the tnind with wonder and delight, by uniting the 
strangue and uncomman with the beautiful or grand«. Die für das damalige 
Naturgefiihl sehr interessanten Beweisstellen sind folgende: Pepys' Diary 
Febr. 26, 1665 (bei der Beschreibung seines ersten Besuchs von Windsor- 
Castle): This bring done, to the kings hause and to observe the neatness and 
contrivance ofthe hause and gates: it is the tnast romantique castle that is in tlte 
world. But Lord! the prospect that is in the balcone in the Queeris lodgings f 
and the terrace and walk are stränge things to consider, bering the best in the 
world, sureU Evelyn's Diary, June 27, 1654: *But what appeared mast stu- 
pendous to tne, was the rock of St. Vincent, a little distance front the toutie 
(Bristol), the precipice whereofis equal to anything of that nature in the world. 
I have seene in the tnost confragose cataracts of the Alpes, the river gliding 
between them at an extraordinary depth . . . Tkere is also on the side of this 
horrid Alp a most rotnantic seate.* ebd. Aug. 3, 1654: Hence to Sir Guys 
grot (near Warwick), where they say, he did his penances and dyed. TP is the 
squalid den tnade in the rock, crowned yet with vener able oakes and looking on 
a goodly streame, so as, were it improved as it might be, V were capable of 
beeing tnade a tnost rotnantiq and pleasant place.* 

Wenn Addison (Remarks on several parts of Italy etc. in the years 1701 — 
1703, London) von der Einöde bei dem kleinen Hafen Cassis (zwischen Mar- 
seille und Genua), wo der Sage nach Maria Magdalena zwischen einsamen 
Felsen und Bergen den Rest ihres Lebens vertrauert hatte, sagt: *it is so ro- 
tnantic a scene, that is hos always probably gwen occasion to such chimerical 
relations*, so kann hier das Prädikat S-omantisch' als eine ganz objektive Be- 
zeichnung des Wilden und Phantastischen ohne eine Beimischung des Wohl- 
gefallens erscheinen. Dagegen läßt der Gebrauch des Worts in Thomsons 
Jahreszeiten (1729) keinen Zweifel, daß der Dichter sich von den als romantisch 
geschilderten Szenen angezogen fühlt Der Liebende, heißt es Spring 1025 

restless runs 
To gUmmcring shades and sympathttic glooms 
Where the dun umbrage o'er thefallmg stream 
Romantic hangs. 

1) Nansen, Auf Schneeschuhen durch Grönland (1 891) II 331. 



[II. 284] XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 177 

und Autumn 789 

and here a white the Muse 
High hovering o*er the broad ceruhan seene 
Sees Caledonia in romantic view 

(vgl. oben S. i56) x ). 

Nach Breitinger, Klassisch und Romantisch, Gegenwart XXVII 1885 S. 70 f. 
stammt das englische romantic von der dortigen Form romant für roman. In 
der New world of worlds, Philips, London 1 706 wird romantick als Neologism 
bezeichnet. Die Franzosen kennen bis ins 18. Jahrhundert nur romanesque 
(Dict. de l'acad. 1694 > Romanesque: qui tient du roman* etc. Mme de S£vign£: 
>/> vous ecris romanesquement au bord d'une rivüre*). Dies haben auch 
Saussure und Diderot: » (Pest une vue romanesque, dont on suppose la realite 
quelque part* (Salon de TAnn^e 1767, Oeuvres ed. Naigeon XTV 188). Das 
aus dem Englischen herübergenommene romantique haben Marmontel und 
Rousseau. 

Ins Deutsche ging vielleicht zuerst die Form Romanisch über. Neues aus- 
fuhrliches Dictionarium oder Wörterbuch in 3 Sprachen (Teutsch, Französisch 
und Englisch), Genf 1695: Romanesque: fabelhaft, romanisch (Breitinger 
a. a. O.). Kant braucht nur diese Form. Wenn in der Ausgabe von Schubert 
und Rosenkranz XI 1, 224 in einer Anmerkung über Cervantes romantisch 
steht, so habe ich mich durch Einsicht in das damals in Schuberts (t 1868) 
Besitz befindliche Originalmanuskript überzeugt, daß Kant auch dort unzweifel- 
haft romanisch geschrieben hat (vgl. den S. 165 A. 1 angeführten Aufsatz). 
In seinen Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen (1764) 
nennt Kant die Ritter des Mittelalters »eine seltsame Art heroischer Phantasten, 
welche Abenteuer aufsuchen, Turniere, Zweikämpfe und romanische Hand- 
lungen« (Werke IV 461 — 463); in einer Anmerkung zu dieser Abhandlung (IV 
407) sagt er: »Insofern die Erhabenheit oder Schönheit das bekannte Mittelmaß 
überschreitet, pflegt man sie romanisch zu nennen«. So ist also auch in der 
Anthropologie (VIP 254): »(der Spanier ist) von romantischer Stimmung des 
Geistes, wie das Stiergefecht — beweist« zu lesen »von romanischer«. 

Die Form romantisch ist (nach Grimm D. W. s. v.) anscheinend zu frühest 
bezeugt aus G. Heideggers Mythoscopia Romantica oder Discurs von den so- 
genannten Romans (Zürich 1 698). Der Gebrauch schwankte, wie ja auch die 
Stellen aus Kant zeigen, zwischen den beiden Formen noch lange. Zur Ein- 
bürgerung der Form romantisch hat vielleicht, wie S. Hirzel (f 1877) meinte, 
Toblers Übersetzung von Thomsons Jahreszeiten (Zürich 1765) beigetragen. 
Er übersetzte (Spring 1028, Summer 459, Autumn 880) romantic mit roman- 
tisch. Brockes in seiner Übersetzimg sagt dafür romanisch. Goethe, bei dem 
das Wort in einem der Leipziger Zeit angehörenden Briefe vorkommt (Ihr liebes 
Stübgen — diese liebe romantische Höhle, Scholl, Briefe und Aufsätze S. 25), 

1} Lady Montague liebt das Wort romantic (vgl. außer den oben S. 152 angeführten SteUen 
auch den Brief an Pope vom 1. April 1717: >/ no longer look on Theocritus as a romantic writer 
he hos only given a piain image of the way o/H/e amongst the teasants of Jas country*)\ s. auch den 
Brief von Gray oben S. 153. 

Friodlaender, Darstellungen. Anhang. 12 



178 XII. GEFÜHL FÜR DAS ROMANTISCHE 

mag es aus Toblers Übersetzung gekannt haben. Romantisch im landschaft- 
lichen Sinne verzeichnet bereits Adelung 1777. 

Wenn aber das Wort in der deutschen Literatur zunächst durch die Über- 
setzer Thomsons eingebürgert worden ist, so können es doch einzelne Schrift- 
steller direkt aus dem Englischen entlehnt haben. Vielleicht gehörte zu diesen 
Georg Forster, der es mit Vorliebe braucht; z. B. Reise um die Welt in den 
Jahren 1772 — 1775 (1777 erschienen) I 136 (Ausg. v. Brockhaus 1843): »Der 
bezaubernde Gesang (der Vögel) machte die Schönheit dieses wilden romanti- 
schen Flecks (auf Neuseeland) vollkommen. € 



xm. 

DREI INSCHRIFTEN 
VON WAGENLENKERN 1 ) 

Die beiden umfangreichsten Inschriften von Wagenlenkern GL VI 10047 
= Dessau 5288 und 10048 = Dessau 5287 verdienen eine eingehende 
Behandlung, sowohl wegen der zahlreichen Schwierigkeiten! die sie 
bieten, die sich jedoch fast sämtlich, wenn auch zum Teil nur durch Vermu- 
tungen, beseitigen lassen, als wegen der mannigfachen Einzelheiten des Wagen- 
rennens, die sie uns bekannt machen. Einiges, was in der zweiten Inschrift 
zunächst unverständlich blieb, ist durch eine neu entdeckte dritte aufgeklärt 
worden: die von der Gräfin Ersilia Lovatelli im Bull. arch. com. VI 1878 
S. 164 fr. (wieder abgedruckt in der Verfasserin Antichi monumenti illustrati 
[Rom 1889] S. 1 ff.) veröffentlichte und erklärte Inschrift des Wagenlenkers 
Crescens (CIL VI 10050 = Dessau 5285), welche gleichzeitig von Mommsen 
(Eph. ep. IV S. 247 — 252 = Ges. Sehr. VÖI S. 384 — 390), O. Hirschfeld (Arch. 
epigr. Mitt. II 188 ff.) und Friedlaender (Festschrift der Königsb. Universität zum 
fünfzigjährigen Jub. d. Arch. Instituts S. 7 f.) zur Erklärung der Inschrift CIL VI 
10048 benutzt worden ist 

1. Die Inschrift CIL VI 10047 (vgl- CIL VI 1 p. XIII nr. 53 — 55) stammt aus 
der Handschrift des Anonymus Einsiedlensis Fol. 75* und 76s Sie ist abge- 
schrieben worden »in Ipsa Via Flatninea*. Der folgende Abdruck behält die 
(übrigens willkürliche) Zeilentrennung des Anonymus bei. 

1. 

P. Aelius, Mari 
Rogatifil., Gutta Calpurnianus equis Ais vici in 
/actione veneta: Getninatore*) n. Af. LXXXXII, 
Silvano r. Af. CV f Niti d. gi l. A f. LII , Saxone n. Af. LX 

5 et vici praemia tn. LI, XL IX, XXX XVII. 

3- 
Ex nutner o palmarum supra scriptarunt 6 CXX VII 

vicii In f actione albata CII } remissus II } XXX I, XL I, 
a potnpa IUI, equorum anaganum I; singularum LXXXIII, 

1) Zu II 26, 2 und 3; 27, 4; 28, 2; 31, 2; 46, 5. 

2) Die Handschr. hat germinatore, doch scheint dies eine Korruptel oder ein Versehen zu sein, 
da der Name Gcmmator für ein Zirkuspferd so passend ist 



12* 



180 XIII. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN [IL 506, 507] 

binarutn VII, ternarum IL In /actione russata vici 
10 L XXI IX) remissus semel, XXXI; 

singular um XL II, binarum XXXI 1, ternarum III, 
quaternarum semeL In f actione veneta vici 

DLXXXIII, XXX XVII, seiuge I, XL Villi, 1 1, 
• apompa XXXV, trigas XVII 1 ), triga 

15 XX VI 9 ), equorum anagonum I, sacro 

quinquennalü certaminis I, remissus semel\ sin- 
gularum CCCXXXIIII, binarutn CLXXXIV, ternarum 
LXV In /actione prasinavici CCCLXIV,~XXX I, 
XL II, pedibus ad quadrigam LX I\ apompa VI; 

20 singularum CXVI, binarum CLXXXIIII, ternarum 
LXIIL Hoc monuntentum vivus/eci. 

2. 
P. Aelius, Mari 
RogatifiL, Gutta Calpurnianus, mille Pal- 
mas complevi in /actione prasina equis Ais: Danao 
25 b. Af. XIX, Oceano n. CCVIIII, Victore r. . 
CCCCXXIX, Vindice b. CLVII, et vici praemia 
maiora XL III, XXX II L 

Daß der Einsiedler Mönch nicht alle Inschriften des Denkmals kopiert hat, 
zeigt die Erwähnung der palmae supra scriptae Z. 6 ; wahrscheinlich hat er eben 
die Hauptinschrift weggelassen. Ob das Denkmal außer den erhaltenen Ver- 
zeichnissen der Siege in der blauen und grünen Partei auch Verzeichnisse der 
Siege bei den Weißen und Roten enthielt, ist zweifelhaft. Vielleicht wurden 
die letzteren, wie Mommsen meint, fortgelassen, weil man damals nur noch auf die 
ersteren Wert legte. Übrigens sind an der Stelle des Denkmals Fragmente eines 
großen circensischen Reliefs zum Vorschein gekommen, welche zu demselben 
gehört zu haben scheinen (Visconti u. Vespignani, Bull. arch. com. V 1 87 7 S. 201 ). 

Einige Bemerkungen über die Inschrift hatte Mommsen (Ber. d. Sachs. Ges. 
1850 S. 312 = Ges. Sehr. VIII S. 92) gemacht; ausfuhrliche Behandlung durch 
Friedlaender in dem Programm Acad. Albert. Regimont. 1866 II, wo aber noch 
einige wesentliche Punkte falsch dargestellt sind. 

Das Monument ist ein Grabdenkmal (Z. 21), das sich P. Aelius Gutta Calpur- 
nianus, Sohn des Marius Rogatus, an der Flaminischen Straße bei Lebzeiten 
selbst errichtet hatte, wahrscheinlich nach dem Rücktritte von seiner Laufbahn 
als Wagenlenker. Daß die Inschrift frühestens dem 2. Jahrhundert angehört, 
läßt der Name P. Aelius schließen. 

Gutta gehörte zu den Wagenlenkern, die mehr als tausendmal gesiegt hatten, 
war also ein sogenannter miliar ius\ vgl. Z. 5, 6, 23 u. 24. Nach Z. 6 hatte er 
im ganzen 1 1 2 7 palmae gewonnen. Daß diese 1 1 2 7 palmae nicht etwa mit den 
Z. 5 aufgezählten praemia identisch sind, wird sich unten zeigen. 



1) CIL a. a. O.: X VII 2) Mommsen, Ges. Sehr. VIH 388, 1: XXV L 3) Mommsen 

a.a.O. 387: LXI 



[IL 508] XIH. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN 181 

Von Z. 6 — 21 werden nun die 1 127 Siege klassifiziert, und wenn bei der Ad- 
dition der einzelnen Summen zur Gesamtsumme 10 fehlen, erklärt sich diese 
Differenz nicht bloß durch den Ausfall einer einzigen Ziffer, sondern es läßt sich 
auch nachweisen, wo diese ausgefallen ist. 

Die 1127 Siege werden nach den vier Parteien klassifiziert, innerhalb dieser 
vier Hauptabteilungen aber wieder'nach verschiedenen Einteilungsarten aufge- 
zählt, je nachdem sie in Rennen von vier, acht, zwölf, sechzehn Wagen, und je 
nachdem sie in gewöhnlichen Rennen oder in gewissen ungewöhnlichen, beson- 
ders namhaft gemachten gewonnen sind. Ich behandle jene Einteilung als die 
leichtere zuerst, obwohl sie an zweiter Stelle steht. Aus den Inschriften geht 
hervor, daß, wie auch zu erwarten, das Rennen von vier Wagen, d. h. einem 
von jeder Partei (certamina singularum sc. quadrigarutn), bei weitem das ge- 
wöhnlichste war; nach der unten folgenden Inschrift des Diocles (CIL VI 10048) 
muß der hier gewonnene Sieg auch für den ehrenvollsten gegolten haben. Aber 
auch Rennen von je zwei, im ganzen acht Wagen [certamina binarum) waren 
noch verhältnismäßig häufig, von je drei, im ganzen zwölf [ternarum) schon 
selten. Rennen von je vier, im ganzen sechzehn Wagen (quaternarum) gehörten 
offenbar zu den größten Seltenheiten, da unter den 1 1 2 7 Siegen des Gutta nur 
einer, unter den 47 des Crescens und den 1462 des Diocles keiner in einem sol- 
chen gewonnen wurde (vgl. Friedlaender bei Marquardt, Staatsverw. HI 513, 1). 
Gutta gewann nun nach dem Text des Anonym. Einsiedl. 



in der weißen 


roten 


blauen 


grünen Partei 


im Rennen von je 1 Wagen 


83 


4* 


334 


116 


» » » » 2 » 


7 


32 


184 


184 


> » » » 3 » 


2 


3 


65 


64 


» 9 » » 4 > 





1 









92 78 583 364 

■ 

Die vier Summen (92 + 78 + 583 + 364) geben die Gesamtsumme 1 1 1 7. Die 
Differenz mit der erforderten Summe 1127 zeigt, daß irgendwo das Zeichen X 
ausgefallen ist Daß dies bei der ersten Summe der Fall war, wird sich sogleich 
zeigen. 

Wirft man nämlich einen Blick auf diejenigen Summen, die in Z. 7, 10, 13, 
1 8 zunächst auf die Namen der vier Parteien folgen, so sieht man, daß dies die 
eben durch Addition gefundenen sind: unddieVergleichung dieser mit jenen er- 
gibt für die hier oder dort zweifelhaften oder unrichtigen Zahlen das Richtige 
mit Gewißheit Da Z. 7 in f actione albata CII (Palmen) angegeben sind, muß die 
in der obigen Aufzählung an der Gesamtsumme fehlende Zehn bei der weißen 
Partei, wo die Addition 92 gibt, ausgefallen sein, vermutlich ist nach binarum 
st. VII zu lesen XVII Nach derselben Aufzählung sind die Siege bei der roten 
78, folglich ist Z. 10 zu lesen LXXIIX, nicht LXXII X. 

Die auf diese vier Summen folgenden Zahlen sind also nicht mit denselben 
zusammen zu addieren, da sie nur Siege in ausnahmsweise vorkommenden Gat- 
tungen des Rennens nachträglich besonders hervorheben, die in jenen Summen 
bereits enthalten sind. 

Schon hierdurch wird es wahrscheinlich, daß die Zahlen XXX, XL, L und 



182 XIII. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN [IL 509] 

LXjdieZ. 7, 10, 13,18, 19 auf die Hauptsummen in der Aufzählung der be- 
sonderen Gattungen folgen, ebenfalls Gattungen von Wettkämpfen bezeichnen. 
Diese Vermutung wird zur Gewißheit durch andere Inschriften. In der unten 
folgenden Inschrift des Diocles (CIL VI 10048) heißt es von einem andren 
Wagenlenker (Z. 1 7) primus omnium urbis conditae ad HS L vicit VII \ von 
drei andern (Z. 1 8) [qui\ ad HS L vicissent XI; von Diocles selbst (Z. 2 1) L vicit 
Xj LX L Es ist wohl War, daß die Summen XXX, XL, L, LX an diesen Stel- 
len die Preise bezeichnen, um welche gerannt wurde. Ohne Zweifel sind mit 
den Zahlen sestertia gemeint, so daß also z. B. vicit XXX 1 bedeutet: vicit ad 
triginta HS (d. h. in einem Rennen zum Einsätze von 30000 Sest) semeL Es 
ist begreiflich, daß zu solchen Rennen nur die bewährtesten Lenker zugelassen 
wurden, und wahrscheinlich, daß sie überdies besonders schwierig waren. 

Ebenso heißt es in der Inschrift des M. Aurelius Polynices (CIL VI 10049 = 
Dessau 5286), nachdem seine 739 Siege nach den vier Parteien klassifiziert sind 
(rot 655, grün 55, blau 12, weiß 17): praetnia XXXX n. II I, XXX XXVI, 
pura n. XI \ octaiug. n. VIII, dec. n. Villi, seiug. n. III, d. h. Preise von 40 000 S. 
drei, von 30000 S. 26, reine (wohl einfache, vielleicht auch die in den Inschriften 
des Diocles und Gutta vorkommenden von 1 5 000 S.) 1 1. Auch die Rennen von 
Sechs-, Acht-, Zehngespannen waren vielleicht immer solche Preisrennen, deren 
Preise in jener Zeit ein für allemal feststehen mochten, daher sie nicht besonders 
angegeben wurden. Solche Preisrennen waren es vermutlich, die den Siegern 
die größten Einnahmen verschafften, wenn auch wohl ein Teil des gewonnenen 
Preises in die Kasse der Partei floß ; man wird an einen solchen Sieg bei Mar- 
tial X 74,5 zu denken haben : Cum Scarpus una quindecim graves horaferventis 
auri victor auf erat saccos. 

Wenn sich nun namentlich aus der Inschrift des Polynices ergibt, daß auch 
in der des Gutta mehrfach zusammengeschriebene Zahlen zu trennen sind, z. B. 
Z. 7 statt XXXI und XLI zu schreiben ist XXX I [ad XXX HS setnel), XL 
I usw. : so ist ferner auch klar, daß Z. 5 und Z. 27 f. die Zahlen der in der blauen 
und grünen Partei gewonnenen Prämien von 30-, 40-, 50000S. angegeben werden. 
Das Min Z. 5 ist wohl nichts anderes als maiora, das Z. 27 ausgeschrieben ist. 

Die in Z. 5 und 2 7 f. angegebenen praemiamaiora, die Gutta bei den Grünen 
und Blauen gewonnen hatte, stimmen zwar bei den Blauen, nicht aber bei den 
Grünen mit den betreffenden Angaben in dem mittleren Abschnitt. Da unmög- 
lich ermittelt werden kann, wo der Fehler steckt, so sind auch alle Emendationen 
der einzelnen Zahlen fruchtlos, und der Betrag der Gewinne muß dahingestellt 
bleiben 1 ). 

Die übrigen hier genannten Gattungen machen keine Schwierigkeiten: Re- 
mis sus ist offenbar soviel wie revocatus CIL VI 1005 5= Dessau 5284 (vicit II, 
revocatus II) und rev(ocatus) CIL VI 33950 = Dessau 5278. Die Bedeutung er- 
gibt sich aus Ovid. Am. III 2, 73 fr., wo der Dichter, schon die Hoffnung auf- 
gebend, daß der Wagenlenker, für den er sich interessiert, siegen werde, ausruft: 

1) Im Kommentar des CIL wird darauf aufmerksam gemacht, daß die Zahl der in Z. 27 ge- 
nannten praemia maiora gleich ist der Summe der in den drei Faktionen außer der blauen gewonne- 
nen pratmia maiora. 



[IL 510] XIII. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN 183 

Favimus ignavo. sed enitn revocate, Quirites\ et date iactatis undique signa 
togis. en revocantl at, ne turbet toga mota capillos, in nostros abdas te licet us- 
que sinus. iamque patent iterum reserato carcere postes. evolat admissis discolor 
agmen equis. nunc sattem super a spatioque insurge patenti; sint mea, sint do- 
minaefac rata vota tneae. Offenbar wurde also ein Rennen, das unentschieden 
geblieben oder unterbrochen worden war, auf den durch Schwenken von Tü- 
chern und Gewändern kundgegebenen Wunsch des Volks wiederholt; der Sieger 
bei dieser Wiederholung hatte also revocatus oder remissus gesiegt. Vergleichs- 
weise bei Seneca Controv. I 3, 10: Varus Quintilius .... dixit: .... (dii) in- 
cestam, ne cito supplicium transcurreret, revocaverunt? Cestius multa contu- 
melicse dixit in hone sententiam: sic y inquil y quomodo quadrigas revocaverunt? 
nam et ante posuisti similitudinem, quia et haec de carcere exierat. Die Zahlen 
zeigen, daß solche Wiederholungen damals selten waren. 

A pompa : Vielleicht bezeichnet a pompa das erste Rennen, das unmittelbar 
auf die Prozession folgte, und zu welchem zugelassen zu werden eine Ehre sein 
mochte, auf die nur bewährte Wagenlenker Anspruch hatten. Dies Rennen 
»stellte auch den Kutschern und Pferden die stärkste Zumutung, wenn sie näm- 
lich stundenlang dem ermüdenden Zuge der Prozession als Teilnehmer ausge- 
setzt gewesen waren« (G(ustav) F(reytag), Sportbericht eines römischen Jockeis, 
Grenzboten 1869 II S. 451). 

Equorum anagonum: Daß ein Sieg mit Pferden, die noch nie gerannt 
waren, besonders rühmlich war, ist selbstverständlich. 

Seiuge und triga oder trigas bedürfen keiner Erklärung. Während also 
der Sieg mit der biga nur für Anfanger ein Ruhm war, bewarben sich um den 
mit der triga auch Virtuosen; doch waren die Preise natürlich sehr viel geringer 
als bei Sechsgespannen. Ob der in Z. 15 erwähnte Preis 20000 oder 2 5 000 S. 
betrug (im ersteren Falle erhielt ihn Gutta sechsmal, im zweiten einmal), ist nicht 
zu entscheiden. ' Dasselbe Schwanken gilt für Z. 14. 

Sacro quinquennalis certaminis: Unzweifelhaft ist der Sieg im Agon 
Capitolinus gemeint. Als das Monument errichtet wurde, muß er das einzige 
quinquennale certamen in«Rom gewesen sein. 

Pedibus ad quadrigam: Nach dieser meines Wissens nur hier vorkommen- 
den Angabe war also die Art des Rennens noch üblich, die Dionys. Halic. VII 
73, 3 beschreibt: 8rav t&P t&oc al tüjv Tttttwv a^iXXat Xäßwvrai, äiroirnbwvrec 
äirö tujv äpjuaTwv oi Tiapoxou^evot to!{ f)Vi6xoi{ .... töv crrabtalov ä^iXAtuvTCu 
bp6jiov auTo\ irpbc äXAr|Xou£. Es war also hier ein doppelter Sieg (durch den 
Läufer und den Wagenlenker) zu gewinnen. Pedibus ad quadrigatn bedeutet 
folglich nicht, daß Gutta so (d. h. laufend) gesiegt habe, sondern es ist eine Be- 
zeichnung der Gattung, in der er wie in den übrigen zu Wagen siegte. Die auf 
pedibus ad quadrigam folgende Zahl LXI mit Mommsen für die Zahl der in 
dieser Gattung gewonnenen Siege zu halten, scheint deshalb bedenklich, weil 
man dies Rennen bei dem gänzlichen Fehlen sonstiger Erwähnungen für ein 
sehr seltenes halten muß. Man wird besser annehmen, daß der Abschreiber 
auch hier irrtümlich die Zahl des Preises (von 60000 S.) u nd d es gewonnenen 
Siegs (I) verbunden hat, und lesen: pedibus ad quadrigam LX I. 

Gutta hat also nach obiger Erklärung gesiegt 



1 84 IH. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN [IL 5 1 1, 5 1 2] 


in der weißen 


roten 


blauen 


grünen Partei 


unter 


102 


78 


583 


364 Siegen: 


Remissus 


2 


1 


1 


mal 


ad XXX HS 


1 


1 


17 


1 


davon setuge 
adXLHS 



1 






1 

9 




2 


adLHS 








1 





apompa 


4 





35 


6 


equorum anagonum 
trigas ad X VHS 
trigaadXXHS 


1 









1 

2 
6 







sacro quinq. cert. 
tiedibüsadqu.adLXHS 






1 




1 



Wenn nun der mittlere Abschnitt so gut wie vollständig erklärt werden kann, 
so sind dagegen die Zahlen im ersten und dritten teilweise so unerklärlich, daß 
eine sichere Herstellung des Richtigen unmöglich ist. Zweierlei wird hier ange- 
geben: erstens die Geldpreise, die Gutta bei den Blauen und Grünen gewonnen, 
und zweitens, wie oft er bei beiden Parteien mit denselben Pferden gesiegt hatte. 
Daß die Beträge der ersteren sich nicht sicher ermitteln lassen, ist bereits be- 
merkt. Aber auch von den Zahlen der letzteren müssen wenigstens die der 
Siege bei den Grünen (im dritten Abschnitt Z. 23 — 25) falsch sein. Gutta hatte 
im ganzen bei den Blauen 583, bei den Grünen 364 mal gesiegt. Die Summen 
der bei diesen beiden Parteien mit denselben Pferden gewonnenen Siege könn- 
ten also höchstens diesen beiden Summen gleichkommen; doch ist zu erwarten, 
daß sie erheblich kleiner sein werden. Denn daß so viele Siege bei den Blauen 
wie bei den Grünen mit denselben vier Hauptpferden 1 ) (Z. 3, 4 und 23 — 25) ge- 
wonnen worden sein sollten, ist an und für sich kaum denkbar«. Es war beson- 
ders rühmlich, mit einem Hauptpferde eine große Anzahl von Siegen erlangt 
zu haben, aber natürlich auch fast unmöglich, immer mit einem und demselben 
zu siegen. Gutta hatte nun bei den beiden Parteien, in deren Dienst er haupt- 
sächlich stand, mit je vier Hauptpferden am häufigsten gesiegt, und die Zahlen 
dieser Siege sind also nur Bruchteile seiner gesamten Siege bei den Grünen und 
Blauen. Von den 583 Siegen bei den Blauen hatte er gewonnen: 

mit dem Geminator als Hauptpferd des Viergespanns 92 
» > Silvanus » » » » 105 

» » Nitidus » > * » 52 

» » Saxo » » > » 60 

309 
Die übrigen 274 Siege bei den Blauen hatten sich offenbar auf so viele ver- 
schiedene Hauptpferde verteilt, daß es nicht der Mühe wert schien, die einzelnen 
Summen aufzuzählen. An der Richtigkeit der Zahlen zu zweifeln, ist keine Ver- 
anlassung. 

Bei den Grünen hatte Gutta 364 mal gesiegt. Die Zahlen der mit den einzel- 
nen Pferden gewonnenen Siege ergeben aber eine viel höhere Summe, nämlich 

1) Es sind darunter die linken Außenpferde zu verstehen; vgl. oben II 47. 



[IL 513] Xm. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN m 185 

mit dem Danaus als Hauptpferd des Viergespanns 1 9 
> » Oceanus » » » » 209 

» » Victor » » » » 429 

» » Vindex » » » » 157 

814 
Es ist also unzweifelhaft, daß das Zeichen C aus irgend einem Mißverständnis 
mindestens fünfmal zu oft geschrieben ist. Vielleicht betrug die Zahl der Siege 
mit diesen vier Pferden 314*). 

Da die Summen 309 und 814 zusammen 11 23, also eine der Gesamtzahl der 
Siege des Gutta (1127) sehr nahe kommende Zahl ergeben, scheint auf den 
ersten Blick die Vermutung nahe zu liegen, daß auch hier wieder die sämtlichen 
Siege (nur nach einer anderen Einteilung als bisher) aufgezählt, nämlich die bei 
den Weißen und Roten zu denen bei den beiden Hauptparteien hinzugerechnet 
seien, daß also die Inschrift einer Zeit angehöre, in der die Vereinigung jener 
mit diesen bereits erfolgt war. Aber daß diese Vermutung ganz irrig wäre, be- 
weist (abgesehen von allem Übrigen) schon die Addition der unzweifelhaft 
richtigen Summen. 

Die Siege bei den Weißen und Grünen: 102 + 364 = 466. 
» » » » » » Blauen: 78 + 583=661. 

Von diesen Zahlen, die bei der Voraussetzung der erfolgten Vereinigung erfor- 
dert werden, weichen die Zahlen 309 und 814 so sehr ab, daß diese schon allein 
hinreichen würde, jenen Gedanken auszuschließen. Freytag (a.a.O. S. 455}, 
der in den 1 123 Siegen die sämtlichen Siege Guttasmit Ausnahme von 4 nicht 
durch die beiden genannten Viergespanne gewonnenen sieht, nimmt an, daß in 
f actione veneta Z. 3 und in /actione prasina Z. 24 nur bedeute, »daß die ersten 
vier Pferde seiner früheren Zeit, die letzteren seiner späteren angehören« . Diese 
Annahme kann ich nicht für zulässig halten. 

2. Der in der Inschrift CIL VI 10048 = Dessau 5287 gefeierte Wagenlenker 
Diocles ist noch aus einer Inschrift in Präneste bekannt (CILXTV 2884): C. 
Appuleio Diocli \ agitatori primo fact. \ russat. natione Hispano \ Fortunae Pri- 
migeniae \ d. d. \ C. Appuleius Nymphidianus \ et Nympkidia filii. Diese In- 
schrift dürfte aus der späteren Lebenszeit des Diocles herrühren, der sich ver- 
mutlich als wohlhabender Mann aus den Gefahren und Anstrengungen des Zir- 
kus nach Präneste zurückgezogen hatte. 

Die Ehrentafel des Diocles CIL 10048 = Dessau 5287 stammt vielleicht aus 
dem Zirkus des Caligula, wo derartige Monumente offenbar zahlreich aufgestellt 
waren (vgl. Borsari, Bull. arch. com. XXX 1902 S. 183). Sie ist errichtet, nach- 
dem Diocles (noch im besten Mannesalter) seine Laufbahn als Wagenlenker be- 
schlossen hatte. Der Stein ist längst verloren. Doch besitzen wir den Text der 
Inschrift in einer vortrefflichen Kopie von Smetius, deren Zuverlässigkeit sich 

1) Das CIL erwägt die Möglichkeit, daß, entgegen allerdings dem Wortlaut der Inschrift, die 
Zahlen der Siege der einzelnen Pferde nicht nur die unter Gutta Calpurnianus errungenen, sondern 
überhaupt alle ihre Siege umfassen und daß die Inschriften 1 und 2 unter bildlichen Darstellungen 
angebracht waren, welche Gutta je mit seinen vier Pferden zeigten und gewissermaßen auch die 
letzteren verherrlichen sollten. 



186 XIII. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN [IL 514] 

_ • 

namentlich daraus ergibt, daß alle Zahlen, die sich durch Vergleichung mitein- 
ander kontrollieren lassen, richtig sind. Auch sonst kann der Text des Sme- 
tius nur unbedeutende Fehler enthalten, jedenfalls ist er eine völlig ausreichende 
Grundlage der Erklärung. Wir geben ihn daher (abgesehen von den Ergänzungen 
und einigen unbedeutenden, an den betreffenden Stellen angegebenen Verbesse- 
rungen) ohne jede Änderung, außer daß die Zahlen, welche die Summen von 
Preisen bezeichnen, überall mit einem darüber gesetzten Strich versehen sind 
und daß sie der Deutlichkeit wegen mit größeren Lettern gedruckt sind. 
1 £ Appu]lejus Diode s, agitator factionis russatae, 
*nat]ione Hispanus Lusitanus annorum XXXXII mens. VII d. XXI IL 
p. C. 122. 3 Pri\mum agitavit in /actione alb. Acilio Aviola et Corellio Pansa cos. 
p. C. 124. 4 Prifnuty vidt in /actione eadem M\ Acilio Glabrione £ Bellicio Torquato cos. 
p. C. 128. 5 pyi mum agitavit in /actione prasina Torquato Asprenate II et Annio Libone 

cos. Primum vicit 
p. C 131. ß in/action]e russata Laenate Pontiano et Antonio 1 ) Rufino cos. Summa: qua- 
driga agitavit annis XXI III, missus ostio IUI CCL VII, 

7 vicit 00 CC£] CLXII } apompa CX. Singularum vicit 00 LX1III. Indeprac- 
mia maiora vicit LXXXXII. XXX XXXII, ex his seiuges III, XXXX 
XXVIII, _ 

8 ex his seiuge]s? II, L XXVlIII , ind e septeiuge I, LX HL Binarum vicit 

CCCXXXXVII, trigas ad HS XV III. Ternarum vüit LI Ad honorem 
venit 00 

9 00 D£CC£ Tulit s]ecundas D££CLXI, tertias DLXXVI, quartas ad HS 
00 I,/rustra exitco £CCLL Ad venetum vicit X, ad albatum vicit LXXXXI, 
inde ad HS XXX IL 

xo Retulit guaest]um HS \ CC£L VIII | LXIJI £XX. Praeterea Ingas M vicit 
III, ad albatu I, ad prasinu IL Occupavit et vicit DCCCXV. Successit et 
vüit LX VII. 

"Praemisitetvkfy? XXXVI. Variis generibus vic. XXXXII. Eriptät et vicit 
Dil, prasinis CCXVI, venetis C£V, albatis LXXXL Equos centenarios/ecit 
FT. Villi et ducenar. I. 

" Insignia eius. 

13 to 9 ) sibi, quo anno primum quadrigis victor exstitit 

bis, eripuitbis. Actis continetur Avilium Teren/actionis suae primum omnium 
vicisse 00 XI, ex quibus anno uno plurimum vincendo vicit 

14 ... . singularum .... at Diode s quo an^to primum centum victorias con- 
secutus est, victor £111, singularum vicit LXXXIII. Adhuc augens gloriam 
tituli sui praecessit Thallum /actionis suae, quiprimus in /actione russata 

15 .... at Duales omnium agitator um eminentissimus, quo anno alienoprin- 
cipio victor £XXXIIII } singularum vicit £XVIII\ quo titulo praecessit om- 
nium /actionum agitator es, qui umquam 

x6 certaminibus ludorum cfycensium inter/uerunt. Omnium admiratione merito 
notatum est, quod uno anno alieno principio, duobus introiugis Cotyno et Poni- 
peiano, vicit LXXXXVLIII, LX I, L IUI, XL I, XXXII. 

1) Smetius hat versehentlich Annio. 2) Bormann: [Praemio dato anms . . . na\to sibi. 



[IL 515] XIII. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN 187 



-*. 



so 



81 



SS 



a 



17 factionis prasinae, victar 00 XXV, primus omniutn urbis con- 

ditae ad HS L vicit VII, Diocles praecedens eum introiugis tribus Abigeio 

Lucido Parato L vicit VI IL 

17 Item praecedens C)omnunem (sie) Venustum Epaphroditum, tres agitatores 
tniliarios factionis Venetae, [gut] ad HS L vicissent XI, Diocles Pampeiano 
et Lucido duobus introiugis L vicit 

19 XII? ] factionis prasinae victor 00 XXV et FlaviusScorpus, Vic- 
tor II XL Villi et Pompeius Musclosus, victor III DL Villi, tres agitatores 
victores VI DCXXXII, adHSL vkerunt XXVIII, __ 

at Diocles omniutn agitatarum emi\nentissimus, victor 00 CCCCLXII, L vicit 
XXVI HL Nobilissimo titulo Diocles nitet, cum Fortunatus factionis prasi- 
nae, in victore Tusco victor CCCLXXXVI, L vicit IX, Diocles, 
in Pompeiano victore victoy CLII, L vicit X, LXL Novis coactionibus et num- 
quam ante titulis scriptis Diocles eminet, quod una die seiuges ad HS XL 
missus bis utrasque victor eminuit adque amplius 

. . . .] stdsque Septem equis in se iunetis, numquam ante hoc numero equorum 
speetato, certamine ad HS L in Abigeio victor eminuit, et sine flagello alis 
certaminibus ad HS XXX 

* 3 vicit; adque? cumprim]um?) visus esset Ais novitatibus, duplici ornatus estglo- 
ria. Inter miliarios agitatores primum locum obtinere videtur Pontius Epa- 
phroditus factionis Venetae, 

4 qui temporibus Imp. nostri Anto]nini Aug. Pii solus victor 00 CCCCLXVII 
singularumvicit D CCCCXL Ad Diocles praecedens eum,victor 00 CCCCLXII 
inter singulares (1. inter Aas singularum)*) vicit 00 LXIIIL Isdem tempo- 
ribus 

95 Pontius Epapkrodüuseripuü\etvicit CCCCLXVII: Diocles eripuit et vicit DIL 
Diocles agitatorquo anno vicit CXXVII, Abigeio Lucido Pompeiano introiu- 
gis tribus victor CHI, inter 

96 Inter em]inentes agitatores introiugis Afris plurimum vicerunt: Pontius 

Epaphroditus factionis Venetae in Bubalo vicit CXXXIIH, Pompeius Mus- 
cio sus factionis prasinae 

97 in . . . vicii\ CXV, Diocles superatis eis, in Pompeiano victor CLII, singu- 
larum vicit CXXXXIIIL Ampliatis titulis suis, Cotyno Galata Abigeio Lu- 
cido Pompeiano introiugis quinque 

** victor CCCCXXXXV, singularum vicit CCCLXXXXVIL 



ANMERKUNGEN. Z. 1 — 6. Diocles trat, wahrscheinlich noch sehr jung, 
im J. 122 zum ersten Male in der weißen Partei auf (Z. 3), siegte in derselben 
124 (Z. 4), fuhr in der grünen zum ersten Male 128, siegte in der roten (vermut- 
lich beim ersten Auftreten) 131 (Z. 6) und scheint dieser von da ab treu geblie- 
ben zu sein. Nach Z. 1 1 hatte er für die Grünen 2 16 mal, für die Blauen 205 mal, 

1) duobus autem q]um Mommsen; cum primus omm\um Hirschfeld. 2) Vielleicht ist inter 

singulare* (sc. missus) richtig, oder auch inter singularum wie in der Inschrift des Crescens Z. 15. 



188 XIII. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN [IL 516] 

für die Weißen 81 mal gesiegt, die übrigen 960 Siege also Air die Roten davon- 
getragen z ) . Als das Monument errichtet wurde, war er 42 Jahre 7 Monate 2 3 Tage 
alt (Z. 2) und hatte 1462 mal gesiegt (Z. 20 usw.). Da nun 100 Siege in einem 
Jahre schon als sehr rühmlich galten (Z. 14), außerdem natürlich Diocles in den 
ersten Jahren als Anfanger bei weitem nicht so oft gesiegt haben kann wie spä- 
ter, so dürften sich seine letzten 1400 Siege ungefähr auf die Jahre 130 — 146 
verteilt haben. Mit dem Viergespann war er 24 Jahre gefahren (Z. 6); da er 
seine Laufbahn im J. 122 begann, muß das Denkmal, wie Hirschfeld bemerkt, 
nach 146 errichtet sein, oder (frühestens) in eben diesem Jahre. Dann war Dio- 
cles 104 geboren und begann die Fahrten mit dem Viergespann mit 18 Jahren, 
während Crescens sie schon mit 13 begonnen hatte. 

Z. 6 f. Summa: quadriga agitavit annis XXII II, missus ostio IUI CCL VII, 
[vicit 00 CCC]CLXII, a pornpa CX. 

Summa steht hier, wie Hirschfeld bemerkt, für summa summarum, vgl. 
Dessau 5283 Z. 16: sum(ma) sum[marum) quadr(iga) vic(it) VII Die Bedeu- 
tung von missus ostio ergibt sich aus der Inschrift des Crescens Z. 1 3 : miss(us) 
ost(io) DCLXXXVI, vicit XXXVII. Da ostio mitti so viel heißt als am Rennen 
teilnehmen, so ist IUI CCL VII die Zahl der sämtlichen von Diocles mitge- 
machten Rennen, worauf auch hier die Zahl der gewonnenen Siege (1462) folgte, 
deren letzte Ziffern noch vorhanden sind, so daß die Ergänzung des Anfangs 
von Z. 7 unzweifelhaft ist. Über apompa vgl. oben S. 183. Es wird hier nur 
angegeben, wie oft Diocles diese schwierigen und ehrenvollen Rennen mitge- 
macht hat, deren Zahl (110) also in der Zahl seiner sämtlichen Rennen (4257) 
enthalten ist; aber nicht, wie oft er in denselben gesiegt habe. Die Aufzählung 
der Siege beginnt erst 

Z. 7 f. Singularum vicit 00 LXIIII, inde praemia maiora vicit LXXXXII, 
XXX XXXII, ex Ais seiuges IIlJCXXX XXVIII, [ex his seiugc^t II, 
L XX Villi, inde septeiuge I, LX III. Binarum vicit CCCXXXXVII, 
trigas ad HS XV IUI Ternarum vicit LI. 
Die Zahl der Siege des Diocles war im ganzen 1462, in der Tat ergibt die Ad- 
dition der drei ersten Summen diese Gesamtsumme. Er siegte 

[in certaminibus) singularum [quadrigarum) 1064 mal 
» » binarum » 347 » 

» » ternarum » 51 » 

1462 mal. 

Diese Zahlen, deren Richtigkeit durch die Probe feststeht, zeigen wieder die 
überwiegende Häufigkeit der Rennen von je einem Gespann, sowie daß Rennen 
von mehr als je dreien äußerst selten vorgekommen sein können (vgl. auch 
Z. 9); endlich daß die übrigen hier aufgeführten Siege in den größeren Summen 
schon eingeschlossen sein müssen. Unter den 1064 Siegen in Rennen von je 
einem Gespann gewann Diocles auch praemia maiora, und zwar 92. Von 
diesen waren : 

1) Ein Wagenlenker Mosclosus hatte von seinen 682 Siegen 672 für die Roten, 3 für die Weißen, 
5 für die Grünen, 2 für die Blauen gewonnen (CIL VI 10063 = Dessau 5281). 



[H. 5 1 7] XIII. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN 1 89 

Preise von 30000 S 32 = 960000 Sest 

(darunter 3 für Rennen mit Sechsgespannen) 

Preise von 40000 S 28 = 1 120000 > 

(darunter 2 für Rennen mit Sechs- oder Sieben- 
gespannen) 

Preise von 50000 S 29 = 1 450000*) » 

(darunter 1 für ein Rennen mit dem Sieben- 
gespann) 

Preise von 60000 S. . • 3= 180000 » 

92 = 3 710000 » 
Ferner im Rennen von je 2 Dreigespannen 

Preise von 15000 S 4= 60000 » 

Gesamtbetrag der praemia maiora 3 7 70 000 > 

Sehr erklärlich ist, daß gerade bei den certamina binarum die Rennen mit 
trigae stattfanden, wo dann 24 Pferde (an acht Wagen) nicht viel weniger Raum 
in der Bahn hatten als 16 Pferde an vier Wagen bei den certamina singularum\ 
erklärlich auch, daß diese Siege viel niedriger [ad HS XV) prämiiert wurden, 
als die mit Sechs- und Siebengespannen. 

Da Diocles (nach Z. 10) im ganzen 35 863 120 S. gewonnen hatte, so ergibt 
sich nach Abzug der obigen Summe der außerordentlichen Preise (3770000) 
von dieser Gesamtsumme der Betrag von 32093 120 S. als der von ihm ge- 
wonnenen ordentlichen Preise. Mommsen hat versucht, hiernach die Preise für 
die verschiedenen Gattungen der gewöhnlichen Rennen zu ermitteln. Er nimmt 
mit Verweisung auf die oben S. 182 angeführte Stelle des Martial an, daß die 
gewöhnlichen ersten Preise in Rennen von je einem Viergespann (die jedenfalls 
geringer waren als der niedrigste außerordentliche Preis von 30000 S.) 1 5 000 S. 
betrugen. Dies ist nicht unwahrscheinlich; übrigens aber bieten sich, wie 
Mommsen selbst bemerkt, der Möglichkeiten zu viele, als daß solche Berech- 
nungen mit einiger Sicherheit angestellt werden könnten. 

Z. 8 ff. Ad honorem venu 00 [00 DCCCC. Tulit s]ecundas DCCCLXI, tertias 
DLXXVI, quartas ad HS 00 /, frustra exit 00 CCCLL Ad venetum 
vicit X 7 ad albatum vicit LXXXXI, inde ad HS XXX IL [Retulit quae- 
sfpm*) HS | CCCL VIIl\ LXlJl CXX. Praeter ea bigas M vicit III, ad 
albatu Ij ad prasinu IL 

Da hier mit Ausnahme gewisser Siege Z. 9, die jedenfalls in einer der größeren 
Zahlen bereits enthalten sind, die Rennen aufgezählt werden, in denen Diocles 
nur zweite, dritte und vierte Preise oder gar keinen Preis erhalten hatte, muß 
die Addition dieser Summen mit der Summe der Siege (1462) die Summe seiner 
sämtlichen Rennen (4257) ergeben. Nun ergibt folgende Addition bereits 425 1 • 

1) Diese werden auch Z. 20 erwähnt 2) Diese Ergänzung ergibt sich ans der Inschrift des 

Crescens (S. 196) Z. 19. 



190 XIÜ. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN [II. 518] 

Siege 1462 

Zweite Preise 861 

Dritte Preise 576 

Vierte Preise 1 x ) 

Kein Preis 195 1 

4251 

Es fragt sich nun, welches die noch fehlenden 6 Rennen sind. Hirschfeld hat 
daran gedacht, Z. 8 für ad honorem venu 00 zu lesen: ad k. v, VI, Bormann 
bemerkt dagegen (CIL VI 10048): »At titulo infra 10055 videtur probari, agi- 
tatorem dictum esse ad honorem venisse, quotienscumque nonfrustra exierit, sed 
velvicerit vel tertias vel secundas ttderit.* Die Inschrift 10055 (Dessau 5284) 
enthält folgende Aufzählung: vic[it] \ quadri* XL VII, secund. CXX. . , | tertias 
CXL VI; bigas vic[ii\ \ VIII, secundas IIX, terti. IIX\ \ adgente quadrig. (pedi- 
bus ad quadrigamf) vicit II, \ revocatus II, instauratiatn (instauraticio die?) \ 
tertias I Ad honore venu \ CCCLIIIL Ergänzt man die unvollständige Ziffer 
der zweiten Preise durch die Hinzufügung von XI, so ergibt die Addition aller 
gewonnenen Preise in der Tat die bei ad honorem venu stehende Summe 354. 
War also die Bedeutung von ad honorem venit: er hat Preise irgendwelcher Art 
erhalten, so muß auf diese Worte die Zahl 00 00 DCCCC gefolgt sein, da von 
4257 Rennen des Diocles nur 1351 erfolglos geblieben waren und 6, wie es 
scheint, in Z. 10 besonders gezählt sind. 

Die 6 fehlenden Rennen finden Mommsen und Bormann gewiß mit Recht in 
Z. 10: Praeterea bigas M vicit III, ad albatu I, ad prasinu IL Unter M kann 
man mit Mommsen miliarias verstehen, d. h. solche Rennen, bei denen der 
Preis 1000 S. betrug. Ad albatum vicit versteht Mommsen von einem Rennen, 
in dem Diocles zwei Wagenlenker schlug, aber von dem Weißen selbst ge- 
schlagen wurde. Es wird vielmehr ein Rennen bedeuten, in dem er mit dem 
Weißen zugleich am Ziel anlangte, sonst wäre der Ausdruck vicit Z. 9 hier 
schwerlich zulässig gewesen. Ob in diesem Fall die beiden stegreichen Wagen- 
lenker erste oder zweite Preise erhielten, ist ungewiß, doch das letztere wahr- 
scheinlicher. Jedenfalls sind die 10 Rennen, in welchen Diocles (mit dem Vier- 
gespann) ad venetum vicit, und 91, in denen er mit demselben ad albatum vicit 
(Z. 9), in einer der früheren Summen schon einbegriffen. Sind in Z. 10 alle 
Zahlen richtig, so werden nach 3 vollständigen Siegen mit dem Zweigespann 
ebensoviel unvollständige aufgezählt, im ganzen also 6 nicht erfolglos ver- 
laufene Rennen. 

Die Zahl der Rennen des Diocles (4257) in 24 Jahren ergibt für das Jahr 
etwa 177, während im ganzen in jedem Jahr schon, wenn man nur 50 circen- 
sische Tage mit je 16 Rennen rechnet, 800 stattfanden, also in Wirklichkeit 
gewiß viel mehr. Crescens hat in 10 Jahren nur 686 Rennen mit dem Vier- 
gespann gemacht. 



1) Falls nicht ausnahmsweise von vier Wagen auch der letzte prämiiert wurde, muß es hiernach, 
wenn auch höchst selten, Rennen von fünf Wagen gegeben haben. Ein Rennen von sieben Wagen 
in Alexandria erwähnt Philo Alezander 58. 



[II. 519, 5 ao] XIII. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN 191 

Z. 10 Occupavit et vkit DCCCXV 815 

successit et vicit LX VII 6 7 

11 [praemisit et vict\t ? XXXVI 36 

variis generibus vic. X XXXII 42 
eripuit et vicit Dil 
prasinis CCXVI 
venetis CCV 
albatis LXXXI 

502 502 



1462 

Die vorstehende Addition zeigt, daß auch hier wieder sämtliche Siege des 
Diodes mit quadrigae usw. aufgezählt sind, und zwar nach den verschiedenen 
Arten des Verlaufs, den die Rennen genommen hatten. Daß die Summen bei 
prasinis venetis albatis Teile der Gesamtsumme bei eripuit et vicit (502) sind, 
wie die Addition ebenfalls ergibt, hat Anton Elter (Rhein. Mus. XLI 1886 
S. 537 f.) bemerkt, und auf Grund dieser Bemerkung die früher mißverstandene 
Stelle richtig erklärt: da zu eripuit angegeben wird, wem der Sieg 'entrissen' 
wurde, und zwar immer nur einer, d. h. derjenige, der im kritischen Moment 
des Anlangens der nächste war, so heißt eripuit natürlich 'knapp, nach hartem 
Kampf gewonnen'. Nach Z. 25 galt dies für das ehrenvollste. Elters Erklärung 
von occupavit et vicit: 'leicht gewonnen' stimmt im wesentlichen mit der mei- 
nigen überein: ein Sieg, bei dem der Sieger gleich anfangs die Spitze genom- 
men und behauptet hatte. Plin. n. h. VIII 160: excusso in carceribus auriga 
albati [equi) Corace (equo) occupavere 1 primatum optinuere } opponentes, effun- 
dentes, omniaque contra aemulos quae debuissent peritissimo auriga insistente 
facientes (vgl. oben II 31, 9). Zweifelhaft ist dagegen die Bedeutung von suc- 
cessit et vicit (wohl: 'anfangs der Zweite'; Elter vermutet: 'brillant gehalten', 
wenig wahrscheinlich) und von praemisit et vicit. Gegen meine Erklärung des 
letzteren von einem Siege, bei welchem der Sieger seinen Mitbewerbern eine 
Strecke vorausgegeben hatte, hat Elter S. 536 wohl mit Recht eingewandt, »daß 
solche Ausnahmefalle, die den Charakter des Wettrennens aufheben, wenn sie 
je vorkamen, nicht wohl zu einer Terminologie fuhren konnten, die sich den 
übrigen ohne weiteres einfügte«. Praemisit wird also heißen: 'ließ anfangs (ab- 
sichtlich zurückbleibend) die andern voraus'. Elters Erklärung von einem Siege 
infolge davon, daß »die andern stürzen, refiisieren oder sonstwie das Rennen 
aufgeben«, erscheint mir ganz unannehmbar. Denn will man auch zugeben, 
daß Vorgelassen' ein passender Ausdruck für einen solchen Sieg wäre, bei 
welchem der Sieger 'allein über die Bahn geht', so folgt doch aus praemiss. 
Z. 1 6 der unten S. 196 mitgeteilten Inschrift des Crescens CIL VI 10050= Dessau 
5285 keineswegs, daß praemissus vicit die ursprüngliche Form war. Vielmehr 
ist nach der Analogie der übrigen Bezeichnungen und dem voll ausgeschrie- 
benen/rar*»^ et vicit CIL VI 10053 zu ergänzen praemiss{it). 

In einer Sethianischen Verfluchungstafel (Wünsch Nr. 49 S. 52) heißt es: jurj 
bl\)\xcx%f\<Sr\ \it\ trapIXOn \ü\ mAffn \xr\ v\Kf\cr\ jif| koXu>c kol^x] jjuPj äOXa Xäßrj \xr\ie 
mäoa<; ärrovurfjar) nr|T€ dmtfoOev äKoXouOrjaat TraptXOti. Das ö&ujiaxeTv ent- 



IQ2 XIII. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN [IL 521] 

spricht dem eripuit et vicit, das'irap£px€(rOai wohl kaum dem occupavit et vicit 
Unter dem mdcravra dnoviKäv versteht Wünsch (S. 70) vielleicht mit Recht das 
von Silius Italicus (oben II 48, 1) erwähnte Quervorfahren, so daß dadurch dem 
Nachfolger die Bahn gesperrt wurde, was auch unter dem opponentes in der 
Stelle des Plinius zu verstehen sei. 



Z. 1 1. Equos centenarios fecit n. Villi et ducenar. I 

Equos centenarios, ducenarios fecit heißt natürlich: er gewann mit ihnen 100, 
200 Siege. Zwei centenarii CIL VI 10069 = Dessau 5295: Aquilo n. k. Agni- 
lonis, vicit CXXX, secund. tulit LXXXVIII, ter. tul. XXXVII — Hirpinus 
n. Aquilonis, vicit CXI III, secundas tulit L VI, tert tul. XXXVI 

Z. 1 2 f. Insignia eius ]to sibi, quo anno primum 

quadrigis victor exstitit bis, eripuit bis. 

Die Ergänzung des fehlenden Anfangs in der Zeile 1 3 ist ungewiß. Vgl oben 
S. 186 A. 2. Die beiden ersten Siege des Diocles mit Viergespannen gehörten 
gleich zu den am schwierigsten zu erlangenden (eripuit et vicif). 

Z. 1 3 f. Actis continetur Avilium Teren factionis suae primum omnium vi- 
cisse 00 XI, ex quibus anno uno plurimum vincendo vicit [. . . singularum 
. . . at Diocles quo aristo primum centum victorias consecutus est, victor 
CHI, singularum vicit LXXXIII. 

Avilius Teres, von dessen Ehrentafel große Fragmente erhalten sind {Bor- 
sari, Bull. arch. com. XXX 1902 S. 176 fr. = Not. d. Scavi 1902 S. 510, vgl. 
auch CIL VI 33937), glänzte unter Domitian und Traian. Eine Erwähnung 
findet sich noch CIL VI 10054; Dessau macht auch auf die Lampe CIL X 
8053, 193 (Zangemeister, Ann. d. Inst. 1870 tav. N) aufmerksam, die nach der 
Beischrift Teres darstellen soll. Er war ein Freigelassener, wenn nicht des- 
selben Manns, so doch derselben Familie, zu deren Sklaven der unten (zu Z. 14) 
zu erwähnende Thallus agitator L. Avilli Plantae ser(vus) gehörte. Der Patron 
des Teres und Herr des Thallus war ein dominus factionis russatae, in deren 
Dienst Thallus stand. Dies ergibt sich aus der Inschrift CIL VI 10077 = Dessau 
53 1 1 : D. m. L. Avilio Galatae fact. russ. lib. item luliae C. L Ampliatae usw. 
und 10069 = Dessau 5295: L. Avill(io) Dionysio cond(itori) gr(egis) russatae. 
Diocles wird also zuerst mit früheren Wagenlenkern seiner eigenen Partei, dann 
von Z. 1 7 ab mit denen der andern verglichen. In welchen Akten die 1 01 1 Siege 
des Teres verzeichnet waren, läßt sich nicht mit Gewißheit sagen, da offenbar 
auch die Zirkusfaktionen Akten führten, aus welchen ohne Zweifel die hier und 
in der Inschrift des Teres gemachten genauen Angaben über die Leistungen 
früherer Wagenlenker stammen. Doch ist es bei der Wichtigkeit, die den Zir- 
kusangelegenheiten beigelegt wurde, wenigstens nicht unmöglich, daß die 
Acta diurna gemeint sind (vgl. auch oben II 27, 4 und CIL VI 10054 Z. 6: 
. . . [actis r] scriptum) fuit: grex prasinus vic{i]t 00 CL V). Sogar Cassius Dio 
gibt die Zahl der Siege eines von Caracalla ermordeten Wagenlenkers an; nur 
kann die überlieferte nicht richtig sein. LXXVH 1,2: Ka\ bt c Pdb^ij bfc ctÖTij 
dfvbpa fifev ä\Xu){ oök £XX6yimov, bid bk Tf|v diriTrjbcumv tiri<pav£<TTaTOV dEeipT«- 
ffaro. töv Täp EöirpCTri^ töv dp|uiaTr|XdTr|v, direibfl TOÖvavTia aÜTifi £<nrouba£€V, 



[IL 522] XIIL DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN 193 

dir£iCT€iV€. xa\ 6 jifcv o&tu>c iv T^P<f äir£8av€, TrXeitfTOis äTwffiv iinrujv crrecpa- 
vwOefc. buo t«P Ka\ öt^orjKOVTa xa\ tirraicoaiout äveiXeio, 8<roi>c oube\<; 
dXXog. DaO 782 Siege besonders für einen alten Wagenlenker nicht viel war, 
mußte Dio wohl wissen; falls die Zahl nicht falsch überliefert ist (nach Z. 19 
könnten es 3782 gewesen sein), hat er vielleicht ein ähnliches Verzeichnis wie 
die uns vorliegenden vor Augen gehabt und aus Versehen statt der Gesamt- 
summe die Summe irgendeiner Klasse von Siegen gesetzt Die Gesamtzahl der 
Siege des oben S. 188 A. 1 genannten Musclosus ist 682, die eines Scorpianus 
700 (CIL HI 12013, 9), des Avilius Teres 1011. Der im 30. Jahre gestorbene 
M. Aurelius Polynices (CIL VI 10049 = IG XIV 1474 = Dessau 5286) hatte 739, 
der im 2 1 . Jahre gestorbene M. Aurelius Mollicius Tatianus (ebendort) 125, doch 
der im Alter von 27 Jahren gestorbene Scorpus (Martial. X 53) 2048, der mit 
diesem letzteren in Z. 19 zusammen genannte Pompeius Musclosus 3559 Siege 
davongetragen. Mit Unrecht glaubte also Mommsen (CIL VI 10058 = Dessau 

5296: M. Aurelio Libero agitatori factionis prasinae Aurelius Caecilius 

Planeta Protogenes ob III palmar um hoc donum vovit), daß 3000 Siege eines 
Wagenlenkers unwahrscheinlich seien. 

DaO es für besonders ehrenvoll galt, hundertmal in einem Jahre gesiegt zu 
haben, versteht sich von selbst; aus Z. 14 ersieht man aber, daß die Ehre um 
so größer war, je mehr Siege in certamina singularum darunter waren; diese 
müssen also die geschätztesten gewesen sein. Vgl. auch Z. 27 und 28. 

Z. 14 fr. Adhuc augens gloriam tituli sui praecessit Thallum factionis suae, 

quiprimus in /actione russata [ atDuPfles omnium agitatorum 

eminentissimus 7 quo anno alieno principio victor CXXXIIII^ singularum 
vicit CXVIII] quo titulo praecessit omnium factionum agitatores } qui 
unquam [certaminibus ludorum ci]rcensium interfuerunt. 

Auch hier wieder wird es als besonders rühmlich hervorgehoben, daß unter 
134 Siegen des Diocles in einem Jahre 118 singularum waren, was weder Thal- 
lus (der offenbar die verhältnismäßig größte Zahl singularum aufzuweisen hatte), 
noch irgendein anderer erreicht hatte. Sodann waren die 134 Siege keine ge- 
wöhnlichen, sondern alieno principio. Die Bedeutung dieses Ausdrucks läßt 
sich nur vermuten. Z. 16 heißt es alieno principio^ duobus introiugis Cotyno et 
Pompeiano vicit usw. Ich möchte daher glauben, daß, da Cotynus und Pom- 
peianus die Namen der beiden mittleren, im Joch gehenden Pferde sind, prtn- 
cipium das links gehende Hauptpferd ist [qui demonstrabat quadrigam, vgl. 
oben II 32, 1). Nun zeigten die Wagenlenker zuweilen ihre Bravour darin, mit 
Pferden einer andern Partei zu siegen (Fl. Caper De orthogr. GL VII 1 04, 12: 
inversis armis gladiatores pugnasse von est dicendum, sed versis t hoc est trans- 
mutatiSj sie nee inversis pannis agitasse aurigas, sed versis). Daß die Wagen- 
lenker mit den Farben zugleich die Wagen und Pferde tauschten, welche ja 
auch die Farben trugen, ergibt die unten (Anhang XV) folgende Beschreibung 
dieser, in Constantinopel diversium genannten Art des Rennens. Ein Beweis 
der höchsten Virtuosität aber mußte es sein, mit einem fremden Hauptpferde 
zu siegen. Der Z. 14 genannte Thallus ist ohne Zweifel der von Martial IV 67, 5 
[praetor ait i Scis me Scorpo Thalloque daturunC) erwähnte (Scorpus wird Z. 16 

Friedlaender, Darstellungen. Anhang. 13 



194 XIII. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN [IL 523] 

genannt). Nach der von Thallus selbst im Jahre 90 n. Chr. gesetzten Inschrift 
CIL VI 621 = Dessau 3532 war dieser ein Sklave des L. Avilius Planta. 

Z. 16. Omnium admiratione tnerito notatum est, quod uno anno alieno prin- 

cipio, duobus introiugis Cotyno et Pompeiano, vicit LXXXXVIIII, LX I, 

LIIII, XL I, XXX II, 

d. h. er siegte in der angegebenen Weise in einem Jahre 99 mal, darunter in 

einem Rennen zum Preise von 60000 S., in vier zu 50000, einem zu 40000, 

zwei zu 30000. 

Z. 17 factionis prasinae, victor 00 XXV, primus omnium urbis 

conditae ad HS L vicit VII, Diode s praecedens eum, introiugis tribus 
Abigeio Lucido Parato, L vicit VI IL 

Vgl. oben S. 189. Diocles hatte also in diesem schwierigen Rennen mit den- 
selben drei Pferden (doch wohl so, daß jedesmal zwei derselben als introiugi 
liefen) mehr Siege gewonnen, als der Unbekannte überhaupt. 

Z. 18 f. Item praecedens C\omnunem (1. Communem) Venustum Epaphroditum, 
ires agitatores miliarios factionis venetae, [gut] ad HS L vicissent XI, 
Diocles Pompeiano et Lucido duobus introiugis L vicit [XII] (?). 

Die Notwendigkeit der Ergänzungen qui und XII (oder einer größeren Zahl) 
ist selbstverständlich. 

Z. 19 f. ] factionis prasinae, victor 00 XXV, etFlavius Scorpus, victor 

II XL VIII, et Pompeius Musclosus, victor III DL Villi, tres agita- 
tores victores VI DCXXXII, ad HS L vicerunt XXVIII, [at Diocles 

omnium agitatorum emi]nentissimtis, victor 00 CCCCLXII, L vicit 
XXVIIII 

Diocles stand also den beiden zuletzt genannten Wagenlenkern in bezug auf 
die Zahl der Siege nach, übertraf sie aber dadurch, daß er allein in Rennen zu 
50000 S. 29 mal, sie aber zusammen mit einem dritten miliarius im ganzen nur 
2 8 mal gesiegt hatten. Der unbekannte Lenker der grünen Partei (der schon 
Z. 1 7 vorkommt) kann nicht der Z. 20 genannte Fortunatus sein, der schon mit 
dem Pferde Tuscus allein in Rennen zu 50000 S. 9 mal gesiegt hatte, was dem, 
dessen Name ausgefallen ist, nach Z. 1 7 nur 7 mal gelungen war. Die Richtig- 
keit der Zahlen der Siege ergibt die Addition. 

Siege des Unbekannten .... 1025 * 

» » Flavius Scorpus . . . 2048 
» » Pompeius Musclosus . 3559 

Zusammen 6632 

Über Flavius Scorpus vgl. oben II 26. Martial. X 53, 3 sagt von ihm: In- 
vida quem Lache sis raptum trieteride nona, dum numerat palmas, credidit esse 
senem. 

Z. 20 f. Nobilissimo titulo Diocles nitet, cum Fortunatus factionis prasinae, 
in victore Tusco victor CCCLXXXVI, L vicit IX, Diocles in [Pompeiano 
victore victoy CLII, L vicit X, LX L 

Während also Fortunatus unter 386 Siegen mit dem siegreichen Renner 
Tuscus nur 9 mal zu 50000 S. gesiegt hatte, hatte Diocles unter 152 Siegen 



[IL 524, 525] XIII. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN 195 

mit dem Pompeianus (die Ergänzung ergibt sich aus Z. 21) 10 zu 50000, einen 

zu 60000 S: gewonnen. 

Z. 2 1 ff. Novis coactionibus et numquatn ante titulis scriptis Diocles eminet, 
quod una die seiuges ad HS LXmissus bis utrasque victor eminuit, ad- 

que amplius suisque Septem equis in se iunctis, numquatn ante hoc 

numero equorum spectato } certamine ad HS L eminuit, et sine flagello 
alis certaminibus ad HS XXX [vicit, adque? cum prim]um visus esset 
his ncvitatibus, duplici ornatus estgloria. 

Wenn auch die Ergänzungen sich mit Sicherheit nicht angeben lassen, ist 
doch der Sinn im allgemeinen klar. Nur der Ausdruck coactiones ist noch nicht 
sicher gedeutet; Mommsen faßt ihn unter Hinweis auf Gaius IV 15 causae con- 
iectio quasi causae suae in breve coactio als comparationes victoriarum (nämlich, 
mit denen seiner Konkurrenten), Friedlaender als 'Einnahmen'; im Zusammen- 
hang möchte man gerne 'Kombinationen' übersetzen. 

Z. 23 fr. Inter miliarios agitatores primum locum obtinere videtur Pontius 
Epaphroditus factianis venetae, [qui temporibus Imp, nostri Anto]nini 
Aug. PH solus victor 00 CCCCLXVII, singularum vicit DCCCCXL. 
Ad Diocles praecedens eum, victor 00 CCCCLXII, inter singulares 
(1. inter singularum) vicit 00 LXIIII. Isdem temporibus [Pontius Ep- 
aphroditus eripuit] et vicit CCCCLXVII: Diocles eripuit et vicit DIL 

Nach den größten Wagenlenkern der Vergangenheit wird hier der größte der 
Gegenwart mit Diocles verglichen. Obwohl er 5 Siege mehr zählte als dieser, 
übertraf ihn Diocles weit durch die Zahlen der geschätztesten Siege [singula- 
rum — die Notwendigkeit der Emendation in Z. 2 1 ist selbstverständlich — 
und eripuit et vicit). Die Zahlen dieser beiden Klassen sind dieselben wie Z. 7 
und Z. 1 1 . 

Z. 25 ff. Diocles agitator quo anno vicit CXXVII, Abigeio Lucido Pompeiano 

introiugis tribus victor CHI) inter [ Inter eminentes agitatores in- 

troiugis Afris plurimum vicerunt: Pontius Epaphroditus factionis vene- 
tae in Bubalo vicit CXXXIIII 9 Pompeius Musclosus factionis prasinae 

[in vicit] CXV } Diocles super aus eis, in Pompeiano victor CLII, 

singularum vicit CXXXXII1L Ampliatis titulis suis, Cotyno Galata 
Abigeio Lucido Pompeiano introiugis quinque victor CCCCXXXXV, 
singularum vicit CCCLXXXXVIL 
Der Sinn der Ergänzungen ist im wesentlichen unzweifelhaft. Z. 25 muß die 
Zahl einer gewissen Klasse von Siegen unter den 127 in einem Jahre ange- 
gebenen gewesen sein, also z. B. inter [singularum vicit CX\ Z. 27 war der 
Name des Pferds genannt, mit dem Pompeius Musclosus 1 15 mal gesiegt hatte, 
möglicherweise auch noch ein dritter Wagenlenker nebst der Zahl seiner mit 
einem Pferde gewonnenen Siege. Die Länge des ausgefallenen Stücks läßt sich 
eben nicht genau bestimmen. 

Was den Inhalt dieses letzten Abschnitts anbetrifft, so ist so viel klar, daß es 
ebenso für einen Ruhm galt, eine große Anzahl von Siegen mit denselben in- 
troiugis als mit demselben Hauptpferde erlangt zu haben. Nur wurden die zu- 
etzt genannten fünf introiugi offenbar nicht immer zugleich angespannt, da 

13* 



196 XIH. DREI INSCHRIFTEN VON WAGENLENKERN 

eine so große Anzahl von Rennen mit Sechs- oder Siebengespannen undenk- 
bar ist; vielmehr hatte Diocles jene 445 Siege mit diesen fünf introiugi ab- 
wechselnd gewonnen. Dasselbe wird von den drei introiugi in Z. 24 gelten. 

3. Die öfters erwähnte Inschrift des Crescens (s. oben S. 189 A. 2 u. 191) ist, 
wie auch andere derartige, in der Nähe des Stadiums des Domitian, der heuti- 
gen Piazza Navona, gefunden worden und wird daher mit Recht von der ersten 
Herausgeberin, Gräfin Lovatelli, für eine Ehreninschrift erklärt. Sie lautet wie 
folgt (CIL VI 10050 = Dessau 5285): 

Crescens agit{ator) 
.factionis ven(eiae) 
natione Maurus 
annorum XXII. 
5 Quadriga primum 
a. 115 Nov. 8. vicit L. Vipstanio 

Messalla cos. natale 
divi Nervae miss(u) XXII II 
equis Ais: Circio, Accep- 
10 tore } Delicato, Cotyno. 
a. 124 Mai 10. Ex Messalla in Glabri- 

onetn cos. in natale 
divi Claudi tniss{us) ost[io) 
DCLXXXVI vicit XXXXVIL 
xs Inter sing{ularutn) vic[it) XIXj binar[um) 
XXIII) tern[arum) V\ praemiss[it) I, 
occu/>(avit) VIII, eripuit XXXVIII 
Secund{as) tulit CXXX } tert(ias) CXI. 
Quaest[um) ret(ulit) HS \XV\ L VIII 
ao CCCXXXXVI. 
Die Herausgeberin, auf deren Erklärung ich verweise, hat nur darin geirrt, 
daß sie Z. 16 praemiss(us) ergänzte. Mommsen ergänzt praemiss[u) (sc. alius 
aurigae\ aber nach den folgenden Perfekten und der festen Form dieser Aus- 
drücke erwartet man praemisit. Ohne Zweifel ist also praemiss{it) zu lesen. 

F. Drexel. 



XIV 

ÜBER DEN HÄUFIGEN GEBRAUCH 
BERÜHMTER KÜNSTLERNAMEN') 

Die bekannte Stelle bei Seneca Nat. qu. VII 32, 3: at quanta cura labo- 
ratur, ne cuius pantomini nomen intercidati stat per successores Py- 
lades et Bathylli domus 7 harum artium multi discipuli sunt multique 
doctores, hat man längst so erklärt, als wären die Schüler des Pylades Pyladae, 
des Bathyllus Bathylli genannt worden (Mommsen zu CIL V 7753). Wir 
kennen einen Pantomimen Theocritus, der neben diesem Namen auch den 
Namen Pylades führte, CILV 5889 = Dessau 5195: D. M. cur ante Calopodio 
locatore. Theocriti Augg. lib. Pyladi pantotnimo honorato splendidissimis civi- 
tatib. Italiae ornamentis decurionalib. ornat. grex Romanus ob merita eius 
tituL memoria* posuit\ auf der einen Nebenseite Jona, auf der anderen sui 
temporis primus und Troadas (die Namen Beischriften zu entsprechenden Ge- 
stalten und Bezeichnung von Siegen mit Pantomimen nach den euripideischen 
Tragöden Ion und Troades). Das mit größeren Buchstaben geschriebene 
Theocriti Augg, lib. gibt als Überschrift den Namen des Geehrten an, der 
später Pylades genannt wird; doch hatte der neue Name in diesem Falle 
den früheren nicht so völlig verdrängt, daß der letztere nicht auch zur Be- 
zeichnung hätte angewendet werden können. Pylades und Bathyllus sind aber 
keineswegs die einzigen Namen, die von späteren Pantomimen angenommen 
oder ihnen beigelegt wurden. In der Biographie des L. Verus 8, 10 heißt es: 
habuit et Agrippum Aislrionem, cui cognomentum erat Memphis quem et ipsum 
e Syria veluti tropaeum Parihicum adduxerat: quem Apolaustum nomina- 
vit; und ebd. 8, 7 histriones eduxit e Syria, quorum praeciputis fuit Maximinus, 
quem Paridis nomine nuncupavit\ Es ist klar, daß, wie L. Verus diesen 
Tänzern die Namen berühmter Kunstgenossen beilegte, so auch die Namen 
Pylades und Bathyllus andern Pantomimen von ihren Herren oder Patronen, 
von ihren Freunden und Anhängern, um sie aufzumuntern oder zu ehren, bei- 
gelegt, oder von ihnen selbst aus Verehrung gegen ihre Vorbilder und Meister 
oder in dem Gefühl eigner Meisterschaft angenommen wurden: und diese 

1) VgL II 26, 4. 69, 9. 133, 2. 141, 10. 142, 1. Vgl. zwei Programme Friedlaenders, De nomi- 
nibus clarornm artificum frequentatis. Königsb. 1859. 2) Dies wird der Paris sein, dem Adrianos 
von Tyros einen Öpfjvoc; widmete. Liban. or. 64, 41 (TV 445 F.), vgl. Rohde, Rhein. Mas. XLI 
189, 1 sb Kleine Schriften II 96, 1. 



198 XIV. ÜBER DEN GEBRAUCH VON KÜNSTLERNAMEN [H 636] 

Namen erhielten öfters so allgemeine Geltung, daß sie die ursprünglichen ganz 
verdrängten 1 ). 

Zu den berühmtesten Pantomimennamen gehört Paris. Der erste uns be- 
kannte Tänzer, der ihn führte, lebte an Neros Hof und wurde im Jahre 67 hin- 
gerichtet (obenll 141); über seine -Kunst vgl. oben II 127. Der zweite unter 
Domitian (oben 1 289. II 141), erwähnt bei Juv. 6, 87 [utque magis stupeas ludos 
Paridemque reliquit)\ Statius verkaufte ihm die Agaue (oben II 125); Grab- 
schrift auf ihn Martial XI 13 (oben II 142). Der dritte ist der eben genannte 
Günstling des L. Verus (oben II 142), erwähnt von Galen I 492. An ihn denkt 
man auch zunächst bei dem OüXmot Atifovoitiwbs 6 kcx\ TTdpis der Inschrift 
aus Thyatira Rev. d'£tud. grecqu. IV 189 1 S. 174 f. nr. 2 und bezieht die in 
dieser Inschrift erwähnten \iif\aro\ tca\ dvehcriTOi aÖTOKpäropet auf die Samt- 
herrschaft des Marc Aurel und L. Verus; aber der Name Ulpius weist deutlich 
auf die Regierung Trajans. 

Memphis oder Memphius war der erste Künstlername des Agrippus. Viel- 
leicht ist es dieser Memphis, den Athen. 1 20C töv £<p {\\i\v <piX6<roq>ov dpxn^rfjv 
nennt (vgl. oben II 130, 1) und von dem er sagt, daß man ihn Memphis genannt 
habe dirapxatCovre? xf\v biet toO adjuaros auxoO k{vti<tiv tQ tu>v iröXewv äpxmo- 
T£p<f Kai ßa<Ji\iKu>T£p<f, wonach er wohl als der erste Träger des Namens gelten 
soll. Ein andrer in dem Epigramme des Palladas (4. Jhdt.) Anthol. Pal. XI 255 
A<4<pviv K<A Ni6ßt]v d>pxti<yaTO Mliupic 6 01^65, tbs EuXivos AdqpvTjv, ibs XfOivos 
Ni6ßnv. 

Ebenso war der zweite Name des Agrippus Apolaus tus berühmt. Der erste 
ausgezeichnete uns bekannte Tänzer, der ihn führte, war ein Freigelassener des 
Trajan, CIL VI 10114 = Dessau 5 184: M. Ulpius Aug. lib. Apolaustus maxi- 
mus pantomimorum coronatus adver sus histriones et otnnes scaenicos artifices 
XII (ein M. Ulpi Apolausti ser. Dionysius CIL IX 709; ein M. Ulpius Apolau- 
stianus CIL VI 10057 = Dessau 5298). Der zweite Apolaustus, der schon ge- 
nannte Agrippus, kommt mit seinem früheren Namen Memphius. CIL VI 101 17 
= Dessau 5190 vor: L. Aurelio Apolausto Metnphio Augg. lib. hieronicae coro- 
nato et ton diapanton Apollinis sacerdoti soll vittato, archieri synodi et Augg. 
L. Aurelius Panniculus gut et Sabanas patrono optinto. Ebenso heißt er in Tibur ") 
CIL XIV 4254 = Dessau 5191 (199 n. Chr. ; mit Angabe einiger seiner Rollen 
s. oben II 126, 2): L. Aurelio Augg. lib. Apolausto Metnphio pantomitno hie- 
ronicae ter te[m]poris sui primo vittato Augg. sacerdoti Apollinis Herculano 
Augustali s. p. q. T. item omamentis decurionatus honorato (auf der Seite 
der Basis: . . . . 3 ) Aug. edente L. Aurel. Augg. /. Apolausto] Metnphio ma- 
gistro\ auf einer von ihm selbst gesetzten Inschrift bei Fundi CIL X 6219 = 
Dessau 5187: L. Aurelius Apolaustus pantomimus Memfius Mercurio invicto 
votum solvit und in einem Fragment zu Veji CIL XI 3822 = Dessau 5192. 
Dagegen nennen ihn zwei andre Inschriften, die sein Auftreten in Städten 

1) Ob die in der übrigens noch nicht sicher gedeuteten Grabschrift ans Nemausus CIL XII 
3347 = Dessau 5203 als administrantes genannten Memphis und Paris mit einem der berühmten 
Träger dieser Namen identisch sind, steht dahin. 2) Die Darstellungen des Steins hat Altmann, 
Die römischen Grabaltäre der Kaiserzeit S. 239 ff. besprochen. 3) Hier ist der Name des Com- 
modus getilgt worden. 



[II. 637] XIV. ÜBER DEN GEBRAUCH VON KÜNSTLERNAMEN 199 

Italiens bezeugen, nur Apolaustus, CIL IX 344 = Dessau 5188: (Canusium) 
L. Aelio Aug. lib. Aurelio Apolausto pantomimo Augustaliutn qq. hieronice 
temporis sui primo colonia Aurelia Aug. Pia Canusium d. d. und CIL X 
3716 = Dessau 5189 (Liternum): L. Aurelio Apolausto hieronico bis coronato 
et dia panton parasito et sacerdoti Apollinis August. Capuae maximo. Ahi Hofe 
wurde er natürlich auch nur mit dem ihm von Verus erteilten Namen genannt, 
(Verus bei) Fronto ad L. Ver. Aug. I 2 p. 1 1 5 N. et te si spectaveris teste reirin- 
com Py lodern magistro suo istum tanto meliorem esse, quanto sit Apolausto 
sitnilior. Überhaupt verdrängte dieser Name wohl den früheren, da es ge- 
wiß derselbe ist, von dem es Hist. aug. Commod. 7, 2 heißt: Apolaustus aliique 
liberti aulici pariter interetnpü sunt. 

Der von Verus genannte Pylades ist der dritte uns bekannte dieses Namens. 
Der zweite war ein Liebling und vermutlich Sklave Trajans, Cass. Dio LXVHI 
10, 2 Ka\ toüs dpxn<JTäs £c tö G&xxpov £iravTJYaY€' k<A fäp £vös aöxiöv toO 
TTuXdbou fjpa. Hadrian ließ ihn frei, CIL V 7753 = Dessau 5185 (Genua): P. 
Aelius Aug. lib. Pylades pantomimus Aieronica instituit; L. Aurelius Augg. lib. 
Pylades hieronica discipulus consummavit. Er war also der ebenfalls von Verus 
erwähnte Lehrer des dritten Pylades, der offenbar von ihm den Namen ange- 
nommen hatte. Dieser, nach der S. 197 angeführten Inschrift CIL V 5889 ur- 
sprünglich Theocritus genannt und Augg. lib. d. h. Freigelassener des M. Aurel 
und Verus, ein besonders im Ion und den Troerinnen ausgezeichneter, also tra- 
gischer Tänzer, war nach Galen. XIV 63 1 (vgl. oben I 290) neben Memphius 
und einem dritten (wahrscheinlich dem zweiten Apolaustus) der berühmteste 
seiner Zeit. Eine ihm in Puteoli unweit des Amphitheaters gesetzte Inschrift 
(Mommsen, Rom. Mitt EI 1888 S. 79 = Dessau 5186) lautet: L. Aurelio Aug. 
lib. Pyladi pantomimo temporis sui primo, hieronüae coronato IUI, patrono 
parasitorum Apollinis, sacerdoti synodi, honorato Puteolis d. d. omatnentis de- 
curumalib. et duumviralib., auguri, ob amorem erga patriam et eximiam libe- 
ralitatem in edendo muner(e) gladiatorum venatione Passiva ex indulgentia sa- 
cratissimi princip[is) Commodi pii/elicis Aug. centuria Cornelia (vgl. die An- 
merkungen von Mommsen a. a. O. S. 79 — 83, der Name des Commodus ist ge- 
tilgt und später wieder eingesetzt). Wahrscheinlich ist es derselbe, mit dem nach 
Cass. Dio LXXm 13,1 Didius Julianus nach der Ermordung des Pertinax Würfel 
spielte. Übrigens ist es vielleicht nicht zufällig, daß auch der in jener Inschrift 
vorkommende Name Theocritus noch einmal als der eines Tänzers erscheint, 
der ein Günstling Caracallas war (Cass. Dio LXXVH 21, 2). 

Außer dem ersten Bathyllus (auch Phaedrus V 7, 5; vgl. Jahn zu Pers. 5, 
123 und Gensei, Real-EncykL III 137 f.) kennen wir nur noch einen dieses Na- 
mens, den von Juv. 6, 63 als Tänzer der Leda erwähnten, der also unter Domi- 
tian oder Trajan lebte (vgl. oben II 131, 8). Diese Leda kann zu der heiteren 
Gattung gehört haben, die der erste Bathyllus erfand, doch ist es sehr möglich, 
daß berühmte Namen auch von solchen Künstlern angenommen wurden, die 
Qicht gerade in der Spezialität des früheren Trägers glänzten. 

Die hier nachgewiesene Sitte beschränkte sich keineswegs auf Pantomimen, 
sondern war unter Künstlern aller Art verbreitet. Natürlich kehren auch hier 
manche Namen aus keinem anderen Grunde oft wieder, als weil sie überhaupt 



200 XIV. ÜBER DEN GEBRAUCH VON KÜNSTLERNAMEN [IL 638, 639] 

gewöhnlich und beliebt waren: so Eutychus, ein Wagenlenker unter Caligula 
oben II 29, ein anderer Wagenlenker CIL II 4314 = Dessau 529g (Tarraco), 
Buecheler , Carm. ep. 1279; ein dritter CIL VI 1 0080 = Dessau 5 2 9 1 ; ein Mime 
L. Acilius Eutychus CIL XIV 2408 = Dessau 5196, ein Aurelius Eutyches stu- 
pidus greg. urb. CIL XI 433 = Dessau 5224; Fortunatus und Felix CIL VI 
10056 und der von der Plin. n. h. VH 186 (oben II 37, 2) erwähnte Felix, sämt- 
lich Wagenlenker; Gladiatoren dieses Namens CIL VI 10177 = Dessau 5104 
und CIL VI 631 = Dessau 5084, auf den Tesseren Faustus, Felix und Fortuna- 
tus. Auch solche Namen, die Künstler mit besonderer Beziehung auf ihre Kunst 
oder ihre Erfolge wählten, wie Lepos (Tänzer Horat. Sat. II 6, 70), Favor 
(archimitnus Sueton. Vespas. 19, 2), Crotus [ckoraules Martial. VI 39, 19), 
können ebensogut von andren Kunstgenossen angenommen worden sein, ohne 
daß diese dabei an jene Vorgänger dachten; so kommt in dem Mimenverzeich- 
nis CILXIV 2408 ein Petronius Favor und ein Volumnius Favorabilis vor. Eben- 
so braucht bei der Häufigkeit des Namens weder der des Mimen Hy las in dem 
Verzeichnis CIL XIV 2408 noch der des M. Ulpius Hylas archimitnus diitnim 
Not. d. Scavi 1888 S. 62 = Dessau 5209 auf den berühmten Pantomimen (oben 
II 130, 4) zurückzugehen. Dagegen der Name des Freigelassenen des Apo- 
laustus CIL VI 10117 = Dessau 5190 Panniculus, der doch gewiß auch ein 
Bühnenkünstler war, ist vielleicht entlehnt von dem unter Domitian bekannten 
Mimen Panniculus (Martial. II 72. III 86. V 61), und so dürfte auch ein Aelius 
Latin us in jenem Verzeichnis seinen Namen von dem noch berühmteren Mi- 
men, der Domitians Günstling war (oben I 63. II 141), ein Aelius Urbicus den 
seinen von jenem Urbicus entlehnt haben, der bei Juv. 6, 7 1 exodio risunt mo- 
vet Atellanae gestibus Autonoes. Vielleicht ist auch das zweimalige Vorkommen 
des Namens Septentrio bei Tänzern (CIL XII 188 = Dessau 5258 und CIL 
XIV 2 113 [Lanuvium] = Dessau 5193 und 2977 [Praeneste] = Dessau 5194) 
nicht zufällig. Die letztgenannten beiden Inschriften beziehen sich auf einen 
Pantomimen Agilius Septentrio, der sich alumnus der Faustina, der Gattin 
Marc Aureis, nennt und von Commodus der Bühne zugeführt wurde (vgl. 
oben III 70). 

Der Name Artemidorus wurde unter den Athleten vielleicht zuerst durch 
den Pankratiasten Artemidorus aus TraUes berühmt, der Ol. 212 (69 n. Chr.) 
zu Olympia im Wettkampf der Männer siegte (Paus. VI 14, 1). Denselben Na- 
men fuhrt T. Flavius Artemidorus, Bürger von Adana und Antiochia, ebenfalls 
Pankratiast und Sieger im Agon Capitolinus 86 (CIG 5806 = IG XIV 746); 
desgleichen M. Aurelius Artemidorus aus Settä in Phrygien, der u. a. KuZucov 
Ko^juSbeia dfeveiujv siegte unh 26 Jahre alt starb, also etwa zu Anfang des 
3. Jahrhunderts (seine Grabschrift IG XIV 738 [Neapel]). 

Den Namen des thebanischen Flötenspielers Antigenidas (v. Jan, Real- 
Encykl. I 2400) fuhrt ein P. Aelius Antigenidas, dessen Ehreninschrift sich auf 
einer Statuenbasis in Neapel nahe dem antiken Theater gefunden hat (IG XIV 
737). Die Entlehnung des Namens hat schon Minervini, Bull. Napol. N. S. VII 
1859 S. 73 bemerkt, der auch einen noch späteren Flötenspieler M. Aurelius 
Septimius Nemesianus Antigenides (kukAios aöXTinte CIG 1587) anfuhrt; ein 
Flötenbläser desselben Namens erscheint bereits 263 v. Chr. in Delos (IG XI 2, 



[H. 640] XIV. ÜBER DEN GEBRAUCH VON KÜNSTLERNAMEN 201 

113). Auch der unter Domitian berühmte Musiker Glaphyrus (Martial. IV 5. 
Juv. 6, 77) trägt wohl nicht zufallig denselben Namen wie der von Antipater 
von Thessalonike Anthol. Pal. IX 5 1 7 mit Orpheus verglichene Flötenspieler, 
der vielleicht identisch ist mit dem CIL VI 10 120 = Dessau 5232 genannten: 
Heriae Thisbae monodiariae Tu Claudi Glaphyri choraulae Actionicae et Se- 
bastonicae usf. Ein Ibycus psoltesCYL VI 10 100 = Dessau 5247, ein Am- 
phion citharoedus (sein Bruder heißt Zethus) CIL VI 10124* = Dessau 5243. 

Auch bei den Gladiatoren mag diese Sitte bestanden haben (oben II 69, 9); 
doch sind die hier bei verschiedenen Individuen wiederkehrenden Namen auch 
sonst nicht selten, wie Triumphus Seneca de prov. 4, 4 und Martial. Spect. 
20, 1, Carpophorus ebd. 23, 27 und CIL VI 631 = Dessau 5084. 

Bekannt ist ferner, daß Ärzte häufig den Namen Asclepiades annahmen, 
und zwar auch als einzigen, z. B. CIG 4566: 'AttcXTiiridbrit iorpbc XeYewjvot] ß 
Tpa[iavfis] icxxupäs (1 47 n. Chr.) und ebd. III add. 4778 dl 'AffKXrimäbTK lonrpos, IG 
3QV 2261= CIL IX 5462: > 0(JTa , A<TKXri7ri(ibouTT€pYafiTivoO iciTpoü, CIL XI 3943 
= Dessau 7789: £ Calpurnius Asclaepiades Prusa ad Olympum medicus. Vgl. 
M.Wellmann, Real-Encykl. II 1632 Nr. 3 7 ff. Hippokrates als Name eines Arztes 
CIL Vin 9618 Hippocratis medici Bodmilcaris /., vgl. auch Martial. IX 94, 2). 
Der bekannte Arzt Thessalus unter Nero (vgl. oben I 192, 11. 208) nannte 
sich vielleicht nach einem Sohn des Hippokrates (Galen. XVII A 314. 579). 
Ebenso führte ein Zeitgenosse Galens, der Arzt Antigenes (Galen. XIV 613), 
den Namen eines älteren berühmten Kollegen (M. Wellmann, Real-Encykl. 1 2399 
Nr. 12). Der Themison des Apuleius (Apol. 33: Themison servus noster } me- 
dicinae nan ignarus; Themison medicus c. 48 wohl derselbe) fuhrt den Namen 
des unter Augustus lebenden berühmten asklepiadeischen Arztes. Zu den von 
Ärzten öfters geführten Namen gehörte wohl auch Metrodorus; so hieß ein 
Freigelassener Ciceros, der Arzt war (ad fam. XVI 20; ad Attic. XV 1 a , 2) und ein 
weiterer CIL XTV 2652 (Tusculum) : A. Clodius Metrodorus mdicus (sie). Eben- 
so He ras, ein Name, den vielleicht zuerst der Vorgänger des Andromachus 
berühmt machte (Gossen, Real-Encykl. VIII 529), vgl. CIL V 6064: M. Petro- 
nius Herasmidicus (1. Heros medicus Gruter) und Martial. VI 78, 3 : Huic Heros 
medicus l Hbas caveto\ Allerdings wird man sich bei den dichterischen Erwäh- 
nungen stets zu fragen haben, ob hier der Name eines berühmten Arztes immer 
eine jüngere Persönlichkeit gleichen Namens oder nicht den Arzt schlechthin 
bezeichnet, eine Warnung, die übrigens auch für die übrigen hier behandelten 
Kategorien gilt. 

Daß die gleiche Sitte auch bei bildenden Künstlern bestand, läßt sich aller- 
dings, wie Löwy (Inschr. griech. Künstler S. 318) bemerkt, nicht beweisen, da 
Namen wie Praxiteles, Leochares überhaupt häufig waren, und überdies viel- 
leicht eine von dem berühmten Praxiteles stammende Künstlerfamilie durch 
Jahrhunderte bestanden hat. Erwägt man jedoch, daß Künstler und Kunsthand- 
werker in der Kaiserzeit häufig dem Sklavenstande angehörten oder aus ihm 
hervorgingen, so wird man die Anwendung berühmter Namen von Seiten der 
Herren 1 ) auch hier ebenso natürlich finden wie die des Namens Amphion für 

1) Petron. 70, 2 et ideo ingemq tneo impositum est Uli nomen beüissimum; nam Daedalus vocatur. 



202 XIV. ÜBER DEN GEBRAUCH VON KÜNSTLERNAMEN [IL 641] 

einen Kitharöden oder Themiso für einen Arzt, folglich von vornherein für wahr- 
scheinlich halten. Es liegt also wenigstens nahe, bei der Inschrift eines im Jahre 
159 n. Chr. aufgestellten ägyptischen Affen im Vatican: 0ibiat Ka\ 'Animos 
d|i<p6T€poi 0ibtou £tto(ouv (IG XIV 1264, vgl. Brunn, Künstlergesch. 16 10 f. 
Löwy Nr. 382) an eine Künstlerfamilie zu denken, wenn dies auch bei der Häufig- 
keit des Namens Phidias (Löwy zu Nr. 536) eine bloße Vermutung bleibt. Auch 
der Decurio und Duumvir Q. Lollius Alcamenes, der auf dem Relief der Villa 
Albani bei Helbig-Amelung, Führer 3 nr. 1862 (CIL VI 29707) eine Büste in der 
Hand hält, mag, wenn anders er als Künstler aufzufassen ist, seinen Namen von 
dem bekannten Bildhauer ableiten. F. Drexel. 




XV 



DIVERSIUM 1 ) 

ber die im Zirkus von Constantinopel unter dem Namen dwersium ge- 
übte Art des Wagenrennens unterrichtet ein Abschnitt in des Const. 
Porph. De cerimon. p. 336 d ed. Bonn. 

TTep\ bißepriou. 

AeiXris KeXeuovro? toO ßa<JiX£uu£ xevdoGai xb bißlpaiov, Kax^pxexai 6 dicxoud- 
pios, Ka\ cpdpei xobs b' f|vi6xou^ Ka\ xiöv Mo ^Jtepuiv xous dTnöxdxas Ka\ xoüs 
6€wpTiTd<; eis xb TTpwxov tfriiietov, Ka\ Imiptnex aöxois Troif\<7ai xb biߣp<nov k<x\ 
ävraXXaEai xoi>£ Tttttous, kcA <p£pou<?iv ol fivfoxoi xou$ dq>£xas, xd timdpia, xoüs 
OupavoiKTas xa\ xoüs GeuupTix&s, Ka\ TrapabiboOtfi dXXrjXoi^ xd Spuaxa, \xf\ dva- 
Xtiovxe? xf|v KO|iß(vav xfis irpurtvite toO a ßatou juuibfe xd KdficeXXa, dXX* ih$ ef- 
pryrai, dvriTTapabiboOoiv xoi»£ Tttttous Ka\ xous uTroupxoÖvxas, ix; YVwpfEovxas 
xd? xe Ö€i£ xa\ xd KaxaGrjKa aüxiöv. xd bi <7k€ijti oök dvxiKaxaXXdtftfovxai, dXX* 
öcaöxos eis xb ftiov (Xiceöos iraxei, Ka\ TrXripocpopoÖtfiv dXX/|Xou?, \xf\ Trpoboüvai 
Spina dxdiaui? irp09d<T€i b6Xou • qpopoötfi b4 iravla cniiieTa ^rivuovxa, 6 xoO ßevf- 
xou irpdaivov, 6 xoO npaatvou ߣvexov, 6 xoO XeuicoO ßoüaiov, 6 xoO jtouafou 
X€uk6v. xa\ ol vuaövxes dir^pxovxai eis xbv bflimov, 8Gev €lö\v oi Tttttoi, Ka\ iiexd 
xb Xaßeiv xd &TaGXa, <7x€<pon4vwv aüxwv £k xoO ßa<JiX£uK, dirfpxovxai eis xbv 
aöxtöv bf^ov. X^tou0iv aöxo\ fiicxa. 4dv bfe dvxiTrapabib6vxes ol x£<X<xapes 
f|v(oxoi xd Spjuiaxa, \ii\ dvxiTrapabuKTouai xoös dqpexoGupavoiicxas, \ir\bk. xoüs 
6€u>pr|xdg eis xd KdGTjKa, Ka\ ol viKtüvxes f|Vioxoi eis tbv fbiov bf\\xov dirfpxov- 
xai juiexd xiöv dvxiKaxaXXativxwv Tttttuuv, Ka\ £k€i Kpä£ovxos xoO bf\\iov xd fbia 
Äicxa, Xanßdvoutfi xd &raGXa, dxreibfi ol GewprixcA Trpbs auvrjGeiav Kaxd Itttto- 
bpo|i{av xraplöxavxai, Ka\ xd käGtikoi dXXrjXujv xrjpoOcri bid Kcupbv bißepafou. 
4dv b£ viKrjauxTiv oi Xemöiievoi Tttttoi b\* tm\ie\tias xa\ n6xGou xuiv ^exeXGöv- 
xiuv f|vi6xwv, eis xbv bf^ov xbvtbiov Jpxovxai, fyfovv Obv xd Imrapia ÖTrdpxoucfi, 
ica\ £icei Xa^ßdvoucri xd &raGXa. 

Nach dieser freilich nicht völlig klaren Stelle war also damals in Constanti- 
nopel der Tausch der Farben und Gespanne für die Wagenlenker nicht be- 
liebig, sondern er geschah zwischen Grünen und Blauen einerseits, und zwischen 
Weißen und Roten andererseits. Es gab zwei Arten des Diversium: bei der 

i) Vgl. n 35, 7. 38, 7. 49, 6. Friedlaender, De certamine circensi diversio appellato, Progr. 
Königsberg 1872. 



204 XV. DIVERSIUM [n. 528] 

einen blieben die Diener und Gehilfen bei den Wagenlenkern ihrer Partei, bei 
der andern bei dem Gespann, gingen also zu dem Wagenlenker der Gegen- 
partei über. Im letzteren Fall erhielten die siegreichen Wagenlenker die Preise 
in der Partei, mit deren Gespann sie gesiegt hatten, im ersteren in ihrer eigenen, 
wobei auf die näheren Einzelheiten nicht weiter eingegangen sei (vgl. Pollack, 
Real-Encykl. V 1233 f.). Auf diese Art des Rennens wird auch in mehreren 
Epigrammen der Anthologie auf den berühmten Wagenlenker (qpaKTiovdpioc) 
Porphyrios in Constantinopel angespielt, deren zwei sich auch im Original, auf 
dem Sockel eines ihm gewidmeten Denkmals, erhalten haben 1 )./ Ausdrücklich 
genannt wird das Diversium in einem der Zurufe des Volkes, die ebenfalls auf 
dem Denkmal verewigt worden sind: SXout dibe, 5\ou£ dicei kcx\ biߣp<ftot beu- 
Tepov novo? £v{kt)<J€ TTopcpüpic 6 €u&6ki|ios (Mordtmann S. 304). 

Die nach Const. Porph. von den Wagenlenkern vertauschten travfa (pannij 
sind wohl die Tuniken selbst nach der von Kaibel S. 25 gewiß richtig auf das 
Diversium bezogenen Stelle des 10. Epigramms auf Porphyrius (Anthol. PaL 
XV 46), wo es von der Siegesgöttin heißt: y^\b\xo.O\ tca\ irdirXois (TujLi^eT^ßaXXe 
ruxat. So mögen denn die versi panni in der oben S. 193 angeführten Stelle 
des Flavius Caper einen Anhalt für die Annahme geben, daß bereits im römi- 
schen Zirkus eine dem Diversium ähnliche Einrichtung bestand. Die Anregung 
dazu ist bereits in einer schon oben II 38 erwähnten Äußerung des jüngeren 
Plinius enthalten (ep. IX 6, 2): Si tarnen aut velocitate equorum aut hominum 
arte traherentur, esset ratio non nulla : nunc favent panno, pannutn atnant, et si 
in ipso cur su tnedioque certamine hie color illuc } ille huc transferatur, Studium 
favorque transibit, et repente agitatores illos^ equos Mos, quos proeul noscitant } 
quorum clamitant nomina, relinquent. Und vom Tausch wenigstens einzelner 
Pferde scheint auch in der Inschrift des Diocles die Rede zu sein (oben S. 193). 

Nach der angeführten Stelle des Const. Porph. fand das Diversium 1 am Nach- 
mittage statt; vgl. auch das 50. Epigramm auf den Wagenlenker Constantinus 
(Anthol. Pal. XVI 374), der am Morgen 25 mal, dann mit gewechselten Pferden 
2 1 mal siegte. Vermutlich war auch im römischen Zirkus die Trennung des 
Schauspiels in ein antemeridianum und postmeridianum spectaculutn (Augustin. 
Conf. VIII 6, 15) durch eine Mittagspause (nach den ersten 10 oder 12 Rennen) 
alt, und die Stelle bei Cic. Or. 137: Et l posmeridianas quadrigas 1 quam e post- 
meridianas > libentius dixerim (so las bereits Velius Longus De orthogr. GL 
VII 79) bezieht sich schon darauf. Es ist hier also keine Schwierigkeit, und die 
Änderung Döderleins durch die Einschaltung von quadriiugas nach posttneri- 
dianas (vgl. Fleckeisen, Krit. Miszellen, Progr. des Vitztumschen Gymn. 1864 
S. 48 f.) keine Verbesserung. F. Drexel. 

1) Mordtmann, Athen. Mitteil. V 1880 S. 295 ff. mit Taf. XVI. Die Beziehung auf das Diversium 
hatte schon Kaibel erkannt (De monumentorom aliquot Graecorum carminibus, Diss. Bonn. 1871 
S. 18 ff, vgl. auch Epigrammata Graeca S. 388 zu Nr. 935). Mordtmann setzt das Denkmal in die 
Zeit um 500 n. Chr. 



XVI 

GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN 
SCHAUSPIELE IN ITALIEN UND DEN 

PROVINZEN 1 ) 

A. AMPHITHEATER 

Eine möglichst vollständige Kenntnis der sämtlichen im ganzen römischen 
Reiche mit hinlänglicher Sicherheit nachzuweisenden Amphitheater 
würde die Verbreitung der Fechterspiele und Tierhetzen am besten zur 
Anschauimg bringen. Dabei darf natürlich nicht vergessen werden, daß stei- 
nerne Amphitheater, von denen allein sich Überreste bis in die neueren Zeiten 
erhalten konnten, nur da erbaut worden sind, wo solche Schauspiele regelmäßig 
und mit großer Ausrüstung gegeben wurden. Ein ausdrückliches Zeugnis da- 
für, daß man sich zu ihrer Veranstaltung vielfach mit Holzbauten begnügte, 
enthält die Inschrift (aus der Zeit des Antoninus Pius) CIL V 7637 = Dessau 5065 

(Saluzzo) : (pecuniam) .... reliquam in munus gladiatorium et saepta 

lignea\ und dies munus sollte jährlich stattfinden. Ebensowenig also, wie man 
an allen Orten, wo munera und munerarii nachweisbar sind, mit Sicherheit 
Amphitheater annehmen kann, ebensowenig kann man aus dem Mangel von 
Amphitheatern auf den Mangel von amphitheatralischen Schauspielen schließen 
(vgl. das oben II 105 über Griechenland Gesagte). 

Nun kann aber jeder Versuch, eine Übersicht der nachweisbaren Amphi- 
theater zu geben, nur ein sehr unvollkommenes Resultat liefern. Die Angaben 
begründen sich entweder auf Überlieferung oder auf vorhandene Überbleibsel; 
in beiden Fällen ist die Gefahr zu irren augenscheinlich. Die Nachrichten 
sind zuweilen zweideutig und unzuverlässig, wie namentlich in den (überdies 
zum Teil apokryphen) Acta martyrum und Acta sanctorum. Ein angebliches 
Amphitheater zu Perugia z. B., von dem dortige Schriftsteller sprechen, scheint 
ausschließlich auf apokryphen Akten des h. Herculanus zu beruhen (Vermi- 
glioli, Iscriz. Perugine S. 254 — 259). Mißlich ist es ferner, die Existenz von 
Amphitheatern allein aus dem Vorkommen von Namen zu folgern, mit denen 
sie in! Mittelalter bezeichnet wurden. Der häufigste derselben ist Arena. Du 
Cange s. v. fuhrt aus mittelalterlichen Urkunden Erwähnungen der Arenae Pe- 

1) Vgl. n 53, 10. 107, 2. iio, 6. 



2o6 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [EL 561, 562] 

tracoricenses, Remenses, Parisienses und der Arhtes de Bourges an. Allerdings 
lassen sich an allen jenen Orten Amphitheater nachweisen, doch bleiben An- 
nahmen von solchen, die allein auf diesen Namen (oder wie von Valesius, No- 
titia Galliarum S. 332 auf den Namen Cavea) begründet sind, unsicher; so wenn 
die Existenz eines Amphitheaters zu Aquileja von Bartoli, Antich. d'Aquileja 
S. 254 allein aus der öfteren Erwähnung einer torre d Arena in alten Schriften 
der Stadt gefolgert wird. 

Der Name Colosseum ist ebenfalls, wenigstens in Italien hier und da, auch 
außerhalb Roms von Amphitheatern gebraucht worden. Am bekanntesten ist 
dies von dem capuanischen, das der Benediktinermönch Erchempert, der im 
9. Jahrhundert in Capua seine langobardische Geschichte schrieb, Colossus 
nennt. Benv. Cellini sagt von dem Amphitheater zu Florenz (Vit. cap. 1): *tro- 
vasi scritto nelle cronache da* nostri Fiorentini molto anficht ed uomini difede, 
che la citta di Firenze fu fatta ad imitazione della citta dt Roma, e cid si vede 
di alcune vestigie del Colosseo e delle Terme.* Promis, Memorie della cittä di 
Luni S. 225 sagt, daß das dortige Amphitheater von den Landleuten colosseo 
genannt werde, *nome propagatosi da quello celebre di Roma, e frequente sopra 
tutto nella Italia inferiore*. 

Noch ein dritter an einigen Orten Italiens üblicher Name verdient Erwähnung. 
Erchempert nennt das Amphitheater von Capua auch Berolais } Berelasis, Bero- 
lassi. In Italien findet sich der Name in der jetzt üblichen Form Verlasci nicht 
bloß zu Capua, sondern auch in Minturnae und in Venafrum (s. u.), sodann in 
Arezzo und Florenz, an beiden Orten ist mit der Zeit Pariagio daraus geworden. 
Es ist nicht ohne Interesse, diese Veränderungen zu verfolgen, und einige Mit- 
teilungen aus der Schrift von Dom. Maria Manni, Notizie istoriche intorno al 
Pariagio owero anfiteatro di Firenze (Bologna 1 746), die Otto Jahns Bibliothek 
enthielt, dürften um so eher willkommen sein, als diese Schrift wohl in Deutsch- 
land sehr selten ist. Die Reste desselben Amphitheaters," das B. Cellini Colos- 
seum nennt, heißen in Urkunden des 11., 12., 13. und 14. Jahrhunderts Peri- 
lasium, Perlasium, Perlagium, Perlascio, Pierlascio, Piarlagio, Piarlasgio. 
Auffallend ist die Abweichung Pratolascio in zwei Pergamenten von 1085 und 
1086. Das unverständliche Wort verwandelte sich sehr natürlich in das schein- 
bar verständliche Parlagio\ sobald diese Umwandlung erfolgt war, schien auch 
die Herkunft votiparlare unzweifelhaft, und das Gebäude galt fortan als ein zu 
Volksberatungen bestimmtes. Schon Villani erzählt von seiner Erbauimg durch 
Julius Cäsar (Storie I cap. 33): *Comandd d* suoi, che dovessero andare nella 
villa di Camarti presso ilfiume oTArno] ed ivi edificassero Parlatorio per poter 
in quello fare suo parlamento e per una sua memoria lasciarlo. Questo edificio 
in nostro volgare avetno chiatnato Pariagio. Fu fatto tondo e in volle molto 
maravigliose e con piazza in mezzo\ e poi si cominciavano gradi da seder e tutto 
al torno, e poi digrado in grado sopra volte andavano allargandosi infino alla 
fine delt altezza, cWera alto piü di 60 braccia, e avea due porte, ed in questo si 
ragunava ilpopolo a far parlamento. E digrado in grado sedeano le geltü, al 
di sopra ipiü nobili, e poi digradando secondo la dignita delle genti\ ed eraper 
modo che tutti quelli del parlamento si vedean Vun r nitro in viso\ ed udrvasi 
chiaramente per tutti cid che uno parlava, e capeavi ad agio infinita moltitudine 



[IL 563] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 207 

di gente S V diritto nome era Parlatorio. « Dieser Glaube erhielt sich bis ins 
16. Jahrhundert; das Wörterbuch der Crusca hat Pariagio dove si tenea Parla- 
mente. Der erste florentinische Schriftsteller, der die Bedeutung des Gebäudes 
erkannte, war Borghini (1578). Auch das Amphitheater von Arezzo heißt in 
einer aretinischen Chronik des 14. Jahrhunderts i Parlagi. Der Name findet 
sich auch in Pisa, wo aber vermutlich ein großer Thermenbau darunter ver- 
standen ward (Manni a. a. O. S. 12). Vielleicht war das Wort eine volkstümliche 
Bezeichnung für alle antiken Ruinen geworden, wie nach P. S. Bartoli das Volk 
in Rom »soleva chiamar Terme tutti i grandi edifizi, dalla grandezza delle 
Terme di Antonino e di Diocleziano* (Fea, MisceHanea I S. CCXLIX). 

Man hat schließlich mit dieser Bezeichnung auch die Namen Perlach und 
Berlich in Verbindung setzen wollen, welche bestimmte Gegenden der Städte 
Augsburg und Köln tragen (Becker, Bonner Jahrb. XLII 1867 S. 64 fr.). Diese 
Vermutung ist, was Augsburg betrifft, unhaltbar, für Köln an sich erwägenswert 
(dagegen Keussen, Westd. Ztschr. XX 1901 S. 23, dafür Cramer, Röm.-Germ. 
Studien S. 241), aber auf alle Fälle unsicher, auch wenn man, gewissermaßen 
als Brücke, die alte volkstümliche Benennung des Amphitheaters von Vindo- 
nissa als 'Bärlisgruob' heranzieht. 

Den Ursprung aller dieser Namen sucht J. Zacher (f 1887) in einem ahd. 
einen Bärenzwinger, wörtlich ein Bärengelaß, bezeichnenden Wort bero-laz. 

Auch die auf Baureste begründeten Angaben sind häufig irrig. Ein angeb- 
liches Amphitheater zu Dou£ in Poitou, das Lipsius hat abbilden lassen und 
beschrieben hat (De amph. c. VI), war nach Montfaucon, Antiq. expliqu. III 258 
ein Überbleibsel eines alten französischen Königspalastes. Vollends bei un- 
zweifelhaft antiken Ruinen hat die oberflächlichste Ähnlichkeit oft hingereicht, 
um ein Amphitheater anzunehmen : > ogni apparenza di rotondita o di ovalfigura 
air imaginazione cTalcuni ricorda anfiteatro*., sagt Maffei S. 93. Man wird also 
alle derartigen Angaben ohne nähere Begründung mit Vorsicht aufzunehmen 
haben, besonders wenn sie aus dem Mittelalter oder den ersten Jahrhunderten 
der neueren Zeit stammen. Bei manchen Ruinen dürfte die Entscheidung, ob 
sie von einem Amphitheater herrühren, überhaupt nicht möglich sein. 

Wenn also auf der einen Seite von den Angaben über Amphitheater manche 
Abzüge gemacht werden müssen, so ist auf der andern Seite doch klar, daß 
wir nur von einem Teil der im Altertume vorhandenen Kenntnis haben können. 
Denn sehr viele müssen während des Mittelalters spurlos verschwunden oder 
bis zur Unkenntlichkeit zerstört worden sein. Nur ausnahmsweise und durch 
ein Zusammentreffen besonderer Umstände sind von einer Anzahl mehr oder 
minder bedeutende Ruinen stehen geblieben, oder aus der Zeit vor ihrer gänz- 
lichen Zerstörung eine Kunde auf uns gekommen. Dergleichen Nachrichten 
dürften in Schriften früherer Jahrhunderte, besonders in städtischen Urkunden, 
sodann in Länderbeschreibungen und Reiseberichten, vielleicht noch gar manche 
zu finden sein. 

Den ersten Versuch eines Verzeichnisses machte Lipsius in der Schrift De 
amphitheatris quae extra Romam (1589), worin 15 Amphitheater aufgezählt 
werden, unter denen aber zwei, die erwähnte Ruine zu Dou£ und ein angebliches 
athenisches, falschlich hier genannt waren. Montfaucon , Antiq. expliqu£e III 2 5 8 



208 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [IL 564-566] 

nennt 18 außerhalb Roms, mit Ausnahme der Ruine von Italica sämtlich in 
Italien und Frankreich. Gegen die namentlich bei den Lokalhistorikern auf- 
tretenden leichtfertigen und unkritischen Angaben über Amphitheater trat durch 
Maffeis Werk Degli anfiteatri (Verona Ulustrata, ed. 2, Milano 1826 voL V) eine 
heilsame Reaktion ein; freilich ging Maifei in seiner Hyperkritik so sehr über 
alles Maß hinaus, daß er überhaupt nur drei Amphitheater (zu Rom, Capua und 
Verona) anerkannte, das zu Pola für ein Theater erklärte und das zu Nimes 
wenigstens in Zweifel zog. Cl&isseau, Antiquitäs de la France (1804) S. 90 — 96 
gibt ein Verzeichnis von 62 Amphitheatern, Promis, Memorie della citta di Luni 
(1837) S. 225, 1 zählt 62 allein in Italien, von denen er 55 als unzweifelhaft an- 
nimmt. In seiner Storia dell' antica Torino (1869) S. 190 fügt er zu den 62 noch 
23 hinzu: *ni ho dubbio di asser ire che una diligente perlustrazione della parle 
men percorsa cT Italia, cotne la Puglia e V ultima Calabria ne porter ebbe il nu- 
tner almeno a cento } non contando quellt delle isole.* Das neueste mir bekannte 
Verzeichnis sämtlicher bekannten Amphitheater von Emil Hübner, Monum. ed 
Ann. d. Inst. 1856 S. 67 enthält zwischen 80 und 90 Namen. Es begreift sich, 
daß nicht alle in diesen Schriften genannten Amphitheater unten wiederkehren: 
manche stellten sich bei genauerem Nachsehen als fälschlich aufgenommen, 
andere als sonst völlig unbezeugt heraus; namentlich Promis gibt eine Reihe 
von Amphitheatern an, über die schlechterdings sonst keine Nachricht aufzu- 
treiben war. Wenn hingegen im folgenden eine ungleich größere Anzahl neuer 
Amphitheater auftauchen, so ist das großenteils das Verdienst von Helfern wie 
R. Bergau, O. Hirschfeld, H. Nissen, E. Hübner und K. Bursian. 

Das erste steinerne Amphitheater Roms, das Statilius Taurus im Jahre 31 
v. Chr. baute, war nicht das älteste in Italien. Dies ist für uns das Amphitheater 
von Pompeji, dessen Bauinschrift CIL I 1246 = X 852 = Dessau 5627 noch 
in die Zeit Sullas gehören dürfte. Eine gewisse innere Wahrscheinlichkeit spricht 
dafür, daß ihm Capua, Roms Lehrmeister auf diesem Gebiet und überhaupt der 
offenbare Ausgangspunkt der Festspiele (s. oben II 50, 5 ), vorangegangen ist, wenn 
auch die erhaltene Bauinschrift des dortigen Amphitheaters nichts davon weiß. 

Nachdem Rom sein steinernes Amphitheater erhalten hatte, werden deren 
bald mehrere in Italien auch außerhalb Campaniens erbaut worden sein. Etwa 
augusteischer Zeit gehört die Bauinschrift des Amphitheaters von Falerii an, 
etwas jünger ist die von Interpromium. Die Beziehung der aus dem Amphi- 
theater von Telesia stammenden Bauinschrift des Jahres 13 v. Chr. ist nicht ganz 
sicher. Das Amphitheater von Aosta wird gleichzeitig mit der Stadt um 24 
v. Chr. angelegt worden sein. In die Zeit des Claudius gehört die Bauinschrift 
von Praeneste. Vitruv. I 7, 1 gibt die Vorschrift, die Tempel des Hercules in 
Städten, die weder Gymnasien noch Amphitheater haben, beim Zirkus zu 
erbauen; doch fanden die Fechterspiele noch vielfach auf dem Forum statt (ebd. 
V 1, 1): Italiae urbibus (forum) non eadem est ratione faciendum ideo quod a 
maioribus consuetudo tradita est gladiatoria munera inforo dari. Auch Propert. 
IV 8, 76 bezeugt das: Tu neque Pompeia spatiabere cultus in umbra } nee cum 
laseivum sternet harena forum. Doch scheint sich die Sitte in den größeren 
Städten bald verloren zu haben, während sie in Landorten noch fortbestanden 



pI. 567, 568] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 209 

haben mag. Auch in den Provinzen verbreiteten sich die Amphitheater sehr 
schnell. In Alexandria gab es ein Amphitheater schon im Jahre 24 v. Chr., da 
es Strabo XVH 795, der in diesem Jahre in Ägypten war, bereits nennt. 

Der Name amphitheatrum (wofür Ovid. Metam. XI 25 structum utritnque 
theatrutn sagt) findet sich zuerst Vitruv. I 7, 1 : Herculi^ in quibus civitatibus 
tum sunt gymnasia neque amphitheatra, ad circum^ dann Mon. Ancyr. lat. 4, 41 : 
[venationes) in circo aut inforo aut in ampkitheatris. 3 A|i<pi6£aTpot ist ein Ad- 
jektivum (äpcpiO&XTpoc fonröbpo^ot Dionys. Hai. IQ 68, 3. IV 44, 1), das ganz 
der Analogie der von d.\xq>l und einem Substantiv gebildeten Adjektiva folgt, wie 
dju<piO<iXa^O£ ; äfiqnGdXaacfos, äjuqpfOupos usw.; also än<piG£axpov sc. oitcobo- 
MHM« dessen zum Substantiv gewordenes Neutrum. Cass. Dio XTJII 22, 3 
(46 v. Chr.): Cäsar G4arpov n kuvtitctiköv iicpidbcfas, 5 ica\ ä^quOfoTpov £k toO 
irtpiE iraviaxoGev 8>pas Sveu (Tiaivite Ixew irpotfcppTJOii. Augustus gebrauchte 
den Plural ampkitheatra wohl mit Anlehnung an das einheimische spectacula, 
wie Nissen, Pomp. Studien S. 108 bemerkt, während Mommsen, Res gestae divi 
Aug. a S. 94 den Plural daher ableitet, *cum essent amphitheatra tatnquam 
theatra duo*. Diese letztere Anschauung über die Entstehung des Amphi- 
theaters, die auch der Bau des Curio (oben II 54, 1) nahezulegen scheint und 
die sowohl Isidor Orig. XV 2. XVHI 52 wie Cassiodor Var. V 42, 5 vertreten, 
erscheint indessen reichlich mechanistisch, vgl. darüber Nissen a. a. O. S. 117, 
dessen Ausfuhrungen überhaupt zu beachten sind. 



a. DER WESTEN. 

ITALIA. 

CAMPANIA. Capua. Das Amphitheater, dessen mächtige Ruine noch 
heute weithin die Augen auf sich lenkt, stand dem Colosseum an Größe nur 
wenig nach. Es hatte angeblich vier Stockwerke. Von der Außenmauer stehen 
nur noch zwei Bogen mit Götterbüsten in den Schlußsteinen. Die Arena wird 
von ähnlich mächtigen unterirdischen Anlagen wie in Rom durchzogen. Der 
Bau ist wohl im 1. Jahrhundert n. Chr. errichtet, von Hadrian und Antoninus 
Pius ausgeschmückt worden (CIL X 3832). Von der zahlreichen Literatur sei 
erwähnt Alvino, Anfiteatro Campano (Napoli 1842). Rucca im Museo Borbonico 
XV 1856. Beloch, Campanien S. 351 f. Ein munus gladiatoriutn CIL X 3925. 
Die Rosaria ampiteatri am 13. Mai im Capuaner Festkalender von 387 n. Chr. 
(CIL X 3792 = Dessau 4918). Über die Capuaner Fechterschule s. oben II 

65,15-67,5. 
Atella. Das Amphitheater von Atella wird anläßlich des Todes des Tiberius 

erwähnt (Sueton. Tib. 75, 3). Säulen und Marmorplatten sollen beim Bau der 

Kathedrale von Aversa und des Museo Nazionale in Neapel verwendet worden 

sein (Beloch S. 381). 

Neapolis. Eine venatio wird erwähnt CIL X 1491 = Dessau 6456. Von 

einem Amphitheater ist nichts bekannt; was es mit den von Garrucci (s. unter 

Catina) mitgeteilten, auf ein Amphitheater bezüglichen Straßennamen auf sich 

hat, ist noch festzustellen. 

Friedlaender, Darstellungen. Anhang. 14 



2io XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [EL 569, 570] 

Cumae. Stattliches, aber schlecht erhaltenes Amphitheater im Süden vor 
der Stadt (Beloch S. 163); nach Baedeker noch 21 Sitzreihen erhalten. Vena- 
tionen und Gladiatorenspiele CIL X 3704 = Dessau 5054 (unsicher, ob nach 
Cumae gehörig). 

Puteoli. Über das große und verhältnismäßig wohl erhaltene Amphitheater 
unterrichtet ausfuhrlich Dubois, Pouzzoles antique (Paris 1907) S. 315 fr. mit 
Plänen und Bildern, kurz Beloch S. 137 f. Nach der Bauinschrift CIL X 1789 
ist es frühestens in flavischer Zeit errichtet worden, doch hat schon Nero im 
Jahre 66 in Puteoli zu Ehren des Tiridates Gladiatorenkämpfe und Venationen 
veranstaltet (Cass. Dio LXm 3, 1). Da zudem auf dem Glasgefaß von Odemira 
mit seiner Ansicht von Puteoli (Arch. Zeitung XXVI 1867 Taf. 11, darnach 
Dubois S. 190 Fig. 7) zwei Amphitheater dargestellt zu sein scheinen, vermuten 
Beloch und Duboi? (S. 192 f.), daß außer dem bekannten Amphitheater einst 
noch ein zweites vorhanden gewesen sei; Dubois glaubt Baureste wenig östlich 
des ersten darauf beziehen zu sollen. Nach neueren Nachrichten ist während 
des Krieges das gesuchte zweite Amphitheater sicher festgestellt worden (Kunst- 
chronik 1 9 1 9 Nr. 1 9 S. 3 89) — Unter den Spielgebern von Puteoli befand sich 
auch der Pantomime Pylades, der Freigelassene des M. Aurel und L. Veras 
(Mommsen, Rom. Mitt m 1888 S. 79 = Eph. ep. VTQ S. 98, 369 = Dessau 
5186, s. oben S. 199). Zwei Gavier, Vater und Sohn, als Spielgeber CIL X 1785 
= Dessau 6333. 

Pompeji. Die Literatur bei Mau, Pompeji* Anhang S. 37 f., hervorzuheben 
ist Mau a. a. O. S. 2 16 ff. Overbeck-Mau S. 176 fr. Nissen, Pomp. Stud. S. 97 ff. 
(R. Schöne). Das bekannte Bild mit der Schlägerei der Pompejaner und Nuce- 
riner im Amphitheater (Tac. Ann. XIV 1 7) z. B. bei Durm, Baukunst d. Römer* 
S. 681 Fig. 749. Vgl. auch Schreiber, Bilderatlas Taf. XXVII 2. 4. 5. Verkaufs- 
stände um das Amphitheater: CIL IV S. 202 zu nr. 1096 fr. Ankündigung von 
Gladiatorenkämpfen: CIL IV 1177 — 1204; Suppl. 3881 — 84; sonstige auf Gla- 
diatorenkämpfe bezügliche Wandinschriften: CIL IV Suppl. Index S. 775 (siehe 
auch oben II 62, 3. 67, 4). 

Surrentum. Ein Gladiatorenspiel CIL X 688. Von einem Amphitheater 
ist nichts bekannt (Beloch S. 266). 

Nola. Spärlichste Reste eines Amphitheaters westlich vor der Stadt, im An- 
fang des 16. Jahrhunderts sah man noch große Teile aufrecht stehen (Beloch 
S. 404). Über das angebliche zweite Amphitheater [amphitheatrum marmoreum 
im Gegensatz zu dem eigentlichen amphitheatrum latericium) s. das Verzeichnis 
der Theater. 

Salernum. CIL X 539 = Dessau 5061: ein munus ferarum Libycarum. 
1 Abella. Umfang und weniges aufgehendes Mauerwerk sind noch kenntlich 
(Beloch S. 415). Ein Gladiatorenspiel CIL X 121 1 = Dessau 5058 (170 n.Chr., 
nach dem Ausdruck obliterato muneris spectac. hat der Spielgeber einen alten 
Brauch wieder erneut); auf den Nebenseiten des Steins Reliefs mit Gladiatoren 
und der Darstellung eines Amphitheaters. 

Cales. Reste eines Amphitheaters (Nissen, Ital. Landesk. II 694. Delbrück, 
Rom. Mitt. XVIII 1903 S. 146). 

LATIUM. Sinuessa. Ein Amphitheater bezeugt CIL X 4737 = Dessau 



[IL s 7 1 , 5 7 2] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 2 1 1 

1898*: Sex. Caecüius Sex. f. Quir. Birranianus podium amphitheatri a 

solofecit, vgl. auch 472 7 = 1 1 199 = Dessau 6297 m & Erwähnung eines tnunus 
gladiatorium. 

Suessa Auruncorum. Reste eines Amphitheaters (Nissen II 667). Ein 
Gladiatorenspiel unter Commodus CIL X 4760 = Dessau 6296. 

Minturnae. Ruinen eines Amphitheaters (Nissen II 663), das schon Lipsius 
nennt (pars amphitheatri lateriäi bene conspicua). Die Örtlichkeit heißt i Viri- 
lasci (CIL X 6054a, s. oben S. 206). Em tnunus gladiatorium CIL X 6012 = 
Dessau 5062, vgl. auch 6090 = Dessau 6295. 

Tarracina. Ein kleines Amphitheater (Nissen II 642. de la Blanch&re, Terra- 
cine, Paris 1884 S. m u. Taf. II). Die Bauinschrift CIL X 6329: T. T. Memtni 
Ruß pater etfiliusfecer. 

Casinum. Stattliche Überreste eines größeren Amphitheaters, erbaut von 
der aus Plin.^ep. VII 24 bekannten Ummidia Quadratilla (CIL X 5 183 = Dessau 
5628, die Inschrift ist im Amphitheater gefunden). 

Aquinum. Reste eines Amphitheaters, vgl. Nissen II 676; E. Grossi, Aqui- * 
num (Roma 1907) ist mir nicht zugänglich. 

Frusino. Hier bestand angeblich ein Amphitheater (Nissen II 655), doch ist 
es vielleicht nur aus der vermeintlichen Eintrittstessera erschlossen worden 
(»uscita dagli ultitni sterri delF anfiteatro di Frosinone*, Bull. d. Inst 1830 
S. 265), über deren richtige Lesung vgl. Dessau 8625, 6 und Mommsen, Ges. 
Schr.VIIl2 >fc i. 

Tibur. Nach Promis, Cittä di Luni S. 225 hat hier ein Amphitheater bis auf 
die Zeit Pius' II gestanden. CIL XIV 4259 = Dessau 5630: huius pater ad 
amphitheatri dedicationem HS (viginti müia) p{ollicitus) e(st) et operas n. CC. 
CIL XTV 3663 = Dessau 6234: XX paria gladiatorum et venatio (184 n. Chr.). 

Praeneste. CIL XTV 3010 = Dessau 5629 (aus claudischer Zeit) erwähnt 
den Bau eines Amphitheaters, 3014 = Dessau 6252 den eines ludus gladüh 
torius. Gladiatorenspiele 3014 und 3015 = Dessau 6256, vgl. auch 2991 und 
301 1 und die Schriftstellerzeugnisse für die Spielleidenschaft der Pränestiner bei 
Nissen II 624, 2 (s. auch oben II 103, 4). 

Roma. Überdie Amphitheater Roms vgl. Jordan-Hülsen, Topogr. 1 3 S. 282 ff. 
(Colosseum). 248 f. (amphitheatrum castrense). 496 f. (Amphitheater des Statilius 
Taurus). 501 (amphitheatrum ligneum Neros auf dem Marsfeld); Literatur auch 
bei Kiepert-Huelsen , Formae urbis Romae 9 S. 48 f. Das amphitheatrum castrense 
war für den kaiserlichen Hof bestimmt, vgl. außer Jordan-Hülsen a. a. O. auch 
Huelsen, Real-Encykl. HI 1773 und Hirschfeld, Verwaltungsbeamte 9 S. 313, 3. 
Zum Colosseum (oben II noff.) s. noch Babucke, Geschichte des Kolosseums 
(Progr. Königsberg 1 899) und Gall, Real-Encycl. VI 2 5 1 6 ff., Bilder bei Schreiber, 
Bilderatlas Taf. XXIX 1—5. 

Fidenae. Im Jahre 27 n. Chr. brach das von einem spekulativen Unter- 
nehmer, der Tiberius Verbot der stadtrömischen Gladiatorenspiele auszunützen 
suchte, in Fidenae errichtete Amphitheater zusammen und begrub eine Unzahl 
Menschen unter seinen Trümmern (Tac. Ann. IV 62 f., erwähnt auch Suet. Tib. 
40; Cal. 31. Oros. VII 4, 11). 

Lanuvium. Hist. Aug. Comm. 8, 5 : appellatus est etiam Romanus Hercules, 

14* 



212 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [IL 573] 

quod feras Lanuvii in amphitheatro occidisset. Die Ergänzung der Inschrift 
CIL XIV 2127: Ex s. c. de sua pec. [. . . .]heatrum refec. ist unsicher (s. das 
Verzeichnis der Theater); doch bezeugen nach Benndorf, Bull. d. Inst 1865 
S. 226 xzlcuni scrittori antichi citati dal Volpi Vet. Lot. V p. 8? * die Existenz 
eines Amphitheaters. 

Lavini um. CIL XIV 2080 = Dessau 6186: Ehreninschrift der Gemeinde 
für einen Wohltäter, qui pos multum temporis aeditionem debotionis renobabit 
et iterabit 

Tusculum. Ältere Aufnahme des Amphitheaters bei Canina, Descr. dell' 
antico Tuscolo Taf. 22 und 23. Es ist in neuerer Zeit freigelegt worden (vgl. 
Lanciani, Not. d. Scavi 1885 S. 477 t). 

Alba n um. Das in umfangreichen Ruinen erhaltene Amphitheater (Nissen 
II 588) wird in Verbindung mit dem Lager der zweiten parthischen Legion 
stehen, vor dessen Nordecke es liegt, vgl. den Gesamtplan Mon., Ann. e Bull. 
d. Inst. 1854 Taf. XXV. Auf die Existenz eines Amphitheaters in Domitians 
Villa könnten Suet. Dom. 4, 4 und 19 und Juv. 4, 99 f. weisen. 

Velitrae. CIL X 6565 = Dessau 5632 meldet die Wiederherstellung des 
Amphitheaters unter den Kaisern Valentinian und Valens. Reste sind nicht 
bekannt. 

Setia. Nach Westphal, Rom. Kampagna S. 53 sind dort geringe Überreste 
eines Amphitheaters, die nur aus einigen Bogen zur Linken der nach Sermo- 
neta führenden Straße bestehen. 

Circeji. Sueton. Tiber. 72, 2: ... Cerceios pertendit. ac . . . castrensibus ludis 
tum tantutn interfuit^ sed etiatn tnissum in harenam aprum iaculis desuper petit 
(über castrensis s. unter Rom). Bau (?) und Einweihimg eines Amphitheaters 
meldet die Inschrift CIL X 6429. 

SAMNIUM. Venafrum. Vom Bau eines Amphitheaters reden die Inschrift- 
bruchstücke CIL X 4892. Nach Cotugno, Memorie storiche di Venafro (Nap. 
1824) S. 260 f. hatte das Amphitheater, dessen Ruinen sich nel cosl detto Vor- 
lascio (oben S. 206) befinden, für 8000 Zuschauer Raum. Heute scheinen keine 
Reste mehr vorhanden zu sein. CIL X 4915 = Dessau 5150: metrische Grab- 
schrift eines tibicen ludi gladiatorii, 

Allifae. Gladiatorenspiele und Venationen erwähnen die Inschriften CIL IX 
2350 (und 2351) = Dessau 5059. 

Compsa. Ein tnunus gladiatorium CIL IX 981. 

Telesia. »Ein Amphitheater liegt im Westen vor der Städte (Nissen II 803). 
Von ihm stammt angeblich die Bauinschrift CIL IX 2197 = Dessau 3372 aus 
dem Jahre 13 v. Chr. [parietem supra arcus de suo fecit usf.). Venationen und 
Gladiatorenspiele CIL IX 2237 (= Dessau 5060) und 2249. 

Beneventum. Munera und Gladiatorenspiele Tac. Ann. XV 34. CIL IX 
1540. 1666. 1703. 1705 = Dessau 4186. 5066 — 5068 und Dessau 5063*. Von 
einem Amphitheater ist nichts bekannt. 

Aeclanum. Reste eines Amphitheaters (Nissen II 818). Munera und Gla- 
diatorenspiele CIL IX 1156. 1175. 11 76. 11 79. 1184. 

LUCANIA. Paestum. Kleines Amphitheater mitten in der Stadt (Nissen 
H 894). 



[H. 574, 575] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 2 1 3 

Gr umentum. »Ein Amphitheater von ganz stattlichen Abmessungen (Arena 
62,6 X 60 m)« (Nissen II 910). Vgl. Lombardi, Memorie dell' Inst. S. 237 und 
Patroni, Not. d. Scavi 1897 S. 180. Ein curatar tmtneris CIL X 226 = Dessau 
6451. 

Atina. »Reste eines Amphitheaters« (Nissen II 904). 

CALABRIA. Lupiae. CIL IX 21: Otacilia M. f. Secundilla amphitheatrum 
[ ]. Die Überreste liegen unter Piazza S. Oronzo, sie sind neuerdings teil- 
weise freigelegt worden (Pagenstecher, Apulien S. 1 64). 

APULIA. Luceria. »Ein Amphitheater östlich außerhalb ist kaum kennt- 
lich« (Nissen II 843). 

Canusium. Unter den Bauwerken ist ein großes Amphitheater (Nissen II 
56. Pagenstecher a. a. O. S. 73. 76). IIHviri (opus faciunt) de muntre gla- 
diatorio CIL IX 326. 327. 

Venusia. Reste eines Amphitheaters (Nissen II 830), vgl. Aloe, Bull. d. Inst. 
1842 S. 129 f. Ein curatar muneris CIL IX 447. Aus Venusia stammen auch 
die beiden bekannten Gladiatorenlisten CIL IX 465. 466 = Dessau 5083. 5083* 
(s. unten S. 264 fr.). 

Tarentum. Ein Amphitheater nennt Nissen II 874. Es lag in der östlichen 
Vorstadt unter der heutigen Piazza Amfiteatro. 

FRENTANI. Larinum. Reste eines Amphitheaters (Nissen II 784). 

MARSL Marruvium. Unter seinen Ruinen wird ein Amphitheater erwähnt 
nach Nissen II 456. Ein Gladiatorenspiel scheint genannt CIL IX 3692. 

PAELIGNI. Superaequum. CIL IX 3314 = Dessau 5056: (Hie) printus 
huic loco venationem edidit (271 n. Chr.). 

Interpromium. CIL IX 3044 = Dessau 2689: ein ehemaliger praef. Raetis 

Viiidolicis vcdlis Pominae et levis armatur. amphitheatrum d. s.p.fecü 

(früheste Kaiserzeit). 

AEQUI. Alba Fucens. Das Amphitheater ist fast nur noch im Terrain 
kenntlich, vgL Promis, Alba Fucense S. 243 fr. Nissen II 59. 

VESTINL Peltuinum. Ein speetaculum glad. CIL IX 3437 = Dessau 
5063. Das angebliche Amphitheater ist ein Theater (s. dieses). 

SABINL Amiternum. Das Amphitheater ist abgebildet bei Guattani, Mon. 
Sab. in 14, vgl. Nissen II 470 und Delbrück, Rom. Mitt. XVHI 1903 S. 154. 
Gladiatorenspiele und Errichtung einer Biga im Amphitheater CIL IX 4208. 

Reate. Nach Promis, Luni S. 225 ist das Amphitheater erst im Jahre 1283 
zerstört worden. Nissen kennt es nicht 

Trebula Mutuesca. »Man sieht ein Amphitheater und andere Überreste 
der Stadt bei der Kirche St. Vittoria 1 — 2 km südwestlich von Monteleonec 
(Nissen II 478). 

HCENUM. Ancona. Reste eines Amphitheaters am Abhang des M.Guasco, 
der den Venustempel trug (Nissen II 417). Grabinschrift einer Gladiatoren- 
familie CIL IX 5906 = Dessau 5 128. Vgl. auch Nissen, Bull. d. Inst. 1865 S. 14. 

Auximum. CIL IX 5854 = Dessau 5064: alljährliche Gladiatorenspiele; 
5855: Gladiator es edidit. 

Ricina. Unter den ausgedehnten Ziegelruinen von Ricina findet sich auch 
ein Amphitheater (Nissen II 420). 



214 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [IL 576, 577] 

Urbisalvia. Ansehnliche Ruinen eines Amphitheaters (Nissen II 422). 

Firmum. *DeW anfiteatro non restano che reliquie informi nella parte Ori- 
entale del colle, su cui siede la citth* (Deminicis, Ann. d. Inst. 1858 S. 127, vgl. 
1846 S. 54 und Bull. d. Inst. 1839 S. 90). Wenn CIL IX 5353 zugehörig, ist der 
Bau in der Frühzeit des Antoninus Pius errichtet (erneuert? ausgestattet?) worden. 

Falerio. Ein Amphitheater nennt Nissen II 423. Beschreibung bei Demini- 
cis, Giorn. arcad. LV 1832 S. 160 ff. mit Tafel. 

Asculum Picenum. Reste eines Amphitheaters (Nissen II 428). 

Interamnia Praetuttianorum. Reste eines Amphitheaters (Nissen II 431), 
vgl. auch Bull. Nap. II 1844 S. 64*) und Not. d. Scavi 1903 S. 54 fr. (spärliche 
Reste der Arkaden). 

UMBRIA. Ocriculum. Ruinen eines Amphitheaters, vgl. Nissen II 407 
und Guattani, Mon. ant. inediti owero notizie per Panno 1784 S. 83 fr. 

Interamna Nahars. Größere Reste eines Amphitheaters im Garten des 
Bischofspalastes (Nissen II 405). 

Spoletium. Das Amphitheater, dessen Reste heute innerhalb einer Kaserne 
liegen, erwähnt Prokop (Bell. Goth. III 23, 3; vgl. Nissen II 404). 

Carsulae. Ein Amphitheater nennt Holstenius ad Cluver. S. 99, heute sind 
keine Reste mehr vorhanden (Nissen II 398). Dessau 1901: primus tnunus 
gladiatorium municipio [edidü]. 

Mevania. »Ein Amphitheater ist in den Häusern verbaute (Nissen II 397). 

Fulginium. Ein Amphitheater bezeugt die Lokaltradition (vgl. Colucct, 
Ant. Pic. XI 75), vielleicht mit Recht (Nissen II 401). 

Hispellum. Reste eines stattlichen Amphitheaters vor der Stadt an der 
Straße nach Assisi (Nissen II 396). Vgl. auch CIL XI 5265 = Dessau 705 
(oben II 100, 7). * 

Asisium. Das von Friedlaender herangezogene Zeugnis des Dondi (um 
1375) ist sehr unsicher (CIL VI p. XXVII). 

Ariminum. Wenige Reste eines großen Amphitheaters (Nissen II 250). 

Pisaurum. CIL XI 6357 = Dessau 5057: Ehreninschrift für einen Duum- 
virn, quod ex indulgentia Aug. octies speetaculum gladiator. ediderit. 

ETRURIA. Lucus Feroniae. CIL XI 3938 =Dessau 6589: Ehreninschrift 
für M. Silius Epaphroditus, quod amphitheatrum col. IuL Felici Lucofer. s.p.f. 
dedieavitque. Reste sind nicht vorhanden (Nissen II 3 70). 

Sutrium. Vor der Stadt liegt die eindrucksvolle Ruine eines in den Felsen 
gehauenen, von Steineichen beschatteten Amphitheaters (Nissen II 356). Plan 
bei Canina, Etruria marittima I Taf. 21. 22^ ausführliche Beschreibung bei 
Dennis, Cities and Cemeteries of Etruria c. IV. 

Falerii. Das dortige Amphitheater wurde um 1860 außerhalb der Mauern 
aufgedeckt, vgl. Michaelis, Arch. Anz. 1862 S. 343* ff. Nissen II 365. Am Tor 
fanden sich die Reste der Bauinschrift CIL XI 31 12, mit Buchstaben etwa 
augusteischer Zeit; vgl. auch 3139. 

1) Ebendaselbst: *Nel circondario dt Nereto, in Garruf 0, si veggono avanti di un beüo anfiteatro.* 
Nereto liegt nordöstl. von Teramo, nahe der Mündung des Tronto, Garrufo (Cannfo) westl. davon 
(CIL IX tab. IV) an einem angenommenen älteren Zug der Via Salaria (CIL IX p. 584. Persichetti, 
Rom. Mitteil. XVm 1903 S. 103). Über bauliche Reste dortselbst ist nichts festzustellen. 



[H. 578-581] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 2 1 5 

Arretium. Reste des Amphitheaters im Garten des Klosters S. Bernardo 
(Nissen II 317. Dennis c. LV). 

Volaterrae. Im Norden vor der Stadtmauer liegt, an den Abhang gelehnt, 
ein Halbkreis von Sitzen, der meist als Amphitheater, doch auch als Theater 
gilt (Nissen II 302. Dennis c. XL). 

Florentia. Das Amphitheater lag im Südosten der Stadt, wo sich seine 
Form nahe S. Croce noch heute im Stadtplan abzeichnet (Nissen II 296. David- 
sohn, Forschungen zur älteren Geschichte von Florenz I 1 896 S. 1 5 ff.). 

Volsinii. Ein kleines Amphitheater ist der bemerkenswerteste Überrest des 
alten Volsinii (Nissen II 339). Neuere Ausgrabungen haben einen der Haupt- 
eingänge freigelegt (Not. d. Sc. 1906 S. 78 ff.). 

Luca. Die Arena des außerhalb der antiken Stadt gelegenen Amphitheaters 
bildet heute die ovale Piazza del mercato, das Mauerwerk der Cavea ist ringsum 
in den Häusern verbaut (Nissen II 288). CIL XI 1527: hie HS [centum miliä) 
in opus amphithe[atri dedit] usf. 

Luna. Überreste eines Amphitheaters (Nissen II 284. Promis, Dell 9 antica 
citta di Luni 1838 S. 62 ff. 

GALLIA CISPADANA. Bononia. Tac. Hist II 67 (im J. 70): tertiadeci- 
mani struere atnphitheatra iussi; nam Caecina Cremende, Valens Bononiae 
speetaculum gladiatorum edere parabant und 71: exim Bononiae a Fabio Va- 
lente gladiatorum speetaculum editur, advecto ex urbe eultu. Doch waren diese 
Bauten natürlich nicht in Stein errichtet, sondern nur für den vorübergehenden 
Gebrauch flüchtig aufgebaut, wie schon der advectus ex urbe eultus zeigt. Mart. 
m 59: Sutor cerdo dedit tibi, eulta Bononia, munus, fullo dedit Mutinae: nunc 
übt copo dabit? 

Parma. Über die Überreste des Amphitheaters von Parma Lopez, Lettera 
al dott. Emil Braun ... intorno alle ruine di un antico teatro scoperto in Parma 
(Parma 1844) S. 25 f., vgl. Nissen II 268. Agath. 1 14 erwähnt den Bau: 'A^qn- 
6£crrp6v n ou ir6f}ßw rffc iröXewt ibpu^vov. Grabschrift eines Retiariers CIL 
XI 1070 = Dessau 51 18. 

Placentia. Tac. Hist. II 21 (im J. 70 n. Chr.): in eo certamine pulcherrimum 
amphitheatri opus situm extra muros conflagravit — munieipale volgus,pronum 
ad suspiciones, fraude illata ignis alimenta credidit a quibusdam e vicinis colo- 
niis, invidia et aemulatione, quod nulla in Italia moles tarn capaxforet. 

Velleja. Bei den Ausgrabungen des 18. Jahrh. ist auch ein Amphitheater 
zu Tage gekommen, vgl. Antolini, Rovine di Veleia I S. 20. II S. 21 f. (dagegen 
Desjardins, Bull. d. Inst. 1856 S. 15 f.) und den Gesamtplan der Grabungen Not. 
d Sc. 1877 Taf. V. 

LIGURIA. Libarna. Wenige Mauerreste eines Amphitheaters, vgl. den 
Gesamtplan der Stadt Not. d. Sc. 19 14 zu S. 113 ff. 

Augusta Bagiennorum. Überreste eines Amphitheaters (Nissen II 155). 
Ausgrabungsbericht mit Plan Not. d. Sc. 1898 S. 299 f. 

Pollentia. Stattliche Ruinen eines Amphitheaters (Nissen II 155). Über 
Sueton. Tiber. 37, 3 oben II S. 104, 3. 

VENETIA ET HISTRIA. Atria. Nach einer von R. Schöne, Antichitä del 
Museo Bocchi di Adria S. 3 angeführten Quelle aus dem Anfang des 18. Jahrh. 



2i6 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [IL 58a] 

*fii scoperto softer ato urC aniico Coliseo b vogliam dire arena*. Vgl. das Ver- 
zeichnis der Theater. 

Ateste. CIL V 2529 Errichtung eines ludus gladiatorius, 2541 Grabstein 
einer familia venatoria. 

Patavium. Das durch das ganze Mittelalter unter dem Namen Arena be- 
kannte Amphitheater, dessen 1306 errichtete Kapelle Giottos Fresken enthält, 
ist um 1880 ausgegraben worden, vgl. Ghirardini, Not. d. Sc. 1881 S, 225 fr. 
mit Taf. IV. CIL V 2884 = Dessau 5107 Grabstein eines Gladiators. 

Aquileja. Das in der Südecke des ältesten Stadtrings gelegene Amphi- 
theater ist nach dem Führer durch das K. K. Staatsmuseum in Aquileja (Wien 
19 10) S. 96 im Winter 1903/4 teilweise ausgegraben worden (s. auch das dort 
beigegebene Plänchen). 

Tergeste. S. das Verzeichnis der Theater. CIL V 563 = Dessau 5123: 
Grabstätte einer Gladiatorenfamilie. 

Pola. Von dem Amphitheater steht nur noch die weithin das Stadtbild be- 
herrschende Umfassungsmauer in drei Stockwerken aufrecht, der Zuschauer- 
raum ist seiner Sitze vollständig beraubt. In der Längsachse der Arena eine 
unterirdische dreischiffige Halle mit Seitengängen. Ältere Aufnahmen bei 
Stuart und Revett, Antiquities of Athens IV 1816, Beschreibung, Pläne und 
Abbildungen bei Gnirs, Führer durch Pola (Wien 191 5) S. 33 ff., Nachträge 
Österr. Jahresh. XVIII 191 5 Beibl. S. 163 ff. Gnirs setzt den Kern des Amphi- 
theaters in augusteische Zeit, die (später herumgebaute) Umfassungsmauer etwa 
in die Mitte des 1. Jahrh. Die Inschriften der Sitzstufen CIL V 86 mit Momm- 
sens Anmerkung. 

GALUA TRANSPADANA. Verona. Das bekannte Amphitheater (s. oben 
II 109 f.) ist eines der besterhaltenen der antiken Welt Die zahlreiche, durchweg 
ältere Literatur bei Mau-Mercklin I 570 ff. ; Hauptwerk Maffei, De gli anfiteatri e 
singolarmente del Veronese libri due (Verona 1 728, auch lateinisch u. d. T.: De 
amphitheatro ac praecipue de Veronensi libri II 1737 erschienen). Der Bau ist 
stark restauriert, namentlich sind die Sitzreihen erneuert worden; gute Auf- 
nahmen fehlen, soviel mir bekannt ist. Inschriften vom Amphitheater CIL V 
3456, Grabsteine von Gladiatoren 3459. 3465 — 3468. 3471 (Dessau 5117. 5121. 
3454 — 5 122 )« 'Gladiatorenspiel und Venatio in Verona: Plin. ep. VI 34. 

Cremona. Tac. Hist. II 67, vgl. Bononia, oben S. 215. CIL V 4399 
(Brescia), die Grabschrift eines VIvir FlaviaL Cremon. et munerar. 

Ticinum. Anon. Vales. 71: [Theodericus) Ticenum palaüum, thermas, ant~ 
phitheatrum et alios tnuros civitatis fecit. Doch scheint es erst unter seinem 
Enkel Athalarich vollendet worden zu sein, CIL V 6418: D. n. Atalaricus rex 
gloriosissimus Aas sedes spectaculi anno regni sid tertio (^2S/2g)ßeri felicüer 
precepet. Hos sedes spectaculi bezeichnet natürlich das Amphitheater, nicht die 
Sitze, wie Fiebiger-Schmidt, Inschriftensammlung z. Gesch. d. Ostgermanen 
S. 102 wollen. Nach dem Fundort der Inschrift lag er vor dem Osttore der 
Stadt. Ein curator muneris übrigens schon Dessau 6742. 

Brixia. CIL V 4392 = Dessau 5631: Ehreninschrift für einen Spender in 
opus amp{kitAeatri]\ 4502. 4506. 451 1 (Dessau 5086. 5108*) und Dessau 9343: 
Grabsteine von Gladiatoren. 



[EL 583, 584] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 2 1 7 

Bergomum. CIL 5124 = Dessau 5092: Ankündigung (?) eines Gladia- 
torenspiels (Mitte 3. Jahrh.). 

Mediolanum. CIL V 5933 = Dessau 5 1 15 : Grabstein des Secutors Urbicus 
(s. unten S. 262). 

Augusta Praetoria Salassorum. Vom Amphitheater sind in der Nord- 
ostecke der Stadt dürftige Reste vorhanden, vgl. Promis, Antichitä di Aosta 
S. 168 ff. mit Tat XI und Nissen H 172. 

Augusta Taurinorum. Die Reste des Amphitheaters, im Westen vor der 
antiken Stadt, sind im 1 6. Jahrh. gänzlich zerstört worden (Promis, Storia del- 
l'antica Torino S. 188 f.). 

SICILIA. 

Syracusae. Das großenteils in den Felsen gehauene Amphitheater bei 
Serradifalco, Antich. di Sicilia IV Taf. 13—15 (S. 108 ff 128 ff), vgl. auch Bull, 
d. Inst. 1836 S. 101. 1839 S. 148 f. Nur in der Mitte der Arena findet sich ein 
unterirdischer rechteckiger Raum mit Verbindungsgängen nach der Cavea. Die 
Inschriften *in saxis, quae caveam incluserunt* CIL X 7130. Gladiatoren- 
kämpfe in Syrakus erwähnt Val. Max. I 7, 8, die Leidenschaft der Syrakusaner 
für diese Spiele erweist ihre Bitte bei Tac. Ann. XHI 49. 

Catina. Das unter Piazza Stesicoro gelegene, jetzt großenteils freigelegte 
Amphitheater bei Serradifalco V Taf. VII— IX (S. 1 9 ff.), vgl. Garrucci, Sulla 
origine e sulla costruzione delT anfiteatro di Catania (Napoli 1854). Kurz Holm, 
Gesch. Siciliens m 237. Theoderich erlaubte im J. 498 den Einwohnern, unter 
Benutzung der saxa — de ampkitheatro longa veiustate collapsa die Stadtmauer 
auszubessern (Cassiod. Var. Öl 49). 

Panormus. CIL X 7295 = Dessau 5055: lange Ehreninschrift für einen 
munerarius. 

ThermaeHimerenses. Ein Grundriß eines Amphitheaters zu Termini bei 
Serradifalco V Taf. 44, vgl. Holm a. a. O. III 252. Die Überreste sind dürftig 
und in Häusern verbaut, die Kurve des Amphitheaters ist deutlich erkennbar. 
CIL X 7364 = Dessau 5093: Grabstein eines Traex. 

SARDINIA. 

1 

Caralis. Das Amphitheater liegt in einer Einsenkung des Stadthügels; die 
Sitzreihen sind in den Felsen gehauen, nur die offene Südseite ist durch Mauer- 
werk geschlossen. Vgl. Tocco, Bull. d. Inst 1867 S. 121 f. Spano, Bull. Sardo 
Vm 1862 S. 10 ff; Storia e descrizione dell' anfiteatro di Cagliari (C. 1868). 
Maltzan, Reise auf der Insel Sardinien (Leipz. 1869) S. 72 fr.: »Dies Amphi- 
theater kann man eigentlich kaum ein Gebäude nennen — es ist der Fels 
selbst, nur ausgehöhlt zu einem trichterförmigen weiten Oval, über dessen 
Arena sich 100 Fuß hoch Treppen, Galerien und Sitze in der Runde erheben, 
alle in den Fels gehauen, wie "der Kampfplatz selbst und die unter ihm ge- 
legenen weitläufigen Souterrains.« Die Inschriften der Sitzstufen CIL X 7608. 
7610. 

Forum Traiani. Schlecht erhaltene Ruinen eines Amphitheaters nennt 
Baedeker. 



2i8 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE pL 585,586] 



DALMATIA 

Salonae. Das Amphitheater liegt in der Nordwestecke der antiken Stadt 
(s. den Plan bei Cichorius, Trajanssäule HI 71). Schon früher angeschnitten 
(Ann. d. Inst. 1849 S. 282. 1850 S. 140), ist es 1909 — 1914 großenteils freigelegt 
worden, vgl. den Bericht von Bulii, Bull. Dalmato XXXVII 1 91 4 S. 3 fr. 142 fr. 
mit Plan Taf. XXHI/XXIV (Taf. XXV die älteren Grabungen) und Ansichten 
Taf. I— XVI. Dürftige Reste anscheinend der Bauinschrift Taf. XXVI (S. 145 f.). 
Die Mauern sind im Durchschnitt 2 — 3 m hoch erhalten, eine Reihe von Bögen 
steht noch. Grabschriften von Gladiatoren CIL III 8825. 8830. 8835. 12925. 
Über eine Kuchenform mit Gladiatoren (CIL III 8831) vgl. Röm.-Germ. KorrbL 
IX 1916 S. 21, 30. 

Aequum. Das Amphitheater vor der Ostmauer der Stadt ist noch nicht 
näher untersucht worden (Reisch, Österr. Jahresh. XVI 191 3 Beibl. S. 136). 

Epidaurum. Die Lage der Stadt an der Stelle von Ragusa vecchia be- 
weisen u. a. amphitheatri ex ipsa rupe excisi reliquiae (Mommsen CIL IQ p. 287). 

GALLIAE. 
a) NARBONENSIS. 

Cemenelum. Von dem Amphitheater sind noch umfangreiche, aber un- 
förmige Ruinen vorhanden, vgl. Deycks, Bonner Jahrb. XXXIQ 1863 S. 33 f. 
und Nissen II 137. 

Forum Juli i. Das seiner Bekleidung vollständig beraubte, aber im Kern 
großenteils erhaltene Amphitheater (s. oben II 108 f.) ist 1828 freigelegt und 
von Texier, M&n. sur la ville de Frljus (M£m. pr£s. par div. sav. ä l'Acad. d. 
Inscr. 2. s£r. II 1849) S. 192 f. 212 fr. mit Taf. m gut veröffentlicht worden. 
Kurz Caumont, Ab6c£daire, £re gallo-romaine 9 1870 S. 350fr. mit Plan und 
Abbildungen. Über neuere Grabungen H£ron de Villefosse, Bull. Ant France 
1904 S. 107 f. Vgl. auch C. Jullian, Frejus romain (Paris 1886). 

Apta Julia. Martin, Antiquit£s et inscr. des villes de Die, d'Orange, de 
Vaison, d'Apt et de Carpentras (Orange 18 18) S. 85: >Vamphitheätre d'Apt, 
dant il ne teste peut-etre que lesfondements sous une couche kpaisse de terre et de 
decotnbres.* Nach den entdeckten Spuren nimmt er an, daß es etwa 60 Toisen 
im Durchmesser hatte. Boze, Hist. d'Apt (1 813) S. 61 f.: *on Va decouvert en 
diffirentes occasions, dans le Vestibüle de la maison curiale, le cimetüre de la 
paroisse, dans les caves de quelques tnaisons.* 

Aquae Sextiae. CIL Xu 522: aedili m[u]nerario. 

Arelate. Über das seiner Bekrönung beraubte, aber sonst vortrefflich er- 
haltene Amphitheater vgl. Estrangin, L'amphith£ätre romain ä Arles (Marseille 
1836), Etudes arch£ologiques ... sur Arles (Aix 1838, vgl. Bull. d. List. 1839 
S. 140). Jacquemin, Monographie de l'amphith&tre d' Arles (Arles 1845). Kurz 
Caumont a. a. O. S. 336 ff. Vgl. auch Durm, Baukunst der Etrusker u. Römer 8 
S. 696 ff. Die Inschriften der Sitzstufen CIL XII 7 1 4, ein negotiator familiae 
gladiatoricae 727. Die am Amphitheater selbst angebrachte sehr zerstörte In- 
schrift CIL Xu 697 gibt Nachricht über seine Ausstattung durch einen Duumvirn 
(1. oder Anfang d. 2. Jahrh.). Die Tessera CIL XII 321* ist eine Fälschung. 



p. 5 8 7, 588] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 2 1 9 

Nemausus. Der mit dem Amphitheater von Arelate in Größe und Bauart fast 
völlig übereinstimmende Bau ist nächst dem von Verona das besterhaltene aller 
römischen Amphitheater (s. oben II 108). Seine Bauzeit ist ebensowenig wie 
die der beiden andern festgelegt. Die Cavea ist wie in Arles für Zwecke von 
Stierhetzen und Auffuhrungen jetzt großenteils erneuert worden. Ältere Be- 
schreibungen bei Pelet, Description de l'amphith£ätre de Nimes (Nimes 1853) 
und Caumont a. a. O. S. 334 fr., vgl. auch R£voil, Rapport sur les fouilles de 
l'amphith££tre de Nimes, M£m. lus k la Sorbonne 1866 S. 163 ff. mit Taf. 4 — 6. 
Durm a. a. O. S. 693 fr. Angebliche Architekteninschrift CIL Xu 3315, In- 
schriften der Sitzstufen u. a. Inschriften des Baues 3316 — 22 (Dessau 5656), 
Grabschriften von Gladiatoren 3323 — 32 (Dessau 5087. 5095. 5096. 5101. 5120). 

Baeterrae. Caumont a. a. O. S. 357: *(L 7 amp&.) de Beziers offrait encore 
de belies ruines au XVII sücle\ il ne reste plus aujaurd'hui qifune partie des 
constructions qui supportaient le podium et les Premiers siiges de Pirna cavea. 
Darine avait 234 pieds sur 180. Une partie de la cavea etait taillee dans le rac } 
an avait ainsi epargne les travaux en tnaconnerie, d'un cöte de Vedifice.* 

Narbo. Miliin, Voyage dans le midi de la France IV S. 392 f. gibt an, daß 
in einigen Kellerräumen der jetzigen Stadt Gewölbe existieren, *qu'an croit 
avair appartenu h un ancien atnpkitheätre*. Sidonius Apollinaris erwähnt es in 
seiner Aufzählung der Bauwerke von Narbo (carm. XXÜI) nicht. Gladiatoren- 
kämpfe auf Reliefs bei Esp£randieu, Recueil I nr. 595. 598. 602 — 6, Darstellung 
aus einer Venatio nr. 609 (CIL Xu 533: s. oben II 102, 1). 

Tolosa. Reste eines kleinen Amphitheaters von 262 Fuß Länge (ca. 85 m) 
vor der Stadt (Miliin a. a. O. S. 455. Stark, Städteleben S. 187. 605. Caumont 
a. a. O. S. 359). Man vermutet die ehemalige Existenz eines zweiten größeren. 

Arausio. Das im 17. Jahrhundert noch teilweise aufrechtstehende Amphi- 
theater ist völlig verschwunden, vgl. Chatelain, Monuments romains d'Orange 
(Paris 1908, mir nicht zugänglich). CIL Xu 5836 (= Dessau 5102). 5837: Grab- 
schriften von Gladiatoren. 

Vasio Vocontiorum. Nach Miliin IV 140 wurden zwei dort existierende 
Bogen als Reste eines Amphitheaters angesehen. 

Dea Vocontiorum. Martin (s. Apta Julia) S. 17 erwähnt Reste eines 
Amphitheaters. CIL XQ 1 5 2 9. 1 5 8 5 : Giratar es munerum, 1 5 90 = Dessau 5 1 48 : 
Call, venatar. Deensium, qui mimsteria arenaria fungunt (s. oben II 77, 8), 1596 
Grabschrift eines Secutor. Vgl. Hirschfeld, Kl. Sehr. S. 71, 5. 

Vienna. Das Amphitheater ist fast nur im Gelände noch kenntlich (Stark 
a.a.O. S. 21. Allmer, Inscr. de Vienne II 413. Bazin, Bull. arch£ol. 1891 
S. 324 ff.), mit ihm wird die Bauinschrift CIL XII 1904 = Dessau 3400 in Ver- 
bindung gebracht. CIL XII 1905: Grabschrift eines T(h)r(aex). Über die an- 
scheinend in Vienne hergestellten Krüge mit (u. a.) Gladiatorenbildern (D6che- 
lette, Vases c£ramiques ornls de la Gaule romaine II 294 fr.) vgl. Röm.-Germ. 
Korrbl. IX 1916 S. 18, 1. 

Octodurus*). Nahe Martigny-la-Ville größere Reste eines Mauerovals, des 
alten Amphitheaters von Octodurus, heute le Vivier genannt. Neuere Aus- 

1) Dieser Ort findet, obwohl in den Alpes Poeninae gelegen, am besten hier seinen Platz. 



220 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [IL 583-591] 

grabungen lassen die Anlage umfangreicher erscheinen als bisher angenommen 
wurde, vgl. Arch. Anz. 19 13 S. 306 und Jahresb. d. Schweiz. Ges. f. Erhalt 
histor. Kunstdenkm. 1 91 2/1 3 S. 3 7 f. 

b) AQUITANIA. 

Lugdunum Convenarum. Das Amphitheater erwähnt Caumont a. a. 0. 

s. 359. 

Aginnum. Vom Amphitheater sind nur geringe Reste vorhanden (Caumont 
a. a. O.). 

Burdigala. Von dem Amphitheater, das fast 1 km vor der römischen Stadt- 
mauer lag, steht außer andern Resten eines der Hauptportale aufrecht (Miliin 
IV 623. Stark S. 228 f. Caumont S. 339 ff. mit Abb.). Die Bauart, Handquader- 
verkleidung mit Ziegeldurchschuß, weist wie der Standort auf eine jüngere 
Entstehungszeit Im Mittelalter trug die Ruine den volkstümlichen Namen 
Palais Gallien (s. oben II 108 und Brutäils, Rev. Et. anc. XV 191 3 S. 285 fr.). 
Das Anfang des 19. Jahrh. niedergerissene zweite Hauptportal nach einer Zeich- 
nung des 17. Jahrh. M£l. de l'Ecole frangaise XIV 1894 S. 479. 

Mediolanum Santonum. Das Amphitheater liegt in einem Tälchen vor 
der Stadt, auf dessen Abhänge sich die Cavea stützt (Miliin IV S. 679. Cau- 
mont S. 348 f. und Cours d'antiquit£s HI 486 fr. mit Taf. XLII). Über neuere 
Grabungen Dangibeaud, Bull. arch£ol. 1907 S. 207 und Rev. Et. anc. XIV 19 12 
S. 41 7 f. Im Amphitheater wurde der Rest einer Ehreninschrift des Germanicus 
gefunden (CIL XE 1038, vgl. p. 134). 

Limonum Pictonum. Über die Reste des Amphitheaters von Poitiers (Palais 
Gallien, s. oben II 108 und Brutäils a. a. O.) Miliin IV 712. Stark S. 251. Cau- 
mont S. 348 und Cours d'Antiquit6s m S. 484 fr., sowie Bourgnon de Layre, 
M&n. Soc. Ant. de l'Ouest 1843 S. 137 fr. mit Taf. 1—6. Es lag hart vor der 
Stadtmauer, die Stelle der Arena nimmt der March£ Saint-Hilaire ein. Ältere 
Ansichten bei Blanchet, Congr. arch£ol. de France LXXIX 191 2 II 104 fr. 

Augustoritum (Lemovices). Das Amphitheater von Limoges ist jetzt 
bis auf spärliche Fundamentreste völlig verschwunden (Caumont S. 347 f. und 
Cours d'Antiquitds HI S. 477 ff.). 

Vesunna (Petrucorii). P^rigueux hat nur wenige Reste seines Amphi- 
theaters bewahrt, vgl. Taillefer, Antiquit£s de V^sone (Pdrigueux 1821). Cau- 
mont S. 343 ff. und Cours d\Antiquit£s EI 480 fr. CIL XIII p. 122. Es wurde 
in der Spätzeit in die Stadtmauer einbezogen. 

Divona (Cadurci). Valesius, Notitia Galliarum (1676) S. in: In ea urbe 
vestigia aquaeductuum, rüder a atnphitheatri et rupes perfossas hodieque cend 
aiunt. Volckmann, Neueste Reisen durch Frankreich II 482: »Man trifft auch 
noch Überbleibsel eines aus kleinen Quadersteinen gebauten Amphitheaters an.« 

Segodunum. Das Amphitheater von Rodez ist fast nur noch im Terrain 
kenntlich (Caumont S. 357 mit Plan). 

Avaricum Biturigum. Die ehemalige Existenz eines Amphitheaters in 
Bourges ist durch mancherlei Nachrichten bezeugt, vgl. Ch6non, Les ar£nes de 
Bourges au moyen äge, M£m. Ant. France LXV 1904/5 S. 17 fr. Zwei Grab- 
steine von Gladiatoren CIL XIII 11 99. 1200. 



pL 592-596] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 22 1 



c) LUGDUNENSIS. 

Lugudunum. Das Amphitheater von Lyon auf der Höhe von Fourvtere ist 
1887 aufgedeckt worden, vgl. Bazin, Rev. arch^ol. 1887 II 35 fr. und Lafon, 
L'amphith£atre de Fourvtere (Lyon 1896) mit Plan und Abbildungen. Ein 
zweites Amphitheater, zum Bezirk der Ära Romae et Augusti gehörig, erhob 
sich innerhalb des heutigen Lyon beim Jardin des Plantes (Martin-Daussigny, 
Congr£s archöol. de France XXIX 1862 S. 418 fr. Allmer et Dissard, Mus& 
de Lyon I S. 31 ff. Hirschfeld, Kl. Sehr. S. 146; die Inschriften der Sitzstufen, 
welche die Ehrenplätze der Gesandten der sechzig Civitates bezeichneten, CIL 
Xin 1667). Über beide Bazin, Bull, archöol. 1891 S. 361 f. (Fourvifere) und 
375 f. (Ära, s. auch den Plan von Lyon ebd. Taf. XXIV) und Hirschfeld CIL 
XIII p. 227 fr. Über das Martyrium der Lyoner Christen im Jahre 177/8 im 
Amphitheater vonFourvtere Hirschfeld, Kl. Sehr. S. 154 fr., bes. S. 157. Auch 
die Gladiatorenspiele, die Vitellius im Jahre 69 in Lyon sah (Cass. Dio LXV 
1, 3), werden dort stattgefunden haben (CIL XIII p. 229, 6), ebenso die Hin- 
richtung des Bojers Mariccus durch wilde Tiere im Jahre I70, der ebenfalls 
Vitellius beiwohnte (Tac. Hist. II 61). Grabschrift eines Gladiators CIL XIII 
1997, Weihung eines Gladiators an Mars ebd: 1749. 

Augustodunum. Über das Amphitheater von Autun handelt erschöpfend 
de Fontenay in seinem vortrefflichen Buche Autun et ses monuments (Autun 
1889) S. 190 fr. Es ist jetzt völlig verschwunden, nach einer von de Fontenay 
veröffentlichten Zeichnung standen um 16 10 noch beträchtliche Reste des unte- 
ren Stockwerks sowie die Ansätze des zweiten in bestem Quaderbau. Eine noch 
bei Caumont wiedergegebene Ansicht des Amphitheaters als eines dreistöckigen 
noch zu drei Vierteln erhaltenen Baues aus dem 1 7. Jahrh. ist apokryph. 

Autessiodorum. Nach Leblanc-Davau, Recherches sur Auxerre" (187 1) 
S. 5 1 sah man vor 1830 noch die elliptische Vertiefung der Arena; in Urkunden 
des 15. Jahrh. wird ein champ des Ar&nes erwähnt. 

Agedincum (Senones). Die Reste des Amphitheaters von Sens, das in 
der Passio beatae Columbae eine Rolle spielt, wurden 1849 östlich der antiken 
Stadt an einer Clos des Ar£nes oder Champ des Chr&iens genannten Stelle auf- 
gedeckt, vgl. Lallier, Bull. Soc. de Sens II 1 85 1 S. 70 ff. mit Plan. 

Cenabum (Civitas Aurelianorum). Reste des Amphitheaters von Or- 
leans wurden 1820 und 1821 östlich vor der römischen Stadt aufgedeckt, vgl. 
Vergniaud-Romagnesi, Histoire d'Orteans II (1830) S. 178. 

Caesarodunum (Turoni). Das Amphitheater von Tours ist in der späte- 
ren Kaiserzeit als eine Art Citadelle in die Stadtmauer einbezogen worden (s. 
den Plan bei Blanchet, Enceintes romaines S. 40, wo auch Literatur). Im be- 
sonderen werden die Reste behandelt M&n. Soc. arcWol. Touraine V 1855 
S. 237 fr. mit Plan. 

S uindinum (Ceno man ni). Von einem Amphitheater haben sich Reste ge- 
funden, vgl. CIL XIII p. 508. 

Juliomagus (Andecavi). Über die Reste des Amphitheaters von Angers 
CIL XIII p. 479 und Blanchet a. a. O. S. 56. 



222 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [EL 597-602] 



d) BELGICA. 

Di vodurum (Mediomatrici). Umfangreiche Reste eines großen Amphi- 
theaters sind in den Jahren 1 902 und 1 903 bei Entfestigungsarbeiten aufgedeckt 
worden, vgl. den kurzen Bericht Westd. Ztschr. XXII 1903 S. 365 ffi und die 
ausfuhrlichere Veröffentlichung Lothr. Jahrb. XIV 1902 S. 340 fr. mit Plänen und 
Abbildungen. Beim Bau der Stadtmauer Ende des 3. Jahrh., vor welche es zu 
liegen kam, wurde es aufgegeben und durch eine kleine Anlage hart vor der 
neuen Mauer ersetzt (a. a. 0.*S. 34 1 f. mit Taf. II u. IE). In den Ruinen errichtete 
der hl. Clemens im 4. Jahrh. nach der Legende ein Oratorium, von dem sich 
interessante Reste vorfanden (a. a. O. S. 348 fr). Auf das Amphitheater oder 
einen Teil desselben beziehen sich vielleicht die beiden dort gefundenen gleich- 
lautenden Inschriften CIL XIII 4317. 18: M. Vegisanius Moralins dicavit. 

Augusta Treverorum. Das Trierer Amphitheater liegt vor der römischen 
Stadtmauer, zwischen Hügeln eingesenkt, welche die Cavea trugen, und nach 
außen kaum in die Erscheinung tretend (Hettner, Westd. Ztschr. X 1891 S. 209 fr.). 
Neuere Ausgrabungen haben namentlich die unterirdischen Räume der Arena 
kennen gelehrt, vgl. Krüger, Röm.-Germ. Korrbl. II 1909 S. 81 ff. Kurze Be- 
schreibung mit Plan bei Krüger, Die Trierer Römerbauten (Trier 1909) S.6f. Im 
Amphitheater gefunden Inschriften der Sitzstufen (CIL XIII 3 708), Inschrift der 
arenarii consistentes col. Aug. Ire. (CIL XIII 3641 = Dessau 7059) und einige 
Bleiplättchen mit Defbdonen (Wünsch, Bonner Jahrb. CXIX 1910 S. 1 ff = CIL 
Xm 11 340). Über christliche Spuren Krüger a. a. O. S. 85. 

Durocortorum (Remi). Über das jetzt völlig verschwundene Amphitheater 
von Reims vgl. CIL XIQ p. 522, 4. Über das große Mosaik mit Szenen aus dem 
Amphitheater s. u. S. 259. 

Augustomagus (Silvanectes). Sehr geringe Überreste des durch Tra- 
dition bekannten Amphitheaters von Senlis wurden Mitte des 19. Jahrh. aufge- 
deckt (Magne, M£m. lus ä la Sorbonne 1866 S. 155 ff. Caix de Saint- Aymour, 
Congr. arch£ol. de France XLIV 1878 S. 69fr.). 

Bononia (Gesoriacum). Reste eines Amphitheaters (CIL XIII p. 561). 

GERMANIAE. 

GERMANIA SUPERIOR. Aventicum. Das Amphitheater, im Gelände noch 
wohl kenntlich und selbst gelegentlich zu Auffuhrungen benutzt, hat nur wenige 
Reste seines Mauerwerks bewahrt. Anf einem der Haupteingänge erhebt sich 
als Wahrzeichen der heute als Museum dienende Berner Turm. Vgl. Bursian, 
Aventicum Helvetiorum (Mitt. Antiqu. Ges. Zürich XVI, I 1) S. 20 f. Secretan, 
Aventicum (Lausanne 1905) S. 47 ff. und über die neuesten Ausgrabungen um 
den genannten Turm den sorgfaltigen Bericht von W. Cart im Bull de I'Assoc 
Pro Aventico XII 19 14 S. 1 1 ff. mit 10 Tafeln und Anz. f. Schweiz. Altert. N. F. 
XVI 19 14 S. 12 ff. mit Tafeln und Abbildungen. 

Vindonissa. Die verhältnismäßig wohlerhaltene kleine Anlage ist freigelegt 
und konserviert worden und dient heute wieder zu gelegentlichen Festauffiih- 
rungen. In Stein waren, über einem ursprünglichen reinen Holzbau, nur die 
Umfassungsmauern aufgeführt, der Zuschauerraum muß stets ein Holzbau ge- 



[E. 598-603] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 223 

wcsen sein. Die Zeit der Benutzung deckt sich mit der der Garnison (1. Jahrh., 
zweite Hälfte des 3. und 4. Jahrh.). Vgl. O. Hauser, Das Amphitheater Vindo- 
nissa (Stäfa 1898). Heuberger und Fels, Das römische Amphitheater von 
Vindonissa (Windisch), Fremdenführer (Brugg 1905*. 1907*). Heuberger, Aus 
der Baugeschichte Vindonissas (Aarau 1909) S. 75 ff., sämtlich mit Plänen und 
Abbildungen. Die nahegelegene sog. Gladiatorenkaserne dürfte vielmehr ein 
Marktplatz gewesen sein, vgl. Wochenschr. f. klass. Philol. 19 19 Sp. 603. 608. 

Vesontio. Das Amphitheater ist heute verschwunden; die Erinnerung be- 
wahrt die nie d'Ar&nes, auch gibt es alte Zeichnungen (Castan, M£m. Soc. 
EmuL du Doubs, 5. s£rie X 1885 S. noff. mit Plan). 

Epamanduodurum. Reste eines Amphitheaters oder Theaters (CIL XIII 2 
p. 76). 

Mogontiacum. Daß Mainz ein Amphitheater besaß, wird durch ein un- 
sicheres Zeugnis aus dem Mittelalter über Reste eines solchen noch nicht be- 
stimmt erwiesen, doch ist es an sich wahrscheinlich. Vermutungen über seine 
Stelle bei Neeb, Mainzer Zeitschr. XIV 19 19 S. 34 fr. 

GERMANIA INFERIOR. Colonia Agrippiqensis. Ein angebliches Am- 
phitheater im Nordwesten der römischen Stadt ist nur sehr schlecht bezeugt 
(Klinkenberg, Rom. Köln S. 225, über die Lokalbezeichnung Berlich s. oben 
S. 207). In dieser Gegend hat sich, aber verbaut, die Inschrift eines Centurio 
der 6. Legion gefunden, der vivarium saepsit (CIL Xm 8174), nahe dem Dom 
eine Weihung an Diana von einem Centurio der 1. Legion intra mens es sex 
captis ursis n. L (CIL XIII 12048), zu welcher v. Domaszewski, Röm.-Germ. 
Korrbl. II 1909 S. 65 zwei weitere, ebenfalls um den Dom gefundene Weihungen 
von Centurionen an Diana stellt (CIL XIII 8172. 8175); er vermutet dort Am- 
phitheater und Vivarium. Vgl. zu der Frage auch Bonn. Jahrb. CXXIII 19 14 
S. 12 ff. — Über das Gladiatorenmosaik von Köln s. u. S. 259. 

Vetera. Das Gebiet von Vetera umfaßt zwei Amphitheater. Das eine, ein 
reiner Holz- und Erdbau, liegt vor der Südostecke des claudisch-neronischen 
Zweilegionenlagers, zu dem es auch nach Ausweis der Funde gehörte (Lehner, 
Bonn. Jahrb. CXIX 19 10 S. 258 fr.). Seine vortreffliche Erhaltung hat es dem 
Umstände zu verdanken, daß die Legende hierher den Märtyrertod des hl. 
Victor und seiner Gefährten im Jahre 286 verlegt hat. Das zweite, steinerne 
Amphitheater, ungefähr von denselben Abmessungen, liegt in der Nordostecke 
der Colonia Traiana beim heutigen Xanten, es ist zuletzt 1903/4 sorgfaltig 
untersucht worden (Steiner, Bonn. Jahrb. QQV/CXV 1906 S. 447 fr). Be- 
merkenswert ist, daß seine beiden äußeren Ringmauern in Pfeiler aufgelöst 
sind. — Weihung eines ursarius leg. XXX U. v. S{everianae) A[lexandrianae) 
CIL Xm 8639. 

Halbamphitheater. 

Unter dem Namen *demi-amphitheatres* oder >theätres mixtest faßt man in 
Frankreich eine Reihe von Anlagen zusammen, welche, bis jetzt anscheinend 
nur auf gallischem und germanischem Boden gefunden, gewissermaßen Theater 
und Amphitheater in einem Bau vereinigten und sich dadurch kleineren Ge- 
meinden, welche die Kosten für je ein selbständiges Theater und Amphitheater 



224 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [DL 594-598] 

zu scheuen hatten, zur Ausführung empfehlen mochten. Mit Deutlichkeit sind 
zwei Typen unterscheidbar. Bei dem einen ist nur die eine Hälfte der Cavea 
ausgeführt, an Stelle der andern erhebt oder erhob sich jenseits der voll ausge- 
führten Arena ein Bühnengebäude (N£ris, Paris, Vieux, Lillebonne, Chenevteres, 
Grand [?]). Beim zweiten Typus ist der Kreis der Cavea etwa zu drei Vierteln 
geschlossen, die Bühne erhebt sich wieder jenseits der Arena (Sanxay, Drdvant, 
Valognes, Gennes [?]). Eine Sonderstellung nimmt der Bau von Äugst ein. 

Aquae Neri (N£ris-les-Bains). Caumont, Ab6c6daire fl S. 321 mit Plan. 
Halbkreisförmige Cavea, Spuren einer anscheinend ovalen Arena. 

Sanxay (Vienne). Das Amphitheater gehört zu einem großen Tempel- 
bezirk, vgl. den Gesamtplan Trierer Jahresber. HI 19 10 S. 63. 

Drövant (Cher). Über den wohlerhaltenen Bau handelt ausführlich Mallard, 
Bull, archeol. 1906 S. 43 ff. mit Taf. 37 ff. (Plan Taf. 39). Vgl. auch Caumont 
a. a. O. S. 316 f. mit Ansicht. Auch dieser Bau gehört zu einem Tempelbezirk, 
vgl. Caumont S. 241 f. 

Lutetia Parisiorum. Über das Amphitheater vgl. de Pachtöre, Paris ä 
l^poque gallo-romaine (Paris 191 2) S. 76 fr. mit Plan VI. Es dürfte noch dem 
1. Jahrh. n. Chr. angehören; im 2. Jahrh. entstand neben ihm mehr im Innern 
der Stadt ein Theater. Da sich innerhalb seines Bereichs spätrömische Skelett- 
gräber fanden, auch eine Anzahl Sitzstufen in die Stadtmauer verbaut waren, 
scheint es schon im 3. Jahrh, abgerissen worden zu sein. Die zahlreichen In- 
schriften der Sitzstufen CIL XEQ 3035. 

Vieux (Calvados). Plan und Beschreibung bei Caumont a. a. O. S. 3 19 f. 

Iuliobona (Lillebonne). Neuerdings beschrieben von Lantier, Rev. archöol. 
19131197 fr. mit Plan auf S. 199. Ältere Behandlungen bei Caumont a. a. O. 
S. 31 2 ff. mit Plan und Ansicht und Wieseler, Theatergebäude S. 2 1 f. mit Taf. II 
18 nach Lenormant, Ann. d. Inst. 1830 S. 51 ff. mit Taf. C. 

Valognes (Manche), vielleicht das antike Alauna (vgl. CIL XDI p. 495). 
Das Amphitheater ist schon 1691 ausgegraben und von Montfaucon und Caylus 
veröffentlicht worden, danach bei Caumont a. a. O. S. 31 6 f. mit Plan und Wie- 
seler a. a. O. S. 109 mit Taf. A 19. 

Cheneviferes (Loiret). Ausführliche Behandlung bei Jollois, M6m. sur les 
antiquitds du ddp. du Loiret (1836) S. 1 ff. mit Taf. 1 — 7. Kurz beschrieben mit 
Plan bei Caumont a. a. O. S. 325 f. 

Gennes (Indre-et-Löire). Nach Caumont a. a. O. S. 322 befindet sich dort 
ein »defni-ampkitkeätre*. 

Grand (Vosges). Ein Plan des Gebäudes schon bei Caylus, Recueil VI 
Taf. in, über neuere Ausgrabungen Jollois, Antiquit£s de Gran (1823), vgl. 
auch desselben Antiquitls du ddp. des Vosges (1843). 

Augusta Rauracorum. Über die noch keineswegs geklärte Baugeschichte 
des Theaters von Äugst, das in seiner mittleren Periode ein Halbamphitheater 
gewesen sein könnte (auch die älteste scheint kein reiner Theaterbau zu sein), 
vgl. jetzt die sorgfaltige und von guten Plänen begleitete Darstellung von Frey, 
Führer durch die Ruinen von Augusta Raurica (Liestal 1907) S. 33 fr. Die 
ältere Abhandlung von Burckhardt- Biedermann, Das röm. Theater zu Aug. 
Raur. (Basel 1882) ist dadurch überholt. 



pL 603, 604] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 225 

BRITANNIA. 

Britannien besitzt eine Reihe bescheidener Amphitheater, denen sich noch 
mehr Stätten hinzugesellen, an welchen man aus Gründen der Bodengestaltung 
das einstige Vorhandensein solcher vermutet : kreisrunde und ovale Vertiefungen 
oder Umwallungen nahe bei römischen Siedlungen fuhren zu dieser Deutung, 
der jeweils um so schwerer zu widersprechen ist, als die schon fertiggestellten 
Amphitheater Britanniens bestenfalls ein oder zwei Ringmauern aufweisen, 
sonst aber reine Holzerdboden sind. Zuerst hat sich eingehend mit ihnen be- 
schäftigt J. Strange, An Account of some Roman and other Antiquities in 
Monmouthshire, Archaeol. Britann. V1779S. 67 ff. Neuestens hat sie kurz be- 
sprochen J. Ward, Romano -British Buildings and Earthworks (London 191 1) 
S. 228 ff. Die schon bekannten finden sich alle im Südwesten des Landes. 

Calleva Atrebatum (Silchester). Das Amphitheater liegt, durch seine Wälle 
kenntlich, aber anscheinend noch nicht näher untersucht (vgl. Arch. Anz. 191 1 
S. 307)9 vor dem Osttore der Stadt, s. den Gesamtplan Arch. Anz. 1909 S. 249. 

Durnovaria (Dorchester). Nach Ward S. 229 war der Bau, heute unter dem 
Namen Maumbury Rings bekannt, ein reines Holzerdwerk, die Maße gibt er 
mit 345 X 333, für die Arena mit 196 X 176 Fuß an. Ein kleiner rechteckiger 
Einbau in der Arena soll vorübergehend Tiere aufgenommen haben. Vgl. 
auch Stakeley, Of the Amphitheatre at Dorchester, London 1723. 

Rutupiae (Richborough). Eine etwa meterstarke Mauer schließt die Arena 
ein. Oval von 200 X 166 Fuß mit drei Eingängen (Ward S. 228 nach Roach 
Smith, Antiquities of Richborough, London 1850 S. 52. 161). 

Durocornovium (Cirencester). Eine ovale Wallanlage mit zwei Eingängen 
vorder antiken Stadt wird wohl mit Recht als Amphitheater angesehen (Buck- 
man und Newmarch, Remains of Roman Art in Cirencester, London 1 850 S. 1 2 
mit Plan). 

Venta Silurum (Caerwent). Das Amphitheater steht im Innern der Stadt 
unregelmäßig über Resten älterer Wohnhäuser, dürfte also ein junger Bau sein 
(Archaeologia LK 1, 1904 S. 104 f. mit Plan, vgl. auch den Gesamtplan Arch. 
Anz. 191 1 S. 299 f.). Die Maße der inneren Ringmauer (von der äußeren ist, 
wenn sie je durchgeführt war, nur ein Torrest erhalten), sind 145 X 121 Fuß. 

Isca Silurum (Caerleon). Außerhalb des Lagers der 2. Legion liegen die 
»gut gebauten und gut erhaltenen Fundamente« des Amphitheaters (83 X 67 m) 
nach Haverfield, Arch. Anz. 1909 S. 246. Eine äußere und eine innere Ring- 
mauer, erstere 1,70 m stark und außen und innen mit Strebepfeilern besetzt, 
schlössen die Cavea ein, deren Sitze aus Holz bestanden haben müssen; die 
Arena maß etwa 204X156 Fuß = 62X48 m (Ward S. 228f.). Ein Centurien- 
stein im Mauerwerk erweist die Zugehörigkeit zum Lager (Haverfield a. a. O. 
= Eph. ep. IX 528 nr. 1017). 

Andre Namen findet man bei Ward S. 228 genannt, als sichere Amphitheater 
betrachtet er noch die Anlagen von St. Albans, Charterhouse-on-Mendips, 
Colchester, Wroxeter und Aldborough, ohne nähere Angaben zu machen. 
Verwandte Bauten des englischen Mittelalters, die zu Bären- und Stierhetzen 
dienten, werden als Nachfahren der römischen Anlagen betrachtet. 

Friedlaender, Darstellungen. Anhang. 15 



226 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [IL 605-607] 

DIE ÜBRIGEN NÖRDLICHEN PROVINZEN. 

RAETIA et VINDELICIA. Augusta Vindelicorum. Über das Gladia- 
torenmosaik von Augsburg s. unten S. 259. Die auf Grund der Lokalbezeich- 
nung Perlach geäußerte Vermutung, daß dort ein Amphitheater gestanden 
habe (Becker, Bonn. Jahrb. XLII 1867 S. 64 fr.), ist völlig haltlos. 

NORICUM. Flavia So Iva. Das kleine Amphitheater ist neuerdings frei- 
gelegt worden, vgl. Schmid, Österr. Jahresh. XK/XX Beibl. S. 147 mit Plan. 

PANNONIA SUPERIOR. Carnuntum. Über die Ausgrabung des geräu- 
migen zum Legionslager gehörigen Amphitheaters unterrichten die sorgfaltigen 
Berichte ArchäoL-Epigr. Mitt. XII 1888 S. 151fr. mit Taf. Vm. EX, XIV 1891 
S. 162 ff., XX 1897 S. 205 fr. mit Taf. IV, vgl. auch Rom. Limes in Österreich 
X 1909 S. 65 fr. (Umgebung des Amphitheaters); eingehende Beschreibung 
auch in Kubitschek-Frankfurters Führer durch Carnuntum. Die Reste liegen 
in ihrer vollen Ausdehnung frei. Der Unterbau besteht aus Stein, als Material 
des Oberbaues wird Holz vermutet; doch hat sich anscheinend auch eine 
steinerne Sitzstufe mit Inschrift gefunden (a. a. O. Xu S. 167 = CIL HI 1 1253). 
Vor dem Westeingang liegt ein Heiligtum der Nemesis (über diese als Patronin 
der Arenaspiele v. Premerstein, Philologus LEI 1894 S. 400 fr.) und ein Tier- 
zwinger (a. a. O. XX S. 205 ff.). Die Bauinschrift Rom. Limes in Österreich II 
1901 S. 154 fr. = CIL m 14359*; danach ist das Amphitheater von einem 
Decurio des Municipium Aelium Carnuntum impensa sua solo publico erbaut 
worden, wahrscheinlich unter Commodus (Bormann a. a. O. S. 157). 

Auf dem Pfaffenberge bei Carnuntum liegt ein heiliger Bezirk, bestehend 
aus Tempel und mehreren Nebengebäuden (Rom. Limes in Österreich I 1900 
Taf. Vm). Eines davon, der Bau U, ist ein unregelmäßiges Oval von etwas 
über 40 m größtem Durchmesser mit Anbauten; er könnte trotz den dagegen 
geltend gemachten Bedenken (a. a. O. S. 82) recht wohl ein primitives Amphi- 
theater darstellen. 

PANNONIA INFERIOR. Aquincum. Die wohlerhaltenen Unterbauten 
des Amphitheaters von Aquincum sind um das Jahr 1880 freigelegt worden, 
vgl. Henszlmann, Ungar. Revue 1 1881 S. 464 ff. mit Taf. I — HI, ArchäoL-Epigr. 
Mitt. VIII 1884 Taf. IV (Text dazu IX 1885 S. 233 ff.), Kuzsinszky, Führer durch 
Aquincum (mehrere Auflagen, z. B. 3 i9o8 S. 8 ff.). Am Westtor lag wie in 
Carnuntum ein Nemesisheiligtum. Die Inschriften der Sitzstufen ArchäoL- 
Epigr. Mitt. VII 1883 S. 97 f. und CIL IQ 10493 (vgl. auch 10494); neben bürger- 
lichen Namen begegnet ein kar[cerarius) leg{ionis). 

Sirmium. S. unter Thessalonice. 

DACIA. Porolissum. CIL III 836: Wiederherstellung des amphitheairum 
vetustate dilapsum durch den Procurator Tib. Claudius Quintilianus im Jahre 
157 n. Chr. Reste sind nicht bekannt. 

Sarmizegetusa. Das Ende des 19. Jahrh. freigelegte Amphitheater 
ähnelt dem Amphitheater von Aquincum, die Grundmauern sind durchweg in 
geringer Höhe erhalten. Die Sitzstufen trugen z. T. Inschriften (ArchäoL-Epigr. 
Mitt. VI 1882 S. 113 f., vgl. auch CIL III 12586), ein Nemesisheiligtum schloß 
sich an (CIL III 1 3777 — 80). Ältere Beschreibung bei Benndorf und Hirschfeld, 
Mitteil. d. Zentralkomm. 1873 und Jung, Romanische Landschaften S. 386. 



[H. 608, 609] XVL GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 227 

Drobeta (?). Petersen hält vermutlich mit Recht die beiden bei Cichorius, 
Reliefs der Trajanssäule Taf. XXV und LXXIH erscheinenden Städte, die beide 
ein Amphitheater aufweisen, für identisch (Trajans dakische Kriege I 36 f. II 
37 f.). Er erblickt darin den mösischen Brückenkopf von Trajans Donaubrücke, 
Cichorius nennt vermutungsweise die erste Siscia (II 155 ff.), die zweite Drobeta 
(HI 143 ff.). Vielleicht ist letzterer Name der richtige. 

HISPANIAE. 
a) TARRACONENSIS. 

Tarraco. Von dem Amphitheater steht nur ein Teil der Cavea noch aufrecht, 
vgl. Laborde, Voyage pitt. de PEspagne I Taf. 53. 54. 56 und Puig y Cadafalch 
u. a., L'arquitectura romanica a Catalunya I 1909 S. 108 ff. 

Aquae Flaviae. Ein gladiatorium munus CIL II 2473. 

b) BAETICA. 

Corduba. Ein munus gladiatorium editum ob honorem fiaminatus CIL II 
5523 = Dessau 5079. 

Urso. Über die Bestimmungen des Stadtrechts von Urso auf unserem Ge- 
biete s. oben II 11, 3. 102, 3. 103. 

Carmo. Der (handschriftliche) Bericht über die Ausgrabung eines dort 
1885/86 aufgedeckten Amphitheaters nebst Plan befindet sich in der Bibliothek 
der Akademie der Geschichte in Madrid, vgl. das Boletin derselben X 1887 
S. 174. Ein munus erwähnt CIL II 1380. 

Italica. Die Reste des mächtigen Amphitheaters sind nach den damaligen 
Ausgrabungen beschrieben bei Demetrio de los Rios, Memoria arqueolögico- 
descriptiva del a. de L, Madrid 1861, mit großem Plan (aus Memorias de la R. 
Acad. de la historia). Die Inschriften der Sitzstufen CIL II 5102 — 16. Über 
das hier gefundene Fragment eines Exemplars des SC de sumptibus ludorum 
gladiatoriorum minuendis a. d. J. 176/7 s. oben II 12, 1. 
* Gades. Über die Spiele des Baibus 43 v. Chr. vgl. Cic. ad fam. X 32. Grab- 
schrift eines Oplomachus CIL II 1739 = Dessau 5098. 

Hasta (?). XX parium gladiatorum data CIL II 1305. 

c) LUSITANIA. 

Emerita. Das wohlerhaltene Amphitheater ist neuerdings freigelegt wor- 
den, vgl. Archäol. Anz. 1914 S. 376 f. Eine Ansicht bei Puig y Cadafalch 
a. a. O. S. 107. CIL II 499 Grabstein eines Retiariers. 

MAURETANIAE. 

Caesarea. Das zur Zeit der französischen Eroberung noch ausgezeichnet 
erhaltene Amphitheater ist jetzt nahezu verschwunden. Altere Aufnahmen bei 
Ravoisiö, Explor. scientif. de PAlgörie HI Taf. 29. 30. Kurz Gsell, Monuments 
antiques de l'Algörie I S. 203 mit Literatur. 

Tipasa. Die Ruinen des Amphitheaters sind schlecht erhalten (Gsell, M£l. 
de FEcole franj. XIV 1894 S. 334t; Mon. de l'Alg. I 203 f.). 

Sitifis. CIL Vm 8482 (361—363 n. Chr.) ist wohl Bau- oder Wiederherstel- 
lungsinschrift eines Amphitheaters, vgl. auch 8507. S. auch unter Theater. 

15* 



228 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [IL 610, 61 1] 



NUMIDIA. 

Cirta. Die früher noch vorhandenen Reste eines Amphitheaters oder 
Theaters sind heute völlig verschwunden (Gsell, Mon. I 200, 1). CIL VIII 
6995 = Dessau 411: — statuam, quam promisit ex reditibus locorum amphi- 
theatri — dedit. 

Rusicade. Das Amphitheater wurde im Jahre 1845 abgebrochen (Gsell 
a. a. O. S. 201 mit Literatur). Aufnahmen bei Ravoiste a. a. O. II Taf. 56 — 59. 
CIL VIII 7969 = Dessau 399 (187 n. Chr.): Munus gladiat. et venat. vari gen. 
dentatar. ferar. et mansuet. } item herbat. CIL VIII 7983 ist vermutlich von 
Ausstattung des Amphitheaters die Rede.. 

Lambaesis. Nur dürftige Reste des Amphitheaters vorhanden (Gsell a. a. 0. 
S. 202). Inschriften der Sitzstufen mit Namen der Curien CIL VIII 3293 = 
Dessau 6845. 

Mesarfelta (?). CIL VHI 2488 (177—180 n. Chr.): Wiederherstellung eines 
amphitheatrum vetustate corruptum durch den Legaten. 

Theveste. Das Amphitheater ist fast vollständig zerstört (Gsell a. a. 0. 
S. 203 mit Literatur). CILSHI 1887: Mun. qui[nque dierum cum] occisioni[bus 
ferarum\ ein munus auch 1888. 16656 (== Dessau 6838. 6839). 

Cuicul. CIL Vin 8324: pro editiont muneris debiti (4. Jahrh.). 

AFRICA. 

Hippo regius. CIL VIII 5276: Gladiatoriunt munus, quod civibus suis 
triduo edidity quo omnes priorum memorias supergressus est. Ein mun. glad. 
auch 5232. 

Simitthu. Das Amphitheater erwähnt Carton, Bull. arch£ol. 1908 S. 431. 

Carthago. Das Amphitheater von Carthago ist jetzt freigelegt, doch sind 
die Mauerreste der großen Anlage nur sehr dürftig (vgl. jetzt Oehler, Real- 
Encykl. X 22 14 f. und Leclercq in Cabrols Dict. d'arch. chr&. II 2 Sp. 2277 fr.), 
während noch Edrisi (12. Jahrh.) eine begeisterte Schilderung von der Pracht 
des Baues entworfen hat; seit dem 16. Jahrh. wurde es abgebrochen. Es war 
wahrscheinlich die Stätte des Martyriums der hl. Felicitas und Perpetua. Von 
einer Bauinschrift können die Fragmente CIL Vm 24550 und 51 mit den 
Namen des M. Aurel und L. Verus stammen; zahlreiche Inschriften der Sitz- 
stufen und des Podiums ebd. 24659 — 61. Bleiplättchen mit Defixionen aus 
dem Arenakeller Comptes rendus de l'Acad. 1897 S. 318 ff. (jetzt bei Audollent, 
Defixionum tabellae nr. 246 ff., vgl. auch Bonn. Jahrb. CXIX S. 3). Dessau 9406 : 
spectaculum in ampAi[theatro] gladiatorum et Africanarum quadriduo dedit. 

Thysdrus. Der mächtige Bau des Amphitheaters von Thysdrus stand bis 
um 1700 nahezu unversehrt; seitdem hat die Zerstörung das Innere stark ver- 
wüstet, im Äußeren aber nur eine größere Lücke gerissen. Ältere Aufnahme 
von Coste, Mon. d. Inst V Taf. 42 — 44, dazu Ann. d. I. 1852 S. 241fr. mit 
Taf. U; Beschreibung bei Guörin, Voyage arch. dans la x€g. de Tunis I 91fr. 
Das Innere ist neuerdings großenteils ausgeräumt worden, vgl. Bull, archtol. 
19 10 S. CLXXXVff. Ein neu aufgenommener Grundriß findet sich nach Arch. 
Anz. 1 9 1 2 S. 39 2 im Bull, de Sousse 1 9 1 1 S. 1 04. Die Aufdeckung eines älteren 



[IL 612-61 5] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 229 

kleineren Amphitheaters — das große dürfte aus der Blütezeit der Provinz, dem 
3. Jahrh., stammen — ist mir nur durch Baedeker bekannt. 

Hadrumetum. Aus dem römischen Friedhof stammt das Mosaikbild eines 
Secutor (Bull, archlol. 1904 S. 433f. CIL VIII 22918). Ein Amphitheater ist 
nur unsicher bezeugt (Gu&in I S. 108). 

Eine große Reihe weiterer Amphitheater im heutigen Tunis verzeichnet das 
schon angeführte Werk von Gu^rin, Voyage arch£ologique dans la r^gence de 
Tunis (Paris 1862). Schon damals nur in dürftigen und dürftigsten Resten er- 
halten, teilweise selbst nur noch als Vertiefungen im Boden kenntlich, sind sie 
heute fast ganz verschwunden. Es genügt die Aufzählung der antiken Orte: 
Leptis parva (1 127), Thapsus (I 130), Sufetula (I 383), Mactaris (I 409), Utica 
(II 6 f.), Thuburbo minus (II 188), Pupput (II 262), Aurelia Vina (II 265), Uthina 
(II 282 f.), Municipium Seressitanum (II 356), Thuburbo maius (II 370 h); über 
das Amphitheater von Leptis parva vgl. auch Bull. arch£ol. 1897 S. 291, von 
Sufetula Merlin, Forum et öglises de Sufetula (Paris 1912) S. 23 (s. auch CIL 
VIII 1 1347 = Buecheler, Carm. ep. 1521). Das heutige Henchir-Badria (1 162 f.) 
ist wahrscheinlich das antike Achulla (G. Wilmanns CIL Vül p. 1 1 f.), Meraissa 
(II 2 14 f.) das antike Karpis. Ein Amphitheater in Thaenae wird Bull. arch£ol. 
1 908 S. 26 erwähnt. 

Oea. Apul. Apol. 98: in ludo quoque gladiatario frequens visüur, nomina 
gladiatorum et pugnas et vtdnera plane quidem ut honestus puer ab ipso lanista 
docetur. CIL VIII 24: curator muneris pub. munerarius (163 n. Chr., Bau- 
inschrift des Bogens von Tripolis). 

Gabrata. Am Ostende der Stadt lag ein jetzt noch wohlerhaltenes kleines 
Amphitheater mit 12 Sitzstufen. Die Arena hat etwa 45 m größten Durch- 
messer. Vgl. de Mathuisieulx, Nouv. Arch. des Miss, scient. Xu 1904 S. 9. * 

Leptis magna. Eine ovale Bodenvertiefung neben dem Circus von etwa 
80 m größtem Durchmesser, doch ohne alle Mauerreste, pflegt als Stelle des 
Amphitheaters betrachtet zu werden (de Mathuisieulx a. a. O. X 1903 S. 267). 
CIL Vm 22672 = Dessau 9408: exqu\isita editponum fftipera. 

Unter den Spielen in Africa werden die von den Sacerdotes provinciae Africae 
gegebenen eine besondere Rolle gespielt haben ; daß darunter sich auch amphi- 
theatralische befanden, bezeugt Augustin. ep. adMarcellin. 138: (Apuleius) cui 
sacerdoti provinciae pro magno fuit y ut munera ederet venatoresque vestiret. 
Sie fanden in Carthago gleichzeitig mit den Provinzialversammlungen Ende 
Oktober statt: Cod. Theod. Xu 1, 145. 176. XVI 10, 20. Wie drückend die 
Last für die spielgebenden Priester war, erhellt aus der Ehreninschrift CIL VI 
1736 = Dessau 1256 (376 n. Chr.), in der die Prozinz Africa ihren ehemaligen 
Prokonsul Hymetius belobt, quod Studium sacerdotii provinciae restituerit, ut 
nunc a conpeiitoribus adpetatur, quod antea formidini fuerat. Vgl. über diese 
Priesterschaft und ihre Funktionen Hirschfeld, Ann. d. Inst. 1866 S. 69 fr. 

Eine Reihe wichtiger Inschriften, welche Spiele in einzelnen Städten be- 
zeugen, sind oben jeweils angeführt worden. 



230 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [IL 616-618] 

b. DER OSTEN'). 

ACHAIA. 

Corinthus. Korinth ist die einzige Stadt Griechenlands, in der sich mit 
Sicherheit ein Amphitheater nachweisen läßt, vgl. Exp£d. de Moröe HI Taf. 77,3. 
Curtius, Peloponnes II S. 527. Bursian, Geogr. von Griech. II S. 15. Vischer, 
Erinnerungen aus Gr. S. 264 f. Lampros, Athen. Mitt. II 1877 S. 282 fr. Das 
Amphitheater ist ganz und gar in den Felsen gehauen, indem man eine natür- 
liche Schlucht benutzte und erweiterte. Zur Zeit Dios von Prusa scheint es 
noch nicht gestanden zu haben, vgl. or. 31,121 (I254 Arn.): iScrre oi KopfvGioi 
\ilv ?£w 1% TToXetü^ GeuupoOcnv $v x&P^&pqi rivf (sc. toüc |uiovo|uuixouc), irXfiGoc 
\xlv buvafilvif) bdHaaGcu t6it(jj, ßuiraptiß bl äXXuuc Ka\ Sttou |uir)b€\c Sv \xr\bk 
6Äi|i€i€ |uir|b£va tOliv IXeuGdpuuv, 'AGrivaToi bi 4v tCjj GeÄrpqj Geu&vrai xf|V KaX^jv 
TaÖTrjv Gdav bn aürflv Tf|v äKpöiroXw, oö töv Aiovuctov &r\ Tf|v dpxfiöTpav 
TiG&xmv, wo ja wohl die Stelle des Amphitheaters, dieses Selber aber noch 
nicht gemeint ist. Auch Pausanias nennt das Amphitheater nicht, erst die 
Expos, tot. mundi 52 erwähnt es als opus praecipuum. Ein dreitägiges munus 
Apul. Metam. X 18, Venationen Julian. Ep. 35. Inschrift der Venatores IG IV 
365 = Kaibel, Epigr.gr. 885, s. oben II 68, 8. 

Athenae. In Athen fanden Gladiatorenspiele im Dionysostheater statt, vgl. 
die eben angeführte Stelle des Dio von Prusa (und ihre Fortsetzung), dazu 
Lucian. Demon. 57 und Philostr. vit Ap. Tyan. IV 22. An allen drei Stellen 
erscheint der eifersüchtige Vergleich mit Korinth, an allen drei Stellen der 
Tadel eines Philosophen (bei Dio bleibt er unbenannt), so daß ihnen wohl 
allen ein einziges wirkliches oder angebliches Geschehnis, für uns zuerst mit 
Apollonios von Tyana faßbar, zugrunde liegt. Vgl. auch Judeich, Topographie 
von Athen S. 278. 

Megara. IG VII 106: Ehrung für C. Curtius Proclus dTwvoGdiTjv TTuGarjujv 
usf. qn\oT€i|UTi<j<Vevov jaovojiäxwv £eu*ni K ' (nach Hadrian). 

P 1 a t a e a e. Apulei. Metam. IV 1 3 : Ibifamam celebretn super quodam nomine 

Demochare munus edituro gladiatorium deprehendimus. — Gladiatores isti 

famosae manus, venatores Uli probatae pernicitaäs: alibi noxii perdita securitate 

suis epulis bestiarum saginas instruentes. — Qui praeter ea numerus } quae facies 

ferarum? Nam praecipuo studio forensi etiam advexerat gener osa illa damna- 

torum capitum funer a etc, 

THESSALIA. Hierher reist Thiasus, noUlissimas feras et famosos inde 
gladiatores comparaturus (Apulei. Metam. X 18). 

Larissa. Ebd. I 7: ein Hausierer geht hierher, um ein gladiatorum specta- 
culum satis famigerabile zu sehen. 

MACEDO'NIA. 

Dyrrhachium. CIL DI 607: [ludos] gladiatorib. p. XII edi[dü], Reliefs 
von Gladiatoren: Heuzey und Daumet, Mission archöol. en Mac£doine Taf. 27 

und 30 (S. 383) und Schre iber, Kulturhist Bilderatlas Taf. XXXIII 7. 8. 

^^— — — ■ — ~ ^— ■ » ' ' ■ 

1) Vgl. Friedlaender, De propagatione munerum ac venationum per Graeciam et Orientem 
Königsberger Univ.-Progr. 1860. 



[IL 619, 620] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 23 1 

Thessalonice. Heuzey a. a.O. S. 274 n. 1 12 (1 4311. Chr.): Anzeige dreitägiger 
kuvIitux und jaovonaxiou auf Grund einer Testamentsverfügung. Lucian. Luc. s. 
asin. 49: inrdcrxeTO xfj TraTpibi Glav irapöeiv ävbpwv oirXois itpbs 6Xki\\ovq jnovo- 
ILiaxeiv eiboTiuv, vgl. auch 52 (ein Weib den Tieren vorgeworfen) und 53 (Ver- 
wendung von Bären und Löwen) ; das Schauspiel findet in einem G&XTpov statt. 
Fechterspiele des Maximian beschreibt die Vita S. Demetrii (Acta SS. Octobr. 
IV 87 ffi); ihr Schauplatz ist tö Ti^ 7roX€u>s O&XTpov tö KaXoiijuievov (TrAbiov, ebd. 
ein reisender Gladiator Lyaios oö jli6vov tv c Pi£i|Lii3 ttoXXoüs elq töv XoObov 
dvrjpT|K€V, dXXd xa\ £v Tip Zepjaiqj kci\ 4v tiJ 9e<J(TaXoviKrj (s. oben I 384, 9). 
Grabstein eines Retiariers Kaibel, Epigr. gr. 945'; eines Secutor Athen. Mitt. X 
1885 S. 15. 

Philippi. CIL HI 659 = Dessau 7189 (Drama): Grabschrift des Sohnes 
eines Ilvir et tnunerarius Philippis; CIL HI 660 (Kavalla, unsicher, ob nach 
Philippi gehörig) nennt einen tnunerarius und fiamen diui Vespasianu 

MOESIA. 

Tomi. Archäol.-Epigr. Mitt. VHI 1884 S. 9: Grabschrift des Stierkämpfers 
Attalos, der nach vielen Siegen einem ßoOs dnrptos (Auerochs? Wisent?) erlegen 
war. Tocilescü, Fouilles et recherches en Roumanie S. 226t: Grabstein des 
Gladiators Skirtos. 

Serdica. IGR I 1453 Ehrung eines dpxtepeu^ und seiner Gattin als [£mT€- 
X£(T<xvt€s k]ci\ novojiax{[as k<x\ .... 

THRACIA. 

CONSTANTINOPOLIS. Über das von Septimius Severus in Constantinopel 
errichtete Amphitheater, das sog. Kuvlfriov, vgl. Unger, Quellen der byzant 
Kunstgesch. S. 284 f. und Real-Encykl. HI 11 26. 11 40 (Miller); IV 996 (Ober- 
hummer). Cod. Theod. XIV 6, 5 (419 n. Chr.): Verbot der Kalköfen interampki- 
theatrum et diui Iuliani portum per litus tnaris .... propter salubritatetn urbis 
atnplissimae et nostrarum aedium vicinitatetn. Das Amphitheater lag nahe dem 
Artemistempel, der sich an der Nordspitze des Serails erhob. Mit ihm ist nicht 
zu verwechseln das »Jägerviertel«, \xipoq toO kuvtjyoö, bei den Blachernen 
(Oberhummer S. 970). 

Philippopolis. Grabstein eines Gladiators: Arch.-Epigr. Mitt. XDC 1896 
S. 233 f.; ein andrer bei Kaibel, Epigr. gr. 529. 

Plotinopolis (?). Aus dem heutigen Dimotiko stammt der Grabstein eines 
Murmillo: Daremberg-Saglio Fig. 3586, die Inschrift Athen. Mitt. IX 1884 
S. 213 f. = IGR I 773 (V. 5 nXumvo7r]oXernöv ?). 

KRETA UND DIE ÜBRIGEN INSELN. 

CRETA. Auf Kreta sind zwei Amphitheater bekannt, in Gortyn (Real- 
Encykl. VII 1668, 3 [H auf dem Plan]) und Hierapytna (ebd. VIEL 1405); vgl. 
auch Bursian, Geogr. v. Griech. II S. 565. 578 und Falkener, A description of 
some important theatres and other remains in Crete (London 1854), der sich 
auf einen Bericht aus dem Ende des 16. Jahrh. stützt Das Amphitheater von 
Gortyn war danach ein Ziegelbau, das von Hierapytna unter Benutzung einer 



232 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [H. 621] 

Schlucht angelegt. Ein tnunus auf einer wahrscheinlich aus Cnossus stam- 
menden Inschrift (CIL DI 12042). 

COS. Aus der Stadt Cos stammen Gladiatorenreliefs mit den Inschriften 
Paton-Hicks, Inscript. of Cos nr. 138— 140 = IGR IV 1072 f. (darunter 138 = 

1072 neben dem Bilde eines Retiarius Kprroc direXuOi] ££uu Xoubou) und 

CIG 251 1 = Paton-Hicks nr. 141 = IGR IV 1075 <pani\{<x iuovou&xwv KC ^ vmo- 
|UVT]|ua kuvtit€(T{iüv Neiüiepiou KacTTptKiou Aeuxiou TTaKtüviavoO ätfiäpxou Ka\ 
AöpriMas ZainpoOs TTXaTiuvos Auavviavfte äpxiepeiris tuvaucös (xötoö. Biagi 
hat dies richtig von einem gemeinschaftlichen Begräbnisplatze der Gladiatoren 
und Venatoren, die diesem Ehepaar gehörten, erklärt, wie solche auch sonst 
vorkommen (s. unter Lesbos, Tralles, Aphrodisias, Smyrna usf. und CIL IX 
465 = Dessau 5083). Vermutlich war der Wohnort des Asiarchen Halikarnaß, 
und er hatte die Insel Kos nur zum Aufenthalt für seine Gladiatoren oder zur 
Anlegimg eines Begräbnisplatzes für sie gewählt. 

RHODOS. Das von P. J. Meier, Athen. Mitt. XV 1890 S. 162 ff. bekannt ge- 
machte Gladiatorenrelief des Triester Museums befand sich vorher in Privat- 
besitz zu Rhodus. Der Fundort ist unbekannt. 

LESBOS. Grabschriften von Gladiatoren IG XII 2, 447 — 457*), darunter 
447 die einer qpajnXfa jiovo^mxwv Map. KXdu. TpucpwviavoO vdou ica\ dpxrc- 
peias Opqpfas AaiXfas Zuütiou tuvaucös auroO. Gladiatoren- und Venatoren 7 
reliefs: Conze, Reise auf der Insel Lesbos S. 5. 16 und Ann. d. Inst. 1842 

Taf. Q 7. 9. 

THASOS. IG XII 8, 547 Rest einer Liste von Gladiatoren (Murmillonen und 
Essedarier), 548" — 551: Grabsteine von Gladiatoren, davon 547. 548. 550 Eigen- 
tum einer Hekataia. 

ASIA UND DIE ÜBRIGEN KLEINASIATISCHEN PROVINZEN. 

Auch von den in den asiatischen Ländern veranstalteten Schauspielen waren 
die hauptsächlichsten die von den Provinzialverbänden [cotnmunia, Koivd) der 
einzelnen Provinzen unter dem Vorsitz und auf Kosten der an der Spitze 
stehenden Priester gegebenen, vgl. Marquardt StV. I a 513 f. Kuhn, Stadt, u. 
bürgerl. Verfassung I 106 ff. Monceaux, De communi Asiae provinciae (Paris 
1885). Brandts, Real -Encykl. II 471fr. (Archiereus) und 1564 fr. (Asiarches). 
A. Schulten, Österr. Jahreshefte IX 1 906 S. 6 1 ff. Die letzte Erwähnung dieser 
Schauspiele ist aus dem Jahre 465, wo die Fechterspiele schon längst aufgehört 
hatten (Cod. Iust. 1 36). Daß in früheren Jahrhunderten dabei auch Gladiatoren 
nicht fehlten, ist vielfach bezeugt. Fechterspiele, von den Oberpriestern der 
Provinzen gegeben, erwähnt ausdrücklich ein Schreiben des Kaisers Alexander 
Severus (Cod. Iust. X 61) und der Bericht über das Märtyrertum des h. Polycarp 
(im Jahre 155; vgl. Marquardt a. a. O. S. 514 A.) bei Euseb. Hist. eccl. IV 15; 
Rufinus übersetzt 'Acxiäpxr]€ mit munerarius (Kuhn a.a.O. S. 115). Daher 
kommen in Inschriften öfters Gladiatorenfamilien im Besitz dieser Priester vor: 
CIG 251 1. 3213. 3677. 2194b. 2759b. Galen erzählt, daß er nach der Voll- 

1) Der Herausgeber bemerkt mit Recht, daß 448 — 457 sowie eine ganze Reihe andrer Gladia- 
torengrabsteine der Inseln und Kleinasiens aus einer einzigen, noch zu lokalisierenden Werkstatt 
zu stammen scheinen. 



[IL 622, 623] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 233 

endung seiner medizinischen Studien zu Alexandria von dem Oberpriester zu 
Pergamum (158 — 164) als Arzt für dessen Gladiatoren angestellt worden sei, 
wobei er sich einer neuen Behandlungsart bedient habe : Kord Tvxr\ v bk ttoXXujv 
T€9v€urruiv £v to?c SjunrpoaOev StccTiv t\io\ bl oötc tu)v ibs etprirai Terpwi^viuv 
änoOavövrot rxvbq oöt* ii äXXou Tpaunaros — infolgedessen sei er auch von 
den späteren Oberpriestern zu demselben Amt erwählt worden, XIII 599 K., 
vgl. XIII 564. XVIII B 561 (woraus sich ergibt, daß diese Schauspiele in den 
Sommer fielen). 

Die Gladiatorenschulen werden sich hauptsächlich in den Städten befunden 
haben, in denen die Provinzialfeste gefeiert wurden. In der Tat finden sich 
solche in Smyrna, Philadelphia, Cyzicus und Pergamum, die sämtlich Vororte 
der angegebenen Art waren. Aber zum Priestertum wählbar waren auch Bürger 
der übrigen zu der Festgenossenschaft gehörigen Städte, die ihre Gladiatoren 
teils an ihren Wohnorten, teils an andern zweckmäßig erscheinenden Orten 
unterhalten und einüben lassen konnten. Wenn daher an einem Orte Monu- 
mente gefunden worden sind, die sich auf Gladiatoren beziehen, so folgt daraus 
höchstens, daß dort eine Schule war, aber nicht, daß Fechterspiele gegeben 
worden sind. Daß übrigens in vielen Städten auch außer den Festen der Pro- 
vinzialverbände bei manchen andern Gelegenheiten Fechterspiele veranstaltet 
wurden, ist unzweifelhaft Über die kaiserlichen Gladiatoren in diesen Provinzen 
und auf Cyprus vgl. oben II 66, 2. 

Die Orte, in denen sich Spuren von amphithejttralischen Schauspielen oder 
darauf bezüglichen Einrichtungen nachweisen lassen, sind nach Provinzen ge- 
ordnet folgende 1 ). 

CARIA. Halicar nassus. CIG 2663 Inschrift eines Retiariers, der xaTs 
Nefi£<J€CFiv (s. oben S. 226) Weihgeschenke darbringt. 

Stratonicea. CIG 2719 Inschrift eines T. Flavius Leontis f. Quir. Aeneas, 
äpxt€paT€ucravTOC neTaXoirpeinj&s, £v 1 dpxiepuxruvij k<x\ jaovojaaxia<; dircT&cffcv, 
nach Böckh aus der Zeit der Antonine. Welches Oberpriestertum hier gemeint 
sei, ist ungewiß. 

Caryanda. Lebas-Wadd. 499: Stierkampfund Kuvrpriov. 

Mylasa. Bull. Corr. hell XII 1888 S. 11 f.: sehr verstümmeltes Ehrendekret 
für einen dpxiepeut, der unter andern auch Gladiatorenspiele gegeben hatte. 
Ebd. XV 1891 S. 542 f.: Weihung einer Reihe von KuvTjifoi [venatares) für den 
äpxiepeu<£ Leon. Hula und Szanto, Bericht über eine Reise in Karien, Wiener 
SitzJBer. CXXXII (1894) S. 17: Weihung eines Aoukios Beitbvios 'AXdHavbpos 
<rou|i|Liapoubr)€. 

Miletus. CIG 2880 Inschrift eines Propheten des Tempels der Branchiden, 
eines Sohnes äpxi€p£uuv tuüv Xeßatfrwv irouicrävTWV Gewpfac kn\ #m£pac bim 
ica\ fAovojüUXxiat (hroTÖnous Ivb #m^pa? betcabüo (äiroTOfios auch unter Philadel- 
phia, über diese »grausamen« Kämpfe s. oben II 75, 1). CIG 2889 enthält ein 
Verzeichnis von drei Myrmillonen, zwei Thrakern, einem Wagenkämpfer, die, 
wie es scheint, zwei Herren, Samia und Eucarpus, gehörten; die Zahlen der Siege 
(Nl) und Kränze (ZT) sind den Namen beigefugt, das zweimalige EAEY bedeutet 

x) Da die Zeugnisse zum größten Teil dem CIG entnommen sind, habe ich dessen Anordnung 
hier beibehalten. 



234 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [IL 624] 

wohl tXeuOcpwOefc (lideratus, oben II 62, 10, s. auch unter Aegae in Mysien). 
Rev. arch£ol. N. S. XXVII 1874 S. 112: Grabschrift 'AßacricavTC irpuißoicäTiup 

Xpn<rö xaipe- 

Tralles. Lebas-Wadd. 615: MovojtK&xoi TTott\{ou AoukiXiou TTeicrujvfrvou 
(Inschrift eines Begräbnisplatzes). CIG II Add. 2942 b und c = Kaibel, Epigr. 
gr. 290. 291: Grabschriften von Gladiatoren. 

Nysa. Das dortige Amphitheater, beschrieben von Strabo XIV 639, lag Iv 
Xapdbpcy, wie das korinthische. Der Name, den ihm Strabo gibt, darf nicht 
darüber hinwegtäuschen, daß es vielmehr ein Stadion ist, wie denn die Arena- 
kämpfe im Osten überall da, wo kein eigentliches Amphitheater vorhanden 
war, im Stadion stattfanden (s. unter Smyrna). Über die großartige Anlage 
v. Diest, Nysa ad Maeandrum (Erg.Heft des Arch. Jahrb. X) Berlin 19 1 3 S. 42 ff. 

Aphrodisias. CIG II Add. 2759b: qpajuiXfa Zrjvwvosr toO 'YipucXfous toO 
c Yi|jikX£ous toO cpuaei Zrjvuuvos 'YipucXfous, äpxiep£ius, jliovojli<4xu)V k<x\ Kara- 
bixuiv xa\ TaupoKaOairnftv. Texier, Asie mineure (Paris, Didot 1862) S. 647: 
»A lune des extremites (des Stadions) an vait hfleur de terre un mur circulazre y 
qui parait avair forme un petit amphitfieätre, dont la construction est du temps 
de la decadence. Je ne tnentionne ce fait que parce quefai trouvi de semblables 
constructions dans deux autres Stades quefai mesures sur les cbtes d'Asie, celui 
de Perga et celui d^Aspendus.* 

LYDIA. Smyrna. CIG 3213: q>a|iiiX{a ^ovojidxwv A. Tt|uwjvos 'Affidpxou 
veunipou; außerdem Inschriften einzelner Gladiatoren: 3275 (Retiarier), 3291 
(fTnrobirfjKTiit scheint von Böckh richtig für einen Gladiator gehalten zu werden), 
3368. 3374 (Thraker), 3392 (Myrmillonen), Kaibel, Epigr. gr. 307a (linkshändiger 
Gladiator, s. oben II 69, 8). Die Grabstätte einer (pajüuXfa i&ovojüu&xwv auch Athen. 
Mitt. VI 188 1 S. 266. Das Martyrium des hl. Polycarp fand im Stadion statt 
(Eusebius, nach Hieronymus De viris illustr. 27 in ampkitAeatro)*). Relief mit 
inschriftlich bezeugter Darstellung von TOtupOKaOdijna (CIG 3212) Arch. Jahrb. 
VE 1892 S. 72. Reliefs mit Bildern aus einer Venatio: Stark, Nach d. griech. 
Orient S. 383 t (auch Keller, Tiere d. klass. Altert. S. 70), Gladiatorenreliefs 
ebd. S. 388. 

Ephesus (?). Zwei angeblich aus Ephesus stammende Gladiatorenreliefs 
des Berliner Museums bei P. J. Meier, Arch. Zeit. XL 1882 S. 147 ff. mit Taf. VL 

Philadelphia. CIG 3422: — &p%\epaa&nevov — KC ^ &6vra KOvrpOKiivn- 
x£(ftov £v6Cutov £k Berns quXobuuptac. Francke erklärt: Kampf eines einzelnen 
Tierkämpfers oder mehrerer einzelnen mit je einem Tier; die Kämpfer mit 
einem Kovrdpiov (Jagdspieß) bewaffnet. 

MYSIA. Cyzicus. Das Amphitheater liegt vor der Stadtmauer in einem 
schluchtartigen Tälchen, dessen Abhänge z. T. die Cavea bilden. Der Bach 
wird unter der Arena durchgeflossen sein (vgl. Pergamum und Nysa), doch 
scheint auch die Möglichkeit der Ableitung bestanden zu haben (s. den Plan 
bei Hasluck). Das Gebäude ist in Eile, hauptsächlich aus älteren Materialien, 
auch Stelen, aufgeführt, nach deren Prüfung sich als Zeit der Erbauung etwa 

1) S. auch Nysa. Das Stadion als Schauplatz der Gladiatorenspiele und Venationen nennen die 
Grabschriften Kaibel, Epigr. gr. 350. 351 (Nicaea Bith.), 407 (Sagalassus) sowie die unter Tomi 
angeführte. 



[H. 625] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 235 

die Mitte des 3. Jahrhunderts ergibt, wo (nach den erhaltenen Namenlisten) die 
Romanisierung der Stadt schon sehr vorgeschritten war. Ältere Beschreibung 
bei Texier a. a. O. S. 169, jetzt Hasluck, Cycicus S. 15 und Rustafjaell, Journ. 
Hell. Stud. XXII 1902 S. 187 mit Fig. 6 und 7, Bildern der noch stehenden 
Trümmer. Grabschriften von Gladiatoren QG 3677 (Gladiatorenfamilie). Lebas- 
Wadd. 1757 (betiiepos it&kos Opquc&v — dvveAicis mjKreucxas ipxeTO elq 'Atbriv). 
Athen. Mitt. VI 1881 S. 124 (TrpoßoicdTwp). 

Dardanellen. Grabstein eines Gladiators Galates; Archäol.-Epigr. Mitt. I 
1877 S. 7. 

Pergamum. Die eindrucksvolle Ruinq des Amphitheaters liegt in einer 
kahlen Schlucht abseits der Stadt, ihre Mauerreste ragen noch bis zu 26 m 
Höhe empor. Tief unter der Arena floß der überwölbte Bach hindurch. Be- 
schreibung und Pläne bei Texier II S. 227 fr. mit Taf. 120. 121; Band VI des 
Pergamonwerks, der die römischen Bauten bringen soll, steht noch aus. Ari- 
stides or. 50, 16 (II 429 K.) erwähnt eine Taupuuv 6i*jpa, vgl. dazu die xaupo- 
Kd6ai|Jis Inschr. v. Perg. nr. 523 (oben II 88, 11). Gladiatorenschule oben II 
66, 1. Grabschrift eines Gladiators (?): Kaibel, Epigr. gr. 333 a = Inschr. v. 
Perg. nr. 577. 

Aegae. Unter der Weihinschrift am Gebälk der bekannten Markthalle ziehen 
sich eine Reihe Gladiatorennamen hin (fünf Essedarier, zwei Murmillonen, ein 
Thrax, ein Retiarier), die offenbar bei den zur Einweihung gegebenen Spielen 
kämpften. Das jeweils hinzugefügte £X(€u6epuu6€ic) oder boO(Xos) bezeichnet 
die Freilassung nach dem Kampf oder die weitere Knechtschaft (R. Bohn, 
Altertümer von Aegae S. 25 ff. 67 f. mit Mommsens Kommentar). 

PHRYGIA. Laodicea ad Lycum. Cic. ad Att. VI 3, 9: Hortensius filius 
fuit LaodUeae gladiatoribus flagitiose et turpiter. CIG 3935 = IGR IV 845 : 
Errichtung eines dj-upiOdarpov Xeuic6Xi9ov durch Nikostratos im J. 79 n. Chr.; 
dieselbe Tatsache berichtet CIG 3936, eine Ehreninschrift für seine Tochter 
Tatia. Da sich von einem Amphitheater in Laodicea keine Reste finden, ist 
vielleicht das Stadion gemeint (s. unter Nysa). CIG 3942 = IGR IV 857 : Mvf^juia 
jiovojiaxibwv bo6£vrwv (mö äpxtepdux; xa\ <rr€9<xvr|96pou AiokÜouc toO 
MfirpocpfXoi). 

Ancyra am Macestus. IGR IV 555 = Lebas-Wadd. 1011 (CIG 3847*) 
Ehrung eines Menelaos u. a. kuvtjtiöv tc TroXureXfes k[<*^ Ttap]<4boHov nerä ttäcTtk 
otroubfte 7rapa[ax6fi€]vov. 

Hierapolis. Pfeiler mit Reliefs von Gladiatorenkämpfen und Beischriften: 
Humann u. a., Altertümer von Hierapolis S. 62. Pfeilerkapitell mit Tierkämpfen: 
ebd. S. 63 f. Grabschrift eines 8r|piOTp6<po<;: ebd. S. 179 = Kaibel, Epigr. 
gr. 389. 

BITHYNIA. Nicaea. CIG 3765. 3766 (IGR III 43. 44) = Kaibel, Epigr. 
gr- 350- 35 *• Grabsteine von Retiariern (350 beuiepos ird\os, 351 vorher 
Venator). 

Nicom edia. Plin. ep. ad Trai. 3 1 f. : Anfrage an Trajan wegen der Behand- 
lung der Verbrecher, die zu Nicäa und Nicomedia in ludum damnati waren, 
und Antwort; vgl. oben II 54, 5. 

GALATIA. Ancyra. Auf dem linken Türpfeiler des Augustustempels be- 



236 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [H. 626] 

findet sich ein Verzeichnis der pentaeterischen Schauspiele, die raXcrrtfiv o[i 
f€]pacr6ju€V0i Geoi ZeßacTTiu k<x\ Geqt 'Pdbjiij unter Tiberius ausrichteten (CIG 4039 
=IGR EI 1 57 =Dittenberger Or. gr. 533, vgl. Rostowzew, M61. Boissier S. 41 9 ff). 
Neben öffentlichen Mahlzeiten und Schauspielen anderer Art erscheinen Gla- 
diatorenspiele, Tierhetzen, Stierkämpfe, so bei dem ersten Fest jiovojiaxuuv 
Ceufri TpiaKOvta und Kuvrjxiov Taupwv k<x\ 0r|p{iuv (vgl. auch Stähelin, Gesch. 
d. kleinas. Galater S. 102). 

PAPHLAGONIA. Amastris. Lucian. Toxaris 57 f. läßt den ScythenSi- 
sinnes hier mit einem Gladiator für den Preis von 10 000 Drachmen kämpfen, 
um seinen Freund unterstützen zu- können. Dem Gladiatorenspiel geht eine 
Tierhetze voraus. Vgl. oben II 60, 1. 

PONTUS. Amisus. Archäol.-Epigr. Mitt. XVIII 1895 S. 230=IGR m 97 
= Cumont, Festschr. f. Hirschfeld S. 271, 5 (209 n. Chr.): Inschrift einer qmiuiXia 
jnovo|i(4xu)V tujv Trep\ KaXubwvot. Cumont, Cat. des Sculpt. des Mus£es du Cinqu. 9 
191 3 S. 102 nr. 80: Grabrelief und metrische Grabschrift eines Dimachaerus 
(s. unten S. 265, ffou^dpou wohl = summa rudis). 

Sebastopolis. Dittenberger, Or. gr. 5 2 9 = IGR HL 1 1 5 = Cumont, Festschr. 
f. O. Hirschfeld S. 272, 1: Ehreninschrift für M. Antonius Rufus dpxiepa<?d|ie- 
vov bid ßiou tCD GetüTdrifi auroxparopi 'AbpiaviD — k<x\ KUVTn^ffia k<x\ jliovo- 
jiiaxia? bicupepouaa? Trape<rxim4vov. 

Amasia. IGR III 1438 (Cumont S. 273) Grabstein des Retiariers Pinnas, und 
1439 (Cumont 275): des Bärenkämpfers Troilos. 

Sinope. Die Inschrift eines Pontarchen CIG 4157 erwähnt Taupoica9di|na 
Ka\ KUVTiTtoiov Ka\ jiaxiav. 

CAPPADOCIA. Comana. Amphitheater, von dem 10 steinerne Sitzreihen 
erhalten sind, H. Grothe, Meine Vorderasienexpedition 1906 und 1907 (1911) 
I S. CCLI, von v. Strzygowski ebd. S. CCXV als Theater bezeichnet Abbil- 
dung bei Grothe, Geograph. Charakterbilder aus der asiat. Türkei (1909) 
Abb. 43. 

LYCIA. Telmessus. IGR III 541 (Benndorf-Niemann, Reisen in Lylrien 
S. 41, Nachtrag S. 157): Grabstein eines Retiariers mit der Inschrift: c Epjiei 
TTarrpaefriit nerd tujv auvKcXXapbuv (ohne Zweifel gab es dort also eine Gla- 
diatorenschule). IGR III 539: Ehrung eines dpxiepeu? durch das koivöv Auk(wy 
wegen Veranstaltung von novo|uiaxtai und Gripiojnaxiat; vgl. IGR IE 681 bona 
TeXfiTjcrcreOaiv Kuvffrioi ktX. 

Rhodiapolis. IGR IE 739, XVII A Z. nf. und Heberdey, Opramoas 
S. 46: Ehrung für den Lykiarchen Opramoas wegen Veranstaltung von Kuvifria 
und jaovojaaxfcu. 

Oenoanda. IGR HL 492 (Licinius Longus) dtairdvTa K\)vr\ii(S\a xa\ fiovo- 
fiaxta^ fjjLiepujv büo dpxiep&us ZairfpbiuTOs (im J. 126 n.Chr., vgl. Heberdey 
a. a. O. S. 69) irpö tx\<; Auxtapxiac; vgl. ebd. nr. 500 HI 35 ff. 

Lydae. IGR HI 500 (C. Julius Heliodorus) [bdvta bi x]a\ eis Ipya 46vucd Ka\ 
[eis dirÄva? Ka\] jiovofiaxia? Ka\ KufvfiT^ia? ... (140 n. Chr.). 

Xanthus. IGR III 631 (Philippus) bövifa bi m\] Iv Tip Upij> rf\? AnxoO? 
TrpoKuvnTici? Ka\ raupojiaxtav xa\ Bnpoiuiaxtas kt\. 

Patara. IGR III 681 b6v[t]a [ kJuv/jyw k<x\ TrpoKuvJiTia ktX. 



[IL 627,628] XVI. GEBÄUDE FUJI DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 237 

HSIDIA und LYCAONIA. Sagalassus. CIG 4377 = IGR III 362 = Kaibel, 
Epigr. gr. 407 (Grabschrift, zugleich Ehreninschrift): äpicrouc irapbdXids T€ 
KarfKTavev f\bk XIovt<x<; tfqpiöv KTedvwv iraTpTiv Trpeaßurdpnv G^nevos. 

Antiochia Pisidiae. CIL III 6837 — Dessau 5081: Ch. Dottio Dotti Ma- 
ry llinifil. Ser. Planciano patr. col.flam. Ilvir. Ilqq. muner. II (munerario 
iterum) et agonothe. perp. certatn. qq. taiant. asiarc. templ. splend. dvit 
Ephes. etc. 

Iconium. Ammian. XIV 2, 1: (Isauri) apud Iconiutn Pisidiae oppidum in 
amphitheatrali spectaculo feris praedatricibus obiecti sunt. 

PAMPHYLIA. Perge und Aspendus: vgl. oben S. 234 zu Aphrodisias. 

Attalia. IGR III 780: dpxifejpaad^evov Terpaeriav k<x\ ImiOitaavra kuvtj- 
T€<Jfa[s] kcA |Uovo|uaxia<; fieiraXo7rp[€]7nj&s ktX. 

Selgae. IGR III 382: dpxiepa<J<Vevov toO oTkou tu>v leßacfTwv 4m<pavu>c 
hri T€ biavojuuxTs Kai Oeuupicus Ka\ |Uovo|iax{ai£ Ka\ KUvrifecrtoK ktX. 

CILICIA. Aegae. Philostrat Vit. Apoll. II 14 läßt den Apollonius erzählen: 
(ptiiK?) \i£v, fjv elbov £iph £v Altaic Ka6€ipYn£viiv eis kuWitux, outws £tt£v0ii<J€v 
d7ro0av6vTa töv cncujivov, &v Iv tu» oliciaicqj dir€KÜr)0€v, \b<; \it\ irpocrb&acxOai 
Tpiwv f||i€pujv ctTtov, koutoi ßopcüTairi 6r)p(wv oucra. 

Antiochia am Kragos. IGR III 837: in einem koivö? rdcpoc u. a. ein 
MiuTfi? Nrj<ftO{ |HOVO)idxo^. 

SYRIA MIT PHOENICIA UND PALAESTINA. 

Antiochia. Ein angeblich von Cäsar auf der Akropolis erbautes Amphi- 
theater (Malalas p. 2 1 7) soll Valens in einen Schauplatz für Tierkämpfe ver- 
wandelt, Theodosius zerstört haben (O. Mueller, Kunstarchäol. Werke V 80, 
vgl. Liban. or. 1 1 , 2 1 9 (I 5 1 3 F.) : rfc b 3 öv £<ptKorro bicHidiv frepa Oedrpwv 
dbr), Td |i£v d9Xr|TaT<; £vaYwv((Ta<J9ai ireiroirm^va, xd b J dvbpdcft irpös Bvipia). 
Gladiatoren müssen in Antiochia wenige Jahre nach Constantins Verbot blu- 
tiger Schauspiele (325) aufgetreten sein, da der um 314 geborene Libanius De 
vita sua 5 (I 82 F.) sich rühmt, im Alter von fünfzehn Jahren dies Schauspiel 
verschmäht zu haben. Er erwähnt Gladiatorenspiele häufig, wie Ep. 218 (vgl. 
220), wo er beklagt, daß sein Vetter mit der Anschaffung von Tieren und Tier- 
kämpfern sein Vermögen verschwendet habe. Andre Stellen gibt Gothofred. 
ad Cod. Theodos. Xu 1, 103. 

PHOENICIA. Berytus. Julius Agrippa baute hier ein Amphitheater, in 
dem er zwei Haufen von je 700 Verbrechern miteinander kämpfen ließ (Joseph. 
Ant. lud. XIX 336 f.). Ebendaselbst ließ Titus eine große Anzahl von gefange- 
nen Juden durch ein Gladiatorenspiel umbringen (B. I. VII 38 — 40). Daß nicht 
zufallig Constantins Verbot der blutigen Schauspiele (325) hier erlassen wurde, 
bemerkt Gothofred. ad Cod. Theodos. XV 12, 1. 

PALAESTINA. Caesarea. Herodes erbaute hier ein Amphitheater, ttoXuv 
öxXov b£x€(T0ai buvdfievov ica\ Keijaevov iTriTTibeiwc diroirrcuetv eis Tf|v G&XaTrav 
Joseph. Ant. lud. XV 341. Dort feierte er den von ihm 8 v. Chr. zu Ehren 
Augusts gestifteten periodischen Agon, irapetfKeudicei bfe ttoXu rrXf]9o? juovo- 
\i&Xivv k<x\ 6rip(wv, Tinrwv t€ bpdnov xa\ Td 7roXuT€X4<FT€pa tiöv Iv ifji c Pu>Hij Kai 
irap* äXXoic ticx\v imTiibeuiuuiTwv. 



238 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [IL 629, 630] 

Hierosolyma. Joseph. Ant. lud. XV 273 f.: irapattceu?) bi k<x\ Gtjpiuiv bftr 
vero (bei der Feier desselben Agon) Xcövtwv T€ irXeiaTWV aöriD auvaxÖ^VTujv 
Ka\ twv äXXuuv, ocra Ka\ Td? dXicds ÖTrepßaXXoüaa? lxt\ xa\ Tf|v qpiicnv £<tt\ cma- 
viurrepa • TOUTwv aÖTiüV T€ tzpbq &XXriXa (Xu^mXoKa\ k<x\ fidxai irpö? aörd tu>v 
KaT6fvu)(T|üi^vu)V dvBpiimwv ^TreTTibeuovTO, toi? jiifev Elvoi? öcnXriHts 6jlio0 Tifc 
baTrdvfi? Ka\ ipuxaYWTH* twv 7iep\ *rf|v Gdav Kivbuvwv, toi? tf ^mxwpioi? qpavepd 
KcmiXiKTis tujv TimjüjalvtüV rcap' auTOi? £0ujv. Oros. VII 30, 5 : [Iulianus] ampki- 
theatrum Hierosolytnis extrui iussit, in quo reversus aParthis episcopos monachos 
omnesque eins loci sanctos bestiis — obiceret Die Nachricht fehlt, wie Zange- 
meister bemerkt, in Orosius' Quellen, sie sieht überhaupt wenig glaubhaft aus. 

Gerasa. Im Süden vor der Stadt liegt ein mit einer Naumachie verbundenes 
Stadion, das aber nach Form und Größe (Arena 90 X 55 m) wohl hauptsäch- 
lich den Arenaspielen diente (Schumacher, Ztschr. d. deutsch. Palästinavereins 
XXV 1902 S. 159 fr.). 

Hiericus. Nach dem Tode des Herodes (4 v. Chr.) ZaXibyri Ka\ ^AXeEa? 
(Tuvairair6vTes tö (PrpaTtumicöv el? tö d|ui(pi64aTpov tö £v 'kpixoOvn 7rpuiT0V \ibt 
dTTi(TToXf|v dv^TVwcrav npö? toö? (TTpaTiiirra? Y€TP<w£vriv ktX. (Jos. A. J. XVII 
194). Ders. B. I. J 666: IaXdbjar| — (TuvfiTcv (xötou? (toü? (rTpaTiiirra?) ei? diacXT|- 
ffiav |i€Td toö Xomoö irXnOou? tv tuj KaG* c lepixoOvTa diüKpiGediptfi. 

AEGYPTUS, 

Alexandria. Das Amphitheater in der Vorstadt Nikopolis muß unmittelbar 
nach der Okkupation Ägyptens durch die Römer gebaut sein, da schon Strabo 
es kennt (XVII 795: d|u<pi6£aTpov kcA ordbiov k<x\ ol irevrenipiKol dttöve? iicei 
(TuvreXoOvrai). Auch gab es hier schon unter Augustus eine kaiserliche Gladia- 
torenschule (s. oben II 65, 17). Joseph. B. I. II 490: kci\ bf\ tujv 'AXeSavbptwv 
£KicXri<Xia£6vTiuv 7rep\ f\<; JjicXXov £iard|um€iv Ttpcaßeia? in\ N£puuva, auvcppuriaav 
jifev ei? tö djacpieteTpov Sfia toT^EXXticXi (Tuxvo\ loubaiiuv. Von diesem Amphi- 
theater hatte die papyrus amphitheatritica, benannt a confecturae loco (Plin. n. h. 
XIII 75. 78) den Namen (Birt, Antik. Buchwesen S. 248). Ein ludus mono- 
machorum Pap. Lips. 57. 

CYRENAICA. 

Cyrene. Ein Amphitheater beschreibt Beechey, Proceedings of the expe- 
dition to explore the N. coast of Africa from Tripoli eastward 1821 and 1822 
(1828) S. 529, doch wird wohl eine Verwechselung mit einem der Theater vor- 
liegen, da R. M. Smith u. E. A. Porcher, History of the recent discoveries at 
Cyrene (London 1864) kein Amphitheater erwähnen. Bilder von Tierhetzen und 
Gladiatoren in der Nekropolis: C. Pacho, Voyage de la Marmarique Taf. 52, 53. 

Ptolemais (Tolmeta). Reste eines Amphitheaters erwähnt nur Beechey 
a. a. O. S. 381. 

Berenice. CIG 5362 : Alia^o? OüaXepio? Tdou uiö? Aiovumog toü? oTkou? 
tKOvlacrev xa\ tö djucpiGdaipov KctTetficeuacxe rot? iöiot? bairavtiiiacTiv [Bepevi- 
kIuüv] t# iroXiTeujuiaTi. Ebd. 5361: "Etou? ve Oawcp ice (nach Böckh 22. Oktober 
1 3 v. Chr.) Ehrendenkmal der jüdischen Gemeinde für einen Mdpico? Ttrnoc 
IÖtou uiö? AifLiiXiqi — TrapatevTiOeU ei? rf|v £7rapxe{av £tt\ briyodwv irpaTliä- 
twv ktX., das ei? töv ^mcrrmoTctTOV tottov toö djicptGeaTpou gestellt werden soll. 



[IL 631] XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 239 



MASZE VON 71 AMPHITHEATERN. 

Die folgenden Maße können und sollen, auch da, wo sie sowohl für die 
inneren als die äußeren Achsen angegeben sind, nur eine ungefähre Vorstellung 
von der Größe der betreffenden Gebäude geben. Denn trotz scheinbarer Ge- 
nauigkeit stimmen die verschiedenen Messungen derselben Amphitheater fast 
nie überein. So gibt von dem Amphitheater zu Thysdrus Pellissier folgende 
Maße (der Längen« und Breitenachse des ganzen Gebäudes) : 1 3 7,6 5 X 1 1 5,90 m ; 
Pelet 139,35X119,53 m; Coste 150X130 ni; Gu6rin 149X124 m. Von dem 
Amphitheater zu Puteoli gibt Pelet folgende Maße der Achsen des Gebäudes 
und der Arena: 190,95 X 144*87 und 111,95 X 65,85 (welche größer sind als 
die des Kolosseums) ; dagegen Beloch, Campanien S. 1 38 : 1 47 X 1 1 7 und 72X42 
mit der Bemerkung, daß die gewöhnlich angegebenen größeren Maße falsch 
sind. Ich habe die in den landesüblichen Maßen angegebenen Dimensionen 
überall auf Meter reduziert und die Messungen aus den zuverlässigsten Quellen 
entlehnt. Auf vollkommene Genauigkeit machen aber nach dem eben Ange- 
führten nur die wenigsten Anspruch; manche werden grobe Fehler enthalten. 



Große Achse 



Kleine Achse 



des ganzen Gebäudes 



Große Achse 



Kleine Achse 



der Arena 



Roma Amph. Flavium . 

Capua 

Italica 

Augustodunum .... 

Verona 

Thysdrus 

Divodurum Med. . . . 

Aquileia 

Puteoli 

Aug. Treverorum . . . 
Ära Romae et Augusti . 
Limonum Pictonum . . 
Augustoritum .... 

Arelate 

Pergaxnum 

Pompei 

Caesarodunum . . . . 

Logadonum 

Pola 

Nemausus 

Burdigala 

Tarraco 

Mediolanum Santonum 

Catina 

Salona 

Luca 

Ariminnm 

Spoletium 

Aug. Bagiennoruxn . . 



ca. 



ca. 



187,8 
169,9 

156,5 

'54 

153,2 
149 

148 

148 

H7 
140 

140 
X3» 

136,5 
136,2 

I35i7 

135 

133 

132,6 
132,2 

i3i,5 
130 

"9,5 
126 

"5,9 

"3,9 
120 

119 

119 



155,6 
139,6 

134 

130 

122,9 

124 

«4,3 
112 

117 

ca. xio 

117 

"5 

"3 

io7,3 
128 

104 

120 

. "o,5 
105,1 

101,4 

HO 

ca. 102 

105,3 
106 

102,4 

96,4 

9i 
90 

93 



85,8 
76,1 

74 
75,7 
64,5 
65,1 

72 
70,6 

86 

69,5 
51 

66,7 
68 

67,8 

69,2 

75 

»4,5 
78 

7o,7 
66,9 

80, x 
76 



53,6 
45,8 

49 
44,4 
39 
4i,4 

42 
49,2 

68 

39,4 
37 
35 
30 

4i,7 
38,6 

53,6 
55,2 
45,6 

49,5 
43,2 

53,4 
47 



240 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE [IL 632] 



Forum Inlii 

Vindonissa 

Lupiae 

Emerita 

Durnovaria 

Lambaesis 

Aventicum 

Urbisalvia 

Colonia Traiana (Vetera) 

Tipasa 

Patavium 

Vetera castra .... 

Carnuntum 

Alba Fucens 

Roma Amph. castrense 

Libarna 

Caralis 

Cales 

Aquincum 

Aug. Praetoria .... 
Baeterrae ...... 

Isca Silurum 

Abella 

Rusicade 

Ocriculnm. ..... 

Octodurus 

Tusculum 

Cemenelum 

Paestum 

Veleia 



Große Achse 



Kleine Achse 



des ganzen Gebäudes 



"3,9 
112 

110 

108 

105,2 

104 

103 

100 

100 

ca. 100 

99,3 
98 

97,7 

93 
90 

ca. 90 

88,5 

87.» 
86,5 
86,1 
86 

83 
ca. 79 

78 
ca. 75 

74 
70 

69 

5 6 »9 
ca. 54 



82,2 
98 

83 

83 
101,6 

94 

93 
76 

90 

ca. 85 

62,6 

84 

75,3 

35 

75 
ca. 57 

72,9 

59 

75,5 

73,9 

70 

67 
ca. 53 

59 

cft-53 
62 

5* 

57 

34,4 
ca. 45 



Große Achse 



Kleine Achse 



der Arena 



67,7 
64 

75,4 
59,8* 
72 

58 
58,5 

74,3 

47,5 
72,2 

79 
75 

47,4 

53,4 

76 
62 

50 

48 
5i 

37 



39,7 
5i 

52,6 

53,7 
62 

34 
49 

36 
34,5 
44,3 
21 

60 

33,i 

45,5 

58,5 
48 

36 



29 
37 

25,5 



Von den folgenden Amphitheatern sind nur die Maße der Arena bekannt: 



Corinthus . . 
Carthago . . 
Augustomagus 
Syracusae . . 
Luna .... 
Casinum . . 
Grumentum . 
Rutupiae . . 
Falerii . . . 
Sutrium . . . 
Tolosa . . . 
Venta Silurum 



— 


— 


88,4 


57,9 


— 


— 


85 


53 


— 


— 


75 


68 


— 


— 


7o,9 


40 





— 


63 


37 


— 


— 


ca. 63 




— 


— 


62,6 


60 





— 


61 


50,6 


— 


— 


54,3 . 


3*,7 


— 


— 


5o 


40 


— 


— 


48,8 


26 


— 


— 


44,2 


36,9 



B. ZIRKUSANLAGEN IM WESTREICH. 

Das Verzeichnis stützt sich im wesentlichen auf den Artikel von Pollack und 
Hülsen, Real-Encykl. III Sp. 2571fr. (ältere Literatur Sp. 2585). Es umfaßt 
die in Ruinen noch vorhandenen oder sonst sicher feststellbaren Zirkusbauten. 



XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 241 

ITALIA. 

Roma. Über die Zirkusanlagen Roms vgl. Hülsen a.a.O. Sp. 2572fr. 
Jordan-Hülsen, Topogr. d. Stadt Rom I 3 S. 126 ff. (Circus Maximus), 548fr. 
(Circus Flaminius), 657 t (Circus Caligulae) und Kiepert-Huelsen, Formae urbis 
Romae antiquae* S. 68. Den unbestrittenen Vorrang hat stets der mächtige 
Circus maximus im Tal zwischen Palatin und Aventin behauptet, in dem als 
letzter Spielgeber Totila im Jahre 549 rennen ließ. Neben ihm stand seit 221 
v. Chr. der jetzt fast völlig verschwundene Circus Flaminius im südlichen 
Marsfeld unterhalb des Kapitols. Der circus Gai et Neronis principum in Va- 
ticano, wie ihn Plinius nennt, war, innerhalb der kaiserlichen Gärten gelegen, 
zum mindesten ursprünglich der Öffentlichkeit entzogen. Später wird er nicht 
mehr genannt, der Bau von St. Peter muß ihn beseitigt haben. Über die Aus- 
grabungen von 16 16 vgl. Hülsen, Miscellanea Ceriani (1 9 10) S. 255 fr. 

Außerhalb Roms (Hülsen a. a. O. Sp. 2582 f.) lag am 5. Meilenstein der Via 
Portuensis der Zirkus derArvalen, der in ihren Inschriften öfters genannt 
wird, ohne daß seine Spuren kenntlich sind. Hingegen ist noch vortrefflich 
erhalten der Zirkus des Maxentius an der Via Appia, den Maxentius 309 
n. Chr. seinem jung verstorbenem Sohne Romulus geweiht hat, dessen Grab 
in einem großen Rundbau nahe dem Zirkus zu suchen sein wird. Der Bau 
mag errichtet worden sein in Nachahmung des Zirkus vonBovillae weiter 
draußen am 12. MeÜenstein der Via Appia, der zum Sacrarium der Gens Julia 
gehörte (vgl. auch Nissen, Ital. Landeskunde II 586). Auch er ist in Ruinen 
leidlich erhalten. 

Puteoli. Der Zirkus ist noch in seiner ganzen Ausdehnung kenntlich, vgl. 
Beloch, Campanien S. 142 und Dubois, Pouzzoles antique S. 347.; Plan bei 
Jorio, Guida di Pozzuoli, Atlas Taf. 4. 

Aquileia. Der Zirkus, im Innern der erweiterten Stadt gelegen, lehnte sich 
mit der einen Langseite an die Stadtmauer an, vgl. Maionica, Führer d. d. 
Staatsmuseum Aquileia (Wien 1919) S. 96. 

SICDLIA. Catina. Die Reste des Zirkus liegen unter dem Lavastrom von 
1669, vgl. Holm, Gesch. Sicüiens im Altertum III S. 239. 

GALLIAE. 

Arelate. Reste des Zirkus sind mehrfach aufgedeckt worden, vgl. Caumont, 
Ab6c£daire d'arch^ologie, Ere gallo-r omaine a S. 284 und H6ron de Villefosse, 
Bull. Soc. Ant. France 1909 S. 300 fr. (danach Arch. Anz. 1910 S. 345)- Auf 
seiner Spina stand einst der heute vor S. Trophime aufgestellte Obelisk. CIL 
XII 670: Ludi circenses, vgl. auch Amm. Marc. XTV 5, 1. 

Arausio. Reste des Zirkus sind nahe dem Theater noch erhalten, vgl, Ca- 
ristie, Mon. ant. ä Orange Taf. 51 und kurz Caumont S. 284. 

Nemausus. Der Zirkus lag im Südwesten der Stadt, vgl. den Stadtplan 
bei Blanchet, Enceintes romaines de la Gaule S. 206. 

Vienna. Über den Zirkus, von dem zu verschiedenen Zeiten noch Reste 
der Sitzstufen und der Spina gefunden worden sind, vgl. Bazin, Bull, archeol. 
1891 S. 334 f. Auf der Spina steht, bis heute erhalten, die sog. Aiguille, ein 
Obelisk über einem vierbogigen Tore (Abb. bei Caumont S. 285). 

Friedlaender, Darstellungen. Anhang. l6 



242 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 

Lugudunum. CIL XIII 1919 = Dessau 3659: Loca n. D in circ. Sex. lul. 
Ianuarius aedil. dat, vgl. 1805: — loca quae Julius Ianuarius rei p. dona- 
verat, centonari suo impendio restituerunt. Ebd. 1921 = Dessau 7024: Ludi 
circenses. Die Lage des Zirkus ist nicht bekannt, vgl Hirschfeld zu 1805 und 
Bazin, Bull. arch£ol. 1891 S. 362 f. 

HISPANIAE 1 ). 

Tarraco. Über die Reste des seltsamerweise in der oberen Stadt gelegenen 
Zirkus vgl. Puig y Cadafalch, L'arquitectura romanica a Catalunya 1 113 fr. mit 
Plan und Abb., kurz Hübner, Rom. Herrschaft in Westeuropa S. 204. CIL II 
43I4- 4315 = Dessau 5299. 5301: metrische Grabschriften zweier Wagenlenker 
Eutyches und Fuscus. 

Saguntum. Die Ruinen des Zirkus sind stark verbaut, vgl. Puig y Cada- 
falch S. 1 1 6 f. mit Grundriß und Ansicht. 

Aurgi. CIL II 3364 = Dessau 3657: Zwei Sevirn loca spectaculorum nu- 
tner o CC singuli ex duplici pecunia — dederunt donaverunt*). 

Urso. De Lex Ursonensis erwähnt einen Zirkus (c. LXXI). 

Zafra. CIL II 984 = Dessau 5660: Zwei Sevirn podiutn in circo p. dec. {p. 
2?<7Mommsen) — d. s.p.f. c. 

Emerita. Den Zirkus erwähnt Demiani, Ztschr. f. bild. Kunst XL VIII 19 13 
S. 62. 

Balsa. CIL II 5165. 5166 = Dessau 5658. 5658*: zwei Stifter podiutn drei 
p. (5166: pedes) Csua itnpensa d. d. 

MAURETANIA. 

Caesarea. Unbedeutende Reste eines Zirkus, vgl. Gsell, Mon. ant de l'Al- 
g£rie I S. 204. 

Auzia. CIL VHI 9065 = Dessau 5661: — perfectis metis et ovaris — ; 9052 : 
Ludi circenses. 

Saldae. CIL VIII 8938 = Dessau 5078: Ludi circenses. 

AFRICA 3 ). 

Carthago. Der Mitte des 19. Jahrh. schon sehr zerstörte Zirkus ist jetzt 
völlig verschwunden, vgl. Oehler, Real-Encykl. X Sp. 2215 f. mit Literatur- 
angaben. 

Leptis magna. Spärliche Reste des Zirkus, vgl. Nouv. Arch. des Miss. 

scientif. X 1903 S. 266 f. mit Taf. I H. 

» ^ 

1) Die zahlreichen Städte, für die ludi circenses inschriftlich bezeugt sind, werden hier nicht 
einzeln aufgeführt, vgl* CIL II Ind. p. 1x69 und Pollack a. a. O. S. 2584 f. 2) Die Inschrift kann 
an sich auch auf ein Amphitheater oder Theater bezogen werden. 3) Auch in Thngga wird ein 
Zirkus angenommen, doch erscheint die angebliche Spina mit etwa 100 m viel zu kurz (s. CIL VTH 
zu 15524. 26549). 



XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 243 



C. THEATER IN ITALIEN UND DEN PROVINZEN 

DES WESTENS. 

Während die Ruinen der griechischen Theater des 5. und 4. Jahrh. und des 
Hellenismus seit mehreren Jahrzehnten eine bis ins einzelnste gehende Unter- 
suchung erfahren haben, sind die Theater der römischen Zeit völlig vernach- 
lässigt worden. So begreiflich dieses Verhältnis angesichts der Probleme ist, 
welche die Geschichte der dramatischen Kunst der Griechen mit Hilfe der 
Theaterruinen zu lösen sucht, so ist es doch nicht voll zu rechtfertigen. Auch 
das Schauspielwesen der römischen Kaiserzeit ist, so wenig es an künstlerischen 
Elementen enthalten mag, ein starker Kulturfaktor gewesen. Seine Geschichte 
wird ohne eine Kenntnis der vorhandenen Theaterruinen stets lückenhaft blei- 
ben. Aber selbst wenn man auf die hier etwa zu gewinnende Aufklärung ver- 
zichten will, bleibt die Beschäftigung mit den römischen Theaterruinen eine 
Pflicht, und zwar die Pflicht der Architekturgeschichte, die sich in bezug auf 
diese Bauten jetzt noch mit der von Hand zu Hand weitergegebenen Weisheit 
verflossener Generationen zu begnügen pflegt. Es genügt im einen wie im 
andern Falle die Feststellung, daß, wer sich mit den Ruinen der römischen 
Theater abgeben will, immer noch auf die seitdem natürlich in allen möglichen 
Einzelheiten überholte, aber namentlich durch ihre sorgfaltige Verwertung der 
älteren Literatur noch heute wertvolle Zusammenstellung Wieselers in seinem 
Buche über » Theatergebäude und Denkmäler des Bühnenwesens bei den Griechen 
und Römern« (Göttingen 1847) zurückzugreifen hat. Das soeben erschienene 
Werk von M. Bieber, Die Denkmäler zum Theaterwesen im Altertum (Berlin 
u. Leipzig 1920), welches das Wieselersche zu ersetzen bestimmt ist, konnte 
nur noch bei der Korrektur in einigen kurzen Verweisungen berücksichtigt 
werden. 

Das nur mit dürftigen literarischen Hilfsmitteln hier aufgestellte Verzeichnis 
sucht einen knappen Überblick über die Theaterruinen der Westhälfte des rö- 
mischen Reiches zu geben. Für den Osten verweise ich auf die Aufzählung von 
Theaterruinen in Alb. Müllers Handbuch der griechischen Bühnenaltertümer 
(K. F. Hermanns Lehrbuch der griech. Antiquitäten EI 2, Freiburg i. Br. 1886) 
S. 4 fr., die auch heute noch sehr brauchbar ist und die ich mit dem mir zur 
Verfugung stehenden Material nur ungenügend ergänzen könnte. Die wenigen 
Odeen des Westens sind in das Verzeichnis aufgenommen worden 1 ). Sein 
weiterer Ausbau und gegebenenfalls seine Ausdehnung aui die Osthälfte des 
Reichs müssen späteren Auflagen vorbehalten bleiben. 

ITALIA. 

CAMPANIA. Neapolis. Von den beiden Theatern, die Statius Silv. m 5, 
91 et geminam molem nudi tectique theatri erwähnt, ist das offene, das eigent- 
liche Theater wiedergefunden worden, vgl. Bull. Nap. N. S. VH 1859 S. 135 f. 

f) Ober die des Ostens A. Müller a. a. O. S. 6$ ff. Wiegand-Schrader, Priene S. 231. Man, 
Pompeji, Anhang S. 29 f. Pagenstecher, Heidelb. Sitz.Ber. 1917, 12S. ßift 

16» 



244 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 

mit Taf. VI. Not. d. Sc. 1881 S. 194. Beloch, Campanien S. 7 3 f. Das theatrum 
tectutn war das Odeum der Stadt, wir wissen weiter nichts von ihm. 

Pausilypon. Zu der dortigen großen Villenanlage werden ein kleines 
Theater mit 17 und ein Odeon mit 12 Sitzreihen gehören, die dort am Strande 
hart beieinander liegen (Wieseler a. a. O. S. 14 f. mit Taf. II 9. Beloch S. 86. 
Guenther, Archaeologia LVIH 2 (1903) S. 518 f.). 

Bacoli. Kleines Theater, vermutlich Privattheater einer Villenanlage (Paoli, 
Avanzi delle antichitä esistenti a Pozzuoli, Cuma e Baia [Napoli 1768] Taf. 58. 
Beloch S. 201). 

Puteoli. Ein Theater in Puteoli erscheint auf dem Glasgefäß von Odemira 
(s. oben S. 210), vgl. Beloch S. 139 und Dubois, Pouzzoles S. 193 f., der es 
nach alten Fundberichten zwischen Amphitheater und Serapeum sucht. Gell. 
XVIII 5, 1: Vorlesungen im Theater von Puteoli. 

Misenum. Geringe Reste eines Theaters, vgl. Paoli a.a.O. Taf. 64 und 
Beloch S. 199. 

Herculaneum. Das tief in der harten Lava begrabene Theater ist im 
18. Jahrh. mit Hilfe von Schächten und Stollen teilweise untersucht und zu- 
gänglich gemacht worden, vgl. Beloch S. 232 f. Mau, Pompeji* S. 540 ff. und 
Gall, Real-Encykl. VIII S. 539 ff. mit Literatur. M. Bieber, Denkmäler zum 
Theaterwesen S. 182.- CIL X 1443 — 1446 = Dessau 5637: Bauinschriften des 
1. Jahrh. n.Chr. 

Pomp ei. Über Theater und Odeum {theatrum tectutn) vgl. Mau a. a. O. 
S. 141 ff. 160 ff., die Literatur im Anhang S. 27 ff. M. Bieber a. a. O. S. 52 ff. 
181 f. mit Taf. 23 — 25. Wichtig sind die mehrfachen Umbauten im großen 
Theater. CIL I 1247 = X 844 = Dessau 5636: Bauinschrift des kleinen, X 
833 — 835. 841 = Dessau 5638: Bauinschriften des großen Theaters. 

Surrentum. Ein kleines Theater wurde 1655 entdeckt, vgl. Beloch S. 264 
nach Bull. Nap. N. S. V 1857 S. 131. 

Capua. Das Theater, im Anfang des 18. Jahrh. noch teilweise über dem 
Boden erhalten, im 19. Jahrh. durch wilde Grabungen untersucht, ist jetzt ganz 
verschwunden (Beloch S. 350 f.). Es gehörte wohl in die Kaiserzeit, eine ältere 
republikanische Anlage erweisen die Inschriften CIL 1571.572=5X3772. 
82 = Dessau 6302. 564 1 . CIL X 3907 = Dessau 63 1 3 : Grabschrift eines exactor 
operum publ. et theatri a fundamentis. CIL X 3821 = Dessau 3662: Genius 
the\atri\ — Lucceius Peculiaris redemptor pros^a^ni ex biso fecit (das Relief 
über der Inschrift abgebildet Arch. Jahrb. XXVIII 191 3 S. 97). 

Nola. Das 15 14 von Leone erwähnte » Amphitheatrum marmoreum*, ein 
Bau aus Travertinquadern, von dem damals eine Reihe Bogen noch aufrecht 
standen, war vermutlich das Theater der Stadt (Beloch S. 404). 

Abella. CIL X 1 2 1 7 = Dessau 565 1 : Ehreninschrift für N. Plaetorius Onirus 
Augustalis usf., quod vela in thaeatro cum omni ornatu sumptu suo dederiL 

Suessula. Das Theater war im 18. Jahrh. noch teilweise erhalten, jetzt 
steht an seiner Stelle die Casina Spinelli, in deren Garten sich noch radial ver- 
laufende Mauerreste und ein Pfeiler mit Gewölbeansatz finden (Beloch S. 386). 

Teanum Sidicinum. Ein Theater nennt Nissen, Landeskunde II S. 693. 



XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 245 

LATIUM. Roma. Von den drei steinernen Theatern Roms, die nahe bei- 
einander im südlichen Teil des Marsfeldes lagen, ist das älteste das des Pom- 
pejus, dediziert im Jahre 55; es hat, mehrfach durch Feuer beschädigt und 
wiederhergestellt, noch von Theoderich unterhalten, das Altertum überdauert 
und ist erst seit dem 13. Jahrh. so nachhaltig zerstört worden, daß jetzt nur 
noch geringe Reste, meist der Fundamente, vorhanden sind. An die Rückseite 
des Bühnengebäudes schlössen sich die umfangreichen Hallenbauten Atrpor- 
ticus Pomptianae an. 

Erst unter Augustus entstanden etwa gleichzeitig die beiden andern Theater, 
das des Baibus, vollendet 13, und das des Marcellus, vollendet 1 1 v. Chr. Beide 
haben unter ähnlichen Schicksalen wie das Pompejustheater die Kaiserzeit hin- 
durch bestanden. Vom Theater des Baibus sind nur noch unbedeutende Reste 
erhalten, während die eindrucksvolle Ruine des Marcellustheaters jedem Rom- 
fahrer bekannt ist. 

Die Fassungskraft der drei Theater geben die Regionsbeschreibungen mit 
ii5io(B.), 17580 (P.) und 20500 Fuß (M.) an, welche Zahlen halbiert etwa die 
Zuschauerzahl ergeben werden. Übrigens hat der Zufall von allen drei Theatern 
Reste ihrer Grundrisse auf der Forma Urbis erhalten, die für das Baibustheater 
lehren, daß an die Rückwand des Bühnengebäudes wie beim Pompejustheater 
ein freier Platz anschloß, für das Marcellustheater, daß die von Peruzzi ge- 
machten Aufnahmen später zerstörter Teüe zuverlässig sind. Dieses letztere 
Theater ist uns denn am besten von allen dreien bekannt. 

Beschreibung der drei Theater bei Jordan-Hülsen, Topographie 1 3 S. 5 1 5 ff., 
Literaturangaben auch bei Kiepert-Huelsen, Formae urbis Romae antiquae* 
S. 137 f. M. Bieber a. a. O. S. 55 ff. 182 mit Tat 26. 

Außer diesen offenen Theatern besaß Rom noch ein bedecktes, ein Odeum , 
das Domitian im Marsfeld für musikalische Aufführungen hatte errichten lassen. 
Nach seiner Kapazitätsziffer, 10600 oder 11600 Fuß, faßte es etwa 5000 Zu- 
schauer. Seine Lage ist nicht bekannt. Vgl. Jordan-Hülsen a. a. O. S. 5 94 f. 
und Kiepert-Huelsen S. 110. 

Ostia. Das trümmerhaft erhaltene Theater ist 1880/81 freigelegt, aber erst 
in diesem Jahrhundert genauer untersucht worden. Mehrere Um- und Er- 
neuerungsbauten sind kenntlich, der erste Bau wird unter Augustus angesetzt 
und nach einem Inschriftfragment Agrippa zugeschrieben. Not. d. Scavi 1881 
S. 109 fr. mit Taf. I. Andni, Mfl. de PEcole fran$. XI 1891 S. 492 fr. mit 
Taf. Vm/EX. Ashby, Journ. of Roman Studies II 191 2 S. 178t Paschetto, 
Ostia, colonia Romana (Diss. Acc. Pontif. X 2, 191 2). Vaglieri, Ostia (Roma 
1914) S. 72 fr. M. Bieber a. a. O. S. 182. CIL XIV 353 = Dessau 6148: — 
solus ac p[rimus ludos] scaenicos sua pecunia fecit (2. Jahrh.). 

Portus. Reste eines Theaters erkennt Lanciani, Ann. d. Inst. 1868 S. 172 f. 
(vgl. Mon. VQI Taf. 49), er rechnet sie zum Kaiserpalast. 

A n t ium. Über das im Jahre 1 7 1 2 ausgegrabene Theater vgl. Wieseler S. 1 5 
mit Taf. II 10. Es lag nach Not. d. Sc. 1884 S. 240 am Meere, dergestalt, daß 
Bühne und Orchestra auf ins Wasser vorspringenden Gewölben standen. Es 
pflegt mit dem Neronischen Palast in Verbindung gebracht zu werden, doch 



246 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 

unterstützen die in die Zeit Marc Aureis gehörenden Ziegelstempel (Not d. Sc. 
a. a. O. CIL XV 159, 14. 15) diese Annahme nicht 

Lanuvium. Geringe Reste eines Theaters, vgl. Benndorf, Bull. d. Inst 1865 
S. 226. Colburn, Am. Journ. of Arch. N. F. XVIII 1914 S. 367 ff. mit weiterer 
Literatur. CIL XIV 2127: Wiederherstellung des Theaters (oder Amphitheaters, 
s. oben S. 211 f.); 2113 = Dessau 5193: Ehreninschrift für den Pantomimen 
Septentrio. 

Bovillae. Zum Sacrarium der Gens Julia gehörte auch ein Theater, von 
J dem Reste erhalten sind, vgl. die Literatur Real-Encykl. III 799 und Ebert, 
Rom. Mitt XXVIII 191 3 S. 126. Man erkennt es auf dem Gesamtplan Mon. d. 
Inst. V Taf. 60. 

Albanum. Der kaiserliche Palast enthielt ein kleines Theater, vgl. Bull. d. 
Inst 1853 S. 6 f. und den Plan Mon., Ann. e Bull. 1854 Taf. 24. 

Tusculum. Kleines, wohlerhaltenes Theater, vgl. Canina, Bull. d. Inst 
1839 S. i77f. und Descr. delT antico Tuscolo (1841) Taf. XI, danach Wieseler 
Taf. II 1 1 (S. 15 f.). Eine Ansicht bei Schrader, Römische Campagna S. 194. 
CIL XTV 2647 — 2651: Inschriften von Statuenbasen. 

Tibur. CIL XIV 3664 = Dessau 5546: Ein Duumvir errichtet u. z.porticutn 
pone scaenam. 

Villa Hadriana. Über die drei Theater der Villa vgl. Winnefeld, Villa des 
Hadrian S. 18. 123 f. 

A quin um. Ein Theater erwähnt Nissen, Landeskunde II S. 676, vgl. E. 
Grossi, Aquinum (Bibl. di Geogr. stör, de G. Beloch III, Roma 1907). 

SAMNIUM. Allifae. Ein Theater nennt Nissen a. a. O. S. 798. CIL IX 
2350 = Dessau 5059: ein Duumvir ludos scaenicos p. s.f. 

Beneventum. Über das Theater von Benevent Meomartini, Monumenti e 
opere d' arte di Benevento (B. 1889) S. 337 fr. mit Taf. XLVI. Nissen S. 813. 
Pagenstecher, Apulien S. 8 mit Plan und Ansicht. 

Aeclanum. CIL IX 1164 = Dessau 2953: Grabschrift des Duumvirn M. 
Pomponius Bassulus, der ne mare pecoris otio transfungerer % Menandri paucas 
vorti scitas fabulas, et ipsus etiam sedulo finxi novas. Ob seine Stücke in 
Aeclanum aufgeführt worden sind, steht allerdings dahin. 

Bovianumvetus. Vortrefflich erhaltenes Weines Theater republikanischer 
v/ Zeit, vgl. Nissen II 791. Delbrück, Rom. Mitt. XVIII 1903 S. 158. 
Saepinum. Ein Theater erwähnt Nissen II 794. 
Telesia. CIL IX 2252: ein Sevir gibt ludi scaenici. 

BRUTTIUM. Vibo. Reste eines Theaters (Nissen II 956. Bijvanck, Rom. 
w Mitt. XXIX 1914S. 166). 

FRENTANI. Anxanum. Überreste eines Theaters im Palast des Erzbischofs 
(Nissen II S. 780). 

MARSI. Supinum. CIL IX 3857 = Dessau 5644: einige Stifter theatrum 
et proscaenium refecer., ludis scaenicis biduo dedicar n d. s. p. 

PAELIGNI. Corfinium. CIL IX 3173 = Dessau 5642: ein Quattuorvir 
theatrum aluendum (sol), gradus faciendos curavit usf. 



XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 247 



Pagus Lavernae. CIL I 1280 = IX 3137 = Dessau 5643: drei Magistri 
ex pagi d. scainafac. coir. 

MARRUCINI. Teate. Ein Theater erwähnt Nissen II S. 444. 

AEQUI. Alba Fucens. Zwei Theater nach Nissen II S. 459. Promis, Le 
antichita di Alba Fucense ist mir nicht zugänglich. 

AEQUICULI. Nersae. Ein Theater nennt Nissen II 462 ; Bull. d. Inst. 1859 
S. 99: »Scoperta di un teatro con statue ed iscrizionU. CIL IX 4133 = Dessau 
5525*: Iaidos scaenicos quadriduo usf. 

VESTINI. Peltuinum. Das angebliche Amphitheater ist vielmehr ein 
Theater, vgl. Gardner, Journ. of Roman. Stud. III 1 913 S. 224 t 

SABIN! Amiternum. » Guterhaltenes kleines Theater ungefähr augustei- 
scher Zeit« (Delbrück, Rom. Mitt. XVTQ 1903 S. 154, erwähnt auch bei Nissen 
H 470). 

Aquae Cutiliae. CIL IX 4663: sc]aenam et pros(\ae)piium et por[ticum .... 
(Weihinschrift). 

PICENUM. Interamnia Praetuttianorum. Überreste eines Theaters, 
vier Ziegelbögen sind erhalten, die Rundung der Mauer ist kenntlich (Bull. Nap. 

n 1844 s. 64). 

Falerio. Eingehende Beschreibung des Theaters mit Plan bei De Minicis, 
Ann. d. Inst. 1839 S. 5 ff. mit Mon. m Taf. I (danach Wieseler S. 19 f. mit Taf. I 
15). CIL IX 5426: Rest einer Bauinschrift; 5428: Errichtung von Statuen ad 
exarnandum theatrum unter Antoninus Pius. Mehrere solcher Statuen haben 
sich noch gefunden. 

Firm um. Beschreibung und Plan bei De Minicis 1 , Ann. d. Inst. 1858 
S. 125 ff. mit Taf. G H, vgl. auch Napoletani, Fermo nel Piceno (Bibl. di Geogr. 
stör, da G. Beloch VII, Roma 1907). 

Urbisalvia. Ein Theater nennt Nissen II 422. Reste einer Bauinschrift 
Arch. epigr. Mitteil. XIX 1896 S. 212. 

Ricina. Ziegelruinen eines Theaters (Nissen II 420). 

UMBRIA. Ocriculum. Über das Theater vgl. Guattani, Mon. antichi in- 
editi per l'anno 1784 Settembre Taf. I (danach Wieseler S. 19 mit Taf. II 14 u. 
S. 1 10 mit Taf. A 22). 

Interamna. CIL XI 4206 = Dessau 5645 : C. Dexius L.f. Max[umus] cur. 
porticunt, theat[r.\ cryptam perfi[cienda cu]ravit usf. 

' Spoletium. Dürftige Reste des Theaters unter dem Palazzo Provinciale, 
mehr hat noch Peruzzi aufgenommen (Not. d. Scavi 1891 S. soff, mit Plan, 
vgl. auch Rom. Mitt. VT 1891 S. 235). 

Hispellum. Größere Reste eines Theaters (Nissen II S. 396). Ludi scaenici 
erwähnt noch das bekannte Reskript Constantins I. (CIL XI 5265 = Dessau 705). 

Asisium. Nahe dem Amphitheater Reste eines Theaters. 

Iguvium. Stattliche Ruine eines Theaters (Nissen II S. 391, vgl. auch Brunn, 
Bull. d. Inst. 1863 S. 225 ff.). Einen Grundriß bietet Wieseler Taf. II 16 (S. 20) 
nach Ranghiassi, Descr. del teatro di Gubbio aus Marinis Ausgabe des Vitra- 
vius vol. IV t. 86 F. 2 (auch andre Literatur wird angeführt). CIL XI 5820 = 
Dessau 5531: in zwei Exemplaren im Theater gefundene Bauinschrift, sie be- 



248 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 

zieht sich indessen auf Basiliken und einige spezifizierte Geldspenden. S. Polizzi, 
Riv. di storia antica N. S. XII 1908 S. 1 1 1 ff.: L'epigrafe delT antico teatro di 
Gubbio. 

Mons Fereter (?). CIL XI 6481: Ehreninschrift a. d. J. 148 n. Chr. Unter 
den Verdiensten des Gefeierten theatrum mannoribus ornatum. 

ETRURIA. Veii. Ludi in orchestra nennen die Inschriften CIL XI 3798 
= Dessau 6581; 3807. 3808 = Dessau 6582* und c . 

Falerii. Reste eines Theaters innerhalb der Stadtmauern (Nissen II 365). 
S. auch oben S. 214. 

Caere. Im Theater von Caere, welches selbst nicht näher untersucht wor- 
den zu sein scheint, fanden sich 1840 und 1846 eine Reihe von Statuen, Statuen- 
bruchstücken und Inschriften des julisch-claudischen Hauses, vgl Bull. d. Inst 
1840 S. sff. 1846 S. 129 f. CIL XI 3596fr. und Helbig-Amelung, Führer 3 II 
S. 13 ff. von derselben Stelle stammt CIL XI 3620: ....] theatrum sca[ena ..., 
vgl. auch 3621. CIL XI 3613 = Dessau 5052: eine Anzahl von Spendern 
ludos Latinos et Graecos fecer. VI V IUI III pr. K. et K. MarL (25 n. Chr.). 

Castrum novum. CIL I 1341 = XI 3583 = Dessau 5515: ein Duumvir 
curiam tabularium scaenarium subseliarium — /. coeravit* 

Forum Clodii. CIL XI 3303 ==* Dessau 154: — ludos — diebus sex p. n. 
faciendos curavimus (18 n. Chr.). 

Ferentum. Über das wohlerhaltene, großenteils in den Felsen gehauene 
Theater vgl. Canina, Ann. d. Inst 1837 S. 62 ff. mit Taf. F. Wieseler S. 107 t 
mit Taf. A 16 und, nach alten Aufnahmen und neuen Grabungen, Galli, BolL 
d' Arte V 191 1 S. 213 fr. M. Bieber au a. O. S. 182. 

Volsinii. Ludi scaenici in Volsinii erwähnt die unter Hispellum angeführte 
Inschrift. 

Volaterrae. S. oben S. 215. 

Pisae. Das von Nissen II 289 vermutete Theater ist sehr unsicher. 

Faesulae. Über das wohlerhaltene und gut konservierte Theater von Fiesole 
vgl. Wieseler S. 20 f. mit Taf. II 1 7 (mit älterer Literatur) und Dütschke, Arch. 
Ztg. XXXIV 1876 S. 93 ff. mit Taf. 8—10. 

Flore ntia. Die römische Stadt besaß zwei Theater (Weiß, Real-EncykL 
VIII Sp. 2753 nach Not d. Sc. 1887 S. 129 und Davidsohn, Forsch, z. alt 
Gesch. v. Florenz I S. 15). 

Luca. Ein Theater nennt Nissen II 288. 

Luna. Reste eines Theaters (Promis, Dell 9 antica citta di Luni S. 71. Nissen 
II 284). 

GALLIA CISPADANA. Parma. Über die Ausgrabung des Theaters 
Lopez, Bull. d. Inst 1844 S. 168 ff. 1845 S. 54- Das Theater erwähnt bei 
Nissen II 269. 

LIGURIA. Libarna. Ausgrabungsbericht mit Plan Not d. Scavi 1914 
S. 127 t 

Augusta Bagiennorum. Ausgrabungsbericht mit Plan Not. d. Scavi 1894 
S. 155 fr. 

Pollentia. Ruinen eines Theaters (Nissen II S. 155). 



XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 249 

Album Intimilium. Ruinen eines kleinen Theaters (Not. d. Scavi 1877 
S. 22g ff. Nissen II 141). 

VENETIA et HISTRIA. Atria. Grundriß bei Wieseler Taf. I 2 (mit S. 1) 
nach Bocchi, Osservazioni sopra un antico teatro scoperto in Adria, Venezia 
1739 (auch in Diss.* di Cortona HI 1741 S. 67fr. mit Taf. I — XIII). 

Pat avium. Dessau 5650: Clau. Rog[atus] in theatr\p\ manu sua deiecit 
n. CCCC (vgl. die Anmerkungen). Was bei [S. Stratico], Dell' antico teatro di 
Padova (Padova 1795) steht, weiß ich nicht. 

Vicetia. Das Theater erwähnt Nissen II 2 18. Die Schrift von [Miglioranza], 
Relazione intorno gli scavi intrapresi per 1' illustr. delT antico teatro di Berga in 
Vicenza (Padova 1838) ist mir nicht bekannt; kurz derselbe Ann. d. Inst. 1839 
S. 190. 

Aquileia. Über die Auffindung eines Theaters kann ich nichts feststellen; 
Nissens Erwähnung eines solchen (II 233) scheint irrig zu sein. Nach Aquileia 
wird vermutungsweise die früher in Venedig befindliche Inschrift CIL V 1008* 
= Dessau 5375 gesetzt, in der ein Theater genannt wird. 

Tergeste. >Primeggiano } quantunque soffocati da informi casipole, i rudert 
grandiosi e ancora vegeti del teatro romano .... Hanno dato il nome di Rena a 
un quartiere di cittä vecchia* (Sticotti, Archeografo triestino XXXIV 191 1 
S. 208). Der Name Rena würde eher auf ein Amphitheater (arena) schließen 
lassen. 

Pola. InPola sind zwei Theater bekannt. Das eine, schon von Serlio 1536 
aufgenommen und beschrieben, liegt außerhalb der Stadtmauern am Monte 
Zaro. Nach diesen älteren Aufnahmen sowie nach neuen Ausgrabungen hat 
Gnirs, Jahrb. der Zentralkomm. N. F. III 1 905 S. 247 ff. es ausfuhrlich beschrie- 
ben, vgl. auch dessen Führer durch Pola S. 104 f. Das zweite, innerhalb der 
Stadt am Nordabhang des Burghügels gelegen, ist erst 191 3 ans Licht ge- 
kommen; von ihm ist im wesentlichen nur die Bühne bekannt Vgl. Gnirs, 
Österr. Jahresh. XV 191 2 Beibl. S. 239 fr. und Führer S. 1 1 1 f. 

GALLIA TRANSPADANA. Verona. Das schon von Palladio aufgenom- 
mene Theater von Verona (danach rekonstruiert von Falkener, Mus. Class. 
Ant II 184, wonach bei Schreiber, Bilderatlas Taf. XXXIII 4. 5), am linken 
Etschufer am Abhang des Colle S. Pietro gelegen, ist nach unzureichenden 
Ausgrabungen im 19. Jahrh. (Ann. d. Inst. 1839 S. 184) seit 1904 durch die 
Stadt freigelegt worden. Vgl. S. Ricci, Not. d. Scavi 1894 S. 223 ff. und II teatro 
Romano di Verona I (Venezia 1895) mit 5 Tafeln. Ghirardini, Not. d. Scavi 
1905 S. 259 ff. E. Giani, L' antico teatro di Verona (Verona 1908) mit 19 Tafeln, 

Brixia. Ein Theater nennt Nissen II 198. 

Augusta Taurinorum. Über die spärlichen Reste des Theaters vgl. d'An- 
drade, Rel. dell' Uff. regionale per la cons. d. mon. del Piemonte e della Liguria 
(Torino 1899). Taramelli, Not. d. Scavi 1900 S. 3 ff. Toesca, BolL d'Arte IV 
1910 S. 1. 

Augusta Praetoria. Von dem kleinen Theater der Kolonie stehen Teile 
noch in voller Höhe aufrecht, andre sind völlig verschwunden (Promis, Le anti- 
chitä di Aosta S. 164 fr. mit Taf. X). Grundriß und Ansicht auch bei Durm, 
Baukunst 2 S. 665 f. 



250 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 

SICILIA 1 ). 

Tauromenium. Das bekannte Theater von Taormina verdankt seine 
heutige Gestalt einem römischen Umbau, dem auch das ganze Bühnengebäude 
angehört, vgl. Petersen, Rom. Mitt. EI 1888 S. 234fr. und, Holm, Geschichte 
Siciliens im Altertum HI 1898 S. 234 f. M. Bieber a. a. O. S. 61 f. 182 mit 
Taf. 27. 28. Außer ihm birgt die Stadt bei S. Caterina noch die Ende des 
19. Jahrh. freigelegten Reste eines kleinen römischen Theaters (Odeums, vgl. 
Holm S. 236). 

Catina. Das tief in der Lava steckende Gebäude ist teilweise freigelegt, 
teilweise durch Stollen zugänglich. Neben ihm liegen die Reste eines Odeums, 
schlecht erhalten und stark verbaut. Vgl. Holm a. a. O. S. 237 t 238. 

Syracusae. Das mächtige in den Felsen geschnittene Theater liegt am 
Südabhang des Temenites; der Aufsatz von Drerup, Athen. Mitt. XXVI 1901 
S. 9 ff. behandelt nur seine griechische Periode, vgl. sonst Lupus, Die Stadt 
Syrakus im Altertum (Straßburg 1887) S. 290fr. M. Bieber a. a. O. S. 49 f. 181 
mit Taf. 21. CIL X 7124 = Dessau 5643*: Neratius Palmus — etiam frontem 
scaenae c[. . . . 

Acra. Die Stadt besitzt ein ziemlich wohl erhaltenes kleines Theater, vgl. 
Holm S. 38 und Puchstein, Griechische Bühne S. 123 fr 

Segesta. Das in den Felsen gehauene griechische Theater weist römische 
Zutaten auf (Maggiore, Bull. d. Inst. 1833 S. 170 f. Holm S. 248. Puchstein 
a. a. O. S. 1 10 ff. M. Bieber S. 50 f. 181). 

Tyndaris. Über das Theater vgl. Holm S. 254 f. und Puchstein S. 117 fr. 

SARDINIA. 

Nora. Über das verhältnismäßig gut erhaltene kleine Theater von Nora 
vgl. Tocco, Bull. d. Inst 1867 S. 1 19 f. Ein Grundriß bei Wieseler Taf. A 18 
(S. 109) nach Della Marmora, Voyage en Sardaigne Taf. XXXVII 2. 

DALMATIA 

Salonae. Das Theater von Salonae ist zwar ausgegraben, aber noch nicht 
veröffentlicht worden, vgl. Bulid, Bull. Dalm. XXXIV 191 1 S. 63 f. mit Literatur. 
Cichorius will es in dem Theaterbau der Seestadt wiedererkennen, in dem 
Trajan auf der Trajanssäule im zweiten Dakerkrieg landet (Trajanssäule HI 
59fr. mit Taf. LXIII); zustimmend Buli6, Bull. Dalm. XXXVHI 1915 S. 91fr., 
ablehnend Petersen, Trajans dakische Kriege II 38 ff. 

Narona. CIL III 1769 = Dessau 7167: ein Sevir ludos scaenic. per trid. d. 

GALLIAE 2 ), 

NARBONENSIS. Antipolis. Über das Theater Bazin, Rev. arcteol. 1887 
1 129 fr. mit Grundriß Taf. V. CIL XII 188 = Dessau 5258: D. m. pueri Septen- 

1) Die Theater Siciliens, sämtlich schon bei Wieseler nach Serradifalco veröffentlicht, stammen 
z. T. noch aus griechischer Zeit, sie sind aber alle, bisweilen unter erheblichen Umbauten, bis in 
die Kaiserzeit hinein benutzt worden. 2) Vgl. auch die Liste der »Halbamphitheater« S. 223 t 



XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 251 

trionis annor. XII \ gut Antipoli in theatro biduo saltavit et placuit; vgl. auch 
1 90: . . .] opus tAe[atri? 

Forum Iulii. Vom Theater sind noch unscheinbare Trümmer erhalten, 
vgl. die oben S. 218 angeführte Literatur und Petit, Bull, monum. XXXI 1865 
mit Plan. 

Arelate. Das stattliche Theater ist in seinen unteren Teilen verhältnismäßig 
wohl erhalten; von der Bühnenfassade stehen noch zwei mächtige Säulen mit 
Gebälk, ebenso steht ein Stück der Umfassungsmauer, eine Arkade umfassend, 
in voller Höhe aufrecht (»tour de Roland*). Kurze Beschreibung bei Caumont, . 
Ab£c£daire* 295fr.; ältere Literatur bei Stark, Städteleben S. 591. Über 
bauliche Einzelheiten handelt Förmig^, Remarques diverses sur les theätres 
romaines ä propos de ceux d'Arles et d'Orange (M£m. pr6s. par div. sav. ä 
l'Acad. Xm) Paris 1914. CIL Xu 737 = Dessau 5204: Grabschrift eines scae- 
nicus ex /actione Eudoxi\ IG XIV 2474 ein dpxilffTite. Amm. Marc. XIV 5, 1: 
theatrales ludi in Arles im J. 353 n. Chr. 

Nemausus. Die Stelle des Theaters, das der Stadt nicht gefehlt haben 
kann, ist nicht bekannt. CIL XII 3347 = Dessau 5203 Schauspielergrabschrift. 
IG XIV 2495 (= CIL XII 3232 = Dessau 5082) — 2498: Inschriften der sacra 
synhodoS) icpd GuiieXiKi 5 ! cnivobos, CIL XII 3183 = Dessau 5274 ein arckiereus 
synhodi (sein Name kehrt wieder IG XIV 2497 a). Über diese Synode s. oben 

l383f. 

Narbo. CIL Xu 4445 : ...ad t]keatri or[natione]m HS LI II dedit. Von dem 
Theater, das auch Sidonius Apollinaris (c. 23, 40) erwähnt, ist keine Spur mehr 
vorhanden. 

Arausio. Das Theater von Orange, das besterhaltene des römischen 
Westens, liegt in sorgfaltigen Aufnahmen vor bei Caristie, Monuments antiques 
ä Orange (Paris 1856), vgl. auch Caumont a. a. O. S. 293 fr. Chatelain, Monu- 
ments romains d'Orange (Paris 1908) und die unter Arelate angeführte Schrift 
von Förmig^. M. Bieber a. a. O. S. 65 ff. 182 mit Taf. 32.33. Die zwei Inschriften 
CIL Xu 1241 = Dessau 5655: Eq[uüum) g[radus) III bezeichneten die Sitze 
der Ritter. 

Vienna. Vom Theater sind nur noch geringe Reste vorhanden, doch konnte 
noch Schneyder Ende des 18. Jahrh. einen Plan aufnehmen (Bazin, Bull. arch£ol. 
1891 S. 339 f.). CIL Xu 1929 = Dessau 5205: Scaenici Asiaticiani et qui in 
eodetn corppre sunt, vivi sibi fecerunt. 

Vasio. Über Ausgrabungen in dem fast völlig zerstörten Theater vgl. 
Sautel, Bull. arch£ol. 1912 S. 2ioff. mit Taf. XXXI ff. und 1913 S. 228 ff. mit v 
Taf. XI ff. (Statuenfunde). CIL XII 1380: ... th^atrum [..., vgl. auch 1496. 

Boutae. Über das kleine Theater von Boutae vgl. Marteaux et le Roux, 
Boutae (Annecy 1913) S. 78 ff. mit Grundriß S. 8i.'_CIL XII 2539: ... tA]eatrum 
e * [• • • » v gl- darüber Marteaux S. 20. 

AQUITANIA. Avaricum Biturigum. Die Stelle des Theaters gibt an 
Caumont a. a. O. S. 307 ; Reste sind nicht mehr vorhanden. 

Tülle (Corr&ze). Bei Tülle ein Tempelbezirk mit Theater, bekannt als v 
*Arbies de Tintignac*, vgl. Plantadis, Rev. Et. anc. XV 191 3 S. 434 ff 



252 XVI. GEBÄUD E FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 

Montjouer (Creuse). Primitives kleines Theater eines Tempelbezirks, vgl. 
Bull, archfol. 1908 S. 171 f. mit Grundriß und den Gesamtplan ebd. 1903 
Taf. HL 

LUGDUNENSIS. Lugudunum. Ein kleines Theater lag nahe dem Am- 
phitheater von Fourvtere (s. oben S. 221), vgl. Bazin, Bull. arch6ol. 1891 
S. 362 und Lafon a. a. O. Taf. I. Vgl. auch Cass. Dio LXXVB 21,2 (über einen 
schlechten Schauspieler, der in Rom durchfiel, aber in Lyon entzückte). 

Ambarri. CIL XIII .2462: Deo Mer[curio) proscaenium omni impendio 

suo Camulia Attica d. d. Das Theater gehörte vermutlich zu einem Merkur- 
heiligtum. 

Forum Segusiavorum. CIL XIII 1642 = Dessau 5639: — sacerdos Aug. 
theatrurn, quod Lupus Anthi /. ligneutn posuerat, d. s. p. lapideum restituit 
(unter Claudius). 

Aquae Segete "(Moingt). Über die Reste eines Theaters CIL Xm p. 221. 

Augustodunum. Das Theater, mit fast 150 m Länge einst das größte in 
Gallien, ist heute so gut wie verschwunden, vgl. de Fontenay, Autun et ses 
monuments (Autun 1889) S. 177fr. mit einer Ansicht der Ruinen aus dem 
Jahre 16 10. Kurz Caumont a. a. O. S. 305 f. 

Alesia. Das Theater ist 1906 ausgegraben worden, vgl. Esp£randieu, Bull, 
de la Soc. de Semur XXXV 1906 S. 237 ff. mit Taf. 37 fr Ein Grundriß auch 
auf dem Plan Bull. arch£ol. 1908 Taf. XI (S. 143). 

Pitres (Eure). Das Theater ist teilweise untersucht worden (Bull. arcWol. 
1901 S. 221 f. mit Taf. XX); der Grundriß läßt übrigens eher an ein Amphi- 
theater oder Halbamphitheater denken. 

Araines bei Ven dorne. Beschreibung und Plan bei Caumont a.a.O. 
S. 308 f. nach Bull, monum. XXIX 1863. 

Chateaubleau (Seine-et-Marne). Beschreibung des Theaters bei Caumont 
S. 309 nach Bull, monum. XXVI 1860. 

Bouzy (Loiret). Über ein kleines dort entdecktes Theater Vignat, Bull, ar- 
chlol. 1891 S. 32 fr. Der Verf. erwähnt im gleichen Departement noch drei 
Theater, in Boun£e, Montbouy und Triqui£res, Überdiesich weiter nichts 
feststellen läßt. 

Lutetia. Neben dem mit einem Amphitheater vereinigten älteren Theater 
bestand in Paris wahrscheinlich seit dem 2. Jahrh. n. Chr. noch ein zweites 
reines Bühnentheater, vgl. de Pacht£re, Paris k P^poque gallo-romaine S. 66 ff. 
mit Plan IV. Es ist recht schlecht erhalten. 

Meaux. CIL XIII 3024: Errichtung eines Theaters durch einen gewissen 
Orgetorix (erste Kaiserzeit). 

Mediolanum (Evreux). Plan des Theaters bei Bonnin, Antiquit& gallo- 
romaines des Eburoviques, Evreux Taf. V. Aus den Ruinen stammt das Frag- 
ment einer Ehreninschrift für Claudius CIL XIII 3200. 

Gisacum (Vieil-Evreux). Plan bei Bonftin, Antiquitds, Vieil-Evreux Taf. Xu, 
vgl. auch Esperandieu, Bull. Soc. franj. des fouilles archlol. III 3 (1 913) S. 56 ff. 
Das Theater gehört zu einem großen Tempelbezirk (Plan auch Trierer Jahres- 
ber. m 1910 S. 61). 



XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 253 

Arniferes (Eure). Plan des Theaters bei Bonnin, Antiquitfo, Arnteres 
Taf. H. III. 

Berthouville. Über das Theater vgl. de la Croix, Bull. arch&rt. 1897 
S. 7 5 f. mit Grundriß Taf. I. Es gehört zu dem Tempelbezirk des Mercurius ^ 
Kanetonnessis, der den bekannten Schatzfund geliefert hat. 

Saint-Andre-sur-Cailly (Seine-Inf.). Das Theater wird erwähnt von 
Cochet, Seine-Interieure S. 430 und Bull, arch£ol. 1901 S. 222. 

Noviomagus (Lisieux). Das Theater ist im Gebäude noch wohl kenntlich, 
vgl. Bull. arch£ol. 191 1 S. 332 f. mit Taf. XXIII. 

Jublains (Mayenne). Zum Tempelbezirk von Jublains gehörte auch ein 4 
Theater, vgl. den Plan bei Caumont S. 238. 

BELGICA. 

Noviodunum (Soissons). Über das vor der Stadt gelegene Theater Cau- 
mont S. 301 f. mit Lageplan. 

Caesaromagus (Beauvais). Über das Theater vgl. CIL XDI p. 547 mit 
Literatur. 

Champlieu (Oise). Caumont, Ab£c£daire a. a. O. S. 300 mit Grundriß; wei- 
tere Literatur mit Plan des Tempelbezirks, zu dem das Theater gehörte, bei 
Esp&andieu, Recueil V S. 94 f. 

Nizy-le-Comte (Aisne). CIL XIII 3450: Pago Vennecti proscaenium L. 
Magius Secundus dono de suo dedit. 

Bitburg. CIL XIII 4132 = Dessau 5646: In h. d. d. et numinibus Augg. 
I. o. m. L. Ammia[tius] Gamburio proscen[ium] cum tribunali et eo \ampl\ius 3£L f 
ex quorum [usurlps tutela prosceni et ludos omnibus annis pru Kai. Mai, cura- 
tores vici procurare debunt (so), fide mandavit. D. d. Saturnino et Gallo cos. 
(198 n. Chr.). Der Tag, 30. April, wird das Fest der Floralia bezeichnen, das . 
mit szenischen Spielen gefeiert zu werden pflegte. 

Mohn. Ein primitiver kleines Theater enthielt der Tempelbezirk von Mohn 
in der Eifel, vgl. Hettner, Drei Tempel bezirke im Trevererlande S. 10 f. mit v 
Taf.Ii. 

GERMANIAE. 

GERMANIA SUPERIOR. Mirebeau. CIL XIII 5614: AtHaSacrata Cf. 
proscaenium vetustaie corruptum de suo restituit. 

Epamanduodurum (Mandeure). S. oben S. 223. 

Aventicum. Über die Grabungen am Theater seit 1889 berichtet fort- 
laufend das Bull, de l'Assoc. pro Aventico (Heft IV. V. VIII— XI). Über den 
Stand der Forschungen 1905 Secretan, Aventicum, son pass£ et ses ruines 
(Lausanne 1905) S. 56 fr. mit Grundriß. 

Augusta Rauracorum. Die Literatur über die Ruine, deren letzte Periode 
allein ein unbestrittenes Bühnentheater darstellt, an dem übrigens auch aller- 
hand kleinere Umbauten festzustellen sind, s. oben S. 224. 

Mogontiacum. Über das unter dem Südbahnhof liegende, jetzt teils zer- 
störte, teils verschüttete Theater von Mainz vgl. Germania I 191 7 S. 54 fr. und 



254 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 

Mainzer Ztschr. XII. XIII 191 7/1 8 S. 68 ff., beide mit Grundrissen und An- 
sichten. 

Sumelocenna (Rottenburg). Außerhalb der Stadt wurden 1834 die 
Mauerzüge eines Theaters festgestellt, vgl. Oberamtsbeschreibung Rottenburg 1 
S. 492 f. mit Grundriß (Mettler) und Haug-Sixt, Rom. Inschriften und Bildwerke 
Württembergs 9 S. 208. 

BRITANNIA. 

• 

Th. Wright, The Celt, the Roman and the Saxon 3 1875 nennt S. 221 Theater 
in Verulamium und Wroxeter, ersteres unter Hinweis auf eine Schrift von 
R. Grove Lowe, A Description of the Roman Theatre of Verulam. Ich kann 
nichts weiteres feststellen. 

HISPANIAE*). 

• TARRACONENSIS. Tarraco. Vom Theater ist ein Teil der Cavea 1885 
freigelegt worden, vgl. Puig y Cadafalch, L'arquitectura romanica a Catalunya 
I (Barcelona 1909) S. ioof. mit Ansicht. CIL II 4280: Inschriften der Sitzstufen 
(vgl. Huebner, Rom. Herrschaft in Westeuropa S. 205); 4092: Weihinschrift 
eines mimograpkus an die Tutela. 

Saguntum. Über die altberühmte Ruine des mächtigen Theaters vgl. Puig 
v y Cadafalch S. 102 ff. mit Ansicht und Grundriß nach Chabret, Historia de Sa- 
gunte II 33 ff ; kurz Wieseler S. 23 f. mit Taf. II 20 nach De La Borde, Voyage 
de l'Espagne I 2 Taf. 103. 

y Pollentia(Alcudia, Balearen). Ungenügender Plan des Theaters bei Puig 
y Cadafalch S. 104. 

Castulo. CIL II 3270 = Dessau 5513: Ehreninschrift für einen Prokurator 
der Baetica, quod — Signa Veneris Genetricis et Cupidinis ad theabrum posuit. 

Termantia. Über das Theater vgl. Schulten, Neue Jahrb. f. & Id. Altert 
XXVII 191 1 S. 275. 

Clunia. Das Theater erwähnt bei Schulten a. a. O. und Real-Encykl. IV 1 13. 

BAETICA. Urso. Das Theater ist 1902 roh ausgegraben worden, vgl. 
Nouv. Arch. des Miss, scientif. XIII 1906 S. 375 und den Stadtplan Taf. I. Die 
Lex Ursonensis kennt ludi scaenici, 

Acinipo. Vom Theater steht die Bühnenwand noch aufrecht, sonst ist es 
sehr zerstört; vgl. die Ansicht bei Dieulafoy, Gesch. d. Kunst in Spanien S. 62 
(erwähnt auch CLL II p. 181). 

Gades. L. Cornelius Baibus d. j., der Erbauer des Theatrum Balbi in Rom 
(s. oben S. 245), gab 43 v. Chr. in seiner Heimat Gades prächtige Spiele, zu 
deren Feier er auch ein Theater, wohl einen vorübergehenden Bau, errichtete 
(Cic. ad fam. II 32, 2}. 

LUSITANIA. Emerita. Das Theater von Merida ist in den letzten Jahren 
sorgfältig ausgegraben worden, vgl. Demiani, Ztschr. f. bildende Kunst XLVÜI 

1) Die Städte, in denen szenische Spiele inschriftlich bezeugt sind, werden hier nicht einzeln 
# aufgeführt, vgl. CIL II SnppL Ind. p. 11 69 f. 



XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 255 



1913 S. 62 f. mit Abbild, und Arch. Anz. 1912 S. 456 t 1914 S. 370 fr. mit Ab- 
bild, (reiche Statuenfunde). Die Errichtung scheint auf Agrippa zurückzugehen 
(CIL II 474, bei Demiani Abbild. 8), CIL II 478 scheint auf einen nach einem 
Brand durch Hadrian veranlaßten Neubau zu gehen (135 n. Chr.). 

Olisipo. CIL II 183 = Dessau 5640: ein Augustale errichtet zu Ehren 
Neros im Jahre 57 proscaenium et orchestram cum ornamenüs. 

MAÜRETANIAE 1 ). 

Ad Mercuri. Kleines Theater (de la Martintere, Bull. archfoL 1889 S. 279). 

Caesarea (Cherchel). Das Theater ist sehr zerstört, vgl. Gsell, Mon. ant. 
de PAlg£rie I 199 und Ballu, Bull. arcWol. 191 2 S. 468. 

Tipasa. Das Theater ist sehr schlecht erhalten, vgl. Gsell a. a. O. S. 199 
und M£l. de TEcole fran$. XIV 1894 S. 355. Texier sah 1846 noch viel mehr 
(Rev. archfol. HL 1847 S. 728). 

Sitifis. Es stehen noch zwei Arkaden eines Theaters oder Amphitheaters 
(Gsell a. a. O. S. 200). CIL VIII 8438 = Dessau 6873: ludi scaenici. 

NUMIDIA. 

Cuicul. Über das kleine wohlerhaltene Theater vgl. Wieseler S. 109 t mit 
Taf. A 20 (nach Ravoisi£, Explor. scientif. I Taf. 47) und Gsell a. a. O. S. 186 ff. 
mit Grundriß Fig. 61 und Ansichten Taf. XLIVf. Seitdem ist das Theater 
völlig freigelegt worden. 

Rusicade. Das Theater ist leidlich erhalten, vgl. Gsell S. 192 fr. mit Grund- 
riß Fig. 63 und Ansicht Taf. XL VIII und Bertrand, Rec. de Constantine XLII 
I908-S. 1 ff. mit Tafel. CIL VIII 7960 (= Dessau 5077), 7988 (Dessau 5648), 
7989. 7994 (Dessau 5647): Stiftungen zum Bau oder zur Ausschmückung des 
Theaters. CIL VIII 7988. 7963 (== 19849 = Dessau 5473): ludi scaenici. 

Cirta. Die Ruinen des Theaters (oder Amphitheaters?) sind jetzt völlig ver- 
schwunden. OL VHI 6948 (= Dessau 6858), 7094 — 7098 (7095 = Dessau 
2933): Ludi scaenici. 

Thamugadi. Über das völlig freigelegte und jetzt z. T. mit neuen Sitz- 
stufen versehene Theater von Timgad unterrichtet außer Gsell S. 197 fr. mit 
Plan Fig. 65 und Ansicht Taf. L. Ballu, Les ruines de Timgad (1897) S. 153 ff. 
mit Plan und Ansicht; über die Wiederherstellung ders., Les ruines de Timgad 
1903 — 1 9 10 S. 17 f. mit Ansicht Vgl. M. Bieber, Denkmäler zum Theater- 
wesen S. 62 fr. 182 mit Taf. 29. CIL VIII 17829 = Dessau 484: ludi scaenici 
(Septimius Severus). 

Theveste. Nach Gsell S. 200 sind die angeblichen Reste eines Theaters 
völlig unsicher. CIL VIII 1862: Errichtung oder Wiederherstellung eines Pro- 
scaenium unter Diokletian; 1892 = 1651 1 nennt in unsicherem Zusammenhang 
die ingressus theatri\ 16530: ludi scaenici (Commodus). 

1) Auch hier und bei Africa und Nnmidia ist auf die Anführung der Städte verzichtet, für die 
allein die inschriftliche Erwähnung szenischer Spiele auf das einstige Vorhandensein eines Schau- 
gebäudes schließen läßt. 



256 XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 



AFRICA. 

Calama. Über das Theater Wieseler S. 1 10 mit Taf. A 21 nach Ravoisid II 
Taf. 30 und Gsell S. 194 fr. mit Plan und Ansicht Das Theater ist seitdem voll- 
ständig freigelegt und für moderne Aufführungen weitgehend wiederhergestellt 
worden. CIL VIII 5365 (= 17495). 5366: Ehreninschriften für Annia Restituta 
wegen einer Geldspende zum Theaterbau. 

Thubursicum Numidarum. Ältere Behandlung des wohlerhaltenen 
Theaters von Khamissa bei Gsell S. 189 fr. mit Plan und Ansichten. Seitdem 
weitere Grabungen, vgl. Arch. Anz. 1 9 14 S. 266 fr. mit Grundriß und Ansicht 
und Bull. arch£oL 191 1 S. 96. 

Simitthu. Das offenbar recht gut erhaltene kleine Theater ist von Toutain 
untersucht worden, vgl. M£l. de PEc. fran$. XII 1 892 S. 359 ff. mit Taf. I — III und 
M&n. pr£s. par div. sav. ä FAcad. X 1 (Paris 1893) S. 453 ff. Über neuere For- 
schungen ist mir nichts bekannt geworden (vgl. die Erwähnung Bull. arch£ol. 
1908 S. 430). 

Althiburus. Über das anscheinend bis jetzt noch nicht ausgegrabene, aber 
gut erhaltene Theater vgl. Saladin, Archives des Miss, scientif. III. S£rie XIII 
1887 S. 193 f. mit Abbild. Weitere Literatur bei Merlin, Forum et maisons 
d'Althiburos (Notes et Documents VI) 1913 Legende zu Plan I N. 

Thugga. Das Theater hat Carton in einer ausfuhrlichen Monographie be- 
handelt: Le th£ätre romain de Dougga, M6m. pr6s. par div. sav. ä l'Acad. XI 
1902 S. 1 — 117 mit 18 Tafeln. Vgl. M. Bieber a. a. O. S. 182 Taf. 30. 31. 
Ein Grundriß auch Arch. Anz. 1910 S. 267 f. Der Bau ist seitdem aus 
den einst verschleppten Werkstücken in möglichster Vollständigkeit wieder- 
hergestellt worden. Errichtet wurde er unter Mark Aurel von einem aus 
Thugga gebürtigen Flamen divi Augusti in Karthago, wie große Inschriften 
über Bühne und Cavea meldeten (CIL VIII 26528. 26528*. 26606 [= Dessau 
9364]. 26607). 

Ammaedara. CIL VIII 309 = 11532 = Dessau 5649: Porticus theatri 
sutnptu publico coloniae Ammaedarensium restitutae (299 n. Chr.). 

Carthago. Über Theater und Odeum vgl. Oehler, Real-Encykl. X Sp. 2206 ff. 
Das Theater ist 1904/5 freigelegt worden (Gauckler, Nouv. Arch. d. Miss, 
scientif. XV 1907 S. 452 ff. mit Ansichten, s. auch Arch. Anz. 1906 S. 145 f.); 
die Sitzstufen sind fast völlig verschwunden, die Bühne ist in ihren unteren 
Teilen leidlich erhalten, sehr reich waren die Funde an Architekturstücken und 
Skulpturen. Gauckler setzt den Bau in die Zeit Hadrians. Ende des 4. Jahrh. 
hat der Prokonsul Virius Audentius Aemilianus den Statuenschmuck erneuert 
(CIL VIII 24588 = Dessau 9356 : redintegrationem theatralibus signis adhibuit). 
— Ebenfalls Gauckler hat im Jahre 1901 das zur Zeit Tertullians, der darauf 
anspielt (de resurr, carnis 42), um 200 erbaute Odeum ausgegraben, das sich 
bis auf die Fundamente zerstört vorfand, aber aus einer Cisterne unter der 
Bühne erhebliche Architekturreste des Oberbaues und zahlreiche Skulpturen 
von seiner einstigen Ausstattung lieferte (Gauckler, Rev. archöol. 1902 II 
S. 383 ff. mit Plan und Abbild., Nouv. arch. a. a. O. S. 443 ff., vgl. auch Arch. 



XVI. GEBÄUDE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN SCHAUSPIELE 257 

Anz. 1901 S. 65fr. 1903 S. 91 f.)- CIL VHI 24658: Reste der metrischen Bau- 
inschrift 

Curubis. Dessau 9407: Ehreninschrift für einen lokalen Würdenträger 

theatro proprio, pecitnia eins exstructo. 

Ksiba (bei Sussa). Die Auffindung eines kleinen Theaters wird mitgeteilt 
Arch. Anz. 1904 S. 128. 

Leptis parva. Geringe Reste eines kleinen Theaters (Bull, archtol. 1897 
S. 291). F. Drexel. 



Friedlaender, Darstellungen. Anhang. \*j 



XVII 

KOSTÜM UND BEWAFFNUNG 
DER GLADIATOREN 1 ) 

Unsere Kenntnis dieses Gegenstands ist in neuerer Zeit sehr durch die 
Heranziehung der so äußerst zahlreichen bildlichen Darstellungen ge- 
fördert worden; namentlich hat hierzu Henzens treffliche Erklärung des 
Borghesischen Mosaiks beigetragen. P. J. Meier hat den Gegenstand in einer 
Reihe von Schriften behandelt: De gladiatura Romana quaestiones selectae 
(Diss. Bonn 1881) S. 13 — 46 (de gladiatorum armaturis); Gladiatorendarstel- 
lungen auf rheinischen Monumenten, Westd. Ztschr. I 1882 S. 153 — 177; Gla- 
diatorenreliefs des Berliner Museums, Archäol. Zeit. XL 1882 S. 147fr. (Taf. 6, 1); 
Dei monumenti rappresentanti gladiatori Bull, d. Inst. 1884 S. 157 — 160; Gla- 
diatorenrelief des Museums zu Triest, Athen. Mitt. XV 1890 S. 162 — 166. 
Zusammenfassend Lafaye bei Daremberg-Saglio II 1 583 — 1590 und K. Schnei- 
der, Real-Encykl. Suppl. III Sp. 777 fr. (vgl. auch die Einzelartikel)"). 

Die Sitte, Bilder von Gladiatorenspielen öffentlich auszustellen, stammt schon 
aus der Zeit der Republik, sie soll nach Flin. n. h. XXXV 52 zuerst von einem 
L. Terentius Lucanus geübt worden sein, der vielleicht mit dem Münzmeister 
Babelon, Monnaies de la r£p. rom. II 483 identisch ist (vgl. oben II 51, 4). In 
der Kaiserzeit, wo große Schilderungen merkwürdiger Ereignisse überhaupt 
beliebt waren, ist sie offenbar verbreitet gewesen; so spricht Plinius a. a. O. von 
dem Gemälde eines unter Nero gegebenen Gladiatorenspiels in einer Porticus 
von Antium, gleichartige in einer Basilika aufgestellten Gemälde nennt die In- 
schrift aus Benevent CIL IX 1666 = Dessau 5068, und das Bild eines gladia- 
torium tnunus hat auch Trimalchio in seinem Hause (Petron. 29, 9). Mehr der 
Reklame dienten Bilder wie die von Horaz Sat. II 7, 96 ff. erwähnten. Weitere 
Stellen bei Lafaye a. a. O. S. 1 599. 

Den hier angeführten literarisch überlieferten Darstellungen lassen sich un- 
mittelbar vergleichen die Bilder aus dem Amphitheater zu Pompeji Overbeck- 
Mau S. 181 und die beiden Zweikampfszenen aus einem pompejanischen Privat- 
haus bei Schreiber, Bilderatlas Taf. XXVIII 3. 4, die einzigen Gemälde mir. 
Gladiatorenszenen. 

Für unsere Kenntnis der Bewaffnung und Ausrüstung sind besonders wichtig 
eine Reihe großer Mosaiken, so namentlich das von Henzen, Diss. dell' Accad. 

1) Vgl. II 62, 9 (wo durch Druckfehler Anhang XVI steht). 74, 1. 2) Das ganze Gebiet be- 

darf einer von Grund auf neuen Bearbeitung, auf die hier verzichtet werden muß. 



[IL 530,529] XVII. KOSTÜM UND BEWAFFNUNG DER GLADIATOREN 259 

Pontif. di Roma XII 1852 (auch gesondert erschienen 1845) erläuterte Borghesi- 
sche aus Tusculum (Heibig- Amelung, Führer II 2 30 ff., die Inschriften CIL VI 
10206), ferner das Mosaik Massimi in Madrid (Winckelmann, Mon. ined. 
Taf. 197. 198, danach Schreiber, Bilderatlas Taf. 31, 3. 4. Hübner, Antike Bild- 
werke in Madrid S. 196; die Inschriften CIL VI 10205 = Dessau 5140; vgl. 
auch Arch. Jahrb. XXV 1 9 10 S. 120, 91), das Mosaik von Reims (Loriquet, La 
mosaique des promenades, Reims 1862) und einige in Deutschland : das Mosaik 
von Nennig (v. Wilmowsky, Die römische Villa zu N. und ihr Mosaik, 1865, 
vgl. Koepp, Römer in Deutschland 9 S. 134), das von Kreuznach (Kohl, Röm.- 
Germ. Korrbl. VIII 191 5 S. 44 ff.), ein Kölner Fragment (Klinkenberg, Das rö- 
mische Köln S. 239 f.), das nur noch in Zeichnung erhaltene Augsburger Mosaik 
(Vollmer, Inscr. Baiuvar. rom. nr. 147 m. Taf. 20); weiteres Material gibt Gauckler 
bei Daremberg-Saglio III S. 21 15, 5. 

Von Reliefs sind hauptsächlich die Darstellungen vom Grab des Scaurus 
in Pompeji zu nennen (Overbeck-Mau S. 188 ff. 420 = Schreiber, Bilderatlas 
Taf. 30, 2 — 9), weiter der figurenreiche Fries eines tempelartigen Grabmals aus 
Chieti (Mon. ant d. Lincei XIX 1909 Taf. I, Helbig<- Amelung, Führer II S. 226), 
ein Fragment aus dem Kolosseum (Amelung, Vatikan I 319, 12 mit Taf. 32) 
und eines aus dem Marcellustheater (Mon. d. Inst. III Taf. 38) und die Campana- 
reliefs bei v. Rohden-Winnefeld, Architekt, rom. Terrakotten S. 141 f. mit Taf. 74. 
Weitere Darstellungen auf Grabmälern CIL IX 1037 (bei Aeclanum), X 12 11 
= Dessau 5058 (Abella) und 4920 (Venafrum); vgl. auch Petron. 71,6. Grab- 
steine von Gladiatoren mit dem Bilde der Verstorbenen: Beschreibung der an- 
tiken Skulpturen in Berlin nr. 794 (Ephesus?). Cumont, Cat. Sculpt. Bruxelles 9 
1913 nr. 80 (Amisos). E. Caetani-Lovatelli, Rom. Mitt. XV 1900 S. 99 fr. (Tralles). 
Daremberg-Saglio II Fig. 3576 (Mus. Mailand). 3583 (Rom). 3586 (Demotika). 
Patsch, Das Sandschak Berat S. 158, vgl. auch Altmann, Grabaltäre S. 244. 

Von größter Häufigkeit sind Gladiatorenbilder auf Lampen, vgl. außer 
den älteren Lampenveröffentlichungen Major, Anz. f. Schweiz. Altertumskunde 
N. F. VI 1904/05 S. 99 ff. und Wollmann, Rom. Mitt. XXXII 191 7 S. 147 ff. 
Lampen in Form eines Gladiatorenhelms: Meier, Westd. Zeitschr. I S. 165 f. 
CIL XV 6450, 1 7. ORL Nr. 30 Kastei bei Mainz Taf. II 28. Sammlung Niessen 
Taf. 84. 

Noch reicher an Gladiatoren- und namentlich Venatorenbildern ist das 
Sigillatageschirr. Es erübrigt sich Beispiele anzuführen, als besonders feine 
Stücke seien die Sigillatakanne aus Rheinzabern bei Ludowici, Stempelbilder 
römischer Töpfer S. 244f. und der Becher aus Colchester CIL VII 1335, 3 
(abgeb. bei Roach Smith, Coli, ant IV Taf. 21) hervorgehoben. Gladiatoren- 
kämpfe auf Medaillons von Krügen aus dem Rhonetal bei D&helette, Vases 
c£ram. orn£s de la Gaule romaine II S. 294 fr. 

Über Glasbecher mit Gladiatorenszenen Kisa, Das Glas im Altertume 
S. 734 ff. 954 f. Bohn, Anz. f. Schweiz. Altertumsk. N. F. V 1903/04 S. 274 fr. 
Krüger, Bonner Jahrb. 118 S. 353 fr.; über Glasfläschchen in Form eines Gla- 
diatorenhelms Kisa a. a. O. S. 448. 775. 

Eine Reihe Bronzestatuetten bei Reinach, Repertoire de la Statuaire II 
I94f. HI i55f. IV 112. 

17* 



26o XVII. KOSTÜM UND BEWAFFNUNG DER GLADIATOREN [II. 535,536] 

Messergriffe mit Gladiatoren in Beinschnitzerei bei Major, Anz. f. Schweiz. 
Altertumsk. N. F. V 1903/04 S. 1 17 ff. 

Wir gehen im folgenden die einzelnen Gattungen von Gladiatoren durch: 

1 . Retiari i. Da die Abbildungen hier keine Verwechslung mit einer andern 
Gattung zulassen, sind wir über diese Fechter am genauesten unterrichtet Ihre 
Ausrüstung ist unter Heranziehung eines reichen Denkmälermaterials be- 
sprochen von Lafaye a. a. O. S. 1585 f. Hug, Real-Encykl. I A 691 ff. Caetani- 
Lovatelli, Bull. arch. com. XXIII 1895 S. 253 ff. (vgl. Strena Helbigiana S. 174fr, 
die Inschrift CIL VI 33980 = Dessau 5 139). Krüger, Röm.-Germ. KorrbL VHI 
1915 S. 17 ff. Wollmann, Rom. Mitt. XXXII 1917 S. i47ff. 

Die Retiarier waren die einzigen Gladiatoren, die ohne jede Kopfbedeckung 
erschienen (Sueton. Claud. 34, 1. Juv. 8, 200 — 206). Sie trugen eine Tunika 
(Sueton. Calig. 30, 3. Juv. 2, 142. 7, 207) oder auch ein bloßes subligaculum, 
welches letztere auf den Monumenten gewöhnlich ist, oder beides (s. Krüger 
a. a. O.). Ihre Schutzwaffen beschränkten sich der Regel nach (außer etwa 
Binden um die Beine) auf den breiten Leibgurt [balteus) und einen Ärmel am 
linken Arm, an dem aber immer ein Stück über die Schulter in die Höhe 
stand, aus Leder oder Metall, zum Ersatz des Schilds. Daß dieses Schulter- 
stück galerus hieß, hat Henzen erkannt (Mus. Borg. S. 113) nach dem Schol. 
Juv. 8, 208 : galerus est umero impositus gladiatoris. Später hat auch Gamicci 
in den Schulterstücken den galerus erkannt, Bull. Nap. N. S. I 1853 S. ioiff. 
mit Taf. 7, wo solche in Pompeji gefundene galeri abgebildet sind. Auf dem 
in Verona gefundenen Grabstein eines Retiariers Glaucus (CIL V 3466 = Dessau 
51 21) ist der dritte neben Dolch und Dreizack abgebildete und Mommsen un- 
verständlich gebliebene Gegenstand allem Anschein nach der galerus. In der 
Stelle bei Juvenal 8, 207: Credamus tunicae, de faucibus aurea cum seporrigat 
et longo iactetur spira galero erklärt Garrucci a. a. O. die spira für eine Schnur, 
die einerseits an dem galerus, andrerseits an dem Tau des Netzes angebunden 
war, so daß sie von dem ersteren um die Brust des Retiariers lief (SchoL: 
spira] kuiusmodi aliquid, quo citius spar sunt funem vel iactatum retium colli- 
gerent). Nach Meier, De glad. Rom. S. 30 ist vielmehr die spira das kreisförmig 
zusammengerollte (Fest p. 330 M. spira — funis nauticus m ordern convolutus) 
Tau des Netzes, das der Retiarier, wenn er werfen will, an die linke Schulter 
führen muß, an welcher sich der galerus befindet; vermutlich war die spira 
am balteus befestigt, doch so, daß sie im Notfall leicht losgerissen werden 
konnte. 

Auch eine von Galen beschriebene Kopfbinde dürfte vorzugsweise oder aus- 
schließlich von den Retiariern angewandt worden sein, da sie keine Helme 
trugen. Galen. XVIII A 797: Tö fmipp6jmßiov irpocrXaßöv xd KaXoü^eva iura 
oötws dvo|ji<i2:€Tai. dmbeirai b* fjioi euirpeireias x^piv ^ v novojmaxious f| X<*P IV 
toO Kp<5mm<x TiTV€<J0ai rf\q KecpaXfte &A irpoffumou tivös (Svinnwiiaroq yeöo- 
fceuoju^vou • äXX* et ufev eüirpeireias Sveica Imbeoiro ßpax^a elvai bei laOia Ka\ £v 
fLxdcrqj Tip lueTumijj rerAxöcti. oütw yäp Sv t#|V ijmcpdpeiav trpö? tö Eipov dtrocruiZoi. 
Solche Binden hat der Retiarius auf einem pompejanischen Relief (Bull. Nap. 
IV tav. I == Mon. ant. d. Lincei XIX 1909 Taf. IV, vgl. Meier a. a. O. S. 29). 
Auf Darstellungen begegnet mehrfach noch eine handschuhartige Schutzvor- 



[IL 537] XVn. KOSTÜM UND BEWAFFNUNG DER GLADIATOREN 261 

richtung der linken Hand (Krüger a. a. O.) sowie ein Brustschutz, den schon 
Henzen a. a. O. und ihm folgend Krüger mit den bei Tertullian, De spect. 25 
genannten spongiae retiariorum identifizierten; indessen muß es. sich bei diesem 
Stück nach dem Zusammenhang [poterit ergo et de misericordia moneri defixus 
in morsus ursorum et spongias retiariorum, vgl. auch adv. Marc. V 4) um eine 
Waffe handeln, vielleicht bezeichnet der Ausdruck als t. t. der Fechtersprache 
geradezu das Netz selber. 

Die Angriffswaffen der Retiarier waren erstens das Netz (iaculum), das auf 
dem Mosaik Massimi so groß erscheint, daß es die Figur des Gegners fast ganz 
bedeckt. Vermutlich ist es auf Monumenten deshalb so selten, weil die Retiarier 
es zusammengefaltet trugen, ehe sie es schleuderten; ferebat occulte rete sagt 
Isidor. orig. XVIII 54 (vgl. Wollmann, Rom. Mitt. XXXII 191 7 S. 154). Hatten 
sie fehlgeworfen, so zogen sie sich zurück, bis sie das Netz wieder zum Wurf 
bereit gemacht hatten und wieder angreifen konnten ; daher bedeutet der Re- 
tiarier nach Artemidor. II 3 eine Frau kcx\ qpuxäba xa\ ß$<rra tiu ßouXo^dvtp 
irXricruiZoucrav. Weiter eignen dem Retiarier der Dreizack, die Thunfisch- 
harpune, /oa;***?, tridens (Juv. 2, 143. 8, 203. Suet. Cal. 30, 3) und v der Dolch 
(Valer. Max. I 7, 8 und die meisten Monumente). 

Das Werfen des Netzes mag eine alte Kampfart gewesen sein, die auf einer 
antiken Paste dargestellt sein könnte (Welcker, Alte Denkmäler II Tafel 16, 32) 
und in dem Zweikampfe zwischen Phrynon und Pittakös vorkommt (Diog. 
Laert. I 74. Polyaen. I 25, vgl. auch Diodor. XVII 43, 8, nach welchem die Ty- 
rier gegen die belagernden Macedonier Dreizacke und Fischernetze anwandten). 
Strabo Xm 600 hat bei jenem Zweikampfe des Phrynon und Pittakös den Drei- 
zack zugesetzt (s. Welcker a. a. O. S. 332, 1), offenbar, um wie die römischen 
Antiquare (Festus s. retiarius) diesen Kampf zum Prototyp der Retiarierkämpfe 
zu machen. Sei es nun, daß Harpune und Netz der Gladiatoren wirklich vom 
Fischfang entlehnt waren (Arnob. VI 1 2 : cum fuscina rex maris, tamquam 
Uli pugna sit gladiatorii obeunda certaminis. Martial. V 24, 12: aequoreus 
tridens ', Aequoreus als Name eines Retiariers CIL X 1927, vgl. auch den 
Schmuck des Galerus Daremberg-Saglio Fig. 3580) oder nicht: jedenfalls 
mußten diese Waffen die Vorstellung des Fischfangs erwecken. Bei dem Witz, 
den Quintilian VI 3, 61 erzählt: Pedo de mirmillone, qui retiarium consequebatur 
nee ftriebat, Vivom inquit capere volt } sehe ich keine andre Möglichkeit des 
Verständnisses als die Konjektur von Leemans, Rev. arch. IX 1852, 82: de 
retiario qui mirmillonem etc., obwohl der Witz auch dann noch sehr frostig ist. 
Der Fisch, der auf den Helmen der Galli und Murmillones angebracht gewesen - 
sein soll, die mit den Retiariern kämpften, findet sich gerade auf denen andrer 
Gladiatoren (vgl. Meier S. 36, 3). Das Spottlied der Retiarier an die Murmillonen 
Non te peto, piscem peto, quid mefugi 1 Galle? besteht, wie Meineke bemerkt hat 
(Progr. des Joachimsth. Gymn. 1851), aus Ionici a maiore; aus einem ähnlichen, 
ja vielleicht demselben Gedicht dürfte der von Martial. VHI 75, 16 erwähnte 
Zuruf ( — ^ ^ — v^w_) mortue Galle stammen : Hie mihi de multis unus, Lucane, 
videtur^ cui merito dici *mortue Galle* potest. Vermutlich sind diese Spott- 
lieder unter entsprechender rhythmischer Bewegung und Musikbegleitung ge- 
sungen worden. Daß Musik während der Kämpfe gemacht wurde, ist oben 



262 XVII. KOSTÜM UND BEWAFFNUNG DER GLADIATOREN [IL 538] 

(II 73) bemerkt. Aber natürlich konnte da nicht nach dem Takt gefochten 
werden, dies konnte nur bei Scheingefechten geschehen. Von solchen spricht 
Petron. 36, 6 : prpcessit statim scissor et ad sytnphoniam ita gesticulaius laceravit 
obsonium, ut putares essedarium hydraule cantante pugnare, wovon unten bei 
den Essedarii die Rede sein wird. 

Daß die Retiarier die verachtetsten Gladiatoren waren, schließt Henzen 
(a. a. O. S. 113) wahrscheinlich daraus, daß sie ohne Bedeckung des Gesichts 
(Juv. 8, 200) und am leichtesten bewaffnet waren; dagegen Krüger a. a. O. 
S. 26. Ähnlichkeit mit ihnen hatten : 

2. die Laquearii mit einer Schlinge statt des Wurfnetzes, nur bei Isidor. 
XVTII 56 : quorum pugna erat,fugientes inludo komines iniecto laqueo impeditos 
consecutosque prostemere, atnictos umbone pelliceo. Nach unsicheren Bildwerken 
(einer Gemme und einem Sigillatafragment bei Meier S. 44, vgl. auch Darem- 
berg-Saglio Fig. 3588) hatten auch sie dengalerus, sonst keine Schutzwaffen. 

Die Retiarier kämpften auch gregatim (Sueton Calig. 30, 3), aber offenbar 
nie gegeneinander, sondern gegen die Galli, Murmillones (Valer. Max. I 7, 8. 
Pedo Albinovan. bei Quintil. VI 3, 61), Samnites (die Samniten kommen als 
Gegner der Retiarier besonders auch auf den Mosaiken von Bignor und Nennig 
und dem Borghesischen vor) und Secutores. Die Kämpfe der Retiarier mit 
diesen letzteren bestanden bis in die späteste Zeit (Meier S. 22). Für die Gegner 
der Retiarier findet sich auch die (wohl aus Gladiatorenkreisen stammende) Be- 
zeichnung contrarete CIL VI 1 0180 = Dessau 5105; dasselbe bedeutet das 
CIL VI 631 = Dessau 5084 und 33983 = Dessau 5106 den Gladiatorennamen 
beigeschriebene ^>RET. 

3. Secutores. Zuerst bei Sueton. Calig. 30, 3; über die Konjektur des 
Victorius bei Cic. ad Att. VE 14, 2 (oben II 57, 3) secutorum für scutorutn vgl. 
Meier S. 19. Sie waren die Hauptgegner der Retiarier (Isidor. Orig. XVIII 56: 
secutor ab insequendo retiarium dictus\ de\ t&P fcuuicei, sagt Artemidor. a. a, O.), 
weshalb hier auch auf die bei der Behandlung der letzteren angeführte Literatur 
verwiesen sei. Ihre Waffen waren Schwert, Schild, Visierhelm und eine Bein- 
schiene. Das letztere ergibt sich aus Philogelos 87: OxoXaffTiKÖc fcirt 1% okiaq 
aeKOUTwpos Gxf\\ia Xaßibv frraiCev. ficpvw bt tivos diraTTefXavros aÖTiD t#|v irapou- 
<jiav toO TTarpös, i>iyaq tö oitXov, SXue if|V Kvimiba. (pOäffavros bi toO iraxpös 
auTip tm0Tf)vai, ?xwv Tfjv trcpiKecpaXaiav ßißXfov äveYfvwffKe. Cass. Dio LXXII 
19, 4 sagt von dem als Secutor kämpfenden Commodus: oös iqriXei uiotrep 
€?x€ bxä toO Kpdvouc; Schol. Juv. 6, 108 attritus galea] apparet eum secu- 
tor em fuisse; über die Form des Helms Meier S. 25; damit stimmt das bei 
Daremberg-Saglio Fig. 3576 und Schreiber, Büderatlas Taf. 32, 6 abgebildete 
Monument eines Urbicus secutor (CIL V 5933 = Dessau 51 15). 

Die Bewaffnung der Secutores ist völlig dieselbe wie die der 

4. Samnites (der ältesten Gattung, Meier S. i4f.). Da nun diese literarisch 
zuletzt von Horaz erwähnt werden, vermutet Meier S. 19—25, daß sie später 
als Gegner der Retiarier den zuerst unter Caligula (Sueton. Calig. 30, 3) vor- 
kommenden Namen Secutores, als Gegner der Thraeces den Namen Oplomachi 
erhalten haben. Die von Liv. IX 40, 2 f. beschriebene Bewaffnung der samni- 
tischen Soldaten, die Weege, Arch. Jahrb. XXIV 1909 S. 141fr. behandelt 



[H. 539, 540] XVH. KOSTÜM UND BEWAFFNUNG DER GLADIATOREN 263 

hat, war bei den so genannten Gladiatoren etwas modifiziert Die charakteri- 
stischen Stücke sind: der große oblonge Schild, der allen Gladiatoren gemein- 
same Ärmel am rechten Arm, die Schiene am linken Bein, der Gurt, der (auch 
bei andern Gattungen vorkommende, Meier S. 18) Visierhelm mit Kamm und 
sehr hohem Federbusch (Varro 1. 1. V 142) und ein kurzes Schwert. Lanzen 
führten sie nach Cic. de orat. II 325 [prolusio — Samnitium, qui vibrant hastas 
antepugnam, quibus in pugnando nihil utuntur) nur im Scheingefecht; später 
nach Monumenten vielleicht auch im ernsten Kampf (Meier S. 34). Die spongia 
pectori tegumentum (Liv.) wurde weggelassen, wie überhaupt bei den Gladia- 
toren die Brust in der Regel ungeschützt war (Meier S. 17). Angesichts ihres 
frühen Verschwindens sind nur wenige Darstellungen mit einiger Sicherheit auf 
sie zu beziehen, so einige Gestalten von der Brüstungsmauer des Amphitheaters 
zu Pompeji und andre vom Grabmal des Scaurus. 

5. Thraeces. Zuerst bei Cic. Phil. VI 13. VH 17; prov. cons. 9; zuletzt bei 
Auson. Technop. p. 165, 103 Peiper. Schol. Juvenal. 8, 201; vgl. Meier S. 33. 
Sie führten den kleinen Schild (parma), wodurch sie den mit dem großen 
[scutum) bewaffneten Samniten entgegengesetzt waren« Nach Plin. n. h. XXXIII 
129 war die parnta rund und etwas gewölbt: pluritnumque refert cancava sint 
(specula) et poculi modo^ an parmae Thraecidicae. So erscheint sie auf dem 
Monument des Scaurus. Häufiger ist sie dagegen nicht rund, sondern viereckig, 
wie das scutum: s. z. B. das Monument des Thrakers Priscus CIG 3374 = Maffei, 
Mus. Veron. 444, 2 und des M. Antonius Exochus Daremberg-Saglio Fig. 3583 
= CIL VI 1 0194 = Dessau 5088. Nur wenn die parma auch viereckig war, 
konnte sie Martial XIV 213 zum scutum für einen Zwerg geeignet finden. Ihre 
charakteristische Angriffswaffe war die sica (die Nationalwaffe der Thraker, 
Val. Max. EI 2, 12), eine Art krummer Säbel (Corp. gloss. lat II i83 b : sica 
OpcfKucbv £{(po£ dmKajunr^; Juvenal. 8, 201 nennt sie falx supina, umgekehrte 
Sichel, Plin. n. h. XVIII 2 die Hauer der Eber dentium sicas). So erscheint die 
sica auf einem Relief des Amphitheaters zu Nimes (Kampf eines Thrakers und 
Samniten) bei Pelet, Descr. de l'amph. de N. pl. III 1 (unkenntlich bei Esp£- 
randieu, Recueil I nr. 463). Öfter aber ist die Klinge nicht in einer Kurve, son- 
dern in einem Winkel gebogen, wie auf dem Monument des Exochus, auf dem 
oben angeführten Bilde Overbeck-Mau S. 182, auf den Trophäen von Gladia- 
torenwaffen in der Gladiatorenschule zu Pompeji Bull. Nap. N. S. 1 1853 tav. VH 
13; vgl. das. S. ii4f. Den Mangel des großen Schilds ersetzte dem Thraker 
eine vollständigere Rüstung, daher ihnen Artemidor tö £<?K€7rä<?6ai toi? BttXoi? 
beilegt. Den Visierhelm und den Ärmel am rechten Arm haben sie mit andern, 
namentlich den Samniten, gemein, von denen sie aber (außer der parma und 
sica) das unterscheidet, daß sie Schienen an beiden Beinen haben. Nament- 
lich auf dem Monument des Scaurus sind die Thraker, die Mazois (Ruines de 
Pompä pl. 32) für Samniten hielt, auch hieran zu erkennen. In der Stelle bei 
Seneca Qu. n. IV praef. 8 ist wahrscheinlich mit Kroll quamvis staturam habeas 
[pi\theci cum (überliefert ist thecisum) Tkraece compositi zu lesen. Daß man 
diese schwer gerüsteten Kämpfer besonders aus Leuten von großer Statur 
wählte, ist natürlich; doch bei Petron. 45, 12 unus alicuius flaturae fuit Thraex 
ist die Konjektur von Scheffer, staturae, abzuweisen. Wenn man übrigens auf 



2Ö4 XVII. KOSTÜM UND BEWAFFNUNG DER GLADIATOREN [IL 541] 

Monumenten auch parmati mit Lanzen (Meier S. 34) und mit geraden Schwer- 
tern sieht, wie bei Pacho, Voy. d. 1. Cyr^naique 53, dagegen einen scutatus 
mit einer sica bei Aveüino, Osservazioni auf einer pompejanischen Kritzelei, 
so ist zu bemerken, daß es ein vergebliches Bemühen sein würde, alle Darstel- 
lungen von Gladiatoren unter die uns bekannten Gattungen verteilen zu wollen. 
Denn erstens waren diese Bewaffnungen keine festen Uniformen, sondern ohne 
Zweifel unzähligen, nach Zeit und Ort wechselnden Modifikationen unter- 
worfen; sodann sind die Abbildungen sicherlich nicht immer treu. Die Thraker 
fochten (nach Denkmälern) auch gegeneinander, außerdem mit Murmillonen 
(Meier S. 33 f.). Ihre Hauptgegner waren die 

6. Oplomachi (dies die Form des Namens in den Inschriften und guten 
Handschriften, Meier S. 22, 4). Schon Lipsius vermutete, daß dies eine spätere 
Bezeichnung der Samniten war (die wohl deren scututn [SttXov] entnommen ist). 
Wenn in dem Verzeichnis CIL IX 466 = Dessau 5083* Samnes noch neben 
oplotnachus vorkommt, läßt sich dies so erklären, daß der erstere Name für die 
Gegner der Retiarier noch nicht durch den späteren secutor verdrängt war, 
während die Gegner der Thraker bereits oplomachi hießen (oben S. 262). In 
dem pompejanischen Verzeichnis CIL IV 2508 erscheinen sie nicht bloß als 
Gegner der Thraeces, sondern auch der murmillones und dimachaeri. 

7. Galli und 8. Murmillones (so auf Inschriften, wie es scheint, immer, 
Meier S. 33, 1). Nach Fest. p. 285 M. (murmillonicum genus armaturae Gal- 
licutn est y ipsique murmillones ante Galli appellabantur\ quorum in galeis 
piscis effigies inerat) bezeichnet auch der zweite (von dem Fische nopuupo«; 
oder |iop|iu\oc abgeleitete) Name die gallischen Fechter, doch kommen auf 
der Liste CIL IX 466 = Dessau 5083* beide nebeneinander vor. Sonst aller- 
dings werden Galli nur in dem S. 261 erwähnten Spottliede der Retiarier, Mur- 
millones häufig und bis in die letzte Zeit genannt. Ihre Hauptgegner waren 
Retiarier (oben S. 261), außerdem Thraker (Meier S. 37); daß sie auch gegen- 
einander kämpften, kann man mit Meier S. 41 aus der Inschrift CIG 2164 nicht 
mit Sicherheit schließen. Über ihre Bewaffnung geben die Stellen bei Ammian. 
XVI 12, 49 [seque in modum murmillonum opperiens) und XXIII 6, 83 (pedites 
in speciem murmillonum contecti) keinen Aufschluß. Lipsius, der daraus auf 
eine schwere Bewaffnung schloß, dachte zugleich an die cruppellarii der Äduer, 
zur Gladiatur bestimmte Sklaven, quibus more gentico continuum ferri te- 
gimen Tac. Ann. HI 43; andre Vermutungen bei Meier S. 38 ff. Murmillotäca 
scuta nennt ein Fragment des Lucilius (1362 M.). Den Grabstein eines Mur- 
millo aus Demotika hat Lafaye a. a. O. S. 1588 mit Fig. 3586 ans Licht ge- 
zogen; der Gladiator trägt hier subligaculum und einen kurzen Stab (?), auf 
einer Säule scheint der Helm zu ruhen (die Inschrift Athen. Mitt. IX 1884 
S. 213). Das Bild eines weiteren Grabsteins wird CIL VI 101 78 folgendermaßen 
beschrieben: *figura del mirmillone^ che colla destra tiene un tarsone e colla 
sinistra una corta spada.* 

9. Dimachaeri. Artemidor. II 32: bi|idxaipo£ bfe kci\ 6 Xeyöiuevos öpßrjXat 
oder äpßrjXas. Für das letzte offenbar verdorbene Wort hat Hercher ganz 
willkürlich }iopuiXXuJv in den Text gesetzt; ich vermute, daß zu schreiben ist 
fciu. bk kci\ 6 XeTÖuevos ßrjXnt (veles) und daß die Korruptel dadurch entstand, 



/ 



[n. 542] xvn. kostüm und Bewaffnung der Gladiatoren 265 

daß am Rande geschrieben war 6 k<x\ ßr|ArK (xa£ abgekürzt). Dymachero sive 
assidario CIL XDI 1997 = Dessau 5097 (Lyon). Der Grabstein eines Dima- 
cherus aus Amisos bei Cumont, Cat. Sculpt. Bruxelles 9 S. 104, wenigstens 
dürfte ihm Cumont nach den beiden Dolchen, die er in den Händen hält, mit 
Recht'diesen Namen gegeben haben. Er trägt außerdem subligaculum, balteus, 
einen Brustschutz (spongia?) } Schiene am linken Bein; der rechte Arm ist ban- 
dagiert; neben ihm ovaler Schild, im Felde ein Helm. Sein zu Boden gesunke- 
ner Gegner ist genau ebenso gerüstet. 

10. Velites. Isidor. XVIII 57: velitum pugna erat ut ultro ätroque tela 
obiectarent\ unklar ist Non. Marceil. p. 56 M. (petauristae): Idem ( Varrd) de vita 
populi Rotnani Hb, II: nee minus alio in genere sunt ludi vellites Galli, Ger- 
tnani petauristae. Im übrigen sind die Stellen, in denen von Velites als Gla- 
diatoren die Rede ist, nicht sicher auszuscheiden, vgl. Ov. Ibis 45 und dazu 
Friedlaender bei Marquardt, StV. HI 562, 2. Ein vel(es) in der Liste CIL IX 
466= Dessau 5083% ein doc{tor) veliitum) Dessau 9342. Die Bewaffnung wird 
man sich nach dem Muster der gleichnamigen Truppengattung vorzustellen 
haben. 

ix. Provocatores (Cic. pro Sest 134). Das Monument eines Anicetus 
prw[ocator) CIL VI 10183 = Dessau 51 10 zeigt nach Meier, Bull. d. Inst. 1884 
S. 158 einen mit Scutum, Schwert und einer Schiene gerüsteten Gladiator, also 
ebenfalls die samnitische Bewaffnung; eine Abbildung Bull. Soc. Ant. de France 
1896 S. 259. Doch vgl. CIL IV 2483 : Mansuetus prauocator victor Veneripar- 
mam feret. Nach der Inschrift eines prcrv{ocator) spat{arius) CIL VI 7659 = 
Dessau 5109 nimmt man eine besondere Art von Provocatores an, bewaffnet 
mit den gladii maiores, quos spatas vocant (Veget. de re mil. II 15). 

12. Essedarii, vermutlich von Cäsar eingeführt (Cic. ad fam. VE 10, 2). 
Ohne Zweifel ahmten sie die britannischen Wagenkämpfer möglichst genau 
nach, die Caesar De bell. Gall. IV 33, 3 folgendermaßen schildert: mobilitatem 
equitutn } stabilitatem peditum in proeliis praestant\ ac tantutn usu quotidiano 
et exerciUo efficiunt, ut in declivi ac praeeipiti loco incitatos equos sustinere et 
brevi moderari aeflectere et per tetnonetn percurrere et in iugo insistere et inde 
se in currus citissime reeipere consueverint Aus Petron. 36, 6 ita gesüculatus 
laceravit obsonium } ut putares essedarium hydraule cantante pugnare sieht man, 
daß die Essedarier ihre kunstvollen Bewegungen zuweilen nach dem Takte der 
Musik ausführten. Daß wie bei den Britanniern auf jedem Wagen sich neben dem 
Kämpfer ein Lenker befand (Tac. Agric. 1 2 honestior auriga, clientes propugnant\ 
hat schon Lipsius, Saturn. II 12 mit Recht aus Sueton. Calig. 35, 3 geschlossen, 
wo der Essedarius Porius seinen Sklaven obprosperampugnam freiläßt. Die esse- 
darii mochten durch die Kriege in Britannien unter Claudius (vgl. das Schauspiel 
des Claudius Suet. 21) und Nero besonders in Aufnahme gekommen sein; die 
Frauen der Britannier scheinen öfters im Kampfe erschienen zu sein (Tac. Ann. 
XIV 35 : Boudicca, currufilias prae se vehens — solitum quidem Britannis femi- 
narum duetu bellare testabatur), was die mulier essedaria Petron. 45, 7 ver- 
mutlich nachahmte. Esse(darius) in den Verzeichnissen CIL IX 466 = Dessau 
5083* und VI 631 = Dessau 5084, vgl. auch Dessau 5094 — 5096 (Rom und 
Nimes), CIL IV 2508 und S. 521 und den oben angeführten dymacherus sive 



266 XVII. KOSTÜM UND BEWAFFNUNG DER GLADIATOREN [IL 543, 544] 

assidarius. Vgl. Meier S. 43 f. Lafaye bei Daremberg-Saglio II 817. Pollack, 
Real-Encykl. VI 684 f. 

13. Equites. Equi gladiatorum schon bei Cic. pro Sest 126. Equites CiL 
IX 465 = Dessau 5083, X 7364 = Dessau 5093, VI 10167: eq. vet. lud. mag., 
Artemidor. a. a. O. Galen. XIII 601 K.: OeacrAjuievo? t«P Tiva jmovojmdxiüv tuiv 
KaXou|ieviJUV iTnr&uv. Petr. 45, 11. Isidor. XVIII 53: genera gladiatorum plura, 
quorum primus ludus equestrium. Duo enim equites praecedenübus prius signis 
militaribus, unus a porta orientis, alter ab occidentis procedebant in equis albis 
cum aureis galeis minoribus et habilioribus artnis, sicque atroci perseverantia 
pro virtute sua inibant pugnam usw. Die miteinander kämpfenden Reiter auf 
dem Monument des Scaurus haben lange Panzer, kleine runde Schilde, Panzer- 
ärmel am rechten Arm, Tuniken, Visierhelme und Lanzen. Vgl. auch Meier, 
Westd. Ztschr. I 165. 

14. Andabatae. Cic. ad fam. VII 10, 2; auch der Titel einer Satire Varros 
war Andabatae (Gercke, Hermes XXVIII 1893 S. 135 ff.). Meier S. 43 hat wegen 
einer Glosse (Mai, Class. auct. VII 551): andabctae gens quaedam und der An- 
führung von dvbpaßdrar xaräcppaKTOi, wo wohl dvbaßdiai zu lesen ist, unter 
den Legionssoldaten bei Lyd. De magistr. I 46 an Gladiatoren gedacht, die 
wie Samnites Galli Thraeces in einer nationalen Rüstung erschienen. Bekannt 
ist von ihnen weiter nichts, als daß sie fochten, ohne sehen zu können, d. h. 
also mit einem Visier ohne Augenlöcher 1 ): Hieronym. adv. Jovin. I36; adv. 
Helvid. 3, 6. Augustin. contra Jul. op. imperf. I 19; zu dieser Eigenheit würde 
der vollkommene Panzerschutz, den die Stelle bei Lydus mittelbar erschließen 
läßt, gut passen, da er die törichte Gräßlichkeit des Kampfes mildern und ihn 
ausdehnen mußte. Auf Inschriften sind sie bis jetzt ebensowenig gefunden 
worden wie auf Monumenten, auch erwähnt sie kein Schriftsteller der Kaiser- 
zeit — Hieronymus und Augustin haben doch wohl aus Varro geschöpft; viel- 
leicht war also diese Kampfart außer Gebrauch gekommen. Holder, Altkelti- 
scher Sprachschatz s. v. gibt den Versuch einer Herleitung aus dem Keltischen. 
Vgl. Meier, Real-Encykl. I 21 16. 

15. Scissores. Nur in dem Verzeichnis CIL IX 466 = Dessau 5083», wo 
ein als tiro getöteter oder gestorbener M. Caecilius scisso[r) vorkommt. Vgl. 
Meier S. 43, 2. 

16. Sagittarii erscheinen inschriftlich wieder nur in der Liste CIL IX 466. 
Daß nicht bloß Tierkämpfer, sondern auch eigentliche Gladiatoren Pfeil und 
Bogen führten, hat Meier S. 45 f. aus Pers. 4, 42 und Nux 171 geschlossen; an 
der letzteren Stelle kann von Gladiatoren die Rede 'sein, deren Tod das Volk 
verlangte, und die den Pfeilschützen als Ziel dienen mußten, in der ersteren 
führt caedimus auf die Annahme, daß den Schützen anders gerüstete Gladia- 
toren (etwa Reiter?) gegenüberstanden. 

Gladiatoren konnten sich auch auf mehr als eine Kampfart verstehen, vgl. 
CIL XIII 1997 = Dessau 5097: dymachero sive assidario und Martial V 25, 11: 
Hermes belligera superbus hasta, Hermes aequoreo minax trulente } Hermes 
casside languida timendus. Die erste und dritte Gattung ist nicht mit Sicherheit 
zu bestimmen, außerdem war Hermes Retiarius. 

1) Vgl. den ^combat a l'aveuglette* Lacroix, Moeurs etc. au moyen ige S. 236 f. 



[IL 545] XVH. KOSTÜM UND BEWAFFNUNG DER GLADIATOREN 267 

Nicht zu den eigentlichen Gladiatoren sind zu rechnen die Paegniarii. CIL 
VT 631 = Dessau 5084 und CIL VI 10 168 = Dessau 5126 (ein pegniarius ludi 
magni, der beinahe 100 Jahre alt wurde). Sueton. Calig. 26, 5: tabidas feras 
vilissimos senioque confectos gladiatores fquoque [proque Buecheler) paegniaris 
patres familiarutn notos in bonam partetn sed insignis debilitate aliqua obi- 
ciebat. Vielleicht führten sie arma hisoria: einen Kampf von zwei Fechtern, 
die sich mit kleinen Schilden decken, in der Rechten eine Peitsche, in der 
Linken einen oben gekrümmten Stab mit breitem Knauf fuhren, zeigt das 
Mosaik zu Nennig (Daremberg-Saglio Fig. 3589). Corp. gloss. lat. III 308, 66 
ÖTrXoTrfiCTTi ? armilusor. Meier, Westd. Ztschr. I 157 glaubt, daß sie in der 
Mittagspause auftraten, nach Seneca ep. 7, 3 casu in tneridianum spectaculum 
incidi /usus txspectans et sales et aliquid laxamenti. Die der Annahme von 
Henzen, Mus. Borg. S. 117, daß meridiani eine eigene Gattung waren, zu- 
grunde liegende Inschrift CIL VI 3168* ist unecht. 

Andre Gattungen von Fechtern sind nur aus Irrtum angenommen worden 
oder lassen sich wenigstens durchaus nicht mit Sicherheit nachweisen. Die 
manicarii CIL VI 631 = Dessau 5084 sind nicht Gladiatoren, sondern Ar- 
beiter von Panzerärmeln, was um so weniger auffallen kann, als auch ein unctor 
Mitglied dieses Kollegiums war. 

Tierkämpfer. Zu diesen gehörten taurocentae und taurarii CIL X 
1074 == Dessau 5053; dieselbe Inschrift nennt succursores und pontarii 
(Corp. gloss. lat. III 173, 24 gefirobaüs pontarius, vgl. Funck, Hermes XXVIII 
1893 S. i58f-)- Succursores scheinen Leute gewesen zu sein, die den Stier 
reizten und dann flohen (Henzen, M. Borg. S. 151). Auf Monumenten wird 
man die schlecht oder gar nicht gerüsteten Gestalten für Verurteilte (bestiarii) 7 
die gut gerüsteten für geschulte Tierkämpfer halten dürfen (vgl. oben II 77, 8). 
Zur Rüstung der letzteren gehörte vor allem die tnanica. Fronto ad M. Caes. 
ep. V 22 p. 82 N.: Consul populi Romani posita praetexta manicam induit, 
leonetn inter iuvenes quinquatribus percussit populo Romano spectante. Gut ge- 
rüstete Jäger sieht man besonders auf dem Relief aus dem Marcellustheater 
(oben S. 259), auf welchem Henzen (Mus. Borg. S. 117, vgl. Ann. d. Inst. 1841 
S. 15) eine parthische Rüstung erkennen will. Über Schlingen als Waffen 
von Tierkämpfern Meier, Bonner Jahrbücher 71 S. 1 1 1 f. Überhaupt werden 
dieselben in sehr verschiedenen Rüstungen, zum Teil auch ohne alle Schutz- 
waffen, nur mit einem Jagdspieß bewehrt aufgetreten sein. Doch scheint 
venatores die allgemeine Benennung aller Tierkämpfer (außer den Verurteilten) 
gewesen zu sein, und die Vermutung von Meier, Bull. d. Inst. 1884 S. 159, daß 
so nur diejenigen hießen, *che facevano uso di brache ed erano muniti comple- 
tantente d'arnesi da caccia€ } die schwer (samnitisch) gerüsteten Provocatores, 
ist ebenso willkürlich wie unwahrscheinlich. F. Drexel. 



xvm 

ÜBER DIE BEI DEN RÖMISCHEN 
VENATIONEN VERWANDTEN TIERE") 

Von den mir bekannten Behandlungen dieses Gegenstands ist (trotz 
einzelner Irrtümer) die vollständigste, am besten geordnete und be- 
lehrendste die Schrift von Mongez, Memoire sur les animaux promen£s 
ou tu£s dans les cirques in den M&noires de l'Institut royal de France X 1833 
S. 360 — 460. Ich habe in der folgenden Übersicht so viel wie möglich die 
chronologische Ordnung beobachtet und die Tiere in der Reihenfolge behan- 
delt, in der sie in Rom bekannt geworden sind oder doch von den alten Schrift- 
stellern erwähnt werden"). Von selbst ergeben sich dabei drei Perioden. 

a. VON EINFÜHRUNG DER TIERHETZEN BIS AUF DIE SPIELE DES 

SCAURUS, 186— 58 v. Chr. 

Die Elefanten lernten die Römer zuerst im Kriege gegen Pyrrhus in Lu- 
canien kennen, daher das Volk sie »Lucanische Ochsen« nannte; der Ausdruck 
kam zuerst bei Plautus vor (vgl. K. Meister, Lateinisch-griechische Eigennamen 
I 42 ff.). M.' Curius Dentatus führte sie im Jahre 275 bei seinem Triumphe in 
Rom auf (Seneca de brev. vitae 13, 3). L. Cäcilius Metellus, der Besieger der 
Karthager, der 250 triumphierte, ließ 120 (oder 140 oder 142) Elefanten in den 
Zirkus fuhren, die nach Verrius getötet wurden, nach andern Berichterstattern 
nicht (Plin. n. h. VIII 16 f. Seneca de brev. vitae 13, 8), wonach die Meteller 
gern den Elefanten auf ihren Münzen anbringen (Babelon, Monn. R6p. rom. I 
263 ff.). Kämpfen ließ man sie in Rom zuerst 99, im Jahre 79 gegen Stiere 
(Plin. ebd. Gran. Licinian. 36). Pompejus, der zuerst auf einem mit Elefanten 
bespannten Wagen gefahren war (bei seinem afrikanischen Triumph im Jahre 81 : 
Plin. VIII 4, nach Plut. Pomp. 14, 3 war er jedoch durch die Enge des Tors 
daran verhindert worden), ließ sie auch (bei der Einweihung seines Theaters 
im Jahre 55) zuerst mit Menschen kämpfen, und zwar nach einigen 20, nach 
andern 17 oder 18 (Seneca und Plin. a. a. O. Cass. Dio XXXIX 38, 2. Cic. ad 
fam. VE 1, 3, vgl. oben II 87, 15). 

1) Vgl. II 78, 1. 88, 1. 2) Es sei hier ein für allemal auf O. Kellers Tiere des klassischen 

Altertums (Innsbruck 1887) und desselben Antike Tierwelt (Leipzig 1909) sowie die einschlägigen 
Artikel bei Daremberg-Saglio und in der Real-Encykl. verwiesen. 



[IL 547] XVIIL ÜBER DIE BEI VENATIONEN VERWANDTEN TIERE 269 

In der Kaiserzeit, wo sie hauptsächlich zum Ziehen von kaiserlichen Triumph- 
und Prozessionswagen verwandt wurden (auch ließ Hadrian den Koloß des 
Nero durch 24 Elefanten von der Stelle bringen: Hist. aug. Hadr. 19, 12), be- 
gnügte man sich meistens, sie im Zirkus Kunststücke machen zu lassen, für 
Tierhetzen wurden sie nur selten preisgegeben. Selbst bei der Einweihung des 
Flavischen Amphitheaters kämpften nur vier: Cass. Dio LXVT 25, 1 (einer mit 
einem Stier, Mart. Spect. 17); einer (gegen ein Nashorn) 5 n. Chr.: Cass. Dio 
LV 27, 3; Commodus tötete zwei: Cass. Dio LXXII 10, 3; einer 202 getötet: 
Cass. Dio LXXVI 1, 3; einer 212: Cass. Dio LXXVH 6, 2; einer 218: Cass. 
Dio LXXIX 9, 2. Noch 496 n. Chr. erhielt Anastasius aus Indien einen Ele- 
fanten (Marceil. Com. Chron. min. II 94, 33). — Kampf zwischen Elefant und 
Stier auf Münzen (Froehner, Medaillons S. 188. Sabatier, Descr. g6n. des m£d* 
cont. Taf. VIII 11), einem Relief (Matz-Duhn nr. 2250) und einem Mosaik (Mont- 
faucon, Antiqu. expl. II Taf. 16). Vgl. S. Reinach bei Daremberg-Saglio II 
543 und Weilmann, Real-Encykl. V 2255. 

Afrikanische Bestien (Africanae oder Libycae, 6r)pia AißuK<4, d.h. ver- 
schiedene Arten der Gattung felis ^ besonders gefleckte, namentlich Panther 
und Leoparden; der Name leopardus zuerst bei den Script, hist. August, 
Mongez a. a. O. S. 3 79 f., vgl Keller, Tiere d. kL Altert. 144 und Ant. Tierwelt 
I 64) sah man zu Rom schon bei der ersten Tierhetze im J. 1 86 (Liv. XXXIX 
22, 2), dann in einer zweiten 169 (63 Stück, Liv. XLIV 18, 8). Ein alter Senats- 
beschluß, der ihre Einführung verbot, wurde auf Antrag eines Tribunen Cn. 
Aufidius aufgehoben (Plin. n. h. VIH 64). Scaurus gab in seiner Ädilität 150, 
alle gefleckt, Pompejus 410, P. Servilius als Prätor im J. 25 nur 300 (Cass. Dio 
LUE 27, 6). Augustus 420 (Plin. n. h. VHI 64), nach Cassius Dio bei Einweihung 
des Marcellustheaters (13 v. Chr.) sogar 600 auf einmal (Cass. Dio LIV 26, 1), 
im ganzen während seiner Regierung etwa 3500 (Mon. Ancyr. lat. 4, 42); Cali- 
gula zur Einweihung des Tempels des Augustus 37 n. Chr. 400 (Cass. Dio LIX 
7, 3), Claudius 41 n. Chr. 300 (Cass. Dio LX 7, 3) Von den außereuropäischen 
Tieren waren diese bei den Venationen am häufigsten, auch in Munizipien (in 
Verona Plin. ep. VI 34, 3, in Allifae CIL IX 2350 = Dessau 5059, in Telesia 
IX 2237 = Dessau 5060, in Salerno X 539 = Dessau 5061). 

Auch Löwen wurden schon bei der ersten Tierhetze von M. Fulvius gezeigt 
(Liv. XXXIX 22, 2), doch vermutlich nur gezeigt; einen Kampf von mehreren 
Löwen gab erst Q. Scaevola als Ädil im Jahre 95 ; auch diese waren wahrschein- 
lich angebunden; losgelassen wurden sie zuerst im Zirkus von Sulla bei einem 
Schauspiel, das er als Prätor gab; zu ihrer Bekämpfung hatte er vom König 
Bocchus Speerwerfer kommen lassen (Plin. n. h. VIII 53. Seneca de brev. vit. 
13, 6). Nach Plinius waren dies hundert gemahnte Löwen [iubati), worunter 
vermutlich männliche zu verstehen sind. Pompejus gab im Zirkus 600 (so Cass. 
Dio XXXEX 38, 2, nach Plut Pomp. 52 nur 507, darunter 325 gemahnte), Cäsar 
400 (Plin. a. a. O.), Augustus zur Einweihung des Tempels des Mars Ultor im 
Jahre 2 v. Chr. 260 (Cass. Dio LV 10, 7), Germanicus im Jahre 12 200 (Cass. 
Dio LVI 27, 5), Nero im Jahre 56 300 (Cass. Dio LXI 9, 1). Hadrian soll häufig 
100 Löwen im Zirkus gegeben haben (Hist. aug. 19, 7), im Jahre 1 18 an seinem 
Geburtstage 100 Löwen und 100 Löwinnen (Cass. Dio LXLX 8, 2). 100 Löwen 



270 XVHI. ÜBER DIE BEI VENATIONEN VERWANDTEN TIERE (TL 548] 

auf einmal gab auch Antoninus Pius (Hist. aug. 10, 9), wahrscheinlich in den 
mit besonderer Pracht gefeierten Spielen des Jahres 900 d. St. (Vict. Caes. 15,4) 
desgleichen Marc Aurel (Eutrop. VIII 14, 4, vgl Euseb. Chron. z. J. 179). Com- 
modus soll so viel bei einem einzigen Schauspiel erlegt haben (Herodian 1 15, 6. 
Ammian. Marceil. XXXI 10, 19). Probus ließ 100 gemahnte Löwen, deren 
Gebrüll dem Donner ähnlich war, im Amphitheater erlegen, desgleichen 100 
Löwinnen usw. (Hist. aug. Prob. 19, 5). 

Strauße wurden ebenfalls schon bei den ersten Venationen im Zirkus ge- 
zeigt. Plaut. Persa 199: Vota curriculo. — Istuc marinus passer per circum 
solet. Commodus erlegte sie im Lauf mit halbmondförmigen Pfeilen (Herodian. 
I 15, 5, dazu Robert, Sarkophagreliefs EI 307, vgl. Cass. Dio LXXII 20, 2). 
Der erste Gordian gab als Adil bei einem Schauspiel unter andern 300 rot- 
gefärbte maurische Strauße (Hist. aug. Gord. 3, 7). — Außerdem sind abge- 
richtete Kraniche die einzigen Vögel, die bei Venationen erwähnt werden 
(Cass. Dio LXVI 25, 1). Doch wurden Papageien und andre seltene Vögel 
zu Ausstellungen, wahrscheinlich auch zum Schmuck des Forums bei Schau- 
spielen verwendet. Varro r. r. HI 9, 17 : gallinae rusticae — in ornatibus pu- 
blicis solent poni cum psitiacis ac merulis albis, item aliis id genus rebus m- 
usitatis. 

Dies waren, soviel wir wissen, die einzigen außereuropäischen Tiere, die vor 
der Ädilität des Scaurus bei Tierhetzen vorkommen; von europäischen werden 
folgende erwähnt : 

Bären. Aus Lucanien: Varro de 1. 1. V 100. Martial. Spect. 8. Galen. VI 
666: Iv Aeuicavfqi bfe tx\<z 'hdkiaq tö |i€T<x&i ituj? äpicrou T€ kcä av6<;. Aus 
Apulien: Symmach. ep. X 13 u. 15. Aus Dalmatien ebd. X 20. Caledanius 
ursus Martial. Sp. 7, 3. Hundert numidische Bären gab zuerst L. Domitius 
Ahenobarbus als kurulischer Ädil 61 v. Chr. An dem durch zahlreiche Stellen 
der Alten bezeugten Vorkommen von Bären in Numidien (Herodot. IV 191. 
Plin. Vin 131. Martial. I 104, 5. Juv. 4, 99. Cass. Dio LIII 27, 6 usw.) {kann 
durchaus kein Zweifel sein, da noch Karl der Große von dort einen Bären er- 
hielt (oben II 78), vgl. Keller, Tiere d. klass. Altert. S. 365, 3; Bären auf afrika- 
nischen Mosaiken Arch. Anz. 191 3 S. 259 fr. Über die Verbreitung des Bären 
in Spanien, Gallien, Germanien, Noricum, Pannonien, Thracien, Nordgriechen- 
land, Vorderasien Keller S. 106 ff. — Schon 169 v. Chr. wurden 40 Bären ge- 
geben (Liv. XLIV 18, 8); später öfters ebensoviel wie afrikanische Bestien oder 
noch mehr. So gab P. Servilius als Prätor 25 v. Chr. 300 Bären (Cass. Dio 
LEI 27, 6), Caligula 400 (Cass. Dio LIX 7, 3), Nero 400 (Cass. Dio LXI 9, 1). 
Commodus erlegte 100 (Cass. Dio LXXII 18, 1), Gordian der Erste gab an 
einem Tage 1000 neben 100 afrikanischen Tieren (Hist. aug. Gord. 3, 6), Pro- 
bus 300 (ebd. Prob. 19, 7). Auf Inschriften CIL X 1074 = Dessau 5053 (Pompei, 
um Chr. Geb.). X 601 2 = Dessau 5062 (Minturnae). Dessau 5063* (bei Benevent). 

Stiere werden sehr häufig genannt, wie bereits 79 v. Chr. im Kampf mit Ele- 
fanten (so öfter, z. B. Martial. Spect. 1 7), später besonders mit Menschen. Varro 
r. r. III 5, 3: ostium habere (ornitkona oportet) hutnile et angustum et potissimum 
eins generis quod cocliatn appellant, ut solet esse in cavea in qua tauripugnare 
solent. Zahlen werden gewöhnlich nicht angegeben, offenbar weil sie zu gemein 



[IL 549, 55o] XVHL ÜBER DIE BEI VENATIONEN VERWANDTEN TIERE 2 7 1 

waren. Theodosius soll Stierkämpfe in Rom verboten haben (Prudent. adv. 
Symmach. II 1 123). Buckelochsen (Zebus) werden zuerst bei einem Schau- 
spiel Neros erwähnt (Calpurn. Ecl. 7, 60: vidimus et tauros quibus aut cervice 
levata deformis scapulis torus etninet. Plin. n. h* VIII 179: Syriacis non sunt 
palearia, sed gibber in dorso. Carici quoque in parte Asiae foedi visu tuber e 
super artnos a cervicibus eminente). Besonders häufig waren sie auf Cypern 
(KuTipioi ßöec, tauri Cypriaci). Mehr bei Keller a. a. O. S. 66 — 72, der irrtüm- 
lich das von Calpurnius beschriebene Schauspiel unter Carinus setzt. 

Eber. Martial V 65, 10: quod tua Maenalios collocat hasta sues? Gezähmt 
I 104, 6: et quantum Calydon tulisse fertur, paret purpureis aper capistrisl 
Bei den Dezennalien Severs 202 mußten 60 Eber miteinander kämpfen (Cass. 
Dio LXXVI 1, 3; 150 Eber Hist aug. Gord. 3, 7; 1000 ebd. Prob* 19, 4). 

Wild und zahme Tiere verschiedener Art, die unter dem Gesamtnamen 
ammalia herbatica (Hist. aug. Prob. 19, 4, vgl. CIL VIII 7969 (Rusicade) = 
Dessau 399: venat. vari gen. dentatar.ferar. et tnansuet. item herbat.) begriffen 
werden. Dasselbe bedeutet herbanae (CIL X 6012 = Dessau 5062, vgl. Hen- 
zen, Ann. d. Inst. 1853 S. n6f.), herbariae (CIL X 7295 = Dessau 5055 [Pa- 
normus] ... omni] gener e her bariarutn et numerosas Orientale s^ ein p(rae)p(ositus) 
herbararium CIL VI 10209); Varro r. r. HI 13, 3 beschreibt den Wildpark des 
Q. Hortensius auf dessen Laurentinischer Villa, wo auf ein Hornsignal tanta 
circymfluxü nos cervorum aprorum et ceterorum quadrupedum multitudo, ut 
non minus formosum mihi visum sit spectaculum quam in circo maximo aedilium 
sine A/ricanis bestiis cum fiunt venationes. Plaut. Persa 435 : citius extemplo a 
foro fugiunt quam ex porta ludis quotn emissust lepus. Ovid. Metam. XI 25: 
structoque utrinque tkeatro ut matutina cervus periturus harena. Besonders 
wurden solche Tiere an den Floralien gehetzt, Ovid. Fast. V 371: imbelles ca- 
preae sollicitusque lepus ; an den Cerialien Füchse, ebd. IV 681 f. Augustin. civ. 
dei X 35, 57 canem currentem post leporem iatn non specto cum in circo fit. 

b. VON DEN SPIELEN DES SCAURUS BIS ZUR EINWEIHUNG DES 

MARCELLUSTHEATERS, 58— ix v. Chr. 

Ägyptische Tiere zeigte in Rom zuerst M. Aemilius Scaurus als kuruli- 
scher Ädil bei seinen viel genannten Schauspielen 58 v. Chr.; er mag sie sich 
bei einem Einfall in das Land der Nabatäer in Petra verschafft haben. 

Der damals zuerst gezeigte Hippopotamus (Plin. n. h. VIII 96. Ammian. 
Marceil. XXII 15, 21) wurde wahrscheinlich zum ersten Male getötet bei der 
Feier des ägyptischen Triumphs des Augustus 29 v. Chr., Cass. Dio LI 2, 5. 
Natürlich kam er auch in der Kaiserzeit selten vor; so in den von Calpurnius 
beschriebenen Schauspielen Neros (Ecl. 7, 66). In den Schauspielen des An- 
toninus Pius sollen mehrere gezeigt worden" sein (Hist. aug. 10, 9), Elagabal 
mehrere besessen haben (ebd. 28, 3). Nicht weniger befanden sich in Rom 
unter dem dritten Gordian (ebd. 33, 1). 

Auch das Krokodil zeigte Scaurus in Rom zuerst und zwar fünf Exemplare, 
wie den Hippopotamus in einem eigens dazu gegrabenen Wasserbehälter (Plin. 
a. a. O.). Augustus ließ bei der Einweihungsfeier des Tempels des Mars Ultor 



272 XVm. ÜBER DIE BEI VENATIONEN VERWANDTEN TIERE [IL 551] 

(2 v. Chr.) in den Flaminischen Zirkus Wasser leiten und 36 Krokodile erlegen 
(Cass. Dio LV 10, 8; Strabo XVII 815 scheint ein andres Schauspiel zu be- 
schreiben). Neben dem Wasserbehälter befand sich ein Gerüst, auf dem die 
Krokodile sich sonnen konnten; Tentyriten (vgl. Seneca nat. quaest IV 2, 15) 
zogen sie mit Netzen herauf und wieder ins Wasser hinab, in dem sie ohne 
Schaden zu nehmen sich unter die Tiere mischten. Krokodile gab auch Do- 
mitian (Martial V 65, 13: Saepe licet Graiae numeretur belua Lernae, improba 
Niliacis quid facit hydra feris?) und Antoninus Pius (Hist. aug. 10, 9); eins 
besaß Elagabal (ebd. 28, 3), Symmachus wollte in seinen Schauspielen mehrere 
"geben, die jedoch sämtlich starben (ep. VI 43. IX 141). 

Bei den Spielen des Pompejus 55 v. Chr. sah man in Rom das erste Rhino- 
zeros (Plin. n. h.« VIII 71). Gehört hatte davon schon Lucil. 1 16 M. (dente ad- 
verso \eminulo hie est, rinoceros). Augustus ließ zuerst ein Rhinozeros beim 
Triumph über Kleopatra töten (Cass. Dio LI 22, 5), nachdem er es in den 
Saepta gezeigt hatte (Sueton. Aug. 43, 4). Mit einem Elefanten kämpfte ein 
Rhinozeros 5 n. Chr. (Cass. Dio LV 27, 3). Strabo konnte das Tier aus Autopsie 
beschreiben (XVI 775). Plinius sagt, das einhörnige sei öfter gesehen worden. 
Das zweihörnige gab vielleicht zuerst Domitian (Martial. Spect 22); es ist auf 
seinen Münzen verewigt, kommt übrigens auch auf Bleitesseren vor (Rostowzew, 
Bleitesserae S. 53). Ein zweihörniges Nashorn sah zu Rom auch Pausanias, man 
nannte es den äthiopischen Stier (Paus. IX 21, 2). Commodus soll mehrere 
Rhinozerosse getötet haben (Cass. Dio LXXII 10, 3), auch Caracalla ließ eins 
töten (ebd. LXXVU 6, 2); eins besaß Elagabal (Hist. aug. 28, 3), eins wurde 
bei den Säkularspielen Philipps gezeigt (Hist aug. Gord. 33, 1). 

Bei den Spielen des Pompejus sah man auch zuerst den Chama aus Gallien, 
quem Galli rufiutn vocabant, von der Gestalt des Wolfs mit den Flecken der 
Parder (Plin. VHI 70), den die Römer auch lupus cervarüts nannten (VIII 84); 
es ist der Luchs (loup-cervier der Franzosen), der gegenwärtig in Frankreich 
ausgestorben ist. Vgl. Mongez S. 401, welcher aus Thevet, Cosmographie du 
Levant folgendes anfuhrt: *Les loußs-cerviers sont trop plus cruelz que ceux 
dont nous avons maintenant parle, et de cette espice on en vit un en France \ n'y 
ha pas long temps; lequel sortant de la forest d y Orleans, au pays de Betty, 
Van 1548, devora plusieurs personnes.* Wahrscheinlich hatte Pompejus dieses 
Tier von Cäsar aus Gallien erhalten. 

Endlich sah man bei diesen Spielen zum ersten und, wie es scheint, einzigen 
Male den äthiopischen Cephus (Plin. VIII 70), eine Affenart (Kfißos Aristot 
Hist. an. II 8 und sonst). 

Die Giraffe zeigte zuerst Cäsar bei den Triumphalspielen 46 v. Chr. (Cass. 
Dio XLÜI 23. Plin. n. h. VIII 69); von dieser reden Varro de 1. 1. V 100 (Ale- 
xandrea camelopardalis nuper addueta). Horat ep. II 1, 194. Plinius sagt, daß 
das Tier, das die Römer und Griechen camelopardalis, auch wildes Schaf (ovis 
fera — wohl ein volkstümlicher Name) nannten, bei den Äthiopen Nabun 
heiße. Auf dem Mosaik von Palestrina sind Ndßouq und Ka|ir|XoTT<ipbaXiq ver- 
schiedene, aber ähnliche Tiere (IG XIV 1302, vgl. Brandt, Bull, de l'Ac. imp. 
de St.-Petersbourg 1860 I 353: Ist der Nabus des Plinius identisch mit seiner 
camelopardalis?). Der arabische Name ist zerrafa (die Liebliche); neugriech. 



[IL 552] XVni. ÜBER DIE BEI VENATIONEN VERWANDTEN TIERE 273 

ZopoupK, bei Albert. Magn. seraphx Mongez S. 413 u. 418, der S. 411 — 422 die 
vollständigste mir bekannte Zusammenstellung der Nachrichten über die Giraffe 
aus dem Altertum und der neueren Zeit gegeben hat. Der erste, der sie seit 
der augusteischen Zeit als Augenzeuge beschreibt, ist Pausanias, der sie in Rom 
sah und indisches Kamel nennt (IX 21, 3); dann sah sie in Rom Anfang des 
3. Jahrh. Florentinus (Geopon. XVI 22), und Cass. Dio LXXII io, 3, der eine 
von Commodus erlegen sah. Zehn befanden sich in Rom unter dem dritten 
Gordian, die bei den Säkularspielen Philipps 247 vorgeführt wurden (Hist. aug. 
Gordian. 33, 1); einige auch bei dem Triumph Aurelians über Zenobia 278 
(Aurelian. 33, 4); zwei wurden 496 n. Chr. aus Indien an Anastasius geschickt, 
vgl. Marceil. Com. Chron. min. U 94, 33. Über Abbildungen der Giraffe aus 
dem Altertum O. Keller, Real-Encykl. VII 1368. 

c. VON DER EINWEIHUNG DES MARCELLUSTHEATERS 1 1 v. Chr. 

BIS AUF DIE LETZTE ZEIT. 

Erst unter Augustus sah man zu Rom den Tiger. Noch Varro hatte die Mög- 
lichkeit geleugnet, ihn lebendig zu fangen (de 1. 1. V 100), obwohl schon König 
Seleukus I. gegen Ende des 4. Jahrhunderts den Athenern einen zum Geschenk 
gesandt hatte, den Philemon und Alexis bei Athen. XIII 590 erwähnen. Nach 
Cass. Dio LIV 9, 8 empfing Augustus die ersten durch eine indische Gesandt- 
schaft, die ihn auf der Insel Samos traf, im Jahre 19; nach Plin. n. h. VIII 65 
zeigte er zu Rom den ersten am 4. Mai 1 1 v. Chr. bei der Einweihung des Mar- 
cellustheaters gezähmt in einem Käfig; Claudius zeigte ihrer vier. Ein gezähmter 
Tiger auchMartial. Spect. 18 und 1 104, 1 — 3. Domitian gab eine größere Anzahl 
von Tigern (wahrscheinlich bei den zur Feier des sarmatischen Triumphs ge- 
gebenen Schauspielen, im Anfang des Jahrs 93; Martial. VIII 26, vgl. Friedlaen- 
ders Ausgabe 1 60) ; desgleichen Antoninus Pius (Hist. aug. 10, 9); zehn wurden 
bei einem Schauspiel des Septimius Severus (203) getötet (Cass. Dio LXXVI 
7, 5). Bei der Hochzeit des Elagabal (der angeblich sogar mit Gespannen von 
Hirschen, Löwen und Tigern als Bacchus gekleidet fuhr, Hist. aug. 28, 2) sollen 
5 1 getötet worden sein (Cass. Dio LXXIX 9, 2). Gordian III besaß zehn (Gord. 
33, 1), Aurelian vier (Aurel. 33, 4). 

Außer diesen Tieren werden bei den Venationen der Kaiserzeit oder sonst 
als in Rom gezeigt folgende erwähnt: 

Bei den Schauspielen Domitians: der bubalus (Mart. Spect. 23, 4). Mit diesem 
griechischen Namen der Antilope bezeichnete nach Plin. n. h. VIII 38 das impe- 
ritum volgus den Auerochsen, urus (bos urus, primigenius), und die Verwechs- 
lung erhielt und steigerte sich; als unter den Langobarden die Büffel in Italien er- 
schienen, wurde der Name auf sie übertragen (Hehn, Kulturpfl. 7 S. 470). Ferner 
das zweite in Germanien lebende wilde Rind: bison, ein Name, den Griechen und 
Römer dem Germanischen entlehnten, der Wisent {bos bison\ zuerst bei Seneca 
Hippol. 65 f. : villosi — bisontes latisque feri cornibus uri, dann Mart. Spect 23, 
4; 1 104, 8: turpes esseda quod trahunt bisontes. Cass. Dio LXXVI 1,5, eine an 
schauliche Beschreibung Calpurn. Eclog. 7, 60 ff. Pausanias nennt die sonst 
ß6es arpioi genannten Tiere päonische Stiere (sie waren in Päonien besonders 

Friedlaender, Darstellungen. Anhang. lg 



274 XVm. ÜBER DIE BEI VENATTONEN VERWANDTEN TIERE [IL 553] 

häufig) und beschreibt ihre Jagd ausfuhrlich (X 13, 2); er hatte sie zu Rom ge- 
sehen (IX 21, 3); ebenso noch Timoth. Graz, bei Haupt, Op. HI 286, 21 irep\ 
ßouv<4crou, 5ti 6 ßouvaffoq £v TTcuovty Gijpfov lari \i&xa m ib$ ßobt <puf|v tywv 
xa\ eTboc. Ein Bison auf einer Bleitessera bei Rostowzew, Bleitesserae S. 53. 
Gegenwärtig lebt dies »größte Säugetier des europäischen Festlands« nur noch 
in dem Urwalde von Bialowicza in der russischen Provinz Grodno. Ferner die 
damtna Mart Spect. 30, vielleicht eine Gazelle, vgl. auch Martial. IV 35, 1. 
74, 1. XIII 94. Später wird sie öfters erwähnt (Hist. aug. Gord. 3,7; Prob. 19, 4). 
Der oryx [matutinarum non ultima praeda f er arum, saevus oryx Martial. XHI 
95) ist eine Antilopenart, vielleicht die Säbelantilope. Auch den onager, 
den Wildesel oder das Wildpferd, nennt Martial. XIII 100 als bei Venationen 
vorkommend. Er wird später oft genannt, so Cass. Dio LXXVI 1, 5 Und Hist. 
aug. Gord. 3, 7. 33, 1. Auf dem Mosaik von Nennig scheint er dargestellt zu 
sein (Wilmowsky Taf. I). 

Bei den mehr erwähnten Schauspielen des Antoninus Pius, bei welchen 
»Tiere aus der ganzen Welt« (Hist. aug. 10, 9) zu sehen waren, werden von bisher 
nicht erwähnten genannt der strepsiceros^ eine afrikanische Antilopenart, 
und die corocotta. Dieses letztere Tier, welches Cass. Dio LXXVI 1, 3 f. bei 
den Spielen Severs im Jahre 202 beschreibt und das seiner Meinung nach da- 
mals zuerst gesehen wurde, hält man für eine Hyäne, die bei Spielen unter 
ihrem heutigen Namen nur Hist aug. Gord. 33, 1 erscheint. Nach den Münzen 
mit der Inschrift Munificentia und Löwe oder Elefant auf der Rückseite scheinen 
die Spiele ins Jahr 149 zu fallen. 

Pausanias sah außer den bereits erwähnten Tieren weiße Hirsche (VHI 17, 3) 
und die gallische alces (SXkt\ XI 21, 3), »ein Mittelding zwischen Hirsch und 
Kamel«, das Elentier. Zehn Elentiere hatte der erste, ebensoviel der dritte 
Gordian; auch Aurelian besaß deren (Hist. aug. Gord. 3, 7. 33, 1; Aurelian. 
33, 4). Henzen glaubt das Tier [rar am silvis etiam quibus editur alcen ) Calpurn. 
EcL 7, 58) auf einem Diptychon (Mon. delT Inst V 51) zu erkennen (Ann. d. 
Inst. 1853 S. 118). 

Unter dem von Cass. Dio LXXVII 6, 2 erwähnten, bei den Spielen des Cara- 
calla erlegten hippotigris ist gewiß das Zebra zu verstehen, das so als ein 
die Eigenschaften des Pferds und Tigers vereinigendes Tier genannt wurde, 
wie die Giraffe catnelopardalis. Timoth. Gaz. bei Haupt, op. III 283, 22 Sti 6 
hnrÖTiYpis fouce tois dtpioic övow fori bk Taxuxaxov Zwov. — 8n 4v ti£ lifo 
€ Pw\ir\s Gedxpifi tleüx^Oav öttö /jvioxuw £Xauv6|üt€voi kcA iraplaxov GaujütaöTflv 
0£av. — Sn ßatfiMs vüji<pii ln6ime\)Gev iiA toioutijj SpjiaTi. 

Bei den Spielen des ersten Gordian (Hist. aug. 3, 7) werden außer den bereits 
erwähnten Tieren genannt: oves ferae C\ tauri Cypriaci C, ibices CC. 
Ovesferae (hier natürlich nicht Giraffen) sind wohl Tiere von der Gattimg, die 
Columella r. r. VH 2, 4 erwähnt: natn cum in municipium Gaditanum exvicino 
Africae miri coloris silvestres feri arietes sicut aliae bestiae munerarüs ap- 
portarentur usw.; vgl. auch Ed. Diocl. VIII 25 pellis obiferi (ößupepi). Apic. 
VIII 352. Ducange s. v. Das auf Hochplateaus in Algerien in kleinen Rudeln 
lebende Mähnenschaf (Ovis tragelaphus Desm.) wird bis zum Widerrist einen 
Meter hoch, ist sehr scheu und zeichnet sich besonders durch eine prächtige 



[II. s 54] XVHL ÜBER DIE BEI VENATIONEN VERWANDTEN TIERE 275 

Mähne an der Unterseite des Halses, eine viel kürzere, sich über den Widerrist 
erstreckende, und dichte Kniebüschel aus. Tauri cypriaci sind Buckelochsen 
(oben S. 271). Die ibices nennt Plin. n. h. VIII 214 caprarum genus\ ibices und 
ovesferae Hist. aug. Prob. 19, 4. Wahrscheinlich sind darunter Steinböcke zu 
verstehen. 

Bei den von Calpurn. Eclog. 7, 57 ff. beschriebenen Schauspielen kommen 
folgende noch nicht erwähnte Tiere vor: der weiße Hase oder Alpenhase 
(lepus variabilis Pall.), der gehörnte Eber (non sine carnibus apros, man denkt 
an den jetzt nur noch in Hinterindien lebenden Hirscheber oder Babirussa) 
und der Seehund [aequoreus vitulus), der mit Bären (!) zu kämpfen hatte. 

Symmachus ließ zu seinen Spielen addaces (eine Antilopenart) vxApygar- 
gos (vielleicht capra aegagrus Pall.) kommen (ep. IX 144); ferner Hunde aus 
Schottland (ep. II 77), die schon in Strabos Zeit ausgeführt wurden (Strabo IV 
199, britannische Hunde Gratt Cyneg. 174, Nemesian. Cyneg. 225, vgl. oben 

n 88, 3). 

Schlangen kommen bei Venationen in Rom nie vor und wurden wohl nur 
zirr Schau ausgestellt Vgl. über solche Ausstellungen oben S. 3. In Ale- 
xandrien hatte Philo (Alexander 52) einen Kampf zwischen einer giftigen und 
einer andern Schlange gesehen. F. Drexel. 



18* 



XIX 

ZUR GESCHICHTE DES KAPITOLINI- 
SCHEN AGONS 1 ) 

Als Sueton seine Kaiserbiographien schrieb, d. h. im Jahre 120, waren 
mehrere der anfangs veranstalteten Wettkämpfe bereits eingegangen, 
namentlich (Sueton. Domit. 4, 4): 

1. der Wettkampf in griechischer und 

2. der Wettkampf in lateinischer Beredsamkeit Hier war das Lob dee 
kapitolinischen Juppiter ein stehender Gegenstand gewesen (Quintilian. DI 7, 4); 
Palfurius Sura hatte einmal den Preis erhalten. Sueton. Domit. 13, 1. Corp. 
gloss. lat. III 656,6: 'Etkujimov ÜTpaijm. Tivos; Zr\vb<; KamTuuXfvou. *AvaTvwOi. 
— MeToXujq elTTac. äpov töv (Txicpavov. oubeis (Toi ävTiX^i. 

3. der Wettkampf im Spiel der Chor kithara (der Chorocitharistae); 

4. der Wettkampf im Kitharaspiel ohne Begleitung (der Psilocitha- 
ristae) ; 

5. der Wettlauf der Jungfrauen. 
Es bestanden fort 

A. von musischen Wettkämpfen: 

1. Der Wettkampf in griechischer Poesie. Zu diesem wollte der Dichter 
Diodorus im Jahre 94 von Alexandria nach Rom reisen, Martial. IX 40. In 
diesem Jahre traten nicht weniger als 52 griechische Dichter auf, unter denen 
auch der römische Knabe Q. Sulpicius Maximus mit 43 über das Thema: »Wie 
Zeus gesprochen habe, als er den Helios schalt, weil dieser dem Phaethon den 
Wagen gab« improvisierten Hexametern konkurrierte (oben II 229). Die latei- 
nische Inschrift seines Denkmals lautet (CIL VI 33976 = Dessau 5177): Deis 
manibus sacrum. Q. Sulpicio Q. f. Cla. Maximo domo Roma vix. ann. XI m. 
V d. XII hie tertio certaminis lustro inter graecos poetas duo et L professus 

fauoretn, quem ob teneram aetatem excitaverat, in admirationem ingenio suo 
perduxit et cum honore discessit. versus extemporales eo subiecti sunt, ne pa- 
tentes) adfectib[us) suis indulsisse videant[ur). Q. Sulpicius Eugramus et Licinia 
Ianuaria parent[es) in/elicissim[i) /. piissim. fec. et sib.p. s. 

2. Der Wettkampf in lateinischer Poesie. Im Jahre 86 erhielt den Preis 
der von Martial. IV 54 besungene Collinus. Der Rhetor P. Annius Florus sagt, 
die Zuhörer hätten für ihn einmütig den Preis verlangt, invito quidem Caesare 

1) Vgl. n 148,6. 149,5. 



[H. 644] XEX. ZUR GESCHICHTE DES KAPITOLINISCHEN AGONS 277 

et resistente, non quod sibi puero imrideret, sed ne Africa coronam magni levis 
attingeret (P. Anni Flor. p. 183 Rossb.). Das geschah unter Domitian (p. 183, 
13 Rossb.), und zwar wahrscheinlich im Jahre 90, da mit dem clarissimus ille 
de Dada triutnpkus (p. 184, 5), den Flörus feierte, doch wohl eben das Preis- 
lied gemeint ist, das sich dann auf den dacischen Triumph des Domitian 
Ende 89 (E. Köstlin, Die Donaukriege Domitians, Diss. Tübingen 1 9 10 S. 77 ff.) 
bezogen hat. Auf den im Jahre 94 bevorstehenden Agon bezieht sich Martial. 
IX 35, 10: destinet aetherius cui sua serta pater. Wahrscheinlich in demselben 
Jahre 94 fiel Statius durch (vgl. W. Härtel, Studia Statiana, Diss. Leipz. 1900 
S. 7 7 ff. und unten Anhang XXII). Der Tragödiendichter Memor, der Bruder 
des Satirendichters Turnus (Martial. XI 10), der bei Martial. XI 9 clarus 
fronde Iovis, Romani fama cothurni heißt (oben II 229), muß den Preis in 
einem der drei ersten Agone erhalten haben, denn das elfte Buch Martials ist 
bald nach Domitians Tode erschienen. Im Jahre 106 1 ) erhielt den Preis für 
lateinische Poesie der dreizehnjährige L. Valerius Pudens aus Histonium nach 
einstiiämigem Richterspruch, CIL IX 2860 = Dessau 5178 (oben II 198). Einen 
Sieger aus dem 3. Jahrhundert kennen wir in Olympius Nemesianus, wenn 
Casaubonus Hist. aug. Numerian. 11, 2 omnibus colonis illustratus emieuit 
richtig in omnibus coronis verbessert hat. Vgl. auch Auson. Prof. V 5 ff. p. 53 
Peip. (oben II 198, 4, unten S. 280). 

3. Gesang. Inschrift eines Aurelius Charmus aus Philadelphia CIG 3425: 
4 böv napdboEov, nepioboveiiaiv <TT€(pavuj04vTa iepous äYwvas T obq äirö 1% 
oiKOU(Lievii<; Trdvras tob KaTTexuuAeiuJv hü% 'Avrioxeias rfl? Zupia?. 

4. Kitharodik. Juv. 6,387: Ianum Vestamque rogabat, an Capitolinam 
deberet Pollio quercum sperare et fidibus protnittere (vgl. über Pollio Martial. 
IV 61, 9). Bull. corr. hell. IX (1885) S. 125 (Nysa) — TTo(ttX{ou) AtXfou ... 
[Ku]£iKrjvoO KiGapqj&oO K(X7T€tujXiov€{kou. 

5. Flötenspiel. Denkmal eines Pythaules aus Nicomedia, der iv c Pwjiij 
KarreTifcXeux TruGauXas den Preis erhielt CIG 1720 (Delphi), vgl. 1719 ... c P{i)\xr\v 

TTu9at3Xas. IG XIV 2499 (Nemausus): x o P a uXrjs T KaTT€T[u>Xta £v c Piu|irj]. 

Nach Minervini wäre auch in der neapolitanischen Inschrift des Antigenidas 
(IG XIV 737) c Puijliiiv ß' auf den kapitolinischen Wettkampf zu beziehen. Es 
muß aber dahingestellt bleiben, ob die in Inschriften griechischer Musiker und 
Athleten nicht seltene Angabe, daß sie »zu Rom« gesiegt haben, immer diesen 
Sinn hat. 

6. Orgel? Quintilian. IX 4, 11: in certaminibus sacris [organorum soni) non 
eadem ratione concitant animos ac remittunt. 

7. Szenische Aufführungen und Vorträge. In der Inschrift CIG 6829 
aus der Zeit von 198 — 210 kommt vor Z. 21 f. KiufiipboO, Trepiobavedcou, Konre- 
TuuXiovencou. Artemidor. Onirocr. IV 33: 'HpaicXefbrK 6 GuarripTivös 6 TpctT<|)bös 
M&Xujv ätwvteeaGai Iv c Pu)|uij töv tiöv Tpcrrqjbujv drwva. Wenn in einer In- 
schrift an der Appischen Straße IG XIV 1 1 1 1 die Worte c P\iy\v<\v TpcrnfJ&ous 
wirklich, wie dort berichtet wird, in einen Lorbeerkranz eingeschlossen sind, 



1) Unter lustro sexto ist wohl mit Mommsen das beginnende 6. Lustrum, also der sechste Agon 
zu verstehen. 



278 XIX. ZUR GESCHICHTE DES KAPITOLINISCHEN AGONS [IL 645] 

so wäre die Deutung auf den kapitolinischen Agon, in dem ja Eichenlaub- 
kränze erteilt wurden, unzulässig. Möglich ist, daß auch die in Inschriften von 
Pantomimen vorkommenden Ausdrücke coronatus contra omnes scaemcos, kU- 
rortica coronatus (solo in urbe coronato CIL XIV 2977 = Dessau 5194) auf den 
kapitolinischen Agon zu beziehen sind. In der Inschrift CIL VI 10L14 = 
Dessau 5184: M. Ulpius Aug. lib. Apolaustus tnaximus pantotnimorum % coro- 
natus adversus histriones et omnes scaenicos artifices XII kann die Zahl XII 
den 12. Agon (130 n. Chr.) bezeichnen. 

8. Wettkampf von Herolden. Dittenberger-Purgold, Inschr. von Olympia 
nr. 237: TT. AtXioq 'Apxejiät Actobuc€Oi>[t (sie) vucrj]<rat 'OXuiimdbi <nc6 (OL 229, 
1 = 137/8) 'OXÖMma Kr|pu[Kas k<x\ xoüs ÖTroteftpam^vous dtwvac xd tv 'Pding 
Kair€TuiX[€ia . . . .] y Aicxia usw. — öttö <puiva<ncöv A. Tuppdjviov A6vtov Eiicovi[£]a 
xbv Ka\ Aao[bi]icta. IG HI 120: — T. AfX(iot) AöpfiX(ios) 'AiroXXdjvio^ Tap0€Ü£ 
Kai 'AGrivaToc Kojuwböt Ka\ KfipuE ircpiobovehait cxiiv KamxujXfoit vcuafjaat xöv 

dTöva xwv 'OXujütTreiwv. IG HI 1 29 : OöaXtpioc v EkX€kxos rwumetis icfipuE 

bitfirepiobot veutfjtfat dtwvat iepouq oIkou^uvikou<; tou<; uTroY€YP<w£vou<; — 
KaneTLuXeia dv c Pi£ijnq t', 'AGtivSs ITpojidxou tv c Puijnq y', töv x^Xt€Tf) £v 
c Pd)\ir) 7 &<p ip dxciiirjGriv Xpu<?$ ßpctßeiip (liovo<; k<x\ irpurrot twv in aiwvot 
KripuKUiV, Euff£ßeia tv TToxioXok b\ leßacnd iv NeairdXet b' usw. Die Inschrift 
ist zwischen 253 und 257 gesetzt, wie eine spätere, zu Olympia um 261 gesetzte 
Inschrift desselben Herolds beweist, worin er Kf)puE xpiorrcptobot genannt wird 
und die Siege in Rom (der letzte mit der Benennung c Prf>|iY]c aidbvia) wie oben 
aufgezählt sind, Dittenberger-Purgold a. a. O. nr. 243. In einer Papyrusurkunde 
aus Oxyrhynchus vom J. 275 (BGU IV 1074, vgl. Viereck, Klio VM 1908 
S. 413 fr.) heißt es Z. 17: dpxovxoc (Vorsitz der iepd (ioucriKf| irepuroXiOxiiupl 
AupriXiavr 5 ! oiicovo|Uid| aiyoboq) lapaTrdjajaujvo«; Krjpuicoc 'AXeEavbp&ut fepo- 
vedeou KamTUjXioveiKOu irapabdEou. 

9. Tuba. In der eben erwähnten Urkunde vom J. 275 (BGU IV 1074) Z. 23 
ein Mann, dessen Name zerstört ist, ... TT€p]xa|iiivbc k<x\ 'Pdbiot tfaXmicxfls 
KamTuiXiovciKT)^ £tt\ 'Pilaris usw. 

B. Gymnische Wettkämpfe: wie sich nach den zufallig erhaltenen Zeug- 
nissen mit Sicherheit annehmen läßt, alle in den heiligen Spielen in Griechen- 
land übliche, und zwar sowohl für Knaben als für Männer. 

1. Dauerlauf. CIG 2682 = Lebas-Waddington 301: Inschrift des T. Fla- 
vius Metrobius aus Iasos, welcher den Sieg errang xfjv irepfobov dvbpuiv bdXixov 
'lafftwv irpuiroc *a\ fd h c Pu>m) KcwrexiiiXcia irpurrot dvGpumwv (86 n. Chr.). 
M. Aurelius Abas aus Adada siegt als boXixobpoiieuc u. a. [Kamx]db[Xict] 4v c Puijig 
IGR m 370 (nach Hadrian). 

2. Faustkampf. IG III 128 Inschrift eines Faustkämpfers M. TüXXioc aus 
Apamea in Bithynien (frühestens unter Hadrian). 

3. Ringkampf. Cass. Dio LXXIX 10, 2 AüprjXios AlXiE 6 dGXryrfis — xo- 
ffoOxov xoi>s dvTctTwvicrrds ÖTrepflpev, ißaxe irdXriv tc 8(iia kci\ trctYKpdxiov tv xfi 
3 OXu(Li7riqi dTUivicraaGai fGeXflffai, Kdv xois KaitcxuuXcfois koA fijLKpui viK^aai, — 
b jLiiibelc &XXo£ dneirorfjicei (219 n. Chr.); vgl. oben II 148. 158, 9. 

4. Pankration. IG XIV 746: T. Flavius Artemidorus von Adana (vgl 
oben S. 200) siegte xbv dYßvct xtöv (i€TdXiuv KairexuiXcfuiv xbv irpuixuit 



[IL 646] XIX. ZUR GESCHICHTE DES KAPITOLINISCHEN AGONS 279 

dxö^VTCt dvbpu&v TraipcpÄTiov (86 n. Chr.). Martial. VI 77: cum sis tarn pauper, 
quam nee miserabilis Irus, tarn iuvetns } quam nee Parthenopaeus erat\ tarn 
forttSj quam nec^ cum vinceret, Artemidorus, quid te Cappadocum sex 
onus esse iuvat? Daß hier derselbe Artemidor gemeint ist, kann kaum zweifel- 
haft sein, da das sechste Buch Martials im Jahre 96 erschien. Es scheint nach 
V. 3, daß Artemidor kurz vorher (also im Agon des Jahrs 90) besiegt wor- 
den war. 

T. Flavius Archibius aus Alexandria xd iieYdXot KaircxrfiXeia xf|V xpfxTjv [tcvxci- 
€TTjp(ba] ätcvcfauv iraTKpAnov axeqxxvwGlvxa, ko[\ xf|v xcxdpxrjv] dvbpßv tt<xy- 
xpdxiov viKrjcravTa k<*\ xf|v irtjLurfxiiv dvbpiöv] irctTicpdxiov <7xe<pavu>04vxa ica\ 
xf|v ftcxTjv ö[noiw<; dvbpuiv] iraTKpdxiov 0X6<pavujG£vxa irptöxov dvGpunxuiv (94, 
98, 102, 106 n. Chr.), IG XIV 747. 

P. Aelius Aristomachus aus Magnesia am Maeander siegt u. a. a OXu(nna neu- 
bwv TrovKpdTiov 'OXuiuundbi cricb (OL 224 = 1 17 n. Chr.) kcä Kcrrd xb 4Hte Kairc- 
xwXeia Iv 'Piujiij usw. (Kern, Inschriften v. Magnesia nr. 180, vgl 181). 

Aelius Aurelius Menander aus Aphrodisias siegte £ir\ OeoO ^Avxwvcivou, tb$ 
oö ji6vov 0x6<pavw6f)veu xctis ixefvou x ei P^v dXXd Ka\ [i€i|i]aT<; £Eaip£xoi£ 
Tei\xt)Qr\vai (Lebas -Waddington 1620a Z. 7 fr.), KairexdiXeia 'OXüjütma dvbpuiv 
TraTKpdxiv irpurrov 'Acppobeicritujv, ebd. 1620 b Z. 28ff. Da die siebente Pan- 
athenais, in welcher Menander, wie es scheint, früher gesiegt hatte, in das Jahr 
150/51 fallt (Dittenberger, Comment Mommsen. S. 244. 253), so kann der 
kapitolinische Agon, in welchem er siegte, entweder der des Jahrs 154 oder 
der des Jahrs 158 sein (Liermann, Analecta epigraph. et agonistica, Diss. philol. 
Halens. X 1889 S. 94). 

M. Aurelius Corus aus Kyzikos siegte c Puijhiiv KcnrcxifaXeia dxeveduv TraTtcpd- 
xiov (vielleicht 166 n. Chr.). CIG 3674 = IGR IV 160. 

M. Aurelius Asclepiades, wie es scheint aus Hermopolis in Ägypten, ein 
sehr berühmter Pankratiast, siegte KaTrexuAict dv c Pu)fiij bfc, xö beuxcpov jicxd 
irpwxov KXfipov ffxrjcxas xoiis dvxctTwvKXxdc (178 u. 182 n. Chr.), IG XIV 1102 

Z. 21. 

Artemidor. Onirocr. IV 42 Mtvunros 6 M&tvtk, oö irpb ttoXXoO xoO dv c Pii)Mij 
ärwvo«;, JboHc irciYKpaxidZovxos aöxoO vukx<x T€v£<J6ai • oö jiövov £X€up0?i xbv 
Iv c Pii)|iq dtäva, dXXd xa\ xrXriT^ xfjv xäpa diriiAeaev. 

In der Inschrift eines Siegers aus Megara IG VII 49, der dreimal im kapi- 
tolinischen Agon siegte, fehlt die Angabe des Wettkampfs; ebenso in der eines 
M. Aurelius Thelymitres (KaTrexwXoveucrK), Rayet, Rev. arcWol. XXVIII (1874) 
S. 112 f. (Milet). 

C Wagenrennen. Inschrift des Wagenlenkers P. Aelius Gutta Calpurnianus 
CIL VI 10047 = : Dessau 5288 in /actione Veneta vki — sacro quinquennalis 
certaminis I; s. oben S. 183. 

• Nach den Gentilnamen Flavius, Aelius, Aurelius ist anzunehmen, daß die 
kapitolinischen Sieger das Bürgerrecht von den Kaisern erhielten, falls sie es 
nicht, wie der Faustkämpfer M. Tullius aus Apamea, bereits besaßen. 

Für das dritte Jahrhundert ist uns das Fortbestehen des kapitolinischen 
Agons durch die Erzählung von der Ermordung des Maximus und Balbinus 
im Jahre 238 (Herodian. VIII 8, 3, vgl. oben II 148, 5) und vielleicht durch 



28o XIX. ZUR GESCHICHTE DES KAPITOLINISCHEN AGONS 



Hist aug. Numerian. n, 2 (s. oben S. 277) bezeugt, außerdem zeigen Münz- 
aufschriften asiatischer Städte aus dieser Zeit, daß man die dortigen Spiele nach 
dem Vorbilde der kapitolinischen feierte; so unter Gordian auf Münzen von 
Aphrodisias ropbidv?ia AtTdXna KairciiuXia (Head, Hist. num.* S. 610. Brit. 
Mus. Catal. of Coins, Caria S. 47 nr. 129 pl. VIII 3), unter Valerian und Gallien 
in Heliopolis cert{amen) sacru(m) Capit[olinum) oecu(menicum) isel(asticum) 
(Head S. 785. Cohen, m£d. implr. V a 329 nr. 328f.; 483 nr. 1465. Brit. Mus. 
Catal., Galatia, Cappadocia and Syria S. 294 nr. 27f. 295 nr. 30—32, p. XXXVI 
8* 12), unter Aurelian in Oxyrhynchus drnbv iepöc etffeAacTTiKÖs oIkoumcvikös 
TTCVTaexTipiKÖ^ cnaivucbs yunvucös lnniKÖs IcroKCtmTdbXios tuiv (i€T<iXujv KamTiu- 
Xiujv (BGU IV 1074 Z. 16. 20. 22. 25). Auch auf bemalten Glasgefaßen mit 
Inschriften wird der Capitolia gedacht, CIL XV 7015. 7045 = Garrucci, Vetri 
ornati* S. 176fr. 224f. tav. XXXIV 1. XL 2. 

Die Verordnung Diocletians und Maximians (Cod. Just. X 54 [53]) über die 
Athleten, die coranis non minus tribus certaminis sacri, in quibus vel semel 
Rotnae seu antiquae Graeciae merito coronati sind (oben II 158), ist mit Sicher- 
heit auf den Agon Capitolinus zu beziehen. Dagegen hat die Erwähnung der 
coronarum insignia bei Firmic. Matern. Math. III 5, 18 mit diesem Agon nichts 
zu tun, es sind priesterliche Insignien, wie die Zusammenstellung mit prcutexta 
vestis zeigt (vgl praetexta et aureae vestes et aurearum insignia coronarum VI 
31, 14). In der Stelle VI 31, 3 ist ganz im allgemeinen von heiligen Wert- 
kämpfen die Rede! athletam faciet ista genitura, sed qui in sacris certamimbus 
victor famosa reportat insignia coronarum (vgl. VIII 20, 1. 24, 4). Hieraus ergibt 
sich also die Fortdauer des Agon Capitolinus ebensowenig mit Notwendigkeit 
wie aus m 10, 3 : sacris certammibus praepositos ; HI 1 2, 5 : facit in sacris certa- 
minibus esse victor es — aut sacri certaminis principe s\ IV 14, 19: sacri certa- 
minis palma coronasque largitur aut sacris certaminibus facit esse praepositos 
aut templorum fabricatores aut simulacrorum consecratores. Wahrscheinlich 
mit Recht wird (wie schon von Scaliger) die allerdings nicht völlig klare Stelle 
Auson. Prof. V 5 ff. : Tu paene ab ipsis orsus incunabulis deipoeta nobilis sertutn 
coronae praeferens Olympiae puer celebrasti Iovem auf den Agon Capitolinus 
bezogen; vgl. z. B. KoureTwAeia 'OXtijLima Lebas-Waddington 1620b Z. 28. 
Censorin. 18, 4. Der Schol. Juv. 6, 387 spricht von ihm wie yon einer ver- 
gangenen Sache [Pollio quercum: coronam dicit; inde enint solebant coronari), 
und die Gesetze des Honorius und Theodosius II vom November 407 (Cod. 
Theod. XVI 10, 19. Const. Sirmond. 12 de paganis sacrißciis et templis) hat er 
schwerlich überdauert G. W. 



XX 

VERBREITUNG DER GYMNASTISCHEN 
WETTKÄMPFE IN DEN WESTLICHEN 

PROVINZEN 1 ) 

Die Verbreitung der gymnastischen Kämpfe erfolgte wohl in ITALIEN, 
zunächst in Campanien, hauptsächlich von Neapolis aus (vgl. oben II 
l 45i l 3)* Die dortigen, erst unter Augustus zu größerer Bedeutung ge- 
langten, im 3. Jahre jeder Olympiade gefeierten 'liaXucd c Puunaia leßaard J lao- 
Xujümia (so IG XIV 748) waren bis zur Stiftung des kapitolinischen Agon das 
wichtigste derartige Fest Italiens. Wie die dort gefundenen Reste von Sieger- 
listen (IG XIV 754. 755 und Add. p. 690 f. Civitelli, I nuovi frammenti d'epi- 
grafi greche relative ai ludi Augustali di Napoli, Atti d. accad. di Archeol. 
Lettere e Belli Arti XVII, Napoli 1894) zeigen, war der Agon ein dreifacher, 
musischer, hippischer und gymnischer. Eine Festordnung für den neapolita- 
nischen Agon gibt die olympische Inschrift Dittenberger-Purgold, Inschriften von 
Olympia nr. 56; vgl. dazu Wissowa, Wochenschr. f. klass. Philol. 1897 S. 763 ff. 
Sonstige Literatur oben II 228, 4, dazu der Londoner Papyrus bei Wilcken, 
Chrestomathie nr. 156, 45. 

Puteoli. Das von Antoninus Pius zum Andenken Hadrians ('Abpidveia CIG 
3208) gestiftete sacrum certamen iselasticum (CIL X 515 = Dessau 340 [142 
n.Chr.]) quinquennale (Hist. aug. Hadrian. 27, 3. Artemidor I 26. IG XIV 737, 7), 
meist als Eöffdßeux bezeichnet: CIG 1068. 1720. 5810. 5913, vgl. auch 5853 = 
IG XIV 830. Der Name "Atujvcs TT101 IG XIV 749 ist schlecht bezeugt. Vgl. 
auch Mommsen CIL X p. 183. — CIL X 2 132 = Dessau 5168a die Grabschrift 
eines Augur ins gymnicus ... vixit annis II m. VIII [*aut in annorum numero 
erratum est aut in/ans hie in ludis aliqua ratione exhibitus* Mommsen). 

In Pompeji sind gymnische Agone schon unter Augustus nachweisbar, vgl. 
CIL X 1 074 d = Dessau 5653 (oben II 103, 13). Nur mittelbar ist verwendbar 
das Zeugnis CIL Ii25i = X829 = Dessau 5706 (wahrscheinlich sullanisch). 
CIL IV 1 1 7 7 = Dessau 5 1 44 (bei einem Schauspiel des Cn. Alleius Nigidius 
Maius [unter Nero, vgl. Dessau a.a.O.]) ... venatio athletae sparsiones vela 
erunt, ähnlich 1 1 8 1 . In Wahlempfehlungen Pyramus Olympionica CIL IV 3 29 1 
(p. XVII), Fructuspycta CIL IV 387. 

1) Vgl. II 160 Anm. 



282 XX. GYMNASTISCHE WETTKÄMPFE IM WESTEN [TL 649] 

Beneventum. Das Fragment einer griechischen Inschrift nennt äOXijTat 
•und einen Eucyrdpxn? (IG XIV 691 = CIL IX zu 1663). CIL IX 1880 = Dessau 
5170 = Buecheler, Carm. epigr. 100 die Grabschrift eines doctus palaestrae 
puer. 

D ALMATI A. Epidaurum (Ragusa vecchia). Pugilum spectaculutn CIL 
HI 1745. 

GALLIAE. Massilia. IG XIV 2445 (auf Bleiplatte) K]X€iibriH<K Atovudou 
T€paiT€po^ viKr|(Ja<; dcp^ßou? 6ÖTo£(qi k<x\ YUMvacftapxncxas bfc. Vgl. CIL XH 
410 (dazu p. 812) agonothet(a) agoni[s) Iobiani und CIL V 7914 (Nicaea), die 
Inschrift eines Quinquennalis von Massilia agonotheta. 

Arelate. CIL XH 670 ... [dona)vit y item HS n. CC y [ex quor. usur]is omnibus 
annis [... ludi] athletar. aut circen[ses ederentyur (wahrscheinlich gegen 100 
n. Chr.). 

Nemausus. CIL XH 3132 ,...)rchus synodi[,..., möglicherweise zu xysta]r- 
chus zu ergänzen. 

Vienna. Plin. ep. IV 22, 1: interfui principis opiimi cognitioni in consilium 
adsumptus. gymnicus agon apud Viennenses ex cuiusdam testamento celebrabatur\ 
kunc Trebonius Rufus^ vir egregius nobisque amicus, in duumviratu tollendum 
abolendumque curavit: negabatur ex auctoritate publica fecisse. egit ipse causam 

non minus feliciter quam diserte placuit agona tolli, qui mores Viennen- 

sium infecerat, ut noster hie omnium. 

Minnodunum. CIL XHI 5042: Pro salute dotnus divin. I. 0. M. lunon. 
regin. aram Q. Aelius Aunus sevir Aug. de suo; item donavit vican. Minno- 

dunens. -X- DCCL } ex quorum usur. gymnasium (der weitere Text ist stark 

verwirrt). Zu gymnasium vgl. unten. 

HISPANIAE. Balsa (Lusitania). CIL H 13 = Dessau 5069: edito barcarum 
certamine et pugilum. 

Barcino. CIL H 4514 = Dessau 6957 Legat eines Centurio unter Marc 
Aurel an die Stadt von ■)£ VII D, ex quorum usuris semissibus edi volo quodannis 
speetac. pugilum die IViduum Iuni. usque at -X- CCL et eadem die ex -X- CC 
oleum in thermas public, populo praeberi usf. 

AFRICA. Carthago. Tertullian Scorpiace 6: adhuc Carthaginem singulae 
civitates gratulando inquietant donatam Pythico agone post stadii senectutem. 
Vgl. über athletische Übungen Tert. de pallio 4. Der vermutlich von Severus 
gestiftete Agon wurde im Jahre 376 erneuert: Cod. Theodos. XV 7, 3: non 
invidemuSj sedpotius cohortamur felicis populi studia, gymnici ut agonis speeta- 
cula reformentur. Das Auftreten von Musikern neben Athleten bezeugt Ter- 
tullian Scorp. a. a. O. [corporum et vocum praestantiam). CIL XIV 474=Dessau 
5233 werden Pythia Karthaginis f Asclepia Karthagini genannt, in der Inschrift 
aus Perinth Axch.-epigr. Mitt. VHI 1884 S. 219 TTueux hl XapTCcrtvvij, vgl. 
Dessau a. a. O. und Bull. d. Inst. 1 88 1 S. 137 fr. 

In den Städten der Provinz werden öfters gymnasia in Verbindung mit Be- 
wirtungen (epula) der Dekurionen und der Bürgerschaft erwähnt; wohl mit 
Recht nimmt Toller, De speetaculis, cenis, distributionibus usf. an, daß gymna- 
sium hier *eas res } quae ad exercenda corpora (tö TVHvdZeffGcti) usui erant } 



XX. GYMNASTISCHE WETTKÄMPFE IM WESTEN 283 

balnea, oleum, unguenta* bezeichne; vgl. die Stellen bei Ruggiero, Dizionario 
epigr. DI 596. Ein spectaculum pugilum CIL VHI 895 = 12425 = Dessau 
5074 und 11998 = Dessau 5072, pugilum certamina CIL VIII 1323 und 25836 
=3 Dessau 8926, pugiles CIL VIQ 12421 = Dessau 5071. 

Caesarea. CIL VIII 21441: Griechische Grabschrift eines Athleten (ttolt- 
Kp&nov vutf|tfa<;), auch 21440 ist der Rest einer solchen (Trut^tn])- Severia 
aput Caesariam, Commodia aput Caes. in der oben angeführten Inschrift CIL 
XTV 474, vgl. Thieling, Hellenismus in Kleinafrika S. 42. F. Drexel. 



XXI 

CHRONOLOGISCHES ZU GELLIUS 1 ) 

Als Gellius in die Schule ging [cum in scholis essemus XVI i, i; cum ad 
grammaticos itarem VII 6, 1 2), war Terentius Scaurus (divi Hadriani 
temporibus grammaticus vel noHlissimus XI 15, 3; vgl. Hist aug. L. 
Ver. 2, 5 grammaticus Hadriani) allem Anscheine nach schon tot; denn wegen 
einer Stelle in einem seiner Bücher, die er nicht verstand, befragte Gellius den 
Sulpicius Apollinaris (XI 15, 8), von dem er sagt, daß er ihn als adulescens 
[adulescentulus XX 6, 1) sectabatur discendi gratia, XIII 18, 3, hominem nostrae 
memoriae doctissimum, ebd. § 2. Schon hierdurch werden wir erinnert, daß 
die Jugend des Gellius nicht in die Zeit des (überall von ihm divus genannten) 
Hadrian, sondern in die des Antoninus Pius fiel. 

An Sulpicius Apollinaris scheint er sich im 17. und 18. Lebensjahre ange- 
schlossen zu haben: cum iam adulescentulus praetextam et puerilem togam 
mutasset magistrosque tunc sibimet ipse exploratiores quaereret XVIII 4, 1 ; die 
Anlegung der Männertoga erfolgte zwischen dem 15. und 17. Jahre (Marquardt, 
Privatl. 3 123 — 131). Adulescens Romae } cum etiamtum ad grammaticos itarem, 
audivi Apollinarem Sulpicium } quem inprimis sectabar ... Erucio Claro, prac- 
fecto urbiy dicere usw., VII 6, 12: Sex. Erucius Clarus (vgl. über ihn Groag, 
Real-Encykl. VI 553 ff.) war zum zweitenmal Konsul 146, während sein erstes 
Konsulat sehr viel früher, wahrscheinlich ins Jahr 117, fallt; die Stadtpräfektur 
(Gell. XIII 18, 2 qui praefectus urbi et bis consul fuit) bekleidete er noch zur 
Zeit seines zweiten Konsulats. 

In denselben Jahren hatte Gellius Unterricht bei den Rhetoren Antonius 
Julianus und T. Castricius, der letztere [noster bei Fronto epist. ad am. II 2 
p. 190 N.vgl. p. 1 63 N.) ; nach Gell. XIII 22, 1 vir a divo Hadriano in mores atque 
litter as spectatus, Romae locum principem habuit declamandi ac docendi und war 
disciplinae rhetoricae doctor (XI 13,1. XIII 22, 1), wie Antonius docendis publice 
iuvenibus magister XIX 9, 2. Gellius bezeichnet sich in der Zeit, wo er mit 
diesem letzteren und seinen Mitschülern die Sommerferien zu Puteoli verbrachte, 
als adulescentulus XVIH 5,1. Auch mit Fronto hatte er damals schon Umgang, 
XEX 8, 1 adulescentulus Romae priusquam Athenas concederem } quando erat a 
magistris auditionibusque obeundis otium, ad Frontonem Cornelium visendi 

1) Vgl. II 195, 8. HI 272, 4. — Vgl. L. Friedlaender, De Auli Gellii vitae temporibus, Königs- 
berg 1869; vorher Baehr in Ersch u. Grubers Encykl. Sekt. I T. LVII (1853) S. 39ff. 



[IV. ii3] XXL CHR ONOLOGISCHES ZU GELLIUS 285 

gratia pergebam. Auch sein Umgang mit dem Dichter Annianus (VI 7, 1. IX 
10, 1), der auf seinem Landgut im Faliskergebiet die Weinlese zu feiern pflegte 
(XX 8, 1), scheint in diese Zeit zu gehören; denn Annianus hatte noch den 
Valerius Probus gehört (VI 7, 3), dessen Blütezeit bekanntlich unter Nero war, 
der aber wahrscheinlich noch die ersten Jahre des 2. Jahrhunderts erlöbt hat 
(J. Aistermann, De M. Valerio Probo Berytio, 1 910 S. 31 f.). Ob Gellius damals 
schon mit Julius Paullus [hämo in nostra memoria doctissimus I 2 2, 9. V 4, 1 . XVI 
10,9) in Verkehr stand, ist ungewiß. Dieser vir bonus et rerum litterarumque 
impense doctus lud Gellius auf sein Gütchen im Vaticanischen Gebiet zusammen 
mit dem Numidier Julius Celsinus ein (XIX 7, 1 f.), der ebenfalls Frontos Freund 
war (XIX 10, 1). 

Wenn Gellius etwa im 18. Jahre den Unterricht bei Sulpidus Apollinaris 
begann, so dürfte er ihn bei diesem und seinen andern Lehrern etwa 7 Jahre 
fortgesetzt haben. Denn unmittelbar nach der Beendigung seiner gramma- 
tischen und rhetorischen Studien wurde er zum Richter ernannt und dadurch zum 
juristischen Studium veranlaßt XIV 2, 1: Quo pritnum tempore a praetoribus 
lectus in iudices sum, ut iudicia, quae appellantur privata, susciperem (vgl. dazu 
Mommsen StR. III 538), libros utriusque linguae de officio iudicis scriptos con- 
quisivi, ut homo adulescens a poetarum fabulis et a rketorum epilogis 
ad iudicandas Utes vocatus. XIII 13, 1: cum ex angulis secretisque librorum 
et tnagistrorum in medium iam hominum et in lucem fori prodissem, quaesitum 
esse memini in plerisque Romae stationibus ins publice docentium out responden- 
tium usw. Nun sagt allerdings Sueton. August. 32, 3 iudices a tricensimo (so 
die Überlieferung, wofür Cujacius vicensimo } andre vicensimo quinto vorschlugen) 
aetatis anno adlegit id est quinquennio maturius quam solebant (Mommsen 
a. a. O. S. 537, 5). Doch steht nicht nur durch das Zeugnis des Ulpian (Dig. 
XLII 1,57: quidam consulebat an valeret sententia a minore viginti quinque 
annis iudice data usw.), sondern auch durch eine Papyrusurkunde aus der Zeit 
des Claudius (BGU 611 = Bruns-Gradenwitz, Fontes iur. Rom. ant. I 7 198 fr.) 
das 25. Lebensjahr (und zwar sein Beginn, s. dazu Brassloff, Ztschr. d. Savigny- 
Stift. XXII 1901 Rom. Abt. S. 169 fr.) als aetas legitima für den Eintritt in die 
Richterdekurien fest, und Gellius ist offenbar sofort nach Erreichung dieser 
Altersgrenze in sie berufen worden. 

Um Aufklärung über juristische Fragen wandte sich Gellius auch an Gram- 
matiker, deren einer ihn adulescens anredet XX 10, 2, und an Favorinus, quem 
in eo tempore Romae plurimum sectabar XIV 2, 11. In die nächstfolgenden 
Jahre fallt dann alles, was Gellius von seinem Umgange mit Favorinus (darüber 
vgl. Hertz, Opuscula Gelliana, 1886 S. 73 fr.) erzählt: ein Besuch bei Fronto 
II 26, Zusammentreffen mit dem Grammatiker Domitius Insanus XVIII 7, 
Spaziergang bei den Bädern des Titus III 1, auf dem Trajansforum XIII 25, 
Ausflug nach Ostia XVIII 1, Besuch in Antium XVII 10. 

Da nun zwei Gespräche, an denen Favorinus teilnimmt, und die offenbar in 
dieselbe Zeit fallen, vor dem kaiserlichen Palast stattfinden, in einem Kreise, 
der auf den Beginn der salutatio Caesaris wartet (IV 1, 1 und XX 1, 1, wo der 
Jurist S. Cäcilius das Wort führt), so muß dieser Verkehr des Gellius mit Favo- 
rinus vor 161 stattgefunden haben, in welchem Jahre Antoninus Pius starb und 



286 XXI. CHRONOLOGISCHES ZU GELLIUS [IV. 114] 

zwei Kaiser den Thron bestiegen, so daß fortan von einer salutatio Caesaris 
nicht mehr wohl ohne nähere Bezeichnung gesprochen werden konnte. 

Sulpicius Apollinaris lebte noch, als Gellius bereits das Richteramt bekleidete; 
denn Rotnae a consulibus iudex extra ordinem datus (Xu 13,1), wandte er sich 
an ihn wegen der Bedeutung der Worte intra Kalendas. Derselben Zeit wird 
das Gespräch XIX 13 angehören: Stabant forte una in vestibulo Palatiifabu- 
lantes Fronto Cornelius et Festus Postumius (Redner aus Numidien, vgl Fronto 
epist ad amic. II 10 p. 200) et Apollinaris Sulpicius usw. Bald darauf aber 
muß Apollinaris gestorben sein, jedenfalls einige Zeit vor 161. Denn der 
spätere Kaiser Pertinax (geb. 126) war erst sein Schüler und dann sein Nach- 
folger (Hist. aug. Pertin. 1, 4 datus ... inde Sulpicio Apollinari, post quem idem 
Pertinax grammaticen professus est f wo post quem doch wohl nichts andres 
bedeuten kann als: nach seinem Tode). Da Pertinax bei der Schule seine 
Rechnung nicht fand, bewarb er sich um das Centurionat, das er auch erhielt, 
diente dann als Kohortenpräfekt in Syrien noch unter Antoninus Pius (f 161), 
Hist. aug. a. a. O. 1,6; daher muß die Übernahme des Lehramts seines Vor- 
gängers mehrere Jahre früher erfolgt sein. Auch die dialektischen Studien des 
Gellius (XVI 8, wo er § 2 von einem in der Bibliothek des Friedenstempels ge- 
fundenen Buch spricht) mögen in diese Zeit fallen. 

Die Reise des Gellius nach Griechenland und sein dortiger Aufenthalt er- 
folgte sicher nach der zuletzt erwähnten richterlichen Tätigkeit und den damit 
verbundenen Studien. Gellius muß aber in Athen vor 167 oder spätestens in 
diesem Jahre gewesen sein, denn Peregrinus Proteus, den er zu Athen sah und 
hörte (Xu 1 1, 1. VIII 3), starb eben 167 (s. oben m 292). Nun bezeichnet sich 
Gellius bei diesem Aufenthalt ebenso konstant (wenn auch indirekt) als iuvenis } 
wie in der bisher besprochenen Zeit als adulescens: seine Studiengenossen in 
Athen heißen iuvenes II 21, 4. VH 10, 1. Xu 5, 4. Eine solche Verschieden- 
heit des Ausdrucks wird man gerade bei diesem Schriftsteller nicht für zufällig 
halten, sondern eine bestimmte Altersbezeichnung darin erkennen müssen« Da 
nun Varro nach Censorin. de die nat. 14, 2 das 30. Jahr als die Grenze der adu- 
lescentia und iuventus ansah 1 ), ist es wohl höchst wahrscheinlich, daß sich 
Gellius bei den Angaben über sein eigenes Alter nach diesem Gebrauche 
richtete, folglich bei seinem Aufenthalt in Athen diese Grenze bereits über- 
schritten hatte 9 ). Da es sich ferner nirgends zeigt, daß der Regierungsantritt 
der duo Augusti (161) schon vor Gellius' Abreise aus Rom erfolgt war, diese 
also etwa 160 stattfand, muß die Geburtszeit des Gellius, wenn er damals gerade 
das Alter von 30 Jahren hatte, etwa auf 1 30 fallen. Dazu stimmt auch sehr gut, 
daß, wie bemerkt, die Zeit seines Schulbesuchs nach Hadrians Tod (138) an- 
gesetzt werden muß. 

Die übrigen Angaben, die Gellius in bezug auf seine griechische Reise 

1) So sagt noch Augustin. Conf. VII 1, 1 von seinem 31. Jahr: tarn mortua erat aduiescentia mea 
mala et nefanda, et Harn in tuventutetn, 2) Allerdings hat er gemäß dem allgemeinen, schon bei 
Tacitus stehenden Gebranch (Th. Vogl, Philolog. Abhandl. M. Hertz dargebracht, 1888 S. 7, 1) die 
Besucher der Rhetorenschule ohne Rücksicht auf ihr Alter iuvenes genannt (XDC 9, 2 docendit 
publice iuvembus magister, oben S. 284), aber wo er von sich selbst spricht, hat er sich genauer 
ausgedrückt 



[IV. 115] XXI. CHRONOLOGISCHES ZU GELLIÜS 287 

macht, ergeben nichts Air die Zeitrechnung. Herodes Atticus (geb. etwa 101, 
Konsul 143), an den Gellius, wie vermutet worden ist, vielleicht von Favorinus 
empfohlen war, wird als Konsular I 2, 1 erwähnt. Zu seinen Lehrern in Athen 
gehörte ganz besonders der Platoniker Calvisius Taurus aus Berytus, vir me- 
moria nostra in disciplina Ptatanica celebralus (VII 10, 1; vgl. oben HI 2 77 f.), 
der auch der Lehrer des Herodes gewesen war (Philostrat. Vit. soph. II 1, 1) 
und dessen Blütezeit die Chronik des Hieronymus ums Jahr 146 ansetzt [Taurus 
Berytius Platonicae sectae philosophus clarus habetur), damals also schon ein 
Greis. Die Delphier haben ihn, wie ein in neuerer Zeit gefundener Inschrift- 
stein (Dittenberger, Syll. 3 868) gelehrt hat, aus Anlaß derselben Pythienfeier 
des Jahres 163, die Gellius (XII 5, 1) zusammen mit ihm besuchte, durch Ver- 
leihung der Proxenie und andrer Auszeichnungen geehrt. 

Zu der Annahme, daß Gellius 9 Aufenthalt in Athen zweijährig war, ist nir- 
gends Veranlassung geboten, da alle erwähnten Zeiten und Ereignisse sehr wohl 
innerhalb eines Jahrs Raum finden. Gellius erwähnt Ausflüge nach Eleusis 
VIII 10, Aegina II 21, Delphi Xu 5, Paträ XVIII 9, 5; den Sommer II 21, 2 und 
dessen größte Hitze XV11I 10, 1, den sehr heißen Herbst I 2, 2, die Feier der 
Pythischen Spiele (im August; vgl. A. Kirchhoff, Monatsben Akad. Berlin 1864 
S. 129 ff.) XQ 5, 1, den Winter XVII 8 und seine langen Nächte Praef. 1, die 
Saturnalien XVIII 2 u. 13. Von der Rückreise spricht er dreimal: XIX 1 (Über- 
fahrt von Cassiope nach Brundisium bei stürmischem Meer), IX 4, und XVI 6 
(Landung in Brundisium). 

Von seinem späteren Leben spricht Gellius fast gar nicht. Aus der Vorrede 
ergibt sich, daß er heiratete und Kinder hatte (Praef. 1). Zu der Annahme, daß 
er im späteren Lebensalter wieder nach Athen übergesiedelt sei, vielleicht der 
Erziehimg seiner Kinder wegen, und seine Attischen Nächte dort ausgearbeitet 
habe, kann ich in der Stelle Praef. 4 keinen Grund finden: sed quoniam longin- 
quis per hiemem noctibus in agro sicut dixi terrae Atticae commentationes hasce 
ludere ac facere exorsi sumus\ glaube vielmehr, daß Gellius hier von den 
ersten während seiner Studienzeit gemachten Entwürfen und Aufzeichnungen 
(Ulis annotationibus pristinis § 3) spricht, die er eben im späteren Alter ordnete 
und ausführte. Daß diese Aufzeichnungen zum Teil in ihrer ursprünglichen 
Form in das spätere Werk übergingen, zeigt XVIII 2, 7, wo es heißt: bei der 
Feier der Saturnalien in Athen seien nuper verschiedene Fragen aufgeworfen 
worden, während es doch nach einer früheren Stelle unzweifelhaft ist, daß diese 
Feier eben in die Studienzeit des Gellius fiel, § 2 : conveniebamus autem ad 
eandem cenam complusculi, qui Rotnani in Graeäum veneramus 1 quique easdem 
auditiones eosdemque doctores colebamus. Dieser Gebrauch von nuper macht 
es freilich unmöglich, die Ereignisse, welche als nuper geschehen bezeichnet 
werden, mit Sicherheit der Zeit der definitiven Abfassung des Werks zuzuweisen, 
da die betreffenden Abschnitte ebenfalls schon mehrere Jahre früher nieder- 
geschrieben und später unverändert aufgenommen sein können. XIII 31, 1 
laudabat venditabatque se nuper quispiam in libraria sedens hämo ineptus. XV 
4, 1 in sermonibus nuper fuit seniorum hominum et eruditorum. II 24, 2 legi 
adeo nuper in Capitonis Atei Coniectaneis. III 3, 7 nos quoque ipsi nuper ritne, 
cum legeremus Fr e tum u. a. Ebenso möglich ist aber freilich, daß diese 



288 XXL CHRONOLOGISCHES ZU GELLIUS [IV. 116] 

Stellen sämtlich oder teilweise während der eigentlichen Redaktion des Buchs 
geschrieben sind, die darin erzählten Ereignisse, soweit diese als wirklich ge- 
schehen anzunehmen sind und es sich nicht um bloße Formen der Einkleidung 
handelt (vgl. Kalkmann, Pausanias der Perieget S. 7 f.), sich also kurz vor der- 
selben zugetragen hatten. Denn daß Gellius sein Buch in der Tat nicht in Attica, 
sondern in oder bei Rom schrieb, scheint mir aus dem Gebrauch des Präsens 
in folgender Stelle hervorzugehen XI 3, 1 quando ab arbiiriis negoüisque otium 
est et motandi corporis gratia aut spatiatnur aut vectamur, quaerere nomutn- 
quatn aput tnemet ipsum soleo res eiusmodi, parvas quidem minutasque — 
velut est, quod forte nuper in Praenestino recessu vespertina ambulatione solus 
ambulans considerabam usw. Bei diesem Landaufenthalt mag auch der opicus 
die Frage über den Titel der Plutarchischen Schrift jr€p\ 7ro\\mpaYHO(Tuvns 
getan haben, was ebenfalls als nuper geschehen berichtet wird XI 16, 2, ob- 
wohl Gellius natürlich auch in Rom mit opici in Berührung gekommen sein 
kann. Und so werden denn wohl die meisten mit nuper eingeführten Erzäh- 
lungen von kleinen Ereignissen in Rom der Abfassungszeit der Attischen Nächte 
angehören. Auch XVI 10, 1 otium erat quodatn die Rotnae införo a negotüs 
et quaedam celebritas feriarum wird sich auf diese Zeit beziehen. 

Es ist auffallend, daß Gellius in diesem im höheren Alter geschriebenen 
Buche so äußerst wenig aus seiner späteren Lebenszeit erwähnt. Wir erfahren 
nicht, von welcher Art (außer den arbitria und der Verwaltung seines Ver- 
mögens) die Geschäfte waren, denen er zu seiner Arbeit die Zeit abstehlen 
mußte (Praef. 12: per otnnia semper negotiorum intervalla, in quibus furari 
otium potui). Seine freie Zeit verlebte er dann zum Teil auf seiner Besitzung 
zu Präneste (XI 3, 1). Er sagt Praef. 22: volumina commentariorum ad kunc 
dient viginti iam facta sunt quantum autem vitae mihi deinceps deum voluntate 
erit quantumque a tuenda re familiari procurandoque cultu liberorum meorum 
dabitur otium, ea omnia subsiciva et subsecundaria tempora ad colligendas 
huiuscemodi memoriarum delectcttiunculas conferam. progredietur ergo numerus 
librorum diis bene iuvaniibus cum ipsius vitae, quantuli quique fuerint, 
progressibus, neque longiora mihi dari spatia vivendi volo quam dum ero ad 
hone quoque facultatem scribendi commentandique idoneus. Da nun Gellius nicht 
dazu gekommen ist, eine Fortsetzung seines Werkes herauszugeben, scheint 
er dessen Abschluß nicht lange überlebt zu haben. Klar ist aber, daß er so, 
wie er hier spricht, nur sprechen konnte, nachdem er die Höhe des Lebens 
schon überschritten hatte. Fällt also seine Geburtszeit etwa 130, so muß die 
Abfassung des Buchs nicht zwischen 150 und 160 fallen, sondern in die letzte 
Zeit des Marc Aurel oder schon unter Commodus, ja Gellius kann sehr wohl 
noch unter Pertinax, der ja wie er ein Schüler des Sulpicius Apollinaris war, 
geschrieben und diesen überlebt haben. Wenn, wie Vogel a. a. O. S. 8 be- 
merkt, die Nichterwähnung der Schriften Frontos annehmen läßt, daß auch er, 
als Gellius sein Buch schrieb, schon tot war, so stimmt das zu der Ansetzung 
des Todes dieses Mannes zwischen 175 und 180 (Mommsen, Ges. Schrift. IV 
486). Auch ist es möglich, daß (wie Vogel ebenfalls bemerkt S. 1 1 — 1 3) Gellius 
vom Tode überrascht wurde, bevor er die letzte Hand an sein Buch legen 
(namentlich die späteren Abschnitte mit den früheren vergleichen) konnte. 



[IV. ii7] XXI. CHRONOLOGISCHES ZU GELLIUS 289 

Es ergeben sich also hieraus folgende Ansetzungen als wahrscheinlich: 

Gellius geboren etwa 130 

» legt die Toga virilis an » 145 

» beginnt den Unterricht bei Sulpicius Apollinaris .... » 1 46 
» verkehrt mit Fronto . . . 1 . , „ „ .. 

Erucius Clarus Stadtpräfekt) m derselben &*• 

» wird zum Richter ernannt » 155 

» schließt sich an Favorinus an in derselben Zeit. 

In dieser Zeit ungefähr stirbt Sulpicius Apollinaris, und 

Pertinax (geb. 126) fibernimmt seine Schule. 

> reist nach Griechenland »160 

» vollendet die Attischen Nächte und schreibt die Vorrede . » 1 80 

Ohne Wert für die Chronologie des Gellius ist die vielfach überschätzte 
(z. B. Rühl, Die Verbreitung des Justinus im Mittelalter S. 31 ff.) Angabe im 
Quellenverzeichnis zu der im 13. Jahrhundert abgefaßten englischen Chronik 
des Radulfus de Diceto (I 20 ed. Stubbs. Monum. Germ. SS. XXVII 256, 19); 
denn in der überlieferten Form Agellius scribit anno centesitno nonodecimo ist 
sie unsinnig, aber auch aus der abweichenden Lesung einer Handschrift von 
Ripley Castle anno CLXIX läßt sich nichts gewinnen, zumal die Herkunft der 
ganzen Notiz unbekannt ist G. W. 



Friedlaender, Darstellungen. Anhang. ja 



XXII 

CHRONOLOGIE DER GEDICHTE 
DES MARTIAL UND STATIUS 1 ) 

Die Chronologie der Epigramme des Martial und der Silven des Statius 
erfordert schon deshalb eine zusammenhängende Behandlung, weil 
einige Gedichte beider bei denselben Veranlassungen, also gleichzeitig 
entstanden sind. Die Ergebnisse der in der Einleitung zu Friedlaenders Aus- 
gabe S. 50 — 67 enthaltenen Untersuchung über die Zeiten der Abfassung der 
Epigramme des Martial sind folgende: 

Liber spectaculorum 80, zweite vermehrte Ausgabe unter Domitian ? 

Epigr. XIII. XIV herausgegeben Dezember 84/85, 

I. II » 85/86. 

III » 87/88. 

IV » Dezember 88. 
V * Herbst 89. 

VI » Sommer oder Herbst 90. 

VII » Dezember 92. 

VIII » Mitte 93, 

IX > Mitte oder Ende 94. 

X x » Dezember 95 

XI » Dezember 96. 

X. XI (Anthologie) herausgegeben 97. 

X* herausgegeben Mitte 98 (Abreise Mar- 

tials aus Rom). 
XII » Anfang 102. 

Gegen diese Datierungen hat A. Dau, De M. Valerii Martialis libellorum 
ratione temporibusque, pars I (Diss. Rostock 1887) mehrere Einwendungen er- 
hoben. Er hat zu beweisen gesucht, daß der größere Teil der Gedichte des 
Liber spectaculorum unter Domitian, und zwar auf die Triumphalschauspiele 
nach dem dacischen Kriege (also nach 89) gedichtet, ferner daß die Epigramme 
der Bücher XIII u. XIV allmählich in der Zeit von 84 — 92 entstanden seien. 
Die völlige Unhaltbarkeit beider Behauptungen hat Friedlaender in der Anzeige 
dieser Dissertation in der Berliner philolog. Wochenschrift 1889 Sp. 1202 fr. 

1) Vgl. n 246, 6. 247, 1. 



[IV. 102] XXII. CHRONOLOGIE DES MARTIAL UND STATIUS 291 

nachgewiesen. Sodann hat Dau die Richtigkeit der Vermutung Schneidewins 
(ed. mai. p. Ulf.) zu beweisen unternommen, daß wir die Bücher I — VII in 
einer zweiten Ausgabe besitzen, welche Martial 93 oder 94 in Codexform auf 
Pergament (namentlich zum Zweck der Reiselektüre, I 2) veranstaltet habe 1 ). 
Der Beweis beruht in erster Linie darauf, daß I 2, 8 das von Domitian erbaute 
vierte Forum, das forum Palladium, bereits erwähnt wird, während von vier 
Foren (statt der drei älteren) erst X 28, 6; 51, 12 die Rede ist, und fas forum 
Palladium in dem (94/95 verfaßten) Gedicht des Statius S. IV 1, 14 f. ein neues 
heißt: der Friede, den der auf diesem Forum wohnende Janus auf Domitians 
Befehl geschlossen hat und bewahren soll, ist, wie Dau S. 62 bemerkt, der 
Friede nach dem Sarmatenkriege (92). Daß der Bau des forum Palladium 
bereits 85/86 begonnen war, dann ins Stocken geriet und erst 92/93 energisch 
gefordert wurde, findet Dau so unwahrscheinlich, daß er die Abfassung von 
Martial. I 2 mit Sicherheit in die Jahre 93/94 setzen zu können glaubt. Diese 
Gründe können aber nicht als zwingend anerkannt werden, denn die Geschichte 
der Architektur bietet aus allen Zeiten unzählige Beispiele von Bauten, die erst 
nach großen Unterbrechungen zu Ende geführt worden sind. Daß auch im 
Zentrum des alten Rom ihre Vollendung eine Reihe von Jahren erfordern 
konnte, ist bekannt Das im Jahre 54 V. Chr. begonnene Forum Julium, das 
im Jahre 46 von Cäsar unvollendet dediziert wurde, ist nach seinem Tode von 
Augustus fertig gebaut worden. Auch der Bau des Forum des Augustus dauerte 
sehr lange (Jordan, Topogr. I 2 S. 439. 443 f.). An und für sich ist es also nichts 
weniger als unwahrscheinlich, daß die Anlage des erst von Nerva vollendeten 
Forum Palladium im Jahre 85/86 bereits vorhanden war (vgl. A. Stein, Real- 
Encykl. IV 147). 

Jedoch ist insbesondere nach den die Untersuchung Daus fortsetzenden Aus- 
fuhrungen von O. Immisch (Hermes XLVI 191 1 S. 481 ff.) nicht zu leugnen, 
daß vieles für die Annahme einer zweiten Ausgabe der ersten 7 Bücher spricht. 
Der zuversichtliche Ton des Dichters in I 1 neben dem zaghaften in I 3, die 
Ankündigung I 2, daß die Pergamentausgabe bei einem andern Buchhändler 
zu haben war als die Sonderausgabe von I (1 1 7), die durch I 1 bezeugte (Cru- 
sius, Rhein. Mus. XLIV 1889 S. 455) Ausstattung mit dem Porträt des Ver- 
fassers als Titelbild, wie sie insbesondere in Pergamentbüchern üblich war (vgl. 
XIV 186): alles dies erklärt sich aufs natürlichste, wenn I 1 und 2 erst in einer 
zweiten Ausgabe hinzugefugt worden sind; ebenso daß Martial ein eigenhändig 
korrigiertes Exemplar der ersten 7 Bücher an Julius Martialis sandte (VII 1 7), 
der mindestens das sechste (und gewiß auch die andern) bereits besaß (VI 1). 
Gar nichts beweist dagegen VIII 3, 4 teritur noster ubique liier, was bei Mar- 
tials Vorliebe für den Singular statt des Plurals (Friedlaenders Anm. zu IV 64, 
16) sicher zu verstehen ist: »meine Bücher werden überall gelesen«; der Plural 
(libelli) steht ja auch an den auf die zweite Ausgabe bezogenen Stellen I 2, 1; 
VII 17, 6. Die ganze Frage ist für die Datierung der Epigramme von unter- 

1) Birt, Kritik u. Hermeneutik (1913) S. 346 ff. sticht aus der Praef. I und I 2 vielmehr eine von 
Martial nach dem Jahre 98 veranstaltete Auslese nur lasciver Gedichte aus allen bis dahin ver- 
öffentlichten Büchern seiner Epigramme zu erschließen. 

19* 



292 XXII. CHRONOLOGIE DES MARTIAL UND STATIUS [IV. 103] 

geordneter Bedeutung, da der von Dau unternommene Beweis, daß Martial bei 
der Veranstaltung der neuen Ausgabe weitere, in der Zwischenzeit entstandene 
Epigramme eingeschaltet habe, mißglückt ist, wie W. Gilbert in seiner Anzeige 
(Wochenschr. f. klass. Philol. 1888 S. 1072) bemerkt hat 1 ). 

Auch der Versuch Daus (a. a. O. S. 86), die auf II 93 beruhende Vermutung 
Borghesis und Stobbes, II sei vor I erschienen, durch I 1 1 1 zu stützen, ist miß- 
lungen. Wenn Martial dem Regulus ein Buch schenkt, liegt es freilich am 
nächsten, an ein von ihm selbst verfaßtes zu denken; aber daß er es nicht, wie 
sonst überall, als ein solches bezeichnet, muß schon Zweifel erregen, der sehr 
dadurch gesteigert wird, daß Martial dieses Buch für ein den Leistungen (merita) 
des Regulus und dem Rufe seiner Weisheit angemessenes Geschenk erklärt: er, 
der sonst über seine nugae sich mit so großer Bescheidenheit äußert. Nach 
der Art, wie Martial von dem geschenkten Buche spricht, möchte ich eher an 
ein Buch etwa wie Ciceros Orator oder Brutus denken. 

Als Probe für die Richtigkeit dieser Datierungen können auch die Gedichte 
der Silven benutzt werden, die gleichzeitig mit Epigrammen Martials entstanden 
sind. Auf dieselben Gegenstände, Personen oder Ereignisse beziehen sich: 

Martial. VI 21 Stat. Silv. I 2 : auf die Hochzeit des Stella und der 

Violentilla. 

» VI 42 » » I 5 : auf das Bad des Etruscus. 

» VI 2 8 f. » »IIi: auf den Tod des Glaucias, Frei- 

gelassenen des Atedius Melior. 

» VII 21 — 23 » » II 7: auf den Geburtstag des Lucanus. 

> VII 40 > » III 3 : auf den Tod des Vaters des Claudius 

Etruscus. 

» IX (11 — 13). » > HI 4: auf die von Flavius Earinus dem 
16.17.36. Aesculap zu Pergamum geweihten 

Haare. 

» IX 43 f. > > IV 6: auf den Lysippischen Herakles des 

Novius Vindex. 

Da Stat. Silv. IV 1 sich auf Domitians siebzehntes Konsulat (95) bezieht, 
müssen hiernach ebenso wie die drei ersten Bücher der Silven auch die mit 
ihnen gleichzeitig herausgegebenen Bücher Martials VI — VIII vor diesem Jahre 
erschienen sein: wie denn in der Tat Martial. VQI im Jahre 93 veröffentlicht 
ist. Diese Übereinstimmung in der Reihenfolge der Gedichte des Martial und 
Statius ist nun freilich keine durchaus notwendige, da, wie sich unten zeigen 
wird, Statius seine Gedichte öfters längere Zeit liegen ließ, ehe er sie heraus- 
gab, die Zeit der Abfassung und Veröffentlichimg also zum Teil viel stärker 
differiert als bei Martial. 

Martials sechstes, nicht vor dem Sommer 90 herausgegebenes Buch enthält 
Gedichte, die vom Herbst 89 bis zu dieser Zeit verfaßt sind; in dieselbe Zeit 

1) Immisch a. a. O. S. 487 ff. macht es wahrscheinlich, daß ursprünglich jedes der 7 Bücher eine 
eigene Prosavorrede aufwies, die (außer der des ersten) bei der Gesamtausgabe unterdrückt wurden 
und von denen sich in unserer Oberlieferung durch einen Zufall nur noch die zum zweiten Buche 
erhalten hat; dagegen Birt (und F. Schuchardt) a. a. O. S. 351 ff. 



i 



[IV. 104] XXH CHRONOLOGIE DES MARTIAL UND STATTUS 293 

fallt also auch die Abfassung der oben angeführten Gedichte aus Stat Silv. I. 
Wie Stobbe (Philol. XXVI 1867 S. 57 f.) gezeigt hat, enthält kein Gedicht in 
diesem Buch eine Spur der Abfassung nach dem dacischen Triumph (Ende 89), 
deren Annahme auch nicht einmal für eines derselben Wahrscheinlichkeit hat, 
ausgenommen 15 = Martial. VI 42, das möglicherweise erst im Jahre 90 ver- 
faßt sein kann. Silv. I 1 auf die Errichtung der kolossalen Reiterstatue Domi- 
tians 1 ) wird etwa zur Zeit des Triumphs und kann sehr wohl sogar noch vorher 
geschrieben sein, und zwar wahrscheinlich vor dem (im Jahre 88 erfolgten) 
Tode der Julia. Denn unter den Geistern der verstorbenen Verwandten, die 
diese Statue bei Nacht umschweben sollen, ist der ihrige nicht. V 97: ibit in 
amplexus natus fraterque paterque et saror — wäre Julia bereits tot gewesen, 
so hätte sie hier kaum unerwähnt bleiben können. Die Schwester ist die ältere, 
schon vor Vespasians Regierungsantritt gestorbene Domitilla (Stein, Real- 
Encykl. VI 2732); der Sohn, der von Domitia in Domitians zweitem Konsulat 
(73) geboren (Sueton. Domit. 3, 1) war, wird schon von Martial. IV 3, 7 (Okto- 
ber 88) als verstorben erwähnt: quis siccis lascivit aquis et ab aeihere ludit? 
suspicor has pueri Caesar is esse nwes\ auch Silius Italicus nennt ihn in den 
damals (Martial. IV 14), wo nicht ganz, doch bereits teilweise vollendeten Punica 
m 629: siderei iuxta radiabunt tetnpora nati. Eckhel (D. N. VI 400) hat auf 
diesen Knaben irrtümlich Martial. VI 3 bezogen. Die Einwendungen von 
Kerckhoff (Duae quaestiones Papinianae, Diss. Berlin 1884 S. 6 — 8), der das 
Gedicht nach dem Tode der Julia setzen will (die V. 98 als Domitians Schwester 
genannt sein soll!), sind nicht erheblich; daß die Angehörigen, deren Geister 
herabschweben, sämtlich diui sein müssen (zu denen Domitilla nicht gehört 
habe), liegt in den Worten des Statius nicht. Um die Zeit des Triumphs ist das 
Gedicht auf die Hochzeit des Stella und der Violentilla geschrieben, in welchem 
Venus unter andern dem Bräutigam bevorstehenden Auszeichnungen auch 
verheißt, daß der Kaiser purpureos kabitus iuvenique curule indulgebit ebur 
Dacasque {en gloria maiorX) exuvias laurosque dabit celebrare recentes, V. 1 79 ff. 
(vgl. Vollmer, Stat. Silv. S. 5 1 , 2) ; die Feier dieser Spiele wird nirgends erwähnt 
(die von Stella zur Feier des sarmatischen Triumphs gegebenen Martial. VIII 78, 
3 : Hyperborei celebrator Stella triumpki). Auf die unlängst erfolgte Feier der 
Säkularspiele (September 88) spielt Stat Silv. I 4, 17 an: nee tantum induerint 
fatis nova saecula crimen out instaurati peceaverit ara Terenti; desgleichen 
V. 96: neque enimfrustra mihi nuperhanora cartnina patricii pueri sonuistis 
in ostro (Nohl, Quaest Stat, Diss. Berlin 1871 S. 11). Ob das von Domitian 
gegebene ausgelassene Nachtfest des 1. Dezember (I 6) mit dem von Martial. 
V 49, 8 erwähnten identisch ist, bleibt zweifelhaft. Die Gründe, nach denen 
Kerckhoff S. 12 f. das Gedicht ins Jahr 83 setzen will, sind durchweg nicht 
stichhaltig. 

Wenn nun auch die sämtlichen Gedichte von Silv. I (außer vielleicht 5) vor 
Ende 89 verfaßt sind, so kann doch die Ausgabe erst erheblich später, frühe- 

1) An diese ist aber nicht bei Martial. VIII 44, 7 (colossm Augusts) zu denken, wie ich in meiner 
Ausgabe angenommen habe, sondern Martial spricht von dem Koloß Augusts auf dem Palatin; vgl. 
oben DI 8a. 



294 XXII. CHRONOLOGIE DES MARTIAL UND STATIUS [IV. 105, 106] 

stens Ende 91 erfolgt sein. Statius hat, wie bemerkt, nachweislich Gedichte 
erst längere Zeit nach der Abfassung publiziert. Auch ist der Tod des Rutilius 
Gallicus (Silv. I praef.) erst ins Jahr 91 oder eher 92 zu setzen (Groag, Real- 
Encykl. IA 1261). 

Von den Gedichten des zweiten Buchs wurde II 1 unmittelbar nach dem 
Tode des Freigelassenen des Atedius Melior, Glaucias, [festinanter praef.) ver- 
faßt, also vor dem Erscheinen von Martials sechstem Buch (Sommer oder 
Herbst 90), das zwei Gedichte (28. 29) auf dasselbe Ereignis enthält (Nohl 
a. a. O. S. 14, 13); II 2 nicht vor dem Spätsommer oder Herbst desselben Jahrs. 
Eine Einladung hatte den Dichter nach Sorrent gefuhrt (Silv. II 2, 6 ff.): huc 
me post patrii laetum quinquennia lustri, cum stadio iam pigra quies canusque 
seder et pulvis ad Ambracias cottserva gymnade frondes, trans gentile fretum 
placidi facundia Polli detulit. Nach V. 6 hatte also Statius den (im August 
gefeierten, oben II 145) Augustalien in Neapel beigewohnt, ohne Zweifel im 
Jahre 90, in welches die 23. Feier dieses Agons ('ItoXCs) fällt, Beloch, Campa- 
nien 8 S. 58. Mie, Quaestiones agonisticae (Diss. Rostock 1888) S. 42. 

Das dritte Buch enthält das (wie Nohl a. a. O. S. 16 f. bemerkt hat) nach V. 40 
und 143 schon vor Beendigung der 92 edierten Thebais verfaßte Gedicht auf 
die Reise des Mäcius Celer (HI 2); ferner das Trauergedicht auf den Tod des 
Vaters des Etruscus III 3 = Mart VII 40, der also vor der Ausgabe von Mart 
VII (Dezember 92) und nach Mart. VI (Herbst 90) erfolgt sein muß. Da aber 
Statius in diesem Gedichte von dem Sarmatenkrieg, aus dem Domitian erst im 
Januar 93 zurückkehrte, als einem bereits beendeten spricht (170 f. quae [de- 
mentia] modo Marcomanos post horrida bella vagosque Sauromatas Lotio non 
est dignata triumpho), bezog Stobbe, Philolpg. XXVI 55 diese Stelle auf die ver- 
unglückte Expedition des Jahrs 89 gegen die Marcomanen (Cass. Dio LXVII 7), 
denen die Sarmaten Hilfsscharen gesendet und damit den Vorwand zum Kriege 
von 92 gegeben hätten; während ich annahm, daß Statius diese Verse erst bei 
einer Überarbeitung zu Anfang 93 hinzugefugt habe (vgl. Nohl S. 16). Doch 
wie Kerckhoff S. 17 bemerkt, ist das Wahrscheinlichste, daß der Vater des 
Etruscus (oben I 53 f.) erst im Dezember 92 starb und Statius das Gedicht im 
Januar 93 verfaßte. In demselben Jahre wird das Gedicht auf die Haare des 
Flavius Earinus (III 4 = Martial. IX 16. 17. 36) geschrieben sein (nach dem 
Erscheinen von Martial. VIII in der Mitte des Jahrs). Veröffentlicht kann also 
das Buch nicht vor Ende 93 sein, doch erschien es wohl erst in der zweiten 
Hälfte des Jahrs 94. Denn der Agon Capitolinus, in dem Statius durchfiel, ist 
wahrscheinlich der dieses Jahrs (Silv. III 5, 31 ff. tu cum Capitolia nostrae in- 
fitiata lyrae, saevum ingratumque dolebas mecum victa Iovem\ besonders da 
dies Ereignis nach der im Agon Albanus erlangten Krönung zuletzt erwähnt 
wird und zu dem in diesem Gedicht besprochenen Entschluß des Statius, Rom 
zu verlassen, die Veranlassung gegeben haben kann (vgl. W. Härtel, Studia 
Statiana, Diss. Leipz. 1900 S. 8 ff.). Dann ist also dies Gedicht, in dem Statius 
seinen in der Vorrede mit dem Wunsche des Zusammenlebens mit Pollius Felix 
begründeten Entschluß noch durch die Vorzüge Neapels und seiner Umgegend 
motiviert, das letzte dieses Buchs (Kerckhoff S. 18; so auch Nohl, Quaest. Stat. 
S. 18, der aber glaubt, Statius sei im Jahre 86 durchgefallen S. 26 f.). 



[IV. 107] XXH. CHRONOLOGIE DES MARTIAL UND STATIUS 295 

Das vierte, an Vitorius Marcellus gerichtete Buch gab Statins nach seiner 
Übersiedelung in Neapel heraus (praef.). Die drei ersten Gedichte sind der 
Verherrlichung Domitians gewidmet: IV 1 (XVII cansulatus Imp. Aug. Ger- 
mania zum i.Januar 95); IV 2 Eucharisticon (wahrscheinlich, wie Kerckhoff 
S. 19 bemerkt, vor dem Durchfall im Agon Capitolinus, nach welchem Statius 
v. 63 saepe coronatts iteres quinquennia lustris kaum geschrieben haben würde: 
wozu auch die Annahme paßt, daß der hier geschilderte Speisesaal der von 
Martial VIII 39 [erschienen Mitte 93] besungene ist); IV 3 via Domitiana. Der 
Bau dieser Straße (von Sinuessa nach Puteoli) erfolgte nach Cass. Dio LXVII 
14, 1 in demselben Jahre, in dem Flavius Clemens hingerichtet wurde, d. h. 95. 
In der Dedikation an Vitorius Marcellus heißt es von ihr: cuius beneficio tu quo- 
que maturius epistolam eatn accipies, quam tibi in hoc libro a Neapoli scribo 
(IV 4, im Sommer geschrieben). Das Gedicht auf den Hercules des Novius 
Vindex IV 6 braucht nicht notwendig mit den Epigrammen Martials auf den- 
selben (Mart.DC 43. 44) gleichzeitig zu sein, gehört aber doch wohl zu den 
älteren Gedichten dieses Buchs; sowie IV 9 (ad Plotium Grypum vgl. Hirschfeld, 
Gott gel. Anz. 1869, 15 12; praef. hendecasyllabos, quos Saturnalibus una [also 
doch wohl in Rom, wahrscheinlich Dezembrr 94 — so auch Nohl S. 1 9] risimus, 
huic volumini inserui). Das Buch erschien also im Laufe (frühestens im Sommer) 
des Jahrs 95. 

Das fünfte Buch ist nicht mehr von Statius selbst, der es unvollendet hinterlassen 
hatte, herausgegeben (Vollmer a. a. O. S. 3, 7). Das erste Gedicht an Abascantus 
(nebst dem Fragment der auf dasselbe, nicht auf das ganze Buch bezüglichen pro- 
saischen Vorrede in Briefform, Kerckhoff S. 21) scheint vor der Übersiedelung 
des Dichters nach Neapel (Ende 94) verfaßt zu sein; denn wohl nur als er noch 
in Rom war und dort zu bleiben gedachte, konnte Statius an Abascantus schrei- 
ben: quamvis propiorem usum atnicitiae tuae iampridem cuper em (Kerckhoff 
S. 21). Hierzu stimmt, daß das templum gentis Flaviae, bei Martial zuerst IX 
1. 3. 34 (herausgegeben Mitte oder Ende 94) und Stat. Silv. IV 3, 18, hier als 
unlängst vollendet, erwähnt wird (V 1, 240 illius, aetcrnae modo qui sacraria 
genti condidit). Das zweite Gedicht, in dem Statius von einer bevorstehenden 
Rezitation seiner Achilleis spricht (160 ff.)» * st ctwa gleichzeitig mit IV 4 (94 
Troia quidem magnusque mihi temptatur Achilles) und IV 7 (23 primis mens 
ecce metis haeret Achilles) geschrieben (Kerckhoff S. 2 1 f.). Das dritte, das 
Trauergedicht auf seinen (nicht lange nach dem Ausbruch des Vesuv verstor- 
benen) Vater, ist drei Monate nach dessen Tode begonnen (V. 29; Vollmer 
S. 9, 10 hält das für bloße Fiktion), enthält aber deutliche Spuren späterer Zu- 
sätze des Dichters (über V. 225 — 233 Leo, Plautin. Studien 8 S. 44). Vgl. Härtel 
a. a. O. S. 47 ff. Nichts spricht dafür, daß Statius Domitian (f 1 8. September 96) 
überlebte; das vierte Gedicht, in dem er klagt, daß ihn der Schlaf schon seit 
sieben Nächten fliehe, kann in seiner letzten Krankheit geschrieben, das fünfte 
(Epicedion in puerum) von ihm unvollendet hinterlassen worden sein. Die 
Herausgabe seines poetischen Nachlasses durch seine Freunde erfolgte ver- 
mutlich bald nach seinem Tode (Leo a. a. O. S. 43 f.). 



296 



XXH. CHRONOLOGIE DES MARTIAL UND STATIUS 



Synchronistische Übersicht der Epigramme des Martial und der Silven 

des Statius. 

Statius. 

I verfaßt vor Ende 89, herausgegeben 
wohl 92. 

» mindestens teilweise im J. 90, 
herausgegeben wohl 93. 

» in den Jahren 9 1 — 93 , heraus- 
gegeben (Sommer oder) 
Herbst 94*). 

» 94 und 95, herausgegeben im 
Sommer oder Herbst des 
Jahrs 95. 

> 94 — 96? herausgegeben viel- 
leicht 96 oder wenig später. 

G.W. 





Martialis 


• 




V herausgegeber 


i Herbst 89. 


I 


VI 


» 


Sommer oder 
Herbst 90. 


II 


vn 


» 


Dezember 92. 


m 


vin 


» 


Mitte 93. 




IX 


> 


Mitte oder Ende 
94. 


IV 


X 1 


» 


Dezember 95. 


V 


XI 


» 


Dezember 96. 





1) Gleichzeitige Veröffentlichung der drei ersten Bücher im Jahre 93 oder 94 nimmt Vollmer 
S. 12 ff. an, da Praet I adhuc pro Thebaidt mea, quamvis me rdiqnerit t Hmeo die Herausgabe der 
Thebais voraussetze; dagegen Hftrtel a. a. O. S. 5 ff. 



xxm 

DIE STEUERN DREIER RÖMISCHER 

PROVINZEN 1 ) 

"Trosephus gibt über die von Augustus im Jahre 4 v. Chr. veranstaltete Teilung 

I Palästinas unter die Söhne Herodes des Großen und die Einkünfte, welche 

I dieselben aus den ihnen zugewiesenen Gebieten bezogen, folgendes an (A. I. 

/ XVH 31 7 ff.; vgl. Marquardt StV I* 409 f.): 'Apx&otov ßacftXta \xkv oük diro- 

(paiveiai, tx\<; b* fmicreuit X^P a ^> i\ m P c Hpibbir| öirciiXei, 49vApXT)v KCtOfoTaTCU 

.... *rf|v b* £r£pav fmteeiav .... irapebibou OiXnnrq) ica\ 'Avrforqt .... Ka\ toutip 

jxfcv f\ T€ TTepa(a Ka\ tö raXiXaiov uttct^Xouv, <popA t€ fjv TdXavra b\a*6a\a tö 

h? lio^. Borrav£a bk <röv TpAxwvi Ka\ Aüpavms (Tiiv tivi \itpe\ oficou toO Zt)- 

vobuipou XeTOfi^vou OiXhnrifj TÄXavra öcaTÖv irpo<7£q>€p€V • Td b* 'ApxcXdip 

CTuvTeXoOvra 'IboujiaioC T€ kc*\ 'loubaia t6 t€ lanapemicöv. T€TdpTT)v fxoipav 

oötoi tuiv q)6puiv TrapaXdXuvro irpoffijei bk ^ApxeXdqj <popd xpimÄTuiv tö 

kot 5 £vuxutöv eit TdXavra äaicöcria t£ fjs irap&aßcv dpxfls. Rechnet man also 
zu den 900 Talenten, welche die Söhne des Herodes insgesamt bezogen, die 
200 hinzu, welche Augustus den Untertanen des Archelaos erlassen hatte, so 
ergibt sich, daß die angegebenen Gebiete vorher jährlich 1 100 Talente an 
Steuern entrichtet hatten. Dazu kommen noch 60 Talente, welche der Schwester 
des Herodes, Salome, aus dem ihr testamentarisch zugewiesenen Erbteil ('Idfxveia 
bk f\v TaOta ica\ "AZurrot ica\ 4>a(Tar|X\t ica\ dptuptou £iti<rtjpou nupiAbe«; TrevT^- 
KOVTa, wozu Augustus noch Tfjv £v 'AfficäXum ßacriXeiov ofcriaiv fugte) als Jahres- 
einkommen zuflössen (A. I. XVH 321), und vielleicht noch andere Einkünfte, 
aus welchen die von Herodes für seine Verwandten ausgesetzten Legate be- 
stritten wurden. Palästina entrichtete also an die Nachkommen und Erben des 
Herodes ungefähr 1200 Talente. Wenn hier, wie auch Marquardt (S. 408, 2) 
und Mommsen RG. V 511, 1 annimmt, hebräische Talente (nach Hultsch, 
MetroL* S. 606 zu 7830 Mark) zu verstehen sind, so würde dies 9 396000 Mark 
ergeben. Jedenfalls bezog der Enkel Herodes des Großen, Herodes (oder M. 
IuÖus) Agrippa, der in den letzten Jahren seiner Regierung (37 — 44 n. Chr.) 
wieder über das ganze Reich seines Großvaters als König herrschte (Mar- 
quardt S. 411), aus demselben ein Einkommen von 12 Millionen Drachmen 
(9431 500 Mark): Joseph. A. I. XIX 352: irpocrwbeticraTO b y 8ti irXefatat aÜTtöv 

1) VgL oben II 267, 4 und Friedlaender, De tributis triam provinciarum imperii Romani, Progr. 
Königsberg 1880. 



298 XXIH. DIE STEUERN DREIER RÖMISCHER PROVINZEN [III. 162] 

Trpo(T<popd£, buxKOtfiac £tt\ x^iai<; |iupidba<;. Daß das Land unter der Verwal- 
tung durch römische Prokuratoren mindestens die gleiche Summe zu zahlen 
hatte, kann man mit Gewißheit annehmen; wozu die Angabe des Josephus, 
daß im Frühlinge des Jahrs 64 der Steuerrückstand 40 (hebräische) Talente be- 
trug, sehr wohl stimmt (B. I. II 405 : eiq bk toic Kwjiat 0? T€ <2pxovT€t kcA ßou- 
XeuTal |utepi<j6evT€c tou^ q>6pous (Tuv&ctov. Tax^ws bk t& T€(X<JapAicovTa tä- 
XavTa, to(ToOtov t«P SXeurev, ^GpoiaGT)). 

Hiernach läßt sich auch die ungefähre Höhe der Geldsteuern Ägyptens unter 
Vespasian berechnen; denn sie betrugen nach der Rede, die Agrippa bei Jo- 
sephus im Jahre 64 an die Juden hält (außer der Naturalabgabe in Getreide) 
mehr als das Zwölffache der Steuern von Palästina (B. I. II 386): (f\ Aitutttos) 
— toO dviaucrmiou irap' 6|ju&v <popou Ka6' £va \xf\va 7tX4ov c Pujjiaioi^ rrapexei 
Ka\ tuiv xPIU^tuiv SuiOcv ttj c Pii)\xr) oTtov ^it)Vujv Teffffdpuuv). Es läßt sich 
nachweisen, daß die statistischen Angaben in dieser Rede aus einem offiziellen 
Dokument, einem Breviarium totius imperü, entnommen sind, das nach den- 
selben Rubriken geordnet war, wie das von Augustus verfaßte und nach seinem 
Tode im Senat verlesene (Sueton. Aug. 101, 4. Tac. A. I u) 1 ). Ein solches 
Dokument zu benutzen hatte Josephus wohl erst nach seiner Übersiedlung 
nach Rom Gelegenheit, wo er die Geschichte des Jüdischen Krieges etwa 
75 n. Chr. verfaßte. Die jährliche Geldabgabe Ägyptens betrug also damals 
über 24000 griechische Talente (113 170000 Mark). 

Die jährliche ägyptische Getreidelieferung, die unter Augustus 20 Millionen 
Modü (1740000 Hektoliter) betragen hatte (Epit. de Caes. 1, 6), muß unter 
Vespasian erheblich höher gewesen sein. Da nun der durchschnittliche Ge- 
treidepreis in der Zeit von Nero bis auf Traian 4 — 5 Sesterzen für den Modius 
betrug 2 ), so wird der Wert der Getreidelieferung Ägyptens eher über als unter 
100 Millionen Sesterzen (21 752000 Mark) gewesen sein. Von dieser Lieferung 
wird aber, wie Mommsen RG. V 560 bemerkt, ein Teil aus der Domäne ge- 
flossen, ein andrer vielleicht gegen Entschädigung geliefert worden sein, so daß 
sich der Gesamtbetrag der ägyptischen Abgaben nicht berechnen läßt. Das 
aber kann mit Sicherheit gesagt werden, daß er die Summe von etwa 1 1 3 Mill. 
Mark in heutigem Gelde überstieg. Denn erstens war ein Teil der Getreide- 
lieferung ohne Zweifel wirkliche Naturalabgabe, sodann betrug nach Josephus 
die Geldabgabe mehr als das Zwölffache der von Palästina zu entrichtenden. 
Schätzen wir den Gesamtbetrag beispielsweise auf 120 Millionen Mark, so ergibt 
dies auf den Kopf der Bevölkerung noch nicht ganz 1 5 Mark. Denn Ägypten 
hatte unter Vespasian gewiß über 8 Millionen Einwohner. 

Diodor gibt I 31, 8 die Gesamtbevölkerung Ägyptens in alter Zeit (ohne 
Zweifel mit Einschluß der alexandrinischen) auf 7 Millionen an mit dem Hinzu- 
fügen Kai KaO 2 f\\iä$ bk oök £\<4ttous elvai, Josephus B. I. II 385 mit Ausschluß 
der alexandrinischen auf 7 z / 3 Millionen. Alexandria hatte in Diodors Zeit 
300000 freie Einwohner (XVII 52, 6); da es nun seitdem einen großen Auf- 

1) Vgl. L. Friedlaender, De fönte quo Josephus b. iud. 2, 16, 4 usus est, Ind. lect aest Regi- 
montii 1873. 2) L. Friedlaender, Ind. lect. Regimont. 1866 V; vgl. Rostowzew, Real-Encykl. 

VE 149. 



[m. 163] XXIII. DIE STEUERN DREIER RÖMISCHER PROVINZEN 299 

schwung genommen hatte und die Leichtigkeit des Erwerbs sowie die lockend- 
sten Genüsse eine fortdauernde Einwanderung vom platten Lande sowie aus 
den übrigen Städten herbeigeführt haben müssen, wird seine Bevölkerung in der 
Zeit des Josephus (mit Einschluß der Sklaven) eher über als unter einer Million 
betragen haben (vgl. oben I 43of.). Daß die fecundissima gens (Plin. Paneg. 
31, 6; vgl. Plin. n. h. VII 33) in nicht viel weniger als 100 Jahren nur von 7 7, 
auf 8 7a Millionen gewachsen war (während z. B. die Bevölkerung Deutschlands 
1815 — 1865 um fast 54 Prozent zunahm), erklärt sich wohl daraus, daß die 
Volksdichtigkeit sich schon in der Zeit des Diodor der Grenze genähert hatte, 
welche durch die Beschränktheit des kulturfähigen Bodens für die Möglichkeit 
der Ernährung gezogen war. Veranschlagt man den kulturfähigen Boden 
Ägyptens im Altertum auch sehr hoch, z. B. auf etwa 30 000 Quadratkilometer, 
so lebten in Diodors Zeit 250, in der des Josephus 280 Menschen auf dem 
Quadratkilometer 1 ) (gegenwärtig im Kulturland nach den Angaben des States- 
mans Yearbook für 191 3 etwa 360). Übrigens muß es, wenn Diodors Worte 
von Ägypten buchstäblich zu verstehen sind (131,6 TroXuctvOpumiqt bk tö ju^v 
iraXmöv ttoXü rcpotaxe ttovtijuv tujv TVuipiZoju^viuv tötnuv Karä t^jv oiicou|u^vr]v, 
ica\ K0t6' f|jnäq bl ovbevbq tujv fiXXwv boxeT XemecrOai), noch andre ebenso dicht 
bevölkerte Länder gegeben haben. Jedenfalls sind Wietersheims (und vollends 
Belochs) Schätzungen der Bevölkerungszahlen der römischen Provinzen vielfach 
zu niedrig 9 ). 

Wenn nun diese Veranschlagung des Gesamtbetrags der ägyptischen Steuern 
durch die relative Geringfügigkeit der annähernd ermittelten Summen Zweifel 
gegen ihre Richtigkeit erregt, so stimmt die letztere dagegen sehr gut zu einer 
Angabe der Steuern Ägyptens unter Ptolemäus Philadelphus. Er erhielt nach 
Hieronym. in Dan. 11, 5 p. 11 22 Bened. aus Ägypten jährlich quatuordecim 
milia et octingenta talenta argenti (57 Millionen Mark) — etfrumenti artabas 
[quae mensura tres modios et tertiam modii partem habet) quinquies et de des 
centena milia (591000 Hektoliter). Vgl. Marquardt StV. 11* 193, 3 und über 
diese sowie über die übrigen auf die Einkünfte aus Ägypten bezüglichen An- 
gaben Fr. Rühl, Jahrb. f. Philol. CXIX 1879 S. 621fr. Daß das Land bei er- 
heblich gewachsener Bevölkerung unter den Römern eine doppelt so hohe 
Geldabgabe und eine etwa dreimal so hohe Getreideabgabe tragen konnte und 
mußte als unter Ptolemäus Philadelphus, ist nichts weniger als auffallend 3 ). 

Nun sagt bekanntlich Velleius, daß die Einkünfte, welche der römische 
Staatsschatz aus Ägypten bezog, beinahe ebenso hoch waren wie die aus dem 
von Cäsar eroberten Gallien fließenden (II 39, 2: Divas Augustus praeter Hi- 
spanias aliasque gentes, quarum titulis forum eius praenitet^ paene idem facta 
Aegypto stipendiaria, quantum pater eius Galliis, in aerarium reditus contulit), 

1) Mommsen RG. V 578 nimmt höchstens 700 Quadratmeilen, 11000 Menschen auf die Quadrat- 
meile an. 2) Die von Hartel (Griech. Papyri d. Erzh. Rainer S. 22 f. und 58 f.) nach den arabi- 
schen Konskriptionen für das Jahr 640 berechnete Summe der Bevölkerung Ägyptens von 15 Mil- 
lionen erscheint zu hoch gegriffen. 3) Ober das Steuerwesen des kaiserlichen Ägypten s. jetzt 
besonders Wilcken, Gr. Ostraka I; Papyruskde. I S. 186 ff. (vgl. S. 287 ff. über die Bodenwirtschaft 
der röm. Zeit und S. 368 ff. Über die Getreidelieferungen); ferner (über den fiscus Alexandrinus) 
Hirschfeld, Verw.Beamte* S. 369 ff., vgl. Rostowzew, Real-Encykl. VI 2402 f. 



300 XXm. DIE STEUERN DREIER RÖMISCHER PROVINZEN 

Ebenso bekannt ist die Angabe Suetons (Caes. 25, 1, wo nach Marquardt StV. 
II a 242, 4 statt des im Vatic. überlieferten CCCC zu lesen ist \CCCC\) und des 
(unzweifelhaft auf Sueton fußenden)" Eutropius VI 17, 3, daß Cäsar Gaüiae — 
tributi nomine annuunt imperavit sestertium quadringenties. Nach Velleius 
hätte Gallien also mehr als 120 Millionen Mark gezahlt, nach Sueton und Eutrop 
etwa 7. O. Hirschfeld, Kl. Sehr. S. 800 hält die Stelle des Velleius für ver- 
dorben und will statt paene idem lesen paene vieles (oder/, v. tantum). Viel- 
leicht hat aber Velleius die in seiner Zeit von den gallischen Provinzen gezahlten 
Steuern im Auge, die der Schatz ja doch deren Eroberer verdankte, wenn 
dieser sie auch (noch nicht selbst erhoben hatte. Daß er sich hierüber aus 
Augustus Breviarium totius imperii unterrichtet hatte, ist nicht unwahrschein- 
lich, da er auch dessen Index rerum ge stamm benutzt zu haben scheint 
(Mommsen, Res gestae d. Aug." p. 3 f.). Daß Cäsar dem erschöpften Lande 
eine sehr geringe Steuer auferlegte, ist begreiflich; daß es nach 60 Jahren eine 
sehr viel höhere zahlte, selbstverständlich. Gallien gehörte gewiß schon unter 
Augustus zu den steuerkräftigsten Provinzen, und seine Bevölkerung muß die 
Ägyptens erheblich überstiegen haben. Veranschlagt man nämlich für Cäsars 
Zeit in Gallien die durchschnittliche Bevölkerung auch nur auf 1000 Köpfe für 
die Quadratmeile (Mommsen RG. HI 5 216), so hatte das ganze römische Gallien 
schon über 10 Millionen, und in 60 Jahren müssen die durch den Krieg herbei- 
geführten Verluste nicht nur ausgeglichen, sondern die Bevölkerung noch sehr 
gewachsen sein. 

Schließlich sei bemerkt, daß die nach Philostrat. V. Soph. II 1, 3 von der 
Provinz Asia unter Hadrian als q>6pot zu zahlende Summe von 7 Millionen 
Drachmen (d. h. 28 Millionen Sesterzen, etwa 6 Millionen Mark, Marquardt 
StV. II* 298, 1) nach allem Obigen zu gering erscheint, um als Gesamtbetrag 
der Steuern dieser Provinz zu gelten. Denn daß das volkreiche, blühende Land 
mit 500 Städten viel weniger zahlte als Palästina, ist wohl nicht denkbar. 

M. Bang. 



XXIV 

BEZEICHNUNG VON SILBERGERÄT 
NACH DEM GEWICHT 1 ) 

Martial spricht von Geschenken an Gold und Silber öfters so, daß man 
glauben könnte, es sei von Barren die Rede, wie XIII 48: Boleti. 
Argtntum atque aurumfacile est laenamque togatnque mittere\ boletos 
mittere diffiäle est. Besonders ist dies an denjenigen Stellen der Fall, wo das 
Gewicht von Gold- und Silbergeschenken (an den Saturnalien) angegeben wird: 
VII 86, 6 f. : nulla venu a me Hispani tibi libra pustulati [argentum pustulatum 
Suet. Ner. 44, 2). X 14, 8: Argenti venu quando selibra mihi? X 57: Argenti 
libram mittebas; facta selibra est 7 sed piperis. XI 105: Mittebas libram, qua- 
drantem, Garrice, mittis. Saltem semissem, Garrice, solve mihi. XU 36: Libras 
quattuor aut duas atnico algentemque togam brevemque laenam, interdum 
aureolos manu crepantes — quod nemo, nisi tu, Labulle, donas, nan es, crede 
mihi, Bonus. VII 53 klagt er, daß er von 'Umher* eine solche Menge wertloser 
Saturnaliengeschenke erhalten habe, daß acht Sklaven sie hätten tragen müssen, 
und schließt dann V. 11: Quanto commodius nullo mihi ferre labore argenti 
potuit pondera quinque puer. Dieselbe Ausdrucksweise findet sich, wo von 
Käufen und Vermächtnissen die Rede ist, wie Martial. II 44: Emi seupuerum 
togamve pexam seu tres, ut puta, quattuorve libras usw. II 76: Argenti libras 
Marius tibi quinque reliquit. Vita Persii (p. 65 Leo): scriptis — ad matrem 
codicülis Cornuto rogavit ut daret sestertia, ut quidam (dicunt), C, ut alii 
[volunf], (L) et argenti facti pondo viginti (Silberarbeiten im Gewicht von 
zwanzig Pfund konnten übrigens einen Wert von 100 000 Sesterzen haben, 
aber nur wenn sie einen mehr als gewöhnlichen Kunstwert hatten). Martial. 
IQ 62 : Centenis quod emis pueros et saepe ducenis, quod sub rege Numa condita 
vina bibis\ quod constat deciens tibi non spatiosa supellex, libra quod argenti 

milia quinque rapit haec animo magno credis te, Quinte, parare? 

CIL VI 10229 (Testament des Dasumius v. J. 108), 15: [amicis .... heres dare 
damnas esto singul\is aurip{ondo) libras (ähnlich Z. 128 und nr. 10229a). 

In der Tat ist aber an allen oben angeführten Stellen von Silber- und Gold- 
geschirr die Rede (vgl. CIL VI 10229, 38. 67), ebenso wie bei Martial. XU 66, 7 : 

1) VgL oben II 35z, 3. 355, 6 und Friedlaender, De donis satumaliciis anreis et argenteis (Acad. 
Alb. Regim. 1876 TS). Zu denselben Ergebnissen ist mit denselben Beweisgründen W. Gilbert, 
Jahrb. f. PhÜol. CXXV 1882 S. 13 z f. gelangt, ohne Friedlaenders Abhandlung zu kennen. 



302 XXIV. BEZEICHNUNG VON SILBERGERÄT NACH GEWICHT [III. 170] 

argentum atque aurum nbn simplex Delphicaportat (vgl. CIL VIII 27*fii\filiam 
nurutnque . . . donavit auro atque argento aequaliter vestetnque ambabus . . . ad- 
signavit). Die Bezeichnung durch die bloße Gewichtsangabe erklärt sich eben 
daraus, daß dieselbe meistens auf den Geräten eingraviert und somit als deren 
hauptsächlich in Betracht kommende Eigenschaft sofort zu konstatieren war. 
Beweisend hierfür sind vor allem eine ganze Anzahl von antiken Funden, so be- 
sonders die aus Pompei (oder Herculaneum) stammenden Stücke CIL X 807 1, 7 
(2 silberne Amphoren): Fulloniae Pollittae II (d. h. duas amphoras) p[endere) 
p[ondo) XXIII s[emissem), [scriptula) VI (= 7602 gr) 1 ); 807 1, 8 (Silbergefaß im 
Gewicht von 181.50 gr): Q. Gupaci II (d. h. duo vascula, von denen nur dies 
eine erhalten) p(ondo) I, [uncias V semunciam\ {scriptula) III (= etwa 481 gr); 
8071, 9 (3 Silbergefaße mit derselben Inschrift, 146.75, 151.98, 148.65 gr 
schwer): Helvi Amandi p[ondo) /, (dextantem semunciam, d. i. io x / g Unzen), 
[scriptula) III — L. Herenni Rustici (Name des zweiten Besitzers) p[ondo) I 
usw., [scriptula) //(=etwa 617 gr); 8071, 12 (Silberschale, 549.85 gr schwer): 
M. Mascai p[ondo) V } [semunciam), [scriptulum) I (= etwa 1655 gr, also offen- 
bar ursprünglich 3 Schalen von gleichem Gewicht); 8071, 13 (Silberschale, 
316.30 gr schwer): M. Novi p[ondo) II y [deuncem stmunciam, d. s. 11 x / a Unzen) 
(= etwa 956 gr); 8071, 15 (Silberbecher, 626.70 gr schwer): ....uthi [pondo) 
III, [uncias V semunciam), [scriptula) II ... (= 1135 gr); 8071, 17 (Silber- 
schale, 217.06 gr schwer): [pondo) F, [uncias X semunciam), [scriptula) VI 
(= 1930.6 gr); 8071, 18 (silberne Schöpfkelle, 527.26 gr schwer): p[ondo) I, 
[uncias VIII), [scriptula) III [= 546.9 gr); 8071, 19 (kleines Silbergefaß, 
80.30 gr schwer): p[ondo) (deuncem) , [scriptula) III [= 304 gr); ferner zahl- 
reiche ganz entsprechend signierte Stücke aus den Silberfunden von Boscoreale 
(Villefosse, Monum. Piot V, 1899) unc * Hildesheim (Pernice -Winter S. 1 8 ff.), 
sowie aus dem Silberschatz des Mercur von Berthouville (CIL XIII 3183, 3. 
18 — 20. 23. 27. 29 — 32). Vgl. auch Petron. sat. 31, 10 und Zahn, Ber. d. Kgl. 
Kunstsamml. Berlin XXXVIII (191 6/1 7) S. 287 f. 

Daß an den Saturnalien wirklich nicht rohes Silber oder Gold, sondern 
stets Geräte geschenkt wurden, geht zudem aus zahlreichen Stellen des Martial 
hervor. Arme schenkten größere oder kleinere silberne Löffel (VDI 33, 23 : 
Quid tibi cum phiala, ligulam cum mittere possis, mittere cum possis vel 
cochleare mihi\ vgl. die unten anzuführende Stelle VTII 71, 9; V 1 8, 2: gra- 
ciles ligulae] XTV 120: ligula argentea), Reichere und Freigebigere Schüs- 
seln und Pokale (Horat. C. IV 8, 1: Donar em pateras usw. Mart. VII 72, 4: 
lances ferat et scyphos avorum aut grandis reus aut potens amicus). Am klar- 
sten ergibt sich aus VIII 71, daß unter dem nach dem Gewicht angegebenen 
Silber überall Silbergerät zu verstehen ist. Martial klagt darin, daß die Satur- 
naliengeschenke eines Postumianus von Jahr zu Jahr kleiner werden; vor zehn 
Jahren habe er von diesem 4 Pfund Silber erhalten, bald darauf nur ungefähr 2, 
im fünften Jahre ein Pfund Septicianisches Silber (dieses, welches auch IV 88, 3 
erwähnt wird, hatte den Namen offenbar von einem Fabrikanten, wie die Fur- 
nianischen, Ciodianischen, Gratianischen Gefäße, Marquardt, Privatl. 9 696, 1). 

1) Über die Tatsache, daß beide Gefilße jetzt zusammen etwa 8021 gr wiegen, s. Mommsens 
Bemerkung zu d. Inschr. 



XXIV. BEZEICHNUNG VON SILBERGERÄT NACH GEWICHT 303 

Dann fahrt Martial fort: Bessalem ad scutidam sexto pervenimus anno, post 

kunc in cotula rasa selibra data est. Octauus ligulam ntisit sextante minorem, 

nonus acu levius vix cochleare tulit. Ähnlich V 1 9, 1 1 ff. : Saturnaliciae ligulam 

misisse selibrae e lamnisve Tagt scripula tota decem luxuria est, tumidique vo- 

cant haec munera reges (V. 12 nach Munros Emendation: x / g libra = 163,73 g 1 "? 

10 scripula = 1 1,37 gr; da in jener Zeit der Wert des Goldes mehr als das 

Zwölffache des Silberwerts betrug [Hultsch, Metrol. 8 S. 238], war eine selibra 

Silber und 10 scripula Gold ungefähr gleichwertig). Goldene (und zwar zälierte) 

Schalen befanden sich unter den Saturnalienlosen der Reichen (XIV 95); daß 

das Gold mitunter äußerst dünn war, zeigt Vm 33. — Vgl. auch CIL Vm 1858 

(Theveste) : arg(entij lib{ras) CLXX } id est lances IUI [et a]uri lib. XI III, 

id est pihal{as) (so) Z/7, scyphos II und andre inschriftliche. Erwähnungen von 

Gold- und Silbergerät mit Gewichtsangaben (CIL III 1769 = Dessau 7167; 

4806 = Dessau 4863; CIL V 8242 = Dessau 3769; CIL X 6 = Dessau 5471; 

CIL XI 358 = Dessau 3363; 3287 = Dessau 3876*; 3866; CIL XII 354 = 

Dessau 3855; CIL XIV 21 = Dessau 4373; Dessau 3774. 5471^). 

M. Bang. 



XXV 

PREISE VON GRABDENKMÄLERN 1 ) 

Bei den in dem folgenden Verzeichnis angegebenen Summen ist zu beachten, daß in den ver- 
schiedenen Zeiten, denen die einzelnen epigraphischen Zeugnisse angehören (sie erstrecken sich 
über etwa 3 Jahrhunderte), der Geldwert sehr verschieden gewesen ist. 

Etwa 100 Sest. CIL VIII 3042 = 18162 (Lambaesis): Cippus ex -fc XXIV 
(Lesung unsicher). 
200 Sest CIL VIII 2787 (ebd.): Soldatengrabstein (Ära, 1.25 m h.). 
400 Sest. CIL VIII 3 191 (ebd.): Soldatengrabstein. 

— Vin 3006 (ebd.): ex testam\ento\ suofieri mo\num.] -X- C procura?- 

z^erunt] liberti. 

— VHI 183 16 (ebd.): Soldatengrabstein. 

— IX 4017 (Alba Fucens): ex tes{tamento) HS CCCC. 
500 Sest CIL VUI 3572 (Lambaesis): Ära, 1 m h. 

— VUI 9801 (Safar). 

600 Sest CIL X 4929 (Venafrum, 'lüteris antiquis'): ex testamento HS BC. 

Dieselbe Summe vielleicht CIL VTO 3055 (Lambaesis). 
800 Sest CIL Vin 3254 (Lambaesis): Soldatengrabstein (Ära, 1 m h.). 
900 Sest CIL VI 25144 = Dessau 8104: locutn emit, massam calcavit, 
cupam edificavit\ de bonis eins omnibus consummat[um) -X- CCXXV. 
1000 Sest. CIL VI 2954 = Dessau 2137: ex -* CCL. 

— VIII 2845 (Lambaesis). 

— VIII 2896 (ebd.): Cippus, 1 m h. 

— VUI 2981 (ebd.): desgl. 

— Vin 3001 (ebd.): Grabara eines Centurio mit Reliefporträt und Seiten- 
ornamenten. 

— Vin 3109 (ebd.). 

— VIII 3334 (ebd.): testamento monimentum sibifieri iussit ex HS B »., 

quod ut fieret adiectis insuper HS B n. coniunx faciendum 

curavit. 

— VUI 3668 m. Add. 18195 (ebd.): Ära, 1 m h. 

— VUI 4332 = Dessau 2448 (Casae): Ära, 1.36 m h. • 

— XI 2803 (Volsinii): ex testamento HS 

— XI 4532 (Ameriaj. 

1) Vgl. oben II 362, 13. 365, a. 



[III. 172] XXV. PREISE VON GRABDENKMÄLERN 305 

■ ' mm ^— m ^— • ■■ ■ ■ 

1200 Sest. CIL Vm 2815 (Lambaesis). 

— VIII 2877 = Dessau 2653 (ebd.); Grabcippus eines Centurio mit Relief- 
porträt. 

— VHI 3016 (ebd.): Ära, i.iomh.; her. ex testam.fecer. exSSI CC nutn. 

— Vin 3654 (ebd.): tnonimentutn ex fS tnille dueentis n. ex praescripto 
eius (/actum). 

— Vm 4387 m. Add. 18555 = Dessau 8074 (Seriana) tnonutnentum 

faciendum locavit SS CID CC num. 

— X 3608 (Misenum): expe(n)sav(i)t -Xr CCC 

1500 Sest. CIL Vin 2823 (Lambaesis): Cippus, 1.12 m h., mit Reliefporträt. 

— X 380 (Auletta b. Atina). 

2000 Sest. CIL VIII 2783 (Lambaesis): sechsseitiger Cippus, 1 m h. 

— Vm 2817 = Dessau 2212 (ebd.): Ära, 1 m h. 

— Vm 2878 (ebd.): Ära, 1.20 m h. 

— Vm 2886 (ebd.): Ära, 1.30 m h. 

— VIII 2953 (ebd.): Cippus, 1,2201h. 

— Vm 4055 (ebd.): it cot (== id quod) testamento suo legavit, fecit ex HS 
II n. 

— Vm 4180 (ebd.). 

— VIII 18297 (ebd.). 

— IX 5809 (Potentia): ex HS 00 00 praelegatis. 

— X 3360 (Misenum). 

— X 4306 (Capua): e\x te]stament. HS 00 00. 

— X 5530 (Aquinum, alt): ex testamento HS © (D. 

2000 — 2500 Sest. CIL Vm 3079 (Lambaesis): cum sibi in funus 1 ) et moni- 

mentum HS II mtl. erogari cavisset (Uli) adiectis de suo HS B 

n. b. m.f. 

300Ä Sest. CIL Vm 15392 (Gegend von Thubursicum Bure). 

— IX 4269 (Amiternum): test. [fieyi iussit HSQO®. 

— X 1327 (Nola): ex testamento HS 00 00 00. 

— X 5753 (Sora): ex testamento HS III. 

— X 6 1 86 (Formiae) : ex testam. HSQXb®. 

— XI 1939 (Perusia): ex testamento HS 



3400 Sest. CIL IX 1077 (Gegend von Compsa): ex testamento IIICCCC. 
4000 Sest. CIL VI 4787: ex testamento HS 00 1DD. 

— VI 27619: co(n)st(at) cum loco HS 00 k 

— Vm 3025 (Lambaesis). 

— X 1273 (Nola): ex testamento HS öjU (quattuor milibus nach Mommsen). 

— X 4444 (Capua): ex testamento 00 00 00 00. 

4800. Sest. CIL II 1359 = Dessau 5498 (Arunda): testamento suo caverat se- 
pulcrum sibifieri ad denarios 00 CC (wofür dann von dem Erben sumptu 
maiore 2 Statuen gesetzt wurden). 

I) Vgl. CIL VI 6221 = Dessau 7449: sodaies H funus fecerunt hom[ims) CXXX {dmariu, 
CCXXVvaid aus späterer Zeit CIL V 4100 = Dessau 2795: in funus et memoria[m) erog(avit 
&XXX. 

Friedlaender, Darstellungen. Anhang. 20 



3 o6 XXV. PREISE VON GRABDENKMÄLERN [III. 173] 

5000 Sest. CIL VIII 81 1 (Avitta Bibba): heredes ex HS V mil. n. faciundum 
curaverunt eo amplius solo a se cotnparato. 

— VIII 2185 (Umgegend von Theveste). 

— IX 707 (Teanum Apulum). 

— X 1 166 (Abellinum): [ex] testament. [HS] b (?). 

6000 Sest CIL III 5780 (Abudiacum): heres patri sicud testamento praiceperat 
sestertis VI milibus faciendum curavit. 

— VIII 8840 (Tupusuctu in Maur.): Marmorbasis, secundum voluntatem 
testatnenti eins ex HS VI milib. 

— X 3359 (Misenum): heredes de HS VI n. ex testatnento eins. 

— XI 4504 (Ameria): [testatnento -HS Idd 00 .. . 

— Xu 324. 

— XIV 1307 (Ostia): 'piccolo monumento sepolcrale di peperino', ex 
t[esta]mento HS b 00 (vermutlich verlesen für tob). 

6400 Sest. CIL VI 21458: (liberti patrond) ex testatnento eius HS III m. n. 

et ex suo amplius adiectis HS III CCCC m. n. 
8000 Sest. CIL XI 4721 (Tuder). 

— XI 4938 (Spoletium). 

9000 Sest. CIL VI 102 1 9 = Dessau 8226 : moni[m entum et ared\m comparavit 

comparatu[m) auiem est de SS Villi in. n. 

9200 Sest. CIL VIII 3005 (Lambaesis). 
10000 Sest. CIL VI 10027: ex testatnento HS ccIdd. 

— VI 12692 : ex tes tarne. HS 0$. 

— VI 13037 : ex testamento suo emi iussit ex HS Xm. n. 

— VI 16705: ex testamento HS nl*. 

— VI 24090: ex t]estamento HS ccIdd. 

— X 336 (Atina): testamento fieri cavit ex HS «Ip (so nach Mommseqß Ver- 
mutung für das überlieferte HS ..I..). 

— X 3749 (Atella): ex testamento HS Mb. 

— X 4815 (Teanum Sidic): ex testamento HS ccIdd. 

— XI 1 2 1 7 (Placentia) : factum ex testamento HS *&> (die Inschriftplatte mißt 
2X1,29 m). 

Über 10000 Sest. CIL VI 1924: Marmordenkmal mit 2 Reliefporträts de HS X, 
quam summam (ille) inpendi iussit, (illa) adiecta impensa consumnuxvit 
1 1000 Sest. oder mehr. CIL X 3888 (Capua) : Rundes Denkmal HS n. vk>~ ... 
12000 Sest. CIL VI 3504. 

— VIII 2764 ('in mausoleo posito in via Lambaesi Dianam ducente 1 ): testa- 
mento suo monimentum sibi ex SS. XII nummum faciendum delegaverat. 

— X4727 = I 3 i578= Dessau 6297 (ager Falernus): monumentum HS 
f/to Ö (D ex testamento. 

12500 Sest. CIL VI 38696 (= Not. d. sc. 1907 S. 681). 
15000 Sest. CIL IE 14349 3 (Aquincum). 

— VI 29971 (Tufffragm. an der Via Appia): [c]onstat HS <D \i. 

— XI 3 3 5 2 (Blera) : [ex testatnento HS&b. 

— XI 4358 [= VI 3872 = 32280] (Ameria): ex testamento HS tob. 



[IH. 174] XXV. PREISE VON GRABDENKMÄLERN 307 

16000 Scst. CIL VI 33846 = Dessa u 766 0: in hoc monumento socium habco 
nullum\ constat cum loco HS XVI 

18300 Scst. CIL X 3361 (Misenum): t(estamento) f(ieri) i{ussü) ex HS *b, ad- 

iecit eo — coniunx HS koooooo CCC. 
20000 Sest CIL in 1470 1/2 (b. Salonae): [e] denari\um quin]que mili[bus. 

— VI 1828 = Dessau 1887 : ex testamento de HS XX. 

— VI 1 1 504: ex testamento fieri iussit HS XX. 

— VI 299 15: ex testamento HS *b *b. 

— K 2365 (Allifae): [ex] testamento suo HS (<l>) (#. 



— IX 473 1 (Reate): ex testamento eius — de HS XX. 

— X 2402 (Puteoli, Hitulus mausolei rotundi'): ex testam. — HS ®> <l>. 
' — X 4795 (Teanum Sidicinum): a tesstament. fact. HS «b 4b. 

— XI 3205 = Dessau 4948 (Nepet): ex testamento HS y|^ J^. 

— XI 4009 (Capena) : ex testamento sestertiorum XX } quae eis reliquit ut 
curent fecerunt. 

Über 20000 Sest. CIL VI 22107: ex testamento HS üb nb reliq[uam) pe- 

cuniam de suo adiecit (uxor). 
24000 Sest. C IL I H 14827* (Salonae): (illa) t(estamento) f(ieri) i(ussit) 

ex HS XX, curant[i]b(us) heredib(us) ; in quo opcre ad[ie]cer[unt) heredes 

HSTTTI. 

— VIH 9109 (Auzia) v. J. 233: mausol eum operae (so) quadratario secun- 
dum verba testamenti eius super 4S XVI n. qua\e\ dependi tnandaverat, 

additis de suo -fS VIII n. marita a solo omnibus inpendis suis 

extruxit. 

25000 Sest CIL VI 142 15: HS J^ Mb b (für das überlieferte yjy ist vielleicht 

zu schreiben J^> d* s - insgesamt 1 15000 Sest.). 
26000 Sest. CIL Vm 2851 (Lambaesis). 

— VTII 4524 (Zarai, 2 Bruchstücke eines über 2 m langen, V a m hohen 
Architravs): depensa sexs et XX n. 

27500 Sest. CIL VI 27023 (Hn monumento rotundo marmoreo'): testamento suo 

iussit HS monumentum fieri\ duo heredes [. . . . fecerunt] ; factum est 

HS 4b *b b 00 00 D. 
35000 Sest. CIL VI 27024. _ 

50000 Sest. CIL VI 2165 : testamento fieri iussit sibi etfratri suo HS L m. n. 
arbitratu heredum. 

— VI 18960 ( l epistyliumj ut videtur } marmoreuni). 

— VIH 2841 = Dessau 8097: maesolaeum Romae in praedis suis ex HS 

L m. n. factum est. 

— X 6210 (Formiae): [t]estamento HS quinquag[inta m. n.\ 

— XIV 480 (Ostia): heres quinquaginta meis millibus, ut volui, hanc aedem 
posuit. 

60000 Sest. CIL X 5377 (Fratta): exs testamento de HS LX m. n. curantibus 

lib(ertis). 

63000 Sest. CIL Vm 2224 (Mascula) ex ISLXIII(?) n. 

20* 



308 XXV. PREISE VON GRABDENKMÄLERN [III. 175] 



80000 Sest. CIL VI 3251 1: [constat tri\ilia se{stertium) XXC. 

— VIII 2 1 (Leptis) : [monumentum], quod opere Signino [ille) [f]ecerat 9 [[illa) 
restii\uit et afundamento erexit HS T xxx , mslib. n. 

1 00000 Sest. CIL VI 14706: ex m(ilibus) SS C. 

— VI 29972: [ex testamen]to -HS <uln> ... 

— VI 32267 (= 1848 + 2176): [kic cum impensas] ex testamento suo mo- 
num\enti faciendi] de -HS Cmil. n. erogari praecepi[sset, liberti\ et he- 
redes patrono .... ad/ubuerunt. 

— XIV 397 (Ostia): ex testamento ita ut is caverat factum -HS C. 

— XIV 2827 (S. Cesareo, l lapis marmoreus formae rotundae alt. m. 0,70, 
lat. m. ijoy. ex testamento fieri iussit -HS C. 

— XIV 3906 = Dessau 6544 (Lunghezza b. Tibur): ex testamento factum 
praeter locum -HS C. 

[380000 Sest. CIL V 1895 (Concordia): memor(iae) [illius); [ille) in opus orna- 
ment(a) -HS CCCC[milia), ded(ucta) [vigesima) p[opuli) R(omani) d(edit). 

(400000 Sest. CIL VI 31865: ex HS CB [milibus) [monumen]tum et aedificia, 

quae iuncta sunt } t[estamento) f\ieri) i[ussit). 
500000 Sest. CIL X 5624 (Fabrateria N.): ex testament. HS QJ. 

Zweifelhafter Lesung ist CIL VIII 1078 1 = 18664 : monumentum [illius) 

sumptus erogatus -X-X- (= -* X ?, oder [HS] XX ?) ; die Preisangaben ver- 
stümmelt CIL Vni 2451. 25430. XI 4518. 

Aus diocletianischer und späterer Zeit (die Preise in Rechnungsdenaren bzw. 
Goldwährung): 

CIL VI 3 7 2 1 3 = Dessau 2044 (Grabstein eines Prätorianers, eines Pannoniers) : 
de re ipsius — — ex¥z L milibus (gemeint sind offenbar diocletianische De- 
nare 1 ), also eine Summe im Werte von etwa 913 Goldmark; anders oben II 365). 

Lebas- Waddington 1999 (Grabmal zweier Centurionen v.J. 345): dvr|Xuj6ii<xav 
(btivap(ujv) it n(upi<i&€c). 

Ebd. 2000 — töv TÄcpov ävrjteipav [ävrjXwffav 47rr]ä fiupidbas x^ia^. 

Ebd. 2036 v. J. 342 (Mothana): dvaXd)(Ta^ biivapia |mti[pia] TrevTaKiOxiXia. 

Ebd. 2037 v. J. 350 [ävrjXwffa bpaxiids] jui(upia^) xiXias lupous. 

Ebd. 2053 v. J. 350 (Meschquouq): Eötuxws £icobo|Lirj6r| 6 mipYoq 

louAvioc ohcob6|mot äv€\68[ii] -X- juupia. 

Die Reduktion der Summen auf Mark ergibt in 

Nr. 1999 130000 Rechnungsdenare etwa 260 Mark 

- 2000 71000 - - 142 

- 2036 15000 - 30 

- 2053 10 000 - 20 

« 

1) Nach Mommsens jetzt allgemein rezipierter Feststellung (Hermes XXV 1890 S. 26 f.) gingen 
von denselben 50000 auf das Pfund Feingold im Werte von rund 913 Goldmark, so daß 1 Denar 
einen Wert von etwa 1,8 Pfennig hat. Nach dem späteren, constantinischen Wertungssystem gilt 
das Goldpfund zu 72 Solidi (a 12,69 Mark) 432000 Rechnungsdenare, der Denar also nur noch 
etwa x / 5 Pfennig. Im Laufe des 5. Jahrhunderts sinkt der Wert des Denars noch weiter, bis auf 
weniger als ^7000 des Goldstückes (s. Mommsen a. a. O. S. 33 ff.). 



XXV. PREISE VON GRABDENKMÄLERN 309 



Die Bestimmung der syrischen Drachmen (Nr. 2037) ist noch nicht gelungen 
(Hultsch, Metrol* 338, 1: »Im ungünstigsten Falle stand diese Rechnungs- 
drachme dem diocletianischen Denar gleich; möglicherweise auch noch etwas 
höher«). 

CIL Vin 2493 4 (Ca rthago) : (iUa) istet[ut]t ded(icavit) tnos(o)l(eutn), qui co(n\- 
s(titit) den(ariis) CCCXV(= 630 Mark? — 5670 Mark?). 

CIL VIII 22660 (Ghirsa Hn tnausoled*): erogdtfifyn est sum(p)tos tnerc[e]dibus 
in nutntno (denariutn) foll[es] singulares nutnero quadraginta quinque [milia] 
sescentos pr[a)eter c[i]i[aria] operc{ni]ibus (= etwa 2350 Mark). 

CIL VIII 22661 (Ghirsa, l ad unutn ex mausoleis ibi extantibus y )\ erogatutn 
est sumptos tn[erc]edes in num(m)o (denarium) follis ifynagintaf\ milia pr(a)eter 
Marias ope[ranli)bus. 

CIL III 14314 4 , vgl. 14305 (Salonae, christl): [? ar\ca solidos quattuor 
(s= 50,76 Mark). 

Bull, archeol. comun. di Roma 1912 S. 191, 37 (Rom, christl): se vivos con- 
paraverunt auri solidos quattuor tritnise unutn X.[ 

CIL VI 29975 : emit uxori sartophagu(m) aureis IX. 

In einigen von den oben aufgeführten Inschriften (CIL VI 25144. 27619. 
33846) wird ausdrücklich vermerkt, daß in den Denkmalskosten der für die 
Bodenfläche gezahlte Preis einbegriffen ist, zuweilen umgekehrt hervorgehoben, 
daß er in der angegebenen Summe nicht mit enthalten ist (so CIL VIII 811. 
XIV 3906). Besonders verzeichnet wird er in folgenden Inschriften: 

CIL VI 23851 sbb 29973: etnerunt] locutn -HS <ub* (100 000 Sest). 

CIL X 48 11 (Teanum Sidic): locutn emit IIS C[C] (oder C[D]: hinter C an- 
scheinend nur Raum für 1 Buchstaben). 

CIL VI 32274: solum etnerunt \HS .... 

CIL VI 34661: kic loc(us) etnt(us) est \ffS .... 

Bull, archeol. comun. diRoma 1 91 2 S. 190, 36 (Rom, christl.): etnptunt locutn 
ab Artaetnisiutn visotnutn hoc est et praetium datutn fossori Hilaro 9 id est 
fol(les) n[umtnutn) 00 6 (= etwa 80 Mark). 

[Orelli 418 1 (aus Gruter u. Marini) = Wilmanns 2573 ist gefälscht: CIL VI 

937*] M - Ban g- 



XXVI 

DAS LATRINENWESEN IN ROM 
UND DEN PROVINZEN 1 ) 

Am meisten zu ihrem Vorteil dürften sich die antiken italienischen Städte 
von den modernen durch ihr Latrinenwesen unterschieden haben 9 ). 
Bedürfnisanstalten [amphora in angiportd) werden in Rom schon in der 
Rede des Titius für die lex Fannia 161 v. Chr. erwähnt (Macrob. Sat. III 1 6, 15). 
Der Raum, in dem Cäsar ermordet worden war, wurde zu einer Latrine umge- 
wandelt (Cass. Dio XLVII 19, 1). In der Kaiserzeit werden öffentliche Latrinen 
erwähnt bei Sueton Tiber. 58; Nero 24, 1; vita Lucani. Die Regionsbeschrei- 
bung nennt 144 öffentliche Latrinen (vgl. Jordan, Topographie I 1 S. 445, 67). 
Daneben wird die Privatindustrie geblüht haben, wenn auch sichere Zeugnisse 
fehlen. Daß bei Martial derartige Einrichtungen mehrfach erwähnt werden, 
kann nicht wundernehmen (conclavia V 44, 6 und XI 77, 1; sellae Patroclianae 
XII 77, 9. XII48, 8). Die einfachste Form bildete ein großes Tongefäß [am- 
phora s. o., testa Martial Xu 48, 8, dolia curta Lucr. IV 1019; curto vetus am- 
phora collo Properz IV 5, 73; curtus bedeutet, daß der enge Hals für die neue 
Verwendung abgeschlagen worden war). Eine solche Einrichtung hat sich 
noch in Pompeji im Gebäude der Eumachia gefunden, und da dieses Gebäude 
irgendwie den Tuchwalkern (fullones) diente, die darin der Eumachia eine 
Statue gesetzt haben, und der Urin in ihrem Gewerbe eine erhebliche Rolle 
spielte, so ist wohl mit Recht vermutet worden, daß sie von ihnen angelegt 
worden sei (Mau, Pompeji 8 Anhang S. 22). Martial VI 93, 1 nennt sie fulloms 
avari testa vetus. Auch das berüchtigte urinae vectigal des Vespasian (Sueton 
Vesp. 23, 3) wird eine Abgabe der Walker (und Gerber) sein, gegen die ihnen 
das Recht zustand, den Inhalt der öffentlichen Latrinen ihrem Gewerbe zuzu- 
führen oder eigene anzulegen 3 ). Neben die vorbeschriebene einfache Anlage 
werden schon früh stattlichere Einrichtungen getreten sein, worauf Martials 

1) Vgl. II 37a, 2. — Vgl. Thldenat bei Daremberg-Saglio III S. 987-- 991 (Latrinae), wo das 
wesentliche Material zusammengestellt ist 2) Nach Baudrillart, Hist. du laxe HI 228 hatten im 
17. Jahrh. in der Mehrzahl der Städte Europas nicht einmal die Hauser Abtritte. Franz I. befahl 
die Anlage derselben beim Bau neuer Häuser in Paris. Madrid wurde erst durch Karl III. purifiziert 
*L'infution itait si epouvantable, qu'on la sentait six Heues a la ronde. II n*y a sorte de diffieultes et 
d' Opposition* qttil n'eprouvät dam sonpro/et. II fallut faire venir et employer des Napoütcdns pour 
itablir deforce des fatrmes.« 3) Versteigerung des Inhalts der Latrinen in Bassora unter den 

Kalifen: Kremer, Kulturgesch. d. Orients II 332. 



XXVI. DAS LATRINENWESEN IN ROM UND DEN PROVINZEN 311 / 

** / 

sellae Patroclianae weisen. Wir kennen sie in Pompeji, wo sich überhaupt \ 

eine große Reihe der allgemeinen Benutzung zugänglicher Latrinen haben 
nachweisen lassen (Thödenat S. 989. Overbeck-Mau, Pompeji S. 72. 653), in 
vortrefflichem Erhaltungszustand in Timgad (Thödenat a. a. O. Boeswillwald- 
Cagnat-Ballu, Timgad S. 1 3 — 1 5. Durm, Baukunst der Römer 8 S. 480), weiter in 
Puteoli (Boeswillwald-Cagna,t-Ballu S. 212), Pola (Jahrb. f. Altertumskunde IV 
1910 S. 181) und Xanten (Bonn. Jahrb. 74, 1882 Taf. IV Raum a, vgl. Wochen- 
schr. f. klass. Philol. 191 9 Sp. 604). Es ist natürlich kein Zufall, daß alle diese 
Beispiele sich am Forum, dem Mittelpunkte des Gemeinwesens, finden; doch 
pflegen die gleichartigen Einrichtungen der Thermen nicht geringere Dimen- 
sionen aufzuweisen, deren Stattlichkeit durch die physische Wirkung des 
Schwitzbads mit begründet ist (vgl. die Literatur über Pompeji und Timgad). 
Eine sichtlich öffentliche Latrine in einer Grenzsiedelung: Obergerm.-Rät. Limes 
Nr. 33 Kastell Stockstadt S. 24, 28. Beispiele aus dem römischen England bei 
Ward, Romano-British Buildings and Earthworks S. 3 1 6 u. d. W. Latrines. 

F. Drexel. 



Vi 



xxvn 

PREISE VON STATUEN') 

on den urkundlich erhaltenen Preisangraben für plastische Werke aus 
der Blütezeit Griechenlands dürften die ältesten die sein, die sich auf das 
berühmte, nach mehrjähriger Arbeit im J. 438 v. Chr. zur Aufstellung 
gelangte goldelfenbeinerne Bild der Athena Parthenos beziehen (IG I 298, vgl. 
Suppl. 1 p. 37 u. 3 p. 146 [korrekteres und vollständigeres Duplikat von nr. 298]; 
1,299; Suppl. 3 p. 147 nr. 299a). Für die Herstellung wurden laut der Rech- 
nungsurkunde des ersten Jahres (IG I Suppl. 3 p. 146) bewilligt 100 Talente (etwa 
47 1000 Mark), davon ausgegeben für Gold, und zwar im Gewicht von etwas über 
6*/ 4 Tal., 87Tal.46s2Drachm. (etwa 415000 Mark), für Elfenbein 2TaL 743 Dr. 
(rund 10 000 Mark). Diesen Dokumenten stehen zeitlich am nächsten die beiden 
gleichartigen, ebenfalls aus Athen, aus den Jahren 421 — 17 v. Chr. IG I 318. 
|r 319, beide,- wie Köhler erkannt hat, denselben Gegenstand betreffend. Es wer- 

den darin (besonders in nr. 3 1 9) die Kosten für Material, Arbeit und Aufstellung 
von zwei ^Statuen (äYÄXjiara) — doch wohl aus Bronze — spezifiziert, nebst 
allem Zubehör, wie Gerüste und Postament. Der Gesamtbetrag ist 5 Talente 
33 10 Drachmen = 26178 Mark. Das (Markt-) Talent (= 36,39kg) Kupfer hatte 
35 Drachmen = 27,5 Mark, das Talent Zinn 230 Dr. = 180,8 Mark gekostet*). 
Von letzterem Metall waren 1 7« Tal. und über 20 Minen (= mehr als 66 kg) zu 
einer, wie es scheint, aus Blättern bestehenden Ornamentierung (ävOeixov), die 
mit Blei unterhalb des Schildes (utt[6] tj|v dotriba) einer der -beiden Figuren be- 
festigt war, benötigt worden. Die Vergleichung mit den sogleich anzuführen- 
den antiken Preisen ergibt, daß diese Statuen jedenfalls kolossale, vielleicht 
auch durch Material und Kunst der Ausfuhrung besonders kostbare waren. 

Für Büdhauerafbeiten (d[ta]K|LiaTOTroYK6v) am Fries des Erechtheions, deren 
spezialisierte Kostenrechnung mit genauer Bezeichnung der einzelnen Figuren 
IG I 324 bl, 2 — 9. clj 1 — 25 enthält (vgl. Löwy, Inschr. griech. Bildhauer 
S. 356 f.), wurden in einem Jahre (408?) aufgewendet 3315 Dr. Der Preis für die 
einzelne Figur ohne anderes Beiwerk beträgt durchweg 60 Dr. = 47,2 Mark 
(für einen Mann zu Pferde 1 20 Dr., für einen Kutschwagen ohne das Gespann 
90 Dr., für die zugehörige Frau und die beiden Maulesel 1 80 Dr., für einen Streit- 
wagen mit 2 Pferden und einem Jüngling 240 Dr., für eine Frau mit einem Kinde 
80 Dr.). Die Figuren sind 0,6 m hoch, vorn sehr fein ausgeführt, hinten flach 

1) Vgl. III 38, 3. 100, 7. 2) Im Jahre 1870 kostete Paschkoffkupfer I Ztr. 126—144 Mark, 

schwedisches Kupfer 1 Ztr. 81 Mark, Bancazinn 1 Ztr. 120 — 156 Mark. 



[III. 337] XXVH. PREISE VON STATUEN 3*3 

gelassen. Die Niedrigkeit der angegebenen Summen läßt vermuten, daß damit 
nur die Arbeit, nicht auch das Material bezahlt wurde. 

Von Diogenes wird die Äußerung berichtet (Diog. Laert. VI 35, ebenso 
Schol. Pind. Nem. 6), daß die kostbarsten Dinge für die geringsten Preise ver- 
kauft würden und umgekehrt: eine Statue für 3000 Drachmen (2358 Mark), eine 
Metze Mehl für zwei Kupferpfennige; selbstverständlich ist hier eine Ehrenstatue 
gemeint. Eine ausdrückliche Bestätigung gibt die Inschrift IG II 251 (307 bis 
301 v. Chr.): (TriicTai töv bf\iiov €k6va x<xXKf\v ^ v BuEavriifj 'AcTKXiiTndbou drcö 
TpicXxiXfwv bpaxixwv. Vgl. die Inschrift von Knidos (aus der Zeit um Christi Ge- 
burt) Newton, Discoveries p. 763 n. 49 : 4Xecr8ai bk k<x\ dvbpa 8<ms dTrobeEdjicvos 
napd töO tv dpxqt dcpecrrfipo? (Präsident der ßouXrj) > t<P (3500 Dr.) xdv tm}xt- 
Xeiav Täq ekövoc rä^ dvaardcftot Iv r&x& ttouictcTtou. Wenn also die Bewohner 
der euböischen Stadt Oreus dem Demosthenes ein bronzenes Bildnis (xaXicfiv 
ekovot, ohne Zweifel eine Statue) zu errichten versprachen, falls er ihnen ihre 
Schuld von einem Talent (6000 Dr.) erlassen wolle (Aeschin. in Ctesiphont. 103 f. 
Köhler, Ges. Sehr. VI 346), so hofften sie dadurch mindestens die Hälfte der zu 
entrichtenden Summe zu ersparen. 

Wenn nun Dio von Prusa in seiner rhodischen Rede, wo ausschließlich von 
bronzenen Ehrenstatuen die Rede ist (vgl. unten S. 326), sagt, man könne für 
1000 oder selbst 500 Drachmen Statuen errichten (Or. 14, 59 [I 236 Arn.]), so 
wird dies durch Angaben auf Statuenbasen aus der Kaiserzeit vollkommen be- 
stätigt. Denn wahrscheinlich rechnete Dio nicht nach attischen Drachmen (in 
welchen die beiden Preise den Summen von 786 und 393 Mark entsprechen 
würden), sondern nach Denardrachmen (Hultsch, Metrol. 8 250 — 253), meinte 
also Preise von 4000 und 2000 Sesterzen (870 und 435 Mark), von denen auch 
der letztere einige Male vorkommt. Die große Differenz zwischen diesem und 
dem von Diogenes angegebenen Preise erklärt sich ohne Zweifel nicht aus einer 
Steigerung des Geldwerts, sondern hauptsächlich aus der fabrikartigen Her- 
stellung und schablonenmäßigen Ausführung der gewöhnlichen Dekorations- 
und Ehrenstatuen in der Kaiserzeit. Auch Ansätze auf einer Rechnung über 
die für Schauspiele aufgewandten Kosten zu Aphrodisias (CIG 2758) stimmen 
mit den sonstigen Preisangaben aus der Kaiserzeit. Dort steht zweimal dvbpidv- 
tos — biiv. ct„ einmal dtaXixaTOTroioit — br\v. [a,]q>. (1000 Denare = 4000 Sest; 
1 500 = 6000). Ebenso in der Inschrift von Philadelphia in Lydien Lebas- Wad- 
dington Ö48=CIG 3422 (oben II 379,1): cpuXcuc irrrd tcus fecrcaiajfais 

Toüt dvbpidvrac irpbt brjvdpia x^fXia. Dazu stimmt ferner, daß Reiterstatuen 
schon für 6000 Sest. geliefert werden konnten (CIL VIII 14370 vom Jahre 196 
statuas equestres [duä\s ex HS XII n.) und Porträthermen für 400 (bei den 
Leonideen zu Sparta erhielten nach der Stiftung des C. Iulius Agesilaus um die 
Zeit des Nerva die Sieger 100 Drachmen zu einer solchen: IG V 1 nr. 19: k<x\ 
eis €k6va XctjißdvovTas > p). Bei Preisen unter 2000 Sest. wird man an kleine 
Figuren zu denken haben, auch wo es nicht ausdrücklich gesagt ist. Im übrigen 
ist auch bei dem folgenden Verzeichnis daran zu erinnern, daß die zugrunde 
liegendeSesterz-bzw. Denarwährung bei den teilweise sehr erheblichen zeitlichen 
Unterschieden, die unter den angeführten Zeugnissen bestehen, keinen einheit- 
lichen, konstanten Wertmesser darstellt. Ob bei den angegebenen Summen der 



1 



N 



3 1 4 XXVII. PREISE VON STATUEN 

Preis der Basis in der Regel eingeschlossen ist, bleibt zweifelhaft Ausdrück- 
liche Angaben (wie CIL VIII 885. 8310 = 20148. 19121: statuam cum base, 
CIL Vm 17 829 statuas cum basibus) sind nicht gerade häufig, aber doch ver- 
hältnismäßig weit häufiger als umgekehrt die Ansetzung eines besonderen 
Preises für dieselbe (CIL VIII 26239. 26255. XI 978. Dessau 5456. IGRIV 
1 80) und außerdem einer weiteren Summe für die Aufstellungskosten der Statue 
(impensaperferendae [d. i. der Transport] etconstituendae statuaeCIL VIII 26 239; 
gleichartige Vermerke CIL X 39. IGR IV 1 80. 1 89 : de rf|v dvaoracTiv). Wenn 
jedoch eine große, 1 m hohe Basis nur 400 Sest. kostete (CIL VIII 19122), eine 
kleinere also dementsprechend weniger x ), so ist die bei der Ab- und Hinzu- 
rechnung dieser Summe entstehende Differenz keine sehr erhebliche. 

100 Sesterzen. 

CIL III 633 = Dessau 5466 (Aufzählung von Tempelgeschenken in 
Philippi): sigillum martnurium Liberi -X- XXV. 

CIL VII 180 (auf der Basis einer sehr eleganten, kleinen bei Lincoln ge- 
fundenen Figur des Mars, nach den Buchstaben wohl aus der Mitte 
des 2. Jahrhunderts): DeoMar(ti\ et tiu(min£)b(us)? Aug{usti) CdJ\asuni 
Bruccius et Caratius de suo donarunt ad sester(tios) n[umtnos) c(en- 
tum). Celatus aerarius fecit et aeramenti lib[ram) donavit factam¥z III 
Aus griechischer Zeit (Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr.: Löwy, In- 
schr. griech. Bildh. Nr. 530). Bull. corr. hell V (1881) 468 (Delos): 
raipd lapmibövoc ärfaXiia Tili Aiovucrifj AAP. 

248 Sesterzen. 

CIL II 1163 = Dessau 3905 (Hispalis, kleine Marmorbasis): Genium 
Baetis, sig[num aere~\um [ille) de salario suo annuo ex ¥? LXII cum 
base d. d. d. 

400 Sesterzen. 

CIL VI 30881 = Dessau 5462 v. J. 1 18 n. Chr. (kleines Bronzepostament, 
1 7 cm hoch, i4 z / fl cm breit): (ille) [centurio) de suo dedit manipulari- 
bus suis in Genium centuriae suae ponendum -HS CCCC «., ad quam 
summam adiecit (centuria) eius-HS CCCn., eisdem gut mensam aeream 
et protectum fecerunt. 

600 Sesterzen. 

CIL XIII 571 (Burdigala, Basisfragment wohl aus dem 1. Jahrh.): I[cvi) 
o[ptimo) m{aximo) (illa) poni iussit -* CL ; h(eres) c(uravit). 

800 Sesterzen. 

CIL V 3904 = Dessau 4899 (Basis?, gefunden bei Verona): Icvi Feluenm 
(ille) t{estamento)/[ieri) i(ussit) ex -HS BCCC. 

1) Wenn zweimal testamentarisch die Errichtung einer Statue für 3200 Sest angeordnet wird 
(CIL II 2150. Vm 924 = 11 201), liegt es nahe, 200 Sest. für den Preis der Basis zu halten. Die 
Herstellung einer ara oferc quadratario a fundammüs kostete 1000 Sest. (CIL VUL 20145 ==_ 
Dessau 5460), einer andern ara a solo 500 Sest (CIL VHI 1321). — CIL X 825 = Dessau 6385 
sollen an Stelle eines Signum Fortuna* 2 Marmorbasen (als diesem ungefähr gleichwertig?) ge- 
setzt werden (im J. 45). 



i 



[HL 338] XXVII. PREISE VON STATUEN 315 

1000 Sesterzen. 

CIL V 2795 (Patavium, Basis mit Standspuren von 2 Statuen): Genio 
domnor. 7 Cereri\ (üle) Laribus publicis dedit imagines argent{eas) 
duas testatnento ex HS 000b. 

Über 1 100 Sesterzen. 

CIL II 2006 (Nescania, Baetica): Genio tnunicipi Nescaniensis (üle) signum 
Cairae (? — caprae? Momms.) pecunia sua ex HS 00 n.ßeri et Nesca- 
niae inforoponi iussit] quot donum ut consummari posset, (ille) h(eres) 
eins adiectis de suo ad impensas operis HS C[.] n. dedicavü (hinter 
dem Zahlzeichen ist Raum für einen Buchstaben: C[C]? — C[D]?). 

1 300 Sesterzen. 

CIL VIII 14349 (Africa procons.): Minervae Aug. sacr. [ille) sta- 
tuam ex HS B CCCC n. adiectis a se HS CCCC n. d. d. faciend. cur. 

2 000 Sesterzen. 

CIL VI 3736 = 31 122 (Marmorbasis): .... icae sacr[um) obtrium- 

ph{utn) [Au)gustorum [sign]um aereum tropae\is insign]e dedi¥: D. 

CIL Vin 8202 = 19980 (Milev): Gen[io) col(oniae) Mil[evitanae) extesta- 
mento [illius) inte\gris] (d. h. ohne Abzug der vicesima) JS II m. n. 

CILVIII 18061 (Lambaesis): Marti Aug.pro salute itnp — ßa(tura?) 

s{estertium) n{utnmum) II [tnilium) (so Mommsen, mit dem an ein Erz- 
bild zu denken wäre). 

2000 — 3000 Sesterzen. 

CIL VIII 1 401 = 15 202 (Thignica): — statuam quam [ille) pater eorum 
ex HS II suo et über or um suorum nomine promiser at % ampliata pe- 
cunia posuit. 

CIL Vin 1 1 998 : [statuam quam ob honorem] flamoni [ex summa Jfyno- 
raria SS II m. n. [promis]erat t multiplicata pec[unid\ d. d. 

CIL VIII 12 01 8 (Zama regia): Plutoni reg. mag. sacr. (ille) — ob k[ono]- 
remßam(oni) ampliata HS IUI mil(ium) taxatione (der für ihn abge- 
schätzten summa honoraria) statuas duas posuit. 

CIL VIII 17259 (Gegend von Zattara): imp. Caes. (Caracallae) res pu- 
blica ex decreto et collatione [decu]r(ionum) ex SS II CCCCn.fecerunt. 

CIL VIII 27771 (Althiburus, Basis mit Standspuren): (ille) ob honorem 
aedilitatis signum Marsyae, quod ex HS II CCCC n. cum legitima 
sum(ma) taxaverat } adiect(a) amplius pec(unia) posuit. 

CIL VIII 14296 (Basisfragment): — cum statuam] [ob] honor. 

aedilfijatis e]x HS II m. DCXXXXII h. [promisfaset, adiecta am- 
[plius a] se pecunia fecit. 

CIL II 13 59= Dessau 5498 (Arunda, Baetica): 2 Statuen, Vater und Sohn 
darstellend, auf dem Forum unter Verwendung einer testamentarisch 
zu einem Grabmal bestimmten Summe von 1 200 Denaren vom Erben 
sumptu maiore gesetzt. 

3000 Sesterzen. 

CIL VIII 2527 (Lambaesis): Genio leg. III Aug. p. v. pro salute impp. 



\ 

\ 



316 XXVH. PREISE VON STATUEN [HI. 339] 



(Severi et Caracallae) (ille) signifer ex IS III mil. n. de suo posuit 

(im J. 198). 
CIL Vm 4601 (Diana): - - (duumpir sign(um) quc{d ex HS] II mil. n. 

promiser[at\ -adiectis HS In. sua pec. fecit. 
CIL VIII 26239 (Uchi Maius, Basis 1 m hoch): Karthagini Aug. sac. ex 

testamento {illius), qui rei p[ublicae) Uchitanorum Maiorum atstatuam 

[deae ponendatn HS III?] mtl. et in epu\lationem magisteri?] suiHS 

II mil .... (folgt eine größere Lücke) [her es? conc]essifet ex HS V 
mil.fieri curavit; [ille) ad exomandam mun[ifi]centiam fratris basem 
cum impensa perferendae et constituendae statuae suo sumptu et cura 
posuit. 

CILII 1934 (Lacippo? [Alechipe] Baetica): Fortunae Aug. sacrum (ille) 
ob honorem seviratus sui ex -K- DCCL, remissis sibi ab ordine •# D, de 
sua pecunia d. d. Die erlassene Summe war das gesetzliche Antritts- 
geld, 750 Denare sind 3000 Sesterzen. 
1 3000 — 4000 Sesterzen, 

CIL VIII 8318 vom J. 169 (Cuicul, Basis 1,20 m hoch): Imp. Caes. M. 
Aurelio Antonino Aug. — (ille) statuam, quam ex HS III n. ex libc- 
ralitate sua promisit, ampliata pecunia in basilica Iulia, quam a solo 
pecunia sua extruxit, posuit idemque dedicavit. 

CIL VIII 8319 = Dessau 5533 (ebd., Gegenstück zur vorigen): Divo Vero 

usw. wie oben. 

v CIL VIII 14792: Serapi Aug. sacrum pro salute imp. Caes. (Commodi) 

(ille) statuam quam ex HS III mil. n. promisit, [am]f>li\a]ta pe- 

. cunia fecit. 

CIL VIII 924 = 1 1 201 = Dessau 5494 (civit. Zuccharitana): qui ex re- 
ditu IS XXII mil., quae testamento reipubl. dedit, septimo quoque anno 
statuam sibiponi ex IS III CC n. — iussit. 

CIL XIII 5061 (Eburodunum) : [e]x HS n. HI heres [p]ori[eytd. 

curcfyit] adi[e]c[t]is HS n. CC ad [summam s(upra) s(criptam)?]. 

CIL VIII 17 257 (= 10833) vom J. 198: imp.] Caes. (Severo) (ille) ob ho- 
norem mag(isterü) ex SS II CCCC n. et amplius adiectis aseSSoän. 
ded. 

CIL VIII 19 122 (Sigus, 1 m hohe Kalksteinbasis): Baliddiris Aug. sancti 
patrii dei statuam, quam (ille) ob honorem fl(amoni) perpetui divi Magni 
Antonini (d. L Caracalla) ex SS II CC h. summae honorariae eins ho- 
noris pollicitus est, adiectis at ea(m) quantit[a]te(m) ex sua liberalitate 
SS £>^ [n.] et at basem SS CCCC »., ex SS III DC n. posuit. 

CIL VIII 4194 m. Add. 18490 = Dessau 6852 (Verecunda): Gen(io) vici 
Aug. (ille) adiectis at legitimamfl(amoni) HS Hm(ilium) n. HS I BCC 
n(ummis) ex HS III BCC n. posuit. 

CIL VIII 17838 (Thamugadi, sechsseitige, 1,10 m hohe Basis): Victoriae 
Aug. sacr(um) (ille) inlata r. p. legitima aedilitatis statuam, quam ex 
HS Tfln. pollicitus fuerat, ex HS ITl D CCCC posuit (vgl. ebd. 17834). 



[IE. 340] XXVIL PREISE VON STATUEN 317 

4000 Sesterzen. 

CIL II 1425 m. Add. p. 701 (Sabora, Baetica): Victor iam Aug. (ille) te- 

stamento fieriponique iussit ex HS IUI. Huic dono — her(es) XX 

(d. h. vigesimam) non deduxit et alia(?) HS VI de suo dedit(P) 
CIL II i936(Lacippo? Baetica): [Uli] res p. ex (denariis) 00, quos caverat 

ob honorem flamoni, perceptis ab heredib. ponendam decrevit. 
CIL VIII 1548 m. Add. 15550 = Dessau 6827 (Agbia): Pro salute imp. 

Antonini Aug. Pii (ille) statuam Genii curiae ex HS IUI m. 

n. in curia posuit. 
CIL VIII 4193 (Verecunda): Genio populi (ille) ob honorem fi(amoni) p(er\- 

p(etui) additis ad leg. summam IS II n. ex IS IUI n. pollicitosfuerat, 

(Uli) faciendum dedicandumq. (sc, Genium) cura(verunt). 
CIL VIII 4582 (Diana): Victoriae Augustorum (Marcus und Verus) 

sac . ex testamento (illius) ex IS IUI m. n. heres eins 

posuit. 

CIL VIII 18234 (Lambaesis): Mineru[ae] Aug. sacr. — ob honor.flam. 

perpet. — ex HS IUI milib. n. ampliata pecun[ia] praeter legfyitnam} 

s(ummam) p(osuit) (147/9 nac h Chr.). 
CIL VIII 19 121 (Sigus, 1,20 m hohe Basis): Deo patrio Baliddiri Aug. 

sacrum (ille) statuam aeream, quam ob honorem flamonii dhri Severi 

pollicitus erat facturum se ex ■)£ DL, amplificata liberalitate ex 

■X- mille cum base (üli)filii et heredes eins dederunt. 
CIL IX 2553 (Fagifulae) vom J..140: (Antonino Pio) (ille) de HS IUI 

m. n. ex d(ecurionum) d(ecreto). 
CIL XI 1 088 (Parma): Geminiae P.fil. Maximae statua odoramenta ex 

HS 00 00 00 00; Prima mater miserrima filiae carissimae ann(orum) 

XVIIII 

4000 — 5000 Sesterzen. 

CIL VIII 76 (vgl. Archäol. Ztg. 1872 S. 104): Imp. Caes. M. Aurelio 
Commodo usw. (186 n. C.) (ille)flam. perp. super legitima honoris fla- 
m{onü) perpet. sui et HS duo milia nummorum patris eius } decreto or- 
dinis translata } adiecta amplius pecunia fecit. »Der flauten hat für die 
Übernahme seines Flaminats 2000 Sest. und ebensoviel für das seines 
Vaters an die Gemeindekasse einzuzahlen, der Senat gestattet, statt 
dieser Leistungen eine Statue zu errichten, und der Dedikant schießt 
dann noch zu. Translata (von veränderter Verwendung der Zahlung) 
steht appositiv zu legitima und duo milia* Mommsen. 

CIL VIII 8300 = Dessau 368 vom J. 166 (Cuicul): Concor diae Augustor. 
(ille) statuam, quam ob honorem aed(ilitatis) super legitim(am) ex HS 
IUI mil. num. pollicitus est, ampli[ata] pec. posuit. 

CiL VIII 4196 (Verecunda, 1,35 m hohe Basis): I(ovi) o(ptimo) m(aximo) 
conservatori imp. Caes. (Caracallae) — (ille) ob honore(m)flamoniper- 

petui quod ex IS IIHn. promiser at, ampliata summa facten- 

dam dedicandamque (sc. statuam) curavit (im J. 212). 



\ 



\ 



3 1 8 XXVII. PREISE VON STATUEN [in. 34 1] 

CIL VHI 4197 (ebd. vom selben Jahre): Iunoni Concor diae Aug. pro 

salute imp. Caes. (Caracallae) quod (ille) ex4S IUI [n.] promi- 

serat, {Uli) atnpliata summa f acte nd. dedicandamque curaverunt. 

CIL Vin 4583 vom J. 198 (Diana): [ V\ictor iae P arthic. (Severi et Cara- 
callae) quam (erg. statuam) ex [HS] III I mtl. n. pollicitus [er]at, 

ampliata pect^n]ia — dedit. 

CIL VIII 14 791 = Dessau 6 808 vom J. 182: Apollini Aug. sacrum 

(ille) üfptuam ex HS IUI mil. n. legitimis ampliata pecunia 

posuit. 

CIL Vm 18214 = Dessau 6847 (Lambaesis): Fortunae Aug. sacr. — 

— (ille) pr amissa statua ex HS IHIm. h. ampliata pecunia fecit (etwa 
147 — 149 nach Chr.). 

CIL Vin 25 823 (0,5 m hohe Basis): — [ex HS] IUI mil. h.protnissam 

ampliata pecunia] ... . [fecit], 
CIL VTII 17258 (Gegend von Zattara): [pro salute] (Severi, Caracallae, 

Getae) (ille) mag(ister) ex pollicitationem suam anno suo statuam 

ex SS 77/ mil. n. fecit amplius adiectis a se SS iß CC n. itemque de- 

dicavit. 
CIL VTII 4235 (Verecunda) : — ob honorem [a]ug(uratus) ex -IS IUI CCCC 

n. } ut pollicitus est, sua pecunia fecit. 
1 CIL VIII 2341 (Thamuga di, 1 m hohe Basis): [Con^pr\did^(f) [oydinis 

I sacr. (ille) promissis -fS Uli ex JS Uli B Fi. posuit. 

5000 Sesterzen. 

CIL VIII 1 400 (Thignica) : Mercurio Aug. sacr(um) (ille) — cum statuam 

ex HS III (mil.)promisisset, ad[i]ecta pecunia ... .ex HS V mil. posuit. 
CIL VTII 2350 ( Tham ugadi) : [Sfyli Aug. sacr. (ille) statuam, 

[qud\m ex IS IUI pro[misi]t, ex IS V post^it]. 
CIL Vin 2362 (Thamugadi): Imp. Caes. (Antonino Pio) (ille) ob honorem 

q(uin)q(uennalitatis), inlata r(ei) p(ubl.) sum(ma) honoraria, ex IS V 

n. posuit. 
CIL Vin 4187 (Verecunda): Genio sanctissimo ordinis (ille) ob honorem 
fl(amoni) pp. — addit(is) ad legitima(m) (= 2000 Sest.) IS II CCCCn., 

quae pollicitus erat, et amplius IS DCii. ex IS V n. faciend(am) de- 

dic(andamq.) curavit. 

CIL VIII 4579 (Diana): Mercurio Aug. sacrum (ille) statuam, quam ob 
honorem Ilviratus ex IS Vmil. n. pollicitus est, posuit. 

CIL Vm 4874 (Thubursicum Numid.): Fortunae reduci Aug. sacr. (ille) 
ob honorem aedilitatis inlatis reip. HS IUI n. legitimis, amplius ex 
HS Vn. posuit. 

CIL Vm 9024 (Auzia, Mauret. Caesar.): Victoriae Aug. L. Septimi Severi 

— — (ille) statuam, quam ob honorem aedilitatis super legitimam 

HS Vn. sua(?) [pec? promisit?], [cum] bas[i? posuit], 

CIL VTII 12001 = Dessau 5470: deo M[erc] Aug. sacerdote[s] hone 

quoque statuam ex HS Vmil. n. posuerunt. 






[III. 342] XXVII. PREISE VON STATUEN 319 

CIL VIII 17864 (Thamugadi, 1,20 m hohe Basis): M. Aurelio Caes. — 

— (ille) ob honorem q{uin)q{uennalitatis), inlata reip. sum(ma) hono- 

raria, ex IS Vn. posuit. 
CIL Vin 17915 (Thamugadi, Basisfragment): ex sua liberalitate ex 

HS Vn. donum dedit idemque dedicavit. — Ebenso CIL VIII 241 1 

(ebd. gefunden). 
CIL VIII 18 241 = Dessau 6847a (Lambaesis, 1,25 m hohe Basis): Vic- 

toriae Augg. (ille) ob honorem dutnviratus — sicut aput acta pollicitus 

est, ex £9 V milibus nummum posuit. 
CIL VIII 18890 (Thibilis, Basis): Bono Eventui sacr. ex testamento (illius) 

per (illos) heredes eins ex HS quinque milibus n. 
5000 — 6000 Sesterzen. 

CIL VIII 1 548 m. Add. 1 5 550 = Dessau 6827 (Agbia): — statuam For- 

tunae, cum ex IS V m. promisisset, ampliata pec. d(e) s(uo) p(osuit\. 
CIL VIII 27 11 vom J. 208 (Lambaesis, Basis): (Caracallae ille) ob ho- 
norem fldmoni perpetui pollicitus ex IS V n. ampliata pecunia 

posuit. 
CIL II 2150 (Baetica): — heredes statuam, quam is testamento ex HS 

III CC sibi poni iussit, adiectis HS II posuerunt. 
CIL VIII 19 124 (Sigus): Marti Aug. protectori d(omin£) n(ostri) imp. 
(Severi Alexandri) (ille) ob honorem fla[monii) p(er)p(etui), quem (sc. 

deum) se facturum pollicitus est, fecit ex SS V CC n. 
CIL XIII 5056 (Eburodunum): Merc(urio) Aug. (ille) ex HS n. IUI 

t[estamento) p(oni) i(ussit) her es ponend. curavit et eo amplius de 

suoadiecitHS n. 00 CCCC. Auf der rechten Seite: Dona venibuntad 

ornamenta eins et ex stipibus ponentur . 
CIL VIII 5299 m. Add. 17479 == Dessau 5475 (Calama): Quod (ille) co- 

dt\c]illis suis statuam [dei Neptyuni in foro novo ex fS V (milibus) n. 

poni iussisse[t], id hered(es) ex iS VDCXL posuerunt. 

6000 Sesterzen. 

CIL II 1424 (Sabora, Baetica): Iovi Optimo Max. (ille) testamento poni 

iussit ex HS VI. 
CIL II 1637 (Iliturgicola oder Ipolcobulcola, Baetica): Fortuna 

(Statue?) ex testamento (illius) relicta, per curatorem operis facta 

ex HS VI mit. — Huic dono (zxgesima) ab herede [deducta non est]. 
CIL VIII 885 = Dessau 6803 : Iuliae Domnae Aug. Q. Silicius 

Victor et C. Tadius Fortunatus ob honorem flam. sui perpetui statuam 

cum base ex HS bims milib. n. legitimis, adiectis tertis ex decreto 

paganor. pagi Mercurialis s. p. f. Wie es scheint, gab hier jeder 

3000 Sesterzen, so daß die Statue 6000 kostete. 
CIL VDI 4243 (Verecunda, Basis) : (ille) [ob ho]noremß(amonii) p(er)- 

p(etui) addit(is) d[d l]egitimam (= 2000 Sest.) fS IUI mil(ibus) 

n. [ex] IS VI mil. n. he[re]s eins faciendam [dedPfandamque (sc. 

statuam) curavit. 



\ 



^ 



320 XXVH. PREISE VON STATUEN [m. 343] 

* 

CIL VIII 4577 (Diana): Iovi [Vic]tori (ille) — ob hon. Flvir(atus) sui 
praet. leg{itimam) ex IS VI mit. n. ded. dedic. 

CIL VIII 5292 (Calama): Herculi Aug. sacrum (ille) IUI vir, amp litis ad 
honorariam sum(mam) cum HS III m. promisisset, ex HS VI m. 
p(ecunia) s(ua) p(ostdt). 

CIL VIII 6948 = Dessau 6858 (Cirta): Genio populi (ille) fl(amen) Dhn 
M. Antonini statuam, quam ob honorem (trium)viratus promisit, ex -HS 
Vlmil. n. sua pecunia posuit. 

CIL VIII 8466 vom J. 156 (Sitifis, Basis): Imp. Caes. (Antonino Bio) (ille) 
ex -HS VI n.j quae in ornamentum civitatis ex liberalitate sua ob ho- 
norem aed(ilitatis) praeter legitim am summam promiser at, d(edit) d(e- 
dicavü)q(ue). 

CIL VIII 8840 (Tupusuctu [Mauret. Sitif], Marmorbasis): (Uli) secun- 
dum voluntatem testamenti eius ex HS VI milib. patrono (ille) lib. 
heresq. eius p(osuit) d(edicavü). 

CIL VIII 25861 (Tichilla): [Mfyerve [ pro sd^ute imp. C[aes. . . .] 

M. Aur[eli (ille)] ex HS VI m 

CIL VIEL 14370 (Basisfragment) vom J. 196: [i mp. Se vere) (ille) statuas 

f equestres [dua]s (so eher als [tre]s) ex HS XII », quae pater 

eius duplicata summa honoraria /(lamoni) p(erpetui) ex sua liberale 
täte promiserat, permissu ordinis po[suit\ 

6000 — 7000 Sesterzen. 

CIL VIII 8310 = 20148 (Cuicul): Victori[ae] Aug. sac. (ille) [statuam 
q]ud[m o]b honorem [a]uguratus sui [ex] HS VI [m. n.] s[u]per [legfyi- 
mam prc\miser]at } amplidtfa p^cu^iia cum [basi] posuit. 

CIL VIII 2353 = Dessau 5476 (Thamugadi): Victoriae Aug. sacr. L. 

Cestius Successus,fil. et her es L. Cesti Galli, fideiussoris Fl. Natalis 

pollicitatoris huius statuae, iussus ex decret. Fontei Frontiniani leg, Aug. 

pr.pr. c. v. (160 ff. n. Chr.), adüctis ad HS III »., quanti tunc hone 
statuam idem Fl. Natalis r(ei) p(ublicae) positurum se pollicitus erat y 

HS JTl XXXX n. [ex] H[S Tl XXXX n. posuit]. ^ 

CIL VIII 5295 (Calama): Minervae Aug. (ille) ob honorem pontificatus 
ex IS VI C m. n. faciendam dedicandamq. curavit. Reniers Auf- 
lösung c(entum) m(inus) ist unbefriedigend, Mommsens Vermutung, 
das Zahlzeichen sei, die Richtigkeit der Lesung vorausgesetzt, als 
sescenta milia zu deuten, ganz unwahrscheinlich. Offenbar ist m(ilibus) 
unter Nichtbeachtung des voraufgehenden Hundertzeichens vom 
Steinmetz versehentlich hinzugefugt worden, die Zahl also als 6100 
zu lesen. 

CIL VIII 4198 (Verecunda): Minervae Aug. (ille) ob honorem pontificatus 
ex IS VI CXL n. faciendam dedicandamq. curavit. 
7000 Sesterzen. 

CIL VIII 1842 (Theveste): Mercurio Aug. sacr. (ille) ob honorem aed(i~ 
litatis) statuam Mercuri cum suis ornamentis, quam ex HS V promir 



[HL 344] XXVH. PREISE VON STATUEN 321 



s[e~yat dedicaoit n^iyuis reip. HS IVleg^flpmis et am[p]lius i[n] 

pretium statuae im[p]endit HS IL 

CIL VIII 17408 = Dessau 5474 (Hippo Regius): ÄS VII m. n. 

— in imagines argenteas imp. Caes. Traiani Hadriani Aug. promisit. 

7000 — 8000 Sesterzen. 

CIL VIII 5298 (Calama): Neptuno Aug. [ille) statuam ob honorem Hvi- 
r[atus) promissam IS Vn. amplius ad legüimam summam, IS VII 
CCCXXXX posuit. 

CILIl339o(Acci, TsrrsLContnsiSjfragmentumpuirmoreumpermagnum 1 ) : 

ob Aonore[m] sezriratrfs] ex HS VII D . . (Statue ?). 

8000 Sesterzen. 

CIL II 2060 = Dessau 5496 (Baetica): [illa)poni statuam sibi testamento 
iussit ex HS VIII (m.) n. 

CIL VIII 858 = Dessau 5073 (Giufi): Apollini Aug. sac. [ille] 

hanc statuam imitatus patris exemplum ex IS VIII millibus n. sua 
liberalitate, numerata prius a se reipublicae summa honoraria, posuit. 

CIL VIII 862 = 12382. 863 (ebd., zwei 1,30 m hohe Marmorbasen aus 
dem 3. Jahrh.): Victoriae Aug. sacr. (ille) ob honorem aedilitatis inter- 
missae et Hviratus sui ex IS VIII mü. n. } inlatis prius reip. summis 
honorarisy posuit. 

CIL Vm 8835 vom J. 195 (Tupusuctu, 1,20 m hohe Basis): Imp. Caes. 
L. Septimio Severo usw. (ille) se\cundum\ decretum ordinis ex summa 
honoris flamoni sui, adiecta praeter ea ex sua liberalitate pecunia, ex 
HS VIII mil. constituit. 

CIL VIII 19688 (civit. Celtianens., Numidia): Genio Celtianis (so) Aug. 
sacr. (ille), quo(d) (quo = quo loco versteht Mommsen) numinis eius 
adiumentum senserit, ex IS VIII s. p. fecit. 

CIL VIII 24003 vom J. 146 (Sutunurca): M. Aelio Aurelio Vero Caesa[ri] 

(ille) ex HS VIII . . . (die Zahl ist vollständig, die Lesung 

und Ergänzung des verstümmelten Inschrifttextes im übrigen sehr un- 
sicher). 

CIL XIII 6677 (Mainz): pro salute imp. (Commodi) Fortunae reduci leg. 

XXII Pr(imigeniae)p(iae)f(idelis) (ille) vet.leg. m(issus) h(onesta) 

m(issione\ negotiaior gladiarius testamento suofieri iussit ad HSn. 
VI II mil. 

Dessau 6865 (zwischen Cirta und Milev gefunden): Genio kastelli Elefant, 
sacrum (illa) statuam Gent patriae kd[st.] Elef. cum base, quam de sua 
liberalitate ad ornandum kastei. pol[l\icita (est) ex HS VIII n., sua 
pecunia constituit. 

8800 Sesterzen (ohne Basis). 

CIL XI 978 (Reg. Lepidum, Kostenrechnung auf Bronzetafel): — (Uli) 
conductori [statuae] aereae ■#• ~ ~ CC. — (Uli) [ad st]ructuram basis 

L"7v • • • • 
Friedlaender, Darstellungen. Anhang. 21 



322 XXVII. PREISE VON STATUEN 

9000 Sesterzen und darüber. 

CIL VIII 4202 vom J. 213 (Verecunda): Victorias Germanicae Aug. 

(Caracallae) [ille) ob honorem fl(amoni\pp. statua{tn), quam ex IS 

Villi n. promiserat, facienda dedicandamq. curavit. 
CIL VIII 2354 (Thamugadi, 2 gleiche achtseitige Basen, 1,30 m hoch): 
Victoriae Partkicae Aug. sacr. Ex testatnento (illius centurioms) missi 

honesta missione ab imp. Traiano sitig(ulas d. h. statuas) HS 

VIII (vigesima) p(op.) R(om.) min(us) (tili tres, liberti) adiectis a se 
HS III ponend{as) curaver. Das ergibt für jede von den beiden 
Statue eine Summe von 8000 — 400 + 1500 = 9100 Sesterzen. 

10000 Sesterzen. 

CIL V 6955 (Turin): (ille) IoviAug. ex HS X fest poni iussit. 

CIL VIII 4594 vom J. 197 (Diana, Basis): Imp. Caes. (Severo) (ille) 

ob honorem ßam[oni per]petui praeter leg[itima] -fS Xmil. »., quae rei 
p[ublicae] intulit, ex IS Xn. ampliata pecu[nia] dedit idemque de[dt- 
cavit]. — Vgl. CIL VIH 4588. 

CIL VIII 4596 vom J. 200 (Diana, Basis): Diuo Commodo (ille) ex 

IS IUI mil. n. (pollicitus), inlatis reipub. summis Honorar is etfl(amoni) 
pp., ex IS Xmil. n. ampliata pecunia dedit idemque dedicavit 

12000 Sesterzen und darüber. 

CIL VIII 7001 (Cirta) : (Imp. Caracallae) [ex testam.] (illius) (ille) f. [et he- 
res] eius ex f/S XII mil. n. adt[ec/is de suo . . . fecit ide]ntque dedicavit. 

CI L V III 179 14 (Thamugadi, Basisfragm.): (*#*)] dicavit ex IS 

XII LXXXn. 

CIL VIII 26255 (UchiMaius, l basis alta m. I, lata m, I.IO statuae equestri, 
ut videtur, destinatd vom J. 197): imp. Caes. L. Septimio Severo usw. 
resp(ublica) U(chitanorum)Äf(aiorum)p(ecunia)p(ublica)p(osuit). In quam 

rem (ille) flam(en) p(er)p(etuus\ depensis in curam s(up ra) s(c rip- 

tam) quam ipse gessit (d. h. die Herstellung der Statue) HS XII mil. 
n. summae suae honorariae et amplius pecunia publica erogata, basem 

cum ornamentis suis sua pecunia fecit et dedicavit d(ecurionum) 

d(ecreto). Für die Herstellung der Statue hatte der als Dedikant ge- 
nannte Flamen aus der von ihm bei der Übernahme des Amtes zu 
zahlenden 'Ehrensumme' 12000 Sest, weitere Mittel die Municipai- 
kasse aufgewendet Die Extrakosten für die Basis trägt der Dedikant 
allein. 

14000 Sesterzen und darüber. 

CIL VIII 18233 (Lambaesis): [s]tatuncula argen t[ea] Mercuri ex -HS 
XTllTm.[n.]. 

CIL VI 32536 (Bruchstücke einer großen, von Soldaten der coh. III u. 
IVpraet. Pa{nthe]ae (?) gesetzten Statuenbasis): Summ[a a] coX[ort(a>- 
libus conl(ata) HS m. n.] XIV DC . . . Singuli d[ont]ul(erunt) ■# XX, 
aer(is) (quadrantem). Die Gesamtsumme läßt sich auf etwa 14730 Sest. 
berechnen. 



[m. 345] XXVII. PREISE VON STATUEN 323 

16000 Sesterzen und darüber. 

CIL VIII 2344 (Thamugadi) : Fortunae reduci Aug. — [ille) statu am, quam 
ob honorem aed. suae praeter legiHmam pollicitus est, ex -fS XVI n. po- 
suit ludis editis et dedicavit. 

CIL VIII 25 836 (Membressa, Basis 0,53 m hoch, 1 m breit, also für min- 
destens 2 Figuren bestimmt): Victoriis Au[g(ustis)] imp. Caes. M. 

Claudi Taciti .... (ille) [statuas? quas] ex HSXVImil. n.facere 

promiser at, mult[iplicata pecunia] [f^cit]. 

17500 Sesterzen. 

CIL VIII 17829 = Dessau 434 (Thamugadi, sechsseitige Basis): Con- 
cor diae Augg[g.] dominorutn nti{n.] impp. (Severi, Cäracallae, [Getae]) 
et Iuliae Aug. (ille) ob honorem fl(amoni) p(er)p(etui) statuas (zwei: diese 
und nr. 17835, siehe unten), quas ex SS XX m. n. cum basib(us) praeter 
legitim(am)pollicitus est, ampliata pec(unia) ex SS XXXV m. n. posuit. 
Von dem Gegenstück zu dieser Statue stammt das Oberteil einer völlig 
gleichartigen, am selben Platze gefundenen Basis, CIL VIII 17835: 
Marti Aug. conservatori dominorutn nn[n.] impp. usw. 

20000 Sesterzen. 

CIL V 447 2 (Brixia, Basis) : D. d. (Uli) pater (testamento) in eam 

(sc. statuam) fac(iendam) leg(avit) -HS XI L (Uli duo) liberti posuer. 
adiectis HS VTTI. 

CIL VIII 41 92 = Dessau 685 1 (Verecunda) : Genio patriae Aug. dedicante 
Iulio Lepido Tertullo leg. Aug. pro praetort (im J. 194 nach CIL VIII 
17 726), quod (ille) testamento suo ex IS XXn.fieri iussit, ordo Vere- 
cun(densium) faciendum (sc. Signum) curavit. 

21200 Sesterzen. 

CIL VIII 17837 (Thamugadi, 1 m hohe Basis): Mercurio Aug. sacrum 
pro salute (Severi et domus eius) (üle) augur inlatis r(ei) p(ublicae) ob 
honorem augur atus IS XXI mil. et CC n. M er cur tum ex sua liberali- 
tote posuit. 

22000 Sesterzen. 

CIL VIII 17 831 = Dessau 5400 (Thamugadi): Fortunae Aug. (mulier es 
duae) statuam, quam testamento suo (ille) ex HS XXII legaverat, pe- 
cunia (illius) et (illius) patris sui comparatam posuerunt et adiecta de 
suo aede ex HS IUI CCCC dedicaver(unt). Die offenbar sehr große 
und wertvolle Statue kostete also genau fünfmal so viel wie die zu ihrer 
Aufnahme bestimmte Kapelle. 

2 5000 Sesterzen. 

CIL XI 1946 (Perusia): — [Huic municipes e]f incolae in statuam HS 

dir mI* b [contulerunt] ei in comitio statu a [ut poneretur ordo de- 

crev]it. 
CIL VIII 1887 (Theveste): (ille) [statuas?] deae Cael^stis Augustae 

et] deae Virtuos cum basibus (?) ex] HS Lh. c[mni cultu(?) or]- 

nata\s posu]it(?). 



21* 



5 24 XXVII. PREISE VON STATUEN 



28000 Sesterzen. 

CIL VIII 1353 (Bisica): Genio municipii [pro sohlte imp.] (Pro bi) [ille) 
statuam d^eream ?].... [municipibu]/s suis de den(arium) VII (milibus) 
(dedit). 
30000 Sesterzen. 

CIL VI 23 149 ( k in basi statuae togatae'); P. Numntius F.f. Tro. Bassus 
ex testament. HS 4? %l? «fr, arbitr(atu) Caeciliae uxoris. 

CIL VIII 7963 m. Add. 19849 = Dessau 5473 (Rusicade): Victoriae 
August ae sacrum [pro salute (Elagaiali?)] (ille)fl(amen) p(er)p(etuus) 
divi Magni Antonini (Caracallas) statuam cum tetrastylo, quam 
ob honorem flam(oni) promiser at, ex HS XXX miL n. dedü. 

CIL XI 5939= Dessau 5678 (Tifernum Tiberinum): (ille) [statuas (zwei?) 

s]ibi etfil(iö) suo ex HS LXn. poni iussit (ob dedicatione(m) earutn 

werden Sportein verteilt). 

IGR III 1050 = Waddington 2596 (Palmyra) vom J. 193 nach Chr.: töv 
dvfcp[idvTCi dv]dcm](Tav (Uli) [(Tuvjobidpxq oi (Töv [aÖTiß] ävaßävrefq] 

[dqp€ibr|crav]Ti auTo(T)<; xpvtfä iraXaid bT]vd(i)p[ia] (d. s. aurei alter 

Währung, vielleicht neronischer) Tpiaic6(ftoi d[vaXu)fid]ru)[v usw. 

Mehrere Statuen für 30000 Sesterzen: 

CIL VIII 26458 (Gebälkinschr. von der Porticus des Caelestis-Tempels in 

Thugga): at deas Caelestes argen t eas fabricandd^s] (Fragment 8/9) 

wird eine Summe gestiftet, vielleicht die in Fragment 26 erwähnten 

HS XXX miL 
CIL VIII 26529 (Thugga) vom J. 173: (illa) colossos . . . ., quos ex -HS 

XXX miL n. pron^isit) (ille) [h]eres dedicavit. 
CIL XI 5 400 = Dessau 7812 (Asisium) : hie in statuas ponendas in aedem 

Herculis dedit -HS Hin Hill Illll. 
40000 Sesterzen und darüber. 

CIL HI 10305 ='Dessau 7126: [signum et ar]am Geni , quae (ille) 

[ex tesy. -HS X (miL) n. fieri iusserat, (ille) in memoriam [patris] 

exHSXXXX(miL)n.fec. . 

IGR III 739 xix 18. i 9 (Opramoas-Denkmal in Rhodiapolis aus der Mitte 

des 2. Jahrh. nach Chr.): dvdcfnicrev bk kci\ ätaX^ia Tuxoir6Xeos icexpu- 

(Twfidvov dvaXuxtat ÖTrfep bTjvdpia mipia. 
43000 Sesterzen. 

CIL XI 6481 vom J. 148: plebs urbana die ab] excessu eins XXXIII 

benificior. eius [memor ex aere co)nlato ex -HS XXXXIII posuit. 
51335 Sesterzen. 

CIL VIII 17408 = Dessau 5474 (Hippo Regius) aus hadrianischer Zeit: 

st]atuam argenteam ex HS LI CCCXXXV tribus libel(lis) sing($da) 

terr(uncio) etaeris quad(rante), cum reip. -HS Lprom(isissetj posuit, 

1 00000 Sesterzen. 

CIL VIII 4364 ==18547 (Gibba) vom J. 194 (niedrige und breite Basis, 

anscheinend für eine [silberne?] Reiterstatuette): imp. Caes. L. Septi- 

mio Severo usw. [ex] HS C(mil.) n. Gib[ben]ses fecer[unt\ 



F 

l 
I 

I 

I 



XXVII. PREISE VON STATUEN 325 

CIL VIII 4365 = 18548 (ebd., Basis?, 0,40 m breit) vom J. 195: imp. 

C. L. Septimio Severo usw. ex ffS Cn. cur ante (Mo) [G]ib(benses?) 

[f]e[c, ?] (die Herstellung der letzten Worte ganz unsicher). 

CIL X 6102 = Dessau 6282 (Formiae): (ille) testatnento suo ffS C m. n. 
legavit, ex qua summa tensae Minerva* (Wagen, doch wohl mit Statue?) 
ex argenti libris centutn [c]um parergis suis to[tis fierent]. Über die 
t[A)ensae A deorum vgl. Marquardt, Staatsverw. DI" 509 und zuletzt 
Staehlin, Rom. Mitt. XXI (1906) 377 f. 
200000 Sesterzen. 

CIL XII 5864 = Dessau 6999. 6999a (Vienna): positum simulacrum 
Viennae (sc. deae)argenteum -HS n. cccIddd cccIddd; vgl. oben III 193 
(wo versehentlich 100 000 Sest. gedruckt ist). — Mindestens ebenso 
viel wird (bei einem Silberpreis von annähernd 1000 Sest. für das Pfund, 
vgl. die oben angeführte Inschr. CIL X 6 102) die CIL II 3424= Dessau 

6953 erwähnte Concordienstatue gekostet haben: (*'///) Concor- 

diae decurionum testatnento suofieri iussit her es ex CCL 

libris argenti fecit. 

Mehrere Statuen für 400000 Sesterzen. 

CIL II 5523 = Dessau 5079 (Corduba): statuas } quas obhonoresconiunc- 

tos promiseratj ex -HS CCCC posuit. 
Etwa 1 z / a Mill. Sesterzen (Materialpreis). 

CIL IX 161 9 = Dessau 5502 (Benevent) aus hadrianischer Zeit: opus 
quadrigae cum effigie imp. Hadriani Aug., hergestellt ex argenti libris 
~, adiectis amplius libris DLXVII~ (im ganzen 1567 x / 6 Pfund zu nicht 
ganz 1000 Sest. das Pfund). M. Bang. 



XXVffl 

MARMOR UND BRONZE 
ALS STATUENMATERIALO 

Daß die Bronze in Griechenland so gut wie immer das Material für Ehren- 
statuen war, beweisen für die ältere Zeit (außer der Redensart xoAkoOv 
Tivd (XTfltfai oder dvaöeivai) die von Fraenkel, De verbis potioribus, 
quibus opera statuaria Graeci notabant (Diss. Berlin 1873) S. 32 angeführten 
Stellen aus Aristoteles und AnthoL Pal. II 727 lizpent juiv XP"<?$ & dt<iX|iaTi 
\if\b' dv\ xaX*$ toOtov toi? äUoi<; djceXov fccrrajievai; für die spätere namentlich 
die rhodische Rede Dios von Prusa, in der stets von ehernen Standbildern die 
Rede ist. Daß auch in Rom in älterer Zeit so gut wie alle öffentlich aufgestellten 
Statuen aus Bronze waren, zeigt Lucilius 486 f. M. : utpueri infantes credunt signa 
omnia ahena vivere et esse homines. Augustus bestimmte, daß mit der Ehre des 
Triumphs die Errichtung einer Bronzestatue verbunden sein sollte (Mommsen 
StR. I 3 450. Horat. Sat. II 3, 183 : Laetus ut in circo spatiere et aeneus ut stes). 
Auch später blieb Bronze für Ehrenstatuen das gewöhnliche Material. Seneca 
Ep. 65, 3: ergo in statua materia aes fuit, causa opifex. Apul. Florida 16: 
Quid igitur super est ad statuae meae honorem, nisi aeris pretium } artificis mini- 
sterium? quae mihi ne in mediocribus unquam civitatibus defuere, ne ut Kartha- 
gini desint usw. Ammian. Marc. XIV 6, 8: Ex his quidatn aetemitati se com- 
mendari statuas existimantes eas ardenter adfectant quasi plus praemii ex fig- 
mentis aereis sensu carentibus adepturi quam ex conscientia honeste rede facto- 
rum: eas auro curant imbracteari usw. Das Breviarium des Zacharias nennt in 
Rom nur die 3785 aenea simulacra regum et ducum Jordan, Topographie II 
47. 576, s. oben III 82). 

Seit dem Anfang der Kaiserzeit, namentlich seit der Verwertung der Brüche 
von Carrara auch für die Skulptur wurde Marmor (dessen Sorten wie die der 
Bronze natürlich auch im Preise verschieden waren, vgl. oben III 77, 12) zu 
Statuen aller Art verwandt Wenn bei Aufstellung mehrerer Bildnisse derselben 
Person (ebd. S. 70 f.) zugleich bronzene und marmorne errichtet wurden, mögen 
bei der üblichsten Ausführungsweise beide im Preise und in der Schätzung etwa 
gleich gestanden haben: sowohl in Rom, wo z. B. Claudius von den ihm zu- 
erkannten Ehren nur eine Büste von Silber und zwei Statuen in Bronze und 
Marmor annahm (Cass. Dio LX 5, 4), als in den Provinzen (vgl. das Testament 

1) Vgl. oben III 100. 



[in. 335] xxvm. Marmor und bronze als statüenmaterial 327 

von Langres oben III 77, 12 und die Inschrift von Teos CIG 3085: ciicövi 
XOtXiri) kcl\ dTdXfiaTi jiapjiapivif) k<x\ €Ik6vi XPufffl)« Auch gegenwärtig können 
Statuen aus Bronze und Marmor zu ungefähr gleichen Preisen hergestellt werden. 
Nach den Angaben von Professor R. Siemering in Berlin (f 1905) waren 1870 
für eine Statue von 6 Fuß Höhe die Preise des Materials etwa folgende: Bronze 
858 Mark, Tiroler Marmor 720 Mark, carrarischer Marmor 2. Sorte 720 Mark, 
.I.Sorte 1350 — 1500 Mark (selbst 1680 Mark, wenn sehr klar). Der Transport 
des Tiroler Marmors bis Berlin kostete etwa 240 Mark. 

Die Häufigkeit der marmornen Ehrenstatuen (besonders in den Munizipien) 
und Sepulkralstatuen zeigen die so überaus zahlreichen Überreste. Angaben 
des Materials auf Inschriften sind nicht selten, vgl. Dessau III Index S. 900; in 
ihnen überwiegt durchaus die Bronze, die denn die Regel gewesen sein wird. 

Aus Silber und Gold waren in der Regel außer Götterbildern nur Kaiser- 
statuen (vgl. Preller-Jordan, Rom. Myth. I 3 S. 239, 2 und dazu Mon. Ancyr. lat. 
4, 51 ff. Cass. Dio LXXVIII 12, 7. Aur. Victor Caes. 40, 28. CIL VIII 17408 
= Dessau 5474), andre offenbar sehr selten, z. B. Sueton. Tib. 65, 1 (Sejan). 
Plin. ep. IV 7, 1 (vgl. oben III 77, 2) und das unsichere Zeugnis CIL III 81 14. 
EIk6v€<; xputfcu (Fraenkel S. 34) sind in der Regel wohl als vergoldet zu denken. 

F. Drexel. 



REGISTER 



Abascantus, Freigelassener 27. 38 f. 

Abella, Amphitheater 210; Theater 244. 

Aberglaube 99 f. 

Abessinien, Gesandtschaften in Rom 10. 

P. Aciüns Attianus 71. 

M\ Acilius Glabrio 69. 

Acinipo, Theater 254. 

Acra, Theater 250. 

Actiacus, Freigelassener 27. 

Addaces 275. 

Addison 152. 

Aeclanom, Amphitheater 212; Theater 246. 

Aegae (Cilic), Amphitheater 237. 

Aegae (Mys.), Amphitheater 235. 

Ägypten, Bevölkerungsziffer 298 f.; Steuern 
298 fr. 

Aelius Achilles 31. 

Aelius Cladeus 44. 45. 

P. Aelius Hadrianus 70. 

L. Aelius Seianus 62. 

M\ Aemilius Lepidus 62. 

Aemilius Papinianus 75. 

Aeqnum, Amphitheater 218. 

Afranius Barras 66. 

Agedincum (Senones), Amphitheater 220. 

Agilius Septentrio, Pantomime 200. 

Aginnum, Amphitheater 220. 

Agon Capitolinus 276 ff. 

Agrippns 197. 198. 

Akko 94. 

Alba Fncens, Amphitheater 213; Theater 247. 

Albanum, Amphitheater 212; Theater 246. 

Album Intimtlium, Theater 249. 

Alcamenes 202. 

Alces 274. 

Alesia, Theater 252. 

Alezander Peloplaton 43. 

Alexander Severus (Kaiser), Freunde 75 f. 

Alexandria, Amphitheater 238. 

Allifae, Amphitheater 212; Theater 246. 

Alpenhase 275. 

Alpenreisen 146 ff. 

Alter der Mädchen bei Verlobung und Ver- 
heiratung 133 ff. 

Althiburus, Theater 256. • 

Amasia, Amphitheater 236. 

Amastris, Amphitheater 236. 

Ambarri, Theater 252. 



amici der Kaiser 56 ff. 

Amisus, Amphitheater 236. 

Amiternum, Amphitheater 213; Theater 247. 

Ammaedara, Theater 256. 

Ammenmärchen 91 f. 

Amor und Psyche 104 ff. 

Amphion 201. 

Amphitheater 205 ff. 

ampUsnmus [vir) 79. 

anagones equi 183. 

Ancona, Amphitheater 213. 

Ancyra tGalat), Amphitheater 235 f. 

Ancyra (am Macestus), Amphitheater 235. 

Andabatae 266. 

M. Annaeus Lucanus 65. 

Antemus, Freigelassener 27. 

Antigenes, Arzt 201. 

Antigenidas, Flötenspieler 200. 

Antiochia am Kragos, Amphitheater 237. 

Antiochia am Orontes, Amphitheater 237. 

Antiochia in Pisidien, Amphitheater 237. 

Antipater, Sophist 43 f. 

Antipolis, Theater 250. 

Antium, Theater 245. 

C. Antius Quadratus 70. 

Antoninus Pins (Kaber), Freund Hadrians 71; 
seine Freunde 72. 

M. Antonius Primus 67. 

Anxanum, Theater 246. 

Aphrodisias, Amphitheater 234. 

Aphrodisius, Freigelassener 28. 

Apolanstus 197. 198 f. 

Apta Julia, Amphitheater 218. 

Apuleius, Märchen von Amor und Psyche 104 £ 

Aquae Cutiüae, Theater 247. 

Aqnae Flaviae, Amphitheater 227. 

Aquae Neri, Amphitheater 224. 

Aquae Segete (Moingt), Theater 252. 

Aquae Sextiae, Amphitheater 218. 

Aqnileia, Amphitheater 216; Zirkus 241; 
Theater 249. 

Aquincum, Amphitheater 226. 

Aquinum, Amphitheater 21 1; Theater 246. 

Araber, Naturgefuhl 172; arabische Gesandt- 
schaften in Rom 10. 

Araines (bei Vendöme), Theater 252. 

Arausio, Amphitheater 2x9; Zirkus 241; Theater 
251. 

Arelate, Amphitheater 218; Zirkus 241; Theater 
251; gymnastische Wettkämpfe 282. 



V 



REGISTER 



3*9 



Arena 205 f. 

Ariminum, Amphitheater 214. 
Aristofontes 107, 1. 
Annexes (Eure), Theater 253. 
M. Arrecinus Clemens 69. 
Arrettum, Amphitheater 215. 
Artemidorus, Athletenname 200. 
M. Artorius Asclepiades 61. 
Asclepiades, Name von Ärzten 201. 
Ascnlmn Picennm, Amphitheater 214. 
Asien, Amphitheater 232 f.; Steuern der Pro- 
vinz 300. 
C. Asinius Gallus 60. 
Asisium, Amphitheater 214; Theater 247. 
Aspasios von Ravenna 44. 
Aspendos, Amphitheater 237. 
Atella, Amphitheater 209. 
A teste, Amphitheater 216. 
Athen, Amphitheater 230. 
T. Atilins Rufus Titianus 71. 
Atina, Amphitheater 213. 
Atria, Amphitheater 21 5 f.; Theater 249. 
Attalia, Amphitheater 237. 
Atticus, Freigelassener 28. 
Auerochs 273. 
C. Aundius Victormus 74. 
Augusts Bagiennorum, Amphitheater 215; 

Theater 248. 
Augusta Praetoria Salassorum, Amphitheater 

217; Theater 249. 
Augusta Rauracorum Amphitheater 224; 

Theater 253. 
Augusta Taurinorum, Amphitheater 217; 

Theater 249. 
Augusta Treverorum, Amphitheater 222. 
Augusta Vindelicorum, Amphitheater 226. 
Augustodunum, Amphitheater 221; Theater 

252. 
Augustomagus (Silvanectes), Amphitheater 222. 
Augustoritum, Amphitheater 220. 
Augustus (Kaiser), Freunde 60 f. 
M. Aurelius Alexander 41. 
M. Aurelius Cotta Maximus Messalinus 62. 
Aurelius Felix 31. 
M. Aurelius Julianus 31. 45. 
M. Aurelius Papirius Dionysius 34. 
Aurgi, Zirkus 242. 
Ausländer in Rom, Zahl 15 f. 
Ausstellung von Merkwürdigkeiten I ff. 
Autessiodorum, Amphitheater 221. 
Auximum, Amphitheater 213. 
Auzia, Zirkus 242. 
A varicum Biturigum, Amphitheater 220; Theater 

251. 
Aventicum, Amphitheater 222; Theater 253. 
C. Avidius Heliodorus 40. 
Avilius Flaccus 62. 
Avilius Teres, Wagenlenker 192 f. 



B. 



Bacoli, Theater 244. 
Baebius Longus 74. 



Bären 270. 

Baeterrae, Amphitheater 219. 

Balsa, Zirkus 242; gymnastische Wertkämpfe 

282. 
Barcino, gymnastische Wettkämpfe 282. 
M. Bassaeus Rufus 29. 
Bassus, Freigelassener 39. 
Bathyllus 197. 199. 
Bedürfnisanstalten 3 10 f. 
Begleiter der Kaiser 56 ff. 
Beneventum, Amphitheater 212; Theater 246; 

gymnastische Wettkämpfe 282. 
Berenice, Amphitheater 238. 
Bergomum, Amphitheater 217. 
Berlich 207. 
Berolaxs 206. 
Berthouville, Theater 253. 
Beryllus, Freigelassener 37. 
Berytus, Amphitheater 237. 
Bevölkerungszahl Ägyptens 298 f.; Roms IX ff. 
Bison 2 73 f. 
Bitburg, Theater 253. 
Bononia, Amphitheater 215. 
Bononia (Gesoriacum), Amphitheater 222. 
Bourrit 163 f. 
Boutae, Theater 251. 
Bouzy (Loiret), Theater 252. 
Bovianum vetus, Theater 246. 
BOvillae, Zirkus 241; Theater 246. 
Breviarium totius imperii 298. 
Brixia, Amphitheater 216; Theater 249. 
Bronzestatuen 326 f. 
De Brosses 153. 
C. Bruttius Praesens 73. 74. 
Bubalus 273. 
Buckelochsen 271. 275. 
Bucolas, Freigelassener 47 ff. 
Burdigala, Amphitheater 220. 
Burma 65. 

C. 

Sex. Caecilius Crescens Volusianus 42. 

A. Caecina Allienus 67. 

Caecina Largus 64. * 

C. Caelius Saturninus 35. 

Caere, Theater 248. 

Caesarea (Mauret.), Amphitheater 227; Zirkus 

242; Theater 255 ; gymnastische Wettkämpfe 

283. 
Caesarea (Palaest.), Amphitheater 237. 
Caesarodunum, Amphitheater 221. 
Caesaromagus (Beauvais), Theater 253. 
T. Caesernius Statins ... Macedo 71. 73. 
T. Caesernius Statins ... Macrinus 71. 
C. Caesius Niger 63. 
Sex. Caesius Propertianus 34. 
C. Caesonius Macer Rufinianus 76. 
Calama, Theater 256. 
Calenus, Freund Marc Aureis 74« 
Cales, Amphitheater 210. 
Caligula (Kaiser), Freunde 63. 
Calleva Atrebatum, Amphitheater 225. 



33<> 



REGISTER 



Callistus, Freigelassener 32 f. 

Cn. Calpurnius Piso 60. 61. 

L. Calpurnius Piso 62. 

C. Calvisius Statianu« 42. 

Camelopardalis 272. 

Canon 18. 

Cannsium, Amphitheater 2x3. 

Capna, Amphitheater 209; Theater 244. 

Caracalla (Kaiser), Freunde 75. 

Caralis, Amphitheater 217. 

Carmo, Amphitheater 227. 

Carauntum, Amphitheater 226. 

Carpophorus 201. 

Carsulae, Amphitheater 214. 

Carthago, Amphitheater 228; Zirkus 242; 

Theater 256; gymnastische Wettkämpfe 282. 
Caryanda, Amphitheater 233. 
Casinum, Amphitheater 211. 
Cassius Dio 76. 
Castor, Freigelassener 45. 
Castrum novnm, Theater 248. 
Castulo, Theater 254. 
L. Catilius Severus 71. 
Catina, Amphitheater 217; Zirkus 241; Theater 

250. 
T. Catius Silius Italiens 67. 
Celer 41. 

Cemenelum, Amphitheater 218. 
Cenabum (Civitas Aurelianorum), Amphitheater 

221. 

centenarii equi 192. 

Cephns 272. 

Chama (Luchs) 272. 

Champlieu (Oise), Theater 253. 

Chateanbleau (Seine et Marne), Theater 252. 

Chateaubriand 168. 

Chenevrieres (Loiret), Amphitheater 224. 

Chinesische Gesandtschaften in Rom 9 f.; 

Naturgefühl der Chinesen 173 f. 
Circeji, Amphitheater 212. 
Cirta, Amphitheater 228; Theater 255. 
clarissimus [vir) 77fr. 
Claudius (Kaiser), Freunde 63fr. 
Claudius Etruscus, Vater 28. 
M. Claudius Fronto 73. 
Ti. Claudius Livianus 72. 
Ti. Claudius Philologus 37. 
Ti. Claudius Seeundmus 28. 
Claudius Senecio 66. 
Ti. Claudius Vibianus Tertullus 31. 44. 
Clunia, Theater 254. 
Cluvius Rufus 65. 67. 
L. Cocceius Nerva 60. 
M. Cocceius Nerva 62. 
Colonia Agrippinensis, Amphitheater 223. 
Colosseum 206. 211. 
Comana (Cappad.), Amphitheater 236. 
comites der Kaiser 56 fr. 
Commodus (Kaiser), Freunde 74. 
Compsa, Amphitheater 212. 
Constantinopel, Amphitheater 231. 
contrarete 262. 
Corduba, Amphitheater 227. 



Cornnium, Theater 246. 

Coroelianus 43. 

P. Cornelius Anullinns 74. 

M. Cornelius Fronto 72. 

Cornelius Fuscus 69. 

Cornelius Gallus 61. 

Cornelius Laco 66. 

Cn. Cornelius Lentulus 62. 

A. Cornelius Palma 70. 

Corocotta 274. 

Cosmus, Freigelassener 30. 

Cossinns 66. 

Cremona, Amphitheater 216. 

Crepereius 76. 

Crescens, Freigelassener 28. 

Crescens, Wagenlenker 196. 

Crispinus 69. 

Crotus 200. 

Cuicul, Amphitheater 228; Theater 255. 

Cumae, Amphitheater 210. 

Curtius Atticus 63. 

Curtius Montanus 66. 69. 

Curubis, Theater 257. 

Cyrene, Amphitheater 238. 

Cyzicus, Amphitheater 234. 

D. 

Damma 274. 

Dante, Naturgefühl 143 f. 

Dardanellen, Amphitheater 235. 

L. Dasumius Tullius Tuscus 73. 

Dea Vocontiorum, Amphitheater 219. 

Q. Dellius 61. 

Denar Diocletians, Wertberechnung 308, 1. 

Diadnmenus, Freigelassener 28. 33. 

A. Didius Gallus Fabricius Veiento 69. 

Dimachaeri 264 f. 

Diocles, Wagenlenker 185 ff. 

Dionysius aus Alexandria 38. t 

diver sium 193. 203 f. 

Divodurum (Mediomatrici), Amphitheater 222. 

Divona (Cadurci), Amphitheater 220. 

domina als Anrede 8 7 f. 

dominus als Anrede 82 ff. 

Domitian (Kaiser), Freunde 68 f.; Sarmaten- 

krieg 294. 
Domitilla 293. 
L. Domitius Rogatus 41. 
Doryphorus, Freigelassener 33. 
Drevant (Cher), Amphitheater 224. 
Drobeta, Amphitheater 227. 
ducenarn equi 192. 
Ducenius Geminus 66. 
Dümmlingssagen 94, 
Durnovaria, Amphitheater 225. 
Durocornovium, Amphitheater 225. 
Durocortorum (Remi), Amphitheater 222. 
Dyrrhachium, Amphitheater 230. 

E. 

Eber bei den Venationen 271. 
Eheschließungsalter 133 ff. 



REGISTER 



331 



Elefant 268 f. 
Elentier 274. 
Emerita, Amphitheater 227; Zirkus 242 ; Theater 

254 f. 
Entellus, Freigelassener 34. 
Epamanduoduium, Amphitheater 223 ; Theater 

253. 
Epaphroditus, Freigelassener 33 f. 
Ephemerides 54. 
Ephesus, Amphitheater 234. 
Epidanrus, Amphitheater 218; gymnastische 

Wertkämpfe 282. 
ab epistulis 35 ff. 
Eprius Marcellas 6$. 67. 
Eqnites (Gladiatoren) 266. 
eripuit 191. 

Eros und Psyche 104 ff. 
Essedarü 265 f. 
Endaemon 41. 

Eaphemius, Freigelassener 48. 
Euphrates 30. 
Eutychus (Eutyches), Name von Wagenlenkern 

200. 

F. 

Fabel und Märchen 100 f. 
L. Fabius CUo 74. 
Panllus Fabius Maximus 60. 
Patdias Fabius Persicus 64. 
C. Fabius Valens 67. 
Fabricius Veiento 69. 
Faesulae, Theater 248. 
Fahren von Privatpersonen 24. 
Falerii, Amphitheater 214; Theater 248. 
Falerio, Amphitheater 214; Theater 247. 
Favor, Mime 200. 
Favorinus 285. 
Felicissimus 32. 

Felix, Name von Wagenlenkern 200. 
Ferentum, Theater 248. 
Festus, Freigelassener 45. 
Festus, Freund des Domitian 69. 
Feuer, vorangetragen 59. 
Fidenae, Amphitheater 211. 
Flrmum, Amphitheater 214; Theater 247. 
Flavia Solva, Amphitheater 226. 
Flavius Maternianus 75. 
Fleming, P. 147. 

Florentia, Amphitheater 215; Theater 248. 
Fortunatus, Name von Wagenlenkern 200. 
Forum Clodii, Theater 248. 
Forum Julii, Amphitheater 218; Theater 251. 
Forum Segusiavorum, Theater 252. 
Forum Traiani, Amphitheater 217. 
fraUr als Anrede 84. 
Freigelassene (kaiserliche), Reihenfolge ihrer 

Ämter 47 ff. 
Freunde der Kaiser 56 ff. 
Frusino, Amphitheater 211. 
Fnlginium, Amphitheater 214. 
L. Fulvius C. Brattius Praesens 73. 
C. Fulvius Plautianus 74. 
T. Furius Victorinus 29. 



G. 

Gabrata, Amphitheater 229. 

Gades, Amphitheater 227; Theater 254. 

Gaius (Kaiser), Freunde 63. 

Galba (Kaber), Freunde 66. 

Galli (Gladiatoren) 264. 

Gallien, Steuern 299 f. 

Gebirgslandschaft 142 ff. 

Geburten, vielfältige 4. 

Gellius, Chronologie 284 ff. 

Gello 94. 

Gennes (Indre et Loire), Amphitheater 224. 

Gerasa, Amphitheater 238. 

Gesandtschaften fremder Völker in Rom 7 ff. 

Gesner, Konrad 148. 

Gespenstergeschichten 92 f. 

Getreideverbrauch in Rom 18 f.; Zahl der Ge- 

treideempftnger uff. 
Gewichtsbezeichnungen auf Silbergerät 301 ff. 
Gibbon 155 f. 164. 
Giraffe 272. 
Gisacum, Theater 252. 
Gladiatorendarstellungen 258 ff. 
Glaphyrus 201. 
Goethe 166 f. 

Gold und Silber als Statuenmaterial 327. 
Goldsmith 156. 
Grabdenkmäler, Preise 304 ff. 
Grand (Vosges), Amphitheater 224. 
Grasser, J. J. 148 f. 
Gray, Thomas 152 f. 
Grumentum, Amphitheater 213. 
Gutta Calpurnianus 179 ff. 
Gymnastische Wettkämpfe 281 ff. 



Hadrian (Kaiser), Freund Traians 70; seine 

Freunde 71 f. 
Hadrianus, Sophist 43. 
Hadrumetum, Amphitheater 229. 
Halbamphitheater 223 f. 
Halikarnaß, Amphitheater 233. 
Haller, A. 154 f. 
Hasta, Amphitheater 227. 
T. Haterius Nepos 34. 
Q. Hedius Rufus 75. 
Hegel 167. 
Heras, Arzt 201. 
herbatica animcUia 271. 
Herculaneum, Theater 244. 
Hermeros, Freigelassener 34. 
Hierapolis (Phryg.), Amphitheater 235. 
Hippo Regius, Amphitheater 228. 
Hippokrates, Arzt 201. 
Hippopotamus 271. 
Hippotigris 274. 

Hispellum, Amphitheater 214; Theater 247. 
ad honorem venu 189 f. 
Horaz 36. 

hospites der Kaiser 56, 2. 
Hyäne 274. 
Hylas, Mime 200. 



332 



REGISTER 



MJ). 

M. Iallius Bassus 72. 

Januarius, Freigelassener 45. 47. 

Japaner, Naturgefilhl 174. 

Ibices 275. 

Ibycus 200. 

Iconium, Amphitheater 237. 

Jericho, Amphitheater 238. 

Jerusalem, Amphitheater 238. 

Iguvium, Theater 247. 

Indische Gesandtschaften in Rom 8 ff. 

Interamna Nahars, Amphitheater 214; Theater 

247. 
Interamnia Praetuttianorum, Amphitheater 214; 

Theater 247. 
Interpromium, Amphitheater 213. 
Johnson 156. 

Isco Silurnm, Amphitheater 225. 
Italica, Amphitheater 227. 
'iTaXiieä 'Pwfiala Zcßacrrd in Neapel 281. 
Juliobona, Amphitheater 224. 
Juliomagus (Andecavi), Amphitheater 221. 
Tl. Julius Alezander 68. 
C. Julius Bassus 69. 
C. Julius Celsus 34. 
C. Julius Eurycles 61. 
Julius Marinus 63. 
Julius Montanus 63. 
C. Julius Pacatianus 75. 
Julius Paulus 45. 
Julius Planta 64. 
L. Julius Ursus Servianus 71. 
Julius Veras 73. 

L. Julius Vestilius Gratus Julianus 30. 
L. Julius Vestinus, Freund des Claudius 65. 
L. Julius Vestinus, ab epistulis Hadrians 40. 
M. (Julius?) Vestinus Atticus 65. 
Junius Faustinus Postumianus 76. 

C. Junius Flavianus 31. 
Junius Mauricus 70. 

T. Junius Omullus 70. 
Q. Junius Rusticus 72. 
Junius Severus 74. 

D. Junius Silanus 60. . 
L. Junius Silanus 64. 

K. 

Kant über das Erhabene in der Natur 164 f. 
Kapitolinischer Agon 2760. 
Keyßler, J. G. 153 f. 

Kinder, vornehme, am kaiserlichen Hofe er- 
zogen 59. 
Korinth, Amphitheater 230. 
Kornverbrauch in Rom 18 f. 
Kos, Amphitheater 232. 
KpdmaTot 80. 
Kreta, Amphitheater 231. 
Krokodil 271 f. 

Ksiba (bei Sussa), Theater 257. 
Künstlernamen wiederholt gebraucht I97ff. 
Kuß als Begrüßung 5 7 ff. 
Ktipioq, xupfa als Anrede 82 ff. 



Lambaesis, Amphitheater 228. 

Lainia 92 f. 

AcuiirpÖTaToc 79. 

Landschaftsmalerei 144 f. 

Lanuvium, Amphitheater 211 f.; Theater 246. 

Laodicea ad Lycum, Amphitheater 235. 

Laquearii 262. 

Larinum, Amphitheater 213. 

Larissa, Amphitheater 230. 

Latinus, Mime 200. 

Latrinen 3 10 f. 

Lavinium, Amphitheater 212. 

Leopard 269. 

Lepos 200. 

Leptis magna, Amphitheater 229; Zirkus 242. 

Leptis parva, Theater 257. 

Lesbus, Amphitheater 232. 

Libarna, Amphitheater 215; Theater 248. 

aMeUis 32 ff. 

Liberalis. Freigelassener 50. 

C. Licinius Mucianus 67. 

A. Licinius Nerva Silianus 61. 

P. Licinius Papirianus 30. 

Licinius Proculus 67. 

M. Cn. Licinius Rufinus 76. 

L. Licinius Sura 70. 

Limonum Pictonum, Amphitheater 220. 

Lipsius, J. 150. 

Löwen 269 f. 

Luca, Amphitheater 215; Theater 248. 

Luceria, Amphitheatee 213. 

Luchs 272. 

Lucian, Märchen 90. 

Lucilius Longus 62. 

Lucus Feroniae, Amphitheater 214. 

Lugdunum Convenarum, Amphitheater 220. 

Lugudunum, Amphitheater 221; Zirkus 242; 

Theater 252. 
Luna, Amphitheater 215; Theater 248. 
Lupiae, Amphitheater 213. 
Lutetia Parisiorum, Amphitheater 224; Theater 

252. 
Lydae, Amphitheater 236. 

M. 

Macpherson 157 f. 

C. Maecenas 61. 

Mähnenschaf 274. 

Märchen 89 ff. 

Manilius 42. 

Marc Aurel (Kaiser), Freunde 72. 73 f. 

Marcio, Freigelassener 5of. 

Marcius Agrippa 44. 

Q. Marcius Turbo 72. 

Sez/Marius 63. 

Marius Celsus 66. 67. 

Marmorstatuen 326 f. 

Marruvium, Amphitheater 213. 

Martial, Chronologie 290 ff. 

Massilia, gymnastische Wettkämpfe 282. 

C. Matius 61. 



\ 



\ 



\ 



\ / 



REGISTER 



333 



onus, Pantomime 197. 
Mmzimas von Aegae 44. 
Meaux, Theater 252. 
Mediolanum, Amphitheater 217. 
Mediolannm (Evreux), Theater 252. 
Mediolanum Santonum, Amphitheater 220. 
Megara, Amphitheater 230. 
a memoria 44 f£ 
Memphius (Memphis) 198. 
Mensor, Freigelassener 41, 2. 
ad Mercuri, Theater 255. 
Mesarfalta, Amphitheater 228. 
Metrodorus, Name von Ärzten 201. 
Mevania, Amphitheater 214. 
Mexikaner, Naturgefühl 174. 
Milet, Amphitheater 233. 
Minnodunum, gymnastische Wettkimpfe 282. 
Mintnrnae. Amphitheater 211. 
Mirebeau, Theater 253. 
Misenum, Theater 244. 
missus ostio 188. 

Mißgeburten öffentlich ausgestellt 2. 
Mohn, Theater 253. 

Mogontiacum, Amphitheater 223; Theater 253. 
Mons Fereter, Theater 248. 
Montague, Lady 152. 
Montanas 66. 69. 
Montblanc 163 f. 

Mont Joner (Crense), Theater 251. 
Mnrmillones 264. 
Mylasa, Amphitheater 233. 
Mythos and Märchen 101 ff. 

N. 

Naevius Sertorios Macro 63. 

Narbo, Amphitheater 219; Theater 251. 

Narcissns, Freigelassener 37. 

Narona, Theater 250. 

Naturgefiihl 142 ff. 

Naturmcrkwürdigkeitenöflfentlich ausgestellt iE 

Neapolis, Amphitheater 209; Theater 243 f.; 

gymnastische Wettkimpfe 281. 
Nemansus, Amphitheater 2x9; Zirkus 24z; 

Theater 251; gymnastische Wettkämpfe 282. 
L. Neratius Marcellus 71. 
L. Neratius Priscus 70. 
Nero (Kaiser), Freunde 65 £ 
Nersae, Theater 247. 
Nerva (Kaiser), Freunde 69 t 
Nlcaea, Amphitheater 235. 
Nicomedes, Freigelassener $2 f. 
Nicomedia, Amphitheater 235. 
Niebuhr 171. 

Nizy-le-Comte (Aisne), Theater 253. 
Nola, Amphitheater 216; Theater 244. 
Nonius Asprenas 60. 
M. Nonius Macrinus 74. 
Nora, Theater 250. 
Noviodunum (Soissons), Theater 253. 
Noviomagus (Lisieux), Theater 253. 
Nysa, Amphitheater 234. 



O. 

oecupavit et vicit 191. 

Ocriculum, Amphitheater 214; Theater 247. 

C. Octavius Appius Suetrius Sabinus 75. 

Cn. Octavius Titinius Capito 39. 

Octodurus, Amphitheater 219. 

Oea, Amphitheater 229. 

Oenoanda, Amphitheater 236. 

Ofonius Tigellinus 66. 

Olisipo, Theater 255. 

Onager 274. 

Opitz 147. 

Oplomachi 264. 

Orientalische Hof brauche 56 ff. 

ornaHssimus (vir) 77. 79. 

Oryx 274. 

Ossian 157 f. 

Ostia, Theater 245. 

ostio missus 188. 

Otacilius Sagitta 68. 

Otbo (Kaiser), Freund des Nero 65, des Galba 

66; seine Freunde 66 f. 
ovesferae 274. 
Ovinius Tertullus 75. 

P. 

Paegniarii 267. 

Paestum, Amphitheater 212. 

Pagus Lavernae, Theater 247. 

Palästina, Steuern 297 f. 

Palrarius Sunt 69. 

Palladium forum 29z. 

Pallas, Freigelassener 27 f. 

Sex. Palpellius Hister 62. 

Panniculus 200. 

Panormus, Amphitheater 217. 

Panther 269. 

Pantomimennamen 197 ff. 

Papinian 35. 75. 

Papirius Dionysius 35. 

Paris, Pantomime 197 f. 

Pariagio 206. 

Parma, Amphitheater 215; Theater 248. 

C. Passienus Crispus 63. 

Patara, Amphitheater 236. 

Patavium, Amphitheater 216; Theater 249. 

Patroclianae sellae 3 10 f. 

Pausilypon, Theater 244. 

pedibus ad quadrigam 183. 

Pegasus 68. * 

Peltuinum, Amphitheater 213; Theater 247. 

Pergamum, Amphitheater 235. 

Perge, Amphitheater 237. 

Perlach 207. 

Perser, Naturgefühl 172 f.; Hoftitte 57 ff. 

C. Pescennius Niger 74. 

Petrarca, Naturgefühl 144. 

C. Petronius 65. 

P. Petronius 64. 

M. Petronius Honoratus 31. 

Phaedimus, Freigelassener 32. 

Phaon, Freigelassener 28. 



1 

J 



334 



REGISTER 



Phidias 202. 

Philadelphia, Amphitheater 234. 

Philippi, Amphitheater 231. 

Philippopolis, Amphitheater 231. 

<p(Xoi toO fJaciAlux; 58. 

Pisae, Theater 248. 

Pisaurum, Amphitheater 214. 

Pitres (Eure), Theater 252. 

Placentia, Amphitheater 215. 

Plataeae, Amphitheater 230. 

Plato, Märchen 90. 

A. Platorias Nepos 71. 

L. Plaatius Silvanus Aelianus 64. 

C. Plinius Secundus der ältere 68. 

C. Plinius Secundus der jüngere 70. 

Plotinopolis. Amphitheater 231. 

A. Plotius Sabinus 72. 

Pola, Amphitheater 216; Theater 249. 

Pollentia, Amphitheater 215; Theater 248. 

Pollentia (Alcudia, Balearen), Theater 254. 

Polybius, Freigelassener 33. • 

a pompa 183. 

Pompeji, Amphitheater 210; Theater 244; 

gymnastische Wettkampfe 281. 
Cn. Pompeius Ferox Licinianus 69. 
Cn. Pompeius Homullns 32. 
Pompeius Longinus 66. 
Pompeius Macer 63. 
Cn. Pompeius Magnus 64. 
Pompeius Planta 71. 
Pomponius Bassus 7$, 1. 
L. Pomponius Flaccus 62. 
T. Pomponius Proculus Vitrasms Pollio 73. 
M. Pontius Laelianus Larcius Sabinus 73. 
Poppaeus Sabinus 60. 62. 
Porolissum, Amphitheater 226. 
Portus, Theater 245. 
praegustator 48. 
praemisit ei vicit 191. 
Praeneste, Amphitheater 211. 
praepositus thesaurorum 51. 
Preise für Wagenlenker 182. 189 f. 
Preise der Grabdenkmäler 304 ff.; der Statuen 

3i*ff. 
principium 193. 

C. Proculeius 61. 

procurator aquarum 48; castrensis 49; ab cpke- 

meruU 54; a fibulis 53; a mandatis 53; a 

muneribus 48; a ratiorübm 26 f.; summarum 

rationum 27; vinorum 51. 
Prosenes, Freigelassener 51 f. 
Provocatores 265. 
Psyche, Göttin 131 f. 
Ptolemais, Amphitheater 238. 
L. Publilius Celsus 70. 
ptigillaüo 50. 
Cn. Pullius Pollio 60. 
Purpurfabriken, kaiserliche 54. 
Puteoli, Amphitheater 210; Zirkus 241; Theater 

244; gymnastische Wertkämpfe 281. 
Pygargos 275. 
Pylades 197. 199. 
Pyrenäen 162. 



R. 

Ramond de Carbonniefes 162. • 

raUonatis 27. 

a rationibus 26 ff. 

Reate, Amphitheater 213. 

Regionen Roms 17 f. 

Reisebegleiter der Kaiser 56 ff. 

Reisen 145 ff. 

Reiten in Städten 24 f. 

remissus 182 f. 

Retiarii 260 ff. 

Rhinoceros 272. 

Rhodiapolis, Amphitheater 236. 

Rhodos, Amphitheater 232. 

Richardson 153. 

Ricina, Amphitheater 213; Theater 247. 

Riesen 2. 

Ritter viri omatissinü u. a. 7 7 ff. 

Rom, Bevölkerungszahl II ff.; Umfang 17; Re- 
gionen 17 f.; Häuserzahl 19 f.; Amphitheater 
211; Zirkusanlagen 241; Theater 245. 

Romantisches in der Natur 142 ff; das Wort 
'romantisch' 176 ff. 

Rousseau, Naturgetuhl 158 £ 

Rubrius Gallus 69. 

Rusicade, Amphitheater 228; Theater 255. 

T. Rutilius Varus 68. 

Rutupiae, Amphitheater 225. 

S. 

Saepinum, Theater 246. 

Sagalassus, Amphitheater 237. 

Sagittarii (Gladiatoren) 266. 

Saguntum, Zirkus 242 ; Theater 254. 

Saint- Andr6-sur-Cailly (Seine Inf.), Theater 253. 

Saldae, Amphitheater 242. 

Salernum, Amphitheater 210. 

Sallustius Crispus 61. 

Salonae, Amphitheater 218; Theater 250. 

Q. Salvidtenus Rufus 60. 

P. Salvius Julianus 72. 

L. Salvius Otho 62. 64. 

M. Salvius Otho 65. 66. 

Samnites (Gladiatoren) 262 f. 

Sanzay (Vienne), Amphitheater 224. 

Sarmatenkrieg Domitians 294. 

Sarmizegetusa, Amphitheater 226. 

Saturnaliengeschenke 301 ff. 

Saussure 163. 

Scheuchzer, J. 149. 

Schnallen 53. 

Schottisches Hochland 156 ff. 

Schweiz als Reiseziel 154 ff. 

Scissores 266. 

Sebastopolis, Amphitheater 336. 

Secundus 37. 

Secutores 262. 

Segesta, Theater 250. ' 

Segodunum, Amphitheater 220. 

Seianus 62. 

Seins Fuscianus 74. 

L. Seius Tubero 62. 



REGISTER 



335 



Selgae, Amphitheater 237. 

seüac Patrodianat 3 10 f. 

Semele und Psyche 131. 

Senatoren viri clarissimi u. a. 7 7 ff. 

Seneca, Freund des Nero 65. 

Sentius Saturninus 62. 

Cn. Sentius Satnrninus 64. 

C. Sentius Severus Quadratus 76. 

Septentrio, Pantomime 200. 

C. Septieius Claras 72. 

Septimius Severus (Kaiser), Freunde 74 f. 

Serdica, Amphitheater 231. 

Setia, Amphitheater 212. 

Se*vign6, Frau von 151. 

T. Sextius Lateranus 74. 

Shakespeare, Naturgefühl 142. 

Siege der Wagenlenker 181 f. 184 f. 187 ff. 

Silber und Gold als Statuenmaterial 327; Ge- 
wichtsbezeichnungen auf Silbergerät 301 ff. 

Silius Italicus 67. 

Simitthu, Amphitheater 228; Theater 256. 

Sinope, Amphitheater 236. 

Sinuessa, Amphitheater 210. 

Sirmium, Amphitheater 226. 

Sitifis, Amphitheater 227; Theater 255. 

Sklaven in Rom, ihre Zahl 16 f. 

Smyrna, Amphitheater 234. 

Sosius Papus 71. 

Q. Sosius Senecio 70. 

Spanier, Naturgefühl 171 f. 

Spoletium, Amphitheater 214; Theater 247. 

Sprichwörter 91. 95 f. 

Statins, Chronologie seiner Silvae 292 fr. 

Statuen, Preise 312 ff.; aus Marmor und Bronze 
326 f. 

Stein, Caspar 150. 

C. Stertinius Xenophon 38, 2. 

Steuern römischer Provinzen 297 ff. 

Stiere bei den Venationen 270?. 

Stratonicea, Amphitheater 233. 

Strauße 270. 

Strepsiceros 274. 

successit et vidi 191. 

Suecursores 267. 

Suessa Auruncorum, Amphitheater 211. 

Suessula, Theater 244. 

Suetonius Paullinus 67. 

C. Suetonius TranquiÜus 40. 

Suetrius Sabinus 75. 

P. Suillius Rufus 64. 

Suindinum (Cenomanni), Amphitheater 221. 

Sulpicius Apollinaris 284 ff. 

Ser. Sulpicius Galba 63. 

Sulpicius Maximus 276. 

Sumelocenna, Theater 254. 

Superaequum, Amphitheater 213. 

Supinum, Theater 246. 

Surrentum, Amphitheater 210; Theater 244. 

Sutrium, Amphitheater 214. 

0irficXr)TiK6{ 80. 

Syrakus, Amphitheater 217; Theater 250. 



T. 

Tafelaufseher 48. 

Tagebücher, kaiserliche $4. 58 f. 

Tarentum, Amphitheater 213. 

Tarracina, Amphitheater 21 x. 

Tarraco, Amphitheater 227; Zirkus 242; 

Theater 254. 
Tarrutenius Paternus 42. 
Taurocentae, taurarü 267. 
Tauromenium, Theater 250. 
Teanum Sidicinum, Theater 244. 
Teate, Theater 247. 

Telesia, Amphitheater 212; Theater 246. 
Telmessus, Amphitheater 236. 
D. Terentius Gentianus Scaurianus 70. 
Tergeste, Amphitheater 216; Theater 249. 
Termantia, Theater 254. 
Thallus, Wagenlenker 193 f. 
Thamugadi, Theater 255. 
Thasus, Amphitheater 232. 
Themison, Arzt 201. 
Theocritus, Pantomime 197. 199. 
Theoprepes, Freigelassener 53/. 
Thermae Himerenses, Amphitheater 2x7. 
thesauri 51. 

Thessalonice, Amphitheater 231. 
Thessalus, Arzt 201. 

Theveste, Amphitheater 228; Theater 255. 
Thraeces (Gladiatoren) 263 f. 
Thubursicum Numid., Theater 256. 
Thugga, Theater 256. 
Thysdrus, Amphitheater 228. 
Tiberius (Kaiser), Freunde 61 ff. 
Tibur, Amphitheater 211; Theater 246. 
Ticinum, Amphitheater 216. 
Tiere bei den Venationen 268 ff. 
Tierfabel und Märchen ioof. 
Tiger 273. 

Tipasa, Amphitheater 227; Theater 255. 
Titinius Capito 39. 
Titus (Kaiser), Freunde 68. 
Tolosa, Amphitheater 219. 
Tomi, Amphitheater 231. 
Touristentum 149 f. 
Trajan (Kaiser), Freunde 70 t. 
Tralles, Amphitheater 234. 
Trebula Mutuesca, Amphitheater 213. 
tricltmarcka 48. 
Triton öffentlich ausgestellt $. 
Triumphus, Gladiator 201. 
Tulisa und Basnak Dau, Märchen 119 ff. 
Tülle (Corege), Theater 251. 
Tusculum, Amphitheater 2x2; Theater 246. 
Tyndaris, Theater 250. 



U. 

Ulpian 3$. 

C. Ummidius Quadratus 71. 

Urbicus 200. 

Urbisalvia, Amphitheater 214; Theater 247. 

Urso, Amphitheater 227; Theater 254. 



336 



REGISTER 



V. 

Valerius Asiaticus 63. 64. 

L. Valerius Catullus Messalinus 69. 

M. Valerius Homullus 72. 

L. Valerius Proeulus 29. 

Valognes (Manche), Amphitheater 224. 

T. Varius Clemens 42. 

L. Varius Rufus 61. 

Vasio Vocontiorum, Amphitheater 2x9; Theater 

251. 
Vedius Pollio 61. 
Veji, Theater 248. 
Velites (Gladiatoren) 265. 
Velitrae, Amphitheater 212. 
Velius Paullus 69. 
Velleja, Amphitheater 215« 
Venafrum, Amphitheater 212. 
Venationen 268 ff. 
Venta Silurum, Amphitheater 225. 
Venusia, Amphitheater 213. 
L. Verginius Rufus 69. 
Verlobungs- und Verheiratungsalter 133 ff. 
Verona, Amphitheater 216; Theater 249. 
L. Veras (Kaiser), Freunde 72 f. 
Vescularius Flaccus 63. 
Vesontio, Amphitheater 223. 
Vespasian (Kaiser), Freund des Nero 65; seine 

Freunde 67 f. 
M. Vestinus Atticus 65. 
Vesunna (Petrocorii), Amphitheater 220. 
Vetera, Amphitheater 223. 
Vibius Crispus 67. 69. 
Vibius Viscus 61. 
Vibo, Theater 246. 
Vicetia, Theater 249. 
Vielfresser 3. 
Vienna, Amphitheater 219; Zirkus 24 1 ; Theater 

251; gymnastische Wettkämpfe 282. 



Vieux (Calvados), Amphitheater 224. 

Villa Hadriana, Theater 246. 

Vindonissa, Amphitheater 222. 

T. Vinius Rufinus 64. 66. 

M. Vipsanius Agrippa 60. 

L. Virius Lupus 70. 

Sex. Vistilius 62. 

A. Vitellius (Kaiser) 63. 64. 65 ; Freunde 67. 

L. Vitellius, Vater des Kaisers 63. 64. 

L. Vitellius (Cos. 48 n. Chr.) 661 

T. Vitrasius Pollio 73. 74. 

Vitruvius Secundus 42. 

Voconius, Freund Hadrians 71. 

Volaterrae, Amphitheater 215; Theater 248. 

Volksmärchen 89 ff. 

Volksmythologie 98 f. 

Volsinü, Amphitheater 215; Theater 248. 

L. Volusius Maecianus 73. 

Vorkoster 48. 

W. 

Wagenlenker 179 ff. 
Wagenverkehr in Städten 22 ff. 
Wildesel 274. 
Winckelmann 170 f. 
Wisent 273. 

X. 

XanthiiS) Amphitheater 236. 



Z. 



i 



Zafra, Zirkus 242. 
Zauber im Märchen 97. 
Zebu 271. 
Zeiller, Martin 150. 
Zeus und Semele 130 f. 
Zirkusanlagen 240 ff. 
Zwerge 2. 



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Druck 



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Breitkopf & Härtel 



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